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XADE_k - Adelung - Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
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Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart




Erstellt: 2021-01

A

Adelung, Johann Christoph
Hochdeutsches Wörterbuch
Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart,
mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten,
besonders aber der Oberdeutschen [Adelung]

(E?)(L?) http://www.bastisoft.de/misc/adelung/

Zu den Daten

Hier finden Sie den vollständigen Text des "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen" von Johann Christoph Adelung. Er entspricht der Ausgabe von 1811, die vom Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek eingescannt und mit einem Texterkennungsprogramm in Textform überführt wurde. Text und Bilder hat die sogenannte Digitale Bibliothek auf Ihrem Web-Server verfügbar gemacht, jedoch nicht als fortlaufenden Text. Das ist die Lücke, die diese Datei füllen soll.

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Sebastian Koppehel


Erstellt: 2010-02

B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

K (W3) [Adelung]


K, der elfste Buchstab des Deutschen Alphabetes, wenn man, wie billig, i und j für zwey Buchstaben zählet, welcher ein harter Gaumenlaut ist, und entstehet, wenn der hintere Theil der Zunge stark an den Gaumen angedrücket wird. Er hat einen doppelten Laut. Seinen eigenthümlichen harten Laut behält er zu Anfange eines Worte vor einem Vocale und in der Mitte eines Wortes nach einer kurzen Sylbe, kommen, können, kaum, stark, welk, Bank, Sack; etwas gelinder lautet er vor den flüssigen Buchstaben und nach einem langen Selbstlaute, klein, kneten, Haken. Nach einem kurzen Selbstlaute wird er daher auch, wenn kein anderer Mitlaut vorher gehet, verdoppelt, in welchem Falle aber das c die Stelle des ersten k vertritt, S. Ck im C. Von der Geschichte und dem Gebrauche dieses Buchstabes ist das nöthigste schon bey dem C angemerket worden. Hier ist nur noch anzuführen, daß in fremden, besonders Französischen Wörtern, das c und qu im Deutschen oft durch ein k ausgedruckt werden; Calamank, vom Französ. Calamanque, im mittlern Lat. Calamancus, Karthaune von Quartana, Caduk, oder vielmehr Caduck, wenn das u kurz ausgesprochen wird, von dem Lat. Caducus, Casakin, vom Französ. Casaquin, Kai, von Quai u. s. f. Zu Anfange des Wortes ist es nicht alle Mahl ein Stammbuchstab, sondern so wie alle Hauch- und Gaumenlaute, oft ein müßiger Vorschlag hauchender Mundarten. Oft ist es auch aus der Vorsylbe Ge entstanden. Beyspiele werden im folgenden häufig vorkommen, besonders wo das k vor einem Mitlauter stehet.


Kaa (W3) [Adelung]


Die Kaa, plur. die -en, eine Hütte, ein kleines Gebäude, ein Verschlag, S. Kaue.


Kabale (W3) [Adelung]


Die Kabale, plur. die -n, S. Cabale.


Kabbeln (W3) [Adelung]


Kabbeln, S. Kampeln.


Kabel (W3) [Adelung]


1. Die Kabel, plur. die -n, an den Wagenwinden, der eiserne Haken in Gestalt eines halben Mondes, welcher den Wagen fasset; wo aber dieses Wort aus Gabel verderbt eis, und auch so geschrieben werden sollte.


Kabel (W3) [Adelung]


2. Die Kabel, plur. die -n, ein altes, nur noch in einigen Gegenden übliches Wort, welches überhaupt ein Wekzeug bedeutet, womit etwas gebunden oder verbunden wird, besonders ein Strick, in welcher Bedeutung nur noch sehr dicke Taue bey der Artillerie und in der Schifffarht Kabeln und Kabeltaue genannt werden; besonders diejenigen, welche das Anker halten, und welche von 12 bis 24 Zoll dick sind, diejenigen, womit man die Bothe in das Schiff ziehet, die Schiffe am Lande befestiget u. s. f. Die Kabeln kappen, die Untertaue abhauen. Nieders. und Holländ. gleichfalls Kabel, Franz. Cable und Chable, Engl. Cable, im mittlern Lateine. Caplum, Cuplum. Das hohe Alter dieses Wortes erhellet aus dem Hebr. wo - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein Seil, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - binden ist. Bey den Griechen ging das b in das verwandte m über, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches Luther verführte, es Matth. 19, 24, Marc. 10, 25, und Luc. 18, 25 durch Kamehl zu übersetzen, S. dieses Wort, ingleichen Koppel, Koppeln, Kuppel und Kuppeln, welche gleichfalls hierher gehören. In einigen Gegenden ist es sächlichen Geschlechtes, das Kabel.


Kabel (W3) [Adelung]


3. Die Kabel, plur. die -n. 1) Das Los und ein Theil von mehrern, welche nach dem Lose verkaufet werden sollen; ein am häufigsten in Niedersachsen übliches Wort. So theilet man einen mit Holz bewachsenen Platz, wo das Holz auf dem Stamme verkaufet werden soll, in gewisse Kabeln. Auch die Gemeindewiesen und andere Gemeindestücke werden in Kabeln getheilet, und unter die Nachbarn nach dem Lose vertheilet. 2) In weiterer Bedeutung auch wohl überhaupt ein Theil, ein Antheil. So ist in den Seestädten die Kabel oder Kabelung, eine Partie Waaren, welche bey einer öffentlichen Steigerung auf ein Mahl zum Verkaufe ausgesetzt werden. In Obersachsen muß jeder frohnbarer Bauer in der Ernte seine Kabel (den ihm zugefallenen, angewiesenen Theil,) abbringen. Eben daselbst muß er seine ihm zugehörigen kabeln und Zäunen und Gehägen in gutem Stande erhalten, seinen Antheil an den Gemeindezäunen und Gehägen.

Anm. Im Wendischen ist Kabl gleichfalls das Los, und kabluju losen. Man könnte es in dieser Bedeutung gleichfalls von dem vorigen Kabel ableiten, so fern ein solcher bestimmter Theil mit einem Seile von gewisser Länge abgemessen wird, in welcher Bedeutung auch Faden, Seil, Kuthe u. s. f. und im mittlern Lat. Funiculus vorkommen. Allein, da im Schwed. Kafle und Kaefing einen kleinen runden Stab bedeutet, welches das Diminut. von Kaepp, ein Stab, Lat. Cippus, Franz. Cep, Ital. Ceppo ist, S. Knebel: so siehet man dieses billig als das Stammwort an, zumahl, da bekannt ist, daß man schon in den ältesten Zeiten sich bey dem Losen der Stäbe bedienet hat. S. Kabeln. Im Poln. ist Kawal ein jedes Stück, Theil eines Ganzes.


Kabelbier (W3) [Adelung]


Das Kabelbier, des -es, plur. von mehrern Quantitäte, die -e, in den Niedersächsischen Städten, Bier, welches nach dem Lose gebrauet wird. S. 3. Kabel.


Kabelgatt (W3) [Adelung]


Das Kabelgatt, des -es, plur. die -e, derjenige Raum gegen das Vordertheil der Schiffe, in welchem die Kabeln und Taue aufbehalten werden; von Gatt, ein Loch, Behältnis. S. 2. Kabel.


Kabeljau (W3) [Adelung]


Der Kabeljau, des -es, plur. die -e, der Nordische und Niedersächsische Nahme eines Seefisches, der am häufigsten in den Nordischen Gewässern gefangen wird, und gedörret unter dem Nahme des Stockfisches bekannt ist; Gadus Morhua L. In einigen Gegenden pflegt man nur die beste Art des Stockfisches Kabeljau zu nennen. Holländ. und Nieders. Kabeljau, Franz. Cabeliau, im Dän. Kablian, im mittlern lat. Cabellauwus, Cabelgensis, welche Nahmen in den Niederlanden schon von dem 12ten Jahrh. an vorkommen. Im Oberdeutschen wird er Bolch genannt, S. dieses Wort.


Kabellänge (W3) [Adelung]


Die Kabellänge, plur. die -e, in der Seefahrt, die Länge einer Kabel, oder eines Kabeltaues, welche gemeiniglich 120 Klaster ist.


Kabeln (W3) [Adelung]


Kabeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches in Niedersachsen am bekanntesten ist, losen, das Los werfen. Um etwas kabeln. Ingleichen nach dem Lose vertheilen, wo es auch als ein Activum gebraucht wird. Wenn Holz gekabelt wird, S. 3. Kabel.


Kabelseil (W3) [Adelung]


Das Kabelseil, des -es, plur. die -e, das starke Seil an einer Fähre, S. 2. Kabel und Kabeltau.


Kabeltanz (W3) [Adelung]


Der Kabeltanz, des -es, plur. die -tänze, in den Seestädten, ein feyerlicher Tanz der Schiffer zu gewissen Zeiten, vermittelst einer Kabel oder eines starken Seiles; der mit dem - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - der Griechen und dem Restis der Römer überein kommt.


Kabeltau (W3) [Adelung]


Das Kabeltau, des -es, plur. die -e, ein starkes Tau, etwas damit zu halten. Da Kabel schon allein ein solches Tau bedeutet, so scheinet die erste Hälfte hier mehr das veraltete Zeitwort kabeln, binden, verbinden, zu seyn. Besonders ist auf den Schiffen das Ankertau unter diesem Nahmen bekannt. Siehe 2. Kabel. Im Engl. Cabel-rope, im mittlern Lat. Jaable.


Kabelung (W3) [Adelung]


Die Kabelung, plur. die -en, von dem Zeitworte kabeln, 1) Die Vertheilung oder der Verkauf einer Sache nach einem Lose, besonders in Niedersachsen, wo die Waaren oft auf diese Art versteigert werden. Am Niederrheine wird daher eine Auction der Weine eine Gabelung oder besser eine Kabelung genannt, weil die Weine alsdann in Kabeln oder Lose getheilet werden. 2) Der zu einem solchen Verkaufe bestimmte Theil einer Sache selbst. Eine Kabelung Wein. Nieders. Kabeling, Kabelung. S. 3. Kabel.


Kabelwiese (W3) [Adelung]


Die Kabelwiese, plur. die -n, in Ober- und Niedersachsen, eine Gemeindewiese, welche an die Einwohner verloset wird.


Kabestan (W3) [Adelung]


Der Kabestan, des -es, plur. die -e, auf den Schiffen, eine senkrechte Winde, die Anker damit in das Schiff zu winden, die Segel einzunehmen, zum Bugstren u. s. f. Die erste Hälfte dieses vermuthlich Holländischen Wortes, scheinet mir Giebe und Göpel von heben abzustammen. Die letzte Hälfte ist ungewiß. Übrigens wird der Kabestan auf den Schiffen auch die Spille genannt.


Kabinet (W3) [Adelung]


Das Kabinet, S. Cabinett.


Kabuse (W3) [Adelung]


Die Kabuse, plur. die -n, in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens, ein kleines enges Zimmer, ein Verschlag, ein Alkoven, eine schlechte Hütte u. s. f. Ingleichen auf kleinern Schiffen, eine Hütte, ein Verschlag auf dem Verdecke, welcher bey größern Schiffen die Kajüte heißt. Im Niedersächsischen wird auch das Kerngehäuse des Obstes die Kabuse, im Osnabrück. aber Karmus und Kalmes genannt. Holländ. Kabuys, Schwed. Kabbysa. Die letzte Sylbe scheinet aus Haus entstanden zu seyn, das Wort selbst aber gehöret zu dem zahlreichen Geschlechte derer, welche ein Behältniß, einen hohlen Raum, eine Hütte u. s. f. bedeuten. S. Koben, Käfich u. s. f.


Kachel (W3) [Adelung]


Die Kachel, plur. die -n. 1) * Überhaupt, ein jedes hohles Behältniß, ein Gefäß oder Geschirr, in welcher weitesten, aber veralteten Bedeutung es das Diminut. von Kag, Kach, zu seyn scheinet, welches noch in andern Sprachen üblich ist. Im Schwed. ist Kagge ein Fäßchen von zwey oder drey Kaunen, im Engl. Cag, im Franz. Caque. Das Wallistische Cawg bedeutet ein Becken, das mittlere Lat. Caucus, bey dem Papias, ist eine Art eines Gefäßes, das mittlere Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Schale, und das mittlere Lat. Caucellus ein kleines Gefäß, S. Kag, Kajüte und Kaue. 2) * In engerer Bedeutung, ein irdenes Geschirr; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher nur noch zuweilen in der niedrigen Sprechart der Nachttopf eine Brunzkachel genannt wird. In den alten Bibel-Übersetzungen von Luthern kommt Kachel mehrmahls für einen Topf vor, so wie im mittlern Lat. Cocula. Im Niedersächsischen ist die Kachel ein aus gebrannten Steinen aufgesetzter Stubenofen, daher einkacheln in den gemeinen Mundarten für stark einheizen gebraucht wird. 3) In den engsten und gewöhnlichsten Bedeutung, napfförmiges vierecktes Stück von gebrannter Erde, woraus die davon bekannten Kachelöfen zusammen gesetzet werden; die Ofenkachel, im mittlern Lat. Cugnolius, im Ital. Coccia, im Schwed. Kakel, im Pohln. Kachel, im Böhm. Kachljk. Im Bergbaue ist, vermutlich wegen einiger Ähnlich- keit, die Kachel ein Werkstück über dem Vorherde, vorne an dem Gestelle eines hohen Ofens.

Anm. Wachter leitete es von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , drehen, her, weil das thönerne Geschirr vermittelst des Drehens verfertiget wird. Junius von dem Lat. Cacabus, welches doch nur ein Seitenverwandter von Kachel ist, andere von coquere, kochen, und erklären es durch ein gebranntes Gefäß. Allein aus der ersten Bedeutung erhellet, das es von einem viel weitern Umfange der Bedeutung ist, und nicht bloß auf ein irdenes Geschirr allein eingeschränket werden könne.


Kachelform (W3) [Adelung]


Die Kachelform, plur. die -en, bey den Töpfern, eine Form, worin die Ofenkacheln verfertiget werden.


Kachelofen (W3) [Adelung]


Der Kachelofen, des -s, plur. die -öfen, ein aus Kacheln zusammen gesetzter Stubenofen. Dän. Kakelofen, Schwedisch Kakelugn.


Kack (W3) [Adelung]


* Kack, adj. et adv. welches nur in einigen gemeinen Mundarten für kahl oder nackt üblich ist, mit welchen Wörtern es auch der Abstammung nach verwandt zu seyn scheinet. Es wird am häufigsten von Vögel gebraucht. Kacke Vögel, welche noch nicht die nöthigen Federn haben. Ital. cacco. Daher die Kackfedern, die ersten Federn, welche den Vögel wachsen, nachdem sie ausgebrütet worden; Ital. Cacche, Cacchione.


Kacken (W3) [Adelung]


+ Kacken, verb. reg. neutr. et act. welches in den niedrigen Sprecharten üblich ist, seine Nothdurft verrichten, die untauglichen Überbleibsel von den verdaueten Speisen durch den Afterdarm von sich geben. Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Lat. cacare, Engl. to cack, Ital. cacare, Böhm. kakati, Dän. kakke. Die davon abstammenden Kacke, der Koth eines Menschen und Thieres, und das Vermögen denselben auszuwerfen, daher die dünne Kacke, der Durchfall, der Kacker, das Kackhaus, der Abtritt, der Kackstuhl, der Nachtstuhl u. s. f. sind gleichfalls nur in den niedrigen Sprecharten üblich. Es scheinet mit köken, kotzen u. s. f. von dem bey Kachel 1) angeführten veralteten Kag, Kach, ein hohles Behältniß, abzustammen. S. Schicken.


Kaddig (W3) [Adelung]


* Der Kaddig, oder Kaddik, in Preußen und einigen andern Niedersächsischen Gegenden, ein Nahme des Wachholders, siehe dieses Wort.


Käfer (W3) [Adelung]


Der Käfer, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Käferchen, Oberd. Käferlein, eine allgemeine Bedeutung aller geflügelten Insecten mit harten Flügeldecken, die Heuschrecke mit ihren Arten ausgenommen. Es ist ihrer eine Große Menge, wovon die meisten Arten auch im gemeinen Leben besondere Nahmen haben.

Anm. Bey dem Notker Chefer, im Nieders. Zäver, Kefer und Wewel, Wiewel, im Holländ. Kever, im Angels. Ceafor, in Engl. Chafer, im Norveg. Toroweler, im Lat. Scarabaeus, womit das Dän. Skarabasser überein kommt. Der Deutsche Nahme stammet vermutlich von kauen, keifen, Angels. ceofan, her, weil dieses Insect durch den Schaden, welchen es dem Pflanzenreiche zufügt, am bekanntesten ist. Im Oberdeutschen ist es weiblichen Geschlechtes, die Käfer.


Käferänte (W3) [Adelung]


Die Käferänte, plur. die -n, S. Dachänte.


Bei Adelung findet man:


Der "Kaffeh", des -es, plur. inus.

1) Die gelblichen oder bläulichen Bohnen des Kaffehbaumes, welche auf der einen Seite platt und auf der andern rundlich sind; Kaffehbohnen. Den Kaffeh brennen. Gebrannter, gemahlner Kaffeh.

2) Das daraus bereitete Getränk. Kaffeh trinken.

Anm. Im gemeinen Leben oft auch "Koffeh". Es ist ein Türkisches Wort, welches "Caouhe" oder "Cahueh" lautet. Das Getränk wurde 1652 durch einen Kaufmann aus Smirna, Nahmens Daniel Edwards, in Europa bekannt, und 1669 fing man an, ihn in Europa zu trinken, nachdem die Araber schon vor 800 Jahren Kaffeh getrunken hatten. Daher die "Kaffehbohne", welche auch nur "Kaffeh" schlechthin genannt wird; das "Kaffehbret", ein zierliches Bret, den Kaffeh und das Kaffehzeug darauf aufzutragen; das "Kaffehhaus", ein öffentliches Haus, wo Kaffeh geschenket wird; die "Kaffehkanne", eine Kanne, den zubereiteten Kaffeh darin aufzutragen; der "Kaffehkessel", ihn darin zu kochen; die "Kaffehlampe", ihn darüber zu kochen; der "Kaffehlöffel", den Zucker in den Kaffeh schmelzen zu machen, und ihn umzurühren; die "Kaffehmühle", den gebrannten Kaffeh zu mahlen; die "Kaffehpauke" oder "Kaffehtrommel", ihn darin zu brennen; das "Kaffehschälchen" oder die "Kaffehtasse", ihn daraus zu trinken, der "Kaffehteller", die Kaffehtasse darauf zu überreichten; der "Kaffehtisch", ihn vor demselben zu trinken, u. s. f. welches sämmtliche Geräth unter dem Nahmen des "Kaffehzeuges" bekannt ist. Um den auf der letzten Sylbe ruhenden gedehnten Ton zu sichern, schreibt man dieses Wort gemeiniglich "Kaffee"; allein da die Verdoppelung der Vocale unter allen Dehnungszeichen das unschicklichste ist, so wählet man dafür lieber das "h", "Kaffeh".


Kaffehbaum (W3) [Adelung]


Der Kaffehbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, welcher in dem glücklichen Arabien einheimisch ist, von da er nach Amerika und Ostindien verpflanzet worden; Coffea L. Erträgt eine rundliche Beere, welche zuletzt purpurroth wird, und deren Samen die bekannte Kaffehbohne ist.


Käfich (W3) [Adelung]


Der Käfich, des -es, plur. die -e, überhaupt ein jeder eingeschlossener und verwahrter Raum; besonders ein enger, kleiner verwahrter Raum, in welcher Bedeutung man nur noch ein enges Gefängniß einen Käfich und im Oberdeutschen ein Käfter, ein Käfterchen zu nennen pfleget. Am häufigsten ist es im Hochdeutschen von einem engen durchsichtigen Gehäuse von Draht oder hölzernen Sprießeln, Vögel darin lebendig aufzubehalten, welches man im gemeinen Leben ein Bauer nennet.

Anm. Im Oberdeutschen ehedem auch Käfin, Kefe, Kebsen, im Schwabenspiegel Kevic, im Engl. Cage, im Angels. Cafa, Cofe, Holländ. Kauw, im Franz. Cage, im Ital. Gabia, und Gabbia, im mittlern Lat. Gabia, Cauea, im Lat. Cavea, alle von einem Behältnisse für Vögel. Es stammet von Kab, Kav, ein eingeschlossener Raum her, und ist ein Seitenverwandter von Kabuse, Kajüte, Kaue, Koben, Koffer, Kober, und hundert andern dieses Geschlechtes. Die Endung ich, welche wider die Hochdeutsche Aussprache von vielen auch ig, und von andern noch irriger icht, geschrieben wird, ist die Ableitungssylbe. Übrigens ist dieses Wort in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, sächlichen Geschlechtes, das Käfich.


Kafiller (W3) [Adelung]


Der Kafiller, des -s, plur. ut nom. sing. in der anständigen Sprechart einiger Gegenden, ein Nahme des Feldmeisters oder Abdeckers, welcher in der niedrigen Sprechart der Schinder genannt wird. Daher die Kafillerey, die Wohnung und das Amt des Kafillers, das Kafillertehen, dessen Amt als ein Lehen betrachten, der Kafillerzins, welchen er für die Übung seines Amtes der Obrigkeit entrichtet u. s. f.

Anm. Im Nieders. auch nur der Filler. Eben daselbst ist auch noch das alte Zeitwort fillen, schinden, ingleichen blutrünstig schlagen, üblich, bey dem Ottfried fillon, daher der Amboß im Angels. Anfilt und im Engl. Anvil lautet. S. Fillen.


Kaftan (W3) [Adelung]


Der Kaftan, S. Caftan.


Kag (W3) [Adelung]


Der Kag, des -es, plur. die -e, in Holland. und auf der Niederelbe, eine Art eines Schiffes mit hohem Borte, mit Einem Maste, einem Balestan an dem Segel, einem Stagsegel, einem Schwerte ohne Mars und Wand, welches 47 Fuß lang, und wie eine Schmacke besegelt ist; Holländ. Kaagh. Es erhält das Stammwort von Kachel in Andenken, welches überhaupt ein hohles Behältniß, einen hohlen eingeschlossenen Raum bedeutete. Eine andere, aber vermuthlich ähnliche Art Schiffe, welche Kogge hieß, wurde in Niederdeutschland ehedem zum Kriege gebraucht; Holländ. Kogghe, Franz. Cague und Coque, Ital. Cocchio, im alt Schwed. Kogg, im Isländ. Kuggr, im mittlern Lat. Cogo und Coqua. Im Wallis. ist Cwch ein Kahn, Engl. Cockboat, Franz. Coche. S. Kachel, Köcher.


Kahl (W3) [Adelung]


Kahl, -er, -este, adj. et adv. im Gegensatze dessen, was rauch ist, der nöthigen Haare, Federn, oder des nöthigen Laubes beraubet. 1. Eigentlich. Ein kahler Kopf, welcher von Haaren entblößet ist. Ein kahles Kinn, ein unbärtiges. Hier vor meiner Hütte sey der Altar; ich will mein kahles Haupt umkränzen, Geßn. Kahl seyn, kahl werden. Ein kahler Hund. Kahle Vögel, welche noch keine Federn haben; in welchem Falle im Oberdeutschen auch kack üblich ist, S. dieses Wort. Der Pelz wird schon ganz kahl. Im Winter sind die Bäume kahl, des Laubes beraubt. Kahles Tuch, welches keine Haare mehr hat. Ein kahles, abgetragenes, abgeschabtes, Kleid. Ein kahler Berg, welcher mit keinen Bäumen bewachsen, oder der Bäume beraubt ist. In weiterer Bedeutung heißen die Rehe und Schmahlthiere bey den Jägern zuweilen kahle Thiere, weil sie kein Geweih haben. 2. Figürlich. 1) Der nöthigen Gründe beraubt, im verächtlichen Verstande. Eine kahle, ungegründete, Ausflucht, Ausrede, Entschuldigung, Ursache; im mittlern Lat. calva occasto. Was er dagegen eingewendet hat, könnte nicht kahler seyn, Less. Damit wirst du kahl bestehen, du wirst wegen des Ungrundes deiner Entschuldigung zu Schanden werden. 2) Geringe, schlecht, dem Werthe nach. Ein kahles Tractament. Es ging sehr kahl zu, sehr dürftig, armselig. Kahle zwey Groschen, elende, geringe.

Anm. In der letzten figürlichen Bedeutung schon in dem Salischen Gesetze chala, in der eigentlichen bey dem Notker chal, im Pohln. goly, bey den heutigen Persern khal, und im Lat. calvus, woraus doch nicht folget, daß wir dasselbe erst von den Römern erborget haben. Schon im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - glatt, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - kahl, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein Barbier. Nimmt man den Übergang des l und r in einander als bekannt an, so gehöret es zu dem alten kara, schneiden, woraus durch vorgesetzten Zischlaut unser scheren entstanden ist. Im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gleichfalls kahl seyn. S. Kerbe und Scheren.


Kahlheit (W3) [Adelung]


Die Kahlheit, plur. inus. der Zustand eines Dinges, da es kahl ist, im eigentlichen Verstande; ein wenig gebräuchliches Wort. Die Alten gebrauchten dafür mit einer andern Ableitungssylbe, die Kahle, Chalauue, bey dem Notker.


Kahlkopf (W3) [Adelung]


Der Kahlkopf, des -es, plur. die -köpfe, ein kahler, d. i. von Haaren entblößter Kopf, und im verächtlichen Verstande, eine der Haupthaare beraubte Person. 2 Kön. 2, 23, 24. In der Naturgeschichte führet eine Art ausländischer purpurfärbiger Geyer, dessen Kopf und Hals nur mit wenig Haaren besetzt sind, Vultur Brasiliensis Klein. den Nahmen des Kahlkopfes.


Kahm (W3) [Adelung]


Der Kahm, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, der Schimmel auf flüssigen geistigen Körpern, derjenige Grad des Verderbnisses derselben, da sich auf der Oberfläche kleine weiße Flecken ansetzen, welche sich endlich in eine Haut vereinigen. Der Wein bekommt Kahm. Es setzt sich ein Kahm auf dem Biere, auf dem Essige an.

Anm. Im Oberdeutschen Kaan, Kahn, Kaim, im Nieders. Kahm, Kiem, im Holländ. Kaam. Es gehöret zu Keim, welches im Nieders. gleichfalls Kiem lautet, und mit demselben zu Kamm, Kimme, weil der Kahm auf der Oberfläche hervor keimet. Durch vorgesetzten Zischlaut und angehängte Ableitungssylbe el stammet auch Schimmel daher. Es erhellet hieraus zugleich, daß die Schreibart Kahm richtiger ist, als Kahn oder Kaan.


Kahmen (W3) [Adelung]


Kahmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Kahm bekommen, ansetzen. Der Wein, der Essig, das Bier kahmet. Nieders. kiemen.


Kahmig (W3) [Adelung]


Kahmig, -er, -ste, adj. et adv. Kahm habend. Kahmiger Essig. Der Wein wird kahmig. Das Bier ist schon kahmig. Bey dem H. Sachs kümig, im Nieders. kiemig, Holländ. kaamig.


Kahn (W3) [Adelung]


1. Der Kahn, S. Kahm.


Kahn (W3) [Adelung]


2. Der Kahn, des -es, plur. die Kähne, Diminut. das Kähnchen, Oberd. Kähnlein, der Rahme eines mittelmäßigen Fahrzeuges ohne Verdeck auf Flüssen. Dergleichen sind die Kähne, deren man sich auf der Elbe, Oder, Weser, Spree u. s. f. bedienet, und welche einen Mast und niedrigen Bort haben, flach sind, und statt des Verdeckes nur eine Hütte am Vordertheile führen. Die Breslauer Kähne sind eine Art solcher Fahrzeuge auf der Spree und Oder, welche hinten und vornen spitzig, 60 Fuß lang, 3 Fuß tief, und oben 9 Fuß breit sind. Noch häufiger ist ein Kahn ein jedes kleines Fahrzeug ohne Verdeck, ohne Mast und Segel, welches gemeiniglich von zwey Personen regieret werden kann.

Anm. Im Nieders. Kaan, im Dän. Kane, im Schwed. Kana, im Franz. Canot, im Engl. Canoe, im Lat. Cymba, bey dem Juvenal Canna. Es gehöret zu dem Geschlechte derjenigen Wörter, welche einen hohlen Raum bedeuten. S. Canal, 2. Hund, Kanne, Kumpf, u. s. f. Die ältesten Kähne waren ausgehöhlte Bäume, und noch jetzt scheinet der Mangel des Verdeckes ein wesentliches Unterscheidungsmerkmahl eines Kahnes zu seyn. In dem Salzwerke zu Halle führet ein Trog den Nahmen eines Kahnes.


Kahngeld (W3) [Adelung]


Das Kahngeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, welches die Flußkähne für das Aufziehen der Brücken, Schleusen u. s. f. entrichten müssen.


Kahnig (W3) [Adelung]


Kahnig, S. Kahmig.


Kahr (W3) [Adelung]


1. * Der Kahr, des -es, plur. die -e, ein nur in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, ein hohles Gefäß, ein Geschirr zu bezeichnen. In Tirol ist der Kahr ein Trag. In der Oberpfalz wird ein Fischhälter ein Fischkahr genannt. Bey dem Alberus ist Kar eine tiefe Schüssel, Kasekar eine Käsenapf. Im Schwed. ist Kar ein Gefäß, Kasten. S. Korb.


Kahr (W3) [Adelung]


2. Die Kahr, plur. die -en, in einigen Oberdeutschen Gegenden, besonders in Franken, das Ären oder Pflügen, die Art, besonders diejenige Art des Pflügens, welche in Obersachsen das Werden genannt wird; von kehren, wenden. Bey den Fuhr- leuten ist die Kahr der Weg, welchen der Fuhrmann mit seinem Geschirre im Wenden nimmt. Die rechte Kahr nehmen. Die volle Kahr, die halbe Kahe.


Kaigeld (W3) [Adelung]


* Das Kaigeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, welches die Schiffe für die Freyheit, ihre Waaren in den Kaien aus- und einzuladen, bezahlen; das Bühnengeld.


Kaiser (W3) [Adelung]


Der Kaiser, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kaiserinn, plur. die -en, der Ehrennahme des höchsten weltlichen Oberhauptes, welcher demselben den Rang vor allen Königen gibt, und den ehemahligen Römischen Titel Imperator ausdruckt, ob er gleich aus Caesar gebildet ist. In Europa haben der Römische und der Türkische Kaiser diesen Titel hergebracht, wozu in den neuern Zeiten auch der Russische Kaiser gekommen ist. In Asien und Afrika bekommen mehrere, oft kleine unabhängige Herren diesen Titel von den Europäischen Mächten, so wie ihn auch der König von Frankreich an den meisten morgenländischen Höfen erhält. In der engsten Bedeutung verstehet man unter dem Nahmen des Kaisers schlechthin, den Römischen Kaiser. Auf den alten Kaiser borgen oder zehren, auf Rechnung des verstorbenen Kaisers, d. i. Schulden machen, ohne Hoffnung, sie jemahls bezahlen zu können. Über des Kaisers Bart streiten, über eine unerhebliche Sache, de lana caprina; vielleicht als eine Anspielung auf die ehemahligen Streitigkeiten der Gelehrten über den Bart Kaiser Carls des Großen, wenn anders diese R. A. nicht älter ist.

Anm. Dieses Wort ist sehr früh aus dem Lat. Caesar in die Deutsche Sprache aufgenommen worden. Bey dem Ottfried Keisor, bey dem Notker Cheisar, bey dem Willeram Keiser. Erst die neuere Alemannische Mundart verwandelte das ei in das ihr eigenthümliche ai, und da diese Schreibart nunmehr den Schutz der Kanzelleyen hat, so wird man sie auch wohl behalten müssen, so fremd auch der Doppellaut ai den Hochdeutschen ist. In Nürnberg wird eine Art Lebkuchen Kaiser genannt, welcher Nahme von dem Kaiser Fridrich herrühren soll, der eine Anzahl solcher Kuchen 1487 daselbst unter die Kinder austheilen lassen. Die Liebhaber der natürlichen Seltenheiten haben den schönsten Arten gewisser Blumen, Insecten, Muscheln u. s. f. gleichfalls den Nahmen Kaiser gegeben. Unter den Schmetterlingen führet der Papilio Paphia L. diesen Nahmen.


Kaiserböhme (W3) [Adelung]


Der Kaiserböhme, des -n, plur. die -n, S. Kaisergroschen.


Kaisergeld (W3) [Adelung]


Das Kaisergeld, des -es, plur. inus. Geld, welches in den eigenen Staaten des Römischen Kaisers geschlagen wird.


Kaisergroschen (W3) [Adelung]


Der Kaisergroschen, des -s, plur. ut nom. sing. ein in den eigenen Ländern des Römischen Kaisers geschlagener Groschen, welcher geringer als ein guter Groschen ist indem er nur 3 Kreuzer oder 9 bis 9 3/4 Pfenn. hält. Ein Böhmischer Kaisergroschen wird auch nur ein Böhme oder Kaiserböhme genannt, so wie die ehemahligen Schlesischen Groschen auch unter dem Nahmen der Silbergroschen bekannt sind.


Kaiserkrone (W3) [Adelung]


Die Kaiserkrone, plur. die -n, eine Art der Kronblume, deren Blumentraube einen Blätterzopf hat, welcher ihr einige Ähnlichkeit mit der kaiserlichen Krone gibt; Fritillaria Imperialis L. Königslilie. Sie ist in Persien einheimisch, und wird bey uns in den Gärten gebauet.


Kaiserlich (W3) [Adelung]


Kaiserlich, adj. et adv. 1) Dem Kaiser gehörig, in dessen Würde gegründet. Die kaiserlichen Staaten. Die kaiserliche Würde. Aus höchster kaiserlicher Gewalt. Der kaiserliche Hof. Die Kaiserlichen, im gemeinen Leben, die Truppen des Kaisers, ehedem die Kaiserischen. 2) Dem Kaiser ergeben, doch nur als ein Nebenwort. Gut kaiserlich, nicht gut kaiserlich seyn.


Kaiserling (W3) [Adelung]


Der Kaiserling, des -es, plur. die -e, ein eßbarer Blätterschwamm, der in Gestalt eines weißen Eyes aus der Erde kommt, welches platzet, so bald er die freye Luft erreicht, da er sich denn mit seinem schönen Hute von hoher Pomeranzenfarbe, mit seinen goldgelben Samenblättern und goldgelben Stiele darstellet; Amanita plana, orbiculata aurea Dillen. der Herrenschwamm, Herrenpilz, Französ. Laseras, im Bearnischen Oronge, um Montpellier Jaune d'iou, im Ital. Boleto, um Neapel Ovolo und Bolocciolo, im Florentinischen Cocco. Bey den Römern, wo er sehr hoch geachtet wurde, hieß er Boletus. Er war die letzte Speise des Kaisers Claudius, daher er auch vermuthlich seinen Nahmen hat.


Kaisern (W3) [Adelung]


Kaisern, S. Hänseln.


Kaiserthum (W3) [Adelung]


Das Kaiserthum, des -es, plur. die -thümer, ein Reich, welches von einem Kaiser beherrschet wird. Ehedem bedeutete es auch die Regierung eines Kaisers, in welcher nunmehr veralteten Bedeutung es noch Luc. 3, 1 vorkommt.


Kaiserwurz (W3) [Adelung]


Die Kaiserwurz, S. Meisterwurz.


Kaiserzahl (W3) [Adelung]


Die Kaiserzahl, plur. die -en, S. Indiction.


Kak (W3) [Adelung]


* Der Kak, des -es, plur. die -e, ein nur in Niederdeutschland übliches Wort, den Pranger zu bezeichnen, im Holländ. Kake, im Schwed. Kak, im Dän. Kaag.


Kakmeister (W3) [Adelung]


Der Kakmeister, S. Kaimeister.


Kaland (W3) [Adelung]


Der Kaland, des -es, plur. die -e, ein im Hochdeutschen größten Theils veraltetes Wort, welches ehedem in folgenden Bedeutungen üblich war. 1) Eine Brüderschaft andächtiger Personen, welche im 13ten Jahrhunderte an vielen Orten entstand, sich aber bald mehr durch Schwelgerey und üppiges Schmausen, als durch ihre Andacht, bekannt machte. Die Glieder dieser Gesellschaft hießen Kalandsbrüder, und wenn sie Geistliche waren, Kalandsherren. 2) Die Versammlung der Glieder dieser Gesellschaft zu gewissen Zeiten, anfänglich zur gemeinschaftlichen Andacht, nachmals aber nur zum Schmausen und Wohlleben, daher mit der Zeit eine jede feyerliche Versammlung mehrerer mit einander in Verbindung stehenden Personen ein Kaland ge- nannt wurde. Im Schleßwigischen und einigen andern Niedersächsischen Gegenden, führet daher noch jetzt die jährliche Versammlung der Geistlichen de Nahmen des Kalandes, dagegen man in andern Niedersächsischen Orten einen jeden üppigen Schmaus mit diesem Nahmen zu belegen pfleget. 3) Das Haus, worin sich eine solche Brüderschaft oder Gesellschaft versammelte, welches sonst auch das Kalandshaus, und wenn es von einem beträchtlichen Umfange war, der Kalandshof genannt wurde, welchen letztern Nahmen jetzt das Stadtgefängniß in Berlin führet, weil es ehedem der Kalandsgesellschaft gehörete.

Anm. Frischens Ableitung von dem Nieders. Kalant, ein Kundmann, ein Handelsfreund, und vielleicht in der ersten Bedeutung ein Freund überhaupt, Franz. Chaland, ist dem ersten Anscheine nach wahrscheinlich, zumahl da auch in den Monseeischen Glossen Kalangero durch Verwandtschaft erkläret wird. Kaland würde alsdann eigentlich eine freundschaftliche Verbindung, eine Brüderschaft, bedeuten. Allein, wenn man bedenket, daß dieses Wort schon einige Jahrhunderte eher als es in Deutschland üblich wurde, in den auswärtigen Ländern vorkommt, so behält die gemeinste Meinung, welche es von dem Latein. Kalendae abstammen lässet, immer noch den Vorzug. Schon im eilften Jahrhunderte ist Kalendae in Frankreich die Versammlung der Geistlichkeit eines Sprengels, weil sie allemahl den ersten Tag jedes Monathes, singulis Kalendis mensium, geschahe. Mehrere Beyspiele führet du Fresne bey diesem Worte an. Die Kalandsbrüder versammelten sich anfänglich gleichfalls zu Anfange eines jeden Monathes, ob sie gleich nachmahls andere Zeiten, und zwar gemeiniglich die hohen Feste dazu wähleten. S. Kalendern.


Kalander (W3) [Adelung]


Der Kalander, ein Kornwurm, S. Galander.


Kalb (W3) [Adelung]


Das Kalb, des -es, plur. die Kälber, Diminut. das Kälbchen, Oberd. Kälbelein. 1. Überhaupt, ein Junges verschiedener Thiere. So nennen die Jäger die Jungen des Rothwildbretes, so lange sie noch nicht ein völliges Jahr alt sind, Kälber. Ein Hirschkalb, ein männliches Junges von einem Thiere; Wildkalb, ein weibliches Junges; Rehkalb, ein weibliches Junges von einem Rehe. 2. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, ein Junges des Rindviehes. 1) Eigentlich, da es diesen Nahmen so lange führet, bis es ein völliges Jahr alt wird. Ein Ochsen- oder Bullenkalb, ein Kalb männlichen Geschlechtes; ein Kuhkalb, Färsenkalb oder Motschenkalb, ein Kalb weiblichen Geschlechtes. Die Kuh hat ein Kalb geworfen. Kälber, welche im Frühlinge fallen, d. i. jung werden. Ein Kalb abbinden, absetzen, abspänen, es entwöhnen. Das Kalb in die Augen schlagen, figürlich, jemanden durch Worte beleidigen. Die Kuh mit dem Kalbe bekommen, im gemeinen Leben, eine schwangere Person heirathen. 2) * In weiterer, aber im Hochdeutschen ungewöhnlicher Bedeutung kommt es in der Deutschen Bibel mehrmahls von einem jungen Rinde, von einer jungen Kuh, von zwey, drey und mehrern Jahren vor, wohin auch die Stelle Richt. 14, 18 gehöret: wenn ihr nicht mit meinem Kalbe gepflüget hättet u. s. f. Vermuthlich hatte Luther das folgende Kalbe, eine junge Kuh, im Sinne, weil man wohl mit einer jungen Kuh, aber nicht mit einem Kalbe pflüget. Daher die sprichwörtliche R. A. mit eines andern Kalbe pflügen, heimlich von ihm mit Rath und That unterstützet werden. 3) Figürlich. (a) Wegen einiger Ähnlichkeit, in den Wörtern Meerkalb, Seekalb, Monkalb, S. dieselben. (b) Ein junger kindischer, ingleichen muthwilliger Mensch. Er ist noch ein rechtes Kalb. ( S. Kälbern,) (c) Ein Kalb machen, oder anbinden, in der niedrigen Sprechart, sich über- geben, vermuthlich wegen der Ähnlichkeit des damit verbundenen Lautes mit dem Blöcken eines Kalbes. Da gab sich der, so viel gegessen, Mit stark - und fetten Kälbern bloß, Günth.

Anm. Bey dem Notker und Willeram Chalb, und im Plural Chalber, im Engl. und Angels. Calf, im Nieders. Dän. und Schwed. Kalf, Kalv. Wachter leitet es von dem folgenden kalben her, da doch dieses augenscheinlich von Kalb abstammet, Ihre und andere aber von dem alten Gallischen galba, fett, geil. Allein es ist wohl wahrscheinlicher, daß mit diesem Nahmen auf das blökende Geschrey solcher Thiere gesehen werde, und daß derselbe folglich von kallen, galfen, gelfen, schreyen, bellen, blöken, herkomme. Galb kommt noch bey dem Alberus von dem Bellen eines Hundes vor. In den folgenden Zusammensetzungen stehet dieses Wort bald in der ersten oder zweyten einfachen Endung, bald aber auch in der vielfachen, bald in mehrern zugleich.


Kalbe (W3) [Adelung]


Die Kalbe, plur. die -n, im gemeinen Leben Obersachsens und Oberdeutschlandes, ein Färsenkalb im zweyten Alter, eine junge Kuh, welche noch nicht gekalbet hat, und welche an andern Orten mit vorgesetztem Zischlaute eine Schelbe, richtiger Schälbe, sonst aber auch eine Färse genannt wird. Ich bin die Kalbe hier, die Myron hat gegossen, Opitz.

Anm. Im Böhmischen heißt eine solche junge Kuh Gawolice. Es stehet dahin, ob Kalbe eben von dem vorigen Kalb abstammet, und nicht vielmehr von gelt, unfruchtbar. Im Wendischen ist jalov, und im Böhmischen galowa, gelt, unfruchtbar. S. Gelt.


Kalben (W3) [Adelung]


Kalben, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, ein Kalb werfen oder zur Welt bringen, von den Kühen. Die Kuh hat gekalbet, wird bald kalben. Seine Kuh kalbet und ist nicht unfruchtbar, Hiob. 21, 10. In einigen Gegenden auch kälbern, im Angels. calfian, im Dän. kalve. Auf ähnliche Art hat man von Füllen das Zeitwort füllen, von Ferkel das Zeitwort ferkeln, und von Lamm das Zeitwort lammen.


Kälberfang (W3) [Adelung]


Der Kälberfang, des -es, plur. die -fänge, bey den Jägern, ein Fang oder Stich, welcher einem Hirsche oder Thiere zur Brust hinein nach dem Herzen zu gegeben wird; zum Unterschiede von dem Genickfange.


Kälbergekröse (W3) [Adelung]


Das Kälbergekröse, des -s, plur. ut nom. sing. in den Küchen, das Gekröse von einem geschlachteten Kalbe; das Kälbergekröse, Kalbsgekröse. S. Gekröse und Inster.


Kälberhaft (W3) [Adelung]


Kälberhaft, -er, -este, adj. et adv. lustig nach Art der Kälber, auf eine alberne Art lustig.


Kälberkropf (W3) [Adelung]


Der Kälberkropf, des -es, plur. inus. eine Pflanze; Chaerophyllum sylvestre L.


Kälbermagen (W3) [Adelung]


Der Kälbermagen, S. Kalbslab.


Kälbern (W3) [Adelung]


* Kälbern, adj. et adv. welches nur im Oberdeutschen üblich ist, von einem Kalbe. Ein kälberner Braten, ein Kalbsbraten. Kälbernes Fleisch, Kalbfleisch. Eine kälberne Brust, eine Kalbsbrust. Logau gebraucht kälbern auch auf eine noch ungewöhnlichere Art, für, einem Kalbe ähnlich: Ein rinderner Verstand, und kälberne Geberden, Dabey ein wölfisch Sinn sind bräuchlich jetzt auf Erden.


Kälbern (W3) [Adelung]


Kälbern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1) Für kalben, S. dieses Wort. 2) Alberne Possen machen, auf eine alberne Art lustig seyn; Nieders. kalvern.


Kälberpreis (W3) [Adelung]


Der Kälberpreis, des -es, die Kälbermilch, plur. inus. S. Kalbsmilch.


Kälberstoß (W3) [Adelung]


Der Kälberstoß, des -es, plur. die -stöße, in den Küchen, ein Stoß, d. i. Hinterkeule von einem Kalbe; der Kalbsschlägel, die Kalbskeule.


Kälberzahn (W3) [Adelung]


Der Kälberzahn, des -es, plur. die -zähne. 1) Diejenigen Zähne, welche die Kälber mit auf die Welt bringen, und welche sie nachmals wieder verlieren. Ingleichen Zähne, welche den Zähnen der Kälber gleichen. 2) Bey den Werkleuten, ein Zierath, welcher in dem Hauptgesimse der drey obern Ordnungen unter dem Wulste angebracht wird, und in wechselsweise darein geschnittenen Kerben bestehet, so daß die dazwischen stehenden Stücke des Bandes wie Zähne aussehen; bey dem Goldmann Zahnschnitte, bey dem Vitruv Denticuli. 8) Im Bergbaue führen diesen Nahmen die eckigen hervor ragenden Stücke an einer Druse.


Kalbfell (W3) [Adelung]


Das Kalbfell, des -es, plur. die -e, das Fell von einem Kalbe. Figürlich auch die Trommel, doch nur in der R. A. wer seinen Lehrern nicht folgt, muß endlich dem Kalbfelle folgen.


Kalbfleisch (W3) [Adelung]


Das Kalbfleisch, des -es, plur. inus. Fleisch von einem Kalbe.


Kalbleder (W3) [Adelung]


Das Kalbleder, des -s, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. Leder, welches aus einem Kalbfelle bereitet worden.


Kalbsbraten (W3) [Adelung]


Der Kalbsbraten, des -s, plur. ut nom. sing. ein Braten von einem Kalbe; ein Kälberbraten.


Kalbsbröschen (W3) [Adelung]


Das Kalbsbröschen, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe Kalbsmilch.


Kalbsdrüse (W3) [Adelung]


Die Kalbsdrüse, plur. die -n. S. ebendaselbst.


Kalbsfuß (W3) [Adelung]


Der Kalbsfuß, des -es, plur. die -füße, der Fuß von einem Kalbe. Figürlich und ohne Plural auch ein Nahme der Fieberwurzel, S. dieses Wort.


Kalbsgekröse (W3) [Adelung]


Das Kalbsgekröse, S. Kälbergekröse.


Kalbsgeschlinge (W3) [Adelung]


Das Kalbsgeschlinge, des -s, plur. ut nom. sing. das Geschlinge von einem Kalbe, d. i. Herz, Lunge, Leber und Milz.


Kalbslab (W3) [Adelung]


Das Kalbslab, des -es, plur. inus. das Lab, d. i. die noch unverdauete Milch, aus dem Magen eines Kalbes; das Kälberlab, bey einigen auch der Kälbermagen.


Kalbsmilch (W3) [Adelung]


Die Kalbsmilch, plur. inus. die weiche zusammen gesetzte Brustdrüse von einem Kalbe, welche auch Kälbermilch, Kälberdrüse, Kalbsdrüse, Kalbsbröschen, Kälberbröschen, Kälberpreis, in Niedersachsen aber Schweder und Midder genannt wird. S. Brustdrüse.


Kalbsnase (W3) [Adelung]


Die Kalbsnase, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme des Löwenmauls, S. dieses Wort, wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt der Blumen.


Kalbsschlägel (W3) [Adelung]


Der Kalbsschlägel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kälberstoß und Schlägel.


Kaldaunen (W3) [Adelung]


Die Kaldaunen, sing. inus. ein nur im gemeinen Leben übliches Wort, die Gedärme eines Thieres, und in weiterer Bedeutung auch das ganze Eingeweide zu bezeichnen. In den niedrigen Sprecharten wird es auch von menschlichen Gedärmen gebraucht. In einigen Gegenden, dem Frisch zu Folge, auch nur Kalben, im Nieders. Kalunen, Klunen, im Dän. Kaldun, im mittlern Lat. Calduna, im Böhmischen Kaltaun, dagegen im Pohln. Kaldun das Netz auf den Gedärmen bezeichnen soll. In dem 1501 zu Rom gedruckten Deutsch-Italien. Vocabulario wird Innfleck im Ital. durch Chaldume gegeben. Frisch hat schon die Übereinstimmung mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eingesehen.


Kalekut (W3) [Adelung]


Der Kalekut, S. Calecut.


Kalende (W3) [Adelung]


Die Kalende, plur. die -n, ein nur in Preußen übliches Wort, wo es diejenige Abgabe an Feldfrüchten und andern Eßwaaren bezeichnet, welche die Einwohner auf dem Lande dem Pfarrer und Organisten um die Herbstzeit zu entrichten verbunden sind. Von dem Latein. Calendae, weil solches ehedem alle Monathe geschahe, und an einigen Orten noch jetzt geschieht. S. Kaland.


Kalender (W3) [Adelung]


Der Kalender, des -s, plur. ut nom. sing. ein chronologisches Buch, worin jedes Jahr nach seinen Tagen, Wochen, Monathen und Festen eingetheilet ist; mit einem, aber Arabischen Worte, ein Almanach. Wenn jemand die Veränderungen der Witterung an einem Gliede seines Leibes wegen einer ehemahligen Verletzung an demselben empfindet, so sagt man, er habe an diesem Gliede oder in diesem Gliede einen Kalender. Aus dem mittlern Latein. Kalendarium, und dieß gleichfalls von Calendae.


Kalendern (W3) [Adelung]


Kalendern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches aber nur im gemeinen Leben einiger Gegenden üblich ist. Die ganze Woche durch kalendern, d. i. schmausen, oder in die Trinkhäuser gehen. Von Kaland, ein Schmaus, oder auch von dem üppigen Leben der ehemahligen Kalandsbrüder. Siehe Kaland.


Kalfatern (W3) [Adelung]


Kalfatern, verb. reg. act. in der Schifffahrt, die Ritzen und Löcher eines Schiffes verstopfen und sie hernach mit Talg, Pech und Schiffther überziehen, damit das Wasser nicht eindringe; dichten. Daher der Kalfaterer, eine dazu bestimmte Person auf jedem Schiffe, welche die Aufsicht über diese Arbeit führet, und auf großen Schiffen noch einen Oberkalfaterer über sich hat. Im Nieders. bedeutet es auch figürlich, bearbeiten, ingleichen mit Geschäftigkeit zu Stande bringen.

Anm. Im Nieders. gleichfalls kalfatern, im Holländ. calfatern, im Schwed. kalfatra, im Franz. calfater, im Ital. calfattare, im mittlern Lat. calafatare, im mittlern Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Frisch und andere leiten es von dem Franz. Cale, der Untertheil des Schiffes, und fait, Ital. fatto, her; eine Ableitung, welche, wenigstens was die letzte Hälfte betrifft, ein wenig gezwungen ist. Im Engl. ist dafür to calk, und im mittlern Lat. auch expalmare üblich.


Kalinkenbeere (W3) [Adelung]


Die Kalinkenbeere, plur. die -n, in einigen Gegenden, besonders in Schlesien, ein Nahme der Beeren des Wasser- oder Hirschhohlunders, Viburnum Opulus L. welcher im gemeinen Leben auch wohl Calinichenbeere, Galingenbeere, Kalunkenbeere, Kalkbeere und Kaninchenbeere lautet. Er stammet aus dem Slavonischen Nahmen dieser Staude Kalina her. S. Bachhohlunder.


Kalk (W3) [Adelung]


Der Kalk, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, 1) In der eigentlichsten, wenigstens gewöhnlichsten Bedeutung, dasjenige Product eines durch das Feuer seines brennbaren Wesens beraubten Körpers, welches sich mit dem Wasser erhitzet, und nachmals mit demselben und mit dem Sande zu einem Steine erhärtet. Steine zu Kalk brennen. Kalk brennen, den Kalk vermittelst des Feuers hervor bringen. Lederkalk, Steinkalk, Streichkalk, welcher aus kalkartigen Steinen gebrannt worden, zum Unterschiede von dem Gypskalke und Sparkalke, welcher aus Gypssteinen, und dem Muschelkalke, wel- cher aus Muschelschalen erhalten wird. Der erste wird nur schlechthin Kalk genannt. Den Kalk löschen, den gebrannten Kalk mit dem Wasser sich erhitzen lassen. Lebendiger oder ungelöschter Kalk, welcher sich mit dem Wasser noch nicht erhitzet hat, im Gegensatze des gelöschten. Auch der zur Tünche, und zum Mauern zubereitete Kalk, selbst wenn er schon zu seiner Bestimmung angewandt ist, behält den Nahmen des Kalkes. Der Kalk fällt in den Zimmern ab, der als Tünche aufgetragene Kalk. Der mit Sand vermischte und zum Mauern bestimmte Kalk bekommt den Nahmen des Mörtels. Der Wein führet Kalk bey sich oder hat Kalk, wenn er auf einem kalkartigen Boden wächset, und feine Kalktheile mit in seine Mischung aufnimmt, welche er hernach wieder fallen lässet. 2) In weiterer Bedeutung führet in der Chymie ein jedes Product eines durch die Luft, durch das Feuer oder durch andere Zusätze seines brennbaren Wesens beraubten Körpers den Nahmen des Kalkes, welches von den Säuren aufgelöset wird und mit denselben ein Mittelsalz macht. Man hat daher auch metallische Kalke, welche eine undehnbare des brennbaren Wesens beraubte Erde ohne Glanz sind, und nach Verschiedenheit des Metalles, von welchem sie herrühren, und anderer Umstände, den Nahmen des Rostes, der Asche, des Safranes, Beschlages, der Mennige, des Grünspanes, Platzgoldes, Hornsilbers u. s. f. bekommen.

Anm. In hauchenden Mundarten Kalch, in den Monseeischen Glossen Chalch, im Schwed. und Dän. gleichfalls Kalk, im Engl. Chalk, im Franz. Chaux, alle aus dem Latein. Calx.


Kalkartig (W3) [Adelung]


Kalkartig, -er, -ste, adj. et adv. eine Art, d. i. wesentliche Eigenschaften des Kalkes habend. Kalkartige Erden, welche die Säure aus der Luft an sich ziehen, von den Säuren aufgelöset werden, und mit ihnen ein Mittelsalz machen; Kalkerden. So auch kalkartige Steine.


Kalkäscher (W3) [Adelung]


Der Kalkäscher, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Weißgärbern, eine Grube, worin sie den Kalk zur Einäscherung der Felle zurichten.


Kalkbeere (W3) [Adelung]


Die Kalkbeere, ein aus Kalinkenbeere verderbtes Wort, siehe dasselbe.


Kalkbeule (W3) [Adelung]


Die Kalkbeule, plur. die -n, Beulen an den Gliedern der Podagristen, welche mit einer kalkartigen Materie angefüllet sind.


Kalkbrennen (W3) [Adelung]


Das Kalkbrennen, des -s, plur. inus. die Handlung, da man einen Körper vermittelst des Feuers in Kalk verwandelt.


Kalkbrenner (W3) [Adelung]


Der Kalkbrenner, des -s, plur. ut nom. sing. der ein Geschäft daraus macht, Steine zum Behufe der Mäurer zu Kalk zu brennen.


Kalkbruch (W3) [Adelung]


Der Kalkbruch, des -es, plur. die -brüche, für Kalksteinbruch, ein Steinbruch, in welchem die Steine zum Kalkbrennen gebrochen werden.


Kalkbrühe (W3) [Adelung]


Die Kalkbrühe, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -n, bey verschiedenen Arbeitern, ein mit vielem Wasser verdünneter Kalk; besonders bey den Weißgärbern, bey welchen die Einweichung der Felle in solche Kalkbrühen das Äschern genannt wird. S. auch Milchbrühe.


Kalken (W3) [Adelung]


Kalken, verb. reg. act. in Kalk einweichen, mit Kalk zubereiten, mit Kalk vermischen, bey verschiedenen Arbeitern. Gekalktes Leder, welches vermittelst des Kalkes zubereitet worden. In Verkalken hat es eine andere Bedeutung.


Kalkerde (W3) [Adelung]


Die Kalkerde, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, eine kalkartige Erde, welche im Feuer die Eigenschaft des Kalkes annimmt. ( S. Kalkartig,) Im Bergbaue pflegt man in engerer Bedeutung auch die Bergmilch mit diesem Nahmen zu belegen, S. dieses Wort.


Kalkhaken (W3) [Adelung]


Der Kalkhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein Haken von Holz, den Kalk bey dem Löschen damit aus einander zu ziehen.


Kalkhütte (W3) [Adelung]


Die Kalkhütte, plur. die -n, eine Hütte, d. i. ein Gebäude, in welchem Kalk gebrannt, und welches am häufigsten ein Kalkofen genannt wird.


Kalkicht (W3) [Adelung]


Kalkicht, -er, -ste, adj. et adv. dem Kalke ähnlich. Der Wein schmeckt kalkicht.


Kalkig (W3) [Adelung]


Kalkig, adj. et adv. Kalk enthaltend, mit Kalk beschmutzt. Sich kalkig machen, sich mit Kalk beschmutzen.


Kalklauge (W3) [Adelung]


Die Kalklauge, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, eine aus Kalk bereitete Lauge.


Kalkmergel (W3) [Adelung]


Der Kalkmergel, des -s, plur. inus. eine Art Mergel, welche mehr Kalk als Thon enthält, zum Düngen gebraucht wird, und eigentlich eine Art der Mondmilch ist.


Kalkmesser (W3) [Adelung]


Der Kalkmesser, des -s, plur. ut nom. sing. der den zum Bauen bestimmten Kalk den Mäurern zumisset, und welches bey verschiedenen Bauämtern eine vereidigte Person ist.


Kalkmühle (W3) [Adelung]


Die Kalkmühle, plur. die -n, eine Mühle, auf welcher der Gypskalk gemahlen wird.


Kalkofen (W3) [Adelung]


Der Kalkofen, des -s, plur. die -öfen, ein Ofen, worin Steine zu Kalk gebrannt werden. In weiterer Bedeutung auch das Gebäude, worin sich derselbe befindet, und die ganze dazu gehörige Anstalt. In der Chymie führet auch ein jeder Calcinir-Ofen diese Nahmen.


Kalkputz (W3) [Adelung]


Der Kalkputz, des -es, plur. inus. bey den Mäurern, der Überzug von Kalk, welchen man einer Wand, oder einem Gebäude gibt, der Kalk, so fern sie mit demselben abgeputzet werden.


Kalkröse (W3) [Adelung]


Die Kalkröse, richtiger Kalkröste, plur. die -n, in einigen Gegenden, z. B. im Lüneburgischen; ein mit Holz schichtweise vermischter Haufen Kalksteine, welche zu Kalk gebrannt werden sollen. An andern Orten der Kalkrost, welchen Nahmen auch zuweilen der ganze Haufe Kalksteine führet, welcher auf Ein Mahl zu Kalk gebrannt wird, und sonst auch ein Brand heißt.


Kalksalz (W3) [Adelung]


Das Kalksalz, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e. 1) Das aus dem Kalke mit den Säuren erhaltene Mittelsalz. 2) Auch das Mauersalz ist unter diesem Nahmen bekannt. S. Mauersalz.


Kalkschiefer (W3) [Adelung]


Der Kalkschiefer, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. ein kalkartiger Schiefer, ein Kalkstein in Gestalt eines Schiefers.


Kalksinter (W3) [Adelung]


Der Kalksinter, des -s, plur. inus. im Bergbaue, ein kalkartiger Sinter, ein Sinter, welcher aufgelösete Kalktheile bey sich führet, und wovon der zackige unter dem Nahmen der Eisenblüthe bekannt ist.


Kalkspath (W3) [Adelung]


Der Kalkspath, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein kalkartiger Spath, Kalkstein, welcher das Gewebe und die Bauart des Spathes hat, und wovon die gefärbten Arten auch unter dem Nahmen der Flüsse bekannt sind. Die Zweckendruse der Sächsischen Bergleute ist ein grauer krystallisirter Kalkspath.


Kalkwasser (W3) [Adelung]


Das Kalkwasser, des -s, plur. inus. das mit Kalk vermischte Wasser, Wasser, welches Kalk bey sich führet.


Kalm (W3) [Adelung]


Der Kalm, die Seestille, S. Kalmen.


Kalmank (W3) [Adelung]


Der Kalmank, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, S. Calamank.


Kalmäuser (W3) [Adelung]


Der Kalmäuser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mensch, welcher sich in der Einsamkeit einem anhaltenden Nachdenken überlässet. Daher das Zeitwort kalmäusern, in der Einsamkeit dem Nachdenken nachhängen. Man hat von diesem fremd klingenden Worte allerley seltsame Ableitungen versucht. Frisch lässet es von kahle Maus, d. i. Fledermaus, Franz. Chauvesouris, abstammen, weil ein solcher Mensch seine Tage in der Einsamkeit zubringe, wie eine Fledermaus in der Finsterniß, andere von dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, alles wissen, anderer Muthmaßungen zu geschweigen. Die letzte Hälfte ist ohne Zweifel das ehemahlige Nieders. musen, Engl. to muse, Holländ. muisen, muiseneren, scharf nachdenken, ( S. Muße,) wovon auch Duckmäuser abstammet, S. dasselbe. Die erste Hälfte, welche den meisten Wortforschern die dunkelste gewesen ist, scheinet kalm, stille, ruhig, ( S. das folgende,) zu seyn; Kalmäuser für Kalmmäuser. Beyde Begriffe, so wohl der Stille, der Einsamkeit, als des Nachdenkens, sind mit diesem Worte wesentlich verbunden.


Kalmen (W3) [Adelung]


* Kalmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in den gemeinen Mundarten einiger Gegenden, besonders Meißens, üblich ist. Der Kranke kalmet, sagt man daselbst, wenn er in der Stille, gleichsam in einem halben Schlummer und seiner halb unbewußt, liegt. Kalm ist auch in andern Gegenden noch für still, ruhig, besonders von der Luft und dem Meere üblich, und in einigen Oberdeutschen Gegenden ist der Kalm die Windstille auf der See, Ital. Calma, Franz. Calme.


Kalmus (W3) [Adelung]


Der Kalmus, plur. inus. die gewürzhafte Wurzel einer Art Rohres, welches in einigen Gegenden auch Teichlilie, Schwertheu genannt wird, und in den Teichen und Wassergräben wächset, und zuweilen auch dieses Rohr selbst; Acorus L. und daraus in einigen Gegenden verderbt, Ackerwurz, Gemeiner Kalmus, Acorus Calmus, welcher in Europa wächset; zum Unterschiede von dem Asiatischen, Acorus Asiaticus, dessen Wurzel dünner ist. Eingemachter Kalmus, die in Zucker eingemachte Wurzel. Wegen einiger Ähnlichkeit wird auch die Wurzel der Wasserlilie und diese Pflanze selbst falscher Kalmus genannt. Aus dem Latein. Calamus, Rohr. Im Böhm heißt er Kalmes und Kalkan.


Kalt (W3) [Adelung]


Kalt, kälter, kälteste, adj. et adv. Im schärfsten Verstande, aller Wärme beraubt. Da nun kein bekannter Körper in der Welt aller Wärme gänzlich beraubt ist, so gibt es auch keinen vollkommen kalten Körper, daher kalt auch nur ein relativer Ausdruck ist, welcher einen geringern Grad von Wärme bedeutet, als ein anderer Körper hat; im Gegensatze des warm und heiß. 1. Eigentlich. 1) Überhaupt, weniger Wärme habend als ein anderer Körper. Die Brühe ist zu heiß, laß sie ein wenig kälter, oder ein wenig kalt werden. Im Hüttenbaue sagt man, den Ofen kalt thun, wenn man das Feuer mäßiget. ( S. Kühl,) 2) In engerer Bedeutung. (a) Vom Feuer nicht erhitzt oder erwärmet. Der Ofen ist schon wieder kalt. Die kalte Schale, ( S. Schale,) Das Eisen kalt schmieden, ohne es zu glühen. Kaltes Wasser, im Gegensatze des warmen. Gerne kalt trinken, ungewärmt. Kalte Speisen. Etwas Kaltes essen, ungewärmte Speisen, welche man auch kalte Küche zu nennen pfleget. Das kalte Lager, in den Salzwerken, wenn nicht gesotten wird; das Katlager. Ein kalter Schlag, ein Donnerschlag, welcher nur schmettert, ohne zu zünden. Nach einer noch weitern Bedeutung wird kalt bey verschiedenen Handwerkern und Künstlern auch von solchen Dingen gebraucht, welche ohne Hülfe des Feuers geschehen. Die kalte Vergoldung, welche mit bloßem im Königswasser aufgelöseten Golde geschiehet. Das kalte Silber oder Kaltsilber, bey den Gürtlern, eine Vermischung von Weinstein und Silberkalk, womit dasjenige, was mit Schmelz- und Brennsilber versilbert worden, zum dritten Mahle übersilbert wird. (b) Gemeiniglich ist die gewöhnliche natürliche Wärme des menschlichen Körpers der Maßstab, welche die Kälte bestimmet, und da nennet man diejenigen Körper kalt, welche weniger Wärme haben, als unser Körper, und demselben daher bey der Berührung so viel Wärme benehmen, daß dadurch eine empfindliche Veränderung in uns entstehet. Das Eisen ist kalt. Das Wasser ist mir zu kalt. Kalte Hände haben. Es wird kalt, von der Witterung. Es ist heute sehr kalt. Kaltes Wetter, ein kalter Winter, ein kalter Wind. Eiskalt, ein hoher Grad der Kälte. Das kalte Fieber, ein Wechselfieber, welches Frost und Hitze verursacht; im gemeinen Leben das Kalte, das Kaltweh. Von kalter Natur seyn, weniger natürliche Wärme haben als andere Menschen. Auch die Empfindung, welche diese verminderte natürliche Wärme verursacht, heißt kalt. Es ist mir kalt. Es ward ihm kalt und warm. 2. Figürlich. 1) Eine kalte Fährte, bey den Jägern, eine Fährte, welche schon 24 Stunden alt ist, und keine Witterung mehr hat; eine alte Fährte, vornächtige Fährte, Spatfährte. 2) Von verschiedenen Gemüthsbewegungen, welche mit einer Empfindung der Kälte verbunden sind. Von kaltem Schrecken bleich bat jeder um sein Leben, Weiße. Der Schauer, welcher mich mit kalter Angst durchläuft, ebend. 3) Aller lebhaften Empfindung beraubt; im Gegensatze dessen was in figürlichem Verstande warm ist. Eine kalte Liebe. Der kalte Beyfall des Verstandes, im Gegensatze des warmen Gefühles des Herzens. Sich kalt stellen, als wenn man nicht gerührt sey. Die heißesten Bitten eines Freundes sind zu kalt gegen die Liebkosungen des Liebhabers. Bey aller Wärme, meines Herzens blieb doch mein Kopf kalt genug, alles in Betrachtung zu ziehen, Wiel. Jemanden mit kaltem Blute ermorden, ohne Gemüthsbewegung. ( S. Kaltblütig,) In engerer Bedeutung, Mangel der Freundschaft habend, und darin gegründet. Sehr kalt gegen jemand thun. Ein kalter Freund. Kalt gegen jemand gesinnet seyn. ( S. Kaltsinnig,) Ingleichen, dessen Leidenschaften und Empfindungen schwer zu bewegen sind. Ein kaltes Herz. Wie auch, was nicht fähig ist, lebhafte Empfindungen hervor zu bringen. Ein kaltes Gedicht.

Anm. Bey dem Ulphilas kalds, bey dem Kero chalt, im Nieders. und Dän. kold, im Angels. ceald, im Engl. chill und cold, im Holländ. koudt, im Schwed. kalt, im Lat. gelidus. Da die Kälte eine unangenehme Empfindung macht, so scheinet es, daß kalt überhaupt schmerzhaft bedeutet habe, und da würde es nicht nur zu dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Nieders. Köle, der Schmerzen, und killen, heftig schmerzen, ( S. Qual,) gehören; sondern es würde auch begreiflich seyn, warum der Gegensatz von kalt im Lateinischen calidus, Italiänischen caldo, Französischen chaud, genannt worden. Beyde bestehen in einer unangenehmen Empfindung.


Kaltbläsig (W3) [Adelung]


Kaltbläsig, -er, -ste, adj. et adv. im Hüttenbaue, so viel als strengflüssig, doch nur von den Eisensteinen. Kaltbläsige Eisensteine, welche schwer in den Fluß zu bringen sind; im Gegensatze der hitzigen.


Kaltblütig (W3) [Adelung]


Kaltblütig, -er, -ste, adj. et adv. mit kaltem Blute, d. i. von keinen lebhaften Empfindungen, von keinen Gemüthsbewegungen hingerissen, und in diesem Zustande gegründet. Er erzählte sehr kaltblütig, was er gesehen hatte. Alle meine kaltblütige Philosophie konnte nicht gegen die Wahrheit und Schönheit ihrer moralischen Schilderungen aushalten, Wiel. Daher die Kaltblütigkeit, plur. inus.


Kaltbrüchig (W3) [Adelung]


Kaltbrüchig, -er, -ste, adj. et adv. ein Wort, welches nur von dem Eisen gebraucht wird, denjenigen Fehler desselben zu bezeichnen, da es sich zwar glühend hämmern lässet, und gut zusammenhängt, kalt aber brüchig ist, und in Stücke springt; im Gegensatze des rothbrüchig. Daher die Kaltbrüchigkeit.


Kälte (W3) [Adelung]


Die Kälte, plur. car. das Abstractum des Beywortes kalt, doch nur in engerer Bedeutung. 1. Eigentlich. 1) Diejenige unangenehme Empfindung, welche ein kalter Körper in uns hervor bringet, die unangenehme Empfindung einer Verminderung der natürlichen Wärme. Kälte in sich empfinden. Vor Kälte vergehen wollen. Sich vor Kälte nicht zu lassen wissen. Sich der Kälte nicht erwehren können. 2) Die Eigenschaft der Körper, nach welcher sie diese Empfindung in uns hervor bringen. Die Kälte des Wassers, des Eisens. In engerer Bedeutung, von dieser Eigenschaft der Luft und Witterung, wo es zugleich einen hohen Grad derselben ausdruckt. Eine strenge, anhaltende Kälte. Sich der Kälte nicht erwehren können. Viel, wenig Kälte ertragen können. Vor Kälte erstarren. Die Kälte läßt nach, stellt sich ein, nimmt zu. Sich vor der Kälte verwahren. 2. Figürlich, die Abwesenheit aller Gemüthsbewegungen, aller lebhaften Empfindungen. Er gab sich alle Mühe, in der feyerlichen Kälte einer Standesperson davon zu sprechen, Less.

Anm. Im Nieders. Kulde, im Angels. Ceald, Ciele, Cyle, im Dän. Kuld und Koldhed, im Schwed. Kaele und Köld.


Kalten (W3) [Adelung]


* Kalten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, kalt werden, bey dem Notker chalten, wofür aber jetzt das Zusammen gesetzte erkalten üblich ist, S. dasselbe.


Kälten (W3) [Adelung]


Kälten, verb. reg. act. kalt machen, doch nur in engerer Bedeutung, die Empfindung der Kälte in dem Körper hervor bringen. Der Wein kältet. Vor den kältenden Nächten sollen dich meine Umarmungen schützen, Weiße. S. Erkälten.


Kalter (W3) [Adelung]


* Der Kalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur im Oberdeutschen übliches Wort, einen Schrank zu bezeichnen. Es kann seyn, daß es aus dem eben daselbst gangbaren Gehalter, Behalter, Halter, ein Behältniß, zusammen gezogen ist, es kann aber auch unmittelbar zu dem großen Geschlechte derjenigen Wörter gehören, welche einen hohlen eingeschlossenen Raum bedeuten. ( S. Keller,) Im Wallachischen ist Kalntar ein Topf.


Kaltlager (W3) [Adelung]


Das Kaltlager, des -s, plur. die -läger, S. Kalt.


Kältlich (W3) [Adelung]


Kältlich, adj. et adv. ein wenig kalt, so wohl als eine Eigenschaft der Körper, als auch der Empfindung nach.


Kaltmeißel (W3) [Adelung]


Der Kaltmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schmieden und Schlössern, ein wohl verstählter Meißel, das Eisen kalt damit zu durchhauen.


Kaltschlächter (W3) [Adelung]


Der Kaltschlächter, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, eine anständige Benennung eines Abdeckers oder Feldmeisters; von Schlächter, ein Fleischer. S. Schinder.


Kaltschlagamboß (W3) [Adelung]


Der Kaltschlagamboß, des -es, plur. die -e, eine seltsame Zusammensetzung der Kupferschmiede, denjenigen Amboß zu bezeichnen, worauf sie das Kupfer kalt, d. i. ohne Feuer bearbeiten.


Kaltschmid (W3) [Adelung]


* Der Kaltschmid, des -s, plur. die -schmiede, ein nur in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, einen Messingschmid zu bezeichnen, weil er das Messing kalt und ohne Feuer bearbeitet.


Kaltsilber (W3) [Adelung]


Das Kaltsilber, des -s, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, ut nom. sing. S. Kalt 1.


Kaltsinn (W3) [Adelung]


Der Kaltsinn, des -es, plur. inus. S. Kaltsinnigkeit.


Kaltsinnig (W3) [Adelung]


Kaltsinnig, -er, -ste, adj. et adv. von kalt und Sinn, eigentlich, kalt gegen Dinge außer sich gesinnet, aller lebhaften Empfindung in Ansehung derselben beraubt, und darin gegründet; gleichgültig. Sehr kaltsinnig studieren, ohne einen merklichen Grad der Begierde. Eine kaltsinnige Antwort. Ein kaltsinniges Lob, welches keine Theilnehmung des Herzens ver- räth. Ob wir ihr kaltsinniges Gespräch von der Freundschaft hören oder nicht, Gell. Bey den Jägern ist der Hund kaltsinnig, wenn er nicht munter sucht, und die gefundene Fährte bald wieder verlässet. In engerer Bedeutung, Mangel der Neigung gegen jemand habend, und darin gegründet. Jemand sehr kaltsinnig empfangen. Ein kaltsinniges Betragen.


Kaltsinnigkeit (W3) [Adelung]


Die Kaltsinnigkeit, plur. inus. derjenige Zustand einer Person oder Sache, da sie kaltsinnig ist, die Gleichgültigkeit; so wohl in weiterer als engerer Bedeutung. Im der höhern Schreibart ist dafür das kürzere Kaltsinn üblicher.


Kamehl (W3) [Adelung]


1. * Das Kamehl, des -es, plur. die -e, ein dickes Tau, ein Ankertau; eine ungewöhnliche Bedeutung, in welcher es Matth. 19, 24, so wie Camelus in der Vulgara vorkommt, beyde auf Veranlassung des Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches so wohl das folgende lasttragende Thier dieses Nahmens, als auch ein Seil bedeutet. Indessen kommt doch auch Camellus im mittlern Lateine für Funiculus vor. S. des Du Fresne Glossar und 2 Kabel.


Kamehl (W3) [Adelung]


2. Das Kamehl, des -es, plur. die -e, 1) Ein vierfüßiges haariges Thier mit zwey Zehen, welches höher als ein Pferd ist, einen kleinen Kopf und langen Hals, und gemeiniglich einen oder zwey Höcker auf dem Rücken hat, und in den sandigen Gegenden von Afrika und Amerika einheimisch ist, wo es zum Tragen der Lasten gebraucht wird; Camelus, aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und dieß aus dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, von dem Arab. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Last tragen. Bey den Schwäbischen Dichtern Kemel, Kemlin, bey dem Hornegk Chemel. Ehe man dieses Wort aus den fremden Sprachen aufnahm, gebrauchte Ulphilas dafür Ulband, und der Übersetzer Tatians Olbent, ( S. Elephant,) Das weibliche Geschlecht die Kamehlinn kommt Jer. 2, 24, wofür aber Kamehlkuh üblicher ist. 2) Figürlich, vielleicht wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, eine in Holland übliche Maschine, schwer beladene Schiffe in die Höhe zu heben und über Untiefen zu führen, welche aus zwey platten mit Wasser angefüllten Fahrzeugen bestehet, welche sich an die beyden Seiten des beladenen Schiffes legen, dasselbe zwischen sich befestigen, und es auf diese Art, wenn das in ihnen befindliche Wasser ausgepumpet wird, in die Höhe heben. Sie wird auch das Wasserschiff genannt. Franz. Chameau.


Kamehlfliege (W3) [Adelung]


Die Kamehlfliege, plur. die -n, S. Kamehlhals 2.


Kamehlhaar (W3) [Adelung]


Das Kamehlhaar, des -es, pur. inus. 1) Das Haar eines Kamehles. 2) Das Haar der Kamehlziege, besonders nachdem es zu Garn gesponnen worden, da es denn zu verschiedenen Sachen verarbeitet und auch Kamehlgarn genannt wird. Im Arabischen bedeutet Kamehl eine Ziege. Aus Unkunde der Sprache hat man in Europa lange geglaubt, dieses Kamehlhaar komme von den lasttragenden Kamehlen. S. Camelott.


Kamehlhals (W3) [Adelung]


Der Kamehlhals, des -es, plur. die -hälse. 1) In den Gärten, eine Art weißer Narzissen, deren Blumenstiel sich wie der Hals eines Kamehles krümmet, und wovon man so wohl einfache als gefüllte hat. Die gefüllte heißt in Frankreich Rose de notre Dame. 2) Ein Insect mit netzförmigen Flügeln, kurzen borstenähnlichen Fühlhörnern, einem kegelartigen und gleichsam in einen langen Hals verlängerten Brustschilde; Raphidia L. die Kamehlfliege.


Kamehlheu (W3) [Adelung]


Das Kamehlheu, des -es, plur. inus. eine Art des Bartgrases, welches in Ostindien und Arabien wächset, und daselbst ein gutes Futterkraut für die Kamehle abgibt; Andropogon Schoenanthus L. Kamehlstroh.


Kamehlkuh (W3) [Adelung]


Die Kamehlkuh, plur. -kühe, S. 2. Kamehl.


Kamehlparder (W3) [Adelung]


Der Kamehlparder, des -s, plur. ut nom. sing. ein zweyhufiges vierfüßiges Thier mit hohlen einfachen Hörnern, welches in Äthiopien lebt, eigentlich eine Art Ziegen ist, welche eine weißgefleckte Haut wie ein Parder hat; am Kopfe aber einem Kamehle gleicht; Camelopardus, bey den Alten Onifera, bey dem Solin Nabis, bey den Italiänern Giraffa, bey den Abyssiniern, Jiratakazin.


Kamehlstroh (W3) [Adelung]


Das Kamehlstroh, des -es, plur. inus. S. Kamehlheu.


Kamehlziege (W3) [Adelung]


Die Kamehlziege, plur. die -n, eine Art morgenländischer Ziegen mit einem langen seidenen glänzenden weißen Haare, woraus unser Kamehlgarn gesponnen wird, S. Kamehlhaar; Capra Angolensis L.


Kamelot (W3) [Adelung]


Kamelot, S. Camelott.


Kamerad (W3) [Adelung]


Der Kamerad, S. Camerad.


Kamin (W3) [Adelung]


Der Kamin, des -es, plur. die -e. 1) Die Feuermauer eines Gebäudes, der Schornstein, doch vornehmlich nur im Oberdeutschen. ( S. Kaminfeger,) Franz. Cheminee. 2) Ein gemauerter offener Platz in einem Zimmer, Feuer darin anzumachen und sich davor zu wärmen. Feuer in den Kamin machen. Der Kamin raucht, wenn er den Rauch in das Zimmer gehen lässet, anstatt ihn in die Feuermauer zu führen. Sich vor den Kamin setzen.

Anm. Im Oberdeutschen, besonders in der ersten Bedeutung, Chemich, Kemmich, Kemmet, Kämmin, im Ital. Camino, im Engl. Chimney, im Span. Chemenea, im Pohln. Komin, alle aus dem Lat. Caminus und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - welches wiederum von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, brennen, oder auch von dem alten Worte Kamen, ein Stein, abstammet, in welchem letztern Falle es überhaupt ein Mauerwerk bedeuten würde. ( S. Kemnate,) In einigen Oberdeutschen Gegenden ist es ungewissen Geschlechtes, das Kamin.


Kaminfeger (W3) [Adelung]


Der Kaminfeger, des -s, plur. ut nom. sing. ein vornehmlich im Oberdeutschen übliches Wort, einen Schornsteinfeger oder Feuermauerkehrer zu bezeichnen; in Baiern Kimmichfeger, Kemmetfeger, Kidlkehrer.


Kaminfeuer (W3) [Adelung]


Das Kaminfeuer, des -s, plur. inus. ein Flammenfeuer, welcher in einem Kamine angemacht worden, sich davor zu wärmen. Vor dem Kaminfeuer sitzen.


Kamingeld (W3) [Adelung]


Das Kamingeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er; im Oberdeutschen, diejenige Abgabe an die Obrigkeit, welche von den Hausbesitzern nach der Zahl der Kamine oder Feuermauern gegeben wird; das Herdgeld, die Herdsteuer, das Rauchfangsgeld.


Kamisol (W3) [Adelung]


Das Kamisol, des -s, plur. die -söler, Diminut. das Kamisölchen, ein kurzes Unterkleid unter dem Oberrocke des männlichen Geschlechtes, welches am gewöhnlichsten eine Weste genannt wird. An andern Orten ist das Kamisol ein kleines leichtes Wammes des weiblichen Geschlechtes, welches auch ein Corsett heißt.

Anm. Aus dem Franz. Camisole, und Ital. Camiciuola, welches wiederum von dem mittlern Lat. Cam siale, Camisile, Camisia, ein Hemd, und in weiterer Bedeutung eine jede Bekleidung des Leibes, bey dem Suidas - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, abstammet. Böhm. Kamyzola, Pohln. Kamizela.


Kamm (W3) [Adelung]


1. Der Kamm, des -es, plur. die Kämme, ein nur noch in dem zusammen gesetzten Roßkamm übliches Wort, ein Roßtäuscher; von dem mittlern Lat. cambiare, cambire, tauschen, Cambium, der Tausch. S. Roßkamm.


Kamm (W3) [Adelung]


2. Der Kamm, des -es, plur. die Kämme, ein nur in einigen einzelnen Fällen übliches Wort, so wohl einen Stein, als auch ein Gestein, eine ganze Steinmasse zu bezeichnen. Ein sehr festes Gestein, welches unter dem mildern bricht, wird bey den Bergleuten noch jetzt ein Kamm genannt. Es schießt ein Kamm vor, wenn der Bergmann auf ein festes Gestein trifft. Die Kämme verdrücken den Gang, wenn mehrere solche Steinlager den Gang nicht durchsetzen lassen. Ein Steinkamm, eine Steinwand. In andern Fällen wird es in Gans und Gems verderbet. So wird das Gestein, welches sich unter der Dammerde anfängt, von den Bergleuten die Gans, der Gems genannt. Den Gang in die Gänsse bringen, Mathes. ihn dieses Gestein treiben. Auch der Zwitter oder Zinnstein wird, wenn er aus dem Pochwerke in das Gerinne gelaufen ist, Geimstein genannt, vermuthlich aus eben dieser Quelle. Im Schwed. ist Gimsten ein Edelstein, zunächst aus dem Latein. und Griech. Gemma, welches aber gleichfalls zu der Familie dieses Wortes Kamm gehöret. Im Wendischen und Slavon. bedeutet Kamen einen jeden Stein. S. Kemnate, Kammschale.


Kamm (W3) [Adelung]


3. Der Kamm, des -es, plur. die Kämme, ein sehr altes Wort, welches den obersten Theil eines Dinges bezeichnet, besonders wenn derselbe zugleich eine beträchtliche Länge hat. Es ist nur in einigen einzelnen Fällen üblich. 1. Eine natürliche Erhöhung der Erdfläche, ein in die Länge sich erstreckender Hügel, der oberste Theil eines Gebirges, ist noch in vielen Gegenden Ober- und Niederdeutschlandes unter dem Nahmen Kamm bekannt, wohin auch die eigenthümlichen zusammen gesetzten Nahmen mancher Berge und Gebirge gehören; der Hahnenkamm u. s. f. 2. Eine künstliche Erhöhung der Erdfläche, ein Haufen u. s. f. noch in einigen Fällen. So heißt die oberste Fläche eines Deiches, welche sonst die Kappe genannt wird, in Niedersachsen auch der Kamm. Eben daselbst ist der Kamm auch ein kleiner Wasserdamm, welcher in dem Grunde eines Püttwerkes stehen bleibet. Im Forstwesen einiger Gegenden wird das niedergehauene und in eine lange Reihe gelegte Buchholz, welches sonst auch ein Jahn, ein Zahl heißt, in einigen Gegenden ein Kamm genannt. 3. An den Thieren, verschiedene Erhöhungen oder Obertheile derselben. 1) An den Pferden, und zuweilen auch an dem Rindviehe, ist es der obere Theil des Halses, worauf bey den erstern die Mähne wächset. ( S. Kammfett,) Stryker nennet die Mähne eines Löwen Champ. Bey den Fleischern wird daher auch ein Stück Fleisch, welches aus dem Halse eines Rindes zwischen dem Nacken und Buge gehauen wird, der Kamm genannt. 2) An einigen Arten des Geflügels, besonders an den Hühnern, ein fleischiger gemeiniglich rother in die Länge gehender und gekerbter Auswuchs auf dem Kopfe. 3) In den niedrigen Sprecharten ist der Kammhaken, das Genick an dem menschlichen Körper. Eben daselbst sagt man auch figürlich, jemand über den Kamm hauen, ihn hart anfahren; ingleichen, der Kamm wird ihm roth, wenn jemand vor Zorn, oder von vielem Trinken eine rothe Nase bekommt. 4) An den Austern ist der Kamm oder Wirbel ein harter Theil im innern der Schale, welcher nicht wohl zu essen ist. 4. Der obere oder hervor stehende Theil an verschiedenen künstlichen Dingen. Der hervor stehende Theil an einem Schlüssel, der Bart, führet in vielen Gegenden den Nahmen des Kammes. Der oberste hervor regende Theil eines Helmes hieß ehedem der Helmkamm, Angels. Helmes Camp. Im Schwed. ist Kam der Giebel oder Gipfel eines Hauses. Anderer Fälle zu geschweigen.

Anm. Das Geschlecht dieses Wortes ist groß, selbst in den auswärtigen Sprachen. Das Lat. Coma, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Lat. Diminut. Cumulus, das Franz. Cime, Comble, das mittlere Lat. Camba, ein Thurm, hundert anderer zu geschweigen, sind genau damit verwandt. S. Keim, Kahm und Kimme. Wenn man bedenkt, daß dieses Wort ehedem, und noch in einigen Gegenden Kamp lautet, und daß das m sich gern zu den Lippenbuchstaben gesellet, so wird man auch die Verwandtschaft mit Koppe, Kopf, Giebel, Gipfel u. s. f. einräumen, in welchen Wörtern insgesammt der Begriff der Höhe oder der Hervorragung der herrschende ist.


Kamm (W3) [Adelung]


4. Der Kamm, des -es, plur. die Kämme, Diminut. das Kämmchen, Oberd. Kämmlein, ein langer zuweilen spitziger hervor ragender Theil eines Dinges, und ein mit solchen hervor ragenden Theilen versehenes Ding; gleichfalls nur noch in einigen Fällen. 1. Lange hervor ragende Theile eines Dinges. So werden, 1) In der Mechanik und in dem Mühlenbaue, die Zähne oder kurzen Stäbe, welche auf der Seiten oder Stirnfläche eines Rades perpendicular stehen, um in das Getriebe eingreifen zu können, Kämme genannt; ( S. Kammrad,) Schon in der Paraen. Tirol. heißen sie Kambe, welches daselbst nicht Speichen bedeuten kann. In dem Bergbaue führen diesen Nahmen auch die Arme an der Welle, welche die Pochstämpel, Bälge u. s. f. aufheben, und sonst auch Hebearme, Hebelatten, Hebetatzen genannt werden. 2) Die Stiele an den Weintrauben, woran die Weinbeeren hängen, führen in den meisten Gegenden den Nahmen der Kämme. Im Oberdeutschen werden sie Rappen, Drappen, Trappen genannt, Franz. Grappes, Lat. Racemi. Im Franz. hieß ein solcher Kamm ehedem Gen und Cenne. 2. Ein mit solchen Zähnen versehenes Werkzeug. 1) Ein von Horn, Elfenbein oder einer ähnlichen harten Materie verfertigtes und mit spitzigen neben einander stehenden langen Zähnen versehenes Werkzeug. Es wird zu verschiedenen Absichten gebraucht. Am häufigsten dienet es, die Haare an Menschen und Thieren damit zu reinigen, und wenn sie verwirret sind, gerade zu richten; der Haarkamm. Ein weiter Kamm, an welchem die Zähne weit von einander stehen; ein enger Kamm, wo sie nahe an einander stehen. Mit einem Kamme kämmen. Alle Leute über Einen Kamm scheren, im gemeinen Leben, sie auf einerley Art behandeln. In der Haushaltung hat man auch starke eisene Kämme, die Samenkapseln an dem Flachse abzuriffeln, Riffelkämme, hölzerne Kämme die Heidelbeeren abzustreifen u. s. f. Bey dem Kero Canpo, Canap, im Oberdeutschen der Kampel, im Angels. Camb, im Engl. Comb, im Schwed. Kam. Ein Wollkamm oder Kamm der Wollkämmer, bey welchen der Oberdeutsche Plural Kamme üblich ist, ist auch unter dem Nahmen Krämpel bekannt, S. dieses Wort. Im Oberdeutschen wird ein Kamm auch ein Strähl und kämmen strählen genannt, von Strahl, Radius. 2) Bey den Webern, ein mit vielen dünnen Stäben von Rohr oder Stahl versehener Nahmen, die Fäden des Aufzuges so aus einander zu halten, wie der Haarkamm die Haare; das Blatt. Manche Arten von Webern haben statt dessen leinene Schnüre, welche aber gleichfalls der Kamm genannt werden. ( S. Kammlitze,) 3) Eben daselbst werden die Fäden, welche sie am Ende eines gewebten Stückes mit einem kleinen Theile des Gewebes abschneiden, die Troddel, das Dromt, auch der Kamm genannt. 4) In einigen Gegenden ist der Kamm eine Art eines Netzes mit engen Maschen, kleine Fische damit zu fangen, welches aber an den meisten Orten verbothen ist.

Anm. Es scheinet, daß dieses Wort gleichfalls zu dem vorigen gehöre, indem der Begriff der Hervorragung auch hier der herrschende ist. Indessen kommen im mittlern Lateine viele ähnliche Wörter vor, worin der Begriff der Krümme der Hauptbegriff ist, und welche zu dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, biegen, gehören; z. B. Cambuta, der krumme Bischofsstab, der Krummstab; ( S. Kammer,) In den Galischen Gesetze bedeutet Cham die Hand.


Kamma (W3) [Adelung]


Kamma, der Nahme eines Bieres, welches in Herford gebrauet wird. Dieses Wort wird hier nur um deßwillen angeführet, weil Camma und Camum schon im Lateinischen eine Art eines Bieres bedeutet, in welchem Verstande es bey dem Ulpian vorkommt, der es ausdrücklich noch von "Cerevisia" unterscheidet.

Nach dem Simeon von Genua ist Camum, sicera, potus factus ex hordeo et aliis rebus calidis, ut sunt zinziber et similia, quae ponuntur in testaceis parvis bene obturatis, et cum aperiuntur, salit in altum, et vocatur Cerevisia.

In den Urkunden Frankreichs, der Niederlande und Deutschlandes kommt in den mittlern Zeiten Camba häufig so wohl von einem Brauhause, als auch von einem Bierhause vor; Cambarius ist daselbst ein Bierbrauer, Cambagium eine Abgabe für die Freyheit, sein Bier selbst zu brauen u. s. f.


Kammblatt (W3) [Adelung]


Das Kammblatt, des -es, plur. die -blätter, bey den Webern, der Kamm mit seinen Stäben, S. 4. Kamm 2. 2).


Kammbohrer (W3) [Adelung]


Der Kammbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bohrschmieden, ein Bohrer, die Löcher zu den Kämmen der Kammräder damit zu bohren. S. 4. Kamm 1.


Kammbraten (W3) [Adelung]


Der Kammbraten, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. in Preußen, ein Stück Rindfleisch, welches aus den Rippen zum Braten gehauen wird.


Kammbret (W3) [Adelung]


Das Kammbret, des -es, plur. die -er, bey den Kürschnern, ein längliches viereckiges Bret, die Pelzwerke darauf auszukämmen.


Kammbruch (W3) [Adelung]


Der Kammbruch, des -es, plur. die -brüche, in den Niedersächsischen Marschländern, ein Bruch oder Riß, welchen das Wasser in den Kamm oder Obertheil eines Deiches macht. S. 3. Kamm 2.


Kammbürste (W3) [Adelung]


Die Kammbürste, plur. die -n, eine Bürste, die Haarkämme damit zu reinigen.


Kammdose (W3) [Adelung]


Die Kammdose, plur. die -n, auf dem Nachttische des schönen Geschlechtes, eine Dose oder Schachtel, die Haarkämme darin zu verwahren; die Kammschachtel.


Kammeisen (W3) [Adelung]


Das Kammeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Steinmetzen, ein langer eiserner oben gespaltener Griff mit stählernen Stacheln, welche ihm das Ansehen eines groben Kammes geben, die grobe Fläche der Sandsteine damit rauh zu hauen; das Kröneleisen, Krönelt. S. 4. Kamm 2.


Kammelung (W3) [Adelung]


Die Kammelung, plur. die -en, in den Niedersächsischen Marschländern, eine kleine Erhöhung an den Wasserlösen, Wetterungen u. s. f. S. 3. Kamm 2.


Kämmen (W3) [Adelung]


1. Kämmen, verb. reg. act. mit dem Haarkamme oder einem ähnlichen Kamme bearbeiten. Die Haare kämmen. Sich kämmen, seine Haupthaare. Die Wolle kämmen, wofür bey den Wollarbeitern das mehr Oberdeutsche kammen üblich ist. ( S. Krämpeln,) Im Angels. caemban, im Engl. to kemb, to comb, im Dän. kämme, im Schwed. kaemma, im Latein. comere, im Oberdeutschen kampeln.


Kämmen (W3) [Adelung]


2. Kämmen, verb. reg. act. welches nur in der Zimmermannskunst üblich ist. Zwey Träger auf einander kämmen, sie auf einander verbinden, so daß sie eine große Last tragen können. S. Kimmen, zu welchem Zeitworte es zu gehören scheinet.


Kämmer (W3) [Adelung]


Der Kämmer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kämmerinn, eine Person, welche kämmet, am häufigsten in dem zusammen gesetzten Wollkämmer.


Kammer (W3) [Adelung]


Die Kammer, plur. die -n, Diminut. Kämmerchen, Oberd. Kämmerlein. 1. In der weitesten und eigentlichsten Bedeutung, ein jeder hohler Raum, eine Höhle; in welcher Bedeutung es nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich ist. Fehlerhafte Gruben in der Seele einer Kanone oder eines andern Geschützes heißen Kammern. In einem andern Verstande ist die Kammer die hinterste Höhle eines Mörsers oder einer Haubitze, worein das Pulver geladen wird, ( S. Kammerstück,) In der Landwirthschaft wird eine leere Stelle an dem Kummet, woraus man die Füllhaare gezogen hat, weil sie das Pferd drückten, eine Kammer genannt. Die Höhlung der Schwanzschraube an einem Schießgewehre heißt die Kammer. Die Höhlen der Thiere unter der Erde sind sehr häufig unter dem Nahmen der Kammern bekannt, so wie die Höhlen in dem Herzen unter dem Nahmen der Herzkammern. Im mittlern Lateine ist Camara eine Scheide. 2. Ein eingeschlossener Raum; gleichfalls nur noch in einigen einzelnen Fällen. So pflegen die Jäger den mit dem Zeuge umstellten Ort in einem Jagen zunächst an dem Auslaufe, in welchen das eingetriebene Wild in die Enge gebracht wird, die Kammer zu nennen. In engerer Bedeutung bezeichnete es ehedem einen oben gewölbten, mit einem Gewölbe eingeschlossenen Raum, in welcher Bedeutung schon das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das mittlere Latein. Camera, und das alt Franz. Cambry, vorkommen. S. auch Kammerwagen. 3. In engerer Bedeutung, ein jedes Zimmer oder abgetheilter Theil eines Hauses. 1) Im weitesten Verstande für Zimmer; im mittlern Lat. Camera, Franz. Chambre, Ital. Camera, welches Wort selbst mit Kammer verwandt ist. (a) In dieser Bedeutung, in welcher es dem weitesten Umfange nach für sich allein im Hochdeutschen veraltet ist, kommt es noch häufig in der Deutschen Bibel vor. Und Benhadad flohe in die Stadt von einer Kammer in die andere, 1. Kön. 20, 30; und so in andern Stellen mehr. Es ist hier nur noch in den Zusammensetzungen Schatzkammer, Kunstkammer, Naturalien-Kammer, Antiquitäten-Kammer, Gewehrkammer u. s. f. üblich, wo es vermuthlich wohl zunächst die vorige Bedeutung eines Gewölbes hat, obgleich dergleichen Kammern nicht alle Mahl mehr Gewölbe, sondern oft nur große lange Säle sind, da sie denn am häufigsten Gallerien genannt werden. Die Silberkammer ist an den Höfen, ein Behältniß oder großes Zimmer, worin das Silbergeschirr verwahret wird, die Lichtkammer, ein Zimmer zur Aufbewahrung der Lichter u. s. f. Auf eben diese Art ist die Kammer-Musik, im Gegensatze der Kirchen- und Theater-Musik, diejenige Musik, welche in den Zimmern aufgeführet wird, wo denn einige neuere Tonkünstler auch das einfache Kammer, nach dem Muster des Franz. Chambre, im Singular wieder eingeführet haben. Stücke, welche ausdrücklich für die Kammer gesetzt sind, in Zimmern aufgeführet zu werden. Die freye musikalische Schreibart herrscht auf dem Theater und in der Kammer. Wo eben nicht bloß fürstliche Zimmer zu verstehen sind. S. Kammer-Musik, und Kammer-Styl. (b) Figürlich bezeichnet es alsdann auch die sämmtlichen zur Aufsicht über ein solches Zimmer und darin befindlichen Sachen bestellten Personen. So gehören zur Hof-Silberkam- mer in Dresden, der Silberkämmerer, der Silberdiener, der Silberschreiber, die Silberwäscherinn u. s. f. 2) In engerer Bedeutung. (a) Die Wohnzimmer eines Fürsten; im mittlern Lateine Camera, Franz. Chambre, Schwed. Kamar. (aa) Eigentlich, in welcher Bedeutung es nur in den Zusammensetzungen Kammerherr, Kammerjunker, Kammerdiener, Kammerlackey, Kammerpage u. s. f. üblich ist, solche Personen zu bezeichnen, welche zur nächsten Bedienung des Herren in seinen geheimen Zimmern bestimmt sind, zum Unterschiede von ähnlichen Personen, deren Titel mit Hof - zusammen gesetzet sind. Kammer - bedeutet in solchen Zusammensetzungen so viel als in andern das Wort Leib - obgleich auch Fälle vorkommen, wo beyde noch verschieden sind. In vielen Fällen, in welchen man ehedem das Wort Kammer in diesem Verstande gebrauchte, ist jetzt das Franz. Cabinett eingeführet. (bb) Figürlich auch die zur nächsten Bedienung der Person eines großen Herren in den Zimmern seiner Residenz gehörigen sämmtlichen Personen. So bestehet die Kammer des Churfürsten von Sachsen aus den Kammerpagen, dem geheimen Secretär, dem Secretär, dem Cassirer, dem geheimen Kämmerier, den Kammerdienern, dem Friseur, dem Leibschneider, dem Kammerthürhüther und andern geringern Personen; worunter manche noch von denen verschieden sind, welche auf der Reise und auf der Jagd gebraucht werden. (b) Das Zimmer, worin die Einkünfte eines Fürsten oder einer Gemeinheit verwahret werden. (aa) Eigentlich; im mittlern Lat. Camera, welches in dieser Bedeutung schon bald nach den Zeiten Carls des Großen vorkommt, weil die großen Herren ihre Einkünfte und Schätze ehedem unmittelbar in ihren Wohn- und Schlafzimmern zu verwahren, und gemeiniglich auch selbst zu verwalten pflegten; im mittlern Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Camera est locus, in quem thesaurus recolligitur, vel conclave, in quo pecunia reservatur, heißt es bey dem Ockam. Kamerhort bedeutet bey einem der Schwäbischen Dichter einen geheimen Schatz. In dieser Bedeutung ist es heut zu Tage veraltet, wo es (bb) nur noch figürlich ein Collegium der zur Verwaltung der landesfürstlichen Einkünfte bestellten Räthe und Bedienten bezeichnet; wo es doch fast in jedem Lande auf andere Art eingeschränkt und eingerichtet ist. In manchen Provinzen hat die Kammer, oder wie sie auch heißt, die Hofkammer, die Rentkammer u. s. f. die sämmtlichen Einkünfte eines Landesherren zu verwalten, in andern nur die so genannten Kammer- oder Tafelgüter, in andern noch andere Zweige der Einnahme. In manchen Provinzen ist sie das oberste Collegium in solchen Angelegenheiten welche die Einkünfte eines Landesherren betreffen; in manchen aber ist sie einem besondern Finanz-Collegio oder einem andern untergeordnet. In einigen ist sie von der Rentkammer oder Renterey nicht verschieden; in andern machen diese einen untergeordneten Theil derselben aus. S. Kammer-Collegium und viele der folgenden Zusammensetzungen, wo ich diese Art der Kammer die Finanz-Kammer nennen will, um sie von andern Arten zu unterscheiden. Kleinere Herren, Städte, Gemeinheiten u. s. f. nennen ein solches Collegium gemeiniglich die Kämmerey. (cc) Der öffentliche Ort, wo sich die zu einem Kammer-Collegio gehörigen Personen versammeln. Auf die Kammer gehen. Von der Kammer kommen. Bey kleinern Herren und Gemeinheiten gleichfalls die Kämmerey. (dd) Die zu den unmittelbaren Bedürfnissen eines Landesherren und seines Hofstaates gehörigen Güter und Einkünfte selbst; im mittlern Lat. Camera. Doch nur noch in einigen Zusammensetzungen. S. Kammerknecht. (c) Ein Zimmer oder Gebäude, in welchem sich die zur Handhabung des Rechtes und der Gerechtigkeit bestimmten Personen versammeln. (aa) Eigentlich; eine größten Theils veraltete Bedeutung, welche nur noch in denjenigen Orten üblich ist, wo dieses Wort in der folgenden Bedeutung gebraucht wird. (bb) Figürlich, ein solches Collegium selbst; wo es nur noch in einigen Fällen üblich ist. Das vornehmste Collegium dieser Art ist die kaiserliche und des Reichs Kammer zu Wetzlar, das höchste Reichsgericht über die Reichsstände und ihre Unterthanen, welches vollständiger das Kammergericht genannt wird. Nach dem Muster dieses Gerichtes errichteten verschiedene Reichsstände in ihren Landen solche Kammern oder Kammergerichte, welche theils noch vorhanden sind, theils andern ähnlichen Collegiis haben Platz machen müssen, theils gar verändert und eingeschränket worden sind. ( S. Kammergericht,) Da diese Gerichte anfänglich die höchsten Gerichte eines Landes waren, so scheinet es, daß mit ihrer Benennung zunächst die Wohnzimmer des Landesherren gesehen worden, um dadurch ihre Unabhängigkeit von andern Gerichten, außer dem Landesherren selbst, zu bezeichnen. Hingegen ist in einigen Niedersächsischen Städten, so wie in Schweden, die Kammer ein Untergericht, welches unter dem Vorsitze des Kämmerers oder Kämeners in Injurien- und Ehesachen erkennet, und auch das Kämmereygericht genannt wird. (d) Ein kleineres verwahrtes Zimmer über der Erde ohne Ofen, in welcher Bedeutung es im gemeinen Leben am üblichsten ist; im Nieders. Kamer. Dadurch, daß es über der Erde ist, unterscheidet es sich von einem Keller, durch den Mangel des Ofens von einer Stube, durch die geringere Größe von einem Saale oder Boden, und durch die bessere Verwahrung von einem Stalle. In einer Kammer schlafen, wohnen. Nach Maßgebung des verschiedenen Gebrauches bekommt es besondere Nahmen; z. B. Speisekammer, Holzkammer, Vorrathskammer, Rollkammer, Milchkammer, Rauchkammer, Bettkammer, Kohlenkammer, Schlafkammer u. s. f. welche letztere man im engsten Verstande unter der Kammer schlechthin verstehet.

Anm. Bey dem Kero bedeutet Chamara eine Zelle, bey dem Ottfried Kamaru, im Tatian Kamara und bey dem Notker Chamer, ein jedes Zimmer, im Engl. Chamber, im Franz. Chambre, im Ital. Camera, im Böhm. und Pohln. Komora, im Wallachischen Kumpa, im Alban. Kumpe. Die meisten sind in der Ableitung dieses Wortes auf das alte Bretagnische Camm, krumm, cammo, ich krümme, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, gefallen, und erklären es durch ein gewölbtes Zimmer; worin ihnen schon Papias vorgegangen ist. Camera, heißt es bey ihm, a curvitate dicta, est enim volumen introrsum respiciens. Camera quia camura, i. e. curva, dicitur lapidea domus. Allein aus den beyden ersten Bedeutungen erhellet, daß man noch ein wenig weiter hinauf gehen müsse; zumahl da es schon Kero, einer unserer ältesten Schriftsteller, bloß von einer Zelle gebraucht. Doch auch bey dem Begriffe einer Höhle findet der Begriff der Krümme Statt, man wollte es denn lieber von bedecken herleiten, da es denn zu Heim gehören, ja seiner ersten Hälfte nach eine härtere Aussprache dieses Wortes seyn würde. Im Lappländ. ist Kiemi eine Hütte. Zur weitesten Bedeutung gehöret auch das noch hin und wieder übliche Kieme, ein Fischohr, S. dasselbe. Die Herzkammer heißt in den alten Friesischen Gesetzen Hertchamon. Die Sylbe -er ist die gewöhnliche Ableitungssylbe, welche ein Werkzeug, oft aber auch ein handelndes Ding selbst bedeutet. Kammer würde also einen Ort bedeuten, der etwas verbirget, oder zu verbergen geschickt ist; eine Bedeu- tung, aus welcher sich alle andere sehr natürlich und ungezwungen herleiten lassen.


Kammer-Advocat (W3) [Adelung]


Der Kammer-Advocat, des -en, plur. die -en, ein Advocat, welcher einer fürstlichen Finanz-Kammer in Rechtssachen dienet; an andern Orten und mit einem höhern Titel, ein Kammer-Consulent, Kammer-Procurator.


Kammeramt (W3) [Adelung]


Das Kammeramt, des -es, plur. die -ämter. 1) Ein Amt an einer fürstlichen Finanz-Kammer, welches von derselben abhängt, und von ihr vergeben wird; die Kammerbedienung. 2) In einigen Gegenden, z. B. zu Wien, ein Amt oder Collegium, welches die öffentlichen Einkünfte der Stadt verwaltet, und in andern Städten die Kämmerey genannt wird.


Kammer-Archiv (W3) [Adelung]


Das Kammer-Archiv, des -es, plur. die -e, das Archiv bey einer fürstlichen Finanz-Kammer.


Kammerband (W3) [Adelung]


Das Kammerband, des -es, plur. die -bänder, an den Kanonen, das Band oder derjenige Theil der Verzierung an den Bodenfriesen, worin sich das Zündloch befindet, der Hintergurt; weil es an demjenigen Orte lieget, wo sich bey Kammerstücken die Pulverkammer befindet. S. Kammer 1.


Kammerbecken (W3) [Adelung]


Das Kammerbecken, des -s, plur. ut nom. sing. ein in der anständigern Sprechart für Nachttopf übliches Wort; der Kammertopf.


Kammerbediente (W3) [Adelung]


Der Kammerbediente, des -en, plur. die -en. 1) Ein Bedienter, welcher einen vornehmen Herren in seinen Wohnzimmern bedienet. S. Kammer 3. 2) (a) 2) Ein Bedienter bey einer fürstlichen Finanz-Kammer. S. Kammer 3. 2) (b) In beyden Fällen in gemeinen Leben und im Plural auch die Kammerleute.


Kammerbothe (W3) [Adelung]


Der Kammerbothe, des -n, plur. die -n, ein Bothe, welcher bey einer Finanz-Kammer in Diensten stehet, und von derselben verschickt wird. Ingleichen, der bey einem Kammergerichte als Bothe in Pflichten stehet; vollständiger der Kammergerichtsbothe. Zu den Zeiten der Fränkischen Könige waren die Nuncii Camerae freylich weit vornehmere Personen, kaiserliche Kammerräthe vom ersten Range, welche die Reichseinkünfte verwalteten.


Kammer-Capelle (W3) [Adelung]


Die Kammer-Capelle, plur. die -n, 1) Eine Capelle in einer Residenz, welche bloß zu dem Gottesdienste der herrschaftlichen Familie gewidmet ist; zum Unterschiede von der Hof-Capelle. S. Kammer 3. 2) (a) 2) Die zur Kammer-Musik eines großen Herren gehörigen Personen, und welche auch nur die Capelle schlechthin genannt werden.


Kammer-Collegium (W3) [Adelung]


Das Kammer-Collegium, des -gii, plur. die -gia, die zur Verwaltung der fürstlichen Einkünfte verordneten Räthe als ein Collegium betrachtet; die Kammer.


Kammer-Commissarius (W3) [Adelung]


Der Kammer-Commissarius, des -rii, plur. die -rii, oder der Kammer-Commissär, des -s, plur. die -e, ein Commissarius, welcher einer fürstlichen Finanz-Kammer in einzelnen Geschäften dienet. Von eben dieser Art, aber von höherm Range, ist der Kammer-Commissions-Rath.


Kammer-Concert (W3) [Adelung]


Das Kammer-Concert, des -es, plur. die -e, in der Musik, ein Concert, bey welchem sich nur ein einziges concertirendes Instrument befindet. S. Kammer 3. 1)


Kammer-Consulent (W3) [Adelung]


Der Kammer-Consulent, des -en, plur. die -en, siehe Kammer-Advocat.


Kammer-Copist (W3) [Adelung]


Der Kammer-Copist, des -en, plur. die -en, ein Copist bey einer fürstlichen Finanz-Kammer.


Kammerdegen (W3) [Adelung]


Der Kammerdegen, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Degen, so wie man ihn zur Bequemlichkeit in den Zimmern träget; ein Galanterie-Degen. S. Kammer 3. 1).


Kammerdiener (W3) [Adelung]


Der Kammerdiener, des -s, plur. ut nom. sing. ein Diener oder Bedienter, welcher seinen Herren in dessen Wohn- und Schlafzimmern bedienet, zum Unterschiede von den geringern Lackeyen. Dessen Ehefrau die Kammerdienerinn. Vornehme Personen weiblichen Geschlechtes haben auch weibliche Kammerdienerinnen, welche geringer als die Kammerfrauen, aber höher als Dienerinnen, Kammerweiber, Kammermenscher u. s. f. sind.


Kämmerer (W3) [Adelung]


Der Kämmerer, des -s, plur. ut nom. sing. der Vorgesetzte einer Kammer, daher es beynahe in eben so vielfacher Bedeutung üblich ist, in welcher dieses vorkommt. 1) So fern Kammer ehedem überhaupt ein zu gewissen Absichten und Anstalten bestimmtes Zimmer bedeutete, ist der Kämmerer in vielen Fällen der Vorgesetzte desselben. So ist der Kunstkämmerer, z. B. an dem churfürstlichen Hofe zu Dresden, derjenige, welcher über die Kunstkammer, der Silberkämmerer, welcher über die Silberkammer, der Lichtkämmerer, welcher über die Lichtkammer gesetzt ist. 2) So fern man unter der Kammer die fürstlichen Wohnzimmer verstehet, ist der Kämmerer einer der ersten Hofbedienten, welcher gemeiniglich unmittelbar auf den Ober-Kammerherren folgt, allen Kammerherren vorgehet, die fürstlichen Zimmer und alle zur Bedienung des Herren in seinen Zimmern, oder zur so genannten Kammer, nebst der gottesdienstlichen Capelle, den Leib-Medicis, Leib-Chirurgis u. s. f. unter seiner Aufsicht hat. An dem königl. Pohln. und Chursächs. Hofe war es ehedem der Graf von Brühl. Seine Expedition heißt die Ober-Kämmerey-Expedition, bey welcher sich Ober-Kämmerey-Secretarien, Schreiber u. s. f. befinden, um sie von Kämmereyen geringerer Art zu unterscheiden. Von noch höherer Art ist die Würde des Erzkämmerers des Reiches, welche auf der Mark Brandenburg haftet, und von dem Erbkämmerer in besondern Fällen vertreten wird. 3) Ehedem wurden auch die obersten Vorgesetzten der landesherrlichen Einkünfte Kämmerer, im mittlern Lat. Camerarii, zu den Zeiten der Schwäbischen Kaiser Camerer und Chamerer genannt, in welcher Bedeutung es auch noch in einigen Stellen der Deutschen Bibel vorzukommen scheinet. Heut zu Tage werden sie an fürstlichen Höfen gemeiniglich Finanz-Räthe, Kammerräthe u. s. f. genannt, und der Nahme Kämmerer ist nur manchen Stiftern, Städten und andern Gemeinheiten verblieben, welche ihre Einkünfte noch durch Kämmerer verwalten lassen. ( S. Kämmerey,) 4) Auch in der Bedeutung eines Gerichts-Directoris oder Gerichts-Präsidenten kommt es noch hin und wieder vor, besonders in Niedersachsen, wo es doch nur einen Vorgesetzten eines Untergerichtes bedeutet. In Bremen ist der Kämmerer oder Kamener die vorsitzende Person in dem Kämmereygerichte oder der Kammer, welche über Ehe- und Injurien-Sachen richtet. In Schleswig haben einige Kirchspiele ihr eigenes Kirchspielsgericht, welches mit einem Kämmerer und verschiedenen Richtern oder Beysitzern besetzt ist. In den Städten gibt es daselbst gleichfalls Kämmereygerichte, welche aus dem Stadtvogte, den Kämmerern und Stadt-Secretarien bestehen, und gleichfalls nur in Injurien - und andern geringen Sachen erkennen. Anm. In dem weiblichen Geschlechte, wenn die Gattin eines Kämmerers bezeichnet werden soll, lautet es nur Kämmerinn, wo die eine Sylbe er um des Wohllautes willen verbissen wird, S. - Inn.


Kämmerey (W3) [Adelung]


Die Kämmerey, plur. die -en, die zur Kämmer in den drey ersten engern Bedeutungen dieses Wortes gehörigen Personen, die unter der Aufsicht eines Kämmerers stehenden Personen, die Expedition, von welcher die dahin gehörigen Sachen ausgefertiget werden, und der Ort, wo dieselbe ihre Sitzungen hat. Siehe Kämmerer 1. Besonders die zur Verwaltung der Einkünfte eines Stiftes, einer Stadt oder Gemeinheit gehörigen Personen, der Ort, wo sie sich versammeln, der Ort wo diese Einkünfte verwahret werden, und diese Einkünfte selbst; wo Kämmerey in kleinen Staaten eben das ist, was Kammer in größern bedeutet. S. Auch Kämmerer 4.


Kammerfest (W3) [Adelung]


Das Kammerfest, des -es, plur. die -e, an großen Höfen, z. B. zu Wien, ein Fest, welches nur von der Herrschaft und den zunächst zu ihrer Personen gehörigen Personen, in den geheimen Zimmern des Hofes gefeyert wird; zum Unterschiede von einem Feste, welches von dem ganzen Hofe gefeyert wird.


Kammer-Fiscal (W3) [Adelung]


Der Kammer-Fiscal, des -es, plur. die -cäle, ein Fiscal, in Sachen, welche eine fürstliche Finanz-Kammer betreffen.


Kammer-Fourier (W3) [Adelung]


Der Kammer-Fourier, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fourier, so fern er für die Quartiere der Herrschaft selbst, und der zunächst zu ihrer Person gehörigen Personen sorget. Ingleichen, ein Fourier, welcher für die Quartiere der zur Finanz-Kammer gehörigen Personen sorgt.


Kammerfrau (W3) [Adelung]


Die Kammerfrau, plur. die -en, eine zur unmittelbaren Bedienung eines vornehmen Frauenzimmers bestimmte Frau, welche an fürstlichen Höfen unmittelbar auf die Hofdamen folget, und den Kammerdienerinnen vorgehet.


Kammerfräulein (W3) [Adelung]


Das Kammerfräulein, des -s, plur. ut nom. sing. an fürstlichen Höfen, ein adeliges Fräulein, welches bey fürstlichen Frauenzimmern die Aufwartung in ihren Zimmern hat, und dem Range nach den Hofdamen noch vergehet.


Kammergericht (W3) [Adelung]


Das Kammergericht, des -es, plur. die -e, in verschiedenen Gegenden, der Nahme des höchsten Gerichtshofes, welcher unmittelbar unter dem Landesherren stehet. Das höchste Gericht dieser Art ist das kaiserliche und des Reichs Kammergericht zu Wetzlar. In den meisten Staaten der Reichsstände haben diese Gerichte andere Nahmen, oder sie sind doch auf andere Art eingeschränket worden. S. Kammer. 3. 2) (c) Daher der Kammergerichts-Präsident, oder Kammer-Präsident, der Kammergerichts-Assessor, der Kammergerichtsrath, Kammergerichtsbothe, die Kammergerichts-Ordnung, u. s. f.


Kammergraf (W3) [Adelung]


Der Kammergraf, des -en, plur. die -en, eine ehedem übliche Benennung einer den kaiserlichen Einkünften, wenigstens einiger Arten, vorgesetzten Person. Besonders führten diesen Nahmen diejenigen, welche den kaiserlichen und königlichen Bergwerken vorausgesetzet waren, so wie der oberste Verwalter der Ungarischen Bergstädte noch jetzt der Kammergraf genannt wird.


Kammergut (W3) [Adelung]


Der Kammergut, des -es, plur. die -güter, ein dem Landesherren zum Behuf seines Hofstaates, seiner Tafel u. s. f. gehöriges Gut, welches unter der Aufsicht seiner Finanz-Kammer stehet; ein Domänen-Gut Tafelgut. Große Güter dieser Art sind unter dem Nahmen der landesfürstlichen Ämter, Vogtenen u. s. f. bekannt. In engerer Bedeutung unterscheidet man noch die Kammergüter, welche zur Bestreitung der Regierungskosten gehören, von den eigenen oder Schatullen-Gütern eines Landesherren.


Kammerheiduck (W3) [Adelung]


Der Kammerheiduck, des -en, plur. die -en, an einigen Höfen, ein Heiduck, welcher zur unmittelbaren Bedienung einer Herrschaft in ihren Zimmern bestimmt ist.


Kammerheitzer (W3) [Adelung]


Der Kammerheitzer, des -s, plur. ut nom. sing. ein geringer Bedienter an Höfen, welcher die fürstlichen Wohnzimmer heitzet, zum Unterschiede von dem Stabenheitzer für die Kammerleute. Ingleichen ein Bedienter, welcher die Zimmer einer Finanz-Kammer, oder eines Kammergerichtes heitzet.


Kammerherr (W3) [Adelung]


Der Kammerherr, des -en, plur. die -en, vornehme Hofbediente von Adel, welche die Aufwartung bey einer fürstlichen Person in ihren Wohnzimmer haben, und welchen an großen Höfen noch ein Ober-Kammerherr vorgesetzet ist; adelige Kammerbediente vom ersten Range. Dessen Gattinn, die Kammerherrinn. In mittlern Lat. Cambellanus, Cambrerius, Franz. Chambellain. S. Kämmerling.


Kammerhund (W3) [Adelung]


Der Kammerhund, des -es, plur. die -e, ein Hund, welchen ein großer Herr zu seinem Vergnügen in seinen Zimmern bey sich hat, und welcher von einem Leibhunde noch verschieden ist.


Kämmerier (W3) [Adelung]


Der Kämmerier, des -s, plur. ut nom. sing. ein aus dem Ital. Cameriece entlehntes Wort, einen fürstlichen Kammerbedienten zu bezeichnen, welchem die Schatulle, oder das zu den unmittelbaren Bedürfnissen seines Herren bestimmte Geld, dessen Kostbarkeit, Juwelen u. s. f. anvertrauet sind; und welcher dem Range nach gemeiniglich unmittelbar vor den Kammerdienern gehet. Der geheime Kämmerier. Dessen Gattinn, die Kämmerierinn.


Kammerjäger (W3) [Adelung]


Der Kammerjäger, des -s, plur. ut nom. sing. ein fürstlicher Jäger, welcher seinen Herrn auf der Jagd und im Jagdwesen bedienet, aber von einem Leibjäger zuweilen noch verschieden ist. im Scherze wird auch ein Mäuse- und Ratzenfänger ein Kammerjäger genannt.


Kammerjungfer (W3) [Adelung]


Die Kammerjungfer, plur. die -n, eine Jungfer, d. i. unverheirathete Frauensperson, welche ihre Herrschaft in ihren Zimmern bedienet, und besser gehalten wird, als ein Kammermädchen; zum Unterschiede von einer Hausjungfer, welche die Haushaltung führet. Ehedem die Gürtelmagd. Im Scherze und mit Verachtung das Kammerkätzchen.


Kammerjunker (W3) [Adelung]


Der Kammerjunker, des -n, plur. die -n, ein junger Edelmann, welcher zur Bedienung einer fürstlichen Person in ihren Zimmern bestimmt ist, und zwischen den Kammerherren und Kammer-Pagen in der Mitte stehet; ein adeliger Kammerbedienter vom zweyten Range.


Kammerknecht (W3) [Adelung]


Der Kammerknecht, des -es, plur. die -e. 1) Eine Person, welcher der Finanz-Kammer eines Herren mit Leibeigenschaft zugethan ist, als ein Leibeigener zu dessen Kammergütern gehöret; eine größten Theils veraltete Bedeutung, welcher die Juden ehedem des Kaisers und des Reichs Kammerknechte genannt wurden. Im mittlern Lat. Camerlingus, Fiscalinus. 2) In einigen Gegenden werden noch geringe Personen, so fern sie bey einer Finanz-Kammer in Diensten stehen, Kammerknechte genannt.


Kammerkutscher (W3) [Adelung]


Der Kammerkutscher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kutscher, welcher die Kammerleute, d. i. die zur nächsten Bedienung einer fürstlichen Person bestimmten Leute führet; zum Unterschiede von dem Leib- und Hofkutscher.


Kammerlackey (W3) [Adelung]


Der Kammerlackey, des -en, plur. die -en, ein geringer Kammerbedienter einer fürstlichen Person.


Kamerlauge (W3) [Adelung]


Die Kamerlauge, plur. car. der Urin, S. Urin.


Kammerlehen (W3) [Adelung]


Das Kammerlehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Lehen, welches ein Herr einem Vasallen aus seinen Kammergütern gibt. Ingleichen ein Lehen, welches von einer fürstlichen Finanzkammer verliehen wird.


Kammerleute (W3) [Adelung]


Die Kammerleute, plur. car. die zur Kammer, d. i. nächsten Bedienung einer fürstlichen Person in ihren Zimmern gehörigen Personen geringerer Art. Ingleichen, die zu einer fürstlichen Finanzkammer gehörigen Personen vom zweyten und folgenden Range. S. Kammerbediente.


Kämmerling (W3) [Adelung]


Der Kämmerling, des -es, plur. die -e. 1) * Ein Kämmerer, d. i. Kammerbedienter eines Fürsten vom höchsten Range; eine veraltete Bedeutung, in welcher man nur noch zuweilen das Ital. Camerlengo zu übersetzen pflegt, den Cardinal-Kämmerer des päpstlichen Hofes zu bezeichnen. 2) * Ein Kammerherr; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher es ungeschickte Übersetzer noch zuweilen beybehalten. 3) * Ein Kammerdiener, in welcher auch veralteten Bedeutung es noch 3 Macc. 5, 12 vorkommt. 4) Ehedem wurden auch die Kammerknechte Kämmerlinge genannt, welchen Nahmen in den Öthmarschen Hofrechten noch die kurmödigen Unterthanen führen. In allen diesen Fällen im mittlern Lat. Camarlingus, Camberlingus, Camerlengus, Camerlingus, im Ital. Camerlengo. Schon Notker gebraucht Chamerlinga für einen Diener. S. - Ling.


Kammermädchen (W3) [Adelung]


Das Kammermädchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mädchen, d. i. junge Weibsperson, welche zur Bedienung ihrer Herrschaft in ihrem Zimmer bestimmt, und geringer ist, als eine Kammerjungfer; zum Unterschiede vor dem Hausmädchen.


Kammermagd (W3) [Adelung]


Die Kammermagd, plur. die -mägde, in der harten Sprechart, so wohl eine Kammerjungfer, als auch ein Kammermädchen.


Kammer-Matrikel (W3) [Adelung]


Die Kammer-Matrikel, plur. die -n, 1) Das Verzeichniß der sämmtlichen bey dem kaiserl. Kammergerichte befindlichen Personen. 2) Noch häufiger, das Verzeichniß desjenigen, was ein jeder Reichsstand zur Unterhaltung dieses Kammergerichtes jährlich beytragen muß.


Kammermeister (W3) [Adelung]


Der Kammermeister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, der Vorgesetzte einer Finanz-Kammer, besonders in einem kleinen Staate. An andern Orten führet der Vorgesetzte der Rentkammer, welche der Kammer gemeiniglich untergeordnet ist, diesen Nahmen.


Kammermensch (W3) [Adelung]


Das Kammermensch, des -es, plur. die -er, an einigen Höfen, eine Kammerbediente von der geringsten Art, welche sie niedrigsten Verrichtungen in den Herrschaftlichen Wohn- und Schlafzimmern zu verrichten hat, und von einem Kammerweibe noch verschieden ist.


Kammer-Musik (W3) [Adelung]


Die Kammer-Musik, plur. inus. 1) Die Musik, so fern sie für die Kammer, d. i. für die Zimmer großer Herren bestimmt ist; zum Unterschiede von der Kirchen- und Theater-Musik. S. Kammer 3. 1) (a). 2) Alle zu einer fürstlichen musikalischen Capelle gehörigen Personen.


Kammer-Page (W3) [Adelung]


Das Kammer-Page, (sprich Kammer-Pasche,) des -n, plur. die -n, ein Page, welcher eine fürstliche Person in ihren Zimmern bedienet, ein adeliger Kammerbedienter vom dritten Range; zum Unterschiede von einem Jagd- und Reise-Pagen. Auch von einem Leib-Pagen ist er zuweilen noch unterschieden.


Kammer-Präsident (W3) [Adelung]


Der Kammer-Präsident, des -en, plur. die -en, der Präsident einer fürstlichen Finanz-Kammer. Ingleichen der Präsident in einem Kammergerichte, welcher doch noch häufiger der Kammerrichter genannt wird.


Kammer-Procurator (W3) [Adelung]


Der Kammer-Procurator, des -s, plur. die -tores. 1) S. Kammer-Advocat. 2) Ein Procurator oder Sachwalter an dem Kammergerichte zu Wetzlar.


Kammer-Prozeß (W3) [Adelung]


Der Kammer-Prozeß, des -sses, plur. die -sse. 1) Ein Prozeß, welcher eine fürstliche Finanz-Kammer betrifft. 2) Ein Prozeß, welcher von einem Kammergerichte geführet wird. 3) Die bey einem Kammergerichte übliche Prozeß-Ordnung; ohne Plural.


Kammerrath (W3) [Adelung]


Der Kammerrath, des -es, plur. die -räthe, ein fürstlicher Rath, welcher bey einer Finanz-Kammer als Beysitzer angestellet ist, oder einer solchen Finanz-Kammer in ihren Angelegenheiten dienet. An einigen Orten werden sie Schatzräthe genannt.


Kammerrichter (W3) [Adelung]


Der Kammerrichter, des -s, plur. ut nom. sing. der Richter oder Präsident in einem Kammergerichte.


Kammersache (W3) [Adelung]


Die Kammersache, plur. die -n, eine jede Sache, welche eine fürstliche Finanz-Kammer betrifft.


Kammerschreiber (W3) [Adelung]


Der Kammerschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiber bey einer fürstlichen Finanz-Kammer; ingleichen bey einem jeden Collegio oder einer jeden Expedition, welche den Nahmen eines Kammer führet.


Kammerschuld (W3) [Adelung]


Die Kammerschuld, plur. die -en, eine Schuld, welche eine fürstliche Finanz-Kammer in Nahmen des Fürsten zu bezahlen hat; zum Unterschiede von einer Landesschuld im engern Verstande.


Kammer-Secretär (W3) [Adelung]


Der Kammer-Secretär, des -es, plur. die -e, der Secretär bey einer fürstlichen Finanz-Kammer, ingleichen bey einer jeden Anstalt, welche den Nahmen einer Kammer führet.


Kammerspiegel (W3) [Adelung]


Der Kammerspiegel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geschützkunst, ein Spiegel, d. i. eine hölzerne Scheibe, womit die Kammern des groben Geschützes, wenn sie geladen worden, verdämmet werden, er Pfropf bey den Kammerstücken. S. Kammer 1.


Kammerstück (W3) [Adelung]


Das Kammerstück, des -es, plur. die -e, in der Geschützkunst, ein größten Theils veraltetes Geschütz, mit einer Kammer wie ein Mörser, große steinerne Kugel daraus zu schießen. Es wurde auch die Feuerkatze, das Schrotstück und Steinstück genannt.


Kammer-Styl (W3) [Adelung]


Der Kammer-Styl, des -es, plur. inus. in der Musik, der Styl, d. i. die musikalische Schreibart in Stücken, welche ausdrücklich für die Kammer gesetzt werden, zum Unterschiede von dem Kirchen-Style und Theater-Style. S. Kammer 3. 1) (a).


Kammertanz (W3) [Adelung]


Der Kammertanz, des -es, plur. die -tänze, Tänze, welche in gesellschaftlichen Versammlungen in den Zimmern getanzet werden; zum Unterschiede von den Theatral-Tänzen.


Kammer-Taxe (W3) [Adelung]


Die Kammer-Taxe, plur. die -n, die von einer fürstlichen Finanz-Kammer gemachte und angenommene Taxe gewisser Dinge, welche, was das Getreide betrifft, gemeiniglich nach einem Durchschnitte von mehrern Jahren bestimmt wird.


Kammerton (W3) [Adelung]


Der Kammerton, des -e, plur. inus. in der Musik, besonders bey den Orgeln, der in den Capellen übliche Ton, welcher um 1 1/2 Ton tiefer ist, als der Chorton.


Kammertopf (W3) [Adelung]


Der Kammertopf, des -es, plur. die -töpfe, S. Kammerbecken.


Kammertrauer (W3) [Adelung]


Die Kammertrauer, plur. die -n, an fürstlichen Höfen, eine geringere Art der Trauer, welche nur von der Herrschaft und ihren Kammerbedienten angeleget wird; zum Unterschiede von der Hof- und Landestrauer.


Kammertuch (W3) [Adelung]


Das Kammertuch, des -es, plur. von mehrern Arten, die -tücher, eine Art sehr feiner Leinwand, welche zuerst zu Cambray in den Niederlanden, welches in Holländischen Kämmeriick heißt, verfertiget wurde, und von dieser Stadt auch ihren Nahmen erhalten hat. Sie ist so zart, daß ein Stück von 22 Ellen nur 6 bis 8 Unzen wiegt.


Kammerwagen (W3) [Adelung]


Der Kammerwagen, des -s, plur. ut nom. sing. an den Höfen, ein langer gewölbter Wagen, auf Reifen, so wohl die Kammerleute, als auch die zur Hofstatt gehörigen Sachen darauf fortzuschaffen. An einigen Orten wird daher auch eine Landkutsche mit diesem Nahmen belegt, wenn sie aus einem solchen fürstlichen Kammerwagen entstanden ist.


Kammerweib (W3) [Adelung]


Das Kammerweib, des -es, plur. die -er, an fürstlichen Höfen, ein Weib, oder eine weibliche Person, welche zu den geringern Verrichtungen in den herrschaftlichen Zimmern gebraucht wird. S. Kammermensch.


Kammerzahlmeister (W3) [Adelung]


Der Kammerzahlmeister, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein fürstlicher Kammerbedienter, welcher die zu den unmittelbaren Bedürfnissen seiner Herrschaft bestimmten Gelder in seiner Verwaltung hat und auszahlet. 2) Der Zahlmeister bey einer Finanz-Kammer.


Kammerziel (W3) [Adelung]


Das Kammerziel, des -es, plur. die -er. 1) Das Ziel, oder der Termin, in welchem die Reichsstände das zur Unterhaltung des Kammergerichtes zu Wetzlar bestimmte Geld zu bezahlen schuldig sind. 2) In figürlicher und gewöhnlicherer Bedeutung, diejenige Geldsumme selbst, welche jeder Reichsstand zu diesem Behufe zu bezahlen hat. S. Ziel.


Kammfett (W3) [Adelung]


Das Kammfett, des -es, plur. inus. Fett aus dem Kamme eines Pferdes oder Ochsen, S. 3. Kamm 3. 1).


Kammfutter (W3) [Adelung]


Das Kammfutter, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein Futter oder Futteral, die Haarkämme darin zu verwahren.


Kammgras (W3) [Adelung]


Das Kammgras, des -es, plur. inus. eine Art des Grases, welches enge kammförmige Hüllen an der hintern Seite der Ähren hat und auf den Europäischen Wiesen einheimisch ist; Cynosurus L. Hahnenkamm.


Kammhaken (W3) [Adelung]


Der Kammhaken, des -s, plur. ut nom. sing. Siehe 3. Kamm 3. 3).


Kammhaar (W3) [Adelung]


Das Kammhaar, des -es, plur. inus. oder die Kammhaare, sing. inus. die Haare aus dem Kamme eines Pferdes; die Mähne. S. 3. Kamm 3. 1).


Kammhebel (W3) [Adelung]


Der Kammhebel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Atlaßwebern, Wagebalken, welche den Kamm heben und in dem Kammhebelbrete auf und nieder gehen; Franz. Carette. Siehe 4. Kamm 2. 2).


Kämmlinge (W3) [Adelung]


Die Kämmlinge, sing. inus. bey den Wollarbeitern, dasjenige, was von dem Kämmen der Wolle in dem Kämme zurück bleibet, der Abgang von der gekämmten Wolle.


Kammlitze (W3) [Adelung]


Die Kammlitze, plur. die -n, die Schnüre von Garn an den Kämmen der Seidenweber. S. Litze, und 4. Kamm 2. 2).


Kammmacher (W3) [Adelung]


Der Kammmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerksmann, welcher Haarkämme aus Horn oder Elfenbein verfertiget.


Kammmuschel (W3) [Adelung]


Die Kammmuschel, plur. die -n, eine zweyschalige in die Länge gestreifte Muschel, deren Streifen ihr das Ansehen eines Kammes geben; Pecten L. Strahlmuschel, Jacobsmuschel. Die versteinerten Kammmuscheln werden im gemeinen Leben Kammsteine genannt.


Kammpfennig (W3) [Adelung]


Der Kammpfennig, des -es, plur. die -e, eine Benennung der ehemahligen gräflich-Schwarzburgischen Pfennige, wegen des darauf geprägten Pferdekammes.


Kammrad (W3) [Adelung]


Das Kammrad, des -es, plur. die -räder, ein Rad, welches an der Stirn oder an den Seitenflächen mit Kämmen, d. i. Zapfen, versehen ist, um in ein anderes Rad einzugreifen. S. 4. Kamm 1. Sehen die Kämme an der Stirn des Rades, so heißt es ein Stirnrad, sind sie aber an der Seitenfläche befestiget, ein Kronrad.


Kammschaft (W3) [Adelung]


Der Kammschaft, des -es, plur. die -schäfte, ein Schaft oder Stab an den Kämmen der Seidenweber.


Kammschale (W3) [Adelung]


Die Kammschale, plur. inus. im Bergbaue, besonders in den Hohensteinischen Kupferbergwerken, der Nahme eines schwarzen, harten und armen Kupferschiefers, welcher zwischen dem Mittelschiefer und den Mittelbergen lieget. S. 2. Kamm und Schale.


Kammstein (W3) [Adelung]


Der Kammstein, des -es, plur. die -s, S. Kammmuschel.


Kammstück (W3) [Adelung]


Das Kammstück, des -es, plur. die -stücke, bey den Fleischern, ein Stück aus dem Kamme eines Rindes. Siehe 3. Kamm 3. 1).


Kammstürzung (W3) [Adelung]


Die Kammstürzung, plur. die -en, in den Niedersächsischen Marschländern, der Einsturz des Kammes, d. i. des obern Theiles eines Deiches; der Kammbruch, die Kappstürzung. S. 3. Kamm 2.


Kammtopf (W3) [Adelung]


Der Kammtopf, des -es, plur. die -töpfe, bey den Wollkämmern, ein eiserner Feuertopf, die Kämme darüber zu wärmen.


Kamp (W3) [Adelung]


Der Kamp, des -es, plur. die Kämpe, ein Wort, welches in Niedersachsen am bekanntesten ist, ein befriedigtes, mit einem Graben oder Zaune eingefaßtes Stück Feldes von unbestimmter Größe zu bezeichnen. Ein Gerstenkamp, wenn Gerste darauf gebauet wird, Eichelkamp, wenn junge Eichen darauf anfliegen sollen u. s. f. Im mittlern Lat. Cambo. Im Schwed. bedeutet Kamp eine jede Ebene. Die Übereinstimmung mit dem Lat. Campus, Feld, ist unläugbar. Von einer morastigen Viehweide, wie es Gottsched in seiner Sprachkunst erkläret, ist es wohl nie gebräuchlich gewesen. Frisch muß dieses Wort auch nicht gekannt haben, weil er es zu Kamm, ein Hügel, Berg rechnet.


Kämpe (W3) [Adelung]


Der Kämpe, des -n, plur. die -n, im gemeinen Leben einiger Gegenden, besonders Niedersachsens, der Eber, der Mann unter den Schweinen. Man leitet es von dem folgenden kämpfen her, von welchem Worte Kämpe ehedem so wohl im Deutschen als in den mitternächtlichen Sprachen, so wie das mittlere Lat. Campio, einen tapfern Ritter, einen guten Soldaten bedeutete. Indessen ist im Schwed. Kamp auch ein Pferd, welches sich schon in dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Seepferd, befindet, und von Hrn. Ihre von dem vorigen Kamp abgeleitet wird.


Kampeln (W3) [Adelung]


Kampeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in den gemeinen Sprecharten für zanken, mit Worten streiten, üblich ist. Sich beständig kampeln. Er kampelt den ganzen Tag. Daher das Hauptwort die Kampeley, das Gezänk. Im mittlern Lateine des 13ten Jahrh. in einer Spanischen Urkunde bey dem Carpentier cumplare. Die Endsylbe eln zeiget, daß es ein Frequentativum oder Diminutivum ist, vielleicht von dem folgenden kämpfen. Die Niedersachsen gebrauchen dafür kaueln, kabbeln, kibbeln, obgleich von andern Stammwörtern, und zwar das letzte besonders von keifen, Niedersächsisch kiven.


Kampf (W3) [Adelung]


1. Der Kampf, des -es, plur. die Kämpfe, die Fischohren, S. Kieme.


Kampf (W3) [Adelung]


2. Der Kampf, des -es, plur. die Kämpfe, die Bemühung, seinen Gegner körperlich zu überwinden, ein thätiger Streit, wo Mann gegen Mann ficht. 1. Eigentlich, so daß die Art der Waffen dabey unbestimmt bleibt. Jemanden zum Kampfe ausfordern. Einen Kampf mit jemanden wagen. Der Kampf war sehr hitzig. Der Zweykampf, Hahnenkampf. 2. In weiterer Bedeutung, ein Gefecht zwischen mehrern, zunächst in Beziehung auf die Art der Treffen und Gefechte, wo Mann gegen Mann stritt, in noch weiterer Bedeutung aber auch von der heutigen Art, wo es doch nur zuweilen in der dichterischen Schreibart vorkommt. 3. Figürlich. 1) * Das Recht des Krieges und des Friedens; eine ehedem übliche, jetzt aber veraltete Bedeutung. 2) Ein hoher Grad des Bemühens einen Widerstand zu überwinden, auch im sittlichen Verstande, Vorstellungen, Gemüthsbewegungen und Empfindungen zu unterdrücken. Der Kampf des Glaubens, 1 Tim. 6, 12. Der Kampf wider die Sünde, das Widerstreben wider die Reitzungen; der Kampf des Geistes. Die biblische R. A. einen Kampf kämpfen, ist wider den Deutschen Sprachgebrauch.

Anm. In Angels. Camp. im Wallis. Camp und Cammon, im Schwed. Kamp. Bey dem Kero ist Chamfheit mihtia. S. das folgende.


Kämpfen (W3) [Adelung]


Kämpfen, verb. reg. neutr. mit haben, sich bemühen, seinen Gegner durch natürliche oder künstliche Waffen zu überwinden, sich Mann mit Mann schlagen. 1) Eigentlich, wo es so wohl von Menschen, als Thieren gebraucht wird, die Art und Weise der Waffen aber unbestimmt lässet; doch von Menschen nur noch in der edlen und höhern Schreibart. Jacob hat mit Gott gekämpft. Er kämpfte und siegte, Hos. 12, 4, 5. Ein jeglicher, der da kämpfet, enthält sich alles Dinges, 1. Cor. 9, 25. Auch von mehrern, wenn sie Mann wider Mann streiten, daher es bey der heutigen Art Krieg zu führen für fechten, nur noch zuweilen in der dichterischen Schreibart verkommt. Von Thieren ist es häufiger. Große Herren stellen oft Kampfjagen an, wo allerley wilde Thiere mir einander kämpfen müssen. Wenn sich zwey Hirsche mit einander stoßen, oder zwey wilde Schweine sich hauen oder schlagen, so heißt solches bey den Jägern kämpfen. Hingegen nennen sie es streiten, wenn sich ein Thier gegen die Hunde wehret. 2) Figürlich, einen Widerstand mit Anstrengung aller Kräfte zu überwinden suchen; besonders im sittlichen Verstande. Wider die Sünde kämpfen, Ebr. 12, 4. Beschämung und Reue kämpften in ihm mit der Freude und Hoffnung. Er mußte einige Jahre mit allem Elende des Mangels kämpfen. Mit was für fürchterlichen Geschöpfen der Einbildung kämpfest du? Ich fühle die ganze Verzweifelung, mir der er kämpfet. Der Aberglaube kämpft und flieht zugleich, Raml. Das Hauptwort die Kämpfung ist nur in den Zusammensetzungen bekämpfen, erkämpfen u. s. f. üblich.

Anm. Bey dem Kero chamfan, im Nieders. kämpen, besonders von den Kampf- und Ringespielen der Landleute, im Dän. kämpe, im Wallis. campa, im Angels. campian, im mittlern Lat. campire. Die meisten Wortforscher leiten es von Kamp ab, ein zu einem Zweykampfe eingeschlossener Platz auf dem Felde, Lat. Campus, welches in dem mittlern Lat. gleichfalls das Gefecht selbst bedeutete. So wahrscheinlich diese Ableitung auch ist, so ist doch nicht zu läugnen, daß die Figur von dem Felde auf das Gefecht, ein wenig hart und wider die Analogie der Deutschen Sprache ist; daher Wachters Ableitung, der es von Kam, Cham, welches in dem Salischen Gesetze eine Hand bedeuten soll, allemahl den Vorzug verdienen würde, wenn nur dieses Kam selbst erst erweislicher wäre. Die erste und eigentliche Art des Kämpfens bestand doch nur in dem Ringen und Balgen mit Händen, in dem manus conserere. Das Nieders. kämpen, Maß und Gewicht eichen, hat allem Ansehen nach einen andern Ursprung; vielleicht von Kimme, kimmen.


Kämpfer (W3) [Adelung]


1. Der Kämpfer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin die Kämpferinn, ein Person, welche kämpfet; in weiterer Bedeutung nur noch zuweilen in der Schreibart. In engerem Verstande, und in der edlen Schreibart, der um einen Preis mit dem andern ringet oder balget, besonders von den noch hin und wieder auf dem Lande üblichen Kampfspielen. Ehedem nur Kämpe, im Tatian Kempho, im Angels. Cempa, im mittlern Lat. Campio, welche in weiterer Bedeutung auch einen jeden Soldaten bedeuteten.


Kämpfer (W3) [Adelung]


2. Der Kämpfer, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, ein vorspringendes Simswerk an dem Nebenpfeiler, welcher den Bogen eines Gewölbes träget; der Impost, Französ. Imposte, Lat. Incumba. Bey dem Pictorius Käpfer, ein Kragstein. Entweder von dem Lat. Incumba, mit Verheißung der ersten Sylbe, wie Pflas=ter von Emplastrum, Spital von Hospitale u. s. f. oder, wie Frisch will, von Kopf, weil das m die Lippenbuchstaben in mehrern Fällen begleitet, oder endlich unmittelbar von Kamm, Kamp, ein hervor stehendes Ding. Die Endung er bezeichnet ein Werkzeug oder auch das Ding selbst.


Kampfhahn (W3) [Adelung]


Der Kampfhahn, des -es, plur. die -hähne, siehe Braushahn.


Kampfjagen (W3) [Adelung]


Das Kampfjagen, des -s, plur. ut nom. sing. eine grausame Lustbarkeit großer Herren, wo wilde Thiere in einem eingeschlossenen Raume mit einander kämpfen müssen. Auch die Bärenhetzen sind unter diesem Nahmen bekannt.


Kampfplatz (W3) [Adelung]


Der Kampfplatz, des -es, plur. die -plätze, ein zum Kämpfen bestimmter oder dazu gebrauchter Platz. In weiterer Bedeutung auch wohl in der edlen Schreibart für Wahlplatz, Schlachtfeld.


Kampfspiel (W3) [Adelung]


Das Kampfspiel, des -es, plur. die -e, Lustbarkeiten, welche noch zuweilen auf dem Lande angestellet werden, wo zwey oder mehrere um einen Preis mit einander kämpfen.


Kampher (W3) [Adelung]


Der Kampher, S. Campher.


Kandelblüthe (W3) [Adelung]


Die Kandelblüthe, plur. die -n, in einigen besonders Oberdeutschen Gegenden, ein Nahme der Blüthen des Spanischen Hohlunders, der daselbst auch Kandelbaum genannt wird; Syringa vulgaris. Ohne Zweifel von dem Oberd. Kandel, Kennel, Canalis, eine Rinne, wegen der weiten Markröhren dieser Staude.


Kandelzucker (W3) [Adelung]


Der Kandelzucker, S. Candelzucker.


Kanefaß (W3) [Adelung]


Kanefaß, S. Cannevaß.


Kanin (W3) [Adelung]


Das Kanin, des -es, plur. die -e, im Hochdeutschen am häufigsten im Diminut. das Kaninchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein vierfüßiges fünfzehiges Thier, mit fast nackten Ohren, welches viele Ähnlichkeit mit einem Hasen hat, und sich Höhlen, und Gänge unter der Erde bauet; Cuniculus L. Im Oberd. auch Küniglein, Künlein, Küngelin, Küngele, Künelle, Külle, im Nieders. Kernienken. Die samenreiche Zucht der flüchtigen Caninen, Opitz.

Anm. im Dän. Kanin, im Engl. Cony, im Franz. Connil, Connin, im Ital. Coniglio; alle aus dem Lat. Cuniculus, bey dem Polybius und Älian - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Vermuthlich von ihrer Eigenschaft, Canäle, d. i. Höhlen und Gänge unter der Erde zu graben. Die Kürschner verkürzen den Nahmen dieses Thieres gemeiniglich in Kün. Künrücken ist bey ihnen der Rücken, und die Künwamme der Bauch eines Kaninchenfelles.


Kaninchenbeere (W3) [Adelung]


Die Kaninchenbeere, S. Kalinkenbeere.


Kaninchenberg (W3) [Adelung]


Der Kaninchenberg, des -es, plur. die -s, ein Hügel in einem Kaninchengehäge, in welchem man Kaninchen häget und wartet.


Kaninchengehäge (W3) [Adelung]


Das Kaninchengehäge, des -s, plur. ut nom. sing. ein Gehäge, d. i. umschlossener Ort, worin man Kaninchen hält; ein Kaninchengarten, mit einem Französischen Ausdrucke eine Garenne, S. dieses Wort.


Kanker (W3) [Adelung]


Der Kanker, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Im gemeinen Leben; der Nahme einer Spinne; im Norw. Kongro. Wohl nicht von dem Lat. Cancer, wie Frisch vermuthet, sondern vielmehr mit demselben aus Einer Quelle, von gehen, Gang, wegen des Hin- und Hergehens dieses Thieres, indem es spinnet; zumahl da das K auch sehr gelinde, Ganker, gesprochen, und von einigen auch so geschrieben wird. ( S. Spinne,) 2) Bey den Blumenliebhabern ist der Kanker eine Krankheit der Nelken, welche sich an den Stängel setzet, schwärzlich aussiehet, und wie ein Krebs um sich frisset; wo es mit mehrerer Wahrscheinlichkeit von dem Lat. Cancer, ein Krebs, hergenommen ist.


Kanne (W3) [Adelung]


Die Kanne, plur. die -n, Diminut. das Kännchen, Oberd. das Kännlein, überhaupt, ein jedes hohles Gefäß, wo es doch nur noch in einigen Fällen üblich ist. 1. Im Hüttenbaue wird die Form an den Treibeöfen, worin der Vordertheil der Biesebalges lieget, die Kanne genannt. 2. Im gemeinen Leben ist die Kanne ein größeres oder blechernes Gefäß zu flüssigen Dingen. Eine Wasserkanne der Bornkanne, ein hölzernes, rundes, längliches Gefäß, welches oben gemeiniglich enger als unten ist, und ungefähr einen Viertel-Eimer oder 15 bis 20 Maß hält. Die Schleifkanne, ein ähnliches Gefäß mit einem Deckel und einer Handhabe, von 6, 8 und mehr Maß. Die Gießkanne oder Sprengkanne, ein ähnliches Gefäß, die Gartenfrüchte damit zu begießen. 3. Ein metallenes oder irdenes Geschirr von sehr ungleicher Gestalt und Größe, mit einer Handhabe und einem Deckel, allerley Getränke daraus zu schenken. Gemeiniglich ist es oben enger als unten oder in der Mitte. Die Kaffehkanne, Milchkanne, Theekanne. 4. Ein cylindrisches Gefäß, von Holz oder Metall, unmittelbar daraus zu trinken, mit einem Deckel, welches, wenn es von Thon oder Glas ist, ein Krug genannt wird. 1) Eigentlich, wo es gemeiniglich ein Maß hält. Aus der Kanne trinken. Zu tief in die Kanne gucken, im gemeinen Leben, zu viel trinken. Keine Kanne Bier mit jemand trinken wollen, eine der höchsten Arten der Beschimpfung im gemeinen Leben. 2) Figürlich, ein bestimmtes aber nicht überall gleiches Maß, gemeiniglich flüssiger Dinge, welches an manchen Orten mit Maß gleichbedeutend, an andern aber noch davon unterschieden ist. In Sachsen hält 1 Kanne Wein 2 Kännchen oder Nößel, oder 8 Quartiere; 63 Kannen Schenkmaß machen in Leipzig einen Eimer, 315 ein Faß, und 756 ein Fuder. Sechs Leipziger-Kannen machen sieben Dresdner, welche letztere 48 Pariser Cubik-Zoll hält und mit einer Pariser Pinte überein kommt. In Hannover, Hamburg, Lübeck u. s. f. gehen 2 Kannen oder Maß auf ein Stübchen, und eine Kanne hält daselbst 2 Quartier oder 4 Nößel. 20 Kannen machen daselbst einen Anker Wein, 32 einen Eimer. In der Pfalz gehen 48, in Elsaß 60, im Würtenbergischen 160, in Franken 128, und in Leipzig 126 Kannen eine Ohme Wein.

Anm. Im Nieders. Kanne, im Oberd. Kande, Kandel, im Angels. Canne, im Engl. Cann, im Franz. ehedem Channee, im mittlern Lat. Cana, Canada, im Böhm. und Pohln. Konew. Es gehöret mit der ersten Hälfte des Griech. und Lat. Cantharus, mit Canalis und Andern zu dem großen Geschlechte derjenigen Wörter, welche überhaupt einen hohlen Raum, ein Gefäß, bezeichnen. S. Kahn, 2. Hund, Kanone u. s. f.


Kannenbürste (W3) [Adelung]


Die Kannenbürste, plur. die -n, eine cylindrische Bürste, die Bier- und Weinkannen damit zu reinigen.


Kannenglück (W3) [Adelung]


Das Kannenglück, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, dasjenige Glück, welches jemanden dadurch widerfähret, wenn er in einer herum gehenden Kanne gerade noch so viel Getränk findet, als zur Stillung seines Durstes nöthig ist.


Kannenkraut (W3) [Adelung]


Das Kannenkraut, des -es, plur. inus. ein Nahme einer Art Farnkrautes, welches wegen seiner scharfen Blätter zum Scheuern des zinnernen Gefäßes gebraucht wird, besonders desjenigen, welches auf den Äckern und Wiesen wächset; Equisetum arvense L. im Oberd. Fegekraut, an andern Orten Katzenkraut, Gänsekraut, Katzenschwanz, Zinnkraut. Der Schachtelhalm, Schafthalm, oder Schaftheu ist eine andere Art desselben.


Kanone (W3) [Adelung]


Die Kanone, plur. die -n, Dimin. das Kanönchen, 1) Überhaupt, eine weite Röhre; aus dem Ital. Cannone, Franz. Canon, und dieß von Canna, eine Röhre. So pflegte man ehedem eine Art leinene Strümpfe in den Stiefeln, welche man oben über die Stiefelkappen heraus legte und ausbreitete, Kanonen zu nennen. Im mittlern Lat. Canon und Cannonus eine jede Röhre. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ein dickes und langes Geschütz, welches auf Rädern fortgeschaffet wird; wo dieses Wort eine allgemeine Benennung aller Arten des groben Geschützes ist, nur die Mörser und Kammerstücke ausgenommen. Eine Kanone abfeuern. Leute, die Kanonen zu bedienen. Ehe man dieses Wort im Deutschen aus den Franz. Canon und Ital. Cannone, aufnahm, nannte man dergleichen Geschütz Donnerbüchsen, Karrenbüchsen und Feuerbüchsen. S. auch Stück.


Kanonenbürste (W3) [Adelung]


Die Kanonenbürste, plur. die -n, eine Bürste von steifen zerschnitten Borsten, welche in Messingdraht eingedrehet sind, die Secle einer Kanone damit zu reinigen.


Kanonenkugel (W3) [Adelung]


Die Kanonenkugel, plur. die -n, eiserne Kugeln, welche aus Kanonen geschossen werden.


Kanonenpulver (W3) [Adelung]


Das Kanonenpulver, des -s, plur. inus. grobkörniges Schießpulver für die Kanonen.


Kanoniren (W3) [Adelung]


Kanoniren, verb. reg. act. aus dem Franz. canonner, mit Kanonen beschießen. Eine Stadt kanoniren. Ingleichen mit mehrern Kanonen schießen. Die Feinde haben die ganze Nacht kanoniret.


Kanonirer (W3) [Adelung]


Der Kanonirer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kriegsbedienter bey dem groben Geschütze, welcher die Kanonen ladet; richtet und abfeuert, und über welche auf den Schiffen der Ober-Kanonirer gesetzt ist.


Kante (W3) [Adelung]


Die Kante, plur. die -n, ein besonders im Nieders. übliches Wort. 1) Eigentlich, die Ecke, scharfe Seite eines Dinges. Vier Kanten haben, vier Ecken, vier scharfe Seiten. Ein Bret auf die Kante stellen, auf die scharfe Seite. 2) In weiterer Bedeutung, die äußerste Seite oder Fläche eines Dinges, der Rand. Die Seekante, die Seeküste. Die Kante eines Gefäßes, der obere Rand. 3) * Die Seite überhaupt, und in noch weiterm Verstande, ein jeder Ort; wo es doch nur allein im Nieders. gebraucht wird. An allen Kanten, allenthalben. 4) Figürlich, werden auch die genäheten, besonders aber die gewirkten und geklöppelten Spitzen, im Nieders. Kanten genannt, wegen des eckigen Randes derselben, daher sie auch im Hochdeutschen Spitzen und im Franz. Dentelles heißen; in welchem Verstande auch die Hochdeutschen dieses Wort von den Niederdeutschen angenommen haben.

Anm. Im Nieders. gleichfalls Kante, im Dän. und Schwed. Kant, im Ital. Canto, Cantone, im Franz. Coin. Das hohe Alter dieses Wortes erhellet auch aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Augenwinkel.


Kanten (W3) [Adelung]


Kanten, verb. reg. act. im gemeinen Leben, 1) einen eckigen Körper über die Kante oder Ecke wälzen, ingleichen ihn auf die Kante stellen. Einen Stein kanten oder umkanten. Ein Faß kanten, es an einer Seite oder Kante aufheben. 2) Herum drehen, besonders so fern selbiges vermittelst eines Hakens geschiehet, in welchem Verstande auch das Dimin. kanteln üblich ist. Einen Wallfisch kanteln, ihn, wenn er gefangen worden und an dem Schiffe lieget, umdrehen.


Kantig (W3) [Adelung]


Kantig, -er, -ste, adj. et adv. Kanten, d. i. Ecken oder flache Seiten habend; am häufigsten im Nieders. wo dreykantig, vierkantig u. s. f. für dreyeckig, viereckig üblich sind. S. auch Baumkantig und Vollkantig.


Kanzel (W3) [Adelung]


Die Kanzel, plur. die -n, eigentlich, ein jeder mit Schranken eingeschlossener, oder abgesonderter Ort; in welchem Verstande es aber nicht üblich ist, indem man es nur von dem erhöheten hohlen Sitze in der Kirche gebraucht, von welchem die Predigten an das Volk gehalten werden; ein Predigerstuhl. Die Kanzel betreten; besteigen, auf die Kanzel treten oder steigen. Die Kanzel noch nicht betreten oder bestiegen haben, noch nicht geprediget haben.

Anm. Aus dem mittlern Lat. Cancellus, daher es eigentlich der Kanzel heißen sollte. Das mittlere Lat. bedeutete einen jeden mit Schranken abgesonderten Ort, besonders aber das auf solche Art eingeschlossene Chor der Kirche, Engl. Chancel, in welchem vermuthlich anfänglich auch die Kanzel angebracht war, so wie sie sich auf dem Lande noch jetzt gemeiniglich über dem Altare befindet. Im Oberdeutschen wird auch ein jeder Lehrstuhl eine Kanzel genannt, wofür im Hochdeutschen das Griech. Katheder üblich ist. S. Kanzelley.


Kanzelandacht (W3) [Adelung]


Die Kanzelandacht, plur. die -en, eine Kanzelrede, so fern sie eine andächtige Betrachtung ist.


Kanzelley (W3) [Adelung]


Die Kanzelley, plur. die -en, 1. Eigentlich, gleichfalls ein mit Schranken abgesonderter Ort; in welchem Verstande es aber nicht gebräuchlich ist. 2. In engerer Bedeutung. 1) Der mit Schranken eingeschlossene Ort, in welchem sich die Mitglieder eines Gerichtes oder Collegii versammeln, um von den Parteyen und Zuschauern abgesondert zu seyn, und dieses Collegium und Gericht selbst. In welchem Verstande doch nur noch geringere und kleinere Dikasteria diesen Nahmen führen, besonders die zur Verwaltung der Landesgeschäfte der Grafen und geringern Reichsstände angestellten Collegia, da Fürsten dergleichen Dikasteria Regierungen zu nennen pflegen, und diese den Reichsgrafen nicht zugestehen wollen. Die vorsitzende Person einer solchen Kanzelley wird alsdann auch nicht Kanzler, sondern Kanzelley-Director und Kanzelley-Verwalter genannt. 2) Der Ort, wo die Schriftliche Ausfertigung allgemeiner Angelegenheiten Einer Art geschiehet, und wo die dahin gehörigen Urkunden und Schriften aufbewahret werden; ingleichen die dazu bestellten Personen, deren Haupt der Kanzler ist. In diesem Verstande haben fast alle wichtige Collegia, deren Geschäfte von beträchtlichem Umfange sind, besonders die obern Dikasteria, ihre eigene Kanzelleyen, wo die schriftlichen Ausfertigungen geschehen, und die dahin gehörigen Briefschaften verwahret werden. Daher die Reichskanzelley, die Kriegskanzelley, die Hofkanzelley, die Lehenskanzelley, die Jagdkanzelley u. s. f. Im gemeinen Leben wird es gemeiniglich in Kanzley zusammen gezogen. Aus dem mittlern Lat. Cancellaria, und dieß gleichfalls von Cancellus.


Kanzelleybothe (W3) [Adelung]


Der Kanzelleybothe, des -n, plur. die -n, ein verpflichteter Bothe in einer Kanzelley, welcher die in derselben ausgefertigten Schriften den Parteyen überbringet.


Kanzelleybuchstab (W3) [Adelung]


Der Kanzelleybuchstab, des -ens, plur. die -en, eine Art größerer geschriebener Deutscher Buchstaben, welche das Mittel zwischen den Current- und Fractur-Buchstaben halten; weil sie ehedem vorzüglich in den Kanzelleyen gebrauchen wurden. Die Art mit solchen Buchstaben zu schreiben heißt die Kanzelleyschrift.


Kanzelleydiener (W3) [Adelung]


Der Kanzelleydiener, des -s, plur. ut nom. sing. ein geringer Bedienter bey einer Kanzelley, welcher die Thüren auf und zuschließet u. s. f.


Kanzelley-Director (W3) [Adelung]


Der Kanzelley-Director, des -s, plur. die -toren, siehe Kanzelley 2.


Kanzelleygebühr (W3) [Adelung]


Die Kanzelleygebühr, plur. die -en, dasjenige, was man in der Kanzelley für die schriftliche Ausfertigung einer Sache bezahlet.


Kanzelleygut (W3) [Adelung]


Das Kanzelleygut, des -es, plur. die -güter, ein kanzelleysässiges Gut, welches unmittelbar unter einem Obergerichte stehet, und aus dessen Kanzelley Geboth und Verboth empfängt, S. Schriftsässig.


Kanzelleylehen (W3) [Adelung]


Das Kanzelleylehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein schriftsässiges Lehen, welches vor der Lehenskanzelley beliehen wird; zum Unterschiede von Amtslehen, Afterlehen u. s. f.


Kanzelleysaß (W3) [Adelung]


Der Kanzelleysaß, des -ssen, plur. die -ssen, S. Kanzelleygut und Schriftsaß.


Kanzelleysässig (W3) [Adelung]


Kanzelleysässig, adj. et adv. S. Schriftsässig.


Kanzelleyschreiben (W3) [Adelung]


Das Kanzelleyschreiben, des -s, plur. ut nom. sing. ein aus einer Kanzelley erlassenes, ausgefertigtes Schreiben. In engerer Bedeutung, ein aus der geheimen Kanzelley eines großen Herren erlassenes Schreiben; zum Unterschiede von einem eigenhändigen Schreiben und Handschreiben. In einem Kanzelleyschreiben nennet sich ein großer Herr allemahl im Plural wir in einem Handschreiben aber nur im Singular ich.


Kanzelleyschreiber (W3) [Adelung]


Der Kanzelleyschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiber in einer Kanzelley, der unter dem Nahmen eines Kanzellisten am bekanntesten ist.


Kanzelleyschrift (W3) [Adelung]


Die Kanzelleyschrift, plur. die -en. 1) S. Kanzelleybuchstab, wo der Plural nur von mehrern Arten üblich ist. 2) Auf Kanzelleyschrift sitzen, das Vorrecht haben, auf seinem Gute nur aus der Kanzelley eines obern Gerichtes Verboth und Geboth annehmen zu dürfen, ohne Plural; im Gegensatze des Sitzens auf Amtsschrift. S. Schriftsässig.


Kanzelleysiegel (W3) [Adelung]


Das Kanzelleysiegel, des -s, plur. ut nom. sing. das Siegel eines großen Herren, so wie es in dessen Kanzelleyen üblich ist; zum Unterschiede von dessen Handsiegel.


Kanzelley-Styl (W3) [Adelung]


Der Kanzelley-Styl, des -es, plur. die -e, die weitschweifige aus der Oberdeutschen Mundart entlehnte Schreibart der meisten; auch Hoch- und Niederdeutschen Kanzelleyen.


Kanzelleyverwalter (W3) [Adelung]


Der Kanzelleyverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. siehe Kanzelley 2.


Kanzellied (W3) [Adelung]


Das Kanzellied, des -es, plur. die -er, dasjenige Lied in den evangelischen Kirchen, unter dessen Singung der Prediger auf die Kanzel gehet.


Kanzellist (W3) [Adelung]


Der Kanzellist, des -en, plur. die -en, ein nach dem Muster der Lat. Wörter auf ista gebildetes Wort, einen Kanzelleyschreiber oder solchen Kanzelleybedienten zu bezeichnen, welcher die entworfenen Ausfertigungen in das Reine schreibet; zum Unterschiede von dem Concipisten und Copisten. In weiterer Bedeutung haben auch andere Collegia, wenn sie gleich keine eigentlich so genannte Kanzelleyen haben, ihre Kanzellisten, die beschlossenen Ausfertigungen in das Reine zu schreiben.


Kanzelrede (W3) [Adelung]


Die Kanzelrede, plur. die -n, eine von der Kanzel gehaltene Rede; eine Predigt.


Kanzler (W3) [Adelung]


Der Kanzler, des -s, plur. ut nom. sing. dessen Gattinn die Kanzlerinn. 1) Der oberste Vorgesetzte einer Kanzelley, in der zweyten Bedeutung dieses Wortes, da denn dieses Wort eine der vornehmsten Würden in einem Staate bezeichnet. S. Erzkanzler, Großkanzler, Reichskanzler, Kronkanzler, Hofkanzler u. s. f. Aus dem mittlern Lat. Cancellarius, Ital. Cancelliere, Franz. Chancelier, Engl. Chancellour, 2) Ehedem bedeutete dieses Wort in geringerm Verstande einen Kanzellisten, Kanzelleyschreiber, in welchem Verstande Cancellarius in mittlern Lateine häufig vorkommt; ja 3) auch einen geringen Kanzelleybedienten, welcher die Kanzelleyzimmer auf und zuschließet, für ihre Reinlichkeit sorget u. s. f. Daher in Schweidnitz noch der Thürschließer der Rathsstube Kanzler genannt wird.


Kapaun (W3) [Adelung]


Der Kapaun, des -es, plur. die -e, ein geschnittener Hahn, und in weiterer Bedeutung auch ein geschnittenes Huhn; im gemeinen Leben in dem ersten Falle Kapphahn, gleichsam ein gekappter Hahn, im Oberdeutschen auch nur ein Kapp. Auch verschnittene Menschen, Castraten, pflegt man im gemeinen Leben und mit Verachtung Kapaune zu nennen.

Anm. Im Nieders. Keerl nicht von Kerl, sondern von dem alten karen, schneiden, ( S. Kerbe,) im Dän. Kappun, im Angels. Capun, im Engl. Capon, im Franz. Chapon, im Böhm. Kapaun, im Russ. Kaplun, im Wallach. Kaponu, und Alban. Kapon; alle aus dem Ital. Capone und dem Lat. Capo, weil diese Art die Menschen und Thiere zu verstümmeln unstreitig aus dem üppigen Italien in den andern Europäischen Ländern bekannt geworden, obgleich das Lat. Capo selbst wieder zu dem Geschlechte des Wortes kappen, verschneiden, gehöret. (Siehe dasselbe,) Der Plural lautet im gemeinen Leben häufig, obgleich irrig Kapauner.


Kapaunen (W3) [Adelung]


Kapaunen, verb. reg. act. zum Kapaune machen, der Zeugungstheile berauben, eigentlich zunächst von Hähnen; im Scherze auch von Menschen für castriren.


Kapaunenstein (W3) [Adelung]


Der Kapaunenstein, des -es, plur. die -e, ein durchsichtiger Stein in der Größe einer Bohne, welcher in den Mägen alter Kapaune erzeuget werden soll.


Kapelle (W3) [Adelung]


Die Kapelle, plur. die -n, S. Capelle.


Kaper (W3) [Adelung]


1. Der Kaper, ein privilegirter Seeräuber, S. Caper.


Kaper (W3) [Adelung]


2. Die Kaper, plur. die -n, die noch geschlossenen Blüthknospen der Kapernstaude, besonders so fern sie zum Gebrauche der Küchen in Essig gebeitzet worden. Aus dem Ital. Cappari, Franz. Capres, und diese aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . In weiterer Bedeutung pflegt man auch die Blüthknospen von andern Gewächsen, wenn man sie so wie diese behandelt, Kapern zu nennen. Dahin gehören die Ginstkapern, Bramkapern oder Deutschen Kapern, die eingemachten Blüthknospen der Geniste.


Kapernrinde (W3) [Adelung]


Die Kapernrinde, plur. die -n, die bittere herbe Rinde von der Wurzel der Kapernstaude.


Kapernstaude (W3) [Adelung]


Die Kapernstaude, plur. die -n, ein Staudengewächs, welches in den Morgenländern und dem mittägigen Europa wächset, Capparis spinosa L.


Kaphahn (W3) [Adelung]


Kaphahn, S. Kapphahn.


Kapitel (W3) [Adelung]


Kapitel, u. s. f. S. Capitel.


Kappe (W3) [Adelung]


Die Kappe, plur. die -n, Diminut. das Käppchen, Oberd. das Käpplein, ein altes Wort, welches in seiner weitesten Bedeutung, die Bedeckung, die äußerste Bekleidung einer Sache bezeichnet. 1. Überhaupt, wo es schon im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und noch jetzt im Lappländ Kappod lautet. In den Monseeischen Glossen wird Chappa durch Operimentum erkläret. Im Deutschen ist es in dieser Bedeutung nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich. In den Niedersächsischen Marschländern heißt die Oberfläche eines Deiches zwischen den Abdachungen, welche sonst auch der Kamm genannt wird, die Kappe. In dem Bergbaue sind die Kappen theils die horizontalen Querhölzer oben über einem Stollen, damit die Erde nicht herunter falle, theils diejenigen Hölzer, welche in einem Schachte den Jöchern entgegen gesetzet werden, damit sie nicht zusammen fallen. Eben daselbst werden die eisernen Schienen über die Reifen an den Tonnen und Kübeln, welche zu ihrer Befestigung dienen, Kappen genannt. 2. In engerer Bedeutung. 1) Eine rundliche Bedeckung oder Bekleidung des äußersten Endes eines Dinges, in welcher Bedeutung es noch in vielen einzelnen Fällen üblich ist. Das Gewölbe eines Backofens heißt dessen Kappe. An den Kanonen ist es das kleine hölzerne Dach über dem Zündloche; im Bergbaue ein eisernes Band über dem Bläuel ( S. Kappeneisen;) an dem Griffe eines Officier-Pallasches bey der Reiterey ein hohles Stück von Messing, welches den Griff endiget und gemeiniglich die Gestalt eines Adlerkopfes hat; an den Dreschflegeln zwey in einander geschlungene Stücke Leder, deren eines das Ende des Flegels, das andere aber das Ende der Handruthe umgibt, beyde mit einander zu verbinden, im mittlern Lat. Capa, ( S. Flegelkappe;) in der Landwirthschaft ein Eisen am Ende der Deichsel; im gemeinen Leben, rundliche Besetze an den enden der Strümpfe; an dem Getreide der Schoßbalg, oder die Scheide; und so in andern Fällen mehr. 2) Ein Kleidungsstück, wo es, (a) ehedem eine Art einer weiten Oberkleidung in Gestalt eines Mantels war, tunica talaris, welche im mittlern Lat. so wohl Capitium als Capa genannt wurde, und im Oberdeutschen noch nicht ganz veraltet ist. Die Mönchskappe, die Mönchskutte. Daher die R. A. gleich Brüder (d. i. Mönche) gleiche Kappen; Kappen machen keine Mönche; die Kappe ausziehen, den Mönchsstand verlassen; einem jeden Narren gefällt seine Kappe u. s. f. wo aber auch die folgende Bekleidung der Kopfes verstanden werden kann. Die Reiterkappe, war ehedem ein Reitrock, und Oberdeutschen wird ein Regenmantel noch jetzt eine Regenkappe genannt. ( S. auch Harzkappe,) Im Dänischen ist Kaabe gleichfalls ein Mantel. (b) In engerer Bedeutung, eine Bekleidung des Hauptes. (aa) Ehedem wurde es in allen Europäischen Sprachen häufig für einen Hut gebraucht, wie das Angels. Caeppe, das Engl. Cap, und noch jetzt das Franz. Chapeau und Wallachische Kappella. (bb) Im Oberdeutschen bedeutet es noch eine Mütze des männlichen Geschlechtes, so wie das Nieders. Kipse von einer Mütze des weiblichen gebrauchen wird. (cc) Eine mit einem Zipfel versehene und an dem Kleide befestigte Bedeckung des Hauptes, dergleichen noch verschiedene Arten der Mönche, so wie die Frauenzimmer an ihren Saloppen tragen, wo man sie aber mit Französischen Ausdrücken lieber Capouschen und Capüschons zu nennen pflegt. (dd) Eine Bekleidung des Hauptes, welche vorn über das Gesicht herunter hänget, und dasselbe zugleich mit bedeckt, dergleichen das weibliche Geschlecht noch in vielen Fällen zu tragen pfleget. Daher die Florkappe, Trauerkappe, Bergkappe, Narrenkappe u. s. f.

Anm. In den meisten der obigen Bedeutungen im Schwed. Kappa, im Engl. Cap. im Ital. Cappa, im Böhm. Kape, im Lat. Cappa, und im griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es vereinigen sich drey aber im Grunde genau mit einander verwandte Begriffe in diesem Worte, nämlich der Begriff des Obersten oder Äußersten, der Bedeckung, und der hohlen Gestalt, von welchen in den verschiedenen Bedeutungen bald der eine bald der andere der herrschende ist. S. Caftan, Capelle, Haube, Kapsel, Kopf, Roben, Kane, und hundert andere mehr, welche insgesammt mit zu dessen Familie gehören.


Kappen (W3) [Adelung]


1. Kappen, verb. reg. act. von dem vorigen Hauptworte, mit einer Kappe versehen. Die Strümpfe kappen, mit Kappen besetzen. So fern eine Bekleidung des Hauptes verstanden wird, ist es besonders in den Zusammensetzungen Verkappen und Abkappen üblich.


Kappen (W3) [Adelung]


2. Kappen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches im gemeinen Leben von dem Hahne üblich ist, wenn er die Henne tritt oder befruchtet.


Kappen (W3) [Adelung]


3. Kappen, verb. reg. act. ein altes Wort, welches schneiden oder hauen, bedeutet, und noch in vielen Fällen des gemeinen Lebens üblich ist. 1) Abschneiden, abhauen; besonders im Niedersächsischen. Das Ankertau kappen, in der Schifffahrt, es abhauen, wenn man nicht Zeit hat, den Anker aufzuwinden. Den Mast kappen, ihn abhauen. Besonders das Oberste, den Gipfel eines Dinges abhauen. Die Bäume kappen, die Wipfel abhauen, im Nieders. auch pollen, von Poll, der Gipfel, wofür auch köpfen, koppen, kuppen, und im Diminut. köpfeln, kipfeln, küpfeln üblich sind. 2) Verschiedenen, castriren, wo es besonders im gemeinen Leben von dem Verschneiden der Hähne und Hühner gangbar ist; kapaunen. Ein gekappter Hahn, ein Kapaun. S. Kapphahn.

Anm. Im Nieders. gleichfalls kappen, im Schwed. kappa, im Engl. to chipp, chopp, im Franz. couper, im mittlern Lat. coppare, copulare, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Vielleicht zunächst von Kopp, Kopf, das Ende eines Dinges. So fern es hauen überhaupt bezeichnet, bedeutete davon im mittlern Lat. Chapuisius einen Zimmermann.


Kappeneisen (W3) [Adelung]


Das Kappeneisen, des -s, plur. ut nom. sing. eine eiserne Kappe, oder Bekleidung des Äußersten eines Dinges, dergleichen im Bergbaue die eisernen Bänder über die Bläuel und an den Zugstangen sind.


Kappes (W3) [Adelung]


Der Kappes, S. Kopfkohl.


Kappfenster (W3) [Adelung]


Das Kappfenster, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fenster, welches aus einem abhangenden Dache heraus ist; das Dachfenster, in Franken die Gaupe. Entweder von kapfen, welches auch in einigen Gegenden für gaffen üblich ist, ein Guckfenster, oder so fern Kappe überhaupt das Dach eines Dinges bedeutet, oder endlich auch, so fern solche Fenster mit einer Kappe überdeckt sind; S. Kappziegel.


Kapphahn (W3) [Adelung]


Der Kapphahn, des -es, plur. die -hähne, ein gekappter, d. i. geschnittener Hahn; ein im gemeinen Leben für Kapaun übliches Wort, S. dasselbe, ingleichen 3 Kappen.


Kapphahngut (W3) [Adelung]


Das Kapphahngut, des -es, plur. die -güter, eine Art Lehengüter, in einigen Gegenden, welche gemeiniglich Mannslehen sind, und von welchen der Vasall dem Lehensherren jährlich einen oder mehrere Kapphähne entrichten muß.


Kappis (W3) [Adelung]


Der Kappis, S. Kopfkohl.


Kapplaken (W3) [Adelung]


Das Kapplaken, des -s, plur. ut nom. sing. in den Niedersächsischen Seestädten, eine Ergetzlichkeit, welche der Schiffer noch über die bedungene Fracht von jeder Tonne erhält; von dem Nieders. Laken, Tuch, gleichsam, Tuch zu einer Kappe, franz. Drap de Chausse, Tuch zu Beinkleidern.


Kappstürzung (W3) [Adelung]


Die Kappstürzung, plur. die -en, in den Niedersächsischen Marschländern, der Einbruch der Kappe eines Deiches; die Kammstürzung.


Kappzaum (W3) [Adelung]


Der Kappzaum, des -es, plur. die -zäume, ein Zaum mit einem Nasenbande, anstatt des Gebisses, um des Maules junger Pferde zu schonen. Wer siehet nicht, daß dieses Wort eigentlich einen Zaum mit einer Kappe bedeutet, ( S. Kappe,) und daß die Italiener ihr Cavezzone und Cavezzane, die Franzosen ihr Cavecon, und die Engländer ihr Cavesson daher entlehnet haben. Frisch und andere kehren es um, und lassen das Deutsche von dem Ital. herstammen, wo Cavezza eine Halfter bedeutet; vielleicht gleichfalls aus dieser Quelle, oder auch von haben, halten. Im mittlern Lat. ist Capsana so wohl ein Kappzaum, als auch die Kappe oder Kapusche an einem Kleide.


Kappziegel (W3) [Adelung]


Der Kappziegel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art großer Hohlziegel in Gestalt einer Mulde, welche man in Sachen auf den Ziegeldächern über die kleinern Kappfenster leget.


Kapsel (W3) [Adelung]


Die Kapsel, plur. die -n, Diminut. das Kapselchen, aus dem mittlern Lat. Capsula und Capsella, dem Diminut. von Capsa, eine Bekleidung eines Dinges von harter Materie; gemeiniglich nur in einigen bestimmtes Fällen, da in andern Futter, Futteral, Schachtel u. s. f. üblich sind. Eine gedrehete Kapsel zu den Siegeln von Wachs. In der neuern Kräuterkunde ist Kapsel, Capsula L. ein hohles Samen- gehäuse, welches sich bey der Reife auf eine bestimmte Art spaltet, zum Unterschiede von einer Schale, Hülse, Nuß, Fruchtbalge u. s. f. Im Böhm. und Pohln, ist Kabsa eine Tasche S. Koppe, Anm.


Kar (W3) [Adelung]


Kar, ein Gefäß, S. Kahr und Karren.


Karabiner (W3) [Adelung]


Karabiner, S. in C.


Karacke (W3) [Adelung]


Die Karacke, plur. die -n, eine größten Theils veraltete Art großer Schiffe, welche so wohl zum Kriege, als auch zum Handel gebraucht wurden. Sie waren etwas rundlich, unten breit und oben enge, hatten sieben bis 8 Böden und konnten bis 2000 Menschen fassen. Holländ. Karaak, Kraak, Engl. Carack, Franz. Caraque. Einer kleinen aber weitbauchigen Art dieser Schiffe bedienet man sich noch in einigen Gegenden zu Lastschiffen.


Karaffine (W3) [Adelung]


Karaffine, S. Caraffine.


Karat (W3) [Adelung]


Das Karat, des -es, plur. die -e, ein kleines Gewicht, nach welchem das Gold und die Edelsteine gewogen werden. 1) In Ansehung des Goldes ist ein Karat 12 Gran oder Grän, so daß 24 Karat eine Mark machen. Ehedem auch Garat, Grait, 2) In Ansehung der Edelsteine ist es ein Gewicht von 4 Gran.

Anm. im Arab. Alkerat, im Ital. Carato, im Franz. Carat, im mittlern Lat. Chirat, Caractis, Caracta, Ceratio. Die Abstammung ist noch ungewiß. Einige leiten es von Gradus, Grad, her, andere von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Art der Hülsenfrucht, welche zugleich als ein Gewicht gebraucht wurde, und vier Gran oder Gerstenkörner wog.


Karausche (W3) [Adelung]


Die Karausche, plur. die -n, ein Fisch in süßen Wassern, welcher nach dem Linne zu den Karpfen gehöret; Carassus L. Er wird auf das höchste einer guten Spanne lang, und einer guten Hand dick und breit. Im Oberd. auch Garusse, Gareiß, Gareißel, im Niedersächs. Krunske, im Dän. Karuse, im Pohln und Böhm. Kares. Frisch vermuthet daß er, so wie der Karpfe, seinen Nahmen von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Rabe, habe, ob gleich die Karausche weißlicher ist, als der Karpfen.


Karauschenkarpfen (W3) [Adelung]


Der Karauschenkarpfen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Bastardsische, welche von Karauschen und Karpfen erzeuget werden, und gelblicher sind, als die echten Karauschen.


Karavane (W3) [Adelung]


Die Karavane, plur. die -n, eine nur in den Morgenländern übliches Wort, aus dem Arab. Kairavan, und Türk. Kervan, einen Haufen Reisender zu bezeichnen, welche um ihrer Sicherheit willen in Gesellschaft reisen.


Karavelle (W3) [Adelung]


Die Karavelle, S. Caravelle.


Karbatsche (W3) [Adelung]


Die Karbatsche, plur. die -n, eine von ledernen Riemen geflochtene Peitsche, deren Stiel gleichfalls mit Leder überzogen ist. Im Nieders. Karbatsche, im Dän. Krabask, im Schwed. Karbas, ohne Zweifel, wie schon Wachter will, von dem alten Kar, Kor, Leder, ( S. Küraß,) und dem noch im Nieders. üblichen Batsche, ein Werkzeug zum Schlagen, batschen, schlagen, Schwed. basa, ( S. Patschen und Peitsche,) Im Pers. ist Kyrbac eine lederne Geißel, ein Ochsenziemer.


Karbatschen (W3) [Adelung]


Karbatschen, verb. reg. act. mit der Karbatsche schlagen.


Karbe (W3) [Adelung]


Die Karbe, Karve, oder Garve, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des Feld- oder Wiesenkümmels, Carum L. aus welchem Nahmen derselbe auch verderbt ist. Der Lat. Nahme stammet von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ab, welchen er daher haben soll, weil er in der Landschaft Karien in großer Menge wuchs.


Karbunkel (W3) [Adelung]


Der Karbunkel, S. Carbunkel.


Karde (W3) [Adelung]


Die "Karde", plur. die -n,

1) Eine Art "Disteln", (S. "Kardendistel")

2) Ein "Wollkamm", S. "Kardätsche" 2.


Kardele (W3) [Adelung]


Die Kardele, plur. die -n, in den Niedersächsischen Seestädten, ein Faß, welches 12 Stechkannen hält, und worin der Fischspeck und Fischthran verführet wird; eigentlich ein Viertel, für Quardele.


Karden (W3) [Adelung]


"Karden", verb. reg. act. mit der "Karde" oder dem "Wollkamme" bearbeiten, S. "Kardätschen" Anm.


Kardendistel (W3) [Adelung]


Die Kardendistel, plur. die -n, eine Art Disteln, deren Köpfe die Tuchmacher an einigen Orten zum Karden oder Kämmen der Wolle gebrauchen, daher sie auch in Deutschland gebauet wird, ungeachtet sie eigentlich in den mittätigen Ländern einheimisch ist; Dipsacus fullonum L. Weberkarde, Weberdistel, Bubendistel, Bubenstängel, Bubensträl, bey den ältern Schriftstellern Carduus, woher auch der Deutsche Nahme rühret, der von vielen wider die Abstammung Karte und Kartendistel geschrieben und gesprochen wird. Die kleine Karde, Dipsacus pilosus L. wächset in Thüringen wild.


Karechel (W3) [Adelung]


Die Karechel, plur. die -n, eine Art Krähen, S. Haferricke.


Karg (W3) [Adelung]


Karg, -er, -este, adj. et adv. den nothwendigen Gebrauch seines Eigenthumes aus Anhänglichkeit zu demselben unterlassend, und in dieser Gesinnung gegründet. Ein karger Mann. Karg seyn. Karg mit etwas seyn. Ein betrübter Esel heulte, Weil des Schicksals karge Hand Ihm nicht Hörner zugewandt, Haged.

Anm. Im Dän. karrig, im Schwed. karrig, woraus durch eine Zusammenziehung unser karg geworden. Es stammet zunächst aus dem Oberdeutschen her, denn die heutigen Niedersachsen haben es nicht. Hingegen findet sich bey den Angelsachsen das Hauptwort Car, Care, und bey dem Ulphilas Kara, Sorge, Sorgfalt, Engl. Care, Lat. Cura, wovon vermittelst der Ableitungssylbe ig, unser karg nach dem Frisch abstammen soll. Wahr ist es, daß karg, bey dem Hornegk charch; in den Monseeischen Glossen ohne Hauch arg, und bey dem Hornegk erch, von diesem Stammworte sorgfältig, klug, verschlagen bedeutet; in welchem Verstandes es auch noch bey den Schwäbischen Dichtern vorkommt. Swaskarger liste jemant chan, Stryker. Wy sich der held charch in dem house verparch, in Eckards Scriptor. bey dem Frisch. Allein unser karg scheinet vielmehr von dem noch im Schwed. üblichen kara, zusammen raffen, woraus vermittelst des Zischlautes scharren geworden, oder wie Wachter will, von gierig, abzustammen; ungeachtet es jetzt nicht so wohl auf die Erwerbung, als vielmehr auf die Ersparung gehet. Im alt Franz. war eschars gleichfalls karg. In der Comparation wird das a im gemeinen Leben häufig in ä verwandelt; in der edlern Schreibart ist das a üblicher.


Kargen (W3) [Adelung]


Kargen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, karg seyn, der Kargheit nachhängen. Ein andrer karget, da er nicht soll, und wird doch ärmer, Sprichw. 11, 24. Mancher karget und sparet, und wird dadurch reich, Sir. 11, 17. Die Kunst macht die Natur Verschwendrisch, wo sie kargt, Haged. Ingleichen active, durch kargen erwerben. Viel Vermögen zusammen kargen.


Karger (W3) [Adelung]


Der Karger, des -s, plur. ut nom. sing. von dem vorigen Zeitworte, der da karget.


Kargheit (W3) [Adelung]


Die Kargheit, plur. inus. die Fertigkeit, den nothwendigen Gebrauch seines Eigenthumes aus Liebe zu demselben zu unterlassen; ein hoher und lasterhafter Grad der Sparsamkeit. Die Kargheit gehet auf die Ersparung, so wie die Gewinnsucht, die Habsucht u. s. f. auf den Gewinn und Besitz, der Geiz aber auf beyde. Ehedem mit einer andern Ableitungssylbe die Karge, Charge, und mit Weglassung des Hauches in den Monseeischen Glossen Argi, da es denn eigentlich Sorgfalt, Klugheit, List bedeutete. S. Karg.


Kärglich (W3) [Adelung]


Kärglich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Auf eine karge Art; doch nur als ein Nebenwort. Kärglich mit etwas umgehen. Wer kärglich säet, wird auch kärglich ernten, 2 Cor. 9, 6. Ingleichen in weiterer Bedeutung für sparsam, genau, kümmerlich. Er muß sich sehr kärglich behelfen. Kärglich leben. 2) Als ein Beywort für karg, oder doch ein wenig. Eine kärgliche Mahlzeit. Nichts ist kärglicher, als die Erkenntlichkeit, haged.


Karmesin (W3) [Adelung]


Karmesin, S. Carmesin.


Kärner (W3) [Adelung]


Der Kärner, S. Kärner.


Karnieß (W3) [Adelung]


Das Karnieß, des -es, plur. die -e, Diminut. das Karnießchen, Oberd. Karnießlein, bey den Werkleuten, der dritte Obertheil des Hauptgesimses, welcher halb einwärts und halb auswärts gebogen ist, so daß er die Gestalt eines Latein. S. hat. Aus dem Ital. Cornice und Franz. Corniche, und diese aus dem Lat. Coronis, daher billig Kornieß lauten sollte.


Karnieß-Bley (W3) [Adelung]


Das Karnieß-Bley, des -es, plur. inus. bey den Glasern Fensterbley, welches in Gestalt eines Karnießes gezogen ist.


Karnieß-Hobel (W3) [Adelung]


Der Karnieß-Hobel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tischlern, ein Hobel mit einer Schneide von zwey gegen einander gewandten Bogen, Karnieße damit zu hobeln.


Karnieß-Stahl (W3) [Adelung]


Der Karnieß-Stahl, des -es, plur. die -stähle, bey den Horn- und Beindrechslern, ein Stahl oder stählernes Dreheisen, Karnieße zu drehen.


Karniffeln (W3) [Adelung]


+ Karniffeln, verb. reg. act. welches nur in den niedrigen Sprecharten, besonders Niederdeutschlandes üblich ist, mit der Faust durchprügeln oder derb stoß u. Nieders. karnüffeln, knüffeln, Engl. to knubble, Dän. karrifte, Schwed. karnifla. Frisch leitet es auf eine sonderbare Art von dem Franz. ecornifler, schmarotzen, ab und erkläret es, jemanden als einem Schmarotzer begegnen. Nach dem Wachter bedeutete Karnöffel und Karniffel ehedem einen Hodenbruch, wo vermutlich das Latein. Hernia mit der Zusammensetzung ist. Im gemeinen Leben, besonders auf dem Lande, hat man noch ein gewisses Kartenspiel, welches das Karniffelspiel genannt, und mit 48 besonders dazu verfertigten Karniffelkarten gespielet wird, da denn mit solchen Karten spielen gleichfalls karniffeln genannt wird. So fern dieses Wort mit Fäusten schlagen und stoßen bedeutet, leitet Ihre es von dem Wallisischen gleichbedeutenden cernod her, welches in Ansehung der ersten Hälfte des Wortes sehr wahrscheinlich ist, aber doch die letzte immer noch dunkel lässet.


Karpfen (W3) [Adelung]


Der Karpfen, des -s, plur. ut nom. sing. ein eßbarer Fisch, welcher sich nur in süßen Wassern aufhält, einen schwärzlichen Rücken, dunkelgelbe Seiten und einen weißgelben Bauch hat; Cyprinus Carpio L. Einen Karpfen reißen, ihn aufschneiden, und das Gedärm heraus nehmen, ehe er gesotten wird. Ihn blau steden. Die ersten Karpfen brachte Leonhard Mascal unter Heinrich dem Achten nach England, und auch nach Deutschland scheinen sie aus wärmern Gegenden gekommen zu seyn. Anm. Im Nieders. Karpe, im Engl. Carp, im Französ. Carpe, im Ital. Carpa, im Dän. und Schwed. Karpe, im Pohln. Karp und Böhm. Kapr, im mittlern Lat. Carpro; alle von dem schon bey dem Cassiodor befindlichen Carpa, so wie dieß vermuthlich von dem bey den ältern Lat. üblichen Cyprinus, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - abstammet. In einigen Gegenden ist es weiblichen Geschlechtes, die Karpfe.


Karpfenbrut (W3) [Adelung]


Die Karpfenbrut, plur. inus. junge Karpfen, so lange sie noch nicht drey Jahre alt sind, worauf sie den Nahmen Satz bekommen.


Karpfenhalter (W3) [Adelung]


Der Karpfenhalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Teich, die Karpfen zum täglichen Gebrauch darin aufzubehalten.


Karpfenstein (W3) [Adelung]


Der Karpfenstein, des -es, plur. die -e, ein dreyeckiges Bein, welches die Karpfen hinten im Kopfe an dem Rückgrade haben, und welches von dem großen Haufen wider die fallende Sucht eingenommen wird.


Karpfenteich (W3) [Adelung]


Der Karpfenteich, des -es, plur. die -e, ein Teich, worin vornehmlich Karpfen gehalten werden.


Karre (W3) [Adelung]


Die Karre, plur. die -n, ein Wort, welches jetzt nur noch von einem mit Einem Rade versehenen Kasten gebraucht wird, welchen ein Mann vor sich schieben kann, besonders im Niedersächsischen; eine Schubkarre oder Schiebekarre, wofür doch auch in einigen Gegenden, zumahl im Bergbaue, das folgende männliche der Karren, der Schubkarren üblich ist. Bestehet ein solches Fuhrwerk mit Einem Rade aus keinem Kasten, sondern aus Stäben oder Schienen, so heißt es ein Schiebebock. Einen Verbrecher in die Karre schmieden, ihn zur Karre verurtheilen, zum Festungsbaue. Figürlich pflegt man auch wohl in jedes schlechtes Fuhrwerk im verächtlichen Verstande eine Karre zu nennen. Im Nieders. Kare. S. 3. der Karren.


Karren (W3) [Adelung]


Karren, verb. reg. act. mit der Karre, oder der Schubkarre fahren. Erde, Sand herbey karren, auf der Karre herbey führen. Steine wegkarren. Den ganzen Tag karren, mit der Karre gehen, fahren.


Karren (W3) [Adelung]


1. Der Karren, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur noch in einigen Fällen übliches Wort, einen Kasten zu bezeichnen; besonders an den Buchdruckerpressen, wo der Karren ein viereckter Kasten mit einem messingenen Boden ist, auf welchem die Form lieget, und welcher auf einem beweglichen Laufbrete hin und wieder geführet wird; Franz. le Chassis. Es scheinet nicht, daß mit diesem Worte zunächst auf die Bewegung gesehen werde; sondern Karren scheinet hier das alte Kar, ein Gefäß, im Andenken zu erhalten, woraus mit vorgesetztem Zischlaute unser Schirr und Geschirr abstammet. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist der Kärner eine Art eines Korbes, Ital. Carniero. Siehe 1. Kahr, Kasten und Geschirr.


Karren (W3) [Adelung]


2. Der Karren, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Goldschlägern, ein Werkzeug, welches aus zwey scharfen Messerklingen bestehet, die geschlagene Gold- und Silberblätter zu vollkommenen Quadraten zu schneiden. Eine genauere Kenntniß dieses Werkzeuges müßte es entscheiden, ob Karren in dieser Bedeutung zu dem vorigen Worte gehöret, oder vielmehr zu dem alten karen, schneiden, wovon nicht nur kerben, sondern mit vorgesetztem Zischlaute auch scheren abstammet, S. diese Wörter.


Karren (W3) [Adelung]


3. Der Karren, des -s, plur. ut nom. sing. ein sehr altes Wort, welches seinem ursprünglichen Umfange nach, einen jeden Wagen, ein jedes mit Rädern versehenes Fuhrwerk bedeutet zu haben scheinet; jetzt aber nur noch von einigen Arten desselben gebraucht wird. 1) Von einem Kasten mit Einem Rade zum Schieben, welchen man in Niedersachsen eine Karre, im Hoch- und Oberdeutschen aber einen Karren zu nennen pflegt. Der Schub- oder Schiebekarren, im Bergbaue der Laufkarren. 2) Ein Fuhrwerk mit zwey Rädern, welches von einem oder mehrern vor einander gespannten Pferden gezogen wird. Besonders, wenn dasselbe die Gestalt eines Kastens hat. Mit einem Karren fahren. Ein Karren Sand, Steine. Ein Sandkarren, Kothkarren, Mistkarren. Obgleich auch andere zweyräderige Fahrzeuge diesen Nahmen führen, dergleichen besonders die großen Fuhrmannskarren sind, ( S. Karrner.) Den Karren in den Koth schieben, eine Sache verderben, verwirren. Es ist ein angelegter Karren, in der niedrigen Sprechart, eine abgeredete Sache, ein abgeredeter Handel; eine seltsame R. A. wenn anders Karren hier nicht ein eigenes Wort ist, welches etwa noch von dem veralteten Kran, zubereiteten, übrig ist, wofür wir jetzt in einigen Fällen gärben sagen, ( S. dieses Wort,) oder wenn es nicht etwa gar aus Karte verderbt ist, weil man auch zu sagen pflegt, es ist eine angelegte Karte.

Anm. In dem alten Fragmente auf Carln den großen bey dem Schilter Karren, im Schwed. Kaerra, im Ital. Carro, im lat. Carrus, im Wallis. und Engl. Cart. Es scheinet mit diesem Worte wohl nicht zunächst auf die Gestalt eines Kastens gesehen zu werden, welchen einige Arten der Karren haben, sondern vielmehr auf die Bewegung, besonders der Räder; zumahl da das Latein. Currus, das Französ. Char, das Wallach. Kera, das Alban. Kierre, das Epirotische Kierr, und andere mehr, einen Wagen überhaupt bedeuten ( S. Kehren.) Das Engl. to carry, Dän. kiore, Franz. charier, fahren, stammen, so wie das Deutsche Karren, wohl eher von Karre ab, als daß man sie für das Stammwort von diesem halten könnte. Im Oberd. ist für karren auch Rarch, für karren karchen, und für Kärrner Kärcher und Kärchelfahrer üblich, welches mit dem mittlern Latein. Carruca überein kommt. Im gemeinen Leben wird dieses Wort häufig in Karrn und Karn zusammen gezogen.


Karrenbüchse (W3) [Adelung]


Die Karrenbüchse, plur. die -n, eine größten Theils veraltete Benennung eines groben Geschützes, einer Kanone, weil es auf einem Gestelle mit zwey Rädern fortgeschaffet wird. Etwas ähnliches hat man noch in der Jägerey, wo die Karrenbüchse ein auf einem besonders dazu verfertigten so genannten Schieß karren befindlicher Doppelhaken, oder ein großes Rohr mit einem Büchsenschlosse ist, Trappen und wilde Gänse damit zu schießen.


Karrengaul (W3) [Adelung]


Der Karrengaul, des -es, plur. die -gäule, ein Gaul oder Pferd, welches in einem Karren gehet, d. i. einen Karren ziehen muß, wozu man in den meisten Fällen große, starke und schwere Pferde zu nehmen pfleget. In dem Salischen Gesetze Chanco, in den alten Baierischen Gesetzen Angergnago, von Anger, Enger, ein Feld- oder Frohnkarren.


Karrenläder (W3) [Adelung]


Der Karrenläder, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Salzwerke zu Halle, besondere Arbeiter, welche die Karren der Fuhrleute mit Salz beladen.


Karrenläufer (W3) [Adelung]


Der Karrenläufer, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, geringe Bergarbeiter, welche das Erz oder den Schutt vermittelst des Laufkarrens fortschaffen.


Karrensteg (W3) [Adelung]


Der Karrensteg, des -es, plur. die -e, ein Steg, oder Quereisen an den Laufkarren der Bergleute.


Karrenwagen (W3) [Adelung]


Der Karrenwagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein vierrädiger Wagen, welcher aber wie ein Karren von einem oder mehreren, nicht neben, sondern vor einander gespannten Pferden gezogen wird; ein Gabelwagen.


Karrete (W3) [Adelung]


Die Karrete, S. Carrete.


Kärrner (W3) [Adelung]


Der Kärrner, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein besonders in Franken und Thüringen übliches Wort, eine Fuhrmann zu bezeichnen, welcher Waaren auf einem Karren, d. i. zweyräderigen Wagen, von einem Orte zum andern führet. In weiterer Bedeutung auch ein jeder, der mit einem zweyräderigen Karren fähret. Im Oberd. Karrer, Karer, Kärcher, im mittlern Lat. Carearius, Caretarius, Caretonus. 2) Derjenige, welcher mit einem Schubkarren fähret oder arbeitet; der Schubkärrner.


Karrote (W3) [Adelung]


Die Karrote, plur. die -n, eine nur in einigen Gegenden übliche Benennung der Bete oder der rothen Rüben, des rothen Mangoldes; Beta vulgaris L. Aus dem Ital. Carrota, Carota.


Karst (W3) [Adelung]


Der Karst, des -es, plur. die -e, Diminut. das Kärstchen, Oberd. Kärstlein, ein besonders in Obersachsen und Oberdeutschland übliches Wort, eine Hacke mit zwey Zähnen zu bezeichnen, womit man in gebirgigen Gegenden das Feld, besonders aber die Weinberge zu hacken und zu bearbeiten pfleget. Ohne Zweifel von kehren, weil der Boden damit ungearbeitet, oder gewendet wird, oder auch von dem alten karen, schneiden, hauen, ( S. Kerben und Scheren.) Einige gebrauchen es irrig als ein weibliches Wort, die Karst.


Kärsten (W3) [Adelung]


Kärsten, verb. reg. act. mit dem Karste bearbeiten. Einen Weinberg karsten, hacken. In dem Weinberge karsten. In engere Bedeutung wird in den Weinbergen die erste Hacke das Karsten, die zweyte das Wiederkarsten, und die dritte die Zwiebrache genannt.


Kartaune (W3) [Adelung]


Die Kartaune, plur. die -n, eine Art groben Geschützes, welche sich besonders durch ihre Kürze von andern Stücken dieser Art unterscheidet. Eine Kartaune ist kürzer, als eine Kanone. Eine ganze Kartaune schoß ehedem 100 Pf. Eisen, eine halbe 50 und eine Viertelkartaune 24. Heut zu Tage hat man die ganz großen ihrer Schwere wegen veralten lassen, und da schießt eine ganze Kartaune nur 48, eine halbe 24 Pf. u. s. f. Frisch und andere leiten von dem Latein. Quartana ab, und wollen, daß es ursprünglich ein Stück Geschütz von der vierten Größe bezeichnet haben, zumahl da auch Münster Cartune durch Quartana übersetzt. Ihre läßt es hingegen von Karren, Engl. Cart, abstammen, und will, daß es so viel wie eine Karrenbüchse bedeute. Im Schwed. kommt Kartow, und im mittlern Latein. Cartouwe, wirklich für eine Kartaune vor.


Kartaunenpulver (W3) [Adelung]


Das Kartaunenpulver, des -s, plur. inus. die gröbste Art des Schießpulvers, so wie es zu dem groben Geschütze gebraucht wird, so wie auch Kanonenpulver und Stückpulver heißt.


Karte (W3) [Adelung]


1. Die Karte, eine Art Disteln, S. Karde.


Karte (W3) [Adelung]


2. Die Karte, plur. die -n, ein nur im gemeinen Leben, besonders bey den Jägern übliches Wort, wo eine Kette eine Karte macht, wenn sie in Knoten zusammen läufet, und sich auf einander setzet. Etwa von dem noch im Schwed. üblichen Kart, etwas Mangelhaftes, Untaugliches zu bezeichnen? Oder vielmehr von kehren, wenden, sich verschlingen? S. 3 Karten.


Karte (W3) [Adelung]


3. Die Karte, plur. inus. bey den Seidenarbeitern und Seidenhändler, die Steifung oder der rauschende Klang, welcher den seidenen Zeugen durch die Gummirung gegeben wird, wo es so viel als das Franz. l'Appreture, die Zubereitung, zu bedeuten scheinet; von dem alten karan, zubereiten, S. 3. Karren, Gärben und 3. Karten.


Karte (W3) [Adelung]


4. Die Karte, plur. die -n, ein aus dem Latein. Charta, Papier, entlehnter Ausdruck, welcher im Deutschen besonders in folgenden Fällen gebraucht wird. 1) Gemahlte Blätter, gewisse Spiele damit zu spielen, Spielkarten, um sie von den folgenden zu unterscheiden; wo so wohl ein einzelnes Blatt, welches man doch lieber ein Kartenblatt zu nennen pfleget, als auch ein ganzes aus mehrern zusammen gehörigen Blättern bestehendes Spiel, ein Spiel Karten, eine Karte heißt. In der Karte spielen, oder Karten spielen. Die Karten mengen, geben u. s. f. Jemanden in die Karte sehen, auch figürlich, dessen Absicht, dessen Vorhaben errathen. Sie haben viel gewagt, daß sie sich von ihrem Onkel in die Karte haben gucken lassen, Weiße. Ich muß ihn zum Worte lassen, sonst möchte die Karte verrathen werden, ebend. Es ist eine angelegte Karte, ( S. 3 Karren.) Im Franz. Carte, im Ital. Carta, im Engl. Card, im mittlern Latein. Carta und Carticella. 2) Eine geographische Abbildung der Erdfläche oder eines Theiles derselben. Eine Landkarte, eine solche Abbildung des festen Landes, eine Seekarte, des Meeres. Karten sammeln.

Anm. Ungeachtet dieses Wort aus dem Latein. herstammet, so hat es in diesen beyden Bedeutungen doch schon längst das Bürgerrecht erhalten, daher man es auch füglich mit einem K schreiben kann, zumahl da es im Deutschen nicht so wie im Griech. und Latein. mit einem Hauche ausgesprochen wird.


Karten (W3) [Adelung]


1. "Karten", "Wolle kämmen", S. "Kardätschen".


Karten (W3) [Adelung]


2. Karten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, in der Karte spielen, doch nur zuweilen in den niedrigen Sprecharten.


Karten (W3) [Adelung]


3. Karten, verb. reg. act. welches nur noch für drehen, wenden, besonders im figürlichen Verstande üblich ist. Er wußte die Sache so zu karten, daß es niemand erfuhr, es so einzurichten, ihr eine solche Wendung zu geben. Wir müssen es so karten, daß wir außer Verdacht bleiben. Es scheinet nicht, daß es in dieser Bedeutung von dem vorigen Zeitworte abstamme, sondern daß es vielmehr als ein Iterativum zu kehren, wenden, drehen, ehedem kahren, oder auch zu karen, zubereiten, gehöret. S. 3. Karte und Gärben.


Kartenblatt (W3) [Adelung]


Das Kartenblatt, des -es, plur. die -blätter, einzelne Blätter der zum Spielen gebräuchlichen Karte.


Kartendistel (W3) [Adelung]


Die Kartendistel, S. Kartendistel.


Kartengeld (W3) [Adelung]


Das Kartengeld, plur. doch nur von mehrern Summen die -er, dasjenige Geld, welches man für die Spielkarten in öffentlichen und Privat-Gesellschaften bezahlet.


Kartenmacher (W3) [Adelung]


Der Kartenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler, welcher Spielkarten verfertiget.


Kartenmahler (W3) [Adelung]


Der Kartenmahler, des -s, plur. ut nom. sing. der sie mahlet oder bemahlet.


Kartenpapier (W3) [Adelung]


Das Kartenpapier, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, starkes Papier, so wie es zu den Spielkarten gebraucht wird.


Kartenspiel (W3) [Adelung]


Das Kartenspiel, des -es, plur. die -e, ein Spiel oder Art des Spieles, so fern es mit Karten oder gemahlten Blättern geschiehet, dagegen eine Spielkarte, eine Karte bedeutet, so fern sie zum Spielen gebraucht wird.


Karthaune (W3) [Adelung]


Karthaune, S. Kartaune.


Kartoffel (W3) [Adelung]


Die Kartoffel, plur. die -n, ein aus Erdapfel verderbtes Wort, S. dasselbe.


Karve (W3) [Adelung]


Die Karve, S. Karbe.


Kas (W3) [Adelung]


Der Kas, des -es, plur. die -e, in den Papiermühlen, die in dem Stampftroge befindliche und mit Löchern versehene Tafel von Eichenholz; vielleicht von dem Franz. Chassis, ein Rahmen.


Kasbeere (W3) [Adelung]


Die Kasbeere, S. Holzkirsche.


Käscheln (W3) [Adelung]


* Käscheln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, im gemeinen Leben einiger Gegenden, auf dem Eise gleiten, da denn auch eine solche Gleitbahn eine Kaschel genannt wird. S. Gleiten.


Käse (W3) [Adelung]


Der Käse, des -s, plur. ut nom. sing. geronnene Milch, der von dem wässerigen Theile geschiedene schleimige und gallertartige Theil der Milch. 1. Eigentlich, und ohne Plural. Die Milch wird zu Käse, wenn sie sich schüttet oder gerinnet, ( S. Gerinnen) In der Schweiz, wo die Milch viel fetter und nahrhafter ist, ißt man bey dem Käsemachen verschiedene Arten dieser geronnene Milch. Diejenige Milch, welche zu Käsen gabraucht werden soll, wird daselbst so wie in Obersachsen der Topfen genannt. Wenn sie gelabt oder zum Gerinnen gebracht worden, so heißt der geronnene Theil die Bulderen, das schäumige Wesen aber, welches sich auf der geschiedenen Milch setzet, der Abzug. Die Bulderen zerbricht man mit dem Käsebrecher in kleine Stücke, wodurch die dicke Materie noch mehr von der wässerigen geschieden wird. Jene heißt im engern Verstande Käse, diese aber die Sirpen (Lat. Serum,) Weil die Sirpen noch viele fette Materie hat, so wird sie über ein stärkeres Feuer gesetzt, damit sich der Vorbruch scheide, welcher eine angenehme Speise ist, und sogleich gegessen wird. Die übrige Sirpen wird durch Sauerschotten oder Lab von neuen geschieden, da denn die flüssigen Theile Schotten heißen, der festere aber den Zieger gibt, woraus der berühmte Glarnersche Schabzieger verfertiget wird, welcher sich zum eßbaren Gebrauche schaben lässet. 2. Figürlich 1) Verschiedene daraus bereitete Speisen. (a) Der Eyerkäse, eine aus geronnener Milch und Eyern bereitete Speise. (b) Der Quartkäse, Schmierkäse, Streichkäse, oder steife Matz, in Nieders. Käsebutter, geronnene Milch, welche im weichen Zustande aufbehalten wird, und sich schmieren lässet. (c) In gewisse Formen gedrückte und getrocknete Stücke solcher geronnenen Milch; so wohl mit dem Plural, als auch im Diminut. das Käschen, Oberd. Käselein. Kuhkäse, Käse von Kuhmilch, Schafkäse, Ziegenkäse, Kümmelkäse, Schweizerkäse, Kräuterkäse u. s. f. 2) Wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt mit der geronnenen Milch, werden so wohl der eßbare Boden an den Artischocken, als auch die Blumen an dem Blumenkohle Käse genannt, daher der letztere auch in einigen Gegenden Käsekohl heißt.

Anm. Schon bey dem Kero Chase, im Nieders. Kese, bey den Saterländern Cise, im Engl. Cheese, im Latein. Caseus, bey den Wallachen Kassu.


Käsebohrer (W3) [Adelung]


Der Käsebohrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bohrer, womit man in die großen Käse bohret, ihre innere Beschaffenheit zu erforschen; der Käsestecher.


Käsebutter (W3) [Adelung]


Die Käsebutter, plur. inus. S. Käse. 2. 1).


Käseform (W3) [Adelung]


Die Käseform, plur. die -en, eine hölzerne Form, den Käsen die verlangte Gestalt zu geben; der Käsenapf.


Käsegülte (W3) [Adelung]


Die Käsegülte, plur. die -n, in einigen Gegenden, eine Abgabe in Käsen, oder von den Käsen. Im Schwabenspiegel Kap. 397.


Käsehändler (W3) [Adelung]


Der Käsehändler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Käsehändlerinn, eine Person, welche mit Käsen handelt; der Käsekrämer, im Österreich. ein Kasstecher.


Käsehaus (W3) [Adelung]


Das Käsehaus, des -es, plur. die -häuser, in der Landwirthschaft, ein Gebäude, in welchem die frisch gemachten Käse getrocknet werden.


Käsehorde (W3) [Adelung]


Die Käsehorde, plur. die -n, eine Horde oder Flechtwerk von Ruthen, worauf die Käse getrocknet werden.


Käsekohl (W3) [Adelung]


Der Käsekohl, des -es, plur. inus. S. Käse 2. 2).


Käsekorb (W3) [Adelung]


Der Käsekorb, des -es, plur. die -körbe, ein Gerüst in Gestalt eines Korbes, die Käse darin zu trocknen.


Käsekuchen (W3) [Adelung]


Der Käsekuchen, des -s, plur. ut nom. ein Gebackenes von Käse; ingleichen Kuchen, welche oben mit geronnener und mit Eyern abgeschlagener Milch bedecket sind.


Kasel (W3) [Adelung]


Die Kasel, S. Casel.


Käselab (W3) [Adelung]


Das Käselab, S. Lab.


Käsemade (W3) [Adelung]


Die Käsemade, plur. die -n, eine Made, welche sich im Käse aufhält, und die Made einer Art Fliegen ist, welche bey dem Linnee Musca putris heißt.


Kasematte (W3) [Adelung]


Die Kasematte, S. Casematte.


Käsemeise (W3) [Adelung]


Die Käsemeise, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der kleinsten Art Meisen, welche sonst auch die Blaumeise, Mehlmeise und Pimpelmeise genannt wird; vielleicht weil sie gerne Käse speiset.


Käsemilbe (W3) [Adelung]


Die Käsemilbe, plur. die -n, eine Art Milben, oder kleiner ungeflügelter Insecten, welche sich im Käse aufhalten; Acarus L. im gemeinen Leben die Käsemiethe.


Käsemutter (W3) [Adelung]


Die Käsemutter, plur. die -mütter, auf den Landgütern, eine Frau, welche die Käse macht, und zugleich die Aufsicht über die Mägde hat.


Käsen (W3) [Adelung]


Käsen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, zu Käse werden, gerinnen, doch nur von der Milch. Die Milch käset, ist gekäset; wo es von einigen auch als ein Reciprocum gebraucht wird, sich käsen. 2) Als ein Activum, gerinnen machen, gleichfalls nur von der Milch. Die Milch käsen. S. Laben.


Käsenapf (W3) [Adelung]


Der Käsenapf, des -es, plur. die -näpfe, S. Käseform.


Kaserne (W3) [Adelung]


Die Kaserne, S. Caserne.


Käsestecher (W3) [Adelung]


Der Käsestecher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Käsebohrer und Käsehändler.


Käsewasser (W3) [Adelung]


Das Käsewasser, des -s, plur. inus. der von dem Käse, d. i. der geronnenen Milch, geschiedene wässerige Theil, welcher unter dem Nahmen der Molken am bekanntesten ist. Bey dem Kero Chaseuuazzer.


Käsicht (W3) [Adelung]


Käsicht, adj. et adv. dem Käse ähnlich. Käsig, Käse enthaltend. Der käsige Theil der Milch.


Kastanie (W3) [Adelung]


Die Kastanie, (viersylbig,) plur. die -n, die eßbare Frucht des Kastanienbaumes, besonders des zahmen, wovon die Frucht einer größern Art, Castanea sativa L. unter dem Nahmen der Marone bekannt ist. Wilde Kastanien, die Frucht des wilden Kastanienbaumes. Im Oberd. nur die Käste. Aus dem Ital. Castagna und Lat. und Griech. Castanea, welchen Nahmen diese Frucht von der alten Stadt Kastanea in Magnesien haben soll, wo sie in großer Menge gewachsen ist. Ehe die Griechen den Baum in ihrem Lande anpflanzten, hohleten sie die Kastanien aus Sardis, der Hauptstadt in Lybien, und nannten sie daher nur Sardische Eicheln.


Kastanienbaum (W3) [Adelung]


Der Kastanienbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, welcher nach dem Linnee zu den Buchen gehöret, und lanzettförmige, zugespitzte, gezähnte Blätter hat, welche auf der untern Fläche nackend sind; Fagus Castanea L. Er ist aus dem wärmern Asien nach Griechenland, von da nach Italien, und von da in die übrigen Europäischen Länder gebracht worden. In den Monseeischen Glossen Cistenbeam, im Oberd. Kästenbaum. Der wilde Kastanienbaum oder Pferdekastanienbaum, Raßkastanienbaum, Aesculus L. ist ein ganz anderer Baum, welcher um die Mitte des 16ten Jahrh. aus dem mitternächtigen Asien nach Europa gebracht worden. S. Pferdekastanie.


Kastanienbraun (W3) [Adelung]


Kastanienbraun, adj. et adv. der hochbraunen Farbe der äußern Schale der reifen eßbaren Kastanien ähnlich.


Kasten (W3) [Adelung]


1. Der Kasten, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur noch in einigen Gegenden übliches Wort, einen Haufen zu bezeichnen, wo denn auch das Zeitwort kasten, in Haufen setzen, üblich ist. Im Trierischen ist ein Kasten oder Kornkasten, ein Haufen auf dem Felde zum Trocknen aufgesetzter Garben; im Hochdeutschen eine Mandel, im Nieders. eine Hocke. Das Korn kasten, es in solche Haufen setzen. Im Schwed. ist Kase, im Finnländ. Casa, im Französ. Tas, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; gleichfalls ein Haufen.


Kasten (W3) [Adelung]


2. Der Kasten, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Kästchen, Oberd. das Kästlein. 1) In der weitesten und vermuthlich auch eigentlichen Bedeutung, ein jedes wohl verwahrtes Behältniß, es habe eine Gestalt, welche es wolle; doch nur noch in einigen einzelnen Fällen. In der Zergliederungskunst werden die Zahnhöhlen in den Kinnbacken die Kasten, und im Diminut. Kästchen genannt. Bey den Goldschmieden ist der Kasten eines Steines, das hohle Behältniß von Metall, in welchem derselbige befestiget wird; daher im mittlern Lat. incastare, incassare, und im Franz. enchasser, einen Stein fassen bedeutet. In dem Bergbaue ist der Kasten ein oben bedeckter Ort, Berge oder Schutt darauf zu schütten. Kasten schlagen, einen Ort oben auf solche Art bedecken, daß man Schutt darauf schütten, und doch darunter weggehen könne. Der Röhrkasten, Brunnenkasten, dasjenige Behältniß, worin sich das Röhr- oder Brunnenwasser sammelt. Der Kasten Noah, in der Deutschen Bibel, das Schiff Noäh. An einigen Orten wird auch ein Getreideboden ein Kasten genannt, und bey den Jägern heißt das Herz nach der Blutkasten. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, ein vierecktes, dauerhaftes, gemeiniglich aus Bretern verfertigtes Behältniß, etwas darin zu verwahren, es habe einen Deckel oder nicht. Etwas in den Kasten legen, verwahren. Nach Maßgebung seiner Bestimmung oder anderer Umstände, bekommt er oft verschiedene Nahmen. Der Schatzkasten, Geldkasten, Mehlkasten, Bücherkasten, Futterkasten, Fischkasten, Schriftkasten, Bärenkasten u. s. f. 3) In der engsten Bedeutung, ein Geldkasten, ein Kasten, in welchem man sein Geld verwahret. Alle Kasten voll haben. Geld im Kasten haben, bares Geld vorräthig haben. Figürlich ehedem auch die öffentlichen Einkünfte, der Ort, wo sie aufbewahret wurden, und die zu ihrer Verwaltung angestellten Personen, in welcher Bedeutung es für Casse noch in einigen Oberdeutschen Gegenden üblich ist, wo der Armenkasten, Almosenkasten, Gotteskasten, Stadtkasten u. s. f. noch in diesem Verstande vorkommen. S. Kastenamt, Kastenherr, Kastenvogt, Kastner. Anm. Bey dem Ottfried in der weitesten Bedeutung Kust, thines herzen kust, bey dem Ulphilas von einem Geschirre Kas im Nieders. Kiste, im Ital. Cassa, im Engl. Chest, im Lat. Cista. Es gehöret zu der großen Menge derjenigen Wörter, welche überhaupt ein hohles Behältniß bedeuten und durch die Ableitungssylbe näher bestimmt werden. S. Kaue, Kiste und Geschirr die

Anm. In einigen Gegenden ändert man im Plural den Vocal, die Kästen, und im Oberdeutschen ist es auch weiblichen Geschlechtes, die Kaste.


Kastenamt (W3) [Adelung]


Das Kastenamt, des -es, plur. die -ämter, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, ein Amt, d. i. Collegium mehrerer Personen, welche zur Verwaltung gewisser Einkünfte bestimmt sind. S. 2) Kasten 3.


Kastenblech (W3) [Adelung]


Das Kastenblech, des -es, plur. die -e, bey den Schlössern, ein Blech an den Französischen Thürschlössern, welches das Schloß verdeckt.


Kastengänge (W3) [Adelung]


Die Kastengänge, ling. inus. im Bergbaue, Gänge, das ist Gangerz, welches die Ausschläger in Kasten vor sich stehen haben.


Kastenhaus (W3) [Adelung]


Das Kastenhaus, des -en, plur. die -häuser, in einigen Oberdeutschen Gegenden, ein Haus, worin gewisse Einkünfte gesammelt und verwahret werden. So wird in Nördlingen die Commande des Deutschen Ordens das Kastenhaus genannt, welchem ein Kastner vorgesetzet ist. S. 2) Kasten 3.


Kastenherr (W3) [Adelung]


Der Kastenherr, des -en, plur. die -en, in verschiedenen Oberdeutschen Gegenden, der Vorgesetzte einer Casse, besonders ein Rathsherr, so fern er die Stadt-Casse oder einen Zweig derselben zu verwalten hat; im mittlern Lat. Arcarius. S. 2) Kasten 3.


Kastenkunst (W3) [Adelung]


Die Kastenkunst, plur. die -künste, in der Hydraulik, eine Maschine, wo das Wasser vermittelst verschiedener an einer Kette oder einem Seile ohne Ende befestigter Kasten oder Eimer in die Höhe gehoben wird; die Eimerkunst.


Kastenschreiber (W3) [Adelung]


Der Kastenschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden, der Schreiber bey einem Kasten oder einer Casse. S. 2. Kasten 3.


Kastenschwand (W3) [Adelung]


Der Kastenschwand, des -es, plur. inus. in einigen Oberdeutschen Gegenden, der Abgang an dem Maße, welchen das Getreide auf dem Kornboden durch Eintrocknen leidet; im Hochdeutschen der Bodenschrumpf. Von Kasten, ein Kornboden. S. 2. Kasten 1. und Schwinden.


Kastenstange (W3) [Adelung]


Die Kastenstange, plur. die -n, im Bergbaue, diejenigen Stangen, welche bey dem Schlagen der Kasten oben auf die Stämpel gelegt werden.


Kastenvogt (W3) [Adelung]


Der Kastenvogt, des -es, plur. die -vögte, eine ehedem sehr übliche Benennung eines Vogtes, Advocati, oder Schutzherren eines Klosters oder Stiftes, weil seine vornehmste Obliegenheit darin bestand, den Kasten, d. i. die Einkünfte eines sol- chen Stiftes zu schützen und zu vertheidigen. Daher die Kastenvogtey, die Würde, die Gerechtsamen, das Gebieth eines Kastenvogtes.


Kaster (W3) [Adelung]


Der Kaster, des -s, plur. ut nom. sing. in den Pfeifen-Manufacturen, derjenige, welcher die Pfeifen formet, und welcher auch der Former genannt wird.


Kasteyen (W3) [Adelung]


Kasteyen, verb. reg. act. welches aus dem Latein. castigare in die kirchliche Schreibart eingeführet worden, und in der Römischen Kirche am üblichsten ist. Sich oder seinen Leib kasteyen, ihm um Gottes willen, oder zur Unterdrückung sinnlicher Begierden wehe thun, unangenehme Empfindungen verursachen. Am zehenden Tage des siebenden Monden sollt ihr euern Leib casteyen, 3 Mos. 16, 29. Wer seinen Leib nicht casteyet an diesem Tage u. s. f. Kap. 23, 29. Da du dich casteytest vor deinem Gott, Dan. 10, 12. Daher die Kasteyung, bey dem Ottfried und Notker Kestiga, Chestiga, auch in der mehr eigentlichen aber veralteten Bedeutung der Züchtigung. Da dieses Wort am Ende schon eine ganz Deutsche Gestalt bekommen hat, so schreibt man es auch billig vorn mit einem k.


Kastner (W3) [Adelung]


Der Kastner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kastnerinn, der Vorsteher oder Vorgesetzte eines Kastens, d. i. einer Casse, ein nur noch im Oberdeutschen übliches Wort, wofür im Hochdeutschen Cassierer, Kämmerer u. s. f. üblicher sind. S. 2. Kasten 3.


Kastrol (W3) [Adelung]


Das Kastrol, S. Casserolle.


Katechisation (W3) [Adelung]


Die Katechisation, plur. die -en, aus dem mittlern Latein. Catechisatio, der Unterricht anderer in Glaubenswahrheiten, so fern derselbe durch mündliches Fragen und Antworten geschiehet; in einigen Gegenden die Kinderlehre.


Katechisiren (W3) [Adelung]


Katechisiren, verb. reg. act. aus dem mittlern Latein. catechizare, durch mündliches Fragen und Antworten in der Glaubenslehre unterrichten.


Katechismus (W3) [Adelung]


Der Katechismus, des -mi, plur. die -mi, ein Buch, worin die ersten Anfangsgründe der Religion in Fragen und Antworten vorgetragen werden; aus dem mittlern Latein. Catechismus, und dieß aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Kater (W3) [Adelung]


Der Kater, des -s, plur. ut nom. sing. das männliche Geschlecht der Katzen, so wohl der zahmen, als der wilden; im gemeinen Leben der Heinz, in andern Gegenden, z. B. in Liefland, der Kunz, im Nieders. der Bolze, ( S. Balzen,) im Osnabrück. der Kamm, ( S. Kammeln,) im Pohln. Kot, im Engl. Carl-cat, eigentlich der Mann der Katze, im Dän. Hankat, von han, er, im Lat. Catus. Das Deutsche ist von dem alten noch im Nieders. üblichen Kat, Katze, und der männlichen Endung -er. Der Kater der wilden Katzen wird bey den Jägern auch Kuder, ingleichen Baumreiter, Baumrutter genannt. S. Katze.


Kath (W3) [Adelung]


Das Kath, die Kathe, ein kleines, schlechtes Haus, siehe das Koth.


Katharina (W3) [Adelung]


Katharina, ein weiblicher Taufnahme, welcher aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, rein, entlehnet ist, und im gemeinen Leben in Käthe und Käthchen, im Oberd, in Katherle, Kathrey, im Nieders. in Triene, Trienke, Trienchen, in Preußen aber in Kasch, und Kaschchen zusammen gezogen wird.


Katharinen-Pflaume (W3) [Adelung]


Die Katharinen-Pflaume, plur. die -n, S. Brunelle.


Katheder (W3) [Adelung]


Der Katheder, des -s, plur. ut nom. sing. ein gemeiniglich erhöheter Sitz des Lehrers auf Schulen und Universitäten, der Lehrstuhl; aus dem Griech. und Latein. Cathedra. Freylich sollte dieses Wort billig weiblichen Geschlechtes seyn, die Katheder, plur. die -n, und in den meisten Oberdeutschen Gegenden ist es auch nicht anders üblich. Indessen hat doch im Hochdeutschen noch immer das männliche Geschlecht den Vorzug. In manchen Gegenden ist es gar ungewissen Geschlechtes, das Katheder.


Kathedral-Kirche (W3) [Adelung]


Die Kathedral-Kirche, plur. die -n, eine Kirche, welche der Sitz eines Bischofes oder Erzbischofes ist; gleichfalls von dem Griech. und Latein. Cathedra, welches ehedem in engerer Bedeutung einen bischöflichen Stuhl bedeutete. Regino nennet eine solche Kirche daher im 9ten Jahrhunderte eine Sedalkirch.


Käthener (W3) [Adelung]


Der Käthener, S. Kothsaß.


Katholik (W3) [Adelung]


Der Katholik, des -en, plur. die -en, Fämin. die Katholikinn, ein Katholischer, eine Katholische, ein Glied der Römisch-katholischen Kirche, in der dritten Bedeutung des folgenden Wortes. Aus dem Lateinischen Catholicus.


Katholisch (W3) [Adelung]


Katholisch, adj. et adv. welches aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Lat. catholicus, in der christlichen Kirche aufgenommen worden. 1) In der weitern Bedeutung, für allgemein, wo man nur diejenigen Briefe des neuen Testamentes, welche an keine besonderen Orte gerichtet worden, z. B. die Briefe Jacobi, Petri, Judä und Johannis, katholische Briefe zu nennen pfleget. 2) In engerer Bedeutung heißt die katholische Kirche oder die katholische Religion, diejenige, welche an kein Geschlecht, Volk, Alter, Zeit und Ort gebunden ist, sondern sich über das ganze menschliche Geschlecht erstreckt; in welcher, aber jetzt eben nicht üblichen Bedeutung, diese Benennung keiner Religions-Partey, sondern nur allein der unsichtbaren Kirche des neuen Testamentes zukommt. 3) In noch engerer Bedeutung wird die heutige Römische Kirche gemeiniglich, die katholische, und ihre Religion die katholische Religion genannt; eine Benennung, welche von Theodosio dem Großen herrühret, welcher diesen Titel denjenigen Kirchen beylegte, welche der Nicänischen Kirchenversammlung folgten, und womit man damahls zugleich den Begriff der Rechtgläubigkeit verband; daher katholisch auch oft für rechtgläubig gebraucht wurde. Die Protestanten setzen zur Vermeidung der Zweydeutigkeit noch das Römisch hinzu; die Römisch-katholische Kirche oder Religion, ein Römisch-Katholischer, ein Glied dieser Kirche. Die ältern Oberdeutschen Schriftsteller übersetzten dieses Wort. So nennet Notker die katholische Kirche die allichu Christenheit, allelih prut Samenunga, den katholischen Glauben, allicha Gelouba. 4) Der katholische König, Se. katholische Majestät, ein Titel, welcher rechtgläubig bedeutet, und welchen jetzt die Könige von Spanien führen, und welcher erst seit dem Ferdinand und der Isabelle bey ihnen erblich geworden ist; ob ihn gleich schon Recared im Jahre 514 erhielt, weil er die Arianer verbannete. Die Könige von Frankreich und Jerusalem haben ihn von den Päpsten gleichfalls bekommen.


Katt (W3) [Adelung]


Katt, plur. die -en, ein kleiner Anker, S. 2. Katze.


Kattun (W3) [Adelung]


Der Kattun, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein derber aber doch leichter und gemeiniglich bunter baumwollener Zeug, welcher in Ostindien, aus welchem Lande er uns bekannt geworden, in großer Menge verfertiget, jetzt aber auch überall in Europa nachgemacht wird. Die feinesten Arten desselben werden bey uns Zitse genannt, ( S. dieses Wort). Wir haben dieses Wort aus dem Ital. Cotone und dem Franz. Coton entlehnet, welches eigentlich Baumwolle, und hernach figürlich, den daraus gewebten Zeug bedeutet. Daher der Baumwollenbaum noch von einigen der Kattunbaum genannt wird. Das Ital. Cotone, im mittlern Lat. Cotonum, Cottonus, ist selbst morgenländischen Ursprunges, indem die Baumwolle im Arab. Cotum und Alcoton, und im Syrischen Cot genannt wird. Der daraus gewirkte Zeug heißt bey den Malabaren Kartum und Kadhuttam.


Kattun-Alabaster (W3) [Adelung]


Der Kattun-Alabaster, des -s, plur. inus. ein Alabaster, welcher zu Nüdigsdorf im Stollbergischen gebrochen wird, und einem weißen Kattun mit grauen und blauen Adern gleicht; der Kattunstein.


Kattundrucker (W3) [Adelung]


Der Kattundrucker, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art unzünftiger Drucker, welche den weißen Kattun drucken.


Kattunnadel (W3) [Adelung]


Die Kattunnadel, plur. die -n, die stärksten und dicksten Stecknadeln, den Kattun, wenn er trocknen soll, damit aufzuspannen. So fern sie auch zu Tüchern gebraucht werden, heißen sie auch Tuchnadeln, Franz. Drapiers.


Kattunstein (W3) [Adelung]


Der Kattunstein, des -es, plur. die -e, siehe Kattun-Alabaster.


Katzbahn (W3) [Adelung]


Die Katzbahn, plur. die -en, S. 3. Katze 1. 1).


Katzbalgen (W3) [Adelung]


Katzbalgen, verb. reg. recipr. welches nur im gemeinen Leben üblich ist. Sich katzbalgen, sich raufen und schlagen, und in weiterer Bedeutung, sich heftig zanken. Daher die Katzbalgerey, plur. die -en, ein solches Gerauf oder Gezänk.

Anm. Im Nieders. Katthalsen. Es kann seyn, daß mit diesem Worte auf die beißige Eigenschaft der Katzen gegen einander gesehen worden. Aber es ist wenigstens eben so wahrscheinlich, daß es von dem noch im Nieders. üblichen Kase, Zank, Schlägerey, im Angels. Kaes, im Wallis. Cat, Cad, herkomme. Im Franz. ist castiller gleichfalls zanken.


Katzball (W3) [Adelung]


Der Katzball, des -es, plur. die -bälle, der Ball, womit Katzball gespielet wird, und dieses Spiel selbst, ohne Plural, S. 3. Katze 1. 1).


Katze (W3) [Adelung]


Die Katze, ein sehr vieldeutiges Wort, welches von der Wurzel Kat vermittelst des Ableitungslautes s, der nach dem t allemahl in ein z übergehet, herstammet, und sehr vielfache Bedeutungen hat, welche bisher noch von niemand gehörig aus einander gesetzet worden, daher man die meisten Bedeutungen für Figuren von dem Nahmen der Katze, dieses so bekannten Thieres, gehalten hat. Die vornehmsten gleich klingenden, aber der Bedeutung nach sehr verschiedenen Wörter dieser Art mögen etwa folgende seyn.


Katze (W3) [Adelung]


1. Die Katze, plur. inus. ein nur in dem zusammen gesetzten Hüttenkatze übliches Wort, diejenige Krankheit zu bezeichnen, welcher die Bergleute wegen der eingesogenen metallischen Ausdünstungen am häufigsten unterworfen sind, und welche in einer Lähmung vornehmlich aber in Engbrüstigkeit und Abzehrung bestehet. Wenn es in dieser Bedeutung nicht aus Asthma verderbt ist, so scheinet es zu dem alten quad, übel, böse, schlimm, Ital. cattivo, zu gehören. Bey dem Notker ist chazzon quälen, bey dem Ottfried Quist Qual, im Bretagnischen Quaez das Elend, und im Schwed. quiddrag keichend, hartschlägig. Hüttenkatze würde also eigentlich das Hüttenübel, die Hüttenkrankheit bedeuten. Hierher scheinen auch die zusammen gesetzten Katzenglas, Katzenglimmer, Katzenkerbel, Katzengold, Katzensilber, Katzenmünze u. s. f. zu gehören, unechtes, falsches Gold, Silber u. s. f. zu bezeichnen, weil keine begreifliche Verbindung zwischen diesen Dingen und dem Thiere dieses Nahmens Statt findet. S. auch Katzbalgen, ingleichen 6. Katze.


Katze (W3) [Adelung]


2. Die Katze, plur. die -n, ein Wort, welches den Begriff der Verbindung, des Haltens, bey sich führet, aber nur noch in einigen wenigen Fällen üblich ist. Im Schiffbaue sind die Katzsparren oder Katzsporen Zimmerhölzer, welche über die Kielschwinne der Bauchstücke parallel geleget werden, die Glieder des Schiffes dadurch zu verbinden. Im Französischen werden sie Porques genannt. Es scheinet in dieser Bedeutung zu Kette, im Wallis. Chaden, zu gehören, ( S. Kette, Kitt.) Vielleicht gehöret hierher auch die Katze, Nieders. Katt, ein kleiner Anker, welchen man vor einen größern legt, ihn dadurch zu verstärken; wo es aber auch zum folgenden gehören kann, weil eine an- dere Art eines kleinen Ankers auch unter dem Nahmen des Wurfankers bekannt ist. S. auch Wurfanker.


Katze (W3) [Adelung]


3. Die Katze, plur. die -n, ein anderes Wort, worin der Begriff des Jagens, des Treibens, des Stoßens, Werfens und Schießens der herrschende ist, in welchem es gleichfalls nur noch in einigen einzelnen Fällen gebraucht wird. 1. Mit dem Begriffe des Jagens. 1) Im gemeinen Leben ist die Katze oder der Katzball eine Art des Ballspieles, besonders auf dem Lande, der Fangeball; wo denn Katze auch das dabey übliche Mahl oder den Standpunct bedeutet. Die Katze zeichnen, das Mahl abzeichnen. Eine Katze verlieren. Die Katzbahn, der zu diesem Spiele bestimmte Platz, und katzen, Katzball spielen. Im Nieders. ist Kätjevaar ein Spiel der Kinder, wenn sie einander haschen, und Keis der unverletzliche Ruheplatz, wo sie nicht ergriffen werden können. Es gehöret in dieser Bedeutung vermuthlich dem Engl. to catch, Ital. cacciare, Franz. chasser, Deutsch haschen und jagen. 2) In den nördlichen und einigen Niedersächsischen Gegenden ist die Katze, das Katzschiff, Nieders. Katt, ein kleines leichtes Schiff mit einem runden Hintertheile, mit Masten und Stängen aber ohne Mastkorb. Kits ist eine andere Art eines in den Niederlanden üblichen Fahrzeuges, welches zu den Hulken gehöret, und einen Deck- und Gabelmast führet. Es scheinet, daß diese Schiffe ihren Nahmen von ihrer Geschwindigkeit haben; da denn derselbe so viel als Jacht bedeuten, ja aus diesem Worte selbst entstanden seyn würde. Im alten Franz. ist Chaz und im mittlern Lat. Catta, Cattus, Gatus, Gattus, Gactus, eine ähnliche Art von Schiffen. ( S. Jacht und Kesser.) 2. Mit dem Begriffe des Werfens oder Schießens, welches letztere selbst zu diesem Geschlechte gehöret. 1) Bey der vorigen Art Krieg zu führen, vor Erfindung des Schießpulvers, war die Katze eine Art des Sturmwerkzeuges, die Mauern damit einzustoßen, oder einzuwerfen; eine Sturmkatze. Es scheinet, man habe deren mehrere Arten gehabt, so wohl zum eigentlichen Stoßen, da denn die Katze eine Art eines Mauerbrechers war, als auch große Steine damit zu schleudern; in welchem letztern Verstande bey dem Königshoven das Wort Quotwerk vorkommt. In den ältern Deutschen Schriften wird dieser Katzen häufig gedacht. Nachdem Burkhard von Hohenfels, einer der Schwäbischen Dichter, gesagt hat, daß seine Dame so gar gewaltekliche sitze uf sines herzen turn, der so vest ist an allen siten, so fähret er fort: Wie gehebe ich eine sturn Das ich si getribe drabe Eben hoehe katzen mangen Mugent ir da niht erlangen. Im mittlern Lat. heißen sie Cati, Gati, Gatti, beym Begetius schon Catti. 2) Nach Einführung des groben Geschützes behielt man die alten Nahmen, wie in mehrern ähnlichen Fällen, bey, und da war die Katze, oder Feuerkatze, ein Kammerstück, wie ein Mörser, große steinerne Kugeln daraus zu schießen. Heut zu Tage ist diese Art des Geschützes nicht mehr üblich. Anm. Außer dem schon gedachten Franz. chasser, gehören zu der Verwandtschaft des Wortes Katze in dieser Bedeutung auch das Franz. jetter, das Schwed. kasta, werfen, das Angels. Ceast, Engl. Cast, ein Wurf, das alte Gothische kesan, treiben, das Deutsche schießen und andere mehr.


Katze (W3) [Adelung]


4. Die Katze, plur. die -n, ein Haken, oder doch ein einem Haken ähnliches Werkzeug; ein nur noch in einigen Gegenden übliches Wort. So ist in Liefland die Katze ein Werkzeug mit zwey langen Haken, Gebäude damit einzureißen, wo denn auch das Zeitwort katzen auf solche Art einreißen bedeutet. Im mittlern Lateine ist Gattus, im Franz. Chat, und im Schwed. Kaexa, gleichfalls ein Haken. Im Bergbaue bedeutet Küste eine Krücke.


Katze (W3) [Adelung]


5. Die Katze, plur. die -en, noch mehr im Diminut. das Kätzchen, Oberd. Kätzlein, ein Bündel, ein Büschel. 1) Im gemeinen Leben, eine sehr gewöhnliche Benennung derjenigen cylindrischen, zuweilen kugelförmigen Kelche an verschiedenen Bäumen, welche mit weichen Blättern wie mit Schuppen bedeckt sind, unter welchen die Blüthen liegen. Die Weiden, Haselnüsse, Wälsche Nüsse, Birken, Kastanienbäume u. s. f. haben solche Kätzchen. Im Nieders. Kätzken, Kettjens, an einigen Orten Palmen, besonders wenn sie noch in ihre Knospen eingehüllet sind, Lämmerchen, in der Lausitz Minsel. Dergleichen Katzen mit großen hölzernen Schuppen, wie z. B. die Tannenbäume haben, heißen Zapfen. Bey dem Frischlin lautet es in dieser Bedeutung Kotze. Im Schwed. ist Kotte, Strobilus, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , und im Nieders. Kasse ein Büschel, ein Blumenstrauß. 2) Bey den Schmieden wird ein Bündel oder Packet Eisen, welches sie zusammen schmieden wollen, eine Katze genannt.


Katze (W3) [Adelung]


6. Die Katze, plur. die -n, ein Wort, welches in einigen Fällen einen harten Körper bedeutet. So pflegen die Bergleute die harten knorrigen Stellen und gelben mineralischen Adern in den Schieferbrüchen, welche das Spalten hindern, Katzen zu nennen. Es kann in dieser Bedeutung so wohl von quad, böse, S. 1. Katze und Katzbalgen, als auch von Kies, Kiesel, Lat. Cos, herstammen. Im mittlern Lat. sind Caci Schachsteine und schon im Hebr. bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - einen Stein.


Katze (W3) [Adelung]


7. Die Katze, plur. die -n, ein sehr altes Wort, welches ehedem eine Erhöhung bedeutete, und nur noch im Festungsbaue üblich ist, wo die Katze ein hohes Werk auf einem Bollwerke oder auf dem Hauptwalle ist, das Feld rings um die Festung zu entdecken; die Basteykatze, Wallkatze, Franz. Cavalier. Im Schwed. ist Kase und Kast, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Haufen, S. 1. Kasten. Diese Bedeutung ist mit der folgenden sehr genau verwandt, weil die meisten Wörter, welche eine Erhöhung bezeichnen, auch zugleich eine Vertiefung ausdrucken.


Katze (W3) [Adelung]


8. Die Katze, plur. die -n, ein noch in verschiedenen Fällen übliches Wort, einen hohlen Raum, einen bedeckten Raum, hohles Behältniß, zu bezeichnen. 1) Im gemeinen Leben nennet man einen langen ledernen Geldbeutel, welchen man um den Leib gürtet, einen Geldgürtel, eine Katze, oder Geldkatze, im Nieders. Katt. Es ist in dieser Bedeutung im Ganzen genommen sehr alt, und von einer überaus großen Verwandtschaft, wohin besonders die Hochdeutschen Kaste, Kiste, Hotze, eine Wiege, Koth, ein kleines Gebäude, Kessel, Köthe, ein Schrank, Kietze, eine Art Körbe, Kutsche u. s. f. die Niederdeutschen Kauße, ein großer hölzerner Schöpflöffel, Gatt, ein Loch, Kante, eine Grube, die mittlern Lat. Cacea, Cacia, Franz. Chace, ein Kasten, Behältniß, das Lat. Cassis, ein Helm, ja selbst das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Gefäß, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Kelch, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Becher, das alte Gothische Kas, ein Gefäß, und hundert andere gehören. Im Schwed. ist Kudde eine Tasche, im Türkischen Kize, ein Beutel, Franz. Gousset. S. auch Gätze, welches im Oberd. eine Gelte bedeutet, und mit dem Nieders. Kauße, ein großer hölzerner Schöpflöffel überein kommt. 2) So fern der Begriff der Bedeckung mit dem Begriffe des hohlen Raumes genau verbunden ist, war die Katze in dem ehemahligen Kriegswesen ein bedeckter Gang, oder ein bedecktes Gerüst, unter welchem die Belagerer vor den Blicken und Angriffen der Belagerten sicher waren, welches man heut zu Tage eine Gallerie zu nennen pfleget; im ehemahligen Franz. Chat, im mittlern Lat. Catus, Cattus, Gatus, Gattus. Man muß diese Art von Katzen, welche in den ältern Deutschen Schriften noch häufig vorkommen, mit dem bey der dritten Nummer gedachten angreifenden Werkzeuge nicht verwechseln. Bey den Schwäbischen Dichtern geschieht eines solchen Schirmdaches unter dem Nahmen der Katze mehrmahls Meldung.


Katze (W3) [Adelung]


9. Die Katze, pur. die -n, Diminut. das Kätzchen, Oberd. Kätzlein, ein bekanntes vierfüßiges, fünfzehiges, kletterndes Thier, wovon die zahme Art sich unter den Menschen aufhält, und Hauskatze oder zahme Katze genannt wird, zum Unterschiede von den wilden Katzen, welche in den Wäldern leben. Der häufige Umgang des Menschen mit diesem Thiere hat zu verschiedenen figürlichen R. A. Anlaß gegeben. Wie Hunde und Katze mit einander leben, unverträglich, zänkisch. Er gehet darum herum, wie die Katze um dem heißen Brey, er weiß nicht, wie er die Sache anfangen soll. Bey der Nacht sind alle Katzen grau. Er gehet davon, wie die Katze von dem Taubenschlage, in aller Stille. Die Katze im Sacke kaufen, etwas unbesehens kaufen. Der Katze die Schelle nicht anhängen wollen, sich um eines andern, oder der gemeinen Wohlfahrt willen nicht in eigene Gefahr begeben wollen, eine aus der Fabel entlehnte R. A. Katze ist ein allgemeiner Ausdruck, welcher das Geschlecht unentschieden lässet. Soll dieses näher bestimmt werden, so heißt das männliche der Kater, ( S. dieses Wort,) und das weibliche, in engerer Bedeutung die Katze, bey einigen auch die Kätzinn, und im gemeinen Leben die Kietze und Kietzinn. Eine junge Katze wird im Osnabrück. Kitte genannt. Wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt führen noch einige andere Thiere diesen Nahmen, ( S. Meerkatze, Zibethkatze;) dagegen nach dem Linneeischen System auch die Luchse, Parder und Tieger zu dem Geschlechte der Katzen gehören.

Anm. Der Nahme dieses Thieres ist sehr alt und allgemein. Im Nieders. lautet er Katte, im Angels. Engl. und Dän. Cat, im Ital. Gatta, Gatto, im Franz. Chat, im mittlern Latein. Catta, Cattus, Catus, Gatus, im Wallis. Cath, im Bretagnischen Caz, im Russ. Kote, im Pohln. Kat, im Türkischen Kady, im Armen Citto, im Lappländ. Gato, im Wallach, Katussa, im Böhm. Kocka. Die Abstammung ist ungewiß, weil mehrere Wörter mit gleichem Rechte darauf Anspruch machen können, und man nicht mehr weiß, welche Eigenschaft dieses Thieres dem ersten Erfinder seines Nahmens vorzüglich in die Augen gefallen, und ihm der Verewigung würdig geschienen. Ugutio leitete es von catus, klug, ab, Isidor von cattere, sehen, weil dieses Thier zur Nachtzeit siehet, Johann von Genua von capere, fangen, von welcher Eigenschaft es auch in der ältern Oberdeutschen Mundart Fohe genannt wird, ( S. 3 Katze 1.) Wachter vom Franz. Guet, die Wache, anderer zu geschweigen. Im dem 1483 zu Ulm gedruckten Buche Kelila und Dimme wird die Katze beständig Maushund genannt. Im gemeinen Leben hat man noch verschiedene andere Ausdrücke, eine Katze zu nennen, besonders wenn man sie ruft, z. B. Hietz, Mietz, im Nieders. Puse, in Hessen Baunsch u. s. f. Man hat endlich noch einige andere Thiere, deren Nahmen diesem Worte sehr nahe kommen, obgleich nicht zu bestimmen ist, wie nahe sie mit demselben verwandt sind. Dergleichen sind besonders der Kautz und die Kietz, eine Gaiß oder Ziege, Lat. Hoedus.


Katzen (W3) [Adelung]


1. Katzen, verb. reg. act. mit einer Katze einreißen, siehe 4. Katze.


Katzen (W3) [Adelung]


2. Katzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Katzball spielen, S. 3. Katze 1. 1)


Katzenauge (W3) [Adelung]


Das Katzenauge, des -s, plur. die -n. 1) Ein grünlich graues Auge, welches den Augen der Katzen gleicht. 2) In einigen Gegenden, ein Nahme der kleinen tauben Nessel; Lamium amplexicaule L. 3) Eine Art des Qnyxes, auf welchem sich die Gestalt eines Auges darstellt; Oculus felis, Oculus beli, das Sonnenauge.


Katzenbalsam (W3) [Adelung]


Der Katzenbalsam, des -es, plur. inus. S. Katzenmünze.


Katzenfuß (W3) [Adelung]


Der Katzenfuß, des -es, plur. inus. S. Katzenpfötchen.


Katzengesicht (W3) [Adelung]


Das Katzengesicht, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme der Hanfnessel, Galeopsis L. wegen einiger Ähnlichkeit der Blumen.


Katzengeschrey (W3) [Adelung]


Das Katzengeschrey, des -es, plur. die -e, eigentlich, das Geschrey einer oder mehrerer Katzen. Im gemeinen Leben einiger Gegenden auch ein Stück Weges, so weit man das Geschrey einer Katzen hören kann, wofür man an andern Orten das Wort Hahnengeschrey gebraucht.


Katzenglas (W3) [Adelung]


Das Katzenglas, des -es, plur. inus. eine Benennung des Frauenglases, S. dieses Wort und 1 Katze.


Katzenglimmer (W3) [Adelung]


Der Katzenglimmer, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut nom. sing. der gelbe und weiße Glimmer, wovon der erste auch Katzengold und der letztere Katzensilber genannt wird; S. 1 Katze.


Katzengold (W3) [Adelung]


Das Katzengold, des -es, plur. inus. Glimmer, der den Glanz und die Farbe des Goldes hat, aber nichts Metallisches enthält, S. das vorige. In Niedersachsen pflegt der große Haufe das Gummi aus den Kirschbäumen um eben dieser Ursache willen Katzengold und an andern Orten Katzenklar zu nennen S. 1. Katze.


Katzengrau (W3) [Adelung]


Katzengrau, adj. et adv. der grauen Farbe der Katzen gleich. Bey den Schlössern heißt eine Arbeit Katzengrau gefeilt, wenn sie bloß mit der groben Feile überfahren ist.


Katzenkerbel (W3) [Adelung]


Das Katzenkerbel, des -s, plur. inus. ein Nahme des Erd- oder Feldrauches, weil er dem Kerbel gleicht, ohne dessen Nutzen zu haben, S. 1. Katze.


Katzenklee (W3) [Adelung]


Der Katzenklee, des -s, plur. inus. ein Nahme des Hasenklees, oder der Hasenpfötchen; Trifolium arvense L. S. Hasenklee 1. und 1. Katze.


Katzenkopf (W3) [Adelung]


Der Katzenkopf, des -es, plur. die -köpfe. 1) Im gemeinen Leben, ein Dummkopf. Aber gleichwohl ist unser einer auch kein Katzenkopf, Less. 2) Eine Art alter Vorlegschlösser, welche einschließen, ohne daß der Riegel heraus kommt; Franz. Penes en bord. Vielleicht wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt.


Katzenkraut (W3) [Adelung]


Das Katzenkraut, des -es, plur. inus. 1) Eine Art des Gamanders, dessen durchdringender balsamischer Geruch den Katzen und verschiedenen andern Thieren überaus angenehm ist; Teucrium Marum L. 2) In einigen Gegenden ist die Katzenmünze unter diesem Nahmen bekannt; so wie 3) in noch andern der Baldrian, welcher auch Katzenwurzel genannt wird, und 4) in noch andern das Kannenkraut, S. dieses Wort.


Katzenmünze (W3) [Adelung]


Die Katzenmünze, plur. inus. eine der Münze an Gestalt ähnliche Pflanze, welche aber einen widrigen Geruch hat, daher der Nahme so viel als unechte, garstige Münze zu bedeuten scheinet; Nepeta L. Katzenbalsam, Katzennept, Katzenkraut, Engl. Catsmint. S. 1. Katze.


Katzenparder (W3) [Adelung]


Der Katzenparder, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Parder mit einem kurzen, dem Schwanze der Katzen ähnlichen Schwanze, daher auch die Alten glaubten, daß er von einem Parder und einer Katze entsprungen sey.


Katzenpfennig (W3) [Adelung]


Der Katzenpfennig, des -es, plur. die -e, bey dem großen Haufen, eine Benennung verschiedener, besonders alter Arten von Pfennigen, welche das Gepräge eines Löwen haben, welchen die Unwissenheit für eine Katze hält.


Katzenpfötchen (W3) [Adelung]


Das "Katzenpfötchen", Oberd. "Katzenpfötlein", des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme verschiedener Pflanzen, deren Blumen oder Blätter einige Ähnlichkeit mit den "Katzenpfoten" haben.
1) Einer stacheligen Art der "Sinnpflanze", welche in Jamaika und den Karaibischen Inseln wächset; "Mimosa Unguiscati L."
2) Des "Gauchheils", "Anagallis arvensis L." welcher auch "Katzenfuß" genannt wird.
3) Des "Spindelbaumes", "Euonymus Europaeus L."
4) Einer Art des "Ruhrkrautes" "Gnaphalium dioicum L." welches auf den dürren Gegenden Europens wächset.
5) Der "Mäuseöhrchen", "Myosotis L."


Katzenritter (W3) [Adelung]


Der Katzenritter, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art ehemahliger Klopffechter, welche sich um des Gewinstes willen mit Thieren in ein Gefecht einließen; zum Unterschiede von den Marksbrüdern und Federfechtern. In der alten Nürnbergischen Reformation hieß es, wenn ein Sohn ein Katzenritter sey, so könne er enterbt werden. In der neuen Reformation ließ man diese Stelle weg, vielleicht weil diese Art der Klopffachter bereits ungewöhnlich geworden war. S. Katzbalgen und 3. Katze.


Katzenscheu (W3) [Adelung]


Katzenscheu, adj. et adv. eine natürliche oder eingebildete Scheu vor Katzen habend. Daher die Katzenscheu, diese Art der Scheu.


Katzenschwanz (W3) [Adelung]


Der Katzenschwanz, des -es, plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche in Ostindien und auf der Insel Martinik einheimisch ist, deren hangende Blumenähren einige Ähnlichkeit mit dem Schwanze einer Katze haben; Caturus L. 2) Im gemeinen Leben auch eine Benennung des Schaftheues, besonders der ästigen Art desselben, Equisetum arvense L. welche auch Roßschwanz, und im Oberd. auch Katzenzagel, Katzenzahl, Nieders. Katstert, genannt wird, von Zagel, Zahl, der Schwanz. S. Kannenkraut.


Katzensilber (W3) [Adelung]


Das Katzensilber, des -s, plur. inus. der weiße Glimmer, welcher dem Silber ähnlich siehet, aber nichts als eine taube Erdart ist. S. Katzenglimmer und 1. Katze.


Katzentraube (W3) [Adelung]


Die Katzentraube, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des Mauerpfeffers; Sedum acre L.


Katzenwurzel (W3) [Adelung]


Die Katzenwurzel, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des Baldrians, Valeriana L. S. Katzenkraut. Ingleichen des braunen Weiderichs, Lythrum Salicaria L.


Katzenzagel,Katzenzahl (W3) [Adelung]


Der Katzenzagel, oder Katzenzahl, plur. inus. S. Katzenschwanz.


Katzschiff (W3) [Adelung]


Das Katzschiff, des -es, plur. die -e, S. 3. Katze.


Katzsparren,Katzsporen (W3) [Adelung]


Der Katzsparren, oder Katzsporen, des -s, plur. ut nom. sing. S. 2. Katze.


Kauche (W3) [Adelung]


Die Kauche, Käuche, oder Keiche, plur. die -n, ein nur in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, ein enges Behältniß, besonders ein Gefängniß zu bezeichnen, da denn auch der Kerkermeister der Käuchenmeister genannt wird. S. Kaue, zu welchem Geschlechte es gehöret.


Kauchen (W3) [Adelung]


* Kauchen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches gleichfalls im Oberdeutschen am üblichsten ist, sich auf die Fersen niederlassen, auf den Fersen sitzen, hocken. Es wird auch hauchen gesprochen, und ist mit hocken dem Ursprunge nach einerley, S. dasselbe. Das Frequentativum oder Intensivum kauern ist auch im gemeinen Leben der Hochdeutschen gangbar. Im Oberdeutschen sagt man dafür auch hauern, huren.


Kaudelwiede (W3) [Adelung]


Die Kaudelwiede, plur. die -n, im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Nahme des Schlingenbaumes oder Maulbeerenbaumes, Viburnum Lantana L. dessen Beeren auch Haubeeren und Kaulbeeren genannt werden. S. Schlingbaum.


Kauder (W3) [Adelung]


Der Kauder, des -s, plur. inus. im Oberdeutschen, das Werrig oder Werk von dem Flachse oder Hanfe, im Niedersächs. die Hede, von welchem Worte es bloß eine härtere Aussprache, und durch die Ableitungsylbe er verschieden zu seyn scheinet.


Kaudern (W3) [Adelung]


* Kaudern, verb. reg. act. welches gleichfalls nur im Oberdeutschen üblich ist, wo es wucherlichen Handel im Kleinen treiben bedeutet. Daher der Kauderer, der auf solche Art wuchert, die Kauderey, ein solcher wucherlicher Handel. Der Getreidekauderer, ein Kornjude. Im Nieders. ist noch küten und kütken, in Thüringen kauten, üblich, auf eine wucherliche Art tauschen und vertauschen, küten und büten, zusammen gezogen kütjebüten, in eben diesem Verstande. S. Kippen.


Kauderwälsch (W3) [Adelung]


Kauderwälsch, -er, -este, adj. et adv. im gemeinen Leben, unverständlich der Sprache nach, im verächtlichen Verstande Kauderwälsch reden. Ein kauderwälscher Mann, der eine unverständliche Sprache redet, oder seine Sprache auf eine unverständliche Art spricht. Eine kauderwälsche Sprache. Die letzte Hälfte ist das bekannte wälsch, welches überhaupt ausländisch bedeutet. Die erste Hälfte könnte das noch hin und wieder im gemeinen Leben übliche kaudern, unvernehmlich sprechen, seyn, welches das Iterativum des bey dem Ottfried und andern alten Oberdeutschen Schriftstellern so häufigen quedan, ehedem noch quaden, Schwed. queda, Engl. quoth, sprechen, reden, ist. Indessen hat doch Frischens Meinung ihr Gutes, welcher es von Chur, der Hauptstadt in Graubünden, im gemeinen Leben Kaue, ableitet, so daß Kauderwälsch, so viel als Churwälsch bedeuten würde, ein solches verderbtes Wälsch, d. i. Italiänisch, wie es in und um Chur gesprochen wird. Es wird diese Ableitung dadurch wahrscheinlich, weil im Niedersächsischen statt dessen Uckerwendisch und im Mecklenburgischen Uckerwälsch üblich ist, womit auf die ehemaligen Wenden in der heutigen Uckermark gesehen wird; vielleicht weil ihre Mundart unter andern Wendischen Mundarten die unangenehmste war, oder auch, weil die dortigen Wenden ihre Mundart am längstens beybehalten haben. ( S. auch Rothwälsch,) Die Dänen gebrauchen dafür Kragemaal, Krähensprache, von Krage, eine Krähe.


Kaue (W3) [Adelung]


Die Kaue, plur. die -n, ein nur noch im gemeinen Leben übliches Wort, ein hohles, gemeiniglich enges Behältniß zu bezeichnen. 1) Im Oberdeutschen wird die Kaue zuweilen für Käfich gebraucht, und Hühnerkaue ist daselbst eine Hühnersteige. 2) In der Landwirthschaft einiger Gegenden, z. B. in der Lausitz, sind die Kauen, Kaaen oder Koen kleine Verschläge in den Schafställen, diejenigen Schafe, welche ihre Lämmer nicht annehmen wollen, in denselben einzusperren. 3) Im Bergbaue ist die Kaue oder Kaa eine kleine Hütte über einem Schachte, die Haspelzieher vor der Witterung zu bedecken.

Anm. Dieses alte Wort hat überhaupt den Begriff des hohlen Raumes und figürlich auch der Bedeckung. Im mittlern Lateine ist Cohua eine Bude, Kaufhalle, Chio, Chyo ein Bauerhaus, Caya ein Haus, im Engl. Coe eine Grube unter der Erde, und im Böhm. Kow ein Bergwerk. Der allgemeine Begriff des hohlen, eingeschlossenen Raumes ist durch eine Menge von Ableitungssylben fast in allen bekannten Sprachen auf eine beynahe unzählige Art eingeschränket und anders bestimmt worden; wohin mit den Hauchbuchstaben im Deutschen Kauche, Kachel, Gieke, Schacht; mit den Lippenbuchstaben, Koben, Kober, Kappe, Käfich, Kübel, Caftan, Kufe, und die Lat. Cavea, cavus, und mit voran gesetztem Zischlaute Schaube, Schoppen, das Nieders. Schapp; mit den Zungenbuchstaben, Kothe, Hutte, Haut, Kanne, Kahn, Canal, Kahr, ein Gefäß, Korb, das Niedersächs. Kuhle; und mit den Zischlauten Casse, Kasten, Kiste, Katze in der Bedeutung eines hohlen Raumes, Haus, Hotze, und hundert andere mehr gehören.


Kauen (W3) [Adelung]


Kauen, verb. reg. act. mit den Zähnen zermalmen und zugleich mit dem Speichel vermischen. Die Speisen kauen. Jemanden etwas in das Maul kauen, in den niedrigen Sprecharten, es ihm sehr deutlich und umständlich vorsagen.

Anm. Bey dem Ottfried und Notker chouan, welches es auch in weiterer Bedeutung theils für essen, verzehren, theils für beißen, theils aber auch für kosten gebrauchen. Diu anda dinis husis chou mih innan, der Eifer um dein Haus hat mich verzehret, Notk. Im Angels. ceowan, im Engl. to chaw, chew. Es scheinet zu hauen, schneiden, zu gehören, ja bloß durch eine härtere Aussprache des Hauchlautes daraus entstanden zu seyn. Im Hochdeutschen ist kauen, in manchen Gegenden aber käuen üblicher. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist die Koy der Kinnbacken. S. auch Kiefe und Keifen.


Kauern (W3) [Adelung]


Kauern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, sich auf die Fersen niederlassen, auf den Fersen sitzen, im gemeinen Leben. S. Kauchen und Hocken.


Kauf (W3) [Adelung]


Der Kauf, des -es, plur. die Käufe, von dem Zeitworte kaufen, doch nur in dessen engsten Bedeutung, die Erwerbung des Eigenthumes einer Sache von einem andern gegen ein von demselben bewilligtes Geld; zum Unterschiede so wohl von dem Verkaufe, als auch von dem Tausche, und andern Arten der Erwerbung des Eigenthumes einer Sache. 1) Eigentlich, die Handlung, da man das Eigenthum über eine Sache auf diese Art erwirbt. Etwas durch Kauf an sich bringen. Einen guten, einen schlechten Kauf thun. Silber, das im Kaufe gänge und gebe war. 1 Mos. 23, im Handel und Wandel. Waaren auf den Kauf machen, in engerer Bedeutung, im Gegensatze der bestellten Arbeit, oder der bestellten Waare; wo es doch so wie in der folgenden Redensart zunächst den Verkauf bedeutet, ( S. Kaufen,) Etwas zu Kauf haben, im gemeinen Leben, es feil haben. Apollo hat als Arzt viel herrliches zu Kauf, Haged. Das ist hier nicht zu Kauf, auch nur im gemeinen Leben, das ist hier nicht feil, ist hier nicht für Geld zu haben. Sprichw. Kauf gehet vor Miethe. So auch in den Zusammensetzungen Ankauf, Aufkauf, Einkauf, Verkauf, Vorkauf. 2) Der um deßwillen mit dem Verkäufer geschlossene Vertrag; der Kaufvertrag. Einen Kauf treffen, schließen, machen. Der Kauf ist gemacht. Jemanden Geld auf den Kauf bezahlen, Zur Sicherheit oder Befestigung des Vertrages. Einem den Kauf nicht halten. Den Kauf brechen. Der Kauf gehet zurück. Etwas mit in den Kauf eindingen. Einen Kauf wieder aufheben. 3) Figürlich, der Preis, um welchen man etwas kauft, ohne Plural und im gemeinen Leben; der Kaufpreis. Hier ist alles gut Kauf, um einen billigen Preis zu haben. Den Kauf steigern und ringern, 1 Mos. 25, 16. Der Marktkauf, der Marktpreis. Ingleichen in der zweyten Endung. Etwas guten Kaufes geben, wohlfeil. Das ist hier guten Kaufes. Wie auch figürlich. Ich glaubte nicht, daß ich hier so leichten Kaufes wegkommen würde, so wohlfeil, mit einem so geringen Schaden. Er wird es schon nähern Kaufes geben, schon wohlfeiler; ingleichen figürlich, er wird schon nachgeben, von seinem Stolze, Trotze, oder hohen Ansprüchen nachlassen. 4) Das für eine Sache bezahlte oder verglichene Geld; doch nur in den Zusammensetzungen Reukauf, Leihkauf, Handkauf, Weinkauf u. s. f.

Anm. Bey dem Ottfried Kouf, bey dem Notker Chouf, im Nieders. Koop, im Angels. Ceap, im Schwed. Kioh, im Isländ. Kaup. Nach noch weitern Figuren bedeutet Chouf in den Monseeischen Glossen so wohl die Waare, als den Wucher. ( S. Kaufen,) Der Plural, welcher im Hochdeutschen nur selten vorkommt, kann doch immer gebraucht werden, so oft in den beyden ersten Bedeutungen mehrere Handlungen angedeutet werden sollen.


Kaufanschlag (W3) [Adelung]


Der Kaufanschlag, des -es, plur. die -schläge, der Anschlag über den Werth einer zum Verkaufe ausgebothenen Sache, zum Unterschiede von einem Pachtanschlage.


Kaufbrief (W3) [Adelung]


Der Kaufbrief, des -es, plur. die -e, der Brief, d. i. die Urkunde, über einen schriftlich geschlossenen Kauf.


Kaufbuch (W3) [Adelung]


Das Kaufbuch, des -es, plur. die -bücher, ein nur in dem zusammen gesetzten Ausdrucke Kauf- und Handelsbuch übliches Wort, ein Buch zu bezeichnen, worein die Kauf- und Handelsleute ihre Geschäfte zu verzeichnen pflegen. S. Kaufherr.


Kaufen (W3) [Adelung]


Kaufen, verb. reg. act. welches ehedem von einem sehr weiten Umfange der Bedeutung war, jetzt aber nur noch in einigen sehr eingeschränkten Fällen üblich ist. Es hatte eine vierfache Hauptbedeutung, mit einem Handschlage versprechen, handeln, geben, und endlich nehmen. I. * Mit einem Handschlage versprechen. 1. Eigentlich, in welcher im Deutschen längst veralteten Bedeutung das Schwed. köpa für versprechen überhaupt üblich war, wie aus Ihrens Glossario erhellet. 2. Einen Vertrag errichten, verabreden, von welcher Bedeutung im ältern Schwedischen gleichfalls häufige Beyspiele vorkommen. II. * Handeln, Engl. to chaffer, d. i. durch kaufen und verkaufen seine Nahrung gewinnen; ein selbst im Deutschen noch nicht ganz veralteter Gebrauch. Im gemeinen Leben höret man noch häufig, mit jemanden kaufen, d. i. mit ihm handeln, es sey auf welche Art es wolle. Wohin auch die zusammen gesetzten Kaufmann, Kaufherr, Kaufhaus u. s. f. gehören. III. * Geben; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, welche so wie die figürliche, vergelten, noch im Schwedischen vorkommt, wovon Ihrens Glossarium nachzusehen ist. Eben daselbst wird es auch für verkaufen gebraucht, wovon in den R. A. etwas auf den Kauf machen, etwas zu Kaufe haben, auch im Deutschen noch Überbleibsel vorhanden sind. IV. Nehmen, und zwar, 1. * In der weitesten Bedeutung dieses Wortes, in welchem veralteten Verstande es mit dem Lat. capere accipere u. s. f. überein kommt. Ehedem sagte man, sich eine Frau kaufen, und von dem andern Geschlechte, sich einen Mann kaufen, wofür man jetzt das Zeitwort nehmen gebraucht; wovon Frisch einige Beyspiele anführet. Auch Es. 55, 1 scheinet es in dieser Bedeutung vorzukommen: kaufet ohne Geld und umsonst, beyde Wein und Milch. In einer Oberdeutschen Urkunde von 1400 werden die Einkünfte, welche jemand hat, seine Einnahmen, Kaufberig genannt. 2. Das Eigenthum einer Sache an sich bringen, es geschehe auf welche Art es wolle. 1) * In der weitern Bedeutung, für erwerben; eine wenigstens im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Si begunden das gotes reich nach ritters recht chouffen, Stryker. Kaufet euch Weisheit, weil ihr sie ohne Geld haben könnet, Sir. 51, 33. Ich rathe dir, daß du Gold von mir kaufest, Offend. 3, 18. 2) In engerm Verstande, von besondern Arten dieses Erwebes. (a) * Für dingen, miethen; eine im Deutschen jetzt ungewöhnliche Bedeutung, welche aber in den ältern Schriften so wohl der Deutschen als benachbarten Sprachen vorkommt. (b) * Für tauschen; ein im Hochdeutschen gleichfalls veralteter Gebrauch, in welchem choufan in den Monseeischen Glossen, und Chouf, für Tausch, bey dem Notker vorkommt. In manchen Kartenspielen kauft man noch Karten, wenn man seine Karten mit andern verwechselt. (c) * Vermittelst verkaufter Waaren Geld erwerben, Geld aus Waaren lösen; eine nur noch im Niedersächsischen übliche Bedeutung, wo man noch täglich sagt, viel Geld aus einer Waare kaufen, d. i. lösen. (d) Für Geld den Besitz, den Genuß einer Sache erwerben; eine auch noch im Hochdeutschen gangbare Bedeutung, wo es mit verschiedenen Vorwörtern gebraucht wird. Sich aus dem Gefängnisse kaufen. Sich in ein Amt kaufen. (e) In dem engsten und gewöhnlichsten Verstande, das Eigenthum einer Sache von dem andern gegen ein von demselben bewilligtes Geld an sich bringen; mit der vierten Endung der Sache. Ein Haus, einen Garten kaufen. Sich ein Gut kaufen. Seinem Freunde ein Buch kaufen. Für bares Geld kaufen, im Oberd. um. Ein Pferd für funfzig Thaler kaufen, im Oberd. um. Ich habe es von ihm gekauft. Wie hoch, wie theuer haben sie es gekauft? Ich habe es sehr wohlfeil gekauft. Einem etwas zu kaufen bringen. Etwas an sich kaufen. Ingleichen absolute, bey jemand kaufen, was man zu kaufen genöthiget ist, gewöhnlich von ihm kaufen. Das Hauptwort die Kaufung ist nur in den Zusammensetzungen üblich.

Anm. In der letzten engsten Bedeutung schon bey dem Kero choufan, bey dem Ulphilas kaupan, im Nieders. kopen und köpen, im Angels. ceapan, im Engl. to cheapen, dingen, handeln, wo auch to keep nehmen ist, im Dän. kiobe, im Schwed. köpa, im Franz. achepter, acheter, von captare, accaptare, im Böhm. kupowati, im Finnländ. caupaan. Ihre hält die Bedeutung des pacisci für die erste ursprüngliche, und leitet daraus die übrigen im Schwedischen vorkommenden her. Frisch war schon um einen Schritt weiter gegangen, und hatte die Übereinkunft mit dem Lat. capere eingesehen. Nimmt man die übrigen ihm unbekannt gebliebenen Bedeutungen dazu, so wird es sehr wahrscheinlich, daß dieses Zeitwort von dem noch im Oberdeutschen nicht ganz veralteten Gaff, Gauf, die Hand, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, herstamme, ( S. Gäspe,) von welchem allem Ansehen nach auch haben und geben herkommen, zumahl da geloben und handeln, welche Bedeutungen kaufen ehedem auch hatte, gleichfalls von Hand, und Lof, die Hand, herkommen, und es noch jetzt üblich ist, Versprechen und Verträge mit einem Handschlage zu befestigen. ( S. Kaufschlagen.) Im mittlern Lateine kommt accipere mehrmahls für emere vor.


Käufer (W3) [Adelung]


Der Käufer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin die Käuferinn, von dem vorigen Zeitworte in dessen engsten Bedeutung, eine Person, welche etwas kauft, gekauft hat, oder kaufen will. Einen Käufer zu etwas suchen. Der Käufer mußte die Waaren wieder heraus geben. Im gemeinen Leben Kaufmann.


Kauffahrdey (W3) [Adelung]


Die Kauffahrdey, plur. inus. ein aus dem Nieders. und Holländ. Koopfaardije entlehntes Wort, die Schifffahrt, so fern sie um der Handlung willen geschiehet. Man gebraucht es im Hochdeutschen nur in den Zusammensetzungen, das Kauffahrdeyschiff, ein Kauffahrer, ein Handlungsschiff, und die Kauffahrdeyflotte, eine Flotte solcher Schiffe, zum Unterschiede von einem Kriegsschiffe und einer Kriegsflotte. Man schreibt es im Hochdeutschen oft unrichtig Kauffahrtey; Kauffahrthey wäre erträglicher, weil das Nieders. d im Hochdeutschen öfter in das verwandte th übergeht. Am besten vermeidet man es ganz, weil Kauffahrer und Handelsschiff angemessener sind. Siehe Kaufen II.


Kauffahrer (W3) [Adelung]


Der Kauffahrer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Schiff, welches für den Kauf, d. i. für die Handlung bestimmt ist, ein Handelsschiff, im Gegensatze eines Kriegsschiffes. 2) Der Capitän oder Schiffer eines Schiffes. S. Kaufen II.


Kauffrau (W3) [Adelung]


Die Kauffrau, plur. die -en, eine Frau, welche Handlung treibt, am häufigsten in dem Ausdrucke Kauf- und Handelsfrau. Zuweilen auch, besonders in dem zusammen gesetzten Ausdrucke, die Gattin eines Kauf- und Handelsherren. S. Kaufherr und Kaufmann.


Kaufgeld (W3) [Adelung]


Das Kaufgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, wofür man eine Sache gekauft hat, oder kauft. Das Kaufgeld gerichtlich niederlegen.


Kaufgericht (W3) [Adelung]


Das Kaufgericht, des -es, plur. die -e, S. Handelsgericht.


Kaufglätte (W3) [Adelung]


Die Kaufglätte, plur. inus. im Hüttenbaue, diejenige Glätte, welche für den Kauf, d. i. für die Handlung, zum Verkaufe, bestimmt ist; im Gegensatze der Frischglätte.


Kaufgut (W3) [Adelung]


Das Kaufgut, des -es, plur. die -güter, im gemeinen Leben, für die Handlung bestimmtes Gut, d. i. Waaren. Es. 23, 18. S. Kaufen II.


Kaufhandel (W3) [Adelung]


Der Kaufhandel, des -s, plur. inus. die Handlung. Ihr Kaufhandel wird dem Herren heilig seyn, Es. 23, 18. Da Kauf und Handel schon jedes für sich diese Bedeutung hat, aber auch jedes für sich zweydeutig ist, so scheinet es, daß man diese dem Anscheine nach tautologische Zusammensetzung um deßwillen gemacht habe, um die Zweydeutigkeit, welche jedem dieser Worte einzeln anklebet, aus dem Wege zu räumen. S. Kaufen II. und Kaufherr.


Kaufhandlohn (W3) [Adelung]


Der Kaufhandlohn, S. Handlohn.


Kaufhaus (W3) [Adelung]


Das Kaufhaus, des -es, plur. die -häuser, ein zunächst für die Handlung bestimmtes Haus. Besonders, ein Gebäude mit einem großen Hofe, welcher mit Handelsgewölben und Läden umgeben ist, dergleichen sich in Italien und in den Morgenländern befinden. In dem Ausdrucke Kauf- und Handelshaus, bedeutet es das Haus und die Handlung eines Kaufmannes.


Kaufherr (W3) [Adelung]


Der Kaufherr, des -en, plur. die -en, Fämin. die Kauffrau, ein nur in dem Ausdrucke Kauf- und Handelsherr übliches Wort, einen vornehmen, angesehenen Kaufmann zu bezeichnen. Ehedem gebrauchte man nur die einfachern Ausdrücke Kaufbuch, Kauffrau, Kaufhaus, Kaufherr u. s. f. ein Handelsbuch, eine Handelsfrau, ein Handelshaus und einen Handelsherren zu bezeichnen. Allein um die Zweydeutigkeit des Wortes kaufen zu vermeiden, da es auch für Geld an sich bringen bedeutet, vielleicht auch, weil es in der Bedeutung des Handels zu veralten anfing, setzte man das Wort Handel hinzu; Kauf- und Handelsherr u. s. f. S. Kaufhandel und Kaufmann.


Kaufladen (W3) [Adelung]


Der Kaufladen, des -s, plur. die -läder, ein Laden, in welchem Waaren verkauft werden; ein Handelsladen, ingleichen ein Kauf- und Handelsladen. S. Kaufen II. und Kaufherr.


Kauflehen (W3) [Adelung]


Die Kauflehen, plur. ut nom. sing. die Lehen oder Lehenwaare, welche man in einem erkauften lehnbaren Bauergute dem Lehensherren bezahlet, die Kauflehnwaare; zum Unterschiede von der Sterbelohn, Erblehen u. s. f. An andern Orten der Kaufhandlohn, die Anfahrt, der Leihkauf, der Ehrschatz u. s. f. S. Handlohn und Lehenwaare.


Kaufleinwand (W3) [Adelung]


Die Kaufleinwand, plur. inus. Leinwand, welche auf den Kauf gemacht, d. i. für die Handlung bestimmt ist; zum Unterschiede von der Hausleinwand.


Kaufleute (W3) [Adelung]


Die Kaufleute, sing. inus. 2) Personen, welche mit einander handeln, der Käufer und Verkäufer; doch nur im gemeinen Leben, besonders in der R. A. biethen und wieder biethen macht Kaufleute. ( S. Kaufen II.) 2) Leute, welche Handlung treiben; als der Plural von Kaufmann, S. dieses Wort. 3) Leute, welche das Eigenthum einer Sache an sich bringen, oder an sich bringen wollen, doch nur im gemeinen Leben; in der anständi- gern Sprechart Käufer. Kaufleute zu einer Waare suchen S. Kaufmann.


Käuflich (W3) [Adelung]


Käuflich, adv. vermittelst eines Kaufes, d. i. gegen ein von dem Verkäufer bewilligtes Geld. Eine Sache käuflich an sich bringen, sie kaufen.


Kauflust (W3) [Adelung]


Die Kauflust, plur. inus. die Lust, d. i. Neigung, eine Sache zu kaufen. Die Kauflust kommt ihn an. S. Lust.


Kauflustig (W3) [Adelung]


Kauflustig, adj. Kauflust habend; ein nur in einigen Gegenden übliches Wort, wo man bey Auctionen die Kauflustigen, d. i. die Liebhaber, auf eine bestimmte Zeit einladet.


Kaufmann (W3) [Adelung]


Der Kaufmann, des -es, plur. die -Kaufleute, selten die Kaufmänner. 1) In der weitern Bedeutung des Zeitwortes kaufen, da es so viel als handeln, d. i. durch kaufen und wieder verkaufen seine Nahrung gewinnen bedeutet, ist der Kaufmann, und um ihn von dem Kaufmanne in der folgenden zweyten Bedeutung zu unterscheiden, der Kauf- und Handelsmann, ein jeder, der sich auf solche Art seine Nahrung erwirbt. Im gemeinen Leben gebraucht man es auch wirklich in diesem weitern Verstande, wo man, besonders an kleinern Orten, alle Krämer mit diesem Nahmen zu belegen pfleget, wenn nur ihr Handel nicht gar zu sehr ins Kleine gehet, oder zu verächtliche Dinge betrifft. In engerm Verstande ist ein Kaufmann nur derjenige, welcher im Ganzen oder im Großen handelt, d. i. einkauft und verkauft, zum Unterschiede von einem Krämer, welcher die Waaren nach Ellen, Pfunden u. s. f. verkauft. In dieser eingeschränkten Bedeutung wird es in ansehnlichen Handelsstädten, z. B. zu Leipzig, Hamburg u. s. f. gebraucht, wo die Kramerinnung von der Innung der Kaufleute genau unterschieden ist, und kein Kaufmann im Kleinen handeln darf, wenn er nicht förmlich in die Kramerinnung aufgenommen worden. Einen angesehenen Kaufmann dieser Art pflegt man auch wohl, besonders wenn man mit Achtung von ihm spricht, einen Kaufherren, noch mehr aber einen Kauf- und Handelsherren zu nennen. In Wien ist der Sprachgebrauch anders beschaffen. Kaufleute im engern Verstande heißen daselbst Niederläger, zum Unterschiede von den Krämern und Tändlern. Die Krämer werden wiederum in zwey Arten getheilt, wovon diejenigen, welche mit kostbaren Waaren, z. B. ausländischen Tüchern, Sammet, seidenen Zeugen handeln, Kauf- und Handelsleute, die übrigen aber in engerm Verstande Krämer heißen. Tändler scheinen diejenigen zu seyn, welche mit solchen Kleinigkeiten handeln, welche ihnen noch nicht einmahl auf den Nahmen eines Krämer ein Recht geben. Die Wechsler oder Banquiers werden daselbst zu den Niederlägern gerechnet, und Niederlagsverwandte genannt. In dieser ganzen Bedeutung lautet der Plural nur Kaufleute. Die Gattin eines Kaufmannes heißt im gemeinen Leben die Kaufmannsfrau, im Oberd. auch wohl die Kaufmänninn, in der anständigern Sprechart der Hochdeutschen die Kauf- und Handelsfrau, welchen Nahmen sie auch bekommt, wenn sie in ihrem eigenen Nahmen handelt. 2) In der engsten Bedeutung des Zeitwortes kaufen ist Kaufmann im gemeinen Leben derjenige, welches etwas kaufet, d. i. für ein von dem andern bewilligtes Geld an sich bringt, oder an sich bringen will. Einen Kaufmann zu etwas suchen. Es haben sich verschiedene Kaufleute dazu gemeldet. Einen Kaufmann zu etwas abgeben wollen, es kaufen wollen. In welcher Bedeutung man auch zuweilen im Plural die Kaufmänner sagt. In der anständigern Sprechart ist dafür Käufer üblicher, so wie man auch im weiblichen Geschlechte nicht Kaufmänninn oder Kauffrau, sondern Käuferinn sagt.

Anm. In der ersten Bedeutung schon bey dem Ottfried Koufman, bey dem Stryker Choufman, im Angels. Cheapman, im Nieders. Koopman, im Schwed. Köpman, wohin auch das Lat. Caupo gehöret. Im Engl. ist Chapman ein Käufer.


Kaufmännisch (W3) [Adelung]


Kaufmännisch, adj. et adv. nach Art der Kauf- und Handelsleute. Den Gewinn kaufmännisch berechnen. Das ist nicht kaufmännisch.


Kaufmannschaft (W3) [Adelung]


Die Kaufmannschaft, plur. die -en. 1) Die sämmtlichen Kauf- und Handelsleute eines Ortes als ein Ganzes betrachtet, so wohl in weiterer Bedeutung, als auch in engerer und in dieser letztern zum Unterschiede von der Kramerinnung. Im Oberdeutschen gebraucht man es auch von einzelnen Kaufleute. Die mit Kattun handelnde inländische Kaufmannschaften, d. i. Kaufleute, in einer Österreichischen Verordnung. 2) Der Kaufhandel, die Handlung, der Einkauf und Wiederverkauf der Waaren um Gewinnes willen, ohne Plural; wo es so wohl in weiterm Verstande von dem Geschäfte der Krämer, als auch im engern, von dem Geschäfte der Kaufleute gebraucht wird. Mit der Kaufmannschaft machtest du reich die Könige auf Erden, Ezech. 27, 33. Kaufmannschaft treiben. Der Geist der Kaufmannschaft ließ die Bürger zu Karthago nur auf den Erwerb der Reichthümer sinnen. Im Nieders. Kopenschup.


Kaufmannsgut (W3) [Adelung]


Das Kaufmannsgut, des -es, plur. die -güter. 1) Gut, welches einem Kaufmanne gehöret, so fern es zur Handlung bestimmt ist, Waaren der Kaufleute. 2) Das ist nicht Kaufmannsgut, dienet nicht zum Handel, ist keine gangbare Waare.


Kaufplatz (W3) [Adelung]


Der Kaufplatz, des -es, plur. die -plätze, am häufigsten in dem Ausdrucke Kauf- und Handelsplatz, ein Platz, besonders eine Stadt, in welcher eine ansehnliche Handlung im Großen getrieben wird.


Kaufschilling (W3) [Adelung]


Der Kaufschilling, des -es, plur. die -e, 1) Das Kaufgeld, dasjenige Geld, welches man für eine erkaufte Sache gibt oder gegeben hat. 2) Das Ungeld, welches man zur Befestigung des geschlossenen Kaufes darauf bezahlet. S. Schilling.


Kaufschlag (W3) [Adelung]


* Der Kaufschlag, des -es, plur. inus. ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, für Kaufhandel, Handlung, welches noch im Ober- und Niederdeutschen gangbar ist, wo auch kaufschlagen so wohl kaufen, als handeln bedeutet. Vermuthlich in Beziehung auf den Handschlag, womit ein Kaufvertrag oft befestiget wird. In weiterer Bedeutung ist der Kaufschlag in einigen Gegenden ein jeder Contract.


Kaufschoß (W3) [Adelung]


Der Kaufschoß, des -sses, plur. die -sse, in einigen Orten, ein Schoß, d. i. eine Abgabe von erkauften Grundstücken.


Kaufstadt (W3) [Adelung]


Die Kaufstadt, plur. die -städte, am häufigsten in dem Ausdrucke Kauf- und Handelsstadt, eine Stadt, in welcher eine ansehnliche Handlung, besonders im Großen getrieben wird; Ezech. 17, 4, mit dem fast ungewöhnlichen Ausdrucke, eine Kaufmannsstadt.


Kaulbars (W3) [Adelung]


Der Kaulbars, des -es, plur. die -bärse, eine Art Börse in süßen Wassern, welche nur selten die Größe einer Spanne erreicht, und einen rundlichen, kugelförmigen Kopf hat; Perca fluviatilis L. Er hat den Nahmen wegen dieses seines rundlichen Kopfes, von Kaul, welches in den niedrigen Sprecharten eine Zusammenziehung von Kugel ist. Im Oberdeutschen wird er Kugelhaupt, Kaulhaupt, Kaulkopf, Kaute, im Nieders Kulbars, Kulquabbe, im Dän. Kullebars genannt. S. Kaulhaupt.


Kaulbeere (W3) [Adelung]


Die Kaulbeere, plur. die -n, im gemeinen Leben einiger Gegenden, die Beeren des Schlingbaumes, Viburnum Lantana L. welche an andern Orten Kandelbeeren und Haubeeren genannt werden. S. Schlingbaum.


Käule (W3) [Adelung]


Die Käule, S. Keule.


Kaulhaupt (W3) [Adelung]


Das Kaulhaupt, des -es, plur. die -häupter. 1) Im Oberdeutschen, ein Nahme des Kaulbarses, S. dieses Wort. 2) Ein anderer eßbarer kleiner Fisch in süßen Wassern, welcher nur eines Fingers lang wird, aber einen unförmlich dicken und großen Kopf hat, und wegen der schleimigen Beschaffenheit sowohl seines äußern Körpers als auch seines Fleisches, auch Kotzkolben genannt wird. Man kennet ihn auch unter den Nahmen Kaulkopf, Kob, Koppe, im mittlern Lat. Cobio, Gobio, Gobius, ingleichen Gropp, Groppe, im mittlern Lat. Carabus, welches nach dem Frisch von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Kopf, abstammet, Mauerkolbe, Murkolbe, von Mohr, Morast, u. s. f. Die Quappe oder Ualraupe, welche ihm an Gestalt sehr ähnlich ist, ist weit größer.


Kaum (W3) [Adelung]


Kaum, adv. mit Mühe, mit Anstrengung aller Kräfte. 1) Eigentlich, wo es doch nur gebraucht wird, wenn die angewandte Bemühung eben hinreicht, einen Endzweck zu erreichen, so daß er nicht erreicht werden würde, wenn nur etwas an den Kräften, oder an der Bemühung fehlete. Uns ist bange, daß wir der kaum Odem hohlen können, Es. 26, 18. Kaum wird der Gerechte erhalten, 1 Petr. 4, 18. Ich konnte mich kaum vor ihm retten. Kaum konnte ich mich des Lachens enthalten. Das kann ich kaum glauben. Ingleichen figürlicher. Sie erschrecken kaum einen Augenblick vor der Hölle. Hiob 21, 13. Es ist kaum die Hälfte. Es wird kaum zurreichen. Er ist kaum zwölf Jahre alt. 2) Figürlich, von der Zeit, vor sehr kurzer Zeit, vor einem Augenblicke. Er ist kaum hinaus gegangen. Der frühe Hahn hat kaum noch den Morgen gegrüßt, Geßn. Was kaum so reizend war, steht sie mit Grauen an, Wiel. Am häufigsten im Vordersatze, so daß im Nachsatze so und zuweilen auch da und als folger, zwey unmittelbar auf einander folgende Veränderungen zu bezeichnen, wo das kaum, wenn keine andere Partikel da ist, auch zu Anfange eines Satzes stehen kann, da denn die erste Endung der Person hinter das Zeitwort tritt. Als Jacob kaum hinaus gegangen war, da kam Esan, 1 Mos. 27, 30. Ich hatte den Brief kaum gelesen, als er in das Zimmer trat; oder kaum hatte ich den Brief gelesen, so trat er in das Zimmer. Kaum hatte ich einige Schritte gethan, so wich der Boden unter mir. Kaum haben wir einen Wunsch erreicht, so machen wir Anschläge auf neue Vergnügungen, Sonneaf. Allein er schlummert kaum, Als ihn ein stark Geräusch erwecket, Lichtw. Kaum naht' ich mich dem Ton, So hatte mich das Netz auch schon, Gell.

Anm. Bey dem Ottfried kumo, bey dem Notker chumo, bey den Schwäbischen Dichtern kume, im Nieders. kum, bey den Krainerischen Wenden kumej, im Oberdeutschen auch käumerlich, ehedem kaumend, kaumenden. Es gehöret zu dem kumig, krank, des Ottfried, Nieders. küm, krank, schwach. Im Tatian ist Cumida Krankheit, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, krank, schwach seyn, welches mit dem Nieders. quimen, Holländ. kuymen, überein kommt. ( S. Kummer.) Auch das alte kauman, bey dem Kero sorgen, scheinet dahin zu gehören. Auf eben die Artist aegre im Lat. kaum, von aeger, krank. Die Niedersachsen gebrauchen für kaum auch knapp und nährlich, Engl. narrow, Angels. nearewe, von dem Angels. near, nyr, enge, näher.


Kaumittel (W3) [Adelung]


Das Kaumittel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Arzneykunde, Mittel, d. i. Arzneyen, welche nur gekauet werden dürfen; Masticatoria.


Kaute (W3) [Adelung]


1. * Die Kaute, plur. die -n, in einiger Gegenden, besonders Thüringens, ein Tausch. Daher kauten, tauschen einkau- ten, eintauschen, verkauten, vertauschen u. s. f. Niders. küten. S. Kaudern.


Kaute (W3) [Adelung]


2. * Die Kaute, plur. die -n, Diminut. das Käutlein, in einigen Oberdeutschen Gegenden, eine Grube. Das Käutlein in den Wangen. In andern Gegenden Kote, im Nieders. Kute. S. Kaue

Anm. und Köte.


Kaute (W3) [Adelung]


3. Die Kaute, plur. die -n, im gemeinen Leben Obersachsens, ein derb zusammen gedrehtes Bund gehechelten Flaches; welches sonst auch eine Knocke, ingleichen eine Keiste genannt wird. Daher der Kautenflachs, derjenigen Flachs, welcher in solchen Kauten verkauft wird; Knockenflachs, Keistenflachs. Siehe 2. und 5. Katze und Kaulbars.


Kautscher (W3) [Adelung]


Der Kautscher, S. Gautscher.


Kauz (W3) [Adelung]


1. Der Kauz, des -es, plur. die -e, ein nur in den niedrigen Sprecharten übliches Wort, wo man einen reichen Mann, einen reichen Kauz zu nennen pfleget, welchen Luther einen Geldkautz nennet. Wohl nicht, wie Frisch vermuthet, als eine Figur des folgenden Wortes, weil reiche Leute einen solchen Zulauf von Schmeichlern haben, als der Kauz von andern Vögeln; sondern vielleicht, weil etwa ein bekannter reicher Mann Kauz geheißen haben mag. In der R. A. ein wunderlicher Kauz, ein närrischer Kauz, ein seltsamer Kauz, einen seltsamen Menschen zu bezeichnen, wo es einige auf eine noch seltsamere Art von den alten Chaucis herleiten, kann es eher eine Figur des folgenden Wortes, seyn. Im Nieders. nennt man ein flüchtiges Mädchen eine wilde Katze, wo es aber von dem veralteten katzen, jagen, Ital cacciare, oder auch vom Schwed. Kat, lustig, mutwillig, Franz. gai, herstammet. S. 3. Katze. Im Schwed. ist Kuse so wohl ein Kalb, von Ko, eine Kuh, als auch ein Mann, welcher sich eine Herrschaft über andere anmaßet.


Kauz (W3) [Adelung]


2. Der Kauz, des -es, plur. die -e, oder des -en, plur. die -en, Diminut. das Käuzchen, Oberd. Käuzlein, die kleinste Art der Nachteulen, welche so groß wie eine Taube sind, und sich in wüsten Gebäuden und hohlen Bäumen aufhalten; Strix Passerina L. Stockleute, kleine Waldleute, Hauseule. Die kleinste Art derselben ist auch unter dem Nahmen des Steinkauze bekannt. In weiterer Bedeutung werden auch einige größere Arten der Eulen Kautze genannt, wie z. B. die große Ohreule, Strix Bubo L. welche auch Steinkauz, Ohrkauz heißt, die Kirch- oder Schleyereule, welche auch unter dem Nahmen der Kauzeule bekannt, u. a. m.

Anm. Im Nieders. Kutz, Kutzke, im Dän. Katugle, Katzeule, Franz. Chathuant, gleichsam catus ululans. Es scheint, daß diese Art Vögel ihren Nahmen von ihrem unangenehmen Geschreye haben, und deßwillen sie auch Eulen, Ululae, von Heulen, genannt werden. In den gemeinen Sprecharten wird jauchzen, gauzen, kauzen, noch oft von dem Heulen der Hunde gebraucht.


Kauzen (W3) [Adelung]


Kauzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens üblich ist, sich ducken, sich schmiegen, eigentlich von den Hunden. Er muß kauzen, sich bemüthigen, völlig nachgeben. Nieders. kutzen, Franz. coucher.


Kaviar (W3) [Adelung]


Der Kaviar, S. Caviar.


Kaviller (W3) [Adelung]


Der Kaviller, S. Kasiller.


Kavitsche (W3) [Adelung]


Die Kavitsche, plur. die -n, bey den Färbern, ein starker hölzerner Nagel auf der Tafel, worauf die Seide ausgedrehet wird; aus dem Ital. Caviccio, ein hölzerner Nagel.


Kebsehe (W3) [Adelung]


Die Kebsehe, plur. die -n, eine unrechtmäßige Ehe, diejenige Verbindung, wo zwey Personen ehelich mit einander leben, ohne durch die Kirche dazu berechtiget zu seyn; mit einem Lat. und nunmehr gewöhnlicher gewordenen Ausdrucke, der Concubinat. In den Monseeischen Glossen Chepisoth. S. Kebsweib.


Kebsfrau (W3) [Adelung]


Die Kebsfrau, plur. die -en, S. Kebsweib.


Kebskind (W3) [Adelung]


Das Kebskind, des -es, plur. die -er, ein uneheliches Kind; ein Wort, welches wenig mehr gebraucht wird. In einer Oberdeutschen Urkunde von 1308 Chebes Chind. Ehedem sagte man auch Kebssohn und Kebstochter in eben diesem Verstande. S. Kebsweib.


Kebsmann (W3) [Adelung]


Der Kebsmann, des -es, plur. die -männer, eine solche Person männlichen Geschlechtes, mit welcher eine weibliche Person ehelich lebt, ohne rechtmäßig mit derselben verbunden zu seyn; ein größten Theils veralteter Ausdruck.


Kebsweib (W3) [Adelung]


Das Kebsweib, des -es, plur. die -er, eine solche Person weiblichen Geschlechtes, in der harten Sprechart, wofür man in der gelindern Kebsfrau sagen könnte; eine Beyschläferinn, mit einem Lat. Ausdrucke ein Concubine, oder mit einem Franz. Worte eine Maitresse. Salomo hatte stehen hundert Weiber und drey hundert Kebsweiber, 1 Kön. 11, 3, und so in andern Stellen mehr. Ehedem waren dafür auch die Ausdrücke Beyweib und Nebenweib üblich.

Anm. Ehedem nur Kebse, bey dem Willeram Chobse, im Angels. Cyfese, im Span. Manceba, (Mannskebse.) Im Schwabenspiegel heißt es Kap. 383: Man sait daz dehain kint siner muter kint hebslichen si (daß es in Ansehung seiner Mutter unecht sey.) Dez enist doh niht. Ain uuip mag geuuinnen Ekint, Friukint, aygeniu kint und Kebskint. Ist siu aigen, man mag si frie lauzen. Ist siu Kebse, siu mag einen eman nemen und mag der ekint bi ir genuinnen. In andern Schriften dieser Zeit kommen auch die Abgeleiteten kebisch, kebsen, bekebsen, verkebsen u. s. f. doch alle von einem unrechtmäßigen Ehestande vor, von welchem Frisch nach gesehen werden kann. Im Holländ. ist Kevesen, fornicari. Die Abstammung dieses Wortes ist noch ungewiß. Wachter leitet es vom Latein. cubo her, und an einem andern Orte behauptet er, daß kebsen ehedem reitzen, anlocken, bedeutet habe, ohne einigen Beweis davon zu führen, denn das Isländ. Kebsir, ein verführerischer Knecht, beweiset hier nichts, weil dieses Wort in den Nordischen Sprachen einen jeden Knecht bedeutet. Frisch lässet es in seiner Ausgabe der Bödickerischen Sprachkunst von dem Lat. Cugus und dem Deutschen Gutguck abstammen, in seinem Wörterbuche aber von Kaue, Käsich, eine niedrige elende Hütte, beydes auf eine sehr gezwungene Art. Nach dem Schilter stammet es von dem Schwed. und Isländ. Kaeps, Kaebs, ein Knecht, ein Leibeigener, her, welche Ableitung noch die wahrscheinlichste ist, weil man ehedem leibeigene Personen am häufigsten zu Beyschläfern und Beschläferinnen zu wählen pflegte. Im Isländ. ist Slaecka eine Magd, und im Dän. und Schwed. Slaegfrid eine Beyschläferinn. Ihre ist zweifelhaft, ob diese Bedeutung eines Leibeigenen oder jene die älteste sey. Es scheinet überhaupt eine Person oder Sache von geringerer, schlechterer Art bedeutet zu haben, ob sich gleich diese Bedeutung zur Zeit nur noch muthmazen lässet. Im Türkischen ist Kabin, Kebin, Kubin, eine Heirath auf gewisse Zeit. Im Schwedischen ist Kofsa zugleich ein Schimpfwort auf eine unzüchtige Weibsperson.


Keck (W3) [Adelung]


Keck, -er, -este, adj. et adv. eigentlich lebendig, in welcher im Deutschen veralteten Bedeutung chech bey dem Notker, und cuce im Angelsächsischen vorkommt. Es ist noch in einigen figürlichen Bedeutungen üblich. 1. * Frisch, unverdorben; im gemeinen Leben einiger Gegenden. In Rosenplüts, eines Nürnbergischen Reimers aus dem 15ten Jahrh. Fastnachtspielen heißt es von einem Stücke gekochten Haufens: Er ist keck und lind gesalzen. 2. * Lebhaft, brennend, von der Farbe; gleichfalls nur noch in einigen Oberdeutschen Gegenden. Eine kecke Farbe. Ein keckes Roth. Dieser Zeug ist kecker als jener, hat eine höhere Farbe, mehr Glanz. 3. * Hurtig, geschwinde; auch nur in einigen Gegenden, besonders Schlesiens. Den Braten keck umdrehen. 4. * Munter, wohl aufgeräumt, im Gegensatze des niedergeschlagen, bekümmert; eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung. Quekes muates seyn, Ottfr. guten Muthes. Sey keck, Gott läßt sich noch erbitten, H. Sacha. 5. Ohne bedenken, ohne einen Zweifel zu haben, mit dem Nebenbegriffe der Geschwindigkeit; in welcher Bedeutung es noch im gesellschaftlichen Leben häufig vorkommt, doch am häufigsten als ein Nebenwort. Mit dem Briefe werde ich keck zu deinem Vater gehen. Das kannst du keck glauben. Ingleichen im nachtheiligen Verstande, ohne Bedenken, wo man Bedenken tragen sollte. ( S. Kecklich.) 6. Ohne Furcht vor der Gefahr, gleichfalls mit dem Begriffe der Lebhaftigkeit, Hurtigkeit, auf eine lebhafte Art kühn. 1) Im guten Verstande. Und da das Volk abfiel, stund er treulich, fest und keck, Sir. 45, 29. Da lobten sie alle - Gott, und wurden keck, daß sie den Feind schlagen wollten, 2 Macc. 11, 9. Er nahm das schwere Joch mit keckem Herzen an, Opitz von Paulo. Die Helden Von deren kecken Sinn auch noch die Schriften melden, ebend. So wird er unverzagt auch eine kecke Schaar Den Kürzern lehren ziehn, ebend. Verleihe kecken Muth und schärfe meine Hand, ebend. In den bildenden Künsten ist eine keck Hand diejenige, welche schnell und ohne Zagheit die verlangte Wirkung thut; eine kecke Zeichnung, worin sich die kecke Hand des Meisters offenbaret; ein kecker Pinsel u. s. f. 2) Noch häufiger im nachteiligen Verstande, auf eine tadelhafte Art keck, und darin gegründet. Eine kecke Antwort. Ein kecker Mensch. Sie thun sehr keck. Ein keckes Mädchen. Wo es oft ein gelinder Ausdruck für frech, ingleichen für verwegen ist. 7. * Stark, mächtig; eine veraltete Bedeutung. Du hast deine Stärke bewiesen, an denen, die sich keck wußten, Weish. 12, 17. Im Griech. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - stark, bey guten Kräften seyn. Hierher gehöret vermuthlich auch der noch in einigen Oberdeutschen Gegenden übliche Gebrauch, wo keck, kech, kach, für dick, dicht, und die Käche für Dicke, Dichtheit, gebraucht wird; wenn es in dieser Bedeutung nicht von einem andern Stamme herkommt.

Anm. Im Schwed. kaek, im Dän. kiäk, im Isländ. kiaekr. Es gehöret zu dem Worte Quick, S. dasselbe.


Keckheit (W3) [Adelung]


Die Keckheit, plur. die -en. 1) Die Fertigkeit, den Zweifeln, der Gefahr lebhaft und mit Geschwindigkeit entgegen zu gehen, in der 5ten und 6ten Bedeutung des Beywortes; am häufigsten im nachtheiligen Verstande, von einer tadelhaften Fertigkeit dieser Art, und ohne Plural. Auch Mücken fehlt es nicht an Keckheit noch an Macht, Haged. 2) Eine kecke Handlung, ein keckes Betragen; mit dem Plural.


Kecklich (W3) [Adelung]


Kecklich, adv. welches für das Nebenwort keck, in der 5ten Bedeutung, und im guten, wenigstens gleichgültigen Verstande, zuweilen gebraucht wird. Du kannst lediglich hingehen, ohne Bedenken. In der 6ten Bedeutung ist es im Oberdeutschen üblicher als im Hochdeutschen. Ich will die Sau kecklich bestan, Theuerd. Die wyl sie sich kecklich werten, in dem übesetzten Livius von 1514.


Keffer (W3) [Adelung]


1. Der Keffer, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in dem Bergbaue, und daselbst nur in den Zinnseifen übliches Wort, theils die zusammen gewachsenen Krospeln unter dem Zinnsteine, theils aber auch die in den Seifen gefundene Zinngraupen zu bezeichnen, welche durch das Pochwerk zu gute gemacht werden müssen. Es scheinet zu dem Worte Kopf zu gehören, und eine rundliche Erhöhung zu bezeichnen. S. dieses Wort.


Keffer (W3) [Adelung]


2. Der Keffer, des -s, plur. ut nom. sing. gleichfalls nur in den Bergwerken, ein Balken in Form eines Galgens, ein hölzerner Kranich, auf welchen der Schwängel ruhet, Lasten damit zu heben oder zu tragen. In dem Salzwerk zu Halle ist der Keffer oder das Kefferrad ein Hebezeug anderer Art, welches durch ein Rad, das von Menschen getreten wird, seine Bewegung erhält, und vermittelst dessen die Sohle aus dem Brunnen gezogen wird. Frisch leitet es in dieser Bedeutung von heben her, und erkläret es durch einen Heber oder Geheber.


Keffer (W3) [Adelung]


3. Der Keffer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner Elbschiffe, welche bey größern Schiffen statt der Bothe gebraucht werden, diejenigen, welche das Schiff ziehen, an das andere Ufer übersetzen. In dieser Bedeutung scheinet es zu Käsich, Kober u. s. f. zu gehören und überhaupt ein hohles Behältniß zu bedeuten, in welchem Verstande auch der Käster im Oberdeutschen ein enges Gefängniß bezeichnet. S. Kaue und Käsich.


Kefferrad (W3) [Adelung]


Das Kefferrad, des -es, plur. die -räder, S. 2. Keffer.


Kegel (W3) [Adelung]


2. Der Kegel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches einen länglichen Körper bezeichnet, aber in verschiedenen Bedeutung vorkommt. 1) * Es scheinet, daß dieses Wort ehedem einen Klotz bedeutet habe; wenigstens kommt es bey dem Kaiserberg und andern Oberdeutschen Schriftstellern mehrmals von einem groben ungeschickten Menschen vor, wovon Frisch einige Beyspiele anführet, wenn es anders in dieser Bedeutung nicht zum dem vorigen Worte gehöret. 2) An den Pferden wird das Armheim welches in das Schulterblatt eingelenket, und mit dem dicken Fleische der Schulter bekleidet ist, der Kegel genannt. 3) Bey den Schriftgießern und Buchdruckern ist der Kegel dasjenige längliche Viereck, welches die Höhe des metallenen Buchstabens ausmacht. 4) Bey den Büchsenmacher, ist die längliche Spitze der Pritsche an dem Büchsenschlosse, welche vorne dünner ist als hinten, der Kegel. An den Kanonen führet diesen Nahmen ein hölzernes Merkmahl, nach welchem dieselben gerichtet werden, und welches die Stelle des Kornes an den Büchsen vertritt, und auch das Dister genannt wird. Die runden oben dünnen Hölzer, womit das Klöppeln und Wirken verrichtet wird, führet gleichfalls den Nahmen der Kegel. 5) Die langen oben dünnen Körper von Holz, welche zu einem sehr bekannten Spiele gebraucht werden, und nach welchem man mit Kugeln wirft, führen gleichfalls den Nahmen der Kegel. Ein Spiel Kegel, neun solcher Hölzer, als so viel ihrer zu einem Spiele gehören. Kegel spielen oder schieben, im gemeinen Leben kegeln. Die Kegel aufsetzen. Zwischen Kugel und Kegel, kommen, zwischen Thür und Angel, sich in der Nothwendigkeit befinden, aus zwey Übeln eines zu erwählen. So fern das Zeichen eines Bierhauses gemeiniglich ein solcher Kegel ist, vielleicht weil bey Bierhäusern sich gemeiniglich auch eine Kegelbahn befindet, wird auch ein jedes Bierzeichen, wenn es gleich nur ein Krug ist, der Bierkegel genannt. 6) In der engsten Bedeutung ist in der Mathematik der Kegel eine runde Pyramide, Conus. Ein stumpfer Kegel, im Gegensatze eines spitzigen. Ein gerader Kegel, dessen Achse gerade stehet, Conus rectus. Ein schiefer Kegel, Conus scalenus, dessen Achse schief stehet. Ein rechtwinkeliger Kegel, dessen Achse dem halben Durchschnitte der Grundfläche gleich ist, Conus orthogonius, rectangulus. Ein spitzwinkeliger Kegel, dessen Achse länger ist, Conus acutangulus. Ein stumpfwinkeliger, dessen Achse kürzer ist.

Anm. Französ. Quille, im Engl. Kile, Kayle, im Schwed. Kaegla, im Dän. Kegle. Wachter glaubt, es wäre durch Verlängerung des Wortes Keil entstanden. Nach Frischen ist es aus Conus gebildet, Kegel für Kengel. Allein die Endsylbe -el, ist die Ableitungssylbe, welche bald ein Werkzeug, bald auch das Ding selbst bedeutet. Man hat also nur auf die Sylbe Keg zu sehen, welche überhaupt ein langes, erhabenes Ding bedeutet, und mit Kugel genau verwandt ist. Da alle Wörter, welche eine erhabene Fläche bezeichnen, auch zugleich eine vertiefte, eingebogene ausdrucken, so gehöret auch Kachel mit seinen Verwandten hierher.


Kegelachse (W3) [Adelung]


Die Kegelachse, plur. die -n, in der Mathematik, die Achse eines Kegels, d. i. die Linie, welche von dessen Spitze, bis auf die Mitte der Grundfläche gedacht wird. S. Kegel 6.


Kegelader (W3) [Adelung]


Die Kegelader, plur. die -n, die innere Ader an dem Vorderbeine eines Pferdes, welche auch die Bug- oder vordere Schrankader genannt wird.


Kegelbahn (W3) [Adelung]


Die Kegelbahn, plur. die -en, der lange ebene Platz, auf welchem man aus einem einzigen bestimmten Abstande nach den Kegeln schiebt; in Thüringen das Kugelleich oder Kegelleich, in Baiern die Brenten, ingleichen die Kufe, an andern Orten der Boßelschub, Langschub, das Langley, im Gegensatze des Kegelplatzes oder Kurzschubes. S. Kegel 5.


Kegelbret (W3) [Adelung]


Das Kegelbret, des -es, plur. die -er, an den Seidenstühlen, das durchlöcherte Bret, unter welchem die Kegel hängen, damit sie sich nicht verwirren können. S. Kegel 4.


Kegelförmig (W3) [Adelung]


Kegelförmig, adj. te adv. was die Gestalt eines Kegels hat, demselben ähnlich ist.


Kegelkäfer (W3) [Adelung]


Der Kegelkäfer, das -s, plur. ut nom. sing. eine Art Käfer mit kolbenähnlichen Fühlhörnern, dessen Brustschild die Gestalt eines Kegels hat; Cistela L.


Kegelkugel (W3) [Adelung]


Die Kegelkugel, plur. die -n, in der Feuerwerkskunst, eine Kugel, welche mit eisernen oder papiernen Kugeln versetzt wird, und wovon die ersten zu Ernst- die letztern aber zu Lustfeuerwerken gebraucht werden.


Kegellinie (W3) [Adelung]


Die Kegellinie, plur. die -n, eine krumme Linie, welche die Gestalt eines Spielkegels hat; Linea conica. S. Kegel 5.


Kegeln (W3) [Adelung]


Kegeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Kegel spielen, Kegel schieben, boßeln. S. Kegel 5.


Kegelplatz (W3) [Adelung]


Der Kegelplatz, des -es, plur. die -plätze, ein viereckter oder runder Platz, wo man von allen Seiten aus einem gegebenen Ziele nach den in der Mitte stehenden Kegeln schieben kann; der Kurzschub, zum Unterschiede von der Kegelbahn oder dem Langschube.


Kegelschnäbler (W3) [Adelung]


Der Kegelschnäbler, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schriftstellern des Naturreiches, eine allgemeine Benennung derjenigen Vögel, deren Schnabel gleich von der Wurzel an die Gestalt eines spitzigen Kegels hat; Coniroster.


Kegelschnecke (W3) [Adelung]


Die Kegelschnecke, plur. die -n, eine Art kegelförmiger mit wenigen über einander gewundenen Spiral-Linien versehener Schnecken, welche an der Seite mit einer länglichen Öffnung versehen sind; Voluta L. Wellenschnecke, Tutenschnecke. Siehe auch Iltenschnecke.


Kegelschnitt (W3) [Adelung]


Der Kegelschnitt, des -es, plur. die -e, in der Mathematik, diejenige Figur, welche entstehet, wenn man einen Kegel zerschneidet, es sey nach welcher Richtung es wolle; Sectio conica.


Kegelschub (W3) [Adelung]


Der Kegelschub, des -es, plur. die -e. 1) Das Schieben der Kegel, das Kegelspiel; ohne Plural. 2) Der Ort, wo Kegel geschoben werden. In beyden Fällen im gemeinen Leben auch der Boßelschub.


Kegelspiel (W3) [Adelung]


Das Kegelspiel, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, das Spiel mit Kegeln, oder da man Kegel mit einer Kugel umzuwerfen sucht. Dasjenige Spiel, da man aus einem einzigen bestimmten Abstande nach den Kegeln schiebt, wird der Langschub, dasjenige aber, wo man von allen Seiten aus einem gegebenen Ziele nach den Kegeln wirft, der Kurzschub genannt.


Kegelstein (W3) [Adelung]


Der Kegelstein, des -es, plur. die -e, ein Nahme der zugespitzten versteinerten Echiniten; Echinoconus.


Kehlbalken (W3) [Adelung]


Der Kehlbalken, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige Balken an einem gemeinen Dachwerke, welcher zwey Sparren unter dem Hahnbalken mit einander verbindet.


Kehlbraten (W3) [Adelung]


Der Kehlbraten, S. Halsbraten.


Kehlbret (W3) [Adelung]


Das Kehlbret, des -es, plur. die -er, bey den Tischlern, ein Bret, diejenigen Leisten, welche gekehlet werden sollen; darein zu legen.


Kehldeckel (W3) [Adelung]


Der Kehldeckel, des -s, plur. ut nom. sing. ein knorpeliger Deckel auf der Luftröhre, damit nichts von den Speisen in dieselbe fahre, Epiglottis. Im gemeinen Leben der Zapfen, der Hauk.


Kehle (W3) [Adelung]


Die Kehle, plur. die -n, Diminut. das Kehlchen, eine jede Röhre, ja eine jede lange Vertiefung oder eingebogene Fläche; wo es doch nur in einigen einzelnen Fällen üblich ist. 1) Eine Vertiefung, welche durch zwey in einem Winkel zusammen stoßende Flächen, z. B. durch zwey an einander laufende Dächer, hervor gebracht wird, heißt eine Kehle. ( S. auch Kniekehle,) 2) In dem Festungsbaue ist die Kehle, Franz. Gorge, der Eingang der besondern Festungswerke. Die Kehle eines Bastion, eines Ravelins. 3) Bey den Werkleuten, Drechslern u. s. f. wird ein jedes hohles oder eingebogenes Glied eine Kehle genannt. 4) Bey den Jägern ist die Kehle oder Brücke die halbe Masche; welche an ein Treibezeug gestrickt wird, damit die Hühner, wenn sie eingelaufen sind, nicht wieder zurück können. 5) Am üblichsten ist es so wohl von der Speise- und Luftröhre der Menschen und Thiere, dem Schlunde, im Nieders. der Schluck, die Stroote (Straße,) als auch von dem vordern Theile des Halses unter dem Kinne, hinter welchem der Eingang der Kehle lieget, und welcher Theil bey den Fleischern der Stich, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, genannt wird. Wenn von den bey den Halsröhren die Rede ist, gebraucht man das Wort Kehle ohne Unterschied so wohl von der Luft- als Speiseröhre. Eine rauhe, heisere Kehle haben. Eine helle Kehle (Stimme) haben. Sich die Kehle schmieren, in den niedrigen Sprecharten, trinken. Zuweilen bekommt die Luftröhre im gemeinen Leben den Nahmen der unrechten Kehle, doch nur alsdann, wenn etwas fremdes in dieselbe ge- rathen ist. Es ist ihm etwas in die unrechte Kehle gekommen. Sich die Kehle abschneiden. Jemanden das Messer an die Kehle setzen, ihn in die äußerste Verlegenheit bringen.

Anm. In der letzten Bedeutung schon bey dem Kero Chelu, bey dem Notker Chila, bey dem Willeram Chela, ehedem auch Giel, im Angels. Ceole, Caele, im Engl. Keel, im Latein. Gula, im Nieders. mit verdoppelten und verstärkten Hauchbuchstaben Käkel, Koggel, im Liefländ. Kabkle, im Lettischen Kaklas, im Esthnischen Kael, im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Wer siehet nicht, daß mit diesem Worte zunächst auf den hohlen Raum gesehen werde, und daß es daher zu dem Geschlechte der Wörter Kaue, Kachel, Hals, Hohl u. s. f. gehöre.


Kehlen (W3) [Adelung]


Kehlen, verb. reg. act. 1) Mit Kehlen, d. i. Rinnen, versehen; ein vornehmlich bey den Tischlern und Zimmerleuten übliches Wort, wo eine Leiste gekehlet wird, wenn man ihr solche Verzierungen gibt. Daher die Kehlung. 2) Einen Fisch kehlen, ihm die Kehle ausschneiden; ihn auskehlen. So werden die Häringe gekehlet, ehe sie eingesalzen werden.


Kehlhammer (W3) [Adelung]


Der Kehlhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Schlössern, ein Hammer, welcher zu halb rund gebogenen, eckigen und andern Arbeiten gebraucht wird.


Kehlhobel (W3) [Adelung]


Der Kehlhobel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tischlern, ein Hobel, vermittelst dessen die Hohlkehlen hervor gebracht werden; der Kehlstoß. In weiterer Bedeutung, so fern Kehle nach dem Beyspiele aller Wörter, welche eine Vertiefung bedeuten, auch eine Erhöhung bezeichnen kann, werden auch die Stab- und Karnießhobel mit unter sie Kehlhobel gerechnet.


Kehlholz (W3) [Adelung]


Das Kehlholz, des -es, plur. inus. S. Hartriegel.


Kehlkopf (W3) [Adelung]


Der Kehlkopf, des -es, plur. die -köpfe, in einigen Gegenden, der hervor ragende knorpelige Theil der äußern Kehle; S. Adamsapfel.


Kehlkraut (W3) [Adelung]


Das Kehlkraut, des -es, plur. inus. S. Halskraut und Hankenkraut.


Kehlleiste (W3) [Adelung]


Die Kehlleiste, plur. die -n, eine eingebogene Rinne, so fern sie eine Art der Verzierung ist, und eine mit einer solchen Rinne versehene Leiste; eine Hohlleiste, ein Kehlstoß.


Kehllinie (W3) [Adelung]


Die Kehllinie, plur. die -n, in dem Festungsbaue, die beyden Linien, welche die Kehle, d. i. den Eingang in das Vollwerk bilden; Franz. Demigorges.


Kehling (W3) [Adelung]


Der Kehling, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, ein Nahme des Kabeljaues, weil er so wie die Häringe gekehlet wird.


Kehlpunct (W3) [Adelung]


Der Kehlpunct, des -es, plur. die -e, in dem Festungsbaue, derjenige Punct, wo die Kehllinien zusammen stoßen, wo sie denn zugleich den Kehlwinkel machen.


Kehlrinne (W3) [Adelung]


Die Kehlrinne, plur. die -n, eine hohle Rinne, besonders diejenige Rinne, welche zwey Dächer machen, wenn sie zusammen stoßen. Auch die Kappfenster machen Kehlrinnen mit dem Dache.


Kehlsparren (W3) [Adelung]


Der Kehlsparren, des -s, plur. ut nom. sing. in der Zimmermannskunst, ein Sparren, welcher den Grund der Kehle eines Daches ausmacht; Franz. Noulet.


Kehlstiefel (W3) [Adelung]


Der Kehlstiefel, des -s, plur. die -n, eine Art Stiefeln, woran die Schäfte oben nach den Kniekehlen ausgeschnitten sind.


Kehlstoß (W3) [Adelung]


Der Kehlstoß, des -es, plur. die -stöße, bey den Tischlern, eine Kehlleiste, ingleichen ein Kehlhobel.


Kehlsucht (W3) [Adelung]


Die Kehlsucht, plur. inus. eine im gemeinen Leben übliche Benennung der Bräune, Angina, S. dieses Wort. Bey den Pferden wird auch die Druse oder Drüse von einigen mit diesem Nahmen beleget.


Kehlwinkel (W3) [Adelung]


Der Kehlwinkel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kehlpunct.


Kehlziegel (W3) [Adelung]


Der Kehlziegel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hohlziegel, besonders so fern er für die Kehlen eines Daches bestimmt ist.


Kehr (W3) [Adelung]


Die Kehr, plur. die -en, das Abstractum des Zeitwortes kehren in dessen zweyten Hauptbedeutung, welches doch nur in den Zusammensetzungen Abkehr, Zukehr, Umkehr, Rückkehr u. s. f. vorkommt, wo es in dem Worte Verkehr zugleich männlichen Geschlechtes ist. Im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes, ist dafür so wohl die Kahr als auch die Kehre, besonders von dem Umwenden mit dem Pfluge üblich.


Kehrab (W3) [Adelung]


Der Kehrab, oder Kehraus, plur. car. von der ersten Hauptbedeutung des Zeitwortes kehren, ein langer und geschwinder Tanz, mit welchem eine Tanzlust gemeiniglich beschlossen wird; weil der Tanzplatz durch die langen Kleider des andern Geschlechtes alsdann gleichsam ausgekehret wird.


Kehrbesen (W3) [Adelung]


Der Kehrbesen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Besen zum Kehren oder Auskehren; zum Unterschiede von dem Staubbesen und andern Arten der Besen.


Kehrbürste (W3) [Adelung]


Die Kehrbürste, plur. die -n, eine Bürste, den Staub damit aus den Kleidungsstücken zu kehren, besonders die gemeine von Borsten verfertigte Bürste dieser Art; zum Unterschiede von andern Arten.


Kehre (W3) [Adelung]


Die Kehre, plur. inus. S. Kehr.


Kehren (W3) [Adelung]


Kehren, verb. reg. act. welches in zwey, dem Anscheine nach verschiedenen Hauptbedeutungen gebraucht wird, welche aber doch so wie die Latein. verrere und vertere, im Grunde sehr genau mit einander verwandt sind. 1. Mit einem Besen, Wische, oder einer Bürste überfahren und dadurch wegschaffen. Den Staub aus dem Kleide, aus dem Hute, von dem Tische, von den Büchern kehren, mit der Bürste. Den Koth aus dem Zimmer, den Ruß aus dem Ofen, die Spinnenweben von der Wand kehren, mit dem Besen. Ingleichen auf solche Art reinigen. Die Kleider kehren, das Zimmer, das ganze Haus, die Feuermauer kehren. In engerer Bedeutung wird es häufig absolute von dem Kehren der Feuermauern gebraucht. So fern das Kehren mit einer Bürste geschiehet, wird es auch bürsten, und so fern es mit einem Besen geschiehet, auch fegen genannt. In dieser Bedeutung lautet es bey dem Ottfried kerren, in den Monseeischen Glossen cheron, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . 2. Einem Körper, dessen Seiten oder Theilen eine andere Richtung in Ansehung der Dinge außer ihm geben. 1) Eigentlich. Die Augen gen Himmel kehren. Das Unterste zu oberst kehren. Jemanden den Rücken kehren; den Rücken gegen dessen Angesicht richten. Sich rechts kehren. Die Füße einwärts kehren. In welchem Verstande es außer einigen wenigen Fällen im Oberdeutschen am üblichen ist, indem im Hochdeutschen wenden, richten, drehen, in den meisten übrigen Fällen dafür gebraucht werden. Doch ist es in den Zusammensetzungen umkehren, verkehren auch im Hochdeutschen gangbar. 2) Figürlich. (a) Alles zum Besten kehren, so wohl einer Sache einen guten Ausgang verschaffen, als auch alles auf die beste Art auslegen. (b) Sich an etwas kehren, Bewegungsgründe seines Verhaltens daraus hernehmen. Er kehret sich an niemanden. Sich an keine Warnungen kehren. Kehret euch nicht an seine Worte, Gell. In den niedrigen Sprecharten mit dem vorgesetzten Zischlaute scheren. Was scher ich mich darum. (c) In der biblischen Schreibart bedeutet es sehr oft sein Verstandes- und Begehrungsvermögen auf eine dauerhafte Art auf einen Gegenstand richten. Sich zu Gott, zur Buße, zu der Sunde, zu den Fabeln u. s. f. kehren; wofür man im Hochdeutschen theils wenden, theils andere Ausdrücke gebraucht. S. auch Bekehren. (d) * Verändern; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Gott will, sich ausgesetzt, nichts lassen immer währen, Es soll ein Wechsel seyn, es soll sich alles kehren, Opitz. (e) * Ersetzen; ein gleichfalls veralteter Gebraucht, in welchem es so wie das Hauptwort die Kahr, Kehre, Ersatz, in den Schriften der mittlern Zeiten häufig vorkommt. Einen Schaden kehren. So auch die Kehrung, besonders in der zweyten Hauptbedeutung.

Anm. In dieser zweyten Hauptbedeutung bey dem Ottfried und Willeram cheren, im Nieders. keeren, im Dän. kere, im Pohln. kieruje, ich kehre, im Lat. in der intensiven Form, wie aus dem t erhellet, vertere. Das Nieders. keeren bedeutet außer dem noch anwenden, reichen, sich erstrecken, geben und darreichen. Weil im Schwed. Keyre einen ledernen Riemen, Corium, und köra mit Gewalt forttreiben bedeutet, so glaubt Ihre, daß kehren eigentlich peitschen, schlagen, bezeichnet habe. Allein, es ist wohl unläugbar, daß dieses Wort eine Nachahmung des Schalles ist, welchen so wohl das Kehren mit Besen und Bürsten, als auch die Veränderung der Lage eines schweren Körpers machet; so wie scheren, scharren, schurren, das veraltete kahren, graben, schneiden, schärben, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, graben, bohren, u. s. f. ähnliche Nachahmungen sind, ( S. Kerbe und Karst,) Einige Mundarten, z. B. die Schlesische, sprechen das e in diesem Worte wie ein ä, kähren; im Niederdeutschen und Hochdeutschen hat das geschlossene e den Vorzug.


Kehricht (W3) [Adelung]


Das Kehricht, des -es, plur. inus. was mit dem Besen ausgekehret worden, Unrath, welcher mit dem Besen weggeschaffet worden, das Auskehricht; im Oberd. Fegsal, das Feget, Kutter (von Koth) im Nieders. Mull, Uutrackels. Siehe - Icht 1.


Kehrrad (W3) [Adelung]


Das Kehrrad, des -es, plur. die -räder, in dem Wasserbaue, ein Wasserrad, welches auf beyden Seiten umgetrieben werden kann und umgetrieben wird.


Kehrruder (W3) [Adelung]


Das Kehrruder, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen an den Donauschiffen das Steuerruder führet, und welches ein Hebel ist, welcher so wohl vorn als hinten an dem Schiffe angebracht ist, um dasselbe nach allen Seiten zu bewegen.


Kehrseite (W3) [Adelung]


Die Kehrseite, plur. die -n, ein sehr ungeschickter Ausdruck einiger Schriftsteller der Münzwissenschaft, die Rückseite oder Gegenseite einer Münze zu bezeichnen, den Revers, im Gegensatze der Hauptseite.


Kehrung (W3) [Adelung]


Die Kehrung, plur. die -en. 1) Von dem Zeitwort kehren, ohne Plural, S. dasselbe. 2) Bey den Holzarbeitern, siehe Gehrung.


Kehrwisch (W3) [Adelung]


Der Kehrwisch, des -es, plur. die -e, ein Wisch, den Staub oder andern Unrath damit wegzukehren. Der Herd eines Backofens wird mit einem solchen Kehrwische gekehret oder von der Asche gereiniget.


Keibgeyer (W3) [Adelung]


Der Keibgeyer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Aasgeyer. Keib ist ein im Hochdeutschen längst veraltetes Wort, welches Aas bedeutete, und von welchem Frisch nachzusehen ist.


Keiche (W3) [Adelung]


Die Keiche, ein enges Behältniß, S. Kauche.


Keichen (W3) [Adelung]


Keichen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches den Laut nachahmet, welchen man 1) macht, wenn man den Athem mit Mühe in sich ziehet. So keicht man bey einigen Arten des Hustens, bey der Schwindsucht, bey der Engbrüstigkeit, nach einer heftigen Bewegung, in heftigen Leidenschaf- ten u. s. f. Im Oberdeutschen und selbst bey einigen Hochdeutschen Schriftstellern in der höhern Schreibart, keuchen. Den Mund hab ich begierig aufgethan Und ganz gekeucht aus innigem Belieben Nach deinem Wort, Opitz Ps. 119. Wenn er durch "Weihrauchwolken" zeucht, Die Kriegesfurie gefesselt an den Wagen Des Überwinders keucht, Raml. Komm Lachen Die Hände gestämmt in keuchende Seite, ebend. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist dafür das Frequentativum kakazen, im Nieders. kuchen, piechen, peichen, prichen, hachpachen, häsepesen, heisapen, hesapen, hastebaffen, himen, Holländ. himmen, helchen, ( - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ziehen,) anken, janken u. s. f. üblich, wovon die meisten gleichfalls Nachahmungen des Lautes sind, theils auch besondere Arten des Keichens ausdrucken. 2) Da man bey einigen Arten des Hustens im Husten einen ähnlichen Laut von sich gibt, so wird ein solches Husten gleichfalls keichen genannt. Den ganzen Tag keichen, mit Engbrüstigkeit husten. Nieders. kuchen, kögen, kagen, kücheln, krücheln, Engl. to cough, wo auch Köge der Husten ist, Engl. Cough.


Keichhusten (W3) [Adelung]


Der Keichhusten, des -s, plur. inus. ein mit Keichen verbundener Husten, welcher von einem schweren Athemhohlen begleitet ist und mit Erstickung drohet, und im gemeinen Leben das Hühnerweh genannt wird, ( S. dieses Wort;) der Kinderhusten, weil die Kinder am häufigsten damit befallen werden. Nieders. Kuchhoost, Kinkhoost, Schwed. Kikhosta, Engl. Cooping-cough, Chin-cough.


Keifen (W3) [Adelung]


Keifen, verb. irreg. neutr. Imperf. ich kiff. Part. gekiffen, mit dem Hülfsworte haben, zanken, schmählen, im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart. Immer etwas zu keifen haben. Den ganzen Tag mit den Bedienten keifen. Du weißt, daß Tag für Tag dein alter Vater keift, Rost.

Anm. Nieders. kiven, wo das Hauptwort Kief auch das Gezänk, ingleichen einen Verweis bedeutet, bey den Schwäbischen Dichtern Kib, im Dän. Kiv, im Meklenburgischen kabecheln. Auch im gemeinen Leben der Hochdeutschen hat man das Diminut. und Frequentat. keifeln, Lat. cavillari. Eigentlich bedeutet keifen so wohl beißen, als essen, in welchem Verstande es noch in einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. in Nürnberg, üblich ist. In den Monseeischen Glossen chiuvan. S. Kiefer und Kauen.


Keil (W3) [Adelung]


Der Keil, des -es, plur. die -e, Diminut. das Keilchen, ein Wort, welches 1) in seiner weitesten und vielleicht eigentlichsten Bedeutung einen jeden langen dünnen Körper bedeutet zu haben scheinet; in welchem nunmehr veralteten Verstande es noch in Kiel in einer gedoppelten Bedeutung üblich ist. ( S. dasselbe,) 2) In engerer Bedeutung ist der Keil ein jeder länglicher Körper, welche an dem einen Ende dünner ist, als an dem andern, er sey übrigens rund oder eckig; in welchem Verstande es noch in einigen Fällen üblich ist. Die kegelförmigen Belemniten sind im gemeinen Leben unter dem Nahmen der Donnerkeile bekannt, weil man ehedem glaubte, daß sie mit dem Blitze auf die Erde fielen. Bey dem Suidas ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein hölzerner Pfeil, und im Engl. Kayle und Franz. Quille ein Kegel, welches Wort selbst hierher zu gehören scheinet. Im Oberdeutschen ist ein Keil Brot, ein Keil Butter, ein an einem Ende zugespitztes Brot, ein zugespitztes Stück Butter, wo es in einigen Gegenden auch Keidel lautet, und wofür im Hochdeutschen ein Weck üblich ist. Eine Ader Erz oder Stein, welche sich am Ende zuspitzt, heißt im Bergbaue ein Keil, so wie im gemeinen Leben eine jede Oberfläche der Erde, ein Stück Feldes, Wiese u. s. f. wenn es sich zuspitzet, diesen Nahmen führet. ( S. auch Keule,) 3) In der engsten Bedeutung ist der Keil ein viereckter länglicher Körper, welcher sich von der Grundfläche an eine gerade Schärfe verlieret, besonders so fern er gebraucht wird, einen andern Körper zu spalten. Das Holz mit Keilen spalten. Einen Keil einschlagen. Auf einen harten Ast gehöret ein harter Keit. Ein Keil treibt den andern. Ingleichen figürlich, was die Gestalt eines solchen Keiles hat. So ist in der Baukunst der Schlußstein auch unter dem Nahmen des Keiles bekannt, und in Niedersachsen wird auch der Zwickel eines Strumpfes der Keil genannt. Im weitesten Verstande ist ein jedes Werkzeug zum Stechen und Hauen eine Art eines Keiles.

Anm. Im Nieders. Kiel, im Dän. Kile, im Schwed. Kil, wo auch Kilt eine Falte bedeutet. Es ist ungewiß, ob der Begriff der Länge und Schärfe, oder des Spaltens und in weiterer Bedeutung des Schlagens, in diesem Worte der herrschende ist. Im Wendischen ist kalam, kloju, so wohl hauen und stechen als auch spalten, und selbst im gemeinen Leben der Hochdeutschen gebraucht man keilen oft für schlagen, prügeln. Darauf los keilen. Jemanden keilen. S. auch Keiler, Keilhaue und Keule.


Keilbein (W3) [Adelung]


Das Keilbein, des -es, plur. die -e, in der Zergliederungskunst, ein Nahme verschiedener Beine, welche die Gestalt eines Keiles haben, und auch keilförmige Beine genannt werden, wohin das Grundbein der Hirnschale, Ossphenoides, und die Keilbeine am Vorderfuße gehören.


Keilberg (W3) [Adelung]


Der Keilberg, des -es, plur. inus. im Bergbaue ein Gestein in Gestalt eines Keiles, besonders da, wo sich ein Gang in zwey Trümmer oder Arme theilet; der Sohlberg.


Keilen (W3) [Adelung]


Keilen, verb. reg. act. et neutr. und zwar letzteres mit dem Hülfsworte haben. 1) Mit Keilen spalten, oder befestigen. Aus einander keilen, mit Keilen aus einander treiben. So auch in den Zusammensetzungen einkeilen, verkeilen u. s. f. 2) Die Gestalt eines Keiles bekommen; doch nur in auskeilen. 3) Schlagen, stoßen, im gemeinen Leben, S. Keil Anm.


Keiler (W3) [Adelung]


1. Der Keiler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen in Meißen der Feldhüther oder Flurschütze führet. Etwa für Keuler, weil er mit einer Keule bewaffnet ist, oder ehedem bewaffnet war?


Keiler (W3) [Adelung]


2. Der Keiler, des -s, plur. ut nom. sing. das Männliche unter den wilden Schweinen, bey den Jägern; von keilen, hauen, schlagen, weil es sehr heftig um sich hauet, daher es auch der Hauer genannt wird. S. Keilen Anm.


Keilfäustel (W3) [Adelung]


Der Keilfäustel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten, ein Fäustel oder Hammer, die Zapfen in der Welle damit zu verkeilen.


Keilhacke (W3) [Adelung]


Die Keilhacke, plur. die -n, eine Hacke mit einer langen keilförmigen Schneide, damit in die Erde zu hacken. S. das folgende.


Keilhaue (W3) [Adelung]


Die Keilhaue, plur. die -n, eine zugeschärfte oder zugespitzte Haue oder Hacke, damit in steinigem Grunde zu arbeiten. Auch die Bergleute haben Keilhauen, womit sie das mürbe Gestein los hauen, und welche zuweilen spitzig sind; daher ein mürbes Gestein, welches leicht zu gewinnen ist, auch keilhauiges Gebirge genannt wird.


Keilspitz (W3) [Adelung]


Der Keilspitz, des -es, plur. die -e, im Festungsbaue, diejenige Linie, welche mit der Spitze der Keilhaue auf der Erde nach der Vorschrift der Schnur gemacht wird, wenn man eine Figur auf dem Boden entwirft.


Keilstück (W3) [Adelung]


Das Keilstück, des -es, plur. die -e, eine Art Stücke oder Kanonen, welche von hinten geladen werden, und in engen Werken bequem sind.


Keim (W3) [Adelung]


Der Keim, des -es, plur. die -e, Diminut. das Keimchen, Oberd. Keimlein, der erste Anfang einer Pflanze, so wie er entweder aus der Wurzel oder aus dem Samen hervor bricht. Die Keime an dem Malze. Hopfenkeime oder Hopfenkeimchen u. s. f. Figürlich, besonders in der edlen und höhern Schreibart, der erste Anfang eines Dinges. Alle diese Gegenstände sind die Keime vieler zukünftigen Vergnügungen. Zerstör' in seinem Herz (Herzen) die Keime böser Lust, Dusch.

Anm. Schon im Isidor Chimu, bey dem Notker Chim, im Nieders. Kiem, im Latein. Cyma und Gemma, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es gehöret mit Kahm und Kimme zu Einem Geschlechte, welches den Gipfel, die Spitze eines Dinges bezeichnet. S. diese Wörter.


Keimen (W3) [Adelung]


Keimen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, einen Keim treiben, von allen Samen, Pflanzen und Gewächsen. Die Gerste keimet schon. Der Salat, der Kohl u. s. f. keimet. Ingleichen figürlich, in der höhern Schreibart, seinen Anfang nehmen.


Kein (W3) [Adelung]


Kein, ein Adjectiv, welches einen Gegenstand so genau bestimmet, daß es weder einer Comparation fähig ist, noch einen Artikel vor sich leidet. Es kommt in zwey einander gerade entgegen gesetzten Bedeutungen vor. 1. * Für die unbestimmten Pronomina ein und einig, wo es von dem neunten Jahrhunderte an hein, gein, ghain, chain, kein lautet. Wart ane wandel je kein wib, Ditmar von Ast, für, je ein Weib. Zu chainer wer, zu einiger Wehr, Stryk. Davon yemant kain (einiger) Schade gescheh, das sol der Scheffman gelten, in einer Baierischen Verordnung von 1346 bey dem Schilter. Wer darum keinen Zoll oder kein Ungeld nimmt, in keiner Stadt oder auf keiner Straß, über den soll man richten, als einen Straßenräuber, Lehmann in der Speyer. Chron. bey dem Frisch, wo es vier Mahl für einig stehet. Es ist schwer zu bestimmen, woher dieses k gekommen, ob es aus je entstanden, für je ein, oder ob es der bloße hauchende Vorschlag einiger Oberdeutschen Mundarten ist. So viel ist gewiß, daß es in den Schriften der mittlern Zeiten oft große Zweydeutigkeiten macht, und der Zusammenhang es entscheiden muß. ob hier das Fürwort ein, einig, oder das folgende verneinende kein zu verstehen ist. Sehr oft setzte man noch ein de oder the voran, welches der Artikel der zu seyn scheinet. Thegein vrsach, einige Ursache, Lex Lud. et Lothar. von 840. Thaz steit in Gottes henti, ane theheinig enti, Ottfr. Ob si in deheinen sorgen si, Reinmar der Alte. Swer ir dekeines valsches gicht, ebend. Unser de keiner, in einer Zürchischen Urkunde von 1386 für unser einer. Das Ital. ciascuno, ciascheduno, und Franz. chascun, jetzt chacun, haben etwas ähnliches. Zum Glück ist es in dieser Bedeutung veraltet, obgleich noch ein doppelter Überrest davon übrig ist. 1) Wenn kein nach einem Comparativo stehen; welcher Gebrauch in der anständigen Schreibart verschwunden ist, aber doch noch im gemeinen Leben häufig vorkommt. Größer als kein Mensch, als ein Mensch, als irgend ein Mensch. Schärfer denn kein zweyschneidig Schwert, Ebr. 4, 12. 2) Wenn es mit Verneinungen verbunden wird. Ich habe nie keinen geduldet. Habt ihr auch je Mangel gehabt? Sie sprachen nie keinen, Luc. 22, 35. Kein Ort gefiel mir besser nicht, Opitz. Es ist in ihm kein Geist mehr nicht, ebend. Da noch kein Geld nicht war, da war die güldne Zeit, ebend. Keine andere Gefälligkeit habe ich ihm nicht erzeigt, Gell. (Die Stimme,) die sonst keine Geschöpfe nicht hörten, Klopst. In der reinen Schreibart bleibt diese Verbindung alle Mahl ein Fehler, weil kein für ein nunmehr veraltet ist; indessen erhellet doch aus allem zusammen genommen, daß diese Art zu reden nicht eigentlich eine doppelte Verneinung ist, wie alle Sprachlehrer behaupten. 2. Als der Gegensatz des Zahlwortes, des Beywortes, des Artikels und des Fürwortes ein, für nicht ein, wo es so wohl in Verbindung mit dem Hauptworte, als ohne dasselbe gebraucht, und in beyden Fällen gerade so wie ein abgeändert wird, nur daß es nie einen Artikel vor sich leidet. Es stehet aber, 1) Für nicht Ein so fern das letztere das Zahlwort Ein ist. Es ist kein Mann geblieben, auch nicht Einer. Wir haben keinen eingebüßet. Rede mir kein Wort weiter. Es ist keiner davon gekommen. Ist denn gar keiner da? Kein Mahl, besser niemahls. Keiner von beyden, im Oberd. keinetweder. Wo denn, wenn in dem folgenden Kommate eine Verneinung folgt, eine Bejahung daraus wird. Es war kein Haus, worin nicht Ein Todter war, welches stärker versichert, als wenn es nur hieße, in jedem Hause war Ein Todter. Da war keiner, der sich nicht geschämet hätte. Wenn eine Verwechselung mit dem folgenden unbestimmtern kein zu befürchten ist, oder wenn man den Nachdruck erhöhen will, so setzt man noch das einzig hinzu, oder löset auch das kein in nicht Ein wieder auf. Es ist kein einziger, der es nicht wüßte, oder, es ist auch nicht Einer u. s. f. Es ist kein einziger geblieben. Da ist keiner, der Gutes thue, auch nicht Einer, Ps. 14, 4. Es ist nicht Einer davon gekommen. Wenn das Hauptwort das Geschlecht oder die Art ausdruckt, von welcher das kein gesagt wird, so geschiehet solches theils vermittelst der Vorwörter von und aus, theils aber auch, besonders in der höhern Schreibart, vermittelst der zweyten Endung. Keiner von uns. keiner aus unserer Familie. Keiner aus der Gesellschaft. Keiner der Unsrigen. Keiner der hiesigen Einwohner. Wo nach dem Muster der Oberdeutschen auch der Genitiv voran stehen kann. Unser keiner ist da gewesen, für keiner von uns. Er achtet deren keines, für keines derselben. Besonders in der höhern Schreibart. Wenn ich ihnen jemahls das vergebe, so werde mir meiner Sünden keine vergeben, Less. Die Natur der Sache bringt es schon mit sich, daß kein hier wenig einen Plural haben können, als ein. 2) So fern ein das Beywort ist, welches dem ander entgegen stehet, und auch gebraucht wird, wenn mehr als zwey Dinge angeführet werden. Kein Mensch trauet dem andern. Keiner liebet den andern. Es waren ihrer drey, aber es gefiel mir keiner davon. Keiner Partey zugethan seyn. Auch hier findet der Plural nicht Statt. 3) So fern ein der unbestimmte Artikel ist, wo dieses Beywort, wenn es eigentlich Hauptwörtern zugesellet wird, die Stelle des einfachen verneinenden nicht vertritt. Er hat noch keine Frau, d. i. er hat noch nicht eine Frau. Der Überwinder einer Welt ist kein so großer Mann, als der unschuldig Leidende, Dusch, ist nicht ein so großer Mann. Ich leide kein Laster an dir. Du und kein andrer. Auch in weiterer Bedeutung vor Individuis, wenn nicht so wohl ihre individuelle Art, als vielmehr ihre Eigenschaft bezeichnet werden soll. Das ist eben kein schönes Haus. Das war kein feiner Gedanke. Ingleichen ohne Hauptwort. Gib mir ein Buch! - Ich habe keines. Rufe mir einen Bedienten. Antw. es ist keiner da. Man hält ihn für einen Gelehrten, ob er gleich keiner ist. Indessen erstrecket sich der Gebrauch des kein hier viel weiter als des ein, indem man im Gegensatze nicht alle Mahl ein brauchen kann, wo doch kein Statt findet; indem dieses Beywort auch dem Fürworte einig entgegen gesetzet wird, so wohl wenn dasselbe im Singular ein oder das andere unbestimmte Ding, als auch im Plural mehrere Dinge Einer Art sehr unbestimmt andeutet. Es hat alsdann überall Statt, wo ein eigentliches Hauptwort mit der Verneinung stehen sollte. Gar kein Mitleiden mit jemand haben. Ich habe kein Geld. Es hat keine Gefahr, keine Noth mit ihm. Keine Schuld haben. Ich esse keinen Käse, trinke keinen Wein. Es hilft kein Sagen. Es würde ihn kein Cicero überreden können. Keines Weges, auf feine Art, im Oberd. keiner Dings. Daher es in dieser Bedeutung auch ohne Bedenken im Plural gebraucht werden kann. Es sind keine Blätter mehr an den Bäumen. Wir sind ja auch keine Thoren. Was habt ihr noch für Güter? - Keine. Es ist bereits gesagt worden, daß kein anstatt des nicht nur vor eigentlichen Hauptwörtern gebraucht werden könne. Vor Nebenwörtern, oder Beywörtern, selbst wenn sie als Hauptwörter stehen, macht es einen Übelklang. Fehlerhaft sind also folgende R. A. Menschen Hülfe ist kein nütz, Ps. 60, 13, für nichts nütze. Deine Rede ist kein nütz, Hiob 15, 3. Die Gottlosen sind kein nütze, Weish. 4, 3. Das thut in die Länge kein gut, für nicht gut. Es ist kein Gutes an ihm, für nichts Gutes. Auch vor Zahlwörtern ist es fehlerhaft. Es ist noch keine sechs Uhr, noch nicht sechs Uhr. Es waren keine zehn Mann, es waren nicht, oder noch nicht zehn Mann. 4) Oft stehet es so wie einer ohne Hauptwort, und ohne unmittelbare Beziehung auf ein vorher gegangenes Hauptwort, für niemand, ob es gleich die Ausschließung noch etwas genauer zu bestimmen scheinet, als dieses Wort. Es hat alsdann die völlige Gestalt eines Pronominis, und ist im männlichen Geschlechte am üblichsten, wenn es sich gleich auch auf Personen weiblichen Geschlechtes beziehet. Das weiß keiner, kein Mensch. Sag es keinem. Das hat noch keiner vor mir gethan. Ist keiner unter euch, der es gehört hätte? Ingleichen mit den Vorwörtern von und aus. Es war keiner aus unserer Familie. Es hat ihn keiner von uns gesehen. Unter keines Bothmäßigkeit stehen. Auch mit der zweyten Endung. Er ist keiner der stärksten. Welcher in der höhern Schreibart auch voran stehen kann. Er ist der stärksten keiner. Er weicht der Unsterblichen keinem. Im gemeinen Leben gebraucht man dafür auch das sächliche Geschlecht. Es ist keines zu Hause.

Anm. Dieses verneinende kein ist aus nicht ein, oder nach der ältern Oberdeutschen Art, nie chein, nie kein entstanden. Es lautet daher noch bey dem Kero noh hein, nihein, in dem alten Lege Lud. et Loth. von 840 neiein, bey dem Willeram ne chein, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno nichein, bey dem Ottfried nich ein und niheinig, und mit dem voran gesetzten de bey den Schwäbischen Dichtern ni dekein. Indessen ließ man schon sehr frühe die Negation weg. So gebraucht Ottfried thiheinigemo, für keinem, Willeram decheina, für keine, uns Stryker dehainer, für keiner, dhain bey dem Hornegk und ghein bey den ältern Schweizern, welches das oben erwähnte dechein, ein, einig, ist. Bey andern scheinet die Negation in en übergegangen zu seyn, wie in dem enhein und enkein der Schwäbischen Dichter, bey welchen aber auch schon chein und kein in dem heutigen Verstande vorkommt. Die heutigen Niedersachsen sagen zwar auch keen; allein sie gebrauchen auch noch neen, nien, Engl. none, welches gleichfalls aus nie ein oder nicht ein zusammen gezogen ist, so wie das Latein. nullus aus non ullus.


Keinerley (W3) [Adelung]


Keinerley, adj. indeclin. auf keine Art, von keiner Art oder Gattung. Ich hoffe, daß ich in keinerley Stück zu Schanden werde, Phil. 1, 20. Lasset euch niemand verführen in keinerley Weise, 2 Thess. 2, 3. Auf keinerley Art. Im Schwabensp. dehainerley, bey dem Hornegk dhaineres Slacht, chainer Slacht, im Nieders. nenerlei, ninerlei, nenerhand.


Keinesweges (W3) [Adelung]


Keinesweges, adv. auf keine Art, schlechterdings nicht. Er konnte dieser Traurigkeit keinesweges widerstehen. Bey diesen Umständen war mir mein Zustand keinesweges angenehm. Ingleichen anstatt einer bloßen, aber sehr nachdrücklichen Verneinung. Hast du es nicht gethan? Antw. Keinesweges. Ich habe ihn keinesweges gesehen. Im Oberdeutschen keiner Dingen. Richtiger würde man es getheilt Weges schreiben. Der Gegensatz eines Weges, einer Wegen, auf einige Art, an irgend einem Orte, ist noch in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens üblich.


Keinmahl (W3) [Adelung]


Keinmahl, besser kein Mahl, adv. nicht Ein Mahl, wofür aber im Hochdeutschen niemahls üblicher ist. Ich habe ihn noch kein Mahl gesehen. Nie keinmahl, wie Jerem. 2, 3, ist nach dem heutigen Gebrauche des kein ein Fehler, S. Kein 1. 2).


-keit (W3) [Adelung]


-keit, eine Ableitungssylbe, welche Hauptwörter aus Beywörtern bildet, das Abstractum derselben, und nach einer sehr gewöhnlichen Figur auch aus dem Abstracto wieder ein Concretum zu bezeichnen. Sie kommt in der Bedeutung mit der Ableitungssylbe - heit völlig überein, aus welcher sie bloß durch eine härtere Aussprache des Hauchlautes entstanden ist. Nur in Ansehung des Gebrauches ist sie von derselben unterschieden, indem sie mehr eingeschränkt ist, und nur den Beywörtern angehänget werden kann, welche sich auf bar, er, ig, lich und sam endigen. Auf bar. Die Brauchbarkeit, Dankbarkeit, Dienstbarkeit, Ehrbarkeit, Fehlbarkeit, Fruchtbarkeit, Kostbarkeit, Mannbarkeit, Schiffbarkeit, Nutzbarkeit, Sichtbarkeit, Unsichtbarkeit, Mittelbarkeit, Theilbarkeit, Untheilbarkeit, Unläugbarkeit, Strafbarkeit u. s. f. Auf er. Die Bitterkeit, Heiterkeit, Munterkeit, Finsterkeit, Tapferkeit, Heiserkeit, Lauterkeit, Alberkeit, wofür auch Albernheit üblich ist, das Oberdeutsche Oberkeit für Obrigkeit, das Nieders. Düsterkeit u. s. f. Von bitter, heiter u. s. f. Für Sicherkeit ist Sicherheit, und für Sauerkeit ist Säure eingeführet, so wie von denjenigen Beywörtern, wo die Sylbe er zum Stamme gehöret, die Abstracta gleichfalls auf e gemacht werden; die Leere, Schwere. Auf ig. Abschüssigkeit, Anmuthigkeit, Anständigkeit, Barmherzigkeit, Billigkeit, Bündigkeit, Ewigkeit, Fertigkeit, Flüchtigkeit, Freudigkeit, Freygebigkeit, Geschäftigkeit, Gütigkeit, Gefälligkeit, Gültigkeit, Holdseligkeit, Kaltblütigkeit, Lässigkeit, Mannigfaltigkeit, Muthwilligkeit, Mühseligkeit, Mäßigkeit, Mündigkeit, Obrigkeit, Offenherzigkeit, Schwierigkeit, Streitigkeit, Seligkeit, Thätigkeit, Widrigkeit, Zufälligkeit u. s. f. Auf lich. Ehrlichkeit, Freundlichkeit, Friedlichkeit, Höflichkeit, Häuslichkeit, Köstlichkeit, Sinnlichkeit, Peinlichkeit, Pünctlichkeit, Unpäßlichkeit, Abscheulichkeit, Zärtlichkeit, Bedenklichkeit, Deutlichkeit, Erheblichkeit, Glaublichkeit, Häßlichkeit, Beweglichkeit, Betrüglichkeit, Heimlichkeit, Sterblichkeit, Göttlichkeit, Herrlichkeit u. s. f. Auf sam. Seltsamkeit, Heilsamkeit, Furchtsamkeit, Friedsamkeit, Arbeitsamkeit, Bedachtsamkeit, Empfindsamkeit, Genügsamkeit, Wachsamkeit, Einsamkeit, Grausamkeit, Langsamkeit, Sparsamkeit, Wirksamkeit u. s. f. Dahin gehören auch die Beywörter auf haft und los, welche gleichfalls nur allein das keit annehmen, aber vorher durch die Sylbe ig verlängert werden müssen. Dauerhaftigkeit, Gewissenhaftigkeit, Herzhaftigkeit, Nahrhaftigkeit, Schalkhaftigkeit, Wahrhaftigkeit, Standhaftigkeit, Plauderhaftigkeit, Zaghaftigkeit u. s. f. Bodenlosigkeit, Gottlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Fruchtlosigkeit, Lieblosigkeit, Gedankenlosigkeit, Herrenlosigkeit, Ehrlosigkeit, Grundlosigkeit, Kraftlosigkeit, Sinnlosigkeit, Sprachlosigkeit, Trostlosigkeit u. s. f. Bey den Beywörtern auf los ist das ig vielleicht aus dem e euphonico entstanden, die weiche Aussprache des s zu erhalten, für Gottlosekeit u. s. f. wie noch häufig im gemeinen Leben einiger Gegenden gesprochen wird, und welches Frisch in seiner Ausgabe der Sprachlehre Bödickers so gern für die echte und wahre Schreibart ausgeben möchte, selbst in den eigentlichen Beywörtern auf ig; Gütekeit für Gütigkeit. In den Beywörtern auf halt schreibt sich dieses ig aus der Oberdeutschen Mundart her, welche den Beywörtern auf haft so gern ein unbedeutendes ig anhänget, glaubhaftig, für glaubhaft; welche Schreib- und Sprechart auch im Hochdeutschen ihre Freunde hat. Diesem Beyspiele folgen auch einige andere Beywörter, welche das keit annehmen, vorher aber durch die Sylbe ig verlängert werden. Frömmigkeit, Süßigkeit, Gerechtigkeit, Kleinigkeit, Feuchtigkeit, Reinigkeit, Mattigkeit, Dreistigkeit, Festigkeit, Nettigkeit, Helligkeit im gemeinen Leben für die Helle, Seichtigkeit u. s. f. Besonders wenn sie sich auf einen weichen Mitlauter endigen; Geschwindigkeit, Müdigkeit, Blödigkeit, Sprödigkeit, Behendigkeit u. s. f. Von fromm, süß, gerecht, blöde, spröde u. s. f. Indessen ist solches keine allgemeine Regel, weil viele das heit annehmen, wenn sie sich gleich auf einen weichen Mitlauter endigen, wie Trägheit, Feigheit, Bosheit, Weisheit, von träge, feige, böse, weise. In grob, blind, gesund u. a. lautet der Consonant schon hart, daher Grobheit, Blindheit, Gesundheit, der Regel gemäß sind. Für Feinigkeit sagt man lieber Feinheit. S. von diesem Gebrauche der Sylbe ig mein Magazin B. 1, St. 3, S. 78 f. In der Bedeutung kommen die Hauptwörter auf keit mit denen auf heit vollkommen überein, nur daß die vorher gehende Ableitungssylbe dabey nicht aus der Acht gelassen werden muß. Es macht Abstracta, welche eine Eigenschaft, eine Fertigkeit bedeuten und figürlich wieder zu Concretis werden können, Dinge zu bezeichnen, welche diese Eigenschaft an sich haben. Sich an Kleinigkeiten belustigen, an kleinen unerheblichen Dingen. Feuchtigkeiten, feuchte Körper. Gütigkeiten, gütige Handlungen. Indessen vertragen doch nicht alle der obigen Beywörter diese Sylbe, woran theils die Natur der Sache, theils der Wohlklang, theils aber auch bloß der unterlassene Gebrauch, Schuld sind. Die Beywörter auf ig, welche von Partikeln herkommen, lassen sich nicht auf diese Art in Hauptwörter verwandeln. Für Damahligkeit, Baldigkeit, (im Oberd. sagt man Bälde,) Heutigkeit, Dortigkeit, Hiesigkeit u. s. f. muß man umschreiben, wenn man den Begriff auszudrucken hat. Eben dieß gilt auch von Wunderbarkeit, Väterlichkeit, Mündlichkeit, Ehelichkeit, Königlichkeit, Kümmerlichkeit, Bürgerlichkeit, Ziemlichkeit und hundert andern mehr. Für Gnädigkeit, Allmächtigkeit, Andächtigkeit, Günstigkeit, Hungerigkeit, Mächtigkeit, Wollüstigkeit, Spitzigkeit, Lebendigkeit, Adeligkeit, Gehorsamkeit u. a. m. sind die kürzern Gnade, All- macht, Andacht, Gunst, Hunger, Macht, Wollust, Spitze, Leben, Adel und Gehorsam, wenigstens in der edlern Schreibart, üblicher; obgleich in dem lehrenden Vortrage, wo die schärfste Bestimmung nöthig ist, auch jene gebraucht werden können, wenn der Verstand es erfordert, und die vielfache Bedeutung der letztern eine Zweydeutigkeit verursachen könnte.

Anm. Aus allem erhellet, daß diese Ableitungssylbe in den meisten Fällen ihren Ursprung dem Wohlklange zu verdanken hat, indem das gelindere h nach den Buchstaben r, g, ch, und dem weichen s fast in das härtere k übergehet. Daher findet man es auch in den ältesten Schriften so selten, ja fast nicht eher, als bis man auf den Wohlklang zu merken anfing.


Kelch (W3) [Adelung]


Der Kelch, des -es, plur. die -e, Diminut. das Kelchlein, ein Gefäß, besonders ein Trinkgeschirr, welches oben weiter ist als unten, und einen langen Fuß hat, welcher sich unten in eine erweiterte Fläche endiget. 1. Eigentlich. In den Glasbütten werden unsere gewöhnlichen Weingläser, dem Herrn Stosch zu Folge, Kelche genannt. ( S. Kelchglas,) Am üblichsten ist dieses Wort von den in den Kirchen üblichen gemeiniglich metallenen Trinkgeschirren dieser Art, woraus den Communicanten der gesegnete Wein gereichet wird. Daher denn der gesegnete Wein in dem Sacramente des Abendmahles figürlich selbst unter dem Nahmen des Kelches bekannt ist. Den Laien den Kelch entziehen. ( S. auch Spülkelch,) 2. Figürlich. 1) In der Kräuterkunde führet das Behältniß der Pflanzen, welches die eigentliche Blume oder Blüthe enthält, wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, den Nahmen des Kelches; Calix L. Aus eben dieser Ursache werden auch manche so geformte Blumen selbst, z. B. die Tulpen, bey den Blumenliebhabern Kelche genannt. 2) In der Deutschen Bibel ist, nach einer morgenländische. Figur, der Kelch des Leidens, des Zornes u. s. f. das zugetheilte Maß des Leidens, die Wirkung des Zornes.

Anm. In der heutigen kirchlichen Bedeutung schon bey dem Ottfried Kelih, im Dän. Kalk, im Böhm. Kalich. So wahrscheinlich es dem ersten Anblicke nach scheinet, daß dieses Wort aus dem Lat. Calix entlehnet worden, so wie dieses von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - abstammet: so ist es doch wahrscheinlicher, daß es nur ein Seitenverwandter desselben ist, und mit demselben zu Gelte, Kehle, Gölle, Holk, Kelle, Keller, Kolk und andern Wörtern dieses Geschlechtes gehöret, welche überhaupt ein hohles Behältniß, ein Geschirr bedeuten, und wohin vermittelst des Zischlautes auch Schale gehöret. Im Tatian bedeutet Helih caltes uuazzeres ein Gefäß mit kaltem Wasser; bey dem Notker ist Chelih gleichfalls ein Gefäß, und im Wallach. bedeutet Kelke und im Alban. Kjelkje ein Glas, ein gläsernes Gefäß.


Kelchfutter (W3) [Adelung]


Das Kelchfutter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Futter oder Futteral, den gottesdienstlichen Kelch darin zu verwahren.


Kelchglas (W3) [Adelung]


Das Kelchglas, des -es, plur. die -gläser, ein gläserner Kelch, ein großes gläsernes Trinkgeschirr in Gestalt eines Kelches, welches noch in manchen Trinkgesellschaften üblich ist. Auch die gewöhnlichen Weingläser von eben dieser Gestalt, führen zuweilen diesen Nahmen, besonders wenn sie, ehe der Fuß angehet, nicht spitzig, sondern rundlich zulaufen, zum Unterschiede von den Spitzgläsern.


Kelchmos (W3) [Adelung]


Das Kelchmos, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, dasjenige Mos, bey welchem der Same in kleinen Kelchen liegt.


Kelle (W3) [Adelung]


Die Kelle, plur. die -n. 1) Ein Löffel an einem laugen Stiele. welcher von seiner Bestimmung die Nahmen Rührkelle, Schaumkelle, Schöpfkelle, Schmelzkelle, Küchenkelle u. s. f. erhält, oft aber doch lieber ein Löffel genannt wird. In der Deutschen Bibel kommt es Zach. 4, 2, und 1 Macc. 1, 23 vor, vermuthlich Löffel zu bezeichnen. 2) Ein Werkzeug der Mäurer, wel- ches aus einem dreyeckigen ebenen Bleche mit einem krummen Stiele bestehet, den Mörtel damit aufzutragen, die Mauerkelle; vermuthlich, weil man sich dazu ehemahls eines mehr tiefen Geschirres bedienet hat.

Anm. Im Nieders. gleichfalls Kelle, im Pohln. Kielnia. Gewiß nicht von Cochlear, wie Frisch wähnet, als wenn die Deutsche Sprache so arm wäre, daß sie für ein solches Werkzeug keinen Nahmen in sich selbst hätte finden können. Es gehöret mit Cella, Olla, und hundert andern zu dem schon bey dem vorigen Worte erwähnten weitläufigen Geschlechte solcher Ausdrücke, welche ein hohles Behältniß bedeuten. S. Gölle, Gelte, Hohl, Kehle, und die mittlern Lat. Galo, Gillo, Golla, Gullus, Golena, Geola u. s. f.


Keller (W3) [Adelung]


1. * Der Keller, des -s, plur. inus. ein nur in einigen Gegenden, besonders Niedersachsens, übliches Wort, geronnene, besonders sauer gewordene Milch zu bezeichnen; daher kellern daselbst auch für gerinnen üblich ist. ( S. Gallerte,) welches Wort daraus entstanden ist.


Keller (W3) [Adelung]


2. * Der Keller, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kellerinn, ein nur in einigen Gegenden übliches und aus Kölner verderbtes Wort, so wohl einen Kölner, d. i. Hüfener, zinspflichtigen Besitzer eines Hufengutes, als auch, und zwar am häufigsten, einen Vorgesetzten derselben zu bezeichnen; in welchem letztern Verstande es so wohl im Österreichischen, als auch am Niederrheine vorkommt, wo Amtskeller so viel als Amtsverwalter ist, einen Beamten zu bezeichnen, der das Cameral-Wesen eines Amtes besorget, und unmittelbar auf den Amtmann folget, dessen Gebieth alsdann auch die Kellerey oder Amtskellerey genannt wird. Es ist aus dem mittlern Lat. Colonarius entlehnet. S. Kölnhof.


Keller (W3) [Adelung]


3. Der Keller, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Kellerchen, Oberd. Kellerlein. 1) Überhaupt, eine Höhle, ein hohles Behältniß, ein hohler Raum, wo es nur noch hin und wieder in einigen einzelnen Fällen üblich ist. In der Schweiz werden die Höhlen in den Bergen, worin sich Krystall befindet, Keller genannt. Bey dem Notker ist Chellera eine Vorrathskammer, und im Wallach. Kalntar ein Topf. In dem zusammen gesetzten Flaschenkeller bedeutet es ein bewegliches Behältniß für Flaschen. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, ein Behältniß unter der Erde, theils allerley Verrichtungen daselbst vorzunehmen, theils auch allerley Sachen daselbst zu verwahren. In engerer Bedeutung ist Keller ein solches gewölbtes Behältniß, im Gegensatze eines ungewölbten, welches ein Balkenkeller, und im gemeinen Leben eine Tunke genannt wird. In einem Keller wohnen. In den Niedersächsischen Städten wohnen die Schuhmacher und Schuhflicker gemeiniglich ein Kellern. Ein Italiäner-Keller, ein solches Behältniß unter der Erde, in welchem allerley Italiänische Waaren aufbehalten und verkauft werden. Ingleichen ein solches Behältniß unter der Erde, zum Behufe einer jeden Haushaltung. In den Keller gehen. Wein, Bier aus dem Keller hohlen. Ein Weinkeller, Bierkeller, Milchkeller. Ein Bergkeller, in einem Berge. Besonders ein solcher Keller, so fern daselbst Wein oder Bier geschenket wird. Der Rathskeller, Stadtkeller, Burgkeller u. s. f.

Anm. In der zweyten Bedeutung schon bey dem Notker Chelir, im Schwabensp. Keler, im Nieders. gleichfalls Keller, im Dän. Kiälder, im Angels. Cellare, im Engl. Cellar, im Schwed. Kaellare, im Span. Cillero. Die Endsylbe er ist die Ableitungssylbe, welche ein Werkzeug oder auch ein Ding selbst bedeutet. Die Stammsylbe Kell gehöret mit Kehle, dem vorigen Kelle, dem verwandten Gölle, dem Lat. Cella und andern mehr zu einem und eben demselben Worte, in welchem der Begriff der Höhle der herrschende ist. Das Lat. Cellarium und mittlere Lat. Cellare ist auf eben dieselbe Art gebildet.


Keller (W3) [Adelung]


4. Der Keller, des -s, plur. ut nom. sing. ein aus Kellerer oder Kellner zusammen gezogenes und vornehmlich im Oberdeutschen übliches Wort, den Vorgesetzten eines Wein- oder Bierkellers zu bezeichnen, wo eine solche Person weiblichen Geschlechtes auch die Kellerinn genannt wird. ( S. Kellner,) Im mittlern Lat. Cellarius.


Kelleresel (W3) [Adelung]


Der Kelleresel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Assel.


Kellerey (W3) [Adelung]


1. Die Kellerey, plur. die -en, das Gebieth eines Kellers oder Kölners, S. 2. Keller.


Kellerey (W3) [Adelung]


2. Die Kellerey, plur. die -en. 1) Ein großer Wein- oder Bierkeller, besonders an Höfen, in großen Weinhäusern u. s. f. 2) An Höfen, die sämmtlichen über das Getränk gesetzten Personen, als ein Collectivum, und worunter der Haus- oder Hofkellner oder Kellermeister gemeiniglich der vornehmste ist.


Kellergeschoß (W3) [Adelung]


Das Kellergeschoß, des -sses, plur. die -sse, das unter der Erde oder großen Theils unter der Erde befindliche Geschoß eines Hauses.


Kellerhof (W3) [Adelung]


Der Kellerhof, des -es, plur. die -höfe, S. Kölnhof.


Kellerknecht (W3) [Adelung]


Der Kellerknecht, des -es, plur. die -e, ein geringer Bedienter in einem Bier- oder Weinkeller, welcher die niedrigsten Arbeiten in demselben verrichtet.


Kellerlaus (W3) [Adelung]


Die Kellerlaus, plur. die -läuse, S. Assel.


Kellerloch (W3) [Adelung]


Das Kellerloch, des -es, plur. die -löcher, das Luftloch eines Kellers.


Kellermagd (W3) [Adelung]


Die Kellermagd, plur. die -mägde, eine Magd, so fern sie vornehmlich zum Behufe eines Bier- oder Weinkellers gehalten wird.


Kellermeister (W3) [Adelung]


Der Kellermeister, des -s, plur. ut nom. sing. dessen Gattinn die Kellermeisterinn, der erste unmittelbare Vorgesetzte eines großen, besonders herrschaftlichen Bier- oder Weinkellers, welcher so wohl den Einkauf des Getränkes als dessen Erhaltung zu besorgen hat. Er wird an einigen Höfen Haus- oder Hofkellner genannt, ist aber an andern noch von demselben unterschieden.


Kellern (W3) [Adelung]


Kellern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, gerinnen, S. 1. Keller.


Kellerrecht (W3) [Adelung]


Das Kellerrecht, des -es, plur. die -e. 1) Die Gerechtsamen, Freyheiten eines fürstlichen oder öffentlichen Kellers. An die Fässer zu klopfen, um zu hören, ob sie voll sind, ist wider das Kellerrecht. 2) Dasjenige, was in Ansehung der Gäste und Fremden in einem herrschaftlichen Weinkeller üblich ist; wohin unter andern auch der Willkommen gehöret.


Kellerschabe (W3) [Adelung]


Die Kellerschabe, plur. die -n, an einigen Orten, ein Nahme der Assel, S. dieses Wort.


Kellerschreiber (W3) [Adelung]


Der Kellerschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schreiber in einem großen Wein- oder Bierkeller, welcher die Rechnungen über das Getränk führet.


Kellerspinne (W3) [Adelung]


Die Kellerspinne, plur. die -n, eine besondere Art Spinnen, deren Augen im Vierecke stehen, und welche haarige Füße haben. Sie wohnen in Kellern und alten Mauern, und sind sehr böse. Zum Unterschiede von den Haus-Garten- und Feldspinnen.


Kellerwirth (W3) [Adelung]


Der Kellerwirth, des -es, plur. die -e, Fämin. die Kellerwirthinn, der Wirth oder Schenkwirth in einem Wein- und Bierkeller, besonders in einem solchen öffentlichen Keller.


Kellerwurm (W3) [Adelung]


Der Kellerwurm, des -es, plur. die -würme, S. Assel.


Kellner (W3) [Adelung]


Der Kellner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kellnerinn, der Vorgesetzte eines Wein- oder Bierkellers, so wohl in Gasthöfen und Wein- und Bierhäusern, als auch an Höfen. In großen Anstalten wird er Kellermeister genannt, wo er denn zuweilen noch einen oder mehrere Kellner unter sich hat. Im Oberdeutschen ist dafür auch Keller üblich, welches aus Kellerer zusammen gezogen ist.


Kellnhof (W3) [Adelung]


Der Kellnhof, S. Kölnhof.


Kelter (W3) [Adelung]


Die Kelter, plur. die -n, eigentlich derjenige Ort, wo die reifen Weintrauben mit den Füßen zertreten werden, um den Saft daraus zu bekommen. In weiterer Bedeutung führet auch die Weinpresse, welcher man sich an vielen Orten statt des Tretens bedienet, das Gebäude, in welchem sie sich befindet, und die ganze dazu gehörige Anstalt diesen Nahmen. Die Trauben auf die Kelter bringen. Die Kelter treten, die in der Kelter befindlichen Weintrauben. Eine Bannkelter, Baumkelter, Spindelkelter u. s. f.

Anm. Es ist aus dem Lat. Calcatorium entlehnet, weil die Deutschen die ganze Bearbeitung des Weines aus Italien haben, von calcare, treten. Im Oberdeutschen ist dafür auch Trotte, Weintrotte üblich, von treten, der ältesten Art, die Weintrauben zu zerquetschen, bey dem Notker Vuintroto; ingleichen Torkel, Torggel, bey dem Notker Torcile, Torzil, Torcula, gleichfalls von dem Latein. Torcular.


Kelterbaum (W3) [Adelung]


Der Kelterbaum, des -es, plur. die -bäume, der starke Baum an einer Kelter oder Weinpresse, vermittelst dessen die Schraube zugezogen wird; der Preßbaum, im Oberdeutschen auch der Trottbaum, Torkelbaum.


Kelterer (W3) [Adelung]


Der Kelterer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher keltert, d. i. die Weintrauben mit Füßen zertritt; der Keltertreter. Ingleichen derjenige, welcher vermittelst einer Weinpresse den Saft aus den Trauben quetschet; der Kelterknecht, Trottknecht.


Kelterhaus (W3) [Adelung]


Das Kelterhaus, des -es, plur. die -häuser, das Haus oder Gebäude, worin eine Kelter befindlich ist, und welches auch nur die Kelter genannt wird.


Kelterherr (W3) [Adelung]


Der Kelterherr, des -en, plur. die -en, der Eigenthumsherr einer Bann- oder Zwangkelter.


Kelterkasten (W3) [Adelung]


Der Kelterkasten, des -s, plur. ut nom. sing. der starke große Kasten an einer Kelter, worin sich die Trauben befinden; die Trotte.


Kelterknecht (W3) [Adelung]


Der Kelterknecht, des -es, plur. die -e, S. Kelterer.


Keltermeister (W3) [Adelung]


Der Keltermeister, des -s, plur. ut nom. sing. der Vorgesetzte einer öffentlichen Kelter; im Oberdeutschen der Trottmeister, Torkelmeister.


Keltern (W3) [Adelung]


Keltern, verb. reg. act. eigentlich, die Weintrauben mit Füßen zertreten, um den Saft heraus zu bringen. In weiterer Bedeutung auch den Saft vermittelst einer Presse aus den Weintrauben bringen. Im Oberd. auch trotten, torkeln, mosteln, von Most. S. Kelter.


Kelterordnung (W3) [Adelung]


Die Kelterordnung, plur. die -en, eine obrigkeitliche Verordnung, wie es mit dem Keltern des Weines gehalten werden soll.


Kelterrecht (W3) [Adelung]


Das Kelterrecht, des -es, plur. inus. das Recht, eine Kelter so wohl für sich, als für andere zu halten. Ingleichen dasjenige, was man dem Kelterherren für den Gebrauch seiner Kelter bezahlet; der Kelterzins.


Keltersatz (W3) [Adelung]


Der Keltersatz, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, das Recht, welches man hat, eine Bannkelter zu halten, d. i. den Wein anderer in seiner Kelter auszupressen, der Kelterbann; ingleichen der Bezirk über welchen sich dieses Recht erstrecket.


Kelterschreiber (W3) [Adelung]


Der Kelterschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. der Schreiber bey einer öffentlichen Kelter.


Keltertreter (W3) [Adelung]


Der Keltertreter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kelterer.


Kelterwein (W3) [Adelung]


Der Kelterwein, des -es, plur. doch nur von mehrern Quantitäten, die -e, derjenige Wein, welchen man dem Kelterherren für den Gebrauch seiner Kelter gibt.


Kemnate (W3) [Adelung]


Die Kemnate, plur. die -n, ein noch in vielen Gegenden übliches Wort, ein steinernes Gebäude zu bezeichnen, besonders so fern es nicht bloß zur Wohnung bestimmt ist; ob man gleich ehedem auch feste steinerne Wohnhäuser, welche noch nicht den Nahmen der Bürge oder Schlösser verdieneten, Kemnaten zu nennen pflegte. Im Nieders. Kemenade. Es ist aus dem mittlern Lat. caminata entlehnet, welches auch eine Stube, ingleichen eine gewölbte Kammer bedeutete, und entweder zu Kam, Kamen, ein Stein, oder auch zu Kammer gehöret, S. dieses Wort, ingleichen Kamin.


Kennbar (W3) [Adelung]


Kennbar, oder mit dem t euphonico kenntbar, -er, -ste, adj. et adv. was leicht gekannt oder erkannt werden kann; kenntlich. Ein kennbares, oder kenntbares Zeichen. Eine Tugend, welche diesen sanften Zügen so kennbar eingedruckt ist. Ihre Verdienste der Nachwelt kenntbar zu machen, Raben. Daher die Kennbarkeit oder Kenntbarkeit, plur. inus.


Kennen (W3) [Adelung]


Kennen, verb. irreg. neutr. Imperf. ich kannte; Conj. kennete; Mittelw. gekannt. Es bekommt das Hülfswort haben, erfordert allemahl die vierte Endung der Sache, und ist in einer doppelten Hauptbedeutung üblich. 1. Eine klare, besonders sinnliche Vorstellung von einem Dinge bekommen, doch nur, so fern man sich dabey bewußt wird, daß man von diesem Dinge schon vorher klare Vorstellungen gehabt habe; in der feyerlichen Schreibart erkennen. Endlich kannte ich ihn. Ehe denn einer den andern kennen möchte, Ruth 3, 14. Jetzt kenne ich die Hand, ich weiß, wenn sie zugehöret. Das Merkmahl bekommt das Vorwort an. Man kennet den Vogel an den Federn. Ich kannte ihn an seiner Stimme. ( S. Erkennen 4.) In dieser Bedeutung wird es auch zuweilen, aber nur selten, als ein Activum gebraucht. Ich wurde von ihm nicht gekannt, besser erkannt. 2. Eine durch die Sinne gewirkte Vorstellung von einem Dinge haben, so daß man es von andern unterscheiden kann; ein Ding vorher auf eine klare Art empfunden haben. 1) Überhaupt, wo die Art und Weise dieser Vorstellung durch Beysätze bestimmet wird. Ich kenne diese Waare nur von Hören sagen, aus der Beschreibung anderer. Ich kenne ihn nur von weiten, sehr wenig, nur dem Nahmen nach, von Gesichte u. s. f. Er kennet es sehr genau, von innen und außen. 2) In engerer Bedeutung, da die Art und Weise des Kennens so vielfach ist, als es Merkmahle gibt, welche der Grund der klaren Vorstellung sind. (a) In Ansehung des Nahmens, der Gestalt, des Ortes und anderer äußern Umstände. Die Karten kennen, wissen, wie sie heißen, und was sie bedeuten. Das Kind kennet die Buchstaben schon. Eines Hand kennen. Kennest du diesen Baum? weißt du wie er heißt, wo er wächst? Ich kenne dieses Land. Ich kenne den Menschen nicht. Alle Straßen in einer Stadt, alle Stege und Wege kennen, wissen, wie sie heißen, wo sie liegen und wohin sie gehen. Ein Ochs kennet seinen Herren. Man kennet ein Buch, so wohl wenn man dessen äußere Gestalt, dessen Besitzer u. s. f. weiß, als auch, wenn man von dessen Inhalt und Güte eine klare Vorstellung hat. In allen diesen und andern Fällen liegt der Umstand zum Grunde, daß man ein Ding vorher empfunden habe, daß man es aus eigener Erfahrung kenne. In andern ist dieser Begriff der herrschende. Ich kenne deinen Ungehorsam. Man kennet schon seine Beredsamkeit. In Afrika kennet man weder Kälte noch Schnee. Lernen sie mir nur die Liebe erst kennen, Gell. Ich empfand eine Blödigkeit, die ich bisher noch nicht gekannt hatte. (b) In engerer Bedeutung, aus dem Umgange kennen, Umgang mit jemand haben oder gehabt haben. Wir kennen jemanden nicht, wenn wir gleich seinen Nahmen und äußern Umstände wissen, aber keinen Umgang mit ihm haben, oder gehabt haben. Wir haben einander erst neulich kennen gelernt. (c) In noch engerer Bedeutung, die Eigenschaften, die Verhältnisse, das Wesen eines Dinges kennen, eine deutliche Vorstellung von demselben haben; eine Kenntniß, welche wiederum verschiedener Stufen fähig ist. Gott kennet die Herzen, 1 Kön. 8, 39; Luc. 16, 15. Er gibt vor, daß er Gott kenne, Weish. 2, 13. Der Herr kennet die Seinen, 2 Timoth. 2, 19. Ich kenne meine Leute. Man glaube seinen Freund zu kennen; aber das Glück ändert oft viel. Sich selbst kennen, ist die größte Kunst. Wer ihn kennt, der kauft ihn nicht. Wenn manches Thier seine Kräfte kennete, es würde sich von dem Menschen oft nicht so mißbrauchen lassen. Stax kennet sich vor Stolz nicht mehr. Gemählde kennen. (d) In der engsten Bedeutung, mit Einfluß auf den Willen kennen. Sein Glück verblendet ihn, er kennet seine Freunde nicht mehr. Der Tapfere kennet keine Gefahr, er scheuet sie nicht. Sie kennen den Weg des Friedens nicht, Es. 59, 8. Der Mensch, der seinen Schöpfer zu kennen vorgibt, und doch nichts gegen ihn fühlt, verdient den Nahmen des Menschen nicht, Gell. Das Hauptwort die Kennung ist nur in einigen Zusammensetzungen, allein aber nur in Einem Falle üblich, S. dasselbe besonders.

Anm. Im Isidor chennan, bey dem Ottfried kennan, im Angels. connan, im Engl. to ken, im Schwed. kaenna, im Dän. kiände. Es kommt mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wissen, verstehen, des Hesychius genau überein, so wie es in den ältern Sprachen und Mundarten auch häufig für wissen gebraucht wurde. Noch jetzt vertritt es dessen Stelle oft, doch nur alsdann, wenn die vierte Endung der Sache Statt findet, so wie wissen am häufigsten mit dem Bindeworte daß verbunden wird. Mit können scheinet dieses Zeitwort genau verwandt zu seyn, indem dieses sehr oft auch für wissen, verstehen, gebraucht wird. Bey dem Ulphilas ist kunnan und im Präsenti kann, wissen. Das Schwed. kaenna, und selbst unser Deutsches kennen, bedeutete ehedem noch, 1) durch die Sinne empfinden, von allen Sinnen gebraucht, welches vielleicht eine der ersten Bedeutungen ist, 2) lernen, 3) lehren, 4) anklagen, 5) zuschreiben, beylegen, 6) untersuchen, 7) bekennen, 8) erkennen, von der innern Überzeugung u. s. f. welche Bedeutungen zum Theil noch in den zusammen gesetzten bekennen und erkennen üblich sind. Wenn man erwäget, daß die Verdoppelung des n ein Zeichen eines Iterativi oder Intensivi ist, und daß alle Wirkungen des Verstandes von körperlichen Wirkungen hergenommen sind; so wird es nicht schwer seyn, die erste eigentliche Bedeutung dieses Wortes zu finden, welche sich indessen bey dem hohen Alten desselben nur errathen lassen würde. Die Wortfügung mit der zweyten Endung, ich kenne des Menschen nicht, Matth. 26, 72 - 74, ist im Hochdeutschen völlig ungewöhnlich.


Kenner (W3) [Adelung]


Der Kenner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kennerinn, eine Person, welche etwas kennet; doch nur in der dritten engern Bedeutung, welche von den Eigenschaften, von dem Werthe, von den Verhältnissen eines Dinges eine deutliche Vorstellung hat. Ein Kenner der Pferde, des Weines u. s. f. Von diesen Arten von Schönheiten ist er eben nicht der feinste Kenner, Sonnenf. Die Kennerinn der Fehler und der Sünden, Haged. Ein Kenner alter Schriften. Ein Bücherkenner, Kräuterkenner, Münzkenner u. s. f. Ich bin nicht genug Kenner, um hierüber urtheilen zu können. Besonders in den schönen Künsten. Ein Kenner von Gemählden, von Antiken u. s. f.


Kenntlich (W3) [Adelung]


Kenntlich, -er, -ste, adj. et adv. was erkannt, d. i. von andern Dingen seiner Art unterschieden werden kann, kenntbar; so wohl in der allgemeinen, als der ersten engern Bedeutung des Zeitwortes. Die Schrift ist nicht mehr kenntlich, wenn sie verblichen, verwischt u. s. f. ist. Er ist auch im Tode noch kenntlich. Daher die Kenntlichkeit, plur. inus. Die Niedersachsen haben dafür das Beywort kennig, besonders in dem zusammen gesetzten eenkennig, ein eigenes besonderes Merkmahl habend, woran man es von allen andern Dingen seiner Art unterscheiden kann. S. T.


Kenntniß (W3) [Adelung]


Die Kenntniß, plur. die -sse, von dem Zeitworte kennen, die Vorstellung, welche man von einem Dinge hat. 1) In der ersten und dritten engern Bedeutung des Zeitwortes, die klare und deutliche Vorstellung, welche man von einem Dinge hat; wo es doch nur von Sachen, nicht aber von Personen gebraucht wird. Der Kranke liegt ohne Kenntniß, wenn er seiner und anderer Dinge sich nicht bewußt ist. Ich habe keine Kenntniß von dieser Sache. Die Kenntniß Gottes, Opitz, wofür aber Erkenntniß üblicher ist, S. dieses Wort. 2) Der Inbegriff aller klaren und deutlichen Vorstellungen, welche man hat. Von Kenntniß und Unterricht entblößt seyn. Noch mehr im Plural. Der Fortgang, welchen eine Nation in ihren Kenntnissen macht. Der Horizont menschlicher Kenntnisse. Seine Kenntnisse ausbreiten.

Anm. Von dem t euphonico in diesem Worte S. Bekenntniß

Anm. Die Niedersachsen sagen nur Kennis, gebrauchen es aber auch für Bekanntschaft, in welchem Verstande es im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Eben daselbst ist es ungewissen Geschlechtes, welches auch viele Hochdeutsche, so wie in andern Wörtern, die sich auf -niß endigen, nachahmen; obgleich das weibliche am häufigsten gebraucht wird. S. Erkenntniß

Anm. und - Niß.


Kennung (W3) [Adelung]


Die Kennung, plur. die -en, das Verbale des Zeitwortes kennen, welches nur im gemeinen Leben, von den schwarzen Flecken üblich ist, welche sich in den Zähnen der Pferde befinden, weil sie das Merkmahl sind, woran man das Alter derselben erkennet; der Kern, die Bohne.


Kennzeichen (W3) [Adelung]


Das Kennzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zeichen, woran wir eine Sache kennen, oder erkennen, d. i. sie von andern ihrer Art unterscheiden. Berge, Bäume u. s. f. sind Kennzeichen, woran die Schiffer die Küsten kennen, und erkennen. Oft, aber gewiß nicht auf die beste Art, wird es auch für das einfache Zeichen, oder für Merkmahl gesetzt, eine Eigenschaft zu bezeichnen, woraus das bloße Daseyn einer Sache erkannt wird; z. B. Kennzeichen der Neigung gegen jemand.


Kennziffer (W3) [Adelung]


Die Kennziffer, plur. die -n, in der Mathematik, diejenige Ziffer in einem Logarithmo, welche ganze Zahlen bedeutet; mit einem Griech. Ausdrucke, die Charakteristik.


Kenster (W3) [Adelung]


Der Kenster, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme der Mistel, Viscum album L. welche in andern Kinster heißt. S. Mistel.


Kentern (W3) [Adelung]


Kentern, verb. reg. act. welches nur in Nieders. üblich ist, für umwenden. S. Kante.


Keper (W3) [Adelung]


Keper, Kepern, S. Köper u. s. f.


Keppen (W3) [Adelung]


Keppen, S. Kippen.


Kerbe (W3) [Adelung]


Die Kerbe, plur. die -n, Diminut. das Kerbchen, Oberd. Kerblein, eine unten spitzig zugehende Vertiefung in einem Körper, besonders wenn sie sich in die Länge erstrecket. Eine Kerbe in etwas machen, schneiden, feilen, hauen. Die Kerbe unten an dem Pfeile, welche in die Sehne passet. Eine Kerbe in eine Schachtel schneiden, damit der Bindfaden nicht abgleite. In die Kerbe pfropfen, bey den Gärtnern, das Pfropfreis in eine in den Stamm gehauene Kerbe befestigen.

Anm. Im Nieders. Karve, im Dän. Karv. im Engl. Kerf. ( S. Kerben,) Im Oberdeutschen ist es auch männlichen Geschlechtes, der Kerb oder der Kerben. In Niedersachsen lautet es auch Karn, Kern und Karte, und bedeutet alsdann auch ein ausgeschnittenes Stück; ein Kern Häring, ein abgeschnittenes Stück.


Kerbel (W3) [Adelung]


Der Kerbel, des -s, plur. inus. eine Pflanze, wovon diejenige Art, welche in den Gärten gezeuget, in den Küchen gebraucht, und zum Unterschiede von andern Arten, auch Gartenkerbel genannt wird, in dem mittägigen Europa einheimisch ist; Scandix Cerefolium L. ( S. auch Myrrhenkerbel, Nadelkerbel, Klettenkerbel,) Im gemeinen Leben wird dieses Wort oft, aber unrichtig, Körbel geschrieben und gesprochen. In den Monseeischen Glossen lautet es Chervolla, im Nieders. Karvel, im Angels. Cerfile, im Engl. Chervil, im Franz. Cerfeuil, im Böhm. Kerblik, im Ital. Cerfoglio, im Dän. Korel, im Schwed. Kerfwel und Körwel, in Steyermark Keferfüll. Entweder aus dem Latein. und Griech. Chaerefolium und Cerefolium, weil die zahme Art dieser Pflanze aus Italien zu uns gekommen, oder unmittelbar von kerben, wegen ihrer eingekerbten Blätter, wovon auch der Griech. und Latein. Nahme abstammen. S. 1. Garbe.


Kerbelkohl (W3) [Adelung]


Der Kerbelkohl, des -es, plur. inus. ein Kohl mit gekerbten Blättern; dergleichen der grüne Kohl ist; krauser Kohl, Nieders. Karvel.


Kerbelkraut (W3) [Adelung]


Das Kerbelkraut, des -es, plur. inus. ein Nahme, so wohl des Gartenkerbels, als auch des wilden Kerbels, Chaerophyllumsylvestre L. welcher letztere auch Kälberkropf genannt wird.


Kerben (W3) [Adelung]


Kerben, verb. reg. act. überhaupt schneiden, in welcher Bedeutung es veraltet ist, indem in Einem Falle dafür in den gemeinen Mundarten mit dem vorgesetzten Zischlaute noch scherben üblich ist, ( S. dasselbe,) In engerer Bedeutung, eine Kerbe oder Kerben machen, besonders in den Zusammensetzungen ankerben, auskerben, einkerben u. s. f. Das einfache ist in dem Mittelworte gekerbt am üblichsten, mit Kerben versehen, oder doch solchen Dingen ähnlich. Gekerbte Blätter, dergleichen der Kerbel, die Dille, der Fenchel u. s. f. haben.

Anm. Im Nieders. karven und karnen, im Angels. ceorfan, Engl. to carve, im Dän. karve, im Schwed. karfwa, im Lettischen kerpu, welche verschneiden, abschneiden bedeuten. Es stammet von dem im Deutschen veralteten karen, schneiden, ab, welches noch in dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, schneiden in dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, graben, schreiben, und in unserm scheren vorhanden ist. S. auch Gehren, Karst, 2. der Karren u. a. m.


Kerbstock (W3) [Adelung]


Der Kerbstock, des -es, plur. die -stöcke, S. das vorige.


Kerbweh (W3) [Adelung]


Das Kerbweh, des -es, plur. inus. ein Zufall, welchen das Rindvieh an den Füßen, in der Kerbe oder Spalte zwischen den Klauen bekommt, da dieser Spalt schwillet und wund wird.


Kerbzettel (W3) [Adelung]


Der Kerbzettel, des -s, plur. ut nom. sing. eine vornehmlich ehedem übliche Art von Urkunden, da man zwey gleichlautende Urkunden auf einander legte, und einerley Kerben darein schnitt, um in streitigen Fällen die echte Richtigkeit derselben zu beweisen. Oft wurde auch eine einzige Urkunde durch solche Kerbschnitte in zwey oder mehrere Theile getheilet, und solche den Parteyen in eben dieser Absicht übergeben. Im mittlern Lat. heißen sie Chartae dentatae, indentatae Dentaturae u. s. f.


Kerker (W3) [Adelung]


Der Kerker, des -s, plur. ut nom. sing. ein besonders in der höhern Schreibart übliches Wort, ein Gefängniß, besonders ein öffentliches Gefängniß für Missethäter zu bezeichnen. Bey dem Ottfried Karkare, bey dem Notker Charchar, im Nieders. ehedem Kerkener. Aus dem Latein. Carcer, so wie dieß aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Kerkerfieber (W3) [Adelung]


Das Kerkerfieber, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. eine Art des Faulfiebers, welchem besonders die Gefangenen in den Kerkern ausgesetzt sind.


Kerkermeister (W3) [Adelung]


Der Kerkermeister, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kerkermeisterinn, der Vorgesetzte eines Kerkers, der Aufseher über die Gefangenen, in der höhern Schreibart; in gemeinen Leben der Stockmeister.


Kerl (W3) [Adelung]


Der Kerl, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Kerlchen, ein sehr altes Wort, welches ehedem eine jede Person männlichen Geschlechtes, in engerer Bedeutung aber theils einen tapfern, starken Mann, theils aber auch einen Ehemann bedeutete. In allen diesen Fällen ist es in der anständigen Sprechart veraltet, weil es vermuthlich durch den langen Gebrauch einen verächtlichen Nebenbegriff bekommen hat, und daher nur noch in der niedrigen, höchstens niedrig-vertraulichen Sprechart, am häufigsten aber von geringen Personen gebraucht wird. Ein braver Kerl, ein herzhafter, muthiger Mann. Er ist ein ehrlicher Kerl. Ein liederlicher Kerl. Die Niedersächsischen Bauern sind starke Kerl. In der niedrigen Sprechart und mit einem verächtlichen Nebenbegriffe, auch ein Liebhaber: Ihr werdet sammt eurem Kerle (Kerl) das Brot noch vor den Thüren suchen müssen, Gell. Ingleichen ein Bedienter.

Anm. Im Nieders. Keerl, im Dän. und Schwed. Karl. Bey dem Ottfried ist Karl ein Ehemann. Ane charilis miteslaf, heißt bey dem Notker ohne des Mannes Beyschlaf. Bey dem Stryker ist Cherling so wohl ein Fürst als ein Held. Das Wallis. Carl, Angels. Ceorl, Engl. Churl, und Ital. Carlona, bedeuten einen Bauer, einen Menschen geringen Standes, im Gegensatze eines Eorl, eines Adeligen. Dagegen im Engl. Carle und im Dän. Karle oft für ein jedes Ding männlichen Geschlechtes, selbst für die männliche Endung -er gebraucht wird. So ist im Engl. Carl-Cat ein Kater, Carl-Hemp männlicher Hanf, und im Dän. Aagerkarl ein Wucherer. Bey diesen verschiedenen und zum Theil sehr alten Nebenbegriffen, bleibt die erste eigentliche Bedeutung dieses alten Wortes ungewiß. Ihre glaubt nicht unwahrscheinlich; daß es mit dem Lat. Vir einerley sey, weil man sehr viele Beyspiele hat, daß die Gaumen- und Blaselaute in einander übergehen. Der eigenthümliche männliche Taufnahme Carl, welcher nach dem Muster des Latein. Carolus nunmehr durchgängig mit einem C geschrieben wird, ist eben dieses Wort, und zwar in der Bedeutung eines tapfern Mannes. Wenn in einigen Niedersächsischen Gegenden Keerl einen verschnittenen Mann, einen Castraten bedeutet, so stammet es zunächst von dem alten karen, schneiden, verschneiden, her. S. Kerben und Kapaun.


Kerlich (W3) [Adelung]


* Das Kerlich, des -es, plur. inus. ein nur in einigen Gegenden, z. B. der Lausitz, bekanntes Wort, kleines, klein gehauenes Holz zu bezeichnen. Entweder von dem Wend. Ker, Kebr, ein Strauch, Strauchholz, ( S. Gerte,) oder gleichfalls von dem alten karen, schneiden, hauen, S. Kerben und Scheren.


Kermes (W3) [Adelung]


Der Kermes, plur. car. ein Nahme, welchen die unechte Cochenille oder die rothen an den Früchten und Wurzeln mancher Gewächse befindlichen Schildläuse führen, welche in der Färbekunst und Mahlerey gebraucht werden. Pohlnischer Kermes, diejenigen Schildläuse dieser Art, welche in Pohlen von den Wurzeln des Knauels, Scleranthus perennis L. gesammelt werden. In engerer Bedeutung sind diejenigen Schildläuse unter dem Nahmen Kermes bekannt, welche sich in kleinen runden rothen Beeren oder Nestern, welche daher Scharlachbeeren, Kermesbeeren, Carmesinbeeren heißen, an einer Art Eichen in den warmen Ländern, Quercus coccifera L. Kermesbaum, Kermeseiche, Scharlachbaum, befinden, und welche so wohl zur Färbung des Franzscharlaches, Kermesscharlaches, oder Venetianischen Scharlaches, als auch in den Apotheken zu dem Kermes-Zucker und andern Zubereitungen gebraucht werden. Der Nahme ist das Arabische Kermes, oder mit dem Artikel Alkermes, welchen dieses Insect, besonders dasjenige, welches unter dem Nahmen der echten Cochenille ( S. dieses Wort,) bekannt ist, in den Morgenländern führet. Astruc macht es in seinen Mem. sur l'hist. de Languedoc, S. 472 wahrscheinlich, daß die Araber das Wort mit der Sache selbst aus dem südlichen Gallien bekommen, und daß ersteres von dem Gall. Quer. Eiche, und Mes, Eichel, zusammen gesetzt sey. Die ausländischen Wörter Carmin, Carmesin u. s. f. stammen gleichfalls daher. S. auch Johannis-Blut. Das mineralische Kermes führet diesen Nahmen wegen der Ähnlichkeit. Es ist ein rothes Pulver, welches sich niederschlägt, wenn man Spießglas mit Alcahest oder Wasser kocht. Es wird auch das Carthäuser-Pulver genannt, weil ein Apotheker der Carthäuser, Nahmens Simon, es ehedem sehr stark bereitete; ungeachtet Glauber es erfunden hat.


Kermesbaum (W3) [Adelung]


Der Kermesbaum, oder die Kermeseiche, S. das vorige.


Kermesscharlach (W3) [Adelung]


Der Kermesscharlach, S. Franzscharlach.


Kern (W3) [Adelung]


1. Der Kern, des -es, plur. inus. ein nur noch bey den Jägern übliches Wort, wo es das in Riemen geschnittene und gedörrete Fleisch des umgefallenen Viehes bezeichnet, womit die Hunde gefüttert werden. In den niedrigen Sprecharten Luder. In andern Gegenden wird auch das Fleisch oder Wildbret von Wölfen, Dachsen, Füchsen und andern uneßbaren Thieren Kern genannt. Es scheinet Fleisch überhaupt bedeutet zu haben, da es denn zu dem Latein. Caro, Carnis, gehören würde. Der Fleischmarkt kommt in einigen Gegenden Oberdeutschlandes ehedem unter dem Nahmen des Kerders und Kerners vor, im mittlern Lat. Carnarium. S. Kernzupfen.


Kern (W3) [Adelung]


2. Der Kern, des -es, plur. die -e, Diminut. das Kernchen, Oberd. Kernlein, ein Wort, in welchem sich die genau mit einander verwandten Begriffe der Höhle, des darin befindlichen Körpers und der Ründe vereinigen. 1. Einer Höhle; in welchem Verstande es nur noch in einigen einzelnen Fällen vorkommt. 1) Eine Kerbe, d. i. unten spitzig zulaufende Öffnung in einem Körper, heißt im Nieders. ein Kern. ( S. Kerbe,) 2) In der Geschützkunst ist es die innere Höhlung einer Kanone, von der Mündung bis an den Boden, welche sonst auch die Seele genannt wird. ( S. Kerngeschütz, Kernrecht, Kernstange,) 3) An den Pferden ist es das mit einem schwarzen Flecke versehene Grübchen in den Zähnen der Pferde, welches auch die Kennung und die Bohne heißt, und woraus das Alter der Pferde erkannt wird. 4) Eben daselbst führet diesen Nahmen auch eine von den Furchen, woraus der Gaumen an den Pferden bestehet. In der Feifel pfleget man den Pferden den dritten Kern zu stechen. S. Kernstechen. 2. Eines in einer solchen Höhle verborgenen festen Körpers. 1) Eigentlich. (a) Bey den Gießern ist diejenige Masse, welche in die Form gethan wird, damit der Guß inwendig hohl werde, die innere Form, der Kern, zum Unterschiede von der äußern Form, welche der Mantel, der Hobel, die Schale genannt wird. Dahin gehöret vermuthlich auch der Kern der Schriftgießer, welches eine Platte in dem Gießinstrumente ist, an deren Ecken der Buchstab zu liegen kommt; ingleichen der Kern der Schlösser, ein nach Belieben gefeiltes Eisen, die Gesenke damit zu machen. (b) An Gewächsen wird der Same mit der Hülfe oder Schale, welche ihn umgibt, häufig der Kern genannt; doch nur in verschiedenen einzelnen Fällen. Im Oberdeutschen führet das Getreide den Nahmen des Kernes, wofür die Hochdeutschen Korn sagen. Bey dem Notker ist Chern der Weitzen, und Chornes Cherno ein Getreidekorn. Im Oberd. ist der Kernen noch jetzt für Getreide üblich. Die Samenkörner aller Obstarten und der Beeren tragenden Gewächse, heißen auch im Hochdeutschen Kerne. Apfelkerne, Birnenkerne, Kerne der Weintrauben, der Vogelbeeren u. s. f. Auch die mit einer harten steinartigen Schale umgebenen Samenkörner führet diesen Nahmen, und werden zum Unterschiede hartschälige Kerne genannt, in Gegensatze jener weichschäligern. Kirschkerne, Pflaumenkerne, Pfirschenkerne u. s. f. ( S. Kernobst,) (c) In engerer Bedeutung, der weichere innere eigentlich fruchtbare Theil nicht nur dieser Kerne, sondern aller Arten des Samens, im Gegensatze der Schale. Die Kerne der Nüsse, Nußkerne, der Mandeln, Mandelkerne, der Eicheln, Kastanien, Kirschen u. s. f. Engl. Kernel, Franz. Cerneau. Im engern Verstande sind die von den Hülfen befreyeten Körner des Dinkels im Oberdeutschen unter dem Nahmen des Kernes bekannt, wo das Wort als ein Collectivum nur im Singular üblich ist; welchen Nahmen zuweilen auch der Gries und die Grütze von andern Getreidearten führet. (d) In den Flöten und Orgelpfeifen ist es eine fast ganz runde Schreibe, welche das Mundstück bis auf eine gerade schmale Spalte verschließt. 2) In weiterer Bedeutung das Innerste eines Körpers. So wird das Innere der Samenkörner der Kern genannt. Der Weitzen hat einen schönen Kern, wenn der innere mehlige Theil derb und von guter Art ist. Das Innere der Artischocken, die innern Theile der Salat- und Kohlhäupter und ähnlicher Gewächse, das Mark des Holzes, ingleichen das innere festere Holz, zum Unterschiede des weichern Splintes, ist unter dem Nahmen des Kernes bekannt; ( S. Kernholz, Kernschälig, Kernscheit,) Eben diesen Nahmen führet der inwendige empfindliche, mit dem Hufe umgebene Theil eines Pferdefußes. Der Kern schwindet, wenn dieser Theil schadhaft wird; ( S. Kernschwinden,) An den Sonnenflecken heißt der innere ganz schwarze Theil derselben der Kern, anderer Fälle zu geschweigen. 3) Figürlich, das Beste, Kräftigste eines Dinges. Das beste, feinste und weißeste Mehl führet den Nahmen der Kernes, oder des Kernmehles, ( S. Mundmehl,) so wie das beste geschiedene Erz im Bergbaue den Nahmen des Kernes. Die beste ausgesuchte Waare unter mehrern heißt der Kern. Der Kern einer Armee. Der Kern einer Predigt, einer Rede, eines Buches u. s. f. ein kurzer Auszug der wesentlichsten, wichtigsten und wirksamsten Wahrheiten aus denselben. Schweig nur, ich kenne dich, du bist der klare Kern, Rost. ironisch, du bist der Kern aller leichtfertigen Vögel. Daher dieses Wort oft in Zusammensetzungen gebraucht wird, etwas Vorzügliches in seiner Art zu bezeichnen: kerngut, sehr gut, ein Kernspruch, ein auserlesener kräftiger Spruch, eine Kernpredigt u. s. f. Im Oberdeutschen ist der Kern theils der süße Milchrahm, zum Unterschiede von dem sauern, welcher daselbst Milchrahm in engerer Bedeutung genannt wird, theils ein jeder Milchrahm; ohne Zweifel so fern derselbe der kräftigste, nahrhafteste Theil der Milch ist. S. Kernen. 3. Ein kleiner runder Körper. Das Schießpulver ist gut von Kern, wenn es aus guten festen Körnern bestehet. Vitriol-Kern, ohne Plural als ein Collectivum, Abgang in Körnern von dem Vitriol. In den meisten übrigen Fällen ist dafür jetzt Korn üblicher, ( S. dasselbe,) Doch gebraucht man es noch zuweilen mit dem herrschenden Begriff des Derben oder Festen, S. Kernig.

Anm. In der zweyten Hauptbedeutung in Oberschwaben Chern, im Nieders. Karn, im Dän. Kiärne, Im Schwed. Kerne, im Isländ. Kiarne. Es gehöret zu dem großen Geschlechte der Wörter, welche nicht nur eine Vertiefung, sondern auch eine Erhöhung bedeuten. ( S. Kaue, Kahr, Korb, Kürbs und Korn,) So fern der Kern das Beste einer Sache bedeutet, ist im Ital. Cerna, und im mittlern Lat. Cernea, die Auswahl, und Cerneda ein Ausschuß der besten Soldaten, wohin auch das Lat. discernere zu gehören scheinet, welches aber auch mit köhren, wählen, verwandt seyn kann. Übrigens kommt dieses Wort in den Mundarten in allen drey Geschlechtern vor, der die und das Kern, da es denn im sächlichen Geschlechte im Plural auch Kerner hat, obgleich im Hochdeutschen nur allein das männliche üblich ist.


Kernapfel (W3) [Adelung]


Der Kernapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art walzenförmiger weißlicher und blaßgelber Äpfel, deren lockere Kerne klappern; Glockenapfel, Klapperapfel, Schlotterapfel, Schmelzling.


Kernästig (W3) [Adelung]


Kernästig, adj. et adv. in dem Forstwesen und bey den Holzarbeitern, ein kernästiger Baum, dessen Äste von dem Kerne oder Mark heraus gewachsen sind, daher ein solcher Baum so wohl zum Spalten untauglich ist, als auch schlechte Breter gibt.


Kernauster (W3) [Adelung]


Die Kernauster, plur. die -n, diejenige Art Austern, deren Franzen um das Fleisch purpurfarben sind.


Kernbeißer (W3) [Adelung]


Der Kernbeißer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kirschfink.


Kernel (W3) [Adelung]


Das Kernel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kriechänte.


Kernen (W3) [Adelung]


Kernen, verb. reg. act. von dem Hauptworte Kern. 1) In Kerne, d. i. Körner verwandeln. Bley kernen, es zu Körnern gießen. Das ausgelassene Schmalz kernet sich, wenn es erkaltet, das Baumöhl, wenn es gefrieret. Im gemeinen Leben auch kirnen, kerneln, kirneln. Wofür man doch, dem Hochdeutschen Sprachgebrauche nach, richtiger körnen sagt. 2) Butter machen; buttern, in den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Nieder-Deutschlandes; Nieders. karnen, Angels. cernan, Engl. to churn, Dän. kiärne, im Schwed. kerna, im Finnländ. kirnun. Ihre leitet es von dem alten Quern, eine Mühle, von wirren, im Kreise drehen, her. Allein, es scheinet entweder unmittelbar von Kern, Milchrahm, zu kommen, siehe 2. Kern 2. 3); oder sofern der fettere Theil des Rahmes sich erste in Kerne, d. i. Körner zusammen setzet, ehe er eigentliche Butter wird. 3) Die Kerne aus der Schale heraus nehmen, und figürlich, das Beste einer Sache von dem schlechtern absondern, wofür doch das zusammen gesetzte auskernen üblicher ist. So auch die Kernung.


Kerner (W3) [Adelung]


Der Kerner, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kupferschmieden, ein Werkzeug, die Löcher damit vorzuzeichnen; der Kirner. Ohne Zweifel entweder von dem Nieders. kernen, karnen, kerben, oder unmittelbar von dem alten karen, schneiden, ritzen, graben.


Kernfaul (W3) [Adelung]


Kernfaul, adj. et adv. im Kerne, d. i. Marke, faul, im Forstwesen, von den Bäumen und dem Holze. Ein kernfauler Baum. Daher die Kernfäule, die Fäulniß in dem Kerne.


Kernfrucht (W3) [Adelung]


Die Kernfrucht, plur. die -früchte, eine jede Frucht, welche in engerer Bedeutung Kerne, d. i. weichschälige Kerne trägt, zum Unterschiede der Steinfrüchte, Samenfrüchte u. s. f. siehe Kernobst.


Kerngehäuse (W3) [Adelung]


Das Kerngehäuse, des -s, plur. ut nom. sing. an dem Kernobste das Gehäuse, worin der Kern verborgen ist, dergleichen zum Beyspiele die Äpfel und Birnen haben; das Kernhäuschen, im gemeinen Leben der Griebs, S. dieses Wort, ingleichen Kabuse.


Kerngeschütz (W3) [Adelung]


Das Kerngeschütz, des -es, plur. inus. ein Collectivum, dasjenige Geschütz, welches im Kerne, d. i. in dem innern hohlen Raume, überall gleich weit ist, zum Unterschiede von den Kammerstücken. S. 2. Kern 1. 2).


Kerngülte (W3) [Adelung]


Die Kerngülte, plur. die -n, im Oberdeutschen, die Gülte, d. i. Abgabe oder Einkünfte an Kern, d. i. Getreide; Getreidezins.


Kerngut (W3) [Adelung]


Kerngut, adj. et adv. im gemeinen Leben, auserlesen gut, sehr gut, S. 2. Kern 2. 3).


Kernhaft (W3) [Adelung]


Kernhaft, -er, -este, adj. et adv. 1) So fern Kern die besten, kräftigsten Theile eines Dinges bezeichnet, diese Theile enthaltend. Ein kernhafter Auszug aus einem Buche. 2) Kernhaftes Fleisch, derbes, festes und zugleich kräftiges, nahrhaftes Fleisch. S. Kernig und Körnig.


Kernholz (W3) [Adelung]


Das Kernholz, des -es, plur. inus. der innere festere Theil des Holzes, zum Unterschiede von dem Splinte. Ingleichen Holz, welches viele solche feste Theile hat. Figürlich, auserlesenes, sehr gutes Holz. S. 2. Kern, 2. 2) 3).


Kernig (W3) [Adelung]


Kernig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Kerne, und in engerer Bedeutung, viele Kerne habend. Die Johannisbeeren sind sehr kernig. Kerniges Obst, welches Kerne hat; besser Kernobst. 2) Derbe, feste und dabey nahrhafte Theile habend; kernhaft. Kerniges Fleisch. Wofür man doch jetzt lieber körnig sagt. S. dieses Wort. Kernicht würde eigentlich nur bedeuten, dem Kerne ähnlich.


Kernlehm (W3) [Adelung]


Der Kernlehm, des -es, plur. inus. derjenige Lehm, womit der Kern, d. i. die innere Form in den Gießhütten überzogen wird.


Kernmann (W3) [Adelung]


Der Kernmann, des -es, plur. die -männer, oder Kernleute, im gemeinen Leben, ein vorzüglich guter oder brauchbarer Mann. Auf welche Art man auch eine Kernfrau, ein Kernkind u. s. f. sagt. S. 2. Kern 2. 3).


Kernmaß (W3) [Adelung]


Das Kernmaß, des -es, plur. die -e, bey den Schriftgießern, ein ausgefüllter rechter Winkel, oder Winkelhaken, um dem Kerne den rechten Winkel zu geben. S. 2. Kern 2. 1).


Kernmehl (W3) [Adelung]


Das Kernmehl, des -es, plur. inus. S. 2. Kern 2. 3).


Kernmilch (W3) [Adelung]


Die Kernmilch, plur. inus. im gemeinen Leben Ober- und Nieder-Deutschlandes, die Buttermilch, S. Kernen 2.


Kernobst (W3) [Adelung]


Das Kernobst, des -es, plur. inus. Obst, welches Kerne in engerer Bedeutung, d. i. weichschalige Kerne trägt, zum Unterschiede von dem Steinobste. S. 2. Kern 2. 1). Ingleichen Stämme, welche aus gesäeten oder gepflanzten Kernen gezeuget werden; zum Unterschiede von dem gepfropften Obste.


Kernraupe (W3) [Adelung]


Die Kernraupe, plur. die -n, eine gelbliche Raupe, welche den Kern, d. i. den jungen obern Anwuchs sowohl an dem Kohle, als auch an den Kiefern, bis an den Ort, wo die Äste auswachsen, abfrißt; zum Unterschiede von der Blattraupe, welche nur die Blätter und Nadeln frißt.


Kernrecht (W3) [Adelung]


Kernrecht, adj. et adv. welches in der Geschützkunst von den Kanonen üblich ist. 1) Eine Kanone, ein Stück heißt kernrecht, wenn der Kern, d. i. die Seele, sich völlig in der Mitte des Stückes befindet. 2) Ein Stück kernrecht richten, es so richten, daß der Kern oder die Seele mit dem Horizonte parallel gehet; da denn ein Schuß, welcher in solcher Richtung daraus geschiehet, ein Kernschuß heißt, im Gegensatze eines Bogenschusses.


Kernsack (W3) [Adelung]


Der Kernsack, des -es, plur. die -säcke, ein kleiner Sack mit Kernen von allerley Steinobste, welchen man heißt macht, um das Bett in Ermangelung eines Bettwärmers damit zu wärmen.


Kernschälig (W3) [Adelung]


Kernschälig, adj. et adv. welches im Forstwesen von dem schwarzen Holze üblich ist. Ein Stamm oder Baum ist kernschälig, wenn sich der Kern, d. i. das feste Holz nach dem Splinte, schälet, d. i. wenn die Jahrringe sich von einander los geben, welches durch heftige Winde bewirket wird, und am häufigsten den Tannenbäumen widerfähret.


Kernscheit (W3) [Adelung]


Das Kernscheit, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben -er, im Forstwesen, Scheite, welche aus dem Kerne, d. i. festen, besten Holze geschlagen werden, zum Unterschiede von den Kleppel- oder Walzenscheiten, welche aus den Ästen, und von den Stockscheiten, welche aus den stehen gebliebenen Stocken gemacht werden.


Kernschule (W3) [Adelung]


Die Kernschule, plur. die -n, im Gartenbaue und dem Forstwesen, eine Baumschule, in welcher so wohl wilde Stämme, als Obstbäume aus Kernen, und in weiterer Bedeutung auch aus dem Samen gezogen werden, Franz. Pepiniere; zum Unterschiede von einer Pfropf- oder Pelzschule.


Kernschuß (W3) [Adelung]


Der Kernschuß, des -sses, plur. die -schüsse, S. Kernrecht 2.


Kernschwinden (W3) [Adelung]


Das Kernschwinden, des -s, plur. inus. eine Krankheit der Pferde, wenn ihnen der Kern schwindet, d. i. wenn sich das so genannte Leben aus den Füßen verlieret, da sie denn dürre hohe Füße bekommen; und ihnen oft die Hufe gar abfallen. S. 2. Kern 2. 2).


Kernspruch (W3) [Adelung]


Der Kernspruch, des -es, plur. die -sprüche, ein ausgesuchter, lehrreicher Spruch, oder Stelle aus der heil. Schrift. S. 2. Kern 2. 3).


Kernstahl (W3) [Adelung]


Der Kernstahl, des -es, plur. inus. der beste Steiermärkische Stahl, welcher aus gesintertem Eisen bereitet wird. Siehe 2. Kern 2. 3).


Kernstange (W3) [Adelung]


Die Kernstange, plur. die -n, eine eiserne, Stange, so fern sie die innere Form eines Stückes, welches hohl gegossen werden soll, z. B. einer Kanone, ausmacht. S. 2. Kern 1 und 2. 1).


Kernstechen (W3) [Adelung]


Das Kernstechen, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben, derjenige Aderlaß der Pferde, da ihnen der Kern gestochen, d. i. eine von den Furchen des Gaumens geöffnet wird. Siehe 1. Kern 1. 4).


Kernzupfen (W3) [Adelung]


Das Kernzupfen, des -s, plur. inus. bey den Jägern, eine Feyerlichkeit, da nach vollendeter Jagd den Jagdhunden der Kern, d. i. das für sie bestimmte Fleisch gefallener oder für sie getödteter untauglicher Thiere, von der ganzen Jägerey gezupfet, d. i. in Stücken gerissen, und ihnen vorgeworfen wird. Siehe 1. Kern.


Kersenreife (W3) [Adelung]


Die Kersenreife, S. Kirschvogel.


Kersey (W3) [Adelung]


Der Kersey, eine Art Zeuges, S. Kirsey.


Kerze (W3) [Adelung]


Die Kerze, plur. die -n, Diminut. das Kerzchen, Oberd. das Kerzlein, im Oberdeutschen und der höhern Schreibart der Hochdeutschen, ein gerades Wachslicht, und in weiterer Bedeutung auch ein Talglicht. In noch weiterer Bedeutung ist es in dem Worte Räucherkerze oder Räucherkerzchen auch im Hochdeutschen üblich, S. dieses Wort.

Anm. Bey dem Ottfried Kerzi, im Nieders. Kars, und verderbt Kaste, im Schwed. Kerta, im Franz. Cierge, alle von dem mittlern Lat. Ciergius, und dieß von Cera, Wachs, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , daher dieses Wort anfänglich nur von den in den Kirchen üblichen Wachslichtern gebraucht wurde. In einigen Oberdeutschen Gegenden es männlichen Geschlechtes, der Kerz. Im Willeram heißt eine Rauchkerze Riuchgerda, daher Dieterichs von Stade Ableitung von Gerte, eine Ruthe, um der geraden Gestalt willen, auch ihre Wahrscheinlichkeit behält. Dem sey wie ihm wolle, so verdiente dieses Wort im Hochdeutschen allgemeiner zu seyn, indem das dafür übliche Licht zu vieldeutig ist, und daher oft Dunkelheit macht.


Kerzengerade (W3) [Adelung]


Kerzengerade, adj. et adv. im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes, so gerade wie eine Kerze, sehr gerade, von einer geraden senkrechten Stellung.


Kerzengießer (W3) [Adelung]


Der Kerzengießer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kerzengießerinn, eine Person, welche Kerzen, d. i. Wachslichter, und in weiterer Bedeutung auch Talglichter gießet, am häufigsten im Oberdeutschen; Nieders. Karsengeter, Kastengeter.


Kerzenkraut (W3) [Adelung]


Das Kerzenkraut, des -es, plur. inus. S. Königskerze.


Kerzenmeister (W3) [Adelung]


Der Kerzenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, besonders Oberdeutschlandes, ein kirchlicher Beamter, welcher Acht gibt, daß alle in der Römischen Kirche üblichen Strafkerzen gehörig eingeliefert werden. In einigen Gegenden Oberdeutschlandes führen diesen Nahmen auch die Handwerksältesten, vielleicht, weil sie die bey den gottesdienstlichen Umgängen in der Römischen Kirche üblichen Kerzen besorgen oder verwahren; daher denn auch die Schätzer oder Fleischhauer bey den Fleischern diesen Nahmen führen, ohne Zweifel sofern dazu nur die Handwerksältesten genommen werden.


Kerzenträger (W3) [Adelung]


Der Kerzenträger, des -s, plur. ut nom. sing. in der Römischen Kirche, derjenige, welcher bey feyerlichen Umgängen vornehmern Personen die Kerze vorträgt; im mittlern Lat. Ceroferarius, Ceriforus, Cereostarius.


Kessel (W3) [Adelung]


1. Der Kessel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ort, wo Gericht gehalten wird, S. Kesselgericht.


Kessel (W3) [Adelung]


2. Der Kessel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Kesselchen, Oberd. Kessellein, eine jede Vertiefung, ein tiefer Ort, eine tiefe Stelle. 1) Überhaupt, wo dieses Wort noch in vielen Fällen gebraucht wird, eine rundliche gemeiniglich flache Vertiefung des Erdbodens zu bezeichnen, deren größte Tiefe sich ungefähr in der Mitte befindet. So heißt im Festungsbaue der mittlere leere Raum eines hohlen Bollwerkes, und in der Geschützkunst die ausgehöhlte Stelle des Erdbodens, in welchen bey Belagerungen die Mörser gestellet werden, der Kessel. Bey den Jägern ist der Kessel so wohl der ausgehöhlte Raum in einem Dachsbaue, welcher dem Dachse zur Lagerstätte dienet, als auch das ausgetiefte Lager der wilden Schweine. S. Kesseljagen. Bey den Wasserkünsten ist der Kessel die flache Vertiefung in der Erde, worein sich das Springwasser sammelt, das Becken; ja eine jede solche Vertiefung des Erdbodens ist unter diesem Nahmen bekannt, dergleichen z. B. der tiefste Ort in einem Teiche, das Kesselloch u. s. f. ist. Auch im Bergbaue ist der Kessel eine solche tiefe Stelle im Erdboden, besonders wenn sie durch den Einfall einer darunter befindlichen Grube, oder durch einen Erdfall verursacht wird, wo man denn auch der Boden kesselt sich sagt, wenn er eine solche Tiefe bekommt. Auch künstliche Vertiefungen führen zuweilen diesen Nahmen, selbst solche, welche nicht bloß flach sind. So wird in der Geschützkunst der Lauf oder innere hohle Raum eines Mörsers bis zur Kammer der Kessel genannt, und im Bergbaue führet diesen Nahmen ein 3 1/2 Elle tiefes viereckiges und ausgezimmertes Loch, in einem Göpel, in welches der Klotz geleget wird, worauf die Spindel in ihrer Pfanne stehet. In noch weiterer Bedeutung ist der Kessel nicht selten ein runder an den Seiten eingeschlossener Platz, besonders im Jagdwesen, S. Kesseljagen ingleichen Kesselgericht. 2) Besonders ein tiefes Gefäß; wo es doch nur noch von einem runden oder länglich runden am Boden gewölbten Gefäße von dünnem Metalle, ohne Füße gebraucht wird, besonders so fern es dazu dienet, etwas darin zu kochen. Den Kessel über das Feuer setzen, wenn er auf einem Dreyfuße ruhet. Ihn über das Feuer hängen, wenn er an einem Kesselhaken hänget. Große Arten von Kessel werden eingemauert. Ein zinnerner, kupferner, messingener Kessel. Nach der Verschiedenheit des Gebrauches bekommen sie verschiedene Nahmen. Der Braukessel, welcher von der länglich viereckten Braupfanne unterschieden ist; der Färbekessel, Waschkessel, Fischkessel u. s. f. Die Schwänkkessel, Kühlkessel, Weihkessel u. s. f. dienen auch zu andern Arten des Gebrauches als zum Kochen.

Anm. In der zweyten Bedeutung bey dem Notker Chezzel, in Boxhorns Glossen Kezeli, im Pohln. Kociel. Andere Sprachen und Mundarten haben statt des Zischlautes ein t, wie das Nieders. Ketel, das alte Gothische Katil, das Angels. Cetil, Cytel, das Engl. Kettle, das Dän. Kedel, das Schwed. Kettil, im Böhmischen Kotel und Kotlik, im Finnländ. Katila, im mittlern Lat. Cedellus. Die Wortforscher haben über dieses Wort geträumet, indem sie es bald aus dem Griechischen, bald aber auch aus dem Lateinischen hergeleitet haben. Keiner hat bemerket, daß der Begriff der Tiefe, des hohlen Raumes, der Stammbegriff ist, so daß es vermittelst des Ableitungslautes s und der Sylbe -el, welche ein Werkzeug, aber auch ein Ding bezeichnet, von Ka, Kau, hohl, tief, herstammet, S. Kaue. Und in so ferne sind das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein tiefes Gefäß, und das Lat. Catinus und Catillus allerdings damit verwandt. Dem Festus zu Folge war für Cassis bey den ältern Römern Cassila üblich, welche beyde Wörter gleichfalls hierher gehören. Siehe auch Kasten, Kiste und 8. Katze.


Kesselasche (W3) [Adelung]


Die Kesselasche, plur. inus. im Oberdeutschen, ein Nahme der Pottasche, weil sie vermittelst eiserner Kessel bereitet wird, siehe Pottasche.


Kesselbier (W3) [Adelung]


Das Kesselbier, des -es, plur. inus. Bier, welches in kleinern Kesseln gebrauet wird, Bier, welches jeder zu seinem häuslichen Gebrauche brauen darf; zum Unterschiede desjenigen, welches in öffentlichen Brauhäusern in großen Braupfannen gebrauet wird.


Kesselbrauen (W3) [Adelung]


Das Kesselbrauen, des -s, plur. inus. das Brauen in kleinern Kesseln zum häuslichen Gebrauche. S. das vorige.


Kesselbraun (W3) [Adelung]


Das Kesselbraun, indecl. plur. car. 1) Eine braune Erde, womit die Kesseler ihren neuen kupfernen Kesseln die braunrothe Farbe geben. 2) Der zarte dünne Kupferschlag, welcher bey dem Hämmern des Kupfers, besonders in den Werkstätten der Kesseler abspringet, Kupferbraun; dagegen der gröbere, in engerer Bedeutung Kupferschlag genannt wird.


Kesseler (W3) [Adelung]


Der Kesseler, zusammen gezogen Keßler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher so wohl neue Kessel verfertiget, als auch die alten ausbessert, in welchem letztern Falle er auch ein Kesselflicker genannt wird; ein Kesselschmid, Kesselschläger. Besonders sind unter diesem Nahmen die unstäten Handwerker dieser Art bekannt, welche mit ihren Arbeiten aus einem Lande in das andere ziehen. Über die Kesseler in dem Rheinischen und Fränkischen Herzogthume, welche aber ehedem auch Waffenschmiede waren, haben jetzt die Pfalzgrafen am Rheine den Schutz, welcher der Kosseler-Schutz genannt wird. Die in den Städten ansässigen Kesseler werden am häufigsten Kupferschmiede genannt. S. Kesselflicker.


Kesselfang (W3) [Adelung]


Der Kesselfang, des -es, plur. inus. eine ehedem übliche Art eines Ordalii, da jemand einen Fang, d. i. Griff, in einen Kessel siedenden Wassers that, seine Schuld oder Unschuld dadurch an den Tag zu bringen; im mittlern Lat. Judicium aquae ferventis, Aqua calida.


Kesselflicker (W3) [Adelung]


Der Kesselflicker, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kesseler, so fern er besonders schadhafte Kessel ausbessert, besonders im verächtlichen Verstande von den unstäten Kesselern dieser Art; im Oberdeutschen Kessellapper, Kesselbüßer, Kesselbesserer, im Nieders. Pottlapper, Ketelflicker, Ketellapper.


Kesselgericht (W3) [Adelung]


Das Kesselgericht, des -es, plur. die -e, eine ehedem in Meißen und der Lausitz übliche Art der Gerichte, deren Nahmen man von dem Wendischen Kasam, Kasu, ich befehle, Kasani, Russisch Ukasa, der Befehl, ableitet, ungeachtet diese Wörter mit dem Deutschen heißen, heischen, genau verwandt sind. In einigen Meißnischen Städten werden noch gewisse Plätze an den Wällen Kessel genannt, weil man vermuthet, daß diese Gerichte an solchen Orten gehalten worden; wo es aber auch einen eingeschlossenen, oder in einem Kessel, in einer Tiefe gelegenen Ort bezeichnen kann, ( S. 2. Kessel 1.) Die eigenthümlichen Nahmen Kesseldorf, Kesselwald u. s. f. werden vermuthlich auch auf diese Art erkläret werden müssen.


Kesselgewölbe (W3) [Adelung]


Das Kesselgewölbe, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, ein Gewölbe, welches von innen einer hohlen Halbkugel gleicht, welches dem Boden eines Kessels ähnlich ist, und welches auch ein Helmgewölbe, ein Kugelgewölbe, und in manchen Fällen eine Kuppel genannt wird.


Kesselhaken (W3) [Adelung]


Der Kesselhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein Haken an einer Kette, oder auch eine mit Haken versehene Stange über dem Feuerherde, den Kessel daran über das Feuer zu hängen; ehedem der Hähl, im Nieders. Haul, Potthohl, von halten.


Kesselhautz (W3) [Adelung]


Der Kesselhautz, des -en, plur. die -en, bey den Bäckern einiger Gegenden, derjenige, welcher bey dem Bräzelbacken auf das Feuer unter dem Kessel Acht hat; vielleicht von hautzen, kautzen, auf den Fersen sitzen, ( S. Kautzen,) An andern Orten heißt er Kesselfuchs.


Kesseljagen (W3) [Adelung]


Das Kesseljagen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern. 1) So fern Kessel einen runden eingeschlossenen Platz bedeutet, ein Jagen, oder eine Jagd, wo das Wild in die Rundung eingestellet, in einen in die Runde eingeschlossenen Platz zusammen getrieben wird. 2) Eine Sauhatz, ein Saujagen, oder wilde Schweinsjagd, so fern die wilden Schweine dabey aus ihren Kesseln aufgetrieben werden. S. 2. Kessel 1).


Kesselloch (W3) [Adelung]


Das Kesselloch, des -es, plur. die -löcher, S. 2. Kessel 1) und Fischloch.


Kesselmeister (W3) [Adelung]


Der Kesselmeister, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Tuchmachern, derjenige, welcher auf die Kessel und die darin befindliche Farbe Acht gibt.


Kesseln (W3) [Adelung]


Kesseln, verb. reg. recipr. Sich kesseln, die Gestalt eines Kessels, d. i. einer rundlichen Vertiefung bekommen, S. 2. Kessel 1)


Kesselpauke (W3) [Adelung]


Die Kesselpauke, plur. die -n, S. Pauke.


Kesselruß (W3) [Adelung]


Der Kesselruß, des -es, plur. inus. der Ruß von einem Kessel.


Kesselschläger (W3) [Adelung]


Der Kesselschläger, des -s, plur. ut nom. sing. siehe Kesseler.


Kesselstein (W3) [Adelung]


Der Kesselstein, des -es, plur. die -e, S. Brunnenziegel.


Kesseltuch (W3) [Adelung]


Das Kesseltuch, des -es, plur. von mehrern Arten, die -tücher, Tuch, welches in dem Kessel gewesen, d. i. gefärbet worden, gefärbtes Tuch.


Kesser (W3) [Adelung]


Der Kesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein besonders in Niedersachsen übliches Wort. 1) Ein tiefes rundlich gestricktes Netz an einem Bügel mit einem langen Stiele, in fließenden Wassern und Teichen damit zu fischen; Engl. Catcher, in Ober-Sachsen und Ober-Deutschland ein Fischhamen. 2) An den Preußischen Küsten führen auch die Bernsteinfischer, welche sich solcher Kesser oder Hamen bedienen, diesen Nahmen.

Anm. In gröbern Mundarten Kescher, im Dän. Ketse, im Schwed. katsa, im Finnländischen Katiza. Von haschen, katzen, fangen, Engl. to catch, Ital. caggiare. Siehe Haschen und 3. Katze.


Keßler (W3) [Adelung]


Der Keßler, S. Kesseler.


Keste (W3) [Adelung]


Die Keste, plur. die -n, an den Pferden, die hornige Warze an dem innern Theile des Schenkels über dem Knie. Vermuthlich von Kas, Kast, eine Erhöhung, S. Kasten 1. und 7. Katze.


Kette (W3) [Adelung]


Die Kette, plur. die -n, Diminut. das Kettchen, Oberd. das Kettlein, eine Sammlung mehrerer in einer Reihe mit einander verbundener Dinge. 1. Eigentlich, wo es besonders in einigen einzelnen Fällen üblich ist. 1) Eine lange Reihe an einander hängender Berge heißt eine Kette von Bergen. Die Kette der Alpen, der Pyrenäen. 2) Mehrere bey einander, gemeiniglich in einer Reihe liegende Feldhühner, Auerhühner, Birkhühner und Haselhühner, heißen bey den Jägern eine Kette, und verderbt eine Kitte Feldhühner u. s. f. Mit einem gleichbedeutenden Ausdrucke ein Volk. 3) Bey den Kattunwebern und andern Arten von Webern wird der Aufzug, oder die vermittelst des Scherrahmens mit einander verbundenen Fäden, welche den Grund des ganzen Gewebes abgeben, die Kette, und vermittelst des gewöhnlichen Überganges der Gaumenlaute in den Zischlaut der Zettel genannt. Da die Kette bey den Kattunwebern 82 bis 83 Ellen hält, so wird auch ein Stück Kattun, so wie es von dem Stuhle kommt, und ehe es in kürzere Stücke zerschnitten wird, die Kette genannt. 4) Am häufigsten, ein aus mehrern in einander geschlungenen, gemeiniglich metallenen Ringen, welche Glieder genannt werden, bestehendes Band. Eine goldene, silberne, messingene, eiserne Kette. Von der Verschiedenheit der Bestimmung, zuweilen auch der Gestalt der Glieder, bekommt sie verschiedene zusammen gesetzte Nahmen. Die Halskette, Ordenskette, Drahtkette, Panzerkette, Erbskette u. s. f. In engerer Bedeutung verstehet man darunter eiserne Ketten, dergleichen die Brustketten, Hemmketten, Haltketten, Halfterketten, Kinnketten, Spannketten, Kuhketten, Brunnenketten u. s. f. sind. In noch engerm Verstande, eine solche Kette, so fern sie die willkührliche Bewegung eines lebendigen Geschöpfes verhindert. Einen Rasenden an die Kette schließen oder legen. Einen Hund an die Kette legen. In Ketten und Banden liegen, von Gefangenen. An der Kette liegen, von Hunden und rasenden Personen. Wo es denn auch figürlich für Sclaverey, Dienstbarkeit gebraucht wird. Jemandes Ketten zerbrechen, ihn in Freyheit setzen. Zerbrich die Ketten, die dich drücken. 2. Figürlich, eine Reihe mehrerer unmittelbar an einander hängender Dinge, unmittelbar auf einander folgender und in einander gegründeter Begebenheiten. Eine Kette von Lastern, von Unglücksfällen. In der Zukunft sehe ich nichts als eine unendliche Kette sich häufender Qualen.

Anm. In der 3ten eigentlichen Bedeutung bey dem Ottfried und im Tatian Ketin, bey dem Willeram Ketene, im Nieders. Kede, Kee, im Dän. Kiäde, im Schwed. Kedja, Ked, im Irländ. Caddan, im Wallis. Chaden. Es wurde ehedem von mehrern mit einander verbundenen Dingen und der dadurch bewirkten Verwahrung gebraucht. Im alt Schwed. ist Gorkiaetta ein umzäunter Ort, Kietta ein Zaun, und bey dem Ottfried bedeutet Ketti ein Gehäge. Wer siehet nicht, daß dieses Wort nicht von dem Lat. Catena, sondern mit demselben von gatten, gaden, verbinden, herstammet. ( S. Gatten, Gatter, Kettel und Ketten.) Das Osnabrück. Kye, eine Kette, ist durch Auslassung des t oder d entstanden, so wie dafür in Niedersachsen auch Kee, in zwey Sylben üblich ist; das gleichfalls Osnabrück. Kele aber, eine Kette, ist nur in der Ableitungssylbe verschieden.


Kettel (W3) [Adelung]


Die Kettel, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine kleine Kette, besonders so fern sie zur Verschließung einer Thür dienet. Daß dieses Wort nicht das Diminutivum von Kette ist, zeigt das Geschlecht. Es scheinet vielmehr vermittelst der Ableitungssylbe el unmittelbar von ketten, verbinden, abzustammen. Ottfried scheinet das Wort Ketti in diesem Verstande zu gebrauchen, wenn er B. 5, Kap. 4 von den frommen Weibern sagt, welche zu dem Grabe Christi kamen, daß sie thaz ketti fundun indan, daß sie die Kettel, woran vermuthlich das Siegel hing, geöffnet fanden.


Kettel-Filett (W3) [Adelung]


Das Kettel-Filett, des -es, plur. die -e, bey den Buchbindern, ein Filett in Gestalt einer Kette.


Ketteln (W3) [Adelung]


Ketteln, verb. reg. act. welches das Diminutivum von dem folgenden ist. 1) Verbinden überhaupt; in welchem Verstande es nur im Bergbaue üblich ist, wo man Seile, wenn sie reißen, kettelt, d. i. zusammen knüpfet. 2) Mit einer kleinen Kette befestigen, besonders in dem zusammen gesetzten anketteln.


Ketten (W3) [Adelung]


Ketten, verb. reg. act. mit einer Kette befestigen, und in weiterer und figürlicher Bedeutung, sehr fest an etwas binden, besonders in der höhern Schreibart. Doch dich kettet das Schicksal fest an den Fels, Zachar. - Gekettet an die Ewigkeit Entrissen sich die Stunden ihren Banden, Michael.


Kettenbaum (W3) [Adelung]


Der Kettenbaum, das -es, plur. die -bäume, bey den Webern, der hinterste Baum an dem Weberstuhle, worauf das Garn, oder die Kette gewunden ist; der Garnbaum.


Kettenhund (W3) [Adelung]


Der Kettenhund, des -es, plur. die -e, ein an die Kette gelegter, vermittelst einer Kette seiner Freyheit beraubter Hund.


Kettenkugel (W3) [Adelung]


Die Kettenkugel, plur. die -n, in der Geschützkunst, zwey auf eine gewisse Weite mit einer Kette verbundene Kugeln, welche aus Kanonen geschossen, und auf den Schiffen Engel genannt werden.


Kettenlocke (W3) [Adelung]


Die Kettenlocke, plur. die -n, bey den Perrückenmachern, eine gerade Reihe von ununterbrochenen und locker in einander gekämmten Querlocken, so daß sie wie die Glieder einer Kette in einander einzugreifen scheinen.


Kettennaht (W3) [Adelung]


Die Kettennaht, plur. die -nähte, bey den Nähterinnen, eine Naht, welche einer Kette gleicht, und entstehet, wenn man von der rechten zur linken Hand zwey oder mehr Fäden mit überschlungenen Fäden anfasset, die Leinwand sodann verwendet, die vorigen Fäden nochmahls anfasset, und auf die vorige Art überschlinget.


Kettenreim (W3) [Adelung]


Der Kettenreim, des -es, plur. die -e, ein ehemahliges poetisches Spielwerk, da sich jeder Vers mit sich selbst am Anfange und Ende, ingleichen zwey Verse mit einander in der Mitte reimten.


Kettenring (W3) [Adelung]


Der Kettenring, des -es, plur. die -e, der Ring an einer Kette; das Glied.


Kettenrolle (W3) [Adelung]


Die Kettenrolle, plur. die -n, an den Stühlen der Bortenwirker, Rollen, welche mit der Kette oder dem Aufzuge der Tressen, Borten und Bänder bewickelt sind.


Kettensarsche (W3) [Adelung]


Die Kettensarsche, plur. inus. eine gesprenkelte Art Sarsche.


Kettenschluß (W3) [Adelung]


Der Kettenschluß, des -sses, plur. die -schlüsse, in der Vernunftlehre, ein Schluß, welcher aus einer Reihe Sätze entstehet, in welchen allemahl das Prädicat des vorher gehenden zum Subject des folgenden Satzes gebraucht wird; mit einem Griechischen und Lateinischen Kunstworte ein Sorites.


Kettenschmid (W3) [Adelung]


Der Kettenschmid, des -s, plur. die -schmiede, ein Schmid, welcher vornehmlich eiserne Ketten verfertiget.


Kettenstab (W3) [Adelung]


Der Kettenstab, des -es, plur. die -stäbe, der Stab an einer Meßkette.


Kettenstich (W3) [Adelung]


Der Kettenstich, des -es, plur. die -e, bey den Nähterinnen, ein Stich, d. i. eine Art zu nähen, welche einer Kette gleicht, und eine Art des Spitzenstiches ist.


Kettenwerk (W3) [Adelung]


Das Kettenwerk, des -es, plur. die -e, ein Werk, welches einer Kette gleicht. Das große Haus spündete er mit Tännenholz - - und machte darauf Palmen und Kettenwerk, 2 Chron. 3, 5, 16.


Kettenzug (W3) [Adelung]


Der Kettenzug, des -es, plur. die -züge, ein durchbrochener Bauzierath in Gestalt einer Kette, welcher zuweilen anstatt der Docken in den Geländern angebracht, und auch der geschlungene Geländerzug genannt wird; Franz. Entrelas.


Ketter (W3) [Adelung]


Der Ketter, des -s, plur. inus. ein Nahme, welcher in den Steinbrüchen zu Pirna demjenigen Sandsteine gegeben wird, welcher sich für die Bildhauer schickt. Etwa von Ket, Katz, Stein, S. 6. Katze. Oder von dem noch in den gemeinen Mundarten einiger Oberdeutschen Gegenden üblichen ketsch, weich, wovon Frisch einige Beyspiele hat?


Kettich (W3) [Adelung]


Der Kettich, des -es, plur. inus. in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens, der Hederich, ( S. dieses Wort,) aus welchem es verderbt zu seyn scheinet. Es wird auch Köddik, Köek, Keek, Küdik gesprochen.


Ketzer (W3) [Adelung]


1. Der Ketzer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Wollarbeitern, eine auf dem Wollrade voll gesponnene Spindel mit Garn; vielleicht von Katze, eine Erhöhung, oder auch ein Bündel, Büschel. S. 5. und 7. Katze.


Ketzer (W3) [Adelung]


2. Der Ketzer, des -es, plur. ut nom. sing. Fämin. die Ketzerinn, eine Person, welche Grundirrthümer in der Heilsordnung behauptet, und in weiterer, besonders in der Römischen Kirche üblichen Bedeutung, eine jede Person, welche von dem angenommenen Lehrbegriffe nur in einem oder dem andern Stücke abweichet; beydes in hartem und beleidigendem Verstande. Im Scherze wird auch wohl ein jeder, welcher in einer oder der andern Sache von den angenommenen Meinungen oder herrschenden Grundsätzen aller Art abweicht, ein Ketzer genannt.

Anm. Im Schwabenspiegel, um welche Zeit dieses Wort im Deutschen vielleicht zuerst vorkommt, Ketzer, im Niedersächs. Ketter, im Dän. Kiätter, im Schwed. Kaettare, im Pohln. Kacerz. Man hat eine Menge Ableitungen dieses dunkeln Wortes in Vorschlag gebracht, ohne daß man dadurch der Gewißheit viel näher gekommen wäre. Ich will hier nur einige der wahrscheinlichsten anführen, vorher aber anmerken, daß dieses Wort bey unsern ältesten Alemannischen und Fränkischen Schriftstellern nicht vorkomme; indem Notker theils sich statt dessen der Wörter Irrar, Keloubirre, Globirre, Loubirre, bedienet, theils das Lat. Haereticus behält. Zwar wird in Raban Mauri Glossario Secta durch Cazam erkläret, wofür Diecmann Cazari lesen will; allein diese Verbesserung ist zu willkührlich, zumahl da dieses Wort noch mehrere Jahrhunderte nach dem Raban nicht gefunden wird. Die vornehmsten Ableitungen sind folgende. 1) Von dem Lat. Haereticus, welcher Meinung Frisch beypflichtet, und sie dadurch unterstützet, daß in Luthers Schriften und bey dem Kaisersberg mehrmahls Kerzer und Kerzerey vorkommen. Überdieß ist bekannt, daß die meisten kirchlichen Ausdrücke der Deutschen aus dem mittlern Lateine entlehnet, oder doch buchstäblich nach demselben übersetzt sind. 2) Andere kehren es um und lassen das mittlere Lat. Haereticus nach dem Deutschen Ketzer gebildet seyn, und leiten dieses von katzen, kätzen, verbinden, anhängen, ab, ( S. 2. Katze.) Allein das mittlere Lat. Haereticus, welches aus dem Griech. herstammet, ist älter als die christliche Religion in Deutschland, und war schon zu Augustini Zeiten völlig gangbar. Indessen ist es nicht unwahrscheinlich, daß man Haereticus von haerere abgeleitet, und nach dieser Abstammung auch das Deutsche Ketzer von dem gedachten katzen gebildet habe. In figürlichem Verstande kommt ketsen im Holländischen und im Oberdeutschen ketschen, keschen, in den vorigen und neuern Zeiten noch häufig vor, so wohl für nachfolgen, sectari, als auch thätig, für ziehen, hinter sich her schleppen, wovon Frisch bey dem Worte Ketschen nachgesehen werden kann. Ketzer würde also ursprünglich einen Anhänger, Nachfolger bedeutet haben. 3) Da noch in den gemeinen Mundarten ketzern, durch gemachte Ritzen theilen, spalten, üblich ist, ( S. Aufketzern,) welches ein Frequentativum von dem alten katten, katsen, schneiden zu seyn scheinet, so haben einige es daher geleitet, und Ketzer durch einen Sectirer erkläret, der Spaltungen in der Religion macht. 4) Im 15ten und 16ten Jahrhunderte wurde Ketzer, so wie das Schwed. Kaettare, mehrmahls von einem Sodomiten und in weiterer Bedeutung von einem jeden im höchsten Grade lasterhaften Menschen gebraucht. Schon Königshoven gebraucht Kezery für Sodomiterey, und Kaisersberg erwähnet der Kuhketzer, Bubenketzer, Frawenketzer, und an einem andern Orte nennet er die Sodomiterey der Walen Ketzerey, weil sie besonders in Italien sehr üblich war. Noch Matthesius braucht Eheketzerey für Ehebruch, und Stumpf Ketzerey für Laster, Bosheit: Er hatte sich mit Diebstahl, und Mord in aller Ketzerey gehalten. Zum Unterschiede nannte man alsdann die Abweichung in Glaubenslehren die Ketzerey an dem Glauben. Wachter leitet es in dieser Bedeutung von dem Ital. Cazzo, penis, Ihre aber von dem Schwed. kat, leichtfertig, geil, Kättja, Geilheit, und dem Holländ. kesan, keysen, huren, und Ketsmerie, ein brünstiges Pferd, her. Da dem Worte Ketzer, besonders in der Römischen Kirche, ein sehr verhaßter Nebenbegriff anklebet, so haben einige geglaubt, daß man es aus Haß von dieser eigentlichen Bedeutung auf die kirchliche übergetragen habe. In dem Augsburg. Stadtrechte aus dem 13ten Jahrhunderte heißt es Kap. 269: Wer den andern mußet (heißet) ainen Ketzer, ain mainaider, oder ainen dieb, ain verräter, ain räuber, ain bößwicht u. s. f. Im mittlern Lat. bedeutet Gazara eine Hexe. 5) Viele Wahrscheinlichkeit hat endlich auch die Meinung derjenigen für sich, welche es von Catharus ableiten, einem Nahmen, welchen sich die Novatianer anfänglich selbst gaben, von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - rein, und welchen man nachmahls auch im verächtlichen Verstande den Waldensern und anderen abweichenden Religionsparteyen beylegte. Die Waldenser bekommen ihn im zwölften und den folgenden Jahrhunderten in der herrschenden Römischen Kirche sehr oft, und da diese die zahlreichsten und furchtbarsten Gegner der herrschenden Kirche waren, zu gleicher Zeit auch das Deutsche Wort Ketzer gangbar wird, so ist es wahrscheinlich, daß dieses Wort nachmahls einem jeden, der in Religionswahrheiten abweicht, geblieben ist. Schon die Italiäner verwandelten das th in Catharus in den Zischlaut, und nannten einen Waldenser Gazaro, im mittlern Lat. Cazerus, Gazarus. In einer Österreichischen Urkunde von 1317 in Duellii Excerptis hist. geneal. S. 45. unterschreibt sich Heinrich der Chetzer.


Ketzerey (W3) [Adelung]


Die Ketzerey, plur. die -en. 1) Die Fertigkeit, Grundirrthümer in der Heilsordnung zu behaupten, und in weiterer Bedeutung, besonders in der Römischen Kirche, die Abweichung von dem herrschenden Lehrbegriffe; in beyden Fällen ohne Plural. Sich der Ketzerey verdächtig machen. 2) Ein Grundirrthum wider die Heilsordnung, und in weiterer Bedeutung, eine jede von dem herrschenden Lehrbegriffe abweichende Meinung. Ketzereyen lehren. Eine Ketzerey vortragen, ausbreiten, fortpflanzen. Bey dem Notker Kloubirra.


Ketzergericht (W3) [Adelung]


Das Ketzergericht, des -es, plur. die -e, in der Römischen Kirche, ein wider die Ketzer angeordnetes Gericht; das Glaubensgericht, mit einem Lat. Ausdrucke die Inquisition.


Ketzerisch (W3) [Adelung]


Ketzerisch, adj. et adv. eine Ketzerey enthaltend, darin gegründet. Eine ketzerische Lehre. Ein ketzerischer Mensch, Tit. 3, 10.


Ketzermacher (W3) [Adelung]


Der Ketzermacher, des -s, plur. ut nom. sing. eine verächtliche Benennung eines orthodoxen Gottesgelehrten, welcher eine jede Abweichung von dem angenommenen Lehrbegriffe für eine Ketzerey erkläret.


Ketzermeister (W3) [Adelung]


Der Ketzermeister, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden, der vorsitzende Richter in einem Ketzergerichte; der Inquisitor.


Ketzern (W3) [Adelung]


1. Ketzern, verb. reg. act. von dem vorigen Worte Ketzer, welches aber nur in dem zusammen gesetzten verketzern üblich ist, S. dasselbe.


Ketzern (W3) [Adelung]


2. Ketzern, verb. reg. act. im Bergbaue, Ritzen in etwas machen, S. Aufketzern und 8. Katze.


Keubel (W3) [Adelung]


Der Keubel, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Sieb, wegen seiner weiten Öffnung, S. Kaue, Kober, Koben u. s. f.


Keuchen (W3) [Adelung]


Keuchen, S. Keichen.


Keule (W3) [Adelung]


Die Keule, plur. die -n, ein Werkzeug, besonders zum Schlagen und Stoßen, welches sich nach unten zu verdicket, und sich daselbst in einem rundlichen kugelförmigen Körper endiget. 1. Eigentlich. Jemand mit einer Keule todt schlagen. Jeder Schäfer lobt seine Keule. Die Mörserkeule, Reibkeule, Treibkeule. In andern Fällen sind dafür Kolbe, Stämpel, Stößel u. s. f. üblich, welche in der Gestalt einer Keule sehr ähnlich sind. Vermuthlich gehören hierher auch die Keulen an den Fließgarnen auf dem Rheine, welche Stücken Holz sind, an welche in der Mitte ein Mauerstein befestiget ist, und vermittelst deren das Garn fortgezogen wird. 2. Figürlich. 1) Wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt führet das hintere Dickbein an lebendigen und geschlachteten Thieren, das hintere Viertel, den Nahmen der Keule, welches man an andern Orten auch wohl einen Schlägel nennet. Eine Kalbskeule, Schöppskeule, Rehkeule, Froschkeule. Die Keule von einem Huhne, von einer Gans. Im Nieders. so wohl Kule, als Bolten, Bolzen, im mittlern Lat. Celha. Im gemeinen Leben auch das menschliche Dickbein. 2) In den niedrigen Sprecharten ist eine grobe Keule ein grober Mensch, und besonders ein grobes Weibesbild.

Anm. Bey den Schwäbischen Dichtern ist Kale der Glockenschwängel, welches aber auch von kallen, schallen, herstammen kann. Im Nieders. Kule, Kuse, Kutze, im Dän. Kolle. Im Böhmischen ist Kul ein Pfahl, Stecken. Entweder von keilen, schlagen, ( S. Keil und Keilen,) oder welches noch wahrscheinlicher ist, von der runden kugeligen Gestalt einer Keule, indem in den gemeinen Sprecharten Kaul für Kugel und kaulig für kugelig noch häufig vorkommen. ( S. Kaulbars.) Eine Keule ist eigentlich doch nichts anders als eine Kugel an einem Stiele. Um dieser Abstammung willen ist auch die Schreibart Käule zu vertheidigen, obgleich Keule die gewöhnlichste ist. S. auch Kolbe, welches genau damit verwandt, und in vielen Fällen gewöhnlicher ist.


Keulenlahm (W3) [Adelung]


Keulenlahm, adj. et adv. lahm an der Keule, d. i. an dem hintern Dickbeine, von Thieren.


Keuler (W3) [Adelung]


Der Keuler, S. 1, 2. Keiler.


Keulich (W3) [Adelung]


* Keulich, adj. et adv. in den gemeinen Sprecharten, für kugelig, kugelicht, einer Kugel ähnlich, welches noch 1 Kön. 7, 41 vorkommt, keuliche Knäufe.


Keulschwamm (W3) [Adelung]


Der Keulschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Art eines ebenen länglichen Schwammes in Gestalt einer Käule, Clavaria L. Der Geißbart ist eine Art desselben.


Keusch (W3) [Adelung]


Keusch, -er, -este, adj. et adv. ein Wort, welches ehedem, 1) * in weiterer Bedeutung als jetzt üblich war, indem es für mäßig, bescheiden überhaupt gebraucht wurde. Bey dem Kero ist chusk nüchtern, mäßig im Gebrauche des Getränkes, bey dem Notker chiusch schamhaft, bey dem Ottfried kusgi fromm, probus, und kusgo sittsam, ehrbar, bescheiden, welche Bedeutung auch kuisch bey dem Windsbeck hat. In dieser Bedeutung ist es veraltet, indem es, 2) nur noch in engerer Bedeutung gebraucht wird, Fertigkeit besitzend, allen unrechtmäßigen Gebrauch des Triebes zum Beyschlafe zu vermeiden; im Gegensatze des unkeusch. Keusch seyn. Ein keusches Frauenzimmer. Durch leichtfertiges Geschwätz keusche Ohren beleidigen. Ingleichen in dieser Fertigkeit gegründet. Keusche Geberden. Keusche Worte. Eine keusche Liebe, welche auch unter verehlichten Personen Statt findet. Keusche Gedanken.

Anm. In dieser engern Bedeutung bey den Schwäbischen Dichtern kuisch, im Dän. kydsk, im Schwed. kysk, im Böhm. cisty. So wahrscheinlich es ist, daß dieses Wort aus dem Lat. castus entlehnet worden, so wird es um der allgemeinern Bedeutung willen fast noch wahrscheinlicher, daß es ein eigentlich Deutsches Stammwort ist, welches nur als ein Seitenverwandter von dem Lateinischen Ausdrucke angesehen werden kann. Es ist sehr glaublich, daß dieses Wort, wie schon Wachter muthmaßet, eigentlich rein bedeutet habe, zumahl da dieses und keusch oft als gleich bedeutende Ausdrücke gebraucht werden. Im Holländ. bedeutet kuyschen noch jetzt reinigen, und bey dem Kero ist Unchuscida Schmutz, Unreinigkeit. Kauscher wird in den niedrigen Sprecharten noch oft für rein, unverfälscht, gebraucht. Das Unchuskida, infandum, in Boxhorns Glossen, scheinet zunächst zu dem alten kosen, reden, zu gehören.


Keuschbaum (W3) [Adelung]


Der Keuschbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, welcher in den sumpfigen Gegenden von Sicilien und Neapolis wächset, und seinem Nahmen daher hat, weil die ältern Ärzte dessen Samen wegen seiner scharfen zusammen ziehenden Kraft, zur Verwahrung der Keuschheit verordneten; Vitex Agnus castus L. Keuschlamm, Mönchspfeffer, Abrahamsbaum, Schafmülbe.


Keuschheit (W3) [Adelung]


Die Keuschheit, plur. inus. von dem Beyworte keusch, die Fertigkeit, allen unrechtmäßigen Gebrauch des natürlichen Triebes zum Beyschlafe zu vermeiden, die Mäßigkeit in der Geschlechtslust. Seine Keuschheit bewahren. Die Gabe der Keuschheit haben. Die eheliche Keuschheit. Bey den Schwäbischen Dichtern Kuischekeit.


Keuschlamm (W3) [Adelung]


Das Keuschlamm, des -es, plur. inus. S. Keuschbaum.


Keutel (W3) [Adelung]


Der Keutel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Fischern, der Sack in der Mitte der Wathe, in welchem sich die Fische fangen. Es gehöret mit dem Nieders. Kaute, eine Grube, zu dem großen Geschlechte derjenigen Wörter, welche eine Vertiefung, einen hohlen Raum bedeuten. S. Kaue, 8. Katze, Kothe, Koth, u. s. f.


Kibitz (W3) [Adelung]


Der Kibitz, des -es, plur. die -e, ein dreyzehiger Sumpfvogel mit einem kurzen Schnabel, einem Federbusche auf dem Kopfe, einer schwarzen Brust und rothen Füßen; Tringa Vanellus L. weil er bey Bewegung seiner Flügel ein Geräusch wie ein Fächer macht, Gavia vulgaris Klein. Nieders. Kiwitt, welcher Nahme eine Nachahmung seines genau so lautenden Geschreyes ist, wohin auch der Lat. Gavia, der Engl. Tirwit, Wit, der Ital. Gheppio, und der Dän. Vibe gehören. An einigen Orten wird er wegen seiner schönen bunten Federn auch Feldpfau, und wegen seines Geschreyes auch Himmelziege, und an noch andern Orten Zweyel genannt. Es gibt verschiedene Arten dieses Vogels. Der grüne und graue Kibitz wird auch Pardel, Pulvier und Pulroß, Engl. Plower, bey dem Aristoteles - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - genannt. Der grünschnäbelige ist unter den Nahmen des Steinwälzers, eine andere sehr dumme Art unter den Nahmen Mornell, Mornelle, Mornelkibitz, und noch eine andere Art, welche sich an den Ufern der Seen aufhält, unter dem Nahmen Seelerche und Seemornelle bekannt. Die grauen und weißen Kibitze an dem Costnitzer See werden daselbst Seegallen, Aibuken, Alenböcke, Holbreten und Holbrüder genannt.


Kibitzblume (W3) [Adelung]


Die Kibitzblume, plur. die -n, eine Art der Kronblume, deren Blume dem Eye eines Kibitzes gleicht, daher sie auch Kibitzey genannt wird; Fritillaria Meleagris L. Wegen ihrer gewürfelten Flecken, um deren willen sie auch den Lat. Nahmen Fritillaria empfangen hat, wird sie auch Schachblume genannt.


Kicher (W3) [Adelung]


Die Kicher, plur. die -n, eine dreyeckige Hülsenfrucht von fahler Farbe, deren Pflanze, welche gleichfalls Kicher genannt wird, in den mittägigen Ländern einheimisch ist, aus welchen sie zu uns gebracht worden; Cicer L. wovon der Deutsche Nahme abstammet, der mit dem Zischlaute in einigen Gegenden aus Zifer, Zifererbse lautet. Die wilden Kichern, Astragalus Cicer L. finden sich auch in Italien und der Schweiz. Ital. Cicerchia, im Böhm. Cyzrna, schon in den Monseeischen Glossen Chihria, im Franz. Chiches, im Schwed. Kikert.


Kichern (W3) [Adelung]


Kichern, verb. reg. neutr. welches nur in den gemeinen Sprecharten üblich ist, mit einem seinen zitternden Laute lachen, welcher Laut durch dieses Wort genau ausgedruckt wird; in einigen Gegenden kicheln, im Nieders. guiddern, gnikkern, hiddiken; im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Kicks (W3) [Adelung]


Der Kicks, des -es, plur. die -e, im Billiardspiele, ein Fehlstoß auf dem Ball. Einen Kiks machen, wofür man auch das Zeitwort kicksen hat. Ohne Zweifel als eine Nachahmung des Schalles, welchen ein solcher Fehlstoß verursacht.


Kiefe (W3) [Adelung]


1. Die Kiefe, plur. die -n, der Kinnbocken, S. 2. Kiefer.


Kiefe (W3) [Adelung]


2. Die Kiefe, plur. die -n, in den gemeinen Mundarten einiger Gegenden, 1) die so genannten Fischohren, oder Luftlöcher an den Fischen, besonders im Niedersächsischen, siehe Kieme. 2) In einigen Gegenden werden die Schoten der Erbsen Kiefen genannt; nicht, wie Frisch will, weil man sie gleichsam aufkauen oder aufnagen müsse, sondern so fern Kiefe in beyden Bedeutungen zu den Wörtern gehöret, welche einen hohlen Raum bezeichnen, ( S. Kaue, Kober, Kuffer u. s. f.) In Franken werden die Schoten von eben diesem Stamme Kiefel oder Kyfel genannt.


Kiefenfuß (W3) [Adelung]


Der Kiefenfuß, des -es, plur. die -füße, ein ungeflügeltes Wasser-Insect mit einer großen Menge von Füßen, welche aber nur zum Schwimmen dienen. Es hat oft nur die Größe eines Flohes, und ist mit einer Schale bedeckt; Monoculus L. Es hat den Nahmen von seinen Füßen, welche den Kiefen oder Fischohren ähnlich sehen.


Kiefer (W3) [Adelung]


1. Die Kiefer, plur. die -n, diejenige Art Fichten, in der weitesten Bedeutung dieses Wortes, wo zwey Nadeln aus einer gemeinschaftlichen Scheide wachsen, welche häufiges Harz gibt, aus welchem so wohl Pech als Ther gemacht wird; Pinus sylvestris L. Im gemeinen Leben wird sie auch Kienbaum, im Oberdeutschen Fohre und Kienfohre genannt. ( S. Fichte Anm.) Frisch glaubt, daß dieses Wort aus Kienfohre zusammen gezogen ist; allein es scheinet unmittelbar zu demjenigen Stamme zu gehören, von welchem auch Kien herkommt, nähmlich zu dem noch im Griech. vorhandenen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, brennen. Die Endung -er zeigt ein Instrument, ingleichen ein handelndes Ding an, Im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Pech, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein harziger Baum, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. Kien.


Kiefer (W3) [Adelung]


2. Der Kiefer, des -s, plur. ut nom. sing. oder die Kiefer, plur. die -n, der Kinnbacken. Der Oberkiefer, der Unterkiefer. Hechtkiefer, Kinnbacken von Hechten.

Anm. In den gemeinen Sprecharten auch Kiefe, Kiefel, im Nieders. Keeve, Kiffe, im Dän. Kiäve, im Engl. Jaws, Chaps, ehedem Chawes, im Angels. Ceastas, alle von kauen, wovon in den gemeinen Sprecharten noch kiefen für nagen üblich ist. ( S. Kauen und Keifen.) Im Oberdeutschen ist es auch ungewissen Geschlechtes. Das männliche ist der Analogie gemäßer, weil die meisten Wörter, in welchen die Ableitungssylbe -er ein Werkzeug bedeutet, dieses Geschlecht haben.


Kiefer (W3) [Adelung]


3. Der Kiefer, plur. die -n, das Fischohr, S. Kieme.


Kiefern (W3) [Adelung]


Kiefern, adj. et adv. von der Kiefer oder Kienföhre. Kiefernes Holz. Kieferne Breter.


Kieferndeckel (W3) [Adelung]


Der Kieferndeckel, die Kiefernhaut, an den Fischen, S. Kiemendeckel und Kiemenhaut.


Kiefernleid (W3) [Adelung]


Das Kiefernleid, S. Mundklemme.


Kieke (W3) [Adelung]


Die Kieke, S. Gieke.


Kiel (W3) [Adelung]


1. Der Kiel, des -es, plur. die -e, ein nur bey den Gärtnern übliches Wort, wo die Zwiebeln der Blumengewächse auch Kiele, und im Collectivo Kielwerk, Zwiebelgewächse, genannt werden. Zwiebelgewächse durch die Kiele vermehren. Junge Setzlinge, welche sich an den alten Kielen ansetzen. Im Herbst, wenn sich der Saft in den Kiel gezogen hat. Es gehöret unstreitig zu Kaul, eine Kugel, kaulig, rundlich, und mit demselben zu kau, so fern es nicht nur eine runde Vertiefung, sondern auch eine solche Erhöhung bedeutet. S. Keule, Kolbe, Kane, und das folgende; ingleichen Kielkropf.


Kiel (W3) [Adelung]


2. Der Kiel, des -es, plur. die -e, ein sehr altes, aber nunmehr vermuthlich veraltetes Wort, ein Schiff, ein Fahrzeug zu bezeichnen. Es kommt bey den Angelsachsen und Normannen schon sehr früh vor, deren Schiffe im mittlern Lat. Ceolae, Ciulae, Cyulae, genannt werden. In andern Sprachen bedeutet es noch jetzt den Schiffboden, den untersten Raum im Schiffe, wie das Engl. Keel, das Franz. Cale, das Schwed. Köle. Es ist in dieser Bedeutung keine Figur des folgenden Wortes, welche eben so hart und sprachwidrig seyn würde, als wenn man ein Schiff von dem Steuerruder oder andern Theilen benennen wollte, es müßte denn die Länge der herrschende Begriff seyn, weil die Angelsächsischen Schiffe als lange Fahrzeuge beschrieben werden. Es gehöret zu dem Stammworte hohl, von welchem auch die Gölle, die Galeere und andere Wörter ihren Ursprung haben. ( S. Kaue, Kelle, Keller, Kelch u. s. f.) Das Oberdeutsche Zeile, eine Art langer Donauschiffe zu bezeichnen, ist durch die gewöhnliche Verwechselung des Gaumen- und Zischlautes daraus entstanden. Eben dahin gehöret auch das Preußische Kiedel, gewisse große Fischerbothe zu bezeichnen. S. Köthe, Koth, ein Haus, Keutel u. s. f.


Kiel (W3) [Adelung]


3. Der Kiel, des -es, plur. die -e, Diminut. das Kielchen, ein Wort, welches überhaupt den Begriff der Länge und oft auch den damit verknüpften Begriff der Schärfe, der Dünne hat, aber nur noch in einigen Fällen üblich ist. 1) Der festere unten hohle Theil der Federn an den Vögeln und dem Federviehe, deren unterer hohler Theil die Spule, im Nieders. die Pose, Bose, und im Hessischen der Stahl genannt wird; der Federkiel. Ein Gänsekiel, Schwanenkiel, Rabenkiel. Die Kiele von geschlossenen Federn. Besonders so fern ein solcher Kiel zum Schreiben gebraucht wird, da denn figürlich und in der poetischen Schreibart auch wohl eine Schreibfeder ein Kiel genannt wird. Wie oder setzt dein Kiel der rechten Wahrheit Grund? Caniß. Auch die zarten noch in der Haut liegenden Kiele der größern Federn führen diesen Nahmen, dagegen sie im gemeinen Leben auch Stoppeln, und in Niedersachsen Pylen, und mit dem Zischlaute Spylen genannt werden, ( S. Spule.) Im Oberdeutschen lautet es in dieser Bedeutung auch Kengel, Kilch, im Ital. Canna, daher man es auch zu Kehle, Kelch, Canal rechnen könnte, so daß mit diesem Worte zunächst auf den untern hohlen Theil gesehen würde. Nimmt man den Begriff der Länge für den Hauptbegriff an, so gehöret auch das Lat. Caulis, und mit einem andern Ableitungslaute auch Halm dahin. Im Nieders. wird ein Federkiel auch Staal genannt, und im Oberdeutschen hieß er ehedem auch Bolz, Gänsebolz. 2) Der unterste lange Grundbalken eines Schiffes, in welchem die untern Theile des Schiffgebäudes eingezapfet werden. Der falsche Kiel, eine Unterlage unter dem wahren Kiele, diesen desto mehr zu verwahren. Wenn dann vielleicht der Wellen schwarzer Rachen Den Frachten drohe, und Mast und Kiel ereilt, Haged. Im Nieders. gleichfalls Kiel, im Franz. Quille, im Dän. Kiol, im Engl. Quill.


Kielbett (W3) [Adelung]


Das Kielbett, des -es, plur. die -en, ein Bett armer Leute, von geschlossenen Federkielen.


Kielen (W3) [Adelung]


Kielen, verb. reg. von 3. Kiel, welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, Kiele zu größern Federn bekommen, von Vögeln und dem Federviehe, wenn die jugendlichen Flaumfedern den gewöhnlichen größern Platz machen. Der Vogel kielet. So wie ein nackter Specht, Dem Schwanz und Flügel kielt, Günth. 2. Als ein Activum. 1) Mit Federkielen, oder doch mit Stücken damit versehen, in welchem Verstande gewisse Saiten-Instrumente gekielet oder bekielet werden. 2) Ein Schiff kielen, es mit einem neuen Kiele versehen.


Kielhohlen (W3) [Adelung]


Kielhohlen, verb. reg. act. welches nur in der Schifffahrt üblich ist. 1) Ein Schiff kielhohlen, es auf die Seite legen, um den Kiel und den untern Theil zu kalfatern und auszubessern; gleichsam, es über den Kiel hohlen. 2) Einen Verbrecher kielhohlen, eine Schiffsstrafe, nach welcher derselbe vermittelst eines an der großen Raa befestigten Taues in das Wasser gelassen und unter dem Kiele des Schiffes durchgezogen wird. Das trockne Kielhohlen, wenn er bis auf eine gewisse Tiefe unter das Wasser gelassen, und schnell wieder herauf gezogen wird. So auch die Kielhohlung. Nieders. kielhalen, Engl. to keelhale.


Kielkropf (W3) [Adelung]


Der Kielkropf, des -es, plur. die -kröpfe, im gemeinen Leben, ein Kropf an der Kehle, besonders, so fern er von Kindern zuweilen mit auf die Welt gebracht wird; ingleichen ein mit einem solchen Kropfe versehenes Kind. Da der große Haufe glaubt, daß ein solches Kind nicht natürlich sey, sondern daß es von dem Rixe oder einer Hexe ausgetauschet worden, so sind ein Kielkropf und ein Wechselbalg oft gleich bedeutende Ausdrücke. S. Mir. Anm. Entweder von Kehle, ein Kropf an der Kehle, oder auch von Kiel, Kugel, wegen der kugelförmigen Gestalt, siehe 1. Kiel.


Kielschwein (W3) [Adelung]


Das Kielschwein, des -es, plur. die -e, im Schiffsbaue, ein Block, welcher im Innern des Schiffes längs dem Kiele lieget, und auf welchem der Mast stehet. Im Nieders. Kielswien, Engl. Keelson. S. Schwein 1.


Kielwasser (W3) [Adelung]


Das Kielwasser, des -s, plur. ut nom. sing. in der Seefahrt, derjenige Streifen in dem Wasser, welchen das Schiff in seiner Fahrt macht.


Kielwerk (W3) [Adelung]


Das Kielwerk, des -es, plur. inus. Zwiebelgewächse, siehe 1. Kiel.


Kieme (W3) [Adelung]


Die Kieme, plur. die -n, im gemeinen Leben einiger Gegenden, besonders Niedersachsens, und bey den Schriftstellern des Naturreiches, knochenförmige Öffnungen mit kammförmigen Strahlen an dem Kopfe der Fische, welche ihnen anstatt der Lunge zum Athemhohlen dienen, und sehr uneigentlich auch Ohren oder Fischohren genannt werden, da sie doch mit dem Gehöre nichts zu tun haben; Branchiae. Im Nieders. Kieme, in einigen Oberdeutschen Gegenden der Kampf, in Niedersachsen auch die Kiefer, Kiepe; alle von Ka, Kau, ein hohles Behältniß, welches durch allerley Ableitungslaute näher bestimmt wird, S. Kaue, Kammer, Gaumen, Koben, Kober u. s. f. Da Kiefer zweydeutig ist, und auch einen Kinnbacken bedeutet, so ist Kieme bequemer.


Kiemendeckel (W3) [Adelung]


Der Kiemendeckel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Deckel, welcher die Kieme des Fisches verschließet; der Kieferdeckel.


Kiemenhaut (W3) [Adelung]


Die Kiemenhaut, plur. die -häute, eine Haut, welche sich mit dem Kiemendeckel verbindet, und die Kiemen von außen bedecket; die Kieferhaut.


Kiemung (W3) [Adelung]


Die Kiemung, an den Schiffen, S. Kimmung.


Kien (W3) [Adelung]


Der Kien, des -es, plur. inus. das mit Harz gesättigte Holz der Kiefer, welches sehr leicht und hell brennet, und daher so wohl zum Leuchten als zum Anmachen des Feuers gebraucht wird. Die Kiefer hat allein Kien. S. Baumkien, Stockkien, Vogelkien.

Anm. Im Nieders. Keen. Es hat seinen Nahmen ohne Zweifel von seiner brennbaren Eigenschaft, da es denn zu dem alten noch im Schwed. üblichen kinda, Engl. to kindle, Angels. cynne, anzünden woraus auch unser zündet geworden ist, gehöret. Im Griech. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - brennen. Die Lat. candere, incendere, Candela u. s. f. gehören gleichfalls zu diesem Geschlechte. ( S. Kienbaum.) Da das ie schon das Zeichen des langen i ist, so ist das h welches einige noch in diesem Worte, so wie in Kieme und andern, einschieben, völlig überflüssig.


Kienapfel (W3) [Adelung]


Der Kienapfel, des -s, plur. die -äpfel, der schuppige Zapfen oder Apfel des Kienbaumes, der bey der Fichte und Tanne der Fichtenapfel und Tannapfel genannt wird, und den Samen enthält. Im gemeinen Leben werden diese Zapfen Küsteln genannt. S. 5. Katze.


Kienbaum (W3) [Adelung]


Der Kienbaum, des -es, plur. die -bäume, der Kieferbaum, oder die Kiefer, weil sie unter allen ähnlichen Arten von Bäumen allen Kien gibt; im Oberdeutschen die Kienföhre. Im Wendischen wird sie daher auch nur Koina, Kuina genannt. S. Kiefer. Daher das Bey- und Nebenwort kienbäumen. Kienbäumenes Holz.


Kiener (W3) [Adelung]


Der Kiener, des -es, plur. ut nom. sing. im Bergbaue einiger Gegenden, z. B. in Tirol, ein Kohlenbrenner oder Holzknecht, welcher Kien zum Behuf der Schmelzhütten liefert. In einem Latein. Bergvertrage von 1185 in Spergs Tirol. Bergwerksgesch. schon Kener.


Kienfackel (W3) [Adelung]


Die Kienfackel, plur. die -n, eine Fackel aus Kien, ein Stück Kien, so fern es als eine Fackel gebraucht wird.


Kienföhre (W3) [Adelung]


Die Kienföhre, plur. die -n, S. Kienbaum und Fichte Anm.


Kienholz (W3) [Adelung]


Das Kienholz, des -es, plur. die -hölzer. 1) Das Holz des Kienbaumes, ohne Plural; kienbäumenes Holz. Ingleichen Holz, welches Kien enthält; kieniges Holz. 2) Ein aus Kienbäumen bestehendes Gehölz.


Kienig (W3) [Adelung]


Kienig, adj. et adv. Kien enthaltend. Kieniges Holz.


Kienöhl (W3) [Adelung]


Das Kienöhl, des -es, plur. doch nur von mehreren Arten oder Quantitäten, die -e, das aus den Kienbäumen und deren Theilen in den Pechhütten gebrannte Öhl, au welchem in den Apotheken das Terpenthinöhl bereitet wird.


Kienruß (W3) [Adelung]


Der Kienruß, des -es, plur. inus. der Ruß von verbranntem Kiene; im Oberdeutschen Kienrauch, Nieders. Keenroock. Dän. Kenrog, im Schwed. Kimröck, in Schlesien Kadelsrom. Daher die Kienrußhütte oder Kußhütte, eine Anstalt im Walde, wo der Kienruß aus den Kienstöcken gebrannt wird.


Kienflock (W3) [Adelung]


Der Kienflock, des -es, plur. die -stöcke. 1) Der Stock, d. i. zurück gebliebene Stamm, von einem gefälleten Kienbaume, mit dessen Wurzeln, woraus so wohl Kien gehauen, als auch Pech, Kienruß u. s. f. gebrennet wird. 2) Figürlich werden in den Schmelzhütten die Erzkuchen, aus welchen durch das Seigern das Bley vorläufig von dem Kupfer geschieden worden, wenn sie in das stärkere Darrfeuer gebracht werden, Kienstöcke genannt; ohne Zweifel wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt.


Kiepe (W3) [Adelung]


* Die Kiepe, plur. die -n, ein nur in Niedersachsen übliches Wort, einen Kober zu bezeichnen, besonders so fern er dazu bestimmt ist, auf dem Rücken getragen zu werden. ( S. Kober,) mit welchem Worte es von einem und eben demselben Stamme herkommt. Die Tasche in Kleidern heißt im Nieders. der Kiepsack, woraus vermittelst des vorgesetzten Zischlautes das Hochdeutsche Schubsack geworden. In einigen Gegenden ist die Kiepe ein solcher Kober von bestimmten Gehalte. So hält eine Kiepe Schollen in Lübeck 600 Stück. Im Wallach. ist Kjupa und im Alban. Kjup ein Gefäß mit Handhaben, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Kufe, S. dieses Wort, ingleichen Kieme.


Kieper (W3) [Adelung]


Der Kieper, S. Küfer und Küper.


Kies (W3) [Adelung]


1. Der Kies, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, grokörniger aus kleinen Kiefeln bestehender Sand, welcher auch Gries und Grand genannt wird; Kiessand. Das Gewächs deines Leibes wird seyn wie Kies, Es. 48, 19. Es ist mit dem folgenden einerley Stammes, ob es gleich in der Bedeutung und dem Gebrauche davon unterschieden ist.


Kies (W3) [Adelung]


2. Der Kies, des -es, plur. gleichfalls nur von mehrern Arten, die -e, ein Wort, welches ursprünglich einen jeden Stein, eine jede Steinart bedeutet zu haben scheinet, aber nur noch in einigen Fällen üblich ist. 1) Der Quarz, eine sehr harte, glasartige und gemeiniglich krystallinisch angeschossene Steinart, ist in einigen Gegenden auch unter dem Nahmen des Kieses bekannt. ( S. Kiesel.) 2) Im Bergbaue und der Mineralogie ist der Kies eine gelbe oder weiße Steinart, welche das Haupterz des Schwefels und Arseniks ist, und im ersten Falle Schwefelkies, im letztern Falle aber weißer Kies, Arsenikal-Kies, Giftkies, Wasserkies genannt wird. In engerer Bedeutung verstehet man unter Kies schlechthin den Schwefelkies; Pyrites, Pyromachus veterum. Von dem Nebengehalte und der äußern Gestalt bekommt er den Nahmen Kupferkies, Vitriolkies, Kiesniere, Kieskugel u. s. f. Im Böhm. Kyz. Bey den Lat. war Cos ein Wetzstein, und bey den Hebräern - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein jeder Stein. S. 6. Katze.


Kiesader (W3) [Adelung]


Die Kiesader, plur. die -n, im Bergbaue, eine Ader, welche Kies oder Schwefelkies enthält.


Kiesball (W3) [Adelung]


Der Kiesball, des -es, plur. die -bälle, Kies oder Schwefelkies in großen runden Kugeln; die Kieskugel.


Kiesel (W3) [Adelung]


Der Kiesel, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich ein kleines Stück Kies, d. i. Quarz, ein Quarztrumm, besonders so fern diese Art Steine auf und unter der Oberfläche der Erde zerstreuet angetroffen werden, und durch allerley Zufälle von größern Quarzmassen abgerissen und abgeründet worden; ein Kieselstein. In weiterer Bedeutung pfleget man auch alle kleinere auf und unter der Erde befindliche Steine, wenn sie gleich nicht aus Quarz bestehen, Kiesel und Kieselsteine zu nennen. So hart wie ein Kiesel oder Kieselstein.

Anm. Bey dem Ottfried Kisil, im Nieders. Keiserlink, Keselink, Kabeisel. Es ist vermittelst der Ableitungssylbe el von 2. Kies gebildet, so fern es Quarz und in weiterer Bedeutung einen jeden Stein bedeutet. Das Diminutivum Kieslein kommt 2. Sam. 17, 13 vor, daß man nicht ein Kieslein daran finde; wofür andere Ausgaben Kieselein haben. Im Oberd. ist für Kiesel auch Kiesling üblich, in den Monseeischen Glossen Chisling, Chisiling. Hernach wird ihm der Mund voll Kieseling werden, Sprichw. 20, 17. Eben daselbst ist Kiesel und Kiesling auch der Hagel, kieseln hageln, und das Kieselwetter das Hagelwetter, welches die allgemeine Bedeutung dieses Wortes bestätiget. Im Nieders. werden die Kieselsteine wegen ihrer Härte auch Bickelsteine, in Lüttich Flein, Engl. Flint, im Holländ. Kegel genannt.


Kieselhart (W3) [Adelung]


Kieselhart, adj. et adv. so hart wie ein Kiesel.


Kieselmehl (W3) [Adelung]


Das Kieselmehl, des -es, plur. inus. zu Mehl, d. i. einem feinen Pulver, gestoßene Kieselsteine.


Kieselsand (W3) [Adelung]


Der Kieselsand, des -es, plur. inus. Sand, welcher aus ganz kleinen Kieseln bestehet; Kies, Kiessand.


Kieselstein (W3) [Adelung]


Der Kieselstein, des -es, plur. die -e, Diminut. das Kieselsteinchen, Oberd. Kieselsteinlein, S. Kiesel.


Kiesen (W3) [Adelung]


Kiesen, verb. reg. act. et neutr. welches jetzt, außer dem gleichfalls seltenen erkiesen, im Hochdeutschen veraltet ist, und ehedem überhaupt durch die Sinne empfinden, von allen Sinnen gebraucht wurde. Für sehen befindet es sich noch in dem Heldenbuche; Wer diesen Helm treit, den kieset man kein Hanbet ein ganze Kaste breit. Für empfinden überhaupt stehet es in einem alten Gedichte in Eckards Scriptor. bey dem Frisch, Schmerzen und Not kiesen, empfinden. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung bedeutete es vermittelst der Sinne untersuchen. In diesem Verstande ist an einigen Oberdeutschen Orten noch der Kieser oder Weinkieser eine öffentliche Person, welche den Wein kostet und nach Befinden taxiret. ( S. Kosten,) welches das Intensivum davon ist. In noch engerer Bedeutung, vermittelst der Sinne untersuchen, um das Beste davon zu wählen, und hernach auch für auslesen, aussuchen, ja wählen überhaupt, in welchem Verstande es theils noch in erkiesen üblich ist, theils auch noch für sich allein im gemeinen Leben hin und wieder gehöret wird. Der ältere muß auf des jüngern Begehren kiesen, d. i. wählen.

Anm. Für erwählen kommt es noch bey dem Logau und dessen Zeitgenossen vor. Bey dem Ottfried, der es zugleich irregulär abwandelt, kiusen, im Imperf. kos, im Nieders. kösen, Kösing, die Wahl, bey dem Ulphilas kausjan, im Angels. ceofan, und cysan, im Engl. to choose, im Schwed. kesa, im Isländ. kiosa, im Franz. choisir. Nach einer gewöhnlichen Verwechselung des r und s ist daraus köhren entstanden, S. dasselbe.


Kiesgrube (W3) [Adelung]


Die Kiesgrube, plur. die -n, im Bergbaue, eine Grube, in welcher vorzüglich Kies, d. i. Schwefelkies oder Giftkies, gebrochen wird.


Kiesicht (W3) [Adelung]


Kiesicht, -er, -ste, adj. et adv. dem Kiese, d. i. groben Sande, ähnlich. Kiesig, kiesiger, kisigste, Keis oder groben Sand enthaltend. Ein kiesichter (besser kiesiger) Grund, 5 Mos. 21, 4.


Kieskugel (W3) [Adelung]


Die Kieskugel, plur. die -n, S. Kiesball.


Kieslauge (W3) [Adelung]


Die Kieslauge, plur. inus. im Bergbaue, eine Benennung des Cementwassers, welches das Eisen auflöset, und dagegen Kupfertheile fallen lässet.


Kiesling (W3) [Adelung]


Der Kiesling, des -es, plur. die -e, S. Kiesel.


Kiesniere (W3) [Adelung]


Die Kiesniere, plur. die -n, im Bergbaue, kleine Stücken Schwefelkieses in Gestalt der Nieren.


Kiessand (W3) [Adelung]


Der Kiessand, des -es, plur. inus. grober aus kleinen Kieseln bestehender Sand; Kieselsand, Kies, Grand, Gries.


Kiesschale (W3) [Adelung]


Die Kiesschale, plur. die -n, im Bergbaue, 1) eine Schale, d. i. ein Überzug von Schwefelkies, welcher zuweilen auf dem Quarze angetroffen wird. 2) Ein ausgehöhltes Stück Schwefelkies in Gestalt einer Muschelschale.


Kieszeche (W3) [Adelung]


Die Kieszeche, plur. die -n, im Bergbaue, eine Zeche, wo auf Schwefel- oder Giftkies gebauet wird.


Kieszimmer (W3) [Adelung]


Der Kieszimmer, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst, derjenige, welcher eine Kieszeche allein bauet; bey andern Zechen ein Einspänniger, Eigenlöhner. Frisch leitet dieses und das vorige Wort irrig von kiesen, wählen, ab. S. Zimmer.


Kietze (W3) [Adelung]


1. Die Kietze, plur. die -n, eine Katze weiblichen Geschlechtes, S. 9. Katze.


Kietze (W3) [Adelung]


2. Die Kietze, plur. die -n, ein nur im gemeinen Leben einiger Gegenden übliches Wort, eine Art eines Behältnisses, hohlen Gefäßes zu bezeichnen. So werden die aus abgeschälten Haselrinden verfertigten Behältnisse, worin die Landleute an einigen Orten die Erdbeeren sammeln und zu Marste bringen, Kietzen genannt; an andern Orten ein Schrot. Im Bergbaue ist die Kietze ein längliches viereckiges Kästchen mit einem Stiele, Gestübe und Leym zum Behufe des Schmelzofens darin aufzubewahren. Es gehöret mit Kiste, Kasten, 8. Katze und andern zu dem zahlreichen Geschlechte derjenigen Wörter, welche einen hohlen Raum, ein Behältniß bezeichnen. In der Mark Brandenburg heißt in einigen Gegenden der Kietz der Ort, wo die Fischer wohnen, Kietzer, und in Preußen Keutler, ein Fischer, vermuthlich, weil sie in Kietzen, im Wend. Keiza, Keischa, d. i. engen, niedrigen Hütten, wohnen, S. das Koth.


Kiff (W3) [Adelung]


* Der Kiff, des -es, plur. inus. ein nur im Niedersächsischen bekanntes Wort, gemahlene Gärberlohe zu bezeichnen. Es scheinet mit Kaff, Spreu, zu keifen, Nieders. kiven, zu gehören, so fern es nicht bloß kauen, sondern überhaupt zermalmen bedeutet.


Kiffe (W3) [Adelung]


* Die Kiffe, plur. die -n, gleichfalls am häufigsten im Niedersächsischen, ein elendes, kleines Haus, oder Zimmer; im Oberd. ein Käfter. Es ist ein Seitenverwandter von Käsich, Koben, Kober u. s. f. S. Kaue.


Kike (W3) [Adelung]


Die Kike, S. Gieke.


Kimme (W3) [Adelung]


Die Kimme, plur. die -n, ein in zwey verschiedenen aber sehr genau verwandten Bedeutungen, so wohl einer scharfen Vertiefung, als auch einer scharfen Erhöhung übliches Wort; beydes aber nur noch in einigen einzelnen Fällen. 1. Einer scharfen Vertiefung, einer Kerbe. So wird bey den Jägern die Kerbe in dem Stocke an den Steckgarnen die Kimme genannt. Bey den Weberbäumen ist es der scharfe Einschnitt in das Zahnrad des Weberbaumes, worein die Klinke fällt. In dieser Bedeutung gehöret es zunächst zu Kieme, das Fischohr, Kammer, Kumpf, u. s. f. welche alle einen vertieften hohlen Raum bezeichnen. 2. Eine scharfe Erhöhung, ein scharfer Rand, und in weiterer Bedeutung ein jeder Rand, gleichfalls nur noch in einigen einzelnen Fällen. 1) Bey den Börtchern wird der scharfe über den Boden hervor ragende Rand eines Fasses, welcher auch die Zarge heißt, die Kimme und bey andern die Kimming oder Kimmung genannt. Nieders. der Kimm, Engl. Chime, Schwed. Kim. Im Nieders. heißt daher ein Böttcher, welcher allerley Gefäße mit einem einzigen Boden verfertiget, ein Kimmker, welcher von einem Küper oder Küfer und Tonnenmacher oder Faßbinder daselbst noch unterschieden wird. 2) Der äußere Rand eines Schiffes heißt in vielen Gegenden die Kimme, Kimming oder Kimmung. 3) Im Niedersächsischen wird auch der Horizont, der äußerste Gesichtskreis auf freyem Felde, der Kimm genannt. Die Sonne gehet unter den Kimm, wenn sie untergehet.

Anm. In der Bedeutung der scharfen Erhöhung, des Randes, gehöret es mit Kahm, Keim, Kamm, keimen, zu dem Lat. Cima, Franz. Cime, der Gipfel eines Dinges, woraus auch unser Zinne entstanden ist. S. 3. Kamm


Kimmen (W3) [Adelung]


Kimmen, verb. reg. act. mit einer Kimme, d. i. einem tiefen Einschnitte, ingleichen einem scharfen Rande versehen. So werden bey den Börtchern die Fässer gekimmet, wenn die Rinne zu dem Boden, welche doch bey ihnen nicht so wohl die Kimme, als vielmehr der Gergel, das Gürgel heißet, eingeschnitten, und dadurch dem äußern Rande sein Daseyn gegeben wird. In weiterer Bedeutung durch solche Einschnitte zusammen fügen, in welchem Verstande es bey den Zimmerleuten kämmen lautet, S. 2. Kämmen.


Kimming (W3) [Adelung]


Die Kimming, oder Kimmung / , plur. die -en, S. Kimme 2.


Kimmker (W3) [Adelung]


Der Kimmker, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kimme 2.


Kind (W3) [Adelung]


Das Kind, des -es, plur. die -er, Diminut. das Kindchen, und im Plural Kinderchen, Oberd. Kindlein oder Kindelein, ein menschliches Individuum, so fern es erzeuget worden, d. i. durch unmittelbare körperliche Mittheilung seines Wesens von andern empfangen hat, ohne Rücksicht auf das Geschlecht, welches durch die Wörter Sohn und Tochter näher bestimmt wird. Es kommt in einer dreyfachen Beziehung vor. 1. In Beziehung auf denjenigen, von welchem man sein Wesen empfangen hat, in welchem man seinem Wesen und Daseyn nach gegründet ist. 1) In der engsten Bedeutung, in Beziehung auf die unmittelbaren Ältern, auf diejenigen Personen, von welchen man unmittelbar gezeuget worden, wo sich das Wort Kind so wohl auf beyde Ältern zusammen genommen, als auch auf jeden Theil derselben, auf den Vater so wohl als auf die Mutter, beziehen kann. Es wird alsdann ohne Rücksicht auf das Alter gebraucht. Jemandes Kind seyn. Es ist unser Kind. Seine Kinder abfinden. Großer Leute Kinder gerathen selten wohl. Von seinen Kindern verlassen werden. Keine Kinder haben. Kinder bekommen, besonders von der Mutter. Kinder zeugen, nur allein von dem Vater. Geschwisterkinder, Personen, deren Ältern Geschwister waren. 2) In weiterer Bedeutung. (a) In Beziehung auf die entferntern Stammältern; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher die Ausdrücke die Kinder Israel, die Kinder Adams, die Kinder Juda u. s. f. für Nachkommen, in der Deutschen Bibel sehr häufig sind. (b) So fern alle vernünftige Geschöpfe ihrem Wesen und Daseyn nach in Gott geründet sind, werden alle vernünftige Geschöpfe in der Deutschen Bibel Kinder Gottes genannt. In engerer Bedeutung führen sie diesen Nahmen, wenn sie diesen Ursprung einräumen und bekennen, wenn es gleich nur äußerlich geschiehet; im Gegensatze der Kinder der Menschen. 3) Figürlich, eine Person, welche in Ansehung des Vaterlandes, des Eigenthumes, der Erhaltung, der Erziehung, des Unterrichtes u. s. f. in einem andern gegründet ist, der alsdann ihr Vater heißt. (a) In Ansehung des Vaterlandes, in den zusammen gesetzten Landeskind, Stadtkind, eine Person, welche aus einem Lande, aus einer Stadt gebürtig ist. (b) In Ansehung der Erhaltung, der Erziehung, der Versorgung. Ein Pflegekind; im gemeinen Leben, ein Ziehkind. Ein angenommenes, adoptirtes, Kind. Ein Glückskind. (c) * In Ansehung des Unterrichts, in welchem Verstande Schüler in der Deutschen Bibel mehrmahls Kinder der Propheten genannt werden. Schon bey dem Kero sind Chindu Schüler. In dieser Bedeutung ist es veraltet. (d) In Ansehung der Seelsorge, in dem zusammen gesetzten Beichtkind. (e) In Ansehung anderer äußern Verhältnisse, in den Worten Pfarrkind, Kirchspielskind u. a. (f) In Ansehung der Wiedergeburt werden wiedergeborene Menschen in der Deutschen Bibel und der biblischen Schreibart Kinder Gottes genannt. (g) * In Ansehung des Eigenthums, gleichfalls nur in der Deutschen Bibel und der biblischen Schreibart, wo die Ausdrücke ein Kind der Hölle, der Seligkeit, des Himmels, der Verdammniß, der Sünde, der Welt, des Zornes u. s. f. häufig vorkommen. 2. In Beziehung auf die Zeugung allein, wo es ein menschliches Individuum von dessen Empfängniß an bis zur Geburt und gleich nach derselben bezeichnet. Das Kind im Mutterleibe nicht verschonen. Ein ungeborenes Kind. Mit einem Kinde schwanger gehen; im gemeinen Leben nur, mit einem Kinde gehen. Ein Kind von jemand bekommen, wird von der Mutter gesagt, in Beziehung auf den Vater. Ein Kind gebären, zur Welt bringen, von einem Kinde entbunden werden, (nicht mit einem Kinde,) in der feyerlichern Schreibart, eines Kindes genesen. Das Kind mit dem Bade ausschütten., das Gute mit dem Schlechten verwerfen, alles verderben. 3. In weiterer Bedeutung, in Beziehung auf das Alter. 1) Im gewöhnlichsten Verstande, da Personen von ihrer Geburt an bis zum zehenten Jahre Kinder genannt werden. Ich bin von Kind auf auf sein Freund gewesen, von Kindesbeinen an. Er weinte wie ein Kind, bitterlich. Ein Mann wie ein Kind, in Beziehung auf die guten Eigenschaften eines biegsamen, folgsamen Kindes. So eigensinnig wie ein Kind. Ein Kind am Verstande. Sie wollen mich gewiß zum Kinde machen, sie glauben gewiß, sie könnten mir, wie einem Kinde, alles weiß machen. Auch als ein Ausdruck der vertraulichen Zärtlichkeit, auch gegen erwachsene Personen, wobey doch die erste Bedeutung nicht ausgeschlossen werden muß. Mein Kind! Liebes Kind! Die guten Kinderchen, auch von erwachsenen Personen, besonders weiblichen Geschlechtes. Figürlich werden in der Deutschen Bibel und biblischen Schreibart, Christen, so lange sie mehr nach Empfindung, als nach Erkenntniß göttlicher Wahrheiten handeln, Kinder genannt. 2) * Ehedem wurden auch Personen im Jünglingsalter Kinder genannt; in welcher Bedeutung es noch zuweilen in der Deutschen Bibel vorkommt. Das ich der iare bin ein kint, König Conrad der Junge, der doch damahls wenigstens ein Jüngling seyn mußte. Die Tuchscherer nennen ihre Gesellen noch Kinder, vermuthlich aus keinem andern Grunde, als aus welchem die Gesellen bey den Tuchmachern und andern Handwerkern Knappen, d. i. Knaben, genannt werden. Auch die Matrosen auf den Schiffen bekommen von den Schiffern nur den Nahmen Schiffskinder. Anm. Schon in Isidor Chindh, bey dem Kero Chind, bey dem Willeram Kint, bey dem Ottfried Kind, und im Diminut. Kindilin, im Nieders. Kind, bey den ältern Friesen Kin, Kinne, Knie, Kni, bey den heutigen Knee, im Angels. Cild, im Engl. Child. Es scheinet das Mittelwort der vergangenen Zeit, von dem veralteten Zeitworte kinnen, zeugen, bey dem Ulphilas keinan, im Angels. cennan, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Lat. gignere, zu seyn. Kind für kinned, gezeuget; von welchem Worte ehedem auch das Abstractum Chunne, Geschlecht, Dän. Klon, Engl. Kin, Kind, üblich war. In der ersten Bedeutung ist kein Diminut. gebräuchlich, in der zweyten und dritten kommt Kindchen im Singular nur im gemeinen Leben vor, der Plural Kinderchen ist auch in der vertraulichen Sprechart üblicher. In den folgenden Zusammensetzungen ist bald die erste einfache Endung Kind, bald die zweyte einfache Kindes, bald auch die zweyte vielfache Kinder gangbar.


Kindbett (W3) [Adelung]


Das Kindbett, des -es, plur. inus. ein Bett, so fern eine Mutter darin von einem Kinde entbunden wird, oder entbunden worden, das Wochenbett; besonders in verschiedenen figürlichen R. A. In das Kinderbett kommen, von einem Kinde entbunden werden. Im Kindbette liegen, vor kurzen entbunden seyn. Das Kindbett an einem Orte aufschlagen, daselbst entbunden werden wollen. Im Kindbette sterben, unter der Entbindung oder bald nach derselben. Das ist ihr erstes Kindbett, das ist ihr erstes Kind, von welchem sie entbunden worden. Gemeiniglich werden die ersten sechs Wochen nach der Entbindung zum Kindbette gerechnet, daher diese Zeit auch die sechs Wochen genannt wird. Schon bey dem Notker Chindebette, im Nieders. Kindelbette, der Kram. S. das letzte.


Kindbetterinn (W3) [Adelung]


Die Kindbetterinn, plur. die -en, eine Person weiblichen Geschlechtes, welche in dem Kindbette lieget, besonders eine solche verheirathete Person. Ier. 31, 8. Un da kam die Zeit, da die magt kindelbetterin solt werden, im Buche Belial von 1472. Im Nieders. Kramfrau, Krammutter. Kindbetterinn ist nach der Form der männlichen Wörter auf er gebildet, welche durch das abgehängte inn zu weiblichen werden. Der Kindbetter ist nicht gebräuchlich.


Kindelbier (W3) [Adelung]


+ Das Kindelbier, für Kindleinsbier, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben auf dem Lande, besonders Niedersachsens, das Bier, womit nach einer Kindtaufe die Gevattern und Nachbaren bewirthet werden, und in weiterer Bedeutung der ganze bey dieser Gelegenheit angestellte festliche Schmaus; das Kindelmahl, im Osnabrück zusammen gezogen Kilmer.


Kindelmarkt (W3) [Adelung]


Der Kindelmarkt, S. Kindermarkt.


Kindeln (W3) [Adelung]


Kindeln, verb. reg. welches nur im gemeinen Leben üblich ist. 1) In das Kindbett kommen, als ein Neutrum, mit dem Hülfs- worte haben; im gemeinen Leben anderer Gegenden kindern. 2) Jemanden kindeln, ihn am Kindertage mit der Kindelruthe begrüßen. S. Kindertag.


Kindelruthe (W3) [Adelung]


Die Kindelruthe, plur. die -n, S. Kindertag.


Kinderalter (W3) [Adelung]


Das Kinderalter, des -s, plur. inus. das kindliche Alter, dasjenige Alter, in welchem man noch ein Kind ist, d. i. das Alter von der Geburt bis nach vollendetem zehenten Jahre.


Kinderbischof (W3) [Adelung]


Der Kinderbischof, des -es, plur. die -bischöfe, ein nur noch in einigen Gegenden bekanntes Wort, da die Kinder am Tage der unschuldigen Kinder einen so genannten Bischof aus ihrer Mitte wählen.


Kinderblattern (W3) [Adelung]


Die Kinderblattern, sing. inus. kleine Erhöhungen auf der Haut, welche den dritten oder vierten Tag mit einem hitzigen Fieber hervor kommen, an siebenten oder achten anfangen zu eitern und nach dem elften abzutrocknen anfangen, weil die Kinder dieser Krankheit am häufigsten ausgesetzet sind; Varioli. Sie werden auch nur Blattern schlechthin, im Nieders. aber Kinderpocken oder Pocken genannt. S. Wind- Wasser- und Spitzblattern, welches unechte Arten derselben sind, ingleichen Blatter.


Kinderey (W3) [Adelung]


Die Kinderey, plur. die -en, ein kindisches Betragen, kindische Reden. Das sind Kindereyen. Nieders. Kinderije.


Kinderflecken (W3) [Adelung]


Die Kinderflecken, sing. inus. in einigen Gegenden, eine Benennung der Masern, S. dieses Wort.


Kinderfrau (W3) [Adelung]


Die Kinderfrau, plur. die -en, eine Frau, so fern sie zur Wartung kleiner Kinder bestimmt ist; die Kindermuhme. An einigen Orten ist auch die Kindermutter oder Wehmutter unter diesem Nahmen bekannt.


Kinderfresser (W3) [Adelung]


Der Kinderfresser, des -es, plur. ut nom. sing. ein erdichtetes Schreckbild, Kinder damit zu schrecken. Schon die Römer kannten ihn unter dem Nahmen Manducus, und in Lyon heißt er um 1520 Machecroute, dergleichen Figur Rabelais Oeuvr. B. 4, Kap. 59 beschreibt. S. Popanz.


Kindergeld (W3) [Adelung]


Das Kindergeld, des -s, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er, Geld, welches unmündigen Kindern gehöret.


Kinderhaft (W3) [Adelung]


Kinderhaft, adj. et adv. Kindern ähnlich, im nachtheiligen Verstande, in Ansehung des Mangels der Vernunft und des gesetzten Wesens, für das härtere kindisch.


Kinderhusten (W3) [Adelung]


Der Kinderhusten, des -es, plur. inus. der Keichhusten, weil Kinder oft von demselben getödtet werden.


Kinderlehre (W3) [Adelung]


Die Kinderlehre, plur. die -n, die Katechisation, Unterricht in Glaubenswahrheiten vermittelst mündlicher Fragen und Antworten, weil Kinder am häufigsten auf diese Art unterrichtet zu werden pflegen; daher man an einigen Orten auch einen Katecheten einen Kinderlehrer zu nennen pfleget.


Kinderlos (W3) [Adelung]


Kinderlos, adj. et adv. der Kinder beraubt, keine Kinder habend, ohne Kinder.


Kindermagd (W3) [Adelung]


Die Kindermagd, plur. die -mägde, eine Magd zur Wartung kleiner Kinder; im gemeinen Leben das Kindermädchen, in Meißen die Kindermuhme oder Muhme.


Kindermarkt (W3) [Adelung]


Der Kindermarkt, des -es, plur. die -märkte, der Jahrmarkt vor dem Weihnachtsfeste, weil er nur solche Sachen betrifft, mit welchem man Kinder um diese Zeit zu beschenken pflegt; der Kindelmarkt, Christmarkt.


Kindermord (W3) [Adelung]


Der Kindermord, des -es, plur. inus. die Ermordung seines eigenen Kindes. In einigen Gegenden ist auch der Sadebaum, Juniperus Sabina L. unter diesem Nahmen bekannt, weil gewissenlose Weibespersonen ihn häufig zur Abtreibung der Leibesfrucht mißbrauchen.


Kindermörder (W3) [Adelung]


Der Kindermörder, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kindermörderinn, eine Person, welche ihr eigenes Kind ermordert hat. Man gebraucht diese und die vorige mit dem Plural Kinder gemachte Zusammensetzung, wenn gleich nur ein einfacher Mord angedeutet werden soll.


Kindermutter (W3) [Adelung]


Die Kindermutter, plur. die -mütter. 1) Eine weibliche Person, so fern sie eine Mutter mehrerer Kinder ist. Der die Unfruchtbare im Hause wohnen macht, daß sie eine fröhliche Kindermutter sey, Ps. 113, 9. 2) Eine Hebamme ist an vielen Orten gleichfalls unter diesem Nahmen bekannt.


Kindern (W3) [Adelung]


Kindern, verb. reg. neutr. mit diesem Hülfsworte haben. 1) In das Kindbett kommen; an einigen Orten kindeln. An manchen Orten ists so Brauch, die Weiber müssen jährlich kindern, Logau. 2) Nach Art der Kinder tändeln. Und immer so gekindert Will ich halb schlafend schreiben, Käsin.


Kinderpocken (W3) [Adelung]


Die Kinderpocken, sing. inus. S. Kinderblattern.


Kinderpossen (W3) [Adelung]


Die Kinderpossen, sing. inus. Possen, wie Kinder sie zu machen pflegen.


Kinderpulver (W3) [Adelung]


Das Kinderpulver, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. in den Apotheken ein vornehmlich aus Opium bereitetes Pulver, unruhige Kinder schlafen zu machen; das Ruhepulver, die Kinderruhe.


Kindersaft (W3) [Adelung]


Der Kindersaft, des -es, plur. von mehrern Arten, die -säfte, eine gelinde Abführung für neu geborne Kinder in Gestalt eines Saftes oder Syrupes.


Kinderschuhe (W3) [Adelung]


Die Kinderschuhe, sing. inus. welches nur in der R. A. üblich ist, die Kinderschuhe abgeleget haben, das Kinderalter zurück geleget haben, nicht mehr ein Kind seyn. Von der gleichbedeutenden R. A. die Kinderschuhe ausgetreten haben, siehe Austreten.


Kinderspiel (W3) [Adelung]


Das Kinderspiel, des -es, plur. die -e, ein Spiel, womit sich Kinder zu belustigen pflegen. Ingleichen figürlich, eine sehr leichte, leicht begreifliche Sache; bey dem Stryker Chindes Spil.


Kindertag (W3) [Adelung]


Der Kindertag, des -es, plur. die -tage, eine Benennung desjenigen Tages, welcher in der Kirche dem Andenken der auf Herodes Befehl ermordeten unschuldigen Kinder gewidmet ist, der Tag der unschuldigen Kinder, welcher von alten Zeiten her als ein Festtag angesehen worden, vorzüglich den Kindern feyerlich war, und von ihnen an manchen Orten noch mit allerley Gebräuchen begangen wird, der Kindeltag, Kindleinstag. Im Nieders. ist der Tag nach einem jeden der drey Hauptfeste unter diesem Nahmen bekannt, weil die Kinder an demselben gemeiniglich noch Schulferien haben.


Kindertaufe (W3) [Adelung]


Die Kindertaufe, plur. inus. die Taufe, so fern sie Kindern gereichet wird, zum Unterschiede derjenigen Taufe, welche erwachsenen Personen widerfähret; der kirchliche Gebrauch, unmündige Kinder zu taufen. Ein Wort, welches mit Kindtaufe nicht verwechselt werden darf.


Kinderzucht (W3) [Adelung]


Die Kinderzucht, plur. inus. die Art und Weise, Kinder zu ziehen oder zu erziehen, d. i. die Sitten derselben zu bilden.


Kindesbeine (W3) [Adelung]


Kindesbeine, sing. inus. ein Wort, welches nur in der R. A. von Kindesbeinen an gebraucht wird, d. i. von der Kindheit an, von Kind auf.


Kindeskind (W3) [Adelung]


Das Kindeskind, des -es, plur. die -er, das Kind seines Kindes, ein Enkel; ein Wort, welches am häufigsten im Plural und ohne Artikel gebraucht wird. Kindeskinder erleben, Enkel. Auch in weiterer Bedeutung, für Nachkommen überhaupt, in welchem Verstande es mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt.


Kindesnoth (W3) [Adelung]


Die Kindesnoth, ein Wort, welches nur im Plural mit dem Vorworte in ohne Artikel gebraucht wird, den Zustand der Entbindung, der Geburt einer Mutter, als eine Noth zu bezeichnen. In Kindesnöthen liegen, eine schwere Geburt haben, mit Schmerzen gebären. Einer Person in Kindesnöthen beyspringen. In weiterer Bedeutung auch wohl die Entbindung überhaupt, weil sie allemahl mit Schmerzen verbunden ist. Es wird dich Angst ankommen, wie ein Weib in Kindesnöthen Jer. 13, 21. Sie war in Kindesnöthen und hatte große Qual zur Geburt, Offenb. 12, 2. Eine die in den ersten Kindesnöthen ist, Jer. 4, 31. Der Singular, ehe denn ihr Kindesnoth kommt, Es. 66, 7, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Kindestheil (W3) [Adelung]


Das Kindestheil, des -es, plur. die -e, der Theil, der Antheil eines Kindes aus einer Erbschaft. Kindestheil bekommen, so viel als jedem Kinde von der Verlassenschaft seines Vaters oder seiner Mutter gebühret.


Kindheit (W3) [Adelung]


Die Kindheit, plur. inus. in der dritten Bedeutung des Wortes Kind, der Zustand, da man noch ein Kind ist, das kindliche Alter, von der Geburt an, bis zum zehenten Jahre, wo man mehr nach Empfindungen, als nach Erkenntniß handelt. Wir sind einander von Kindheit an gut gewesen, Weiße. Schon in der Kindheit waren sie für einander bestimmt. Im Angels. Cildhad. In einigen Gegenden ist dafür Kindschaft üblich.


Kindisch (W3) [Adelung]


Kindisch, -er, te, adj. et adv. in der Kindheit, d. i. dem Alter eines Kindes, in der dritten Bedeutung dieses Wortes, und dessen Vertragen gegründet. 1) * Überhaupt, auch im guten, wenigstens gleichgültigen Verstande. Jünglinge heißen bey dem Kero Chindiske, und Ottfried gebraucht kindisg im guten Verstande für jugendlich. Einige Schriftsteller gebrauchen es noch zuweilen in diesem gleichgültigen Verstande; eine kindische Freude, eine innige Freude, wie sich Kinder zu freuen pflegen; ein kindisches, jugendliches Gesicht. Allein im Ganzen ist es doch in derselben veraltet, indem diesem Worte, 2) allemahl ein verächtlicher Nebenbegriff anklebet, weil es sich jetzt nur auf den Mangel des Verstandes und der Vernunft beziehet, welcher mit der Kindheit verbunden ist. Ein kindischer Verstand. Ein kindisches Betragen. Sehr kindisch reden. Kindisch thun. Wieder kindisch werden, im hohen Alter; bey der Winsbeckinn erkinden, im Nieders. verkindsken, wo auch Kindskheit diesen Zustand der zweyten Kindheit bedeutet.


Kindlich (W3) [Adelung]


Kindlich, -er, -ste, adj. et adv. einem Kinde gleich oder ähnlich, in dem Zustande eines Kindes gegründet. 1) In der ersten Bedeutung des Wortes Kind, dem Verhältnisse eines Kindes gegen die Urheber seines Lebens und Daseyns gemäß und darin gegründet. Die kindliche Liebe, die Liebe eines Kindes gegen seine Ältern, und gegen diejenigen, welche deren Stelle vertreten. Kindliche Zärtlichkeit. Kindliche Gesinnung. Der kindliche Gehorsam. Die kindliche Furcht, wenn man den Verlust der Liebe und Wohlthaten im Falle der Beleidigungen von Ältern und deren Stellvertretern besorget; im Gegensatze der knechtischen Furcht. Als ein Nebenwort kommt es seltener vor. 2) In der dritten Bedeutung des Hauptwortes Kind, in der Kindheit, in dem Alter eines Kindes gegründet, im guten, wenigstens gleichgültigen Verstande. Das kindliche Alter, das Alter eines Kindes, einer Person, so lange sie noch ein Kind ist; desser Kindesalter. Eine kindliche Freude, mit der Empfindung, mit welcher sich Kinder zu freuen pflegen. Indessen wird es doch in dieser Bedeutung nur selten gebraucht, zumahl da die Zweydeutigkeit mit der vorigen Bedeutung leicht einen Mißverstand machen kann. Als ein Nebenwort ist es hier gar nicht üblich. Anm. Kindisch beziehet sich allein auf das Alter, und den mit demselben verbundenen Mangel des Ernstes und des Verstandes; kindlich auf das Verhältniß.


Kindschaft (W3) [Adelung]


Die Kindschaft, plur. inus. das Verhältniß eines Kindes gegen seine Ältern, und der Inbegriff der darin gegründeten Vorrechte; ein nur noch in den Rechten und in der biblischen Schreibart übliches Wort. In den Rechten, besonders Oberdeutschlandes, kommen Kindschaft und Einkindschaft noch häufig für die Annehmung an Kindes Statt, für die Adoption vor. In der Theologie hingegen ist es das genaueste Verhältniß des Menschen gegen Gott, die Theilnehmung desselben an den Vollkommenheiten Gottes, und das Recht zu dieser Theilnehmung. Gott hat uns zur Kindschaft verordnet, Ephes. 1, 5. Die Kindschaft empfangen, Gal. 4, 5. Sich nach der Kindschaft sehnen, Röm. 8, 23.


Kindtaufe (W3) [Adelung]


Die Kindtaufe, plur. die -n, die Taufe eines Kindes, die feyerliche Handlung, da ein Kind durch die Taufe als ein Glied der Kirche eingeführet wird; in einzelnen Fällen. Im gemeinen Leben auch der dabey in manchen Gegenden übliche Schmaus. Zur Kindtaufe gehen. Der Kindtaufvater, die Kindtaufmutter, der Vater und die Mutter des Kindes, welches getauft werden soll, oder getauft worden.


Kinkhorn (W3) [Adelung]


Das Kinkhorn, des -es, plur. die -hörner. 1) In einigen Gegenden, ein Horn, d. i. musicalisches Blase-Instrument, welches einen sehr hellen Ton gibt, und unter dem Nahmen des Zinkes am bekanntesten ist, S. dieses Wort. 2) Figürlich wird wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, eine gewundene einschalige Conchylie mit langen Spitzen, deren erste Windung einen Bauch macht; das Kinkhorn genannt; Buccina, die Posaunenschnecke.


Kinn (W3) [Adelung]


Das Kinn, des -es, plur. die -e, Diminut. das Kinnchen, Oberd. Kinnlein, eine jede Hervorragung an einem Körper. 1) Überhaupt; wo es doch nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich ist. So wird an den Regenrinnen, das vorderste herab hangende Stückchen Leiste das Kinn genannt. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, der hervor stehende Theil an dem thierischen Kopfe, besonders an dem menschlichen Gesichte unter der Unterlippe, welcher durch die Zusammenfügung der Kinnbacken gebildet wird. Ein rundes, gespaltenes Kinn. Ein glattes Kinn, ein unbärtiges. Das Grübchen in dem Kinne. Weil es bey den Männern der Sitz des Bartes ist, so führet es im gemeinen Leben auch den Nahmen des Bartes. Anm. In der letzten Bedeutung schon bey dem Raban Maurus im 8ten Jahrhunderte Chinni, im Nieders. gleichfalls Kinn, im Engl. Chin, im Angels. Cinn, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Zu der allgemeinen Bedeutung einer Hervorragung gehören das Dän. und Schwed. Kind, die Backe, das Lat. Gena, das alte Oberdetusche Ken und Kyns, der Knöchel, und andere mehr. ( S. auch Kinnbacke, Knie und Kante.) Auf ähnliche Art nennen die Dänen und Schweden das Kinn Hage und Haka, dagegen bey den Niedersachsen um eben dieser Ursache willen Hacke die Ferse ist. Im Hochdeutschen ist dieses Wort fast ohne Ausnahme ungewissen Geschlechtes, in den Mundarten aber kommt es so wohl im männlichen als auch in weiblichen vor, der Kinn und die Kinne.


Kinnbacken (W3) [Adelung]


Der Kinnbacken, des -s, plur. ut nom. sing. diejenigen Beine des Kopfes an den thierischen Körpern, worin die Zähne befestiget sind; Maxillae. Der obere Kinnbacken, die untern Kinnbacken. Im gemeinen Leben werden die Kinnbacken auch Kinnladen, und so fern sie zum Zerkauen der Speisen dienen, Kiefen, Kiefer, und im Österreichischen Koyen genannt. An den Pferden heißen sie mit einem Französischen Ausdrucke Ganaschen oder Ganassen. Im Nieders. ist auch Janen üblich, welches mit dem Isländ. Gina, und Engl. Jaw überein kommt.

Anm. Bey dem Kero Chennibahlo, bey dem Notker nur Chinne, der auch Chinne zan für Backenzahn gebraucht; im Schwed. Kindben, Kindboge, von Kind, die Wange, Backe, im Dän. Kindbakke. Da jedes der beyden Wörter, aus welchen Kinnbacke bestehet, eigentlich schon eine Erhöhung bedeutet, so scheinet Kinn hier nicht so wohl das vorige Wort zu seyn, sondern vielmehr von kauen abzustammen, zumahl da es in vielen Gegenden Kienbacken geschrieben und gesprochen wird. In einigen Gegenden ist es weiblichen Geschlechtes, die Kinnbacke.


Kinnbackenzwang (W3) [Adelung]


Der Kinnbackenzwang, S. Mundklemme.


Kinnkette (W3) [Adelung]


Die Kinnkette, plur. die -n, eine kleine eiserne Kette an den Zaume eines Pferdes, welche unter dem Kinne herum gehet, und in die Kinnhaken an dem Zaune eingesenket wird; der Kinnreif.


Kinnlade (W3) [Adelung]


Die Kinnlade, plur. die -n, S. Kinnbacken.


Kinnreif (W3) [Adelung]


Der Kinnreif, des -es, plur. die -e, S. Kinnkette.


Kinster (W3) [Adelung]


Der Kinster, S. Kenster.


Kintschelbeere (W3) [Adelung]


Die Kintschelbeere, plur. die -n, im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Nahme der Vogelkirschen, Prunus Padus L. welche an andern Orten Kitschbeeren genannt werden. Siehe Vogelkirsche.


Kipfe (W3) [Adelung]


* Die Kipfe, plur. die -n, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, wofür jetzt Gipfel üblich ist, und welches noch Hiob 39, 28 vorkommt, die Kipfe am Fels; wofür andere Ausgaben Klippe haben.


Kippe (W3) [Adelung]


Die Kippe, plur. inus. der Zustand, da ein Körper in Gefahr ist zu kippen. Auf der Kippe stehen.


Kippen (W3) [Adelung]


Kippen, verb. reg. welches auf eine gedoppelte Art gebraucht wird. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, wo es eine Art eines Falles bedeutet, welcher theils durch Abgleitung von der Grundfläche, oder durch deren Wegrückung, theils durch das Übergewicht auf der einen Seite verursacht wird. Der Tisch kippt, das Glas kippt, ist in Bewegung umzufallen. So auch in den Zusammensetzungen abkippen, umkippen, aufkippen, niederkippen. Da es in allen diesen Fällen nur von kleinern Körpern üblich ist, welche in und durch diese Art des Falles einen gewissen Laut hervor bringen, der dem Klange dieses Wortes gleicht, so scheinet es zunächst diesen Laut auszudrucken. Im gemeinen Leben auch keppen. Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . 2. Als ein Activum. 1) Stoßen, doch nur von gewissen Arten des Stoßes, wo der dadurch verursachte Laut durch dieses Zeitwort nachgeahmet werden kann. So kippt man an einigen Orten die Ostereyer, oder man kippt mit Ostereyern, wenn man zwey Eyer gelinde an einander stößet, um zu sehen, welches ganz bleibet. 2) Einen Körper auf die Ecke oder scharfe Seite heben; besonders so fern es mit der Spitze eines Hebels geschiehet. Am häufigsten in den Zusammensetzungen aufkippen, umkippen. Es scheinet hier das Intensivum von heben zu seyn, ohne doch die Onomatpöie auszuschließen. Indessen kann es auch zu Kipf, Gipfel, u. s. f. gehören, weil diese Bewegung theils um die scharfe Ecke des Körpers geschiehet, theils vermittelst der Spitze des Hebels hervor gebracht wird. Im gemeinen Leben keppen.

Anm. Das Nieders. kippen, abhauen, gehöret nicht hierher, sondern zu kappen. Das gleichfalls Nieders. kippen, welches im Osnabrückischen genau besehen, in andern Gegenden aber figürlich aussuchen, auslesen, auswählen bedeutet, scheinet mit gaffen, von dem Nieders. kieken, genau sehen, gucken, und den Hochdeutsche kiesen und köhren, nur in der Ableitungssylbe unterschieden zu seyn, und sein Stammwort in dem mit dem Zischlaute verlängert schauen zu finden.


Kipper (W3) [Adelung]


Der Kipper, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur noch in der Geschichte des vorigen Jahrhundertes in dem Ausdrucke Kipper und Wipper übliches Wort, solche Personen zu bezeichnen, welche in dem dreyßigjährigen Kriege und bey dem damahligen Verfalle des Münzwesens, die dessen Münzsorten und bessern einzelnen Münzen auf das sorgfältige aussuchten und aus dem Handel und Wandel entfernten. Die gemeinste Meinung ist, daß mit diesem Worte zunächst auf das Auf- und Niderkippen der Geldwage gesehen werde, weil diese Art Wucherer das Geld sorgfältig auszuwägen pflegten; zumahl da auch Wipper diese Erklärung leidet, wenn es anders nicht, wie in mehrern ähnlichen Fällen geschiehet, aus Liebe zum Reime hinzu gesetzet worden. ( S. Wipper.) Indessen kann auch das vorhin gedachte Nieders. kippen, genau besehen, ingleichen kippen, beschneiden, mit in Betrachtung kommen. Im Oberdeutschen findet sich noch ein anderes ähnliches Wort, indem Kipperer daselbst einen wucherlichen Händler im Kleinen, und Kipperey einen solchen wucherlichen Handel bedeutet. Ein Getreidekipperer ist ein Kornjude. Es scheinet in diesem Verstande ein Intesivum von kaufen, Nieders. köpen zu seyn.


Kippkarren (W3) [Adelung]


Der Kippkarren, des -s, plur. ut nom. sing. ein Karren mit einem Kasten, welcher nach Wegnehmung eines Theiles der Grundfläche niederkippet, damit man das darin befindliche ausleeren könne.


Kirchdorf (W3) [Adelung]


Das Kirchdorf, des -es, plur. die -dörfer, ein Dorf, in welchem sich eine Kirche befindet.


Kirche (W3) [Adelung]


Die Kirche, plur. die -n, Diminut. Kirchlein, zusammen gezogen Kirchel, im gemeinen Leben der Hochdeutschen Kirchelchen. 1. Dasjenige Gebäude unter den Christen, welches dem öffentlichen Gottesdienste gewidmet ist; ehedem das Gotteshaus. Eine Kirche bauen, einweihen. In dem Ausdrucke Porkirche, bedeutet es auch einen Theil der Kirche, nähmlich das Chor. In der weitesten Bedeutung nennt man im gemeinen Leben ein jedes zum öffentlichen Gottesdienste bestimmtes Gebäude eine Kirche; in engerm Verstande führet nur dasjenige Gebäude dieser Art diesen Nahmen, zu welchem eine eigentliche Gemeine gehöret, zum Unterschiede von einer Kapelle. In noch engerm Verstande, erfordert man in manchen Gegenden zu einer Kirche auch, daß Pfarrhandlungen in derselben vorgenommen werden können; zum Unterschiede von einem Bethhause, in welchem dergleichen nicht Statt finden. Es wird dieses Wort nur von solchen Gebäuden unter den Christen gebraucht. Daher es ungewöhnlich und nicht nachzuahmen ist, wenn in der Deutschen Bibel, dergleichen Versammlungsörter der älter Juden, ja sogar Götzentempel Kirchen genannt werden. 2. Die Versammlung der Gemeine eines Ortes in einem solchen Gebäude zur öffentlichen Verehrung Gottes; ohne Plural. In die Kirche gehen, den öffentlichen Gottesdienst besuchen. Zur Kirche gehen, den öffentlichen Gottesdienst nach einer wichtigen Begebenheit zum ersten Mahle feyerlich besuchen, welches von neu verehlichten Personen und Kindbetterinnen geschiehet. ( S. Kirchgang.) In die Kirche läuten, zum öffentlichen Gottesdienste. Die Kirche versäumen. Kirche halten, im gemeinen Leben, den öffentlichen Gottesdienst halten. 3. Die Gesellschaft oder Verbindung aller derjenigen Personen, welche einerley geoffenbarten Lehrbegriff und darin gegründeten Gottesdienst annehmen. 1) Eigentlich; wo dieses Wort wieder unter mancherley Einschränkungen üblich ist. Die Kirche Gottes, alle diejenigen Personen aller Zeiten, welche den wahren Gott wenigstens äußerlich verehren und verehret haben wenn sie gleich in vielen Stücken von einander abweichen. Die Jüdische Kirche, die Kirche alten Testamentes. Die christliche Kirche, die Kirche neuen Testamentes, welche sich wiederum in verschiedene Kirchen, d. i. Religions-Parteyen theilet. Die katholische, Römisch-katholische oder Römische Kirche. Die Griechische Kirche. Die Evangelische Kirche, die Reformirte Kirche u. s. f. Die wahre Kirche, deren Lehrbegriff und Gottesdienst der Offenbarung Gottes in der heil. Schrift am gemäßesten ist; im Gegensatze der falschen Kirche. Die sichtbare Kirche, die Gesellschaft aller derjenigen Personen, welche eine äußere merkliche Übereinstimmung des Lehrbegriffes und des Gottesdienstes haben; im Gegensatze der unsichtbaren Kirche, oder der Gesellschaft aller mit Gott vereinigten Personen, deren Verbindung unter einander nicht unmittelbar in die Sinne fällt. Die streitende Kirche, alle auf Erden in dem Zustande des natürlichen Lebens mit Gott vereinigte Personen; im Gegensatze der triumphirenden Kirche, deren Glieder die vollendeten Gerechten sind. 2) In engerer Bedeutung, die Repräsentanten der Kirche, diejenigen Personen, welche zur Vertretung ihrer Stelle verordnet sind; so wohl in der ersten Bedeutung des Wortes, da man diejenigen Personen, welche die einer Kirche gehörigen Güter in ihrem Nahmen verwahren, im gemeinen Leben häufig die Kirche nennet, als auch in der letzten Bedeutung, wo, besonders in der Römischen Kirche, die Geistlichen, und in manchen Ländern nur der Papst allein unter dem Nahmen der Kirche verstanden werden.

Anm. 1. In dieser dritten Bedeutung ist das Wort Kirche ein rühmlicher und anständiger Ausdruck, so wie Religions-Partey gleichgültig, Secte aber verächtlich ist. Man will daher nicht überall fremden Religions-Parteyen den Nahmen der Kirche zu gestehen, sondern erfordert dazu das Befugniß des öffentlichen Gottesdienstes. Bey den Katholiken werden auch einzelne Bißthümer Kirchen genannt.

Anm. 2. Dieses alte Wort kommt in der ersten und dritten Bedeutung schon seit dem ersten Alter der Deutschen Sprache vor. In dem Isidor lautet es Chirichhu, bey dem Kero Chirichu, im 9ten Jahrh. Kirrichu, bey dem Notker, mit der in einigen Oberdeutschen Mundarten nicht seltenen Verwechselung des r und l, Chilichu, Chilcha, wie noch jetzt in der Schweiz Kilche, im Angels. Cyrice, Cyrc, im Engl. Kerk und Church, im Nieders. Karke, im Dän. Kirke, im Schwed. Kyrka, im Pohln. Böhm. und Wend. Cerkiew, Cirkuo. Wachter ließ sich durch das Helvetische Kilche verführen, es von dem bey dem Ulphilas befindlichen Keliku, abzuleiten, welches daselbst so wohl einen Thurm, als auch die letzte Abendmahlzeit Christi bedeutet. Eckard und Frisch fallen auf das alte Harga, Haruga, ein Götzentempel; anderer noch unwahrscheinlicher Ableitungen zu geschweigen. Die gemeinste Meinung ist bisher die gewesen, welche dieses Wort von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - oder - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - abstammen lässet, welches nicht nur 1 Cor. 11, 20 und Offenb. 1, 10, sondern auch bey allen nachfolgenden christlichen Griechischen Schriftstellern so wohl einen gottesdienstlichen Tag, als auch ein gootesdienstliches Haus, und eine gottesdienstliche Versammlung bedeutet. Allein wider diese Meinung streitet, daß das Griechische Wort in die Lateinische Sprache nie aufgenommen worden, daher nicht begreiflich ist, wie und warum die ersten Deutschen Lehrer auf dieses Wort gefallen seyn sollten, da sie sich in allen andern Fällen mit der Lateinischen Sprache behalten, und wegen ihrer Unwissenheit in der Griechischen Sprache behelfen mußten. Es bleibt daher Christ. Körbers Meinung immer noch die wahrscheinlichste, welcher glaubt, daß dieses Wort eine buchstäbliche Übersetzung des Latein. und Griech. Ecclesia sey, und daher von kören, kiefen, abgeleitet werden müsse, den Begriff der Auswahl, des auserwählten Volkes auszudrucken, welcher in diesem Worte herrschet; zumahl da es hundert andere Beyspiele gibt, daß man bey der Einführung der christlichen Religion in Deutschland, die christlichen Kunstwörter buchstäblich übersetzte, die Bedeutung des Latein. Ecclesia auch so unbekannt nicht war, indem Notker für Kirche in der dritten Bedeutung auch Samanunga, Vuichsamanunga, Prut Samenunga, Prutha Menunga, gebraucht. Alsdann würde die zweyte Bedeutung die erste eigentliche, die erste aber die letzte figürliche seyn müssen. In der zweyten und dritten einfachen Endung wird diesem Worte, wie so vielen andern weiblichen auf e, von manchen noch ein unnützes n angehänget, der Kirchen für der Kirche, welches sich auch in die folgenden Zusammensetzungen eingeschlichen hat.


Kirchen-Agende (W3) [Adelung]


Die Kirchen-Agende, plur. die -n, aus dem mittlern Lat. Agenda, orum, S. Kirchenordnung und Agende.


Kirchenälteste (W3) [Adelung]


Der Kirchenälteste, des -n, plur. die -n, diejenigen Personen einer Gemeinde, welchen die Verwandlung der Güter und Einkünfte der Kirche eines Ortes anvertrauet ist, weil man dazu ehedem die ältesten Personen aus der Gemeinde zu wählen pflegte. An andern Orten werden sie Kirchenvorsteher, Kirchenpfleger, Kirchenväter, Kirchväter, Kirchmeister u. s. f. genannt.


Kirchenamt (W3) [Adelung]


Das Kirchenamt, des -es, plur. die -ämter. 1) Ein kirchliches oder gottesdienstliches Amt. 2) An einigen Orten ist das Kirchenamt ein Collegium solcher Personen, welche über die Verwaltung und Anwendung der Kirchengüter eines Ortes gesetzt sind. 3) An noch andern Orten wird das Consistorium, oder der Kirchenrath, das Kirchenamt genannt.


Kirchenbann (W3) [Adelung]


Der Kirchenbann, des -es, plur. inus. die Ausschließung von der kirchlichen oder gottesdienstlichen Gemeinschaft; der Bann in engerer Bedeutung, mit einem Lateinischen Ausdrucke die Excommunication. In den Kirchenbann thun, excommuniciren. Der kleinere Kirchenbann, welcher in der Ausschließung von den Sacramenten und Kirchenämter bestehet; der größere, der allen Umgang und Gemeinschaft des äußern Gottesdienstes mit solchen ausgeschlossenen Personen aufhebt. S. Kirche 3.


Kirchenbuch (W3) [Adelung]


Das Kirchenbuch, des -es, plur. die -bücher, in engerer Bedeutung, dasjenige Buch bey einer Kirche, in welches die Getauften, Gestorbenen, Getraueten und Communicanten aus der Gemeine eingetragen werden; dessen Auszüge unter dem Nahmen der Kirchenzettel bekannt sind.


Kirchenbuße (W3) [Adelung]


Die Kirchenbuße, plur. die -n, die öffentliche Buße oder Genugthuung von der gottesdienstlichen Gemeinschaft ausgeschlossener Personen, zur Wiederaufnahme in dieselbe. Kirchenbuße thun.


Kirchendieb (W3) [Adelung]


Der Kirchendieb, des -es, plur. die -e, die Kirchendiebinn, eine Person, welche eine Kirche bestohlen hat. Daher der Kirchendiebstahl.


Kirchendiener (W3) [Adelung]


Der Kirchendiener, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Überhaupt ein jeder, welcher ein gottesdienstliches Amt bey einer Kirche verwaltet, wo besonders Prediger diesen Nahmen führen. 2) In engerer Bedeutung verstehet man unter einem Kirchendiener denjenigen, welcher die geringern Dienste an und in einer Kirche leistet, die Kirche auf- und zuschließet u. s. f. Siehe Kirchner.


Kirchendienst (W3) [Adelung]


Der Kirchendienst, des -es, plur. die -e. 1) Ein Kirchenamt; doch nur in gemeinen Leben. 2) Ein Dienst, d. i. eine geringe Bedienung, an einer Kirche.


Kirchenfahne (W3) [Adelung]


Die Kirchenfahne, plur. die -n, in der Römischen Kirche, diejenige Fahne, welche bey kirchlichen Feyerlichkeiten gebraucht wird.


Kirchenfest (W3) [Adelung]


Das Kirchenfest, des -es, plur. die -e, 1) Ein Fest, welches zum Andenken der Stiftung der Kirche eines Ortes gefeyert wird; die Kirchweihe, die Kirchmesse. 2) In der Römischen Kirche, ein von der Kirche, d. i. dem sichtbaren Oberhaupte der Kirche, angeordnetes Fest, dergleichen z. B. die Festtage der Heiligen sind.


Kirchenfriede (W3) [Adelung]


Der Kirchenfriede, des -ns, plur. inus. 1) Der Friede, d. i. die Einigkeit, der Glieder oder Lehrer einer Kirche in gottesdienstlichen Angelegenheiten. Den Kirchenfrieden stören. 2) Der Friede, d. i. öffentliche Sicherheit, gottesdienstlicher Orte, Personen und Sachen. Den Kirchenfrieden brechen.


Kirchengänger (W3) [Adelung]


Der Kirchengänger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kirchengängerinn, eine Person in Betrachtung ihres fleißigen oder nachlässigen Besuches des öffentlichen Gottesdienstes. Ein fleißiger, fauler Kirchengänger. S. Kirche 2.


Kirchengebeth (W3) [Adelung]


Das Kirchengebeth, des -es, plur. die -e, das feyerliche Gebeth, welches in der evangelischen Kirche öffentlich nach dem Gottesdienste gebethet wird.


Kirchengeboth (W3) [Adelung]


Das Kirchengeboth, des -es, plur. die -e, in der Römischen Kirche, ein von der Kirche, d. i. dem sichtbaren Oberhaupte derselben, gegebenes sittliches Geboth, deren fünf sind; zum Unterschiede von den zehen Gebothen Gottes.


Kirchengebrauch (W3) [Adelung]


Der Kirchengebrauch, des -es, plur. die -bräuche, ein in kirchlichen oder gottesdienstlichen Sachen eingeführter Gebrauch.


Kirchengemeinschaft (W3) [Adelung]


Die Kirchengemeinschaft, plur. inus. der gemeinschaftliche Gebrauch des äußern Gottesdienstes und der Sacramente unter den Gliedern Einer Kirche; die kirchliche Gemeinschaft.


Kirchengeräth (W3) [Adelung]


Das Kirchengeräth, des -es, plur. inus. oder die Kirchengeräthe, sing. inus. ein Collectivum, bewegliche Dinge, so fern sie zur Bequemlichkeit oder zur Zierde einer Kirche gereichen.


Kirchengericht (W3) [Adelung]


Das Kirchengericht, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, ein Gericht in kirchlichen und gottesdienstlichen Sachen; das Consistorium. S. Kirchenrath.


Kirchengesang (W3) [Adelung]


Der Kirchengesang, des -es, plur. die -sänge. 1) Ein Gesang, so fern er bey dem öffentlichen Gottesdienste eingeführet ist; das Kirchenlied, im Nieders. ein Salm. 2) Ohne Plural, die Art und Weise, in der Kirche zu singen.


Kirchengeschichte (W3) [Adelung]


Die Kirchengeschichte, plur. inus. die Geschichte des gottesdienstlichen Lehrbegriffes einer Kirche. Die Kirchen-Historie.


Kirchengesetz (W3) [Adelung]


Das Kirchengesetz, des -es, plur. die -e, ein obrigkeitliches Gesetz in gottesdienstlichen Angelegenheiten und deren ganzer Inbegriff. Das Kirchengesetz der ältern Juden, welches auch das Ceremonial-Gesetz genannt wird.


Kirchengut (W3) [Adelung]


Das Kirchengut, des -es, plur. die -güter, ein jedes Gut, welches einer Kirche, und zum Behufe des öffentlichen Gottesdienstes gewidmet ist.


Kirchenhufe (W3) [Adelung]


Die Kirchenhufe, plur. die -n, eine Hufe, welche einer Kirche gehöret.


Kirchenknecht (W3) [Adelung]


Der Kirchenknecht, des -es, plur. die -e, der geringste Kirchendiener, welcher für die Reinlichkeit einer Kirche sorget, und andere niedrige Dienste verrichtet.


Kirchenkur (W3) [Adelung]


Der Kirchenkur, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein Kur, welcher von den Gewerken für die Kirche und zu deren Besten gebauet wird.


Kirchenlehen (W3) [Adelung]


Das Kirchenlehen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Lehen, welches von einer Kirche zu Leben genommen wird. 2) Ein gottesdienstliches Amt, so fern es von einem andern zu Lehen genommen werden muß, dergleichen die Pfarren an manchen Orten sind. 3) Das Recht, ein gottesdienstliches Amt einem andern als ein Lehen zu ertheilen; das Patronat-Recht. S. Kirchensatz.


Kirchenlehrer (W3) [Adelung]


Der Kirchenlehrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein gottesdienstlicher Lehrer, dessen Pflicht es ist, andere in den Glaubenswahrheiten zu unterrichten; in welchem Verstande es doch wenig mehr gebraucht wird. Im engern Verstande gebraucht man es nur von den ältern gottesdienstlichen Personen, welche die christliche Kirche durch ihre Lehren und Schriften in den ersten Jahrhunderten nach den Zeiten der Apostel gründen und bilden halfen, und welche man auch Kirchenväter, Lat. Patres, zu nennen pfleget.


Kirchenlied (W3) [Adelung]


Das Kirchenlied, des -es, plur. die -er, siehe Kirchengesang.


Kirchen-Musik (W3) [Adelung]


Die Kirchen-Musik, plur. inus. eine Musik, so fern sie bey dem öffentlichen Gottesdienste angeführet wird.


Kirchennachbar (W3) [Adelung]


Der Kirchennachbar, des -s, plur. die -n, Fämin. die Kirchennachbarinn, eine Person, so fern sie bey dem öffentlichen Gottesdienste unser Nachbar ist, ihren Sitz neben dem unsrigen hat.


Kirchenordnung (W3) [Adelung]


Die Kirchenordnung, plur. die -en, in der evangelischen Kirche, eine Ordnung oder Vorschrift, nach welcher die Verbindung und Folge der zum öffentlichen Gottesdienste gehörigen Handlungen eingerichtet wird; mit einem halb Lateinischen Ausdrucke, die Kirchen-Agende.


Kirchen-Patron (W3) [Adelung]


Der Kirchen-Patron, des -es, plur. die -e, Fämin. die Kirchen-Patroninn, diejenige Person, welcher der Kirchensatz zukommt, welche die Pfarre in einer Gemeinde zu vergeben hat; in einigen Oberdeutschen Gegenden, der Kirchherr, siehe Patron.


Kirchenpfleger (W3) [Adelung]


Der Kirchenpfleger, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kirchenältester. An einigen Orten, z. B. in Nürnberg, ist der Kirchenpfleger die vorsitzende Person in einem Kirchenamte, in der 2ten Bedeutung dieses Wortes.


Kirchen-Postille (W3) [Adelung]


Die Kirchen-Postille, plur. die -n, eine Postille, so fern sie zum Behufe des öffentlichen Gottesdienstes bestimmt ist. S. Postille.


Kirchenpropst (W3) [Adelung]


Der Kirchenpropst, des -es, plur. die -pröpste, an einigen Orten der evangelischen Kirche, ein Propst, d. i. Vorgesetzter in kirchlichen und gottesdienstlichen Angelegenheiten, welcher die Aussicht über die Kirchen und Schulen eines gewissen Bezirkes hat, unter dem Superintendenten stehet, und zuweilen noch Inspectores oder Kirchen-Inspectores unter sich hat. S. Propst.


Kirchenrath (W3) [Adelung]


Der Kirchenrath, des -es, plur. die -räthe. 1) Ein Rath, d. i. Raths-Collegium, in kirchlichen und gottesdienstlichen Sachen, welches am häufigsten ein Consistorium, an manchen Orten auch das Kirchengericht, Kirchenamt, das geistliche Gericht u. s. f. genannt wird. Der Oberkirchenrath, das Ober-Consistorium. 2) Ein einzelnes Mitglied eines solchen Collegii; ein Consistorial-Rath. 3) Einige Oberdeutsche Schriftsteller gebrauchen dieses Wort auch für Kirchenversammlung so wohl als für Synode.


Kirchenraub (W3) [Adelung]


Der Kirchenraub, des -es, plur. inus. die gewaltsame Beraubung einer Kirche, der an einer Kirche begangene Raub. In weiterer Bedeutung und im harten Verstande auch die eigenmächtige und widerrechtliche Entziehung der der Kirche gehörigen Güter.


Kirchenräuber (W3) [Adelung]


Der Kirchenräuber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kirchenräuberinn, eine Person, welche einen Kirchenraub begehet, oder begangen hat, in beyden Bedeutungen.


Kirchenrechnung (W3) [Adelung]


Die Kirchenrechnung, plur. die -en, die Rechnung über die Verwaltung der Kirchengüter.


Kirchenrecht (W3) [Adelung]


Das Kirchenrecht, des -es, plur. die -e. 1) Die Gerechtsamen, Vorrechte, Befugnisse und Freyheiten einer Kirche und der dazu gehörigen Personen und Sachen. 2) Der Inbegriff der in kirchlichen Sachen, von der kirchlichen Obrigkeit gegebenen Gesetze, welches, so fern es von den Päpsten herrühret, auch das canonische Recht, das geistliche Recht genannt wird.


Kirchenruf (W3) [Adelung]


Der Kirchenruf, des -es, plur. inus. an einigen Orten, die Bekanntmachung einer Sache bey oder nach dem öffentlichen Gottesdienste; in einigen Gegenden die Kirchsprache. Etwas durch einen Kirchenruf verkündigen.


Kirchensatz (W3) [Adelung]


Der Kirchensatz, des -es, plur. inus. das Recht. die gottesdienstlichen Personen an einer Kirche, besonders die Pfarrer und Priester, zu setzen und zu ernennen; das Kirchenlehen, das Pfarrlehen, die Kirchengerechtigkeit, das Patronat-Recht, Jus Patronatus, im Oberd. die Pfründ-Collatur.


Kirchensatzung (W3) [Adelung]


Die Kirchensatzung, plur. die -en, Satzungen, welche von der Kirche, oder deren Repräsentanten in Glaubenssachen gemacht werden; besonders in der Römischen Kirche.


Kirchenschein (W3) [Adelung]


Der Kirchenschein, des -es, plur. die -e, ein Schein, d. i. schriftliches Zeugniß, so fern dasselbe aus einem Kirchenbuche gezogen wird.


Kirchenschmuck (W3) [Adelung]


Der Kirchenschmuck, des -es, plur. inus. alles was zum Schmucke einer Kirche und der gottesdienstlichen Personen gehöret.


Kirchenschutz (W3) [Adelung]


Der Kirchenschutz, des -es, plur. inus. der Schutz, welchen jemand der Kirche und gottesdienstlichen Personen angedeihen lässet, und die Verbindlichkeit und das Recht, selbige zu schützen.


Kirchensitz (W3) [Adelung]


Der Kirchensitz, des -es, plur. die -e, der Sitz eines Zuhörers in der Kirche; der Kirchenstuhl, der Kirchenstand. Hageborn gebraucht es auf eine ungewöhnliche Art für Kanzel: Ein Kirchensitz, der noch nach alter Kraft Die Hörer gähnen lehrt, und oft den Schlaf verschafft.


Kirchenspaltung (W3) [Adelung]


Die Kirchenspaltung, plur. die -en, die Spaltung oder Trennung der Glieder einer Kirche oder ihrer Lehrer in Glaubenssachen; mit einem Griech. Ausdrucke, das Schisma.


Kirchenstaat (W3) [Adelung]


Der Kirchenstaat, des -es, plur. inus. eine Benennung des päpstlichen weltlichen Gebiethes in Italien; Lat. Status ecclesiasticus.


Kirchenstand (W3) [Adelung]


Der Kirchenstand, des -es, plur. die -stände, siehe Kirchensitz.


Kirchensteuer (W3) [Adelung]


Die Kirchensteuer, plur. die -n 1) Eine Steuer zum Besten einer oder mehrerer Kirchen. 2) Eine Steuer, so fern sie bey oder nach dem öffentlichen Gottesdienste gesammelt wird; eine Collecte, Kirchen-Collecte.


Kirchenstrafe (W3) [Adelung]


Die Kirchenstrafe, plur. die -n, eine Strafe, welche von der Kirche und ihren Repräsentanten, oder von den Lehrern der Kirche aufgeleget wird.


Kirchenstreitigkeit (W3) [Adelung]


Die Kirchenstreitigkeit, plur. die -en, eine Streitigkeit unter den Gliedern oder Lehrern einer Kirche über Glaubenswahrheiten oder gottesdienstliche Angelegenheiten.


Kirchenstuhl (W3) [Adelung]


Der Kirchenstuhl, des -es, plur. die -stühle, siehe Kirchensitz.


Kirchenstyl (W3) [Adelung]


Der Kirchenstyl, des -es, plur. inus. in der Musik, die Schreibart in musikalischen Stücken, welche für die Kirche, d. i. für den öffentlichen Gottesdienst bestimmet sind; zum Unterschiede von dem Kammerstyle und Theaterstyle.


Kirchenvater (W3) [Adelung]


Der Kirchenvater, des -s, plur. die -väter. 1) S. Kirchenlehrer. 2) S. Kirchvater.


Kirchenversammlung (W3) [Adelung]


Die Kirchenversammlung, plur. die -en, die feyerliche Versammlung der Glieder einer Kirche oder ihrer Repräsentanten in gottesdienstlichen Angelegenheiten; mit einem Latein. Ausdrucke, das Concilium.


Kirchenvorsteher (W3) [Adelung]


Der Kirchenvorsteher, des -s, plur. ut nom. sing. siehe Kirchenältester.


Kirchenzettel (W3) [Adelung]


Der Kirchenzettel, des -s, plur. ut nom. sing. siehe Kirchenbuch.


Kirchenzucht (W3) [Adelung]


Die Kirchenzucht, plur. inus. die Handhabung der äußern Ordnung bey dem öffentlichen Gottesdienste und den dazu gehörigen Personen. Ingleichen die Ordnung in dem äußern Betragen der Glieder einer Kirche, so fern sie von den Repräsentanten derselben gehandhabet wird.


Kircheule (W3) [Adelung]


Die Kircheule, plur. die -n, eine Art Eulen, welche sich gern auf den Kirchthürmen und unter den Kirchendächern aufhält, und auch Schleyereule, Kauzeule genannt wird: Strix Flaminea L. Ulula Aluco Klein.


Kirchfahrt (W3) [Adelung]


Die Kirchfahrt, plur. die -en, ein nur in einigen Gegenden übliches Wort. 1) Eine feyerliche Procession nach oder zu einer Kirche; besonders im Oberdeutschen. 2) Ein Kirchspiel, die zu einer Kirche gehörigen Personen, S. Kirchspiel.


Kirchgang (W3) [Adelung]


Der Kirchgang, des -es, plur. die -gänge. 1) Der Weg nach der Kirche. Einen weiten Kirchgang haben. 2) Der Gang zur Kirche, oder zum öffentlichen Gottesdienste. Besonders der feyerliche Kirchgang nach oder bey einer merkwürdigen Begebenheit. Eine Kindbetterinn hält ihren Kirchgang, wenn sie nach zurück gelegten sechs Wochen zum ersten Mahle wieder dem feyerlichen Gottesdienste beywohnet; im Oberd. der Hervorgang, Vorgang, Ausgang. Der Kirchgang der Churfürsten, bey Kaiserwahlen, der feyerliche Zug in die Wahlkirche am Tage der Wahl. Figürlich wird bey den Jägern der Gang des Hirsches zu Holze der Kirchgang genannt, weil er alsdann langsamer gehet, als wenn er zu Felde ziehet.


Kirchgenoß (W3) [Adelung]


Der Kirchgenoß, des -ssen, plur. die -ssen, die Genossen einer und eben derselben Kirche, diejenigen, welche in eine und eben dieselbe Kirche eingepfarret sind; an einigen Orten die Kirchkinder. Im Oberdeutschen hat man davor auch das Bey- und Nebenwort kirchgenössig für eingepfarrt; in eine Kirche kirchgenössig seyn, dahin eingepfarrt seyn; die Kirchgenössigen, die Kirchgenossen.


Kirchherr (W3) [Adelung]


Der Kirchherr, des -es, plur. die -en, im Oberdeutschen, 1) der Kirchen-Patron, welcher den Kirchensatz hat. 2) An andern Orten, der Pfarrer oder Pfarrherr, im Gegensatze des Vicarii. Im gemeinen Leben nur Kircher, und in der Schweiz Kilcher, wie Pfarrer für Pfarrherr.


Kirchhof (W3) [Adelung]


Der Kirchhof, des -es, plur. die -höfe. 1) Ein Hof, d. i. freyer Platz, bey oder um eine Kirche. 2) Besonders so fern man zugleich die Todten dahin begräbt; daher in weiterer Bedeutung, ein jeder öffentlicher Begräbnißplatz der Todten einer Gemeinde oder eines Ortes im gemeinen Leben der Kirchhof genannt wird, auch wenn sich keine Kirche dabey befindet; der Gottesacker, besser der Leichenacker, Todtenacker, Begräbnißplatz, ehedem der Freyhof, Freydhof, Friedhof, gleichsam ein befreyeter Hof, im Tatian Grabasteti, im Schwed. Kyrkegard, im Engl. Church yard.


Kirchhöre (W3) [Adelung]


Die Kirchhöre, plur. die -n, S. Kirchspiel.


Kirchlich (W3) [Adelung]


Kirchlich, adj. et adv. 1) Zu einer Kirche gehörig, in der ersten Bedeutung des Hauptwortes. Die kirchlichen Güter, die Güter einer Kirche. Noch mehr, 2) in der dritten Bedeutung, in dem Zustande der zum öffentlichen Gottesdienste mit einander verbundenen Personen gegründet. Die kirchliche Gemeinschaft. Auch was von der Kirche und ihren Repräsentanten herrühret, sie und die Kirche betrifft. Kirchliche Streitigkeiten. Das kirchliche Recht.


Kirchmeister (W3) [Adelung]


Der Kirchmeister, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kirchenältester.


Kirchmesse (W3) [Adelung]


Die Kirchmesse, plur. die -n. 1) Eigentlich, wo dieses Wort in der Römischen Kirche die feyerliche Messe, d. i. den öffentlichen Gottesdienst, bedeutet, welcher alle Jahre an einem gewissen Tage zum Andenken der Stiftung und Einweihung der Kirche eines Ortes gehalten wird; die Kirchweihe, das Kirchweihfest. In welchem Verstande es auch an vielen protestantischen Orten üblich geblieben, wo es denn im gemeinen Leben Kirmse, Kirms lautet, so wie für Kirchweihe, nur Kirme gesprochen wird. Die Kirchmesßpredigt, die Kirmsenpredigt. 2) Die bey dieser Gelegenheit in der Gemeinde und bey deren Gliedern üblichen Schmausereyen und Lustbarkeiten; im gemeinen Leben gleichfalls Kirmse, Kirchmesse oder Kirmse halten. Zur Kirmse, auf die Kirmse gehen. Der Kirmsenschmaus, Kirmsenkuchen u. s. f. Nieders. Karkmiß, Karpmiß, Holländ. Kermis. In weiterer Bedeutung wird, besonders in Niedersachsen, ein jeder Jahrmarkt eine Kirmse genannt, weil schon in den ältesten Zeiten bey Gelegenheit eines Kirchweihfestes auch ein Jahrmarkt gehalten wurde. 3) Das Geschenk, welches man einander bey dieser Gelegenheit zu kaufen pfleget. Jemanden eine Kirmse kaufen.


Kirchner (W3) [Adelung]


Der Kirchner, des -s, plur. ut nom. sing. dessen Gattinn die Kirchnerinn, ein Kirchenbedienter, welcher vornehmlich den Kirchenschmuck und das Kirchengeräth in seiner Aufsicht hat, und in der Römischen Kirche auch der Meßner, an andern Orten aber mit ursprünglich Lateinischen Ausdrücken, der Sacristan, Sacristaner, Küster u. s. f. genannt wird.


Kirchschwalbe (W3) [Adelung]


Die Kirchschwalbe, plur. die -n, eine Art großer schwarzbrauner Schwalben, welche nur an Kirchen, Kirchthürmen und andern hohen Mauern zu nisten pflegen; Mauerschwalbe, Steinschwalbe, Spierschwalbe, Hirundo muraria Klein. Hirundo Apus L. weil sie sehr kurze Füße hat, sich daher auch nie auf die Erde setzt.


Kirchspiel (W3) [Adelung]


Das Kirchspiel, des -es, plur. die -e, 1) Die zu einer Kirche gehörigen, in dieselbe eingepfarrten Personen, die Gemeinde, und der Bezirk, wo diese Personen wohnen. Im Niedersächs. Karkspel, Karspel, Kaspel. An einigen Orten die Kirchfahrt, im Oberd. die Kirchhöre, welches auch die Versammlung des Kirchspieles bedeutet, und wovon man daselbst auch das Beywort kirchhörig, zu einer Kirche, zu einem Kirchspiele gehörig, hat. Daher das Kirchspielsgericht, an einigen Orten, z. B. in Schleswig, ein Untergericht in einem jeden Kirchspiele, der Kirchspielsvogt, Kirchspielsschreiber, die Kirchspielkirche, welche ein eigenes Kirchspiel, eine eigene Gemeine hat, die Kirchspielleute, Kirchspielgenossen, welche in dieselbe eingepfarret sind, u. s. f. 2) In engerer Bedeutung ist an einigen Orten das Kirchspiel die zu einer Pfarrkirche gehörigen, in dieselbe eingepfarrten Personen, eine Pfarre, zum Unterschiede von der zu einer Filial- oder Tochterkirche gehörigen Gemeinde.

Anm. Die letzte Hälfte scheinet hier das alte Spel, Sprache, Rede zu seyn. S. 1. Spiel.


Kirchsprengel (W3) [Adelung]


Der Kirchsprengel, des -s, plur. ut nom. sing. der zu einer Kirche gehörige Sprengel, d. i. Bezirk worüber sich die geistliche Gerichtbarkeit einer Kirche und ihres Vorgesetzten erstrecket; am häufigsten von bischöflichen und erzbischöflichen Kirchen, und dem Districte, worüber sich die geistliche Gerichtbarkeit eines Bischofes oder Erzbischofes erstrecket; das Bisthum in weiterer Bedeutung.


Kirchtag (W3) [Adelung]


Der Kirchtag, des -es, plur. die -e. 1) Ein Tag, an welchem Kirche, d. i. öffentlicher Gottesdienst, gehalten wird. 2) S. Kirchweihe.


Kirchthurm (W3) [Adelung]


Der Kirchthurm, des -es, plur. die -thürme, der an einer Kirche befindliche Thurm.


Kirchvater (W3) [Adelung]


Der Kirchvater, des -s, plur. die -väter. 1) Für Kirchenvater, obgleich nicht auf die beste Art, S. dieses Wort. 2) An einigen Orten derjenige, welcher die Einkünfte einer Kirche verwaltet, der Kirchenvorsteher, S. Kirchenältester.


Kirchweihe (W3) [Adelung]


Die Kirchweihe, plur. die -n. 1) Die feyerliche Einweihung einer Kirche. 2) Das jährliche Fest, welches in einer Kirche zum Andenken ihrer geschehenen Einweihung gefeyert wird, und die dabey üblichen Lustbarkeiten; das Kirchweihfest, im gemeinen Leben die Kirwey, Kirbe, in der Schweiz die Kilbi, im Österr. der Kirchtag, in Baiern Kirte, d. i. Kirchtag. S. Kirchmesse.


Kireh (W3) [Adelung]


Der Kireh, des -es, plur. die -e, oder der Kiree, des -s, plur. ut nom. sing. ein inwendig mit Rauchwerk gefütterter langer Mantel des männlichen Geschlechtes. Vermuthlich aus dem Pohln. Kireia, welches daselbst einen Spanischen Oberrock bedeutet, weil mehrere Nahmen aus Leder und Rauchwerk verfertigter Kleidungsstücke mit denselben aus den Slavonischen Ländern zu uns gekommen sind, ( S. Wildschur.) Indessen gehöret doch dieses Wort seinem Ursprunge nach zu dem alten Kar, Kor, Kür, Bekleidung, Leder, Rauchwerk, Corium, S. Küraß und Kürschner.


Kirmse (W3) [Adelung]


Die Kirmse, plur. die -n, S. Kirchmesse.


Kirner (W3) [Adelung]


Der Kirner, ein Werkzeug der Kupferschmiede, S. Kerner.


Kirre (W3) [Adelung]


Kirre, -r, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich sehr zahm, von wilden Thieren, wenn sie gezähmt worden. Ein Thier kirre machen. Die Zeisige werden bald kirre. Ein kirres Thier. 2) Figürlich, biegsam, demüthig, von stolzen, übermüthigen, oder trotzigen Personen, im gemeinen Leben. Ich will ihn schon kirre machen.

Anm. Im Nieders. gleichfalls kirre. Im Isländ. ist Kyrr, und im Schwed. quärr, quar und kar, so wohl ruhig, als auch bleibend, stätig, und überbleibend. Es scheinet mit dem alten Oberdeutschen heuer, geheuer, Lat. cicur, (sprich kikur,) zahm, sanftmüthig, Isländ. hyr, zu dem veralteten Kar, ein jeder hohler und bedeckter Raum, und in engerer Bedeutung ein Haus, zu gehören; so wie man von Heim im Oberdeutschen auch heimlich für zahm, und im Lat. von Domus domesticus sagt. ( S. Geheuer.) Da indessen bey den Jägern für kirre auch locke üblich ist, so kann es auch zu dem folgenden kirren, locken, anlocken, gehören, und eigentlich ein Thier bedeuten, welches sich locken lässet.


Kirre (W3) [Adelung]


Die Kirre, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der Turteltauben, wegen ihrer kirrenden oder girrenden Stimme. S. das folgende.


Kirren (W3) [Adelung]


1. Kirren, verb. reg. welches eine gewisse Art eines kleinen scharfen zitternden Lautes oder Schalles nachahmet, der sich besser empfinden als beschreiben lässet. Es ist in doppelter Gestalt üblich. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, diesen Laut oder Schall machen, von sich geben, wo es in verschiedenen Fällen, doch am häufigsten in den gemeinen Mundarten, vorkommt. 1) * Von den Rädern eines Wagens, wenn die Asche nicht geschmieret ist, ingleichen von einem beladenen Wagen selbst; im Hochdeutschen knirren und knarren. Ein Wagen voll Garben kirret, Amos 2. 13. 2) * Von dem Schalle, welcher entstehet, wenn man die Zähne auf einander beißet, und sie in solcher Stellung auf einander reibet; im Hochdeutschen knirschen. Deine Zähne kirren, Sir. 30, 10. 3) Von der natürlichen Stimme mancher Thiere, z. B. der Tauben, der Meyen, der Hühner, wenn sie einen Raubvogel sehen, wenn sie ihre Jungen locken u. s. f. Hier steht man fröhlich irren Um ihre Körbe her mit einem süßen Kirren Der frommen Tauben Schar, Opitz. Die Turteltauben, wenn sie einander locken. Von der sanftern, ängstlich klingenden Stimme der Tauben und einiger andern Vögel ist im Hochdeutschen das weichere girren üblich; obgleich Czech. 7, 16 auch kirren in diesem Verstande vorkommt: wie die Tauben in den Gründen, die alle unter einander kirren. 2. Als ein Activum, vermittelst einer solchen kirrenden Stimme locken. 1) Eigentlich. So kirren die Hühner ihre Jungen, wenn sie solche zu einer gefundenen Speise locken, oder sie wegen eines gesehenen Raubvogels zu sich rufen. 2) In weiterer Bedeutung, durch vorgehaltene, oder hingelegte Speise locken, in welchem Verstande die Jäger das Wildbretkirren. Den Fuchs an einen bestimmten Ort kirren, wo es aber auch aus körnen entstanden seyn kann, welches gleichfalls in diesem Verstande üblich ist. Daher die Kirrung, bey den Jägern, sowohl die Handlung des Kirrens, als auch der Ort, wohin man wilde Thiere kirret, als endlich auch die Lockpfeife, welche man dazu gebraucht. Ja in weiterer Bedeutung wird es zuweilen für Speise überhaupt gebraucht. So nehmen die Fasanen bey den Jägern ihre Kirrung zu sich, wenn sie essen, oder sich äsen; welches die Abstammung von körnen zu bestätigen scheinet. 3) Figürlich für reitzen, locken überhaupt, im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart. Der Arzt, der seinen Gegner scheut, Kirrt ihn durch falsche Zärtlichkeit, Haged. 2. Kirren, verb. reg. act. von kirren, zahm, zahm machen, im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart. Dich hat die Heimath der Guineen Oft zärtlich und gekirrt gesehen, Haged. Wo aber auch die letzte Bedeutung des vorigen Zeitwortes Statt findet.


Kirrmeve (W3) [Adelung]


Die Kirrmeve, plur. die -n, eine Meve mit einem dünnen, spitzigen und blutrothen Schnabel, rothen Füßen, schwarzen Klauen, weißen Backen, und einem aschgrauen und silberfarbenen Körper, welche mit den Federn die Größe einer gewöhnlichen Meve hat, gerupft aber kaum größer als ein Sperling ist. Von ihrer kirrenden Stimme.


Kirrung (W3) [Adelung]


Die Kirrung, plur. die -en, S. 1. Kirren 2.


Kirschbaum (W3) [Adelung]


Der Kirschbaum, des -es, plur. die -bäume, S. das vorige.


Kirschbeißer (W3) [Adelung]


Der Kirschbeißer, des -s, plur. ut nom. sing. S. das folgende.


Kirschfink (W3) [Adelung]


Der Kirschfink, des -en, plur. die -en, eine Art brauner Finken, mit einem großen festen Schnabel, welcher die Kirschsteine, wie andere Vögel die Haufkörner, aufbeißet, und den Kern frisset; Coccothraustes Klein et L. Kirschbeißer, Kernbeißer, Kirschschneller, Kirschleske, Steinbeißer, Dickschnabel, Klepper, Kreuzvogel. Er wird oft zur Ungebühr mit dem folgenden Kirschvogel verwechselt.


Kirsch-Gummi (W3) [Adelung]


Das Kirsch-Gummi, plur. inus. das Gummi von den Kirschbäumen; Kirschharz, im Nieders. Kattenklar, Kattengold, Katzenklar, Katzengold, S. 1. Katze.


Kirschgeist (W3) [Adelung]


Der Kirschgeist, des -es, plur. inus. ein aus den schwarzen Vogelkirschen destillirter Geist oder Spiritus.


Kirschholder (W3) [Adelung]


Der Kirschholder, des -es, plur. ut nom. sing. S. Kirschvogel.


Kirschlorbeere (W3) [Adelung]


Die Kirschlorbeere, plur. die -n, die Frucht des Kirschlorberbaumes, dessen Frucht einer Kirsche, die Blätter aber den Lorberblättern gleichen; Prunus Padus Laurocerasus L. Lorberkirsche. Der Baum, oder vielmehr die Staude, ist 1576 aus klein Asien zu uns gebracht worden, und kommt nur in Gewächshäusern fort.


Kirschsaft (W3) [Adelung]


Der Kirschsaft, des -es, plur. inus. der in den Kirschen befindliche Saft, besonders der ausgepreßte und eingesottene Saft der sauern Kirschen, woraus der Kirschwein bereitet wird.


Kirschschneller (W3) [Adelung]


Der Kirschschneller, des -s, plur. ut nom. sing. siehe Kirschfink.


Kirschwasser (W3) [Adelung]


Das Kirschwasser, des -s, plur. inus. das aus zerstoßenen Kirschen destillirte Wasser.


Kirschwein (W3) [Adelung]


Der Kirschwein, des -es, plur. inus. ein mit Kirschsaft vermischter Wein.


Kirsey (W3) [Adelung]


Der oder das Kirsey, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, eine Art eines gewirkten wollenen Zeuges, dessen Nahme bey dem Hornegk schon im 13ten Jahrh. Chursit lautet. Er wird bald Herisay, bald Cherisay, bald Kersey, Kirsat, bald auch Kirschey geschrieben und gesprochen. Im Engl. heißt er Kersey, im Schwed. Kersing; alle aus dem Ital. Carisea oder Franz. Carisee, Creseau.


Kiste (W3) [Adelung]


Die Kiste, plur. die -n, Diminut. das Kästchen, Oberdeutsch Kistlein, zusammen gezogen Kistel, ein Wort, welches mit Kasten überhaupt genommen, gleich bedeutend ist, und auch in Niedersachsen, in allen Fällen, wo das Wort Kasten gebraucht wird, statt desselben gangbar ist. Selbst in einigen Oberdeutschen Gegenden sind Geldkiste für einen Geldkasten, Kleiderkiste für Kleiderkasten, Todtenkiste für einen schweren Sarg mit einen erhabenen Deckel, (Nieders. Küstkiste, von Kast, Ruhe,) üblich. Kisten und Kasten voll haben, im gemeinen Leben. Sprichw. Bey einer offenen Kiste sündiget auch wohl ein Gescheuter, Gelegenheit macht Diebe. Am häufigsten gebraucht man es im Hochdeutschen von einem viereckten aus Bretern zusammen geschlagenen Behältnisse dieser Art, Waaren oder Sachen darin zu verschicken, wo der Deckel entweder ein Schieber ist, oder auch darauf genagelt wird; obgleich diese Behältnisse auch häufig Kasten, und Kästchen genannt zu werden pflegen. In engerer Bedeutung ist in der Glashandlung eine Kiste Fensterglas, eine Kiste von bestimmter Größe, welche 20 Bund, jedes von 6 Tafeln enthält.

Anm. Im Nieders. Kiste, im Engl. Chest, im Angels. Cest, im Franz. in der engern Hochdeutschen Bedeutung Caisse, im Dän. Kiste, im Schwed. Kista, im Isländ. Kista, im Pers. Castr, alle in der weitern Bedeutung eines Kastens, so wie das Lat. Cista, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es bedeutete ursprünglich ein jedes hohles Behältniß, einen eingeschlossenen Raum, wovon noch häufige Beweise vorhanden sind. Das Nieders. Kiste bedeutet noch ein enges Gefängniß, besonders in den Zusammensetzungen Dorenkiste, ein Narrenhäuschen, Dullkiste, ein Tollhäuschen, im Schwed. Tyfkrista, ein Gefängniß für Diebe; ingleichen ein durch Pfahlwerk abgetheiltes Fach zur Füllung eines Erddammes. Innan thines herzen Kust, bey dem Ottfried B. 1, Kap. 18; wofür man in den spätern Zeiten des Herzens Schrein sagte. Im Ital. ist Cesta ein Korb. Siehe Kaue, Kasten u. s. f.


Kistenpfand (W3) [Adelung]


Das Kistenpfand, des -es, plur. die -pfänder, eine ehedem, und noch in einigen Gegenden übliche Benennung eines beweglichen Unterpfandes, weil man dasselbe gemeiniglich in einer Kiste, d. i. einem Kasten oder Schranke, verwahret.


Kistenholz (W3) [Adelung]


Das Kistenholz, des -es, plur. inus. büchenes Holz, so fern es sich gut spalten lässet, um kleine Kisten daraus zu verfertigen.


Kistenmacher (W3) [Adelung]


Der Kistenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, eine Art Tischler, welche vornehmlich kleine und größere Kisten zur Einpackung mancher Arten von Waaren verfertigen; der Kistner, Kistler.


Kits (W3) [Adelung]


Die Kits, Kitz oder Kitze, eine Art eines Fahrzeuges, siehe 3. Katze.


Kitschbaum (W3) [Adelung]


Der Kitschbaum, des -es, plur. die -bäume, S. Elsebeere 2.


Kitt (W3) [Adelung]


Der Kitt, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine Art eines zähen Verbindungsmittels harter Körper. Im Bauwesen, wo man eine feste Bindung haben will, macht man einen solchen Kitt aus Ziegelmehl, ungelöschtem Kalke, Feilspänen u. s. f. Wasserkitt, der im Wasser hält. Die Bildhauer verfertigen ihren Kitt, womit sie theils abgebrochene Stücke Mar- mor wieder an einander fügen, theils kleine Löcher ausfüllen, aus Gyps, "Marmorstaub", Lehm und Pech. Bey andern Künstlern und Handwerkern sind andere Arten üblich, z. B. aus Öhlfirniß und Bleyweiß, zerbrochenes Porzellan damit zu kitten, aus Quark und ungelöchtem Kalk u. s. f. An einigen Orten wird auch das Vorwachs, womit die Bienen alle Öffnungen eines Stockes verschmieren, Kitt genannt.

Anm. Im Nieders. Kitt, im Dän. Kite, im Schwed. Kitt, im Pohln. Kita. Da der Begriff des Verbindens in diesem Worte ohne Zweifel der Stammbegriff ist, so gehöret es mit 2 Katze und Kette zu dem Geschlechte des Wortes Gatten, S. dasselbe. In einigen Gegenden ist es weiblichen Geschlechtes, die Kitte.


Kitte (W3) [Adelung]


Die Kitte, bey den Jägern, S. Kette.


Kittel (W3) [Adelung]


Der Kittel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches ehedem 1) überhaupt ein langes besonders leinenes Kleid von einerley Weite so wohl männlicher als weiblicher Personen bedeutete, in welcher veralteten Bedeutung es nur noch zuweilen in dem Worte Sterbekittel vorkommt. In der Deutschen Bibel, Sir. 40, 4, Es. 3, 23, Offenb. 1, 13, wo Luther das Wort Kittel gebraucht, ist gleichfalls ein langes, leichtes Sommergewand zu verstehen. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, ist es ein schlechtes grobes leinenes Oberkleid gemeiner Leute beyderley Geschlechtes. Ein Bauerkittel, Fuhrmannskittel, Weiberkittel.

Anm. Im Nieders. und Dän. gleichfalls Kittel, im Pohln. Kitel und Böhm. Kytle. Der Begriff der Bedeckung ist darin der herrschende, daher es mit Kutte, Kotze, Haut, Hut, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Rock, zu einem und eben demselben Stamme gehöret. Die Endsylbe -el scheinet hier ein Werkzeug zu bezeichnen.


Kitten (W3) [Adelung]


Kitten, verb. reg. act. mit Kitt verbinden. Zerbrochenes Porzellan kitten. Ein Glas kitten. So auch die Zusammensetzungen ankitten, aufkitten, einkitten. S. Kitt.


Kitze (W3) [Adelung]


Die Kitze, plur. die -n, Diminut. das Kitzchen, Oberd. Kitzlein. 1) Das weibliche Geschlecht der Katzen im gemeinen Leben, S. 9. Katze. 2) Eine Ziege, besonders eine junge Ziege, auch ein junges Böckchen, gleichfalls nur im gemeinen Leben. Im Dän. Kid. Im Wendischen ist Koza eine Ziege, und Kozel ein Bock, Lat. Hoedus, Schwed. Kidd, Engl. Kid, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. Gaitz und Ziege.


Kitzel (W3) [Adelung]


Der Kitzel, des -s, plur. inus. 1) Eigentlich, der höchste Grad des Juckens, welcher zunächst an den Schmerz gränzet, gemeiniglich ein Lachen erreget, und durch eine zitternde Bewegung der Nerven verursacht wird. Einen Kitzel im Halse empfinden. Ingleichen die Fähigkeit, diese Empfindungen durch äußere Berührung zu bekommen. Den Kitzel verlieren. Jemanden den Kitzel vertreiben. 2) In weiterer Bedeutung, ein hoher Grad der sinnlichen angenehmen Empfindungen; gemeiniglich im nachtheiligen und verächtlichen Verstande. Gehet hin und mordet zu seinem Kitzel. Was ist der flüchtige Kitzel, womit alle gekünstelten Gerichte die Zunge reitzen? Ein verzärtelter Leib, der stets an den Kitzel angenehmer Empfindungen gewöhnt ist, Gell. Sejus fühlt einen Kitzel, wenn sein Vermögen wächst, ebend. Kleanth ist, um den Kitzel des Geschmacks zu empfinden und zu vervielfältigen, ebend. 3) Figürlich, eine aus dieser sinnlichen Empfindung herrührende ungeordnete Begierde, das unruhige Verlangen, sich ein ungeordnete sinnliches Vergnügen zu verschaffen; gleichfalls im verächtlichen Verstande. Der Kitzel der Schwaghaftigkeit reißt ihn dahin. Den Kitzel der Schreibsucht fühlen. Der Kitzel sticht ihn, er fühlt ein solches unruhiges ungeordnetes Verlangen. Bey einem Manne, den noch der Kitzel wie ihn sticht, Weiße, der noch so verliebt ist. Der Kitzel ist ihm vergangen. Der Dichterkitzel, Autorkitzel u. s. f. Schickt ihn, um ihm den Kitzel zu vertreiben, Zwey Jahre nach Amerika, Gell. S. Kitzeln.


Kitzelhusten (W3) [Adelung]


Der Kitzelhusten, des -s, plur. inus. ein Husten, welcher von einem Kitzel, welchen man an dem obern Theile der Luftröhre empfindet, verursachet wird; Tussis titillatoria.


Kitzelig (W3) [Adelung]


Kitzelig, zusammengezogen kitzlig, -er, -ste, adj. et adv. 1. Eigentlich, fähig leicht Kitzel zu empfinden, in der eigentlichsten Bedeutung des Hauptwortes, fähig leicht gekitzelt zu werden; am häufigsten als ein Nebenwort: Kitzelig seyn. An einer Stelle des Leibes kitzelig seyn. Nieders. kiddelsk, Schwed. kitslig. 2. Figürlich. 1) Empfindlich, in der vertraulichen Sprechart, doch nur im engern Verstande, fähig leicht Unwillen über etwas zu empfinden, fähig sich leicht für beleidiget zu halten. In der Ehre ist er sehr kitzelig. Nieders. kiddelhaarig. 2) Eine kitzelige Sache, in der vertraulichen Sprechart, eine bedenkliche Sache, welche mit Behutsamkeit behandelt werden muß. Anm. Von vielen wird dieses Wort kitzelich, kitzlich geschrieben. Allein, wenn es die Ableitungssylbe lich bekommen soll, so muß auch das l verdoppelt werden, und man muß kitzellich schreiben und sprechen.


Kitzeln (W3) [Adelung]


Kitzeln, verb. reg. act. Kitzel verursachen. 1) Eigentlich, in der eigentlichen Bedeutung des Hauptwortes. Jemanden kitzeln, durch Berührung gewisser empfindlicher Theile seines Leibes diejenige Empfindungen in ihm hervor bringen, welche der Kitzel genannt wird. Das Kitzeln nicht leiden können. Sich kitzeln, damit man lachen könne, sagt man von jemanden, welcher ohne begreifliche Ursache lacht, oder sich zum Lachen zwinget. Ingleichen unpersönlich. Es kitzelt mich, ich fühle diese Empfindung. 2) Eine hohen Grad der sinnlichen angenehmen Empfindung erwecken, gemeiniglich im nachtheiligen Verstande. Was die Einbildungskraft auf eine feine Art reitzet und kitzelt. Seine Geschmack kitzeln. Jemandes Ohren kitzeln, ihm Dinge erzählen, welche er gerne höret. Da kitzelt er sein Ohr mit richtenden Gewäschen, Günth. In engerer Bedeutung, sich kitzeln, sich innerlich und herzlich über etwas freuen. Ein Spötter kitzle sich, ich gönn ihm seinen Wurm, Günth. Nur Denker kitzeln sich bey andrer Schmach und Schmerzen, Haged. Sich über etwas kitzeln, sich herzlich und innerlich darüber freuen. Daher die Kitzelung, welche zuweilen für Kitzel gebraucht wird. Eine angenehme Kitzelung empfinden.

Anm. Im Oberd. kutzeln, daher es auch einige Hochdeutsche kützeln sprechen und schreiben, in Boxhorns Glossen kichizolon, im Nieders. kiddeln, in einigen Gegenden Englands to kittle, in andern tickle, im Dän. kille und kildre, im Angels. citelan, im Schwed. kittla, im Franz. chatouiller, im Lat. titillare, im Lettischen kutteht, im Finnländ. cutitus. Es scheinet das Diminut. von getzen, in ergetzen zu seyn, wenn es nicht vielmehr das Iterartivum oder Diminutivum von einem veralteten Zeitworte kiten, leicht stechen, berühren, ist, weil doch die Empfindung des Kitzels eine Art eines angenehmem Stechens ist. Das Engl. to tickle, kitzeln, ist gleichfalls das Diminut. von tick, berühren, Nieders. ticken, woher vermittelst des vorgesetzten Zischlautes unser stechen stammet. In Boxhorns Glossen wird kizigusta durch angebat übersetzt, welches gleichfalls eine Art des Stechens ist.


Klack (W3) [Adelung]


Klack, Klacks, ein im gemeinen Leben übliches Wort, denjenigen Schall nachzuahmen, welchen ein breiter oder weicher Körper, im Fallen macht. Klacks, da lag es. Im Oberd. ist der Klack, plur. die Kläcke, eine Kluft, eine Schrunde, ein Spalt, so wohl in dem Holze, als auch in dem Erdboden; und klacken, kläcken, bersten, ingleichen für klappen. Siehe Klecken, Leck, Lechzen, Loch.


Kläcken (W3) [Adelung]


Kläcken, Kläcks, S. Klecken u. s. f.


Kladde (W3) [Adelung]


* Die Kladde, plur. die -n, ein vornehmlich im Nieders. übliches Wort, so wohl den ersten Aufsatz einer Schrift, als auch das jenige Buch der Kauf- und Handelsleute zu bezeichnen, worein die täglichen Geschäfte nur flüchtig und ohne Zierlichkeit verzeichnet werden: das Schmutzbuch, in einigen Oberdeutschen Gegenden das Klättbuch, Klitterbuch, Kleckbuch, Sudelbuch. Von dem im gemeinen Leben üblichen kleien, klittern, schlecht schreiben. Im Nieders. und Holländ. ist Kladde Schmutz, Unreinigkeit. S. Kleckbuch.


Klaffen (W3) [Adelung]


* Klaffen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches eigentlich eine gewisse Art des Schalles ausdruckt, und besonders in folgenden Fällen gebraucht wird, in welchen es aber im Ober- und Niederdeutschen üblicher ist, als im Hochdeutschen. 1) Einen gewissen Schall verursachen, welchen man im Hochdeutschen durch klappen ausdruckt, in welchem Verstande es nur im Oberdeutschen vorkommt, wo der Klaff Crepitus, die Klaffe oder der Klaffen eine Klapper, und klaffen auch klappern ist. Bey dem Notker ist Chlaffot dirre Werelte das Geräusch dieser Welt. 2) Mit diesem Schalle bersten, aufspringen, und in weiterer und figürlicher Bedeutung nicht nur für bersten, aufspringen überhaupt, sondern auch für von einander stehen, abstehen, sich nicht gehörig schließen, von Dingen, welche sich schließen sollten; gleichfalls im Oberdeutschen. Die Thür klaffet, wenn sie abstehet, nicht schließet. Der Deckel klaffet, wenn er nicht fest auflieget. Die Erde klaffet überall vor Hitze, springt auf, bekommt Risse. Eine klaffende Wunde, welche weit von einander stehet. Klaffendes Holz, welches Spalten hat. In dieser Bedeutung ist es das Neutrum von dem Oberdeutschen Activo klieben, Nieders. klöben, spalten. Siehe Klafter, Kloben, Kluft, Lefze, Lippe. 3) Reden, plaudern, schwatzen; so wohl im Oberdeutschen, als im Niedersächsischen. Sie weiß artig zu klaffen, zu schwatzen. Wir wollen von etwas andern klaffen. Das Klaffen der Stahre, Papageyen. In engerer Bedeutung ist klaffen; kleffen, klappeien, aus der Schule schwatzen, etwas durch Worte verrathen, um Lübeck klaffen, trotzig reden, im Dän. klaffe, und im Schwed. klaffa, verleumden. Weiberlippen sind geschaffen Mehr zum küssen, als zum klaffen, Logau. Für reden, sprechen im guten Verstande gebraucht es Schenk Ulrich von Winterstetten: Ir vil minneklicher Lip Huob gen mir sin klaffen Hoerent wie diu tugende riche sprach u. s. f. Daher der verächtliche Nebenbegriff dem Worte nicht wesentlich anklebet. Im Hochdeutschen ist es in allen diesen Bedeutungen ungewöhnlich. Das Schwed. gläppa bedeutet unbedachtsam reden. S. Lippe, Klatschen und das folgende.


Kläffen (W3) [Adelung]


Kläffen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben; welches für das vorige Zeitwort auch im Hochdeutschen üblich ist, aber nur von dem hellen Bellen kleiner Hunde gebraucht wird. Kleine Hündchen, die den ganzen Tag kläffen, und bey al- lem ihrem Geklässe niemand beißen. Im Schwed. ist glaffa bellen, im Franz. clabauder stark bellen, und clapir von dem natürlichen Geschrey der Kaninchen.


Klaffer (W3) [Adelung]


* Der Klaffer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Klafferinn, im Oberdeutschen, eine schwatzhafte, plauderhafte Person, ein Schwätzer, in der Deutschen Bibel Sir. 51, 7, Kläffer.


Kläffer (W3) [Adelung]


Der Kläffer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hund, welcher viel bellet, beständig bellet; auch im Hochdeutschen, besonders von kleinen Hunden dieser Art. S. Kläffen.


Klagbar (W3) [Adelung]


Klagbar, adj. et adv. 1) So beschaffen, daß darüber gerichtlich geklaget werden kann, in welchem Verstande es doch nur selten gebraucht wird. Die Sache ist noch nicht klagbar. 2) Wirklich vor Gericht klagend, in der gerichtlichen Schreibart, und als ein Nebenwort. Klagbar werden, vor Gericht klagen. 3) Vor Gericht als eine Klage angebracht, auch nur in der rechtlichen Schreibart. Klagbare Sachen, welche als Klagen bey einem Gerichte angebracht sind.


Klage (W3) [Adelung]


Die Klage, plur. die -n, das Abstractum des folgenden Zeitwortes, die Handlung des Klagens, und die Worte und Töne, wodurch solches geschiehet, der Ausdruck unangenehmer Empfindungen durch Töne, und besonders durch Worte. 1. Überhaupt, wo es am häufigsten im Plural gebraucht wird. In Thränen und laute Klagen ausbrechen. Seine Klagen vor jemanden ausschütten. Verschone mich mit deinen Klagen. Mein Herz verzehret sich längst in geheimen Klagen, Weiße. Im gemeinen Leben ist dafür auch der Infinitiv das Klagen üblich. Die biblischen Ausdrücke eine Klage halten, eine Klage klagen, seine Klage bey sich gehen lassen u. s. f. sind im Deutschen ungewöhnlich. 2. In engerer Bedeutung. 1) * Die laute Klage über einen Verstorbenen, eine Bedeutung, welche mit der Sache selbst im Deutschland veraltet ist, in welcher aber dieses Wort noch in der Deutschen Bibel vorkommt. Eine große und bittere Klage halten, 1 Mos. 50, 10. In einigen Gegenden ist noch ein Überbleibsel davon vorhanden, indem Klage daselbst das feyerliche Beyleid bezeichnet, welches man den Hinterbliebenen eines Verstorbenen bezeiget. Die Klage einnehmen. Im Oberdeutschen wird es auch noch von der Trauer gebraucht. Die Klage anlegen, die Trauer. Nicht aus der Klage kommen, aus der Trauer. In der Klage gehen, in der Trauer. 2) Der Ausdruck unangenehmer Empfindungen über eine Person oder Sache gegen einen andern. Seine Klage bey einem vorbringen. Klage über etwas erheben. Ich habe keine Klage darüber, habe nicht Ursache darüber zu klagen. Man höret viele und große Klagen über dich. Mache nicht, daß Klagen über dich kommen. Es laufen viele Klagen ein. 3) In noch engerer Bedeutung, die Klage über eine Person oder Sache vor Gericht, von einem Richter, ingleichen die Schrift, worin solche enthalten ist. Die Klage über Beschimpfung, über Diebstahl. Eine schriftliche Klage. Seine Klage eingeben, zurück nehmen, liegen lassen. Auf die Klage antworten. Eine Klage abweisen, annehmen. Du wirst mit der Klage nicht fortkommen.

Anm. Bey dem Ottfried Klaga, im Oberd. Klagd, im Plural Klägde, im Nieders. und Holländ. Kiagt. Frisch irret sich, wenn er glaubt, daß das Hochdeutsche Klage sein Zeichen des Abstracti verloren habe. Das e ist so gut ein Zeichen des Abstracti als d und de; sonst müßten Plage, Sage, Lüge, Mühe und hundert andere gleichfalls kein Zeichen des Abstracti mehr haben.


Klagefall (W3) [Adelung]


Der Klagefall, des -es, plur. die -fälle, S. Klagendung.


Klagefrau (W3) [Adelung]


Die Klagefrau, plur. die -n, Frauen, welche ehedem bey Leichen gedungen wurden, den Verstorbenen zu beklagen, und welche noch an einigen Orten, wenigstens dem Nahmen nach, vorhanden sind, da die Sache selbst längst abgekommen ist. Sie werden auch Klageweiber, Klagemütter und an andern Orten Leichenweiber, Trauerweiber, Leidfrauen, Leidschwestern genannt. In Cöln hatte man ehedem bey der Beerdigung eines Erzbischofes auch Klage- oder Schreyherren. Figürlich führet auch eine Art der Nachteulen, Strix Funerea L. deren klägliches Schreyen der Abergalube für den Vorbothen eines Todesfalles hält, den Nahmen des Klagefrau, Klagemutter oder Todteneule, Todtenuhr.


Klagegedicht (W3) [Adelung]


Das Klagegedicht, des -es, plur. die, eine Elegie, ein Gedicht, worin traurige Empfindungen herrschen.


Klagehaus (W3) [Adelung]


Das Klagehaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, in welchem über einen Verstorbenen geklaget wird, ein außer der Deutschen Bibel ungewöhnlich gewordenes Wort, wofür im Hochdeutschen Trauerhaus, und im gemeinen Leben Leidhaus üblicher sind.


Klageherr (W3) [Adelung]


Der Klageherr, des -en, plur. die -en, obrigkeitliche Personen zu Cöln am Rhein, welche über geringe Streitigkeiten zu erkennen haben.


Klagelied (W3) [Adelung]


Das Klagelied, des -es, plur. die -er, ein trauriges Lied, und in weiterer Bedeutung, ein Gedicht, in welchem traurige Empfindungen herrschen; am häufigsten in der dichterischen Schreibart. Die Klagelieder Jeremiä sind unter diesem Nahmen bekannt.


Klagemutter (W3) [Adelung]


Die Klagemutter, plur. die -mütter, S. Klagefrau.


Klagen (W3) [Adelung]


Klagen, verb. reg. unangenehme Empfindungen durch Töne und Worte merklich machen. Es ist in dreyfacher Gestalt üblich. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Überhaupt. Die Fürsten trauerten, Mann und Weib klagten, 1 Macc. 1, 27. Diese murmeln und klagen immerdar, Br. Judä V. 16. Man höret ihn das ganze Jahr klagen Immer etwas zu klagen haben. Eine klagende Stimme. Der Gegenstand der Klage bekommt das Vorwort über. Über theure Zeiten, über Mangel der Nahrung, über andrer Stolz, über jemandes Bedrückung klagen, über Schmerzen im Kopfe, über schlaflose Nächte, über Mattigkeit, über Frost klagen. Ich habe nicht über Schmerzen zu klagen. Im Oberdeutschen auch wohl mit der vierten Endung. Schmerzen klagen, d. i. über Schmerzen. Eh als sie was geklagt Und Krankheit hat gefühlt, Opitz. Der persönliche Gegenstand, an welchen die Klage gerichtet ist, wird in diesem Falle vermittelst des Vorwortes ausgedruckt. Bey jemanden über etwas klagen. 2) In engerer Bedeutung, bey einem Höhern, bey einem Richter, klagen. So wohl absolute. Er will klagen. Als auch mit dem Ausdruck des Gegenstandes der Person und Sache. Über jemand klagen. Noch mehr mit dem Vorworte wider. Wider jemand klagen. Der Endzweck, die Absicht der Klage, erhält das Wort auf. Auf die Ehescheidung, auf die Ehrenerklärung, auf eine Schadloshaltung klagen. Bey der Obrigkeit, vor Gericht klagen. II. Als ein Reciprocum, sich klagen, in welcher Gestalt es doch nur im Oberdeutschen und einigen gemeinen Mundarten üblich ist, für sich beklagen. So wohl absolute. Ihm (dem Fremden) wenn er sich klagt, erleichtern seine Last, Opitz. Als auch mit der zweyten Endung der Sache. Der sih ouch Paulus chlageta, Notk. Sich seines Kopfes klagen, über seinen Kopf klagen. Ingleichen mit einem Vorworte. Da ich mich klag ob meiner Pein, Opitz. In engerer Bedeutung ist es im gemeinen Leben der Meißner in der absoluten Gestalt sehr üblich, über körperliche unangenehme Empfindungen klagen. So bald sich eins im Hause klagt, Gell. Über Unpäßlichkeit klagt. Sie wissen es, ich klage mich nicht so leicht, ebend. Er hat gestern angefangen, sich zu klagen. Andern, besonders Niedersächsischen Mundarten, ist diese Art des Ausdruckes ein Anstoß. III. Als ein Activum, seine unangenehmen Empfindungen durch Worte entdecken, mit der vierten Endung der Sache. 1) Überhaupt, mit der dritten Endung der Person. Einem etwas klagen. Lassen sie sich meine Noth, mein Elend, mein Anliegen, meinen Jammer klagen. Das sey dem Himmel geklagt. Mindert sich nicht unsere Unruhe schon indem wir sie einem Freunde klagen? Gell. Mit Auslassung der vierten Endung der Sache, wir haben euch geklagt, und ihr wollet nicht weinen, Matth. 11, 17, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich. 2) * In engerer Bedeutung, für beklagen, mit Auslassung der dritten Endung der Person; eine nur im Oberdeutschen übliche Bedeutung. Wer seinem Kinde zu weich ist, der klaget feine Striemen, Sir. 30, 7. In noch engerer Bedeutung, einen Verstorbenen beklagen. Charl chlagte sine toten, Stryker. Man wird ihn nicht klagen, ach Bruder! Jer. 22, 18. Wenn einer stirbt, so klage ihn, Sir. 38, 16. Da kam Abraham, daß er sie klagte und beweinte, 1 Mos. 23, 2. In welcher Bedeutung es auch in der höhern Schreibart der Hochdeutschen zuweilen gebraucht wird. Nunmehr klagt er ihn trostlos, Klopst. Und wenn man sie nunmehr begräbt, Wird sie kein Edler klagen, Weiße. Die Freunde klagen ihn und weinen oft dazwischen, Zach. Das Hauptwort die Klagung ist nur in den zusammen gesetzten Zeitwörtern üblich, weil die Klage und das Klagen dafür gebraucht werden.

Anm. Klagen, schon bey dem Kero clagen, bey dem Ottfried klagon, im Nieders. gleichfalls klagen, im Schwed. klaga, ist eine Nachahmung des kläglichen Tones, durch welchen sich die unangenehme Empfindung äußert, dessen höhere Grade durch wehklagen, weinen, winseln, ächzen u. s. f. ausgedruckt werden. Es gehöret daher zu dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, weinen, bey dem Ulphilas klahai, von dem Weinen kleiner Kinder, im Nieders. klönen, klagen, und andern Zeitwörtern dieser Art. So fern bloß auf den lauten Ausdruck gesehen wird, bedeutet klönen im Nieders. auch mit einer durchdringenden Stimme reden, und klaga im Schwedischen sagen, aussprechen. Daß man diese Ableitung schon ehedem gekannt haben müsse, erhellet aus dem mittlern Lat. wo clamare gerichtlich klagen, und Clamor, Clameum, eine gerichtliche Klage bedeutet, woher auch die Engländer ihr Claim, eine Klage, haben. Ja das Latein. clamare selbst gehöret mit zu dem Geschlechte des Deutschen klagen.


Klagendung (W3) [Adelung]


Die Klagendung, plur. die -en, bey einigen ältern Sprachlehrern, die vierte Endung der Nennwörter, als eine buchstäbliche Übersetzung des Latein. Kunstwortes Accusativus; bey andern der Klagefall, der Kläger. Gottsched nannte diese Endung besser die vierte Endung.


Kläger (W3) [Adelung]


Der Kläger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Klägerinn, eine Person, welche klagt. Die Kläger gehen umher, Pred. 12, 5. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur in der engern gerichtlichen Bedeutung des Zeitwortes, eine Person, welche bey dem Richter, oder vor Gericht klaget, im Gegensatze des Beklagen. Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter. Kläger seyn. Als Kläger erscheinen. Im Schwabenspiegel Clager.


Klageschrift (W3) [Adelung]


Die Klageschrift, plur. die -en, eine Schrift, welche eine Klage wider jemanden enthält, besonders im gerichtlichen Verstande, eine schriftliche gerichtliche Klage; die Klage.


Klageton (W3) [Adelung]


Der Klageton, des -es, plur. die -töne. 1) Ein kläglicher Ton; ohne Plural. Der Klageton, Mit dem du sprichst, ziemt nicht ein männlich Herz, Weiße.


Klageweib (W3) [Adelung]


Das Klageweib, des -es, plur. die -er, S. Klagefrau.


Kläglich (W3) [Adelung]


Kläglich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Einer Klage ähnlich, gemäß, in derselben gegründet. Ein kläglicher Ton. Eine klägliche Stimme. Ein klägliches Geschrey. Sehr kläglich um etwas thun. Kläglich weinen. 2) Werth beklaget zu werden, anders zum Klagen bewegend. Ein kläglicher Zustand. Das ist kläglich. Er siehet sehr kläglich aus. Klägliche Zeiten. Bey dem Notker chlagelich.


Klaglos (W3) [Adelung]


Klaglos, adv. welches nur in der gerichtlichen Bedeutung des Wortes Klage üblich ist. Jemanden klaglos stellen oder machen, ihn befriedigen, und ihm dadurch alle Ursache zur Klage benehmen.


Klamm (W3) [Adelung]


* Klamm, -er, -este, adj. et adv. ein Wort, welches nur in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, üblich ist. Es bedeutet, 1. enge; im gemeinen Leben der Hochdeutschen auch knapp. Die Schuhe sind mir zu klamm. Klamme Schuhe. Noch mehr. 2. figürlich. 1) beängstiget, enge um die Brust und um das Herz, im Niedersächsischen. Es ist mir so klamm um das Herz. Klammherzig ist eben daselbst enge um das Herz, beängstiget. 2) Nahe an einander gedrängt, den innern Theilen nach. Der Schnee ist klamm, wenn er sich ballet; Schwed. kram, Isländ. krom. Ingleichen für kleberig, einen gewissen Mittelstand zwischen trocken und feucht zu bezeichnen. Klamme Hände haben, welche von Schweiß kleberig sind. Engl. clammy. 3) Derb, fest, gediegen. Klammes Gold, gediegenes Gold. Klammgellige Felsen, im Bergbaue, hartes Gestein. Im Nieders. auch klammer. 4) Schwer zu haben und zu bekommen; knapp. Das Geld ist hier sehr klamm. Es sind klamme Zeiten, wo die Bedürfnisse schwer zu erwerben sind. Das Wasser wird klamm, fänget an zu fehlen. Im Bergbaue ist klamm genau gewogen.

Anm. Im gemeinen Leben der Hochdeutschen ist dafür auch klemm üblich, S. dieses Wort, so wie klemmen, welches gleichfalls zu dessen Geschlechte gehöret. Es gehöret zu Leim, weil der Begriff des Bindens der herrschende in diesem Worte und dessen sämmtlichen Verwandten ist. Die Hauch- und Gaumenlaute ch, g, h und f vor den flüssigen Buchstaben l, m, n, r gehören selten zum Stamme, sondern sind oft nur müßige Vorschläge hauchender Mundarten. Im Angels. ist Clam ein Band. S. die folgenden. Zur Familie dieses Wortes gehören noch das Nieders. der Klamm, ein Klumpen, welches Hochdeutsche Wort selbst daraus entstanden ist, die Nieders. verklamen, vor Kälte erstarren, klamerig, vor Kälte erstarret, Klämke, eine träge, unentschlossene, gleichsam erstarrete Weibesperson, die Hochdeutschen bekommen, klimmen, und wenn man das oben gedachte Schwed. kram. und Isländ. krom mit in Betrachtung ziehet, auch zum Theil unser krumm, verkrummen, Krampf, krimmen und andere mehr.


Klamm (W3) [Adelung]


* Der Klamm, des -es, plur. inus. auch nur im gemeinen Leben, eine Art des Krampfes in der Luftröhre zu bezeichnen, Agina. Den Klamm haben. S. das vorige und Klemme.


Klammer (W3) [Adelung]


Die Klammer, plur. die -n, ein Haken, oder ein mit Haken versehenes Werkzeug, etwas damit fest zu halten, oder zu befestigen, in welchem Verstande es doch nur noch einen geraden, an beyden Enden nach einem rechten Winkel gekrümmten eisernen Haken bezeichnet, dessen sich vornehmlich die Zimmerleute bedienen, Stücke Bauholz auf eine kurze Zeit damit zu befestigen; der Klammerhaken, Holzhaken, Österreich. Klampfe, Nieders. Klammhacken. Im Bergbaue hat man Fahrtklammern, welche in das Gevierte über einen Schacht geschlagen werden, damit sich die Bergleute daran erhalten können. In weiterer Bedeutung wird in einigen Oberdeutschen Gegenden das bewegliche Eisen an einer Thür, welche auf den Kloben passet, und vor welches das Vorlegeschloß geleget wird, eine Klammer genannt. In Ober- und Niedersachsen heißt es mit einem nahe verwandten Worte eine Krampe, im Österreich. die Narb, in Regensburg die Anlege. Anm. Im Dän. Klammer, im Schwed. Klaemmel, Kraemmel, im Pohln. Klamra. Die Endsylbe -er bedeutet ein Werkzeug. Die erste Hälfte ist das veraltete klammen, fest halten, verbinden. S. Klamm, Klimmen, Klampe, Klaue, Krampe u. s. f. Große mit starken Klauen versehene Raubvögel werden von eben diesem Zeitworte im Nieders. Klammvögel genannt; im Sachsensp. klemmende und krimmende Vögel. Im Holländ. ist Klamme, Klampe ein Haken.


Klammern (W3) [Adelung]


Klammern, verb. reg. act. et neutr. 1) Mit den Händen oder Klauen fest halten, als das Intensivum oder Iterativum des veralteten klammen, oder auch von dem vorigen Klammer; am häufigsten in den Zusammensetzungen anklammern, beklammern u. s. f. Kaum sah er den Kater Über den Räsicht geklammert - Zachar. d. i. auf dem Käfich liegend, und sich mit seinen Klauen auf demselben fest haltend. Bey dem Grafen Otto von Bottenleube kommt es in figürlichem Verstande vor: Din minne ist gar ein zange mir sie klembert mich, ich muos zuo dir; d. i. sie hält mich, oder ziehet mich. 2) Als das Iterativum oder Intensivum von klemmen, wo es im gemeinen Leben zuweilen statt dieses Wortes gebraucht wird. Einem Pferde die Hoden zusammen klammen, eine Art des Wallachens.


Klammgällig (W3) [Adelung]


Klammgällig, -er, -ste, adj. et adv. im Bergbaue, sehr fest und hart. Klammgälliges Gestein. Klammgällige Felsen. S. Klamm, Klemmig und Gällig, welche hart bedeuten, doch so, daß die erstern mehr eine zähe Härte zu bezeichnen scheinen.


Klampe (W3) [Adelung]


Die Klampe, plur. die -n, ein nur in einigen Fällen übliches Wort, ein Werkzeug oder Hülfsmittel des Festhaltens, der Verbindung zu bezeichnen. In der Zimmermannskunst sind die Klampen Querbalken in dem Roste zum Grunde eines Gebäudes, welche die Rostpfähle mit einander verbinden. Im Engl. sind Clamps diejenigen Balken, welche mitten durch das Schiff gehen, die Seitentheile zu verbinden. In dem Schiffbaue sind die Halsklampen mit Haken versehene Löcher an den Borten des Schiffes, die Halsen daran zu befestigen; wo Klampe eigentlich den Haken bedeutet. S. Krampe und Klammer.


Klämpener (W3) [Adelung]


Klämpener, Klämpern, S. Klempener.


Klander (W3) [Adelung]


Der Klander, S. Calander.


Klang (W3) [Adelung]


Der Klang, des -es, plur. die Klänge, ein klingender, d. i. angenehm und hell lautender Schall oder Laut von einiger Dauer; eine Onomatopöie dieses Schalles selbst, welche sich, so wie alle Wörter dieser Art, besser empfinden als beschreiben lässet. Metalle, musikalische Instrumente u. s. f. geben in gewissen Fällen einen Klang von sich. Keinen Klang haben. Der Klang der Harfen, Es. 14, 11. (Er) Hörte nicht des melodischen Cymbels harmonische Klänge, Zachar. Wo es zunächst für Töne stehet. Aus der Vergleichung mehrerer Klänge entstehet der Begriff eines Tones, S. dieses Wort. In engerer Bedeutung bezeichnet es zuweilen den Klang der Glocken. Ohne Klang und Gesang begraben werden, ohne Läutung der Glocken und ohne Gesang.

Anm. Bey dem Notker Chlanch, bey dem Hornegk Chlunckh, im Nieders. und Dän. gleichfalls Klang. Klink, klank ist ein im gemeinen Leben üblicher unabänderlicher Redetheil, einen Schall dieser Art durch Nachahmung auszudrucken; wo denn das erstere Wort wegen des feinern und rundern i einen kleinern feinern, das letztere aber wegen des breitern a einen gröbern oder stärkern Klang ausdrucket. Hierin liegt zugleich der Grund von Hrn. Stoschens ganz richtigen Bemerkungen, daß klingen und einen Klang haben nicht alle Mahl völlig gleich bedeutend sind, obgleich Klang das Abstractum des Zeitwortes ist. Von großen Glocken wird man lieber sagen, sie haben einen guten Klang, als sie klingen gut. Der Plural Klänge ist von einigen getadelt worden; allein er ist so wohl der Sache als der Sprache völlig gemäß, man mag ihn nun von mehrern Arten oder von mehrern Individuis gebrauchen. Ehedem wurde dieses Wort zuweilen in weiterer Bedeutung für Schall, Knall u. s. f. gebraucht, wovon Frisch einige Beyspiele anführet, und wovon auch die Zusammensetzungen Wohlklang, Mißklang, Übelklang, Nachklang u. s. f. zeugen. In ältern Oberdeutschen Schriften kommt Clang mehrmahls für Lärmen, Getöse vor. Da es uns aber an Wörtern nicht fehlet, alle Arten von Lauten, Schallen und Tönen nach allen ihren Abänderungen und Schattirungen auszudrucken, so sollte man sie nicht ohne Noth mit einander verwechseln. Der Naselaut ng druckt das Tönende eines Klanges zu bestimmt aus, als daß sich dieses Wort ohne eine harte Figur auf andere Arten anwenden ließe. Die Latein. Clangor und clangere sind genau damit verwandt. S. Klingen.


Klapf (W3) [Adelung]


* Der Klapf, des -es, plur. die -e, ein nur im Oberdeutschen übliches Wort, eine Art eines Schalles auszudrucken, welcher in der Stärke eigentlich das Mittel zwischen dem schwächern Klaff und stärkern Klapp ist. Es sprang ein Stein, welcher einen Klapf gleich einem Donner gab, Bluntschli, ein Schweizerischer Schriftsteller. Ein Donnerklapf, ein Donnerschlag. Daher das Oberdeutsche klapfen, einen solchen Schall verursachen. S. Klaff, Klapper, Klapps, Klopfen und das folgende.


Klapp (W3) [Adelung]


Klapp, ein unabänderliches und nur im gemeinen Leben der Hoch- und Niederdeutschen übliches Wort, denjenigen Schall nachzuahmen, welcher durch das Zusammenschlagen zweyer breiter harter, oder eines harten und eines weichen Körpers verursacht wird. Engl. Clap. Er bekam eins hinter die Ohren, das sagte klapp. Daher das im Nieders. übliche Hauptwort der Klapp, des -es, plur. die -e, so wohl dieser Schall, als auch dessen wirkende Ursache, ein Schlag, wofür im Oberdeutschen das vorige Klapf und im Hochdeutschen Klapps üblich ist, S. das letztere. Im Nieders. ist Achterklapp der Nachklang. Ein feinerer, kleinerer Schall dieser Art wird durch klipp ausgedruckt, so wie in klopfen ein gröberer zum Grunde liegt.


Klappe (W3) [Adelung]


Die Klappe, plur. die -n, Diminut. das Kläppchen, Oberd. Kläpplein, ein jeder hinten mit einem Gewinde befestigter Deckel, welcher mit einem Schalle, welchen das Wort Klapp ausdruckt, zufällt; ingleichen eine kleine horizontale oder senkrechte Thür dieser Art, welche auf ähnliche Art durch ihr eigenes Gewicht von oben niederfällt, eine Fallthür. die Klappe auf oder an einer Kanne, der Deckel. Die Klappe an einem Taubenschlage, die kleine Fallthür, der Schlag. Die Klappe an einem Blasebalge, an einer Pumpe, welche in der Sprache der Kunst das Klappen-Ventil genannt wird. Franz. Clapet. Auch ähnliche Theile an gewissen Kleidungsstücken. Die Klappe an den Beinkleidern; die Hosenklappe. Die Klappe an gewissen Handschuhen der Frauenzimmer, S. Klapphandschuh. In andern Fällen heißt ein solcher Theil an Kleidungsstücken der Aufschlag, die Krämpe u. s. f. Im Nieders. wird auch eine Zugbrücke eine Klappe genannt.


Klappen (W3) [Adelung]


Klappen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, einen solchen Schall von sich geben, als das Wort Klapp ausdruckt. Schlagen, daß es kleppt. Die Thür klappt nieder, fällt mit einem solchen Schalle nieder. Die Teller klappen schon, im Oberdeutschen, wofür im Hochdeutschen das Frequentativum klappern üblich ist, so wie in der R. A. mit den Zähnen klappen, welches in dem zusammen gesetzten Zähnklappen einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt. Man wird über ihn mit den Händen klappen, Hiob 27, 23; wofür man im Hochdeutschen klatschen gebraucht, obgleich klappen in eben dieser Verbindung auch Es. 55, 12, Klagel. 2, 15, Nahum 3, 19, und Zeph. 2, 15 vorkommt. Da wird man hören die Geißeln klappen, Nahum 3, 2; wofür man im Hochdeutschen gleichfalls klatschen, ingleichen knallen, im Oberd. aber schnalzen sagt. Klingt es nicht, so klappt es doch, im gemeinen Leben. Wenn es zum Klappen kommt, im gemeinen Leben, wenn es zur Sache selbst kommt, wenn es Ernst wird, wenn es zum Treffen kommt. Ingleichen figürlich, für klingen, im gemeinen Leben. Die Verse klappen nicht, haben keinen Wohlklang. Das klappt nicht, schickt sich nicht zur Sache. S. Klappsen. 2. Als ein Activum, diesen Schall hervor bringen, oder vielmehr mit Hervorbringung dieses Schalles niederlassen, aufmachen u. s. f. besonders in den Zusammensetzungen aufklappen, niederklappen u. s. f. wo es von jedem Dinge gebraucht wird, welches unter dem Nahmen der Klappe bekannt ist, oder ihr doch gleicht, auch wenn mit dieser Handlung gleich kein merklicher Schall verbunden ist. Die Handschuhe aufklappen. Den Hut niederklappen, die Krämpe an dem Hute. In weiterer Bedeutung auch für schlagen, doch nur von derjenigen Art des Schlagens, welche diesen Schall hervor bringet. Mit dem Lineale auf den Tisch klappen.

Anm. Im Engl. to clap, im Schwed. und Isländ. klappa, wo es aber mehrere verwandte Arten des Schalles und des Schlagens bezeichnet, wohin auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Lat. Colaphus, das Ital Colpo, Franz. Coup u. a. m. gehören. S. Klaffen, Klepper und Klopfen.


Klappen-Ventil (W3) [Adelung]


Das Klappen-Ventil, des -es, plur. die -e, ein Ventil mit einer Klappe, S. Klappe.


Klapper (W3) [Adelung]


Die Klapper, plur. die -n, ein Werkzeug zum Klappern, oder damit zu klappern; dergleichen die Klappern kleiner Kinder, die Klappern der Nachtwächtern an manchen Orten, welche in einigen Gegenden Schnarken, Ratschen, im Nieders. Rateln heißen, u. s. f. sind. Auch bey den Jägern gebraucht man Klappern, Schnepfen und Hasen in das Garn zu treiben, welche aus dünnen Bretchen mit einem hölzernen Hammer, oder hölzernen Kugeln bestehen. ( S. Klappern.)


Kläpper (W3) [Adelung]


Der Kläpper, S. Klepper.


Klapperjagd (W3) [Adelung]


Die Klapperjagd, plur. die -en, diejenige Art der Jagd, wo man das Wild mit Klappern in das Garn treibet.


Klappermann (W3) [Adelung]


Der Klappermann, des -es, plur. die -männer. 1) Ein Mann mit einer Klapper, dergleichen am manchen Orten die Nachtwächter, die Almosensammler u. s. f. sind, wenn sie sich einer Klapper bedienen, andern ihre Gegenwart hörbar zu machen. 2) Ohne Plural wird der Tod in der komischen Schreibart zuweilen der Klappermann genannt, weil man ihn gemeiniglich unter dem Bilde eines dürren klappernden Gerippes vorstellet.


Klappermaul (W3) [Adelung]


Das Klappermaul, des -es, plur. die -mäuler, eine schwatzhafte Person, deren Mund in steter Bewegung wie eine Klapper ist; das Plappermaul.


Klappermühle (W3) [Adelung]


Die Klappermühle, plur. die -n, eine klappernde Mühle, eine Mahlmühle, so fern sie sich durch ihr klapperndes Geräusch von andern Mühlen unterscheidet. Ingleichen figürlich, wie Klappermaul.


Klappern (W3) [Adelung]


Klappern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und das Iterartivum und Intensivum von klappen ist, ein zitterndes und anhaltendes Klappen zu bezeichnen. Es bedeutet, 1) einen solchen Schall von sich geben, aus sich selbst hervor bringen, welches geschiehet, wenn harte Körper hurtig hinter einander auf einander stoßen. Die Zähne klappern mir vor Frost, wenn sie vor Kälte hurtig auf einander schlagen, Nieders. klappen und snätern, in der alten lombardischen Hist, bey dem Schilter chlosselun, im Tatian stridan, Franz. claquer. Ein Beutel voll Steine klappert, wenn man ihn schüttelt. Im Nieders. klätern, welches manche Arten des Klappern bestimmter und genauer ausdruckt, als das Hochdeutsche. Die Mühle klappert u. s. f. 2) Ein Geklapper hervor bringen, machen. Mit den Zähnen, mit den Tellern klappern. Der Storch klappert. Nun klappern die reisenden Störche, Haged. S. Klapperstorch.


Klappernuß (W3) [Adelung]


Die Klappernuß, plur. die -nüsse, in einigen Gegenden, ein Nahme der Pimpernüsse, weil sie klappern wenn sie geschüttelt werden; Staphylea pinnata L. Nieders. Kläternöte.


Klapperschlange (W3) [Adelung]


Die Klapperschlange, plur. die -n, eine giftige Schlange, welche häufig in Amerika gefunden wird, Schilder unter dem Leibe und Schilder und Schuppen unter dem Schwanze hat. Sie hat den Nahmen von einer Klapper, welche sie am Ende des Schwanzes führet, und durch deren Geräusche sie die Vögel und Eichhörnchen so erschreckt, daß sie sich endlich wie bezaubert in ihren offenen Rachen stürzen; Crotalus L.


Klapperschote (W3) [Adelung]


Die Klapperschote, plur. die -n, ein Ostindisches und Amerikanisches Schotengewächs, mit aufgeblasenen Hülsen, in welcher die Frucht klappert, wenn man sie bewegt; Crotallaria L.


Klapperstecken (W3) [Adelung]


Der Klapperstecken, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, die Stecken, welche die Fuhrleute, wenn sie Berg ab fahren, an die hintere Achse befestigen, so daß die Stecken in das Rad zu liegen kommen, dessen Bewegung vermindern und erschweren, aber zugleich ein heftiges Geklapper verursachen; Klappstecken, Klipperstecken.


Klapperstein (W3) [Adelung]


Der Klapperstein, des -es, plur. die -e, ein Stein, welcher zuweilen aus verwitterten Kiesnieren entstehet, oft aber auch ein bloßer Sandstein ist, der inwendig hohl ist, einen festen Kern in der Höhle hat und daher klappert, wenn man ihn schüttelt. ( S. Adlerstein,) welchen Nahmen er gleichfalls führet.


Klapperstorch (W3) [Adelung]


Der Klapperstorch, des -es, plur. die -störche, im gemeinen Leben, der Storch, wegen des Geklappers, welches er durch das Zusammenschlagen seines Schnabels verursacht, daher er in einigen Gegenden auch Kläppner, Kneppner heißt. S. Storch.


Klapphandschuh (W3) [Adelung]


Der Klapphandschuh, des -es, plur. die -e, Weiberhandschuhe, welche statt der Finger mit Klappen auf dem Obertheile versehen sind; im Gegensatze der Fingerhandschuhe.


Klappholz (W3) [Adelung]


Das Klappholz, des -es, plur. inus. im Forstwesen und dem Holzhandel, kleine Stücke gespaltenen Eichenholzes, so wie es zu den Fäßdauben gebraucht wird; zum Unterschiede von den größern Pipenstäben. Nieders. und Dän. gleichfalls Klapholt. Vermuthlich nicht so wohl von klappen, als vielmehr von klieben, spalten, Nieders. klöben, gespaltenes Holz, wovon in Nieders. Klave ein Nahme verschiedener gespaltenen Dinge ist. Im Schwed. ist klapa hauen, abhauen.


Klappmütze (W3) [Adelung]


Die Klappmütze, plur. die -n, eine kleine lederne Mütze welche nur den Scheitel bedecket; vielleicht so fern sie klappet, indem man sie aufsetzet.


Klapps (W3) [Adelung]


Klapps, ein Wort, welches den Schall nachahmet, welchen man im Oberd. durch Klapf und im Nieders. durch Klapp ausdrucket. Daher das Hauptwort der Klapps, des -es, plur. die -e, so wohl dieser Schall, als auch ein Schlag, welcher denselben hervor bringen. Jemanden einen Klapps geben, eine Schlag mit der flachen Hand, mit einem Lineale oder andern breiten Werkzeuge. Diminut. das Kläppschen Franz. Claque.


Klappsen (W3) [Adelung]


Klappsen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, einen Klapps machen oder hervor bringen; eine Art des Schalles, welche in Ansehung der Weiche des Schalles zwischen klappen und klatschen das Mittel hält. Ach, ich höre es klappsen - Ja, das Küchenmädchen hat richtig eine Ohrfeige von ihr weg, Hermes.


Klapptisch (W3) [Adelung]


Der Klapptisch, des -es, plur. die -e, ein Tisch, welchen man entweder ganz oder nur einem Theile nach auf- und niederklappen kann; ein Anschlage oder Aufschlagetisch.


Kläre (W3) [Adelung]


Die Kläre, pur. inus. 1) In den Schmelzbütten, eine zarte aus Beinen gebrannte Asche, woraus die Capellen für die Schmelzer gemacht werden. Von klar, so fern es zart, fein bedeutet; der Klärstaub. 3) Das Abstractum des vorigen Beywortes, doch nur so fern es fein, zart, bedeutet; im gemeinen Leben. Die Kläre des Zwirnes der Leinwand, des Mehles u. s. f.


Klare (W3) [Adelung]


Die Klare, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, in den Küchen Obersachsens, eine dünne Brühe zu einer Speise. Vermuthlich von klar, so fern es dünn, flüssig bedeutet.


Klären (W3) [Adelung]


Klären, verb. reg. act. klar machen, von flüssigen Körpern. Trübes Bier klären. Besonders als ein Reciprocum. Der Wein, das Bier kläret sich, wenn die fremdartigen Theile zu Boden sinken. In den zusammen gesetzten abklären, aufklä- ren, ausklären, erklären, und verklären, ist es zum Theil in figürlichen Bedeutungen üblich. Nieders. klaren, welches aber auch fertig machen bedeutet.


Klarfädig (W3) [Adelung]


Klarfädig, adj. et adv. einen klaren, d. i. feinen, zarten Faden habend; im Gegensatze des grobfädig.


Klärlich (W3) [Adelung]


Klärlich, adv. welches in einigen Fällen anstatt des einfachen klar üblich ist. Und sie lasen im Gesetzbuch Gottes klärlich und verständlich, daß mans verstund, da mans lase, Nehem. 8, 8. Ich will dir eine gewisse Lehre geben und dich klärlich unterrichten, Sir. 16, 24. Eine Sache klärlich beweisen. Man siehet hieraus klärlich, daß es nicht so gemeinet war. Es müsse dieß was klärlicher erscheinen, Opitz.


Klassisch (W3) [Adelung]


Klassisch, S. Classisch.


Klatsch (W3) [Adelung]


Klatsch, ein unabänderliches und besonders im gemeinen Leben übliches Wort, denjenigen Schall nachzuahmen, welcher entstehet, wenn gewisse weiche Körper gegen eben so weiche oder gegen harte beweget werden, z. B. wenn man in der Hand gegen eine Wand u. s. f. schläget. Daher der Klatsch, des -es, plur. die -e, so wohl dieser Schall, als auch der Schlag, welcher denselben hervor bringet. Jemanden einen Klatsch geben, einen solchen Schlag mit der flachen Hand. Lautet ein solcher Schlag feiner oder klärer, so wird er auch wohl ein Klitsch genannt. Im Engl. Clash, im Holländ. Klets. S. Klatschen.


Klatschbüchse (W3) [Adelung]


Die Klatschbüchse, plur. die -n, ein hohles Rohr der Kinder, welches vermittelst der zusammen gepreßten und plötzlich befreyeten Luft einen lauten Knall verursacht; die Platzbüchse, im Nieders. Ballerbüsse, Klappbüsse, Klapperbüsse. Figürlich und in der niedrigen Sprechart auch wohl eine klatschhafte, d. i. schwatzhafte Person, besonders weiblichen Geschlechtes.


Klatsche (W3) [Adelung]


Die Klatsche, plur. die -n. 1) Ein Werkzeug zum Schlagen, so fern es im Gebrauche klatschet, in welchem Verstande doch nur ein Stück Leder oder Filz an einem Stiele, womit man die Fliegen todt schläget, diesen Nahmen führet; die Fliegenklatsche. Mit Einer Klatsche zwey Fliegen schlagen, zwey Absichten mit Einem Mittel erreichen. 2) Figürlich, im gemeinen Leben, eine schwatzhafte, plauderhafte Person, besonders weiblichen Geschlechtes und im verächtlichen Verstande.


Klatschen (W3) [Adelung]


Klatschen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Denjenigen Schall von sich geben, welcher durch das Wort klatsch ausgedruckt wird. Es regnet, daß es klatscht. An die Wand schlagen, daß es klatscht. 2) Einen solchen Schall hervor bringen. (a) Eigentlich. mit dem Munde klatschen. Mit den Händen klatschen. In die Hände klatschen, oder nur schlechthin klatschen, so wohl zum Zeichen des Beyfalles, als auch des verachtenden Mißfallens. ( S. Ausklatschen, Zuklatschen.) Mit der Peitsche klatschen, im Nieders. klappen, im Oberd. schnalzen. (b) Figürlich und im verächtlichen Verstande, besonders von dem weiblichen Geschlechte, so wohl viel und unnütz reden, als auch Dinge, welche verschwiegen bleiben sollen, ausplaudern; waschen, mit einem gelindern und anständigern Ausdrucke schwatzen. Sie klatschet den ganzen Tag. Mit einander klatschen. Klatschen gehen. Traue ihr nicht, sie klatschet alles wieder. Da klatscht, da kümmert sich das alte Trödelweib In jener Kochenzunft um alle Spindelgrillen, Günth. Personen zusammen klatschen, durch ein solches Geklatsch wider einander aufbringen. So auch in den Zusammensetzungen ausklatschen, beklatschen, verklatschen. 2. Als ein Activum, im gemeinen Leben und in der letzten figürlichen Bedeutung für ausplaudern. Eine Sache klatschen, eine Sache die verschwiegen bleiben soll, ausschwatzen. Es wird alles wieder geklatschet. Wofür doch ausklatschen üblicher ist. Anm. Es ist eine Nachahmung des Schalles, ( S. Klatsch.) Verwandt sind damit, so wohl das Griech - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , rufen, schreyen, als das Pohln. Klaskanie, das Frohlocken, das Franz. Eclat, eclater u. s. f.


Klätscher (W3) [Adelung]


Der Klätscher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Klätscherinn, in der figürlichen Bedeutung des Zeitwortes, und im verächtlichen Verstande, eine Person, welche viel und unnütz plaudert. In engerer Bedeutung, welche Dinge, die verschwiegen bleiben sollen, ausplaudert. Was man beym Weine spricht, Muß heilig seyn und dient für Klätscher nicht, Haged. Eine solche Person pflegt man auch wohl ein Klatschmaul, ein Klatschweib, eine Klatschbüchse u. s. f. zu nennen. Auch eine Art zahmer Tauben, deren Laut dem Klatschen mit der Zunge gleicht, pflegt man Klätscher oder Klatschtaube zu nennen.


Klatscherey (W3) [Adelung]


Die Klatscherey, oder Klätscherey, plur. die -en, in verächtlichen Verstande, ein Geschwätz; doch nur in engerer Bedeutung, ein anders nachtheiliges Geschwätz, wodurch Uneinigkeit und Zank gestiftet wird. Eine Klatscherey anrichten, Nieders. Driverij. Wer fürchtet mehr als ich der Weiber Klätschereyn? Zachar.


Klatschhaft (W3) [Adelung]


Klatschhaft, -er, -este, adj. et adv. geneigt zu klatschen, d. i. viel und unnütz zu schwatzen, ingleichen, Dinge, welche verschwiegen bleiben sollen, auszuplaudern, im verächtlichen Verstande, wofür im gemeinen Leben auch klatschicht üblich ist. Daher die Klatschhaftigkeit.


Klatschkessel (W3) [Adelung]


Der Klatschkessel, des -s, plur. ut nom. sing. der fünfte Kessel bey dem Zuckersieden, worin der Syrup, wenn er überlaufen will, mit großen Löffeln in die Höhe geschöpft wird, um ihn abzufühlen, welches denn einen lauten Schall verursacht, der dem Klatschen ähnlich ist.


Klatschmaul (W3) [Adelung]


Das Klatschmaul, des -es, plur. die -mäuler, siehe Klätscher.


Klatschrose (W3) [Adelung]


Die Klatschrose, plur. die -n, S. Klapperrose.


Klatschtaube (W3) [Adelung]


Die Klatschtaube, plur. die -n, S. Klätscher.


Klatte (W3) [Adelung]


* Die Klatte, plur. die -n, ein nur in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens übliches Wort, verworrene Fäden, ingleichen einen festen Büschel verworrener Haare zu bezeichnen. Figürlich bedeutet es auch einen Streit, Prozeß. Daher die Nieders. klatterig, verwirret, zerlumpt, klattern, sich verwirren u. s. f. S. Klette, zu welchem Worte es gehöret.


Klatze (W3) [Adelung]


Die Klatze, plur. die -n, im Bergbaue, ein offenes Pochwerk ohne Dach im freyen Felde. Es scheinet durch eine harte Aussprache aus Glatze entstanden und eine figürliche Bedeutung dieses Wortes zu seyn. S. dasselbe.


Klaubebühne (W3) [Adelung]


Die Klaubebühne, plur. die -n, im Bergbaue, eine Bühne in Gestalt eines Tisches, auf welcher das Erz geklaubet, d. i. ausgelesen wird.


Klauben (W3) [Adelung]


Klauben, verb. reg. act. 1. Eigentlich, nach und nach mit den zwey vordern Fingern wegnehmen. Das Unreine aus den Erbsen; aus den Samenkörnern u. s. f. klauben oder heraus klauben. 2. Figürlich. 1) Auf solche Art reinigen, das Gute von dem Schlechten und Untauglichen auf solche Art absondern, besonders in Oberdeutschen; im Hochdeutschen lesen. Den Salat klauben, die Erbsen klauben, die Wolle klauben. Das Erz klauben, im Bergbaue. 2) Mit kleinen Bissen nagen oder essen; besonders im Oberdeutschen, wo man auch die Diminutiva hat, kläubeln, kläbeln, kläbern, im Österr. klemenzeln, von menzeln, essen, Ital. mangiare, Franz. manger, klebeißeln, von beißen. An einem Beine klauben, nagen. 3) Grübeln. Lange über etwas klauben. Eine Sache heraus klauben. Nieders. klüsern.

Anm. Im Nieders. kluven, wo aber auch puken und pulen, wenigstens in einigen Fällen, für klauben gebraucht werden. Es gehöret mit dem folgenden Klaue zu klieben, spalten, weil die zwey Finger, mit welchen das Klauben zunächst verrichtet wird, eine Zange, ein gespaltenes Ding, oder auch einen Haken vorstellen.


Klauber (W3) [Adelung]


Der Klauber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Klauberinn, eine Person, welche klaubet, d. i. das Gute von dem Schlechten mit den zwey vordern Fingern absondert. Erzklauber, im Bergbaue.


Klauberig,Klaubericht (W3) [Adelung]


Das Klauberig, oder Klaubericht, des -es, plur. inus. im Bergbaue, das Schlechte, welches durch das Klauben von dem Guten abgesondert worden; wie Kehrig, Feilig u. s. f.


Klaue (W3) [Adelung]


Die Klaue, plur. die -n, ein Wort, in welchem sich zwey verschiedene, aber doch verwandte Begriffe mit einander vereinigen. 1) Des Spaltens, so wohl eine Spalte, als auch ein gespaltenes Ding zu bezeichnen. Im Nieders. ist Klöve und Klove eine Spalte, (im Oberdeutschen Klinse,) und Klave ein gespaltenes Ding, z. B. ein Scheit Holz, eine Art Semmeln in Gestalt eines halben Mondes, welche mit einem Einschnitte versehen sind. Im Hochdeutschen ist die Klaue an den Pumpen ein halb gespaltenes Stück Eichenholz oder Eisen, welches den Schwengel trägt. Besonders bezeichnet man damit den gespaltenen Huf mancher Thiere, z. B. des Hornviehes, der Schafe, der Schweine u. s. f. wo denn auch die Spalte selbst diesen Nahmen führet. Der hornige Theil an den Klauen wird die Schale, oft aber gleichfalls die Klaue genannt. Die Elendsklaue, Schafklaue u. s. f. Figürlich ist die Klaue zuweilen ein mit solchen Klauen versehenes Thier. Unser Vieh soll mit uns gehen und nicht eine Klaue dahinten bleiben, 2 Mos. 10, 26. ( S. Klauensteuer.) S. Klobe, Kluft, welche in andern Fällen dafür üblich sind. 2) Des Greifens, Fassens und des damit verbundenen Begriffes eines Hakens. In diesem Verstande führen überhaupt die Finger an den Händen, und die Zehen an den Füßen der Thiere, so fern sie zum Fassen oder Angreifen dienen, besonders wenn sie mit krummen hornartigen Auswüchsen versehen sind, den Nahmen der Klauen. Von Menschen gebraucht man es für Hände oder Finger nur im harten und verächtlichen Verstand Etwas in seine Klauen bekommen. Diebsklauen haben. Von Thieren ist es besonders von den hornigen krummen Auswüchsen an den Zehen der Thiere und Vögel, und in weitere Bedeutung von den Zehen und dem ganzen Untertheile der Füß selbst üblich. Seine Klauen einschlagen, wie Raubvögel und Raubthiere zu thun gewohnt sind. Mit den Klauen ergreifen, halten. Bey kleinern Vögeln und Thieren ist dafür auch das Wort Kralle üblich. In weiterer Bedeutung wird auch wohl der Huf eines Pferdes oder Esels eine Klaue oder ungespaltene Klaue genannt, weil sie damit im Gehen auf dem Boden gleichsam eingreifen.

Anm. In der zweyten Hauptbedeutung bey dem Notker Chlauuo, in dem alten Gedichte auf dem heil. Anno Clawi, im Oberdeutschen Klaa, im Nieders. Klaue, im Engl. Claw, im Dän. Kloe, Klov, im Schwed. Klo, Klös, im Isländ. Klö, im Angels. Clawn. ( S. Klieben.) Im Nieders. ist Kluv auch eine Hand voll. In der Bedeutung der Finger der Hand gehöret auch das alte Laf, die Hand, hierher, S. Glauben.


Klauenfett (W3) [Adelung]


Das Klauenfett, des -es, plur. inus. Fett, welches aus den Klauen des Rindviehes gesotten worden, und so wohl zum Brennen in den Lampen, als auch zur Bewahrung des Eisens vor dem Roste gebraucht wird, das Klauenschmalz.


Klauengeld (W3) [Adelung]


Das Klauengeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er, S. das folgende.


Klauensteuer (W3) [Adelung]


Die Klauensteuer, plur. die -n, in einigen Gegenden, eine Steuer ohne Abgabe, welche von dem zahmen vierfüßigen Viehe, besonders aber von dem Hornviehe gegeben wird, das Klauengeld, oder Klauenthaler, so fern sie in einem Thaler von jedem Stücke Hornviehe bestehet; wo Klaue figürlich ein mit Klauen versehenes Thier bedeutet. S. Klaue 1.


Klauenzehnte (W3) [Adelung]


Der Klauenzehnte, des -n, plur. die -n, an einigen Orten, der Zehnte, welcher von dem mit Klauen versehenen zahmen Viehe gegeben wird. S. Klaue 1.


Klause (W3) [Adelung]


Die Klause, plur. die -n. 1) * Ehedem überhaupt ein enger eingeschlossener Raum, in welcher veralteten Bedeutung Walther von der Vogelweide den Leib der Jungfrau Maria eine Klus nennet. König Wenzel sagt von der Rose, recht alsam ein rose dii sich us ir Klosen lat. In dem Bergbaue ist die Klause eine Grube, in welcher die Fluth, d. i. das fließende Wasser, bey den Zwitterwäschen aufgefangen wird. Am üblichsten ist es noch von der Zelle eines Mönches in einem Kloster. 2) Ein enger Paß in einem Gebirge, in welchem Verstande es noch im Oberdeutschen häufig ist. Im Holländischen ist Kluyse ein jeder enger Eingang.

Anm. Es ist ungewiß, ob dieses Wort zunächst aus dem mittlern Lat. Clausa und Clusa, oder dieses von jenem abstammet. Das Zeitwort klausen, welches das Stammwort von schließen und Schleuse ist, war ehedem nicht selten, und ist allem Ansehen nach mehr ein Seitenverwandter, als ein Abkömmling von dem Lat. claudere. ( S. Schleuse und Schließen.) Im Engl. ist Closet ein enges, geheimes Zimmer.


Klausener (W3) [Adelung]


Der Klausener, zusammen gezogen der Klausner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Klausnerinn, ein Einsiedler, besonders im Oberdeutschen.


Klauskopf (W3) [Adelung]


Der Klauskopf, des -es, plur. die -köpfe, in einigen Gegenden, z. B. im Lauenburgischen, eine Art Aale mit einem dicken Kopfe; von Kloß, Klotz, S. diese Wörter.


Klebefeuer (W3) [Adelung]


Das Klebefeuer, des -s, plur. ut nom. sing. in der Feuerwerkskunst, ein Zündfeuer, welches, wenn es angezündet und an Gegenstände geworfen wird, an denselben kleben bleibet, und sie anzündet. Das Griechische Feuer ist eine Art desselben.


Klebegarn (W3) [Adelung]


Das Klebegarn, des -es, plur. die -e, im Jagdwesen, eine Art feiner Lerchengarne mit sehr weiten Maschen, in welchen die Lerchen, wenn sie auffliegen wollen, kleben oder hangen bleiben; das Klebenetz. Weil es nur bey Tage aufgestellet wird, so wird es auch das Tagenetz genannt, zum Unterschiede von dem Nachtnetze oder Nachtgarne. Ingleichen eine Art Fischernetze, welche wegen des schweren Gesenkes auf dem Boden hinstreift; das Grundgarn, Treibegarn, Kinngarn.


Klebekraut (W3) [Adelung]


Das Klebekraut, des -es, plur. inus. ein Nahme verschiedener Pflanzen, deren Theile sich gern an die Kleider anhängen. 1) Eine Art des Labkrautes mit rauben Blättern und rauchen Knoten und Früchten, welche mit steifen Borsten besetzt sind; Galium Aparine L. Kleberich, Zaunreis. Nieders. Klive, Tüngel. 2) Einer Art des Drehkrautes, welches auf den Rainen in den Feldern wächset; Tordylium Anthriscus L. in einigen Gegenden Bettlersläuse. 3) Einer Art des Klettenkerbels, Valantia Aparine L. 4) Auch die kleine Klette, Xanthium strumarium L. welche an einigen Orten gleichfalls Bettlersläuse, an andern aber Spitzklette, Igelsklette genannt wird, ist unter dem Nahmen des Klebekrautes bekannt.


Klebekugel (W3) [Adelung]


Die Klebekugel, plur. die -n, S. Ankerkugel.


Klebeläppchen (W3) [Adelung]


Das Klebeläppchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur im gemeinen Leben in der R. A. übliches Wort, jemanden, ein Klebeläppchen anhängen, ihm etwas nachtheiliges nachsagen. Im Oberd. ein Klamperle.


Klebelaus (W3) [Adelung]


Die Klebelaus, S. Filzlaus.


Kleben (W3) [Adelung]


Kleben, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Neutrum, welches im Hochdeutschen das Hülfswort haben, im Oberdeutschen aber auch seyn bekommt. 1. Eigentlich, hangen bleiben, am eigentlichsten von Dingen, welche vermittelst einer zähen Feuchtigkeit an andern hangen bleiben. An etwas kleben bleiben. Die Zunge klebet mir vor Durst an dem Gaumen. Das Pech klebt an den Händen, der Koth an den Kleidern. Er klebt von Kothe, wenn man ihn angreift, bleibt die Hand an ihm kleben. An seinen Händen klebt Noch seines Sohnes Blut, Raml. Ingleichen vermittelst eines oder mehrerer Haken hangen bleiben. So bleibt in der Feuerwerkskunst eine Ankerkugel kleben, wenn sie sich mit ihren Haken anhängt. Die Kletten kleben, wenn sie sich vermittelst kleiner Haken anhängen. Die Lerchen bleiben in dem Klebegarne kleben, wenn sie sich mit den Flügeln in dessen weiten Maschen verwirren und darin hangen bleiben. 2. Figürlich. 1) An einem Orte kleben bleiben, sich länger als nöthig daselbst aufhalten. 2) Die Hände kleben lassen, gern heimlich etwas entwenden; gern etwas an den Fingern kleben lassen, kleberige Hände oder Finger haben. 3) Es bleibt nichts bey ihm kleben, er behält nichts, fasset nichts in dem Gedächtnisse. 4) An etwas kleben, sein Herz daran hängen, demselben auf eine dauerhafte Art ergeben seyn; gemeiniglich im verächtlichen Verstande. An alten Sitten und Gewohnheiten kleben. Daraus seh ich, daß er fromm ist und nicht bloß am Zeitlichen klebet, Gell. 5) Auf eine dauerhafte Art mit etwas verbunden seyn; doch nur noch am häufigsten in dem zusammen gesetzten ankleben. II. Als ein Activum, kleben machen, vermittelst einer zähen Feuchtigkeit befestigen; in welchem Verstande es im Hochdeutschen sehr häufig für das richtigere kleiben gebraucht wird, S. dasselbe.

Anm. Al sein Neutrum bey dem Ottfried klivan und kleban, bey dem Notker chleben, im Nieders. kliven und kleven, im Angels. cleofan, im Dän. kläve, im Schwed. klibba, im Pohln. kleie, ich klebe. Ottfried. gebraucht es auch theils für ankleben, theils für anhangen, mit der dritten Endung der Person; theils für liegen: balo ther uns klibit, die Bosheit, welche uns anklebet. Zi herzen er'mo klebeta, er lag ihm am Herzen. Im Griech. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Leim, Lat. Glus, Gluten, Franz. Glu. Bemerket man, daß der Gaumenbuchstab sich in manchen Mundarten so gern an die flüssigen Mitlauter hänget, so wird man den Stamm dieses Wortes in Lab, liefern, geliefern finden, ( S. diese Wörter.) Im Wendischen ist lepin, lepenza, kleben, ohne Gaumenlaut. S. auch Kley, Klette, Kleiben, Kleister, Klamm, Leim u. s. f.


Klebenetz (W3) [Adelung]


Das Klebenetz, des -es, plur. die -e, S. Klebegarn.


Kleber (W3) [Adelung]


Der Kleber, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In einigen Gegenden, das Gummi, wegen seiner kleberigen Eigenschaft. 2) Bey den Tuchmachern werden die Haken an den Rähmen, woran das Tuch ausgespannet wird, Kleber genannt, weil das Tuch daran gehänget wird; in welcher Bedeutung es zunächst zu Klaue zu gehören scheinet.


Kleberich (W3) [Adelung]


Der Kleberich, des -es, plur. inus. S. Klebekraut.


Klebericht (W3) [Adelung]


Klebericht, -er, -ste, adj. et adv. dem Kleber oder einer zähen Feuchtigkeit ähnlich. Im Oberd. klebicht.


Kleberig (W3) [Adelung]


Kleberig, -er, -ste, adj. et adv. Kleber, d. i. eine zähe bindende Feuchtigkeit enthaltend. Kleberige Hände haben, von einem zähen Schweiße, Nieders. klamm. Im Oberd. klebig, im Nieders. klevisk, klefsk.


Kleberoth (W3) [Adelung]


Kleberoth, S. Kleeroth.


Klebespindel (W3) [Adelung]


Die Klebespindel, plur. die -n, bey den Drechslern, eine Spindel, große runde Sachen aus einem Brete, welches daran befestiget wird, zu drehen.


Klebewurz (W3) [Adelung]


Die Klebewurz, S. Färberröthe.


Kleck (W3) [Adelung]


Der Kleck, des -es, plur. die -e, ein Flecken, welcher von einem Tropfen eines flüssigen Körpers herrühret; ein Klecks. Einen Kleck mit Tinte auf das Papier machen. Es ahmet, wie so viele andere, den Laut nach, der dadurch, wenigstens in einigen Fällen, entsteht. ( S. Klack,) welches einen gröbern Schall dieser Art ausdruckt. Figürlich, jemanden einen Kleck, einen Klecks, oder im Diminut. ein Kleckschen anhängen, ihm etwas nachtheiliges nachsagen, S. Kiebeläppchen und Klette. Die Tadelsucht hängt auch dem Besten Gemeiniglich ein Kleckschen an, Günth.

Anm. Im Nieders. Klack, Klacks, im dän. Klik, Klak. Im Schwed. ist Klikka ein Flecken, und Klack Schande, im Isländ. aber Hhlak, und im Schwed. Lack, ein Fehler. S. Klicken.


Kleckbuch (W3) [Adelung]


Das Kleckbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Buch, worin die täglichen Vorfallenheiten ohne Kunst und Zierlichkeit eingetragen, und gleichsam nur eingeklecket werden; bey den Kaufleuten mit einem Ital. Kunstworte, eine Strazze. S. Kladde.


Klecken (W3) [Adelung]


1. Klecken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, einen Kleck oder Klecks machen. Die Feder kleckt, wenn sie ganze Tropfen Tinte auf das Papier fallen lässet. Im Schreiben klecken, Klecke machen. ( S. auch Beklecken.) Figürlich, schlecht schreiben, für das niedrige schmieren. Ingleichen schlecht mahlen. Die Farbe ist nur aufgekleckt. Das ist nicht gemahlt, sondern gekleckt. Im Nieders. klacken, klicken. Bey dem Festus ist cloacare besudeln. So fern klecken bloß ein Ausdruck eines Schalles ist, bedeutet ziklekan bey dem Ottfried zerbrechen, platzen. S. Klack, Klaffen, Klicken.


Klecken (W3) [Adelung]


2. Klecken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches im Oberdeutschen und Niedersächsischen bekannter ist als im Hochdeutschen. 1) Die Absicht merklich befördern. Das kleckt nicht viel, hilft nicht viel. Das kleckt, das bringt viel ein. 2) Hinreichen, zureichen. Das kleckt noch nicht. Die Einkünfte wollen dazu nicht klecken. der Zeug hat nicht gekleckt, nicht zugelanget. Es waren ihrer hundert, wenn es nur kleckt, es waren ihrer auf das wenigste hundert.

Anm. Bey dem Ottfried in der zweyten Bedeutung kleken, im Nieders. klicken, im Schwed. klaecka, im Isländ. klecka. Wachter leitet es auf eine äußerst gezwungene Art von dem alten kenuachan, genug seyn, ab; Frisch eben so sonderbar von Loch, Lücke, die Löcher des Mangels füllen. Es scheinet das Stammwort von schlagen, in den zusammen gesetzten anschlagen, verschlagen zu seyn. Im Nieders. sagt man es verklickt nicht viel, wo der Hochdeutsche sagt, es verschlägt nicht viel. Es kann alsdann eine Figur des Zeitwortes klecken seyn, so fern es die Nachahmung eines gewissen Schalles ist. Im Nieders. ist Klick eine jede kleine Masse, ein Bißchen. Klicken und klecken würde also eigentlich seyn, durch kleine Massen vermehren. Sagt man doch im gemeinen Leben mehrmahls, das klimpert nicht, das kläppert nicht, das schäppert nicht, d. i. das bringt kein bares Geld ein, ist nicht einträglich. S. Erklecken und Erklecklich.


Klecker (W3) [Adelung]


Der Klecker, des -s, plur. ut nom. sing. von klecken, einer der schlecht schreibt, oder schlecht mahlet, mit Verachtung, besonders in den Zusammensetzungen Tintenklecker, Farbenklecker. Kleckerey ist in eben diesen Verstande, eine schlechte Art zu schreiben oder zu mahlen. S. Sudeler und Sudeley.


Klee (W3) [Adelung]


Die Klee, (einsylbig,) des Klees, (zweysylbig,) plur. doch nur von mehrern Arten, die Klee, (zweysylbig,) ein Nahme, welchen im Deutschen sehr viele Pflanzen führen, die sich durch ihre drey Mahl gespaltenen Blätter von andern unterscheiden. ( S. Fieberklee, Herzklee, Hasenklee, Hopfenklee, Bergklee, Igelsklee, Schotenklee, Sauerklee, Süßklee, Sichelklee, Steinklee, Schneckenklee, Wiesenklee und viele andere mehr.) Der Türkische Klee, ( S. Esparsette.) Am häufigsten ist unter dem Nahmen des Klees schlechthin eine Pflanze dieser Art bekannt, welche so wohl auf den Wiesen wächset, als in den Gärten gebauet wird, bläuliche und schmutzig rothe Blumenköpfchen hat, und ein sehr gutes Futterkraut ist; Trifolium L.

Anm. Der Hoch- oder Oberdeutsche Nahme ist sehr zusammen gezogen. Im Nieders. lautet er vollständiger Klever, im Angels. Claefer-wyrt, im Engl. Clover, Cliver, im Holl. Klaver, im Schwed. Klöfver. Woraus zugleich erhellet, daß er seinen Nahmen nicht, wie Frisch glaubt, von Kley, fettes Land, hat, weil er gern im fetten Lande wächset, sondern von Klaue, oder unmittelbar von klieben, Nieders. klöven, spalten, weil die drey Mahl gespaltene Figur seiner Blätter zu merklich in die Augen fällt, als daß sie nicht den Grund der Benennung hätte abgeben sollen. Bey den alten Galliern hieß das Futterkraut dieses Nahmens, dem Marcellus Empirikus zu Folge, Visumarus, und noch jetzt wird es in einigen Gegenden wirklich Wiesenpreis genannt; von Mare, Maere, Ruhm, Preis.


Kleeblatt (W3) [Adelung]


Das Kleeblatt, des -es, plur. die -blätter, das drey Mahl gespaltene Blatt des Klees. Figürlich, in einigen Fällen, eine Zahl von dreyen. Ein Kleeblatt böser Buben. Ein Kleeblatt wahrer Freunde. Sind sie mit dem Freunde zufrieden, der unser Kleeblatt ausmachen soll? Weiße.


Kleen (W3) [Adelung]


* Der Kleen, (einsylbig,) des -es, plur. inus. im Schleswigischen, eine Torf- oder Moorerde, welche unter dem Kleye liegt, woraus Salz bereitet wird. Vielleicht mit Kley aus einer und eben derselben Quelle.


Kleeroth (W3) [Adelung]


Kleeroth, adj. et adv. der bläulichen und zugleich schmutzig rothen Farbe der Blumenköpfchen des Futterklees gleich. Besonders wird dieses Wort im Weinbaue gebraucht, wo der Kleerothe, oder nach der Niedersächsischen Aussprache der Kleberothe, eine Art Weinstock ist, dessen Trauben einen guten süßen Geschmack haben, und einen rothen Wein geben, welcher in das Bläuliche fällt. Er wird auch der kleine Braune und im Böhmischen Brunat genannt.


Kleezug (W3) [Adelung]


Der Kleezug, des -es, plur. die -züge, ein Zug, welcher einem Kleeblatte gleicht; besonders in den bildenden Künsten, wo dieser Zug eine Auszierung der Simswerke ist.


Kleffen (W3) [Adelung]


Kleffen, S. Kläffen.


Klehmen (W3) [Adelung]


Klehmen, verb. reg. act. welches im Niedersächsischen für das Activum kleiben in der zweyten Bedeutung üblich ist, S. dasselbe.


Kleiben (W3) [Adelung]


Kleiben, verb. reg. welches in doppelter Gestalt vorkommt. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, für das Neutrum kleben, in welchem Verstande es schon bey dem Ottfried kliban lautet, ob sie gleich auch das gewöhnlicherer kleban bey ihm findet. In dieser Gestalt kommt es im Hochdeutschen nur noch zuweilen in bekleiben vor, S. dasselbe. 2. Als ein Activum, wo es die thätige Gattung von kleben ist, kleben machen. 1) Vermittelst einer kleberigen Feuchtigkeit befestigen, hangen machen. Ein Bild an die Wand kleiben. Zwey Blätter Papier zusammen kleiben. Es wird in diesem Verstande nur noch in einigen wenigen Fällen gebraucht, indem in den meisten besondere Ausdrücke üblich sind. So gebraucht man für kleiben leimen, kleistern und pappen, wenn das kleberige Verbindungsmittel Leim, Kleister oder ein Mehlbrey ist. Aber auch da, wo das allgemeinere kleiben noch gebraucht werden kann, z. B. wenn der Kleber ein Gummi ist, gebraucht man im Hochdeutschen gemeiniglich kleben, so unbillig es auch ist, das Neutrum mit seinem Activo zu verwechseln, wenn beyde bequem unterschieden werden können. 2) Eine Wand kleiben, oder nur schlechthin kleiben, das Fachwerk einer hölzernen Wand mit naß gemachtem Lehme ausfüllen, eine bey der Bauart auf dem Lande und in kleinern Städten sehr übliche Verrichtung, wo dieses Wort niemahls kleben, sondern allezeit kleiben, und im Nieders. auch kleimen, klehmen lautet.

Anm. Schon bey dem Ottfried in der thätigen Form kleiban, kleipan, der es aber auch in weiterer Bedeutung für heften, anheften gebraucht. In einigen Oberdeutschen Gegenden gehet es irregulär, ich kliebte, geklieben. ( S. Bekleiben.) Die Niedersachsen unterscheiden kleben und kleiben gleichfalls, kehren sie aber um. Das Neutrum heißt bey ihnen kliven, das Activum aber kleven. Indessen verwechseln sie sie eben so gern, als die Hoch- und Oberdeutschen.


Kleiber (W3) [Adelung]


Der Kleiber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kleiderinn, eine Person, welche kleibet; besonders in der zweyten Bedeutung des Activi, wo Kleiber und Kleiberinnen diejenigen Personen sind, welche die hölzernen Wände mit Lehm ausfüllen, oder solche kleiben. In einigen Gegenden werden sie Leimklicker oder vielmehr Lehmklicker genannt.


Kleiberlehm (W3) [Adelung]


Der Kleiberlehm, des -es, plur. inus. derjenige Lehm, welcher zum Kleiben gebraucht wird oder gebraucht werden kann; zum Unterschiede von dem Töpferlehm.


Kleibewerk (W3) [Adelung]


Das Kleibewerk, des -es, plur. inus. die Arbeit, die Verrichtung des Kleibens, d. i. der Ausfüllung eines Raumes mit angefeuchtetem und durchgeknetetem Lehme, und ein auf diese Art verfertigtes Werk. Dahin gehören die Lehmwände, die Backöfen auf dem Lande, besonders aber die mit Lehm ausgefüllten Fächer hölzerner Gebäude, der gleichen Arbeit auch Bleichwerk, und im Niedersächsischen Kathwerk, von Kath, Koth, Lehm, genannt wird.


Kleid (W3) [Adelung]


Das Kleid, des -es, plur. die -er, Diminut. das Kleidchen, Oberd. Kleidlein. 1. In der weitesten und ohne Zweifel eigentlichsten Bedeutung, alles was einen andern Körper zu seiner Erhaltung oder Zierde bedecket, Die Bekleidung; in welchem Verstande es nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich ist. Das äußere Häutchen, womit ein Kind im Mutterleibe umgeben und an die Nachgeburt befestiget ist, führet im gemeinen Leben den Nahmen des Kleidchens. In der Seefahrt ist das Kleid das alte Tau- oder Segelwerk, womit die Taue und Kabeln zu ihrer Erhaltung umwunden werden. Im Niedersächsischen ist Kleidholz diejeingen Planken und Bohlen, womit eine Schleuse bekleidet wird. 2. In engerm Verstande, alles was zur Bedeckung des menschlichen Körpers oder der Theile desselben dienet, ein Kleidungsstück; gleichfalls nur in einigen Fällen, besonders in den zusammen gesetzten Beinkleid, Niederkleid. Besonders im Plural. Sich in den Kleidern zu Bette legen, in den Kleidern schlafen, in der gewöhnlichen Tagekleidung. Die Kleider anlegen, sich in die Kleider werfen. 3. In noch engerm Verstande, die Bekleidung, des Leibes, d. i. des Rumpfes, mit Ausschließung des Kopfes und der Füße. 1) Überhaupt, gleichfalls nur noch in einigen Fällen; besonders in den Zusammensetzungen Nachtkleid, Sterbekleid. 2) In engerer Bedeutung, eine solche Bekleidung des Leibes, so fern sie zugleich zur Zierde dienet, oder doch so fern Personen von guter Lebensart sich in derselben öffentlich sehen lassen, zum Unterschied von einem Schlafrocke, oder anderer bloß zur Bequemlichkeit dienende Bekleidung. Ein Mannskleid, Weiberkleid, Kinderkleid, Oberkleid, Unterkleid, Sommerkleid, Winterkleid, Reisekleid, Jagdkleid, Ehrenkleid, Trauerkleid u. s. f. Eine Menge Kleider haben. Kleider machen Leute; das Kleid macht den Mann. Das Kleid macht keinen Mönch. Ein Kleid anlegen, anziehen, ausziehen. Ein Kleid ablegen, es nicht mehr tragen wollen. Bey dem männlichen Geschlechte bestehet das Kleid heut zu Tage aus dem Rocke und der Weste, zuweilen auch mit Einschließung der Beinkleider. Bey dem weiblichen ist es gemeiniglich eine lange Oberkleidung, welche nach Maßgebung der Gestalt und Mode besondere Nahmen bekommt; z. B. Leibkleid, Schnürkleid, Schleppkleid, Andrienne, Robe u. s. f. 3) Figürlich, dasjenige, womit ein Ding zum Schmucke bekleidet, oder bedecket ist; in der höhern Schreibart. Verzeihen sie der Natur, die einem Wurme ein schöner Kleid gab, als die feinste Kunst ihnen nicht geben kann, Geßn.

Anm. Bey dem Stryker Chlaid, im Schwabensp. Claid, im Nieders. Kleed, im Angels. Clatha, im Engl. Cloath, wo auch Cloth so wohl Leinwand und Tuch, als auch Kleid ist, im Dän. Kläde, im Schwed. Klaede, so wohl Tuch, als Kleid, wo auch Förklaede eine Schürze, und Armklaede ein Schnupftuch ist, weil man dasselbe ehedem um den Arten zu winden pflegte. Einige leiten es von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, nähen, andere von dem Wallisischen clyd, warm, Lat. calidus, her, weil ein Kleid wärmet, noch andere von Lod, Hlod, Nieders. Lodde, Wolle, Dietrich von Stade von dem Goth. lodo, hloda, anhängen, anliegen, Frisch von liegen, weil man darin lieget, oder weil es auf dem Leibe anlieget, anderer zu geschweigen. Allein es ist wohl unstreitig, daß der Begriff des Deckens, wie in so vielen andern ähnlichen Wörtern, so auch hier der herrschende ist, der in dem zusammen gesetzten bekleiden noch so sehr hervor sticht. Es gehöret zu dem noch in den gemeinen Mundarten üblichen Lid, Lied, ein Deckel, welchem der gewöhnliche Gaumenlaut vorgesetzet worden. In Oberschwaben bedeutet Lid, Hlid novh jetzt eine Decke, und im Hoch- und Oberdeutschen ist Inlid die innere Decke oder der innere Überzug eines Bettes, worein die Federn kommen, ( S. Indelt.) Indessen da der Begriff der Zierde, des Schmuckes, in den meisten Fällen mit diesem Worte verbunden ist, der sogar bey dem folgenden kleiden in Einem Falle der herrschende ist, so stehet es dahin, ob nicht auch unser lassen, so fern es wohl aussehen, wohl anstehen bedeutet, im Nieders. und den mitternächtigen Mundarten laten, nicht mit in Betrachtung kommen könne.


Kleiden (W3) [Adelung]


Kleiden, verb. reg. act. mit einem Kleide oder mit Kleidern versehen. 1. In der weitesten Bedeutung des Hauptwortes, nur noch in einigen Fällen. Eine Kugelbüchse kleiden, sie mit dem nöthigen Beschlage versehen. In engerer Bedeutung, mit einer zur Zierde dienenden Decke versehen. Den Altar, die Kanzel kleiden, die Bedeckung derselben machen lassen. Lassen sie den Altar kleiden, Gell. Noch häufiger kommt es in dieser weitesten Bedeutung in den zusammen gesetzten bekleiden, abkleiden, und verkleiden vor. 2. In der engern Bedeutung des Hauptwortes Kleid. 1) Die Kleidungstücke anlegen. Ihr kleidet euch und könne euch doch nicht erwärmen, Hagg. 1, 6. Im Hochdeutschen gebraucht man es in dieser Bedeutung nur in den zusammen gesetzten ankleiden, auskleiden, verkleiden, umkleiden. 2) Die nöthigen Kleidungsstücke verschaffen. Jemanden neu kleiden lassen. Den Nackenden kleiden. Sich nach der Mode kleiden. Ingleichen figürlich. Die Lämmer kleiden dich, Sprichw. 27, 26, geben den Stoff zu deinen Kleidungsstücke her. 3. In noch engerer Bedeutung, den Leib oder Rumpf kleiden, mit Ausschließung des Kopfes und der Füße. Besonders, 1) In engerer Bedeutung, mit einem Kleide, so wie es der Wohlstand erfordert, versehen. Jemanden kleiden lassen. Sich neu kleiden. Sich nach der Mode kleiden. Schön gekleidet einher gehen. Schwarz gekleidet gehen Wie geht er gekleidet? was für ein Kleid trägt er? Sich in Seide, in Tuch, in Sammet kleiden, wofür in der Deutschen Bibel das im Hochdeutschen ungewöhnliche Vorwort mit gebraucht wird. Und kleidete ihn mit weißer Seiden, 1 Mos. 41, 42. In der Bedeutung des bloßen Anlegens eines Kleides sind auch hier die zusammen gesetzten ankleiden, auskleiden, umkleiden, verkleiden üblicher; ob man gleich sagt, er ist heute schön, prächtig gekleidet, er hat heute ein schönes, ein prächtiges Kleid an. 2) Figürlich. (a) Mit einer Sache zur Zierde, als mit einem Kleide versehen. Gott kleidet das Gras, Luc. 12, 18. Die ganze Natur kleidet sich mit den schönsten Farben. Der Wald kleidet sich in Grün oder mit Grün. Die biblischen Ausdrücke, mit Heil, mit Gerechtigkeit, mit Dunkel, mit Schande kleiden, sind außer der biblischen Schreibart ungewöhnlich. Mit dem zusammen gesetzten bekleiden würden sie sich im Hochdeutschen eher nachahmen lassen. (b) Für anstehen lassen, von Kleidungstücken und Handlungen, besonders äußern Handlungen, in Beziehung auf die Person, welche sie trägt, oder vornimmt; wo es als ein Neutrum, wenigstens ohne Passivum gebraucht, und gemeiniglich mit der vierten Endung der Person verbunden wird. Diese Farbe kleidet ihn gut, kleidet ihn schlecht, gibt ihm ein gutes, ein schlechtes äußeres Ansehen. Wie schön diese Röthe sie kleidet! Das Befehlen kleidet dich noch nicht recht. Ein ernstes Gesicht kleidet ihn gut. Das Moralisiren kleidet sie sehr schlecht. In engerer Bedeutung für gut kleiden. Er hat einen großen Hieb am Kinne, der ihn aber kleidet, Hermes. Die vierte Endung ist richtig, so bald ausgemacht ist, daß kleiden in dieser Bedeutung eine bloße Figur der vorigen ist. Indessen ist es noch eine Frage, ob es nicht in dieser Bedeutung zu dem Zeitworte lassen, Nieders. laten, gehöret, welches in eben diesem Verstande gebraucht wird; das lässet ihm gut, schlecht. Für diese Ableitung streitet unter andern auch, daß kleiden in dieser Bedeutung ein Neutrum ist, so wie lassen, dagegen es in allen andern Fällen ein Activum ist. Wäre diese Ableitung erwiesen, so müßte kleiden auch in dieser Bedeutung mit der dritten Endung der Person verbunden werden. Das kleidet dir, ihm gut. Im gemeinen Leben spricht man wirklich so; dagegen man in der Büchersprache die vierte gebraucht. Daher die Kleidung, S. solches besonders. Im Dän. kläde, im Schwed. klaeda, so wohl in eigentlichem Verstande, als in dem figürlichen, des wohl Anstehens, decere.


Kleiderbarchent (W3) [Adelung]


Der Kleiderbarchent, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, Barchent, so fern er zu Kleidungsstücken gebraucht wird, zum Unterschiede von dem Bettbarchente.


Kleiderbesen (W3) [Adelung]


Der Kleiderbesen, des -s, plur. ut nom. sing. ein sauberer Besen, die Kleider damit abzukehren.


Kleiderbürste (W3) [Adelung]


Die Kleiderbürste, plur. die -n, eine Bürste, so fern sie zur Reinigung der Kleider vom Staube dienet; zum Unterschiede von andern Arten der Bürsten.


Kleiderhaus (W3) [Adelung]


Das Kleiderhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, so fern es zur Aufbewahrung der Kleider dienet; ein Wort, welches nur 2. Kön. 10, 22 vorkommt.


Kleiderhüther (W3) [Adelung]


* Der Kleiderhüther, des -s, plur. ut nom. sing. ein gleichfalls ungewöhnliches Wort, eine Person zu bezeichnen, welche die Aufsicht über die Kleider eines vornehmen Herren hat, welches 2 Chron. 34, 22 angetroffen wird. An verschiedenen Höfen wird eine solche Person jetzt Kleiderkämmerer genannt.


Kleiderkammer (W3) [Adelung]


Die Kleiderkammer, plur. die -n, eine Kammer, so fern sie zur Aufbewahrung der Kleider bestimmt ist. In weiterer Bedeutung, ein jedes Zimmer dieser Art. Mit einem Französischen Ausdrucke, die Garderobe.


Kleiderkrämer (W3) [Adelung]


Der Kleiderkrämer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kleiderkrämerinn, eine Person, welche mit alten Kleidern handelt; im gemeinen Leben ein Trödler, Trödelmann, Trödelfrau, Nieders. Kleerseller.


Kleidermarkt (W3) [Adelung]


Der Kleidermarkt, des -es, plur. die -märkte, ein Platz, auf welchem mit alten Kleidern gehandelt wird; der Trödelmarkt.


Kleider-Mode (W3) [Adelung]


Die Kleider-Mode, plur. die -n, die Mode in der Gestalt und Art der Kleider.


Kleiderordnung (W3) [Adelung]


Die Kleiderordnung, plur. die -en, eine obrigkeitliche Verordnung in Ansehung der Kleider, worin besonders der Kleiderpracht Gränzen gesetzet werden.


Kleiderpracht (W3) [Adelung]


Die Kleiderpracht, plur. inus. die Pracht, so fern sie sich durch die Kleider an den Tag leget, in Kleidern bestehet. Kleiderpracht treiben.


Kleiderschrank (W3) [Adelung]


Der Kleiderschrank, des -es, plur. die -schränke, ein Schrank, so fern er zur Aufbewahrung bestimmt ist, im Oberd. eine Kleiderköthe, in Thüringen und Franken ein Kleiderspind, im Nieders. ein Kleiderschapp.


Kleidertracht (W3) [Adelung]


Die Kleidertracht, plur. die -en, die Art und Weise sich zu kleiden; die Tracht.


Kleidung (W3) [Adelung]


Die Kleidung, plur. die -en. 1) Das Verbale des Zeitwortes kleiden, die Handlung des Kleidens, ohne Plural, in allen Bedeutungen, die letzte figürliche ausgenommen, in welcher es nicht gebraucht wird, weil kleiden in dieser Bedeutung ein Neutrum ist. 2) Dasjenige, was zur Bekleidung eines Körpers, zu dessen Bedeckung dienet, besonders was ihm zur Zierde gereichet. Die Kleidung eines Schießgewehres, das Beschläge. Besonders was zur äußern Bekleidung des menschlichen Körpers gerichtet, wo es als ein Collectivum gebraucht wird, welches in weiterer Bedeutung und ohne Plural alles unter sich begreift, womit der menschliche Leib so wohl zur Nothdurft, als zum Wohlstande bekleidet wird. Jemanden in der Kleidung erhalten. Für jemandes Kleidung sorgen. Sie erschienen in ihrer vorigen Kleidung, 2 Macc. 3, 33. Auch mit dem Nebenbegriffe der Art und Weise sich zu kleiden. Ein Vernünftiger merkt den Mann an seinen Geberden, denn seine Kleidung, Lachen und Gang zeigen ihn an, Sir. 19, 26. Zuweilen auch von einem einzelnen Kleide in der engsten Bedeutung dieses Wortes. In einer andern Kleidung erscheinen, in einem andern Kleide.


Kleidungsstück (W3) [Adelung]


Das Kleidungsstück, des -es, plur. die -e, ein einzelnes zur Kleidung eines Menschen gehöriges Stück. So werden der Hut, die Beinkleider, Schuhe, Strümpfe u. s. f. Kleidungsstücke genannt.


Kleien (W3) [Adelung]


Kleien, S. Kleyen.


Klein (W3) [Adelung]


Klein, -er, -ste, adj. et adv. welches allemahl beziehungsweise gebraucht wird, ein geringeres Maß der Ausdehnung habend als ein anderer Körper; im Gegensatze des groß. Ein Ding ist kleiner als ein anderes, oder klein in Vergleichung mit einem andern, wenn es, ganz genommen, einem Theile des andern gleich ist. Dieses andere Ding wird entweder ausdrücklich genannt, in welchem Falle klein im Comparativo oder Superlativo stehet, kleiner als ein Sandkorn, der kleinste von uns, unter uns, oder es wird nicht ausdrücklich gesetzt, sondern als bekannt angenommen, und da stehet klein in der ersten Staffel und hat ein absolutes Ansehen, ob es gleich wirklich relativ ist; indem das Gewöhnliche seiner Art allemahl der Maßstab ist, der das klein und groß bestimmet, und auf welches sie sich beziehen. Ein kleiner Garten, der Garten ist nur klein, d. i. kleiner, wie die Gärten dieser Art gemeiniglich zu seyn pflegen. 1. Eigentlich. 1) Überhaupt, ein geringeres Maß der Ausdehnung habend, als ein anderes Ding, oder als gewöhnlich ist. Die Schweiz ist kleiner als Deutschland, Europa ist kleiner als Asien. Europa ist der kleinste Welttheil. Eine kleine Stadt, ein kleines Dorf. Ein kleines Feld, ein kleiner Wald, ein kleiner Berg. Der kleine Finger, der kleine Zeh, der kleinste. Etwas klein schneiden, in kleine Stücke schneiden. Klein stoßen, klein mahlen, klein reiben, klein machen. Klein machen wird im gemeinen Leben auch figürlich für umbringen, niedermachen, niederhauen gebraucht. Zählt an den Fingern her, wie viel er klein gemacht, Rost. Die kleinen Propheten, dem Umfange des Raumes nach, welchen ihre Schriften in der Bibel einnehmen; im Gegensatze der großen. Der Mensch, die kleine Welt. Klein Asien, klein Pohlen. Ein kleiner Raum. Kleine Vögel, bey den Jägern, alle Vögel, welche kleiner sind als die Zipp- und Weindrossel. Das kleine Weidwerk, welches zur niedern Jagd gehöret. Klein, Geld, im gemeinen Leben, einzelnes Geld, Münze, im Gegensatze des harten, ganzen oder groben Geldes. Auch in Gestalt eines Hauptwortes. Im Kleinen handeln, dem Maße und Gewicht nach, seine Waaren in kleinern Quantitäten verkaufen. Im Kleinen arbeiten, kleine, subtile Arbeit machen. Die Wohnung seines Geistes, sein Körper ist eine ganze Welt im Kleinen, Gel. Ein herrlicher Garten, Den die erfindsame Kunst für ihn ins Kleine gezogen, Zachar. Das Klein oder das Kleine, bey den Fleischern und in den Küchen, die Nebentheile geschlachteter Thiere, das Hasenklein, u. s. f. In der Landwirthschaft werden die Ähren und Stürzel, welche sich von den Garben abgerüttelt haben, oder im Dreschen abgeschlagen worden, das Kleine genannt. Ein kleines kleines Körnchen, in der vertraulichen Sprechart, für sehr klein; im Oberd. winzig klein, puter klein. 2) In engerer Bedeutung. (a) Der Ausdehnung in der Länge nach, in einigen Fällen, für kurz. Kleine Schritte machen. Eine kleine Meile. (b) Der Ausdehnung in der senkrechten Höhe nach. Ein kleiner Baum. Ein kleiner Mensch. Kleine Leute. Klein von Person, von Statur. Ein kleines Männchen, sehr kleines. (c) Der Dicke nach, für dünn, fein, zart, subtil, im Gegensatze des grob; doch nur in einigen Fällen, und zwar am häufigsten im Niederdeutschen. Kleines Brot, im Nieders. für feines Brot. Kleinnes Garn, kleine Leinwand, klein spinnen, für fein. Kleiner Draht, dünner, feiner Draht, ( S. Kleindrahtzieher, Kleinod, Kleinschmid.) Haarklein, so zart wie ein Haar. Im Schwedischen in dieser Bedeutung gleichfalls klen. Im figürlichen, aber nunmehr veralteten Verstande, für subtil, scharfsinnig, kommt es oft bey dem Ottfried. vor. 2. Figürlich. 1) Unerwachsen. Kleine Kinder haben. Die Kleinen d. i. die kleinen unerzogenen Kinder. Etwas Kleines haben, oder bekommen, von einem Kinde entbunden werden. Von klein auf, von Kleinen auf, von Kindheit an. Die sah von kleinen auf immer einem Affen ähnlicher als wie ihnen, Weiße. 2) Der Zeit, der Dauer nach; nur in einigen Fällen, für kurz. Eine kleine Stunde, im Gegensatze einer starken. Eine kleine Zeit, eine kleine Weile, eine kleiner Augenblick. Vor einer kleinen Weile. Das biblische über ein Kleines Joh. 15, 16, für in kurzer Zeit, ist im Deutschen ungewöhnlich. 3) Der Zahl, der Menge nach, aus wenig Theilen oder einzelnen Dingen bestehend. Eine kleine Anzahl. Ein kleines Gefolge haben. Eine kleine Summe Geldes. Ein kleiner Vorrath von Obst. Das kleine Hundert, das kleine Tausend, im Gegensatze des großen Hundert, des großen Tausend, ( S. Groß.) Der kleine, kleinere oder engere Rath, im Gegensatze des größern. Ingleichen als ein Nebenwort mit dem unabänderlichen Beyworte wenig. Ein klein wenig Geduld. Er befindet sich ein klein wenig besser. Gib mir ein klein wenig davon. 4) Der Beschaffenheit nach, wenig Grade der innern Stärke habend. Eine kleine Freude. Ich wollte ihnen gern ein kleines Vergnügen machen. Ein kleiner Verlust. Ein kleines Lob. Ein kleines Glück. Ein kleiner Gelehrter, ein kleiner Mahler, der wenig Fähigkeiten besitzt. Ein kleines Licht. Ein kleiner Gewinn. Ein kleines Geschenk. Ein kleiner Stolz kämpft noch mit deiner Zärtlichkeit, Gell. ( S. Kleingläubig, Kleinmuth.) So wie groß im entgegen gesetzten Verstande in dieser Bedeutung nicht ohne Einschränkung gebraucht werden kann, so gilt dieses auch von dem Worte klein, indem in manchen Fällen nur allein schwach, geringe u. s. f. üblich sind. 5) Der Wichtigkeit, der Menge und Beschaffenheit der Folgen, dem Werthe nach, und darin gegründet. Kleine Leidenschaften, kleine Tugenden, kleine Laster, welche von wenigen und geringen Folgen sind. Ein kleiner Verstand. Kleine Gefälligkeiten. Der Kinder kleine "Zwiste" schlichten. Kleine Begebenheiten. Einen kleinen Anfang machen. Ein kleiner Stolz, der sich auf geringe, unerhebliche Vorzüge gründet. Ich habe eine kleine Bitte an sie. Kleine Seelen, welche sich mit kleinen, unerheblichen Dingen beschäftigen. Der kleine Krieg, der bloß durch streifende Parteyen und unter denselben geführet wird. Das gehet sehr in das Kleine. Wer das Kleine nicht begehrt, ist des Großen nicht werth. Im Kleinen treu seyn. 6) Dem Vorzuge vor der Menge nach. (a) Dem äußern Stande, der Würde nach, im Gegensatze des groß; wo es doch nur selten für geringe gebraucht wird. Die Großen und Kleinen, die Vornehmen und Geringen. (b) Den innern Vorzügen, den innern Eigenschaften nach. Klein denken, sich in seiner Art zu denken noch nicht der gewöhnlichen nähern. Ein kleiner Geist, eine kleine Seele. Da diese kleine Furcht steht Männern gar nicht an, Weiße. (c) Nach einer noch weitern Figur, verächtlich; doch nur in einigen Fällen. Sehr klein von jemanden denken, urtheilen, sprechen. Das Laster denkt darum klein von Gott, weil es keinen Anspruch auf seine Güte wagen darf, Gell. Siehe Verkleinern.

Anm. Bey dem Notker und Willeram chlein, im Schwabenspiegel clain, im Nieders. kleen, im Schwed. klen. Das k ist ein Vorsatz oder vielmehr ein bloßer müßiger Vorschlag. Das Stammwort ist noch in dem Nieders. leen, Angels. laene, hlaene, Engl. lean, mager, und in der Hochdeutschen verkleinernden Endung lein vorhanden. ( S. - Lein.) In den Mundarten gibt es noch verschiedene andere Wörter den Begriff des klein in dessen eigentlichen Bedeutung auszudrucken. Dahin gehören das Oberdeutsche winzig, ( S. Wenig,) das Baierische putzlich, klein und dick, Lat. pusillus, das Nieders. vöge, im Tatian fohe, im Angels. fea, in Engl. few; und das gleichfalls Nieders. lütt, lüttje, lüttik, bey dem Ulphilas leitil, bey den ältern Oberdeutschen lutzel, lüzzel, im Angels. lyt, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es kann dieses Beywort in der eigentlichen Bedeutung, so wie groß, mit allen Beschaffenheitswörtern zusammen gesetzet werden, in welchen die Sache es verstattet, selbst mit solchen, welche außer der Zusammensetzung nicht üblich sind; kleinährig, kleine Ähren habend, kleinblümig, kleine Blumen habend, kleinblätterig, kleinsamig, kleinäugig, kleinfüßig, kleinköpfig, und tausend andere mehr, deren Anführung hier wohl niemand erwarten wird.


Kleinbänker (W3) [Adelung]


Der Kleinbänker, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten ein Handwerker, besonders ein Bäcker, welcher seine Waare nur in einer kleinen öffentlichen Bank feil haben darf; zum Unterschiede von einem Großbänker.


Kleinbauer (W3) [Adelung]


Der Kleinbauer, des -s, plur. die -n, an einigen Orten, ein Hinterfaß oder Halbbauer, zum Unterschiede von einem Großbauer. S. Bauer.


Kleinbinder (W3) [Adelung]


Der Kleinbinder, des -s, plur. ut nom. sing. ein Faßbinder Böltischer, welcher nur kleine Arbeiten verfertiget, im Würtenbergischen ein Kübler, an andern Orten ein Weißbin- der oder Rothbinder, zum Unterschiede von einem Großbinder, Küfner oder Schwarzbinder.


Kleinbraune (W3) [Adelung]


Der Kleinbraune, des -n, plur. inus. in dem Weinbaue Meißens, eine Art Weines, dessen süße Trauben von leberbrauner Farbe sind, welcher unter die besten Arten gehöret, und im Würtembergischen der Ruhländer genannt wird.


Kleine (W3) [Adelung]


* Die Kleine, plur. inus. Das Abstractum des Wortes klein, in seinen eigentlichen Bedeutungen. Die Kleine des Gartens, einer Person u. s. f. Ob es gleich nach dem Muster des Wartes Größe gebildet ist, so ist es doch wenig gangbar, weil Kleinheit dafür üblicher ist. Bey dem Ottfried sind Kleini im figürlichen Verstande tiefsinnige, spitzfündige Gedanken.


Kleinen (W3) [Adelung]


Kleinen, verb. reg. act. klein schlagen; ein nur im Bergbaue übliches Wort. Die Gänge kleinen, das in den Gängen gebrochene Erz kleiner schlagen. Von dem Comparativo ist kleinern im figürlichen Verstande, in dem zusammen gesetzten verkleinern üblich, w. S.


Kleinenke (W3) [Adelung]


Der Kleinenke, des -n, plur. die -n, in der Landwirthschaft Obersachsens, auf starken Landgütern, wo sechs oder mehr Pferde gehalten werden, ein Pferde- oder Ackerknecht, welcher auf den Mittelenken, oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, auf den Großenken folget, und an andern Orten der Kleinknecht, Unterknecht, im Nieders. Swöpenknecht, Swöpenjunge, Swöpker, von Swöpe, eine Peitsche, genannt wird. S. Enke.


Kleinfränkische (W3) [Adelung]


Der Kleinfränkische, des -n, plur. inus. in Meißen, eine Art Weinstöcke, welche Churfürst Johann Georg I. aus Franken einführen ließ; zum Unterschiede von dem Großfränkischen.


Kleinfügig (W3) [Adelung]


Kleinfügig, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Klein, in der eigentlichen Bedeutung dieses Wortes; in welchem Verstande im Oberdeutschen auch das Hauptwort die Kleinfüge üblich ist. Die Vogtey ist wegen ihrer Kleinfüge einer andern einverleibt worden, Bluntschli. 2) Im figürlichen Verstande, klein, dem Werthe, der Wichtigkeit nach, gering, unerheblich. Siehe Geringfügig.


Kleinfügigkeit (W3) [Adelung]


Die Kleinfügigkeit, plur. inus. die Unerheblichkeit, kleine, geringe Beschaffenheit eines Dinges, in Ansehung seines Werthes und seiner Folgen.


Kleingärtner (W3) [Adelung]


Der Kleingärtner, des -s, plur. ut nom. sing. in Obersachsen, eine Art Gärtner, d. i. mit einem Garten versehener Häusler, deren Garten weniger als ein - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Hufe beträgt; zum Unterschiede von den Großgärtnern.


Kleingedackt (W3) [Adelung]


Kleingedackt, S. Gedackt.


Kleingläubig (W3) [Adelung]


Kleingläubig, -er, -ste, adj. et adv. in der Deutschen Bibel und biblischen Schreibart, einen kleinen, d. i. schwachen, Glauben habend, und darin gegründet. So auch die Kleingläubigkeit, plur. inus. S. Klein 2. 4)


Kleingut (W3) [Adelung]


Das Kleingut, des -es, plur. inus. in den Stückgießereyen, eine oder mehrere Kanonen, welche am Boden über dem Zündloche nicht die gehörige Dicke haben, und daher nicht vollgültig ist.


Kleinheit (W3) [Adelung]


Die Kleinheit, plur. inus. das Abstractum des Beywortes klein, in seiner eigentlichen Bedeutung, welches für Kleine üblich ist, die Eigenschaft eines Dinges, da es seiner Ausdehnung nach weniger Raum einnimmt, als ein anderes. Die Kleinheit eines Sandkornes. Die unbegreifliche Kleinheit mancher Insecten.


Kleinigkeit (W3) [Adelung]


Die Kleinigkeit, plur. die -en, ein kleines, d. i. unerhebliches, unwichtiges Ding, in der 4ten und 5ten figürlichen Bedeutung des Wortes klein. Zehen Thaler sind ihm eine Kleinigkeit. Sich über eine Kleinigkeit veruneinigen. Man mag gerne, wie Montagne sagt, große Männer bey Kleinigkeiten belauschen. Angenehme Kleinigkeiten, welche an sich nichts bedeuten, und dennoch in dem Umgange der Welt so erheblich und so nöthig sind.


Kleinjährig (W3) [Adelung]


Kleinjährig, -er, -ste, adj. et adv. im Forstwesen, kleine, d. i. dünne, schwache Jahre, oder Zeichen des Jahrwuchses habend; im Gegensatze des Grobjährig. S. Jahr.


Kleinklieber (W3) [Adelung]


Der Kleinklieber, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Böttchern, derjenige, welcher das Holz mit Keilen kleiner spaltet; von klieben, spalten.


Kleinknecht (W3) [Adelung]


Der Kleinknecht, des -es, plur. die -e, S. Kleinenke. In den Schäfereyen ist der Kleinknecht derjenige, welcher das Zeitvieh hüthet.


Kleinkohle (W3) [Adelung]


Die Kleinkohle, plur. die -n, S. Grubenkohle.


Kleinlaut (W3) [Adelung]


Kleinlaut, -er, -este, adj. et adv. einen kleinen, d. i. schwachen Laut von sich gebend. Es wird nur im gemeinen Leben im figürlichen Verstande gebraucht. Kleinlaut seyn, niedergeschlagen. Kleinlaut werden, seinen Kleinmuth durch Worte und Töne verrathen; ingleichen, in seinem Trotze, in seinem Stolze nachlassen.


Kleinlich (W3) [Adelung]


Kleinlich, adj. et adv. ein wenig klein, in der eigentlichen Bedeutung dieses Wortes, zart, schmächtig. Ein kleinliches Kind. Im Oberd. kleisper, vermuthlich für kleinbar, kleinsbar, im Nieders. kleenlik, kneenlik, kleensen.


Kleinmeister (W3) [Adelung]


* Der Kleinmeister, des -s, plur. ut nom. sing. eine ungeschickte Übersetzung des Franz. Petit maitre, wofür andere das erträglichere süßer Herr gebraucht haben.


Kleinmuth (W3) [Adelung]


Die Kleinmuth, plur. inus. 1. Überhaupt, derjenige Zustand des Gemüthes, wo man die gehörige Mäßigung so wohl der Furcht, als auch der Traurigkeit unterlässet; im Gegensatze der Großmuth in weiterer Bedeutung. Viele Kleinmuth zeigen, an den Tag legen. Sich der Kleinmuth überlassen. In engerer Bedeutung, die Fertigkeit dieser Gesinnung; die Kleinmüthigkeit. 2. In engerm Zustande. 1) Die Traurigkeit über die Schwierigkeit das Gute zu erhalten. 2) Derjenige Zustand des Gemüthes, da man den gehörigen Widerstand gegen ein bevorstehendes Übel für vergeblich hält, und ihn daher unterlässet; die Zagheit. Die Kleinmuth, welche die Kürze des Lebens in uns wirken muß. Die Kleinmuth wünscht den Tod; er endet ihre Pein; Im Unglück leben kann die Tugend nur allein, Cron.

Anm. Bey dem Kero lutcil Muat, im Angels. Lytelmodnisse, im Schwed. Klenmodighet, im Nieders. Weddermood, Mißmood, welches aber von weiterer Bedeutung ist, S. Mißmuth. Viele gebrauchen es auch im männlichen Geschlechte, der Kleinmuth, S. Muth.


Kleinmüthig (W3) [Adelung]


Kleinmüthig, -er, -ste, adj. et adv. Kleinmuth habend, und darin gegründet, in allen Bedeutungen dieses Wortes.


Kleinmüthigkeit (W3) [Adelung]


Die Kleinmüthigkeit, plur. inus. die Kleinmuth als ein Zustand, eine Fertigkeit betrachtet, wofür auch das kürzere Kleinmuth üblich ist.


Kleinod (W3) [Adelung]


Das Kleinod, des -s, plur. die -e, ein kleines, zartes Ding, im Gegensatze größerer Dinge seiner Art. 1) Überhaupt, wo dieses Wort noch in verschiedenen einzelnen Fällen des gemeinen Lebens vorkommt. So nennen die Fleischer die Nebentheile des geschlachteten Viehes, welches als eine Zulage mit verkauft werden, die Füße, den Kopf, die Kaldaunen und das Geschlinge, die Kleinode, oder Kleinodien. In der Leipziger Ordnung für die Landfleischer von 1774 heißt es: es soll kein Fleischer die Kleinod bey der Bank feil haben, bey Verlust der Kleinod. Im Erzgebirge werden die Gartengewächse das Kleinet, oder das Kleinod genannt, wo das Wort ein Collectivum ist; und in andern Gegenden Obersachsens sind die Kleinete oder Kleinedgärten, Kleinedstücken, diejenigen Felder oder Stücken Felder, welche mit Gartenfrüchten bestellet werden. In noch weiterer Bedeutung wurden ehedem Eyer, Würste, Fleisch und allerley Eßwaaren Kleinet genannt, wovon Haltaus im Gloss. nachgesehen werden kann. 2) * In engerer Bedeutung, kleiner Hausrath, kleine häusliche Werkzeuge; eine veraltete Bedeutung, in welcher in dem Sachsenspiegel Bürsten, Scheren, Spiegel, Kämme, Kleinode genannt werden. In einem andern alten Schriftsteller bey dem Frisch kommen silberne Schüsseln unter dem Nahmen der silbernen Kleinote vor. 3) In noch engerer Bedeutung, ein jedes kostbares kleines Stück dieser Art, so fern es zum Schmucke oder Putze dienet; eine größten Theils gleichfalls veraltete Bedeutung. In der Wapenkunst werden die Helmzierathen, als Kronen, Hüte, Wülste, Küssen, Thiere u. s. f. Kleinode oder Helmkleinode genannt. Bey den ehemaligen Kampf- und Wettspielen führete der angesetzte Preis den Nahmen des Kleinods, er mochte nur bestehen, worin er wollte. Die so in den Schranken laufen, die laufen alle, aber Einer erlanget das Kleinod, 1 Cor. 9, 24. Jage nach dem vorgestecktem Ziel, nach dem Kleinod, Phil. 3, 14. 4) In der engsten Bedeutung werden Edelsteine und aus Edelsteinen oder edlen Metallen verfertigte und zum Schmucke dienende Dinge, das Geschmeide, Kleinode, und im gemeinen Leben Kleinodien genannt. Abrahams Knecht zog hervor güldene und silberne Kleinod und Kleider, 1 Mos. 24, 53. Die güldene Kleinod, die ihr dem Herrn zum Schuldopfer gebt, 1 Sam. 6, 8, 15. Ihr Töchter Israel, weinet über Saul, der euch schmückte mit güldnen Kleinodien an euren Kleidern, 2 Sam. 1, 24. Die Reichs-Kleinodien, die goldene Krone, Zepter u. s. f. Im figürlichen Verstande auch eine kostbare, sehr schätzbare Sache, welche man mit aller Sorgfalt zu erhalten bemühet ist, oder bemühet seyn sollte.

Anm. Ehedem nur Kleinet, Kleinatt, mit dem Tone auf der ersten Sylbe, im Schwed. Kleinod, im Böhm. Klenot, im mittlern Lat. Clenodium, und im mittlern Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Wachter und Frisch glauben, daß die letzte Hälfte die Ableitungssylbe heit sey, welche mit der Zeit in et, im Latein. in odium, und aus diesem im Deutschen wieder in od verwandelt werden. Allein da die Alten wirklich eine Ableitungssylbe, ode hatten, welche die Stelle des heit vertrat, indem Bettelode bey dem Notker mendicitas ist: so ist es wahrscheinlicher, daß aus Kleinod mit der Zeit Kleinet geworden. Od ist ein sehr altes, fast in allen Europäischen Sprachen befindliches Wort, welches überhaupt ein Gut, eine Sache, welche man besitzet, als ein Gut betrachtet, bedeutete, und mit seinen Ableitungen otag, reich, odagan, begabt u. a. m. bey unsern ältesten Schriftstellern häufig vorkommt. Heriotum, Heroetum, bedeutet im mittlern Lat. Kriegsgeräth, Waffen, eigentlich Heergut, Allodium, ein eigenthümliches angeerbtes Gut, Od, Öde, aber im ältern Schwedischen sehr oft den Schatz. Kleinod ist also überhaupt ein jedes kleineres Ding, als ein Gut, eine Waare betrachtet, und in engerer Bedeutung der kleinere Schatz.


Kleinschmid (W3) [Adelung]


Der Kleinschmid, des -s, plur. die -schmiede, eine vornehmlich im Niedersächsischen übliche Benennung eines Schlössers; im Gegensatze eines Grobschmids.


Kleinspeisig (W3) [Adelung]


Kleinspeisig, -er, -ste, adj. et adv. im Bergbaue, aus kleinen glänzenden Würfeln, oder kleinen glänzenden Blättern bestehend; im Gegensatze des grobspeisig. Kleinspeisiger Bleyglanz. Kleinspeisiges Erz. S. Speise.


Kleinstädtisch (W3) [Adelung]


Kleinstädtisch, -er, -te, adj. et adv. der Art kleiner Städte und ihrer Einwohner gemäß. Das ist sehr kleinstädtisch gesprochen. Ein kleinstädtisches gezwungenes Betragen. Thun sie nicht so kleinstädtisch mit mir, Gell.


Kleinvogt (W3) [Adelung]


Der Kleinvogt, des -es, plur. die -vögte, S. Großvogt.


Kleister (W3) [Adelung]


Der Kleister, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. ein kleberiges Verbindungsmittel, doch nur in engerer Bedeutung, ein aus Mehl bereitetes Verbindungsmittel, ein Brey, in so fern er gebraucht wird, zwey Körper an einander zu kleiben. In noch engerer Bedeutung führet zuweilen der aus Stärke oder Stärkmehl gekochte Brey diesen Nahmen, zum Unterschiede von der Pappe, welche aus Rockenmehle gemacht wird. Im Nieders. und Dän. Klister, im Schwed. Klister, im Böhm. Kleystr, bey den ältern Lateinern Glus, nochmahls Gluten, im mittlern Lat. Glis. Es stammet von dem noch im Holländ. üblichen klissen, klessen, kleben, Klesse und Klisse, eine Klette, her, welches wiederum mit Kley, zähe, fettige Erde, kleben, kleiben u. s. f. Eines Geschlechtes ist. Im Nieders. ist Kluster ein Klumpen, eine Masse mehrerer an einander hangender Dinge.


Kleistern (W3) [Adelung]


Kleistern, verb. reg. act. mit einem Kleister befestigen, verbinden, besonders in den Zusammensetzungen ankleistern, aufkleistern, einkleistern, bekleistern, verkleistern. Im Niedersächs. klistern.


Klemm (W3) [Adelung]


Klemm, -er, -ste, adj. et adv. welches im Hochdeutschen für das mehr Oberdeutsche klamm üblich ist. Das Wasser ward klemm, fing an zu mangeln, war schwer zu haben. Das Geld ist hier sehr klemm, schwer zu bekommen und zu erwerben. Geldklemme Zeiten. Wer kehrt sich an die klemmen Zeiten, Wo niemand ohne Richter bleibt? Günth. wo es in noch weiterer Figur für bedrängte, schlechte Zeiten in Ansehung der Sitten, stehet. S. Klamm.


Klemme (W3) [Adelung]


Die Klemme, plur. die -n, 1) Ein Werkzeug, etwas damit zu klemmen. 2) Ein enger Ort, ein enger Paß, wo mehrere durchreisende Personen gleichsam zusammen gedrücket oder geklemmet werden. In die Klemme gerathen. Den Feind in der Klemme haben. Ingleichen nach einer noch weitern Figur, ein bedrängter Zustand, Verlegenheit. In der Klemme seyn, oder sitzen. In die Klemme gerathen. Jemand in die Klemme bringen. Für Mangel, in welchem Verstande Matthesius Klemme an Brot sagt, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich. 3) Ein Krampf der Muskeln bey den Thieren, welcher vornehmlich die Kinnbacken schließt, und am häufigsten die Pferde befällt, wird die Klemme, im Oberd. der Klamm, sonst aber auch die Maulsperre, Mundsperre, Hirschkrankheit, Franz. le Mal de Cerf, genannt. 4) * Im Nieders. bedeutet Klemme auch Kraft und Nachdruck in Worten und Handlungen. Eine Rede, welche keine Klemme hat, keinen Nachdruck.


Klemmen (W3) [Adelung]


Klemmen, verb. reg. act. 1) Sehr drücken. Der Schuh, das Kleid klemmet mich. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, vermittelst zweyer harten Körper von beyden Seiten sehr drücken. Sich klemmen, oder sich den Finger klemmen, mit dem Finger zwischen zwey solche Körper gerathen. Bileams Eselinn drängte sich an die Wand und klemmte Bileam den Fuß an der Wand, 4 Mos. 22, 25. Sprichw. Wer sich zwischen Vettern und Freunde stecket, der klemmet sich. So auch in den Zusammensetzungen abklemmen, einklemmen. In beklemmen ist es auch im figürlichen Verstande üblich.

Anm. Bey dem Winsbeck klemmen, bey dem Hornegk chlamen, im Nieders. gleichfalls klemmen, im Schwed. klaemma. In einem andern aber damit genau verwandten Verstande bedeutete es ehedem auch theils kleben, wie noch das Engl. to clamm, theils mit Klauen oder Haken fest halten. ( S. Klamm, Klammern 2, und Leim, von welchem Worte es durch den vorgesetzten Gaumenlaut gebildet worden. Ehedem wurde es irregulär abgewandelt, welche Form noch in beklommen üblich ist, siehe Beklemmen.


Klemmig (W3) [Adelung]


Klemmig, -er, -ste, adj. et adv. welches nur im Bergbaue für fest üblich ist. Klemmiges Gestein, festes Gestein. Es ist von klammen, so fern es nicht nur drücken, sondern auch verbinden bedeutete. S. Klamm und Klammgällig.


Klemmschlot (W3) [Adelung]


Der Klemmschlot, des -es, plur. die -e, in den Niedersächsischen Torfländern, ein kleiner Wassergraben. Vielleicht von klemm, so fern es enge bedeutet. S. Schlot.


Klempener (W3) [Adelung]


Der Klempener, zusammen gezogen Klempner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Klempnerinn, ein Handwerker, welcher allerley Geschirre und Arbeiten aus weißem oder gelbem Bleche verfertiget, und im Oberd. Klampferer, Spängeler, an andern Orten aber Klimperer, Klipper, Laternmacher, Flaschner, Beckenschläger, Blechschmid genannt wird. An einigen Orten sind diese Handwerker noch von einander unterschieden, und da ist der Klempener in engerer Bedeutung derjenige Handwerker dieser Art, welcher seine Arbeit mit weichem Lothe löthet. Die Nahmen Klempener, Klämperer, Klipper, haben sie von dem Getöse, welches sie durch das Hämmern des Bleches auf dem Amboße machen. S. das folgende.


Klempern (W3) [Adelung]


Klempern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1) Denjenigen wiederhohlten klingenden Schall von sich geben, welchen dieses Zeitwort nachahmet, von welcher Art z. B. derjenige ist, welcher entstehet, wenn man Blech oder dünnes klingendes Metall auf einem Amboße hämmert. 2) Diesen Schall verursachen, hervor bringen. Auf dem Amboße klempern. Figürlich, ungeschickt auf einem Saiten-Instrumente spielen. Den ganzen Tag auf dem Claviere klempern.

Anm. Es wird auch häufig klimpern geschrieben und gesprochen, obgleich dieses eigentlich einen feinern oder höhern Klang dieser Art ausdruckt. Es ist das Iterativum von dem noch im Oberd. üblichen klampen, klempen, welches einen ähnlichen aber nur nicht so oft wiederhohlten Schall nachahmet, und von welchem das vorige Klempener abstammet.


Kleppel (W3) [Adelung]


Der Kleppel, Kleppeln, S. Klöppel, Klöppeln.


Klepper (W3) [Adelung]


Der Klepper, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Im gemeinen Leben, eine Person, welche gern und viel läuft, Fämin. die Klepperinn, Nieders. Klepperske, welches auch in weiterer Bedeutung von einer sehr geschäftigen Person gebraucht wird. ( S. Buschklepper.) 2) In engerm und gewöhnlicherm Verstande, ein Pferd, welches nur zum Laufen gebraucht wird, ein Reitpferd geringerer Art. An Höfen hat man eigene Klepperställe für Pferde dieser Art, welche zu den Verschickungen u. s. f. gebraucht werden.

Anm. In der zweyten Bedeutung im Dän. Kleppert, im Böhm. Kleprlik. Das nächste Stammwort ist noch in dem Nieders. kleppen, laufen, vorhanden, welches so wie das Französ. galopper, wiederum von laufen, Nieders. lopen, abstammet, und eigentlich den Schall nachahmet, welcher durch das schnelle Auftreten auf den Boden verursacht wird, daher auch bey den Römischen Dichtern ein Pferd sonipes genannt wird. Klappen und kleppen sind also genau verwandt. So fern dieses letztere Zeitwort eine Nachahmung des Schalles ist, wird auch der Kirsch- fink an einigen Orten Klepper genannt, weil er durch das Aufbeißen der Kirschkerne einen ähnlichen Schall macht.


Klepperlehen (W3) [Adelung]


Das Klepperlehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein bürgerliches Leben, dessen Besitzer statt der Ritterdienste dem Lehenherren in gewissen Fällen einen Klepper zu dessen Gebrauche halten, oder statt dessen ein bestimmtes Maß Getreide liefern muß, Feudum caballinum. Ein solcher Lehensmann wird ein Kleppermann, und das Pferd, welches er stellen muß; der Lehenklepper genannt.


Klesebusch (W3) [Adelung]


Der Klesebusch, des -es, plur. die -büsche, S. Hülse 2.


Klette (W3) [Adelung]


Die Klette, plur. die -n, ein sich anhängendes Ding, besonders in folgenden Fällen. 1) Eine Art kleiner Vogel, welche zu den Sichelschnäblern gehören, sich mit ihren Krallen an die Bäume hängen und sie solcher Gestalt hinan klettern; Baumklette, Baumgrille, Falcinellus Klein. deren es verschiedene Arten gibt, wohin auch die Purpurklette aus Virginien, Falcinellus Phoeniceus, die blaue Klette oder das Schwarzkelchen, die grünkehlige Klette und andere Arten gehören. Im gemeinen Leben wird dieser Vogel auch Kletterchen, Kletterlein genannt. 2) Der mit Schuppen bedeckte Kelch und die Samenkapsel gewisser Gewächse, deren Schuppen an der Spitze hakenförmig gebogen sind, und sich daher leicht an die Kleider hängen, wenn man ihnen zu nahe kommt; ingleichen diese Pflanzen selbst. Die gemeine Klette, Arctium Lappa L. wovon die große Bergklette, oder Roßklette, eine Unterart ist. Die kleine Klette, Xanthium strumarium L. welche auch Spitzklette genannt wird. Die Leberklette, Agrimonia L. Odermennig, Igelsklette, Echinophora L. Jemanden eine Klette anhängen, ihm etwas Nachtheiliges nachsagen. ( S. Klebeläppchen.) Noch häng ich im die Kletten an, Hans Sachs.

Anm. In der zweyten Bedeutung im Oberdeutschen Kleppe, wovon das Latein. Lappa bloß durch den Mangel des zufälligen Gaumenlautes unterschieden ist, im Nieders. Klive, bey den ältern Franken Cliba, im Angels. Clyfwyrt, Clate, im Engl. Clottburr, im Franz. Glatteron. Woraus zugleich erhellet, daß dieses Wort von kleben nur in dem Ableitungslaute unterschieden ist, und mit seiner ganzen Verwandtschaft zu Klaue. Lab, Leim, u. s. f. gehöret. S. Klettenstange.


Kletten (W3) [Adelung]


Kletten, verb. reg. act. bey den Tuchwebern, die Wolle zersasern und das Unreine auslesen und abschneiden. Daher der Kletter, oder die Kletterinn, eine Person, welche diese Arbeit verrichtet. Es gehöret mit zu dem Geschlechte des vorigen Wortes, zunächst aber zu dem Zeitworte klauben.


Klettenkerbel (W3) [Adelung]


Der Klettenkerbel, des -s, plur. inus. 1) Eine Art des Kerbels, dessen eyförmiger Samen mit steifen Borsten besetzt ist, daher sich derselbe wie eine Klette anhänget; Scandix Anthriscus L. 2) Eine Pflanze, deren Frucht gleichfalls mit steifen Borsten besetzt ist; Caucalis L. Bettlersläuse, Feldklette.


Klettenstange (W3) [Adelung]


Die Klettenstange, plur. die -n, bey den Vogelstellern, eine lange Stange, an welcher die Leimspindeln oder Leimruthen befestiget werden. Gleichfalls von kleben, für Klebestange, siehe Klette.


Kletter (W3) [Adelung]


Die Kletter, S. Kletten.


Kletterfuß (W3) [Adelung]


Der Kletterfuß, des -es, plur. die -füße, ein zum Klettern eingerichteter Fuß, dergleichen die Spechte und verschiedene andere Vögel haben, welche mit zwey Klauen hinten, und eben so vielen vorn versehen sind.


Klettern (W3) [Adelung]


Klettern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich mit den Klauen einhängen, oder mit den Händen und Füßen unmittelbar an einen senkrechten oder fast senkrechten Körper anhalten, und auf diese Art sich an demselben fortbewegen. So klettern die Katzen, die Affen, die Bären u. s. f. die Wände, die Dächer, die Bäume hinan. Die Spechte, Stieglitze, Baumkletten und andere Vögel klettern gleichfalls. Auch der Mensch klettert in vielen Fällen. Auf dem Dache herum klettern. Und Jonathan kletterte mit Händen und Füßen (den Berg) hinauf, und sein Waffenträger ihm nach, Sam. 14, 13. Wer heißt oft groß? der schnell nach Ehren klettert, Den Kühnheit hebt, die Höhe schwindlig macht, Haged.

Anm. Im Österreichischen krechzeln, krachzeln, in Baiern kräxen, welche zunächst von kriechen abstammen, in Franken klepern, welches das Frequentativum von kleiben, kleben ist, im Nieders. klauen, von Klaue, klavvern, klattern, kleggen, im Dän. kravele, klavre, im Schwed. klettra. Die meisten dieser Wörter sind genau mit einander verwandt und nur in den Ableitungslauten verschieden. Das Anhäkeln mit den Klauen, und Anhalten mit den Händen und Füßen ist der herrschende Begriff in denselben. Übrigens ist klettern ein Frequentativum, dessen Stammwort kletten noch hin und wieder im Oberdeutschen gangbar ist. In der höhern Schreibart ist dafür klimmen üblich. S. Klette, Klaue, Kleben, Leiter u. s. f.


Kletterstange (W3) [Adelung]


Die Kletterstange, plur. die -n, auf dem Lande einiger Gegenden, ein bäuerisches Spiel, wo die jungen Leute um einen ausgesetzten Preis eine aufgerichtete lange hohe Stange hinan klettern.


Kleuder (W3) [Adelung]


Der Kleuder, des -s, plur. ut nom. sing. ein in Hessen übliches Gewicht, nach welchem die Wolle gewogen wird, und welches so viel als ein Stein ist, indem es 21 Pfund hält. Es scheinet zu den Nieders. Klood, Kloot, ein Hause, ein Kloß, eine Kugel, zu gehören. S. Kloß.


Kley (W3) [Adelung]


Der Kley, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein in der Landwirthschaft, besonders Nieder-Deutschlandes übliches Wort, eine kleberige Erde zu bezeichnen. 1) In Hamburg und Dithmarsen wird der Schlamm oder Koth Kley genannt. Er hat Kley unter den Füßen, sagt man daselbst figürlich von jemanden, der viele Landgüter hat. 2) An andern Orten ist der Thon, Letten oder Lehm, ja fast eine jede fette und dabey zähe Erdart, besonders aber der Märgel, unter dem Nahmen des Kleyes bekannt. Nieders. auch Klegg, im Wallis. Clai, Holl. Kley. Im Engl. ist Clay Märgel und Thon überhaupt. Im Pohln. ist Kley der Lehm. Der Begriff des Klebens, der zähen Fertigkeit, ist der herrschende in diesem Worte, daher es mit den Wörtern kleben, Lehm, Letten, Klette, Kleister u. s. f. Eines Geschlechtes ist. Im Böhm. ist Kly Bergharz, und Klyh Leim.


Kleyacker (W3) [Adelung]


Der Kleyacker, des -s, plur. die -äcker, ein aus Kley, oder Kleyerde bestehender Acker.


Kleybalken (W3) [Adelung]


Der Kleybalken, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Schleusenbaue Niedersachsens, die unter dem Boden über dem ersten Grundbalken gelegten Balken, zwischen welche gute Kleyerde eingestampfet wird.


Kleye (W3) [Adelung]


Die Kleye, plur. von mehrern Arten, die -n, an einigen Orten auch nur im Plural allein, die Kleyen, die klein gemahlnen und vermittelst des Beutels von dem Mehle abgesonderten Bälge des Getreides. Weitzenkleye, Rockenkleye, Gerstenkleye.

Anm. In den Florentinischen Glossen Chlia, in den Monseeischen Glossen Cliuva, im Schwed. Kli. Es scheinet von klieben abzustammen, so fern dasselbe ehedem überhaupt zermalmen bedeutet hat. Das Oberdeutsche Grüsch, Grusch, in den Florentinischen Glossen Cruso, Ital. Crusca, Franz. Gru, und Nieders. Grand, welches letztere in engerer Bedeutung feine Weitzenkleye bedeutet, haben einen ähnlichen Ursprung. S. Gries Anm.


Kleyen (W3) [Adelung]


* Kleyen, verb. reg. act. ein nur in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens, übliches Wort. 1) Kratzen; Hochdeutsch krauen, Engl. to claw. 2) Ungeschickt, schlecht schreiben, im verächtlichen Verstande; Hochdeutsch kratzen. ( S. Kladde.) 3) Ausgraben, eilfertig graben, besonders im Dithmarsischen. Einen Graben kleyen, machen, auswerfen. Eben daselbst ist inkleyen einscharren, eingraben, umkleyen, umgraben, upkleyen aufwühlen u. s. f.


Kleyenbier (W3) [Adelung]


Das Kleyenbier, des -es, plur. inus. ein schlechter aus bloßer Kleye bereiteter Kofent, welcher aber angenehm zu trinken ist; Kleyenkofent, in Nieder-Deutschland Scharbier.


Kleyenbrot (W3) [Adelung]


Das Kleyenbrot, des -es, plur. inus. schlechtes aus Kleye gebackenes Brot, dergleichen besonders für die Hunde gebacken wird.


Kleyerde (W3) [Adelung]


Die Kleyerde, plur. von mehrern Arten, die -n, in der Landwirthschaft, besonders Niedersachsens, eine zähe und fette Erde, dergleichen die Märgelerde, Thonerde, der Letten und Lehm sind. S. der Kley.


Kleyig (W3) [Adelung]


1. Kleyig, -er, -ste, adj. et adv. in Niedersachsen, Kley, d. i. eine fette, zähe Erde enthaltend. Ein kleyiger Boden. Kleyicht würde nur bedeuten, dem Kleye ähnlich. S. der Kley.


Kleyig (W3) [Adelung]


2. Kleyig, adj. et adv. Kleye enthaltend. Kleyiges Brot. S. die Kleye.


Kleyland (W3) [Adelung]


Das Kleyland, des -es, plur. die -länder, im Nieders. ein Land, d. i. Stück Feldes, welches aus Kley, oder zäher fetter Erde bestehet. Ingleichen ohne Plural, ein Boden, welcher aus Kley oder Kleyerde bestehet. S. der Kley.


Klicken (W3) [Adelung]


Klicken, verb. reg. act. im gemeinen Leben, einen zähen Körper in kleinen Stücken werfen oder anwerfen. Lehm klicken, den zubereiteten Lehm in kleinen Klumpen anwerfen, daher die Kleiber an einigen Orten auch Lehmklicker heißen. Von einem schlechten Gemählde, wo die Farben gleichsam nur hingeworfen sind, sagt man; es ist nicht gemahlt, es ist nur geklickt. Klick, klicks druckt eigentlich einen feinern und kleinern Schall aus, als klack, kleck und klecken, S. diese Wörter. Im Nieders. ist Klicks, ein Klecks, und in weiterer Bedeutung, ein Bißchen eines zähen Körpers, z. B. ein Klicks Butter, und figürlich auch ein Bißchen einer jeden andern Sache. Im Schwed. wird klicka so wohl von dem fruchtlosen Abbrennen des Zündpulvers auf der Pfanne, als auch von dem Klange kleiner Glocken gebraucht.


Kliebeisen (W3) [Adelung]


Das Kliebeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Böttchern, ein breites dickes Messer, das Holz zu ihren Arbeiten damit zu klieben oder zu spalten; die Spaltklinge.


Klieben (W3) [Adelung]


Klieben, verb. irreg. Imperf. ich klob; Mittelw. gekloben; welches in doppelter Gestalt üblich ist, aber in beyden am häufigsten im Oberdeutschen vorkommt. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, einen Spalt bekommen, sich spalten; im Oberd. auch klaffen. Das Holz ist gekloben; wofür auch das Reciprocum sich klieben üblich ist. 2) Als ein Activum, spalten. Holz klieben, Holz spalten. Bey dem Ottfried Clouban, im Nieders. klöben, im Angels. cleafan, cleofan, im Engl. to cleave, im Schwed. klyfwa; im Wendischen mit einem andern Ableitungslaute klat, im Franz. eclater. Im Hochdeutschen ist dafür spalten üblicher, obgleich die abgeleiteten Klaue, Kloben, Kluft u. a. m. auch bey uns völlig gangbar sind. ( S. diese Wörter.) Im Schwed. ist klippa schneiden, scheren, beschneiden. Im Grunde wird durch alle diese Wörter der Schall nachgeahmet, den die Körper machen, wenn sie gespalten werden.


Kliebig (W3) [Adelung]


Kliebig, -er, -ste, adj. et adv. im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes, was sich leicht klieben oder spalten lässet. Kliebiges Holz.


Klima (W3) [Adelung]


Das Klima, plur. ut nom. sing. oder die Klimata, aus dem Griech. und Lat. Clima, in der Geographie, ein Theil der Erdkugel, welcher zwischen zwey mit dem Äquator parallel gehenden Zirkeln lieget, besonders in Ansehung der Witterung; der Erdstrich, Himmelsstrich, Erdgürtel, und mit einem andern Griech. Worte, die Zone. In weiterer Bedeutung auch wohl eine jede Himmelsgegend in Ansehung der Witterung in derselben, ohne Rücksicht auf die geographische Breite.


Klimmen (W3) [Adelung]


Klimmen, verb. reg. et irreg. neutr. welches im letztern Falle im Imperf. ich klomm, und im Mittelw. geklommen hat. Es bekommt das Hülfswort seyn, und wird im Oberdeutschen und in der höhern und dichterischen Schreibart der Hochdeutschen für klettern gebraucht. Du kommest schnell den Baum hinauf, Geßn. Der klimmt auf einen jähen Und spitzen Felsen hin, Opitz. Auch in weiterer Bedeutung, für mühsam steigen, ja auch wohl für steigen überhaupt. Die Kühnheit, Mit der ich zu schwindelnden Pfaden geklimmt, Zachar. Klimm ich zu der Tugend Tempel Matt den steilen Pfad hinauf, Raml. Wenn die getrübte Fluth bis an die Wolken klimmt, Opitz.

Anm. Im Nieders. klemmen, im Angels. climan und climban, im Engl. to climb, im Schwed. klaenga. Das Oberdeutsche klimsen, die Niederdeutschen klemmern, klempern, und das Engl. to clamber, sind Frequentativa oder Intensiva davon. Es wird mit diesem Worte, so wie mit klettern, eigentlich auf das Einhaken der Nägel an Händen und Füßen, oder auf das Anhalten mit den Händen und Füßen gesehen. ( S. Klamm und Klammer.) Zum Geschlechte dieses Wortes gehöret noch das Nieders. Klamp, ein Steg über einen Graben, das Franz. grimper, klettern, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Staffel in einer Leiter, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Leiter. In vielen Oberdeutschen Gegenden geht es regulär; dagegen es in einigen im Imperf. statt klomm, auch klamm, und statt geklommen, geklammen lautet.


Klimpern (W3) [Adelung]


Klimpern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, und eine etwas feinere oder kleinere Art eines tönenden Schalles als klempern ausdruckt, S. dieses Wort. Es bedeutet sowohl diesen Schall von sich geben, als denselben hervor bringen. Mit dem Gelde in der Tasche klimpern. Auf dem Claviere klimpern, schlecht spielen.


Klinge (W3) [Adelung]


1. Die Klinge, plur. die -n, ein Wort, welches sowohl den Begriff der Erhöhung, als auch den damit verwandten Begriff der Vertiefung hat. 1) Der Höhe, in welchem Verstande es noch hin und wieder einen Hügel bedeutet, besonders in den eigenthümlichen Nahmen mancher Örter, Kaltenklingen, Klingenau u. s. f. Schon bey dem Ulphilas ist Hlaina, im Schwed. Klint, Klett, und im Isländ. Klettur, ein Berg, Hügel; wohl nicht von klettern, klimmen, Schwed. klaenga, weil man solche Örter hinan klettern muß, sondern ohne Zweifel, so fern alle diese Wörter den Begriff der Verbindung haben, eine Masse mehrerer mit einander verbundener Theile zu bezeichnen. ( S. Klunker.) 2) Der langen Vertiefung. Ein enges zwischen Bergen gelegenes Thal; besonders im Oberdeutschen. Das Schloß liegt auf einem Horn des Berges Blauen, da kommt man durch tiefe Klingen, Wurstisen bey dem Frisch. Um Mittag kamen wir auf Höhen und hatten unter uns eine fast tiefe und enge Klinge, Felix Faber, eben das. Gebirg, Klingen und wüste Wälder, Hans Sachs. Ein Bach heißt bey dem Ottfried im männlichen Geschlechte ein Klingo, bey dem Notker aber im weiblichen Chlinga. Die von starken Regengüssen ausgerissenen Vertiefungen, besonders an abhängigen Orten, heißen im Oberdeutschen Klingen, an andern Orten Schluchten. Die kleinen flachen Kanäle fließenden Wassers, worin die Brunnkresse erzeuget wird, sind in Thüringen unter dem Nahmen der Klingen oder der Klinkern bekannt, und in Franken heißen die Gräben, welche das Wasser aus den Weinbergen ableiten, Klingen. Im Nieders. ist Klinke eine Falte in der leinenen Wäsche, ingleichen ein winkeliger Schnitt oder Riß, Klinkenmauern in Falten gelegte Ärmel, klingen, klinken, einklinken, in Falten legen. Es scheinet in dieser Bedeutung mit dem Worte Klinse, Klunse, eine Spalte, ein Riß, von klieben oder klaffen abzustammen; wo es nicht vielmehr unmittelbar zu dem vorigen Worte gehöret, indem die meisten Wörter, welche eine Höhe bezeichnen, auch eine Tiefe bedeuten; wie Wall und Vallis, Bak, Deich und Teich, Damm, Kimme, Katze und viele andere mehr.


Klinge (W3) [Adelung]


2. Die Klinge, plur. die -n, ein Wort, welches überhaupt den Begriff eines langen, vorn spitz zulaufenden dünnen Körpers zu haben scheinet, aber nur noch in engerm Verstande den eisernen oder stählernen eigentlich schneidenden oder stechenden Theil eines Messers, aller Arten der Degen und Schwerter, der Sensen, Futtermesser und anderer ähnlicher Werkzeuge mehr bezeichnet, im Gegensatze des Gefäßes, Heftes oder Stieles. Die Messerklinge, Degenklinge, Rappierklinge, Dolchklinge, Säbelklinge, Sensenklinge, Futterklinge u. s. f. In engerer Bedeutung die Klinge eines Degens. Daher die figürlichen R. A. Jemand vor die Klinge fordern, ihn zum Zweykampfe auffordern. Eine Sache mit der Klinge, durch die Klinge entscheiden. Über die Klinge springen lassen, niederhauen, im Kriege. Nicht bey der Klinge bleiben, nicht bey der Sache bleiben, die Streitfrage verändern. Die Stoßklinge, Hohlklinge, Schilfsklinge, Wolfsklinge. Figürlich führet in Thüringen ein länglich ovales Stück Feldes, welches einer gewöhnlichen Messerklinge gleicht, den Nahmen der Klinge.

Anm. Im Holländ. Klinge, Klinke, im Schwed. Klinga. Die gemeinste Meinung leitet es von klingen her, wegen des klingenden Geräusches, welches die Degenklingen in einem Gefechte machen. ( S. Klinke,) welches mit diesem Worte verwandt ist. Die Niedersachsen gebrauchen von einem Messer dafür Lämmel, Lemmel, Holländ. Lemmer, Lat. Lamella, Lamina, Franz. Lame, Allumelle, bey den Schwäbischen Dichtern Lambel, Lamel.


Klingel (W3) [Adelung]


Die Klingel, plur. die -n, ein kleines metallenes Glöckchen, andern damit ein gewisses Zeichen zu geben.


Klingelbeutel (W3) [Adelung]


Der Klingelbeutel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Beutel mit einem langen Stiele und einer Schelle, dessen man sich in den Kirchen bedienet, freywillige Gaben darein zu sammeln; der Klingelsack, im Oberd. das Cymbelsäckel. Mit dem Klingelbeutel gehen, denselben in der Kirche herum tragen. Die denselben herum tragen, werden auf dem Lande Klingelmänner, in Städten aber, besonders wenn es angesehene Personen sind, Klingelherren genannt.


Klingelmöhre (W3) [Adelung]


Die Klingelmöhre, S. Zuckerwurzel.


Klingeln (W3) [Adelung]


Klingeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das Iterativum und zugleich Diminutivum von klingen ist, vermittelst kleiner klingender Werkzeuge einen wiederhohlten Klang hervor bringen. Besonders vermittelst kleiner Glocken oder Schellen. An der Thür klingeln, vor der Thür stehen und an den Glöckchen ziehen, damit die Thür geöffnet werde; an andern Orten schellen. Einem klingeln, ihm mit der Klingel, oder einer kleinen Glocke ein Zeichen geben, daß er kommen soll. Ihre Mutter hat mir geklingelt, Weiße. Im Nieders. pingeln, im Engl. to gingle.


Klingelsack (W3) [Adelung]


Der Klingelsack, des -es, plur. die -säcke, S. Klingelbeutel.


Klingen (W3) [Adelung]


Klingen, verb. neutr. welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, und in doppelter Gestalt üblich ist. 1. Als ein irreguläres Zeitwort, Imperf. ich klang, (im gemeinen Leben ich klung,) Conjunct. ich klänge; Mittelw. geklungen; denjenigen tönenden, d. i. anhaltenden, gemeiniglich angenehmen Laut von sich geben, welchen dieses Zeitwort als eine Onomatopöie ausdruckt, und welcher durch die zitternde Bewegung entstehet, welchen harte elastische Körper, wenn sie geschlagen werden, der Luft mittheilen. 1) Eigentlich. Gespannte Saiten, Glocken, dünne Stücke gewisser Metalle klingen wenn sie geschlagen werden. Und hieng viel goldene Schellen und Knäufe umher an ihn, daß es klünge, (klänge,) wenn er aus- und eingienge, Sir. 45, 11. Ein tönend Erz oder eine klingende Schelle, 1 Cor. 13, 1. Wie die Saiten auf dem Psalter durch einander klingen, Weish. 19, 17. Mit klingendem Spiele ausziehen, von Soldaten, wenn sie unter dem Schalle der Trommeln, und unter dem Klange der Feld-Musik ausziehen. Das Geld klinget, wenn es in einer schwebenden Lage ist, und man darauf schläget. Die Ohren klingen mir, das Klingen der Ohren, wenn man ein Klingen in denselben empfindet. In weiterer Bedeutung zuweilen auch von solchen Instrumenten, welche mit einem Schalle klingen. Die Trompete, die Posaune klinget. Wenn die Dromete klinget, Hiob, 39, 25; wo man doch lieber das Wort schallen gebraucht, außer daß von der Beschaffenheit des schallenden Lautes auch das Hauptwort Klang üblich ist. Die Trompete hat einen guten, einen schlechten Klang. Aber von dem Schwerte, ich will das Schwert lassen klingen, Ezech. 21, 15, und von dem Köcher, wenn gleich der Köcher klinget, Hiob 39, 23, ist es eine harte Figur. 2) Figürlich. (a) Durch das Gehör empfunden werden, von Worten und Ausdrücken, doch nur in Ansehung der Art und Weise. Die Deutsche Sprache klingt vielen Ausländern rauh und fürchterlich. (b) Dem Inhalte nach, dem Verstande nach; in welcher Bedeutung auch lauten gebraucht wird. Was deine Schwester sagt, klingt anders, Gell. Euer Lob klingt nicht fein! Was sie sagen klingt in jeder Sprache schön, Gell. Alle meine Ermahnungen klingen ihm hofmeisterlich. Diese Frage klingt befremdend. 2. Als ein reguläres Zeitwort, einen Klang hervor bringen. Mit den Gläsern klingen. Heman - waren Sänger, mit ehernen Cymbeln helle zu klingen, 1 Chron. 16, 19; in welchem Verstande es doch ungewöhnlich ist, indem von dem bloßen Rühren kleiner Glocken klingeln, von dem Hervorbringen harmonischer Töne aber spielen üblicher ist. Eben dieses gilt von der Stelle, Kap. 17, 42; mit Drometen und Cymbeln zu klingen und mit Saitenspielen Gottes.

Anm. In dem alten Gedichte auf Carls Feldzug bey dem Schilter clingen, im Imperf. in dem Gedichte auf den heil. Anno clung, im Nieders. gleichfalls klingen, im Schwed. klinga, im Engl. to clink und clank, im Böhm. klinkati, im Lat. clangere, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und ohne Gaumenlaut - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Kling, Klang sind Nachahmungen dieser Art des Lautes selbst, wo die Selbstlaute i und a den feinen oder tiefern Ton, der Nasenlaut ng aber das anhaltend Tönende ausdruckt.


Klingenmöhre (W3) [Adelung]


Die Klingenmöhre, plur. die -n, S. Zuckerwurzel.


Klingenschmid (W3) [Adelung]


Der Klingenschmid, des -s, plur. die -schmiede, in den Gewehr-Fabriken, ein Schmid, welcher die Degen- und Säbelklingen verfertiget. Bey den Messerschmieden führen diejenigen Arbeiter, welche die Klingen zu den Messern verfertigen, den Nahmen der Klingenschmiede, zum Unterschiede von den Beschalern.


Klinger (W3) [Adelung]


Der Klinger, S. Klinker.


Klinggedicht (W3) [Adelung]


Das Klinggedicht, des -es, plur. die -e, eine ungewöhnlich gewordene und aus dem Holländischen entlehnte Benennung eines Sonnettes. S. Sonnett.


Klinke (W3) [Adelung]


Die Klinke, plur. die -n, überhaupt, ein jedes Werkzeug, welches mit einem Klange oder Schalle niederfällt und dadurch etwas verschließet; doch nur noch in engerer Bedeutung ein fallender Riegel an einer Thür, welcher in den Klinkhaken greifet, und die Thür dadurch zumacht, ein am Ende um einen Punct beweglicher Riegel. Daher aufklinken, die Klinke aufheben, und dadurch die Thür öffnen; einklinken, die Klinke in den Klinkhaken bringen u. s. f.

Anm. Im Nieders. und Dän. Klinke, im Schwed. Klinka, im Franz. Clenche, Clinche, Cliquet, Loquet, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im mittlern Lat. Cliquetus, wo auch clingere mit einer Klinke verschließen ist, im Pohln. Klamka. In einigen Oberdeutschen Gegenden bedeutet es einen Schlagbaum vor den Thoren, bey dem Apherdian aber einen jeden Riegel oder Grendel. Im Pohln. ist Klin und Klinek ein hölzerner Nagel, ingleichen ein Keil, im Böhm. Klicka so wohl ein Sperriegel, als auch eine Handhabe. Vielleicht von dem Schalle, welchen ein solches Werkzeug im Gebrauche macht, daher man eine Klinke im Oberdeutschen auch eine Schnalle zu nennen pflegt, wo doch klingen nicht in der schärfsten Bedeutung, sondern in weiterer für klacken genommen werden muß, welchen Schall das Franz. Cliquet, Loquet und andere bestimmter ausdrucken; wo nicht dieses Wort überhaupt den Begriff eines langen dünnen Körpers hat, wie aus der Vergleichung mit dem Worte Klinge wahrscheinlich wird.


Klinkenschloß (W3) [Adelung]


Das Klinkenschloß, des -sses, plur. die -schlösser, eine künstliche Klinke mit einem Schlosse, welches vermittelst eines Schlüssels geöffnet wird.


Klinker (W3) [Adelung]


1. Der Klinker, des -s, plur. ut nom. sing. ein besonders im Niedersächsischen übliches Wort, kleine hart gebackene Mauersteine zu bezeichnen, welche einen hellen Klang geben, wenn man daran schläget; eigentlich Klinger. An andern Orten nennet man sie Fliesen.


Klinker (W3) [Adelung]


2. Der Klinker, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Dänischer und Schwedischer Fahrzeuge mit platten Boden, welche andern Schiffen in der See behilflich sind; Franz. Clincart, Cabarre.


Klinkhaken (W3) [Adelung]


Der Klinkhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein Haken an dem Seitenstücke der Thür, in welchen das Ende der Klinke fällt.


Klinkschön (W3) [Adelung]


* Klinkschön, adj. et adv. ein nur in Nieder-Deutschland von flüssigen Körpern für klar, d. i. hell, durchsichtig, übliches Wort. Der Wein wird klinkschön verkauft, d. i. abgezogen, ohne Hesen, ganz klar. Am Rheine ist dafür lauter üblich. Im Nieders. lautet es auch klinkklar. Die erste Hälfte gehöret vermuthlich zu dem Geschlechte des Wortes glänzen.


Klinop (W3) [Adelung]


Der Klinop, des -s, plur. inus. an einigen Orten ein Nahme des Epheues, welcher an andern Orten auch Ilaub genannt wird; Hedera Helix L. S. Epheu.


Klinse (W3) [Adelung]


Die Klinse, plur. die -n, Diminut, das Klinschen, in einigen Gegenden, eine Ritze, Spalte, wo es auch Klünse und Klunse lautet. Im Bergbaue ist die Klunse ein Ritz im Gesteine; Böhm. Kloju und Klojeny. An andern Orten werden hohle Stellen in einem Strohdache Klinsen genannt, Franz. Gautieres. Mit klieben und klaffen von Einem Stamme, S. diese Wörter.


Klipp (W3) [Adelung]


Der Klipp, des -es, plur. die -e, ein Klapp feinerer oder kleinerer Art, und ein Schlag, welcher diesen Schall hervor bringet. Am häufigsten wird es noch im Diminut. Klippchen gebraucht, den Laut nachzuahmen, welcher entstehet, wenn der mittlere Finger von dem Daumen in die Hand geschnellet wird; wofür doch im Hochdeutschen Knippchen, und mit dem Zischlaute Schnippchen üblicher sind. ( S. Klapp.) Das Hauptwort die Klippe, eine Falle, wegen des Schalles, womit der Deckel zufällt, Vogelklippe, ein Meisenkasten, und klippen, diesen Schall machen, der mit klappen verwandt, nur von feinerer Art ist, sind im Niedersächsischen bekannter als im Hochdeutschen.


Klippe (W3) [Adelung]


1. Die Klippe, plur. die -n, ein Nahme, womit man die drey- und viereckigen Münzen zu belegen pfleget, welche zuweilen aus mancherley Veranlassungen geschlagen werden; der Klipping, Schwed. Klipping. Ohne Zweifel von dem noch im Schwed. üblichen klippen, schneiden, weil sie nur in dringenden Nothfällen in der Eile geschlagen, und mit der Schere geschnitten werden. S. das folgende, ingleichen Klippwerk.


Klippe (W3) [Adelung]


2. Die Klippe, plur. die -n, ein jäher schroffer Felsen, besonders wenn sein Gipfel in mehrere Spitzen getheilet und gleichsam gespalten ist, er befinde sich übrigens auf dem festen Lande oder im Meere; ingleichen eine jähe gleichsam abgespaltene Spitze eines Felsen. Die Gemsen wohnen auf den höchsten Klippen der Alpen. Ein Schiff wird an eine Klippe geworfen, wenn es an einen solchen jähen Felsen geräth; es läuft auf eine verborgene Klippe, wenn es auf eine solche verborgene Felsenspitze geräth.

Anm. Im Dän. gleichfalls Klippe, im Schwed. Klippa, im Angels. Clif, im Engl. Cliff, im Wallis. Chip, im Griechischen ohne Gaumenlaut - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Nicht, wie Frisch will, von dem vorigen klippen oder klappen, wegen des Schalles, welchen das Anschlagen der Wellen an die Klippen im Meere hervor bringt, sondern von klieben, spalten Angels. clypan, Schwed. klippa, scheren, schneiden, so wie das Lat. Rupes von rumpere, und das Holländ. Rots von reißen. Schon die Gestalt der Klippen verräth es, daß sie gespaltene Felsen, oder solche Spitzen und Theile der Felsen sind. Um eben dieser Ursache willen werden sie in der Ostsee Schären oder Scheren genannt, von scheren, theilen. Herr Stosch hat sich durch Frischen und Gottscheden verleiten lassen, die Klippen nur auf das Meer einzuschränken; allein das Wort ist auch auf dem festen Lande überall, wo es deren gibt, von jähen und spitzigen Felsen üblich. Fels ist das Geschlecht, welches die Materie bezeichnet; Klippe druckt die Gestalt aus. Im Schleswigischen wird ein hohes steiles Ufer, welches gleichsam abgeschnitten ist, das Kliff genannt.


Klippel (W3) [Adelung]


Der Klippel, S. Klöppel.


Klippenbock (W3) [Adelung]


Der Klippenbock, des -es, plur. die -böcke, ein Nahme, welchen bey einigen der Steinbock führet, weil er sich auf den höchsten Klippen der Felsen aufhält, S. Steinbock.


Klippern (W3) [Adelung]


Klippern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das Frequentativum von klippen ist, wofür aber im Hochdeutschen klimpern und klappern gangbarer sind.


Klipperstecken (W3) [Adelung]


Der Klipperstecken, S. Klapperstecken.


Klippfisch (W3) [Adelung]


Der Klippfisch, des -es, plur. die -e, der am Rücken aufgerissene und auf Klippen oder Felsen gedörrete Kabeljau, welcher unter dem Nahmen des Stockfisches am bekanntesten ist; obgleich einige den letztern Nahmen nur dem sehr hart gedörreten Klippfische beylegen. Im Nieders. und den mitternächtigen Gegenden wird er auch Rotschär, Rotscher, Norw. Roskiär, genannt, von dem Holländ. Rots, eine Klippe, und scheren, theilen, oder auch von reißen, Nieders. riten, und Schäre, Klippe. Den Nahmen Klippfisch hat er entweder von den Klippen, auf welchen er getrocknet wird, oder auch von klieben, spalten, Schwed. klippa, weil er an dem Rücken aufgerissen wird.


Klippig (W3) [Adelung]


Klippig, -er, -ste, adj. et adv. mit Klippen versehen. Ein klippiges Gebirge. Klippicht, Klippen ähnlich.


Klipping (W3) [Adelung]


Der Klipping, des -es, plur. die -e, S. 1. Klippe.


Klippkanne (W3) [Adelung]


Die Klippkanne, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine hölzerne Kanne mit einem Deckel, wegen des Schalles, welchen der letztere im Gebrauche macht; im Friesischen nur Klipp.


Klippkrämer (W3) [Adelung]


Der Klippkrämer, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein Krämer, welcher mit klappernden Kleinigkeiten handelt, dergleichen hölzernes Spielgeräth u. s. f. ist. Daher der Klippkram, der Kram oder Handel mit solchen Kleinigkeiten. Im Nieders. auch Kläterkram, von klätern, klappern, rasseln. S. Klippwerk.


Klippschenke (W3) [Adelung]


Die Klippschenke, plur. die -n, eine geringe, schlechte Schenke; eine Kneipschenke oder Kneipe. Wohl nicht von dem Klippen oder Klappern mit den Kannen, weil sonst alle Dorfschenken Klippschenken seyn müßten, sondern, so wie Klippschule, vermuthlich als eine Nachahmung des vorigen Wortes.


Klippschule (W3) [Adelung]


Die Klippschule, plur. die -n, eine Schule, worin die Kinder im Buchstabiren und Lesen unterrichtet werden; eine Trivial-Schule, Leseschule. Der Lehrer in einer solchen Schule heißt im Nieders. der Klippmeister.


Klippstecken (W3) [Adelung]


Der Klippstecken, S. Klapperstecken.


Klipptorf (W3) [Adelung]


Der Klipptorf, des -es, plur. inus. vornehmlich in Niedersachsen, ein schwarzer, sehr fester und harter Torf, welcher, wenn darauf geschlagen wird, klippt, d. i. einen hellen Schall gibt. Er ist die beste Art des Torfes. Die darauf folgende etwas geringere wird in Niedersachsen Anklipp genannt. Siehe Ähnlich Anm.


Klippwerk (W3) [Adelung]


Das Klippwerk, des -es, plur. die -e. 1) Im gemeinen Leben, geringe oder kleine Waaren, welche im Verkehre klippen oder klappern, dergleichen kleine hölzerne Gefäße, hölzernes Spielwerk u. s. f. sind; ohne Plural. 2) In den Münzen, eine Maschine, und die ganze dazu gehörige Anstalt, Scheidemünzen vermittelst des Schlagens mit dem Hammer zu prägen; von klippen, klappen oder schlagen. S. Klipp und 1. Klippe.


Klirren (W3) [Adelung]


Klirren, verb. reg. neutr., welches das Hülfswort haben erfordert, und einen gewissen hellen, halb klingenden, halb aber zitternden Schall nachahmet, dergleichen z. B. entstehet, wenn man Gläser zerschläget oder Fensterscheiben zerbricht, bloße Degen auf einander schlägt u. s. f. diesen Schall von sich geben. Die Fenster klirren, wenn eine Kutsche schnell auf dem Pflas=ter vorbey rollt. Die Degen klirren, im Zweykampfe. Da schon am gestiefelten Fuß der silberne Sporn klirrt, Zachar. Der blanke Degen klirrt, das Pflas=ter speyet Gluth, ebend. So schön, als wenn bey meinem Wirthe Das helle Baßglas klirrte, Less. für klang. Ingleichen, diesen Schall hervor bringen. Mit den Degen klirren. Mit den Gläsern klirren, wenn man sie an einander stößt.


Klittag (W3) [Adelung]


Der Klittag, des -es, plur. inus. eine Art Grases, siehe Halm 2.


Klitter (W3) [Adelung]


Der Klitter, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, ein Klecks. Daher das Zeitwort klittern, schlecht schreiben, klecken, das Klitterbuch, ein Buch, worein man die täglichen Vorfallenheiten ohne Kunst nachlässig verzeichnet, ( S. Kleckbuch;) Klitterschulden, kleine Schulden, welche in kleinen Posten hin und wieder gemacht werden, auch Läpperschulden, wo es aber auch von dem Nieders. Kläterding, Klippwerk, Klapperzeug, Kläterkram, Klippkram, herkommen kann.


Kloak (W3) [Adelung]


Die Kloak, S. Cloak.


Kloben (W3) [Adelung]


1. Der Kloben, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches überhaupt den Begriff einer zusammen hangenden, verbundenen Masse hat, aber nur noch in einigen wenigen Fällen gebraucht wird. In der Landwirthschaft Obersachsens werden die Haufen abgeschnittenen Getreides, welche man bey dem Mähen Schwaden nennet, Kloben genannt. Im Flachshandel ist ein Kloben Flachs ein Gebünde Flachs, welches zwölf, an andern Orten aber dreyßig, zuweilen auch wohl sechzig Kauten oder Reisten Flachs hält. Pensum lini quod Clowe dicitur, in Menkens Scriptor. bey dem Frisch. Sex Clobones lini, in den Annivers. eccles. Alam. bey dem Du Fresne. Anm. Im Nieders. ist Klouwen ein Knäuel, im Angels. Cleouuae, Engl. Clew, wohin auch das Wallis. Cwlm, Clwm, ein Knoten, das Lat. Globus, eine runde Kugel, gehören. Es gehöret mit Klaue, so fern es ein Werkzeug des Haltens oder Fassens bedeutet, zu kleben und kleiben, so fern diese Wörter in dem allgemeinen Begriffe der Verbindung überein kommen. Im mittlern Lateine ist Gloa ein Klotz, und Globa eine Fuge, ein Gelenk.


Kloben (W3) [Adelung]


2. Der Kloben, des -s, plur. ut nom. sing. ein gleichfalls nur noch in einigen Fällen übliches Wort, ein Werkzeug zum Halten zu bezeichnen. Bey den Böttchern ist der Kloben oder Reifkloben ein beweglicher Haken an einem starken Holze, die Reife damit anzuziehen. Bey den Schlössern und andern Metallarbeitern ist der Feilkloben eine Art einer Zange mit einer Schraube, diejenigen kleinern Stücke, welche befeilet werden sollen, darin fest zu schrauben, um sie halten zu können. Auch die Schmelzer und Probirer haben Kloben, welche eine Art Zangen sind, die glühenden Kohlen, Probirscherben u. s. f. damit anzufassen und aus dem Feuer zu heben. In dem Bergbaue ist der Kloben, das Klobenglied oder der Klobenring, ein eisernes Glied, das man in die Ketten sogleich einhängen kann, wenn ein ordentliches Glied reißet oder bricht, und welches auch das Scherglied genannt wird. Gleichfalls von Klaue und kleben, so fern sie überhaupt halten, fassen, bedeuten. Da indessen alle diese Werkzeuge gleichsam gespalten sind, so kann man sie auch zu dem folgende Worte rechnen.


Kloben (W3) [Adelung]


3. Der Kloben, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Klöbchen, ein Wort, welches von klieben, spalten, abstammet, und zunächst ein gespaltenes, in weiterer Bedeutung aber auch ein ausgehöhltes Werkzeug bedeutet. 1. Ein gespaltenes Werkzeug, in welcher Bedeutung es im gemeinen Leben sehr häufig gebraucht wird, gewisse gespaltene Dinge zu bezeichnen. In Ober- und Nieder-Deutschland ist ein Kloben Holz, ein großes Scheit Holz, ein aus einem Baume gespaltenes Stück Holz, im Nieders. auch eine Kluft; ( S. Klobenholz.) Vermuthlich gehöret dahin auch der Kloben bey den Falkenieren, welches eine Stange ist, worauf die Falken sitzen; wenn es in dieser Bedeutung nicht vielmehr zu Klöppel gehöret, ( S. dieses Wort) Noch häufiger, ein mit einer Spalte versehenes Ding oder Werkzeug. 1) An einer Wage ist der Kloben, der bey andern auch die Schere, oder das Wagegericht heißt, derjenige zweyschenkelige Theil, in welchem der Wagebalken mit dem Zünglein schwebet. 2) Bey den Vogelstellern bestehet der Kloben aus zwey genau auf einander passenden an einem Ende mit einander verbundenen schwanken Hölzern, welche vermittelst eines Fadens zusammen gezogen werden können, um die Füße der Vögel, welche sich darauf setzen, einzuklemmen, und sie solcher Gestalt zu fangen. Bey dem Notker Chioben, bey den heutigen Oberschwaben Chloba, bey dem Winsbeck Klobe, im Ital. Calappio, im Schwed. Klofwa, im Pohln. Kluba, Kloba. Sie zu fahen, wie die Vogler thun mit Kloben, Jer. 5, 26. Ein falsch Herz ist wie ein Lockvogel auf dem Kloben, Sir. 11, 31. ( S. Klobenhütte und Kloppe.) 3) Das in die Thürpfoste geschlagene zweyschenkelige Eisen, worauf die Klampe passet, und woran das Anlegeschloß hänget, führet den Nahmen eines Klobens, weil es gleichsam gespalten aussiehet. So auch die ähnlichen Stücke Eisen, zwischen welchen der Riegel sich beweget. 4) Eine Rolle in einer ausgehöhlten oder gleichsam gespaltenen Scheibe, eine Art eines Hebezeuges, eine Last vermittelst des über die Rolle gehenden Seiles zu heben; wo der Nahme des Klobens eigentlich der gespaltenen Scheibe zukommt, in welcher sich die bewegliche Rolle befindet, und welche auch die Flasche genannt wird. In Hamburg der Dryseblock, von drysen, aufwinden, auf den Schiffen der Hisseblock, von hissen, ziehen, sonst auch die Blockrolle, im Oberd. die Winde, Zugwinde. Zwey zusammen gehörige Kloben machen einen Flaschenzug aus. Die Lein- und Wollweber haben ähnliche Klöbchen in ihrem Geschirre, wodurch die Wände vermittelst der Schämel auf- und niedergetreten werden. 2. Ein ausgehöhltes Werkzeug; in welchem Verstande in der Bienenzucht der Kloben oder Bienenkloben eine hohle Büchse ist, einen Bienenweiser darin gefangen zu setzen und aufzubewahren, wo dieses Wort von einigen auch im weiblichen Geschlechte die Klobe gebraucht wird. Im Griech. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und im mittlern Lat. Clobus, Clubum, ein Käfich, eine Zelle, wohin auch die letzte Hälfte des Wortes Conclave gehöret, welches bey dem Columella einen Käfich bedeutet. Im Isländ. ist Klefe ein Schlafzimmer, eine Zelle, und das Engl, Gloves bedeutet Handschuhe.

Anm. Es stammet in dieser Bedeutung von klieben, spalten, her, Nieders. klöven, Dän. klove, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen clouen, ( S. Klieben.) Im Nieders. ist Klöve oder Klobe eine Spalte. S. auch Kluft.


Klöben (W3) [Adelung]


* Klöben, spalten, ein Niederdeutsches Wort, ( S. Klieben.)


Klobenarbeit (W3) [Adelung]


Die Klobenarbeit, plur. die -en, bey den Werkleuten, diejenige Arbeit, welche vermittelst des Klobens verrichtet wird, d. i. das Aufziehen der Bau-Materialien vermittelst des Klobens.


Klobendeichsel (W3) [Adelung]


Die Klobendeichsel, plur. die -n, eine gespaltene Deichsel, eine Deichsel mit zwey Armen zu einem Pferde; Nieders. Klopdiessel. S. Gabeldeichsel.


Klobenglied (W3) [Adelung]


Das Klobenglied, des -es, plur. die -er, S. 2. Kloben.


Klobenholz (W3) [Adelung]


Das Klobenholz, des -es, plur. inus. in dem Forstwesen, dasjenige Brennholz; welches in Kloben, d. i. großen Scheiten aufgesetzet und verkauft wird; zum Unterschiede von dem Klafterholze, welches aus kleinern Scheiten bestehet.


Klobenhütte (W3) [Adelung]


Die Klobenhütte, plur. die -n, eine Hütte, wo die Vögel mit Kloben gefangen werden; die Meisenhütte, weil sie am häufigsten zum Meisenfange gebraucht wird.


Klobenring (W3) [Adelung]


Der Klobenring, des -es, plur. die -e, S. 2. Kloben.


Klobensäge (W3) [Adelung]


Die Klobensäge, plur. die -n, eine große Säge der Tischler und anderer Holzarbeiter, welche in einem viereckten Gestelle befestiget ist, Holz damit zu dünnen Bretern zu schneiden. Entweder, weil das Gestell aus Kloben, d. i. starken Klötzen bestehet, ( S. 1. Kloben;) oder, weil sie dazu dienet, Holz damit zu klieben, d. i. der Länge nach zu theilen; oder endlich auch, weil das Blatt in zwey Kloben oder gespaltenen Stücken Holz befestiget ist, in welchem Falle aber alle Handsägen diesen Nahmen haben müßten.


Klobenseil (W3) [Adelung]


Das Klobenseil, des -es, plur. die -e, dasjenige Seil, mit welchem eine Last vermittelst des Klobens in die Höhe gezogen wird.


Klocke (W3) [Adelung]


Die Klocke, S. Glocke.


Klonz (W3) [Adelung]


Der Klonz, des -es, plur. die -e, bey den Böttchern, ein Stückchen Holz, welches in das Schloß eines Reifes, der zu weit ist, geleget wird, um ihn dadurch enger zu machen. Im Schwed. ist Kluns ein Klotz, massa conglomerata.


Klopfe (W3) [Adelung]


Die Klopfe, plur. die -n, 1) Bey den Nadlern, ein schmales Lineal mit vielen Rinnen, vermittelst desselben die Stecknadeln in die Briefe einzustecken. Vermuthlich, wegen dieser darin befindlichen Kloben, d. i. Spalten oder Rinnen, (siehe 3. Kloben.) 2) Jemanden in die Klopfe kriegen, im gemeinen Leben und ohne Plural, ihn in die Enge bringen, wo dieses Wort auch Kloppe und Kluppe lautet; entweder gleichfalls von 3. Kloben, nach einer von dem Kloben der Vogelsteller entlehnten Figur, oder auch von dem folgenden klopfen, ihn in den Zustand versetzen, worin er geklopfet wird, d. i. Schläge bekommt. Sie haben ihn in der Klopfe, sie haben ihn in der Enge, so wohl mit Worten, als mit Schlägen. Ach wenn wir ihn doch auch einmahl in die Kloppe kriegten! Weiße. 3) In der Landwirthschaft werden die halb ausgeklopften aber noch nicht völlig gedroschenen Garben Klopfen genannt; im Nieders. Kloppe; in Obersachsen auch die Vorschel, welches aus vorschlagen verderbt ist, welches Zeitwort diese Arbeit ausdruckt; im Österreichischen Schäppes.


Klöpfel (W3) [Adelung]


Der Klöpfel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug zum Klopfen, wofür im gemeinen Leben Klöppel üblich ist, siehe dieses Wort.


Klopfer (W3) [Adelung]


Der Klopfer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Werkzeug zum Klopfen; doch nur in engerer Bedeutung, ein Hammer oder Ring an der Thür, damit anzuklopfen. Nieders. Klopper. 2) Im Jagdwesen werden bey einem Klopf- oder Treibejagen, diejenigen, welche das Wild durch Klopfen vor sich hertreiben, Klopfer genannt. Bey den Hutmachern sind die Klopfer eine Art Arbeiter, welche die Wolle durch Klopfen oder Schlagen zubereiten, oder geklopfte Arbeit verfertigen. Auch der große Schwarzspecht wird wegen seines Klopfens, d. i. Hackens in die Bäume, in einigen Gegenden der Klopfer genannt.


Klopffechter (W3) [Adelung]


Der Klopffechter, des -s, plur. ut nom. sing. Leute, welche für das Geld mit allerley Arten des Gewehres fechten, und von welchen die Federfechter, Marcus-Brüder und Luxbrüder besondere Arten sind. Ingleichen figürlich, ein zum Streite allezeit fertiger Schriftsteller, daher man die Streitigkeiten solcher Personen auch wohl im Scherze Klopffechtereyen zu nennen pfleget.


Klopfgarn (W3) [Adelung]


Das Klopfgarn, des -es, plur. inus. gebleichtes und weich geklopftes baumwollenes Garn, so wie es zu den Dochten gebraucht wird; Dochtgarn, Lichtgarn.


Klopfhengst (W3) [Adelung]


Der Klopfhengst, des -es, plur. die -e, ein geklopfter, d. i. durch das Klopfen seiner Mannheit beraubter Hengst. Weil dergleichen entmannte Hengste nicht immer allen Trieb zur Begattung verlieren, so wird auch wohl in weiterer Bedeutung ein jeder nicht gehörig geschnittener Hengst ein Klopfhengst genannt.


Klopfholz (W3) [Adelung]


Das Klopfholz, des -es, plur. die -hölzer, ein hölzernes Werkzeug damit zu klopfen. So wird der Klöppel oder Knüppel der Tischler und Drechsler von ihnen auch zuweilen das Klopfholz genannt. Die Kattundrucker haben ein ähnliches eyrundes Klopfholz, die auf den Kattun gelegte Form damit aufzuschlagen. Andere Künstler und Handwerker nennen ein solches Werkzeug den Schlägel. ( S. Klopfkeule.) Bey den Töpfern ist das Klopfholz ein langes vierecktes Holz mit einem Stiele, den Thon damit fest zu schlagen.


Kopfjagen (W3) [Adelung]


Das Kopfjagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Jagen, oder eine Jagd, wo das Wild durch Klopfen mit Stecken an die Sträucher und zwar gemeiniglich ohne Zeug zusammen getrieben wird: ein Streifjagen.


Klopfkeule (W3) [Adelung]


Die Klopfkeule, plur. die -n, bey den Böttchern, der hölzerne Schlägel, oder das Klopfholz, dessen sie sich bey ihrer Arbeit bedienen.


Klopfstein (W3) [Adelung]


Der Klopfstein, des -es, plur. die -e, bey den Schustern, ein Stein, das Sohlleder darauf zu klopfen, damit es fest und biegsam werde.


Kloppe (W3) [Adelung]


Die Kloppe, S. Klopfe.


Klöppel (W3) [Adelung]


Der Klöppel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug zum Klopfen, und in weiterer Bedeutung zum Schlagen überhaupt. Ein hölzerner Schlägel, ein Klopfholz, wird bey einigen mehrmahls ein Klöppel oder Klippel, bey andern, wie z. B. bey den Tischlern, auch ein Knüppel genannt, S. dieses Wort. Der kurze dicke Knüttel, welchen man beißigen Hunden anhänget, heißt oft der Klöppel, Klüpfel, Kleppel oder Klippel, und ein mit einem solchen Klöppel versehener Hund ein geklöppelter oder geklippelter Hund. Diejenigen Stöcke, womit die Trommel geschlagen wird, sind unter dem Nahmen der Klöppel, wenigstens an einigen Orten, bekannt, so wie die an Einem Ende gemeiniglich kugelig gedrechselten ähnlichen Hölzer, vermittelst deren Spitzen, Schnüre, Kanten u. s. f. geschlungen werden, ( S. Klöppeln,) Nieders. Knuppel; von einigen werden sie auch Kegel genannt. Eben so bekannt ist es von dem eisernen Schlägel in der inwendigen Höhle einer Glocke, welcher durch sein Anschlagen an den innern Rand eigentlich den Schall hervor bringt, und im Oberdeutschen auch der Glöckel, von dem clochen des Kero und Notker, für schlagen, und in Niedersachsen der Knepel, Pohln. Kneple, Schwed. Klaep, im mittlern Lat. Clipeus, im Franz. Clipet, genannt wird. Auch der runde Klotz, aus welchem Scheite geschlagen werden sollen, heißt im Forstwesen einiger Gegenden ein Klippel oder Klöppel, in andern ein Schrot, eine Walze. Es kommt von klopfen, Nieders. kloppen, her, so fern dasselbe ehedem auch schlagen überhaupt bedeutete, in welchem Verstande noch Ottfried sein clobon gebraucht. Es lautet daher so wohl im Oberdeutschen, als zuweilen auch in der edlern Schreibart der Hochdeutschen in allen obigen Fällen und in den folgenden Ableitungen und Zusammensetzungen Klöpfel.


Klöppelgarn (W3) [Adelung]


Das Klöppelgarn, oder Klöpfelgarn, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, Garn, welches zum Klöppeln gebraucht wird, oder welches dazu bestimmt ist; der Klöppelzwirn.


Klöppelküssen (W3) [Adelung]


Das Klöppelküssen, oder Klöpfelküssen, des -s, plur. ut nom. sing. das Küssen auf der Klöppellade, und zuweilen auch die ganze Klöppellade selbst; Nieders. Knuppelkussen.


Klöppellade (W3) [Adelung]


Die Klöppellade, oder Klöpfellade, plur. die -n, eine mit einem Küssen versehene kleine Lade, auf oder vor welcher das Klöppeln verrichtet wird; das Klöppelpult.


Klöppeln (W3) [Adelung]


Klöppeln, oder Klöpfeln, verb. reg. act. 1) Vermittelst kleiner Klöppel künstlich zusammen schlingen, flechten, oder wicken. Spitzen klöppeln. Kanten, Schnüre klöppeln. Im Oberdeutschen glöckeln, von Glöckel, Klöppel, im Nieders. knuppeln, Dän. kniple, welche zunächst auch von knüpfen, knüpfeln herstammen können. 2) Einen Hund klöppeln, ihm einen Klöppel anhängen, ihn knütteln, bängeln.


Klöppelscheit (W3) [Adelung]


Das Klöppelscheit, oder Kleppelscheit, des -es, plur. die -e, Scheite, welche aus den Klöppeln, d. i. klein ge- hauenen Ästen, geschlagen worden; zum Unterschiede von den Kernscheiten.


Klopps (W3) [Adelung]


Der Klopps, des -es, plur. inus. in den Küchen, eine gewisse Speise, welche aus Stücken Fleisch bestehet, welche vorher mit einem hölzernen Hammer geklopfet, und dadurch mürbe gemacht worden. Im Schwed. Kolops. Ohne Zweifel von klopfen, Nieders. kloppen, wo Klopps auch einen Schlag bedeutet. Indessen ist im Englischen Colop oder Collop ein abgeschnittenes Stück Fleisch, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, nach dem Suidas, ein kleiner Bissen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Kloß (W3) [Adelung]


Der Kloß, des -es, plur. die Klöße, Dimin. das Klößchen, Oberd. Klößlein. 1. In der weitesten und eigentlichsten Bedeutung, eine zusammen hangende Masse, ohne Betrachtung ihrer Größe, Materie oder Gestalt. In dieser nunmehr veralteten Bedeutung pflegen noch die Töpfer einen Haufen zubereiteten Thones einen Kloß zu nennen. Im Dithmars. ist Klood noch jetzt ein Haufen, und im Schwed. Klase, congeries, besonders eine Traube. Bey den Niedersächsischen Torfgräbern ist eine Klote ein viereckter Haufen Torf; zum Unterschiede von einer Bülte, oder einem runden Haufen. 2. In engerer Bedeutung. 1) Eine trockene, unförmliche, zusammen hangende Masse, ein unförmliches Stück; doch nur noch in einigen Fällen. In den Salzwerken werden die Stücke Stein, mit welchen der Raum zwischen der Pfanne und dem Herde verkleidet wird, Klöße genannt. Am üblichsten ist es im gemeinen Leben von den unförmlichen Stücken zusammen gebackener Erde, welche, wenn sie nicht von einer sehr geringen Größe sind, auch Schollen genannt werden. Nieders. Klut. Wenn der Staub begossen wird, daß er zu Haufe läuft, und die Klöße an einander kleben, Hiob 38, 38; daß der Staub zusammen fließt, und in Erdklößen an einander hängt, Michael. Bey fetten lehmigen Äckern ist es eine eigene Arbeit der Landleute, die Klöße zu zerschlagen. Im Nieders. Klute, Engl. Clod, Holländ. Kluit. 2) Ein runder Körper, eine Kugel. Ehedem wurden die Kugeln, welche aus dem groben Geschütze geschossen wurden, Klöße genannt. Die Erdkugel führet zuweilen noch bey wässerigen Dichtern den verächtlich gewordenen Nahmen des Erdenkloßes, Schwed. Jordklot. Im Nieders. ist Kloot, im Schwed. Klot, und im Dän. Klod, noch jetzt eine Kugel, und in den niedrigen Sprecharten werden die Hoden bey Menschen und Thieren Klöße, im Nieders. Klöte, genannt. Am üblichsten ist es in dieser übrigens veralteten Bedeutung noch in den Küchen, die runden oder doch rundlichen, aus Mehl, geriebenen Semmeln u. s. f. bereiteten eßbaren Kugeln zu bezeichnen, welche in Obersachsen Klöße und Klößchen, in Niedersachsen Klüte, Klümpe, Klümpchen, in Oberdeutschland Knödel, Knöpflein, im Hennebergischen Hietis, (welches zu Hode gehöret,) genannt werden. Mehlklöße, Semmelklöße, Fleischklöße, Fischklöße, Käseklöße u. s. f.

Anm. Im gemeinen Leben Obersachsens lautet der Plural häufig Klößer, welcher aber anständigern Sprech- und Schreibarten unbekannt ist. Es gehöret, so wie Klump, von welchem es doch im Gebrauche verschieden ist, zu dem Geschlechte des Wortes Kleister. S. auch Klotz und Kleben.


Kloßig (W3) [Adelung]


Kloßig, -er, -ste, adj. et adv. einem Kloße ähnlich; doch nur in der letzten engsten Bedeutung dieses Wortes, wie ein Mehlkloß kleberig; besonders von dem Brote. Das Brot ist kloßig, wenn es nicht ausgebacken ist. In den niedrigen Sprecharten kluschig.


Kloster (W3) [Adelung]


Das Kloster, des -s, plur. die Klöster, ein fester mit Mauern umgebener Ort, in welchem Mönche, Nonnen oder Canonici von dem gewöhnlichen Umgange mit der Welt abgesondert leben. Ingleichen die Gesellschaft der in einem solchen Orte lebenden und von der Welt abgesonderten Personen. In ein Kloster gehen, in das Kloster gehen, sich in das Kloster begeben, sich auf seine Lebenszeit darein begeben. Das Monchskloster, Nonnenkloster. Anm. Bey dem Stryker Chloster, im Schwabensp. Cloester, im Engl. Cloister, im Franz. Cloitre, im Ital. Chiostro, alle aus dem Lat. Claustrum. Kero gebraucht dafür theils Samanunga, theils aber auch Munistre, und zwar das letztere aus dem Lat. Monasterium, S. Münster.


Klosterbeere (W3) [Adelung]


Die Klosterbeere, plur. die -n, an einigen Orten, ein Nahme der rauchen oder haarigen Stachelbeere, Ribes Grossularia hirsuta L. Rauchbeere, Krauselbeere, aus welchem letztern Nahmen vielleicht der Nahme Klosterbeere, so wie der Nahme Christbeere, welchen sie an andern Orten führet, verderbt ist.


Klosterbruder (W3) [Adelung]


Der Klosterbruder, des -s, plur. die -brüder, derjenige in einem Mönchskloster, welcher die häuslichen Arbeiten in demselben verrichtet, gleichfalls die Ordensgelübde ablegen muß, und auch nur Bruder schlechthin genannt wird; zum Unterschiede von den Mönchen im engern Verstande. ( S. auch Bruder.) Die weiblichen Personen dieser Art in den Nonnenklöstern werden Klosterschwestern oder Schwestern genannt; zum Unterschiede von den Klosterfrauen.


Klosterfrau (W3) [Adelung]


Die Klosterfrau, plur. die -en, in den Nonnenklöstern, eine Person weiblichen Geschlechtes, welche die Ordensgelübde abgeleget hat, und sich eigentlich dem Gottesdienste widmet, die Klosterjungfer, die Nonne im engern Verstande; zum Unterschiede von den Klosterschwestern. S. Frau.


Klostergang (W3) [Adelung]


Der Klostergang, des -es, plur. die -gänge, ein gemeiniglich gewölbter Gang um die Wohngebäude eines Klosters, welcher, wenn er in das Kreuz gehet, den Nahmen des Kreuzganges führet.


Klösterlich (W3) [Adelung]


Klösterlich, adj. et adv. in den Gebräuchen und Gesetzen eines Klosters gegründet. Die klösterliche Zucht.


Klosterpfeffer (W3) [Adelung]


Der Klosterpfeffer, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des Keuschbaumes, S. dieses Wort.


Klostervogt (W3) [Adelung]


Der Klostervogt, des -es, plur. die -vögte, der Gerichtshalter auf einem Klostergute.


Klosterzwirn (W3) [Adelung]


Der Klosterzwirn, des -es, plur. inus. eine Art sehr feinen Zwirnes, welcher gemeiniglich in kleinen Strähnen aus Brabant kommt. Die Nonnen bedienen sich desselben in den Klöstern zu ihren feinen Arbeiten.


Klotz (W3) [Adelung]


Der Klotz, des -es, plur. die Klötze, Diminut. Klötzchen, Oberd. Klötzlein, ein mit Kloß ursprünglich genau verwandtes Wort, welches so wie dieses, 1. Ehedem überhaupt, eine jede mit einander verbundene Masse bedeutete, ohne Rücksicht auf ihre Größe, Gestalt und Materie. Ein Klotz Silber, oder ein Silberklotz, bedeutet noch in einigen Oberdeutschen Gegenden einen Klumpen dieses Metalles, ein großes, unförmliches Stück. Ein Klotz Lehmen ist bey dem Kaisersberg ein Klumpen, und in einer alten Übersetzung der Bibel bey dem Frisch bedeutet ein Klotz Wassers eine große Masse Wassers, moles aquarum. Bey den Bergleuten wird nur noch ein großer Fäustel oder Handhammer ein Klotz genannt. 2. In engerer Bedeutung. 1) Ein runder Körper, eine Kugel; eine im Hochdeutschen gleichfalls veraltete Bedeutung. Die Kugeln, welche man aus den Feuergewehren schießet, wurden ehedem wie Klötze genannt, daher eine Kugelbüchse bey dem Tschudi den Nahmen einer Klotzbüchse führet. Im Oberdeutschen heißt die Kugel, mit welcher Kegel geschoben werden, noch jetzt ein Klotz, und die Kegelbahn eine Klotzbahn. Im Niedersächsischen sind Klitze feine Kugeln, womit die Kinder spielen. 2) Ein dickes unförmliches Stück Holz. (a) Eigentlich, wo ein jedes dickes unförmliches Stück Holz, wenn es von einiger Größe ist, ein Klotz genannt wird. Dergleichen sind die Klötze, d. i. dicken unförmlichen Aststücke, unter dem Brennholze, Nieders. Knubben; dicke Stammenden, worauf man Holz hacket oder spaltet, und welche daher Hackklötze oder Hackblöcke genannt werden. Im Forstwesen wird auch ein Sägeblock, d. i. der zu Bretern bestimmte Theil von dem Stamme eines Baumes, ein Klotz oder Bretklotz genannt, welcher, ehe er zu Bretern geschnitten werden kann, abgeklotzet, d. i. des untern ungleichen Theiles mit der Schrotsäge beraubet wird, welcher Theil, wenn er abgeschnitten werden, gleichfalls ein Klotz heißt. Bey den Tischlern führen die kurzen abgesägten Enden der Pfosten, Breter u. s. f. so wie bey den Zimmerleuten, die kurzen abgesägten Enden des Zimmerholzes, den Nahmen der Klötze. Im verächtlichen Verstande werden auch wohl verarbeitete Massen Holzes Klötze genannt. Die Heiden tragen sich mit den Klötzen ihrer Götzen, Es. 45, 20. Ich sollte knien vor einem Klotze, Kap. 44, 19. (b) Figürlich, so wohl ein unthätiger Mensch, der sich bloß leidentlich verhält, als auch ein grober ungeschickter Mensch; beydes mit Verachtung. Zwey Jahre gingen mir mit diesem Klotze hin, Doch konnt er nie recht tanzen lernen, Haged.

Anm. Im Dän. Klods, im Pohln. Kloc. Im Wendischen heißt ein Hackklotz Klada, welches Popowitsch von kla, klieben, spalten, ableitet, ob es gleich unser Klotz ist, welches so wie Klotz, Klump, Klaue, kleben u. s. f. ursprünglich den Begriff der Verbindung, des Zusammenhangens hat. In einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. in Schlesien, ist es ungewissen Geschlechtes, das Klotz, da es denn im Plural auch Klötzer hat, welchen Plural aber auch die Meißner im gemeinen Leben diesem Worte geben, ungeachtet sie es sonst männlich gebrauchen.


Klotzbeute (W3) [Adelung]


Die Klotzbeute, plur. die -n, eine Beute, d. i. ein hölzernes Bienenhaus, wenn es aus einem ausgehöhlten Klotze bestehet; zum Unterschiede von einer Bretbeute. S. Beute.


Klotzen (W3) [Adelung]


Klotzen, aus großen starren Augen sehen, S. Glotzen.


Klotzerbse (W3) [Adelung]


Die Klotzerbse, plur. die -n, im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Nahme der großen runden Erbsen, welche gleichsam kleine Kugeln vorstellen; von Klotz, eine Kugel.


Klotzig (W3) [Adelung]


+ Klotzig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Für klotzig, im gemeinen Leben. Klotziger Märgel, welcher in groben Klötzen bricht. 2) Grob, ungeschickt, in den niedrigen Sprecharten, S. Klotz 2. 2) (b).


Klotzpumpe (W3) [Adelung]


Die Klotzpumpe, plur. die -n, eine Pumpe, an deren Handhabe sich ein runder Klotz befindet, den Schwung derselben zu befördern.


Klotzschuh (W3) [Adelung]


Der Klotzschuh, des -es, plur. die -e, hölzerne Schuhe, mit einem Geflechte von Spänen anstatt des Oberleders, welche in manchen Gegenden von den Bauern getragen werden.


Klubb (W3) [Adelung]


Der Klubb, S. Clubb.


Klubbe (W3) [Adelung]


Die Klubbe, S. Kluppe.


Klufe (W3) [Adelung]


* Die Klufe, plur. die -n, ein nur im Oberdeutschen übliches Wort, eine Stecknadel zu bezeichnen; von kleiben und kleben, so fern es überhaupt befestigen bedeutet, daher die Stecknadeln in andern Oberdeutschen Gegenden auch Häftel genannt werden.


Kluft (W3) [Adelung]


Die Kluft, plur. die Klüfte, Diminut. das Klüftchen, Oberd. Klüftlein. 1. Eine Spalte. 1) Eigentlich; in welcher Bedeutung es besonders im Oberdeutschen eine jede Spalte, einen jeden Riß oder Ritz im Holze, in einer Mauer oder in einem andern festen Körper bezeichnet; in Ober-Schwaben Chluft Chlub, im Nieders. Klöve. Im Hochdeutschen ist es, besonders im Bergbaue, von den Spalten in den Felsen und Bergen am üblichsten, welche durch gewaltsame Veränderungen in denselben hervor gebracht worden, sie mögen nun nochmahls von der Natur mit Erz und erzhaltigem Gesteine ausgefüllet seyn, oder nicht. Im ersten Falle werden sie im Bergbaue Gänge genannt, im zweyten Falle aber heißen sie in engerer Bedeutung Klüfte; Böhm Klutfta, Schwed. Kluft. Wasserklüfte, welche mit Wasser angefüllet sind, Schmerklüfte, welche mit einem schmierigen Letten ausgefüllet sind. Kreuzklüfte, Querklüfte, welche in das Kreuz oder in die Quere gehen, Hängeklüfte, Tageklüfte u. s. f. 2) * In weiterer Bedeutung, eine Höhle in oder unter der Erde, ingleichen eine Gruft, ein durch Kunst gemachtes Behältniß unter der Erde; eine im Hochdeutschen fremde Bedeutung, welche so wohl in der Deutschen Bibel, als auch im Niedersächsischen vorkommt. Die Kinder Israel machten sich Klüften (Klüfte) in den Gebirgen, Richt. 6, 2. Sie verkrochen sich in die Höhlen und Klüften, (Klüfte) und Felsen, 1 Sam. 13, 6. Da wird man in der Felsen Höhle gehen und in der Erden Klüfte, Es. 2, 19. Das Grab war eine Kluft und ein Stein darauf gelegt, Joh. 11, 38, d. i. eine Gruft, ein ausgemauertes Grab. Die reiche Zahl der flüchtigen Kaninen Nimmt Klüften (Klüfte) ein, die sicherlich ihr dienen, Opitz. Welcher im Hochdeutschen ungewöhnliche Plural von dem Oberdeutschen Singular die Klüfte herkommt, welcher in einigen Gegenden gangbar ist. Der hengt sich mit Gefahr An eine Klüfte hin, Opitz. Bey dem Apherdian ist die Kluft ein Keller, und in dem Dom zu Hamburg wird die Kapelle unter der Erde die Kluft genannt. Luc. 16, 26 bedeutet es figürlich, aber gleichfalls auf eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Art, einen Abgrund, oder auch einen großen weiten Raum: über das alles ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt. ( S. Kluftdamm.) 2. Ein durch Spalten hervor gebrachtes Ding. In diesem Verstande werden so wohl im Niedersächsischen, als auch im Bergbaue große Holzscheite, welche sonst auch Kloben heißen, Klüfte genannt. In weiterer Bedeutung scheinet es in einigen Gegenden eine große unförmliche Masse, einen Klotz oder Klump zu bezeichnen. Wenigstens heißt es in einer Stelle bey dem Opitz: Ob der Herr gleich Steine und Klüfte vom Himmel regnet, so werden sie uns nicht schaden. Um welcher weitern Bedeutung willen es in diesem Verstande, so wie Kloß, Klump, Klotz u. s. f. mehr zu kleben, als zu klieben, spalten, zu gehören scheinet. Im Niedersächsischen wird das dicke Fleisch in der Bauchhöhle des Rindviehes die Kluft, und das Stammende eines Baumes die Klufter genannt. 3. Ein gespaltenes Ding, ein Kloben, eine Kluppe; in welchem Verstande es besonders im Oberdeutschen sehr häufig ist, eine Zange, besonders aber eine Feuerzange zu bezeichnen. In den Monseeischen Glossen Chlufti, in Ober-Schwaben Chlufta. In den Florentinischen Glossen ist Cluft um eben dieser Ursache willen eine Lichtputze. Nach dem Muster der Oberdeutschen wird so wohl bey den Nagelschmieden eine kleine Zange, als im Hüttenbaue die lange Zange, womit die Probirer die Scherben und Kapellen in und aus den Ofen thun, die Kluft oder Kluftzange genannt.

Anm. Es stammet in allen diesen Bedeutungen, die zweyte etwa ausgenommen, von klieben, spalten, her. S. Klaue, Kloben und Kluppe.


Kluftdamm (W3) [Adelung]


Der Kluftdamm, des -es, plur. die -dämme, bey Grabung der Canäle, ein Querdamm, welchen man alle 50 oder 100 Schritte stehen lässet, damit nicht das Quellwasser den ganzen Canal überschwemme; der Zwischendamm. Vermuthlich so fern Kluft ehedem einen jeden Zwischenraum bedeutete. Siehe Kluft 1. 2.


Klüftig (W3) [Adelung]


Klüftig, -er, -ste, adj. et adv. Klüfte, d. i. Spalten oder Ritze habend. Klüftiges Holz. Ein klüftiges Gestein.


Kluftzange (W3) [Adelung]


Die Kluftzange, plur. die -n, S. Kluft 3.


Klug (W3) [Adelung]


Klug, klüger, klügste, adj. et adv. welches ehedem eigentlich sehend, und in engerer Bedeutung scharf sehend, weit um sich sehend bedeutete, aber in diesem Verstande längst veraltet, und nur noch im figürlichen Sinne von dem Sehen mit den Augen des Geistes üblich ist. 1. In weiterer Bedeutung, für vernünftig, Einsicht in den Zusammenhang der Dinge habend, und in dieser Einsicht gegründet. 1) Absolute, Vernunft oder Verstand habend, des Gebrauches derselben fähig; wo es nur im gemeinen Leben mit der Verneinung und als ein Nebenwort gebraucht wird. Ich glaube, du bist nicht klug. Man siehet wohl, daß sie nicht recht klug sind, nicht wohl bey Verstande sind; wofür auch das Wort gescheidt gebraucht wird. 2) Viel Vernunft, viel Einsicht in den Zusammenhang der Dinge habend, und darin gegründet. Der klügste gibt nach. Ein kluges Kind. Vor den Jahren klug werden. Das Ey will klüger seyn, als die Henne. Klüger thun, als es sich für seine Jahre schickt. Dein Wort machet klug die Einfältigen, Ps. 119, 130. Daß es ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte, 1 Mos. 3, 6; als könnte er Verstand geben, Michael. Man kann kein kluges Wort mit ihm reden. Durch Schaden klug werden. Altklug, mehr Einsicht habend, als den Jahren nach gewöhnlich ist. Staatsklug, Einsicht in Staatssachen habend. Weltklug, Einsicht in Welthändel habend. In engerer Bedeutung ist eine kluge Frau, im gemeinen Leben, so wie 2 Sam. 14, 2, eine Frau, welche verborgene Einsichten besitzet, z. B. die Gabe der Prophezeihung, der schwarzen Kunst u. s. f. welche auch wohl eine weise Frau genannt wird. 3) Auch nur in Betrachtung einzelner Fälle; nur als ein Nebenwort. Ich kann aus der Sache nicht klug werden, kann ihren Zusammenhang nicht einsehen, kann nicht daraus gescheidt werden, kann mich darein nicht finden. Ich habe noch nicht klug aus ihm werden können. Jetzt bin ich so klug, wie vorher. 2. In engerer Bedeutung: 1) Geschickt; nur noch im gemeinen Leben. Ein kluger Meister, der ein Bild fertige, das beständig sey, Es. 40, 20. Ein kluger Redner, Es. 3, 3. 2) Gelehrt; gleichfalls nur noch im gemeinen Leben. Das Evangelium zu predigen, nicht mit klugen Worten, 1 Cor. 1, 7. Kluge Fabeln, 2 Pet. 1, 16. 3) Fertigkeit besitzend, sich in alle Umstände zu schicken und dieselben vortheilhaft zu gebrauchen, und in dieser Fertigkeit gegründet. Ein kluger Kopf. Das war klug gemacht. Seine Sachen sehr klug einrichten. Das ist der klügste Rath, den man ihm geben kann. Ein kluger Streich. In der engsten und wissenschaftlichen Bedeutung bezeichnet es nur die rechtmäßige Anwendung dieser Fertigkeit; zum Unterschiede von dem schlau und listig. Ein kluger Redner. Ein kluger Haushalter. Eine kluge und von allem Geitze entfernte Sparsamkeit. Die kluge Einfalt. Ein kluges Herz handelt bedächtiglich, aber die kühnen Narren regieren närrisch, Sprichw. 15, 2.

Anm. 1. Bey dem Kero als ein Nebenwort claulicho, bey dem Ottfried glau, im Angels. gleaw, im Nieders. noch jetzt glau, scharfsichtig, woraus durch Verstärkung des Gaumenlautes unser klug, Nieders. klook, Dän. glog und klog, Schwed. klok, Isländ. klokr, glöggr, und durch den vorgesetzten Zisch- laut aus glau unser schlau, und aus klug das heutige Oberschwäbische schlug, für schlau, geworden sind. Das ältere glau bedeutete eigentlich hell, und wird noch jetzt im Niedersächsischen von dem Wetter gebraucht, glaues Wetter, helles Wetter; ingleichen von den Augen, glaue Augen, helle, glänzende Augen. Es stammet entweder von glühen, oder unmittelbar von dem alten noch im Oberdeutschen üblichen Zeitworte lugen, sehen, ab, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Engl. to look, wovon auch unser lauschen, und durch vorgesetzten Gaumenlaut, so wohl unser klug, als das alte Schwed. glugga, einsehen, herkommen. Klug bedeutet also, so wie die Lat. providus, circumspectus, eigentlich, das Vermögen besitzend, weit und helle um sich zu sehen, und in der letzten figürlichen Bedeutung, das Vermögen, alle Umstände vortheilhaft zu nutzen, welches nur durch Erfahrung erworben wird, dagegen sich weise der Abstammung zu Folge zunächst auf die Erkenntniß und Wissenschaft beziehet.

Anm. 2. In den gemeinen Sprecharten gibt es noch eine doppelte Bedeutung dieses Wortes, in welchen es wirklich von einem andern Stamme zu seyn scheinet. In Tirol ist das Kluge die fette, fruchtbare Gewächserde, im Gegensatze der tauben unfruchtbaren Erde. Es scheinet in dieser Bedeutung aus Kley entstanden zu seyn, und zunächst den Begriff der zähen, zusammen hangenden Fettigkeit zu haben; ( S. der Kley,) welches in einigen Gegenden gleichfalls ungewissen Geschlechtes ist, und in dem Munde des hauchenden Oberdeutschen leicht in Klug übergehen konnte. In andern Oberdeutschen Gegenden bedeutet klug karg, und da scheinet es eine Figur der vorigen Bedeutung zu seyn, indem man für karg auch zähe, und im Latein. tenax sagt.


Klügeln (W3) [Adelung]


Klügeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und von klug abstammet, so fern es die Einsicht in den Zusammenhang der Dinge bezeichnet, den Zusammenhang der Dinge durch Nachdenken zu erforschen suchen; doch nur entweder mit Verachtung und im Scherze, oder im nachtheiligen Verstande, von einer vorwitzigen Bemühung dieser Art. Über eine Sache klügeln. Nicander wird durch vieles Klügeln So klug als ein geheimer Rath, Haged. Er glaubt und klügelt nicht, ebend. So klügelt ein Verstand, der eigennützig denkt, ebend. Soll die Seele sich entwickeln und in rechter Größe blühn, O so muß kein klügelnd Meistern ihr die Majestät entziehn, ebend. Und Zachariä sagt von einem Schneider: Mit klügelndem Gesicht Wollt' er die letzte Hand an einen Marquis legen. Die Diminutiva bezeichnen nicht alle Mahl eine körperliche Kleinheit, sondern auch oft eine moralische. Daher rühret der Nebenbegriff des Vorwitzes, welcher diesem Worte anklebt, und welcher macht, daß es außer diesem Falle nur im Scherze gebraucht wird, ob es gleich im gemeinen Leben zuweilen für nachsinnen überhaupt gebraucht wird. Auf eben diese Art ist von Vernunft das Zeitwort vernünfteln gebildet.


Klügeler (W3) [Adelung]


Der Klügeler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Person, welche klügelt; ein Staatsklügler, der in Staatssachen klügelt. Siehe Klügling.


Klügeley (W3) [Adelung]


Die Klügeley, plur. die -en, die vorwitzige Bemühung, die Ursachen und den Zusammenhang der Dinge zu erforschen.


Klugheit (W3) [Adelung]


Die Klugheit, plur. car. das Abstractum des Beywortes klug. 1. Die Fertigkeit, den Zusammenhang der Dinge einzusehen; in welcher weitern Bedeutung es so wohl in der Deutschen Bibel, als im gemeinen Leben mehrmahls vorkommt. 2) In engerer Bedeutung, die Fertigkeit, sich in alle Umstände zu schicken und sie zu seinen Absichten vortheilhaft zu gebrauchen. Sich auf seine Klugheit verlassen. Durch seine Klugheit wird ihm der Betrug gerathen, Dan. 8, 25. Sie hielt es ihrem Stolze gemäßer, hierin Klugheit zu gebrauchen. In dem engsten und gewöhnlichsten Verstande setzt die Klugheit recht mäßige Absichten voraus, um sie von der List, Arglist, und zuweilen auch von der Schlauheit zu unterscheiden. Der Gottlosen Tücke ist nicht Klugheit, Sir. 19, 19. Das ist eine elende Klugheit, die nicht einmahl sich selber zu verbergen weiß.


Klugheitslehre (W3) [Adelung]


Die Klugheitslehre, plur. die -n. 1) Der wissenschaftliche Unterricht von der Klugheit, in der letzten engsten Bedeutung dieses Wortes, und ohne Plural. 2) Ein Buch, worin dieser Unterricht enthalten ist.


Klüglich (W3) [Adelung]


Klüglich, -er, -ste, adv. auf eine kluge Art, mit Klugheit; doch nur in der dritten engern Bedeutung des Beywortes und in der zweyten engern Bedeutung des Hauptwortes. Seine Sachen klüglich einrichten. Klüglich handeln. Jemanden klüglich zuvor kommen. Er kann sich selbst nicht regieren, wie wird er klüglich in seinem Hause zu herrschen wissen? Gell.


Klügling (W3) [Adelung]


Der Klügling, des -es, plur. die -e, eine Person, welche klügelt, den Zusammenhang der Dinge vorwitzig zu erforschen sucht, ein Klügler; ingleichen, welcher sich klug dünket, ohne es zu seyn; bey dem Logau ein Gerneklug, im gemeinen Leben ein Naseweiß, Nieders. Wieshoon, Wiesnäse, Wieshüsgen, Wiesdömling. Es wird von beyden Geschlechtern gebraucht. Sie ist ein Klügling.


Klump (W3) [Adelung]


Der Klump, des -es, plur. die Klümpe, im gemeinen Leben Klümper, Diminut. das Klümpchen, Oberd. Klümplein, ein Wort, welches mit dem folgenden einerley ist, aber doch nur in einigen Fällen von kleinern Klumpen, d. i. unförmlichen Massen welcher, aber daher zäher Körper, üblich ist. So werden die Klöße, so fern sie eine Speise sind, in einigen, besonders Nieders. Gegenden, Klümpe, Klümper, Klümpchen, im Oberdeutschen aber Klümpfe genannt. Eben diesen Nahmen führen an einigen Orten die Klöße oder Erdschollen auf dem Acker. Auch die festern Theile des Breyes, Kleisters und anderer ähnlichen flüssigen oder dicklichen Körper, welche sich zusammen geben, heißen Klümper; z. B. die Klümper in der Buttermilch, ( S. Klümpern und Klümperig.) Ein Klümpchen Butter, Teig, Lehm u. s. f. Im Nieders. werden dergleichen Klümper oder kleine Klumpen auch Klunker genannt.


Klumpen (W3) [Adelung]


Der Klumpen, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Klümpchen, Oberd. Klümplein. 1) Eine zusammen hangende, mit einander verbundene unförmliche Masse von beträchtlicher Größe. Ein Klumpen Gold, Silber, Messing, Bley. Ein Goldklumpen. Ein Klumpen Erde, Thon, Butter. Ein Schneeklumpen. Allerley Metalle in einen Klumpen zusammen schmelzen. Ein Klumpen Haare, Flachs, Werrig, wofür doch Haufen üblicher ist. Ein Klumpen Holz ist noch weniger gebräuchlich, weil man dafür ein Klotz sagt. 2) Ein unförmlicher Haufe mehrerer ohne Ordnung vermischter Dinge, gemeiniglich mit einem verächtlichen Nebenbegriffe. Der Wind warf das ganze Haus in einen Klumpen zusammen. Alles auf einen Klumpen werfen. Das Chaos bey der Schöpfung haben einige, obgleich nicht auf die beste Art, den Mischklumpen genannt, so wie Klumpen für Grouppe in der Mahlerey, wegen des dem erstern Worte anklebenden Nebenbegriffe der Unordnung, des Unförmlichen, gleichfalls unschicklich ist. In der ersten Bedeutung des Chaos kommt bey dem Opitz das Oberdeutsche Klumpf vor: Daß alles nichts als nur ein wüster Klumpfe war.

Anm. Im Oberd. Klumpf, Klumpfen, Nieders. Klamm, Klamp, Klump, Klunt, im Engl. Clump und Lump, im Franz. Lobbe, im Schwed. Klimp und Klump. Es gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Kley, Kleben, Kloß u. s. f. von welchen es nur in dem Ableitungslaute verschieden ist, und wenn man den Gaumenbuchstab, der nicht wesentlich zum Worte gehöret, abrechnet, auch zu Lehm, Leim u. s. f. S. diese Wörter.


Klümpern (W3) [Adelung]


Klümpern, verb. reg. recipr. in Klümper zerfallen. Der Lehm, die Erde klümpert sich; wofür doch bröckeln üblicher ist. Noch mehr, sich in Klümper zusammensetzen. Der Brey klümpert sich. Der Kleister hat sich geklümpert.


Klümperig (W3) [Adelung]


Klümperig, -er, -ste, adj. et adv. Klümper enthaltend, aus Klümpern bestehend. Ein klümperiger Mehlbrey. Klümperig werden.


Klumpskohl (W3) [Adelung]


Der Klumpskohl, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme der Beete, oder des Beißkohles; vermuthlich wegen der dicken unförmlichen Wurzeln.


Klunker (W3) [Adelung]


Die Klunker, plur. die -n, im gemeinen Leben, herab hangende Klümper, oder unförmliche kleine Massen. Klunkern von Roth an den Kleidern haben. Die Spitzen oder Zoten, d. i. zusammen klebenden kleinen Büschel Wolle an den Schafen, heißen Klunkern. Im Nieders. sind Klunkern kleine Klümper aller Art, und in Hamburg heißt ein hangender Quast eine Klunker. Eben daselbst bedeutet klungeln so wohl sich verbinden, als auch einschrumpfen, to clinch, wo to cling auch fest anhangen ist. Es gehöret gleichfalls zu dem Geschlechte des Wortes Klumpen, und lautet in einigen Mundarten auch Klunt, Klunter.


Klunkererbse (W3) [Adelung]


Die Klunkererbse, plur. die -n, ein Nahme der Dolden- oder Rosenerbsen, Pisum umbellatum L. weil ihre Blumen in Klunkern, d. i. Dolden, entspringen.


Klünkermuß (W3) [Adelung]


Das Klünkermuß, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, ein mit Fleiß klümperig gekochter Mehlbrey, welcher eine Speise gemeiner Leute ist, und auch Klinkerkost genannt wird; von den Klunkern oder Klümpern, woraus er bestehet.


Klunse (W3) [Adelung]


Die Klunse, S. Klinse.


Klüpfel (W3) [Adelung]


Der Klüpfel, S. Klöppel.


Kluppe (W3) [Adelung]


Die Kluppe, plur. die -n, ein in manchen Gegenden für Kloben übliches Wort. 1) Eine Enge, eine Klemme, doch nur in der R. A. jemanden in die Kluppe bekommen, ( S. Klopfe.) 2) Ein gespaltenes Werkzeug, etwas damit zu fassen, und fest zu halten, ein Kolben; in verschiedenen einzelnen Fällen. Bey den Messerschmieden und Schlössern ist die Kluppe eine hölzerne Zange, polirte Sachen darin in den Schraubestock einzuspannen. Im Bergbaue und in den Gewehrfabriken ist die Kluppe eine Zange, womit der Bohrer, wenn er im Loche zerbricht, heraus gezogen wird; wo dieses Wort auch der Klupp oder Klub lautet. Die Kluppe der Kammacher ist eine Bank, worein die Kämme gespannet werden, wenn sie ihre Zähne bekommen sollen. Die Klemme, womit man wilden Pferden das Maul oder die Nase klemmet, und wovon die Bremse eine Art ist, heißt an einigen Orten eine Kluppe. An vielen Orten castriret man die Schafböcke mit einer Kluppe, d. i. einen gespaltenen Holze, mit welchem man den Beutel über den Hoden einklemmet, welche Arbeit alsdann kluppen genannt wird. 3) Eine Kluppe Vögel, eine Zahl von vier oder fünf kleinen eßbaren und gerupften Vögeln, weil man sie gemeiniglich mit den Hälsen zwischen zwey dünne Hölzer klemmet, und sie auf solche Art zum Verkaufe bringet. S. Kloben, Kluft und Klieben.


Klüse (W3) [Adelung]


Die Klüse, plur. die -n, an den Schiffen, zwey Löcher zu beyden Seiten vorn an dem Schiff, wodurch die Ankertaue gehen; die Klüslöcher. Im Holländ. Kluyse. Es gehöret zu dem Worte Klause, und beweiset, daß dasselbe nicht unmittelbar aus dem Lat. geborget ist.


Klutter (W3) [Adelung]


Die Klutter, plur. die -n, bey den Vogelstellern, eine Vogelpfeife von Birkenschalen, die Vögel damit anzulocken. Vielleicht von dem Worte Laut, mit vorgesetztem Gaumenbuchstaben.


Klystier (W3) [Adelung]


Das Klystier, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Clyster, und dieß aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, waschen, eine durch den Hintern eingespritzte Arzeney. Bey dem Hornegk Glisterey, bey dem Hagen Christeri, Franz. Lavement. Jemanden ein Klystier beybringen, oder setzen, ihm das verordnete Genesungsmittel einspritzen, welches auch ihn klystieren genannt wird, und vermittelst der Klystier-Spritze geschiehet.


Knabe (W3) [Adelung]


Der Knabe, des -n, plur. die -n, Diminut. das Knäbchen, Oberd. Knäblein. 1) * In der weitesten Bedeutung, eine jede junge Mannsperson, selbst ein junger Mann, d. i. eine männliche Person, bis bald nach dem angetretenen männlichen Alter; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher es noch mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt. Im Scherze sagt man noch ein alter Knabe, eine bejahrte Mannsperson. ( S. Knappe) welches noch ein Überbleibsel dieser Bedeutung ist. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, ein Kind männlichen Geschlechtes, eine junge Mannsperson, so lange sie noch nicht das Jünglingsalter erreicht hat, d. i. von der Empfängniß an bis zum 14ten oder 15ten Jahre; wo es in der anständigern Schreibart für die niedrigern Junge und Bube vorkommt. Mit einem Knäbchen schwanger gehen. Von einem Knäbchen entbunden werden. Ein ungezogener, ein artiger, ein frommer Knabe. Ein Edelknabe, Bauerknabe, Schulknabe, Hirtenknabe u. s. f.

Anm. Im Nieders. Knape, im Dän. Knab, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Nach dem Isidor war bey den alten Galliern Gnabat, wofür man vielleicht richtiger Gnaba lieset, natus, generatus, filius. creatus vel enixus. Das Engl. Knave, ein Knecht ingleichen ein Betrieger, kommt mehr mit dem heutigen Knappe überein, S. dasselbe. Der Genitiv des Knaben ist in der anständigen Schreibart am üblichsten; dagegen man im gemeinen Leben häufig des Knabens sagt. S. Knappe, Knecht, Kneipschenke.


Knabenalter (W3) [Adelung]


Das Knabenalter, des -s, plur. inus. dasjenige Alter, in welchem man noch ein Knabe ist.


Knabenkraut (W3) [Adelung]


Das Knabenkraut, des -es, plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche ein hornförmiges Honigbehältniß hinter der Blume hat; Orchis L. Sie hat den Nahmen von ihren zwey runden und länglichen Wurzeln, welche zweyen Öhlbeeren gleichen, und wobey man sich die Hoden eines Knaben vorgestellet hat, daher diese Pflanze von einigen auch Hundshödlein genannt wird. Bey andern ist sie unter dem Nahmen Stendelwurz bekannt. Die Händleinwurzel ist eine Art des Knabenkrautes. 2) Von andern wird auch die Hauswurz, Sedum L. welche bey andern fette Henne heißt, Knabenkraut, und wegen ihrer Heilkräfte Wundkraut, Bruchkraut genannt.


Knabenschänder (W3) [Adelung]


Der Knabenschänder, des -s, plur. ut nom. sing. eine Person männlichen Geschlechtes, welche Knaben, und in weiterer Bedeutung, andere Mannspersonen schändet, d. i. zur Befriedigung der Wollust mißbraucht. Daher die Knabenschänderey, und das Bey- und Nebenwort knabenschänderisch.


Knack (W3) [Adelung]


Knack, ein unabänderliches Wörtchen, welches den Schall nachahmet, den ein harter Körper von sich gibt, wenn er plötzlich bricht oder brechen will, und wofür auch knacks üblich ist, siehe dasselbe. Das Glas sagte knack. Knack, da war es entzwey! Daher das Hauptwort der Knack, des -es, plur. die -e, dieser Schall. Es that einen Knack, man hörete einen Knack. Im gemeinen Leben auch der Knacker, der Knacks. ( S. Knacken und Knacks.) Knick druckt einen feinern, knuck aber einen gröbern Schall dieser Art aus.


Knackbeere (W3) [Adelung]


Die Knackbeere, plur. die -n, eine Art weißer wilder Erdbeeren, welche in Thüringen an rauhen gebirgigen Orten wachsen, und auch Bröslinge genannt werden. Vermuthlich wegen ihrer Härte.


Knacke (W3) [Adelung]


Die Knacke, bey den Tischlern, S. Knie 1.


Knacken (W3) [Adelung]


Knacken, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Neutrum, mit den Hülfsworte haben. 1) Denjenigen Schall von sich geben, welchen das Wörtchen knack ausdruckt. Ein Glas knackt, indem es einen Riß bekommt oder zerbricht. Ein Bret knackt, so wohl wenn es einen Spalt bekommt, als auch wenn es brechen will. Ich höre es knacken. Die Finger knacken lassen, durch Verdrehung der Gelenke diesen Schall hervor bringen; wofür auch krachen üblich ist, obgleich dieses eigentlich einen stärkern Schall dieser Art bezeichnet. Das Zähn und Schwarte knackte, Opitz. 2) Diesen Schall hervor bringen. Mit den Fingern knacken, durch Verdrehung der Gelenke. II. Als ein Activum, mit Hervorbringung dieses Schalles öffnen. Nüsse knacken. Kirschkerne, Pfirschkerne knacken, wofür doch das zusammen gesetzte aufknacken üblicher ist. Läuse knacken, sie auf solche Art tödten, welches geschiehet, indem man sie mit dem Nagel des Fingers zerdrückt. Anm. Im Nieders. gleichfalls knacken, im Engl. to knack, wo to knock auch klopfen ist, im Dän. knecke, im Schwed. knacka, knaka; knaecka, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Knacker (W3) [Adelung]


Der Knacker, des -s, plur. ut nom. sing. 1) S. Knack. 2) Ein Werkzeug zum Knacken, doch nur in dem zusammen gesetzten Nußknacker, ein Werkzeug, die Nüsse aufzuknacken.


Knackerweide (W3) [Adelung]


Die Knackerweide, plur. die -n, eine Art Weiden, welche ein sehr brüchiges Holz hat, und deren Reiser bey der geringsten Berührung wie Glas abspringen, daher sie auch Bruchweide, Glasweide und Sprockweide, sonst aber auch Roßweide und Felber genannt wird; Salis fragilis L.


Knackmandel (W3) [Adelung]


Die Knackmandel, plur. die -n, Mandeln in Schalen, welche man erst aufknacken muß, wenn man die Mandeln haben will; Krachmandeln, Nieders. Kraakmandeln, Schwed. Krakmandel.


Knacks (W3) [Adelung]


Knacks, ein Wort, welches so wie knack gebraucht wird, und auch als ein Hauptwort üblich ist. Es gab oder that einen Knacks. Figürlich bedeutet es auch einen fehlerhaften Riß, einen Sprung oder Bruch in einem harten Körper. Das Glas hat einen Knacks bekommen. Nach einer noch weitern Figur, auch ein unersetzlicher Schaden an der Gesundheit, doch nur in den niedrigen Sprecharten.


Knackwurst (W3) [Adelung]


Die Knackwurst, plur. die -würste, aus Schweinefleisch und Schweinefett bereitete und hart geräucherte dünne Würste, weil sie gleichsam knacken, wenn man sie von einander bricht. Nieders. Knakwust, Knappwust, aus eben dieser Ursache, von Knapp, harte, trockne Speise.


Knallbüchse (W3) [Adelung]


Die Knallbüchse, plur. die -n, ein hohles Rohr der Kinder, mit welchem ein Knall hervor gebracht wird, wenn man die vermittelst eines Pfropfens zusammen gepreßte Luft plötzlich befreyet; die Klatschbüchse, Platzbüchse, Nieders. Ballerbüchse.


Knallen (W3) [Adelung]


Knallen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1) Einen Knall von sich geben. Ein Gewehr knallet, wenn es gelöset wird. 2) Einen Knall verursachen, hervor bringen. Mit einem Gewehre knallen, es bloß um einen Knall hervor zu bringen, abschießen. Mit der Peitsche knallen, wofür auch klatschen, im Oberd. schnalzen, und im Nieders. klappen üblich ist.


Knallglas (W3) [Adelung]


Das Knallglas, des -es, plur. die -gläser, kleine runde gläserne und mit Luft oder Wasser angefüllte Kugeln, welche, wenn man sie auf glühende Kohlen leget, mit einem Knalle zerspringen.


Knallgold (W3) [Adelung]


Das Knallgold, des -es, plur. inus. ein mit saurn Geistern verbundener Goldkalk, oder aus der Auslösung niedergeschlagenes Gold, welches mit einem heftigen Knalle in die Luft flieget, wenn man es über das Feuer bringt; Platzgold, Prasselgold, Schlaggold, Goldsaffran, aurum fulminans.


Knallpulver (W3) [Adelung]


Das Knallpulver, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut nom. sing. ein aus Salpeter, Weinsteinsalz und Schwefel bereitetes Pulver, welches einen gewaltigen Knall von sich gibt, wenn man es über das Feuer oder Licht hält; Platzpulver, Schlagpulver.


Knapp (W3) [Adelung]


Knapp, -er, -ste, adj. et adv. ein vorzüglich in Niedersachsen übliches Wort. 1. Eigentlich. 1) Nahe anliegend, fest anschließend. Das Kleid liegt knapp an. Wie schalkhaft verräth Das knappe Corset, Das schließende Mieder Die schlankesten Glieder! Weiße. 2) Enge. Knappe Schuhe tragen. Das Kleid ist mir zu knapp. 2. Figürlich. 1) Schwer zu haben und zu erwerben, klamm, klemm. Das Geld ist bey ihm knapp. Das Wasser ist bey der großen Dürre sehr knapp geworden. 2) Kaum hinreichend. Zu knapp messen. 3) Sparsam, genau. Er ist ein wenig knapp. 4) Sich knapp behelfen, sparsam leben müssen, kaum seine Nothdurft haben. Es gehet ihm knapp, er ist dürftig. Es gehet hier sehr knapp zu, sehr sparsam. 5) Kaum, als ein Nebenwort. Es wird knapp zureichen. Ich kann es knapp glauben. 6) Kurz, der Dauer nach. Knapp darauf, gleich darauf. Er kam knapp nach mir, gleich nach mir.

Anm. Im Dän. ist kneben enge, genau, und neppe kaum, im Nieders. nippe genau, scharf, und im Schwed. knapp geschwinde, enge und karg, napp aber enge. Es scheinet entweder aus genau, Nieders. nau, geworden zu seyn, und mit demselben von nahe abzustammen, oder unmittelbar zu dem folgenden Zeitworte knappen zu gehören, S. dasselbe.


Knappe (W3) [Adelung]


Der Knappe, des -n, plur. die -n, ein in dem gemeinen Sprachgebrauche der Hochdeutschen größten Theils veraltetes Wort, welches ehedem in folgenden Bedeutungen üblich war. 1. Eine jede junge Mannsperson, ein junger Mann; in welcher Bedeutung es im Niedersächsischen Knape lautete, und einen Jüngling bedeutete, in welchem Verstande auch Knabe ehedem üblich war. 2. In engerer Bedeutung, so fern jüngere Personen gemeiniglich den ältern dienen, oder zu gewissen Diensten verbunden sind, war Knappe, Nieders. Knape, eine jede der andern zu gewissen Diensten verbundene Person, ohne Unterschied dieser Dienste, indem es ehedem so wie Knecht von Dienern aller Art, von den vornehmsten bis zu den niedrigsten gebraucht wurde. Auf ähnliche Art bedeutet das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und das Lat. puer so wohl einen Knaben, als auch einen Diener, ohne Rücksicht des Alters, und im mittlern Lateine wurden alle, andern untergeordnete Personen, Juniores genannt. Besonders war es in folgenden Fällen üblich. 1) Von einem jungen von Adel, welcher noch nicht Ritter war, sondern die Ritterschaft erst noch erlernete, die Jahre, so zu sagen, bey einem Ritter stand, dessen Waffen trug, und ihm in Gefechten Beystand leistete; ein Schildträger, Knecht, Edelknecht, im Engl. ehedem Knave, Knight, im Schwed. Knape, im Nieders. Knape, im mittlern Lat. Knapo und Famulus. In weiterer Bedeutung kommen auch die Dienstmänner, welche sich gegen ein Leben zu gewissen Hofdiensten verbanden, und in noch weiterer Bedeutung alle männliche Personen von niederm Adel, in dem mittlern Zeiten unter dem Nahmen der Knappen vor. ( S. Knecht.) 2) Ein Gesell, bey verschiedenen Handwerkern, z. B. bey den Müllern und einmännischen Tuchmachern, deren Gesellen Mühlknappen, Tuchknappen, und auch nur Knappen schlechthin genannt werden. Auch bey den Leinwebern führen sie an einigen Orten diesen Nahmen, da denn auch wohl weibliche Personen, welche, so wie die Gesellen arbeiten, Knappinnen genannt werden. Die Knappen die der Muile pflegen, in der Parän. Tirol. Auch die Bergleute werden Knappen oder Bergknappen, und an einigen Orten auch die Arbeiter in den Salzkothen Salzknappen genannt. 3) Ein Knecht im heutigen Verstande, eine Person männlichen Geschlechtes, welche zu den niedrigsten häuslichen Diensten verbunden ist; in welchem Verstande das Wort Knape noch jetzt im Braunschweigischen üblich ist. Angels. Cnapa, Schwed. Knape, Isländ. Knapa, im Engl. Knave. Im mittlern Lat. ist Chnapina eine Magd, und im Span. Ganapa ein Lastträger. Wegen der diesem Stande gemeiniglich anklebenden Laster heißt im engl. Knave jetzt ein Betrieger, ein Schelm, so wie das Lat. Fur ehedem einen Knecht bedeutete.

Anm. S. Knabe, von welchem Worte es bloß durch die härtere Aussprache des b unterschieden ist; ingleichen Knecht.


Knappen (W3) [Adelung]


Knappen, verb. reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben bekommt, und eigentlich eine Art eines Schalles ausdruckt, dessen feinere Art durch knippen bezeichnet wird. 1. Eigentlich diesen Schall von sich geben und hervor bringen; in welcher Bedeutung es doch mehr in den gemeinen Mundarten, als im Hochdeutschen üblich ist. Das Feuer knappt, im Oberdeutschen, wofür man im Hochdeutschen knastern oder knistern sagt. Im Engl. ist to knap, und im Nieders. knappen, klappen, klatschen, Schwed. knaepa. Das mit dem Zischlaute vermehrte schnappen ist eine Art dieses Schalles. 2. Figürlich von verschiedenen Verrichtungen, welche mit diesem Schalle verbunden sind. 1) Nüsse knappen, im Oberdeutschen, sie knacken. 2) Nagen, gleichfalls nur im Oberdeutschen. Wir haben nichts zu knappen, nichts zu beißen noch zu brechen. Die Frequentativa knappern und knuppern bedeuten in den gemeinen Sprecharten, harte trockene Speisen mit einem gewissen Geräusche zerbeißen. ( S. Knaupeln.) 3) Kneipen, zwacken, auf eine Art mit einer Zange abbrechen, welche diesen Schall hervor bringt; doch nur in den im gemeinen Leben üblichen Zusammensetzungen abknappen, beknappen, abzwacken, bezwacken. 4) Schwanken, sich hin und her bewegen, mit dem Kopfe nicken. Lauter im Hochdeutschen unbekannte Bedeutungen, welche noch hin und wieder im Oberdeutschen vorkommen, wo ein Gnapper auch ein Jaherr ist, der zu allem nicket. Eben dahin gehöret auch der Oberdeutsche Gebrauch, nach welchem es hinken, besonders ein wenig hinken, bedeutet; Franz. clopiner. Im mittlern Lat. ist cloppus hinkend.


Knappengericht (W3) [Adelung]


Das Knappengericht, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, z. B. in der Grafschaft Hoya, eine Art adeliger Gerichte; von Knappe, eine Person von niederm Adel.


Knappenrecht (W3) [Adelung]


Das Knappenrecht, des -es, plur. die -e, bey den Handwerkern, nach dem Frisch, dasjenige, was ein neu gemachter Gesell seinen Pathen zum Geschenke geben muß; vielleicht nur bey denjenigen Handwerkern, welche ihre Gesellen Knappen nennen.


Knappholz (W3) [Adelung]


Das Knappholz, des -es, plur. inus. ein im Oberdeutschen für Klappholz üblichs Wort. S. dasselbe.


Knappsack (W3) [Adelung]


Der Knappsack, des -es, plur. die -säcke, vornehmlich im Niedersächsischen, ein Sack, und in weiterer Bedeutung ein jedes Verhältniß, in welchem man auf Reisen trockene Speisen bey sich zu führen pfleget; Engl. Knapsack. Entweder von knappen, trockne Sachen mit einem gewissen Geräusche zerbeißen, oder auch unmittelbar von dem Nieders. Knapp, trockne harte Speisen. Die Hochdeutschen haben den Zischlaut davor gesetzt und daraus ihr Schnappsack gemacht, welches leicht zu einer falschen Ableitung verführen könnte. Im Franz. ist Canapsa ein Reiseränzel.


Knarpeln (W3) [Adelung]


Knarpeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und denjenigen unterbrochenen Schall nachahmet, welcher z. B. entstehet, wenn man gewisse trockene und harte Dinge mit den Zähnen zerbeißet. An einem Beine knarpeln, mit diesem Geräusche nagen. Daher werden die so genannten Rheinischen Kirschen, wegem ihres festern und härtern Fleisches in Obersachsen Knarpelkirschen genannt. S. Knorpel, welches genau damit verwandt ist.


Knarränte (W3) [Adelung]


Die Knarränte, S. Schnarränte


Knarre (W3) [Adelung]


Die Knarre, plur. die -n, ein Werkzeug damit zu knarren, dergleichen an einigen Orten die Nachtwächter führen.


Knarren (W3) [Adelung]


Knarren, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und eine Art eines zitternden und rauschenden Schalles ausdruckt, dergleichen der ist, welchen die Bewegung des Rades um eine ungeschmierte Achse macht, und wovon knirren eine feinere, knorren und knurren aber eine gröbere Art ausdruckt. 1) Diesen Schall von sich geben. Die Räder eines Wagens knarren, wenn sie nicht geschmiert werden. Eine Thür knarret, wenn die Angel nicht geschmieret ist. Neue Schuhe, ein mit Getreide beladener Wagen knarren, so wie der gefrorne Schnee knarret, wenn man darauf gehet. 2) Diesen Schall hervor bringen. Mit den Schuhen knarren. Die Nachtwächter knarren an denjenigen Orten, wo sie statt des Hornes eine Knarre führen. Im Oberdeutschen knarren auch die Hunde, welche im Hochdeutschen knurren. Eben daselbst wird es auch figürlich für murren und knurren gebraucht.

Anm. Im Nieders. gnarren und knarren, im Angels. gnyrran, im Dän. knarre, im Schwed. knarra, im Engl. to gnarr. In den gemeinen Sprecharten hat man davon auch das Frequentativum knarzen. Schnarren ist durch den vorgesetzten Zischlaut aus diesem Worte entstanden, der aber hier nicht müßig ist, sondern wirklich einen besondern, obgleich nahe verwandten Schall ausdruckt.


Knaster (W3) [Adelung]


Der Knaster, S. Canaster.


Knasterbart (W3) [Adelung]


+ Der Knasterbart, des -es, plur. die -bärte, im gemeinen Leben, eine mürrische Person männlichen Geschlechtes, welche beständig tadelt, im verächtlichen Verstande; ein Brummbart. Nieders. Gnötterbart, Gnötterhott. Von knastern, welches im gemeinen Leben der Oberdeutschen für knurren, brummen, üblich ist.


Knastern (W3) [Adelung]


Knastern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches einen gewissen zitternden und dabey rasselnden Schall nachahmet, dergleichen z. B. derjenige ist, welchen das Feuer macht, wenn es Wachholder und anderes kleines Reisig ergreift. Knistern druckt einen feinern Laut dieser Art aus. Nieders. gnastern und gnaspern, Schwed. knastra. Das Stammwort, von welchem dieses das Frequentativum ist, und welches gleichfalls den Schall nachahmet, ist das Nieders. gnassen, welches den Laut ausdruckt, welchen z. B. die Sense im Mähen macht; Engl. to gnash. Im Oberd. wird knastern figürlich für knurren, brummen, brummend tadeln, gebraucht, S. das vorige.


Knäten (W3) [Adelung]


Knäten, S. Kneten.


Knauel (W3) [Adelung]


Der Knauel, des -s, plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche auf den sandigen Feldern einheimisch ist, und an deren Wurzeln sich das so genannte Johannisblut der Landleute findet; Scleranthus L. kleiner Wegetritt, kleines Wegegras, Hundswürger, Engl. Knawel, Dän. Knavel. 2) Eine Art des Sternmoses mit spitzigen Blättern, Mnium cuspidatum L. welches gleichfalls Hundswürger, im Dän. aber Kaavel genannt wird.


Knäuel (W3) [Adelung]


Das Knäuel, des -s, plur. ut nom. sing. ein runder oder rundlicher Körper, welcher aus über einander gewundenen Fäden bestehet. Ein Knäuel Zwirn, Garn, Wolle, Seide, Bindfaden u. s. f. Seide auf einen Knäuel wickeln oder winden.

Anm. In einigen Mundarten lautet es Knauel. Es hat so wie knapp, Knauf, Knoll, Kopf, Kloß, Klotz, Klumpen und andere Wörter dieser Art eigentlich den Begriff des Verbindens, des Zusammenhangens, und gehöret also zu dem Geschlechte der Wörter Kley und kleben. Denn daß Kn in diesem Worte so viel als Kl ist, erhellet aus den Mundarten und verwandten Sprachen. In einigen Oberdeutschen Gegenden heißt ein solches Knäuel, Kleuel, Klügel, Klungel, im Nieders. Klouwen, im Angels. Cleouuae, Clywe, Clowe, im Engl. Clew. Im Dänischen heißt es ohne Gaumenlaut Nogle. S. Knollen und das folgende.


Knauer (W3) [Adelung]


Der Knauer, des -s, plur. doch nur von mehrern Massen oder Arten, ut nom. sing. im Bergbaue, ein jedes festes, schwer zu gewinnendes, taubes Gestein, besonders ein Schiefergestein dieser Art. Es bäumt sich ein Knauer auf, sagt der Bergmann, wenn er im Arbeiten auf ein solches Gestein geräth. Es gehöret gleichfalls zu dem Geschlechte des vorigen Wortes, und bezeichnet eigentlich eine fest verbundene Steinart. ( S. 2. Gneiß,) welches eine ähnliche Steinart ist, und der Abstammung nach gleichfalls hierher gehöret; ingleichen Knorren.


Knauerig (W3) [Adelung]


Knauerig, adj. et adv. im Bergbaue, Knauer enthaltend. Knauerige Gänge, wo sich solche Knauer zeigen.


Knauf (W3) [Adelung]


Der Knauf, des -es, plur. die Knäufe, ein Oberdeutsches, im Hochdeutschen größten Theils veraltetes Wort, welches einen Knopf bedeutet, und in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt. Im Hochdeutschen ist es nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich. So wird das Capitäl oder der obere Theil einer Säule in der Baukunst von einigen der Knauf genannt. In der Geschützkunst ist es die wie eine Kugel gebildete Traube an den Steinstücken, sie desto bequemer regieren zu können. Siehe Knopf und Knäuel.


Knaufstämpel (W3) [Adelung]


Der Knaufstämpel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Goldschmieden und andern Metallarbeitern, ein Stämpel, welcher unten abgerundet ist, runde Bleche damit zu hohlen Schälchen zu schlagen, woraus hernach die Knäufe oder Knöpfe an den Kleidern verfertiget werden.


Knaupeln (W3) [Adelung]


Knaupeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und in der vertraulichen Sprechart eigentlich für nagen gebraucht wird, in weiterer Bedeutung aber auch harte Dinge in kleinen Bissen essen bedeutet. An einem Knochen knaupeln. Den ganzen Tag knaupeln, harte Sachen aus der Tasche essen. Ingleichen figürlich, sich mühsam mit einer Sache beschäftigen, ohne weit in derselben zu kommen. Das Geknaupele um mich herum währes nun beynahe schon eine Stunde, Weiße. Knaupelt sie noch an ihrer Tugend? ebend.

Anm. Im Nieders. knibbeln, knabbeln, gnabbeln, gnaueln. Es ist das Diminut. von dem Nieders. knappern, knuxpern, trockne Sachen mit einem Gerassel zerbeißen, ( S. Knapplack,) welches wiederum zu den in den gemeinen Mundarten üblichen knauen, gnauen, nagen, gehöret.


Knauser (W3) [Adelung]


Der Knauser, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Knauserinn, im verächtlichen Verstande, eine Person, welche aus Geitz überall zur Ungebühr etwas zu ersparen und abzubrechen sucht, ein karger Filz; ein Knicker. Nieders. Knauserer, Gnegeler. Von knauen, Nieders. gnauen, gnaueln, nagen, und figürlich, in kleinen Stücken abzwacken, abbrechen. Siehe Knicker, welcher eben das ausdruckt.


Knauserey (W3) [Adelung]


Die Knauserey, plur. die -en, im verächtlichen Verstande, die Fertigkeit, aus Kargheit überall zur Ungebühr etwas abzubrechen, ohne Plural. Ingleichen ein solches Betragen in einzelnen Fällen.


Knauserig (W3) [Adelung]


Knauserig, -er, -ste, adj. et adv. der Knauserey ergeben, und in derselben gegründet. Ein knauseriger Mann. Ein knauseriges Betragen. Nieders. knauserig, gnegelhaftig.


Knausern (W3) [Adelung]


Knausern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Knauserey üben. In allen Ausgaben knausern, etwas abzubrechen, zu ersparen suchen. Auch in der thätigen Form, durch Knauserey erwerben. Viel Vermögen zusammen knausern. Nieders. knausern, gnegeln.


Knaust (W3) [Adelung]


Der Knaust, des -es, plur. inus. in dem Bergbaue einiger Gegenden, z. B. im Mansfeldischen, eine Art eines festen Gesteines, welches oft 1 und 1 1/2 Lachter dick ist. Es gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Knauer und Gneiß.


Knebel (W3) [Adelung]


Der Knebel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches noch häufig von einem kurzen dicken Holze gebraucht wird. In der Landwirthschaft ist der Knebel ein kurzes dickes Holz, wo- mit die Garbenbänder zusammen gezogen werden. Die Jäger haben einen ähnlichen Knebel, womit sie den Hunden, wenn sie sich verbissen haben, das Maul aufbrechen. Am häufigsten wird es von einem kurzen dicken Querholze gebraucht. Der Knüttel, welchen man den Hunden anhängt, heißt bey vielen der Knebel. An manchen Orten fahren die Bergleute auf dem Knebel ein, wenn sie sich auf ein solches an dem Seile befestigtes Querholz setzen; und vermittelst eines solchen Knebels werden auch die Diebe den Galgen hinan gezogen. Leuten, welche bey Gewaltthaten nicht schreyen sollen, bindet man einen Knebel, d. i. ein kurzes dickes Querholz in den aufgesperrten Mund. Auch dergleichen in die Quere gehende Stücke von andern Materien, sind unter diesem Nahmen bekannt, besonders wenn sie dazu dienen, etwas zu halten. Degleichen ist der Knebel an verschiedenen Arten der Ketten, ein gerades in die Quere gehendes Eisen, welches am Ende der Kette befestiget ist, und durch einen Ring derselben gesteckt wird.

Anm. Im Niedersächs. Knevel, im Dän. gleichfalls Knevel. Es scheinet mit den Wörtern Knüppel und Knüttel durch Vertauschung des l und n von klopfen herzustammen, und eigentlich ein Werkzeug zum Klopfen oder Schlagen zu bedeuten. In Nieders. ist Knepel der Klöppel in einer Glocke. Knappen bedeutet so wohl im Nieders. als auch in einigen verwandten Sprachen klappen, und in weiterer Bedeutung schlagen. Das niedrige Knebel, die Knöchel an den Fingern, scheinet nicht hierher, sondern zu Knopf zu gehören, und wird daher von den meisten richtiger Knöbel geschrieben und gesprochen, ( S. dieses Wort.) Ein Knebel zur Verhinderung des Schreyens heißt im Schwed. Kafle, von Kaepp, ein Stock. Im Nieders. bedeutet Knevel figürlich auch einen widerwärtigen Menschen, und im Schwed. ist Knaefwel ein böser Bube; welches Ihre sehr gezwungen von Teufel herleitet. Im Nieders. und Dithmarischen ist knävig stark, und Knäve die Stärke.


Knebelbart (W3) [Adelung]


Der Knebelbart, des -es, plur. die -bärte, der in die Quere gezogene Bart der Oberlippe, bey den Männern, welcher ehedem sehr üblich war, noch jetzt von den Husaren und manchen andern Kriegsvölkern getragen wird, und ehedem auch Gran genannt wurde; der Knebel, der Schnurrbart, Schweitzerbart, im Oberd. Spreitzbart. Figürlich führet bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches ein Ostindisches Gewächs, wegen der an den Blätterzweigen befindlichen hakenförmig gekrümmten Stacheln, den Nahmen des Knebelbartes; Hugonia L.

Anm. Bey dem Hans Sachs Knöbel part, im Schwedischen Knaefwelbar. Wachter leitete es von klieben, spalten, her, weil sich ein Knebelbart zu beyden Seiten des Mundes erstrecket, als wenn er gespalten wäre. Gottsched, welcher in allen Ableitungen unglücklich war, hat den seltsamen Einfall, es von Knabe abzuleiten, und es Knäbelbart zu schreiben, weil jungen Leuten zuerst der Bart auf der Oberlippe zu wachsen pflege. Allein es ist wohl gewiß, daß mit dieser Benennung auf die Ähnlichkeit mit einem Knebel gesehen werde, weil beyde in die Quere gehen. Ihre versichert, das Schwed. Knaefwelbar bezeichne eigentlich barbam bifidam, ohne doch diese Bedeutung des Wortes Knebel zu beweisen.


Knebeleisen (W3) [Adelung]


Das Knebeleisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein besonderes Eisen, dem Knebelbarte damit seine gehörige Gestalt zu geben.


Knebeler (W3) [Adelung]


Der Knebeler, des -s, plur. ut nom. sing. zusammen gezogen Knebler, Fämin. die Kneblerinn, in der Landwirthschaft Obersachsens, diejenigen Personen, welche in der Ernte die Garben knebeln, d. i. mit dem Knebel zusammen binden; der Binder, die Binderinn.


Knebeln (W3) [Adelung]


Knebeln, verb. reg. act. vermittelst eines Knebels zusammen ziehen oder binden. Die Garben knebeln, in der Landwirthschaft. Ingleichen mit einem Knebel verstopfen, verschließen, befestigen. Jemanden knebeln, ihm das Maul mit einem Knebel verschließen. So auch in den Ableitungen aufknebeln, anknebeln, zuknebeln u. s. f.


Knebelspieß (W3) [Adelung]


Der Knebelspieß, des -es, plur. die -e, ein Spieß mit einem Knebel, d. i. mit einem Quereisen unter der Spitze, dergleichen unter andern noch die Jäger haben, den Sauen damit den Fang zu geben, wo er auch das Fangeisen genannt wird. Der Knebel befindet sich daselbst 2 oder 1 1/2 Spannen unter dem Eisen, und hindert das weitere Andringen des Schweines. Auch dieses Wort sollte dem Gottsched zu Folge von Knabe abstammen, und daher Knäbelspieß geschrieben werden, weil ein solcher Spieß kürzer als eine Lanze, und leichter als eine Hellebarte sey; eine Voraussetzung, welche eben so unrichtig ist, als die Ableitung.


Knebelwachs (W3) [Adelung]


Das Knebelwachs, des -es, plur. inus. ein auf besondere Art zubereitetes Wachs, den Knebelbart damit zu bestreichen, und ihm seine gehörige Gestalt zu geben.


Knechtgeld (W3) [Adelung]


Das Knechtgeld, des -es, plur. die -er, ein nur noch in einigen Gegenden übliches Wort, eine Soldatensteuer, eine Steuer zur Unterhaltung der Besatzungssoldaten zu bezeichnen; von Knecht, ein Soldat.


Knechtisch (W3) [Adelung]


Knechtisch, -er, -te, adj. et adv. nach Art eines Knechtes, in dem Zustande eines Knechtes gegründet, doch nur in engerer und verächtlicher Bedeutung. Das knechtische Joch, Gal. 5, 1, der sclavische, gezwungene und auf bloße Furcht vor der Strafe gegründete Gehorsam gegen das Jüdische Gesetz. Die knechtische Furcht, welche aus bloßer Vorstellung der bevor stehenden Strafe entstehet, im Gegensatze der kindlichen Furcht. Ein knechtisches Gemüth, ein niedriges Gemüth, welches seine Bewegungsgründe bloß aus der bevor stehenden Strafe hernimmt. Gott knechtisch fürchten.


Knechtlich (W3) [Adelung]


Knechtlich, adj. et adv. einem Knechte ähnlich, in dem Zustande eines Knechtes gegründet, im guten, wenigstens gleichgültigen Verstande. Der knechtliche Gehorsam, welchen ein Knecht seinem Herren zu leisten verbunden ist.


Knechtschaft (W3) [Adelung]


Die Knechtschaft, plur. inus. der Stand eines Knechtes; doch nur im figürlichen Verstande, der Stand einer harten Dienstbarkeit. Jemanden in der Knechtschaft halten. Sich der Knechtschaft entziehen. Die Knechtschaft der Sünde, oder der Stand der Knechtschaft, in der Theologie, derjenige Zustand, in welchem der Mensch von dem natürlichen Triebe zur Sünde ohne den geringsten durch die Erkenntniß des Gesetzes gewirkten Widerstand beherrschet wird. In engerer Bedeutung ist es derjenige Zustand, da der Mensch bey allem durch die Erkenntniß des Gesetzes gewirkten Widerstande dennoch von der Sünde beherrschet wird, welcher auch der gesetzliche Zustand genannt wird.


Knechtvieh (W3) [Adelung]


Das Knechtvieh, des -es, plur. inus. in der Landwirthschaft, diejenigen Schafe, welche auf den Schäfereyen die Schäferknechte zu ihrem eigenen Nutzen mit halten dürfen.


Kneif (W3) [Adelung]


Der Kneif, des -es, plur. die -e, ein Messer; doch nur noch in einigen Gegenden. Besonders pflegen die Schuster ihr auswärts gekrümmtes Messer den Kneif oder Schusterkneif zu nennen. Der Kneif der Gärtner hat eine einwärts gekrümmte Schneide.

Anm. Im Nieders. Knief, im Dän. Kniv, im Angels. Knife, im Schwed. Knif, im Span. Gannivette, im Engl. Knife, im Franz. Canif, ein Federmesser, im mittlern Lat. Kaninus und Canipulus. Von kneifen, kneipen, so fern es ehedem schneiden, scheren bedeutete. Im Wallisch. ist cneifio scheren, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - sigen, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - schaben, bey dem Ulphilas hniupan reißen brechen.


Kneifen (W3) [Adelung]


Kneifen, verb. irreg. act. Imperf. ich kniff, Mittelw. gekniffen. 1) * Drücken; in welcher weitesten Bedeutung es im Hochdeutschen veraltet ist. Nur sagt man noch in der Seefahrt im figürlichen Verstande, den Wind kneifen, sich im Segeln hart an dem Winde halten. 2) * Schneiden, sägen, scheren; drey veraltete Bedeutungen, von deren beyden ersten die Wörter Kneif und Kneifer noch Überbleibsel sind. 3) Mit den Spitzen zweyer Finger, oder mit einer scharfen Zange stark drücken. Jemanden in den Arm kneifen. Er kniff mich in die Backen. ( S. Kneipen,) welches im Hochdeutschen wenigstens eben so gebräuchlich ist.


Kneifer (W3) [Adelung]


Der Kneifer, oder Kneiper, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Vögel, welche einen kegelförmigen Schnabel hat, dessen beyde Hälften lang und ausgezackt wie eine Säge sind; daher er auch Säger, Stücksäger genannt wird. Serrator Klein. Engl. Knyper. Von kneifen, so fern es ehedem auch sägen bedeutete.


Kneipe (W3) [Adelung]


Die Kneipe, plur. die -n, 1) In einigen Gegenden Niedersachsens, eine Klemme, ein Werkzeug zum Kneipen, und in weiterer Bedeutung zum Klemmen. Auch figürlich, in der Kneipe sitzen, in der Klemme, in Verlegenheit seyn. 2) Das Zwicken im Leibe, Schmerzen in den Gedärmen, welche den durch Kneipen verursachten Schmerzen ähnlich sind; ohne Plural und nur im gemeinen Leben. Die Kneipe haben. Die Bauchkneipe. Für das Kneipen, das Bauchkneipen. 3) S. Kneipschenke.


Kneipen (W3) [Adelung]


Kneipen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen auch in der dritten Bedeutung des Zeitwortes kneifen üblich ist. Mit den Fingern kneipen. Hat sie ihn nicht lachend in die Wange gekneipt? Geßn. Und kneipt sie in die vollen Backen, Gell. Wo es von einigen auch nach dem Muster des Zeitwortes kneifen irregulär abgewandelt wird. Drauf knipp er mich in den Backen, Weiße. Ingleichen figürlich, einen Schmerzen verusachen, der dem durch Kneipen verursachten Schmerzen ähnlich ist; in welcher Bedeutung kneifen im Hochdeutschen nicht gebraucht wird. Von engen Kleidern und Schuhen, wenn sie diesen Schmerzen verursachen, sagt man, daß sie uns kneipen. Er kneipt mich im Leibe. Das Kneipen haben. Das Bauchkneipen. (Siehe Kneipe 2.) Oft ist dafür auch zwicken üblich. Anm. Nieders. knipen, Dän. knibe, Engl. to knap, im Schwed. knipa, wo Knip auch die Enge, die Kneipe ist, im Isländ. klipa, im Angels. clypan, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ( S. Kneif.) Es ist mit knapp, enge, genau verwandt. In beyden ist das k nur ein müßiger Begleiter des flüssigen n, weil im engl. to nip, im Holländ. nypen, im Schwed. nipa, im Isländ. niupa, auch für kneipen gebraucht wird, ja selbst im Deutschen ist neppen und noppen im ähnlichen Verstande üblich. ( S. diese Wörter.) Klemmen und kneipen sind nahe verwandt, nur daß dieses mit spitzigen oder fast spitzigen gekrümmten Körpern, jenes aber mit mehr flachen geschiehet.


Kneiper (W3) [Adelung]


Der Kneiper, S. Kneifer.


Kneipschenke (W3) [Adelung]


Die Kneipschenke, plur. die -n, eine kleine, schlechte, geringe Schenke im verächtlichen Verstande; eine Kneipe, im Nieders. eine Klippschenke, ein Klippkrug. Man würde dieses Nieders. als die wahre Schreibart annehmen können, indem n und l in hundert andern Fällen in einander übergehen, wenn es nicht aus der Vergleichung der Wörter Knabe, knapp, Knappe und Knecht wahrscheinlich würde, daß knab, kneip, ursprünglich klein, schlecht, gering, bedeutet hätte, welches dem Begriffe einer Kneipschenke gemäß ist. In den gemeinen Sprecharten ist Knipps ein sehr kleiner Mensch, und im Schwed. nepa klein und artig, Nieders. niber.


Kneipwurm (W3) [Adelung]


Der Kneipwurm, des -es, plur. die -würmer, eine kleines fliegendes Insect, welches die Sprossen und Spitzen der jungen Bäume abfrißt, und auch Stechwurm genannt wird. Man hat ihrer von schwarzer, grauer und grüner Farbe, worunter man die ersten für die schädlichsten hält.


Kneipzange (W3) [Adelung]


Die Kneipzange, plur. die -n, eine Zange mit scharfen krummen Backen zum Kneipen oder Abkneipen, die Beißzange; zum Unterschiede von andern Arten.


Kneiß (W3) [Adelung]


Der Kneiß, S. 2. Gneiß.


Kneißen (W3) [Adelung]


Kneißen, verb. reg. act. ein altes, aber nur noch bey den Gärbern für schaben übliches Wort, wo es besonders von dem Abschaben der Haare von den Fellen gebraucht wird, welches vermittelst des Kneißeisens geschiehet. Es wird auch, obgleich nicht so richtig kneußen und knäußen geschrieben. Es ahmet den Schall nach, den diese Art des Schabens verursacht, so wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - schaben. S. 1. Gneiß.


Kneten (W3) [Adelung]


Kneten, verb. reg. act. einen weichen, feuchten Körper mit den Händen oder Füßen durcharbeiten, um alle seine Theile genau mit einander zu verbinden. Der Töpfer knetet den angefeuchteten Thon, der Kleiber den Lehm mit den Füßen. Besonders von dem Teige. Den Teig kneten. Den Sauerteig unter den Teig kneten, oder ihn einkneten.

Anm. Im Angels. cnaedan, im Engl. to knead, im Dän. knede, im Schwed. knada, im Böhm. hnety, im Nieders. mit Auslassung des t kneien. Entweder von dem noch im Isländischen befindlichen Kno, die geballte Faust, ( S. Knote und Knöbel,) oder auch mit dem Nieders. guiden, hin und her treiben, dem Hochdeutschen knuten und andern ähnlichen Wörtern von Einem Stammworte, welches eigentlich schlagen und stoßen bedeutet hat. Bey dem Notker ist knidan, chnistan, zermalmen, zerreiben, und in den gemeinen Sprecharten knetschen, fehlerhafte Falten oder Büge in Papier, Taffet und andere gesteifte Körper drücken.


Kneter (W3) [Adelung]


Der Kneter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bäckern, derjenige Bäckerknecht, welcher das Kneten verrichtet, und unmittelbar auf den Werkmeister folgt. In großen Backhäusern hat man einen Oberkneter und einen Unterkneter oder Mitkneter.


Knetscheit (W3) [Adelung]


Das Knetscheit, des -es, plur. die -e, ein Scheit, oder hölzernes Werkzeug, womit die Bäcker das Kneten des Teiges verrichten.


Kneußen (W3) [Adelung]


Kneußen, S. Kneißen.


Knick (W3) [Adelung]


Knick, ein Wort, welches den hellen Schall nachahmet, wenn ein dünner oder schwacher Körper plötzlich einen Riß oder Bruch bekommt, und wovon knack und knuck gröbere Arten sind. Ich stieß an das Glas, da sagte es knick! Daher der Knick, des -es, plur. die -e, so wohl ein solcher Schall, das Glas that einen Knick; als auch ein Bruch, ein Riß, eine Ritze, welche mit einem solchen Schalle entstehet. Einen Knick in einen Zweig machen, ihn einknicken. S. Knicken und Knicks.


Knick (W3) [Adelung]


Das Knick, des -es, plur. die -e, eine lebendige Hecke, wo die Zweige und jungen Stämme eingeknicket, und in einander geflochten werden; von welchem Einknicken ein solcher Zaun auch den Nahmen hat. Im Oberd. das Genick, im Schleßwigischen ein Paatwerk. An andern Orten, z. B. im Meklenburgischen, ist das Knick ein leichter Zaun, welcher nur auf kurze Zeit zur Befriedigung eines Grundstückes gemacht wird, und aus weitläufig und schräge in die eingeschlagenen Pfähle geflochtenem Reiß- und Strauchholze bestehet.


Knicken (W3) [Adelung]


Knicken, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1. Denjenigen Schall von sich geben, welchen das Wort Knick ausdruckt. Ein Glas knickt, wenn man so daran stößet, daß es einen Riß bekommt, aber doch noch ganz bleibt. Eben so knickt auch ein Reiß, ein dünner Zweig oder dünner Stock, wenn man ihn bricht. Im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - 2. Diesen Schall hervorbringen. 1) Eigentlich, wo es doch nur in thätiger Gestalt mit Hervorbringung dieses Schalles zerbrechen, bedeutet, S. gleich im fol- genden. 2) Figürlich, für biegen überhaupt, auch wenn es nicht mit diesem Schall verbunden ist; wo es doch nur von dem fehlerhaften aus Schwachheit oder Nachlässigkeit berührenden Einbiegen der Knie im Gehen gebraucht wird. Im Gehen knicken, die Knie tiefer einbiegen, als zum ordentlichen Gange nöthig ist. Mit den Füßen knicken, Schwed. knaecka. Auf solche Art gehen, heißt im Nieders. knickbeinen, und welcher diesen Gang hat, ein Knickebein. Auch von den Pferden sagt man sie knicken, wenn sie auf solche Art in die Knie sinken. Im Oberdeutschen gebraucht man es in noch weiterer Bedeutung so wohl für knien, vor einem knicken; als auch für das verwandte nicken, mit dem Kopfe, mit den Augen knicken. 3) Aus Kargheit überall etwas abzubrechen oder abzuzwacken suchen; im verächtlichen Verstande. Sich ein ansehnliches Vermögen zusammen knicken. Im Kaufen knicken, lange und genau handeln, dingen. Was knickt ihr so lange? S. Knicker. II. Als ein Activum, mit Hervorbringung dieses Schalles zerbrechen. Ein Glas knicken, ihm durch einen Stoß einen Riß beybringen. Ein Reis knicken, es einknicken, es halb brechen und halb biegen. Ein Ey knicken. Läuse knicken oder knacken, sie mit dem Nagel des Fingers zerdrücken. Handkörner knicken oder zerknicken. Einen Hasen knicken oder genicken, bey den Jägern, ihm mit der flachen Hand das Genick abschlagen. Vögel knicken oder abknicken, im Oberdetuschen, ihnen das Genick eindrücken. Schwed. knaecka.

Anm. Knicken druckt einen feinern Schall dieser Art aus als knacken und das noch gröbere knucken. Es ist durch den vorgesetzten Gaumenlaut aus nicken gebildet, welches eben diesen Schall, obgleich nicht so bestimmt, ausdruckt, und das in der Onomatopäie gegründete Intensivum von neigen ist, S. diese Wörter.


Knicker (W3) [Adelung]


Der Knicker, des -s, plur. ut nom. sing. 1) im Nieders. kleine aus Thon gebackene Schnellkügelchen, besonders so fern sie zu gewissen Spielen der Kinder dienen; von dem Schalle, welchen sie im Spielen machen, wenn sie an einander stossen. 2) Eine Person welche knickt; doch nur in der dritten figürlichen Bedeutung des Neutrius, im verächtlichen Verstande; Fämin. die Knickerinn. Er ist ein Knicker, er sucht aus Kargheit überall etwas abzubrechen oder abzuzwäcken. Nieders. gleichfalls Knicker, im Engl. ohne Gaumenlaut Niggard, im Isländ. Nauggur, Niugr. Von knicken, nicken, so fern es in weiterer Bedeutung in kleinen Stücken abbrechen bedeutet, oder auch das Intensivum von nagen ist, da es denn eben diese Bedeutung gewähret, welche auch das gleichbedeutende Knauser hat. Im Griech. heißt ein solcher Knicker oder Knauser - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, kneipen, abzwacken, im Franz. Pincemaille. 3) Im Oberdeutschen ist der Knicker das Nicken mit dem Kopfe, ingleichen eine Neigung mit Verbeugung der Knie; ein Knicks, S. dasselbe.


Knickerey (W3) [Adelung]


Die Knickerey, plur. die -en, die Fertigkeit zu knicken, in der dritten figürlichen Bedeutung des Neutrius, ohne Plural, und eine darin gegründete Handlung, mit dem Plural, S. Knicker 2.


Knickerig (W3) [Adelung]


Knickerig, -er, -ste, adj. et adv. Knickerey besitzend und darin gegründet. Knickerig seyn. Eine knickerige Mahlzeit.


Knickholz (W3) [Adelung]


Das Knickholz, des -es, plur. inus. besonders im Niedersächsischen, niedriges Buschholz; von knick, so fern es von neigen abstammet, und daher niedrig bedeutet.


Knickicht (W3) [Adelung]


Das Knickicht, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, das Knick, d. i. ein lebendiger Zaun, wo die Äste und Zweige in der Jugend eingeknickt und in einander geflochten worden. S. das Knick.


Knicks (W3) [Adelung]


Der Knicks, des -es, plur. die -e, 1) Der Knick, d. i. so wohl der Schall, welcher durch dieses Wort ausgedruckt wird, und welcher feiner ist, als der, welchen die verwandten knacks und knucks bezeichnen, als auch ein Bruch, ein Spalt, ein Riß, welcher mit diesem Schalle entstehet. Das Glas hat einen Knicks bekommen. 2) Im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, eine Bezeigung der Höflichkeit oder Ehrfurcht, welche nicht sowohl in der Beugung des Leibes, als vielmehr in der Beugung der Knie bestehet, dergleichen nicht nur das weibliche Geschlecht, sondern auf dem Lande auch das männliche bey manchen Gelegenheiten zu machen pflegt; eine Kniebeugung, Verneigung, im Oberd. ein Knicker. Von knicken, so fern es das durch den Gaumenlaut verstärkte Intensivum von neigen, im Isidor hneigan, ist. Einen Knicks machen, sich verneigen. Lise sagt kein Wort, Macht ihren Knicks und wandert fort, von Brawe. Man verstehet diese Zeilen falsch, wenn man Charlotten eine bäuerische Neige, einen dummen Knicks machen läßt, Less.


Knickweide (W3) [Adelung]


Die Knickweide, plur. die -n, eine Art sehr brüchiger Weiden, welche an andern Orten Knackerweide heißt, S. dieses Wort.


Knie (W3) [Adelung]


Das Knie, (einsylbig,) des Knies, (zweysylbig,) plur. die Knie, (gleichfalls zweysylbig,) Diminut. das Kniechen, Oberd. Knielein; ein nach einem Winkel gebogener Theil eines Dinges, und ein nach einem Winkel gebogenes Ding selbst. 1) Überhaupt, in welcher weitesten Bedeutung es noch sehr häufig gebraucht wird; dergleichen nach einem gemeiniglich rechten Winkel gebogene Dinge, und die durch diesen Bug gemachte Hervorragung zu bezeichnen. So werden die winkelig gewachsenen Hölzer in dem Schiffbaue, welche zur Verbindung der Balken mit den untern Theilen des Schiffes gebraucht werden, und andere ähnliche zur Verbindung und Unterstützung der Theile eines Schiffes gehörige Hölzer, wenn sie die Gestalt eines menschlichen Knies, so wie es im Sitzen gebogen ist, haben, Knie oder Kniehölzer genannt. In einigen Gegenden, z. B. an den Elb- und Oderkähnen, werden sie nach einer rauhern Aussprache Knaggen genannt. Dahin gehören auch die Knacken der Tischler, d. i. der einen Hälfte nach rechtwinkelige Breter, eine horizontale Fläche zu unterstützen. An den Röhren in den Wasserleitungen sind die Knie diejenigen Ecken, wo zwey Röhren unter einem Winkel zusammen stoßen. Auch in der bürgerlichen Baukunst und bey den Handwerkern, heißen nach einem Winkel zubereitete Hölzer, zwey in eben einem solchen Winkel in einander stoßende Flächen zu verbinden, Knie; welchen Nahmen auch in vielen Fällen einzelne Hervorragungen an manchen Dingen führen. 2) In engerer und der gewöhnlichsten Bedeutung, diejenige Hervorragung an den Füßen der Menschen und mancher Thiere, welche durch die biegsame Verbindung des Dick- und Schienbeines entstehet. Sich auf die Knie niederlassen. Auf die Knie fallen, so wohl eigentlich, als auch figürlich, plötzlich niederknien; sich auf die Knie werfen. Vor jemanden auf die Knie fallen, sich vor ihm auf die Knie werfen. Auf den Knien liegen. Auf den Knien bitten, bethen, stehen. Die Knie vor jemanden beugen, vor ihm niederknien. Etwas über das Knie abbrechen, im gemeinen Leben, figürlich, es kurz und schlecht verrichten, sich nicht die gehörige Zeit dazu nehmen.

Anm. In der engern Bedeutung bey dem Kero Chneu, bey dem Raban Maurus Chniu, bey dem Ottfried Knio, im Nieders. Knee, im Dän. Knä, im Angels. Cneow, Cneou, im Engl. Knee, bey dem Ulphilas Kniu, im Isländ. Hnie, Knie, im Schwed. Knae, im Lat. Genu, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Alban. Giu. Entweder von neigen, im Isländ. hneigan, so fern es ehedem auch biegen bedeutete, wovon knicken das Intensivum ist, oder auch, so fern zunächst auf die Hervorragung gesehen wird, mit Knopf, Knöbel, Knote und andern dieser Art aus einer und eben derselben Quelle. Im Schwed. ist daher Kno die Faust, und im mittlern Lat. Genu der Elbogen. ( S. auch Knöchel.) Da durch das Knie in der weitesten Bedeutung auch mehrere Theile mit einander verbunden werden, so wird es in den ältern Niedersächsischen Schriften, so wie im Schwedischen auch häufig, so wohl von dem Grade der Verwandtschaft, welcher gewöhnlicher das Glied heißt, als auch von der Generation, Geschlechtsfolge überhaupt gebraucht, welche Bedeutung sich noch im Dithmarsischen findet. Indessen stehet es dahin, ob es in diesem Verstande nicht vielmehr aus dem alten Kunne, das Geschlecht, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im mittlern Lat. Genu, zusammen gezogen ist.


Knieband (W3) [Adelung]


Das Knieband, des -es, plur. die -bänder, ein Band, die Strümpfe unter dem Knie fest zu binden. So fern Knie in weiterer Bedeutung ein gebogenes Holz bedeutet, ist das Knieband ein eisernes Band um ein solches Knie.


Kniebeuge (W3) [Adelung]


Die Kniebeuge, plur. die -n, der eingebogene Theil des Fußes hinter dem Knie; der Kniebug, im gemeinen Leben die Kniebiege, un noch häufiger die Kniekehle.


Kniebeugung (W3) [Adelung]


Die Kniebeugung, plur. die -en, die Beugung der Knie, besonders so fern sie zum Zeichen der Ehrfurcht geschiehet. Eine Kniebeugung mit senkrechten Leibe heißt im gemeinen Leben ein Knicks. In dem Spanischen Ceremonielle ist noch eine andere Art üblich, wo der eine Fuß so gebogen wird, als wenn man sich auf das Knie niederlassen wollte.


Kniebug (W3) [Adelung]


Der Kniebug, des -es, plur. die -büge, S. Kniebeuge. An den Hinterfüßen der vierfüßigen Thiere wird auch der auswärts gebogene Theil des Knies, welches wegen seiner Gestalt auch die Häkse heißt, der Kniebug genannt.


Kniebügel (W3) [Adelung]


Der Kniebügel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bergleuten und andern Arbeitern, ein rund geschnittenes Leder um die Knie, selbige im Arbeiten dadurch zu verwahren.


Kniebusch (W3) [Adelung]


Der Kniebusch, des -es, plur. die -büsche, im Forstwesen, ein niedriges Buschwerk oder Gesträuch, welches nicht in die Höhe wachsen will. Entweder, so fern es nicht die Höhe des menschlichen Knies übersteiget, oder auch mit Kniebusch aus einer und eben derselben Quelle. S. dieses Wort.


Knieeisen (W3) [Adelung]


Das Knieeisen, des -s, plur. ut nom. sing. im Schiffbaue, starke nach einem Winkel gebogene Eisen, welche die untersten Theile des Schiffbauches mit den Seiten verbinden; Franz. les Guirlandes, S. Knie 1.


Kniegeige (W3) [Adelung]


Die Kniegeige, plur. die -n, eine größere Geige, welche der Spielende zwischen den Knien hält; Ital. Viol di Gamba.


Kniegürtel (W3) [Adelung]


Der Kniegürtel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Gürtel, die Kleidungsstücke unter dem Knie damit zu gürten; in gemeinen Leben auch der Knieriemen.


Kniehalter (W3) [Adelung]


Der Kniehalter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Fleischern, ein Strick, womit sie wilden Ochsen den Kopf mit einem Vorderbeine zusammen zu binden pflegen, sie dadurch zu bändigen.


Knieholz (W3) [Adelung]


Das Knieholz, des -es, plur. die -hölzer, ein Holz in Gestalt eines Knies, ein nach einem Winkel gebogenes, oder so gewachsenes Holz, welches auch nur ein Knie genannt wird, S. Knie 1.


Kniekehle (W3) [Adelung]


Die Kniekehle, plur. die -n, der einwärts gebogene Theil des Fußes hinter dem Knie, die hohle Gegenseite des Knies; in der anständigern Sprechart die Kniebeuge.


Knielade (W3) [Adelung]


Die Knielade, plur. die -n, bey den Nadlern, eine Art eines Schraubstockes, welcher auf den Schenkel über dem Knie des Schaftschneiders passet, das Bündel Draht welches man zer- schneiden will, damit zu halten; die Schenkellade, Franz. Chausse.


Knien (W3) [Adelung]


Knien, (zweysylbig,) verb. reg. neutr. welches mit den Hülfswörtern seyn und haben verbunden wird. 1) Mit seyn, sich auf die Knie niederlassen. Vor jemanden knien. Niederknien. Er ist vor ihm niedergekniet. Auf die Erde, auf ein Küssen knien, mit der vierten Endung, wo auf die Richtung der Bewegung bezeichnet. Aber, auf seine Knie knien, Dan. 6, 10, ist ungewöhnlich. Viele Hochdeutsche gebrauchen es auch hier mit dem Hülfsworte haben. 2) Mit haben, auf den Knien liegen. Sie haben den ganzen Tag gekniet. Kniend arbeiten, bethen, bitten. Jemanden kniend Abbitte thun; wofür man im gemeinen Leben unrichtig sagt, kniende Abbitte thun. Sie soll mir eine kniende Abbitte thun, Gell. Anm. Bey dem Ottfried kneuuan, bey dem Notker chniuuen, in den gemeinen Oberdeutschen Mundarten auch knicken, knocken, knotzen, im Dän. knäle, im engl. to kneel, bey dem Ulphilas knussjan, im Schwed. knaeka, kniga, knaeda, knaeböja.


Knieriemen (W3) [Adelung]


Der Knieriemen, des -s, plur. ut nom. sing. ( S. Kniegürtel.) Bey den Schustern ist der Knieriemen ein lederner Riemen, den Leisten damit auf dem Knie zu befestigen.


Knieröhre (W3) [Adelung]


Die Knieröhre, plur. die -n, eine Röhre mit einem Knie, d. i. einem nach einem Winkel gebogenen Buge, dergleichen sich an Wasserleitungen, an den Ofenröhren u. s. f. befinden.


Kniescheibe (W3) [Adelung]


Die Kniescheibe, plur. die -n, ein erhabenes Bein in Gestalt einer Scheibe, welches das Schenkelbein mit dem Schienbeine verbindet, die Verenkung beyder verhüthet, und das Knie bilden hilft; Patella.


Kniesenack (W3) [Adelung]


Der Kniesenack, des -es, plur. inus. ein Nahme des Bieres zu Güstrow, welches sehr stark ist. Der Nahme soll so viel als Herrenbier bedeuten, von dem Böhm. Knjze, Russ. Knees, ein Herr, Fürst. In den Urkunden Meklenburgs, welches ehedem von Wenden bewohnet wurde, kommt Gneus mehrmahls in der Bedeutung eines Herren vor.


Kniestreiche (W3) [Adelung]


Die Kniestreiche, plur. die -n, bey den Wollarbeitern, die feinste Art "Kardätschen", welche die subtilsten Häckchen haben, und auf keine besondere Krämpelbank, sondern auf das Knie befestiget werden. Daher das Kniestreichen, das Krämpeln der Wolle vermittelst dieses Werkzeuges, und der Kniestreicher, ein Wollkämmer, welcher sich vornehmlich dieses Werkzeuges bedienet.


Kniestück (W3) [Adelung]


Das Kniestück, des -es, plur. die -e. 1) Ein Stück, d. i. Theil eines Ganzen, welcher das Knie, d. i. einen winkeligen Bug enthält, und auch das Knie heißt. 2) Ein Gemählde oder Kupfer, worauf eine Person bis auf die Knie vorgestellet ist, zum Unterschiede von einem Bruststücke.


Kniff (W3) [Adelung]


Der Kniff, des -es, plur. die -e, Diminut. das Kniffchen, von dem Zeitworte kneifen oder kneipen. 1) Die Handlung des Kneipens und dessen Merkmahl, der dadurch verursachte Fleck. Jemanden einen Kniff geben. Auch scharfe Falten in dem Papiere, den Zeugen u. s. f. werden von einigen Kniffe genannt. 2) Ein unerlaubter Handgriff, ein listiger Kunstgriff, ein Rank, welchen man auch einen Griff zu nennen pflegt. Diebeskniffe, Diebesränke. Es ist mir ärgerlich, daß ich in meinen alten Tagen noch solche Kniffe brauchen muß, Less. Dem kein Betrug zu schwer, kein Kniff zu schimplich schien, ebend. In beyden Bedeutungen, im Dän. Kneb, im Nieders. Kneep.


Knipp (W3) [Adelung]


Der Knipp, des -es, plur. die -e, noch mehr im Diminut. das Knippchen, die Handlung, da man den mittlern Finger der Hand von dem Daumen in die Hand herab schnellet; noch häufiger mit dem Zischlaute ein Schnippchen, sonst auch ein Klippchen, Schneller, in Östereich ein Schnalzer. Ein Knippchen schlagen, Österr. schnalzen. Nieders. Knippken, Knippsken. Es ahnet so wie das folgende den Schall nach, der damit verbunden ist.


Knippen (W3) [Adelung]


Knippen, verb. reg. act. et neutr. welches besonders im Nieders. für schnippen üblich ist, und so wie dieses den Schall, welchen das Schnellen gewisser Art hervor bringt, nachahmet, S. die folgenden.


Knippkäulchen (W3) [Adelung]


Das Knippkäulchen, des -s, plur. ut nom. sing. kleine thönerne Kugeln, so fern sie zu einem gewissen Spiele der Kinder dienen, in welchem sie mit dem Finger geknippet, d. i. geschnellet, werden; im Nieders. Knicker, Knippel. Von Kaul, eine Kugel. S. Knicker und Schnellkugel.


Knipps (W3) [Adelung]


Der Knipps, des -es, plur. die -e, Diminut. das Knippschen, im gemeinen Leben. 1) Besonders Niedersachsens, ein kleiner Mensch, eine kleine Person. Im Nieders. auch Knirps, Knirsick. Es scheinet in dieser Bedeutung zu Knabe, Knappe, zu gehören, welches ehedem überhaupt den Begriff der Kleinheit gehabt haben mag, ( S. Kneipschenke.) 2) Ein Schneller mit dem Finger, ein Knippchen, besonders in Niedersachsen, ( S. Knipp.) 3) Ein Schlag mit einem Stocke oder Lineale auf die Spitzen der zusammen gehaltenen Finger; eine in den niedrigern Schulen übliche Bestrafung. Knippschen geben. Knippschen halten, die Finger zum Empfange dieser Strafe hinhalten. Gleichfalls von dem damit verbundenen Schalle. 4) In einigen Gegenden eine scherzhafte Benennung des Brannteweins, wo man auch knippsen für Branntewein trinken sagt. In andern Gegenden ist dafür mit dem Zischlaute Schnipps, Schnapps, schnippsen, schnappsen, üblicher. Von nippen, mit kleinen Zügen trinken.


Knippschere (W3) [Adelung]


Die Knippschere, plur. die -n, eine kleine Schere, besonders von der Art, wie sie zum Ausschneiden der Bilder gebraucht wird; von dem Schalle, welchen sie im Gebrauche macht.


Knipptasche (W3) [Adelung]


Die Knipptasche, plur. die -n, eine Tasche mit einem Bügel, welcher vermittelst einer kleinen stählernen Feder geöffnet und verschlossen wird, und daher im Gebrauche knippt, d. i. diesen Schall verursacht; eine Bügeltasche.


Knirren (W3) [Adelung]


Knirren, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und eine Nachahmung eines zitternden Schalles ist, welcher seiner lautet, als knarren, knorren und knurren. 1) Diesen Schall von sich geben. Der gefrorne Schnee knirret, wenn man darauf gehet. Die ungeschmierten Räder eines Wagens pflegen gleichfalls zu knirren, noch öfter aber zu knarren. 2) Diesen Schall hervor bringen. Mit den Zähnen knirren; wofür doch knirschen üblicher ist.


Knirrschen (W3) [Adelung]


Knirrschen, verb. reg. welches ein mit einer Art eines Zischens verbundenes Knirren ausdruckt. Es ist in doppelter Gestalt üblich. I. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben. 1) Diesen Schall von sich geben. Der Sand knirrschet, wenn man mit den Zähnen darauf beißet; der gefrorne Schnee, wenn man darauf gehet. 2) Diesen Schall hervor bringen. Mit den Zähnen knirrschen, wenn man die Kinnbacken fest auf einander drückt und sie so auf einander reibet, welchen Schall man im Oberd. auch durch knirren und grutschen, und im Franz. durch crisser und grincer, ausdruckt. Ehedem war dafür auch griesgrammen üblich. II. Als ein Activum, feste oder harte Körper mit Hervorbringung dieses Schalles zerdrücken, zerreiben. Hanf knirrschen, ihn zerdrücken, welches auch ihn knicken genannt wird. In dem zusammen gesetzten zerknirschen ist dieses Activum noch üblicher.

Anm. Im Nieders. knarßen, knarseln, im Holländ. knersen, bey dem Ulphilas kriustan, im Slavon. skreschu.


Knistergold (W3) [Adelung]


Das Knistergold, des -es, plur. inus. zu dünnen Blättchen wie Papier geschlagenes Messing, welches, wenn man es angreift, knistert; Rauschgold, Nieders. Kintergold, Knittergold, Franz. Clincant.


Knistern (W3) [Adelung]


Knistern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und eine Art des Schalles ausdruckt, welcher feiner ist als der, weichen knastern bezeichnet. Das Rauschgold knistert, wenn man es bewegt, das Salz, wenn es ins Feuer geworfen wird, das Feuer, wenn es gewisse Arten sehr trocknen Holzes ergreift. Nieders. gnistern. Es ist das Frequentativum von dem im Deutschen veralteten knissen, welches einen ähnlichen, nur nicht zitternden Schall ausdruckt, und im Isidor chnussan, bey dem Notker chnistan, im Engl. to gnash, im Angels. cnysan, cnyssan, und im Nieders. knusen lautet.


Knittel (W3) [Adelung]


Der Knittel, S. Knüttel.


Knittergold (W3) [Adelung]


Das Knittergold, S. Knistergold.


Knittern (W3) [Adelung]


Knittern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches einen dem Knistern ähnlichen Schall ausdruckt, welcher aber mit keinem solchen Zischen, sondern statt dessen mit harten Absätzen verbunden ist. Gewisse Donnerschläge knittern, Nieders. knetern, knittern.


Knöbel (W3) [Adelung]


Der Knöbel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In den gemeinen Sprecharten, die äußere Erhöhung an den Fingern, welche das mittelste Gelenk an dernselben hervor bringet, und figürlich, so wohl die Finger als auch die Hand selbst, besonders die geballte Faust, da es denn im Plural gebraucht wird, weil alsdann mehrere Gelenke sichtbar sind; gemeiniglich im verächtlichen Verstande. Bey den Bäckern wird daher der Teig durchgeknöbelt, wenn er zum letzten Mahle mit geballten Fäusten durchgestoßen wird. ( S. Knöchel.) 2) In dem Preußischen Bernsteinhandel werden die kleinsten Stücke Bernstein, welche noch zum Drehen tauglich sind, Knöbel genannt.

Anm. Im Nieders. in der ersten Bedeutung Knevel, daher es auch von vielen Knebel geschrieben wird. Allein es scheinet das Diminut. von Knob zu seyn, wofür jetzt Knopf üblich ist. Wenigstens gehöret es zu dem Geschlechte so wohl dieses Wortes als aller derjenigen dieser Art, welche eine Erhöhung, besonders eine runde Erhöhung bezeichnen, z. B. Knauf, Knie, Knote, Knocke, Knöchel u. s. f. Im Schwed. ist so wohl Kno, als auch ohne Gaumenlaut Naefwe, im Schottländischen Neif, im Isländ. Knefe, Hnefe, die Faust.


Knobellerche (W3) [Adelung]


Die Knobellerche, plur. die -n, in einigen Gegenden, eine Art Lerchen, deren Fleisch wie Knoblauch schmecken soll, wovon sie auch den Nahmen hat.


Knoblauch (W3) [Adelung]


Der Knoblauch, des -es, plur. inus. eine Art des Lauches, welcher einen flachblätterigen Stamm mit zusammen gesetzten Knöpfen oder Bollen hat, in Sicilien wild wächset, bey uns aber in den Gärten gebauet wird; Allium sativum L. Er ist wegen seines durchdringend widrigen Geruches bekannt. In den Monseeischen Glossen Chlovolouch, von Kloben, eine rundliche Masse, oder auch, weil er gespalten ist, von klieben, spalten. Nieders. Knuflook, Kruflook. Der wilde oder weiße Knoblauch, Allium ursinum L. ist auch unter dem nordischen Nahmen Ramsel bekannt; Norw. Rams, Gederams, Dän. Ramse.


Knoblauchkraut (W3) [Adelung]


Das Knoblauchkraut, des -es, plur. inus. eine Art des Hederichs, welche an den Zäunen und in den Gartenländern wächset, und einen dem Knoblauche ähnlichen Geruch hat; Erysimum Alliaria L. Leuchel; oder vielmehr Läuchel, von Lauch, Ramschenwurzel, Waldknoblauch.


Knoblauchsmittwoche (W3) [Adelung]


Die Knoblauchsmittwoche, plur. die -n, in einigen Gegenden, die Mittwoche nach Pfingsten, an welcher der große Haufe aus einem alten Aberglauben Knoblauch isset, um das ganze Jahr gesund zu bleiben; der Knoblauchstag.


Knöchel (W3) [Adelung]


Der Knöchel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches überhaupt die knochenartigen, oder von Knochen herrührenden Hervorragungen des menschlichen Körpers bezeichnet, besonders aber so wohl von den Hervorragungen der Gelenke an den Fingern, und vornehmlich der mittelsten, theils aber auch von den Hervorragungen zu beyden Seiten des Oberristes oder der Fußwurzel, gebraucht wird. Die ersten werden in den gemeinen Sprecharten auch Knöbel, die letztern aber auch Knorren, Knoten und Änkel genannt.

Anm. Im Nieders. Knukkel, im Angels. Cnucl, im Engl. Knuckle, im Schwed. Knoge, im Isländ. Knuka, welche überhaupt knochenartige Hervorragungen bedeuten. Es ist nicht das Diminutivum von Knochen, sondern stammet mit demselben aus einerley Quelle her, zu welcher auch Knocke gehöret. Ein Knöchel an der Hand heißt im Ital. ohne Gaumenlaut Nocco, Noccolo. S. Nocke.


Knochen (W3) [Adelung]


Der Knochen, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Knöchelchen, Oberd. Knöchlein, eine Benennung der festesten innern Theile der thierischen Körper, welche man auch Beine zu nennen pfleget. Ein Knochen aus dem Rückgrade. Die Knochen des Hauptes. Ein Röhrknochen, Marksknochen, Todtenknochen u. s. f. Einen Knochen abnagen. Es ist nichts wie Haut und Knochen an ihm, sagt man von einer sehr magern Person. Stark von Knochen seyn, starke, grobe Knochen und Gliedmaßen haben. Nach einer niedrigen Figur wird es auch von den Gliedmaßen gebraucht. Seine Knochen schonen, nachlässig arbeiten.

Anm. Im Nieders. Knake, im Dän. Knokke, im Schwed. mit einer andern Ableitungssylbe Knote. Da es sehr wahrscheinlich ist, daß man die Knochen zuerst durch die äußern Hervorragungen hat kennen lernen, so ist glaublich, das auch der Grund der Benennung daher genommen werden, so daß dieses Wort mit Knöbel, Knie, Knopf, Knorren, Knoten u. s. f. Eines Geschlechtes, und nur in dem Ableitungslaute von denselben verschieden ist. Im Engl. ist Knag der hervor ragende Ast eines Baumes, ja ein jeder Knorren, im Nieders. Knagge ein dickes derbes Stück. S. auch Knocke.


Knochenbrand (W3) [Adelung]


Der Knochenbrand, des -es, plur. inus. bey dem Rindviehe, derjenige Brand, welcher die Beine des Thieres angreift, und auch der Gliederbrand genannt wird, aber eigentlich eine Art des Schlagflusses ist.


Knochendreher (W3) [Adelung]


Der Knochendreher, des -s, plur. ut nom. sing. ein in manchen Gegenden für Beindrechsler übliches Wort. S. dasselbe.


Knochenfisch (W3) [Adelung]


Der Knochenfisch, des -es, plur. die -e, ein in Indien befindlicher Fisch, dessen ganzer Körper mit einem Knochen bedeckt ist; Ostracion L.


Knochenhauer (W3) [Adelung]


Der Knochenhauer, des -s, plur. ut nom. sing. eine in Niedersachsen übliche Benennung eines Fleischers oder Fleischhauers.


Knochenhaus (W3) [Adelung]


Das Knochenhaus, des -es, plur. die -häuser, für Beinhaus, S. dasselbe.


Knochenkrebs (W3) [Adelung]


Der Knochenkrebs, des -es, plur. inus. bey einigen Schriftstellern, ein Nahme des Beinfraßes, S. dasselbe.


Knochenlehre (W3) [Adelung]


Die Knochenlehre, plur. die -n, die Lehre von der Beschaffenheit, Verbindung, Gestalt und Nutzen der Knochen des thierischen und besonders menschlichen Körpers, ohne Plural; ingleichen ein Buch, welches dieselbe enthält, mit dem Plural. Mit einem Griech. Kunstworte, die Osteologie.


Knochenstein (W3) [Adelung]


Der Knochenstein, des -es, plur. die -e, S. Beinbruch.


Knochenwurm (W3) [Adelung]


Der Knochenwurm, des -es, plur. inus. eine Krankheit des Rindviehes, wenn es an den Knochen oder festern Theilen des Leibes Beulen bekommt, welche aber gemeiniglich Contusionen sind; zum Unterschiede von dem Lederwurm. S. Wurm.


Knöchern (W3) [Adelung]


Knöchern, adj. et adv. aus Knochen bereiten, wofür auch beinen oder beinern üblich ist. Nieders. knäken.


Knochig (W3) [Adelung]


Knochig, -er, -ste, adj. et adv. Knochen, und in engerer Bedeutung, viele Knochen enthaltend. Knochiges Fleisch, worin viele Knochen befindlich sind. Knochicht, Knochen ähnlich.


Knocke (W3) [Adelung]


Die Knocke, plur. die -n, ein vornehmlich in Niedersachsen übliches Wort, ein derb zusammen gedrehetes kolbiges Bund gehechelten Flachses zu bezeichnen, welches im Hoch- und Oberdeutschen auch eine Kaute, ingleichen eine Keiste oder Kiste genannt wird; im Osnabrück. eine Dysse. Entweder von der dicken, kolbigen Gestalt des einen Endes, so daß dieses Wort zu Knöchel, Knochen und Nocke gehöret, oder auch in Beziehung auf die Verbindung, auf das Zusammendrehen. Im Hebr. ist Chnock zusammen schnüren. Ein grober Mehlkloß wird im Ital. Gnocco genannt.


Knödel (W3) [Adelung]


Das Knödel, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden. 1) Die Klöße, so fern sie eine Speise sind, führen im Oberdeutschen den Nahmen der Knödel, und wenn sie groß und fest sind, der Knoten. Im Böhm. Knedlik. 2) An andern Orten werden die getrockneten oder gebackenen Holzbirnen, welche in einigen Gegenden Hutzeln heißen, Knödel genannt. In beyden Fällen von der Gestalt. S. Knoten.


Knollen (W3) [Adelung]


Der Knollen, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Knöllchen, eine unförmliche feste und rundliche Erhöhung von beträchtlicher Größe; ingleichen ein großes unförmliches Stück. So werden große Beulen an den thierischen Körpern, harte Geschwüre, zuweilen auch die Knöchel an Händen und Füßen, besonders wenn sie von ungewöhnlicher Größe sind, Knollen genannt. Ein Knollen Brot, ein großes unförmliches Stück Brot. Ein Knollen Wachs oder Salz, eine unförmliche Masse. Ein Knollen Holz, ein unförmliches Aststück. Im Bergbaue führen die noch nicht ausgepauschten alten Schlacken den Nahmen der Knollen. Figürlich und in der niedrigen Sprechart wird auch wohl ein grober ungeschickter Mensch ein grober Knollen genannt.

Anm. Oft nur Knoll, im Nieders. Knulle, im Dän. Knold, im Schwed. Knula, Knöl, im Angels. Cnolle, welches auch so wie Hnol, den Scheitel des Kopfes bedeutet, im Ital. Zollo. Ohne Gaumenlaut ist Nollo bey dem Ottfried und im Tatian so wohl der Gipfel eines Berges, als auch ein Hügel, welche letztere Bedeutung auch das Engl. Knoll hat. Bey den Schwäbischen Dichtern sind Knollen grobe Einfälle, und das Nieders. Knulle bedeutet auch eine fehlerhafte große Falte, ( S. Knüllen.) Knauel, Knorre und andere dieses Geschlechtes sind genau damit verwandt.


Knollen (W3) [Adelung]


Knollen, verb. reg. act. welches nur bey den Brätzelbäckern üblich ist. Den Teig knollen, ihn, wenn er zerbröckelt worden, wieder zu einer zusammen hangenden Masse kneten.


Knollenkraut (W3) [Adelung]


Das Knollenkraut, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des wilden Süßholzes, Astragalus Glycyphyllos L. vermuthlich wegen seiner knolligen Wurzel, um welcher willen es auch Knollenwurz heißt.


Knollig (W3) [Adelung]


Knollig, -er, -ste, adj. et adv. Knollen habend, ingleichen figürlich einem Knollen ähnlich. Eine knollige Wurzel.


Knollsucht (W3) [Adelung]


Die Knollsucht, plur. inus. eine Krankheit der Menschen, wo aus üblen Säften Knollen an den Knochen entstehen. In engerer Bedeutung ist es eine Art der Englischen Krankheit, wo sich Knoten an die Wirbelbeine des Rückens der Kinder setzen; Spina dorsi.


Knopf (W3) [Adelung]


Der Knopf, des -es, die Knöpfe, Diminut. das Knöpfchen, Oberd. Knöpflein. Es bedeutet überhaupt eine jede Kugel, besonders kleinerer Art, und in weiterer Bedeutung einen kleinern rundlichen Körper, besonders so fern er sich auf dem Gipfel, oder an dem Ende eines andern Dinges befindet; ist aber durch den Gebrauch größten Theils auf einige besondere Fälle eingeschränket worden. So führet die hohle Kugel auf den Spitzen der Thürme und Gebäude den Nahmen des Knopfes, ohne Zweifel, so fern sie von unten klein zu seyn scheinet. Der Knopf an einem Degengefäße, der Degenknopf; an einem Stocke, der Stockknopf; an einer Stecknadel, der nadelknopf; am Sattel, der Sattelknopf u. s. f. Im Oberdeutschen werden auch die Knospen des Gewächsreiches Knöpfe, im Niedersächs. aber Knobben, Knubben genannt, Schwed. Knopp. Eben daselbst heißen auch die eßbaren Klöße, wenigstens in einigen Gegenden, Knöpfe und Knöpflein. Der Bisamknopf ist eine Bisambüchse in Gestalt einer kleinen Kugel. In der Pflanzenlehre der Neuern ist der Knopf diejenige Art der Blüthen, wo die Blumen in runder oder halb runder Gestalt gedrängt an einander sitzen; Verticillus L. zum Unterschiede von den Dolden, Büscheln, Ähren, Trauben, Straußen u. s. f. Auch ein Knoten in einem Faden führet in einigen Gegenden den Nahmen des Knopfes, wo es aber auch zunächst von knüpfen entstanden seyn kann. Am häufigsten ist dieses Wort von den runden oder halb runden Körpern an den Enden der Kleider, dieselben dadurch vermittelst der Knopflöcher an einander zu befestigen. Ein Kleid mit seidenen, goldenen, messingenen Knöpfen. Gesponnene, gestickte, gegossene Knöpfe u. s. f. da denn auch der Nahme bleibt, wenn gleich die veränderliche Mode die Gestalt dieser Knöpfe auf tausenderley Art umschaffet. Hemdeknöpfe, ähnliche Knöpfe das Hemd damit zuzuknöpfen.

Anm. Im Nieders. Knoop, im Schwed. Knapp, im Engl. Knob, im Dän. Knap, im Angels. Cnaep, welches aber auch den Gipfel eines Berges bedeutet. Der Hauptbegriff ist auch hier die runde oder rundliche Erhabenheit. ( S. Knauf, Noppen, Knopper, Knöchel, Knollen, Knospe, Knoten und hundert andere dieses Geschlechtes.) Im Nieders. ist Knobbe, Knubbe, ein Knorren, im Paderbornischen Knapp ein Hügel, und im Isländ. gnipa hervor ragen, erhaben seyn.


Knopfdraht (W3) [Adelung]


Der Knopfdraht, des -es, plur. doch nur von mehrern Quantitäten oder Arten, die -e, bey den Nadlern, derjenige Draht, aus welchem die Knöpfe der Stecknadeln verfertiget werden.


Knöpfeln (W3) [Adelung]


Knöpfeln, verb. reg. act. bey den Näherinnen, kleine künstliche Knöpfe oder Knoten in dem Genähe verfertigen; knöteln. Das geknöpfelte, oder geknötelte Genähe.


Knöpfen (W3) [Adelung]


Knöpfen, verb. reg. act. vermittelst der an einem Kleidungsstücke befindlichen Knöpfe befestigen; am häufigsten in den Zusammensetzungen abknöpfen, anknöpfen, aufknöpfen, zuknöpfen.


Knopfgießer (W3) [Adelung]


Der Knopfgießer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Gürtler, welche allein weiß oder von Tombak gießen, und vornehmlich Kleiderknöpfe, Schnaller u. s. f. verfertigen.


Knopfhammer (W3) [Adelung]


Der Knopfhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Goldschmieden, ein Hammer, welcher an beyden Enden knorrig ist, flache Dinge bucklig damit heraus zu treiben.


Knopfholz (W3) [Adelung]


Das Knopfholz, des -es, plur. die -hölzer, bey den Nadlern, ein Holz an dem Knopfrade, zwischen dessen Stiften der Knopfdraht von der Giebe auf das Spinnrad geleitet wird.


Knopfloch (W3) [Adelung]


Das Knopfloch, des -es, plur. die -löcher, ein eingefaßtes langes Loch in den Kleidungsstücken, wodurch der Knopf gehet, die Öffnungen oder Enden eines Kleides zu verschließen oder zu befestigen.


Knopfmacher (W3) [Adelung]


Der Knopfmacher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher allerley gesponnene Kleiderknöpfe verfertiget.


Knopfnadel (W3) [Adelung]


Die Knopfnadel, plur. die -n, eine Nadel mit einem Knopfe welche am häufigsten Stecknadel heißt; zum Unterschiede von einer Nähnadel.


Knopfrad (W3) [Adelung]


Das Knopfrad, des -es, plur. die -räder, bey den Radlern, ein Rad, den Knopfdraht zu kleinen Röllchen darauf zu spinnen.


Knopfregal (W3) [Adelung]


Das Knopfregal, im Orgelbaue, S. Apfelregal.


Knopfrose (W3) [Adelung]


Die Knopfrose, plur. die -n, eine Art gemeiner Gartenrosen, welche einen dicken Knopf hat, und deren rothe Farbe in das Schwärzliche fällt, daher sie auch Kohlrose genannt wird.


Knopfschere (W3) [Adelung]


Die Knopfschere, plur. die -n, bey den Nadlern, eine Schere, den Draht zu den Knöpfen der Stecknadeln damit abzuschneiden.


Knopfseide (W3) [Adelung]


Die Knopfseide, plur. inus. bey den Knopfmachern, diejenige Seide, woraus die seidenen Kleiderknöpfe gesponnen werden.


Knopfspindel (W3) [Adelung]


Die Knopfspindel, plur. die -n, bey den Nadlern, derjenige Draht, worüber der Knopfdraht gesponnen wird, und welcher so dick ist, als der Schaft der Nadel.


Knopfspinner (W3) [Adelung]


Der Knopfspinner, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst, derjenige Arbeiter, welcher die Knöpfe zu den Stecknadeln verfertiget.


Knopfstein (W3) [Adelung]


Der Knopfstein, des -es, plur. die -e. 1) Ein schwärzliches Geschiebe bey den Eisenwerken im Barenthischen, woraus die schwarzen steinernen Kleiderknöpfe verfertiget werden. 2) Im gemeinen Leben, eine Benennung der kleinen runden Echiniten.


Knopper (W3) [Adelung]


Die Knopper, plur. die -n, ein besonders in Österreich und Ungarn bekanntes Wort, diejenige Art Galläpfel zu bezeichnen, welche durch den Stich der Gallwespe in den jungen Kelch der Eichel entstehen. Sie sind in den Ungarischen Wäldern sehr häufig, und werden den gemeinen Galläpfeln, welche sich auf den Eichenblättern erzeugen, vorgezogen. Der Nahme beziehet sich auf die runde Gestalt. S. Knopf.


Knoppereisen (W3) [Adelung]


Das Knoppereisen, des -s, plur. inus. auf den Eisenhämmern, eine Art des Stangeneisens, welches knöpfig geschmiedet, d. i. mit Knorren und flachen Kerben versehen, und von den Nagelschmieden gebraucht wird. Es führet auch den Nahmen des Krauseisens. Daher der Knopperhammer, so wohl der kleine Hammer mit einer stumpfen Schärfe, vermittelst dessen dieses Eisen bereitet wird, als auch die Hütte oder Anstalt, wo Knoppereisen geschmiedet wird; das Knopperstück, ein einzelnes Stück Knoppereisen.


Knorpel (W3) [Adelung]


Der Knorpel, des -s, plur. ut nom. sing. ein beinartiges, nur nicht so hartes, weißes, sehr elastisches Wesen in den thierischen Körpern, in und aus welchem die Knochen erzeuget und gebildet werden: Cartilago. Der Knorpel am Halse, siehe Adamsapfel. Im Nieders. Knurbelknaken, Knubberknaken, Krusperknaken, im Oberd. Knarpel, Knorspel, Kruspel, Kraspel, Karspel, Krußbein, Karsch, in und um Lübeck Gnuß, im Angels. Crisile, im Holländ. Knorbeen; alle von dem Schalle, welchen diese Theile machen, wenn sie mit den Zähnen zerbissen und gekauet werden, welchen Schall man durch knarpeln, knorpeln, kraspeln, kruspeln u. s. f. ausdruckt. Luthers Knörpel, 3 Mos. 8, 23, 24, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Knorpelfisch (W3) [Adelung]


Der Knorpelfisch, des -es, plur. die -e, in der Naturgeschichte, eine allgemeine Benennung aller derjenigen Fische, welche nicht durch Kiemen, sondern durch besondere Lungen Athem hohlen, und dabey die Luft durch Seitenlöcher einziehen, weil sie zugleich statt der Gräthen Knorpel haben; zum Unterschiede so wohl von den Wallfischen, als auch von den mit Kiemen versehenen Fischen.


Knorpelicht (W3) [Adelung]


Knorpelicht, -er, -ste, adj. et adv. einem Knorpel ähnlich. Knorpelig, Knorpel, und in engerer Bedeutung, viele Knorpel enthaltend. Im gemeinen Leben knarpelicht, keuspelig, kraspelicht u. s. f.


Knorpeln (W3) [Adelung]


Knorpeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, S. Knorpel.


Knorren (W3) [Adelung]


Der Knorren, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Knörrchen, eine Benennung verschiedener fester rundlicher Hervorragungen so wohl, als eines unförmlichen rundlichen harten Körpers. Die hervor ragenden Knöchel an den Füßen werden häufig Knorren genannt, und im gemeinen Leben bekommen diesen Nahmen oft auch die Knöchel an den Fingern. Ein hervor ragender Überrest von einem Aste in dem Holze, heißt ein Knorren. Ein Knorren Brot ist ein großes unförmliches Stück; ein Knollen. Die großen unförmlichen Aststücke unter dem gehauenen Brennholze heißen so wohl Knorren, als Knollen, und im Nieders. Knubben. Sehr harte große Geschwüre werden auch wohl Knorren, noch häufiger aber Knollen genannt. Die Knorren an einem Rohre, an den Strohhalmen, die rundlichen Absätze, welche am häufigsten Knoten genannt werden. Bey den Goldschmieden ist der Knorren ein Einsetzeisen mit einer gewölbten Bahn.

Anm. Im Dän. Knort, im Engl. Knur und Gnar, Knollen und Knorren sind sehr genau verwandt, und da l und r so leicht in einander übergehen, so kann gar wohl eines aus dem andern entstanden seyn. Indessen druckt doch Knorre wegen seines doppelten r eigenltich einen harten Knollen aus, womit auch der Gebrauch so ziemlich überein kommt.


Knorricht (W3) [Adelung]


Knorricht, -er, -ste, adj. et adv. einem Knorren ähnlich. Knorrig, Knorren enthaltend. Knorriges Holz. Ein knorriger Prügel. Im Schwedischen ist knorrlig zotig, von den Haaren.


Knospe (W3) [Adelung]


Die Knospe, plur. die -n, Diminut. das Knöspchen, Oberd. Knösplein, die rundlichen Knöpfe oder Knoten in dem Gewächsreiche, worin so wohl die jungen Blätter, als auch die jungen Blumen verschlossen und gleichsam eingewickelt liegen. Die Knospen der Blätter werden auch Augen genannt, im Oberd. Knoten, Knöpfe, Brossen, Butzen. Im Frühlinge, wenn die Bäume Knospen bekommen. Sieh wie die Rose aus der Knospe sich drängt. Seyd willkommen liebliche Blumen umher, gestern waret ihr Knospen, jetzt stehet ihr offen da! Geßner. Erstickt ein Reif der Liebe zarten Keim In ihrer Knospe schon? Weiße.

Anm. Im Nieders. Knobbe, im Engl. Knob, im Dän. Knop, im Schwed. Knopp. Es ist aus Knopf gebildet, durch den Gebrauch aber auf die gedachten Arten der Knöpfe des Gewächsreiches eingeschränket worden.


Knospen (W3) [Adelung]


Knospen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Knospen bekommen oder treiben. Die Bäume knospen schon. Im Oberd. knopfen.


Knospicht (W3) [Adelung]


Knospicht, -er, -ste, adj. et adv. welches nur im Bergbaue üblich ist. Knospichtes Glaserz, welches auf seiner Oberfläche Knospen, d. i. rundliche Erhöhungen hat.


Knöteln (W3) [Adelung]


Knöteln, verb. reg. act. kleine Knoten machen, besonders im Nähen, S. Knöpfeln.


Knoten (W3) [Adelung]


Der Knoten, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Knötchen, Oberd. Knötlein, Knötel. 1. Überhaupt, eine jede runde oder rundliche, gemeiniglich irreguläre feste Erhöhung an einem Körper, ingleichen ein rundlicher irregulärer harter Körper selbst; beydes am häufigsten in gewissen einzelnen, einmahl eingeführten Fällen, besonders von runden harten Auswüchsen des Thier- und Pflanzenreiches. Harte Geschwüre in und auf der Haut werden so wohl Knoten als Knollen genannt, welchen Nahmen auch der Knöchel am Fuße in einigen Gegenden führet. An den Halmen der Grasarten und an dem Rohre sind die Knoten die rundlichen Absätze, welche die Schüsse von einander absondern, und an einem Stabe sind es die hervor ragenden Überbleibsel der Äste und Zweige, welche an einem Baume, wenn sie groß und sehr fest sind, Knorren heißen. Daher ist ein Knotenstock oder knotiger Stock ein mit solchen Knoten versehener Stock. Die Samenkapseln des Flachses oder Leines sind in Ober- und Niederdeutschland nur unter dem Nahmen der Knoten bekannt; Nieders. Knutten. Der Flachs hatte Knoten gewonnen, 2 Mos. 9, 31. Und im Oberdeutschen führen diesen Nahmen auch die Augen des Gewächsreiches, welche im Hochdeutschen Knospen genannt werden. Der Feigenbaum hat Knoten gewonnen, Hohel. 2, 13. Im Weinbaue sind die Knoten oder das Knotholz die zur Fortpflanzung abgeschnittenen Reben, entweder, weil sie aus den Knoten, d. i. rundlichen Erhöhungen, unten am Stamme heraus wachsen, oder auch, weil sie nahe an einem Knoten oder Absatze abgeschnitten werden, und auch Schnittlinge, Schnittholz heißen. Die zurück gebliebenen Enden führen gleichfalls den Nahmen des Knoten, sonst aber auch der Stürzel und Schenkel. Indessen stehet es dahin, ob es in diesen beyden Bedeutungen nicht zu einem andern Stamme gehöret, entweder zu schneiden, welches ohne Zischlaut chneiden, kneiden lautet, oder auch zu Knüttel. Im Oberdeutschen werden so wohl die wilden Holzbirnen, besonders wenn sie getrocknet worden, als auch die Klöße, so fern sie eine Speise sind, Knoten, Knötlein, Knotel und Knödel genannt, S. das letztere. In den Zinnbergwerken sind die Knötel Zwitter, oder Zinnsteinstufen in der Größe der Tauben- und Hühnereyer, zum Unterschiede von den kleinern Graupen. 2. In engerer Bedeutung ist der Knoten an dünnen biegsamen Körpern eine feste rundliche Erhöhung, welche entstehet, wenn man den Körper als eine Schlinge rund gebogen hält, das Ende hindurch steckt, und ihn sodann zusammenziehet. 1) Eigentlich. Dergleichen Knoten pflegen die Näherinnen am Ende eines Fadens zu machen, damit er im Nähen nicht durchfahre. Einen Knoten machen, auflösen. Knoten in einem Stricke, in einem Bindfaden machen. Bey den Nähterinnen sind die Knötchen eine Art des Ausnähens, wo sich die Stiche in einem kleinen Knoten vereinigen, welche Art zu nähen knöteln und in einigen Gegenden knöpfeln genannt wird. In den Perrucken sind die Knoten lange Zöpfe an dem Hintertheile, deren jeder in einen einfachen Knoten aufgeschürzet worden, ( S. Knotenperrucke.) Besonders dienen die Knoten dieser Art, zwey Fäden oder ähnliche biegsame Körper mit einander zu verbinden, ( S. Kreuzknoten, Weberknoten.) Einen Knoten schlagen oder schürzen, d. i. machen. 2) Figürlich. (a) In der Astronomie werden die beyden Puncte in der Elliptik, in welchen die erweiterte Bahn des Planetens sie durchschneidet, nach dem Muster des Latein. Nodus, Knoten genannt. Der aufsteigende Knoten, Nodus ascendens, wenn der Planet über die Elliptik in die nördlichen Zeichen tritt. Der fallende oder niedersteigende Knoten, Nodus descendens, wenn er unter die Elliptik in die südlichen Zeichen steiget. Bey dem Mond wird jener der Drachenkopf, und dieser der Drachenschwanz genannt. (b) Ein Hinderniß, dessen Hebung schwer und ungewiß ist. Das Ding hat einen Knoten. Das ist der Knoten. Das ist ein harter Knoten. Einen Knoten auflösen, das Hinderniß aus dem Wege räumen. Auch ein Hinderniß der Erkenntniß, der Überzeugung wird ein Knoten genannt. Ein Zweifelsknoten. Jemanden den Knoten auflösen, ihm die Sache erklären, ihm den Zweifel heben. In einem Schauspiele, Heldengedichte, erdichteten Geschichte und so ferner sind die Knoten die vorgeworfenen Hindernisse, welche dem gehofften Ausgange widerstehen, und welche auch die Verwickelung genannt werden.

Anm. 1. Knorren, Knollen und andere verwandte Wörter haben theils den Nebenbegriff einer beträchtlichen Größe, theils des Unförmlichen. Knoten kann von allen Arten der Größe gebraucht werden, hat aber doch den Nebenbegriff des Irregulären, daher es in folgenden biblischen Stellen, dem Hochdeutschen Sprachgebrauche nach, nicht an seinem rechten Orte stehet. Inwendig war das Haus eitel Cedern mit gedrehten Knoten und Blumenwerk, 1 Kön. 6, 18. Der Knoten (am ebernen Meere) waren zwo Reigen gegossen, Kap. 7, 24; 2 Chron. 4, 3; wo ohne Zweifel Knöpfe oder Knäufe zu verstehen sind. Im gemeinen Leben der Hochdeutschen lautet es, so wie viele andere Wörter auf en, nur Knote, des -ns, u. s. f.

Anm. 2. Im Nieders. Knutte, wo auch knutten knüpfen, und knütten stricken ist, im Angels. Cnotta, Cnyt. im Engl. Knot, im Dän. Knude, im Schwed. Knut, im Böhm. Knot, im Latein ohne Gaumenlaut Nodus, im Ital. Nodo. Es ist mit Knothen, Knopf, Knauf, Knollen, Knorren, und den übrigen dieses Geschlechtes, welche nur in den Ableitungslauten verschieden sind, genau verwandt. Das Hebr. Ganad, knüpfen, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . nähen, und das Lat. nectere, gehören gleichfalls dahin. Im Schwed. ist Knota und im Isländ. Hnota der Knochen, und in der letztern Sprache Hualt und Hnottur eine kleine Kugel. S. auch Knüttel.


Knotenfisch (W3) [Adelung]


Der Knotenfisch, des -es, plur. die -e, eine Art des Wallfisches in den nördlichsten Gewässern, welcher dem Grönländischen Wallfische gleicht, aber weißes Fischbein, und sechs Knoten oder Höcker auf dem Rücken hat.


Knotenmos (W3) [Adelung]


Das Knotenmos, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, eine Art des Moses, dessen Büchse auf einem Faden ruhet, welcher aus einem Knoten an der Spitze des Stängels oder der Äste entspringet; Bryum L.


Knotenperrucke (W3) [Adelung]


Die Knotenperrucke, plur. die -n, eine Perrucke, mit langen Zöpfen über dem Rücken, deren jeder in einen Knoten aufgeschürzet ist; eine geknüpfte Perrucke.


Knotenspreu (W3) [Adelung]


Die Knotenspreu, plur. inus. in der Landwirthschaft, die Spreu von den Flachsknoten; in weiterer Bedeutung auch von dem Heidekorne oder dem Buchweizen.


Knotenstock (W3) [Adelung]


Der Knotenstock, des -es, plur. die -stöcke, S. Knoten 1.


Knotenwurz (W3) [Adelung]


Die Knotenwurz, plur. inus. 1) In einigen Gegenden, ein Nahme der knotigen Braunwurz, Scrophularia nodosa L. welche wegen ihrer Wirkung wider die Feigwarzen auch Feigwarzenkraut genannt wird.


Knöterich (W3) [Adelung]


Der Knöterich, des -s, plur. inus. ein Unkraut, welches auf den Äckern wächset, ein gutes Futterkraut abgibt, und seinen Nahmen von den mit Knoten versehenen Stängeln hat, von welchen es an einigen Orten auch Knebel oder Knöbel genannt wird. Spergula L. Spark, Dän. Kniegras, Knödrede.


Knotholz (W3) [Adelung]


Das Knotholz, des -es, plur. inus. im Weinbaue, siehe Knoten 1.


Knotig (W3) [Adelung]


Knotig, -er, -ste, adj. et adv. mit Knoten versehen. Ein knotiger Stock, ein Knotenstock. Ein knotiger Strick. Schwed. knottrig.


Knuck (W3) [Adelung]


Knuck und Knucks, zwey in den gemeinen Sprecharten übliche Wörter, eine Art eines Schalles auszudrucken, welcher mit knack und knacks verwandt, aber die gröbste Art dieses Schalles ist, so wie knick und knicks die feinste Art ausdruckt. Nieders. Knuk, Gnuk, Engl. Knock. Daher das Angels. cnocian, cnucian, Engl. to knock, auf eine Art schlagen, daß dieser Schall daraus entstehe, womit das in den gemeinen Mundarten übliche knöchen, schlagen, stoßen, quälen, verwandt ist.


Knüllen (W3) [Adelung]


Knüllen, verb. reg. act. grobe ungestaltete oder fehlerhafte Falten machen, besonders in dem zusammen gesetzten zerknüllen. Ein Kleid knüllt sich, wenn man sich ohne Behuthsamkeit darauf setzt. Im Oberdeutschen bedeutet es auch, in Knollen, d. i. grobe Stücke, zerreiben. Eine Masse Salz knüllen. Siehe Knollen.


Knüpfen (W3) [Adelung]


Knüpfen, verb. reg. act. einen Knopf, oder vielmehr Knoten machen, und dadurch befestigen, oder verbinden. Einen Knoten knüpfen. Eine Perrucke knüpfen, einen Knoten darein schlagen. Eine geknüpfte Perrucke, eine Knotenperrucke. Einen Strick zusammen knüpfen. Einen Seil in das Fenster knüpfen, Jos. 2, 18, 21. Das Schildlein mit einer Schnur an die Ringe des Leibrockes knüpfen. 2 Mos. 28, 28. Ein Band an das andere knüpfen. Ich hatt' ihn zwar gefangen, Und an ein Band geknüpft, Gell. Ingleichen figürlich, genau vereinigen. Die Bande der Verwandtschaft werden von der Natur geknupft, Gell. Der natürliche Trieb der Kreatur, mit ähnlichen Kreaturen zu leben, hat die Bande der Gesellschaft geknüpft, Zimmerm. Daher die Knüpfung.

Anm. Bey dem Ottfried und Notker chnupfen, im Nieders. knuppen. Es stammet von Knopf her, so fern es ehedem auch einen Knoten in engerm Verstande bedeutete, von welchem letztern Worte die Niedersachsen ihr knutten und knütten, knüpfen, stricken u. s. f. haben, Angels. cnittan, Engl. to knit. Im gemeinen Leben ist auch das Diminut. knüpfeln, Nieders. knüppeln üblich, kleine Knoten machen.


Knüppel (W3) [Adelung]


Der Knüppel, des -s, plur. ut nom. sing. ein im gemeinen Leben für das anständigere Knüttel übliches Wort, ein längliches, dickes, rundes Stück Holz zu bezeichnen. Dem Hunde einen Knüppel anhängen, einen Klöppel oder Knüttel. Runde aus Ästen gehauene und nicht gespaltene Stücke Brennholzes sind unter dem Nahmen Knüppel, Klöppel oder Knüttel bekannt. Besonders so fern ein solches Stück Holz zum Schlagen dienet. So pflegen die Tischler, die Steinmetzen, die Bildhauer ihre hölzernen mit einem Stiele versehenen Schlägel Knüppel zu nennen.

Anm. In der engern Bedeutung, wo die Endung -el ein Werkzeug bedeutet, scheinet es zunächst von dem in mehrern Sprachen befindlichen knob, knupp, schlagen, stoßen, abzustammen, wovon man in den niedrigen Sprecharten die Zeitwörter knüffel, knüllen, knugen u. s. f. in eben diesem Verstande hat. Indessen kann es auch überhaupt zu Knop, Knup und den übrigen dieses Geschlechtes gehören, und ein kurzes dickes unförmliches Holz überhaupt bedeuten.


Knurren (W3) [Adelung]


Knurren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches einen mit knarren verwandten Schall, der aber von gröberer Art ist, nachahmet, diesen Schall hervor bringen. Am häufigsten gebraucht man es im gemeinen Leben im figürlichen und gemeiniglich verächtlichen Verstande für murren, murrend tadeln, seinen Unwillen durch Murren an den Tag legen. Den ganzen Tag knurren. Es wird auch gnurren, gnarren, knorren geschrieben und gesprochen, Nieders. knurren, gnarren, gnur- ren, im Dän. kurre, in Engl. to gnar. Daher im gemeinen Leben knurrig, murrend, mürrisch, und Gnurrtopf, Gnurrkater, ein mürrischer Mensch. In Obersachsen hat man von diesem Zeitworte, aber ohne Gaumenlaut, das Diminutivum nörgeln.


Knute (W3) [Adelung]


Die Knute, plur. die -n, eine noch in Rußland übliche Peitsche mit vielen dünnen Stricken, deren jeder mit vielen Knoten versehen ist, wovon sie den Nahmen hat; die Knutpeitsche. Die Knute geben, mit derselben züchtigen, auch knuten. Die Knute bekommen.


Knüttel (W3) [Adelung]


Der Knüttel, des -s, plur. ut nom. sing. ein in der anständigern Schreibe- und Sprechart für Knüppel übliches Wort. Dem Hunde einen Knüttel anhängen, auch ihn knütteln. Der Knüttel liegt immer bey dem Hunde, sagt man von jemanden, der durch unüberwindliche Hindernisse aufgehalten wird. Besonders ein kurzes dickes Holz, so fern es ein Werkzeug des Schlagens ist. Einem bösen Knechte gehöret der Knüttel, Sir. 33, 27. Es reget keines eher einen Fuß bis nicht der Knittel (Knüttel) hinter drein ist, Weiße. Wer Vögel fangen will, muß nicht mit Knütteln unter sie werfen.

Anm. Im Nieders. Knuppel, Knüppel, im Pohln. Knutel. S. Knoten.


Knüttelholz (W3) [Adelung]


Das Knüttelholz, des -es, plur. inus. aus Knütteln, d. i. ungespaltenen Ästen, bestehendes Brennholz; Knüppelholz, Klöppelholz.


Knüttelvers (W3) [Adelung]


Der Knüttelvers, des -es, plur. die -e, ein Nahme der vor Opitzens Zeiten üblichen kurzzeiligen Verse, besonders so fern sie ohne dichterische Schönheit gemeiniglich aus platter holperiger gereimter Prose bestanden; daher man in weiterer Bedeutung auch wohl ein jedes solches schlechtes Gedicht, besonders wenn die gewöhnliche Folge der Wörter darin aus den Augen gesetzet wird, ein Knüttelgedicht, und die Verse, woraus es bestehet, Knüttelverse zu nennen pfleget. Entweder von den kurzen, holperigen, gemeiniglich vierfüßigen Zeilen, oder auch von den Knoten oder Holpern, d. i. Fehlern wider die gewöhnliche Folge der Wörter.


Koax (W3) [Adelung]


Koax, ein Wort, welches das Geschrey der Frösche nachahmet. Die Frösche machen auch sich lustig an der Bach, Und ihr Coax, Coax, gibt keinem Vogel nach, Opitz. Daher koaxen, koax schreyen, Ital. coazzare. S. Quäken.


Kobalt (W3) [Adelung]


Der Kobalt, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein im Bergbaue und der Mineralogie übliches Wort, wo es verschiedene Producte des Mineralreiches bezeichnet. 1) Der Galmey ist in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden unter dem Nahmen des Kobaltes bekannt. 2) Am häufigsten ist der Kobalt ein Halbmetall, welches von allen Farben angetroffen wird, im Schmelzen einen weißglänzenden spröden König, ( S. Kobaltspeise,) und eine unmetallische Erde gibt, aus welcher mit Sand und Alkali die so bekannte Smalte oder blaue Farbe bereitet wird, daher er auch der Farbenkobalt genannt wird; Cadmia metallica. ( S. Glanzkobalt, Rußkobalt, Schlackenkobalt, Scherbenkobalt.) In der engsten Bedeutung ist in den Blaufarbenwerken Kobalt oder Blaufarbe, das aus der Erde des Kobaltes bereitete dunkelblaue Glas; zum Unterschiede von dem blassern, welches Äschel oder Eschel genannt wird. 3) In weiterer Bedeutung werden auch solche Mineralien, welche dem jetzt gedachten Kobalte gleichen, aber entweder keine färbende, oder doch keine arsenikalische und regulinische Theile haben, Kobalte, bestimmter aber unvollkommene oder unechte Kobalte genannt. 4) In noch weiterer Bedeutung heißt bey den Bergleuten oft alles Kobalt, was im Schmelzen kein Metall gibt, nach Schwefel und Arsenik riecht und andere Metalle raubt oder spröde macht.

Anm. Im gemeinen Leben oft Kobelt, Kobold, welches doch ein anderes Ding ist, im Dän. Kobolt, im Engl. Cobalt.


Kobaltbeschlag (W3) [Adelung]


Der Kobaltbeschlag, des -es, plur. inus. eben daselbst, ein gemeiniglich blaßrothes, zuweilen aber auch weißes, gelbes und grünes Pulver auf den Kobalterzen, welches eine anfangende Verwitterung derselben ist; Ochra Cobalti.


Kobaltblumen (W3) [Adelung]


Die Kobaltblumen, sing. inus. eben daselbst, ein zarter strahliger oder krystallinischer Auswuchs auf den kobaltischen Erzen, welcher auf der Oberfläche purpurfarbig, inwendig aber grau aussiehet; Flos Cobalti, Kobaltblüthe.


Kobaltdruse (W3) [Adelung]


Die Kobaltdruse, plur. die -n, ein drusig gewachsenes Stück Kobalterz.


Kobalterde (W3) [Adelung]


Die Kobalterde, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, Erdarten, welche Kobalt enthalten, Kobalterz in Gestalt einer Erde.


Kobalterz (W3) [Adelung]


Das Kobalterz, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein Erz, d. i. eine Steinart, so fern ihr Hauptgehalt Kobalt ist; Minera Cobalti.


Kobaltgang (W3) [Adelung]


Der Kobaltgang, des -es, plur. die -gänge, ein Gang, in welchem Kobalt bricht oder gebrochen wird.


Kobaltisch (W3) [Adelung]


Kobaltisch, adj. et adv. dem Kobalte ähnlich, ingleichen Kobalt enthaltend.


Kobaltkönig (W3) [Adelung]


Der Kobaltkönig, des -es, plur. die -e, S. Kobaltspeise.


Kobaltmulm (W3) [Adelung]


Der Kobaltmulm, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, Kobalt in Gestalt eines Mulmes, ein zu einer zarten Erde aufgelöseter Kobalt, welcher gemeiniglich schwarz, oft aber auch blau und von andern Farben ist.


Kobaltnapf (W3) [Adelung]


Der Kobaltnapf, des -es, plur. die -näpfe, auf dem Harze, ein kugelförmiges, sehr arsenikalisches und silberhaltiges Erz, welches keine färbende wohl aber eisenschüssige Theile enthält, und weil es den Silbergehalt raubet, auch Raubkobalt genannt wird. Den Nahmen Napf hat es von der runden Gestalt.


Kobaltspeise (W3) [Adelung]


Die Kobaltspeise, plur. die -n, die Speise, d. i. der Regulus, welcher sich bey Schmelzung des Kobalterzes auf den Boden setzet; der Kobaltkönig, Regulus Cobalti. Siehe Speise und König.


Kobaltspiegel (W3) [Adelung]


Der Kobaltspiegel, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Sächsischen Erzgebirge zu Annaberg, ein Kobalterz, welches eine glänzende silberfarbene Oberfläche hat; S. Glanzkobalt.


Kobaltstufe (W3) [Adelung]


Die Kobaltstufe, plur. die -n, ein Stück Kobalterz, siehe Stufe.


Kobaltzeche (W3) [Adelung]


Die Kobaltzeche, plur. die -n, eine Zeche, in welcher Kobalt bricht, wo auf Kobalt gebauet wird.


Kobel (W3) [Adelung]


* Der Kobel, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in den gemeinen Mundarten, besonders Oberdeutschlandes, übliches Wort, wo es überhaupt so wohl eine Erhöhung, als auch den damit verbundenen Begriff einer Vertiefung oder Bedeckung hat. 1) In einigen Gegenden ist der Kobel, oder Taubenkobel, ein Taubenschlag. Der Raum oder das Behältniß in den Kutschen unter den Füßen heißt in einigen Gegenden der Kobel, und in andern wird ein bedeckter Wagen, eine Kutsche oder Kammerwagen, ein Kobelwagen oder Hobelwagen genannt. Der Siechkobel bey Nürnberg ist ein kleines Gebäude, in welchem aussätzige Weibespersonen unterhalten werden. ( S. Koben.) 2) Am Oberrheine ist der Kobel ein Kopfzeug oder Aufsatz des weiblichen Geschlechtes, im Holländ. Kovel, in welcher Bedeutung es mit Haube so wohl der Abstammung als Bedeutung nach überein kommt.


Kobellerche (W3) [Adelung]


Die Kobellerche, S. Haubenlerche.


Kobelmeise (W3) [Adelung]


Die Kobelmeise, S. Haubenmeise.


Kobelzeucher (W3) [Adelung]


Der Kobelzeucher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Grebe.


Koben (W3) [Adelung]


Der Koben, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches überhaupt einen hohlen Raum, ein hohles Behältniß bedeutet, und noch in verschiedenen Fällen gebraucht wird, so wohl ein kleines enges Gebäude, als auch ein kleines niedriges Zimmer zu bezeichnen. In der Landwirthschaft, besonders Niedersachsens, ist der Koben oder Schweinskoben ein besonders gebaueter, oder an einem andern Gebäude angebaueter Schweinstall, besonders ein solches erhöhetes Gebäude, Schweine darin zu mästen. Kälberkoben, ein Beschlag in einer Ecke, Kälber darein zu stallen; in der Lausitz Koe. Im Oberd. ist der Kobel ein Taubenhaus, Engl. Pidgeons Cove.

Anm. Im Nieders. Kave, Kaven. Es gehöret zu dem großen Geschlechte derjenigen Wörter, welche einen hohlen Raum, cavum, bezeichnen, und so wohl mit dem Blase- als andern Ableitungslauten, in der Deutschen und den verwandten Sprachen sehr zahlreich sind. Im Schwed. ist Kofwa eine Hütte, Angels. Cofa, Cofe, Isländ. Kofe. Im Wallach. ist Guba das Ofenloch, in Böhm. Kowarna ein Gebäude, eine Werkstätte, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Grippe, im Franz. Gavon eine kleine Kammer im Hintertheile des Schiffes, im Alban. Koba ein Topf, im mittlern Lat. Gabia ein Käfich, Cova und Cuva eine Höhle. ( S. Kaue, Kabuse, Käfich, Kobel, Kober, Koffer, Kübel, Kufe, Kopf, Haube, Kiefe, Keubel, Schoppen, und andere mehr.) Die Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, verbergen, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bedecken, sind so wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Höhle, genau damit verwandt. In einigen Gegenden ist es weiblichen Geschlechtes, die Kobe.


Kober (W3) [Adelung]


Der Kober, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Koberchen, ein von Baste, gespaltenen Ruthen oder Spänen geflochtenes hohes, länglich viereckiges Behältniß mit einem Deckel, welcher einem Schachteldeckel gleicht, und gemeiniglich an einem Stricke auf dem Rücken getragen wird; besonders auf dem Lande, wo es am üblichsten ist. Im Nieders. wird es eine Kiepe, und bey den Märkischen Bauern eine Tabel genannt, siehe dieses Wort.

Anm. Es gehöret gleichfalls zu dem Geschlechte des vorigen Wortes. Die Endsylbe -er bezeichnet hier ein Ding, so daß Kober, eigenltich ein tiefes Behältniß, ein hohles Ding bedeutet. Das Nieders. Kiepe bedeutet auch, vielleicht nicht bloß figürlich, den Magen, den Bauch. Im mittlern Lat. ist Gaberina ein Sarg, im Engl. Kipe ein geflochtener Hamen, im Nieders. Kiepsack die Kleidertasche, der Schuhsack, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Pohln. Kobiel ein Korb, im Alban. Kiup, und im Wallach. Kjupa, ein Gefäß mit einem Henkel. S. das vorige und Koffer.


Kobereisen (W3) [Adelung]


Der Kobereisen, des -s, plur. inus. im Bergbaue, dasjenige Eisen, welches die Bergleute unrechtmäßiger Weiße in dem Kober zum Verkaufe herum tragen.


Köblergut (W3) [Adelung]


Das Köblergut, S. Kossatengut.


Kobold (W3) [Adelung]


Der Kobold, ein Halbmetall, S. Kobalt.


Kobold (W3) [Adelung]


1. Der Kobold, plur. car. in den gemeinen Sprecharten, ein Burzelbaum. Kobold schießen, einen Burzelbaum machen; Dän. kolbotte. Vermuthlich aus dem Franz. Culbut, und culbuter. S. Burzelbaum.


Kobold (W3) [Adelung]


2. Der Kobold, des -es, plur. die -e. 1) Ein Possenreißer; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher Covalus im mittlern Lat. vorkommt. Covalus qui lusu assimulato fallit, vel parasitus, vel blatero hallucinatorque vel praedo, vel sicarius; im Vocabular. Sussannaei bey dem Du Fresne. Vielleicht von dem alt Franz. gobe, lustig, dienstfertig, gefällig, und Goban, die Freude. 2) In der Geister- lehre des großen Haufens, eine Art Mittelgeister, welche ohne vorher gegangene Beleidigung niemanden Schaden zufügen, sondern den Menschen allerley Dienste leisten, und sie oft durch seltsame Possen belustigen. Er lacht wie ein Kobold. Die Bergleute, welche immer viel mit dem Kobolde zu thun haben, nennen ihn auch das Bergmännchen, den Berggeist, Matthesius Cobalein, welches mit dem mittlern Lat. Gobelinus und Franz. Gubelin, welches eben diesen Geist bezeichnet, überein kommt. Daemon enim, heißt es bey dem Ordericus Vitalis B. 5, quem de Dianae fano expulit, adhuc in eadem urbe degit, et in variis frequenter formis apparens, neminem laedit. Hunc vulgus Gobelinum appellat. In Frankreich schreckt man die Kinder mit dem Gobelin, so wie in Deutschland mit dem Knechte Ruprecht, dem Mummel, Papanz u. s. f. Im Hildesheimischen wird dieser fabelhafte Hausgeist Hödeke, im Meklenburgischen dat Gimken, welches vielleicht das Diminut. von Joachim ist, im Holländ. auch Kabauter Manneken genannt. Luther gebraucht dieses Wort Es. 34, 14: der Kobold wird daselbst herbergen; wo das daselbst befindliche Hebr. Wort Lilith eine Nachteule bedeutet. Entweder auch von dem vorhin gedachten alten Franz. gobe, lustig, so wie ein ähnlicher possenhafter Geist an andern Orten Droll, Troll genannt wird, vermuthlich von drollig, Franz. drole; oder von Koben, Oberd. Kobel, ein Haus, einen Hausgeist zu bezeichnen; oder endlich auch von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches nach dem Hesychias bösartig bedeutete, und schon bey den Griechen eine Art boshafter Mittelgeister bezeichnete.


Koch (W3) [Adelung]


Der Koch, des -es, plur. die Köche, Fämin. die Köchinn. 1) Eine Person, welche die Kunst, Speisen zuzurichten verstehet und ausübet. Ein Garkoch, welcher die Speisen auf den Kauf zurichtet. Ein Hofkoch, Mundkoch, Sudelkoch u. s. f. Ein Bratkoch, welcher an den Höfen allein die Braten besorget, Backkoch, welcher nur allein mit dem Backwerke zu thun hat. Sprichw. Viele Köche versalzen den Brey. Es sind nicht alle Köche, welche lange Messer tragen. Der Hunger ist der beste Koch. 2) Eine gekochte Speise. Im Oberdeutschen ist das Koch der Brey. Im Hochdeutschen werden nur gewisse breyartige Speisen der Koch genannt. Dergleichen ist der Milchkoch oder Schüsselkoch, eine Art eines Gebackenen von Milch, Mehl, Eyern und Zucker, welches in einer Schüssel im Ofen gebacken wird. Der aufgelaufene Koch, eine Art Torten, dergleichen aus Äpfeln, Erbsen, Gries, Eyerdottern, Krebsen, Marks u. s. f. bereitet, und alsdann Äpfelkoch, Erbsenkoch, Grieskoch, Eyerkoch, Krebskoch u. s. f. genannt wird.

Anm. In der ersten Bedeutung im Dän. Kok, im Schwed. Cock, im Angels. Coc, im Wallis. Cog, im Engl. Cook, im Ital. Coco, Cuoco, im Latein. Coquus, im mittlern Latein. Coctus, im Böhm. Kuchar. S. Kochen.


Kochbirn (W3) [Adelung]


Die Kochbirn, plur. die -en, eine allgemeine Benennung aller derjenigen Birnarten, welche mit mehrerm Nutzen gekocht, als auf andere Art verbraucht werden; zum Unterschiede von den Back- Brat- und Tafelbirnen.


Kochbuch (W3) [Adelung]


Das Kochbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Buch, in welchem die Zurichtung allerley Speisen beschrieben und gelehret wird.


Kochen (W3) [Adelung]


Kochen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt gebraucht wird. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, wo es von flüssigen Körpern gebraucht wird, wenn sie von dem Feuer auf Einer Seite durchdrungen und in Blasen in die Höhe getrieben werden, welche wegen ihrer Schwere auf der andern Seite wieder herunter fallen. Es wird also eigentlich nur von solchen flüssigen Körpern gebraucht, welche in Töpfen auf diese Art von dem Feuer durchdrungen werden; in weiterer Bedeutung aber auch von solchen, welche eigentlich sieden. 1) Eigentlich. Das Wasser kocht bereits, hat schon lange gekocht, wird bald kochen. Der Brey, die Erbsen, das Fleisch kocht schon, wenn das Wasser oder die Brühe, worin sie sich befinden, kocht. Nach einer nicht seltenen Figur sagt man es auch von dem Gefäße, worin sich der flüssige Körper befindet. Der Topf, der Kessel kocht schon. 2) Figürlich. (a) Die Weintrauben kochen, wenn der darin befindliche Saft von der Sonnenhitze zur Reife gebracht wird. (b) Das Blut kocht in seinen Adern, von einer heftigen Bewegung des Blutes. Was für Leidenschaften kochen in seiner tobenden Brust! II. Als ein Activum, durch Hülfe des feuers diese Veränderung in einem flüssigen Körper hervor bringen, und in weiterer Bedeutung dadurch zubereiten. 1) Eigentlich, wo es zunächst von solchen Dingen gebraucht wird, welche ihre Zubereitung auf diese Art in Töpfen erhalten. Leim kochen, Kleister kochen, Brey kochen. Seife kochen, wofür doch sieden üblicher ist. Erbsen kochen. Die Speise, das Essen kochen. Etwas am Feuer, bey dem Feuer kochen. Eine Speise mit Wasser, mit Wein kochen. Ingleichen absolute und in Gestalt eines Neutrius, die Speisen auf solche Art zubereiten. Bey Hofe, zu Hofe kochen. Er kann nicht kochen. Sich selber kochen. Bey einer Hochzeit kochen. Schlecht, gut kochen. 2) Figürlich. Der Magen kocht die Speise, wenn erste verdauet. Die Sonne kocht den Wein am Weinstocke, wenn sie die Trauben durch ihre Wärme zur Zeitigung bringt. Für das Hauptwort die Kochung ist das Kochen üblicher.

Anm. 1. Im Nieders. kaken, im Dän. koge, im Schwed. koka, im Lat. coquere, im mittlern Latein. cocinare. Es kann seyn, daß die Deutschen so wohl dieses Wort als die dadurch bezeichnete Sache, so wie mehrere zum Wohlleben gehörige Dinge, aus Italien erhalten haben; indem bekannt ist, daß rohe wilde Völker, dergleichen die Deutschen in den ältesten Zeiten waren, ihre Speisen roh essen. Indessen ist doch dieses Wort eine sehr deutliche Nachahmung des dumpfigen Schalles, welchen ein flüssiger Körper im Kochen macht.

Anm. 2. Hr. Stosch bemerkt ganz richtig, daß kochen einen geringern Grad der Aufwallung bezeichne, als sieden. Der Grund liegt in eben der jetzt gedachten Onomatopäie. Kochen druckt einen hohlern, dumpfigern, sieden aber einen hellern zischenden Schall aus. Ein flüssiger Körper kocht, wenn er auf Einer Seite Feuer hat; er siedet, wenn das Feuer entweder von allen Seiten, oder von unten auf in ihn wirkt. Um dieser Ursache willen gehöret das Kochen eigentlich für die Töpfe, das Sieden aber für die Kessel. In vielen Fällen wird dieser Unterschied wirklich beobachtet. Man sagt, Krebse, Fische, Seife, Alaun, Salz sieden u. s. f. und nicht kochen, weil man sich dazu der Kessel und nicht der Töpfe bedienet. Im gemeinen Leben aber, besonders Niedersachsens, werden beyde Wörter häufig mit einander verwechselt, so daß man kochen immer da gebraucht, wo eigentlich sieden stehen sollte; zumahl da kochen auch in weiterer Bedeutung von der Zubereitung der Speisen überhaupt gebraucht wird. Luther selbst gebraucht das Zeitwort kochen Zach. 14, 21; 3 Esr. 1, 12, von dem Sieden in Kesseln.


Köcher (W3) [Adelung]


Der Köcher, des -s, plur. ut nom. sing. ein im Hochdeutschen selten gewordenes Wort, welches eigentlich ein langes hohles Behältniß bedeutet, etwas darin zu verwahren. Ein Feder-Pennal heißt noch jetzt im Oberdeutschen ein Federköcher oder nur Köcher schlechthin, und im Nieders. wird noch ein jedes Futteral ein Köker genannt. Am häufigsten ist es von denjenigen Behältnissen üblich, worin man die Pfeile bey sich auf dem Rücken trägt; in welcher Bedeutung es auch in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt. Den Köcher und Bogen nehmen, 1 Mos. 27, 3. Anm. Bey dem Notker in der letzten Bedeutung Chocher, im Schwabensp. Kocher, in Boxhorns Glossen Cohhar, im Dän. Koger, im Schwed. Koger, im Angels. Cocer, im Isländ. Kogur, im Span. Cuchar, im Engl. Quiver, im mittlern Latein. Cocurra, Cocurra, Cucurum, bey den spätern Griechen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Ital. Coccaro, im Franz. Carquois. Es gehöret nur zu denjenigen Wörtern, in welchen der Begriff eines hohlen Behältnisses der herrschende ist. S. Kaue, Kachel, Kag u. s. f.


Kochfeuer (W3) [Adelung]


Das Kochfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Feuer, bey welchem man die Speisen kochet, zum Unterschiede des Bratfeuers; ohne Plural. 2) Ein einzelner Haufe zu dieser Absicht brennenden Holzes. Drey Kochfeuer auf Einem Herde haben.


Kochjunge (W3) [Adelung]


Der Kochjunge, des -n, plur. die -n, ein junger Mensch, welcher einem Koche in den niedrigsten Diensten an die Hand gehet, ein Lehrling in der Kochkunst.


Kochkraut (W3) [Adelung]


Das Kochkraut, des -es, plur. die -kräuter, diejenigen Kräuter, welche gekocht als eine Speise gegessen werden; Gemüse.


Kochkunst (W3) [Adelung]


Die Kochkunst, plur. inus. das Kochen der Speisen, als eine Kunst betrachtet, die Kunst, die Speisen geschickt zuzurichten.


Kochlöffel (W3) [Adelung]


Der Kochlöffel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Löffel mit einem langen Stiele, wie man ihn bey Zubereitung der Speisen gebraucht; die Kelle.


Kochsalz (W3) [Adelung]


Das Kochsalz, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, dasjenige Salz, dessen man sich in den Küchen zur Zubereitung der Speisen bedienet, und welches eine Art des Mittelsalzes ist; Küchensalz, und gemeiniglich nur Salz schlechthin. In weiterer Bedeutung wird dahin auch das Steinsalz und Boisalz, im engsten Verstande aber nur das aus Salzquellen gesottene Salz gerechnet.


Kochschwamm (W3) [Adelung]


Der Kochschwamm, des -es, plur. die -schwämme, im gemeinen Leben, eßbare Schwämme. In engerer Bedeutung führet der Keiske oder Keitzke in einigen Gegenden den Nahmen des Kochschwammes.


Kochstück (W3) [Adelung]


Das Kochstück, des -es, plur. die -e, in den Küchen, kleinere Stücke Fleisch zum Kochen, im Gegensatze des Braten.


Kochtopf (W3) [Adelung]


Der Kochtopf, des -es, plur. die -töpfe, ein Topf, so fern er zum Kochen bestimmt ist; im Gegensatze der Steintöpfe oder des Steingutes.


Kochwein (W3) [Adelung]


Der Kochwein, des -es, plur. inus. Wein, so fern er in den Küchen an die Speisen gebraucht wird.


Kochwildbret (W3) [Adelung]


Das Kochwildbret, des -es, plur. inus. diejenigen Theile eines Hirsches oder Thieres, welche gekocht werden; zum Unterschiede von denjenigen, welche gebraten werden.


Kocke (W3) [Adelung]


Die Kocke, eine Art Schiffe, S. Kogge.


Kockel (W3) [Adelung]


Die Kockel, plur. die -n, in der Landwirthschaft einiger Gegenden, z. B. der Lausitz, die Querschiene an einem Ochsenjoche, welche unten an dem Halse zu liegen kommt.


Köcken (W3) [Adelung]


Köcken, S. Köken.


Koder (W3) [Adelung]


Der Koder, des -s, plur. ut nom. sing. der fleischige Theil unter dem Kinne, S. Kader.


Köder (W3) [Adelung]


1. Der Köder, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schustern, ein Stück Rindsleder, welches die Gestalt des untern Absatzes hat und auf denselben gesetzt wird; der Fleck. Ohne Zweifel von dem noch im Nieders. üblichen kadden, katten, zerschneiden, bey dem Ottfried kuatten, quatten, Engl. to cut. Das Zeitwort verködern, verschneiden, verhunzen, kommt noch bey dem Matthesius vor, wohin auch das Lat. caedere gehöret, welches die Römer kaedere sprachen.


Köder (W3) [Adelung]


2. Der Köder, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut nom. sing. bey den Jägern und Fischern, eine jede Lockspeise, welche Thieren, die man fangen will, in die Fallen, Hamen, Reusen, an die Angeln u. s. f. gethan wird. Den Köder an die Angel stecken.

Anm. Es stammet nicht von dem vorigen kutten, schneiden, her, sondern gehöret zu dem Geschlechte des Wortes kauen, und bedeutet Speise überhaupt, und in engerem Verstande Lockspeise. Im Goth. ist daher Kiöt, und im Schwed. Kört, Fleisch, und im Nieders. Küt das Eingeweide. Aus der Vergleichung der Nahmen des Köders in andern Mundarten und Sprachen, erhellet diese Abstammung noch deutlicher. In einigen Gegenden heißt der Köder das Aaß, unmittelbar von essen, und anködern anaßen; im Nieders. Pödder, welches dunkle Wort aus dem Bretagnischen Boit oder Boutre, Normandischen Abait, und Engl. Bait, seine Aufklärung erhält, welche alle Köder bedeuten, und von beißen, Nieders. biten, abstammen. In der Provence heißt der Köder so wie im Lat. Esca. Übrigens lautet dieses Wort im gemeinen Leben einiger Gegenden, Queder, Quedder, und in andern, besonders im Oberdeutschen, ist es ungewissen Geschlechtes, das Köder.


Ködern (W3) [Adelung]


Ködern, verb. reg. act. 1) Mit Köder locken; körnen. Fische ködern. Mit Käse, mit Regenwürmern, mit Fliegen ködern. ( S. auch Anködern.) 2) Mit Köder versehen; beködern. Die Angeln, Hamen, Reusen ködern. Siehe Körnen.


Kofent (W3) [Adelung]


Der Kofent, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein geringes, schwaches Bier, welches entstehet, indem man nach geschöpftem Biere, frisches Wasser auf die in dem Möschbottich befindlichen Träbern gießet; daher es auch Nachbier, Afterbier, Dünnbier, in Preußen Halbander, und weil manche Personen es gerne bey den Mahlzeiten trinken, Speisebier, Tafelbier, Tischbier genannt wird. In Hamburg heißt es Nösterbier, in Hannover, vielleicht im Scherze, Wuttu, an andern Orten gleichfalls im Scherze Langeweile, woraus vermuthlich das Schlesische Langvel, Langfel, Lampfen, verderbt ist, zu Roßwein in Meißen Langfahn, nicht, wie Frisch will von dem Franz. l'enfant, sondern weil es lange Fahnen an den Biertafeln in den Bierhäusern macht. Der Nahme Kofent, oder wie er bey dem Apherdian vollständiger heißt, Convenz-Bier, stammet aus den Klöstern her, von dem Lat. Conventus. Entweder so fern es die Mönche im Convente bey den Mahlzeiten neben dem Weine getrunken, oder, wie Frisch will, weil es in den Conventen der Brüder getrunken worden, im Gegensatze des stärkern Bieres der Mönche. In der Dauphine heißt der Lauer, oder ein geringer Wein zum häuslichen Gebrauche, welcher im mittlern Lat. Bibende genannt wird, so wie der Kofent an manchen Orten auch nur Trinken heißt, noch jetzt Couvin, Couven, und in einer Lateinischen Urkunde Frankreichs von 1348 wird dieser Tischwein Vinum conventus, vocatus Bibende, factus in vindemia genannt. An denjenigen Orten, wo man zwey Mahl nachbrauet, unterscheidet man das Nachbier von dem Kofente, da denn jenes von dem ersten, dieser aber von dem zweyten Nachgusse des Wassers auf die Träbern erhalten wird.


Koffee (W3) [Adelung]


Der Koffee, S. Kaffeh.


Koffer (W3) [Adelung]


Der Koffer, des -s, plur. ut nom. sing. ein cylindrischer Kasten mit gewölbtem Deckel und gewölbten Seiten, besonders von mittlerer Größe, so wie man ihn auf Reisen bey sich zu führen pfleget, da er denn gemeinglich mit Leder oder Seehundfellen überzogen wird. Im gemeinen Leben Kuffer, im Dän. und Schwed. Koffert, im Engl. Coffer, im mittlern Lat. schon von dem 12ten Jahrh. an Cofferum, Coferum, Coffrus, Cofrum, wo es oft einen verwahrten Kasten überhaupt bedeutet, so wie das Wallisische Coffr und Angels. Coffre. Wir haben dieses Wort vermuthlich aus dem Franz. Coffre entlehnet; indessen gehöret es doch zu dem Worte Kober und mit demselben zu allen denjenigen, welche einen hohlen, gewölbten Raum bedeuten.


Koffergarn (W3) [Adelung]


Das Koffergarn, des -es, plur. die -e, bey den Fischern, ein cylindrischer Garnsack in Gestalt eines Koffers, welcher auch die Trommel, das Sackgarn, und im Franz. Louve und Verveux a Tambour genannt wird.


Kofferschildkröte (W3) [Adelung]


Die Kofferschildkröte, plur. die -n, eine Art Schildkröten, deren oberer Schild erhabener ist, als bey den andern; Engl. The Trunk-Turtle, Franz. le Coffre.


Kog (W3) [Adelung]


1. Der Kog, des -es, plur. die Köge, ein nur im Schleswigischen übliches Wort, niedrige, von der See angesetzte und mit Dämmen eingefaßte Ländereyen zu bezeichen. Es scheinet, daß man mit diesem Worte zunächst auf die Eindeichung, Einfriedigung gesehen. Im Steyermärkischen ist Kag ein lebendiger Zaun, ein Hag, eine Hecke, zu welchen Wörtern es zu gehören scheinet. Im Schwed. ist Kok, Koka, eine große Erdscholle, und in Tirol. Kögel ein Stein.


Kog (W3) [Adelung]


2. Der Kog, des -es, plur. die Köge, in einigen Gegenden, ein hölzerner Schlägel, besonders, so wie ihn die Böttcher gebrauchen; im mittlern Lat. Coga. Im Finnischen ist Cuocha ein Schlägel, die Erdschollen, welche daselbst Cockare heißen, zu zerschlagen. Vermuthlich wegen der dicken rundlichen Gestalt, S. das folgende, ingleichen Kuchen und Kugel.


Kogel (W3) [Adelung]


Die Kogel, plur. die -n. 1) Ein im Hochdeutschen veraltetes, aber noch in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, eine Art eines Kopfputzes, besonders des andern Geschlechtes zu bezeichnen, welches eine kugelförmige Gestalt hatte, und einem Türkischen Bunde glich, daher derselbe auch von ältern Schriftstellern eine Gugel, Kogel oder Kugel genannt wird. In diesem Verstande scheinet es auch Luther Ezech. 23, 15 genommen zu haben, wo es heißt, daß die Babylonier und Chaldäer bunte Kogel auf ihren Köpfen tragen. In der Randglosse sagt er: "Kogel heißt Hebräisch Geruch - Und ist eine Kogel, wie vor Zeiten die Magistri und Studenten Kogel trugen, da viel unnützes Tuchs um den Kopf herhing." Die Mode veränderte die Gestalt der Kogeln, behielt aber den Nahmen bey, so daß sehr vielerley Arten der Kopftrachten beyder Geschlechter diesen Nahmen führeten, besonders wurden die Kappen, so wie sie heut zu Tage nicht nur das schöne Geschlecht, sondern auch die Mönche an ihren Kleidern, die Bergleute u. s. f. tragen, Kogeln, Gugeln und Kugeln, ingleichen Gugelhauben, Kogelhauben genannt. Die Bergleute haben dieses Wort noch beybehalten, indem sie ihre Kappen zuweilen Gugeln oder Kugeln zu nennen pflegen. Im Nieders. ehedem Kagel, im Angelsächs. Cugle, bey dem Kero Cucalun, im Lat. Cucullus, welches sich schon bey dem Martial findet, im Ital. Cocolla, im Böhm. Kukla, im Wallach. Kagula, im Alban. Kasulia, alle von einer Kappe, oder doch ähnlichen Kopftracht. Es gehöret zu den Wörtern Kog, Kagel, Kugel u. s. f. so fern solche entweder etwas Erhabenes, und folglich auch Vertieftes, Hohles bezeichnen, oder auch so fern sie nach einer sehr gewöhnlichen Figur eine Bedeckung, Bekleidung bedeuten. Im Wallisischen ist daher Cochl ein Mantel. 2) Ein Oberdeutsches mit dem vorigen genau verwandtes Wort, welches den Gipfel, die Spitze eines Berges bedeutet, und zuweilen gleichfalls Gugel lautet. Oben auf des Berges Kogel, Theuerd. Kap. 36. Die Gugeln, wo firstenweise gebauet wird, Spergg in der Tirol. Bergwerksgesch. Im Schwed. ist Kogg der Zahn eines Nades. Es gehöret mit dem vorigen Worte zu dem Geschlechte des Wortes hoch, so daß die Endsylbe el bloß ein Ding, ein Subject bezeichnet, von welchem etwas gesagt wird.


Kogge (W3) [Adelung]


Die Kogge, plur. die -n, eine Art Niederdeutscher Schiffe, welche vorn und hinten etwas rund sind, und ehedem zum Kriege gebraucht wurden. S. Kag.


Kohl (W3) [Adelung]


Der Kohl, des -es, plur. inus. 1) Ehedem überhaupt alle eßbare Kräuter und Pflanzen, welche Bedeutung nicht nur in den verwandten Sprachen angetroffen wird, sondern auch in einigen Gegenden noch jetzt üblich ist. So wird die grüne Suppe, welche man an manchen Orten am grünen Donnerstage von neunerley jungen Kräutern isset, in vielen Gegenden grüner Kohl genannt, obgleich kein Kohl in der folgenden engern Bedeutung dazu kommt. Das Schwed. Kal und Isländ. Kal bedeutete so wie das Lat. Olus, wofür man in den spätern Zeiten Holus sagte, gleichfalls alle eßbare Kräuter. Im Griech. war - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - in noch weiterer Bedeutung eine jede Speise oder Nahrung. ( S. Kohlgarten.) 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist der Kohl ein Schotengewächs, welches bey uns in den Gärten gebauet wird, an dem Meerstrande Englands aber einheimisch ist; Brassica oleracea L. Man hat viele Abänderungen dieses Gewächses, welche größten Theils von dem Boden, von der Zeit, da man es säet, und andern zufälligen Umständen herrühren, ( S. Kopfkohl, Blaukohl, Blumenkohl, Kohlrübe, Kohlrabi, Winterkohl, Sommerkohl, Blattkohl, u. s. f.) Brauner Kohl, Brassica Sabellica, welcher auch Buschkohl genannt wird. Weißer Kohl, oder Weißkohl, Brassica capitata, ist unter dem Nahmen des Kopfkohles am bekanntesten. Savoyer Kohl oder Wirsing, Brassica Sabauda, ( S. Wirsing.) Krauser Kohl, ( S. Blattkohl) Güsterkohl, Güstling, ( S. Winterkohl.) Wider Kohl oder Feldkohl, der auf unsern Äckern wild wächset, aber nicht zur Speise gebraucht wird, Brassica campestris L. Wegen einiger Ähnlichkeit wird auch der Ackersenf, Sinapis arvensis L. Ackerkohl, und der Ackerrettig, Raphanus Raphanistrum L. von einigen Feldkohl genannt; anderer wilden uneßbaren Pflanzen zu geschweigen. Anm. Im Nieders. in der engern Bedeutung Kool, Kaul, im Engl. Kale, Cole, im Dän. Kaal, i Angels. Cawl, im Schwed. Kal, im Span. Col, im Ital. Cavolo, Caolo, Colo, im Franz. Chaux, Caule, im Lat. Caulis, wofür die ältern Römer Colis sagten, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Man leitet es gemeiniglich von Caulis, ein Stängel, ab, weil der Kohl sich durch seinen dicken Stängel von andern Gewächsen so merklich unterscheidet. Allein das oben gedachte Olus, Holus, scheinet mehr Recht darauf zu haben; zumahl da man auch im Deutschen für Kohl in der engern Bedeutung in vielen Gegenden nur Kraut sagt; Weißkohl, Weißkraut, Sauerkraut u. s. f. für Braunkohl, Weißkohl, Sauerkohl. Übrigens lautet es in einigen Gegenden auch Köhl.


Kohl (W3) [Adelung]


Das Kohl, S. die Kohle.


Kohlbauer (W3) [Adelung]


Der Kohlbauer, des -s, plur. die -n, besser Kohlenbauer, Bauern, welche die gebrannten Kohlen auf besondern Kohlwagen, oder Kohlenwagen in die Städte und Schmelzhütten führen; Kohlenführer.


Kohlbecken (W3) [Adelung]


Das Kohlbecken, S. Kohlenbecken.


Kohle (W3) [Adelung]


Die Kohle, plur. die -n. Diminut. das Köhlchen, eigentlich und überhaupt ein jeder brennbarer oder zur Feuerung bequemer Körper, in welcher weitern Bedeutung es doch längst veraltet ist. Man gebraucht es nur noch in engerem Verstande, von einem durchaus schwarz gebrannten, d. i. aller wässerigen und öhligen Materien durch das Feuer beraubten, trocknen und brüchigen Körper. Besonders aber von einem auf solche Art durchbrannten Holze. Eine glühende Kohle, zum Unterschiede von einer todten. Kohlen brennen, Holz zu Kohlen brennen, das Holz bis zu dem Grade durchbrennen, daß es in Kohlen verwandelt wird; das Holz verkohlen, im Nieders. Kohlen schwelen. ( S. Kohlenbrenner.) So schwarz wie eine Kohle. Wie auf glühenden Kohlen sitzen oder stehen, sich in Frucht und Unruhe befinden. Mit Kohlen heitzen. Bey Kohlen kochen. Wegen der Ähnlichkeit in der äußern Gestalt so wohl, als auch wegen der brennbaren Eigenschaft wird auch ein mineralischer von Erdpech durchdrungener Körper Kohle und noch bestimmter Steinkohle genannt, S. dieses Wort.

Anm. 1. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist es männlichen Geschlechtes, der Kohl, Ein Kol, bey dem Winsbeck. Ein glüender Kol, in dem Buche der Natur von 1483. Lo Carbon, der Kol, in dem 1501 zu Rom gedruckten Deutsch-Ital. Vocabulario. In den Schmelzhütten, bey den Kohlenbrennern u. s. f. gebraucht man es auch im ungewissen Geschlechte, das Kohl; aber alsdann ist es ein Collectivum für das Hochdeutsche Kohlen; Kohl oder das Kohl aufsetzen, Kohlen aufschütten, das Kohl ausstoßen, die Kohlen aus dem Meiler nehmen, das Kohl messen u. s. f. Daher rühret es, daß in manchen Zusammensetzungen für Kohlen - noch Kohl - gebraucht wird, wie in Kohlbecken, Kohlschwarz u. s. f.

Anm. 2. Im Nieders. Köle, Kaal, im Engl. Coal, im Dän. Kul, im Angels. Col, im Schwed. und Isländ. Kol. Es stammet von dem in Deutschen längst veralteten Worte Kol, das Feuer, ab, welches zu dem Geschlechte des Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, des Lat. Calere und Calor, und Deutschen hell gehöret. In Niedersachsen sagt man noch einkölen, für unmäßig einheitzen, und im Westgothischen ist kylla anzünden, und Kylle trocknes, brennbares Holz. Im Isländ. ist Koljern ein Feuerstahl, Kolbytur ein Einheitzer, Nieders. ein Feuerböter, in Boxhorns Glossen Choles der Ruß, und im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - brennen, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - die Kohle. Die Steinkohlen heißen im mittlern Lateine Hullae, Hyllae, und im Lüttichischen noch jetzt Houilles. Notker nennet eine Kohle noch Zander, von zünden, brennen machen.


Kohlen (W3) [Adelung]


Kohlen, verb. reg. act. Kohlen brennen, zu Kohlen brennen. Eine Klafter Holz kohlen. Blind kohlen, bey den Kohlenbrennern, keine Öffnungen in der Windseite des Meilers machen. S. Verkohlen.


Kohlenbauer (W3) [Adelung]


Der Kohlenbauer, S. Kohlbauer.


Kohlenbecken (W3) [Adelung]


Das Kohlenbecken, Kohlbecken, des -s, plur. ut nom. sing. ein metallenes Becken, glühende Kohlen darin zu erhalten und von einem Orte zum andern zu bringen; die Kohlenpfanne, Kohlpfanne, im Oberd. die Gluthpfanne, Nieders. Komfoor, Holländ. Confoort, Comfoir, S. Kumpen.


Kohlenbrenner (W3) [Adelung]


Der Kohlenbrenner, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher sein Hauptgeschäft daraus macht, das Holz in den Wäldern zu Kohle zu brennen; dessen Gattinn, die Kohlenbrennerinn. S. Köhler.


Kohlendampf (W3) [Adelung]


Der Kohlendampf, des -es, plur. die -dämpfe, der Dampf von glühenden Kohlen.


Kohlendämpfer (W3) [Adelung]


Der Kohlendämpfer, des -es, plur. ut nom. sing. bey den Bäckern, ein kupfernes Gefäß, worein sie die glühenden Kohlen thun, und es zuschließen, sie auf solche Art zu dämpfen oder auszulöschen.


Kohlenerz (W3) [Adelung]


Das Kohlenerz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine von Erdpech durchdrungene metallische Erde, welche den Steinkohlen gleicht, und so wie sie, Feuer hält; Branderz.


Kohlenfalk (W3) [Adelung]


Der Kohlenfalk, des -en, plur. die -en, eine Art Falken, welche klüger ist als ein Bergfalk, einen großen Kopf, lange Schwingen und Schenkel, kurze Füße und einen kurzen Schwanz hat. Er hat den Nahmen von seinen schwarzbraunen Flügeln, seiner schwarzgesprengten Brust, und den schwarzen Flecken unter den Augen. Im gemeinen Leben Kohlfalk.


Kohlenfeuer (W3) [Adelung]


Das Kohlenfeuer, Kohlfeuer, des -s, plur. von mehrern Massen, ut nom. sing. glühende Kohlen als ein Feuer betrachtet, im Gegensatze des Flammenfeueres. Die Knechte und die Diener hatten ein Kohlfeuer gemacht und wärmten sich, Joh. 18, 18.


Kohlenflötz (W3) [Adelung]


Das Kohlenflötz, des -es, plur. die -e, ein Flötz, d. i. Lage oder Schicht, von Steinkohlen in der Erde.


Kohlenführer (W3) [Adelung]


Der Kohlenführer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kohlbauer.


Kohlengebirge (W3) [Adelung]


Das Kohlengebirge, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, das über und unter den Steinkohlen liegende Gebirge, d. i. Stein- und Erdlager.


Kohlengehau (W3) [Adelung]


Das Kohlengehau, des -es, plur. die -e, im Forstwesen, derjenige Theil eines Waldes, welcher zum Behuf der Kohlenbrenner oder zum Verkohlen abgetrieben wird, oder abgetrieben werden soll; ein Kohlenhau, Kohlgehau, Kohlenhieb.


Kohlengestübe (W3) [Adelung]


Das Kohlengestübe, des -s, plur. inus. klein zerriebene Kohlen; Kohlgestübe, Kohlenstaub. Bey den Kohlenbrennern ist das Kohlgestübe oder Gestübe diejenige Erde, womit ein Kohlenmeiler bedeckt wird, den Zugang der Luft zu dem Feuer zu hindern. In beyden Bedeutungen auch die Kohllesche oder Kohlenlesche. S. Lesche.


Kohlenhau (W3) [Adelung]


Der Kohlenhau, S. Kohlengehau.


Kohlenhaus (W3) [Adelung]


Das Kohlenhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus oder Gebäude, Kohlen darin aufzubewahren; der Kohlenschoppen, das Kohlhaus.


Kohlenhieb (W3) [Adelung]


Der Kohlenhieb, des -es, plur. die -e, siehe Kohlengehau.


Kohlenkammer (W3) [Adelung]


Die Kohlenkammer, plur. die -n, eine Kammer, Kohlen darin zu verwahren.


Kohlenkorb (W3) [Adelung]


Der Kohlenkorb, des -es, plur. die -körbe, ein hoher runder Korb, die Holzkohlen darin auf dem Rücken zu tragen. Im Bergbaue ist es ein länglicher viereckter Korb von einem gewissen bestimmten Maße, indem deren zwölf einen Wagen Kohlen machen, da er denn auch das Kohlenmaß oder Kohlmaß genannt wird. In Freyberg ist er 26 Zoll weit und 5/4 Ellen und 2 Zoll lang. Ein solcher Korb Kohlen wiegt 86 Pfund.


Kohlekräuel (W3) [Adelung]


Der Kohlekräuel, des -s, plur. ut nom. sing. im Hüttenbaue, ein Rechen, die Kohlen damit in das Schienfaß zu ziehen; der Kohlkrail. S. Kräuel.


Kohlenkrücke (W3) [Adelung]


Die Kohlenkrücke, plur. die -n, im Hüttenbaue, eine Krücke, die großen Kohlen damit zu zerschlagen, oder auch die Kohlen damit aus dem Ofen zu ziehen; die Kohlkrücke.


Kohlenkübel (W3) [Adelung]


Der Kohlenkübel, des -s, plur. ut nom. sing. in den Zinn- und Eisenhütten, ein Kübel, die Kohlen damit anstatt des Korbes zu messen.


Kohlenmaß (W3) [Adelung]


Das Kohlenmaß, des -es, plur. die -e, dasjenige Maß, womit oder wornach die Kohlen gemessen werden. S. Kohlenkorb.


Kohlenmeiler (W3) [Adelung]


Der Kohlenmeiler, des -s, plur. ut nom. sing. ein zum Verkohlen aufgesetzter Haufen Holz, welcher am häufigsten ein Meiler genannt wird, S. dieses Wort.


Kohlenmesser (W3) [Adelung]


Der Kohlenmesser, des -s, plur. ut nom. sing. eine verpflichtete Person, deren Amt es ist, die Kohlen zu messen.


Kohlenpfanne (W3) [Adelung]


Die Kohlenpfanne, Kohlpfanne, plur. die -n, Diminut. das Kohlpfännchen, eine Pfanne, glühende Kohlen darin zu haben und zu unterhalten. S. Kohlenbecken.


Kohlenruthe (W3) [Adelung]


Die Kohlenruthe, plur. die -n, in dem Salzwerke zu Halle, eine Stange, womit man die Kohlen schüret; die Kohlruthe.


Kohlensack (W3) [Adelung]


Der Kohlensack, des -es, plur. die -säcke. 1) Ein Sack, kohlen darin aufzubehalten, und fortzuschaffen. 2) In den chymischen Ofen, der mittelste Raum des Ofens gleich über dem Roste, in welchem die Kohlen zu liegen kommen.


Kohlensaite (W3) [Adelung]


Die Kohlensaite, plur. die -n, im Forstwesen und Hüttenbaue, ein großer Korbwagen, auf welchem die Kohlen von der Koblstätte vor die Hammerwerke geführet werden; die Kohlsaite, Kohlsetzte, Kohlwagen. Er hat seinen bestimmten Gehalt, und fasset gemeiniglich 12 Kübel oder Körbe Kohlen. S. Saite.


Kohlenschiff (W3) [Adelung]


Das Kohlenschiff, des -es, plur. die -e, ein Schiff, welches Holz- oder Steinkohlen von einem Orte zum andern führet.


Kohlenschreiber (W3) [Adelung]


Der Kohlenschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. in den Hüttenwerken, derjenige, welcher die Rechnung über die verbrauchten oder angekommenen Kohlen führet; der Kohlschreiber.


Kohlenschwarz (W3) [Adelung]


Das Kohlenschwarz, indecl. plur. inus. bey den Mahlern, eine schwarze Farbe, welche aus gewissen zu Kohlen gebrannten Holzarten bereitet wird; Französ. Noir de charbons, zum Unterschiede von dem Rußschwarz, Beinschwarz, u. s. f. Man muß dieses Wort mit Kohlschwarz nicht verwechseln.


Kohlenstaub (W3) [Adelung]


Der Kohlenstaub, des -es, plur. inus. zu Staub geriebene oder zerfallene Kohlen, S. Kohlengestübe.


Kohlenstift (W3) [Adelung]


Der Kohlenstift, des -es, plur. die -e, bey den Mahlern und Zeichnern, Stifte zum Zeichnen, welche aus Kohlen oder zu Kohlen verbranntem Holze bereitet werden.


Kohlensturz (W3) [Adelung]


Der Kohlensturz, des -es, plur. die -stürze, im Hüttenbaue, derjenige Platz, wo die Kohlen von dem Wagen gemessen und hingestürzet werden; der Kohlsturz, Kohlensturz, Kohlplatz.


Kohlentopf (W3) [Adelung]


Der Kohlentopf, des -es, plur. die -töpfe, ein Topf, glühende Kohlen darin zu erhalten und zu verwahren.


Kohlenwagen (W3) [Adelung]


Der Kohlenwagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wagen, worauf die gebrannten Holzkohlen verführet werden; der Kohlwagen. S. Kohlensaite.


Köhler (W3) [Adelung]


Der Köhler, des -s, plur. ut nom. sing. von dem Zeitworte kohlen, derjenige, dessen vornehmste Beschäftigung es ist, Kohlen zu brennen; der Kohlenbrenner. Figürlich wird auch eine Art nördlicher Seefische, wegen ihres schwarzen Maules der Köhler oder Kohlfisch genannt, Gadus Carbonarius L. zum Unterschiede von dem mit ihm verwandten Weißfische oder Wittling, Gadus Merlangus L.


Köhlerglaube (W3) [Adelung]


Der Köhlerglaube, des -es, plur. inus. in der Theologie, die Gewohnheit, in Religionssachen auf das bloße Zeugniß anderer Menschen, ohne eigene Überzeugung zu glauben. Die Benennung rühret aus einer Erzählung in der Römischen Kirche her, da der Teufel einmahl einen Köhler versucht und ihn gefragt haben soll, was er glaube, worauf dieser geantwortet, was die Kirche glaube, und als der Teufel weiter gefragt, was denn die Kirche glaube, so habe er geantwortet, was ich glaube; durch welchen Zirkel er den Teufel verwirret und beschämet habe.


Köhlerlohn (W3) [Adelung]


Der Köhlerlohn, des -es, plur. inus. in den Hüttenwerken, der Lohn, welchen der Köhler für das Verkohlen des Holzes bekommt.


Köhlermeister (W3) [Adelung]


Der Köhlermeister, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst, derjenige, welcher die Aufsicht über die Verkohlung des Holzes und über die richtige Vermessung der Kohlen hat.


Kohlfalk (W3) [Adelung]


Der Kohlfalk, S. Kohlenfalk.


Kohlfeuer (W3) [Adelung]


Das Kohlfeuer, S. Kohlenfeuer.


Kohlfisch (W3) [Adelung]


Der Kohlfisch, S. Köhler.


Kohlfuchs (W3) [Adelung]


Der Kohlfuchs, des -es, plur. die -füchse, ein Fuchs, d. i. röthliches Pferd, dessen Haare in das Schwarze falken, und der noch von dem Brandfuchse unterschieden wird; eigentlich Kohlenfuchs.


Kohlgarten (W3) [Adelung]


Der Kohlgarten, des -s, plur. die -gärten, in der weitern Bedeutung des Wortes Kohl, ein Garten, in welchem vornehmlich Küchenkräuter gebauet werden; ein Küchengarten, im Oberd. Krätzgarten.


Kohlgärtner (W3) [Adelung]


Der Kohlgärtner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kohlgärtnerinn, eine Person, welche sich vornehmlich mit Erzeugung der Küchengewächse beschäftiget, im Scherze ein Kohlhase. In einigen Gegenden sind die Kohlgärtner eine Art Häusler auf dem Lande, welche von den Küchengewächsen leben, die sie erzeugen und in die Städte zu Markte tragen.


Kohlgestübe (W3) [Adelung]


Das Kohlgestübe, S. Kohlengestübe.


Kohlholz (W3) [Adelung]


Das Kohlholz, des -es, plur. inus. im Forstwesen, das für die Köhler oder zum Verkohlen bestimmte Holz.


Kohljahr (W3) [Adelung]


Das Kohljahr, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein nasses Jahr, in welchem der Kohl gut geräth, aber die Feldfrüchte mißrathen.


Kohlknecht (W3) [Adelung]


Der Kohlknecht, des -es, plur. die -e, ein Knecht des Köhlers, der ihm im Verkohlen des Holzes Dienste leistet.


Kohllaus (W3) [Adelung]


Die Kohllaus, plur. die -läuse, diejenige Art Blattläuse, welche sich vornehmlich auf dem Kohle aufhält; Aphis Brassicae L.


Kohllösche (W3) [Adelung]


Die Kohllösche, plur. inus. S. Kohlengestübe und 3. Lösche.


Kohlmeise (W3) [Adelung]


Die Kohlmeise, plur. die -n, ein Nahme einiger Arten Meisen mit schwarzen Köpfen. Die große Kohlmeise, welche auch Brandmeise, Finkmeise, Pickmeise, Spiegelmeise und große Meise genannt wird; Parus major Klein. Die kleine Kohlmeise, Parussylvaticus Klein. heißt auch Tannenmeise und Waldmeise. Angels. Coalmouse. Franz. Charbonniere, wegen ihres kohlschwarzen Kopfes.


Kohl-Portulak (W3) [Adelung]


Der Kohl-Portulak, des -es, plur. inus. eine eßbare Art des Portulakes, welche wegen ihrer erfrischenden Eigenschaft wider den Scharbock gut ist, und wie Kohl gegessen werden kann; Portulaca oleracea L.


Kohlrabe (W3) [Adelung]


Der Kohlrabe, des -n, plur. die -n, S. Golkrabe.


Kohlrabi (W3) [Adelung]


Der Kohlrabi, plur. inus. eine Art des Kohles, welcher einen dicken runden Strunk oder Stängel gleich einer Rübe hat, welcher aber rings herum mit Blättern besetzt ist; Brassica oleracea Gongylodes L. Rübenkohl. Man isset davon so wohl die Blätter als den rübenartigen Strunk. Franz. Choux-rave, Engl. Rape Cole, Ital. Cauolo Rapa, aus welchem ausländischen Worte Rapa, Franz. Rave, die letzte Hälfte des Deutschen Nahmens verstümmelt ist. S. Kohlrübe.


Kohlraupe (W3) [Adelung]


Die Kohlraupe, plur. die -n, diejenigen Arten Raupen, welche sich besonders auf dem Kohle aufhalten, und sich von demselben nähren; Kohlwürmer. Sie sind die Larven von einigen Schmetterlingsarten.


Kohlrose (W3) [Adelung]


Die Kohlrose, S. Knopfrose.


Kohlrübe (W3) [Adelung]


Die Kohlrübe, plur. die -n, eine dem Kohlrabi ähnliche Art des Kohles, an welcher aber die Wurzel eine wahre runde und glatte Rübe ist, auch nicht, wie bey dem vorigen außer der Erde, hervor raget, sondern in derselben befindlich ist, und wie Rüben gekocht und gegessen wird; Napo Brassica Bauh. Beyde Nahmen werden im gemeinen Leben häufig mit einander verwechselt. In Pommern werden die Kohlrüben Wruken genannt, welches zu Ranke, Eruca, zu gehören scheinet, obgleich dieses ein anderes rübenartiges Gewächs ist.


Kohlschwarz (W3) [Adelung]


Kohlschwarz, adj. et adv. so schwarz, wie eine Kohle, sehr schwarz. Ein kohlschwarzes Gesicht. Im Österreichischen kölerleschwarz. S. Kohlenschwarz.


Kohlstängel (W3) [Adelung]


Der Kohlstängel, des -s, plur. ut nom. sing. der dicke Stängel des Kohles; im gemeinen Leben der Kohltrunk.


Kohlstatt (W3) [Adelung]


Die Kohlstatt, plur. die -stätte, oder die Kohlstätte, plur. die -n, diejenige Statt, Stätte oder Stelle, welche zum Verkohlen des Holzes bestimmt ist, oder wo Holz verkohlet wird, oder verkohlet worden, die Stelle, wo ein Meiler stehet, stehen soll, oder gestanden hat; die Meilerstatt.


Kohlstaub (W3) [Adelung]


Der Kohlstaub, S. Kohlenstaub.


Kohlwurm (W3) [Adelung]


Der Kohlwurm, des -es, plur. die -würmer, siehe Kohlraupe.


Köhr (W3) [Adelung]


Die Köhr, plur. die -en, eine altes, bey den Hochdeutschen größten Theils veraltetes Wort, welches ehedem eine jede Empfindung durch die Sinne bedeutete, hernach aber in engern Verstande von der Untersuchung vermittelst der Sinne, und figürlich von einer jeden Wahl und dem Rechte zu wählen gebraucht wurde. In dieser figürlichen Bedeutung ist es theils noch in dem durch die Schreibart verstellten Worte Chur, ( S. dasselbe,) theils in den natürlichen Gestalten Köhr, Köhre und Kuhr in den gemeinen Mundarten üblich. Die Köhr haben, die Wahl, ingleichen das Recht zu wählen. In Niedersachsen bedeutet es auch Willkühr, freye Gewalt; das habe ich ja wohl Köhre, Macht. In engerer Bedeutung ist die Köhre oder Willkühr, ein von der Obrigkeit und den Unterthanen aus freyer Entschließung gemachtes Gesetz, ingleichen eine auf solche Art verordnete Geldstrafe, in welcher letzten Bedeutung Köhr und Kühr noch in vielen Dörfern Obersachsens üblich sind, wo z. B. ein Einwohner einen Groschen Kühr erlegen muß, wenn er auf dem von dem Richter herum geschickten Hammer nicht zur Versammlung der Gemeine kommt. S. das folgende.


Köhren (W3) [Adelung]


Köhren, verb. irreg. act. neutr. Imperf. ich kohr, Mittelw. gekohren, ein außer den Zusammensetzungen gleichfalls veraltetes Wort. Es bedeutete ehedem so wie kiesen, 1) überhaupt, durch die Sinne empfinden, und in weiterer Bedeutung erfahren. Grosses Lait chüren, in Eckards Script. bey dem Frisch. Du must des Dothes bekoren, in dem alten Gedichte auf Carls Feldzug bey dem Schilter. Das Lat. cernere, sehen, welches in discernere, secernere, ausköhren, auslesen, unterscheiden bedeutet, ist damit verwandt. 2) In engerer Bedeutung, vermittelst der Sinne untersuchen, kiesen, kosten. Gicoran, kosten, im Tatian und den Monseeischen Glossen. Im Schwed. kora. Im weitern Verstande, versuchen, untersuchen, prüfen überhaupt; in welcher Bedeutung es von Keros Zeiten an sehr häufig vorkommt. Corot atume, prüfet die Geister, Kero. ( S. Köhrherr.) Chorunga ist daher bey dem Kero, Ottfried und Notker, und Bekohring bey den spätern Schriftstellern, die Versuchung im theologischen Verstande. 3) In noch engerm Verstande, beobachten, Acht geben, lauern. Si churen mih, Notker, sie beobachten mich, lauern auf mich. In einigen Gegenden sagt man noch nach Hasen kuhren, wofür in andern Gegenden lauschen, und in Thüringen auf die Lusche gehen üblich ist. Das Hochdeutsche niedrige scheren, in der R. A. was scher ich mich darum, was bekümmere ich mich darum, ist vermittelst des vorgesetzten Zischlautes daraus entstanden, so wie auch das Lat. curare zu dem Geschlechte dieses Wortes zu gehören scheinet. Selbst kehren, scheinet in seinen figürlichen Bedeutungen mehr von diesem Worte, als von kehren, verrere und vertere, abzustammen. 4) Nach geschehener Untersuchung billigen, genehm halten; bey dem Kero kechoron, der es auch in weiterer Bedeutung für wollen überhaupt gebraucht. Nicuri thu forhtan, fürchte dich nicht, noli timere; im Tatian. Etwas gut köhren, sagt man noch jetzt in Niedersachsen, für gutheißen, billigen. Verkoren ist daher bey dem Notker verwerfen. 5) Wählen, eine Bedeutung, welche sich noch am längsten erhalten hat, auch in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, noch gangbar ist. Die Hochdeutschen haben es in den Mittelwörtern erkohren und auserkohren gleichfalls noch. Köhrgot ist im Nieders. auserlesen gut, Dän. kaare, Schwed. kora, Isländ. kiora. S. auch Chur und Willkühr. Anm. Köhren und kiesen sind ursprünglich Ein Wort, weil die Verwechselung des r und s in allen Europäischen Sprachen etwas sehr gewöhnliches ist. Die Niedersachsen haben noch ein anderes, mit diesem vermuthlich auch verwandtes Wort, welches köhren, kähren und kühren lautet, und sprechen, schwatzen, plaudern bedeutet; in Schwaben karen. Beköhren ist im Nieders. beschwatzen, Weiberköhre, ein Weibergeschwätz. Im Griech. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - erzählen. Vermittelst der vorigen Vertauschung des r und s gehöret hierher auch das alte Allemannische chosan, reden, sprechen, welches noch in unserm liebkosen vorhanden ist. S. Kosen.


Köhrgut (W3) [Adelung]


Das Köhrgut, des -es, plur. die -güter, in einigen Niedersächsischen Gegenden, ein Gut, welches dem Köhrrechte in der zweyten Bedeutung oder der Kurmende unterworfen ist.


Kohrherr (W3) [Adelung]


Der Kohrherr, des -en, plur. die -en, im Niedersächsischen, besonders in Bremen. 1) Eine obrigkeitliche Person, welche die Aufsicht über die eingebrachten Eßwaaren hat, und solche kosten und taxiren muß, ( S. Köhren 2.) In andern Gegenden der Kiefer. 2) Bey den Rathswahlen, derjenige, welcher durch das Los erwählet worden, nebst noch drey andern einen neuen Rathsherren zu erwählen; an andern Orten der Wahlherr.


Köhrisch (W3) [Adelung]


* Köhrisch, adj. et adv. ein nur im Nieders. übliches Wort, diejenige Eigenschaft zu bezeichnen, da man aus ekeler Bedenklichkeit sich in der Wahl nicht leicht entschließen kann, besonders in der Wahl der Speisen, und in weiterer Bedeutung auch in andern Dingen. Im Hochdeutschen ist dieser Begriff schwer auszudrücken. Wählerisch, welches einige dafür versucht haben, ist Oberdeutsch; ekel kommt dem Niedersächsischen noch am nächsten. S. Ekel 2.


Köhrmede (W3) [Adelung]


Die Köhrmede, S. Kurmede.


Köhrmeister (W3) [Adelung]


Der Köhrmeister, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Niedersächsischen Städten, besonders in Bremen, der Untergeordnete des Köhrherren in der ersten Bedeutung.


Köhrrecht (W3) [Adelung]


Das Köhrrecht, des -es, plur. die -e, ein nur noch in einigen Gegenden übliches Wort. 1) Das Recht zu wählen, das Wahlrecht, wo es auch Kührrecht lautet. 2) In engerer Bedeutung, in einigen Niedersächsischen Gegenden, das Recht des Grundherrn, nach dem Tode des Leibeigenen das beste Stück aus der Verlassenschaft zu sich zu nehmen, S. Kurmede.


Koite (W3) [Adelung]


Koite, der eigenthümliche Nahme des Bieres zu Münster in Westphalen. Zu Wettin im Herzogthum Magdeburg hat man ein Bier, welches Keuterling genannt wird.


Köken (W3) [Adelung]


+ Köken, verb.reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben bekommt, ein niedriges, im Hochdeutschen veraltetes Wort, für speyen, und figürlich und im verächtlichen Verstande, reden wie und was in den Mund kommt. Sie sind toll im Weißagen und köcken (köken) die Urtheile heraus, Es. 28, 7; wo es in der Randglosse durch speyen erkläret wird. Anm. Es ahmet den mit dem Erbrechen oder Speyen verkundenen Schall nach, welcher auch durch koksen und in der niedrigen Sprechart der Hochdeutschen durch kotzen ausgedruckt wird. Zum Beweise, wie genau in solchen Onomatopöien oft die entferntesten Völker überein stimmen, dienet das Malabarische kakkum, er bricht von sich, daher der Reiher, weil er das Gegessene gern wieder ausspeyet, in dieser Sprache Kokku genannt. Vermuthlich hieß um eben dieser Ursache willen der Storch bey den alten Ägyptiern - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bey den Arabern Al-Koko, und im Lat. Ciconia.


Koker (W3) [Adelung]


Der Koker, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Galeeren, ein langer schmaler Gang auf dem Verdecke einer Galeere zwischen den beyden Reihen der Ruderbänke; Franz. la Coursie. Er ist hohl, indem die Breter, womit er bedeckt ist, aufgehoben werden können, daher er zugleich zu einem Behältnisse für die Zelte und Kleider des Schiffvolkes dienet. Von eben diesem hohlen Raume hat er auch seinen Nahmen, S. Köcher und Kachel.


Kokerstück (W3) [Adelung]


Das Kokerstück, des -es, plur. die -e, das schwere Stück Geschützes, in dem Vordertheile einer Galeere, welches über den Sporn hinaus schießet; vermuthlich weil es am Ende des Kokers stehet.


Kolatsche (W3) [Adelung]


Die Kolatsche, plur. die -n, ein nur in einigen besonders Wendischen Gegenden übliches Wort, eine Art eines runden Gebackenen zu bezeichnen. Das Wort ist, so wie das Gebackene selbst, Slavonisch, indem im Pohln. Kolacz, und im Wendischen Kolatsch, einen solchen runden Kuchen bedeutet. Es stammet von dem alten in allen Europäischen und Asiatischen Sprachen befindlichen Worte Kolo, rund, ab, S. Kolbe.


Kölbel (W3) [Adelung]


Das Kölbel, des -s, plur. ut nom. sing. S. das folgende.


Kolbe (W3) [Adelung]


Die Kolbe, plur. die -n, oder der Kolben, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Kölbchen, Oberd. Kölblein, im gemeinen Leben Kölbel, ein Wort, welches überhaupt den Begriff der Ründe, und besonders einer kurzen dicken Ründe hat, und so wohl einen dicken rundlichen Theil, als auch einen damit versehenen Körper bezeichnet. 1) Ein dickes rundliches Stück, so wohl allein für sich betrachtet, als auch in so fern es sich an einem andern Körper befindet. So wird der dickere rundliche Theil an einer Keule, der dickere Theil eines Schießgewehres, vermuthlich so fern er sich ehedem mehr der runden Gestalt näherte, und welcher auch der Anschlag heißt, die Kolbe oder der Kolben genannt. Der Kopf an Menschen, besonders ein glatter geschorner Kopf, heißt im gemeinen Leben mehrmahls die Kolbe. Daher die niedrige figürliche R. A. einem Narren die Kolbe laufen, ihn durch Schläge zur Vernunft bringen, weil die erklärten Narren vom Handwerke schon von alten Zeiten her geschorne Köpfe trugen. So fern man auch sagt, einen Narren mit Kolben laufen, gehöret es zur folgenden Bedeutung einer Keule. Auch der glatte dicke Kopf eines Bockes ohne Hörner heißt die Kolbe, und ein solcher Bock, der von Natur keine Hörner hat, ein humliger oder kolbiger Bock, Kolbenbock. Die Griechen nannten ihn - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - in der Lakonischen Mundart - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Bey den Jägern wird das junge, weiche, noch nicht verendete Geweih der Hirsche die Kolben genannt; ( S. Kolbenhirsch). An den Haaren sind die Kolben die dickern Wurzeln derselben, mit welchen sie in der Haut befestiget sind. Die büscheligen Samenähren einiger Arten der Hirse heißen Kolben, zum Unterschiede von den zotigen Rispen anderer Arten. Die walzenförmigen Kätzchen gewisser Schilfgewächse führen den Nahmen der Kolben, welchen auch diese Gewächse selbst bekommen; dergleichen die Kohrkolbe, Narrenkolbe, Teichkolbe, oder Wasserkolbe, Typha L. und die Igelskolbe, Sparganium L. ist. Im Hüttenbaue heißt das Ende des Tragerstämpels, welcher in das Bühnloch geleget wird, der Kolben. Auf den Eisenhämmern führen diesen Nahmen diejenigen Stücke Eisen, aus welchen das Stabeisen geschmiedet wird, und auf den Blechhämmern werden die eine halbe Elle langen viereckigen Stücke Stäbe Eisen, welche aus den Deulen (Theilen) und Stürzen geschmiedet werden, und welche der Kölbelaufheber unter den Zainhammer bringt, sie breit zu schmieden, Kölbel genannt. Bey den Uhrmachern ist der Kolben die kegelförmige Spitze an dem Kolbenzirkel. In der Geschützkunst ist es der gedrechselte dickere Theil an dem Setzer, dem Wischer und der Ladeschaufel; anderer Fälle zu geschweigen. 2) Ein mit einem solchen dickern, gemeiniglich rundlichen Ende versehenes Ding oder Werkzeug. So wurde eine Keule ehedem häufig ein Kolben genannt, ( S. Streitkolben und Kolbenrecht). Bey dem Ottfried Kolbon, in den Monseeischen Glossen Cholpo, im mittlern Lat. Colum, im Nieders. Kulf, im Schwed. Kolf, im Isländ. Kylfa, im Dän. Kolle. An einigen Orten haben die Schäfer und Hirten noch jetzt Kolben, d. i. dicke Stecken mit einem Kolben, oder rundlichen gebogenen Knollen am Ende, sich damit gegen den Wolf zu wehren. Jemanden mit der Kolbe laufen, in den niedrigen Sprecharten, ihn durchprügeln. Bey den Saug- und Druckwerken ist der Kolben ein eiserner Bolzen mit einem Ringe, die Zugstange daselbst anzumachen. Eben daselbst wird auch das runde Klötzchen mit Löchern auf den Seiten, auf welches die Scheiben- und Pumpenleder gelegt werden, ehe man es an die Zugstange schraubet, der Kolben genannt. Er passet in die Kolben- oder Stiefelröhre, und verrichtet eigentlich den Druck des Wassers. Dasjenige kolbige Holz, womit in den Schmelzhütten der Herd derb gestoßen wird, heißt ein Kolben. Bey den Büchsenmachern sind die Kolben Cylinder von Holz, Bley oder Eisen, womit der Lauf eines Gewehres inwendig gekolbet, d. i. geglättet wird. Ihr gespaltener Kolben, hat wenig kolbenähnliches, sondern gleicht eher einer Gabel, dienet aber doch zu eben demselben Endzwecke. In der Chymie werden Gläser oder Gefäße mit einem runden Bauche und engen Halse Kolben genannt, dahin der Brennkolben oder Destillirkolben, der Scheidekolben und andere mehr gehören. Im Oberdeutschen wird auch eine Kalbskeule oder Hammerkeule ein Kalbskolben und Schöppskolben genannt. Anm. Im gemeinen Leben nur Kolm. Der Begriff der Ründe ist auch in diesem Worte der herrschende, daher es mit Keule, Kugel, in den gemeinen Sprecharten Kaule, und andern zu einem und demselben Geschlechte gehöret. ( S. Kolatsche, Kollern, Kugel, Welle und Wälzen.) Im Hochdeutschen wird dieses Wort sowohl im männlichen als weiblichen Geschlechte gebraucht. Doch kommt es in der ersten Bedeutung mehr im weiblichen, in der zweyten aber mehr im männlichen vor.


Kolben (W3) [Adelung]


Kolben, verb. reg. act. 1) Die Hirse kolben, in der Landwirthschaft, die reifen Kolben an derselben abschneiden. (Siehe Kolbe 1.) 2) Die Seele eines Flintenlaufes kolben, bey den Büchsenmachern, sie mit dem Kolben glätten, ( S. Kolbe 2.) Bey den Jägern kolbet oder kolbenet ein Hirsch oder Rehbock, wenn er ein neues Gehörn bekommt. S. Kolbe 1.


Kolbenbohrer (W3) [Adelung]


Der Kolbenbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bohrer in der Rennspindel, unten mit einem kegelförmigen Kolben, die Löcher zu versenkten Schrauben oder Niethen damit zu bohren.


Kolbenhirsch (W3) [Adelung]


Der Kolbenhirsch, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein Hirsch so lange er noch Kölben statt des völlig vereckten Geweihes hat, ein Hirsch, welcher noch nicht völlig verecket hat.


Kolbenrecht (W3) [Adelung]


Das Kolbenrecht, des -es, plur. inus. 1) Das ehemahlige Faustrecht, ( S. dieses Wort,) so fern man dabey der Streitkolben bedienete. 2) Das ehemahlige Recht, seine Unschuld durch einen Zweykampf zu beweisen, das Kampfrecht; aus eben diesem Grunde.


Kolbenröhre (W3) [Adelung]


Die Kolbenröhre, plur. die -n, in Saug- und Druckwerken, diejenige Röhre, worin der Kolben gehet; die Stiefelröhre. S. Kolbe 2.


Kolbenspeise (W3) [Adelung]


Die Kolbenspeise, plur. inus. bey den Glasern, dasjenige Gemenge von Zinnasche, Talg und Zinn, womit sie vermittelst des Löthkolbens verzinnen. S. Speise.


Kolbenzirkel (W3) [Adelung]


Der Kolbenzirkel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zirkel, welcher statt des einen Fußes einen Kolben hat. Bey den Büchsenmachern ist es ein gewöhnlicher Zirkel mit einem spitzigen aber dabey kölbigen Fuße. Bey den Uhrmachern ist es ein Stangenzirkel mit einem Kolben, d. i. einer kolbigen Spitze.


Kolbezeit (W3) [Adelung]


Die Kolbezeit, plur. die -en, diejenige Zeit, da die Hirsche ihr Geweihe abgeworfen haben, und statt desselben nur noch Kolben tragen. Diese Zeit gehet von dem Ende des Märzes bis zum Anfange des Julii.


Kolbicht (W3) [Adelung]


Kolbicht, er, -ste, adj. et adv. einer Kolbe ähnlich, d. i. rund und dick. Kolbichte Wurzeln, Zwiebeln. Kolbig, Kolben, oder eine Kolbe enthaltend. Ein kolbiger Stock.


Kolderstock (W3) [Adelung]


Der Kolderstock, des -es, plur. die -stöcke, an den Schiffen, dasjenige Holz, durch welches der Helmstock des Steuerruders regieret wird. Er gehet durch das Koldergatt, einem Gatte oder Loche auf dem halben Verdecke, Franz. Hulot. Bey dem Ehnträus heißt der Helmstock das Költer. Etwa von dem Schwed. und Isländ. Kull, Kulle, der Gipfel, Scheitel?


Kolik (W3) [Adelung]


Die Kolik, plur. nur von mehrern Arten, die -en, ein heftiger Schmerz im Unterleibe mit Erbrechen und Verstopfung, ein hoher Grad der Bauchschmerzen, welcher aus einer heftigen Zusammenziehung der fleischigen und musculösen Häute der Gedärme entstehet; die Darmgicht. Die Gallen-Kolik, wenn sie von der Galle herrühret, die Wind-Kolik, welche von versetzten Winden entstehet, die Wurm-Kolik, von Würmern u. s. f. Die Kolik haben. Aus dem Lat. Colica passio, und dieß von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Grimmdarm, weil dieser am häufigsten davon angegriffen wird.


Kolk (W3) [Adelung]


Der Kolk, des -es, plur. die Kölke, oder die Kölke, plur. die -n, ein nur in den gemeinen Sprecharten übliches Wort, eine tiefe Pfütze, einen tiefen Sumpf, ingleichen den tiefsten Ort in einem Teiche, Flusse oder See zu bezeichnen. Die Brünne, Kölke und Teiche sind rein, 3 Mos. 11, 36; wo Michael. Quellen, Cisternen und Wasserbehältnisse, die Übersetzung der 70 aber für Luthers Kolk, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - setzet. Im Nieders. Kolk, welches auch eine von dem Wasser ausgespülte Grube an den Ufern der Ströme und Dämme bedeutet. In andern, besonders Oberdeutschen Gegenden lautet es Gölle, ( S. 1. Golle). Es gehöret mit dem Nieders. Kuhle, eine Grube, zu dem zahlreichen Geschlechte der Wörter dieser Art, welche eine Vertiefung bedeuten. S. Kelle und Kelch.


Kolkrabe (W3) [Adelung]


Der Kolkrabe, S. Golkrabe.


Kolle (W3) [Adelung]


Die Kolle, oder Kölle, plur. inus. ein vornehmlich in Niedersachsen üblicher Nahme des Pfefferkrautes, S. dieses Wort.


Kölle (W3) [Adelung]


Die Kölle, plur. die -n, eine Art eßbarer Fische, welche in der Pegnitz bey Nürnberg gefangen werden.


Kölnhof (W3) [Adelung]


Der Kölnhof, oder Kölnerhof, des -es, plur. die -e, eine in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, übliche Benennung eines zinspflichtigen Meierhofes, wo das Wort zuweilen auch Kellerhof lautet. Es ist aus dem mittlern Lat. Colonus und Colonarius; daher auch Kölner, und verderbt Keller, in eben diesen Gegenden einen zinspflichtigen Besitzer eines solchen Gutes bedeutet. S. 2. Keller, und den Du Fresne v. Colonus, wo bewiesen wird, daß diese Art Leute keine Leibeigene, sondern nur zinspflichtige Unterthanen waren.


Kolon (W3) [Adelung]


Das Kolon, des -s, plur. ut nom. sing. der aus dem Griechischen entlehnte Nahme eines logischen Unterscheidungszeichens, welches aus zwey über einander stehenden Puncten bestehet, und im Deutschen auch der Doppelpunct genannt wird.


Koloß (W3) [Adelung]


Der Koloß, des -sses, plur. die -sse, ein gleichfalls aus dem Griechischen entlehntes Wort, welches ein Nahme einer gewissen riesenmäßigen metallenen Bildsäule auf der Insel Rhodus war, und daher noch jetzt von einem jeden Kunstwerke, welches die natürliche Größe übersteiget, gebraucht wird. Eine Bildsäule in mehr als Lebensgröße ist ein Koloß. Gebäude von ungeheurer Größe und Höhe, wie die Pyramiden Ägyptens, sind Kolosse. Daher Kolossisch, oder wie es gewöhnlicher lautet, Kolossälisch, eine übernatürliche, mehr als gewöhnliche Größe habend. Die Abstammung des Griech. Wortes ist ungewiß; denn die gewöhnliche - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, weil es das Gesicht verwirrt und bestürzt macht, ist zuverlässig eine Grille.


Kolsch (W3) [Adelung]


Der Kolsch, oder Kölsch, eine Art Zeuges, S. Golsch.


Kolter (W3) [Adelung]


1. Der Kolter, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur noch in den gemeinen Mundarten, besonders Oberdeutschlandes, übliches Wort, eine Decke, und in engerm Verstande, eine abgenähete Decke zu bezeichnen. Der kranke König in Syrien nahm den Kolter, tunket ihn in Wasser und breitet ihn über sich, 2 Kön. 8, 15. Im Nieders. lautet es Kolte, und bedeutet daselbst eine Bettdecke, Matratze. Im Oberdeutschen wird es auch Golter, Kauter, Kuter u. s. f. geschrieben und gesprochen. Es ist ohne Zweifel aus dem Lat. Culcitra entlehnet, wofür in den spätern Zeiten auch Cultra und Cultrum üblich war.


Kolter (W3) [Adelung]


2. Das Kolter, des -s, plur. ut nom. sing. eine besonders im Nieders. übliche Benennung des Pflugmessers, oder der Pflugsäge, welche in Obersachsen das Sech genannt wird. Im Holländ. Kouter, im Franz. Coutre, im mittlern Lat. Cultra, welches auch figürlich, und zwar schon 1046 in einer Urkunde Kaiser Heinrichs II den Pflug selbst bedeutet. Die Übereinstimmung mit dem Lat. Culier, ein Messer, ist augenscheinlich. Aber ist es wohl zu glauben, daß die Niederdeutschen Landleute dieses Wort aus dem Lateinischen entlehnet haben sollten? Es scheinet vielmehr mit dem Lateinischen Culter aus einer und eben derselben Quelle abzustammen welche das alte kutten, schneiden, Engl. to cut, Nieders. katten, kadden ist. Das l gehöret bloß der Mundart zu.


Komet (W3) [Adelung]


Der Komet, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Cometa, eine Art Irrsterne, welche weil längere und engere Laufbahnen haben als die Planeten, und uns daher nur zuweilen sichtbar werden. Sie haben zuweilen Schweife oder Schwänze von Dünsten, welche nach dem Unterschiede ihres Standes gegen die Sonne, oft nur büschel- oder haarförmig sind. Von diesem Umstande haben sie auch den Griechischen Nahmen erhalten, wofür im Deutschen auch Haarstern und Schwanzstern üblich ist. Im Buche der Natur von 1483 heißt ein Komet eben um deßwillen ein geschöpfter Stern, von Schopf. Allein, da nicht alle Kometen Schweife haben, so sollte man auf eine schicklichere Benennung denken. Ehedem nannte man sie auch Nothsterne, weil der große Haufe in ihnen noch jetzt nichts als Verbothen großer Plagen erblicket.


Kömisch (W3) [Adelung]


Kömisch, -er, -te, adj. et adv. aus dem Griech. und Lat. comicus. 1) Was zur Komödie, oder dem Lustspiele gehöret, in demselben gegründet ist; im Gegensatze des tragisch. Ein komisches Stück, ein Lustspiel. Ein komischer Gegenstand. Noch mehr, 2) lustig, possierlich, Lachen erweckend. Ein komischer Streich. Eine komische Begebenheit. Die komische Oper, Ital. Opera buffa, deren Scenen aus dem gemeinen Leben entlehnet sind.


Komma (W3) [Adelung]


Das Komma, plur. ut nom. sing. aus dem Griech. und Lat. Comma, ein logisches Unterscheidungszeichen, welches in einem einfachen Striche bestehet, und daher von einigen im Deutschen der Beystrich, oder das Beystrichlein genannt wird.


Kommen (W3) [Adelung]


Kommen, verb. irreg. neutr. ich komme, du kommst, er kommt; im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart, du kömmst, er kömmt. Imperf. ich kam; Conjunct. ich käme. Mittelw. gekommen. Imperf. komm. Es erfordert das Hülfswort seyn, und bedeutet überhaupt, gegenwärtig werden, in dem weitesten Umfange der Bedeutung, ohne Unterschied der Art und Weise. 1. In engerer und vielleicht eigentlichster Bedeutung, von lebendigen Geschöpfen, welche aus eigener Kraft an einem Orte persönlich gegenwärtig werden. 1) Eigentlich, wo es, wenn es ohne Vorwort und absolute stehet, sich auf die redende Person beziehet, an dem Orte der redenden Person gegenwärtig werden. Da komme unser Freund. Werden sie nicht bald kommen? Wir haben lange gewartet, aber es wollte niemand kommen. Die Gäste sind gekommen. Sie kommen, als wenn sie gerufen wären, Gell. Sie kommen, wie gerufen. Es kommt ein Löwe. Ich werde gleich kommen. Ich komme schon. Ich kann heute nicht kommen. Komm und folge mir. Ich sehe niemand kommen. Wenn ich zu meinem Knechte sage, komm her, so kommt er. Die Art und Weise, wie man kommt, wird häufig mit dem Mittelworte der vergangenen Zeit ausgedruckt. Er kommt gegangen, geritten, gefahren, gelaufen, gehinket u. s. f. Da kommen sie alle angestiegen. Da kam sie hergeschossen. Hier kommt sie gleich gegangen, Gell. Jeder Freund kam angerannt, Haged. So dürftig kommt er angekrochen, ebend. Die Katze kam zum Adler hingekrochen, ebend. Und kommt es an den Strand geschwommen, Gell. Auch in figürlicher Bedeutung. Dem ohngeachtet kommt er mit ein Paar Münzen aufgezogen, Less. Wenn sie mir mit ihrer Liebe angezogen käme, Weiße. Nur in der höhern Schreibart thut diese Wortfügung nicht alle Mahl die beste Wirkung, ob es gleich nicht an solchen Beyspielen fehlet, besonders bey den ältern Schlesischen Dichtern. Aller Völker ganzer Haufen Werden kommen zugelaufen, Opitz Ps. 102. Daß er mit Gebeten Kam vor ihm getreten, ebend. Für dich (vor dir) Herr kommen wir, dein armes Volk getreten, ebend. Komm blasser Tod, komm angezogen, Ich fürchte dich versichert nicht, Gryph. Ob es gleich auch Fälle gibt, wo sie ohne Nachtheil der Würde der Schreibart gebraucht werden kann. Auf zerstückten Bretern kommen Kriegesheere angeflogen, Kleist. Wenn du auf deinem Wagen Daher gedonnert kommst, Opitz, von dem Mars. In einigen Fällen lässet sich dafür das Mittelwort der gegenwärtigen Zeit gebrauchen. Singend, tanzend, springend kommen, für gesungen, getanzet, gesprungen; ob es gleich nicht in allen angehet. Ehedem gebrauchte man nur den bloßen Infinitiv. Ich khum yetzt gleich hergan, Theuerd. Die Absicht warum man kommt, druckt man mit dem Infinitiv und dem Worte zu aus. Ich komme, ihnen etwas zu sagen, was Neues zu hören, mit ihnen zu essen. Das um, welches einige noch einflicken, ist unnöthig. Im Oberdeutschen und zuweilen auch im gemeinen Leben der Hochdeutschen wird dieses zu zuweilen ausgelassen, welches aber in der anständigern Sprechart widrig klingt. Morus kam nach Hofe schmausen, Logan. Das Licht, so unverwacht, Kam zu dem Menschen her, kam leuchten in der Nacht, Opitz. Der Ort, wo man gegenwärtig wird, wird durch allerley Vorwörter ausgedruckt. Wir konnten nicht bis an den Wald kommen. So bald er an sie kam. An das Land kommen, an das feste Land, aus dem Wasser. Einem nahe auf den Hals kommen. Auf den Berg kommen. Auf die Welt kommen, geboren werden. Wir kamen nicht hinauf. Ich bin heute nicht aus dem Hause, nicht aus dem Bette gekommen. Aus dem Gedränge kommen. Ich komme aus der Kirche. In die Welt kommen, von Christo, durch die Menschwerdung in der Welt gegenwärtig werden. Er ist noch in kein Bett gekommen. Komm mir nicht wieder in das Haus. Einem in den Wurf kommen. Als ich in die Kirche kam. Er kommt in keine Kirche, gehet niemahls in die Kirche. Was kommt mir da in den Weg? Ins Gedränge kommen. Nach Hause kommen. Unter die Leute kommen, ausgehen. Komm mir nicht unter die Augen. Von dem Boden, von dem Berge kommen. Von dem Wege kommen, sich verirren. Ich kam ihm weder Tag noch Nacht von der Seite. Ich komme von Hause. Wir kommen eben davon her. Ich kann nicht von ihm kommen. Glücklich davon kommen, entfliehen. Komm mir nicht vor die Augen. Zur Stadt kommen, in die Stadt. Nicht zum Essen, zu Tische, zur Schule kommen. Heute komm ich nicht zu Hause. Er kam unvermuthet zu mir. Einem zu Hülfe kommen. Ingleichen durch Nebenwörter, welche über dieß noch andere Umstände des Kommens bezeichnen. Er ist noch nicht wieder herunter gekommen. So hoch komme ich nicht. Weiter kommen. Wieder zurück kommen. Zusammen kommen. Herbey, herein, empor, entgegen, nahe kommen u. s. f. Du kommst mir eben recht, zu gelegener Zeit. Wiewohl du kommst mir recht, ich wollte so schon speisen, Haged. Komm ich hier Recht? komme ich hier an den rechten Ort? Ich komme hier wohl unrecht, an den unrechten Ort. Die Hauptwörter Weg und Straße stehen, wenn sie diesem Zeitworte beygesellet werden, gemeiniglich in der vierten Endung. Ich bin diesen Weg noch niemahls gekommen, bin ihn noch nie gereiset. Ich hoffe, diese Straße nie wieder zu kommen. Das Wort Weg leidet aber auch die zweyte Endung. Er kam zufälliger Weise des Weges. Ich möchte dieses Weges so bald nicht wieder kommen, Less. Wenn das Wort kommen in der Deutschen Bibel von Gott gebraucht wird, so bedeutet es seine Gegenwart durch Wirkungen, besonders durch außerordentliche Wirkungen offenbaren. 2) Figürlich, wo dieses Wort, (a) Überhaupt mit allerley Vor- und Nebenwörtern gebraucht wird, ein Gerathen in allerley thätige und leidentliche Veränderungen, Umstände, Zustände u. s. f. zu bezeichnen; selbst von solchen, welche eine bleibende Dauer haben. So zahlreich die Fälle auch sind, in denen kommen auf diese Art gebraucht wird, so lassen sie sich doch nicht nach Gutdünken vermehren, sondern man muß es größten Theils bey denjenigen bewenden lassen, welche der Gebrauch eingeführet und berechtiget hat. Zur Probe mögen folgende dienen. Scharf an einander kommen, im Streite hitzig werden. Ich kann nicht an ihn kommen; keine Gelegenheit finden, ihm zu schaden, ihn anzugreifen, ich kann ihm nicht beykommen. An eines Stelle kommen. Als er im Lesen an diese Stelle kam, bis dahin las. O, dem kommt man nicht ans Leben, man findet keine rechtmäßige Ursache, ihm das Leben zu nehmen. Ich kann daraus nicht kommen, kann mich nicht darein finden. Wir wollen sehen, wie wir aus einander kommen; wie wir uns vergleichen. Aus seiner Gelassenheit kommen, gebracht werden. Aus aller Fassung kommen. Aus der Noth, aus den Schulden kommen, davon befreyet werden. Außer sich kommen. Auf einen Einfall, auf die Gedanken kommen. Wie kommen sie denn heute auf diesen Einfall? Ich komme fast auf die Gedanken, daß sie ihn nicht leiden kann. Dabey komme ich nicht auf meine Kosten, ich bekomme meine ausgelegten Kosten dabey nicht wieder. Ich kann nicht darauf kommen, kann mich nicht darauf besinnen. Komm ich auf meinen Kopf, setze ich es mir fest vor. Auf den Bau kommen, zur Festungsarbeit verurtheilet werden. Wieder auf die alten Sprünge kom- men. Auf die Spur kommen. Blind kommen, im gemeinen Leben, übel ankommen. Da kommt Damötas blind, Gell. Einem gleich kommen, es ihm gleich thun, ihm an einer thätigen Veränderung gleich seyn. Hinter etwas kommen, es entdecken, ausfündig machen. Hinter die Wahrheit kommen. Ich muß hinter die Sache, hinter seine Schliche kommen. Er ist sehr herunter gekommen, in Verfall der Nahrung, in Armuth gerathen. In den Himmel, in die Hölle kommen, im gemeinen Leben, selig werden, verdammt werden. In das Gefängniß kommen, darein gebracht werden. Unschuldig in die Rede, in der Leute Mäuler kommen, beredet werden. Aber ich komme gar in den Zorn, Gell. In die Hitze kommen. In Bewegung kommen, bewegt werden. Zu kurz kommen, Schaden, Nachtheil leiden. Dabey komme ich nicht zu kurz. Zwey Dinge kommen überein, wenn sie einander gleich oder gemäß sind. Mit jemanden überein kommen, mit ihm gleiche Gesinnung haben. Einem über das Geld kommen, ihm Geld entwenden. Über jemand kommen, dem Range nach. Ich will schon über dich kommen, dich strafen. Mit einem blauen Auge davon kommen, einen erträglichen, geringen Nachtheil leiden. Kurz von der Sache zu kommen. Ich mache nicht gern zehen Allegata, wenn ich mit Einem davon kommen kann, Less. Da werden sie mit einer leichten Strafe davon kommen, Gell. Vor Furcht fast von Sinnen kommen. Von Kräften kommen. Ich kann nicht dazu kommen, daß ich es thäte, kann nicht Zeit, Gelegenheit bekommen. Mit jemanden zur Richtigkeit kommen, richtig mit ihm werden. Zu sich selbst kommen, seiner selbst bewußt werden. Zu seinen Jahren kommen, mündig werden. Zu Stande kommen, fertig werden. So kommen wir nimmermehr zu Stande, so werden wir niemahls fertig. Zu Ende kommen, geendiget werden. Mit etwas zu Ende kommen, es endigen. Zur Wirklichkeit kommen, wirklich werden. Zu Athem kommen. Wieder zu Gnaden kommen. Zu Falle kommen, fallen, und figürlich von ledigen Weibespersonen, geschwängert werden. Wie komme ich dazu, daß ich es thun soll? Wir wollen abbrechen, wir kommen sonst zu weit. Wir sind schon so weit mit einander gekommen, daß u. s. f. Er ist schon weit mit der Arbeit gekommen. Wenn er nicht weiter kommen kann, so schimpft er. Man kommt jetzt mit Betrügern weiter, als mit ehrlichen Leuten, Less. Mit der Ausflucht wirst du nicht weit kommen. Ich kann damit nicht zu rechte kommen, weiß nicht damit umzugehen. Wie käme ich zu rechte? Besonders mit den Vorwörtern um und zu; den Verlust und die Erlangung des Besitzes einer Sache auf die allgemeinste Art zu bezeichnen. Um sein Vermögen kommen, es verlieren. Um Ehre und Gut, um seine Gesundheit, um seinen guten Nahmen kommen. Damit ich nicht darum komme. Wie bist du dazu gekommen? wie hast du es bekommen? Er ist dazu gekommen, er weiß nicht wie. Er kann zu nichts kommen, kann kein Vermögen erwerben. Man muß arbeiten, wenn man zu etwas kommen will, wenn man Vermögen erwerben will. Ich bin sehr wohlfeil dazu gekommen. Wie wäre er zum Gifte gekommen? Dazu kann man bald kommen, daß man immer plaudert, Gell. Zu Kräften kommen. Zu Ehren, zu Ansehen kommen. Zu Schaden kommen, Schaden leiden. Aber nicht, zur Gesundheit, zur Krankheit, zur Schande u. s. f. kommen. Wie komme ich zu der Strafpredigt? Wenn dieses Zeitwort von einem Umstande des Ortes gebraucht wird, so wird derselbe im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart vermittelst eines Zeitwortes und dem Worte zu ausgedruckt. Der Stein kam auf die breite Seite zu liegen. Im Fallen auf bey Rücken zu liegen kommen. Er kam auf die Fuße zu stehen. Wir kamen gegen ihm über zu sitzen, zu stehen. Es kam oben zu liegen. (b) Besonders, durch Worte gegenwärtig werden. Im Reden auf eine Sache kommen. Wir wollen auf was anders kommen, von einer andern Sache sprechen. Aber daß ich wieder auf das Hauptwerk komme, Gell. Um wieder auf deinen Bruder zu kommen. Ingleichen absolute, so wohl mit der dritten Endung der Person, als ohne dieselbe. Kommst du mir schon wieder mit deinem Briefe? sprichst du schon wieder von deinem Briefe? Wenn man mir mit dem Nachruhme kommt, so muß ich nothwendig lachen, Gell. Komm mir nur jetzt nicht, wenn ich zu thun habe. Mit eine Sache krumm, herum kommen, im gemeinen Leben, sie versteckt vortragen. Besonders in Ansehung der Art und Weise der Begegnung mit Worten. Wenn sie mir so kommen, (wenn sie so mit mir sprechen,) so werde ich sie bald fürchten, Weiße. Nun da dürfte mir keiner kommen, ebend. so dürfte mir keiner begegnen, das dürfte mir keiner zumuthen. Er hätte mir so kommen sollen. Er ist mir sehr grob gekommen. 2. Von leblosen Dingen, einem andern Dinge gegenwärtig gemacht werden. 1) Eigentlich. Waaren kommen lassen. Der Brief ist mit der Post gekommen. Die Post ist noch nicht gekommen. Der Brief kommt von einem Freunde. Die Erde ist ein wesentlicher Theil, der zu allen Körpern kommt. Es muß noch etwas dazu kommen, wenn es das Gewicht haben soll. Es ist noch kein Bissen Brot in einen Mund gekommen. Das Buch kommt ihm den ganzen Tag nicht aus der Hand. Es ist mir etwas in den unrechten Hals gekommen. Nun wird der rechte Fleck bald kommen. Die Güter sind an ihn gekommen, sind an ihn gefallen. Die Sache ist mir aus den Augen gekommen. Die Zeit kommt. Kommt Zeit, kommt Rath. Wenn der Winter, der Sommer kommt. Die Schmerzen kommen. Zuweilen auch mit dem Nebenbegriffe des Ungefähren. Das erste, das beste, was dir in die Hände kommt. Es kam mir eine Flinte in die Hand. Er redet, wie es ihm in den Mund kommt. Das ist mir nie in den Sinn, in die Gedanken kommen. 2) Figürlich, in sehr vielen R. A. wo kommen. (a) Überhaupt, eine gewisse Veränderung bezeichnet, welche sich mit einem Dinge zuträgt; welche Redensarten gleichfalls von dem Gebrauche abhangen. Die Sache ist mir zu Ohren gekommen, ich habe sie gehöret, von bedenklichen, wichtigen Sachen. Damit es nicht vor ihren Mann käme, Gell. damit er es nicht erführe. Das wird mir sehr gut zu Statten kommen, wird mir nützlich, brauchbar, heilsam seyn. Sich etwas zu schulden kommen lassen, einer Sache mit Recht beschuldiget werden können. Es ist mir etwas darein gekommen, es hat sich ein Hinderniß ereignet. Es kommt dabey nichts heraus, es hat keinen Nutzen. Was wird da heraus kommen? was wird das für Folgen haben? Er läßt es wohl an sich kommen, entschließt sich nicht so leicht. Es ist mit ihm auf das äußerste gekommen. Aus der Gewohnheit, aus der Mode kommen. Es ist mir aus den Gedanken gekommen, ich habe es vergessen. Laß die Sache nicht zu weit kommen. Die Sache ist schon weit gekommen. Es wird schon besser kommen. Es wird nicht zum Blutvergießen kommen. Und von Worten kams zu Schlägen, Haged. Wenns zum Bezahlen kommt. Es kommt zum Gefechte. Wenns zum Treffen kommt, wenn es Ernst wird. Es kam zum Vergleiche. Laß es nicht dazu kommen. Nie will ich es zu einem solchen Auftritte wieder kommen lassen. Es mag kommen wozu es will. An den Tag kommen, heraus kommen, bekannt werden. In den Gang, in den Schwung kommen. Der Brunnen kommt in Ruf. Das kommt gar nicht in Betrachtung. Als die Reihe an ihn kam. Das kommt auf Eins hinaus, ist einerley. Wenn es hoch kommt, so sind es hundert Thaler. Das käme schön heraus, würde nicht gut stehen, oder lassen. (b) Besonders. (aa) Entstehen; nur in einigen Fällen. Es kommt ein Wind. Es wird ein Gewitter kommen. Ich will eine Sündfluth kommen lassen, 1 Mos. 6, 17. Daß kein Regen komme, 5 Mos. 11, 17. Gott ließ einen Wind auf Erden kommen, 1 Mos. 8, 1. Es wird eine Theurung kommen. Ein Geschlecht vergehet, das andere kommt, Pred. 1, 4. Was bald kommt vergeht auch bald. (bb) Geschehen, Schwed. komma, Lat. venire und evenire; gleichfalls nur in einigen Fällen. Es kann kommen. Ich habe gedacht, daß es so kommen würde. Es mag kommen wie es will. Es kommt ein Unglück über das andere. ( S. Künftig.) (cc) Herrühren, in einem andern Dinge seinem Daseyn und seiner Ursache nach gegründet seyn. Kommen nicht alle diese Beschuldigungen von ihm her? Dieses Lachen kam nicht aus dem Herzen. Ja, ja, das kommt aus dem Genecke. Woher kommt das? Wie kommt es, daß er sich nicht sehen lässet? was ist die Ursache davon? Ich weiß nicht, wie es kommt, daß er nicht da ist. Wie kommts, daß du so allein bist? Meine Hülfe kommt vom Herrn, Ps. 121, 2. Der Sieg kommt vom Herrn, Sprichw. 21, 31. Viel Böses kommt von Weibern, Sir. 42, 14. (dd) Kosten, von dem Preise. Wie hoch kommt das Gut? Es kommt zehen tausend Thaler. Ingleichen mit der dritten Endung der Person. Es kommt mir zehen Thaler. Ich bezahle, und wenn mich (mir) der Monath funfzig Thaler käme, Gell. In dieser Bedeutung ist kommen elliptisch, indem die ganze R. A. zu stehen kommen heißt, so daß kommen hier die allgemeine Bedeutung eines Zustandes, einer Veränderung hat; daher Ihr nicht nöthig gehabt hätte, diese Bedeutung für sonderbar zu halten, und zu glauben, daß sie in den Schulen durch eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Lat. veneo und venio entstanden sey. Es kommt mir zehen Thaler zu stehen. Die Rache kam ihm doch zu stehen, Lichtw. Der Spaß könnte mir sonst theuer zu stehen kommen, Weiße. Daher das Kommen, als ein Hauptwort. Siehe auch Kunft. Anm. 1. Die Conjugation im Präsenti du kömmst, er kömmt, ist vorzüglich den gemeinen Mundarten Obersachsens und Oberdeutschlandes eigen; in Niedersachsen sagt man kümmst, kümmt. Die anständigere Sprechart wird alle Mahl den reinen Vocal vorziehen; kommst, kommt. Das Mittelwort der gegenwärtigen Zeit, kommend, wird im gemeinen Leben nur für künftig, nächst bevor stehend gebraucht. Kommenden Montag, Monath, kommendes Jahr. In der höhern Schreibart hat man es in den neuern Zeiten auch für annahend gebraucht. Den kommenden Morgen betrachten, Geßn. Alle seine Züge verkündigen den kommenden Tod. Das Mittelwort der vergangenen Zeit gekommen, wird außer der Zusammensetzung als ein Beywort nie gebraucht. Im Oberdeutschen wird das Verbum auch regulär abgewandelt; Imperf. ich kommete.

Anm. 2. Bey dem Ulphilas quiman, im Isidor quheman, im Imperf. quam, bey dem Kero qhuueman, bey dem Ottfried queman und koman, im Imperf. quam, bey dem Willeram cuman, bey dem Notker chomen, im Tatian cuman, im Nieders. kamen, im Imperf. noch nach der alten Art ik quam, im Angels. cyman, coman, im Engl. to come, im Dän. komme, im Schwed. und Isländ. komma. Das alte qu haben die Hochdeutschen nach in bequem und bequemen beybehalten, S. dieselben. Frisch hält den Gaumenlaut k, wofür die Alten qu hatten, für die Ableitungssylbe ge, und glaubt, daß das einfache uiman mit dem Lat. venire überein komme. Ihre findet gleichfalls viel Ähnlichkeit zwischen venire und kommen, glaubt aber, daß das letztere ursprünglich quman für quiman geheißen habe. Allein, wenn man bedeutet, daß das Wort kommen ursprünglich nothwendig einen sinnlichern Begriff gehabt haben müsse, als heut zu Tage damit verbunden wird, so wird man es mit mehr Wahrscheinlichkeit zur Verwandtschaft des Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, aufstehen, und folglich auch zu dem Geschlechte des Deutschen Kamm und Kimme rechnen. Das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - wird in der Bibel in vielen Fällen gebraucht, in welchen das Deutsche kommen üblich ist, z. B. für entstehen, merklich werden, empfunden werden u. s. f. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, gehen, ist ein Intensivum von dem veralteten - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Kommet (W3) [Adelung]


Das Kommet, S. Kummet.


Kommlich (W3) [Adelung]


* Kommlich, -er, -ste, adj. et adv. ein im Hochdeutschen unbekanntes Oberdeutsches Wort für bequem. Ein kommliches Haus. Sein kommliches Auskommen haben. Zu einer kommlichen Zeit. So auch die Kommlichkeit, die Bequemlichkeit. S. Bequem.


Komödiant (W3) [Adelung]


Der Komödiant, des -en, plur. die -en, ein Schauspieler. Daher komödiantisch, einem Komödianten ähnlich; im verächtlichen Verstande. S. das folgende.


Komödie (W3) [Adelung]


Die Komödie, (viersylbig,) plur. die -n, aus dem Griech. und Lat. Comoedia. 1) In der weitesten Bedeutung, ein jedes Schauspiel, es sey ein Lustspiel oder ein Trauerspiel. In die Komödie gehen. Aus der Komödie kommen. 2) In engerer Bedeutung, die Vorstellung einer bürgerlichen Handlung, welche geschickt ist, den Zuschauer zum Lachen zu bewegen; das Lustspiel, im Gegensatze der Tragödie oder des Trauerspiels. Eine Komödie aufführen, spielen. Figürlich auch wohl eine lustige oder verworrene Begebenheit. Das war eine Komödie. Daher das Komödie-Haus, der Komödien-Schreiber u. s. f.


Kompan (W3) [Adelung]


Der Kompan, des -es, plur. die -e, oder der Kompe, des -n, plur. die -n, S. Compagnie Anm.


Komst (W3) [Adelung]


Der Komst, des -es, plur. inus. 1) In einigen Gegenden Obersachsens, eine gelabte dicke Milch, welche in Niedersachsen Sültemilch, in Preußen aber Glomms genannt wird. Der Schäfer gibt von jedem Melkschafe achtzehen Pfennige Milchgeld, und alle Herbst sechs Kannen frischen Komst und einen großen Schafkäse. Es lautet daselbst gemeiniglich Kompes und Kompis. 2) Kohlhäupter, welche ganz, oder in vier Theile zerschnitten, gekocht, und hernach eingemacht werden, so daß sie eine Säure erhalten, werden in Thüringen und Franken, Komst, Kumst. Gumpest, Gumpes, Komstkraut, und Komstkohl genannt. Bey einigen führet auch der weiße Bernstein, wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Komstkraute den Nahmen des Komstes.

Anm. In beyden Fällen ohne Zweifel von dem Lat. Compositum, welches in den mittlern Zeiten von mehrern Arten eingemachter Dinge gebraucht wurde. Im mittlern Lat. ist Compostum der Dünger, Mist, und compostare düngen.


König (W3) [Adelung]


1. Der König, des -es, plur. die -e, in der Metallurgie, ein jedes Metall oder metalisches Wesen, welches sich bey einem geschmelzten Körper in dem Tiegel auf den Boden setzet, oder bey dem Abtreiben in demselben zurück bleibet; Regulus. Der Bleykönig, das nach dem Schmelzen zurück gebliebene, folglich reine und von allen unmetallischen Erden befreyete Bley. Der Silberkönig, das auf solche Art gereinigte Silber. Vermuthlich wird um eben dieser Ursache willen in den Münzen ein dickes Stück gegossenen Silbers der König genannt. In den Schmelzhütten heißt bey dem Schmelzen des Schwarzkupfers das unterste Stück im Herde nach abgehobenen obern Scheiben, der König. In engerer Bedeutung führen die Halbmetalle, welche keinen eigenen Nahmen haben, den Nahmen der Könige. Der Kobaltkönig, welcher auch Kobaltspeise genannt wird, dasjenige weißglänzende spröde Halbmetall, welches nach Schmelzung des Kobaltes zurück bleibt. Der Arsenikkönig, das metallische Wesen, welches man aus Schmelzung des Arseniks mit einem brennbaren Wesen erhält. Der Spießglaskönig, ein weißes, sprödes und strengflüssiges Halbmetall, welches aus dem Spießglase erhalten wird. Anm. Da die Schmelztiegel schon von den ältesten Zeiten her kegelförmig sind, folglich auch der metallische Bodensatz in denselben, wenn er erkaltet, und der Tiegel zerschlagen worden, eben diese Gestalt hat, so ist sehr wahrscheinlich, daß man diesen kegelförmigen Körper einen Conum genannt, welches Latein. Wort von der Unwissenheit nachmahls in König verwandelt, und von einer eben so großen Unwissenheit wieder im Latein. durch Regulus ausgedrucket worden. Wäre indessen erwiesen, daß diese Benennung des metallischen Bodensatzes von der Alchymisten herrühre, so würde man sich nicht wundern dürfen, warum sie denselben im Lat. Regulus, und im Deutschen König genannt, da sie in geheimnißvollen und seltsamen Benennungen von je her sehr fruchtbar gewesen sind.


König (W3) [Adelung]


2. Der König, des -es, plur. die -e, Fämin. die Königinn. 1. Eigentlich. 1) In weiterer Bedeutung, diejenige Person, welche die höchste Gewalt unter mehrern hat, die höchste Obrigkeit, so fern sie durch eine Person vorgestellet wird. In diesem Verstande heißt Gott in der Deutschen Bibel auf eine vorzügliche Art ein König, wegen seiner höchsten Gewalt über alle außer ihm befindlichen Dinge. In weit geringerm Verstande bekommen in den Welttheilen außer Europa alle unumschränkte Herren, wenn sie gleich ein sehr kleines Gebieth beherrschen, den Nahmen der Könige, in welchem Sinne dieses Wort gleichfalls in der Deutschen Bibel angetroffen wird. Auch wenn diese kleinen Herren einem größern unterworfen sind, bekommen sie oft noch den Nahmen der Könige, um der unumschränkten Gewalt willen, welche sie über ihre Untherthanen üben; daher in den mittlern Zeiten auch wohl bloße Statthalter diesen Nahmen führen. 2) In engerer Bedeutung, welche heut zu Tage in Europa der gewöhnlichste ist, bezeichnet der Nahme eines Königes den unumschränkten Beherrscher eines Königreichers, welcher dem Range nach unmittelbar auf den Kaiser folget, allen übrigen Arten von regierenden Herren aber vorgehet. Der König von Frankreich, von Spanien, von Portugall u. s. f. Die Königinn, so wohl die Gemahlinn eines Königes, als auch eine solche unumschränkt regierende Person weiblichen Geschlechtes. 2. Figürlich. 1) In der dichterlichen Schreibart heißt die Sonne die Königinn des Tages, und der Mond die Königinn der Nacht. Auch verliebte Personen pflegen die Gegenstände ihrer Liebe in der poetischen Schreibart Könige und Königinnen, d. i. unumschränkte Beherrscher, ihres Herzens zu nennen. 2) Im gemeinen Leben und in der bürgerlichen Gesellschaft führen viele Personen, welche unter mehrern Einer Art eine vorzügliche Würde und einige damit verbundene Gewalt genießen, den Nahmen der Könige. Dahin gehöret der König der Schützengesellschaften. Der Scheibenkönig, wenn er in dem Scheibenschießen den besten Schuß gethan; der Vogelkönig, wenn er im Schießen nach dem Vogel den letztern am besten getroffen. Bey den Elbschiffern ist der vorderste Leinenzieher, nach welchem sich die übrigen richten, der König. In dem Gräfl. Öttingischen Dorfe Appezhofen wird ein neu angehender Bauer durch den Bauernkönig, welcher auf einem geputzten Pferde die andern Bauern dazu einladet, ordentlich eingesetzt, investiret und bestätiget, wovon die alte Ordnung in Herrn Langs Materialien zur Ötting. Gesch. Th. 1, S. 109, f. befindlich ist. Man hat verschiedene Spiele, in welchen um den König gespielet wird, wer König werden soll. In Schweden hieß ehedem derjenige Kirchenknecht, welcher die Hunde aus den Kirchen treiben mußte, der König, und in einigen Gegenden Frankreichs führet er noch den Nahmen Roi d'Eglise, so wie Bettelvögte in einigen Gegenden Deutschlandes noch Bettelkönige genannt werden. 3) Das vorzüglichste Ding seiner Art führet in vielen Fällen den Nahmen des Königes. So ist unter den Regeln der mittelste und höchste Regel der König. Der Adler wird der König unter den Vögeln, so wie der Löwe der König unter den Thieren genannt. Dahin gehören auch die Nahmen Katzenkönig und Wachtelkönig. Der kleinste Europäische Vogel ist unter dem Nahmen des Zaunköniges bekannt, und in einigen Gegenden wird er auch mit dem sonst ungewöhnlichen Diminutivo Königlein genannt. Der Bienenkönig, die vornehmste Biene in einem Stocke, welche auch der Weiser, und in den neuern Zeiten, da man ihr weibliches Geschlecht entdeckt hat, die Königinn, die Bienenmutter oder Mutterbiene, heißt. 4) In dem Schachspiele, einem alten kriegerischen Spiele von morgenländischer Erfindung, ( S. Schachspiel,) ist der König der erste und vornehmste Stein in dem ganzen Spiele. Nur aus dem zweyten Steine ist in Europa auf eine sonderbare Art eine Königinn geworden. Dieser zweyte Stein heißt im Persischen und Arabischen Pharz oder Pherzan, d. i. Feldherr, dessen Amt er in diesem Spiele auch wirklich verwaltet. Er behielt diesen Nahmen, da das Spiel in Europa bekannt wurde, und man nannte ihn im mittlern Lateine Feroia, unter welchem Nahmen er schon im 12ten Jahrhunderte vorkommt, und im alt Franz. Fierce, Fierge. Aus Unknude der Sprache verstümmelte man das letztere noch weiter in Vierge, welches man endlich im Lat. durch Virgo Domina und Regina, und im Deutschen durch Dame oder Königinn Übersetze. 5) In der Landwirthschaft Obersachsens ist der König ein Haufen Getreidehalme, welche die Schnitter auf dem Felde stehen lassen, und sie oben in einem Büschel zusammen binden, um daran ein Merkmahl zu haben, wo von ihnen mit Schneiden der Anfang gemacht worden.

Anm. Im Isidor Chuninc und Chuningo, bey dem Kero Chuning, bey dem Willeram Kuning, im Nieders. König und Konning, im Angels. Cyning, Cynig, Cyng, im Engl. King, im Schwed. Konung, Im Dän. Konge, im Finnländ. Kuningas, bey den alten Curländern Könix. Man siehet hieraus zugleich, daß die Endsylbe ig aus der Ableitungssylbe ing entstanden ist. Im weiblichen Geschlechte lautet es bey dem Ottfried Küninginna, bey dem Willeram aber Cuniginna. In einem alten 1501 zu Rom gedruckten Deutsch-Ital. Vocabul. heißen der König und die Königinn der Kung und die King. Die Endsylbe ing, oder wie sie jetzt lautet, ig ist eine Ableitungssylbe, welche theils einen Sohn, einen Nachkommen, theils aber auch ein einzelnes Ding, ein Subject bedeutet, von welchem die erste Hälfte des Wortes etwas behauptet; S. -Ing. Es kommt also nur auf die erste Hälfte des Wortes Kon oder Kun an. Wachter und andere halten diese für das alte Kunne, Geschlechte, ( S. Kind,) weil man schon in den ältesten Zeiten die Könige aus gewissen Geschlechtern nahm, oder vielmehr so fern der älteste des Geschlechtes, das Haupt der Familie, in den frühesten Zeiten zugleich deren König war. Das alte Burgundische Hendinus, welches dem Marcellin zu Folge einen König bedeutete, und das bey dem Ulphilas befindliche Kindin, ein König, scheinen so wie unser Kind gleichfalls davon abzustammen; so wie Ulphilas Thiudan, ein König, auf ähnliche Art von dem alten Thiot, Diet, Volk, Geschlecht abstammet. Indessen haben doch auch diejenigen viele Wahrscheinlichkeit für sich, welche es mit Frischen und andern von können abstammen lassen, weil doch die vorzügliche Macht über andere das vornehmste Unterscheidungszeichen eines Königes ist. Man wähle eine Abstammung, welche man will, so wird man die Übereinstimmung mit dem Tartarischen Chan, und vielleicht auch mit dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Priester und Fürst, welchen nur die abendländische Ableitungssylbe fehlet, nicht verkennen können. Ihre schlägt eine dritte Ableitung vor, welche sich auf Taciti Worte gründet: Centeni ex singulis pagis sunt, idque ipsum inter fuos vocantur: et quod primo numerus fuit, jam nomen et honor est. Da nun in den frühesten Zeiten und schon in dem Salischen Gesetze Chun und Hun hundert bedeutet, so glaubt dieser gelehrte Schwede, daß Tacitus dadurch den Ursprung unsers Wortes König bezeichnen und andeuten wollen, daß es ehedem einen Hauptmann, d. i. einen Vorgesetzten, über hundert Mann oder über hundert Haushaltungen bedeutet habe. Notker nennet daher einen Hauptmann wirklich Hunno, der bey dem Ottfried B. 3, Kap. 2 ausdrücklich Kuning heißt. So scharfsinnig diese Ableitung auch ist, so stehen ihr doch verschiedene Schwierigkeiten im Wege, deren Anführung hier zu weitläufig seyn würde.


Königisch (W3) [Adelung]


* Königisch, adj. et adv. welches im Hochdeutschen völlig veraltet ist, und nur noch Joh. 4, 47, 49 von einem königlichen Hofbedienten vorkommt. Und es war ein Königischer, deß Sohn lag krank u. s. f.


Königlich (W3) [Adelung]


Königlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Einem Könige ähnlich, gemäß. Einen königlichen Staat führen. Königlich leben. Ein königliches Geschenk. Freund, weiser Herzen Glück ist mehr als königlich, Haged. 2) Einem Könige gehörig, von demselben herkommend, in dessen Würde gegründet; ohne Comparation. Die königliche Würde. Ein königliches Geschlecht. Die königliche Krone. Das königliche Gefolge. Se. Königliche Majestät. Prinzen vom königlichen Geblüte. Das königliche Schloß, welches einem Könige gehöret. Dem königlichen Befehle zuwider handeln. In königlicher Weisheit unterwiesen, Raml. In manchen Fällen gebraucht man lieber die zweyte Endung des Wortes König, besonders wenn dasselbe ein einzelnes bestimmtes Individuum ausdruckt. Für die königlichen Herren Brüder, sagt man besser, die Herren Brüder des Königes, die königliche Frau Mutter, besser des Königes Frau Mutter; obgleich an einigen Höfen das erste wirklich üblich ist, auch die dichterische Schreibart dasselbe ohne Anstoß gebraucht; die königliche Tochter Cadmus, Raml. Nur dann ist die Figur zu hart, wenn es mit der königlichen Würde begabt bedeuten soll: sie flohe in die Arme ihres königlichen Liebhabers, d. i. ihres Liebhabers, der ein König war. Eben so irrig wird David oft der königliche Prophet und im Latein. Regius Propheta genannt, weil die Ableitungssylbe lich nur eine Ähnlichkeit, eine Herkunft, ein Eigenthum bedeuten kann. Bey dem Ottfried kuninglich.


Königreich (W3) [Adelung]


Das Königreich, des -es, plur. die -e, dasjenige Land, welches einem Könige als Könige gehöret, von ihm als König beherrschet wird, und worauf gemeiniglich auch die königliche Würde haftet. Das Königreich Preußen, Pohlen, Frankreich, Spanien u. s. f. In der Bedeutung der königlichen Würde, in welcher es einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt, ist es veraltet. Bey dem Ottfried Kuningrich, in dem Gedichte auf den heil. Anno Kunincreich, bey dem Stryker Cunichreich, im Angels. Cyncdome, im Engl. Kingdom, im Holländ. Koninckdom.


Königsapfel (W3) [Adelung]


Der Königsapfel, des -s, plur. die -äpfel, S. "Ananas".


Königsbann (W3) [Adelung]


* Der Königsbann, des -es, plur. inus. eine veraltete Benennung der obern oder peinlichen Gerichtbarkeit, des Halsgerichtes, weil es von dem Könige, d. i. dem Oberhaupte des Deutschen Reiches, zu Leben führete, und in dessen Nahmen gehandhabet wurde. S. Bann.


Königsfarbe (W3) [Adelung]


Die Königsfarbe, plur. inus. eine Art der blauen Farbe, welche aus der vermischten blauen Farbe und der Scharlachfarbe bereitet, und auch Königsblau genannt wird; nach dem Franz. Couleur de Roi. Auch die echte goldgelbe Farbe wird von einigen die Königsfarbe, von andern aber die Prinzenfarbe, das Königsgelb, genannt; Franz. Couleur de Roi, Couleur de Prince.


Königsfischer (W3) [Adelung]


Der Königsfischer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen einige dem Eisvogel beylegen, Ispida Klein, vermuthlich nach dem Engl. Kingsfisher. S. Eisvogel.


Königsgeld (W3) [Adelung]


Das Königsgeld, indeclin. plur. inus. S. Königsfarbe.


Königsheher (W3) [Adelung]


Der Königsheher, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art des Paradiesvogels oder Paradieshehers, welcher bey dem Marggraf Manucodiata Rex heißt.


Königshase (W3) [Adelung]


Der Königshase, des -n, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der Kaninchen; ohne Zweifel aus einer mißverstandenen Bedeutung dieses Wortes, welches in einigen Gegenden auch Kuniglein lautet.


Königshof (W3) [Adelung]


Der Königshof, des -es, plur. die -höfe, eine ehemahlige Benennung eines königlichen Kammergutes, einer königlichen Burg mit ihrem Zubehör; im mittlern Lat. Curtis regia; Curtis regalis.


Königsholz (W3) [Adelung]


Das Königsholz, des -es, plur. inus. bey den Tischlern, eines der schönsten ausländischen Hölzer, welches dem Holze der Wälschen Nußbäume gleicht, nur daß es einen röthlichen Grund hat.


Königskerze (W3) [Adelung]


Die Königskerze, plur. inus. eine Pflanze, welche in unfruchtbaren Gegenden wächset, und einen geraden rings herum mit goldgelben Blumen besetzten Stängel bringet, bey welchem man sich eine Kerze vorgestellet hat; Verbascum Thapsus L. Kerzenkraut, Königskraut, Himmelbrand, Osterkerze, Wollkraut, wegen ihrer wolligen, filzigen Blätter, im Dän. Rongelius.


Königskraut (W3) [Adelung]


Das Königskraut, des -es, plur. inus. 1) S. das vorige. 2) Die Agrimone oder Leberklette führet, wegen ihrer vorzüglichen Heilkräfte, an einigen Orten gleichfalls den Nahmen des Königskrautes; so wie 3) der Hirschklee oder Wasserdoft, Eupatorium cannabium L.


Königskrone (W3) [Adelung]


Die Königskrone, plur. die -n. 1) Die Krone eines Königes, die königliche Krone. 2) Eine Art der Kronblume, mit einer nach unten zu nackten Blumentraube; Fritillaria regia L. Sie wächst am Vorgebirge der guten Hoffnung.


Königskümmel (W3) [Adelung]


Der Königskümmel, des -s, plur. inus. ein Nahme des großen Ammey, Ammi majus L. welches in dem mittägigen Europa wächset, und auch Mohrenkümmel genannt wird.


Königskupfer (W3) [Adelung]


Das Königskupfer, des -s, plur. inus. in den Schmelzhütten, das so genannte Schwarzkupfer, weil es als ein König in dem Ziegel zurück bleibt; S. 1. König.


Königslilie (W3) [Adelung]


Die Königslilie, plur. die -n, S. Kaiserkrone.


Königsmord (W3) [Adelung]


Der Königsmord, des -es, plur. inus. der an einem Könige begangene Mord. Daher der Königsmörder.


Königsrose (W3) [Adelung]


Die "Königsrose", plur. die -n, S. Päonie.


Königsschießen (W3) [Adelung]


Das Königsschießen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schützengesellschaften, ein feyerliches Schießen, wo um den König geschossen wird, d. i. wo derjenige, welcher den besten Schuß thut, zum Könige erkläret wird.


Königssohn (W3) [Adelung]


Der Königssohn, des -es, plur. die -söhne, der Sohn eines Königes, in der dichterischen Schreibart, welcher außer derselben ein Prinz, oder königlicher Prinz genannt wird. Eben dieses gilt von dem Worte Königstochter.


Königsspiel (W3) [Adelung]


Das Königsspiel, des -es, plur. inus. eine Art eines Spieles, da einer der Spieler durch das Loos zum Könige erwählet wird, welcher hierauf den übrigen als Knechten befiehlet.


Königsstraße (W3) [Adelung]


Die Königsstraße, plur. die -n, eine Straße, auf welcher ein König zu reisen pfleget. Ehedem, da die Deutschen Könige und Kaiser noch alle Jahre in den Deutschen Provinzen herum reiseten, wurden die öffentlichen Landstraßen Königsstraßen genannt; vielleicht auch, weil sie unter dem besondern Schutze der Deutschen Könige und Kaiser standen.


Königsthaler (W3) [Adelung]


Der Königsthaler, des -s, plur. ut nom. sing. S. Dickthaler.


Königswasser (W3) [Adelung]


Das Königswasser, des -s, plur. inus. in der Chymie, ein mit Küchensalz oder Salmiak verbundener Salpetergeist, Aqua Regis; weil dieses Wasser, oder vielmehr Geist, den König der Metalle, d. i. das Gold, auflöset.


Königswiesel (W3) [Adelung]


Die Königswiesel, plur. die -n, S. Hermelin.


Königszins (W3) [Adelung]


Der Königszins, des -es, plur. die -e, eine in Bremen übliche Art des Kutscherzinses, welcher um Martini von einigen Häusern der Stadt, theils dem Stadtvogte, theils geistlichen Stiftungen, theils bürgerlichen Familien entrichtet werden muß, und in einer geringen Summe von einem oder zweyen Schwaren bestehet; vermuthlich, weil derselbe ursprünglich den Deutschen Königen gegeben, von denselben aber nachmahls veräußert wurde.


Können (W3) [Adelung]


Können, verb. irreg. neutr. Präs. ich kann, du kannst, er kann, wir können u. s. f. Conj. ich könne; Imperf. ich konnte; Conj. ich könnte; Mittelw. gekonnt. Es erfordert das Hülfswort haben, und bedeutet überhaupt, kein überwiegendes Hinderniß haben, zu seyn, oder etwas zu thun. Es wird alle Mahl mit der ersten Endung der Person, und dem Infinitive des folgenden Zeitwortes verbunden, da denn auch können in den zusammen gesetzten Zeiten in den Infinitiv gesetzt wird. Ich kann es nicht sehen, ich habe es nicht sehen können, für nicht sehen gekonnt. Es bedeutet, 1. In engerm Verstande, möglich seyn, durch keinen innern oder äußern Widerspruch gehindert werden, zu seyn oder etwas zu thun. Alles; was seyn kann ist möglich. Ein Dreyeck kann nicht rund seyn. Kann wohl ein Stein Öhl geben? Das kann nicht seyn, das ist unmöglich. Da Gott nichts wollen kann, als meine Wohlfahrt, Gell. Sie könnten es für einen Eigensinn halten, aber es ist es nicht. Der gnädige Herr könnte was Böses im Sinne haben. In der Unruhe könnte ich mich übereilen. Julchen kann ihnen gewogen seyn, aber Lottchen ist ihnen noch gewogener, Gell. Der Spaß könnte mir theuer zu stehen kommen. Könnte er nicht indessen gestorben seyn? So kann ein ehrlicher Mann unschuldig in die Rede kommen. Setzen sie das Grausamste, das mir begegnen könnte. Er kann ja wohl andere Geschäfte haben. Kann man überall Weisheit und Ordnung in den Werken der Natur bemerken und kein Verlangen fühlen, in seinem eigenen Verhalten auch Weisheit, auch Ordnung zu beobachten? Gell. 2. In weiterer Bedeutung, durch keine wesentliche oder zufällige Einschränkung gehindert werden, zu seyn, oder etwas zu thun. 1) Überhaupt, ohne nähere Bestimmung des Hindernisses. Das Wasser kann nicht ablaufen. Die Uhr kann nicht gehen. Eine Brücke, daß man darüber fahren kann. Das kannst du mit nichts beweisen. Das kann unmöglich bewiesen werden. Wie glücklich ist er, daß er schlafen kann! Ich wollte gern, aber ich kann nicht. Das kann mir nicht helfen. Er konnte nicht anders, als gehorchen, er mußte nothwendig gehorchen. 2) Besonders, mit Beziehung auf die besondere Einschränkung, welche das Seyn oder Wirken hindert; wo es so viele Classen der Bedeutung gibt, als besondere Arten der Einschränkung oder der Hindernisse möglich sind. Hier sind einige der vornehmsten. (a) In Ansehung der natürlichen Schranken der Dinge, Kräfte, Vermögen haben, etwas zu thun oder zu leiden. Ein Stein kann nicht denken. Gott kann alles, was er will. Man kann nicht alles wissen. So bald es neune schlagt, läuft sie, was man laufen kann, Gell. aus allen Kräften. Ich kann diese Last nicht tragen, sie übersteigt meine Kräfte. Er ißt so lange, bis er nicht mehr kann. Ich hätte leicht hinter diese Sache kommen können. Man kann nicht wissen, eine im gemeinen Leben übliche Versicherung der Möglichkeit einer Sache. Er kann nicht Widerstand thun. Dafür kann niemand gut seyn. (b) In Ansehung der Gelegenheit, Veranlassung, und anderer zufälligen Umstände. Jetzt können wir uns rächen, jetzt hätten wir Gelegenheit dazu. Vielleicht kann er uns nützlich seyn. Hier kannst du inne werden Wie in der Welt sich alles billig fügt, Gell. Wenn meine Thränen dich nicht überzeugen können. So viel ich habe verstehen können. Ich kann mich nicht darauf besinnen. Ich komme so bald ich kann. Er könnte nun schon zu Hause seyn. Wie konnte ich auf den Gedanken kommen? Können sie glauben, daß ich ihre Partey gegen meine Schwester habe halten müssen? (c) In Ansehung der Macht und Gewalt. Er kann mir schaden. Das sind Leute, die uns Gutes thun können. So kann wohl ein König sprechen. (d) In Ansehung des Rechts, ingleichen der gesellschaftlichen Einschränkung, durch kein entgegen stehendes Recht, durch kein Gesetz gehindert werden. Er kann uns nicht verklagen, er hat kein Recht dazu. (e) In Ansehung der moralischen Einschränkung, durch die Billigkeit, durch die sittlichen Pflichten nicht gehindert werden. Mehr kann man nicht von ihm verlangen. Es ist mein Kind, und das kann ich nicht verlassen. Ich kann die ihrige nicht seyn. Je nun, man kann ja wohl einem Mädchen gut seyn, Weiße. Er hat sie ja von mir, wie kann er sie verschenken? Gell. Man kann ja wohl der menschlichen Schwachheit eine Thräne erlauben, Sonnenf. (f) In Ansehung der Erlangniß, wo es eine mit Gleichgültigkeit verbundene Einwilligung bezeichnet. Du kannst dich zu uns setzen. Er kann kommen. Die Hand kannst du mir küssen, Gell. Wo sich oft eine Art eines Geheißes mit einschleicht. Du kannst ihn versichern, daß ich es weiß. Du kannst mir glauben. Das kannst du bleiben lassen. So kann er hingehen, wenn er nicht folgen will. (g) In Ansehung der Einsicht, der Überzeugung, durch keine überwiegende gegenseitige Einsicht oder Überzeugung gehindert werden. Ein Mann von ihrem Verstande kann noch ein solches Vorurtheil hegen? Können sie noch die Wahrheit für Schmeicheley halten? Das kann ich unmöglich glauben. Wie habe ich mir das vorstellen können? Das kann ich nicht billigen. (h) In Ansehung des Willens, durch keine überwiegende Neigung oder Empfindung gehindert werden. Er kann kein Blut sehen. Ich kann nicht alle Speisen essen. Er konnte sie nicht leiden. Er kann das Spotten nicht lassen. Wie konnte ich das über das Herz bringen? Du kannst dich noch verantworten? Wie, du kannst mir noch widersprechen? Wird er ein Barbar seyn, und sein Herz verhärten können? Wie hast du dich in dieß Elend stürzen können? Wer andre necken kann, muß wieder Scherz verstehn, Gell. Die Mama konnte mir vorhin zumuthen, ich sollte ihn hassen, Gell. Wer kann denen, die unschuldig leiden, Bewunderung versagen? (i) In Ansehung der Geschicklichkeit, Fertigkeit, Übung in einer Sache besitzen. Er kann vortrefflich trinken. Gut schreiben, rechnen, tanzen, reiten können. Viele Künste können. Französisch sprechen können. Viele Sprachen können. Was kann er? Er kann nichts. Man muß ein Ding recht können. Wenn du einmahl alles kannst, was die vornehmen Weiber können müssen. Er kann auch ein Liedchen davon singen, er hat es auch erfahren. Ehedem wurde es in noch weiterer Bedeutung für wissen gebraucht, in welchem Verstande schon bey dem Ulphilas kunna, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, vorkommen. (k) In Ansehung des Gedächtnisses, auswendig wissen; im Schwed. kunna. Seine Lection können. Etwas auswendig können. Er kann hübsche Lieder. (l) Ein sonderbarer, allem Ansehen nach elliptischer Gebrauch dieses Zeitwortes ist es, wenn es mit dafür verbunden wird, die wirkende oder veranlassende Ursache eines Übels zu bezeichnen; wo es doch am häufigsten verneinender Weise gebraucht wird. Ich kann nichts dafür, ich bin nicht Schuld daran. Was kann denn ich dafür? Er ist unschuldig, er konnte gewiß nichts dafür. Kann die Welt etwas dafür, daß sich ein großer Geist in ein schlechtes Kleid versteckt? Rab. Wenn Gellert das dafür wider den Sprachgebrauch theilete, so geschahe es aus dichterischer Freyheit. Was kann denn ich für das, was selbst die Liebe thut? Gell.

Anm. 1. Der Imperativ und das Mittelwort der gegenwärtigen Zeit sind von diesem Zeitworte nicht üblich. Der erstere ist wider Natur der Sache, weil man niemanden befehlen kann, kein Hinderniß zu haben. Die Wortfügung mit dem Infinitiv, und die Verwandelung des gekonnt in den Infinitiv, wenn ein anderer Infinitiv dabey ist, hat es mit den Zeitwörtern helfen, sehen, hören, wollen, sollen, mögen u. s. f. gemein. Indessen wird doch mehrmahls dawider gesündiget. Die warlich nicht gekonnt so sehr betrogen werden, Opitz. für: die nicht so sehr betrogen werden können. Schreiben hätte er doch zum wenigsten gekonnt, Rab. für: er hätte doch zum wenigsten schreiben können. Anm. 2. Oft wird dieses Zeitwort im Infinitiv sehr überflüssig gebraucht, wenn dessen Begriff schon in dem vorher gehenden Ausdrucke liegt. Er ist im Stande etwas dazu beytragen zu können; wo im Stande seyn schon den Begriff des Könnens mit einschließt. Man löse diese Redensart mit daß auf, so fällt das Fehlerhafte sogleich in die Augen. Er ist im Stande, daß er etwas dazu beytragen kann, wird wohl niemand sagen; wohl aber, er ist im Stande, etwas dazu beyzutragen. In andern Fällen ist zwar Tavtologie, aber die ganze Wortfügung ist doch wider die Analogie der Deutschen Sprache, wie in dem von Herrn Recht. Heinze getadelten Beyspiele: der Staat scheint sich einen allgemeinen Nutzen davon versprechen zu können. Herr Heynatz sucht dieser und andern ähnlichen R. A. zwar in seinem 47sten Briefe das Wort zu reden; allein er hat vielleicht nicht bedacht, daß dieses eine Französische Wortfügung ist, welche bloß durch ungeschickte Übersetzer so häufig geworden. Die Deutsche Sprache gebraucht dafür das Bindewort daß. Es scheint, daß sich der Staat einen allgemeinen Nutzen davon versprechen könne. Er versichert, daß er Französisch sprechen könne, für: er versichert Französisch sprechen zu können. Er versicherte, daß er dieses nicht thun dürfe, für: er versicherte, dieß nicht thun zu dürfen.

Anm. 3. Bey dem Notker für wissen chunnen und quunnen, bey dem Willeram kunnon, im Nieders. könen, im Schwed. kunna, im Dän. kunne, im Angels. connan, im Engl. to can. Wahr ist es, daß es in der Bedeutung des Wissens im Deutschen und den verwandten Sprachen am frühesten vorkommt; daß aber diese darum die erste und eigentliche seyn sollte, wie Ihre glaubt, ist nicht wahrscheinlich, weil diejenigen Bedeutungen der Wörter, welche Wirkungen des Geistes bezeichnen, alle Mahl Figuren körperlicher Handlungen sind. ( S. Kennen, welches vermuthlich mit diesem Zeitworte verwandt ist.) Im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - recht machen. In einigen gemeinen Mundarten lautet das Imperf. ich kunnte, und das Mittelw. gekunnt; welches u sich auch in Kunst und dessen Geschlechte erhalten hat.


Kopal (W3) [Adelung]


Der Kopal, des -es, plur. inus. 1) Der Nahme eines weißen, glänzenden und durchsichtigen Gummi, welches aus dem Kopalbaume rinnet, der eine Art des Sumach ist, Rhus Copallium L. und in dem mitternächtigen Amerika wächset. 2) Ein braunes, goldgelbes, zuweilen auch weißes Erdharz, welches in der Gestalt und Schwere dem Bernstein gleicht, bey dem Drechseln aber weicher ist. Es ist elektrisch, brennet mit einem schwarzen Dampfe, und hinterlässet ein schwarzes leichtes Überbleibsel. Es wird im Sande in der Provinz Benin an der Küste Guinea gefunden, und von den Lackierern zu dem Kopalfirnisse gebraucht. Es ist ein Mexikanisches Wort, welches wohl riechendes Harz überhaupt bedeutet.


Kopeke (W3) [Adelung]


Die Kopeke, plur. die -n, eine Russische Scheidemünze, welche nach unserm Gelde 3 3/4 Pfennig gilt, und so wohl in Silber, als in Kupfer geschlagen wird. Hundert Kopeken machen einen Rubel.


Körper (W3) [Adelung]


Der Körper, des -s, plur. ut nom. sing. die Art und Weise zu weben, wo der Eintrag über einige Fäden des Aufzuges lieget; welche Art zu wirken auch gezogene Arbeit genannt wird. Ein Zeug, welcher einen Körper hat. Daher das Zeitwort köpern, ein solches Gewebe machen. Geköperte Zeuge, dergleichen der Rasch ist. Geköpertes Tuch, geköperter Flanell, leinenes Zeug, Taffet u. s. f. Nach dem Frisch stammet es von dem Holländ. Keper, ein Winkelhaken, und kepern, nach dem Winkelhaken, nach der Schnur verfertigen, daher er es wider die Aussprache auch Keper geschrieben haben wollte. Im Schwed. bedeutet Koppa, und im Plural Kuppar, die Pocken, Blattern.


Kopf (W3) [Adelung]


1. Der "Kopf", des -es, plur. die Köpfe, Diminut. das Köpfchen, Oberd. Köpflein, ein Wort, welches überhaupt, ein "vertieftes Gefäß" bedeutet, aber nur noch in einigen Fällen üblich ist.

1) Die "Ober-Tasse" wird in Ober- und Niederdeutschland ein "Köpfchen" genannt. Das "Kaffehköpfchen", die "Ober-Tasse" einer Theeschale. Das "Kaffehköpfchen". Nieders. "Kopjen", "Kopken", Holländ. "Kop", welche auch überhaupt von einer kleinen tiefen Schüssel, von einem Näpfchen gebraucht werden.

2) Die Köpfe, Schröpfköpfe oder Laßköpfe der Bader sind kleine cylindrische Gefäße von Glas oder Messing, welche man über dem Licht erwärmet, um die Luft in denselben auszudehnen, worauf man sie geschwinde über die Stelle deckt, wo man die Haut eingehacket hat, da sie denn das Blut an sich ziehen. Köpfe setzen, schröpfen. Sich Köpfe setzen lassen. Nieders. "Kopp", Engl. "Cup", im mittlern Lat. "Cufa", "Cuphia", "Scupha", im mittlern Griech. "???". Im Schwedischen ist "koppa" "Köpfe setzen", und im Niedersächsischen "Koppfetter" ein "Bader".

3) Ein "Becher"; in welcher Bedeutung es nur in einigen Oberdeutschen Gegenden üblich ist. Darnach soll der König in Peheim uff einen Pferd kommen, und soll kriegen ein silbern Kopf von zwölf Mark Silbers mit Wyn, in der goldnen Bulle. Da ist ein Hafen, da ist ein güldin Kof edler dann der Hafen. Der Kopf ist us Gold gemacht u. s. f. Kaisersberg bey dem Frisch. Am häufigsten ist es noch so wohl im Ober- als Nieder-Deutschen von einem gewissen Maße so wohl flüssiger als trockner Dinge, welches aber nicht überall von gleichem Gehalt ist. Es lautet als alsdann in einigen Gegenden auch "Köpf" und "Küpf". In Zürch hält ein "Kopf" flüssiger Dinge 2 Maß, 4 Quärtle und 8 Stotzen; 8 Köpfe aber machen ein Viertel und 32 einen Eimer. In Österreich hat 1 "Köpf" 2/5 Seidel, und 1 2/3 Köpfe machen daselbst ein Maß. In Regensburg hält ein "Köpf" zwey Seidel. In Aachen, Basel und Holland ist es ein Maß trockner Dinge. In Aachen machen 4 Köpfe ein Faß, und 24 Köpfe ein "Malter" Getreide. In Basel hält ein Küpflein zwey Becher; 4 Küpflein aber machen einen Scheffel oder eine Müdde, 32 aber einen Sack Getreide. In Holland gehen 32 Kopf auf einen Scheffel.

Anm. In der Bedeutung eines Bechers oder Trinkgeschirres schon in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter "Koffe", im Schwed. "Kopp" und "Kappe", im Ital. "Coppa", im Franz. "Couppe", im mittlern Lat. "Cupa", "Cupellus", im Perf. "Cub", "Cobba", im Dalmat und Hungar "Kuppa", im Wallis. "Cup", im Griech. bey dem Hesych. "???". Man siehet hieraus, wie alt dieses Wort ist, welches mit dem Lat. "Scyphus" zu dem zahlreichen Geschlechte dieser Wörter gehöret, welche einen hohlen Raum bedeuten. ( S. "Kaue", "Koben", "Koffer", "Kappe", "Kufe", "Hafen" u. s. f.) Durch Vorsetzung des Zischlautes ist daraus das Oberdeutsche "Schoppen" gebildet. S. auch das folgende.


Kopf (W3) [Adelung]


2. Der Kopf, des -es, plur. die Köpfe, Diminut. das Köpfchen, Oberd. Köpflein. 1. In der weitesten Bedeutung, ein jedes hervor ragendes Ding, in welchem Verstande es nur noch in einigen wenigen Fällen vorkommt. So wird in der Mechanik, der kurze Theil eines Hebels der Kopf genannt, im Gegensatze der Zunge oder des längern Theiles. In dem Hüttenbane heißen die Hebearme oder die kurzen dicken Hölzer an der Welle, welche die Stämpel heben, auch Hebköpfe und Köpfe; wo aber auch wohl zunächst auf das heben gesehen werden kann. Feldköpfe sind im Oberdeutschen kleine Gehölze oder Gebüsche, welche auf dem Felde stehen und sonst auch Feldbüsche genannt werden. In etwas engerer Bedeutung des hervor ragenden Theiles eines Dinges ist der Kopf eines Dinges dessen Gipfel, ( S. Koppe.) Auch an Mark- und Grenzsteinen wird der obere spitzige Theil der Kopf, der dickere untere Theil oder Fuß aber der Beck genannt. 2. In engerer Bedeutung, der runde oberste Theil eines Dinges. Der Kopf einer Stecknadel, welcher auch der Kopf genannt wird. Der Distelkopf, Mohnkopf, wegen ihrer runden Gestalt. Die Köpfchen an einigen Mosarten. Der Kopf eines Nagels. Der Kopf an einem Stücke Geschütz, der vordere erhabene Theil an der Mündung. Der Kopf an einer Tobakspfeife, der Pfeifenkopf; wo aber auch die Bedeutung eines hohlen Gefäßes Statt findet, ( S. 1. Kopf.) Bey den Perruckenmachern führen die Wurzeln der Haare, welche sonst Kolben heißen, den Nahmen der Köpfe; hundert anderer Fälle zu geschweigen. 3. In der engsten Bedeutung, der gemeiniglich runde oder rundliche oberste Theil eines thierischen Körpers. Einem Ochsen den Kopf abhauen, ihn vor den Kopf schlagen. Einer Taube den Kopf eindrücken. Besonders des menschlichen Körpers. 1) Eigentlich, wo dieses Wort in der vertraulichen Sprechart am üblichsten ist, und besonders von solchen Personen gebraucht wird, welchen man keine vorzügliche Achtung schuldig zu seyn glaubt; dagegen in den entgegen gesetzten Fällen Haupt üblicher ist. Der Kopf thut mir weh, schmerzet mir. Das Wasser schlug ihm über dem Kopfe zusammen. Die Hände über den Kopf zusammen schlagen, ein Zeichen der Verzweiflung.. Mit bloßem Kopfe da stehen, mit unbedecktem Kopfe. Er ist einen ganzen Kopfe kleiner als du. Jemanden den Kopf vor die Füße legen, ihn enthaupten. Den Kopf hängen, zum Zeichen der Traurigkeit, der Muthlosigkeit, siehe Kopfhänger. Den Kopf schütteln, zum Zeichen der Mißbilligung, der Verneinung. Sich den Kopf zurechte machen, den Kopfputz. Daher so viele figürliche Redensarten, welche doch größten Theils nur in der vertraulichen Sprechart üblich sind. Über Hals und Kopf, in der größten Geschwindigkeit und Unordnung. Jemanden vor den Kopf stoßen, ihn beleidigen; doch nur von Beleidigungen geringerer Art. Jemanden bey dem Kopfe nehmen lassen, ihn in Verhaft nehmen lassen. Den Kopf aus der Schlinge ziehen, sich aus einer gefährlichen oder bedenklichen Sache heraus wickeln. Jemanden den Kopf biethen, ihm Widerstand leisten. Überall mit dem Kopfe durch wollen, alles mit Gewalt durchsetzen wollen. Jemanden etwas auf den Kopf Schuld geben, gerade zu, ohne alle Umschweife. Einem das Haus über dem Kopfe anstecken, eine pleonastische R. A. Einem zu Kopfe wachsen, ihm über den Kopf wachsen, eigentlich von Kindern, welche der Zucht ihrer Vorgesetzten entwachsen. Stand er etwa da, als wenn er vor den Kopf geschlagen wäre; Less. Und wenn ihr euch auf den Kopf setzet, sollt ihr sie nicht sehen, Weiße. Es lernte Jost ohn Unterlaß, Daß ihm der Kopf fast rauchte, Haged. Es ist schwer, viele Köpfe unter Einen Hut zu bringen, viele Personen Eines Sinnes zu machen. Der Scham den Kopf abgebissen haben, Fertigkeit besitzen, keine Scham mehr zu empfinden. Einem den Kopf waschen, ihm einen derben Verweis geben. Sie haben sich die Köpfe in den Niederlanden wacker gewaschen, Less. sich geschlagen, Franz. Laver la tete a quelqu'un; entweder von dem waschen des Kopfes in den Bädern, oder auch von dem Waschen der Köpfe der Kinder vor der Firmelung in der Römischen Kirche, welches ehedem am Palmsonntage geschahe, der daher auch Capitilavium genannt wurde, welches Wort im mittlern Lat. gleichfalls von einem bittern Beweise gebraucht wird. Besonders so fern der Kopf der Sitz der Erkenntniß- und Begehrungsvermögens ist. Er weiß nicht, wo ihm der Kopf stehet, er ist sich seiner selbst fast nicht bewußt. Der Wein steigt in den Kopf, nimmt den Kopf ein, wenn er den Gebrauch des Verstandes hindert. Jemanden den Kopf zurechte rücken oder setzen, ihn durch Ernst auf bessere Gedanken bringen. Im Kopfe nicht richtig seyn, im Kopfe verrückt seyn, des gesunden Verstandes beraubt seyn. Mit dem Kopfe arbeiten, durch Nachdenken. Ich habe den Kopf so voll, daß ich unmöglich auf alles denken kann, habe so viele Dinge zu bedenken. Sich etwas in den Kopf setzen, den festen Vorsatz haben, darauf zu beharren. Ich weiß nicht, wer ihr den wunderlichen Gedanken von der Freyheit in den Kopf gesetzt hat, Gell. Der Kopf stehet ihm nicht recht, er ist übel aufgeräumet. Auf seinem Kopfe bestehen, seine Meinung hartnäckig vertheidigen, hartnäckig bey einem Vorsatze bleiben. Komme ich einmahl auf meinen Kopf, setze ich es mir einmahl hartnäckig vor. Mache mir den Kopf nicht warm, mache mich nicht ungeduldig, zornig. 2) Figürlich. (a) Die Gedanken, Vorstellungen. Das gehet mir in dem Kopfe herum, macht mir allerley Gedanken, Sorgen. Ich kann diese Sache nicht wieder aus dem Kopfe bringen. Schlagen sie sich die Sache aus dem Kopfe. (b) Das Gedächtnis. Aus dem Kopfe reden, schreiben. Etwas aus dem Kopfe hersagen. Ein Bild aus dem Kopfe zeichnen. Das habe ich schon im Kopfe, habe ich schon behalten, gemerket. (c) Die gesammte Fähigkeit etwas zu begreifen und einzusehen, das bestimmte Verhältniß der erkennenden Seelenkräfte. Einen guten, gelehrigen, offenen Kopf haben. Einen harten, schweren Kopf haben, etwas nicht begreifen können. Ein glücklicher Kopf für die Dichtkunst. Nach seinem Kopfe leben, nach seinen Einsichten, nach seinem Gutdünken. Bey jedem Gegenstande unserer Leidenschaften wird zuletzt der Kopf stumpf, Zimmerm. Was die Gefühle des Herzens mehr als den kalten Beyfall des Kopfes interessiret. Er hat Kopf, sagt man im engerm Verstande von jemanden, bey welchem sich ein glückliches Verhältniß der obern Erkenntnißkräfte gegen die untern befindet. ( S. Genie.) Kopf für die Dichtkunst, für dir Musik u. s. f. haben, natürliches Geschick. (d) Die Gemüthsart, die Gesinnung. Einen wunderlichen Kopf haben. Sich nach eines andern Kopfe richten. Ein Starrkopf, ein unbiegsamer, harter Mensch. (e) Das Leben, in einigen R. A. zunächst freilich als eine Anspielung auf die Strafe des Schwertes, zuweilen aber auch ohne dieselbe. Das wird die den Kopf kosten. Darauf stehet der Kopf, die Strafe des Schwertes, und in weiterer Bedeutung die Lebensstrafe. Es wird ja den Kopf nicht kosten. Auf seinem Kopf stehet eine Belohnung. (f) Ein mit einem Kopfe begabtes Geschöpf; wo es von Thieren nicht üblich ist, indem von denselben Haupt gebraucht wird, wohl aber zuweilen von Menschen, für Person. Die Compagnie besteht aus hundert Köpfen, aus hundert Mann. Es sind viele unruhige Köpfe in der Gesellschaft. Viel Köpfe viel Sinne. Besonders in Ansehung des Erkenntniß- und Begehrungsvermögens. Ein seltsamer, wunderlicher Kopf, ein Mensch von einer seltsamen, wunderlicher Gemüthsart. Ein lustiger Kopf. Durch die Nachlässigkeit der Lehrer werden oft die besten Köpfe versäumt, Leute von den besten Fähigkeiten. Gemeine Köpfe sind die beste Gesellschaft für schlechte Köpfe, Zimmerm. Ein dichterischer Kopf, eine Person, welche Fähigkeit für die Dichtkunst hat.

Anm. In der zweyten Hauptbedeutung im Nieders. Kop, im Ital. Capo, im Lat. Caput, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welche alle mit Kopf aus einer Quelle herstammen. Der Begriff der Hervorragung, besonders aber der Ründe, ist in allen der herrschende; und dieser Begriff der Ründe ist vermuthlich auch die Ursache, warum Kopf in manchen Fällen unedler ist, als Haupt, welches von heben, erheben, abstammet, und folglich einen edlern Nebenbegriff hat. Da diejenigen Wörter, welche eine Hervorragung bedeuten, auch alle Mahl ursprünglich eine Vertiefung bezeichnen, so gehöret auch Kopf in der Bedeutung eines Gefäßes hierher, so wie das Lat. Gibbus, die Deutschen Giebel, Gipfel, Hübel, Schopf, Zopf, und hundert andere mehr. S. auch Koppe und Kuppe.


Kopfader (W3) [Adelung]


Die Kopfader, die Kopfarzeney, der Kopfbalsam, siehe in Haupt -


Kopfarbeit (W3) [Adelung]


Die Kopfarbeit, plur. die -en, diejenige Arbeit, welche vornehmlich mit dem Kopfe verrichtet wird, vornehmlich im Nachdenken bestehet, zum Unterschiede von der Handarbeit.


Kopfband (W3) [Adelung]


Das Kopfband, des -es, plur. die -bänder, ein Band um den Kopf, zur Zierde des Kopfes.


Kopfbinde (W3) [Adelung]


Die Kopfbinde, S. Hauptbinde.


Kopfbrechen (W3) [Adelung]


Das Kopfbrechen, des -s, plur. inus. das Zerbrechen des Kopfes, d. i. Die Anstrengung der Kraft des Nachdenkens. Diese Untersuchung hat ihm viel Kopfbrechen gekostet.


Kopfbrecher (W3) [Adelung]


Der Kopfbrecher, S. Hirnbrecher.


Kopfbürste (W3) [Adelung]


Die Kopfbürste, plur. die -n, eine Bürste, die Haare des Kopfes damit auszustreichen, die Haarbürste. Ingleichen ein Busch über sich stehender Borsten auf dem Kopfe der Pferde, zur Zierde.


Kopfdrüse (W3) [Adelung]


Die Kopfdrüse, S. Hauptdrüse.


Köpfen (W3) [Adelung]


Köpfen, verb. reg. welches auf doppelte Art gebraucht wird. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, Köpfe bekommen, wo es besonders von dem Hopfen gebraucht wird, wenn dessen Köpfe anfangen zu reifen. 2. Als Activum. 1) Der Koppe berauben, besonders in der Landwirthschaft, wo die Weiden geköpfet werden, wenn man ihnen die oben um den Stamm herum stehenden Zweige abhauet, welches an andern Orten koppen heißt. Im Tobaksbaue wird der Tobak geköpfet, wenn man den Herzroll desselben ausbricht, damit sich der Gast allein in die Blätter verbreite. 2) Schröpfköpfe setzen, im gemeinen Leben, wo es in einigen Gegenden auch köpfeln lautet. Jemanden köpfen. 3) Des Kopfes mit dem Schwerte berauben, wo es im gemeinen Leben für das anständigere enthaupten üblich ist, aber nur von der gerichtlichen Hinrichtung mit dem Schwerte oder Beile gebraucht wird.


Kopf-Essenz (W3) [Adelung]


Die Kopf-Essenz, S. Haupt-Essenz.


Kopffach (W3) [Adelung]


Das Kopffach, des -es, plur. die -e, bey den Hutmachern, diejenigen Stücke des gefachten Überzuges, woraus der Kopf des Hutes verfertigt wird, Franz. le Pointu; zum Unterschiede von den Kandfachen.


Kopffieber (W3) [Adelung]


Das Kopffieber, des -s, plur. inus. S. Hirnwuth.


Kopffluß (W3) [Adelung]


Der Kopffluß, S. Hauptfluß.


Kopffries (W3) [Adelung]


Der Kopffries, des -es, plur. die -e, die Friese oder Zierathen an dem Kopfe oder der Mündung einer Kanone.


Kopfgeld (W3) [Adelung]


Das Kopfgeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er; im gemeinen Leben, diejenige Abgabe an die Obrigkeit, welche auf die Köpfe, d. i. Personen gelegt wird, welche jede Person nach dem Verhältnisse ihres Standes entrichtet, die Kopfsteuer, in der anständigen Sprechart die Perso- nensteuer, das Personengeld, im Oberdeutschen das Hauptgeld, Hauptzins, Hauptsteuer, Kopfschatz, in Dänemark der Volk- und Familienschatz in Baiern Leibgeld, Leibpfennig; zum Unterschiede von der Vermögenssteuer, Erwerbsteuer, Accise, Grundsteuer u. s. f. Im mittlern Lat. Capitale, Capitaneum, Capitaneus census, Capitalitium, Capitagium, Capitaticum, Capitatio, Census capitis u. s. f.


Kopfgestell (W3) [Adelung]


Das Kopfgestell, S. Hauptgestell.


Kopfgrind (W3) [Adelung]


Der Kopfgrind, des -es, plur. inus. Der Grind auf dem Kopfe; der Hauptgrind.


Kopfhaar (W3) [Adelung]


Das Kopfhaar, S. Haupthaar.


Kopfhänger (W3) [Adelung]


Der Kopfhänger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kopfhängerinn, eine Person, welche aus übel verstandener Frömmigkeit den Kopf hangen lässet, und in engerer Bedeutung ein Heuchler in der Religion. Im Nieders. Fimeler.


Kopfhängerey (W3) [Adelung]


Die Kopfhängerey, plur. die -en, das Betragen eines Kopfhängers, übertriebene und heuchlerische Vermeidung alles Vergnügens und aller Heiterkeit des Gemüthes; Nieders. Fimelije, Geh, geh mit deinen Kopfhängereyen, Weiße.


Kopfholz (W3) [Adelung]


Das Kopfholz, des -es, plur. inus. bey den Köhlern, das schwächste Holz, welches oben auf den Meiler kommt, und aus den Kopfklöppeln bey einem Klöppelmeiler, aus den Kopfscheiten aber bey einem Scheitelmeiler bestehet.


Köpfig (W3) [Adelung]


Köpfig, adj. et adv. welches nur allein in den Zusammensetzungen zweyköpfig, dreyköpfig u. s. f. großköpfig, dickköpfig u. s. f. üblich ist, zwey, drey Köpfe habend, einen großen, dicken Kopf habend.


Köpfisch (W3) [Adelung]


* Köpfisch, -er, -te, adj. et adv. in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens, seinen eigenen Kopf habend, d. i. eigensinnig, starrköpfig seyn; Nieders. koppig, koppsk, wo auch Koppigheit und Koppskheit Eigensinn ist. Im mittlern Lat. capitofus.


Kopfjoch (W3) [Adelung]


Das Kopfjoch, des -es, plur. die -e in der Landwirthschaft, ein Joch, welches den Zugochsen vor dem Kopfe befestiget wird, zum Unterschiede von dem Halsjoche.


Kopfklippel (W3) [Adelung]


Der Kopfklippel, oder Kopfklöppel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kopfholz.


Kopfkohl (W3) [Adelung]


Der Kopfkohl, des -es, plur. inus. diejenige Art des Kohles, welche sich in Köpfe oder Häupter schließet, im Oberd. Hauptkohl; im Gegensatze des Blatt- oder Blätterkohles. Brassica capitata Bauh. Der weiße, welcher auch Weißkraut oder weißer Kohl genannt wird, ist der gemeinste. Man hat aber auch grünen und rothen. Der weiße heißt im gemeinen Leben auch Capiskraut, Kappiskraut, Kappis, Kappiskohl, Holländ. Kabuys Koole, aus dem Franz. Cabus, oder Ital. Capuzzo; im mittlern Lat. Gabusia, im Engl. Cabbage, im Slavon. Kapusta. Alle aus dem Lat. Caput. Daher der Kappissamen oder Kappsamen, der Samen des Kopfkohles. An einigen Orten wird er Capuciner-Kohl genannt, vielleicht aus dem übel verstandenen Ital. Capuzzo. Im Nieders. Kumskohl, vermuthlich weil er gemeiniglich zu Komst und Sauerkraut eingemacht wird. S. Komst.


Kopfkrankheit (W3) [Adelung]


Die Kopfkrankheit, S. Hauptkrankheit.


Kopfküssen (W3) [Adelung]


Das Kopfküssen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Küssen unter den Kopf; in der anständigen Schreibart das Hauptküssen. Im mittlern Lat. Capitale.


Kopflaus (W3) [Adelung]


Die Kopflaus, plur. die -läuse, diejenige Art Läuse, welche auf den menschlichen Köpfen wohnet, zum Unterschiede von andern Arten.


Kopfnicken (W3) [Adelung]


Das Kopfnicken, des -s, plur. inus. das Nicken mit dem Kopfe, zum Zeichen des Beyfalles oder der Bejahung. Mit einem Kopfnicken antworten. Auch so fern es eine Art des Grußes oder des Gegengrußes unter geringern Personen, ingleichen Höherer gegen sehr geringe Personen ist. Eine Verbeugung mit einem Kopfnicken erwiedern.


Kopfnuß (W3) [Adelung]


Die Kopfnuß, plur. die -nüsse, in den niedrigen Sprecharten, eine figürliche Benennung eines Stoßes an den Kopf. Es setzt Kopfnüsse, Stöße oder Schläge an den Kopf.


Kopfputz (W3) [Adelung]


Der Kopfputz, des -es, plur. inus. der Putz des Kopfes; in der höhern Schreibart der Hauptschmuck. Auch als ein Collectivum, alles was zum Putze des Kopfes gehöret.


Kopfreißer (W3) [Adelung]


Der Kopfreißer, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut nom. sing. eine im gemeinen Leben übliche Benennung eines jungen oder geschwefelten ungesunden Weines, welcher Kopfschmerzen verursacht; im Oberdeutschen Hirnbrecher, Franz. Casse-tete.


Kopfrennen (W3) [Adelung]


Das Kopfrennen, des -s, plur. inus. ein Ritterspiel zu Pferde, wo mit der Lanze, dem Wurfpfeile oder dem Säbel nach einem hölzernen Türken- oder Mohrenkopfe gerennet wird.


Kopfsalat (W3) [Adelung]


Der Kopfsalat, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, Salat, welcher sich in Häupter schließet, im Oberd. Hauptsalat, Häuptellattich, Lactuca capitata L. zum Unterschiede von dem krausen Salate.


Kopfsalbe (W3) [Adelung]


Die Kopfsalbe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, eine jede Salbe, welche wider allerley Beschwerden des Kopfes gebraucht wird. S. Alabastersalbe.


Kopfschatz (W3) [Adelung]


Der Kopfschatz, des -es, plur. inus. S. Kopfgeld.


Kopfscheu (W3) [Adelung]


Kopfscheu, -er, -este, adj. et adv. eigentlich von Thieren, und besonders von Pferden, welche sich nicht gern bey dem Kopfe angreifen lassen. Ein kopfscheues Pferd. Im Nieders. bedeutet es figürlich auch gewitziget, durch Schaden klug geworden.


Kopfschmerzen (W3) [Adelung]


Der Kopfschmerzen, des -s, plur. ut nom. sing. Schmerzen am Kopfe oder im Kopfe; das Kopfweh, in der anständigern Sprechart Hauptschmerzen, Hauptweh. Es wird am häufigsten im Plural gebraucht. Kopfschmerzen haben. Jemanden die Kopfschmerzen vertreiben. Nieders. Koppköle, Koppien.


Kopfschmuck (W3) [Adelung]


Der Kopfschmuck, des -es, plur. die -e, S. Kopfputz.


Kopfschraube (W3) [Adelung]


Die Kopfschraube, plur. die -n, eine Schraube mit einem Kopfe.


Kopfseite (W3) [Adelung]


Die Kopfseite, plur. die -n, S. Hauptseite.


Kopfstein (W3) [Adelung]


Der Kopfstein, des -es, plur. die -e, bey den Mäurern, Steine, welche vor den andern hervor stehen, und auch Kragsteine genannt werden.


Kopfsteuer (W3) [Adelung]


Die Kopfsteuer, plur. doch nur von mehrern Summen, die -n, S. Kopfgeld.


Kopfstimme (W3) [Adelung]


Die Kopfstimme, plur. inus. in der Singekunst, die mit der Falset- oder Fistelstimme verbundene Bruststimme.


Kopfstück (W3) [Adelung]


Das Kopfstück, des -es, plur. die -e. 1) Ein Stück von dem Kopfe. Das Kopfstück von einem Fische. 2) Eine Art einheimischer und ausländischen Silbermünzen, von verschiedenem Werthe zwischen 4 und 6 Groschen. In Böhmen gilt ein Kopfstück 20 Kreuzer, oder 5 Gr. 4 Pf. Convent Geld; in Bremen 12 Grot oder 4 Groschen; in Dänemark 20 Schilling courant, oder 5 Gr. 10 Pf In Nürnberg machen 3 Kopfstücke einen Gulden, 4 1/2 aber einen Thaler. In Frankfurt am Main hält es 5 Batzen, 10 Albus, oder 80 Pfennige. Man hat auch Englische und Spanische Kopfstücke, welche im Reiche 20 Kreuzer oder 5 Gr. 4 Pf. Meißnischer Währung gelten. Sie haben den Nahmen von dem darauf geprägten Kopfe des Landesherren. In Frankreich wurden sie zuerst unter Ludwig XII. im Jahre 1513 geschlagen, und Gros Testons, und im Lat. Testones, Grossi Capitones genannt. Sie galten anfänglich 10, unter Franz II. aber schon 12 Sols.


Kopfwassersucht (W3) [Adelung]


Die Kopfwassersucht, plur. inus. eine Krankheit, welche am häufigsten die Kinder befällt, da der Kopf von dem angehäuften Wasser unnatürlich anwächset, die übrigen Theile des Leibes aber aufhören zu wachsen, und schwinden; Hydrocephalus, der Wasserkopf.


Kopfweh (W3) [Adelung]


Das Kopfweh, des -es, plur. inus. S. Kopfscherzen.


Kopfweide (W3) [Adelung]


Die Kopfweide, plur. die -n, ein Nahme der gemeinen weißen Weide, Salix alba L. weil sie alle drey oder vier Jahre geköpfet oder gekoppet wird; daher sie auch Kolbweide und in Niedersachsen Pottweide heißt.


Kopfwunde (W3) [Adelung]


Die Kopfwunde, S. Hauptwunde.


Kopfwuth (W3) [Adelung]


Die Kopfwuth, plur. inus. S. Hirnwuth.


Kopfzeug (W3) [Adelung]


Das Kopfzeug, des -es, plur. die -e, eine gesteckte Haube des andern Geschlechtes, eine zierliche Haube.


Kopp (W3) [Adelung]


Der Kopp, des -es, plur. die -e, oder die Koppe, plur. die -n, ein eßbarer Fisch im Oberdeutschen, ( S. Kaulhaupt.)


Koppel (W3) [Adelung]


Die Koppel, plur. die -n. 1) Ein Band, besonders so fern es dazu dienet, ein Ding damit zu befestigen, doch nur in einigen einzelnen Fällen, wo es im gemeinen und in gröbern Sprecharten auch Kuppel lautet. Bey den Jägern werden zwey mit einer Kette zusammen gehängte Jagdhalsbänder, damit zwey Jagdhunde darin neben einander gehen können, eine Koppel genannt. Die Hund zur Koppel zusammen rufen, sie durch den Laut des Hornes zusammen rufen, damit man ihnen die Koppel anlegen könne. Es wird in dieser Bedeutung nur von den Jagd- und Rüdenhunden gebraucht. Bey den Leithunden heißt es das Hängeseil, bey den Schweißhunden das Seil oder der Fangestrick, bey den Windhunden aber der Strick oder der Hetzriemen. Der lederne Riemen, woran man den Degen träget, das Degengehenk, ist gleichfalls unter diesem Nahmen bekannt, wo es aber gemeiniglich ungewissen Geschlechtes ist, das Koppel, das Degenkoppel. In Niedersachsen hingegen gebraucht man es im männlichen, der Koppel. 2) Eine Anzahl mehrerer mit einander verbundener Dinge; gleichfalls nur in einigen Fällen. Eine Koppel Hunde, bey den Jägern, zwei vermittelst der Koppel mit einander verbundene Jagd- oder Rüdenhunde. Eine Koppel Pferde, im Pferdehandel, eine unbestimmte Anzahl an einander gekoppelter Pferde. Im Niedersächsischen ist eine Koppel Leute, im männlichen Geschlechte, ein Haufen mehrerer versammelter Leute. 3) Ein Revier, an welchem mehrere Personen gleiches Recht haben; besonders, so fern sie gleiches Recht haben, darin zu jagen, zu fischen und ihr Vieh darauf zu weiden. ( S. Koppelfischerey, Koppelhuth, Koppeljagd u. s. f.) Gränzraine, auf welchen die Einwohner beyder angränzenden Dörfer ihr Vieh weiden können, werden in Thüringen Koppeln, oder Koppelraine genannt. 4) Ein eingefriedigtes Stück Feld von mittelmäßiger Größe, besonders im Niedersächsischen, wo ein jeder eingezäunter Platz von mittlerer Größe, welcher kein Garten ist, eine Koppel genannt wird, er diene nur zum Feldbaue, oder zur Weide, oder auch zum Anfluge des Holzes.

Anm. In der ersten und zweyten Bedeutung im Dän. Kobbel, im Schwed. Koppel, im Wallis. Cwpl, im Engl. und Franz. Couple, im Ital. Coppia, im Lat. Copula. Ohne Zweifel nicht von dem letztern Lateinischen Worte, sondern mit demselben aus einer und eben derselben ältern Quelle. Die Ableitungssylbe -el bezeichnet ein Werkzeug. Koppel ist also ein Werkzeug, etwas damit zu fassen, damit zu verbinden, damit zu haben oder zu heften, Lat. capere, wie Fessel von fassen. Schon im Hebr. bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein Fessel, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - binden. S. 2. Kabel. In der letzten 4ten Bedeutung liegt gleichfalls der Begriff der Einfassung zum Grunde; da denn die Ableitungssylbe nicht so wohl ein Werkzeug, als vielmehr das Ding selbst bedeutet, von welchem etwas gesagt wird. S. Koppeln 2.


Koppelfischerey (W3) [Adelung]


Die Koppelfischerey, plur. die -en, diejenige Fischerey, an welcher mehrere gleiches Recht haben, und das Fischwasser dieser Art. S. Koppel 3.


Koppelgenoß (W3) [Adelung]


Der Koppelgenoß, des -ssen, die -ssen, diejenigen, welche an einer Koppel, d. i. an einem gemeinschaftlichen Reviere, gleiches Recht haben. S. Koppel 3.


Koppelgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Koppelgerechtigkeit, plur. inus. das Recht der gemeinschaftlichen Nutzung eines Revieres. S. Koppel 3.


Koppelhuth (W3) [Adelung]


Die Koppelhuth, plur. die -en. 1) Das Recht der gemeinschaftlichen Huth oder Weide; ohne Plural. 2) Derjenige Ort, wo mehrere das Recht haben, ihr Vieh gemeinschaftlich weiden oder hüthen zu lassen. In beyden Fällen auch die Koppeltrift, die Koppelweide, die Gemeintrift, Gemeinweide, der Mittrieb, im Osnabrück. die Jahrweide.


Koppeljagd (W3) [Adelung]


Die Koppeljagd, plur. inus. die gemeinschaftliche Jagd mehrerer in einem Reviere, und das Recht dazu.


Koppeln (W3) [Adelung]


Koppeln, verb. reg. act. 1) Mit einer Koppel, d. i. einem Bande befestigen, verbinden; nur noch in einigen einzelnen Fällen. Die Jagdhunde zusammen Koppeln. Pferde zusammen koppeln, sie mit Stricken in gewisser Weite hinter einander binden, so daß des vordersten Pferdes Schweif an des hintern Halfter gebunden ist. Wehe denen, die sich zusammen koppeln mit losen Stricken, Unrecht zu thun, Es. 5, 18. Im figürlichen Verstande ist dafür kuppeln üblicher, S. dasselbe. 2) Einfriedigen, mit einem Zaune umgeben; doch nur im Niedersächsischen. Ein Stück Feld einkoppeln. S. Koppel 4. Daher die Koppelung. S. Koppel.


Koppelriemen (W3) [Adelung]


Der Koppelriemen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, der lederne Riemen, womit die Jagd- und Rüdenhunde zusammen gekoppelt werden.


Koppeltrift (W3) [Adelung]


Die Koppeltrift, plur. die -en, S. Koppelhuth.


Koppelweide (W3) [Adelung]


Die Koppelweide, plur. die -n, S. eben daselbst.


Koppen (W3) [Adelung]


1. Koppen, verb. reg. act. der Koppe, d. i. des Gipfels, berauben; wo es besonders in der Landwirthschaft von Bäumen gebraucht wird. Die Bäume koppen, ihnen den Gipfel abhauen, welches auch köpfen genannt wird. In andern Fällen ist dafür kappen üblicher, S. dasselbe.


Koppen (W3) [Adelung]


2. Koppen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches im gemeinen Leben von dem lauten Aufstoßen der Speisen aus dem Magen, für das niedrigere grölzen oder rülpsen gebraucht wird, und eine Nachahmung des dadurch verursachten Schalles ist. Koppen wird alsdann so wohl von den Speisen gesagt, welche aufstoßen, als auch von der Person, welcher es aufstößet. In engerer Bedeutung koppen die Pferde, wenn sie aus einer übeln Gewohnheit die Vorderzähne auf die Krippe oder einen andern Gegenstand fest setzen, und die Luft mit einer gewissen Heftigkeit einschlucken und wieder von sich stoßen; dergleichen Pferde daher auch Kopper, Krippenbeißer, Bärnbeißer Barngrolzer genannt werden. S. diese Wörter, ingleichen Aufsetzen.


Koppriemen (W3) [Adelung]


Der Koppriemen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Riemen, womit man den Pferden, welche sich das Koppen angewöhnet haben den Hals gleich am Kopfe zuziehet, daß sie nur noch Athem hohlen, nicht aber koppen können.


Koralle (W3) [Adelung]


Die Koralle, plur. die -n, eine steinartige ästige Masse in Gestalt eines Baumes, welche auf dem Grunde des Meeres angetroffen wird, und von kleinen Würmern herrühret, welche selbige als ihre Wohnung bauen. Sie ist von weißer oder rother Farbe. Man drehet unter andern kleine Kugeln daraus, welche so wohl zu Pater-Nostern gebraucht, als auch zur Zierde um den Hals getragen werden, und gleichfalls Korallen heißen. Daher bey gemeinen Leben alle runde Kügelchen, welche an Schnüre gereihet und um den Hals getragen werden, Korallen heißen. Will man nur die Materie bezeichnen, so gebraucht man dieses Wort auch im Plural, Korallen. Rothe Korallen, weiße Korallen. Der Korallenzinken, der Ast solchen Korallenbaumes. Korallen fischen, sie vermittelst einer Art von Netz aus der See hohlen. Der Nahme ist aus dem Griech. und Lat. Corallium.


Korall-Achat (W3) [Adelung]


Der Korall-Achat, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein schöner bunter Achat mit rothen, den Korallen ähnlichen Flecken; der Korallenstein.


Korallenbaum (W3) [Adelung]


Der Korallenbaum, des -es, plur. die -bäume. 1) Mehrere in Gestalt eines Baumes zusammen hängende Korallenzinken, so wie sie auf dem Grunde des Meeres erzeuget werden. 2) Ein in beyden Indien befindlicher Baum, welcher eine Art der Korallenpflanze ist, und eine rothe glänzende Frucht hat, welche den rothen Korallen gleicht; Erythrina Corallodendrum L.


Korallenblume (W3) [Adelung]


Die Korallenblume, plur. die -n, bey den ältern Naturkundigen, als man noch die Korallen für eine Tierpflanze hielt, die runden, in gewisse regelmäßige Zellen oder Höhlen getheilten Enden der Korallenzinken oder Äste; die Korallenblühte. Weil man sie für die Blüthe dieser Pflanze hielt.


Korallendrechsler (W3) [Adelung]


Der Korallendrechsler, des -s, plur. ut nom. sing. an denjenigen Orten, wo Korallen gefischet werden, besondere Drechsler, welche allerley künstliche Arbeiten aus den Korallen verfertigen.


Korallenerz (W3) [Adelung]


Das Korallenerz, des -es, plur. inus. in den Quecksilberbergwerken zu Idria, ein unreines Quecksilbererz, welches in erhabenen schiefrigen Knöpfen bestehet, welche zuweilen in einem schwarzen und fast tauben Gesteine angetroffen werden. Ohne Zweifel von der runden Gestalt.


Korallenfischer (W3) [Adelung]


Der Korallenfischer, des -s, plur. ut nom. sing. an den Küsten des mittelländischen Meeres, Leute, welche ein eigenes Geschäft daraus machen, Korallen zu fischen, d. i. sie mit einer Art von Netzen aus dem Meere zu ziehen. Daher die Korallenfischerey, plur. des -en, so wohl die Handlung, als auch das Recht, ingleichen der Ort, wo Korallen gefischet werden.


Korallengeyer (W3) [Adelung]


Der Korallengeyer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art rother in den warmen Ländern befindlicher Reiher, dessen rothe Farbe der Farbe der rothen Korallen gleich kommt; Ardea Porphyrio Klein.


Korallenholz (W3) [Adelung]


Das Korallenholz, des -es, plur. inus. das rothe Holz eines ausländischen Baumes, welches von den Tischlern und Drechslern zu allerley künstlichen Arbeiten gebraucht wird.


Korallen-Hyacinthe (W3) [Adelung]


Die Korallen-Hyacinthe, plur. die -n, eine monströse Art Hyacinthen, welche zuerst bey Beran in Frankreich gefunden worden; Hyacinthus monstrosus L.


Korallenkraut (W3) [Adelung]


Das Korallenkraut, des -es, plur. inus. 1) Eine staudenartige Pflanze in beyden Indien, welche eine rothe den rothen Korallen ähnliche Frucht hat, und von welcher der Korallen- baum eine Art ist; Erythrina herbacea L. Korallenpflanze. 2) In einigen Gegenden ist auch der Strandspargel, Asparagus officinalis maritimus L. unter diesem Nahmen bekannt.


Korallenmacher (W3) [Adelung]


Der Korallenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, eine Art Beindrechsler, welche unechte Korallen aus geheitzten Knochen verfertigen.


Korallenmos (W3) [Adelung]


Das Korallenmos, des -es, plur. inus. eine Art Moses, welches die Landleute wider das Fieber einnehmen, und es daher Fiebermos nennen.


Korallenpflanze (W3) [Adelung]


Der Korallenpflanze, plur. die -n, S. Korallenkraut.


Korallensamen (W3) [Adelung]


Der Korallensamen, des -s, plur. inus. bey den ältern Naturkundigen, eine weiße, der Milch ähnliche zusammen ziehende Feuchtigkeit, welche sich in den Enden der Korallenzinken befinden soll, und ehedem für den Samen dieser Thierpflanze gehalten wurde. S. Korallenblume.


Korallenschwamm (W3) [Adelung]


Der Korallenschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine dem Schwamme ähnliche Korallenart, Korallen in Gestalt der Schwämme; Fungites.


Korallenstein (W3) [Adelung]


Der Korallenstein, des -es, plur. die -e, S. Korall-Achat.


Korallenwurz (W3) [Adelung]


Die Korallenwurz, plur. inus. eine Art des Zweyblattes mit ästigen gebogenen Zwiebeln und einer korallenrothen Wurzel; Ophrys Corallorhiza L.


Korallenzink (W3) [Adelung]


Der Korallenzink, des -en, plur. die -en. 1) ( S. Koralle.) 2) Bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Art der Lonicera, welche in Virginien und Mexico wächset; Lonicera semper virens L.


Koran (W3) [Adelung]


Der Koran, S. Alkoran.


Koranzen (W3) [Adelung]


Koranzen, verb. reg. act. welches nur in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens üblich ist, peitschen, prügeln. Nieders. karanzen, kuranzen, in Westphalen kranzeln, kransheistern, im Schwed. Kurrantsa. Die letzte Hälfte des Wortes ist dunkel; die erste aber scheinet zu dem alten Kar, Kor, Leder, Lat. Corium; zu gehören, welches auch in der ersten Hälfte des Wortes Karbatsche, und vielleicht auch in karniffeln, befindlich ist. Im Engl ist to curry gärben und striegeln, S. Küraß.


Korbatsche (W3) [Adelung]


Die Korbatsche, S. Karbatsche.


Korbbruder (W3) [Adelung]


Der Korbbruder, des -s, plur. die -brüder, S. Korb 2.


Korbe (W3) [Adelung]


Die Korbe, plur. die -n, eine krumme Handhabe, S. Kurbel.


Körbe (W3) [Adelung]


Die Körbe, plur. die -n, eine Art Körbe im Bergbaue, siehe Korb 2.


Korbeere (W3) [Adelung]


Die Korbeere, S. Kornelle.


Körbel (W3) [Adelung]


Der Körbel, S. Kerbel.


Korbfeige (W3) [Adelung]


Die Korbfeige, plur. die -n, eine Art Feigen, welche in Körben zu uns gebracht werden; zum Unterschiede von den Laubfeigen.


Korbhagel (W3) [Adelung]


Der Korbhagel, des -s, plur. inus. in der Geschützkunst, Hagel, d. i. kleine Stücken Stein, Eisen u. s. f. welche in längliche Körbe von Draht gepackt und aus großen Stücken geschossen werden.


Korbmacher (W3) [Adelung]


Der Korbmacher, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher allerley Körbe aus Ruthen, kleinen Zweigen u. s. f. flicht.


Korbpfennig (W3) [Adelung]


Der Korbpfennig, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, dasjenige Geld, welches sich das Gesinde bey dem Einkaufe auf dem Markte zum Nachtheile ihrer Herrschaft zu machen pflegt; weil es gemeiniglich mit einem Korbe auf den Markt gehet An andern Orten die Schwänzelpfennige.


Korbrosinen (W3) [Adelung]


Die "Korbrosinen", sing. inus. lichtbraune große Rosinen, welche in Körben aus Spanien kommen, und für die geringsten gehalten werden.


Korbscharbe (W3) [Adelung]


Die Korbscharbe, plur. die -n, in den Bergwerken, die starken senkrechten Stäbe, aus welchen der Korb am Göpel bestehet, S. Korb 1. und Scharbe.


Korbstange (W3) [Adelung]


Die Korbstange, plur. die -n, im Bergbaue, eine Stange, welche an die Körbe oder Kurbel gestecket wird. S. Kurbel.


Korbstich (W3) [Adelung]


Der Korbstich, des -es, plur. die -e, bey den Stickerinnen, eine Art künstlicher Stiche, deren mehrere einem Flechtwerke ähnlich sehen.


Korbwagen (W3) [Adelung]


Der Korbwagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wagen dessen Seiten von Ruthen oder dünnen Zweigen geflochten sind. Ingleichen ein Korb mit Rädern, Kinder darin zu fahren.


Korbweide (W3) [Adelung]


Die Korbweide, plur. die -n, eine Art sehr zäher Weiden, aus deren Ruthen man die Körbe zu flechten pfleget. Siehe Brandweide.


Kören (W3) [Adelung]


Kören, S. Köhren.


Koriander (W3) [Adelung]


Der Koriander, des -s, plur. inus. der aromatische und süßlich scharfe Samen einer Pflanze, welche gleichfalls Koriander genannt, und in Italien gebauet wird; Coriandrum L. Der Nahme ist Griechischen Ursprungs, und kommt eigentlich der Pflanze zu; - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Wanze, weil die Blätter dieser Pflanze wie Wanzen riechen, daher sie auch im Deutschen von einigen Wanzendille genannt wird. In den Monseeischen Glossen heißt der Koriander Chullantar.


Korinthe (W3) [Adelung]


Die "Korinthe", plur. die -n, eine Art runder Rosinen in der Größe der Erbsen, welche von kleinen Weinbeeren kommen und unsern Johannisbeeren gleichen. Sie haben den Nahmen von der Stadt "Korinth" in Griechenland, aus welcher Gegend sie anfänglich nur allein gebracht wurden. Jetzt werden die meisten auf der Insel Zante gebauet.


Korinthenbeere (W3) [Adelung]


Die Korinthenbeere, plur. die -n, ein Nahme, welchen an einigen Orten die wilden Johannisbeeren führen, deren Staude alsdann auch Korinthenbaum genannt wird; Ribes alpinum L. Es scheinet nicht, daß dieser Nahme etwas mehrers als den Klang mit dem vorigen gemein habe, indem im Englischen alle Arten Johannisbeeren Currants genannt werden. Siehe Johannisbeere.


Kork (W3) [Adelung]


Der Kork, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, die weiche schwammige Rinde des Pantoffelholzbaumes, Quercus suber L. der daher auch der Korkbaum genannt wird, und im mittägigen Europa wächset. Daher der Korkstöpsel, ein Stöpsel von Kork, welcher zuweilen auch nur Kork schlechthin genannt wird; der Korkzieher, ein häusliches Werkzeug, Korkstöpsel aus Bouteillen und Flaschen zu ziehen; die Korksohle, eine Schuhsohle von Kork; der Korkmacher, welcher Stöpfel und andere Dinge aus Kork schneidet.

Anm. Im Engl. Cork, im Holländ. Korck, im Dän. Korke, im Span. Corcho, insgesammt aus dem Latein. Cortex verderbt. Diejenigen, welche es Gork schreiben, haben bloß eine fehlerhafte weiche Aussprache für sich.


Kormede (W3) [Adelung]


Die Kormede, S. Kurmede.


Korn (W3) [Adelung]


1. Das Korn, des -es, plur. die Körner, ein rundes Loch; in welcher größten Theils veralteten Bedeutung es nur noch in einigen wenigen Fällen vorkommt. So ist bey den Uhrmachern das Korn ein kleines rundes Loch in dem Mittelpunkte des in der Docke auf der Drehbank befindlichen Stabes, dasjenige Stück, welches man drehen will, darin fest zu halten. Auch bey den Schlössern werden kleine Löcher in dünnen Eisen in Gestalt der Puncte Körner genannt, S. Körnen und der Körner.

Anm. Es gehöret in dieser Bedeutung zunächst zu Kahr, Korb, Kerbe und andern Wörtern dieser Art, und mit denselben zu dem veralteten karen, schneiden, ( S. Kerbe.) ohne doch die Verwandtschaft mit dem folgenden auszuschließen, weil die meisten Wörter, welche eine Vertiefung bezeichnen, zugleich auch eine ähnliche Erhöhung ausdrucken.


Korn (W3) [Adelung]


2. Das Korn, des -es, plur. die Körner, Dimin. das Körnchen, Oberd. Körnlein. 1. Überhaupt, ein jeder kleiner rundlicher, besonders harter Körper. 1) Eigentlich. Der Sand bestehet aus kleinen dem ersten Anscheine nach runden, aber in der That eckigen Körnern; ein Sandkorn, Sandkörnchen. Das Gold, verschiedene Arten des Eisenerzes, Granaten, Quarz u. s. f. werden in Körnern gefunden, da sie denn diesen Nahmen führen, so bald die Stückchen, woraus sie bestehen, kleiner als eine kleine Haselnuß werden. Mastix in Körnern, Bley in Körnern u. s. f. Ein Pfefferkorn, Pulverkorn, Salzkorn u. s. f. In den Hüttenwerken und in der Metallurgie ist das Korn das runde Stückchen reinen Silbers, welches sich im Probiren nach dem Abtreiben auf der Capelle setzt. Auch die kleinen runden Stückchen Silber, welche sich in dem Treibeherde verkriechen, führen den Nahmen der Körner. An den Schießgewehren und Kanonen ist das Korn das kleine längliche Knöpfchen nahe an der Mündung, wonach man zielet, und welches auch das Visirkorn und das Richtkorn genannt wird. An den Feuerröhren befindet sich auch ein solches Korn nahe an der Pfanne. Etwas auf dem Korne haben, im gemeinen Leben, seine Aufmerksamkeit darauf richten, sich um dasselbe bemühen u. s. f. Auch die kleinen Samenkörper des Gewächsreiches können Körner genannt werden. Ein Senfkorn, Mohnkorn, Gerstenkorn, Weitzenkorn, Hirsekorn. Ein Acker trägt das zwanzigste Korn, wenn man zwanzig Mahl mehr erntet als man ausgesäet hat. Die Erhöhungen, welche ein harter uneben springender Körper auf dem Bruche macht, sind unter dem Nahmen des Kornes bekannt, wo es doch nur collective und im Singular gebraucht wird, ein grobes, ein feines Korn haben; ja zuweilen auch das ganze Gewebe eines solchen Körpers bezeichnet. Der Wetzstein hat ein feineres Korn als der Sandstein. Vermuthlich rühret es auch daher, daß man die innere Güte der Münzen durch das Wort Korn ausdruckt. Eine Münze von gutem Schrot und Korn, wo sich Schrot auf das Gewicht, Korn aber auf den Gehalt beziehet. Eine Münze von feinem Silber zeigt auf dem Bruche ein feineres Korn, als wenn sie stark mit Kupfer vermischt ist. Indessen läßt sich diese R. A. auch bequem durch das bereits gedachte Korn der Capelle erklären. Eine Münze von gutem Korne würde eine solche sein, welche bey der Probe auf der Capelle ein Silberkorn von gehöriger Schwere hinterlässet. Noch eine Erklärungsart, da es als eine bloße Übersetzung des Latein. Granum und daraus gebildeten Deutschen Gran und Grän angesehen werden kann, ist wenigstens eben so wahrscheinlich. Es ist bekannt, daß man den Gehalt der Gold- und Silbermünzen nach Gränen oder Granen bestimmt. Übrigens werden die beyden Ausdrücke Schrot und Korn jederzeit mit einander verbunden, so wie diese R. A. figürlich auch von andern Dingen gebraucht wird. Ein mann von gutem alten Schrot und Korn. 2) Figürlich, ein wenig; besonders in Niedersachsen, wo man es auch von solchen Dingen gebraucht, welchen man sonst keine Körner zuschreiben kann. Ein Körnchen Brot, ein wenig Brot. Ein Korn Zeit. Komm ein Körnchen näher. Das Schwed. Korn wird in eben dieser Bedeutung gebraucht, und dienete ehedem sogar Diminutiva zu machen; Ordkorn, Wörtchen, Hjertekorn, Herzchen, Huskorn, Häuschen, Lioskorn, Lichtchen u. s. f. 2. In engerer Bedeutung, wo es die Samenkörner derjenigen Pflanzen bezeichnet, welche zu Brot und Milchspeise gebraucht werden. 1) Eigentlich, für Getreide überhaupt; in welcher Bedeutung es im gemeinen Leben, besonders Niederdeutschlandes sehr üblich ist, aber alsdann nur collective und im Singular gebraucht wird: Das Korn wird theuer, schlägt auf. mit Korn handeln. Viel Korn bauen. Sommerkorn, Winterkorn. Im Oberdeutschen gebraucht man es in diesem Verstande auch wohl im Plural allein. Die Körner werden wohlfeil, das Getreide. Das Türkische Korn, welches in Amerika zum Brote gebraucht, und daselbst Mays genannt wird, Zea L. Himmelskorn, Davidskorn, oder Ägyptisches Korn, Nahmen der vierzeiligen nackten Gerste. Heidekorn, Buchweizen. Schon Notker gebraucht Chorn für Getreide, so wie das mittlere Lat. Granum, das Franz. Grain, das Dän. und Schwed. Korn, und das Engl. Corn in eben dieser Bedeutung üblich sind. In noch engerer Bedeutung wird in jeder Gegend diejenige Getreideart, welche daselbst am häufigsten gebauet wird, vorzugsweise Korn genannt, wo es gleichfalls nur im Singular und als ein Collectivum gebraucht wird. So heißt im Isländ. die Gerste Korn, und in Westphalen wird der Hafer nur Kören genannt. Weißes Korn ist daselbst weißes Hafer. In Schwaben und Franken führet der Dinkel den Nahmen des Kornes oder Kernes, und Notker nennet den Weitzen nur den Kern. Am häufigsten führet der Notker in Ober- und Niedersachsen den Nahmen des Kornes und in der Schweiz des Kernes. Sommerkorn, Winterkorn, Staudenkorn. Korn säen, dreschen u. s. f. Wo denn auch die Pflanzen diesen Nahmen führen. Das Korn steht schon, blühet, lagert sich u. s. f. In beyden Fällen wird es im Hochdeutschen zwar auch im Plural gebraucht; allein alsdann bedeutet es nicht die Getreideart, sondern die Samenkörperchen selbst. Den Zehnten in Körnern bezahlen, in ausgedroschenem Getreide, zum Unterschiede von dem Garbenzehnt. 2) Figürlich, wo es in einigen Fällen ein kleines Maß bezeichnet, welches der Dicke eines Gerstenkornes gleicht, und deren zwölf einen Zoll machen. So gebrauchen es wenigstens die Schlösser, wenn sie die Stärke des Eisens zu Gattern und Sprengwerken nach Körnern bestimmen, da es denn so viel als eine Linie ist S. Gran.

Anm. Bey dem Ulphilas Kaurno, bey dem Ottfried Korn, im Tatian Corn. Es ist mit Kern genau verwandt, und scheinet zunächst den Begriff der Ründe auszudrucken, ob es gleich von den frühesten Zeiten an nur von sehr kleinen runden Körpern gebraucht worden. S. Kern, Kirsche, Kornelle, Hirse.


Kornähre (W3) [Adelung]


Die Kornähre, plur. die -n, eine Getreideähre, und in engerer Bedeutung, eine Rockenähre. Figürlich sind die Kornähren in den Hessischen Schieferbergwerken zu Frankenberg, ein fahles reichhaltiges Silbererz, welches wegen seiner Zacken den Kornähren gleicht.


Kornbau (W3) [Adelung]


Der Kornbau, des -es, plur. inus. der Getreidebau, und in engerer Bedeutung der Rockenbau.


Kornbeere (W3) [Adelung]


Die Kornbeere, plur. die -n, S. Kornelle.


Kornboden (W3) [Adelung]


Der Kornboden, des -s, plur. die -böden. 1) Ein Boden, so fern er dazu dienet, Korn, d. i. Getreide darauf zu schütten und zu bewahren. 2) Das Erdreich in Verhältniß gegen das Getreide, und in engerer Bedeutung gegen den Rocken; ohne Plural. Ein Land, ein Gut hat einen guten Kornboden, wenn das Getreide und in engerer Bedeutung der Rocken daselbst gut fortkommt.


Kornbranntwein (W3) [Adelung]


Der Kornbranntwein, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, gemeiner, aus allerley Getreidearten destillirter Branntwein; zum Unterschiede von dem Franzbranntwein u. s. f.


Körnbüsche (W3) [Adelung]


Die Körnbüsche, plur. die -n, eine hölzerne, inwendig mit Kreide überstrichene Büchse, geschmolzenes Bley darin zu körnen.


Körnen (W3) [Adelung]


1. Körnen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur bey den Schlössern üblich ist, wo es so viel als vorzeichnen bedeutet, wenn dasselbe durch kleine Hiebe oder Einschnitte geschiehet, welche mit dem Körner gemacht werden. S. 1. Korn und Körner.


Körnen (W3) [Adelung]


2. Körnen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Körner bekommen, wo es besonders in der Landwirthschaft von dem Getreide üblich ist, welches körnet, wenn es feste oder derbe Körner zu bekommen anfängt, wenn sich die flüssige Milch in Mehl sich zu verwandeln anfängt. 2) In Körner verwandelt werden. Das Salz körnet, wo doch das folgende Activum in Gestalt eines Reciproci üblicher ist, sich körnen. 2. Als ein Activum. 1) In Körner verwandeln. Das Bley körnen, geschmolzenes Bley durch Rütteln oder durch Gießen durch einen Besen in Körner verwandeln; granulieren. Auf andere Art körnet man das Schießpulver, den Salpeter u. s. f. Das Salz körnet sich, wenn es sich in Körner verwandelt. Im mittlern Lat. granare. 2) In der Landwirthschaft einiger Gegenden wird die Gerste gekörnet, wenn man, nachdem sie gebrochen ist, die Spitzen von den Körnern abschläget. 3) Durch hingestreuete Getreide- oder Futterkörner anlocken, wo es denn auch in weiterer Bedeutung, von der Anlockung vermittelst aller Arten der Lockspeise gebraucht wird. Ein Raubthier körnen, oder ankörnen. Vögel körnen. Daher auch die Lockspeise selbst, sie bestehe, woraus sie wolle, bey den Jägern die Körnung genannt wird. Wenn jenen Reitz und Schönheit körnt, Entsaget er dem Hochmuthstriebe, Haged. S. Kirren und Ködern, welche in eben demselben Verstande gebraucht werden. Im Oberdeutschen ist dafür auch pfneischen üblich.


Körner (W3) [Adelung]


Der Körner, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern, ein stählerner spitziger Durchschlag, so wohl damit kleine Löcher durch dünnes Eisen zu schlagen, als auch damit zu körnen, d. i. auf Eisen und Blech vorzuzeichnen.


Kornfege (W3) [Adelung]


Die Kornfege, plur. die -n, in der Landwirthschaft, ein schräge stehendes länglich vierecktes Sieb, das Getreide von dem Staube, der Trespe und andern Unreinigkeiten zu reinigen, welches auch die Kornrolle, die Fege, Kolle, Werfte, das Ährensieb, die Harfe, in der Lausitz aber die Kornseihe genannt wird.


Korngülte (W3) [Adelung]


Die Korngülte, plur. die -n, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, eine Gülte, d. i. Abgabe oder Einnahme, so fern sie in Korn, d. i. Getreide bestehet.


Kornhandel (W3) [Adelung]


Der Kornhandel, des -s, plur. inus. der Handel mit Korn, d. i. Getreide. Daher der Kornhändler, der Getreidehändler.


Kornhaus (W3) [Adelung]


Das Kornhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, in welches Getreide aufgeschüttet wird.


Körnicht (W3) [Adelung]


Körnicht, -er, -ste, adj. et adv. dem Korne oder einem festen Korne ähnlich.


Körnig (W3) [Adelung]


Körnig, -er, -ste, adj. et adv. ein Korn oder Körner habend. 1. Eigentlich. Körniges Gold, welches in Körnern bestehet. Das Baumöhl, das Schmalz wird körnig, wenn es erhartet. So auch grobkörnig, aus groben Körnern bestehend, feinkörnig, kleinkörnig u. s. f. 2. Figürlich. 1) Das Fleisch ist körnig, wenn es aus festen, derben und dabey nahrhaften Theilen bestehet, wofür man auch kernig, und kernhaft sagt. 2) Ein körniger Vortrag, ein kurzer und dabey lehrreicher und nachdrücklicher Vortrag. Ein körniger Styl. Ein körniger Gedanke, ein auserlesener nachdrücklicher Gedanke, welcher nicht allein den Gegenstand vorstellet, sondern auch die Art und Weise, wie er da ist. Vielleicht würde es in dieser Bedeutung richtiger kernig lauten, von kernen, auskernen, auslesen; es müßte denn so wie kernen in dieser Bedeutung ein Intensivum von köhren, wählen, auserlesen, seyn. Im Oberd. lautet es in dieser Bedeutung kirnicht.


Kornjahr (W3) [Adelung]


Das Kornjahr, des -es, plur. die -e, das Jahr in Verhältniß gegen den Getreidebau. Ein gutes Kornjahr, in welchem das Getreide gut geräth. Auf eben diese Art sagt man, ein Weinjahr, Obstjahr, Kohljahr u. s. f.


Kornjude (W3) [Adelung]


Der Kornjude, des -n, plur. die -n, im gemeinen Leben und im verächtlichen Verstande, ein wucherlicher Korn- oder Getreidehändler; ein Kornwucherer.


Kornkäfer (W3) [Adelung]


Der Kornkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. kleine braune geflügelte Käfer, welche sich zuweilen, wenn das Korn blühet, an die Ähren hängen, sich sonst aber auch an die Sträuche und Bäume legen.


Kornkasten (W3) [Adelung]


Der Kornkasten, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kasten und Mandel.


Kornkluft (W3) [Adelung]


Die Kornkluft, plur. die -klüfte, Diminut. Das Kornklüftchen, im Hüttenbaue, eine kleine Zange, das abgetriebene Silberkorn damit ans der Capelle zu heben; die Kornzange. Auch bey den Mundärzten, eine kleine Zange, die kleinen Splitter damit anzufassen.


Kornland (W3) [Adelung]


Das Kornland, des -es, plur. die -länder, ein Land, in welchem vieles Korn oder Getreide erbauet wird.


Kornlerche (W3) [Adelung]


Die Kornlerche, plur. die -n, S. Feldlerche.


Kornmarkt (W3) [Adelung]


Der Kornmarkt, des -es, plur. die -märkte. 1) Ein Marktplatz, auf welchem vornehmlich Korn, d. i. Getreide verkauft wird. 2) Der öffentliche Verkauf des Kornes, und der Tag, an welchem derselbe geschiehet.


Kornmaß (W3) [Adelung]


Das Kornmaß, des -es, plur. die -e, dasjenige Maß, nach welchem das Korn, d. i. das Getreide gemessen wird.


Kornmeister (W3) [Adelung]


Der Kornmeister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein Vorgesetzter eines Getreide-Magazines, oder großen Kornbodens.


Kornmesser (W3) [Adelung]


Der Kornmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein vereidigter Messer des zum Verkaufe gebrachten Kornes.


Kornmohn (W3) [Adelung]


Der Kornmohn, des -es, plur. inus. S. Feldmohn.


Kornmotte (W3) [Adelung]


Die Kornmotte, plur. die -n, S. Kornwurm 1.


Kornmühle (W3) [Adelung]


Die Kornmühle, plur. die -n, eine Getreidemühle, Mahlmühle; Zum Unterschiede von einer Öhlmühle, Sägemühle und so ferner.


Kornmünze (W3) [Adelung]


Die Kornmünze, plur. inus. S. Feldmünze.


Kornmutter (W3) [Adelung]


Die Kornmutter, plur. inus. S. Mutterkorn.


Kornnägelein (W3) [Adelung]


Das Kornnägelein, des -s, plur. inus. oder die Kornnelke, plur. die -n. 1) Ein Nahme des Radens oder der Trespe, Agrostema Githago L. Kornraden. 2) Auch die Lychnis Chalcedonica L. wird von einigen Kornnelke genannt.


Kornpulver (W3) [Adelung]


Das Kornpulver, des -s, plur. inus. in der Geschützkunst, das gewöhnliche Schießpulver; zum Unterschiede von dem zerriebenen Mehlpulver.


Kornraden (W3) [Adelung]


Der Kornraden, des -s, plur. inus. S. Kornnägelein, und Raden.


Kornrolle (W3) [Adelung]


Die Kornrolle, plur. die -n, S. Kornfege.


Kornschätzer (W3) [Adelung]


Der Kornschätzer, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein obrigkeitlicher Bedienter, welcher das zum Verkauf in die Stadt gebrachte Getreide schätzet.


Kornschaufel (W3) [Adelung]


Die Kornschaufel, plur. die -n, eine breite hölzerne muldenförmige Schaufel, das Getreide damit umzustechen.


Kornschreiber (W3) [Adelung]


Der Kornschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. ein verpflichteter Bedienter, welcher über eingenommenes und ausgegebenes Getreide die Rechnung führet.


Kornseihe (W3) [Adelung]


Die Kornseihe, plur. die -n, S. Kornfege.


Körnsieb (W3) [Adelung]


Das Körnsieb, des -es, plur. die -e, auf den Pulvermühlen, ein Sieb, durch welches die gestoßene Composition des Schießpulvers getrieben wird, um dasselbe dadurch zu körnen.


Kornsperling (W3) [Adelung]


Der Kornsperling, des -es, plur. die -e, ein Nahme der gemeinen Sperlinge, welche sich häufig in den Getreidefeldern und Kornböden antreffen lassen; zum Unterschiede von den Ammern oder Ämmerlingen, Hänflingen, Finken und andern Vögeln, welche in der Naturgeschichte mit zu den Sperlingen gerechnet werden.


Körnung (W3) [Adelung]


Die Körnung, plur. doch nur von mehrern Arten die -en, S. Körnen.


Kornut (W3) [Adelung]


Der Kornut, S. Cornut.


Kornwage (W3) [Adelung]


Die Kornwage, plur. die -n. 1) Eine Wage, das Korn, d. i. Getreide, darauf zu wägen, und das Gebäude, wo sich dieselbe befindet. 2) In der Metallurgie, eine Wage, das abgetriebene Silberkorn darauf zu wägen; die Probier-Wage.


Kornwicke (W3) [Adelung]


Die Kornwicke, plur. inus. oder die Kornwicken, plur. inus. eine Art Wicken oder wilden Linsen, welche als ein Unkraut mit unter dem Getreide wächset; Ervum hirsutum L.


Kornwiebel (W3) [Adelung]


Der Kornwiebel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kornwurm.


Kornwolf (W3) [Adelung]


Der Kornwolf, des -es, plur. die -wölfe, eine besonders im Nieders. übliche Benennung des Reitwurmes. S. Erdgrille.


Kornwurm (W3) [Adelung]


Der Kornwurm, des -es, plur. die -würmer, ein Nahme aller derjenigen Insecten, welche sich auf den Kornböden unter dem Getreide aufhalten, und demselben oft beträchtlichen Schaden thun. Man hat deren besonders zwey Arten. 1) Der weiße Kornwurm ist eine weißliche Raupe oder Wurm, welcher den meisten Schaden anrichtet, indem er nicht nur das Getreide frißt, sondern sich auch in demselben einspinnet, und es klümperig macht. Bey seiner letzten Verwandelung ist er eine fliegende Nachtmotte, Phalaena tinea granella L. welche auch die Kornmotte genannt wird, und ihre Eyer wieder in das Getreide leget, und dadurch ihr Geschlecht fortpflanzet. Nieders. Ryworm, weil er das Getreide durch sein Gespinst gleichsam anreihet. 2) Der braune oder schwarze Kornwurm ist ein Rüsselkäfer, welcher mit einer länglichen Schnautze, zwey hornartigen Flügeldecken und zwey dünnen Flügeln bedeckt ist; Curculio granarius L. Er hat drey Verwandelungen, und die aus den Eyern ausgekrochenen Würmer zerfressen das Getreide so sehr als der Käfer selbst, nur daß sie kein Gespinst zu machen pflegen. In den gemeinen Mundarten wird er auch Klander, Glander, Klanner, weil er an den Wänden herum klettert und klimmet, ( S. Galander,) Wiebel, Kornwiebel, Wippel, Engl. Weevel, genannt. ( S. Wiebel.) An andern Orten heißt er Reiter, bey dem Ottfried Gabissa. Eine Art desselben wird im Hannöverischen Spanjer genannt, wenn dieser nicht der erstere weiße Kornwurm ist, der diesen Nahmen von seinem Spinnen hat.


Kornzange (W3) [Adelung]


Die Kornzange, plur. die -n, S. Kornkluft.


Kornzapfen (W3) [Adelung]


Der Kornzapfen, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein Nahme des Mutterkornes oder Brandkornes, S. diese Wörter.


Körper (W3) [Adelung]


Der Körper, des -s, plur. ut nom. sing. Dimin. das Körperchen, Oberd. Körperlein. 1) In der weitesten Bedeutung, ein jedes aus Materie bestehendes Ding, im Gegensatze eines Geistes. In dieser Bedeutung wird es besonders in den Wissenschaften gebraucht, wenn man von Dingen dieser Art weiter nichts bestimmen will oder kann, als daß sie aus Materie bestehen. Ein runder, ein viereckter Körper. Ein fester Körper, ein flüssiger Körper. Harte, durchsichtige, elastische Körper. Die Himmelskörper, die großen runden Massen, welche den unermeßlichen Raum des Himmels ausfüllen. In der Geometrie sondert man auch noch den Begriff der Materie von den Körpern ab, und schränkt sich bloß auf den Raum ein, den sie einnehmen, und da ist ein Körper eine umgränzte stetige Größe, welche nach allen Gegenden zu ausgedehnet ist. 2) In engerer Bedeutung wird der stärkere, dickere Theil eines Dinges in manchen Fällen der Körper genannt, zum Unterschiede von dem schwächern oder dünnern Theile; in welcher Bedeutung es vermuthlich eine Übersetzung des Franz. Corps ist, und nur im Singular gebraucht wird. Die Spitze des Grabstichels der Kupferstecher muß nicht allzu lang seyn, damit er Körper genug behalte, um Widerstand thun zu können. Eine Farbe hat viel Körper, wenn sie viele färbende Theile hat. Auch von einem kräftigen Weine, welchen man auf der Zunge gleichsam fühlet, sagt man, daß er Körper habe. Der Rumpf eines Thieres und besonders eines Menschen, im Gegensatze des Kopfes, der Arme und Beine, wird gleichfalls der Körper genannt; wo auch der Plural üblich ist. 3) In noch engerer Bedeutung ist der Körper der Leib eines Thieres und besonders eines Menschen, im Gegensatze der Seele; die natürliche Maschine, mit welcher ein Geist verbunden ist; in welchem Verstande es oft für Leib gebraucht wird. Einen starken, schwachen, gesunden, flechen Körper haben. man muß seinem Körper die gehörige Ruhe gönnen. Ein todter, ein entseelter Körper, der Leichnam. S. Leib.

Anm. In einigen Oberdeutschen Gegenden auch Körpel, im Wallis. Corf, im Isländ. mit vorgesetzten r Krof, im Schwed. Kropp, und mit vorgesetztem Zischlaute Skrof, im Latein. Corpus, im Franz. und Engl. Corps. Der weit ausgedehnte Gebrauch dieses Wortes sollte glauben machen, daß es nicht unmittelbar aus dem Latein. entlehnet sey, sondern mit demselben aus Einer gemeinschaftlichen Quelle abstamme, zumahl da die Ableitungssylbe -er, welche hier ein Ding, ein Subjekt bedeutet, völlig Deutsch ist. Indessen ist doch wahr, daß es in den ältern Zeiten nicht vorkommt; Ottfried gebraucht dafür in der dritten Bedeutung Lichinam. Das Schwed. und Isländ. Kropp und Krof könnten auch wohl von einem andern Stamme herkommen, und durch den vorgesetzten Gaumenlaut von dem Nieders. Räff, Reff, Rä, Angels. Hraew, bey den ältern Oberdeutschen Hrao, Chreo, der Leib, Leichnam, ingleichen der Brauch, gebildet seyn. Dem sey wie ihm wolle, so scheinet in der ersten Sylbe des Lat. Corpus der Begriff der Erhöhung, der Hervorragung zum Grunde zu liegen, so daß es zu dem Geschlechte des Wortes Korn gehören würde.


Körperlich (W3) [Adelung]


Körperlich, adj. et adv. 1, In der ersten Bedeutung des Wortes Körper. 1) Einen Körper habend, aus Materie bestehend; im Gegensatze des unkörperlich und geistig. Ein körperliches Wesen, ein Körper. Alles in der körperlichen Natur zeigt dem forschenden Verstande Weisheit und Ordnung, Gell. Eine körperliche Zahl, ( S. Körperzahl.) 2) In dem Wesen eines Körpers gegründet. Die körperliche Gegenwart, vermittelst eines Körpers. Jemanden körperlich erscheinen. 2. In der dritten Bedeutung des Hauptwortes, wo es nur in der Bedeutung eines körperlichen Eides üblich ist, bedeutet es einen Eid, welcher mit gewissen äußerlichen Feyerlichkeiten abgeleget wird; z. B. mit Aufreckung der Finger, mit Legung derselben auf der Bibel u. s. f. Ein leiblicher Eid. Im mittlern Lat. Juramentum corporale, welches doch ursprünglich einen Eid bedeutet zu haben scheinet, welcher auf den Leichnamen der Heiligen, oder doch auf ihren Reliquien abgeleget wurde. In dem ersten Falle der ersten Bedeutung, wo die Ableitungssylbe lich die Stelle des ig vertritt, bey dem Notker lichamin, im Gegensatze des unlichamin, oder unkörperlich.


Körperwelt (W3) [Adelung]


Die Körperwelt, plur. inus. der Inbegriff aller wirklich vorhandenen Körper, im Gegensatze der Geisterwelt.


Körperzahl (W3) [Adelung]


Die Körperzahl, plur. die -en, in der Rechenkunst, eine Zahl, welche aus der Multiplication dreyer andern Zahlen entstehet; eine körperliche Zahl, Numerus solidus. Eine solche Körperzahl ist z. B. 30, weil sie aus der Multiplication der Zahlen 2, 3 und 5 erwächset.


Kosate (W3) [Adelung]


Die Kosate, plur. die -n, nach dem Frisch, eine Art schwarzer und großer eßbarer Schwämme, welche gern unter den Birken wachsen. Das Wort ist ohne Zweifel Slavonisch.


Kosbeere (W3) [Adelung]


Die Kosbeere, S. Heidelbeere 2.


Kosen (W3) [Adelung]


* Kosen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, aber nur noch in den gemeinen Mundarten Oberdeutschlandes üblich ist, sich freundschaftlich unterreden, schwatzen. In Oberschwaben chosen, Franz. causer, im mittlern Lat. caussari. Wir haben es noch in dem zusammen gesetzten liebkosen. S. dasselbe, und Köhren Anm.


Kossat (W3) [Adelung]


* Der Kossat, des -en, plur. die -en, ein nur in Niedersachsen für Kothfaß übliches Wort, einen Hintersättler, oder Einwohner eines Kothes zu bezeichnen, welcher nur sehr wenig Acker, und daher keine eigentliche Hofstätte hat. ( S. Kothfaß.) mit welchem dieses Wort bis auf wenige zufällige Veränderungen in der Aussprache völlig einerley ist. Die letzte Sylbe sat ist von sitzen, Nieders. sitten, und mit Saß gleichbedeutend. Kos ist mit Koth einerley, weil s und t beständig mit einander abwechseln, daher Casa schon bey den Lateinern ein kleines Haus, ein Koth, bedeutete. Im Slavon. ist Kosowz ein Feldschuppen. Das Stammwort ist noch in dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bedecken, befindlich. ( S. auch Kotze.) In Baiern heißt ein Kossat ein Köbler, von Koben, ein geringes Haus, und ein Kossatengut ein Köblergut.


Kost (W3) [Adelung]


1. Die Kost, der Aufwand, S. die Kosten.


Kost (W3) [Adelung]


2. Die Kost, plur. car. 1) Speise, als ein Collectivum, eßbare Körper, so fern sie als Speise gebraucht werden; am häufigsten im gemeinen Leben, und in Ansehung ihrer Beschaffenheit. Sich mit geringer Kost behelfen. Hausmannskost, gewöhnliche Speisen, wie man sie täglich in seinem Hause isset. Erdäpfel sind eine sehr nahrhafte Kost. In weiterer Bedeutung für Speise oder Lebensmittel, ist es veraltet. Ich mästete mich und meine Brüder nicht von der Landpfleger Kost, Nehem. 5. 14, 18; von den Lebensmitteln, welche den Landpflegern gereicht werden mußten. Nur Haged. singt noch: Die Freiheit kann der Kost Kraft und Gedeihen schenken, Und die fehlt Fürsten oft bey ihrem Göttermahl. Im Nieders. ist Zukost Zugemüse, und Vorkost ein Gericht, welches von dem Hauptgerichte hergehet. 2) Noch mehr, der ganze Unterhalt, so fern er vornehmlich in der Speise bestehet. Dem Gesinde Kost und Lohn geben. Zu jemanden in die Kost gehen, zu ihm an den Tisch gehen, bey ihm gewöhnlich speisen und zwar für die Bezahlung. Bey jemanden in der Kost seyn. Sich zu jemanden in die Kost verdingen. Ein Kind bey jemanden in die Kost thun. Die freye Kost bey jemanden heben. Um die Kost, für die Kost dienen oder arbeiten. Jemanden in die Kost nehmen. S. Bekostigen.

Anm. Schon bey dem Stryker Chost, und im Schwabensp. Kost, für Unterhalt. Im Schwed. und Dän. ist Kost Speise. Es gehöret unstreitig zu dem Geschlechte des Zeitwortes kauen, von welchem das Nieders. Kuse, ein Backzahn, schon den Ableitungslaut s angenommen hat. S. auch Kosten, gustare, die Köste und Gast. Für Kost, Unterhalt, ist im Nieders. auch Hoolje üblich, von hollen, halten.


Kostbar (W3) [Adelung]


Kostbar, -er, -ste, adj. et adv. von dem Zeitworte Kosten, constare. 1) Was viel kostet, viele Kosten verursacht oder erfordert; im Oberd. kostspielig. Ein kostbarer Prozeß. Ein kostbarer Bau. Das ist mir zu kostbar, macht mir zu viel Aufwand. 2) Noch mehr, einen großen Werth habend, schätzbar. Kostbare Edelsteine. Ein kostbares Kleid. Jede Minute ist mir kostbar. Eine kostbare Waare. Die Freundschaft ist das kostbarste Geschenk des gesellschaftlichen Lebens, Gell. Sie mögen sich nun so kostbar machen, als sie wollen, so dächte ich doch, daß sie ihrer alle Stunden werth wäre, ebend. Ich liebe an ihr die Art, mit welcher sie andern die Zärtlichkeiten kostbar zu machen weiß. 3) Nach dem Muster des Franz. precieux haben einige neuere Schriftsteller es von der gezwungenen Art gebraucht, mit welcher besonders Personen des andern Geschlechtes sich und ihren Reitzen in dem gesellschaftlichen Leben einen gewissen Werth beyzulegen suchen, den sie doch nicht besitzen, wozu sich aber unser Deutsches Wort wegen seiner Vieldeutigkeit nicht füglich schicket. Schon Rabener gebraucht es in diesem Verstande. Ein kostbares Frauenzimmer. Bey dem Hornegk chosper.


Kostbarkeit (W3) [Adelung]


Die Kostbarkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft eines Dinges, da es kostbar ist, in den beyden ersten Bedeutungen, und ohne Plural. 2) Kostbare Dinge, in der zweyten Bedeutung des Beywortes. Alle seine Kostbarkeiten bey Seite schaffen.


Köste (W3) [Adelung]


1. Die Köste, im Bergbaue, eine Krücke, S. Küste.


Köste (W3) [Adelung]


2. * Die Köste, plur. die -n, nur noch in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens. 1) Unterhalt, Nahrung, Kost. Christus will die Köste seyn, in Luthers Liede: Christ lag in Todesbanden. 2) Ein Schmaus, besonders ein hochzeitlicher Schmaus, im Niedersächsischen, wo es auch zuweilen Köstung lautet. Man hat mir nur, als wie ich zwar gedacht, Mein Ehrenfest und Köste nie gemacht, Opitz. Wie ihr gefahren kommt zu einer Bauernköste, Kanitz. S. Kost und Gäste.


Kosten (W3) [Adelung]


Die Kosten, sing. inus. 1) Der Aufwand, welchen man zur Erreichung einer Absicht macht, besonders so fern derselbe in barem Gelde bestehet. Der Prozeß macht mir viele Kosten. Die Kosten tragen, sie über sich nehmen, das nöthige Geld aus seinem Vermögen geben. Für die Kosten stehen; in einigen Gegenden auch nur, die Kosten stehen. Wovon soll ich die Kosten bestreiten? Er hat die Kosten nicht dazu. Auf meine, auf seine Kosten. Große, schwere Kosten. Jemanden viele Kosten verursachen. Die Kosten vorschießen, auslegen, berechnen, überschlagen. Die Kosten scheuen. Ich komme dabey nicht auf meine Kosten. Wovon will er die Kosten bestreiten? Einem die Kosten erleichtern. So auch die Baukosten, Gerichtskosten, Zehrungskosten u. s. f. 2) Figürlich, Nachtheil, Abbruch, Schaden. Man muß nicht einen Freund auf Kosten des andern loben. Man hat die Lobsprüche der Freundschaft oft auf Kosten der allgemeinen Menschlichkeit übertrieben, Gell. S. auch Unkosten. Anm. Im Oberd. auch die Kösten, im Nieders. die Kost, im Schwed und Dän. Kost, im Engl Cost, im Pohln. Koszt, im mittlern Lat. Costa, Costus, Costagium, Custangia, im Ital. Costo, im Franz. Coust, Cout, im Span. Costa. In den gemeinen Mundarten Deutschlandes ist es gleichfalls im Singular üblich, im Oberd. die Kost und der Kosten, im Nieders. die Kost. Was laßt ihr "Marmor" bauen, Mit solcher großen Kost? Opitz. Welches auch Luther in der Deutschen Bibel nachgeahmet hat. Die Kost soll vom Hausen des Königes gegeben werden, Esra 6, 4. Wer ist unter euch, der einen Thurm bauen will und sitzet nicht zuvor und überschlägt die Kost, ob ers habe auszuführen? Luc. 14, 28. Wage die Kost an sie, daß sie ihr Haupt beschweren, Apostelg. 21, 24. Und in andern Orten hat er der Kosten. Er vermochte den großen Kosten nicht länger zu tragen, 1 Macc. 3, 30. Der König will den Kosten auch legen von seinem Eigentum, 1 Macc, 10, 45. So auch B. 2, Kap. 3, V. 3. Im Hochdeutschen hat man den Singular die Kost veralten lassen, vermuthlich um die Verwechselung mit Kost, Unterhalt, zu vermeiden. Aus der Übereinstimmung aller mit dem Deutschen verwandten Sprachen, wo Kost so wohl Unterhalt als auch den Aufwand bedeutet, wird es sehr wahrscheinlich, daß es in der letzten Bedeutung eine Figur der ersten ist. In den alten Zeiten der Einfalt und Armuth bestand der Aufwand bey einem jeden Geschäfte hauptsächlich, wo nicht allein, in der Reichung der Nahrungsmittel an diejenigen, welche als Mittelspersonen gebraucht wurden. S. das folgende.


Kosten (W3) [Adelung]


1. Kosten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, Kosten verursachen, erfordern. 1. Eigentlich, Aufwand an barem Gelde erfordern, von der Summe, welche man für eine Sache bezahlet, oder zur Erreichung einer Absicht aufwendet oder aufwenden muß; mit der vierten Endung des Preises. Was oder wie viel kostet das Haus? welches ist der Preis desselben, wie viel ist dafür bezahlet worden, oder wie viel soll dafür bezahlet werden? Das Gut kostet zehn tausend Thaler. Es kostet nicht viel. Er will es haben, es koste was es wolle. Dieses kostet nicht halb so viel als jenes. Wenn die Person, welche die Kosten hergegeben hat, oder hergibt, ausgedruckt wird, so ist es gewisser Maßen noch streitig, welche Endung ihr gebühre. Im gemeinen Leben ist die dritte fast durchgängig üblich, und sie scheint die Natur der Sache und die Analogie so vielen andern Zeitwörter für sich zu haben. Der Prozeß wird dir viel kosten. Das Haus kostet mir tausend Thaler. Es kostet mir einen Gulden. Wenn er ihren Grund leget, das koste ihm seinen ersten Sohn, Jos. 6, 26. Es kostete ihn seinen ersten Sohn, 1 Kön. 16, 34. Die Sprachlehrer des vorigen und jetzigen Jahrhundertes, welche in der Lateinischen Sprache Zeitwörter mit doppelten Accusativis fanden, welche doch im Deutschen so selten sind, und sich vielleicht durch die Niedersächsische Mundart irre machen ließen, wo die dritte und vierte Endung in vielen Fällen gleichlautend sind, erforderten die vierte Endung, welche auch seitdem von vielen guten Schriftstellern gebraucht wird. Ich weiß nicht mehr, wie viel sie mich kosten, Gell. Kostet er sie so viel? ebend. Es kostet ihn nur ein einziges Wort, Luth. in der Kirchen-Post. S. gleich im folgenden. 2. In weiterer figürlichen Bedeutung. 1) Zu etwas erfordert werden. Diese Kleidertracht kostet viel Zeug. Eine Mode, welche mehr Band als Spitzen kostet. Der Bau hat mir (oder mich) vieles Holz gekostet. Das Nachdenken kostet Kräfte. Das kostet Mühe. Es kostet sie nur ein Wort, Raben. Der Sieg hat viel Blut gekostet. Dieß hat mir (oder mich) die meiste Zeit gekostet. Das wird ein bißchen Mühe kosten. Aret ist mit so vielem schwerfälligen Ernste dienstfertig, daß man glaubt, seine Dienstfertigkeit koste ihm viele Überwindung, Gell. Wo die Hauptwörter Mühe, Überwindung, unangenehme Empfindung, zuweilen ausgelassen werden. Was kostet es nicht, (für Mühe,) ehe man es so weit bringet! Sonnenf. Nie hat mir ein Entschluß so viel (so viele Überwindung) gekostet. Es mag ihrem Herzen viel kosten, dieß zu verschweigen. Ich habe, so viel es mich auch koste, mit ihm gesprochen, Hermes. 2) Den Verlust einer Sache nach sich ziehen. Es wird den Kopf nicht kosten. Das hat ihm (oder ihn) seine Gesundheit, seine Ehre, sein Leben gekostet. Der Staar hat mir manches Thränchen gekostet, Weiße. Wenn es meinen Hals, mein Vermögen kosten sollte. Sich durch Ungestüm und Wuth die Bahn der Ungebundenheit öffnen, es koste Ehre oder Blut, Gell. Anm. Im Nieders. gleichfalls kosten, im Dän. koste, im Schwed. kosta, im Engl. to cost, im Ital. costare, im Franz. couster, couter, im mittlern Latein. costare, custare, im Böhm. kosstowati, im Pohln. kosztuje. So sehr auch einige auf die Abstammung von dem Latein. constare bringen, so scheinet es doch von dem vorigen Worte, so fern es im Singular Kost lautet, herzukommen, so wie von Geld, ehedem Gelt, gelten gebildet worden.


Kosten (W3) [Adelung]


2. Kosten, verb. reg. act. vermittelst des Geschmackes untersuchen oder versuchen. 1) Eigentlich. Den Wein kosten. Die Speisen kosten. Koste es, ob es mürbe genug ist. Einem etwas zu kosten geben, es ihn kosten lassen. Laß mich kosten das rothe Gericht, 1 Mos. 25, 30. 2) In weiterer Bedeutung, ein wenig von einer Speise oder von einem Getränke zu sich nehmen. Sie essen nicht, sie kosten nur. Daß ich ein wenig dieses Honigs gekostet habe, 1 Sam. 14, 29. Wo ich Brot oder etwas koste, ehe die Sonne untergehet, 1 Sam. 3, 35. 3) Figürlich, dem Anfange nach empfinden. Das Kind (nicht dem Kinde) die Ruthe kosten lassen. Das Pferd die Sporen kosten lassen. Ich habe es gekostet, wie es thut. Statt des Hauptwortes die Kostung ist der Infinitiv das Kosten üblich.

Anm. Im Nieders. kosten, im Böhm. kosstowati, wo auch Kost der Geschmack ist, im Lat. gustare. Es ist das Intensivum oder Iterativum von kiesen, Imperf. ich kos, welches ehedem auch, so wie das kaussjan des Ulphilas, für kosten gebraucht wurde. Im Tatian bedeutet costen versuchen, im theologischen Verstande, Costari ist daselbst der Versucher, und Costunga die Versuchung. S. Kören und Kiesen.


Kösten (W3) [Adelung]


Kösten, verb. reg. act. die Kost, d. i. den Unterhalt, reichen, welches aber nur noch in den Zusammensetzungen bekösten und verkösten, noch mehr aber in den Intensivis beköstigen, verköstigen üblich ist, S. diese Wörter.


Kostenfrey (W3) [Adelung]


Kostenfrey, adv. frey von den Kosten, oder dem Aufwande. Ich bin noch nicht kostenfrey, habe meine aufgewendeten Kosten noch nicht wieder. Es muß mit dem folgenden nicht verwechselt werden.


Kostfrey (W3) [Adelung]


Kostfrey, -er, -este, adj. et adv. 1) * Geneigt, andern die Kost, d. i. Speise und Unterhalt, ohne Bezahlung darzureichen; wofür doch im Hochdeutschen gastfrey üblicher ist, S. dieses Wort. Ein kostfreyer Mann, Sir. 31, 28. 2) Die Kost d. i. den Unterhalt, frey oder ohne Bezahlung habend; ohne Comparation, und am häufigsten als ein Nebenwort.


Kostgänger (W3) [Adelung]


Der Kostgänger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kostgängerinn, eine Person, welche bey einer andern die Kost, d. i. den Unterhalt, gegen die Bezahlung genießet. Kostgänger haben oder halten.


Kostgeld (W3) [Adelung]


Das Kostgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, welches man für die Kost, d. i. den Unterhalt, auf gewisse Zeit bezahlet.


Kosthaus (W3) [Adelung]


Das Kosthaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus oder eine Familie, wo andere in die Kost gehen.


Kostherr (W3) [Adelung]


Der Kostherr, des -en, plur. die -en, ein Hausvater, so fern er Kostgänger hält. Dessen Gattinn in dieser Betrachtung die Kostfrau.


Kostjungfer (W3) [Adelung]


Die Kostjungfer, plur. die -n, eine junge Person weiblichen Geschlechtes, so fern sie bey jemanden in der Kost ist.


Köstlich (W3) [Adelung]


Köstlich, -er, -ste, adj. et adv. welches im Hochdeutschen großen Theils veraltet ist, ehedem aber sehr häufig für kostbar in der zweyten Bedeutung gebraucht wurde, in welcher es in der Deutschen Bibel noch sehr häufig vorkommt. Köstliche Kleider. Eine köstliche Mahlzeit. Es ist heute köstliches Wetter. Köstlich leben, sich köstlich kleiden. Das Hauptwort die Köstlichkeit für Kostbarkeit kommt noch seltener vor.

Anm. Bey dem Notker keislich, von kiesen, wählen, daher es unmittelbar von diesem Zeitworte abzustammen und eigentlich auserlesen zu bedeuten scheinet. Im Engl. costly, im Dän. kostelig, im Schwed. kostelig.


Kostspielig (W3) [Adelung]


Kostspielig, S. Kostbar.


Kostverächter (W3) [Adelung]


Der Kostverächter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kostverächterinn, eine Person, welche die Kost, d. i. die gewöhnliche Nahrung, verachtet, am häufigsten verneinender Weise. Er ist kein Kostverächter, er nimmt mit der gewöhnlichsten Speise fürlieb; ingleichen figürlich, er nimmt auch mit schlechten Sachen fürlieb, ist nicht ekel.


Koth (W3) [Adelung]


Der Koth, des -es, plur. inus. eine jede flüssige oder flüssig gewesene Unreinigkeit, welche in der niedrigen Sprechart Dreck genannt wird. Sich mit Koth besudeln. Den Koth abwaschen. Besonders, 1) mit Wasser befeuchtete oder flüssig gemachte Erde, besonders so fern sie sich auf den Straßen oder Wegen befindet; im Nieders. Modder, im Liefländ. Mott, im Dithmars. Kley. Der Koth hängt sich an die Räder. Man kann vor Koth auf der Straße nicht fort. Die Sonne schmelzt das Wachs und trocknet den Koth. Die Sonne beschmutzet ihre Strahlen nicht, wenn sie gleich auf den Koth fallen. Es liegt überall tiefer Koth. Jemanden aus dem Kothe ziehen, figürlich, ihn aus dem niedrigsten Stande erheben. Das Glück ziehet aus dem Kothe, welche es will. 2) Die natürlichen Excremente der Menschen und Thiere; bey den Jägern die Losung, die Lösung, das Gelos, Gebahn, im gemeinen Leben Dreck. Menschenkoth, Taubenkoth, Pferdekoth, Schweinskoth u. s. f. Harter zusammen gedrungener Koth mancher Thiere, z. B. der Mäuse und Schafe, wird in Niedersachsen Köthel, Kottel genannt, welches aber zu einem andern Stamme zu gehören scheinet, von kat, kot, rund, erhaben, und el, ein Ding, S. 7. Katze; oder von kat, kot, hart, S. 6. Katze.

Anm. Im Oberdeutschen das Koth oder Kott, wo auch Koder Schleim, flüssige Unreinigkeit ist, im Nieders. Kath und Gaut, im mittlern Lat. Goetus, im Griech. bey dem Hesychius - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Wen dieses Wort im Holländischen und Ostfriesischen Quad, Quod lautet, so leitet man es gemeiniglich von quad, böse, her; wo nicht vielmehr dieses von jenem abstammet, S. dasselbe. Der Begriff der dicken Flüssigkeit, des Schlammes, scheint in diesem Worte der herrschende zu seyn. Eine Wunde heißt unterköthig, wenn sie im Innern Eiter setzet. ( S. Kothig.) Sonst bedeutete auch Hor und Gor den Koth, S. Garstig und Hornung.


Koth (W3) [Adelung]


Das Koth, des -es, plur. die -e, oder die Kothe, plur. die -n, überhaupt ein geringes, schlechtes Haus; am häufigsten in Niedersachsen, wo dieses Wort Kath und Kathe lautet. Eine elende Kothe, ein schlechtes Häuschen. Besonders. 1) Die kleinen Häuser oder vielmehr Hütten in den Salzwerken, in welchen Salz gesotten wird, in welchen sich eine Salzpfanne befindet, werden an den meisten Orten Kothe oder Kothen, zu Frankenhausen aber auch Solden oder Sölden genannt. 2) In Niedersachsen auf dem Lande ist das Koth ein Bauernhaus ohne Hofstätte, zu welchem folglich auch kein beträchtlicher Acker gehöret, ob es gleich Gärten und Koppeln haben kann, dessen Besitzer daher auch nur zu Hand- oder Fußdiensten verbunden ist. Im Oberdeutschen eine Sölde, ein Koben u. s. f. S. Köthener und Kothsaß.

Anm. Im Nieders. Kathe, in einigen Gegenden Kotze, im Engl. Cot, im Angels. Cote, Cyte, im Schwed. Kate, im Isländ. Kot, im Wallis. Cwt, im Finnländ. Cota, im Lappländ. Kaate, Kuatte, im Lettischen Guta, im Esthnischen Kodda. Dieses alte fast in allen Sprachen befindliche Wort ist mit Hütte, Gaden, Haus, dem Lat. Casa, und andern genau verwandt, und druckt zunächst den Begriff eines eingeschlossenen oder bedeckten Raumes aus. ( S. Kaue und Kotze.) In Hamburg ist Taubenkoth ein Taubenhaus, im Pohln. Chata ein Schilderhäuschen, im Wendischen Kotscha, Keischa und Hischa eine Hütte, und sogar im Pers. Cotth die Festung, und im Malab. Kodtei eine Festung, und Kudi die Wohnung.


Kothbaum (W3) [Adelung]


Der Kothbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Ostindischer Baum, dessen Blumen wie Menschenkoth stinken; Sterculia L.


Kothblech (W3) [Adelung]


Das Kothblech, des -es, plur. die -e, ein eisernes Blech an den Rüst- und Bauerwägen, welches an der Stammleiste oder dem Rungstocke befestiget ist, und die Nabe des Rades bedecket, den Koth von der Schmiere abzuhalten.


Kothe (W3) [Adelung]


Die Kothe, ein geringes Haus, S. das Koth.


Köthe (W3) [Adelung]


Die Köthe, plur. die -n, ein Wort, welches überhaupt einen hohlen, eingeschlossenen Raum bedeutet, aber nur noch in zwey Fällen üblich ist. 1) An den Pferden ist die Köthe das Gelenk über dem Fessel, wo das lange Haar verschnitten wird, das unterste Gelenk an einem Pferdefuße, zwischen dem Schienbeine und Hufe; ohne Zweifel von der darunter befindlichen Höhle oder Vertiefung; ( S. 2. Kaute und Kaue.) Sich die Köthe verstauchen, welches auch ausköthen genannt wird. Im Nieders. Kaute, im Dän. Koder, im Böhm. Kutek. So fern dieser Theil zugleich erhaben ist, und über die darunter befindliche Vertiefung herüber hängt, kann er auch von der Erhöhung den Nahmen haben, ( S. 7. Katze.) 2) * Ein Schrank, doch nur im gemeinen Leben der Meißner, der im Österreichischen ein Kasten genannt wird. Die Kleiderköthe, Wäschköthe, Silberköthe und so ferner. In beyden Fällen mit dem Worte das Koth zu dem weitläufigen Geschlechte des Wortes Kaue. Im Schwedischen ist Kaette eine Wiege, ein Bett, und ein Koben oder Verschlag in einem Stalle.


Köthenbein (W3) [Adelung]


Das Köthenbein, des -es, plur. die -e, an den Pferden, ein Bein, welches die Köthe bildet und unten mit dem Kronenbeine verbunden ist.


Köthener (W3) [Adelung]


Der Köthener, des -s, plur. ut nom. sing. in Niedersachsen auf dem Lande, der Besitzer eines Kothes, d. i. eines Hauses ohne einen beträchtlichen Acker, eines Hauses ohne Hofstätte mit wenigem Acker; ein Köther, Käther, Kather, Käthener, im Mittlern Lat. Cotarius, im Engl. Cottager oder Cottarel, im franz. Manant. Ein Köthener besitzt weniger Acker als ein Baumann oder ganzer Meier, und ist so wohl von einem Brinksitzer, welcher zwar ein eigenes kleines Haus, aber gar kein Ackerwerk hat, als auch von einem Häusler, welcher nur zur Miethe wohnet, unterschiedet. In Obersachsen wird er ein Hinterfaß genannt. In einigen Niedersächsischen Gegenden gibt es so wohl Großköther als Kleinköther. S. Kothsaß.


Köther (W3) [Adelung]


1. Der Köther, des -s, plur. ut nom. sing. S. das vorige.


Köther (W3) [Adelung]


2. Der Köther, des -s, plur. ut nom. sing. eine im Niedersächsischen übliche Benennung eines Bauernhundes, wohl nicht, weil er das Koth oder die Kothe bewacht, sondern vielleicht wegen seiner zotigen Gestalt, S. Kotze.


Kothgrube (W3) [Adelung]


Die Kothgrube, plur. die -n, eine Grube, in welcher der Koth zusammen fließet, oder in welcher der Koth zur Düngung aufbehalten wird; die Kothlache.


Kothhahn (W3) [Adelung]


Der Kothhahn, des -es, plur. die -hähne, an einigen Orten, ein Nahme des Wiedehopfes, wegen seine Unreinlichkeit, weil er Menschen- und Thierkoth frisset; daher schon im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - heißt, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, hahn, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Koth.


Kothhof (W3) [Adelung]


Der Kothhof, des -es, plur. die -höfe, in einigen Niedersächsischen Gegenden, das Koth mit dem dazu gehörigen Hofe und Acker, in andern die Kötherey, Köthnerey, das Kossatengut, Kothsassengut.


Kothig (W3) [Adelung]


Kothig, -er, -ste, adj. et adv. mit Koth beschmutzt, Koth enthaltend. Sich kothig machen. Es ist draußen sehr kothig. Ein kothiger Weg. Ingleichen Koth verursachend. Kothiges Wetter, Regenwetter, nasses Wetter. Im Oberd. kottig. In den gemeinen Mundarten hat man noch das Beywort kötig, welches im Dithmars. schlammig, im Hochdeutschen aber in dem zusammen gesetzten unterköthig eiterig bedeutet.


Kothlerche (W3) [Adelung]


Die Kothlerche, plur. die -n, S. Haubenlerche.


Kothmeise (W3) [Adelung]


Die Kothmeise, plur. die -n, in einigen Gegenden, die Mönch- oder Graumeise, weil sie sich gern in kothigen, sumpfigen Gegenden aufhält.


Kothmeister (W3) [Adelung]


Der Kothmeister, des -s, plur. ut nom. sing. in den Salzwerken, derjenige, welcher einem Kothe oder einer Salzpfanne vorstehet, und die Kothknechte oder Kothleute unter sich hat. S. das Koth.


Kothsaß (W3) [Adelung]


Der Kothsaß, des -ssen, plur. die -ssen, im Niedersächsischen und einigen Obersächsischen Gegenden, der Besitzer eines Kathes oder Kothes auf dem Lande, ein Hintersättler, ( S. Köthener.) In einigen Niedersächsischen Gegenden mit der gewöhnlichen Verwechselung des s und t auch Kossat, Kossät, in der Mark Brandenburg Kotze. In Baiern wird ein Kothsaß ein Köbler, in Österreich ein Viertellöhner, Söldener, Hofstätter genannt Im Braunschweigischen ist auch der Nahme Baudeling, Bodeling üblich, von Baud, Bot, ein kleines Haus, womit das Schwed. Bodsaete, und mittlere Lat. Bordelarius, von Bordellus, ein geringes Haus, überein kommt. Im mittlern Lat. auch Cossatus, Cotsetus, Casatus, Cosoez. S. das Koth.


Kothschlinge (W3) [Adelung]


Die Kothschlinge, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme des Schlingbaumes, welcher auch Kaudelwiede, Kaulbeere, ingleichen Wegeschlinge genannt wird, vermuthlich weil er gern an kothigen Wegen wächset; Viburnum Lantana L.


Kothvogel (W3) [Adelung]


Der Kothvogel, des -s, plur. die -vögel, in einigen Gegenden, ein Nahme der Kothlerche. S. Haubenlerche.


Kottelhof (W3) [Adelung]


Der Kottelhof, S. Kuttelhof.


Kotze (W3) [Adelung]


1. * Die Kotze, plur. die -n, ein nur noch in den gemeinen Mundarten, besonders Oberdeutschlandes, übliches Wort, eine Decke, besonders eine zotige, grobe Decke zu bezeichnen, in welchem Verstande es in einigen Gegenden auch Kutze lautet. Im mittlern Lat. Cotzia, Cottum, Cotum, Cucinga. In Franken wird der grobe gemeiniglich zotige Oberrock der Bauern die Kotze oder der Kotzen genannt, so wie im Böhm. Kozig ein Pelzkleid heißt. Jemanden den Kotzen streichen, im gemeinen Leben Oberdeutschlandes, ihm schmeicheln; daher der Kotzenstreicher, ein Schmeichler. Im mittlern lat. Cozzo, Kozzus.

Anm. Es kann so wohl der Begriff der zotigen Beschaffenheit, als auch der Bedeckung in diesem Worte der herrschende seyn. Im ersten Falle würde es zu 5. Katze, und Köther, ein zotiger Hund, gehören; zumahl da die Kätzchen an den Bäumen in einigen Gegenden auch kotzen genannt werden. Kotzer ist an verschiedenen Oberdeutschen Orten zotig, rauch. In Ansehung der Bedeckung würde es mit Haut, Hütte u. s. f. Eines Geschlechtes seyn. Im Böhm. ist Kuze, und im Wend. Koza, die Haut, im Engl. Coat, im Franz. Cotte, im Ital. Cotta, ein Rock, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . ( S. Kittel, Küssen u. s. f.) Das Stammwort ist noch in dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; bedecken, vorhanden.


Kotze (W3) [Adelung]


2. Die Kotze, oder Kötze, plur. die -n, in einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. der Oberpfalz, ein Korb. Die Hühnerkötze, Mistkötze, Tragekötze u. s. f. Daher der Kötzenträger, der etwas in einem Korbe trägt. Es gehöret zu denjenigen Wörtern, welche von Kaue abstammen, und einen jeden hohlen Raum bedeuten, S. Hose, Hotte, Hotze, 8. Katze, Kietze, Kaue u. s. f.


Kotzen (W3) [Adelung]


+ Kotzen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist, sich erbrechen, sich übergeben, speyen. Es ahmet den Laut nach, so wie das mehr Oberdeutsche köken und Nieders. kören, welche gleichfalls speyen bedeuten. In den niedrigen Sprecharten hat man auch das Zeitwort kotzern, es kotzert mich, ich empfinde eine Neigung zum Erbrechen, und das Beywort kotzerlich, es ist mir kotzerlich.


Kotzensohn (W3) [Adelung]


* Der Kotzensohn, des -es, plur. die -söhne, eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Benennung eines Hurensohnes im verächtlichen Verstande. Frisch glaubt, daß damit auf den Ort der Zeugung gesehen werde, von Kotze, eine grobe Decke, so wie Bankart ein solches auf der Bank erzeugtes Kind bedeutet. Allein da im alt Franz. Esquoceresse eine Hure, und im mittlern Lat. Cugucia, Escogocia und Esguogozamentum den Ehebruch bezeichnen, so stehet es dahin, ob nicht in diesem Worte ein anderer Begriff zum Grunde lieget.


Krabbe (W3) [Adelung]


1. + Die Krabbe, plur. die -n, in der niedrigen Sprechart, ein kleines ungezogenes Kind, im verächtlichen Verstande. Vermuthlich von krabbeln, um sich greifen, auf Händen und Füßen kriechen, weil man es gemeiniglich nur von kleinen Kindern gebraucht. Im Niedersächsischen nennet man kleine herum hüpfende Kinder im Scherze Krabaten oder Krawaten, vermuthlich von eben diesem Stamme. In Gascogne ist Crabot, Crabe, und im mittlern Lat. Crabota, ein junger Ziegenbock, ingleichen eine junge Ziege, wo es aber wohl aus Capra verderbt ist.


Krabbe (W3) [Adelung]


2. Die Krabbe, plur. die -n, eine Art kleiner runder Meerkrebse ohne Scheren, welche den Spinnen gleichen, und auch Garnelen, ( S. dieses Wort,) ingleichen Taschenkrebse genannt werden. Eine Art derselben, welche eine sehr zarte Schale haben, werden Krabbeniten genannt. Im Angels. Crabba, im Engl. Crabfish, im Franz. Crabe, im Dän. Krabbe, im Schwed. krabba, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Dithmars. zusammen gezogen Kraut. So wie das vorige und das verwandte Krebs gleichfalls von krabben, und im Diminut. krabbeln, um sich greifen, kriechen, entweder wegen ihrer vielen Füße, oder auch wegen ihrer Eigenschaft, alles was sie Einmahl angefasset haben, fest zu halten.


Krabbeln (W3) [Adelung]


Krabbeln, verb. reg. act. et neutr. welches eigentlich das Iterativum und Diminutivum von krauen ist. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, auf Händen und Füßen mühsam kriechen, im gemeinen Leben. Die Kinder krabbeln auf der Erde herum. Ich krabbelte mich wieder in die Höhe und stieg wieder auf das Pferd, Hermes. 2) Als ein Activum, mit den Spitzen der Finger locker begreifen, mehrmahls berühren, gelinde kratzen; gleichfalls nur im gemeinen Leben. Jemanden krabbeln. Im Nieders. kraueln, krabbeln. Ital. grappare, grappeggiare. S. Greifen und Krauen.


Kräbe (W3) [Adelung]


* Die Kräbe, plur. die -n, ein nur in einigen Oberdeutschen Gegenden, besonders in Franken übliches Wort, einen Korb zu bezeichnen der im Österreichischen auch Krächze, Krätze genannt wird. Die Mistkräbe, ein Korb, worin der Mist in die Weinberge getragen wird; die Steinkräbe, Steine darin zu tragen. S. 1. Krätze.


Krach (W3) [Adelung]


Krach, ein Wort, welches denjenigen hohlen und aus mehrern Absätzen bestehenden Schall nachahmet, welchen ein großer Körper macht, wenn er bricht. ( S. Knall.) Daher der Krach, des -es, plur. die -e, dieser Schall, welcher im Oberdeutschen der Kracher genannt wird. Einen Krach thun, von sich geben, krachen. Des Tempels Fürhang auch - - Hat einen Krach gegeben, Opitz. Als er auf das eyse kam Dasselbig einen Krach nahm, Theuerd. Kap. 23. Im Dän. Krak. S. das folgende. Bey den Schwäbischen Dichtern Krac der Riß.


Krachen (W3) [Adelung]


Krachen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, denjenigen Schall, welchen das Wort Krach nachahmet, von sich geben. Das Eis kracht, wenn es auf großen Flüssen oder Seen plötzlich Risse bekommt, ein Haus, wenn es einstürzet, das Feuer, wenn es viele trockne Dinge ergreift und verzehret, grobes Geschütz, wenn es abgefeuert wird u. s. f. Krachen lassen, im gemeinen Leben, los schießen, auch von kleinen Gewehren. Daher das Krachen, dieser Schall und die Hervorbringung desselben. Das Krachen der Dornen unter den Zöpfen, Pred. 7, 7. Die Himmel werden zergehen mit großen Krachen, 2 Pet. 3, 10. 2) Als Activum, mit Hervorbringung dieses Schalles öffnen, zerbrechen; in welcher Bedeutung es doch im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Im Ober- und Niederdeutschen sagt man Nüsse krachen, für knacken, daher man die Knackmandeln, daselbst auch Krachmandeln nennet. Im Franz. ist croquer harte und trockne Sachen mit einem Geräusche zerbeißen. Siehe Knappen. Anm. In der ersten Form bey dem Stryker chrachen, im Nieders. kraken, im Angels. cearcian, im Engl. to krack, im Franz. craquer, im Dän. krakke, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es ist eine sehr genaue Nachahmung des Schalles selbst, und von brechen theils in der Intension, theils in dem gröbern Laute verschieden; brechen wird von kleinen Körpern, krachen aber von größern Massen gebraucht, obgleich das erstere in der ersten Bedeutung des Schalles veraltet ist. Im Niedersächsischen hat man auch das Iterativum knakeln, oft krachen, und figürlich, den Einsturz drohen. Nach einer sonderbaren Figur kommt krachen bey den Schwäbischen Dichtern für seufzen vor. Nach der min herze krachet, Graf Kraft von Toggenb. S. Krächzen.


Kracher (W3) [Adelung]


Der Kracher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Krach.


Krachmandel (W3) [Adelung]


Die Krachmandel, S. Knackmandel und Krachen 2.


Krächzen (W3) [Adelung]


1. Krächzen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, und das Intensivum von kriechen, im Hochdeutschen aber unbekannt ist. Man gebraucht es unter andern in Baiern, wo es auch kräxen lautet, und für klimmen, klettern, gebraucht wird.


Krächzen (W3) [Adelung]


2. Krächzen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und das Intensivum von krachen ist, so fern es ehedem auch einen lauten Seufzer von sich geben bedeutete, vielleicht auch von krähen. Es ahmet den starken, rauhen Schall nach, welchen gewisse Thiere und zuweilen auch die Menschen bey schwerer Arbeit u. s. f. durch den Hals von sich geben, und bedeutet diesen Schall von sich geben. Die Raben, die Krähen krächzen. Ihm singt die Eule nicht banges Unglück und der traurige krächzende Nachtrabe, Geßn. An einigen Orten druckt man auch das Grunzen der Schweine durch krächzen aus. Einen etwas gröbern Schall bezeichnet man mit kröchzen, obgleich dieser Unterschied, der ein wenig in das Kleine geht, so genau nicht beobachtet wird. Krächze, du Tochter Zion, wie eine Kindesnöthen, Micha 4, 10. Auch für eine ängstliche Art des Hustens wird krächzen und kröchzen gebraucht, und heftig seufzen heißt im verächtlichen Verstande krächzen.

Anm. Es ist eine genaue Nachahmung des Schalles, daher es auch in mehrern Sprachen angetroffen wird. Im Pohln. kracze, gruchoce, im mittlern Lat. cracare, graccitare, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Im Franz. wird croaster, croasser, im mittlern Lat. croastare, im Lat. crocitare, von den Raben, und im Böhm. chrochceti, von dem Grunzen der Schweine gebraucht. Kriechen, kreißen, Krakeel, kratzen u. s. f. drucken verwandte aber doch noch hinlänglich unterschiedene Arten des Schalles aus. S. Krähen.


Krächzen (W3) [Adelung]


* Der Krächzen, des -s, plur. ut nom. sing. im Österreichischen, ein Korb, S. 1. Krätze.


Krack (W3) [Adelung]


* Der Krack, des -es, plur. die -e, ein in den gemeinen Mundarten einiger Gegenden übliches Wort, eine Höhle, zu bezeichnen. In diesem Verstande kommt es zuweilen im Bergbaue vor. In der Schweiz ist die Krache, dem Frisch zu Folge, ein tiefes Thal. Im Bergbaue hat man auch das Beywort kräckig, mit Höhlen und Klüften versehen. Ein kräckiges Gebirge. Es gehöret zu den Wörtern Krucke, Krug u. s. f. welche überhaupt einen hohlen Raum bedeuten, und scheinet von krachen abzustammen, so fern es, sich mit einem lauten Schalle öffnen, bedeutet. Nimmt man aber die Verwandlung des Gaumenlautes in das f an, welche nicht ungewöhnlich ist, so würde es mit dem Schwed. Kraft, eine Höhle, unmittelbar zu Grufe und Grab gehören. Für unser folgendes Kraft sagen die Niederdeutschen Kracht.


Krachbeere (W3) [Adelung]


Die Krachbeere, plur. die -n, S. Heidelbeere 2.


Kracke (W3) [Adelung]


+ Die Kracke, plur. die -n, ein nur in den niedrigen Sprecharten übliches Wort, ein ungewöhnlich kleines Ding seiner Art, im verächtlichen Verstande, und dann figürlich, ein schlechtes Ding seiner Art zu bezeichnen. So pflegt man so wohl ein kleines schlechtes Pferd, als auch ein ungezogenes Kind eine Kracke zu nennen. Im Nieders. bedeutet es auch ein baufälliges, schlechtes Haus. Im Franz. ist Criquet ein kleines elendes Pferd. Im Schwed. ist Krak, und im Isländ. Hrak, Ausschuß, Wrack, Brack, welches aber zu einem andern Stamme, nähmlich zu hrekja, wegwerfen, gehöret. Unser Kracke ist mit kriechen, dem Isländ. kregd, klein, geringe, und dem alten Lat. craceo des Ennius, ich bin klein, dünne, verwandt, von welchem letztern die spätern Lateiner ihr gracilis haben. Siehe auch Krank.


Kraft (W3) [Adelung]


Die Kraft, plur. die Kräfte. 1. In engerer und eigentlicher Bedeutung, der Grund der Bewegung, was eine Bewegung hervor bringen oder hindern kann, und selbige wirklich hervor zu bringen oder zu hindern bemühet ist. 1) Im eigentlichsten Verstande, von lebendigen Geschöpfen. Viele Kraft in seinen Armen haben. Er hat keine Kraft mehr zu sprechen. Dazu reichet meine Kraft nicht hin. Da die bewegende Kraft in jedem Körper nur Eine ist, so hat es in dieser Bedeutung eigentlich auch keinen Plural. Allein, da es verschiedene Arten der Bewegungen gibt, so legt man ihnen im gemeinen Leben auch häufig einen eben so sehr verschiedenen Grund bey, und daher kommt es, daß es in dieser und der folgenden Bedeutung häufig im Plural gebraucht wird, den Grund der natürlichen Bewegungen in den thierischen und besonders menschlichen Körpern zu bezeichnen. Aus allen Kräften arbeiten, laufen, schreien u. s. f. Alle seine Kräfte anstrengen, anwenden. Speisen, welche Kräfte geben. Seine Kräfte nehmen ab. Er ist noch bey ziemlichen Kräften. Die Kräfte verlieren, an Kräften abnehmen. An Kräften zunehmen. Wieder zu Kräften kommen, auch figürlich, wieder zeitlicher Vermögen erlangen. Über seine Kräfte arbeiten. Seine Kräfte versuchen. Das ist über meine Kräfte, auch in weiterer Bedeutung, über mein Vermögen, über die Kräfte meines Geistes. Seine Kräfte noch beysammen haben. Bey einem leblosen Körper findet der Plural nur alsdann Statt, wenn die Kraft in mehrern Körpern gedacht wird. Die todte Kraft, in der Mechanik, welche keine wirkliche Bewegung hervor bringet, welche in Ruhe ist, oder an der die Bemühung zur Bewegung nicht merklich ist. Die lebendige Kraft, deren Bemühung zur Bewegung merklich ist. Die ausdehnende Kraft eines Körpers, die magnetische Kraft, die widerstehende Kraft, Vis inertiae u. s. f. Das Schießpulver hat, wenn es sich entzündet, eine unglaubliche Kraft. Zwey Kräfte, welche einander im Gleichgewichte halten, heißen todte Kräfte. In engerer Bedeutung ist in der Mechanik die Kraft die bewegende Kraft; zum Unterschiede von der Last, d. i. der entgegen gesetzten Kraft, welche die Bewegung hindert. 2) * Figürlich wurde dieses Wort ehedem von einem Kriegsheere gebraucht, wofür jetzt Macht üblich ist. In welcher Bedeutung Chraft schon bey dem Stryker für Kriegsheere vorkommt. So will ich euch mit ganzer Kraft Und dem andern volck drucken nach, Theuerd. Kap. 81. Der Ausdruck mit Heeres Kraft, d. i. mit einem Zahlreichen Kriegsheere, kommt noch in den Schriften des vorigen Jahrhundertes häufig vor, ist aber gleichfalls veraltet, so wie in der biblischen Bedeutung, wo es einige Mahl für mächtige, mit großer Kraft begabte Geschöpfe gebraucht wird. 2. In weiterer Bedeutung, der Grund gewisser Veränderungen in einem Dinge; wozu also nicht nur das Vermögen und die Fähigkeit gehöret, solche Veränderungen zu verursachen, sondern auch das Bestreben darnach. 1) Überhaupt. Gott erhält die Welt durch seine unendliche Kraft. Die Kräfte der Natur haben noch nicht abgenommen. Die Seele hat eine Kraft zu denken, zu wollen, sich zu erinnern u. s. f. Die obern Kräfte der Seele, die untern Kräfte. Die Einbildungskraft, Erkenntnißkraft, Erinnerungskraft, Bewegungskraft u. s. f. 2) Besonders, wo es so viele Arten von Kräften gibt, als es Veränderungen gibt. Im gemeinen Leben hat eine Speise Kraft oder Kräfte, wenn sie viele nährende Theile hat. In der Arzeneykunde hat ein Ding eine Kraft oder Kräfte, wenn es ein mit Bestreben verbundenes Vermögen besitzt, Veränderungen, und in engerer Bedeutung heilsame Veränderungen, in dem thierischen Körper hervor zu bringen. Die Heilkräfte einer Arzeney. In der Moral legt man dem Worte Gottes, einer Lehre, einem Vortrage, Kraft bey, wenn selbige ein bestrebendes Vermögen haben, auf den Willen zu wirken, Veränderungen in dem menschlichen Geiste hervor zu bringen. Bey den Rechtsgelehrten geht ein Unheil in seine Kraft, wenn es vollzogen werden kann und muß, ( S. Rechtskräftig.) Und so in andern Fällen mehr. Dahin gehöret auch der adverbische Gebrauch dieses Wortes, wo es mit der zweyten Endung für vermöge stehet. Kraft meines Versprechens; Kraft der Gesetze, Kraft des mir aufgetragenen Amtes, nicht, wie es wohl zuweilen heißt, Kraft meines tragenden Amtes. Im Oberd. ist dafür in Kraft üblich. 3. In noch weiterer Bedeutung wird es häufig von dem bloßen Vermögen, eine Bewegung, und in weiterer Bedeutung, eine Veränderung hervor zu bringen, gebraucht, wenn gleich solches mit keiner Bemühung verbunden ist, dieses Vermögen zu äußern. Daher sagt man, die Kraft der Seele, die Kräfte einer Arzeney u. s. f. auch wenn sie im Stande der Ruhe ohne ein wirksames Bestreben gedacht werden.

Anm. Bey dem Kero Chraft, der es aber auch für Tugend gebraucht, doch vermuthlich nach einer buchstäblichen Übersetzung des Lat. Virtus; bey dem Ottfried Kraft, bey dem Notker und Willeram Chraft, im Niederdeutschen, nach der nicht ungewöhnlichen Verwechselung des f und ch, Kracht, wie achter für after, Lachter für Klafter, bey den Schwäbischen Dichtern gleichfalls Kraht, im Dän. und Schwed. Kraft. Da alle abstracte Bedeutungen in allen Sprachen Figuren sinnlicher Bedeutungen sind, so ist es sehr wahrscheinlich, daß dieses Wort von greifen, mit den Händen fassen, abstammet, so wie das Niederdeutsche Kracht zunächst von kriegen, in eben dieser Bedeutung, herkommt. Kraft würde also eigentlich den Griff, oder einen derben starken Griff bezeichnen, welches mit dessen ersten Bedeutung der körperlichen Stärke sehr gut überein kommt, und zugleich den Nebenbegriff der Bemühung, des Bestrebens erläutert. Es finden sich auch Spuren, daß Kraft wirklich in dieser Bedeutung gebraucht worden; wenigstens kommt dreykräftig in ältern Schriften mehrmahls für dreyzackig vor. Im Wallis. bedeutet cryf stark, im Isländ. kröfr robust, im Angels. Croeft und im Engl. Craft die Kunst, im Schwed. kraftig, stark. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Kraft, Macht, und das Lat. crudus, für stark, kräftig, cruda Deo viridisque senecta, Virgil, gehören gleichfalls dahin, und kommen dem Niederdeutschen Kracht nahe, wo nur der Hauchlaut eingeschoben worden. S. 2. Kriegen.


Kraftbrühe (W3) [Adelung]


Die Kraftbrühe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, eine kräftige Brühe oder Suppe, die Kraftsuppe. In engerer Bedeutung, eine kräftige Fleischbrühe, in welcher die nährende Kraft des Fleisches concentriret worden.


Kräftig (W3) [Adelung]


Kräftig, -er, -ste, adj. et adv. viele Kraft habend. 1) * In der Bedeutung des Hauptwortes, von körperlichen Kräften; in welcher es doch nicht mehr gebraucht wird. Sie sind kräftig worden aus der Schwachheit, Ebr. 11, 34. 2) In der zweyten Bedeutung des Hauptwortes, wo es doch nur in verschiedenen besonderen Fällen gebraucht wird, einen beträchtlichen Grad des Vermögens habend, gewisse Veränderungen hervor zu bringen, und diesen Grad des Vermögens andern mittheilend, auch in der weitesten Bedeutung, des bloßen Vermögens ohne dessen Äußerung. Kräftige Speisen, kräftige Brühen, welche Kraft haben und gewähren. Eine kräftige Arzeney, welche den Grund einer vortheilhaften Veränderung in dem thierischen Körper enthält. Ein kräftiger Wein. Eine kräftige Fürbitte, welche ihre Absicht erreicht, die verlangte Wirkung thut. Eine kräftige Wahrheit, welche Einfluß auf den Willen anderer hat. Die Menschenliebe ist eigentlich nichts als das aufrichtige und kräftige Verlangen, die Wohlfahrt aller vernünftigen Geschöpfe zu befördern, Gell. In den Rechten ist kräftig so viel als gültig, und unkräftig ungültig. Der Contract ist nicht kräftig. Ein kräftig gemahltes Bild, in der Mahlerey, welches einen starken vortheilhaften Eindruck auf das Auge macht, wo die Lichter stark sind und die Schatten die Gegenstände gehörig abründen.

Anm. Bey dem Ottfried kreftig, der es auch für stark und mächtig gebraucht, im Niederdeutschen krachtig. Das Oberdeutsche Nebenwort kräftiglich ist im Hochdeutschen veraltet.


Kräftigen (W3) [Adelung]


* Kräftigen, verb. reg. act. Kraft geben; ein im Hochdeutschen veraltetes Wort. Gott wird euch kräftigen, 1 Pet. 5, 19. In bekräftigen ist es noch im figürlichen Verstande üblich, so wie dessen Stammwort kräften in entkräften auch noch im eigentlichen Sinne gebraucht wird.


Kraftlos (W3) [Adelung]


Kraftlos, -er, -este, adj. et adv. der Kraft beraubt, keine Kraft habend, in allen Bedeutungen des Hauptwortes. Die Mächtigen werden kraftlos, Hiob 34, 20. Eine kraftlose Arzeney. Kraftlose Speisen. Das Vieh wird aus Mangel des Futters kraftlos. Die Fehler des Innersten machen alle äußere Annehmlichkeiten kraftlos. Ein. kraftloser Fluch. Ein kraftloses Gebeth. Etwas kraftlos machen, ungültig. Schon bey dem Notker chrastelos. S. Unkräftig, welches noch in einigen Stücken davon verschieden ist.


Kraftlosigkeit (W3) [Adelung]


Die Kraftlosigkeit, plur. inus. die Eigenschaft, da ein Ding kraftlos ist. Die Blüthe der Gesundheit, wie bald verwelkt sie in Kraftlosigkeit und Ohnmacht! Gell. Die Kraftlosigkeit des Gebethes, eines Vortrages, eines Contractes u. s. f.


Kraftmehl (W3) [Adelung]


Das Kraftmehl, des -es, plur. inus. das feinste Weitzenmehl, welches ohne Mühle bereitet wird, und die ganze Kraft des Weitzens in sich vereiniget; Stärkmehl. S. Amelmehl.


Kraftmilch (W3) [Adelung]


Die Kraftmilch, plur. car. in den Apotheken, ein stärkender Trank, in Gestalt einer Milch; Lac confortans.


Kraftwasser (W3) [Adelung]


Das Kraftwasser, des -s, plur. inus. eben daselbst, ein stärkender sehr flüssiger dünner Trank; Aqua confortans.


Kraftwurzel (W3) [Adelung]


Die Kraftwurzel, plur. die -n, eine Nord-Amerikanische Pflanze, deren Wurzel der Japanische Zuckerwurzel gleicht, und das Blut und die Säfte reiniget und verdünnet; Panax L.


Kragen (W3) [Adelung]


Der Kragen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches theils den Begriff der Hervorragung, theils der kranken Hervorragung, theils aber auch den Begriff der Vertiefung, der Höhle hat, aber nur noch in einigen Fällen gebraucht wird. 1) Der bloßen Hervorragung, wo es nur noch in den zusammen gesetzten Kragstein üblich ist, und zunächst zu dem Zeitworte ragen gehöret, welches hier nur den gewöhnlichen Gaumenlaut angenommen hat, ( S. Kragstein.) 2) Verschiedene Arten hervor ragender Kleidungsstücke um den Hals haben von alten Zeiten her den Nahmen der Kragen geführet, welche aber, so wie alle Kleidungsstücke, durch die Mode gar sehr abgeändert worden. So war der breite Saum am Hemde, welchen man nochmahls über das Kleid heraus legte, und ihn endlich gar kraus machte, unter dem Nahmen des Kragens bekannt. Mit der Zeit machte man ein eigenes Stück daraus, welches den Hals in Gestalt eines Rades umgab, viele krause Falten hatte, und noch an vielen Orten von den Geistlichen, so wie noch an einigen von den Rathspersonen, getragen, und auch die Krause genannt wird. Eine andere Art der Kragen, welche geistliche Personen an vielen Orten tragen, bestehet in zwey viereckten Läppchen, welche um den Hals gebunden, und auch das Läppchen genannt werden. Aus diesen Arten von Kragen entstanden die Kragen auf den Mänteln und Oberröcken, den Hals damit im Nothfalle zu bedecken. Daher der Hemdkragen, der breite Saum am Hemde, der Halskragen, Rockkragen u. s. f. Der Ringkragen der Officiers ist aus dem Kragen an den ehemaligen Panzern entstanden, S. dieses Wort. Im Schwed. Krage, im Dän. mit verändertem Ableitungslaute Krave. Es scheinet, daß auch hier der Begriff der Hervorragung der herrschende ist; da indessen diese Art der Kleidungsstücke allemahl am Halse befindlich ist, so kann das Wort hier auch als eine Figur der folgenden 4ten Bedeutung angesehen werden. 3) Im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, führet das Gekröse der geschlachteten Thiere den Nahmen des Kragens. Wenn man die Ableitungssylbe wegnimmt, so gehöret es in dieser Bedeutung unmittelbar zu dem Worte kraus, welches wiederum zu dem Geschlechte der Wörter ragen, rauh und rauch gehöret. 4) Der Hals; eine nur noch in den niedrigen Sprecharten übliche Bedeutung. Sich den Kragen füllen, sich satt essen, im verächtlichen Verstande. Jemanden bey dem Kragen fassen. Opitz gebraucht es zwar in dieser Bedeutung Ein Mahl bey einer sehr ernsthaften Gelegenheit: Wie der Balsam rinnt, Den Aaron auf seine Scheitel geußt, Daß er durch Bart und Kragen fleußt, Pf. 133; welches aber wegen des niedrigen Nebenbegriffes, welcher diesem Worte im Hochdeutschen anklebt, nicht nachzuahmen ist. Im Holländ. ist Kraeghe, im Engl. Crag, im Schwed. Krage, der Hals, und im Schottischen Crag der Nacken. Entweder gleichfalls von der Hervorragung, oder welches noch wahrscheinlicher ist, von der Vertiefung, so wohl von der innern Höhle des Halses, als auch von der äußern Vertiefung, wie Hals von hohl; daher der Kropf der Vögel im Engl. Craw, im Schwed. Kroge und im Dän. Kroe genannt wird. ( S. Grube, Gruft, Kropf, Krug, der Krächzen u. s. f. welche alle damit verwandt sind. 5) Figürlich bekommen auch einige Theile an verschiedenen Werkzeugen, welche sonst auch unter dem Nahmen des Halses bekannt sind, den Nahmen des Kragens. So wird der Hals an einer Bouteille oder Flasche an einigen Orten der Kragen genannt, und an andern führet der Hals einer Laute oder eines andern musikalischen Instrumentes diesen Nahmen.

Anm. Es ist in allen Sprachen etwas sehr gewöhnliches, daß diejenigen Wörter, welche eine Erhöhung bezeichnen, auch eine ähnliche Vertiefung ausdrucken, daher man sich über die Zusammenkunft beyder Begriffe in diesem Worte nicht verwundern darf. Im Böhm. ist Krag der Rand, die Gränze, im Wend. Kruch ein Stück, Abschnitt, und kraju abschneiden. Der Plural von Kragen lautet im Oberdeutschen Krägen; im Hochdeutschen bleibt der reine Selbstlaut gewöhnlich ungeändert.


Kragstein (W3) [Adelung]


Der Kragstein, des -es, plur. die -e, in der Baukunst, ein vor andern hervor ragender Stein in einer Mauer, besonders so fern er dazu dienet, einen Balken zu tragen; daher auch eine starke hervor ragende Stange Eisen, so fern sie zu eben dieser Absicht bestimmt ist, figürlich ein Kragstein genannt wird. An einigen Orten der Kraftstein, Balkenstein, Nothstein, Käpfer, Kopf. In der Säulenordnung ist es ein großes Glied in dem Hauptgesimse der Römischen und Korinthischen Ordnungen, welches den Kopf eines über die Mauer hervor ragenden Balkens vorstellet. Im Böhmischen Kranstein. Von ragen, hervor ragen, mit vorgesetztem Gaumenlaute, S. das vorige und Ragen, Rauh.


Krähe (W3) [Adelung]


Die Krähe, plur. die -n, eine Art Vögel mit drey bloßen Vorderzehen und einer Hinterzehe, mit geschuppten schwärzlichen Füßen, einem oben gewölbten, am Ende etwas gebogenen und an der Wurzel haarigen Schnabel, welche zu dem Geschlechte der Raben gehöret, nur daß sie kleiner ist; Corvus Cornix Klein L. Die gewöhnlichste ist die schwarze Krähe oder Rabenkrähe, welche auch Feldrabe und Mittelrabe genannt wird. Man hat aber auch graue, bunte, weiße, gelbe, gelbgraue und aschgraue Krähen. Die Karechel oder Haferricke ist ganz schwarz, hat aber an der Wurzel des Schnabels ein weißes hornichtes Wesen. Sprichw. es hacket keine Krähe der andern die Augen aus, die Bösen lassen nicht gern etwas auf einander kommen.

Anm. In den Monseeischen Glossen Chraio, bey dem Hornegk Chra, in Oberschwaben Chrä, im Nieders. Kreie, Kraie, im Holländ. Kray, im Angels. Crawe, im Engl. Crew, im Dän Kräge, im Schwed. Kraka, im mittlern Lat. Gragula, Gracilla, im Ital. Gracchia; alle als eine Nachahmung des widerlichen rauhen eintönigen Geschreyes, wohin auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Lat. Cornix gehören. S. das folgende


Krähen (W3) [Adelung]


Krähen, verb. reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben erfordert, und ehedem schreyen überhaupt bedeutere, aber jetzt nur noch von dem lauten Schreyen des Haushahnes gebraucht wird. Der Hahn krähet, hat gekrähet. Mit gebogenem Hals steht hoch auf der Leiter der Haushabir Und kräht Freud in den Hof, Zachar. Darnach wird kein Hahn krähen, darum wird sich niemand bekümmern.

Anm. Bey dem Ottfried krahen, irkraen, im Tatian craan, im Nieders. kreyen, kreggen, im Engl. to crow. Es ist eine Nachahmung des Schalles und wurde ehedem für schreyen überhaupt gebraucht, welche Bedeutung noch das Franz. crier, Engl. to cry und unser schreyen hat, welchem nur der Zischlaut vorgesetzet worden. Daher war ehedem auch Krey und Gekrey so viel wie Geschrey, und in engerer Bedeutung das Feldgeschrey. S. von diesem und andern veralteten verwandten Wörtern Frischens Wörterbuch. Das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und unser kreischen, kreißen, krächzen, Krakeel u. a. sind genau damit verwandt. Von dem Krähen der Hähne haben die Italiäner eine andere Onomatopöie, oucurire, womit das Böhmische kokrhati, und das in den niedrigen Sprecharten übliche Rükerükü, das Geschrey des Hahnes nachzuahmen, und Rükerühahn, ein Haushahn, gehören.


Krähenauge (W3) [Adelung]


Das Krähenauge, des -s, plur. die -n. 1) Das Auge einer Krähe. 2) Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeiten in der Gestalt, der runde, platte, graue, haarige, Kern der Frucht eines Ostindischen Baumes, welcher gleichfalls den Nahmen der Krähenaugen führet, und bey dem Linnee Strychnos Nux vomica heißt. Der Kern hat einen bittern und ekeln Geschmack, eine berauschende und betäubende Wirkung, und verursacht so wohl übermäßiges Erbrechen, als auch Zuckungen und gefährliche Nervenzufälle. Im Nieders. Kraansogen.


Krähenbeere (W3) [Adelung]


Die Krähenbeere, plur. die -n, die Frucht des Felsenstrauchs, Empetrum L. Dän. Kragebeere, entweder wegen ihrer schwarzen Farbe, oder auch von dem alten noch im Engl. üblichen Crag, ein Felsen.


Krähenfuß (W3) [Adelung]


Der Krähenfuß, des -es, plur. die -füße. 1) Der Fuß einer Krähe. 2) Im Scherze nennet man ungeschickt geschriebene Züge oder Buchstaben Krähenfüße. 3) Ohne Plural, eine Pflanze, welche eine Art des Wegerichs ist, und gleich breite gezähnte Blätter hat; Plantago Coronopaus L. wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt der Blätter. Um eben deßwillen führen auch einige Arten des Hahnenfußes, Ranuculus amplexicaulis, bulbosus und repens L. an einigen Orten, und an andern die Schweinskresse, Cochlearia Coronopus L. den Nahmen des Krähenfußes.


Krähenhütte (W3) [Adelung]


Die Krähenhütte, plur. die -n, bey den Jägern, eine Hütte, aus derselben auf Krähen und Raben zu schießen; die Rabenhütte.


Krähenklaue (W3) [Adelung]


Die Krähenklaue, plur. die -n. 1) Die Klaue einer Krähe. 2) Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, wird an einigen Orten, z. B. um Zelle, der Bärlapp, Lycopodium clavatum L. ( S. Bärlapp,) an andern aber eine Art des Steinklees, Lotus corniculatus L. Krähenklaue genannt.


Krähenzehe (W3) [Adelung]


Die Krähenzehe, plur. inus. an einigen Orten, ein Nahme des Wasserwegerichs, welcher auch Rabenfuß genannt wird; Plantago maritima L. S. Krähenfuß.


Krähspecht (W3) [Adelung]


Der Krähspecht, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, ein Nahme des Schwarzspechtes; vermuthlich wegen der Ähnlichkeit der schwarzen Farbe, daher er auch von andern Holzkrähe genannt wird.


Krahnbalken (W3) [Adelung]


Der Krahnbalken, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der Balken auf dem Ständer eines Krahnes, an dessen Ende die Zugrolle befindlich ist. 2) Zwey vorspringende Balken vorn am Schiffe, die Anker daran aufzuwinden; wo wenigstens die Ähnlichkeit mit dem Kraniche wegfällt, daher wenigstens in dieser Bedeutung der Begriff des Ziehens, ( S. das vorige,) oder auch der Hervorragung, ( S. Kragen und Kragstein,) der herrschende seyn muß.


Krahngefälle (W3) [Adelung]


Die Krahngefälle, sing. inus. dasjenige, was für den Gebrauch des Krahnes bey Ein- und Ausladung der Schiffe bezahlet wird.


Krahngehäuse (W3) [Adelung]


Das Krahngehäuse, des -s, plur. ut nom. sing. das Gehäuse, d. i. die Seitenwände, eines Krahnes.


Krahngerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Krahngerechtigkeit, plur. inus. S. Krahnrecht.


Krahnmeister (W3) [Adelung]


Der Krahnmeister, des -s, plur. ut nom. sing. in Häfen und Handelsstädten an großen Flüssen, derjenige, welcher die Aufsicht über einen Krahn hat, die Ein- und Ausladung der Waaren besorget, und zuweilen zugleich den gesetzten Zoll für dieselben einnimmt.


Krahnrad (W3) [Adelung]


Das Krahnrad, des -es, plur. die -räder, das Rad an einem Krahne, vermittelst dessen die Last gehoben wird.


Krahnrecht (W3) [Adelung]


Das Krahnrecht, des -es, plur. inus. 1) Das Recht, einen öffentlichen Krahn zu halten. 2) In engerer Bedeutung, das Recht des Landesherren, die Schiffer zu verbinden, daß sie alle ihre Waaren an einem bestimmten Orte ausladen und verzollen müssen; die Krahngerechtigkeit.


Krahnschreiber (W3) [Adelung]


Der Krahnschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. der Schreiber bey einem Krahne, welcher die Rechnungen über die ein- und ausgeschifften Waaren u. s. f. führet.


Krahnständer (W3) [Adelung]


Der Krahnständer, des -s, plur. ut nom. sing. der Ständer, d. i. senkrechte Baum, eines Krahnes, worauf die ganze Maschine ruhet.


Krail (W3) [Adelung]


Der Krail, S. Kräuel.


Krakeel (W3) [Adelung]


Der Krakeel, des -es, plur. inus. ein nur in den gemeinen Mundarten übliches Wort, einen heftigen Zank und Streit zu bezeichnen. Krakeel anfangen. Daher krakeelen, heftig zanken, und der Krakeeler, ein Zänker, welcher überall Zank und Streit anfängt. Holländ. Krackeel, Schwed. Krakel. Richey hält es für eine Verderbung des Franz. Querelle und Quarrell. Allein es scheinet vielmehr eine Nachahmung des Geräusches, ein Ausdruck des mit einem heftigen Zanke verbundenen Schreyens zu seyn, und folglich zu dem Geschlechte der Wörter krähen, schreyen, krächzen, krachen zu gehören. Krijölen ist in den niedrigen Sprecharten für laut schreyen üblich.


Kraken (W3) [Adelung]


Der Kraken, des -s, plur. ut nom. sing. eine Norwegische Benennung des größten Seeungeheuers, welches sich zuweilen in den nördischen Gewässern sehen lassen soll, und gegen welches die Wallfische Zwerge sind, wenn alle die Erzählungen wahr sind, welche die Norweger davon haben, und welche Pontoppidan, vielleicht mit zu vieler Leichtgläubigkeit, gesammelt hat. Indessen gedenket schon Plinius eines ähnlichen Seeungeheuers, welches er Ozaena nennet, und es zu den Polypen rechnet. Einige nennen es die Seekrabbe.


Kralle (W3) [Adelung]


Die Kralle, plur. die -n, Diminut. das Krällchen, eine im gemeinen Leben übliche Benennung der Klauen, d. i. der krummen hornartigen, am Ende spitzigen Auswüchse, an den Zehen der Thiere und Vögel. Die Katze schlägt ihre Krallen in die Maus, der Löwe seine Krallen in das Thier, welches er gefangen hat. Der Vogel Jupiters schlägt so die mächtigen Krallen In ein geputztes Lamm, Zachar. In Franken im männlichen Geschlechte, der Kräul. Bey den Jägern werden nur die Klauen der Luchse Krallen genannt. S. Kräuel, zu welchem Worte es gehöret.


Krällen (W3) [Adelung]


Krällen, verb. reg. act. mit den Krallen oder Klauen verwunden, besonders von den Katzen, wo es für kratzen gebraucht wird. Wer mit Katzen spielt wird gekrällt. Im Nieders. ist krallen figürlich, stehlen.


Kram (W3) [Adelung]


Der Kram, des -es, plur. inus. von dem Zeitworte kramen. 1. Der Handel im Einzelnen, im Kleinen, ingleichen der Handel mit unerheblichen Dingen. Diminut. das Krämchen. Einen Kram anfangen. Der Kram gehet. Jemanden den Kram verbiethen. Der Elsenkram, Käsekram, Gewürzkram, Galanterie-Kram u. s. f. der Handel mit Eisenwaaren, mit Käse, mit Gewürzen, mit Galanterie-Waaren. 2. Der Gegenstand des Krames, die Waaren, womit man im Kleinen handelt. 1) Eigentlich. Seinen Kram auslegen, auspacken, einlegen, einpacken. Das dienet nicht in seinen Kram, figürlich, ist nicht für ihn, ist ihm nicht brauchbar, ist nicht nach seinem Geschmacke. Seinen Kram auf den Rücken herum tragen. 2) Figürlich, der Gegenstand, womit man sich gewöhnlich beschäftiget. Wenn man für nichts Augen hat als nur für seinen Kram. Ingleichen ein jeder Handel, ein Geschäft, eine Sache, im verächtlichen Verstande. Das verdirbt mir den ganzen Kram. Ich würde gewiß den ganzen Kram verrathen. Das ist ein böser Kram, eine böse Sache. 3. Der Ort, wo man dergleichen Waaren feil hat, die Krambude, der Laden; doch nur noch zuweilen im gemeinen Leben. Einen Kram aufschlagen, eine Bude. Seinen Kram aufmachen, zumachen. Im Krame sitzen, in der Bude, in dem Laden. Anm. In der letzten Bedeutung schon im Schwabensp. Crame; im Nieders. Kraam, im Pohln. Kram, im Dän. und Schwed. gleichfalls Kram. ( S. Kramen.) Die Niedersachsen haben noch ein anderes gleichlautendes aber der Bedeutung und Abstammung nach ganz verschiedenes Wort, indem bey ihnen Kram das Wochenbelt bedeutet. In den Kram kommen, in die Wochen. Daher ist bey ihnen Krammutter die Kindbetterinn Kramvater deren Mann, die Kramsteuer das Wochengeschenk, kramen im Kindbette seyn, Mißkram eine unzeitige Niederkunft u. s. f. Tuinmann leitete es in dieser Bedeutung, dem Bremisch-Nieders. Wörterbuche zu Folge, von dem Niederdeutschen karmen, kermen, winseln, kreißen her. S. Krampf Anm.


Krambude (W3) [Adelung]


Die Krambude, plur. die -n, eine Bude, worin Kramwaaren verkauft werden; die Krämerbude.


Kramdiener (W3) [Adelung]


Der Kramdiener, des -s, plur. ut nom. sing. der Handlungsdiener eines Krämers.


Krämen (W3) [Adelung]


Krämen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Eigentlich, bewegliche Dinge mit einem gewissen Geräusche hin und wieder setzen. Bey den Büchern kramen, sie von einer Stelle auf die andere setzen. Im Hause herum kramen. Einkramen, ordentlich hinein setzen oder stellen. Auskramen, von einander setzen oder stellen, ingleichen hinaus, aus einem Orte stellen. Die Waaren ein- und auskramen. Er muß immer etwas zu kramen haben, in Ordnung zu stellen. 2) Figürlich, im Kleinen, ingleichen mit geringen Waaren handeln. Der Markt lehrt kramen.

Anm. In der letzten Bedeutung im Böhm. kramariti. Die Wortforscher haben sich über dieses Wort nicht vergleichen können. Alle haben die zweyte Bedeutung für die erste, und die erste, die doch den wenigsten bekannt gewesen ist, für eine Figur derselben gehalten. In diesem Vorurtheile leitet Wachter das Wort Kram von Mark, der Handel, her, Haltaus eben so gezwungen vom Ram, der Rand, Frisch von dem Ital. comprare, kaufen, anderer zu geschweigen. Allein, es ist wohl gewiß, daß die Bedeutung des Hin- und Wiederstellens die erste in diesem Worte ist, und da scheinet es ein natürlicher Ausdruck des damit verbundenen Geräusches zu seyn, und zu dem Geschlechte der Wörter klampen, klämpern, klimpern, räumen, zu gehören. Auf ähnliche Art stammet Handel von handen, hantiren, her. Im Oberdeutschen heißt ein Krämer auch Grempe, Grämpel. Grämpler, der Kram der Grämpel, und im Kleinen handeln grämpeln.


Krämer (W3) [Adelung]


Der Krämer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Krämerinn, eine Person, welche im Kleinen handelt, Waaren im Kleinen um des Gewinstes willen verkaufet, zum Unterschiede von einem Kaufmanne im engern Verstande. Ein kleiner Krämer. Ein Eisenkrämer, Galanterie-Krämer, Käsekrämer, Gewürzkrämer u. s. f. Jeder Krämer lobt seine Waare. ( S. Kaufmann,) wo der Unterschied von Krämer gezeiget worden.

Anm. Im gemeinen Leben Kramer, im Schwed. Kraemare, im Slavonischen Kramar, im Ungar. Kalmar.


Krämerey (W3) [Adelung]


Die Krämerey, plur. inus. der Kram, d. i. die Handlung im Kleinen. Krämerey treiben.


Krämerbude (W3) [Adelung]


Die Krämerbude, S. Krambude.


Krämergewicht (W3) [Adelung]


Das Krämergewicht, S. Handelsgewicht.


Kramerhandwerk (W3) [Adelung]


Das Kramerhandwerk, des -es, plur. die -e, diejenigen Handwerke, in welchem die Arbeiten auf den Kauf gemacht werden, und welche richtiger Kramhandwerke, oder kramende Handwerke heißen, weil sie mit einem Krame verbunden sind; im Gegensatze der Lohnhandwerke. Daher der Kramerhandwerker, oder kramende Handwerker, ein Handwerksmann, welcher seine Waaren auf den Kauf macht.


Kramerhaus (W3) [Adelung]


Das Kramerhaus, des -es, plur. die -häuser, an einigen Orten, ein öffentliches Haus, in welchem die Krämer ihre Waaren feil haben.


Kramerinnung (W3) [Adelung]


Die Kramerinnung, plur. die -en, die Innung der Krämer an einem Orte; im Nieders. die Krämergülde, das Krämeramt, an andern Orten die Kramerzunft.


Kramerkümmel (W3) [Adelung]


Der Kramerkümmel, des -s, plur. inus. der Römische Kümmel, welchen man an den Speisen braucht, und bey den Krämern kauft; der Kramkümmel, zum Unterschiede von dem Feld-Wiesen und Schwarzkümmel.


Kramerlade (W3) [Adelung]


Die Kramerlade, plur. die -n, die Lade der Kramerinnung, das Verhältniß ihrer Freyheitsbriefe und Statuten.


Krämerland (W3) [Adelung]


* Das Krämerland, des -es, plur. die -länder, ein Land, in welchem viele Krämer und Kaufleute wohnen, in welchem ein ansehlicher Handel getrieben wird; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, welches nur Czech. 17, 4 vorkommt. Eben so ungewöhnlich ist das Zephan 1, 11 befindliche Krämervolk, mehrere Krämer und Kaufleute zu bezeichnen.


Krämermeister (W3) [Adelung]


Der Krämermeister, des -s, plur. ut nom. sing. der Obermeister der Krämerinnung eines Ortes.


Kramerpfund (W3) [Adelung]


Das Kramerpfund, des -es, plur. die -e, ein Pfund nach dem Kramergewichte, S. Handelsgewicht.


Kramerwage (W3) [Adelung]


Die Kramerwage, plur. die -n, eine Wage mit gleich langen Armen, so wie sie die Krämer gebrauchen; zum Unterschiede von einer Schnellwage.


Kramhandwerk (W3) [Adelung]


Das Kramhandwerk, S. Kramerhandwerk.


Kramknecht (W3) [Adelung]


Der Kramknecht, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, ein Nahme der Ballenbinder oder Packer.


Kramkümmel (W3) [Adelung]


Der Kramkümmel, S. Kramerkümmel.


Kramladen (W3) [Adelung]


Der Kramladen, des -s, plur. die -läden, ein Laden, in welchem Kramwaaren feil gebothen oder verkauft werden.


Kramme (W3) [Adelung]


Die Kramme, S. Krampe.


Krammetsbaum (W3) [Adelung]


Der Krammetsbaum, des -es, plur. die -bäume, eine in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, übliche Benennung des Wachholders, dessen Beeren daselbst auch Krammetsbeeren genannt werden. Vollständiger lautet dieses Wort in Baiern und andern Gegenden Kranawetbaum, Kronawed. Die letzte Sprechart scheinet die richtigste zu seyn, und zugleich eine bessere Abstammung an die Hand zu geben als Frisch und andere geliefert haben. Wed, Wied, Engl. Wood, ist ein altes Wort, welches Holz und Strauch bedeutet. Der Wachholder ist wegen seiner immer grünen Taugeln von je her merkwürdig gewesen, daher er auch im Deutschen Wachholder heißt. Die erste Hälfte des Wortes Krana, oder nach der Baierischen Mundart Krona, scheint so viel als grün zu seyn, so daß der ganze Nahme grünes Holz oder Grünholz bedeuten würde. Frisch leitet den Nahmen von Granum und Weck, quick, queck, lebendig her; eine Ableitung, welche wohl nicht gezwungener seyn kann.


Krampe (W3) [Adelung]


Die Krampe, plur. die -n, ein Wort, in welchem sich der Begriff der Krümme mit dem Begriffe des Haltens vereiniget, eine besondere Art von Haken zu bezeichnen. 1) Ein zusammen gebogenes Eisen mit zwey Spitzen, welche letztern in das Holz geschlagen werden, einen Riegel in der gebliebenen Öffnung aufzunehmen, oder eine Klampe darüber zu legen, wird eine Krampe, im Oberd. aber auch ein Kloben, genannt. Auch der Schließhaken an einer Thür, das mit einem Einschnitte versehene Eisen, worein die Klinke fällt, führet an einigen Orten diesen Nahmen. 2) Die Clausuren oder das Gesperre an den Büchern, sie bestehen nun aus Haken, oder aus metallenen kleinen Platten mit runden Löchern, führen gleichfalls den Nahmen der Krampen. 3) Bey den Nadlern ist die Krampe ein Klotz mit einer Krampe oder einem halben Ringe am Ende, den Draht zu den Nadelköpfen dadurch auf die Kopfspindel zu spinnen; Franz. Porte. 5) In den Niederdeutschen Marschländern werden die hölzernen Pflöcke mit Haken, womit das Stroh an den Deichen befestiget wird, Krammen genannt, wo auch das Zeitwort krampen, das Stroh auf solche Art befestigen, bedeutet.

Anm. Im Nieders. und Holländ. gleichfalls Krampe, im Engl. Cramp-iron, im Französ. Crampe und Crampon, im Ital. Sgramsfo, im Schwed. Krampe, welche zum Theil auch eine Klammer bedeuten. Es gehöret mit dem folgenden Krämpe und Krampf zu dem Worte krumm, und bezeichnet eigentlich ein krummes Ding.


Krämpe (W3) [Adelung]


Die Krämpe, plur. die -n, der in die Höhe gebogene Theil eines Dinges, besonders des Hutes, außer welchem Falle es im Hochdeutschen nicht leicht mehr gebraucht wird. Die Krämpe des Hutes niederlassen, den Hut niederkrämpen, im Gegensatze des Aufkrämpens. Im Nieders. Krämpe, welches aber auch von dem Aufschlage eines Kleides gebraucht wird. Es stammet mit dem vorigen Worte gleichfalls von krumm und krümmen her.


Krämpelbank (W3) [Adelung]


Die Krämpelbank, plur. die -bänke, die Bank, worauf die Krämpeln der Wollkämmer befestiget sind.


Krampelkamm (W3) [Adelung]


Der Krampelkamm, des -es, plur. die -kämme, die Krämpel, S. dieses Wort.


Krampeln (W3) [Adelung]


Krampeln, verb. reg. act. mit der Krämpel bearbeiten oder reinigen. Gekrämpelte Wolle. Wolle, Pferdehaare krämpeln.


Krämpel-Rasch (W3) [Adelung]


Der Krämpel-Rasch, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, Rasch von kurzer, d. i. gekrämpelter Wolle; Tuchrasch.


Krämpel-Sarsche (W3) [Adelung]


Die Krämpel-Sarsche, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, Sarsche von gekrämpelter Wolle; Tuch-Sarsche.


Krämpen (W3) [Adelung]


Krämpen, verb. reg. act. 1) Biegen; doch nur von den Hutkrämpen, und in den Zusammensetzungen aufkrämpen und niederkrämpen, ( S. Krämpe). 2) Das Tuch krämpen, bey den Schneidern, S. Krimpen.


Krampf (W3) [Adelung]


Der Krampf, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die Krämpfe, eine schnelle und unwillkürliche Zusammenziehung eines oder mehrerer Muskeln in den thierischen Körpern; Spasmus. Den Krampf bekommen. Mit Krämpfen behaftet, den Krämpfen ausgesetzet seyn. Wenn zwey einander entgegen wirkende Muskeln von dem Krampfe befallen werden, so entstehen daraus Verzuckungen. Die Krämpfe bekommen bey den Ärzten nach Maßgebung des Ortes, wo sie sich äußern, der Stärke u. s. f. besondere Nahmen. So wird der Krampf in den Fleischfasern der Gedärme die Kolik genannt. Anm. Im Nieders. Kramm, Kramp und Kramm, im Engl. Cramp, im Franz.. Crampe, im Ital. Granso, im mittlern Lat. Crampa, im Dän. Krampe, im Schwed. Krampa. Ohne Zweifel von krimpen und krümmen, weil jeder Krampf mit einer Zusammenziehung und oft mit einer Krümmung der damit befallenen Glieder begleitet ist. In weiterer Bedeutung wurde es ehedem von heftigen Schmerzen, besonders des Gemüthes gebraucht. ( S. Bergkrampf.) Im Schwed. ist Krämpa eine jede Krankheit, im Niedersächsischen aber Kampe Elend, Noth, Herzeleid, in welchem Worte nur der zufällige Gaumenlaut fehlet. S. Krimmen und Krimpen.


Krampfader (W3) [Adelung]


Die Krampfader, plur. die -n, in der Arzeneywissenschaft, durch unnatürliche, durch eine Geschwulst verursachte Erweiterung einer Blutader; Varix, der Aderkropf. Daher der Krampfaderbruch, oder Aderbruch, eine Art eines falschen Bruches, welche durch eine Krampfader in und bey den Hoden verursacht wird, eine Geschwulst der Samenadern in dem Gemächte; Cirsocele, Varicocele, Hernia varicosa.


Krampffisch (W3) [Adelung]


Der Krampffisch, des -es, plur. die -e, ein Seefisch, welcher zu dem Geschlechte der Rochen gehöret, und die Eigenschaft hat, daß derjenige, welcher ihn anrühret, eine Art eines heftigen Krampfes mit einem empfindlichen Schmerzen bekommt; Raja Torpedo L. Narcacion Klein. Taubfisch, weil die Gliedmassen dadurch betäubet werden, Zitterfisch, der aber mit dem Zitteraale nicht verwechselt werden muß, Franz. Torpille, in Marseille Dormiliouse.


Krämpfig (W3) [Adelung]


Krämpfig, -er, -ste, adj. et adv. Krämpfe habend, mit Krämpfen bahaftet. Sehr krämpfig seyn.


Krampfsucht (W3) [Adelung]


Die Krampfsucht, plur. inus. S. Kriebelkrankheit.


Kramsvogel (W3) [Adelung]


Der Kramsvogel, S. Krammetsvogel.


Kramwaare (W3) [Adelung]


Die Kramwaare, plur. die -n, Waaren, womit jemand im Kleinen handelt, Waaren, so wie sie die Krämer zu führen pflegen.


Krän (W3) [Adelung]


Der Krän, die Oberdeutsche Benennung des Meerrettiges, siehe Meerrettig.


Kranbeere (W3) [Adelung]


Die Kranbeere, plur. die -n, eine auf dem Harze übliche Benennung der Preiselbeeren, S. dieses Wort.


Kranich (W3) [Adelung]


Der Kranich, des -es, plur. die -e. 1) Eine Art großer Vögel mit drey bloßen Vorderzehen und einer Hinterzehe, welche zu den Sumpfvögeln mit einem geraden, zugespitzten Schnabel gehöret, eine nackte Scheitel, und einen aschgrauen Körper hat. Seine Beine, Stirne, Hinterkopf und Schwungfedern sind schwarz. Durch diese Umstände unterscheidet er sich hinlänglich so wohl von dem Reiher als auch von dem Storche, ungeachtet diese Vögel im gemeinen Leben häufig mit einander verwechselt werden. Ardea Grus L. 2) Ein stehendes Hebezeug in den Seestädten wird gleichfalls zuweilen der Kranich, noch häufiger aber der Krahn genannt, S. dieses Wort.

Anm. In der ersten Bedeutung schon in den alten Baierischen Gesetzen Crano, im Schwabensp. Cranch, im Niedersächsischen und gemeinen Leben der Hochdeutschen Krahn, Krohn, im Angels. Cran und Craen, im Engl. Crane, im Schwed. Kran und Trana, im Dän. Trane, im Wallis. Garan, im mittlern Lat. Grua, im Lat. Grus, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welchen Nahmen man auch daher leitet, weil er der in der Erde liegenden Saat nachsucht. Indessen ist es wahrscheinlicher, daß er diesen Nahmen von seinem unterscheidenden Geschreye hat, welches das Deutsche Krahn und Krohn, und Schwed. Trana, sehr genau ausdrucken, so daß dieses Wort zu krähen, dem veralteten kreyen, jetzt schreyen, und andern dieses Geschlechtes gehören würde.


Kranichzug (W3) [Adelung]


Der Kranichzug, des -es, plur. die -züge, im Hüttenbaue, ein Werkzeug mit einem Haken, woran der Treibehut hänget. S. Krahn.


Krank (W3) [Adelung]


Krank, kränker, kränkeste, adj. et adv. 1. Eigentlich, oder doch mehr eigentlich. 1) * Dünn, schmächtig, schlank. Rose wengel muindel rot si hat Val har lang Kele blank Siten krank, Graf Kraft von Toggenburg, d. i. schlanke Seiten. Wird der rach (Rauch) dann gejagt von der Kluft, so entzündet er sich un wa er krencker ist do beugt er sich als ein Schlang, Buch der Natur 1483, für dünner. 2) * Schwach. Dietreich der ist zu chlaine und zu chranc, Stryker. Menschlich lob ist dir ze krank, Bruder Eberhart von Sar. Eine cranke Vestin, Jeroschin bey dem frisch. Ein kranker Schein, Buch der Natur 1483. Stark fy gy, un ik byn kranck, Reinecke de Boß. Bey den Jägern ist ein Thier krank, wenn es so sehr verwundet ist, daß es sich zu verstecken sucht, sich nicht mehr zu entfliehen getrauet. 3) * Geringe, dem Gehalte nach. In der Brem. Goldschmieds-Rolle von 1392, in dem Brem. Nieders. Wörterb. heißt es von gutem seinen Silber, behalven dat de lödige Mark ein lodt kranker sy. In allen drey Bedeutungen ist es im Hochdeutschen längst veraltet. 2. Figürlich, wo es 1) von thierischen Körpern und deren Theilen gebraucht wird, denjenigen Zustand derselben zu bezeichnen, da sie zu ihren gewöhnlichen Verrichtungen ungeschickt sind, im Gegensatze des gesund. Einen kranken Fuß, eine kranke Hand, einen kranken Kopf, einen kranken Magen haben. Von dem ganzen Körper gebraucht man es nur, wenn sich die innern Theile des Leibes in diesem Zustande befinden, weil nur alsdann eine eigentliche Schwäche damit verbunden ist. Von einem Menschen, der z. B. eine Wunde am Fuße hat, sagt man wohl, er habe einen kranken Fuß, aber nicht, daß er selbst krank sey, es müßten sich denn die Folgen der Verwundung über den ganzen Körper verbreiten, und denselben in denjenigen Zustand der Schwäche versetzen, welchen dieses Wort eigentlich ausdruckt. Krank seyn. Krank darnieder liegen. Tödtlich krank seyn; im gemeinen Leben, todtkrank, sterbenskrank. Ich liege auf den Tod krank, Gell. Am Fieber, an der Schwindsucht, an den Blattern u. s. f. krank liegen. Krank von etwas werden. Jemanden krank machen. Sich krank machen, d. i. stellen. Vor Liebe krank seyn. Man möchte sich krank lachen, im gemeinen Leben, von einem hohen Grade des Lachens. Ingleichen als ein Hauptwort. Ein Kranker, eine kranke Person, oft auch ohne Unterschied des Geschlechtes oder Alters. Einen Kranken pflegen, warten. Kranke gesund machen. 2) Nach einer noch weitern Figur, auch von demjenigen Zustande der Kräfte der Seele, da sie zu ihren gewöhnlichen Veränderungen untüchtig sind. Schonen sie meines kranken Kopfes, er kann heute nicht vernünfteln. Wirkungen einer kranken Einbildungskraft. Am Gemüthe, am Verstande krank seyn. Im Scherze auch von der Unvermögenheit in Ansehung des zeitlichen Vermögens. Einen kranken Beutel haben, Mangel an barem Gelde haben.

Anm. In der zweyten Bedeutung im Nieders. und Schwed. krank, im Isländ. krankur. Da der Begriff der Schwachheit in dieser ganzen Bedeutung der herrschende ist, so ist es in derselben Figur von der mehr eigentlichen Bedeutung des dünne und schlank, in welcher es allem Ansehen nach zu geringe, dem Oberd. rahn und rahnig, und dem Nieders. rank, geschlank, gehöret; ohne doch das Angels. crangan, seufzen, stöhnen, Schwed. klanka, und Engl. Grank, die Klage, von der Verwandtschaft auszuschließen. Da es in allen Sprachen nichts seltenes ist, daß ein Wort zwey verschiedene Begriffe ausdruckt, wenn sie in einem dritten sehr sinnlichen Umstande mit einander überein kommen, so bedeutet cranc im Engl. auch stark, gesund, munter. In einem 1477 in Oberdeutschland gedruckten Vocabulario wird valere durch dogen (taugen) oder krangken übersetzt; wohin auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - krank, schwach, bey dem Hesychius, gehöret, wo, wenn man das - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - privat. wegnimmt, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - stark, gesund, bedeutet. ( S. Ringen.) Bey dem Ottfried ist krankolen stolpern.


Kränkeln (W3) [Adelung]


Kränkeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das Diminutivum von kranken ist, ein wenig krank seyn, eine geringe Krankheit haben. Immer kränkeln. Hygin, du bist von sechzig Jahren Und nur im Kränkeln unerfahren, Haged. S. Kränklich. Im Niedersächsischen ist es auch für stechen, d. i. eine langwierige aber nicht gefährliche Krankheit haben, üblich.


Kranken (W3) [Adelung]


Kranken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, krank seyn. Es kranken jetzt viele Leute. Star krankt das ganze Jahr: Ich tranke, wie man steht, am Leib und am Gemüthe, Günth. Daher erkranken, krank werden.


Kränken (W3) [Adelung]


Kränken, verb. reg. welches das Activum des vorigen ist, aber in einem größern Umfange der Bedeutung vorkommt. 1) * Für schwächen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Si kan sendes truren krenken, Markgr. Heinr. von Meißen. Mit gab chrenkchen, bestechen, Hagen. im Chron. Der mir al min truren krenket, Heinrich von Veldig. 2) * Beschädigen, im physischen Verstande; ein gleichfalls ungewöhnlicher Gebrauch. Die gekränkten Schiffe ausbüßen, Dapper. 3) Nachtheil zufügen. Jemandes Ehre, seinen guten Nahmen kränken. Jemanden an seiner Ehre kränken. Prinz, sprach der General, sie kränken meinen Glauben, Gell. Es soll dir kein Haar gekränket werden. Star wird dich wohl ungekränkt lassen. 4) Gram, Bekümmerniß verursachen, mit der vierten Endung der Person. Das kränkt mich, daß ich ihn nicht noch einmahl sehen soll. Die Schmach kränket mich, Pf. 69, 21. Sorge im Herzen tränket, Sprichw. 12, 25. Das kränkte seine Eigenliebe ziemlich. Was hast du nun davon, daß du Montanen kränkst? Gell. Ingleichen, als ein Reciprocum, sich kränken, Gram, Bekümmerniß empfinden. Niemand wird sich um deine Plage kränken, Nahum 3, 19. Kränke dich nicht darüber. So auch die Kränkung, plur. die -en, besonders in der letztern Bedeutung, Ärgerniß mit Traurigkeit verbunden.

Anm. Im Schwed. in der vierten Bedeutung kraenka, welches aber auch, so wie das Dän. kränken, eine ledige Person beschlafen, sie schwächen, bedeutet.


Krankenbett (W3) [Adelung]


Das Krankenbett, des -es, plur. die -e, das Bett eines Kranken; ingleichen figürlich, der Zustand, da jemand bettlägerig ist, aus Krankheit zu Bette lieget.


Krankengeschichte (W3) [Adelung]


Die Krankengeschichte, plur. die -n, bey den Ärzten, die Erzählung von dem Ursprunge und den Abwechselungen einer Krankheit, so wohl überhaupt, als bey einzelnen Kranken.


Krankenhaus (W3) [Adelung]


Das Krankenhaus, des -es, plur. die -häuser, das Haus, worin jemand krank lieget. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, ein öffentliches Gebäude, in welchem arme Kranke verpfleget und geheilet werden; das Lazareth, im Oberdeutschen das Siechhaus, das Kranken-Spital.


Krankenlager (W3) [Adelung]


Das Krankenlager, des -s, plur. die -läger, das Lager, d. i. das Bett eines Kranken, das Krankenbett; ingleichen, der Zustand, da jemand krank danieder lieget. Nach einem zweymonatlichen Krankenlager.


Krankenschiff (W3) [Adelung]


Das Krankenschiff, des -es, plur. die -e, bey einer Flotte, ein Schiff, auf welches die Kranken von der Flotte gebracht, und daselbst curiret werden; das Hospitalschiff.


Kranken-Spital (W3) [Adelung]


Das Kranken-Spital, des -es, plur. die -täler, ein Spital oder Hospital für Kranke, S. Krankenhaus.


Krankenstube (W3) [Adelung]


Die Krankenstube, plur. die -n, eine Stube, worin sich ein oder mehrere Kranke befinden. Ingleichen, eine Stube, welche für kranke Personen bestimmt ist; das Krankenzimmer.


Krankenwärter (W3) [Adelung]


Der Krankenwärter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Krankenwärterinn, eine Person, welche dazu bestimmt ist, Kranke zu warten.


Krankheit (W3) [Adelung]


Die Krankheit, plur. die -en, dasjenige Übel, welches den Körper zu seinen gewöhnlichen oder pflichtmäßigen Veränderungen ungeschickt macht. 1. Eigentlich, wo es in dem gehobenen Gleichgewichte der festen und flüssigen Theile des thierischen Körpers bestehet. 1) Überhaupt. Eine Krankheit haben. Eine gefährliche, ansteckende, hitzige Krankheit. Eine Krankheit bekommen. An einer Krankheit danieder liegen. In eine Krankheit fallen, gerathen. Von einer Krankheit befallen, überfallen, werden. An einer Krankheit sterben. Eine Krankheit vertreiben, heben, heilen, jemanden an einer Krankheit curiren. Von einer Krankheit genesen. Eine Krankheit ausstehen, überstehen. Die Krankheit nimmt zu, läßt nach. Es herrschen jetzt allerley Krankheiten. Einen andern mit einer Krankheit anstecken. Böse Neigungen verstärken die Krankheiten des Körpers und sind selbst die gefährlichste Krankheit, Gell. Die Ungarische Krankheit. ( S. Fleckfieber.) Die Englische Krankheit, eine Krankheit der Kinder, welche sich durch einen großen Kopf, blasses aufgelaufenes Gesicht, aufgetriebenen Unterleib, geschwollene Gelenke und überaus schlaffes Fleisch verräth; Rachitis. Sie hat sich zuerst in England zwischen 1612 und 1620 geäußert. ( S. Wechselbalg.) 2) In engerer Bedeutung werden im gemeinen Leben einige gefährliche Krankheiten nur vorzüglich die Krankheit genannt. So ist die Krankheit, und zusammen gezogen die Kränke, im Oberdeutschen die Pest; dagegen in Niedersachsen die fallende Sucht nur die Kränkt heißt. 2. Figürlich, ein Übel, welches den Geist zu seinen pflichtmäßigen Veränderungen ungeschickt macht, und in dem gehobenen Gleichgewichte der untern und obern Kräfte bestehet. Eine Gemüthskrankheit haben. Die Langeweile, diese schreckliche Krankheit der Seele, ist die Abwesenheit angenehmer Ideen, Zimmerm. Die Andacht ist eine Krankheit kleiner Seelen.


Kränklich (W3) [Adelung]


Kränklich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Ein wenig krank; doch wohl nur als ein Nebenwort. Kränklich seyn. 2) Zu Krankheiten geringerer Art geneigt, einen schwächlichen Körper habend, welcher von den geringsten Zufällen angegriffen wird. Ein kränkliches Kind. Einen kränklichen Körper haben. Einen solchen Menschen nennet man auch wohl einen Kränkling. Ingleichen in diesem Zustande gegründet. Eine kränkliche Stimme. Anm. In der ersten Bedeutung ist es unmittelbar von krank. In der zweyten scheinet es von kränkeln zu seyn und für kränkelig oder kränkellich zu stehen, in welchem letztern Falle bey der Zusammenziehung auch das eine I mit weggeworfen wird.


Kränklichkeit (W3) [Adelung]


Die Kränklichkeit, plur. inus. der Zustand da man kränklich ist, in der zweyten Bedeutung des Beywortes. Nie sey die Kränklichkeit des Kindes eine Ursache zur Nachsicht gegen seine bösen Neigungen, Gell.


Kränkling (W3) [Adelung]


Der Kränkling, des -es, plur. die -e, S. Kränklich.


Kranz (W3) [Adelung]


Der Kranz, des -es, plur. die Kränze, Dimin. das Kränzchen, Oberd. Kränzlein. 1. In der weitesten Bedeutung, ein Ring, Reif, oder ähnliches kreisförmiges Ding. 1. Eigentlich, wo es nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich ist. In der Mechanik werden die ringförmigen Seiten des Wasserrades, zwischen welchen sich die Schaufeln befinden, der Kranz genannt. In den Rücken ist der Strohlkranz ein von Stroh gewundener Ring, Kessel u. s. f. darauf zu setzen. Pechkränze sind in der Kriegskunst ähnliche von brennbaren Sachen verfertigte, in Harz und Pech getauchte Ringe, Häuser damit anzuzünden. Der Kosenkranz, in der Römischen Kirche, bestehet aus kleinen Kügelchen, welche auf eine Schnur gereihet sind, ( S. dieses Wort.) Und noch in andern Fällen mehr. 2) Figürlich werden in der vertraulichen Sprechart freundschaftliche oder gesellschaftliche Verbindungen unter mehrern, wo eine gewisse Obliegenheit unter den verbundenen Personen nach der Reihe herum gehet, im Diminut, ein Kränzchen genannt. So hat man Kränzchen zum Schmausen, zum Spielen, zu musikalischen Belustigungen u. s. f. wo die Gesellschafter zu bestimmten Zeiten bey einem unter ihnen, so wie ihn die Reihe trifft, zusammen kommen. Ein Kränzchen haben. In das Kränzchen gehen. 2. In engerer Bedeutung, ein solches kreisförmiges Ding, so fern es den obern Theil eines andern Dinges als eine Zierde umgibt. 1) Überhaupt, wo es gleichfalls nur in einigen eingeführten Fällen üblich ist, und auch von solchen Verzierungen dieser Art gebraucht wird, wenn sie gleich eine andere als eine runde Gestalt haben. Dahin gehöret der Kranz eines Thrones oder eines Himmelbettes, der obere oft viereckige erhabene Theil, von welchem die Vorhänge herunter hängen. In der Baukunst heißt der obere Theil des Hauptgesimses der Kranz. An den Ziegelöfen ist der Kranz eine Einfassung von Mauerziegeln oberhalb des Schlosses. Die Lade des Bundes hatte einen goldenen Kranz oben umher, 2 Mos. 25, 11; so wie der Tisch in der Stiftshütte, V. 24, 25, und der Rauchaltar, Kap. 30, 3. 2) In der engsten Bedeutung, so fern ein solches Werk eine Zierde des Hauptes ist, wo die aus dem Pflanzenreiche gewundenen Kränze mancher Art ehedem ein Zeichen des Sieges, der Ehre und der Würde waren und den nachmahligen Kronen den Ursprung gegeben haben. * Der Lorberkranz war von Alters her ein Ehrenzeichen der Dichter, so wie der Epheukranz der Trinker, welcher letztere noch jetzt öffentlichen Häusern, wo Wein geschenket wird, zum Zeichen dienet. Ein guter Wein braucht keines Kranzes. Besonders waren die Kränze von Blumen von je her ein Zeichen der jugendlichen festlichen Freude, so wie sie es noch jetzt sind. Einen Kranz winden, flechten, binden. Sich mit Kränzen schmücken. ( S. Erntekranz.) In noch engerm Verstande ist der Kranz ein Ehrenzeichen der jungfräulichen Reinigkeit; daher weibliche Personen, deren guter Nahme vor der Welt unbesteckt ist, am Tage der Hochzeit mit einem Kranze erscheinen, welcher ehedem von Blumen war, jetzt aber aus Draht, Edelsteinen u. s. f. in Gestalt einer kleinen Krone bestehet; daher Kranz auch figürlich die jungfräuliche Ehre bedeutet. Eine Person weiblichen Geschlechtes kommt um den Kranz, wird um den Kranz gebracht, verliert das Kränzchen, wenn sie in Unehren geschwängert wird, weil sie dadurch das Recht verlieret, am Tage der Hochzeit einen Kranz zu tragen. Der Strohkranz wird an manchen Orten liederlichen Weibesbildern bey ihrer Verzweiflung zum Zeichen der Schande aufgesetzt.

Anm. Bey der Winsbeckinn in der engsten Bedeutung schon Kranz, im Schwed. und Isländ. Krans. Im Böhmischen ist Kransek ein Ring. Es gehöret mit Krone, Kreis und andern dieser Art, zu dem Geschlechte der Wörter Rand und rund, welche hier nur den Gaumenlaut angenommen haben. Im Wallis. ist crwnn rund. S. Krone.


Kranzader (W3) [Adelung]


Die Kranzader, plur. die -n, in der Anatomie, eine große Blutader, welche der Länge nach fast ganz um den Magen gehet, und denselben wie ein Kranz umgibt; Vena coronaria. Sie wird auch die Kranzblutader genannt.


Kranzbeere (W3) [Adelung]


Die Kranzbeere, plur. die -n, an einigen Orten, ein Nahme der Wachholderbeeren; ein aus Krammetsbeere verstümmeltes Wort.


Kranzbein (W3) [Adelung]


Das Kranzbein, des -es, plur. die -e, in der Anatomie bey einigen Schriftstellern, ein Nahme des Stirnbeines, welches andere das vordere Schiffbein nennen; Os frontis. Siehe Kranznath.


Kränzen (W3) [Adelung]


Kränzen, verb. reg. act. 1) Mit einem Kranze oder mit Kränzen schmücken; bekränzen. 2) Im Forstwesen werden die Bäume gekränzet, wenn die Rinde in einem Kreise um den Stamm abgeschälet wird. 3) Bey den Jägern kränzet der Hirsch, wenn er im Gehen den harten Boden mit seinen Schalen aufreißet, oder denselben nur ein wenig schärfet; in welcher Bedeutung es aus kratzen oder reißen entstanden zu seyn scheinet.


Kranzgefäß (W3) [Adelung]


Das Kranzgefäß, des -es, plur. die -e, in der Anatomie, die Blut- und Pulsadern des Herzens, weil sie dessen Grund wie ein Kranz umgeben.


Kranzleiste (W3) [Adelung]


Die Kranzleiste, plur. die -n, oder der Kranzleisten, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst und bey den Werkleuten, eine Leiste, welche den Kranz eines Dinges ausmacht.


Kranznaht (W3) [Adelung]


Die Kranznaht, plur. die -nähte, in der Anatomie, diejenige Naht an dem Haupte, welche das Kranz- oder Stirnbein mit den Beinen des Hinterhauptes verbindet; die Kronnaht, Sutura coronalis, weil die Alten auf diesem Theile des Hauptes die Kränze trugen.


Krapf (W3) [Adelung]


1. * Der Krapf, des -en, plur. die -en, oder der Krapfen, des -s, plur. ut nom. sing. eine nur im Oberdeutschen übliche Benennung eines Hakens, besonders so fern er dazu dienet, ein anderes Ding damit anzugreifen und zu halten. Z. B. der Krapfen an einem Ziehbrunnen, der Haken, welcher den Eimer träget. Im Ital. Grassio, im Franz. Agrasso. Es gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Krabbe, greifen, raffen u. s. f. Bey dem Notker ist Grapho die Klaue und in den Monseeischen Glossen Chraphun ein Haken. S. auch Kräuel und Krappe.


Krapf (W3) [Adelung]


2. Der Krapf, des -en, plur. die -en, oder der Krapfen, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Kräpfchen, Oberd. das Kräpflein, im gemeinen Leben Kräppel, eine Art runder Kuchen von mancherley Art, welche entweder gefüllt oder ungefüllt sind, entweder in Schmalz oder im Ofen gebacken werden, und auch Krapfkuchen heißen. Bey dem Matthesius Kropf. Entweder mit Krorf von der äußern Dicke, oder auch von ihrer Gestalt, weil man den Rand zackig auszuschneiden, und die Spitzen wechselweise in die Höhe und niederwärts zu biegen pflegt, da sie denn einige Ähnlichkeit mit dem Krapfen oder Haken haben. Im mittlern Lat. Crafus, Craphus, Crato. Indessen scheinen die - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - der Griechen. die Cripisculae der mittlern Lat. und Crouteilles der mittlern Franzosen eine ähnliche Art von Kuchen gewesen zu seyn.


Krapp (W3) [Adelung]


Der Krapp, oder die Krappe, S. Grapp.


Krappe (W3) [Adelung]


Die Krappe, plur. die -n, bey den Büchsenmachern, die gekrümmte Spitze der Schlagfeder, welche einem Krapfen oder Haken gleicht, S. 1. Krapf.


Krasselbeere (W3) [Adelung]


Die Krasselbeere, S. Kratzbeere.


Krätz (W3) [Adelung]


Das Krätz, Gartengewächse. S. Kraut Anm.


Krätz (W3) [Adelung]


Der Krätz, des -en, plur. die -en, ein Korb, S. 1. Krätze.


Kratzblech (W3) [Adelung]


Das Kratzblech, des -es, plur. die -e, bey den Gürtlern, eine messingene Platte voll viereckter Löcher, in welche man die Knöpfe mit ihren Ohren steckt, sie mit der Kratzbürste zu kratzen.


Kratzbürste (W3) [Adelung]


Die Kratzbürste, plur. die -n, eine Bürste von Draht verschiedener Metallarbeiter und anderer Künstler, ihre Arbeiten damit zu kratzen, d. i. abzureiben; Franz. Gratte Boesse.


Kratze (W3) [Adelung]


Die Kratze, plur. die -n, ein Werkzeug zum Kratzen. Bey den Wollarbeitern ist es eine Art Kämme, die Wolle zu kämmen, welche in Ansehung der Feine unmittelbar auf die Reiß- oder Brechkämme folgen und auch Kratzkämme, ingleichen Krämpeln in der engsten Bedeutung genannt werden. Bey den Minierern ist es eine vorn gekrümmte Schaufel, die Erde an sich zu ziehen, welche auch Krücke genannt wird. Die Kratze der Bergleute ist eine ähnliche Art einer Krücke. Die Hutmacher haben eine Kratze, Franz. Carrelet, welches eine kleine Krämpel ist, das Haar an den gefärbten und rein gestrichenen Hüten damit wieder aufzukratzen. S. Kratzen.


Krätze (W3) [Adelung]


1. * Die Krätze, plur. die -n, Diminut. das Krätzlein, ein nur in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, ein geflochtenes Gefäß, einen Korb zu bezeichnen, wo es auch im männlichen Geschlechte, der Krätz, oder der Krätzen, gebraucht wird, und auch wohl Krächzen lautet. Im Schwabenspiegel Kräntz, vielleicht nach einer falschen Leseart für Krätz. Bey dem Frischlin, Altensteig und Dasypodius der Krätt und Kratten. Es ist mit dem Lat. Crates, unserm Hürde und Ruthe, Eines Geschlechtes, ( S. diese Wörter, ingleichen Kräbe.) In einigen Gegenden werden auch die Wiegen Krätzen genannt, vermuthlich so fern sie auf dem Lande oft aus geflochtenen Körben bestehen.


Krätze (W3) [Adelung]


2. Die Krätze, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, im Bergbaue und bey den Metallarbeitern, alles was unter den Händen der Hüttenarbeiter und Künstler von den Metallen abgehet, und in kleinen Stückchen bestehet, und zuweilen auch das Krätz, das Gekrätz genannt wird. Die Krätze waschen, im Hüttenbaue. Etwas in die Krätze wersen. Das geht in die Krätze, figürlich, das geht verloren, wird verderbt; in Nieders. britsch gehen.

Anm. Im Franz. wird auch der Abgang von der Wolle im Kämmen Gratuise und Gratuse und im mittlern Lat. Gratus genannt, wo es unmittelbar von kratzen herkommt. So fern es von Metallen gebraucht wird, scheinet es zunächst den Begriff der Kleinheit der Theile auszudrucken, und zu Graus und reißen zu gehören. Im Isländ. ist kras, dilaceratio, im Engl. to crash in Stücke brechen, im Franz. ecraser zerreiben. ( S. Graus, Grus, Schroten, 1. Kreisen.) Die Schweden haben die R. A. ga i kras auch, welche Ihre durch in Stücken gehen erkläret. Bey den Goldschlägern heißt der Abgang die Schabine, vermuthlich von dem Zusammenschaben oder Fegen, so wie einige die Krätze von dem Zusammenkratzen herleiten.


Krätze (W3) [Adelung]


3. Die Krätze, plur. inus. eine ansteckende Krankheit, welche von kleinen lebendigen Insecten oder Milden (Acari L.) herrühret, welche sich zwischen der Oberhaupt einnisteln, sich daselbst vermehren, und ein empfindliches Jucken verursachen. Die Krätze haben.

Anm. Ohne Zweifel von dem Kratzen, der natürlichen Folge dieser ekelhaften und empfindlichen Krankheit, daher sie auch im Nieders. und Holländ. Krauwaste, Krauwasje genannt wird, von krauen, kratzen, woraus im gemeinen Leben oft Kurasche wird, als wenn es das Franz. Courage wäre. In andern Nieders. Gegenden heißt sie Kley, Klegge, im Dän. Kloe, von kleyen, kratzen, Jök, das Jucken, Purrjack; im Hoch- und Oberdeutschen die Gnatz, die Gnätze, entweder von dem Niederdeutschen gniden, reiben, oder auch von dem damit verbundenen Nässen, die Räude, weil sie eine rauhe Haut macht, und bey den Pferden die Schabe. Im Engl. Cratches. In einigen alten Bibel-Übersetzungen steht 5 Mos. 28, 27 auch das Wort Knibbe, welches mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey den siebenzig Dolmetschern überein kommt.


Kratzeisen (W3) [Adelung]


Das Kratzeisen, des -s, plur. ut nom. sing. eine eiserne Kratze oder Werkzeug zum Kratzen. So haben die Kupferstecher ein solches dreyeckiges Eisen, die fehlerhaften Stellen in einer gestochenen Platte damit auszukratzen. In der Artillerie ist das Kratzeisen ein eisernes Werkzeug, die Unreinigkeiten in den Kammern der Mörser und Kammerstücke damit los zu kratzen, welches auch der Kriecher genannt wird. S. Kratze und Krätzer.


Kratzen (W3) [Adelung]


Kratzen, verb. reg. act. mit einem scharfen oder spitzigen Werkzeuge hart über die Oberfläche eines Dinges fahren. Die Katzen kratzen, wenn sie mit ihren Klauen oder Krallen die Haut verwunden. Die Hühner kratzen in die Erde, mit ihren Füßen, wofür doch scharren üblicher ist. Jemanden mit den Nägeln kratzen. Sich in dem Kopf kratzen, mit den Nägeln der Finger. Sich hinter den Ohren kratzen, im gemeinen Leben, zum Zeichen der Reue über etwas. Die Wollkämer kratzen die Wolle, wenn sie selbige mit der Kratze oder dem Krätzkamme kämmen. Die Metallarbeiter kratzen ihre Arbeiten wenn sie selbige mit der Kratzbürste reiben. Falsch geschriebene Buchstaben kratzet man mit dem Federmesser aus. Ingleichen figürlich, so wohl schlecht schreiben, als auch stümperhaft auf einem Saiten-Instrumente spielen. Ferner, eine Empfindung verursachen, als wenn man gekratzt würde. So sagt man von einem sauren geschwefelten Weine, er kratze im Halse. S. Krätzer.

Anm. Bey dem Horneck chraczen, im Nieders. kritzen, im Schwed. kratta, im mittlern Lat. gratare, im Franz. grater, im Ital. grattare, im Engl. to grate und lcratch. Es drucket den mit dem Kratzen verbundenen Schall sehr genau aus, daher es nicht nur in so vielen Sprachen angetroffen wird, wo es in weiterer Bedeutung auch graben und schaben bedeutet, wie in dem Lat. radere, eratire, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; sondern auch von mehrern ähnlichen Arten des Schalles vorkommt. So wird das Scharren mit den Füßen und eine Art des Räusperns im gemeinen Leben kratzen genannt. Von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, graben, bedeutete - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - einen eingegrabenen Zug, ein eingegrabenes Zeichen, daher denn im mittlern Lat. charaxare so oft für schreiben überhaupt gebraucht wird. ( S. Kreide.) Übrigens ist für kratzen in einigen Fällen auch krauen und im Nieders. kleyen üblich.


Krätzer (W3) [Adelung]


Der Krätzer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Werkzeug zum Kratzen; doch nur in einigen Fällen, indem in andern die Kratze, das Kratzeisen u. s. f. üblicher sind. So ist der Krätzer ein Werkzeug von Draht mit zwey Haken, den Lauf eines Schießgewehres inwendig damit zu reinigen. 2) Ein saurer oder geschwefelter Wein, welcher den Hals rauh macht, wird im Scherze ein Krätzer genannt. S. Kopfreißer.


Krätzerey (W3) [Adelung]


Die Krätzerey, Gartengewächse, S. Kraut Anm.


Krätzfrischen (W3) [Adelung]


Das Krätzfrischen, des -s, plur. inus. im Hüttenbaue, das Frischen, d. i. Schmelzen, der Krätze, oder des Abganges an den Erzen.


Kratzfuß (W3) [Adelung]


Der Kratzfuß, des -es, plur. die -füße, im Scherze, eine ungeschickte Verbeugung einer Mannsperson, weil dabey mit dem Fuße ausgekratzet oder gescharret wird.


Krätzgarten (W3) [Adelung]


Der Krätzgarten, S. Kraut Anm.


Kratzhamen (W3) [Adelung]


Der Kratzhamen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Fischern, eine Art eines Hamens; vermuthlich, weil er ganz auf dem Boden hinkratzet. Er gleicht dem Schauber, ist aber kleiner, und an den meisten Orten verbothen, weil er viele Brut zu Grunde richtet.


Krätzig (W3) [Adelung]


Krätzig, -er, -ste, adj. et adv. mit der Krätze behaftet, die Krätze habend, ( S. 3. Krätze.) Krätzig seyn. Ingleichen in der Krätze gegründet, derselben ähnlich. Krätzige Ausschläge.


Krätzkamm (W3) [Adelung]


Der Krätzkamm, des -es, plur. die -kämme, S. Kratze.


Krätzkupfer (W3) [Adelung]


Das Krätzkupfer, des -s, plur. inus. im Hüttenbaue, das aus der Krätze, d. i. dem Abgange an Kupfer, geschmelzte reine Kupfer.


Krätzmessing (W3) [Adelung]


Das Krätzmessing, des -es, plur. inus. bey den Nadlern, aller Abgang und Ausschuß am Messing und Messingdraht, welcher auch Schrottmessing genannt wird.


Krätzsalbe (W3) [Adelung]


Die Krätzsalbe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, eine Salbe wider die Krätze, S. 3. Krätze.


Krätzschlich (W3) [Adelung]


Der Krätzschlich, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, im Hüttenbaue, der Schlich der gepochten Krätze oder des Abganges am Erze, S. 2. Krätze.


Krätzwäscher (W3) [Adelung]


Der Krätzwäscher, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst, ein Arbeiter, welcher das Pochen und Waschen der Krätze verrichtet.


Kräuel (W3) [Adelung]


Der Kräuel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches im Hochdeutschen nur selten gebraucht wird, eine Gabel mit gebogenen Zacken zu bezeichnen, etwas damit anzugreifen und fest zu halten. Besonders führet im Oberdeutschen eine Fleischgabel dieser Art den Nahmen eines Krönels. Mache Aschentöpfe, Schaufeln, Becken, Kreuel, Kohlpfannen, 2 Mos. 27, 3: Kap. 38, 3; 4 Mos. 4. 14, So kam des Priesters Knab und hatte eine Kreuel (einen Kräuel) mit drey Zacken in der Hand, 1 Sam. 2, 13. Im Bergbaue ist der Krail (richtiger Kräuel) ein solches Werkzeug mit fünf Zacken, Erz und Schutt damit in die Körbe und Tröge zu füllen. Der Kohlenkrail ist eben daselbst ein Rechen, die Kohlen damit herbey zu ziehen.

Anm. In den Monseeischen Glossen Chrouuila. Es vereiniget den Begriff der Krümme mit dem Begriffe des Greisens, und gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Kralle, krauen, Krapf u. s. f. Bey den Krainerischen Wenden ist kralow krumm.


Krauen (W3) [Adelung]


Krauen, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, gelinde kratzen; mehr mit den Spitzen der Finger als mit den Nägeln kratzen. Sich in den Kopf krauen. Zuweilen auch für kratzen überhaupt. Sich hinter den Ohren krauen. Ihr die ihr gern was Neues wißt, Daß euch die Ohren kraut, Haged. d. i. belustiget, kitzelt; nach dem Nieders. wo krajen, streicheln, liebkosen, krauen aber kratzen ist. Eben daselbst ist auch kleyen für krauen üblich. Es druckt die Krümme der Finger im Krauen oder Kratzen aus und gehöret zu dem Geschlechte des Wortes krumm.


Kraus (W3) [Adelung]


Kraus, -er, -este, adj. et adv. mehrmahls gekrümmet; doch nur in einigen Fällen. 1) Von zarten, dünnen Körpern, dergleichen Haare, Wolle u. s. f. sind. Krauses Haar haben. Krause Locken. 2) Von dünnen Flächen, runde Falten habend. Die Manschetten sind kraus. Auch einige Arten von Gewächsen haben krause, d. i. auf und nieder gekrümmte, Blätter, wie einige Arten des Kohles, des Salates, der Münze u. s. f. 3) Viele kleine Zacken oder Einschnitte habend. So haben manche Münzsorten einen krausen Rand. ( S. Kräuseleisen und Kräuseln.) Manches Stangeneisen wird auf den Eisenhämmern kraus geschmiedet, d. i. an den Ecken mit Zacken versehen. ( S. Krauseisen.) Krause Wellen des Meeres, kurze Wellen, siehe Kräuseln 2.

Anm. Nieders. kruus, Schwed. krus, Wallis. crych, im Ital. ohne Gaumenlaut rizzo, riccio, ricciuto, und im Oberd. mit Verwandlung des s in d, ehedem raid. Es gehöret zum dem Geschlechte der Wörter krumm und rund. ( S. Gekröse, Fries.) Im Lat. lautet es crispus, und selbst in einigen Mundarten sagt man noch krausp. und kruspig für kraus. So ist im Bergbaue krauspes Haarsilber, so viel wie krauses. Im Nieders. ist auch kroll und krull für kraus üblich, welches zunächst zu rollen gehöret. Ein anderer weitläufiger Verwandter dieses kraus ist das in einigen gemeinen Oberdeutschen Mundarten übliche Kraus, einen Krug zu bezeichnen, wofür die Niedersachsen Kroos sagen, und wo es überhaupt ein Behältniß, einen hohlen Raum bedeutet; ein mit der Krümme nahe verwandter Begriff, S. Krug.


Krausbeeren (W3) [Adelung]


Die Krausbeeren, plur. die -n. 1) An einigen Orten, ein Nahme der Preiselbeeren, Vaccinium Vitis idaea L. welche in andern Gegenden Kräuselbeeren, Krausbeeren, Kreubeeren, Griffelbeeren, Hölperlebeeren, Grandenbeeren genannt werden. 2) An andern Orten, ein Nahme der rauchen Stachelbeeren. S. Kräuselbeere.


Krausdistel (W3) [Adelung]


Die Krausdistel, plur. die -n, oder krause Distel, an einigen Orten, ein Nahme der Mannstreu oder Walddistel, Eryngium campestre L. wegen ihrer krausen Blätter, daher sie auch Krauswurz und Raddistel genannt wird, vermuthlich von dem alten raid, kraus, S. Kraus Anm.


Krause (W3) [Adelung]


Die Krause, plur. die -n. 1) Die Eigenschaft eines Dinges, da es kraus ist, die krause Beschaffenheit, wo es auch im gemei- nen Leben Kräuse lautet; ohne Plural. Die Krause verlieren. Die klare Krause, bey den Perruckenmachern, eine kurze in einander gemischte Krause. 2) Ein krauses Kleidungsstück. Handkrausen, Manschetten. Die Halskrause, ein krauser Kragen um den Hals, welcher auch nur schlechthin die Krause genannt wird; Nieders. Kruuskragen. Sich die Krause zerreißen, im gemeinen Leben, figürlich, einen hohen Grad des Schmerzens, der Ungeduld äußern. Die Priesterkrause, eine solche Krause, wie sie an vielen Orten noch von den Priestern getragen wird.


Krauseisen (W3) [Adelung]


Das Krauseisen, des -s, plur. inus. auf den Eisenhämmern, Stangeneisen, welches auf den Ecken wechselweise eingekerbt ist, und daher auch Knappereisen genannt wird. Kraus bedeutet hier mit kleinen Zacken versehen.


Kräusel (W3) [Adelung]


1. Der Kräusel, ein Werkzeug, welches sich im Kreise herum drehet, S. Kreisel.


Kräusel (W3) [Adelung]


2. Der Kräusel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Nähterinnen, ein krauses Kleidungsstück; eine Krause. So wird der krause Busenstreif an einem Oberhemde auch der Kräusel genannt.


Kräuselbeere (W3) [Adelung]


Die Kräuselbeere, plur. die -n. 1) An einigen Orten, ein Nahme der rauchen Stachelbeeren oder Rauchbeeren, Ribes grossularia hirsuta L. welche auch Klosterbeeren, Krausbeeren und Grosselbeeren genannt werden. Entweder von kraus, so fern es ehedem auch rauch bedeutet hat, oder auch mit dem Latein. Grossularia und Franz. Grosseille, von den Stacheln. Schwed. Krusbaer. 2) An andern führen auch die Preiselbeeren diesen Nahmen. S. Krausbeere.


Kräuseleisen (W3) [Adelung]


Das Kräuseleisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Eisen, andere Dinge damit kraus zu machen. In den Münzen ist es eine stählerne Platte mit einer krausen Rinne, durch welche das Geld gedrehet wird, demselben einen krausen Rand zu geben. Bey den Perruckenmachern sind es diejenigen eisernen Werkzeuge, womit die Haare gekränkelt werden.


Kräuselholz (W3) [Adelung]


Das Kräuselholz, des -es, plur. die -hölzer, bey den Perruckenmachern, fingerlange runde Hölzer, worauf das Haar zu einer Locke gerollet, und in dem Ofen gebacken wird; Fristrhölzer, Kraushölzer.


Kräuseln (W3) [Adelung]


Kräuseln, verb. reg. act. 1) Kraus machen; kräusen. Die Haare kräuseln. Die Münzen kräuseln, ihnen in dem Kräuselwerke vermittelst des Kräuseleisens einen krausen Rand geben. Nieders. krüsen, krullen. 2) Das Meer kräuselt sich, wenn es kurze oder hohe mit Schaum bedeckte Wellen wirft. 3) Im Singen allerley kleine künstliche Figuren machen; als ein Neutrum. Der Weste Säuseln, Der Lerche Kräuseln, Weiße. In welchem Verstande crispare und crissare schon im mittlern Lateine vorkommen. Quando crissatur vox in ascendendo et descendendo, bey dem Remigius von Autün.


Kräuselwerk (W3) [Adelung]


Das Kräuselwerk, des -es, plur. die -e, ein Werk, d. i. eine Anstalt, in den Münzen, wo die geprägten Geldsorten gekräuselt, d. i. mit einem krausen Rande versehen werden.


Kräuselzange (W3) [Adelung]


Die Kräuselzange, plur. die -n, bey den Friseuren und Perruckenmachern, eine Zange, das Stirnhaar damit zu kräuseln; das Toppeheisen.


Kraufemünze (W3) [Adelung]


Die Kraufemünze, besser getheilt, die krause Münze, plur. inus. eine Art der Münze mit krausen Blättern, welche in Sibirien einheimisch ist; Mentha crispa L.


Kräusen (W3) [Adelung]


Kräusen, verb. reg. act. kraus machen, von Haaren und Kleidungsstücken, zuweilen auch von dem Meere; obgleich in allen diesen Fällen kräuseln üblicher ist. Gelbe Locken kräusten sich um sein schönes Gesicht, Geßn.


Kräuserinn (W3) [Adelung]


Die Kräuserinn, plur. die -en, an den Höfen, eigene Personen, welche die Krausen auf die Kleider und an die Wäsche der Großen setzen, und auch Leibkräuserinnen, nach einer verderbten Aussprache aber Größerinnen heißen.


Krausharig (W3) [Adelung]


Krausharig, adj. et adv. krause Haare habend. Ein kraushäriger Mensch, welcher auch ein Krauskopf heißt.


Krausholz (W3) [Adelung]


Das Krausholz, S. Kräuselholz.


Krauskohl (W3) [Adelung]


Der Krauskohl, des -es, plur. inus. krauser Kohl, Kohl mit krausen Blättern, dessen es so wohl grünen als blauen gibt.


Kräuskopf (W3) [Adelung]


Der Kräuskopf, des -es, plur. die -köpfe, S. Kraushärig.


Kraussalat (W3) [Adelung]


Der Kraussalat, des -es, plur. inus. ein Salat mit krausen Blättern.


Krausp (W3) [Adelung]


Krausp, Krauspig, kraus, S. Kraus Anm.


Krauspig (W3) [Adelung]


Krauspig, S. Krausp


Krauswurz (W3) [Adelung]


Die Krauswurz, plur. inus. S. Krausdistel.


Kraut (W3) [Adelung]


1. Das Kraut, des -es, plur. Pulver, und in engerer Bedeutung Schießpulver; doch nur noch in dem Wort Zundkraut, Zündpulver, und in der R. A. Kraut und Loth, welche noch zuweilen für Pulver und Bley gebraucht wird. Vollständig heißt dieses Wort Büchsenkraut, wie es noch in dem Holländ. Bussekruyt, und im Dän. Byssekrud lautet. Auch die Schweden sagten ehedem Bössekrut, wofür auch bey ihnen nur noch Krut üblich ist. Auch haben sie noch Rattakrut, für Raßenpulver, welches mit mehrerm Rechte hierher, als zu dem folgenden Worte gerechnet wird. Kraut stammet in dieser Bedeutung von dem veralteten kruten, grusen, zermalmen, her, wovon mit dem vorgesetzten Zischlaute noch schroten üblich ist, und bedeutet einen gepülverten Körper, so wie man noch jetzt das Schieß- oder Büchsenpulver nur Pulver schlechthin zu nennen pflegt. Siehe 2. Krätze, Grütze, Graus, Gries, 1. Kreisen u. s. f. welche insgesammt damit verwandt sind.


Kraut (W3) [Adelung]


2. Das Kraut, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die Kräuter, Diminut. das Kräutchen, Oberd. Kräutlein. 1. Die Blätter derjenigen Gewächse, welche nicht zu den Bäumen und Stauden gerechnet werden, als ein Collectivum und ohne Plural; wo es bald in weiterer Bedeutung von dem ganzen außer der Erde befindlichen Theil eines solchen Gewächses, im Gegensatze der Wurzel, theils nur von den Blättern allein gebraucht wird, welche bey den Bäumen und Stauden das Laub genannt werden. Eine Pflanze wächset zu sehr in das Kraut, wenn sie zu viele Blätter treibet, zum Nachtheile der Wurzel oder der Blumen und Früchte. Das Kraut an einem Gewächse abschneiden. Die Möhren haben ein schönes grünes Kraut. Noch mehr. 2. Ein solches Gewächs selbst, eine Pflanze, welche nicht zu den Sträuchen und Bäumen gerechnet werden kann. 1) Eigentlich, wo dieses Wort in einem vielfachen Umfange der Bedeutung gebraucht wird. a) In dem weitesten Verstande, von allen Arten dieser Gewächse, mit Inbegriff der Gras- und Getreidearten; in welcher veralteten Bedeutung es noch einige Mahl in der Deutschen Bibel vorzukommen scheinet. In den Zusammensetzungen Kräuterreich, Kräuterkunde, Kräuterkenner, Kräuterlehre u. s. f. kommt es zuweilen noch in dieser Bedeutung vor, wo aber in noch weiterm Verstande auch die Sträuche und Bäume mit darunter begriffen werden. (b) In engerm Verstande, mit Ausschließung der Gras- und Getreidearten. Und die Erde ließ aufgehen, Gras und Kraut, 1 Mos. 1, 12; wo es collective für Kräuter stehet. Kräuter sammeln. Feldkräuter, Gartenkräuter, Heilkräuter, Wundkräuter u. s. f. (c) In noch engerm Verstande, nur die zu einer gewissen Absicht brauchbaren Kräuter. aa) Eßbare Kräuter oder Gartengewächse führen wenigstens in einigen Zusammensetzungen den Nahmen der Kräuter; im Gegensatze des Unkrautes. Der Krautgarten, ein Küchengarten. bb) Gewürze, eine nur noch im Niedersächsischen übliche Bedeutung, wo das Gewürz Krund oder Kraut genannt wird. Daher ist Krundkrämer daselbst ein Gewürzhändler, Krundlade die Gewürzlade, krüden würzen u. s. f. Auch im Schwed. ist Krydda Würze. cc) Arzeneykräuter, Heilkräuter. Besonders wurde es ehedem von solchen Kräutern gebraucht, deren man sich zum Aberglauben und zur Vergiftung bedienete, in welchem Verstande auch Herba im mittlern Lateine häufig ist. Das gehet mit Kräutern zu, mit unrechten Dingen. Im Franz. ist enherber gleichfalls vergiften. (b) In der engsten Bedeutung werden diejenigen einzelnen Gewächsarten, deren man sich zu einer gewissen Absicht am häufigsten bedienet, nur Kraut schlechthin und ohne Plural genannt. So heißt der Schmack oder Sumach bey den Gärbern einiger Gegenden nur das Kraut, da denn auch diejenigen Gärber, welche sich dessen bedienen, unter dem Nahmen der Kräuter bekannt sind. Am häufigsten ist es von dem Kohle, weil derselbe das gewöhnlichste unter den eßbaren Kräutern ist. Grünes Kraut oder Grünkraut, grüner Kohl, Weißkraut, weißer Kohl, Kopfkraut, Kappiskraut, Kopfkohl, Sauerkraut, geschnittener und sauer eingemachter Kopfkohl, Komstkraut u. s. f. Kraut schneiden, kochen, einmachen u. s. f. Er mengt alles unter einander, wie Kraut und Rüben, ohne alle Ordnung. S. viele der folgenden Zusammensetzungen. 2) Figürlich, wo dieses Wort im gemeinen Leben zuweilen von Menschen, doch allemahl im nachtheiligen Verstande und ohne Plural gebraucht wird. Du bist mir ein schönes Kräutchen, sagt man von einem leichtsinnigen, muthwilligen, hitzigen Menschen. In noch härterm Verstande wird auch wohl Unkraut dafür gebraucht.

Anm. In der zweyten eigentlichen Bedeutung bey dem Ottfried Chrut, bey dem Willeram Krut, bey dem Notker im Plural Chriutter, Chroter, im Nieders. Kruud, im Schwed. Krut und Krydda. Es stammet ohne Zweifel von dem veralteten Angels. growan, Schwed. gro, wuchsen, her, so daß Kraut eigentlich ein Gewächs bedeutet. ( S. Gras, Grod, Grün und Groden.) Im Oberdeutschen hat man noch ein anderes sehr genau damit verwandtes Wort, welches Krätz lautet, und eigentlich eßbare Kräuter, Gartengewächse bedeutet. Daher ist Krätzerey und Krätzwerk daselbst Gemüse, der Krätzgarten ein Küchengarten u. s. f. Frisch leitet es sehr gezwungen von Krätze, ein Korb, ab, weil dergleichen Gewächse in Körben zu Markte gebracht würden. Allein, wer siehet nicht, daß es zu Kraut gehöret, und in Ansehung. des Ableitungslautes das Mittel zwischen diesem Worte und Gras ist?


Krautbeet (W3) [Adelung]


Das Krautbeet, des -es, plur. die -e, ein Beet im Garten oder auf dem Felde, auf welchem Kraut, d. i. Kohl, gebauet wird.


Krautbiene (W3) [Adelung]


Die Krautbiene, plur. die -n, in der Bienenzucht, Bienen, welche nicht weiter als in die Gärten und Brachfelder kommen; zum Unterschiede von den Wald- und Heidebienen.


Kraute (W3) [Adelung]


Die Kraute, plur. inus. im Weinbaue, die Handlung des Krautens, d. i. die Ausgätung des Grases und Unkrautes, und die Zeit, wenn selbige geschiehet. S. Beerkraute und Reinkraute.


Krauteisen (W3) [Adelung]


Das Krauteisen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Hauswirthschaft, ein in eine lange Tafel eingefaßtes scharf geschliffenes Eisen, das Kraut oder Kohl darauf klein zu schneiden. Es ist von einem Krauthobel, welcher besonders zum Sauerkraute gebraucht wird, nur in der Größe verschieden.


Krauten (W3) [Adelung]


Krauten, verb. reg. act. das Kraut, d. i. allerley Gewächse mit Einschließung des Grases abschneiden, oder ausgäten. Das Krauten im Getreide ist nicht überall erlaubt, d. i. das Abschneiden des Unkrautes zum Futter für das Vieh. Im Weinbaue werden die Weinberge gekrautet, wenn das Unkraut in denselben ausgegätet wird.


Kräuter (W3) [Adelung]


Der Kräuter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In einigen Gegenden, z. B. zu Breslau, solche Leute, welche sich von Erzeugung und Verkauf der Küchengewächse oder eßbaren Kräuter nähren, und welche an andern Orten Gärtner, Kohlgärtner, Krätzgärtner genannt werden. 2) An andern Orten, wo der Schmack nur Kraut schlechthin genannt wird, führen diejenigen Gärber, welche mit Schmack gärben, den Nahmen der Kräuter.


Kräuterbad (W3) [Adelung]


Das Kräuterbad, des -es, plur. die -bäder, ein Bad von heilsamen Kräutern.


Kräuterbier (W3) [Adelung]


Das Kräuterbier, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein mit einem Zusatze von allerley wohlschmeckenden oder heilsamen Kräutern bereitetes Bier.


Kräuterbrot (W3) [Adelung]


Das Kräuterbrot, des -es, plur. inus. ein mit einem solchen Zusatze gebackenes Brot.


Kräuterbuch (W3) [Adelung]


Das Kräuterbuch, des -es, plur. die -bücher, im gemeinen Leben, ein Buch, in welchem alle oder doch viele Kräuter beschrieben oder abgebildet sind, mit Inbegriff der Grasarten, Sträuche und Bäume.


Kräuterfrau (W3) [Adelung]


Die Kräuterfrau, plur. die -en, eine Frau, welche die heilsamen Kräuter zur gehörigen Zeit einsammelt, und damit handelt; in der härtern Sprechart, das Kräuterweib, im Oberd. die Kräutlerinn.


Kräuterkäse (W3) [Adelung]


Der Kräuterkäse, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit einem Zusatze von schmackhaften und heilsamen Kräutern verfertigter Käse. In Niedersachsen ist Krautkäse ein mit Gewürzen versetzter Käse, von Kraut, Gewürz.


Kräuterkenner (W3) [Adelung]


Der Kräuterkenner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kräuterkennerin, eine Person, welche die Kräuter kennet, d. i. sie nach ihrem Nahmen, ihrer Gestalt, ihrem Nutzen u. s. f. von einander zu unterscheiden weiß; ehedem auch der Kräutler. Daher die Kräuterkenntniß, oder die Kräuterkunde, so wohl die Fertigkeit, die Kräuter zu kennen, als auch die Wissenschaft, welche diese Kenntniß gewähret, und der Vortrag derselben; in den beyden letzten Bedeutungen auch die Kräuterlehre, die Kräuterwissenschaft, und mit einem Griech. Ausdrucke die Botanik.


Kräuterküssen (W3) [Adelung]


Das Kräuterküssen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kräutersäckchen.


Kräutermann (W3) [Adelung]


Der Kräutermann, des -es, plur. die -männer, eine Person männlichen Geschlechtes, welche die heilsamen Kräuter zur gehörigen Zeit einsammelt, und sie an andere verkauft; im Oberd. auch der Kräutler, Kräuterer.


Kräutermumme (W3) [Adelung]


Die Kräutermumme, plur. inus. in Braunschweig, eine Art der Mumme oder des dasigen starken Bieres, welches mit einem Zusatze von heilsamen Kräutern gebrauet wird.


Kräutermütze (W3) [Adelung]


Die Kräutermütze, plur. die -n, Diminut. das Kräutermützchen, in der Arzeneykunst, eine Mütze, in welche verschiedene getrocknete Kräuter genähet sind, und welche wider allerley Beschwerden des Kopfes getragen wird.


Kräuterreich (W3) [Adelung]


Das Kräuterreich, des -es, plur. inus. dasjenige Naturreich, welches alle Kräuter in der weitesten Bedeutung, mit Einschließung der Bäume und Sträuche, in sich begreift, und am häufigsten das Pflanzenreich, oder Gewächsreich genannt wird.


Kräutersäckchen (W3) [Adelung]


Die Kräutersäckchen, Oberd. Kräutersäcklein, des -s, plur. ut nom. sing. ein Säckchen oder Beutel mit allerley heilsamen Kräutern, welches außen auf einen Schaden geleget wird, denselben dadurch zu heilen; das Kräuterküssen.


Kräutersalat (W3) [Adelung]


Der Kräutersalat, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein aus gefunden und heilsamen Kräutern bereitete Salat, welcher mit einem Krautsalate nicht zu verwechseln ist.


Kräutersalz (W3) [Adelung]


Das Kräutersalz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein aus der Asche der Kräuter gezogenes Salz.


Kräuterschiefer (W3) [Adelung]


Der Kräuterschiefer, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. Schiefer, welcher Abdrücke von Kräutern oder Pflanzen enthält.


Kräutersuppe (W3) [Adelung]


Die "Kräutersuppe", plur. von mehrern Arten, die -n, in den Küchen, eine Suppe von allerley eßbaren Kräutern; z. B. Petersilie, Spinat u. s. f.


Kräuterrobak (W3) [Adelung]


Der Kräuterrobak, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein aus wohlriechenden oder heilsamen Kräutern bereiteter Rauch- oder Schnupftabak.


Kräutertrank (W3) [Adelung]


Der Kräutertrank, des -es, plur. von mehrern Arten, die -tränke, in der Arzeneykunst, ein aus heilsamen Kräutern gekochter Trank.


Kräuterwein (W3) [Adelung]


Der Kräuterwein, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein mit einem Zusatze von heilsamen Kräutern bereiteter Wein, dergleichen der Wermuthwein, Alantwein, Salbeywein, Lösselkrautwein u. s. f. ist.


Krautfaul (W3) [Adelung]


Krautfaul, adj. et adv. ein nur im Bergbaue übliches Wort, wo die Zimmerung krankfaul ist, wenn sie morsch, oder so faul ist, daß man mit den Händen durchgreifen kann. Die erste Hälfte dieses Wortes scheinet mit Kraut und Graus, Nieders. Grud, gleichfalls zu dem veralteten gruden, grüden, zermalmen, zu gehören, von welchem noch unter schroten üblich ist, S. Kraut 1.


Krautfeld (W3) [Adelung]


Das Krautfeld, des -es, plur. die -er, ein Feld, in welchem Kraut, d. i. Kohl, gebauet wird.


Krautflacke (W3) [Adelung]


Die Krautflacke, plur. die -n, ein Netz zu kleinen Fischen, S. Grühe.


Krautgarten (W3) [Adelung]


Der Krautgarten, des -s, plur. die -gärten, ein Garten, in welchem nur eßbare Kräuter erzeuget werden; ein Küchengarten, im Oberd. ein Kräggarten, Nieders. Kruudhof. In engerer Bedeutung, ein Garten, in welchem Kraut, d. i. Kohl, gebauet wird.


Krauthacke (W3) [Adelung]


Die Krauthacke, plur. die -n. 1) Eine Hacke, das Kraut, d. i. den Kohl, damit zu behacken. 2) Diese Handlung selbst, das Behacken des Kohles; ohne Plural.


Krauthahn (W3) [Adelung]


Der Krauthahn, S. Gartenhuhn.


Krauthänfling (W3) [Adelung]


Der Krauthänfling, des -es, plur. die -e, ein Nahme des Bluthänflinges oder Flachsfinken, Linaria Klein. vermuthlich, weil er sich gern auf den Krautfeldern aufhält. S. Hänfling.


Krauthobel (W3) [Adelung]


Der Krauthobel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Krauteisen.


Krauthohlunder (W3) [Adelung]


Der Krauthohlunder, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden, ein Nahme des Attiches oder Ackerhohlunders, welcher alle Jahre neue Stängel aus der Wurzel treibet; Sambucus Ebulus L.


Krauthonig (W3) [Adelung]


Das Krauthonig, des -es, plur. inus. dasjenige Honig, welches die Bienen zur Palmzeit aus den Baum- und Gartenblüthen sammeln; zum Unterschiede von dem Heidehonig.


Kräutig (W3) [Adelung]


* Das Kräutig, des -es, plur. inus. ein nur im gemeinen Leben für Kraut übliches Collectivum, so wohl die an einer Pflanze befindlichen Blätter mit ihren Stängeln, als auch die Pflanze selbst zu bezeichnen. Das Kräutig an der Akeley bestehet aus breiten stumpfen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gekerbten Blättern. Das Kräutig ausgäten, die - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - das Unkraut.


Krautkäse (W3) [Adelung]


Der Krautkäse, S. Kräuterkäse.


Kräutler (W3) [Adelung]


Der Kräutler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kräutlerinn, S. Kräuterfrau, Kräutermann und Kräuterkenner.


Krautmesse (W3) [Adelung]


Die Krautmesse, plur. die -n, S. Krautweihe.


Krautraupe (W3) [Adelung]


Die Krautraupe, plur. die -n, die Kohlraupe, S. dieses Wort.


Krautsäge (W3) [Adelung]


Die Krautsäge, plur. die -n, ein Netz zu kleinen Fischen, S. Grühe und Säge.


Krautsalat (W3) [Adelung]


Der Krautsalat, des -es, plur. die -e, ein aus Kraut, d. i. Kohl, bereiteter Salat.


Krautschauung (W3) [Adelung]


Die Krautschauung, plur. die -en, in den Niedersächsischen Marschländern, die obrigkeitliche Besichtigung der Deiche, ob das Unkraut gehörig abgemähet sey.


Krautstampfe (W3) [Adelung]


Die Krautstampfe, plur. die -n, in der Hauswirthschaft, ein rund gebogenes unten scharfes Eisen, in Gestalt eines Latein. S mit einem langen Stiele, das Kraut, d. i. den Kohl, damit klein zu stoßen; der Krautstößer.


Krautstrich (W3) [Adelung]


Der Krautstrich, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, ein großer Rechen mit drey gleich weit von einander stehenden Zinken, womit auf den Krautfeldern die Linien gezogen werden, die Kraut- oder Kohlpflanzen darnach zu stecken.


Krautstück (W3) [Adelung]


Das Krautstück, des -es, plur. die -e, eben daselbst, ein Stück Acker oder Gartenland, welches mit Kraut, d. i. Kohl, bepflanzet ist.


Krautvogel (W3) [Adelung]


Der Krautvogel, des -s, plur. die -vögel, S. Gereuthlerche.


Krautweihe (W3) [Adelung]


Die Krautweihe, plur. inus. in einigen Gegenden, das Fest der Himmelfahrt Maria, welches auf den 15ten Aug. fällt, weil in der Römischen Kirche an diesem Tage so wohl die eßbaren Kräuter, als auch allerley Kräuter geweihet werden, welche Gespenster verjagen, und Donnerwetter und anderes Unglück abwenden sollen; die Würzweihe; Krautmesse. S. Haltaus im Calendar. medii aevi S. 116. f.


Kreatur (W3) [Adelung]


Die Kreatur, plur. die -en, ein aus dem Lat. Creatura entlehntes Wort. 1) Überhaupt, ein jedes geschaffenes Ding, ein jedes Wesen, welches seinen Grund in dem selbstständigen Wesen hat; wofür doch in der edlern Schreibart Geschöpf üblicher ist. In der Deutschen Bibel kommt es in dieser Bedeutung häufig vor. 2) In engerer Bedeutung werden die lebendigen Geschöpfe, so wohl im gemeinen Leben, als auch in der Bibel Kreaturen genannt. 3) In dem engsten Verstande, ein Mensch, doch allemahl mit einem verächtlichen Nebenbegriffe; in welchem Verstande auch das Wort Geschöpf zuweilen gebraucht wird. Sie begegnen mir, wie der niederträchtigsten Kreatur, die ihre Gunstbezeugungen an die Meistbiethenden verkauft, Weiße. Ich sollte der gute Freund von einer solchen Kreatur seyn? ebend. 4) Figürlich werden, nach dem Vorgange der Italiäner, diejenigen Cardinäle, welche von einem Papste zu dieser Würde erhoben worden, in Ansehung desselben dessen Kreaturen genannt; wo man denn auch wohl in weiterer Bedeutung einen jeden, welcher durch einen andern sein Glück gemacht hat, und ihm um deßwillen ergeben ist, dessen Kreatur zu nennen pflegt. Da dieses Wort wegen seines langen und häufigen Gebrauches in der Deutschen Sprache schon das Bürgerrecht bekommen hat, so schreibt man es nunmehr billiger mit einem R als mit einem C.


Krebs (W3) [Adelung]


1. Der Krebs, das Kerngehäuse in dem Obste, S. Griebs.


Krebs (W3) [Adelung]


2. Der Krebs, des -es, plur. die -e, Diminut. das Krebschen, Oberd. das Krebslein. 1. Eigentlich, ein ungeflügeltes mit einer schwärzlichen Schale bedecktes Wasser-Insect, mit acht Füßen, zwey Scheren, zwey beweglichen Augen auf einem Stiele und einem gelenkigen unbewaffneten Schwanze; Cancer. Zu diesem Geschlechte gehören die Humber, welche die größte Art der Krebse sind, die Gar- nellen, Taschenkrebse und Flußkrebse, welche letztere nur in engerm Verstande Krebse genannt werden. Krebse fangen, sieden, essen. Die Krebse mausen sich, ( S. Mausen und Mutterkrebs.) Einen Krebs im Beutel haben, figürlich, nicht gern Geld ausgeben, fickenfaul seyn. 2. Figürlich. 1.) In der Astronomie, ein Zeichen des Thierkreises, welches sich zwischen den Zwillingen und dem Löwen befindet, und den Nahmen von der Ähnlichkeit seines aus 35 Sternen bestehenden Sternbildes mit einem Flußkrebse hat. Vielleicht führet es diesen Nahmen auch deßwegen, weil die Sonne in demselben anfängt, nach dem Äquator zurück zu gehen. ( S. Krebsgang.) Die Sonne tritt in den Krebs, wenn sie dieses Zeichen dem Anscheine nach berühret, in demselben am Himmel gesehen wird. 2) Eine veraltete Art eines Brustharnisches, dessen noch einige Mahl in der Deutschen Bibel gedacht wird. Er wird Gerechtigkeit anziehen zum Krebs, Weish. 5, 19. Angezogen mit dem Krebs der Gerechtigkeit, Ephes. 6, 14. Angethan mit dem Krebs des Glaubens 1 Thess. 5, 8. Gemeiniglich leitet man diese Benennung von der Ähnlichkeit mit einer Krebsschale, oder auch so fern ein solcher Harnisch aus mehrern über einander liegenden Blechen oder Schuppen bestand, von der Ähnlichkeit mit einem Krebsschwanze her. Allein es stehet noch dahin, ob hier nicht vielmehr die Bedeutung eines hohlen Raumes, der Bedeckung, zum Grunde lieget, da denn dieses Wort mit Griebs, Kräbe, ein Korb, Krippe, Reff und andern zu Einem Geschlechte gehören würde. Im Franz. hieß ein solcher Brustharnisch ehedem Greves, und im Engl. Greaves. Das Schwed. Kräfweta und Holländ. Krest, bedeutet so wohl das Thier, als auch diesen Harnisch. 3) Ein um sich und bis auf die Knochen fressendes Geschwür der thierischen Körper, welches aus einer stockenden Lympha entstehet, und sich durch ein heraus fließendes schwärzliches oder gelbes stinkendes Wasser verräth, welches die Haut aufrisset und verzehret, ohne Plural; Cancer, Carcinoma, im Nieders. Krevet, im Schwed. Kräfweta, im Dän. Kräft, dagegen das Thier daselbst Kräbs heißt. Den Krebs haben, bekommen. Der Krebs frißt um sich. Ihr Wort frisset um sich wie der Krebs, 2 Thimot. 2, 17. Den Krebs schneiden, das davon angefallene Fleisch. Diese Krankheit hat den Nahmen nicht von ihrer um sich greifenden Eigenschaft, sondern daher, weil die um das Geschwür liegenden und verstopften Blutadern alsdann die Gestalt der Krebsfüße haben. Nach einer noch weitern Figur, wegen der um sich fressenden Eigenschaft, wird auch ein gewisser Schaden der Bäume und Pflanzen, wo bey den erstern die Rinde angefressen wird, aufspringt und abfällt, und ein Ast nach dem andern abstehet, der Krebs, bey andern aber der Fresser genannt.

Anm. In der ersten eigentlichen Bedeutung im Nieders. Krevet, im Schwed. Kräfweta, Krabba, im Holländ. Kreef, Krevet, Krevisse, im Engl. Craysish, Crevice, im Franz. Ecrevisse. Entweder von dem Nieders. krupen. Lat. repere, weil sich dieses Thier durch seinen besondern rückwärts gehenden Gang vor vielen andern auszeichnet, oder auch von greifen, Nieders. gripen, weil es mit seinen Scheren alles ergreifet und fest hält. S. Krabbe und 1. Krapf.


Krebsauge (W3) [Adelung]


Das Krebsauge, des -s, plur. die -n. 1) Eigentlich, die Augen eines Krebses. 2) Figürlich wird auch eine runde, auf der einen Seite erhabene und auf der andern vertiefte steinartige Verhärtung, welche die Krebse im Magen haben, das Krebsauge, richtiger aber der Krebsstein genannt.


Krebsbach (W3) [Adelung]


Der Krebsbach, des -es, plur. die -bäche, ein Bach, in welchem sich Krebse aufhalten, in welchem Krebse gefangen werden.


Krebsblume (W3) [Adelung]


Die Krebsblume, plur. die -n, der Nahme einer Pflanze S. Scorpionskraut.


Krebsrühe (W3) [Adelung]


Die Krebsrühe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, in den Küchen, eine Brühe von zerstoßenen Krebsen.


Krebsbutter (W3) [Adelung]


Die Krebsbutter, plur. inus. eben daselbst, eine mit zerstoßenen Krebsschalen abgeschmelzte Butter.


Krebsen (W3) [Adelung]


Krebsen, verb. reg. act. Krebse fangen. Krebsen gehen, ausgehen, um Krebse zu fangen.


Krebseuter (W3) [Adelung]


Das Krebseuter, des -s, plur. ut nom. sing. in den Küchen, ein mit einer Farce von zerstoßenen Krebsen zugerichtetes Kuheuter.


Krebsgang (W3) [Adelung]


Der Krebsgang, des -es, plur. inus. der rückwärts oder hinter sich gerichtete Gang der Krebse. Den Krebsgang gehen, figürlich, rückgängig werden, ingleichen nicht den erwünschten Erfolg haben, einen der Absicht entgegen gesetzten Erfolg haben, welches man auch krebsgängig werden nennet.


Krebsicht (W3) [Adelung]


Krebsicht, adj. et adv. krebsartig, dem unter dem Nahmen des Krebses bekannten Geschwüre ähnlich; besser krebshaft, oder krebsartig. Ein krebsichtes Geschwür.


Krebskoch (W3) [Adelung]


Der Krebskoch, des -es, plur. die -köche, in den Küchen, ein Koch, d. i. Art eines aufgelaufenen Gebackenen, von zerstoßenen Krebsen.


Krebskrabbe (W3) [Adelung]


Die Krebskrabbe, plur. die -n, eine Art Krebse mit welchen unbedeckten Schwänzen, welche auch Weichschwänze und Einsiedler genannt werden, S. das letztere Wort.


Krebsleuchten (W3) [Adelung]


Das Krebsleuchten, des -s, plur. inus. eine Art des Krebsfanges, da man sie vermittelst eines Lichtes oder einer brennenden Fackel fänget.


Krebsnase (W3) [Adelung]


Die Krebsnase, plur. die -n. Gefüllte Krebsnasen, in den Küchen, gefüllte Krebsschalen.


Krebsreuse (W3) [Adelung]


Die Krebsreuse, plur. die -n, eine Art Reusen, womit die Krebse gefangen werden.


Krebssalbe (W3) [Adelung]


Die Krebssalbe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n. 1) Eine Salbe von zerstoßenen Krebsen. 2) Eine Salbe wider 2) das unter dem Nahmen des Arsches bekannte Geschwür.


Krebsschaden (W3) [Adelung]


Der Krebsschaden, des -s, plur. die -schäden, das unter dem Nahmen des Krebses bekannte Geschwür, als ein Schaden, eine äußere Krankheit betrachtet.


Krebsschere (W3) [Adelung]


Die Krebsschere, plur. die -n, die Scheren, d. i. zangenartigen Vorderfüße der Krebse.


Krebsstein (W3) [Adelung]


Der Krebsstein, des -es, plur. die -e, S. Krebsauge.


Krebswasser (W3) [Adelung]


Das Krebswasser, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes Wasser, in welchem Krebse gefangen werden.


Krebsweide (W3) [Adelung]


Die Krebsweide, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der Bach- und Korbweide, Salix helix und viminalis. L. weil sich die Krebse gern unter ihren Wurzeln aufzuhalten pflegen.


Kreiden (W3) [Adelung]


Kreiden, verb. reg. act. 1) Mit Kreide überziehen, bestreichen. 2) Mit Kreide schreiben; doch nur in dem im gemeinen Leben üblichen ankreiden.


Kreidenerde (W3) [Adelung]


Die Kreidenerde, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, Kreide, in Gestalt einer lockern Erde, zur Erde verwitterte Kreide.


Kreidengrund (W3) [Adelung]


Der Kreidengrund, des -es, plur. die -gründe, bey den Mahlern und Vergoldern, ein weißer Grund von geriebener Kreide zu einem Gemählde, oder zu einem Werke, welches vergoldet werden soll.


Kreidensalz (W3) [Adelung]


Das Kreidensalz, des -es, plur. inus. eine Art eines Mittelsalzes, welches aus China gebracht wird, und Kreide mit unter seinen Bestandtheilen hat, daher es auch mit den Säuren brauset; Sal. cretae.


Kreideweiß (W3) [Adelung]


Kreideweiß, S. Kreidenweiß


Kreidenweiß (W3) [Adelung]


Kreidenweiß, oder Kreideweiß, adj. et adv. so weiß, wie Kreide, d. i. sehr weiß.


Kreidicht (W3) [Adelung]


Kreidicht, adj. et adv. der Kreide ähnlich. Kreidig, Kreide enthaltend, ingleichen mit Kreide beschmutzt.


Kreis (W3) [Adelung]


Der Kreis, des -es, plur. die -e. 1. Eine runde, d. i. krumme in sich selbst laufende Linie, sie habe nun eine vollkommen runde Gestalt, d. i. sie stehe in allen ihren Puncten gleich weit von dem Mittelpuncte ab, oder nicht. Im ersten Falle ist jetzt das Wort Cirkel, oder vielmehr Zirkel, üblicher, ungeachtet man ehedem auch das Wort Kreis in diesem Verstande gebrauchte. Aber auch in dem zweyten Falle einer beynahe runden Linie ist es nicht ohne alle Einschränkung üblich, indem man es am häufigsten von solchen Linien oder Flächen dieser Art gebraucht so fern sie die Gränzen oder die Laufbahn einer Bewegung oder einer Veränderung sind. 1) Eigentlich. Im Kreise herum gehen. Sich im Kreise herum drehen. Ein Pferd im Kreise herum laufen lassen. Im Kreise um jemanden herum stehen. Im Kreise sitzen. Das Glas im Kreise herum gehen lassen. Die Beschwörer und Teufelsbanner machen einen Kreis um sich herum. Einen Kreis schließen, Personen in einen Kreis stellen, so daß sie überall eine runde Linie vorstellen. Den Kreis öffnen, einige Personen aus dieser runden Linie treten lassen, damit sie eine Öffnung bekomme. In der Astronomie werden die gemeiniglich länglichen runden Laufbahnen, worin sich die Planeten und Kometen um ihren Firstern, und die Monde und Trabanten um ihre Planeten bewegen, Kreise genannt. Indessen sagt man doch noch der Kreis um den Mond, d. i. der Hof um denselben, ohne Rücksicht auf eine Bewegung oder Veränderung, und in dem zusammen gesetzten Umkreis bezeichnet es im weitesten Verstande die Linie oder Fläche, welche eine Figur oder einen Körper umschließet, wo auch der Begriff der Ründe verloren gehet. S. auch Gesichtskreis. 2) Figürlich, die Gränzen der bestimmten Veränderungen eines Dinges. In dem engen Kreise meiner Bekanntschaft. Der Kreis der Geschäfte. Das liegt außer dem Kreise seiner Einsichten. Jedes Thier hat seinen Kreis, in den es von der Geburt an gehört, in dem es lebenslang bleibt und stirbt, Herd. 2. Figürlich, eine durch eine solche Linie eingeschlossene Fläche. 1) Eine durch eine runde oder beynahe runde Linie eingeschlossene und bestimmte Fläche. So wird die Fläche, welche innerhalb des von Menschen in manchen Fällen eingeschlossenen Kreises lieget; gleichfalls der Kreis genannt. In den Kreis gehen. Aus dem Kreis gehen. Besonders wurde der gemeiniglich runde mit Schranken eingefaßte Kampfplatz so wohl bey Turnieren und Ritterspielen als auch bey Zweykämpfen der Kreis, verderbt aber Greis und Gries, Nieders. Kreit genannt, ( S. Grieswärtel.) So ist der Erdkreis, oder der Kreis der Erde, die ganze in ihre runden Gränzen eingeschlossene Erde, und der Weltkreis oder der Kreis der Welt, der ganze auf solche Art umgränzte Weltraum. 2) Eine zu einem gewissen Behufe gemachte und in ihre Gränzen eingeschlossene Abtheilung eines Landes, ohne Rücksicht der Figur, der Größe, oder des Besitzers. So werden verschiedene Provinzen zur bessern Handhabung der Polizey, oder der Rechtspflege, oder der Verwaltung der Einkünste, oder aus andern Absichten in Kreisen getheilet. In Schlesien werden daher an vielen Orten die Weichbilde Kreise genannt. Die dem Churhause Sachsen gehörigen Länder bestehen aus dem Churkreise, dem Meißnischen Kreise, dem Erzbirgischen Kreise u. s. f. Am bekanntesten sind in Deutschland die Kreise, worin das Deutsche Reich zur Festhaltung des Landesfriedens, dem Anfange nach von dem Kaiser Wenzel 1383, der Vollendung nach aber von Albert II. und dessen Nachfolger 1438 und 1512 getheilet wurde, und welche auch die Reichskreise genannt werden. Die vorliegenden Kreise, der Schwäbische, Oberrheinische und Niederreinische Kreis, weil sie bey den ehemaligen häufigen Kriegen mit Frankreich den feindlichen Einfällen am meisten ausgesetzet waren. S. die meisten der folgenden Zusammensetzungen.

Anm. In dem alten Fragmente auf Carln den Großen Kraiz, bey dem Stryker Chrais, im Nieders. Krink, ( S. Kringel, und Kreit,) im Schwed. Krets, im Dän. Kreds, im Pohln. Kres. Es vereiniget den Begriff der Ründe mit dem Begriffe der Bewegung, und ist in dem erste Falle von krumm, Kranz, rund, Ring u. s. f. nur in den Ableitungslaute unterschieden, ( S. auch Krans,) dagegen es im letztern Falle mit reißen, reiten und andern Wörtern dieses Geschlechtes verwandt ist. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Latein. Gyrus gehöret gleichfalls dahin.


Kreisabschied (W3) [Adelung]


Der Kreisabschied, des -es, plur. die -e, in dem Deutschen Staatsrechte, ein Abschied, d. i. ein Beschluß, welchen die Stände eines Reichskreises ehe sie aus einander gehen, abfassen und unterzeichnen; der Kreis-Receß.


Kreisamt (W3) [Adelung]


Das Kreisamt, des -es, plur. die -ämter. 1) Eben daselbst, ein Amt, so fern es bey einem der Deutschen Reichskreise verwaltet wird. 2) In verschiedenen Deutschen Provinzen, ein landesbedürfliches Kammeramt, so fern es sich über einen gewissen Kreis erstrecket, dessen Vorgesetzter ein Kreisamtmann genannt wird.


Kreisanlage (W3) [Adelung]


Die Kreisanlage, plur. die -n, diejenige An- oder Auflage, welche unter die Stände eines Deutschen Reichskreises ausgeschrieben und von ihnen zum Behufe des Kreises aufgebracht wird.


Kreis-Archiv (W3) [Adelung]


Das Kreis-Archiv, des -es, plur. die -e, dasjenige Archiv, worin die Schriften und Acten eines Kreises, und besonders eines Reichskreises aufbewahret werden; die Kreiskanzelley. S. Kreis 2. 2)


Kreisausschreibend (W3) [Adelung]


Kreisausschreibend, adj. Ein kreisausschreibender Fürst, in dem Deutschen Staatsrechte, derjenige Fürst in einem Reichskreise, welcher die Kreisversammlungen ausschreibet; ein Wort, welches freylich nicht nach den Regeln des Geschmackes und der Sprachkunst zusammen gesetzet ist.


Kreisbothe (W3) [Adelung]


Der Kreisbothe, des -n, plur. die -n, in denjenigen Deutschen Provinzen, welche wiederum in Kreise abgetheilet werden, ein Bothe, welcher die Kreisangelegenheiten den Insassen eines Kreises bekannt macht.


Kreisbrief (W3) [Adelung]


Der Kreisbrief, des -es, plur. die -e, ein Brief, welcher an mehrere gerichtet ist, und eigentlich unter ihnen nach der Reihe herum gehen soll; das Kreisschreiben, und mit einem Lateinischen Ausdrucke noch häufige, ein Circulare. Vielleicht bedeutete es ursprünglich einen offenen Brief an die Stände eines Reichskreises.


Kreis-Casse (W3) [Adelung]


Die Kreis-Casse, plur. die -n, die Casse, d. i. der Vorrath und das Behältniß des zu den Bedürfnissen eines Kreises, und besonders eines Reichskreises bestimmten Geldes. Daher der Kreis-Cassirer, der Vorgesetzte derselben, welcher doch am häufigsten Kreispfennigmeister genannt wird.


Kreischen (W3) [Adelung]


Kreischen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, die Nachahmung eines hellen lauten Schalles ist, und diesen Schall von sich geben oder hervor bringen bedeutet. 1) Fett, wenn es über einem starken Feuer zergeht und gleichsam kochet, kreischet, wo dieses Wort in einigen Mundarten kröschen lautet, und auch active gebraucht wird, für in Fett braten. So laßt der Glieder Öhl auf glimmen Rösten kreischen, Lohenst. 2) Einen hellen Schrey thun, von Menschen und im gemeinen Leben. Vor Freuden, vor Schrecken kreischen. Laut aufkreischen. 3) Zuweilen auch für schreyen überhaupt, doch nur von einer hellen, widerlichen Art des Schreyens. Und kreischend stimmt Ein Rabenheer mit ein, Weiße.

Anm. Im Nieders. krischen, krisken, im Dithmarsischen kröschen, im mittlern Lat. cruscire, im Franz. ehedem croissir, im Böhm. kriceti. Es ist das in der Natur gegründete Intensivum von schreyen und krähen, Nieders. kreyen. Das Niedersächsische kriten, Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, unser kreißen, und andere mehr, drucken mehr und weniger ähnliche Arten des Schreckens aus. Im Alban. ist Krisma ein Geräusch. Im Oberdeutschen bedeutete Chradem ehedem ein Geschrey, und noch jetzt ist im Österreichischen der Kreidenschuß und das Kreidenfeuer ein Signal, die Gemeinde zusammen zu berufen. Übrigens wird dieses Wort in den gemeinen Mundarten gemeiniglich irregulär abgewandelt; Imperf. ich krisch, Mittelw. gestrichen. S. Kreißen.


Kreis-Commisarius (W3) [Adelung]


Der Kreis-Commisarius, des -rii, plur. die -rii, in verschiedenen in Kreise vertheilten Deutschen Provinzen, ein landesfürstlicher Commissarius, welchem die Aufsicht über gewisse Angelegenheiten in dem Kreise anvertrauet ist.


Kreis-Contingent (W3) [Adelung]


Das Kreis-Contingent, des -es, plur. die -e, in dem Deutschen Staatsrechte, dasjenige Contingent an Truppen, welches jeder Reichskreis bey einem Reichskriege zu der Reichsarmee zu geben verbunden ist.


Kreis-Director (W3) [Adelung]


Der Kreis-Director, des -is, plur. die Directores, eben daselbst, derjenige Kreisstand, welcher auf den Kreistagen den Vortrag thut, und die Direction bey allen vorkommenden Sachen führet.


Kreisel (W3) [Adelung]


Der Kreisel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug, welches sich im Kreise beweget, besonders ein Werkzeug der Kinder zum Spielen, welches entweder mit den bloßen Fingern, oder vermittelst einer Peitsche, oder auch vermittelst einer Schnur in Bewegung gesetzet wird, da es sich denn eine geraume Zeit um seine Spitze im Kreise herum beweget. Der Brummkreisel und Hohlkreisel, Heulkreisel oder Kugelkreisel sind Arten desselben.

Anm. Im Nieders. Krüsel, Küsel, Kesel, Triesel, Driesel, von drehen, im mittlern Lat. Giraculum. Es wird gemeiniglich, aber unrichtig, Kräusel geschrieben und gesprochen, indem es von Kreis und nicht von kraus abstammet. Daß es schon den Römischen Knaben bekannt gewesen, erhellet aus Virgils Aen. B. 7, V. 378.


Kreiselbohrer (W3) [Adelung]


Der Kreiselbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Goldschmieden, ein Drellbohrer mit einem rundlichen eisernen Gewichte, weil er sich im Kreise herum drehet. S. Drellbohrer.


Kreiseln (W3) [Adelung]


Kreiseln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, sich wie ein Kreisel um seinen Schwerpunct herum drehen. Der Kreisel kreiselt fort.


Kreiselschnähler (W3) [Adelung]


Der Kreiselschnähler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Tauben mit einem kurzen kreiselförmigen Schnabel; Columba Turcica Klein.


Kreiselschnecke (W3) [Adelung]


Die Kreiselschnecke, plur. die -n, eine Art gewundener einsächeriger Schnecken, welche fast dreyeckig ist, übrigens aber einem Kreisel gleichet; Trochus.


Kreiselspiel (W3) [Adelung]


Das Kreiselspiel, des -es, plur. die -e, eine Art eines Kegelspieles, da die Kegel von einem fortgeschleuderten Hohlkreisel umgestoßen werden.


Kreiselwind (W3) [Adelung]


Der Kreiselwind, des -es, plur. die -e, ein sich im Kreise drehender Wind, welchen man doch am häufigsten einen Wirbelwind zu nennen pflegt.


Kreisen (W3) [Adelung]


1. Kreisen, verb. reg. act. welches nur noch im Bergbaue üblich ist, wo es so viel als kleinen, d. i. klein schlagen, bedeutet. Das Erz kreisen. Es gehöret mit dem Franz. ecracer, dem Engl. to crush, dem Ital. crusciare, zerreiben, zu dem noch im Schwed. üblichen krossa, zerreiben, welches wiederum mit reißen verwandt ist, und wovon auch unser Graus, Gries, Grütze, 2. Krätze, Kraut 1, und andere mehr abstammen.


Kreisen (W3) [Adelung]


2. Kreisen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, im Kreise gehen, doch nur noch bey den Jägern, um ein Holz herum gehen, um zu sehen, in welchem Bogen sich Wild verstecket habe; den Kreisweg gehen, nach einer verdorbenen Aussprache kreitzen. Daher der Kreiser, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, eine Art Feldhüter, welche der Fährte kundig sind, und im Winter mit kreisen gehen müssen.


Kreisgang (W3) [Adelung]


Der Kreisgang, des -es, plur. die -gänge, ein Gang im Kreise. In den Gärten und Luftwäldern sind es Gänge, welche nach einer völligen Rundung gehen.


Kreishauptmann (W3) [Adelung]


Der Kreishauptmann, des -es, plur. die -hauptleute, in verschiedenen in Kreise getheilten Provinzen, der Hauptmann, d. i. erste Vorgesetzte, eines Kreises in einer gewissen Angelegenheit. So haben die Viertel, worin das Erzherzogthum Österreich eingetheilet ist, ihre Kreishauptleute. Die Kreishauptleute in Sachsen haben in ihre Kreisen auf die Befolgung der Gesetze und Mandate, auf die Landes Ökonomie, Polizey, das Manufactur- und General-Wesen zu sehen, und über die Beamten, Einnehmer u. s. f. zu wachen. Auch in den Deutschen Reichskreisen gab es ehedem Kreishauptleute, welche das Commando über die Kreismiliz führeten, aber seit 1555 Kreisobersten heißen, S. dieses Wort.


Kreishülfe (W3) [Adelung]


Die Kreishülfe, plur. die -n, in dem Deutschen Staatsrechte, die Hülfe an Geld oder Truppen, mit welchen ein Reichskreis den Kaiser oder einen Reichsstand unterstützet.


Kreiskanzelley (W3) [Adelung]


Die Kreiskanzelley, plur. die -en, S. Kreis-Archiv.


Kreislauf (W3) [Adelung]


Der Kreislauf, des -es, plur. inus. eigentlich der Lauf im Kreise. Noch mehr aber in weiterer Bedeutung, diejenige Bewegung, da ein Ding endlich an denjenigen Ort gelanget, von welchem es ausgegangen ist; der Umlauf, mit einem Lateinischen Kunstworte, die Circulation. Der Kreislauf des Blutes in den thierischen Körpern, des Saftes in den Pflanzen. Der Kreislauf des Geldes durch Handel und Wandel.


Kreis-Matrikel (W3) [Adelung]


Die Kreis-Matrikel, plur. die -n, in dem Deutschen Staatsrechte, das Verzeichniß der Stände eines Reichskreises und derjenigen Summe, welche ein jeder zu den Bedürfnissen des Kreises im nöthigen Falle zu entrichten hat.


Kreismiliz (W3) [Adelung]


Die Kreismiliz, plur. inus. eben daselbst, die Miliz, d. i. Mannschaft, welche zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe von jedem Reichskreise unterhalten wird, und unter den Befehlen des Kreisobersten stehet; die Kreistruppen.


Kreisnachgeordnete (W3) [Adelung]


Der Kreisnachgeordnete, des -n, plur. die -n, eben daselbst, derjenige, welcher in Abwesenheit des Kreisobersten dessen Stelle vertritt.


Kreisoberste (W3) [Adelung]


Der Kreisoberste, des -n, plur. die -n, eben daselbst, derjenige, welcher das Commando über die Kreismiliz führet, und für die innere Ruhe seines Kreises zu sorgen hat.


Kreispfennigmeister (W3) [Adelung]


Der Kreispfennigmeister, des -s, plur. ut nom. sing. siehe Kreis-Caffe und Pfennigmeister.


Kreisreceß (W3) [Adelung]


Der Kreisreceß, des -sses, plur. die -sse, S. Kreisabschied.


Kreisschattig (W3) [Adelung]


Kreisschattig, adj. et adv. welches nur in der mathematischen Geographie üblich ist. Kreisschattige Völker sind diejenigen, welche nahe an den Polen wohnen, wo zu gewisser Jahreszeit die Sonne nicht untergehet, sondern sich innerhalb 24. Stunden um sie herum bewegt, daher auch der Schatten in dieser Zeit im Kreise um sie herum gehet; Periscii. Andere nennen sie nicht so bequem umschattige Völker.


Kreisschluß (W3) [Adelung]


Der Kreisschluß, des -sses, plur. die -schlüsse, in dem Deutschen Staatsrechte, der Schluß oder Beschluß, welcher auf einem Kreistage von den Kreisständen gemacht wird.


Kreisschreiben (W3) [Adelung]


Das Kreisschreiben, des -s, plur. ut nom. sing. siehe Kreisbrief.


Kreißen (W3) [Adelung]


Kreißen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, eigentlich, vor Schmerzen ächzen, wimmern, doch am häufigsten figürlich, in Geburtsschmerzen liegen oder begriffen seyn. Es ist im Oberdeutschen und in der dichterischen Schreibart der Hochdeutschen am üblichsten. Eine kreißende Frau, welche in Geburtsschmerzen liegt. Im Kreißen liegen. Ihr Götter rettet, Menschen flieht! Ein schwangerer Berg beginnt zu kreißen, Haged. Wie, wenn die Erde kreißt, zerberstet, Dampf Und Flammen in Wirbeln sich gen Himmel drehn, Weiße.

Anm. Es ist mit schreyen, kreischen und andern dieser Art genau verwandt, und druckt eine Art des Ächzens und Stöhnens sehr natürlich aus. In einem alten Vocabulario von 1482 heißt auchtzen, kreißen, trenschen, crisari. Ohne Gaumenlaut ist bey dem Ottfried und seinen Zeitgenossen riazen, riuzen und ruzen, wehklagen, weinen, jammern, ächzen. In einigen Gegenden wird kreißen irregulär abgewandelt; Imperf. ich kriß, Mittelw. gekrissen.


Kreißerinn (W3) [Adelung]


Die Kreißerinn, plur. die -en, im Oberdeutschen, und einigen Hochdeutschen Gegenden, z. B. im Churkreise, eine kreißende, gebärende Frau, und in weiterer Bedeutung, eine Kindbetterinn.


Kreiswasser (W3) [Adelung]


Das Kreiswasser, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben Obersachsens, ein heilsames Getränk für kreißende Weiber, zu welchem unter andern auch Eisenkraut kommt.


Kreisstadt (W3) [Adelung]


Die Kreisstadt, plur. die -städte, die Hauptstadt eines Kreises, es sey dieser nur ein Theil einer Provinz, oder auch ein Reichskreis.


Kreisstand (W3) [Adelung]


Der Kreisstand, des -es, plur. die -stände, in dem Deutschen Staatsrechte; der Stand eines Reichskreises, diejenigen Personen oder Gemeinheiten, welche auf den Kreistagen Sitz und Stimme haben. Daher die Kreisstandschaft, diese Würde und Eigenschaft, das Recht auf den Kreistagen Sitz und Stimme zu haben.


Kreissteuer (W3) [Adelung]


Die Kreissteuer, plur. die -n, eine Steuer, so fern sie in einem Kreise zu dessen Bedürfnissen gehoben wird. S. Kreisanlage.


Kreistag (W3) [Adelung]


Der Kreistag, des -es, plur. die -e, in dem Deutschen Staatsrechte. 1) Die Zusammenkunft der Stände eines Kreises. Einen Kreistag halten, aufschreiben. 2) Eine Zusammenkunft der Stände oder Abgeordneten mehrerer Kreise.


Kreistruppen (W3) [Adelung]


Die Kreistruppen, sing. inus. S. Kreismiliz.


Kreisverfassung (W3) [Adelung]


Die Kreisverfassung, plur. die -en. 1) Diejenige Verfassung oder Einrichtung, da ein Land in gewisse Kreise getheilet ist. 2) Die Verfassung, d. i. Ordnung und Einrichtung in einem Kreise, die Art und Weise, wie die Sachen nach den Gesetzen und Herkommen in demselben behaltet werden.


Kreiswärter (W3) [Adelung]


Der Kreiswärter, S. Greiswärtel.


Kreisweg (W3) [Adelung]


Der Kreisweg, des -es, plur. inus. S. Kreisen 2.


Krellen (W3) [Adelung]


Krellen, kratzen, S. Krällen.


Krempe (W3) [Adelung]


Krempe, Krempel, u. s. f. S. Krämpe u. s. f.


Krempel (W3) [Adelung]


Krempel, S. Krempe


Krendel (W3) [Adelung]


Der Krendel, ein Riegel, Pfahl, S. Grendel.


Krengel (W3) [Adelung]


Der Krengel, S. Kringel.


Kreppe (W3) [Adelung]


Die Kreppe, plur. doch nur von mehreren Arten, die -n. 1) Bey den Perruckenmachern und Friseuren, die lockere krause Versitzung der Haare im Accomodieren; wo es auch das Krepp lautet. 2) Eine Art eines lockern Zeuges mit krausen Fäden, wovon man so wohl seidene, als auch halb seidene und wollene Arten hat. Es wird auch mit dem völlig Französischen Worte Crepon genannt, und bekommt seien Krause, wenn er fertig ist, in siedend heißem Wasser, worauf er gegummet wird. Im mittlern Lat. Crippa, im Ital. Crespo. In beyden Bedeutungen zunächst aus dem Französischen Creppe, Crepe, Crespe, welches wiederum von crispus, kraus, abstammet.


Kreppflor (W3) [Adelung]


Der Kreppflor, des -es, plur. von mehreren Arten, die -flöre, ein krauser Flor, welcher vornehmlich in Bologna verfestiget, und zu Trauerkappen gebracht wird.


Kreppmacher (W3) [Adelung]


Der Kreppmacher, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher allerley Arten von Kreppe verfertiget; der Kreppweber, Crepon-Weber.


Kresse (W3) [Adelung]


1. Die Kresse, plur. die -n, eine Art eßbarer Flußfische, siehe Gründling 2. und Gräßling.


Kresse (W3) [Adelung]


2. Die Kresse, plur. inus. eine Pflanze, welche Schöttchen trägt, einen scharfen Geschmack hat, und wovon einige Arten gegessen werden können; Lepidium L. Die Spanische Kresse, Lepidium Cardamines, ist in Spanien zu Hause. Die Gartenkresse, Lepidium sativum, wird in den Gärten gebauet und nur schlechthin Kresse genannt. Die wilde Kresse, Lepidium Iberis, wächset an den Wegen und wird nicht zur Speise gebraucht. Die Hundeseiche und das Pfefferkraut sind zwey andere wilde uneßbare Arten derselben. Die Indianische Kresse, Tropaeolum L. gehöret zu einem andern Geschlechte, und führet diesen Nahmen nur wegen einiger Ähnlichkeit. Eine andere in dem mitternächtigen Europa befindliche Pflanze, Arabis Thasiana L. führet daselbst gleichfalls den Nahmen der wilden Kresse, so wie eine Art des Löwenkrautes, welche an Geschmack der Brunnkresse gleicht, Cochlearia Coron opus L. verschiedene Arten der Kraute, Sisymbrium silvestre und aquaticum, gleichfalls wilde Kresse und Schweinskresse und dielberis Nudicalis L. in manchen Gegenden auch wilde Kresse genannt wird. Die Bergkresse, Cardamine L. mit ihren Arten, der Springkresse, Feld- oder Wiesenkresse und Bitterkresse, welche letztere auch unechte Brunnkresse erkannt wird, zum Unterschiede von der wahren Brunnkresse, Sisymbrium Nasturtium L. gleicht der Gartenkresse so wohl an Gestalt als Geschmack. Die Winterkresse, Erysimum Barbarea L. ist eine Art des Hederichs, und wird auch Barbenkraut genannt. Die Türkische Kresse, Arabis alpina L. wächset in der Schweiz und dem südlichen Deutschlande, so wie die Strandkresse, Bunias Cakile L. welche auch Meersenf heißt, an dem Seestrande einheimisch ist.

Anm. In den Monseeischen Glossen Cresso, im Oberdeutschen auch Kressig, im mittlern Lat. Cresso, Crisonium, im Engl. Cresse, im Französ. Cresson, im Ital. Crescione, im Nieders. mit versetztem r, Karse, Kasse, Kassen, in Thüringen Kirsch, im Dän. Karse, im Angels. Caerse, im Schwebischen Krasse. Da so wohl die Gartenkresse als auch alle übrigen Pflanzen, welche den Nahmen der Kresse führen, sich durch ihren scharfen bittern Geschmack unterscheiden, so ist es sehr wahrscheinlich, daß dieses Wort vermittelst des vorgesetzten Gaumenlautes aus dem noch im Oberd. üblichen räß, scharf von Geschmack, bitter, gebildet ist, daher auch im Angels. der Senf Cressae genannt wird. S. Kreßling.


Kreßler (W3) [Adelung]


Der Kreßler, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein Nahme des Schnerfs oder Wachtelköniges, der an andern auch Grössel genannt wird. Ohne Zweifel wegen seines sonderbaren Geschreyes, welches dem Geschreye eines Laubfrosches gleicht. S. Kreischen und Kreißen.


Kreißling (W3) [Adelung]


Der Kreißling, des -es, plur. die -e. 1) Ein Fisch, siehe Gräßling. 2) An einigen Orten wird auch der Pfifferling oder Pfefferschwamm Kreßling genannt, ohne Zweifel wegen seines scharfen Geschmackes. S. 2. Kresse Anm.


Kretscham (W3) [Adelung]


Der Kretscham, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in Schlesien und andern an den Slavonischen Mundarten gränzenden Gegenden übliches Wort, eine Schnecke zu bezeichnen, wo Kretschmar auch einen solchen Schenkwirth bedeutet. Aus dem Pohln. Karkzma, im Böhm. Kreschma.


Kreubeere (W3) [Adelung]


Die Kreubeere, plur. die -n, an einigen Orten, ein Nahme der Preiselbeeren, S. dieses Wort.


Kreuz (W3) [Adelung]


1. Das Kreuz, des -es, plur. die -e, ein Wort, welches überhaupt den Begriff der Erhöhung hat, aber nur noch in einigen wenigen Fällen gebraucht wird. Der erhabene Theil des thierischen Körpers zu Ende des Rückens zwischen den Hüften wird das Kreuz, Nieders. Krüz und Krüzwark, im Schwed. Kors genannt. Schmerzen im Kreuze haben. Besonders an den Pferden, bey welchem diese Erhöhung am deutlichsten in die Augen fällt. Franz. Crouppe, Ital. Groppa, welches zu dem Geschlechte unsers Kropf gehöret. Daher das Kreuzbein, das dreyeckige Bein an Ende des Rückens, welches das Kreuz macht, und wegen seiner Größe Os sacrum, das heilige Bein, genannt wird. Kreuz gehöret in dieser Bedeutung allem Ansehen nach zu dem Geschlechte der Wörter kraus, groß, und Lat. crassus, welche durch vorgesetzten Gaumenlaut von Riese und riesen gebildet worden. In dem Bergbaue wird der eiserne Zapfen an dem Göpel das Kreuz genannt. Da es nicht scheinet, daß es hier wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt zu dem folgenden Worte gehören könnte, so würde es gleichfalls hierher gehören, und alsdann den sehr nahe verwandten Begriff der Spitze haben.


Kreuz (W3) [Adelung]


2. Das Kreuz, des -es, plur. die -e, Diminut. das Kreuzchen, Oberd. das Kreuzlein. 1. In der eigentlichen Bedeutung, ein gerader Körper, über welchen ein anderer die Quere gehet, welcher die Gestalt eines Lateinischen großen T hat, und dessen Figur sonst auch das Antonius-Kreuz genannt wird. In dieser ursprünglichen und erster Bedeutung wird es nur noch in einigen Fällen gebraucht. So ist das Kreuz bey den Buchdruckern und Buchbindern, womit die Bogen zum Trocknen auf die Schnüre gehänget werden, von dieser Art, indem es aus einem bloßen Querholze an einem langen Stiele bestehet. In einigen andern Fällen heißt ein solches Werkzeug eine Krücke, S. dasselbe. 2. In weiterer Bedeutung, ein jeder Körper, welcher einen andern nach einen gewissen Winkel durchschneidet, oder dessen Figur. 1) Überhaupt. Das Andreas-Kreuz, welches die Gestalt eines X hat. Das Schächerkreuz oder Gabelkreuz, welches einem Y gleicht. Am häufigsten wird ein gerader Körper, welchen ein anderer nach rechten Winkeln durchschneidet, ein Kreuz genannt. Etwas ins Kreuz, oder über das Kreuz legen, es so lagen, daß es diese Figur vorstelle. Die Bäcker schränken das Holz in dem Ofen über das Kreuz. Die Arme, die Füße über das Kreuz legen. Daher auch denn sehr viele Werke der Kunst und deren Theile, welche diese Gestalt haben, den Nahmen des Kreuzes führen. Dahin gehören z. B. das Kreuz eines Degens, bey den Schwertfegern, der massive Theil zwischen dem Stichblatte und Griffe nebst der Parier-Stange und dem Bügel, welcher auch das Gehäuse heißt; das Kreuz im Fenster, das senkrechte Holz, welches von einem Querholze durchschnitten wird, und woran die Fensterflügel schlagen, und in weiterer Bedeutung auch der ganze viereckte Rahmen, von welchem das Kreuz der innere Theil ist. Bey den Kupferdruckern heißt der Haspel, womit die obere Walze untergedrehet wird, auch das Kreuz. Und so in hundert andern Fällen mehr. Auch mit einem Kreuze gezeichnete Dinge werden zuweilen Kreuz genannt. So führet in das Blechhämmern die dickste und stärkste Art Blech den Nahmen Kreuz, wo es ohne Artikel und ohne Plural gebraucht wird. S. Kreuzblech. 2) In engerer Bedeutung, das ehemahlige Werkzeug einer schimpflichen und schmerzhaften Todesart, da der Beurtheilte an ein senkrechtes mit einem Querholze versehenes starkes Holz ausgespannt und befestiget wurde. (a) Eigentlich, besonders so fern Christus den Versöhnungstod an einem solchen Kreuze erlitten hat; von welchem zwar erweislich ist, daß es ein Kreuz in der eigentlichsten Bedeutung gewesen, oder einem Latein. T geglichen hat, welches aber jetzt gemeiniglich unter der Gestalt + vorgestellet wird. An das Kreuz geschlagen, geheftet, oder genagelt werden. Aus Achtung gegen den Versöhnungstod Christi wurde die körperliche Figur eines solchen Kreuzes in der christlichen Kirche sehr frühe zu verschiedenen Gebräuchen angewendet, wovon aber viele mit der Zeit in Aberglauben und Mißbrauch ausarteten. In den protestantischen Kirchen sind die meisten dieser Gebräuche abgeschaffet worden; indessen wird ihr Andenken noch durch einige figürliche R. A. aufbehalten. Zum Kreuze kriechen, sich demüthigen, unterwerfen. Am Kreuze stehen, in Mangel und großer Verlegenheit sich befinden. Beyde R. A. sind Anspielun- gen auf eine ehedem in der Römischen Kirche übliche Art der öffentlichen Buße, wo man mit ausgespannten Armen vor einem Kreuze stand, wovon Schilters und Du Fresne Glossaria, und zwar das letztere bey dem Worte Crux, nachgesehen werden können. Von dem in den mittlern Zeiten üblichen Gebrauche, denjenigen, welche sich zu einem Feldzuge wider die Ungläubigen und nachmahls auch wider die Ketzer auswerben ließen, ein Kreuz auf ihre Kleider zu nähen, stammen die R. A. her, das Kreuz predigen, das Volk in Predigten zu einem solchen Kriegszuge aufmuntern; das Kreuz nehmen, sich zu einem solchen Zuge anwerben lassen. ( S. Kreuzzug.) Ein anderer Gebrauch war es, ein Kreuz auf einem Grundstück zu stecken, welches gerichtlich verkauft werden sollte; daher die R. A. in den mittlern Zeiten so oft vorkommt, das Kreuz auf eines Haus und Hof stecken. Auch das gottesdienstliche Zeichen des Kreuzes, da man eine solche Figur mit den Figuren in der Luft macht, ist eine sehr alte, und besonders in der Römischen Kirche übliche Gewohnheit, wo sie aber oft sehr gemißbraucht wird. Das Kreuz machen, ein Kreuz schlagen, dieses Zeichen mit den Fingern in der Luft machen. Sich mit dem Kreuze segnen. Das Kreuz vor sich machen. Das Kreuz vor einem andern machen, auch figürlich, sich vor ihm wie vor dem Teufel hüthen, ihn auf alle Art zu vermeiden suchen. Auch Anhänge zur Zierde, von edlen Metallen, welche oft mit Edelsteinen besetzt werden, heißen Kreuze oder Kreuzchen. (b) Figürlich, in der Theologie und biblischen Schreibart. (aa) Das ganze Versöhnungswerk Christi, von welchem der Kreuzestod das vornehmste Stück war; ohne Plural. Gal. 6, 14; Ephes, 2, 16; Col. 1, 20. (bb) Die Lehre von Christo und dessen Versöhnungsmerke; gleichfalls ohne Plural 1 Cor. 1, 17, 18; Gal. 5, 11. (cc) Die Leiden der Christen, alle Arten der Leiden in der Gemeinschaft Christi, dessen vornehmstes Leiden in dem Kreuztode befand; auch ohne Plural. Im mittlern Lat. Cruciatio. Viel Kreuz haben. Sein Kreuz geduldig tragen. Gott legt den Gläubigen mancherley Kreuz auf. In weiterer Bedeutung werden alle Arten der Leiden, Unfälle und Widerwärtigkeiten das Kreuz oder ein Kreuz genannt. Siehe auch Hauskreuz.

Anm. Im Isidor, Ottfried und Willeram Cruce, bey dem Stryker Chreuce, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno Creiz, bey den Schwäbischen Dichtern Kruice, im Nieders. Krüz, im Angels. Cruce, im Engl. Cross, im Schwed. Kryss und mit versetztem r Kors, im Dän. gleichfalls Kors, im Slavonischen Krest, im Wend. Krisch, im Pers. Crusc. Es ist nicht glaublich, daß wir dieses Wort zunächst aus dem Latein. Cruz entlehnet haben sollten, weil es sehr frühe, und zwar schon im Isidor in seiner heutigen Deutschen Gestalt vorkommt. Es ist vielmehr mit dem Lat. von dem Worte Krücke nur in dem Ableitungslaute verschieden, und druckt eigentlich die Hervorragungen des obern Querholzes aus. Im Alban. heißt daher ein Kreuz nur Kriukk, so wie das mittlere Lat. Crux mehrmahls für Krücke, Franz. Crosse, gebraucht wird. Eine von Gottscheds seltsamen Grillen war es, diesem Worte im Plural ein r anzuhängen, Kreutzer, bloß weil einige gemeine Oberdeutsche Mundarten so sprechen; Mundarten, welche er doch so oft mit seinem Spotte beschüttet hatte. Die gewöhnliche Schreibart mit einem tz hat keinen etymologischen Grund, selbst nicht, wenn man es von dem Lat. Crux abstammen lässet; zumahl da auch der gedehnte Ton, welcher dieses Wort im Deutschen hat, den doppelten Consonanten wenigstens nicht begünstiget. In den Zusammensetzungen Großkreuz und Halbkreuz ist dieses Wort bey verschiedenen Ritterorden auch im männlichen Geschlechte üblich, eine mit dem Ordenskreuze beehrte Person zu bezeichnen.


Kreuzart (W3) [Adelung]


Die Kreuzart, plur. die -ärte, bey den Zimmerleuten, eine Art in Gestalt eines Lateinischen T, an welcher die eine Schneide senkrecht, die andere aber horizontal gerichtet ist.


Kreuzband (W3) [Adelung]


Das Kreuzband, des -es, plur. die -bänder, ein jedes Band, welches in das Kreuz gehet, oder ein anderes nach einem rechten Winkel durchschneidet. In der Zimmermannskunst, kreuzweise über einander liegende Bänder oder Zimmerhölzer, welche die Säulen und Sparren zusammen halten. Im Bergbaue sind es die beyden kreuzweise liegenden Eisen unten am Boden einer Göpeltonne.


Kreuzbaum (W3) [Adelung]


Der Kreuzbaum, des -es, plur. die -bäume. 1) Ein Gränzbaum, so fern er, wie gemeiniglich zu geschehen pflegt, mit einem Kreuze gezeichnet ist. 2) Bey einigen führet der Wunderbaum diesen Nahmen, S. dieses Wort.


Kreuzbeere (W3) [Adelung]


Die Kreuzbeere, plur. die -n. 1) Die Beeren des Kreuzdornes, Rhamnus catharticus L. aus welchen das Saftgrün bereitet wird. Im Dän. Korsbär. Vielleicht von ihren ins Kreuz zusammen gefügten Samenkörnern. Die getrockneten Beeren heißen Franz. Grains d'Avignon. 2) An einigen Orten werden auch die blauen Kratzbeeren, oder Krasselbeeren, Rubus caesius L. Kreuzbeeren genannt, wo das Wort vermuthlich aus dem ersten Nahmen verderbet ist.


Kreuzbein (W3) [Adelung]


Das Kreuzbein, des -es, plur. die -e, S. 1. Kreuz.


Kreuzblech (W3) [Adelung]


Das Kreuzblech, des -es, plur. doch nur von mehreren Arten oder Quantitäten, die -e, in den Blechhämmern, die stärkste Art des Bleches, welche auch nur Kreuz schlechthin genannt wird. Es hat den Nahmen von dem Kreuze, womit man die Fässer, worin es verschickt wird, zu zeichnen pflegt.


Kreuzblume (W3) [Adelung]


Die Kreuzblume, plur. die -n, eine Pflanze, wovon man die gemeine Art auf unsern trocknen Wiesen und Triften wächset; Polygala L. Milchkraut. Den Nahmen Kreuzblume hat sie vermuthlich von der Gestalt ihrer Blumen.


Kreuzbrav (W3) [Adelung]


Kreuzbrav, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben, für sehr brav üblich ist. Ein kreuzbraver Mann. In Baiern sagt man auch, ein Kreuzkopf, ein guter Kopf, kreuzwohlauf, sehr wohl, der Gesundheit nach, u. s. f.


Kreuzbrett (W3) [Adelung]


Das Kreuzbrett, des -es, plur. die -er, Breter, welche in das Kreuz geleget sind.


Kreuzbruder (W3) [Adelung]


Der Kreuzbruder, des -s, plur. die -brüder, ein Nahme, welchen in den mittlern Zeiten verschiedene Arten von Personen führeten, welche aus Andacht ein Kreuz auf ihre Kleider näheten, oder mit einem Kreuz in der Hand herum zogen. So wurden diejenigen, welche sich zu einem Kreuzzuge anwerben ließen, Kreuzbrüder genannt. Auch die Geißler kommen unter diesem Nahmen vor.


Kreuzdistel (W3) [Adelung]


Die Kreuzdistel, plur. die -n, S. Eberwurz.


Kreuz-Ducaten (W3) [Adelung]


Der Kreuz-Ducaten, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welcher in einigen Gegenden die Ungarischen Ducaten führen, wegen des darauf geprägten Kreuzes.


Kreuzeisen (W3) [Adelung]


Das Kreuzeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein in das Kreuz gehendes Eisen. Bey den Stückgießern ist es ein rundes Eisen mit drey Zapfen, welches in die Form an den Boden der Seite des Stückes gesetzt wird, um die Kernstange zu halten; Franz. Chapelet.


Kreuzen (W3) [Adelung]


1. Kreuzen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches von Schiffen und besonders von bewaffneten Schiffen gesagt wird, wenn sie sich einige Zeit auf einer gewissen Höhe in der See aufhalten, und daselbst hin und wieder fahren, um Schiffe zu erwarten, andern Schiffen aufzulauern, Flotten zu beobachten u. s. f. Auf Seeräuber kreuzen. In der See kreuzen. Engl. to cruise, Franz. croiser. Entweder von dem hin und wieder fahren, da sich die Wege des Schiffes gleichsam durchkreuzen, oder auch von kreisen, im Kreise herum fahren, welches im gemeinen Leben gleichfalls kreisen gesprochen wird. S. 2. Kreisen.


Kreuzen (W3) [Adelung]


2. Kreuzen, verb. reg. welches von Kreuz abstammet, und in doppelter Gestalt vorkommt. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Hin und wieder fahren, sich hin und her bewegen, so daß sich die Richtungslinie der Bewegung nach gewissen Winkeln durchschneidet. Ein schwacher Afterblitz entzündet sich und kreuzet sonder Kraft, Zachar im Cortes. Die Wege kreuzen sich, wenn sie sich nach Winkeln durchschneiden. ( S. Durchkreuzen und das vorige.) 2) In einigen Oberdeutschen Gegenden, eine Wallfahrt mit Kreuz und Fahnen halten. 2. Als ein Activum. 1) Mit dem Kreuze bezeichnen, das Zeichen des Kreuzes machen. Die alten Mütter kreuzten sich, Gell. ( S. Kreuzigen) 2) * An das Kreuz schlagen; eine veraltete Bedeutung für kreuzigen, welche noch bey dem Opitz vorkommt.


Kreuzenzian (W3) [Adelung]


Der Kreuzenzian, des -es, plur. inus. eine Art des Enzianes mit vier Mahleingeschnittenen bartlosen Kronen, welche in der Schweiz auf den Bergen wächset; Geniana cruciala L.


Kreuzer (W3) [Adelung]


Der Kreuzer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Deutsche Scheidemünze, welch 4 leichte Pfennige gilt, und ihren Nahmen von dem von Alters her darauf geprägten Kreuze hat. Sie ist am häufigsten in den Oberdeutschen Provinzen und in Westphalen gangbar, wo ihrer 60 einen Kaisergulden, 90 aber einen Thaler machen. Im Bambergischen und Würzburgischen hat man auch eine Art schwerer Kreuzer, deren 72 einen Thaler machen. Im mittlern Lat. Crosatus, Crucifer, Cruciger, Cruciatus. Den Louis d'or zu 5 Rthlr. gerechnet, gilt ein Kreuzer nicht mehr als 3 Pf. und ein Böhmischer Kreuzer in Kupfer seit 1760, 37 Pf. Diese Münze ist alt, und hat ihren Ursprung aus Tirol, wo man sie schon vom 13ten Jahrhunderte an findet. Zu Meran wurde sie in großer Menge geschlagen und 1473 gingen ihrer funfzehen auf ein Loth, da man sie denn gemeiniglich Etschkreuzer zu nennen pflegte. Wegen ihres bequemen Gebrauches im Handel und Wandel wurden sie auch außer Tirol geprägt, welches doch vor dem 15ten Jahrhunderte nicht geschehen seyn soll.


Kreuzfahne (W3) [Adelung]


Die Kreuzfahne, plur. die -n, in der Römischen Kirche, eine Fahne, welche bey Prozessionen an einer langen Stange, welche die Gestalt eines Kreuzes hat, getragen wird.


Kreuzfahrt (W3) [Adelung]


Die Kreuzfahrt, plur. die -en. 1) Eine ehemahlige Benennung eines Feldzuges wider Ungläubige und Ketzer, so fern diejenigen, welche sich dazu anwerben ließen, mit dem Kreuze gezeichnet wurden; der Kreuzzug. 2) Im Oberdeutschen, eine gottesdienstliche Wallfahrt mit Kreuz und Fahnen. 3) Bey den Jägern wird auch der Kreuztritt des Hirsches zuweilen die Kreuzfahrt genannt, S. dieses Wort.


Kreuzflüchtig (W3) [Adelung]


Kreuzflüchtig, adj. et adv. in der Theologie, das Kreuz, d. i. die Leiden in der Gemeinschaft Christi, fliehend oder vermeidend. Daher die Kreuzflüchtlingen, die unerlaubte Abneigung vor den Leiden in der Gemeinschaft Christi.


Kreuzflügel (W3) [Adelung]


Der Kreuzflügel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, Stellwege, welche über das Kreuz gehauen werden, einander durchkreuzen oder nach gewissen Winkeln durchschneiden.


Kreuzfuchs (W3) [Adelung]


Der Kreuzfuchs, des -es, plur. die -füchse, eine Art weißer Füchse mit schwarzer Kehle und einem schwarzen Kreuze auf dem Rücken. In den nördlichsten Gegenden gibt es rothe Füchse mit einem gelben Kreuze auf dem Rücken, welche gleichfalls Kreuzfüchse genannt werden.


Kreuzfuß (W3) [Adelung]


Der Kreuzfuß, des -es, plur. die -füße, ein Fuß, so fern er aus zwey Hölzern bestehet, welche nach rechten Winkeln durchschneiden.


Kreuzgang (W3) [Adelung]


Der Kreuzgang, des -es, plur. die -gänge. 1) In der Römischen Kirche Oberdeutschlandes, eine Procession, welche mit dem Kreuze gehalten wird. 2) Gänge, besonders in den Gärten, welche einander nach rechten Winkeln durchschneiden. Im Bergbaue sind es Gänge, welche quer über einander gehen. 3) An den Klöstern und zuweilen auch an den Kirchen, ein bedeckter gemeiniglich gewölbter Gang, welcher in das Gevierte um das Kloster oder die Kirche herum gehet, und in der Mitte gemeiniglich einen schachtförmigen Hof hat; im Nieders. Umgang, im Schleswigschen der Schwal.


Kreuzgasse (W3) [Adelung]


Die Kreuzgasse, plur. die -n, in den Städten, Gassen, welche einander nach rechten Winkeln durchschneiden.


Kreuzgericht (W3) [Adelung]


Das Kreuzgericht, des -es, plur. die -e, eine Art der ehemahligen Ordalien oder Gottesgerichten, wo sich so wohl der Kläger als Beklagte eine Zeit lang mit ausgespannten Armen an ein Kreuz stellen mußten, da denn derjenige für unschuldig gehalten wurde, welcher am längsten in dieser Stellung aushielt. Siehe Du Fresne Glossar. v. Crux.


Kreuzgewölbe (W3) [Adelung]


Das Kreuzgewölbe, des -s, plur. ut nom. sing. ein nach vier Bogen aufgeführtes Gewölbe, welche einander in der Mitte durchkreuzen.


Kreuzgurt (W3) [Adelung]


Der Kreuzgurt, des -es, plur. die -e, ein Bauchgurt der Reitpferde, welcher in das Kreuz über einander gelegt ist.


Kreuzhammer (W3) [Adelung]


Der Kreuzhammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Kupferschmieden, ein Hammer in Gestalt eines Kreuzes, dessen sie sich zum Überziehen bedienen.


Kreuzhaspel (W3) [Adelung]


Der Kreuzhaspel, des -s, plur. ut nom. sing. im Bauwesen, ein Haspel oder eine Winde, deren Welle vermittelst zweyer wie ein Andreas-Kreuz gestellter Arme untergedrehet wird.


Kreuzherr (W3) [Adelung]


Der Kreuzherr, des -en, plur. die -en, eine ehedem übliche Benennung derjenigen Ordensritter, welche ein Kreuz auf ihren Mänteln oder Kleidern trugen, und besonders zum Kriege wider die Umgläubigen verbunden waren. Daher besonders die Tempelherren, die Deutschen Herren, und die Malteser-Ritter diesen Nahmen führeten; Kreuzritter.


Kreuzhieb (W3) [Adelung]


Das Kreuzhieb, des -es, plur. die -e, ein in das Kreuz gehender Hieb. Bey den Feilenhauern sind es diejenigen Hiebe, welche auf die Grundhiebe folgen, und diese durchkreuzen.


Kreuzholz (W3) [Adelung]


Das Kreuzholz, des -es, plur. die -hölzer. 1) Ein jedes in das Kreuz gehendes Stück Holz, ein Stück Holz, welches ein anderes nach einem Winkel, besonders nach einem rechten Winkel durchschneidet. 2) Im Bauwesen werden diejenigen Hölzer, welche entstehen, wenn ein Baum der Länge nach mit der Säge in vier Theile getheilet wird, Kreuzholz genannt. 3) Das Holz eines Indianischen Baumes, welches wie das Aloeholz riecht, und auch Adierholz und Augenholz genannt wird, siehe Aloe 2.


Kreuzigen (W3) [Adelung]


Kreuzigen, verb. reg. act. 1. Bey den Tuchmachern, die vollen Gänge mit einem Stocke bemerken, welcher die Farben kreuzweise geschlungen hält, und das Ende eines Ganges bezeichnet. 2. Das Zeichen des Kreuzes mit den Fingern in der Luft machen; doch nur im gemeinen Leben, und in der R. A. sich kreuzigen, sich mit dem Zeichen des Kreuzes segnen. Man möchte sich kreuzigen und segnen. 3. An das Kreuz schlagen; eine ehemahlige schimpfliche und schmerzhafte Art der Hinrichtung. 1) Eigentlich. Christus ist gekreuzigt worden. 2) Figürlich, in der Deutschen Bibel und biblischen Schreibart. Sein Fleisch kreuzigen, den alten Menschen kreuzigen, die sinnlichen Begierden, der unangenehmen damit verbundenen Empfindungen ungeachtet, unterdrücken. Daher die Kreuzigung in allen obigen Fällen.

Anm. In der dritten Bedeutung bey dem Ottfried cruzen, und noch bey dem Opitz kreuzen, bey dem Notker chriucigen, der auch das Hauptwort Chrucigunga hat.


Kreuzkäfer (W3) [Adelung]


Der Kreuzkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. der Speckkäfer, weil er eine Binde in die Quere von anderer Farbe hat.


Kreuzkanker (W3) [Adelung]


Der Kreuzkanker, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kreuzspinne.


Kreuzkäse (W3) [Adelung]


Der Kreuzkäse, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Käse, welche in Schwaben, und besonders in und um Dinkelsbühl gemacht werden.


Kreuzkelch (W3) [Adelung]


Der Kreuzkelch, des -es, plur. die -e, in der Römischen Kirche, ein Kelch mit Wein, welcher bey Ausführungen eines Deliquenten neben ihm hergetragen wird, ihn damit zu stärken.


Kreuzkluft (W3) [Adelung]


Die Kreuzkluft, plur. die -klüfte, im Bergbaue, Klüfte, welche quer über einen Gang streichen, und auch Querklüfte genannt werden.


Kreuzkraut (W3) [Adelung]


Das Kreuzkraut, des -es, plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche in Frankreich einheimisch ist; Crucianelle L. 2) Eine Pflanze, deren Blätter einige Ähnlichkeit mit dem Kreuze haben, und wovon einige Arten bey uns wild wachsen; Senecio L. Kreuzpflanze. 3) Eine andere Pflanze, Valantia Cruciata L. wird gleichfalls Kreuzkraut, gelbes Kreuzkraut, goldener Waldmeister, genannt. S. Kreuzwurz.


Kreuzlahm (W3) [Adelung]


Kreuzlahm, adj. et adv. lahm im Kreuze, hüftenlahm, ungeachtet im Kreuze wegen der starken Verbindung eben so wenig eine eigentliche Verrenkung möglich ist, als in dem Buge. Kreuzlahm heißt also nur, mit einem Hinterfuße lahm gehend, so wie buglahm, ein solches Lahmgehen mit dem Vorderfuße bedeutet.


Kreuzmaß (W3) [Adelung]


Das Kreuzmaß, des -es, plur. die -e, bey den Schriftgießern, ein Maß in Gestalt eines Lat. T mit einem oben beweglichen Quereisen, die Theile des Gieß-Instrumentes damit zu bestimmen. Bey den Feldmessern bestehet das Kreuzmaß aus zwey in das Kreuz gelegten Schienen, eine Fläche durch vier Dioptern aufzunehmen.


Kreuzmeißel (W3) [Adelung]


Der Kreuzmeißel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Meißel, bey verschiedenen Holzarbeitern. Auch die Schlößer haben Kreuzmeißel, die Mittelbrücke in den Barte der Schlüssel damit zu machen.


Kreuznaht (W3) [Adelung]


Die Kreuznaht, plur. die -nähte. 1) Bey den Nähterinnen, eine Art vermittelst vieler Kreuzstiche zu nähen; ohne Plural. 2) An den Salzpfannen bey den Salzwerken ist die Kreuznaht die Verbindung der Bodenbleche mit den Ecken.


Kreuzpfanne (W3) [Adelung]


Die Kreuzpfanne, plur. die -n, in den Salzwerken, eine Pfanne, welche aus den Blechen alter Pfannen gemacht wird.


Kreuzpfennig (W3) [Adelung]


Der Kreuzpfennig, des -es, plur. die -e, eine Art alter, mit einem Kreuze bezeichneter Pfennige, welche zuerst 1022 im Würzburgischen geschlagen wurden, und von gemeinen Leuten noch jetzt zu allerley Aberglauben gebraucht werden.


Kreuzpflanze (W3) [Adelung]


Die Kreuzpflanze, plur. inus. S. Kreuzkraut.


Kreuzpredigt (W3) [Adelung]


Die Kreuzpredigt, plur. die -en, bey den ehemahligen Kreuzzügen, eine Predigt, in welcher das Volk aufgemuntert wurde, sich mit dem Kreuze zeichnen zu lassen.


Kreuzpunkt (W3) [Adelung]


Der Kreuzpunkt, des -es, plur. die -e, in der Mathematik, derjenige Punct, wo zwey Linien einander durchschneiden.


Kreuzraute (W3) [Adelung]


Die Kreuzraute, plur. inus. ein Nahme der gewöhnlichen Gartenraute mit breiten stark riechenden Blättern und gelben Blumen, Ruta graveolens L. welche auch Weinraute genannt wird. Den ersten Nahmen hat sie vermuthlich von der Gestalt ihrer Blätter.


Kreuzreich (W3) [Adelung]


Das Kreuzreich, des -es, plur. inus. in der Theologie, eine Benennung des Reiches der Gnade, weil die Genossen desselben allerley Kreuz und Leiden zu ertragen haben.


Kreuzriemen (W3) [Adelung]


Der Kreuzriemen, des -s, plur. ut nom. sing. an den Pferdegeschirren, Riemen, welche über das Kreuz an die Pferdegeschirre geschnallet werden.


Kreuzritter (W3) [Adelung]


Der Kreuzritter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kreuzherr.


Kreuzruthe (W3) [Adelung]


Die Kreuzruthe, plur. die -n, bey den Feldmessern, eine Quadrat-Ruthe, d. i. eine Fläche, welche eine Ruthe lang und eine Ruthe breit ist, und zur Bestimmung der Größe anderer Flächen dienet; die Schachtruthe. Ein solcher Schuh wird ein Kreuzschuh, und ein solcher Zoll ein Kreuzzoll genannt.


Kreuzsalbey (W3) [Adelung]


Die Kreuzsalbey, plur. inus. ein Nahme der kleinen edeln Salbey mit schmalen Blättern, welche unten am Stiele zwey kleine Anhänge haben, die mit demselben ein Kreuz vorstellen; Salvia officinalis L.


Kreuzschenkel (W3) [Adelung]


Der Kreuzschenkel, des -s, plur. ut nom. sing. über das Kreuz gehende Schenkel. Bey den Uhrmachern sind es die schmalen Schenkel, welche durch die durchbrochenen Flächen der gegossenen Uhrräder entstehen.


Kreuzschlag (W3) [Adelung]


Der Kreuzschlag, des -es, plur. die -schläge, Schläge über das Kreuz. Bey den Hutmachern ist der Kreuzschlag, vielleicht ohne Plural, das Walken der Hutfilze über das Kreuz.


Kreuzschlange (W3) [Adelung]


Die Kreuzschlange, plur. die -n, bey den Schlössern, ein großer Hammer, welcher mit beyden Händen geführet wird.


Kreuzschmied (W3) [Adelung]


Der Kreuzschmied, des -es, plur. die -schmiede, eine Art der Messerschmiede, welche nebst den Schwertfegern und Plötzenmachern zu den Meistern von der langen Arbeit, oder zu den langen Messerschmieden gehören.


Kreuzschnabel (W3) [Adelung]


Der Kreuzschnabel, des -s, plur. die -schnäbel, siehe Kreuzvogel.


Kreuzschraffierung (W3) [Adelung]


Die Kreuzschraffierung, plur. die -en, bey den Kupferstechern eine Art der Schraffirung, wo sich die Züge durchschneiden, oder über das Kreuz gehen; zum Unterschiede von der einfachen Schraffierung.


Kreuzschuh (W3) [Adelung]


Der Kreuzschuh, des -es, plur. die -e, S. Kreuzruthe.


Keuzsegel (W3) [Adelung]


Das Keuzsegel, plur. ut nom. sing. auf den Schiffen, das an der Kreuzstange befindliche Segel.


Kreuzspinne (W3) [Adelung]


Die Kreuzspinne, plur. die -n, eine Art großer Spinnen, welche ein weißes Kreuz auf dem Rücken haben; im gemeinen Leben auch Kreuzkanker.


Kreuzstange (W3) [Adelung]


Die Kreuzstange, plur. die -n, die Stange auf dem hintern oder Besaumaste, en welcher sich das Kreuzsegel befindet; bey den Schiffen die Kreuzstenge.


Kreuzsteg (W3) [Adelung]


Der Kreuzsteg, des -es, plur. die -e, bey den Buchdruckern, Stege, welche quer durch die Form gehen.


Kreuzstein (W3) [Adelung]


Der Kreuzstein, des -es, plur. die -e, eine Art Steine, welche zu den Naturspielen gehören, und das Bild eines Kreuzes haben. Man findet dergleichen so wohl unter den Stießern, als unter andern Steinarten.


Kreuzstege (W3) [Adelung]


Die Kreuzstege, S. Kreuzstange.


Kreuzstich (W3) [Adelung]


Der Kreuzstich, des -es, plur. die -e, bey den Nähterinnen, ein Stich, welcher kreuzweise über einen andern geführet wird, und die Art mit solchen Stichen zu nähen; die Kreuznaht.


Kreuzstock (W3) [Adelung]


Der Kreuzstock, des -es, plur. die -stöcke. 1) In der Baukunst, die steinerne Einfassung einer Fensteröffnung, weil sie die Stelle des hölzernen Fensterkreuzes oder Rahmens vertritt. 2) Bey den Klämpenern, ein Amboß, Sachen von Blech darauf umzuschlagen; vielleicht von seiner Gestalt.


Kreuztag (W3) [Adelung]


Der Kreuztag, des -es, plur. die -e, in der Katholischen Kirche, die drey Tage in der Bethwoche, oder vor dem Feste der Himmelfahrt Christi, weil an denselben ehedem Kreuzgänge, d. i. feyerliche Umgänge mit vorgetragenem Kreuze, gehalten wurden; daher denn diese ganze Woche auch wohl die Kreuzwoche genannt wird.


Kreuzthaler (W3) [Adelung]


Der Kreuzthaler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme derjenigen Thaler, welche des Gepräge eines Kreuzes haben, wohin denn so wohl die Burgundischen Thaler, welche 30 Gr. gelten, als auch die Genuesischen Thaler gehören.


Kreuzträger (W3) [Adelung]


Der Kreuzträger, des -s, plur. ut nom. sing. in der Katholischen Kirche, derjenige, welcher bey feyerlichen Umgängen das Kreuz vorträgt.


Kreuztritt (W3) [Adelung]


Der Kreuztritt, des -es, plur. die -e, der Tritt eines Hirsches, indem er mit dem Hinterfuße so tritt, daß er den Tritt des Vorderfußes damit der Länge nach gleichsam spaltet; die Kreuzfahrt oder Kreuzfährte.


Kreuzvogel (W3) [Adelung]


Der Kreuzvogel, des -s, plur. die -vögel, ein Vogel, welcher nach dem Klein zu den Dickschnäblern gehöret, und dessen Schnabel bey der Spitze gleichsam kreuzweise getheilet ist, indem sich der untere Schnabel auf der einen Seite in die Höhe, der obere aber auf der andern Seite niederwärts krümmet; Coccotharaustes curvirostra Klein. Loxia curvirostra L. Kreuzschnabel, Krummschnabel, Engl. Cross-Bill, Gross-Beak; Tannenpapagey, weil er sich auf den Tannen aufhält, den Samen aus den Zapfen klaubt, und diese dabey wie ein Papagey mit den Füßen hält; im gemeinen Leben vieler Gegenden auch Grinitz, Grünitz, Krinitz; Krünitz, weil er zu gewissen Zeiten einen grünen oder grüngelblichen Kopf und Rücken hat.


Kreuzwechsel (W3) [Adelung]


Der Kreuzwechsel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, der Wechsel, oder Gang eines Hirsches oder Thieres quer über einen andern Gang.


Kreuzweg (W3) [Adelung]


Der Kreuzweg, des -es, plur. die -e, in oder über das Kreuz gehende Wege, der Ort, wo sich zwey Wege durchschneiden; im mittlern Lat. Crucichium, im Ital. Crocichio.


Kreuzweise (W3) [Adelung]


Kreuzweise, adv. in Gestalt eines Kreuzes, so daß ein Theil der andern nach einem gewissen Winkel durchschneidet. Die Arme kreuzweise über einander legen.


Kreuzwoche (W3) [Adelung]


Die Kreuzwoche, plur. die -n, S. Kreuztag.


Kreuzwurz (W3) [Adelung]


Die Kreuzwurz, plur. inus. 1) eine Art des Rapunzels mit einer länglichen Blumenähre und herzförmigen Wurzelblättern, welche auf den Schweizerischen Alpen und in Thüringen einheimisch ist; Phyteuma spicata L. 2) Ein Nahme des Kreuzkrautes, Senecio vulgaris L. welches in einigen Gegenden nach dem Lat. auch Baldgreis, in andern aber Grindkraut genannt wird. Die große Kreuzwurz, Senecio viscosus, hat kleberige Blätter und einen starken Geruch; Nieders. Fetkutje. 3) Eine Art Enzianes, welcher auch kleiner Enzian genannt wird, und dessen weiße und lange Wurzel zu beyden Seiten kreuzweise durchstochen ist, daher er auch Sperenstich und Himmelstängel, in andern Gegenden aber Modelgeer heißt; Gentiana cruciata L. S. auch Schuppenwurz.


Kreuzzeug (W3) [Adelung]


Das Kreuzzeug, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, ein in das Kreuz gehendes Jägerzeug, wo das Hornfessel über die linke, der Hirschfänger aber über die rechte Schulter getragen wird, da sich denn beyde Fessel auf dem Rücken und auf der Brust durchkreuzen.


Keruzzoll (W3) [Adelung]


Der Keruzzoll, des -es, plur. die -zölle, S. Kreuzruthe.


Kreuzzug (W3) [Adelung]


Das Kreuzzug, des -es, plur. die -züge, in den mittlern Zeiten, ein Feldzug, da diejenigen, welche demselben beywohneten, ein Kreuz auf ihren Kleidern trugen; Die Kreuzfahrt.


Kreyer (W3) [Adelung]


Der Kreyer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Niederdeutscher und Nordischer Lastschiffe, welche drey Masten, aber ohne Mastkorb und Stenge, d. i. Obermast, führen; Franz. Craie.


Kricklich (W3) [Adelung]


Kricklich, S. Gricklich.


Kriebelkrankheit (W3) [Adelung]


Die Kriebelkrankheit, plur. inus. eine Nervenkrankheit, in welcher nach einem starken Schweiße kleine Blattern über dem ganzen Körper hervor kommen, und ein heftiges Jucken verursachen, wobey der Kranke ein Kriebeln in den Spitzen der Finger und oft in der ganzen Haut empfindet; die Kriebelsucht, Kaphania. Sie ist mit dem so genannten Veitstanze am nächsten verwandt.


Kriebeln (W3) [Adelung]


Kriebeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Von vielen an einem Orte befindlichen kriechenden Geschöpfen sagt man, es kriebelt von Mauerasseln, Käfern, Würmern, u. s. f. Im Nieders. kribbeln, krimmeln, kremeln. 2) Mit den Spitzen der Finger gelinde krauen, so daß dadurch ein Jacken erreget werde. Jemanden kriebeln. Grabbeln drückt schon eine stärkere Berührung aus. 3) Eine juckende Bewegung empfinden, als wenn man gekriebelt würde, oder als wenn sich kriechende Insecten in dem Gliede befänden; als ein Impersonale. Es kriebelt mich in der Nase. Ein Kriebeln empfinden. ( S. das vorige.) 4). Figürlich. Das kriebelt ihn im Kopfe, bringt ihn auf, reißet ihn zum Unwillen. Daher Kriebelkopf oder Kribbelkopf in Niedersachsen einen jähzornigen Menschen bedeutet, der leicht zum Zorne zu reißen ist. Im Nieders. in allen Bedeutungen kribbeln. Es ist das Diminut. so wohl von greifen, Nieders. gripen, als kriechen, Nieders. krupen, Engl. to crawl, welche Zeitwörter sehr nahe verwandt sind.


Kriebs (W3) [Adelung]


Der Kriebs, das Kerngehäuse im Obste, S. Griebs.


Kriech (W3) [Adelung]


Das Kriech, des -es, plur. die -e, an den Schiffen, das an dem Vordersteven befindliche Holz, worauf das vordere Bild des Schiffes ruhet. Es stehet vorn hinaus, macht die vordere Seite des Bauches aus und wird auch das Kreich und Schech genannt. Es ist ohne Zweifel mit der Griechsäule der Obersächsischen Landleute verwandt. S. dieses Wort.


Kriechänte (W3) [Adelung]


Die Kriechänte, plur. die -n, die kleinste Art der wilden Änten, von welchen es verschiedene Abänderungen gibt, welche gemeiniglich grau, braun oder sprenklig sind, und an einigen Orten auch Kriechen, Biekilchen, am Oberrheine Karnellen, Kernel genannt werden. Anas Qerquedula, Crecea, Circia L. Die fränkische Kriechänte, Anas Quequedula Francica. Klein. hat einen schmalen leimgelben Streifen von dem Schnabel über die Augen durch den Nacken bis an die Brust, mit einem rostigen Kopfe und Halse. Anm. In den Niedersächsischen Mundarten gehet das ch, wie in andern Fällen, in ein k über, Kriekänte, Krieke, Krikke Im Franz. heißt diese Änte Cercerelle, im Lat. Querquedula, im Dän. Krikand, im mittlern Lat. Cricella, Cercella, bey dem Golius Trößlein, und um Hamburg Wöbke. Wenn der Nahme Kriechänte nicht ein Ausdruck des eigenthümlichen Geschreyes dieses Vogels ist, so bedeutet er ohne Zweifel so viel als kleine Änte, indem kriek im Meklenburgischen noch jetzt klein bedeutet; so daß dieses Wort mit Kracke, und gewisser Maßen auch mit kriechen Eines Geschlechtes ist. Siehe auch Krieche.


Krieche (W3) [Adelung]


Die Krieche, plur. die -n. 1) eine Art kleiner wilden Änten, ( S. das vorige.) 2) Eine Art kleiner runden Pflaumen, oder vielmehr zahmer eßbarer Schlehen, deren Baum, welcher der Kriechenbaum genannt wird, ein schönes bunt geschecktes Holz gibt; Prunus insititia L. Es gibt ihrer mit weißen oder gelblichen Früchten, welche gelbe Kriechen genannt werden. An einigen Orten Kriechlinge, in Meißen Haferpflaumen, weil sie mit dem Hafer reifen, an andern Orten Haferschlehen, in Niedersachsen Kreeken, im Osnabrück. Wichtkens, Wichterkens, im Franz. Creque, im Schwed. Krikon, im Dän. Kräge. Entweder gleichfalls mit dem vorigen von kriech, kriek, klein, oder auch von krag, krach, rund, indem im Holländischen die Kirschen Krieken genannt werden. ( S. Kragen und Krücke.) In Bretagne wird die wilde Pflaume Gregon genannt, welches Pelletier von cryg, rauh, abstammen lässet, weil sie den Hals zusammen ziehet, und rauh macht.


Kriechen (W3) [Adelung]


Kriechen, verb. irreg. neutr. ich krieche, du kriechst, (Oberd. kreuchst,) er kriecht, (Oberd. kreucht); Imperf. ich kroch, Conjunct. kröche; Mittelw. gekrochen; Imperat. krieche, (Oberd. kreuch). Es erfordert das Hülfswort seyn, und bedeutet, 1. Eigentlich, sich vermittelst der Füße langsam auf der Erde fortzubewegen, wo es besonders von den Insecten und dem Gewürme gebraucht wird. Über alles Gewürm, das auf Erden kreucht, (kriecht,) 1 Mos. 1, 26. Alles was auf dem Bauch kreucht, und alles was auf vier oder mehr Füßen gehet - alles das auf Erden schleicht, 3 Mos. 11, 42. Ein kriechendes Thier, das auf Erden schleicht, V. 44. Ingleichen von solchen vierfüßigen Thieren, welche sich auf ihren kurzen Füßen nur langsam fortbewegen. Diese sollen euch auch unrein seyn, unter den Thieren, die auf Erden kriechen: die Wiesel, die Maus, die Kröte, der Igel, der Molch, die Eider, die Blindschleich, unter der Maulwurf, V. 29; wo man doch den Gang des Wiesels und der Maus kein Kriechen nennet, außer wenn es mit dem in der folgenden Bedeutung befindlichen Nebenbegriffe geschiehet. Wohl aber gebraucht man es von Menschen, wenn sie sich vermittelst der Hände und Füße zugleich auf der Erde forthelfen. Ein Kind kriecht so lange, bis er gehen lernet. Auf allen vieren kriechen. Gekrochen kommen. Durch ein enges Loch kriechen. Die Höhle ist so eng, daß man nicht darin gehen, sondern nur kriechen kann. 2. In engerer Bedeutung, mit dem Nebenbegriffe der physischen Erniedrigung, wo man dieses Zeitwort auch von solchen Geschöpfen gebraucht, deren gewöhnlichen Gang man sonst nicht ein kriechen zu nennen pflegt. 1) Eigentlich, wo man es von alles Thieren gebraucht, wenn sie ihren Körper niedriger machen, als er gewöhnlich ist, und sich so auf der Erde fortbewegen. So kriecht der Hund, wenn man ihm drohet. Die Mäuse kriechen in ihre Löcher, kommen aus ihren Löchern gekrochen. Das Küchlein kriecht aus dem Eye. So auch in den Zusammensetzungen auskriechen, einkriechen, durchkriechen, verkriechen u. s. f. 2) Figürlich. (a) Von Gewächsen, welche nicht in die Höhe schießen, sondern ihre Zweige und Ranken auf der Erde und nahe an derselben fortlaufen lassen, man sagt, daß sie auf der Erde kriechen. In Niedersachsen, wo kriechen krupen heißt, nennt man verschiedene solcher Gewächse Krüper, Kruperbsen, Krupbohnen. (b) Ein Zeug kriecht zusammen, oder kriecht ein, wenn er einschrumpft, zusammen läuft, an der Länge ab - aber an der Dicke zunimmt. (c) Im verächtlichen Verstande zuweilen für gehen, besonders von dem gehen in einen engen niedrigen Ort. In das Hundeloch, in das Gefängniß kriechen müssen, welches man auch wohl einkriechen nennet. (d) Ingleichen mit dem Nebenbegriffe der Verstohlenheit. Zu Bette kriechen, in das Bett kriechen. Sagen Sie mir, müssen die Philosophen so zu allen Winkeln kriechen? Less. (e) Noch mehr mit dem Nebenbegriffe der Demuth. Zum Kreuze kriechen, ( S. 2. Kreuz.) Wo es denn nach einer noch weitern Figur, (f) sich vor andern zu sehr erniedrigen bedeutet. Vor einem kriechen, sich auf eine unanständige Art vor ihm bemüthigen oder erniedrigen; mit dem Hülfsworte haben. Er kriecht, ist kriechend. Ein sehr kriechendes Lob. Ein Mann, wie er, kann nur verzweifeln oder kriechen.

Anm. Bey dem Notker chriechen, bey dem Stryker im Imperf. chruch, im Schwed. kräka, im Isländ. kreika. Mit einem andern Ableitungslaute bey dem Notker chresan. Mit einem noch andern im Nieders. krupen, im Angels. creopan, im Engl. to creep, im Franz. croupir, im Schwed. krypa, im Isländ. kriupa, wozu auch das Lat. repere und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gehören. Eigentlich ist es eine Nachahmung des Geräusches, welches ein Thier im Kriechen macht, ohne doch die Begriffe des Anhaltens mit dem Klauen, der Krümme, und der Niedrigkeit davon auszuschließen, welche insgesammt Figuren des eigentlichen Kriechens sind; so ist dieses Wort mit Krücke und Kracke, und in Ansehung des Nieders. krupen mit Krapf, Krabbe, greifen, raffen und andern mehr verwandt ist. Siehe auch Krüppel, und in Ansehung des Begriffes der Niedrigkeit auch Kracke, Krieche, Kriechänte. In Baiern hat man von kriechen noch das Intensivum kräxen, eigentlich krächzen oder kriechzen, welches klettern, klimmen bedeutet, welches gleichfalls eine Art des Kriechens ist.


Kriechenbaum (W3) [Adelung]


Der Kriechenbaum, des -es, plur. die -bäume, siehe Krieche.


Kriecher (W3) [Adelung]


Der Kriecher, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geschützkunst, ein eisernes Werkzeug, die Unreinheiten in den Kammern der Mörser und Kammerstücke los zu kratzen; welches auch das Kratzeisen genannt wird.


Kriechling (W3) [Adelung]


Der Kriechling, des -es, plur. die -e, S. Krieche.


Kriechsäule (W3) [Adelung]


Die Kriechsäule, S. Griechsäule.


Krieg (W3) [Adelung]


Der Krieg, des -es, plur. die -e. 1. * Eigentlich, daß Geschrey; in welcher veralteten Bedeutung es zu dem alten Chrey, Chri, Franz. Cri, Geschrey, zu dem vermittelst des Zischlautes daraus gebildeten schreyen, und zu dem verwandten krähen, kreischen, kreißen u. s. f. gehöret. Sege unde lof men horde kriegen, Segen und Lob man hörte schreyen, eine gereimte Chronik in den Script. Brunsu. bey dem Frisch. De ön mit grotes Loves Kriege untfenegn, die ihn mit einem großen Lobgeschrey empfingen, ebend. De Luft erschall von Kriege grot, von großem Geschrey, ebend. Da nach einer gewöhnlichen Figur Ausdrücke, welche eigentlich einen Schall bezeichnen, auf Dinge angewendet werden, welche in das Gesicht fallen, so bedeutet Krik im Nieders. der Schein, Glanz, und krieken, scheinen. Der Kriek van dem Tage, der Anbruch des Tages. Auf eben die Art wird brechen, welches gleichfalls einen in das Gehör fallenden Schall bezeichnet, mit seinen Ableitungen anbrechen, Pracht u. s. f. von Dingen gebraucht, welche durch das Gesicht empfunden werden. 2. Figürlich. 1) Zank, Streit; im Schwabenspiegel Krieg, wo auch kriegen widersprechen ist, in einer Urkunde von 1400 Crieg, im Wendischen Kreh. In diesem Verstande kommt es noch zuweilen vor. Errette mich von den bösen Menschen, die Böses gedenken in ihrem Herzen, und täglich Krieg erregen, Ps. 140, 3. Woher kommt Streit und Krieg unter euch? Jac. 4, 1. Immer Streit und Krieg haben. Besonders im Scherze. Wir wollen deßwegen keinen Krieg anfangen. Ingleichen nach einer noch weitern Figur. Zu heftig oder zu wenig begehren und verabscheuen ist ein innerlicher Krieg unsers Willens mit dem Verstande, Gell. 2) * In engerer Bedeutung, ein Streit vor Gerichte, ein Prozeß; im Schwabensp. Krieg. Zu Kriege werden, in einen Prozeß gerathen, in de, Augsburgischen Stadtbuche aus dem 13ten Jahrhunderte. Der mit dir will kriegen am Gericht, in einer alten Übersetzung des neuen Testamentes bey dem Frisch. Der Krieg Rechtens, ein Prozeß, der Kriegsvogt oder kriegerische Vormund, erkriegen, durch einen Prozeß erhalten, und andere Ausdrücke mehr, kommen in den Schriften der vorigen Zeiten noch häufig vor. Heut zu Tage aber ist es in dieser Bedeutung veraltet. ( S. Kriegsbefestigung.) 3) Im gewöhnlichsten Verstande, der Zustand der öffentlichen Gewaltthätigkeiten zwischen Staaten oder beträchtlichen Theilen derselben; im Gegensatze des Friedens. Es ist Krieg. Es ist jetzt in ganz Europa Krieg. Krieg im Sinne haben. Krieg anfangen. Den Krieg ankündigen. Krieg führen. Den Krieg in die Länge spielen. Viele Kriege geführet haben. Im Kriege verwickelt, begriffen seyn. Einen Staat mit Krieg überziehen. Sich zum Kriege rüsten. Den Krieg endigen. In den Krieg gehen, Kriegsdienste nehmen. Jemanden in den Krieg schicken. Aus dem Kriege wieder nach Hause kommen. Ein innerlicher, bürgerlicher Krieg, unter den Gliedern eines Staates. Der kleine Krieg, die Streitereyen der ausgeschickten Parteyen. Der Landkrieg, im Gegensatze des Seekrieges.

Anm. In der letzten Bedeutung im Dän. und Schwed. gleichfalls Krieg. Der Krieg hat in mehrern Sprachen seinen Nahmen von dem Schreyen, entweder wegen des Geschreyes in den Gefechten, welches noch bey vielen Völkerschaften üblich ist, oder überhaupt von dem mit dem Kriege unzertrennlich verbundenen Geräusche. Dahin gehören das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey dem Thesphrast, welches mit dem Deutschen von einem und eben demselben Stamme herkommt, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches eigentlich auch Geschrey bedeutet, das Lat. Beilum, ohne Zweifel von bellen, schreyen, brüllen, und andere mehr. Indessen ist es doch in dieser Bedeutung neuern Ursprungs, indem es von dem 13ten Jahrh. nicht gefunden wird. Die Alten gebrauchen dafür Orlog, ( S. dieses Wort,) Wig, Volkeswig, von wegen, bewegen, Werre, Engl. War, Franz. Guerre, Ital. Guerre, von wirren, verwirren, welches eigentlich auch eine Onomatopöie ist, und andere Ausdrücke mehr.


Kriegen (W3) [Adelung]


1. Kriegen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und so wie das Hauptwort eigentlich schreyen, hernach zanken, streiten und prozessieren bedeutete, jetzt aber in allen diesen Bedeutungen veraltet ist, wo man es nur noch für Krieg führen, in der dritten figürlichen Bedeutung des Hauptwortes gebraucht. Will die Stadt mit dir kriegen, so belägere (belagere) sie, 5 Mos. 10, 12. Das Land hörte auf zu kriegen, Jos. 11, 23. Es mag ein andrer kriegen, Dem Mars im Herzen steckt, Opitz.

Anm. In dieser letzten Bedeutung bey den Schwebischen Dichtern, und in einer Verordnung Kaiser Friedrichs von 1436 schon kriegen. Wenn ein Hund ein Thier anbellet, welches ihm stehet, oder Stand hält, so sagen die Jäger der Hund krieget. Ich weiß nicht, ob es hier streiten, oder bellen bedeutet.


Kriegen (W3) [Adelung]


2. + Kriegen, verb. reg. act. welches nur im niedrigen Leben üblich ist. 1) Eigentlich, mit der Hand ergreifen. Jemanden bey dem Rocke, bey dem Kopfe kriegen. Kriege ich nur einen Stock. Die Äpfel hängen zu hoch, ich kann sie nicht kriegen. Ingleichen erhaschen, in seine Gestalt bekommen. Man hat den entflohenen Gefangenen wieder gekriegt; wo man auch in der sonst ungewöhnlichen passiven Gestalt sagt, er ist gekriegt, wieder gekriegt worden. Nun, warte du, ich will dich schon wieder kriegen, Weiße. Ha, kriegt man dich so! 2) Für bekommen, in dem ganzen Umfange der Bedeutung dieses Wortes. Eine Krankheit kriegen. Geld, Briefe, eine Bedienung, Gäste, Schläge kriegen. Ich werde ihn wohl nie wieder zu sehen kriegen. Ich kriege am Ende das Beste davon. Warte, du sollst es kriegen! Sollt er sie nicht zu Gesichte kriegen? Ein süßer Herr kriegt nie Verstand, Gell. So kriegte ja der Großknecht, der mir pflügt, Beynah so viel, als der Gelehrte kriegt, ebend. Ich kriege noch den Tod über euch, ebend. So fremd dieses Wort jetzt der edlern anständigern Sprech- und Schreibart geworden ist, so muß es doch ehedem nicht so niedrig gewesen seyn, weil man es oft in der feyerlichsten und erhabensten Zusammenhange findet. In Luthers Übersetzung der Bibel kommt es fast in allen Kapiteln vor, und so gabrauchen es auch noch Opitz und andere Dichter. Zu zeigen, daß dein Volk von dir die Wahrheit kriegt, Opitz. Da ich im lebendigen Grabe Der Glieder Stückwerk krieget (gekriegt) habe, ebend. Ps. 139.

Anm. Im Nieders. krigen. Es ist von greifen nur in dem Ableitungslaute verschieden, und Frisch führet verschiedene Beyspiele an, wo kriepfen für kriegen in der ersten Bedeutung vorkommt. So fern kriechen sich mit den Klauen auf der Erde forthelfen bedeutet, gehöret auch dieses mit zu der Verwandtschaft. Im Imperfecto und dem Mittelworte der vergangenen Zeit lautet das ie gemeiniglich kurz, da denn auch das g den Hauch des ch annimmt, als wenn es ich krichte, du krichtest u. s. f. gekricht, geschrieben wäre. Ja selbst im Präsenti spricht man in der zweyten und dritten einfachen Person an den meisten Orten, du krichst, er kricht.


Krieger (W3) [Adelung]


Der Krieger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kriegerinn, eine Person, so fern sie Krieg führet, ingleichen so fern sie im Kriege bey Gefechten Dienste leistet, ein Soldat, ohne Unterschied der Würde; doch nur in der höhern Schreibart. Der Krieger durstet nach Ehre, Weiße. Der Ort, wo sieben Krieger funfzig jagen, Raml. Ein großer Krieger ist nicht stets ein großer Mann, Cron. In der Deutschen Bibel kommt es sehr oft vor, wo es auch in dem sonst ungewöhnlichen figürlichen Verstande für Held gebraucht wird; Krieger in Füllerey seyn, Es. 5, 22. In Mich. 4, 14 heißt in einem andern figürlichen Verstande die Tochter Zion, eine Kriegerinn.


Kriegerisch (W3) [Adelung]


Kriegerisch, -er, -ste, adj. et adv. 1) Einem Krieger gemäß, anständig; in welchem Verstande es doch wenig gebraucht wird. 2) Zum Kriege geneigt, im Kriege geübt. Kriegerische Leute. Kriegerische Unterthanen haben. Ehedem auch kriegerisch, krieghaft, kriegbar.


Kriegsadel (W3) [Adelung]


Der Kriegsadel, des -s, plur. inus. derjenige Adel, welcher durch Ehrenstellen bey dem Kriegsherre erworben und fortgepflanzet wird.


Kriegs-Artikel (W3) [Adelung]


Die Kriegs-Artikel, sing. inus. diejenigen Gesetze, welche die verpflichteten Soldaten eines Herren so wohl im Kriege als im Frieden zu beobachten haben; die Kriegsgesetze.


Kriegsbaukunst (W3) [Adelung]


Die Kriegsbaukunst, plur. inus. die Baukunst, so fern sie im Kriege gebraucht wird, d. i. die Wissenschaft, einen Ort so zu befestigen, daß sich wenige darin gegen viele mit Vortheil vertheidigen können; mit einem ausländischen Worte die Fortification.


Kriegsbaumeister (W3) [Adelung]


Der Kriegsbaumeister, des -s, plur. ut nom. sing. eine Person, welche in der Kriegsbaukunst geübt ist, und am häufigsten ein Ingenieur genannt wird.


Kriegsbeamte (W3) [Adelung]


Der Kriegsbeamte, des -n, plur. die -n, ein wenig gebräuchliches Wort, einen Beamten bey einem Kriegsheere, d. i. einen Officier, zu bezeichnen.


Kriegsbedürfnisse (W3) [Adelung]


Die Kriegsbedürfnisse, sing. inus. alles was zur unmittelbaren Führung des Krieges nöthig ist, besonders Pulver und Bley, welche man mit einem Franz. Ausdrucke die Munition zu nennen pflegt; zum Unterschiede von dem Mundvorrathe, der Provision.


Kriegsbefestigung (W3) [Adelung]


Die Kriegsbefestigung, plur. die -en, ein nur noch hin und wieder in den Rechten übliches Wort, das gebräuchlichere Lat. Litis contestatio auszudrucken. Krieg bedeutet hier noch einen Streit. S. Krieg 2. 1).


Kriegsblut (W3) [Adelung]


Das Kriegsblut, des -es, plur. inus. Blut, welches im Kriege gegossen wird; ein ungewöhnliches Wort, welches nur 1 Kön. 2, 5. vorkommt.


Kriegs-Caffe (W3) [Adelung]


Die Kriegs-Caffe, plur. die -n, der Vorrath des zum Kriege und zur Unterhaltung der Truppen nöthigen Geldes; die Feld-Caffe.


Kriegs-Commissarius (W3) [Adelung]


Der Kriegs-Commissarius, des -rii, plur. die -rii, ein landesfürstlicher Comissarius, welchem ein oder mehrere den Krieg oder das Kriegsherr betreffende Geschäfte aufgetragen sind; z. B. die Musterung der Truppen, Hebung der Kriegssteuern, Anschaffung der Lebensmittel u. s. f. Das Kriegs-Comissariat, oder die Kriegs-Comission, das Collegium solcher Personen. In manchen Ländern hat man auch einen General-Kriegs-Comissarium, welcher den Vorsitz in dem Kriegs-Comissariate hat.


Kriegsdienst (W3) [Adelung]


Der Kriegsdienst, des -es, plur. die -e. 1) Der Dienst, welchen man einem Höhern im Kriege oder bey dessen Truppen leistet, die pflichtmäßige Verwendung seiner Kräfte im Kriege, und allem was dazu gehöret. Am häufigsten im Plural. In Kriegsdiensten stehen, sich in denselben befinden. Kriegsdienste thun, suchen. Die Kriegsdienste verlassen. 2) Ein Dienst; d. i. Bedienung, im Kriege oder bey der Armee; wo es doch von den Stellen der eigentlichen Officiere nicht gewöhnlich ist, wohl aber von Bedienung, welche zur Verpflegung der Truppen u. s. f. gehören.


Kriegserklärung (W3) [Adelung]


Die Kriegserklärung, plur. die -en, die förmliche Erklärung des Krieges wider einen Staat. Eine Kriegserklärung thun.


Kriegsfeuer (W3) [Adelung]


Das Kriegsfeuer, des -s, plur. inus. figürlich, der Krieg, als ein zerstörendes Feuer betrachtet.


Kriegsflotte (W3) [Adelung]


Die Kriegsflotte, plur. die -n, eine Flotte von Kriegsschiffen; zum Unterschiede von einer Handelsflotte.


Kriegsfuhre (W3) [Adelung]


Die Kriegsfuhre, plur. die -n, Fuhren, welche im Kriege zur Fortbringung der Kriegsvölker oder anderer Kriegsgeräthschaften gethan werden.


Kriegsgebrauch (W3) [Adelung]


Der Kriegsgebrauch, des -es, plur. die -bräuche, der Gebrauch im Kriege, besonders im Singular allein; der Feldbrauch, oder Kriegsbrauch. Das ist nicht Kriegsgebrauch, so pflegt man nicht im Kriege zu verfahren.


Kriegsgefangene (W3) [Adelung]


Der Kriegsgefangene, des -n, plur. die -n, zum Kriege gehörige Personen, welche im Kriege gefangen genommen worden. Jemanden zum Kriegsgefangenen machen. Die Kriegsgefangenen auswechseln.


Kriegsgeräth (W3) [Adelung]


Das Kriegsgeräth, des -es, plur. inus. oder die Kriegsgeräthschaften, sing. inus. ein Collectivum, alles zum Kriege nöthige Geräth zu bezeichnen.


Kriegsgericht (W3) [Adelung]


Das Kriegsgericht, des -es, plur. die -e, ein Gericht über Verbrecher aus dem Kriegsstande. So fern es die Haltung eines solchen Gerichtes bedeutet, wird es am häufigsten das Standrecht genannt.


Kriegsgeschrey (W3) [Adelung]


Das Kriegsgeschrey, des -es, plur. die -e. 1) Das im Kriege übliche Geschrey, das Geschrey mit welchem manche Völker noch jetzt in den Krieg zu ziehen, oder ein Treffen anzufangen pflegen. Das Kriegsgeschrey erschallet, Zer. 42, 2. 2) Das Geschrey, d. i. laute Gerücht, von einem nahen Kriege; in welchem Verstande es doch wenig mehr gebraucht wird. 3) Die Losung im Kriege; wofür doch Feldgeschrey üblicher ist, siehe dasselbe.


Kriegsgesetz (W3) [Adelung]


Das Kriegsgesetz, des -es, plur. die -e. Gesetze für die zum Kriege gehörigen Personen; die Kriegs-Artikel.


Kriegsgott (W3) [Adelung]


Der Kriegsgott, des -es, plur. die -götter, in der Götterlehre heidnischer Völker, ein Gott, welcher dem Kriege vorstehet, welches bey den Griechen und Römern Mars war. Die Kriegsgöttin, plur. die -en, eine solche Gottheit weiblichen Geschlechtes; bey den Römern die Bellona.


Kriegsgurgel (W3) [Adelung]


Die Kriegsgurgel, plur. die -n, eine harte, mit Verachtung verbundene Benennung eines wilden, ungesitteten und ruchlosen Kriegers.


Kriegshandwerk (W3) [Adelung]


Das Kriegshandwerk, des -es, plur. inus. die Kriegskunst als ein Handwerk betrachtet.


Kriegsherr (W3) [Adelung]


Das Kriegsherr, des -es, plur. die -e, ein Herr zum eigentlichen Kriege gehöriger, oder zum Streite bestimmter Personen; mit einem Franz. Ausdrucke eine Armee.


Kriegsheld (W3) [Adelung]


Der Kriegsheld, des -en, plur. die -en, ein Held im Kriege.


Kriegskanzelley (W3) [Adelung]


Die Kriegskanzelley, plur. die -en, diejenige Kanzelley, in welcher die Sachen, welche zum Kriege gehören oder das Kriegsheer betreffen, ausgefertiget werden.


Kriegsknecht (W3) [Adelung]


Der Kriegsknecht, des -es, plur. die -e, eine nunmehr veraltete Benennung eines gemeinen Soldaten, welche noch häufig in der Deutschen Bibel vorkommt.


Kriegskosten (W3) [Adelung]


Die Kriegskosten, sing. inus. die zu einem Kriege erforderlichen Kosten.


Kriegskunst (W3) [Adelung]


Die Kriegskunst, plur. inus. die Geschicklichkeit, einen Krieg mit Vortheil anzuordnen und zu führen, als eine Kunst betrachtet; die Kriegswissenschaft, so fern sie mit der Fertigkeit verbunden ist, alles was zum Kriege gehöret, aus unumständlichen Gründen darzuthun.


Kriegsläufte (W3) [Adelung]


Die Kriegsläufte, sing. inus. ein größten Theils veraltetes Wort, diejenige Zeit, in welcher in einem Lande oder dessen Gegend Krieg geführet wird; die Kriegszeiten, in dem 1514 gedruckten Deutschen Livius Kriegsleuffe. S. Lauf.


Kriegsleute (W3) [Adelung]


Die Kriegsleute, sing. inus. S. Kriegsmann.


Kriegslist (W3) [Adelung]


Die Kriegslist, plur. die -en, eine List, so fern sie von einem Krieg führenden Theile zur Berückung des Gegners gebraucht wird. Bey dem Pictorius ein Kampfstück.


Kriegsmacht (W3) [Adelung]


Die Kriegsmacht, plur. inus. eine zahlreiche Menge der zu Führung eines Krieges verpflichteten und untauglichen Personen, welche auch nur die Macht schlechthin genannt wird.


Kriegsmann (W3) [Adelung]


Der Kriegsmann, des -es, plur. die -männer, und -leute. 1) Ein Soldat, eine zu Führung der Waffen verpflichtete Person männlichen Geschlechtes; in welcher Bedeutung, welche noch im Hochdeutschen außer der höhern Schreibart selten gebraucht wird, der Plural am häufigsten Kriegsleute lautet. Mit beyden Pluralen kommt es in der Deutschen Bibel mehrmahls vor. 2) Ein im Kriege erfahrener Mann, ein tapferer und geschickter Kriegsmann; auch nur noch zuweilen in der höhern Schreibart. Der Plural lautet alsdann Kriegsmänner. 2 Mos. 15, 5, und Es. 42, 3 wird Gott der rechte Kriegsmann genannt.


Kriegsmetze (W3) [Adelung]


Die Kriegsmetze, plur. die -n, eine noch in einigen Provinzen übliche Angabe von dem in die Mühlen zum Mahlen gebrachten Getreide, wo außer der ordentlichen Metze von einem Scheffel noch eine Metze gegeben werden muß. Diese Angabe wurde in den Ländern, wo sie eingeführet ist, in Kriegszeiten zu Unterhaltung der Truppen angeordnet, und nachmahls auch in Friedenszeiten beybehalten. In einigen Ländern wird sie die Beymetze genannt.


Kriegsrath (W3) [Adelung]


Der Kriegsrath, des -es, plur. die -räthe. 1) Ein Collegium solcher Personen, welchen die Führung des Kriegs, und alles was das Kriegsherr betrifft, unter dem Vorsitze des Landesherren anvertrauet ist; ohne Plural. ( S. auch Hofkriegsrath.) 2) Eine einzelne mit dem Titel eines Rathes versehene Person, welcher verschiedene das Kriegsherr angehende Geschäfte anvertrauet sind, dergleichen Kriegsräthe es in vielen Ländern gibt. 3) Die Zusammenkunft der Generals und Oberbefehlshaber eines Kriegsheeres, über wichtige Bewegungen zu berathschlagen; ohne Plural. Einen Kriegsrath halten.


Kriegsrecht (W3) [Adelung]


Das Kriegsrecht, des -es, plur. die -e. 1) Der ganze Inbegriff der Kriegsgesetze; wo dieses Wort so wohl im Singular allein, als im Plural allein gebraucht wird. 2) Ein Gericht, welches von mehrern in dem Kriegsrechte erfahrnen Personen über einen Verbrecher aus dem Kriegsstande gehalten, und auch das Kriegsgericht, noch häufiger aber das Standrecht genannt wird. Jemanden vor das Kriegsrecht stellen. Kriegsrecht über jemanden halten.


Kriegsrüstung (W3) [Adelung]


Die Kriegsrüstung, plur. die -en, die Rüstung zu einem Kriege.


Kriegsschiff (W3) [Adelung]


Das Kriegsschiff, des -es, plur. die -e, ein zum Kriege ausgerüstetes Schiff, zum Unterschiede von einem Last- oder Handelsschiffe; im Nieders. ein Orlogsschiff, S. dieses Wort.


Kriegsschuldheiß (W3) [Adelung]


Der Kriegsschuldheiß, des -en, plur. die -en, ein gutes, aber nur in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort, einen Auditeur zu benennen, der daselbst auch Regiments-Schuldheiß genannt wird.


Kriegsschule (W3) [Adelung]


Die Kriegsschule, plur. die -n, eine zur Erlernung der Kriegskunsterrichtete Schule.


Kriegsstand (W3) [Adelung]


Der Kriegsstand, des -es, plur. inus. der Stand der zur Führung der Waffen verpflichteten Personen; Zum Unterschiede von dem Hausstande, bürgerlichen Stande, geistlichen Stande u. s. f.


Kriegssteuer (W3) [Adelung]


Die Kriegssteuer, plur. die -n. 1) Diejenige Steuer, welche die Unterthanen eines Staates zur Bestreitung der Kriegskosten entrichten; ehedem die Heersteuer, das Heergeld, Reisegeld. 2) Diejenige Steuer, welche feindlichen Unterthanen im Kriege aufgelegt wird, und von welcher die Brandschatzung eine Art ist.


Kriegsvolk (W3) [Adelung]


Das Kriegsvolk, des -es, plur. inus. noch häufiger, die Kriegsvölker, sing. inus. ein Collectivum, viele zur Führung der Waffen verpflichtete Personen zu bezeichnen; mit einem Franz. Ausdrucke die Truppen. In dem Singular kommt es häufig in der Deutschen Bibel vor.


Kriegsvorrath (W3) [Adelung]


Der Kriegsvorrath, des -es, plur. inus. zuweilen auch im Plural, die Kriegsvorräthe, sing. inus. der Vorrath von Kriegsbedürfnissen.


Kriegswesen (W3) [Adelung]


Das Kriegswesen, des -s, plur. inus. alles was zum Kriege gehöret, so wohl an Soldaten und deren Einrichtung, als auch an Kriegsbedürfnissen, Lebensmitteln u. s. f.


Kriegswissenschaft (W3) [Adelung]


Die Kriegswissenschaft, plur. inus. S. Kriegskunst.


Kriegszahlamt (W3) [Adelung]


Das Kriegszahlamt, des -es, plur. die -ämter, in einigen Ländern, ein Collegium solcher Personen, welche das zur Unterhaltung des Kriegswesens bestimmte Geld einnehmen und auszahlen, deren Vorgesetzter der Kriegszahlmeister genannt wird.


Kriedszucht (W3) [Adelung]


Die Kriedszucht, plur. car. die Zucht, d. i. Handhabung der gehörigen Ordnung unter den zum Kriege gehörigen Personen; die Mannszucht.


Kriegzug (W3) [Adelung]


Der Kriegzug, S. Feldzug.


Kriekänte (W3) [Adelung]


Die Kriekänte, S. Kriechänte.


Krimmen (W3) [Adelung]


* Krimmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches aber nunmehr veraltet ist. Es bedeutete ehedem, 1) kratzen, mit den Nägeln oder Klauen, in welchem Verstande es noch bey dem Ottfried heißt, mit fuazin ni krimmit. 2) Jucken, von welcher Bedeutung Frisch nachgesehen werden kann. Die letzte Bedeutung ist eine Figur der ersten, in welcher zunächst auf die Krümme, der Klauen gesehen wird. In der Bedeutung eines hohen Grabes des Schmerzens, wird es richtiger grimmen geschrieben, S. dieses Wort.


Krimpen (W3) [Adelung]


Krimpen, verb. reg. act. et neutr. welches im letzten Falle das Hülfswort seyn erfordert, und eigentlich Niedersächsisch ist, wo es ein schrumpfen und einschrumpfen machen bedeutet. Im Hochdeutschen ist es am häufigsten bey den Schneidern gangbar, welche das Tuch krimpen, ehe sie es verarbeitet, wenn sie es in das Wasser legen und pressen, wobey es ein für alls Mahl um etwas einkriecht, und hernach ohne Gefahr im regen getragen werden kann; im Hochd. netzen. Im Dän. krympe, im Schwed. krympa, im Engl. to crumple. Es gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Krampf, Krampe und Krumm, und ist das Stammwort von unserm mit dem Zischlaute verstärkten schrumpfen. Einige Hochdeutsche sprechen es auch krimpfen aus. Im Nieders. hat man auch das Hauptwort die Krimpe, das Einschrumpfen.


Kringel (W3) [Adelung]


* Der Kringel, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens übliches Wort, eine Art Backwerkes zu bezeichnen, welches die Gestalt einer z hat, und im Hoch- und Oberdeutschen Bräzel genannt wird. Es gehöret zu dem Geschlechte des Wortes Ring, weil dieses Backwerk einen doppelten Ring vorstellet. Im Sachsenspiegel ist Kreng ein Kreis, Bezirk. Im Isländ. ist Kringla der Kreis, im Engl. to crinkle sich krümmen, im Nieders. Krink ein Kreis, krünkeln fehlerhafte Falten in etwas machen, und in Franken Kringen der Ring von Stroh, welchen man auf den Kopf legt, wenn man Lasten auf demselben tragen will. Einige Hochdeutsche sprechen es Krengel und Grengel aus.


Krinitz (W3) [Adelung]


Der Krinitz, ein Vogel, S. Grünitz.


Krinne (W3) [Adelung]


Die Krinne, plur. die -n, eine kleine Rinne, eine Kerbe, und zuweilen auch ein Riß, ein Spalt; in welchem letztern Falle es besonders in den Salzhütten üblich ist, wo die Ritzen in den Pfannen Krinnen genannt werden. Lateinisch Crena. Es ist das mit dem Gaumenlaute verstärkte Wort Rinne.


Kripfung (W3) [Adelung]


Die Kripfung, plur. die -en, bey den Schlössern, ein stehender Riegel in einem Schlosse, welcher wie ein Winkeleisen hervor stehet, und an den horizontalen Riegeln stößet. Vermuthlich wegen seiner nach einem rechten Winkel gebogenen Gestalt, von Krapf, ein Haken. S. auch das folgende, 3. Kropf und Krippen.


Krippe (W3) [Adelung]


Die Krippe, plur. die -n, Diminut. das Krippchen, Oberd. das Kripplein, ein Wort, welches in einer doppelten Hauptbedeutung üblich ist. 1. Des Flechtens, wo es in vielen Gegenden, besonders in den Niederdeutschen Marschländern, ein Flechtwerk, einen Zaun bedeutet, am häufigsten aber nur von solchen Flechtwerken gebraucht wird, welche an den Ufern gemacht werden, selbige dadurch fester zu machen; eine Buhne, ein Packwerk, eine Schlechte, ein Vorzaun, Lat. Praesaepe. Eine Krippe schlagen, einen solchen Zaun machen. Da ein solcher Zaun nach dem Lande zu allemahl einen hohlen Raum hat, welcher nachmahls mit Erde oder Steinen ausgefüllet wird, so kann es hier auch ganz füglich zur folgenden Bedeutung gerechnet werden. Indessen finden sich noch Spuren, daß es auch ein eigentliches Flechtwerk bedeutet hat, welches der allgemeine Begriff der Krümme, in welchem dieses Wort zu Krapf, greifen, Kücke und andern dieses Geschlechtes gehöret, auch gar wohl verstattet. Im Oberd. bedeutet Kräbe noch jetzt einen Korb, Krepp ist eine Art eines Zeuges mit krausen Fäden, ( S. diese Wörter,) und im Griech. ist. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Hürde. 2. Eines hohlen Raumes. 1) Im Österreichischen ist eine Krippe Stockfisch, welche auch ein Koll genannt wird, eine Zahl von 180 Stück; wo es entweder einen Kasten von einer bestimmten Größe, oder auch einen Korb dieser Art zu bedeuten schienet. 2) Im Wasserbaue ist die Krippe ein in das Wasser eingebautes Holzwerk, wo man den dazwischen befindlichen Raum mit Erde und Steinen ausfüllt. Auch wenn eine Mauer im Wasser ausgeführet werden soll, pfleget man den dazu nöthigen Raum mit nahe an einander geschlagenen Pfählen einzuschließen, das darin befindliche Wasser auszupumpen, und ein solches Werk gleichfalls eine Krippe zu nennen. 3) Am häufigsten bedeutet es in der Landwirtschaft eine von der Erde etwas erhöhete hohle Rinne, worin man den Pferden, den Rindviehe und den Schafen das Futter verschüttet, und welche bey den Schweinen und anderm Viehe ein Trog genannt wird. Das Pferd an die Krippe binden. Figürlich wird in der Katholischen Kirche die sinnliche Vorstellung der Geburt Christi in einem Stalle im Diminut. ein Krippchen oder Kripplein genannt.

Anm. In der letzten Bedeutung bey dem Ottfried Krippha, bey dem Notker Chripho, bey dem Willeram Crippo, im Tatian Crippea, im Oberd. auch Kripfe, im Nieders. Krübbe, Kribbe, im Angels. Crybbe, im Engl. Crib, im mittlern Lat. Grupia, im Ital. Greppia, Gruppia, im Schwed. Krubba. Es gehöret in dieser Bedeutung eines hohlen Raumes zu dem Geschlechte der Wörter Kropf, Krebs, ein Harnisch, Griebs, das Kerngehäuse im Obste, Gruft u. s. f. Im Franz. heißt eine Krippe mit veränderten Ableitungslaute Creche, welches mit unserm Krug verwandt ist, in Languedoc aber Gripio.


Krippen (W3) [Adelung]


Krippen, verb. reg. act. 1) Durch eine Krippe, d. i. durch einen Vorzaun, befestigen, in den Niederdeutschen Marschländern. Das Ufer krippen. ( S. Krippe 1. und 2.) 2). Winkelrecht biegen, bey den Schlössern. Gekrippte Fischbänder, deren Lappen winkelrecht gebogen sind, und welche bey gewissen Stellungen der Schrankthüren gebraucht werden. S. Kripfung und das vorige.


Krippenbeißer (W3) [Adelung]


Der Krippenbeißer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Pferd, welches den Fehler an sich hat, daß es an der Krippe nagt, und in engerer Bedeutung, welches die Zähne auf die Krippe fest fetzt, und auch solche Art die Luft mit Heftigkeit einziehet und wieder von sich stößt, ein Pferd, welches koppt; ein Kopper, Krippenseger, im Oberdeutschen ein Barngrolzer, von Barn, die Krippe. Eine alte unbrauchbare Person pflegt man in verächtlichem Verstande such wohl einen alten Krippenbeißer zu nennen, weil dieser Fehler gemeiniglich alten Pferden anklebt.


Krippenbühne (W3) [Adelung]


Die Krippenbühne, plur. die -n, in den Niedersächsischen Marschländern, ein mit einem Zaune eingefaßter kleiner Damm gegen das Wasser. S. Krippe 1.


Krippenknecht (W3) [Adelung]


Der Krippenknecht, des -es, plur. die -e, eben daselbst, ein Arbeiter, welcher das Reißholz zu den Krippen an den Ufern hauet.


Krippenreiter (W3) [Adelung]


Der Krippenreiter, des -s, plur. ut nom. sing. eine scherzhafte und zugleich verächtliche Benennung eines armen Edelmannes, welcher nichts weiter als ein Pferd hat, mit welchem er wohlhabende Edelleute nach der Reihe beschmauset, welcher gleichsam von Krippe zu Krippe reitet.


Krippenlohn (W3) [Adelung]


Das Krippenlohn, des -es, plur. inus. in den Niedersächsischen Marschländern, dasjenige, was man für das Krippen oder Einfassen eines Deiches mit Flechtwerk bezahlet. S. Krippen 1.


Krispeln (W3) [Adelung]


Krispeln, verb. reg. act. welches nur bey den Lederarbeitern üblich ist, wo das Leder gekrispelt wird, wenn man es mit dem Krispelholz zwischen beyden Händen reibet, so daß das obere Leder das untere vermittelst des angedrückten Holzes zu Narben gleichsam zerbrechen muß. Das Krispelholz; ist zu dem Ende mit kleinen Rinnen versehen. Bey den Saffranmachern ist es ein Stück Kork, womit die durch das Glätten zugestriechene Narben wieder zum Vorscheine gebraucht werden. Von krisp, kraus, crispus. S. Kraus Anm..


Kritik (W3) [Adelung]


Die Kritik, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Critica. 1) Die Kunst oder Wissenschaft, die Richtige Leseart und den Sinn der alten Schriftsteller zu bestimmen, und in weiterer Bedeutung, die Fertigkeit etwas nach den Regeln der Kunst zu beurtheilen, und die Wissenschaft derselben; ohne Plural. 2) Die Anwendung derselben in einzelnen Fällen, die Beurtheilung nach den Regel der Kunst; mit dem Plural.


Kritisch (W3) [Adelung]


Kritisch, -er, -ste, adj. et adv. 1) Zur Kritik gehörig, in derselben gegründet; ohne Comparation. 2) Genaue Beurtheilung erfordernd, bedenklich. Eine kritische Sache.


Kritschschärbe (W3) [Adelung]


Die Kritschschärbe, plur. die -n, ein Wasservogel, siehe Blaßhahn.


Kritzeln (W3) [Adelung]


Kritzeln, verb. reg. act. welches das Diminutivum von kratzen ist, und eigentlich den Schall nachahmet, welches ein spitziges und zugleich elastisches Werkzeug macht, weil man damit kratzt. So kritzelt eine Feder im Schreiben, wenn sie einen zu spitzigen Schnabel hat. Daher auch kritzeln für allzu klein schreiben gebraucht wird. Nieders. kritsen.


Kröbs (W3) [Adelung]


Der Kröbs, S. Griebs.


Kröchzen (W3) [Adelung]


Kröchzen, Krächzen.


Krock (W3) [Adelung]


Der Krock, des -es, plur. inus. in der Landwirthschaft, besonders Obersachsens, eine Art wilder Wicken mit rauhen Schoten, welche so wohl unter dem Rocken, als unter der Gerste, als ein Unkraut wächset. Bey dem Linnee wird die Vogelwicke, welche doch von dem Krocke noch unterschieden ist, Cracca genannt. Der Nahme Krock scheinet sich entweder auf die rauhen Schoten, oder auf die niedrige kriechende Gestalt dieses Gewächses zu beziehen. ( S. Kracke und Kriechen.) In Meißen wird das Getreide vor und nach der Ernte krockig oder brockig genannt, wenn die guten Ähren in den Graben mit Gras und Windhalm (vielleicht auch mit Krock) vermischet sind.


Krokodill (W3) [Adelung]


Der Krokodill, des -es, plur. die -e, ein Amphibium der wärmern Länder, welches einer Eidechse gleicht, nur daß es mit einem festen Panzer bedeckt, ungleich größer ist, und zuweilen Menschen verschlucken kann; Lancerta Crocodilus L. Der Kaiman und Alligator, welchen letztern Henisch Allegarden nennt, sind Arten desselben. Der Nahme ist Griechisch, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Saffran, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, fürchtend, weil dieses Thier den Saffran scheuet. Von einigen Schriftstellern wird es unrichtig im ungewissen Geschlechte das Krokodill genannt. Die Gewohnheit, aus boshafter Absicht erdichtete Thränen Krokodills-Thränen zu nennen, gründet sich auf eine Erdichtung, daß der Krokodill, wenn er Menschen an sich locken wolle, sie zu verschlingen, wie ein Kind zu weinen pflege.


Krollen (W3) [Adelung]


Krollen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und bey den Jägern von der Stimme der Birkhähne gebraucht wird. Der Birkhahn krollen. Von den Auerhähnen in der Balz wird das Intensivum krolzen gebraucht. Beyde sind Nachahmungen des Schalles selbst, und mit den niedrigen Zeitwörtern grölen, schreyen, und grolzen, rülpfen, verwandt. S. das letztere.


Krollerbse (W3) [Adelung]


Die Krollerbse, plur. die -n, im gemeinen Leben, hart gekochte, und gewissen Maßen nur gebrühete Erbsen; von dem Nieders. kroien, krollen, brüben, eigentlich in heißem Wasser zusammen laufen, und durch heißes Wasser zusammen laufen machen. S. das folgende.


Krollhecht (W3) [Adelung]


Der Krollhecht, des -es, plur. die -e, in den Küchen, ein Hecht, welcher, indem man ihn anrichtet, so gespalten wird, daß der Schwanz, am welchem beyde Hälften noch zusammen sind, ihm in das Maul gestecket wird. Von dem vorhin gedachten Nieders. krollen, krüllen, welches auch kräuseln, rund biegen, bedeutet. Da man nur die kleinen Hechte auf diese Art zuzubereiten pflegt, so werden im gemeinen Leben auch alle kleine Hechte Krollhechte genannt. S. Krümmen.


Krolzen (W3) [Adelung]


Krolzen, S. Krollen.


Krollamt (W3) [Adelung]


Das Krollamt, des -es, plur. die -ämter, in Pohlen, welches aus der Krone, d. i. dem Königreiche Pohlen in engerer Bedeutung, und dem Großherzogthume Litthauen bestehet, ein hohes Reichs-Amt, welches bey dem ersten bekleidet wird, zum Unterschiede von eben diesen Ämtern, welche bey dem letztern bekleidet werden. Dahin gehören die Ämter der Feldherren, Kanzler, Marschälle, Truchsesse, Mundschenken, Feld-Notarien u. s. f. deren Besitzer Kronbeamte, und besonders der Krongroßfeldherr und Kronunterfeldherr, Krongroßkanzler und Kronunterkanzler, Krongroß-Marschall und Kronunter-Marschall u. s. f. genannt werden, dagegen sie in Litthauen nur Großfeldherr und Unterfeldherr, Großkanzler und Unterkanzler u. s. f. heißen.


Kronarmee (W3) [Adelung]


Die Kronarmee, plur. die -n. 1) Die Armee der Krone, d. i. des mit der königlichen Würde bekleideten Oberhauptes eines Staates, so fern sie von der Armee der Stände, des Parlamentes oder der Unterthanen in manchen Fällen unterschieden und derselben entgegen gesetzt ist. 2) In Pohlen wird die Armee, welche das eigentliche Königreich Pohlen aufbringet und unterhält, die Kron-Armee genannt, zum Unterschiede von der Armee des Großherzogthums Litthauen. S. das Vorige.


Kronbeamte (W3) [Adelung]


Der Kronbeamte, des -n, plur. die -n, S. Kronamt.


Kronblume (W3) [Adelung]


Die Kronblume, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Art Blumen mit einer glockenförmigen sechsblätterigen Krone; Fritillaria I. wovon die Kaiserkrone und Königskrone ausländisch sind, das Kibitzey oder die Schachblume aber, Fritillaria Meleagris L. auch in Europa wächset.


Kronbohrer (W3) [Adelung]


Der Kronbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Bohrer, welcher wie eine Krone geschärft ist, und zum Steinbohren gebraucht wird.


Kronbolzer (W3) [Adelung]


Der Kronbolzer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den ehemahligen Stahlgeschossen oder stählernen Armbrüsten, ein vorn an der Spitze wie eine Krone gestalteter Bolzen, welcher anstatt des Pfeiles geschossen wurde.


Krone (W3) [Adelung]


Die Krone, plur. die -n, Diminut. das Krönchen, Oberd. Krönlein. 1. Ein Kreis, eine kreisförmige Fläche, ein kreisförmiges Ding; doch nur noch in einigen Fällen. So wird der Hof um den Mond oder die Sonne auch zuweilen die Krone genannt. ( S. Hof.) In der Geometrie ist es eine Figur, welche von den Peripherien zweyer Zirkel eingeschlossen wird, welche einen Mittelpunct, aber zweyerley Radios haben. An den Pferden heißt der Ring oder Kranz von Haaren gleich über dem Hufe die Krone, bey andern aber der Saum, ingleichen der Preis. Im Oberdeutschen ist auch der Rosenkranz unter dem Nahmen der Krone bekannt. 2. In engerer Bedeutung, der obere hervor stehende runde Rand eines Dinges; gleichfalls nur in einigen Fällen. In der Baukunst ist das Krönchen oder Krönlein eine Art eines Kranzes, welcher einen halben Pfeiler oder zur Zierde bedecket. Das obere Gesimse an einer Buchdruckerpersse heißt die Krone, und im Franz. le Chapeau. Im Festungsbaue ist die Krone der oberste Rand der Brustwehre. Auch der oberste Theil eines Bienenstockes führet diesen Nahmen. Der obere aus mehr als zwey Zacken bestehende Theil eines Dinges wird in manchen Fällen gleichfalls eine Krone genannt. Die obersten Enden eines Kirchgeweihes, wenn sie aus mehr als zwey Zacken bestehen, heißen Kronen, zum Unterschiede von den Gabeln, welche nur zwey Enden haben; S. Krongehörn, Kronhirsch. Im Forstwesen sind die Gipfel des Schwarzholzes unter diesem Nahmen bekannt, da denn dieses Wort auch figürlich für Jahr gebraucht wird. Der Schlag steht in der dritten, vierten, zehnten Krone, wenn er so viele Jahre alt ist. 3. In noch engerer Bedeutung hat eine Art der Hauptzierden schon von den ältesten Zeiten an den Nahmen der Krone geführet. 1) In der weitesten Bedeutung war die Krone ursprünglich eine Art Binde, noch mehr aber ein Kranz, welcher von verschiedenen Personen bey verschiedenen Gelegenheiten getragen wurde, alle Mahl aber ein Zeichen des Vorzuges, der Ehre und der Würde war. (a) Eigentlich. Die Götter der Alten wurden mit Kronen oder vielmehr mit Kränzen von allerley Bäumen und Gewächsen abgebildet. Man krönte oder bekränzte das Opfervieh, die Altäre, die Gefäße u. s. f. Die Priester trugen eine Krone oder einen Kranz, wenn sie opferten, und vermuthlich stammet daher die Krone der heutigen Katholischen Geistlichen, welche in einem Ringe von abgestutzten Haaren um die Platte bestehet, und im mittlern Lat. Corona clericalis genannt wird. Personen, welche in allerley Wortspielen den Preis davon trugen, bekamen eine Krone oder einen Kranz von Kräutern oder Baumzweigen, welche nach der Beschaffenheit der Spiele verschieden waren; daher in der Deutschen Bibel die Seligkeit als die Belohnung der geistlichen Ritterschaft so oft eine Krone genannt wird. Da wir für diese ringförmigen Zierden aus dem Gewächsreiche das Wort Kranz haben, so sollte man es in diesem Falle niemahls mit dem Worte Krone verwechselt, sondern diesem die folgende vorzügliche Bedeutung allein laßen. So- wollte ichs auf meine Achsel nehmen und mir wie eine Krone umbinden, Hiob 31, 36; und mir wie Ehrenkränze umbinden, Michael. (b) Figürlich. (aa) Dasjenige, was einer Person zur vorzüglichen Ehre gereicht. Ein fleißiges Weib ist eine Krone ihres Mannes, Sprichw. 12, 4. Graue Haare sind eine Krone der Ehren, Kap. 16, 31. Sey mir gegrüßt, Augusta, meine Krone, Raml. (bb) Das vorzüglichste unter mehrern seiner Art, besonders so fern dadurch der ganzen Art Ehre zuwächset. Abrast ist die Krone aller gelehrten Männer, Iris die Krone aller tugendhaften Frauen, Sonnenf. 2) In engsten und vorzüglichsten Verstande ist die Krone ein Ehrenzeichen der höchsten Häupter der Erde. (a) Eigentlich, wo sie gemeiniglich aus Gold verfertiget wird, und zunächst aus einem breiten Reife bestehet, dessen oberer Rand bey Königen anstatt der ehemahligen Zacken mit Blättern versehen ist, über welche sich bey der kaiserlichen Krone noch runde Bügel befinden, welche die Krone oben schließen. Die päpstliche Krone ist dreyfach. Churfürsten, Herzoge und Fürsten haben statt der Krone einen auf besondere Art geformten Hut. In der Mapenkunst hat man zwar auch Grafenkronen, Ritterkronen, adelige Kronen u. s. f. welche oft aus einem bloßen Reife bestehen, aber außer dem Wapenschilde in keinem weitern Gebrauche sind. (b) Figürlich. (aa) Die kaiserliche oder königliche Würde und die damit verbundene Macht und Herrschaft. Zur Krone gelangen. Die Krone erlangen. Die Krone verlieren. Wo es im engsten und gewöhnlichsten Verstande die königliche Würde und Macht bedeutet. (bb) Der von einem mit der königlichen Würde bekleideten Fürsten vorgestellte Staatskörper, das Königreich. Die Güter sind der Krone anheim gefallen. Die Krone Spanien, die Krone Frankreich, die Krone England, die Krone Pohlen, d. i. Königreich. Beyde Kronen sind uneinig geworden, beyde Königreiche. (cc) Eine alte und noch jetzt hin und wieder übliche Art Gold- und Silbermünzen, welche schon im dreyzehnten Jahrhunderte vorkommt, im mittlern Lat. Coronatus; ohne Zweifel wegen des darauf geprägten gekrönten Brustbildes des Münzherren. Man hat Goldkronen, Silberkronen, Sonnenkronen, Pistolet-Kronen u. s. f. In Bern ist die Krone eine Rechnungsmünze, welche 25 Batzen oder 23 Groschen Conventions-Geld gilt. eine Holländische Krone gilt jetzt 1 Rthlr. 2 Gr und eine Engländische, Crown, 1 Rthlr. 12 Gr. den Louisdor zu 5 Thlr. gerechnet. In Dänemark hat man halbe, ganze und doppelte Kronen von seinem Silber zu 2, 4 und 8 Mark Dänisch, welche 1 Mark 1 Schilling, 2 Mark 2 Schilling, und 4 Mark 4 Schilling Lübsch gelten, und wo eine ganze Krone 18 Gr. 8 Pf. Conventions-Geld gilt. Von den ältern Münzen dieser Art kann Frisch bey dem Worte Crone nachgesehen werden. (dd) Der Kopf selbst, derjenige Theil, auf welchem die Krone oder Kränze getragen werden; doch nur in einigen im gemeinen Leben üblichen R. A. Ich weiß nicht, was er in der Krone hat, d. i. was ihm fehlet, was ihn so verdrießlich macht. Er hat was in der Krone, er hat einen Rausch. Im Schwed. gleichfalls Krona. Im Walis. heißt der Scheitel Coryn, im Engl. Crown of the head, im Span. Corona de la Cabeca. Daher es auch in der Bedeutung des Kopfes oder Scheitels ein Überbleibsel der ältesten Bedeutung des obersten Theiles einer Sache seyn kann. Anm. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Deutschen dieses Wort aus dem Lat. Corona entlehnet haben, daher es bey dem Ottfried auch noch Corona, bey dem Willeram aber Corona lautet. Kero gebraucht dafür Era, Ehre, und der Angelsachse Cynchelm, Königshelm. Aber es um deswillen noch mit einem C zu schreiben, ist unnöthig, weil dieses Wort schon seit so langen Zeiten das Bürgerrecht erhalten hat. Über dieß gehöret es zu dem Geschlechte der Wörter Kranz und rund, und druckt zunächst den Begriff der Ründe aus, ohne doch den damit nahe verwandten Begriff der Hervorragung und des Obertheiles auszuschließen. Im Wallis. ist crown, cren, und im Irländ. cruiv, noch jetzt rund. Im Hebr. bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - so wohl ein Horn, als einen Kranz und eine Krone.


Kroneisen (W3) [Adelung]


Das Kroneisen, des -s, plur. ut nom. sing. auf den Eisenhämmern, eine Art des besten Eisens, vermuthlich wegen des darauf befindlichen Zeichen der Krone, oder weil das bekannteste und gangbarste Eisen dieser Art mit einer Krone gezeichnet worden.


Kröneleisen (W3) [Adelung]


Das Kröneleisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Steinmeßen, ein langer eiserner oder gespaltener Griff, wodurch Stacheln gesteckt werden, welche einen groben Raum ausmachen, die Sandsteine damit zu kröneln, d. i. die groben Flächen damit rauch zu hauen. Es wird auch das Kammeisen genannt. Es scheint zunächst zu Krinne zu gehören, S. dasselbe.


Krönen (W3) [Adelung]


Krönen, verb. reg. act. 1) So fern Krone einen Kranz, oder eine ähnliche Hauptzierde bedeutet, mit einem Kranze beschmücken, wo es im eigentlichen Verstande mit kränzen, bekränzen gleichbedeutend ist, nur daß es in verschiedenen figürlichen Bedeutungen zugleich eine vorzügliche damit verbundene Ehre ausdruckt. Ein gekrönter Poet, welcher den feyerlichen Dichterkranz von Lobern erhalten hat. Eine Preisschrift krönen, ihr den Preis zuerkennen. In weiterer Bedeutung, für zieren, schmücken überhaupt. Vberal der meye hat gekroenet berge und tal mit maniger bluete wilde, Graf Conrad von Kilchberg. Du krönest das Jahr mit deinem Gut, Ps. 65, 12. Es möge ihr unternehmen ein erwünschter Ausgang krönen. Nach einer im gemeinen Leben üblichen Ironie, wird ein Ehemann gekrönet, wenn dessen Gattin die eheliche Treue verletzet, oder ihm, nach einem andern figürlichen Ausdrucke, Hörner aufsetzet. 2) In der engsten vorzüglichsten Bedeutung des Wortes Krone, mit der feyerlichen Aufsetzung der Krone zugleich die königliche Würde und Herrschaft übertragen, aber auch solche nur dadurch feyerlich bestätigen. Jemanden zum Könige krönen. Daher die Krönung, diese feyerliche Handlung, der Krönungstag, der Tag, an welchem sie geschiehet u. s. f. Ein gekröntes Haupt, in weiterer Bedeutung, ein Kaiser, König oder Papst, weil sie im vorzüglichsten Verstande Kronen tragen. Zuweilen werden auch Republiken, wenn sie zugleich ein Königreich besitzen, wie z. B. Venedig wegen Königreiches Cypern. mit unter die gekrönten Häupter gerechnet.

Anm. Bey dem Notker coronen, bey dem Stryker chronen, im Lat. coronare.


Kronen-Anemone (W3) [Adelung]


Die Kronen-Anemone, plur. die -n, eine Art morgenländischer Anemonen, mit dreyfach doppelt zusammen gesetzten Wurzelblätter und einer blätterigen Hülle, Anemone coronaria L.


Kronenbein (W3) [Adelung]


Das Kronenbein, des -s, plur. die -e, an den Pferden, ein kleines beynahe viereckiges Bein am Fuße der Pferde, welches die Krone bilden hilft, und oben mit dem Köthenbeine verbunden ist.


Kronenblech (W3) [Adelung]


Das Kronenblech, des -es, plur. doch nur von mehreren Arten, die -e, auf den Blechhämmern, eine Art der feinsten Bleche, weil sie gemeiniglich mit einer Krone über den Nahmensbuchstaben des Hammerherren gezeichnet werden.


Kronengold (W3) [Adelung]


Das Kronengold, des -es, plur. inus. ein legiertes oder mit einem gewissen Zusatze versehenes Gold, vermuthlich, weil es zu den unter den Nahmen der Goldkronen bekannten ehemahligen Goldmünzen gebraucht wurde; zum Unterschiede von dem feinen Ducaten-Golde.


Kronen-Iasmin (W3) [Adelung]


Der Kronen-Iasmin, des -es, plur. inus. eine Art des Wäldschen Iasmines, welcher bey Verona einheimisch ist, und gezähnte Blätter hat; Philadelphus coronarius L.


Kronenmuschel (W3) [Adelung]


Die Kronenmuschel, plur. die -n, eine einschälige gewundene Muschel, deren Windungen nicht zu sehen sind, mit einer weiten und glatten Spalte, welche auch die Blasenmuschel und Harfenmuschel genannt wird.


Kronensteuer (W3) [Adelung]


Die Kronensteuer, plur. die -n, eine Steuer, welche einem Landesherren bey seiner Krönung, oder zur Annehmung der königlichen Würde entrichtet wird. 1 Macc. 10, 29. Kap. 11, 35, wird sie die Kronsteuer genannt.


Kronenthaler (W3) [Adelung]


Der Kronenthaler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Französischer Thaler, welche seit 1709, 1 Rthlr. 13 Gr. 6 Pf. den Louisdor zu 5 Thlr. gerechnet gelten.


Krongehörn (W3) [Adelung]


Das Krongehörn, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, dasjenige Gehörn eines Hirsches, welches sich oben mit einer Krone, d. i. mehr als zwei Zacken endiget; zum Unterschiede von einem Gabelgehörne. ein Hirsch, der ein solches Gehörn hat, wird ein Kronhirsch genannt. S. Krone.


Krongut (W3) [Adelung]


Das Krongut, des -s, plur. die -güter, ein Nahme, welchen in einigen Königreichen die Kammergüter oder Domänen führen, weil der Ertrag derselben zur Behauptung der königlichen Würde und Pracht angewendet wird.


Kronhirsch (W3) [Adelung]


Der Kronhirsch, des -es, plur. die -e, S. Krongehörn.


Kronleuchter (W3) [Adelung]


Der Kronleuchter, des -s, plur. ut nom. sing. ein aus mehrern Armen bestehender Leuchter, welcher an einer Schnur in der Mitte eines Zimmers hängt; im mittlern Lat. Corona. Von der Ähnlichkeit mit einer Krone.


Kronnaht (W3) [Adelung]


Die Kronnaht, plur. die -nähte, in der Anatomie, siehe Kranznaht.


Dia (W3) [Adelung]


Dia Kron-Pistole, plur. die -n, eine Art Französischer Goldmünzen, welche 9 Thlr gilt, und auch ein Noatelles-Louis d'Or genannt wird.


Kronprinz (W3) [Adelung]


Der Kronprinz, des -en, plur. die -en, der älteste Prinz eines Königes, der vermuthliche Erbe einer Krone. Die Kronprinzessin, eine solche Prinzessin.


Kronrad (W3) [Adelung]


Das Kronrad, des -es, plur. die -räder, ein Zahnrad, wo die Räder senkrecht auf der Seite des Rades eingezapfet sind. S. Kammrad.


Kronraden (W3) [Adelung]


Der Kronraden, des -s, plur. inus. eine filzige Art des Raden mit eyrunden lanzerförmigen Blättern; Agrostemma coronaria L. Er ist in Italien einheimisch.


Kronrasch (W3) [Adelung]


Der Kronrasch, des -es, plur. doch nur von mehreren Arten, die -e, ein Nahme des Tuchrasches, besonders des Engländischen; ohne Zweifel wegen seiner vorzüglichen Güte. Siehe Krone 3. 1) (b).


Kronsbeere (W3) [Adelung]


Die Kronsbeere, plur. die -n, an einigen Orten ein Nahme der Preiselbeeren. ( S. dieses Wort,) welche an andern Orten auch Krausbeeren und Kreubeeren genannt werden.


Kronsteuer (W3) [Adelung]


Die Kronsteuer, S. die Kronensteuer.


Kronthaler (W3) [Adelung]


Der Kronthaler, S. Kronenthaler.


Kronvogel (W3) [Adelung]


Der Kronvogel, des -s, plur. die -vögel, eine Art Afrikanischer Vögel, welcher dem Waldhäher ähnlich ist, und auf dem Kopfe solche Federn hat, wie die kleinen Afrikanischen Könige zu tragen pflegen; Engl. Crown Bird, Tauraco klein.


Kronwerk (W3) [Adelung]


Das Kronwerk, des -es, plur. die -e, im Festungsbaue, ein großes Außenwerk, welches aus einem doppelten Hornwerke bestehet, und einige Ähnlichkeit mit einer königlichen Krone hat; Franz. Ouvrage a Couronne.


Kröpel (W3) [Adelung]


Der Kröpel, des -s, plur. ut nom. sing. in den gemeinen Sprecharten, besonders Niedersachsens, ein kleines Ding seiner Art, im verächtlichen Verstande; eine Kracke. es gehöret nicht zunächst zu Krüppel, ungeachtet dieses Wort im Nieders. gleichfalls Kröpel lautet, sondern zu krupen, kriechen, so fern es zunächst den Begriff der Kleinheit ausdruckt. Von kriechen stammet in eben dieser Bedeutung Kracke her. Ein Kröpelstuhl heißt in einigen Niedersächsischen Gegenden ein niedriger Armstuhl, Franz. Tabouret, wo sich der verächtliche Nebenbegriff verliert. ( S. auch Krabbe.) In andern, besonders Oberdeutschen Gegenden ist für Kröpel Kropf üblich, indem man daselbst nicht nur niedriges schlechtes Stauchwerk, welches keinen gehörigen Wachsthum hat, sondern auch fehlerhaft kleine Hunde Kropf und Kröpfe zu nennen pflegt. S. 1. Kropfig.


Kropf (W3) [Adelung]


1. * Der Kropf, des -es, plur. die Kröpfe, ein fehlerhaft kleines Ding seiner Art, S. das vorige.


Kropf (W3) [Adelung]


2. * Der Kropf, des -es, plur. die Kröpfe, ein Rausch; doch vermuthlich nur noch in einigen Oberdeutschen Gegenden. Wenigstens stehet bey dem Apherdian den Kropf ausschlagen. Es scheinet mit dem Lat. Crapula verwandt zu seyn.


Kropf (W3) [Adelung]


3. Der Kropf, des -es, plur. die Kröpfe, Diminut. das Kröpfchen, Oberd. Kröpflein, ein Wort, welches die genau mit einander verwandten Begriffe der Krümme oder eines Hakens, einer rundlichen Erhöhung und einer ähnlichen Vertiefung oder eines hohlen Raumes, in sich vereiniget. 1. Der Krümme, des umgebogenen Theiles, oder eines Hakens, wo es nur noch in einigen Fällen üblich ist. Bey den Schustern wird die krumme Naht, welche den Schaft eines Stiefels mit dem Schuhe zusammen hängt, der Kropf genannt. So hat man ein gewisses Werkzeug, große Steine in die Höhe zu ziehen, welches die Steinkröpfe genannt wird. der Stein bekommt alsdann in seinem Schwerpuncte ein Kropfloch, worein der Kropf oder Haken befestiget wird. Es gehöret in dieser Bedeutung zu dem Worte Krapf, und mit demselben zu greisen, Nieders. gripen. ( S. auch Kröpfen und einige der folgenden Zusammensetzungen.) Im mittlern Lat. ist Gropys ein Haken. 2. Der Höhle, eines hohlen Raumes; eine größten Theils veraltete Bedeutung, welche sich noch als ein Nebenbegriff bey einigen Fällen der folgende erhalten hat. Im mittlern Lat. ist Gropus der Hals einer Flasche. In den niedrigen Sprecharten rühret der Hals und die Gurgel noch zuweilen den Nahmen des Kropfes. Bey den Kürschnern sind die Englischen Kröpfe Stücke von dem Halse gewisser kostbaren und seltenen Felle. ( S. Griebs, Kräbe, Krippe, Gruft u. s. f.) welche in dieser Bedeutung insgesammt damit verwandt sind. 3. Einer rundlichen Erhöhung; ein sehr weit ausgebreiteter und fast in allen Sprachen befindlicher Begriff. 1) Überhaupt. In den Monseeischen Glossen wird die Blase Chroph genannt, vermuthlich wegen ihrer runden, erhabenen Gestalt. Im Franz. ist Crouppe und im Ital Groupps, der erhabene Theil eines Pferdes am Ende des Rückens, das Kreuz, und aus einigen Stellen im Kaisersberg bey dem Frisch erhellt, daß in einigen Gegenden auch der Hintere oder das Gefäß am Menschen der Kropf genannt wird. In andern Gegenden heißt der Kopfsalat Kropfsalat, und im Nieders, ist Feldkroppe der Feldsalat. Im Ital. ist Groppo ein Knoten, ein Klumpen, eine Masse, Franz. Grouppe, im mittlern Lat. Gropus, Groppus, Grupus. Im Schwed. bedeutet Kropp der Körper, Corpus, Isländ. Krof, und Kroppog, ein Höcker, Isländ. Krappr. Der hervor stehende Knorpel am menschlichen Halse, welchen einig den Adamsapfel nennen, ist in andern Gegenden unter dem Rahmen des Griebes, Kröbses und Kropfbeines bekannt. Vermuthlich gehöret auch der Kropf an den Schiffen hierher, d. i. derjenige Ort, wie Vorsteven auf dem Kiele eingelassen sind. 2) In engerer Bedeutung. (a) An denjenigen Vögeln, welche Körner essen, befindet sich am Ende des Halses, ein von außen gemeiniglich hervor ragender Vormagen, in welchem die Körner, ehe sie in den Magen kommen, eingeweiht werden; wo aber auch der zweyte Begriff des hohlen Raumes Statt findet. Den Kropf voll haben. Nieders. Kropp, Angels. Croppa, Engl. Craw, Crop, Schwed. Kräfwe. Im verächtlichen Scherze pflegt man auch wohl den menschlichen Magen den Kropf zu nennen. (b) Eine verhärtete Geschwulst an den Drüsen des Halses ohne eine schmerzhafte Empfindung, bey Menschen, und zuweilen auch bey Thieren. Einen Kropf haben. Den Kropf schneiden. Lat. Scrophulus, Struma, Ital. Scrofula, Franz. Ecrouelles, Nieders. Kaaksnute. Das Schaf- und Hornvieh bekommt zuweilen unter dem Halse eine große Beule, welche voller Luft und Wasser ist, und gleichfalls der Kropf, in manchen Gegenden aber auch das Kröpfen genannt wird.


Kropfänte (W3) [Adelung]


Die Kropfänte, plur. die -n, eine Art wilder Änten, welche auch Stockänte genannt wird, S. dieses Wort.


Kropfeidechse (W3) [Adelung]


Die Kropfeidechse, plur. die -n, eine Art ausländischer Eidechsen mit einem ungewöhnlichen Kropfe am Halse; Lacerta Iguani L. In Madagascar wird sie Quana genannt.


Kropfeisen (W3) [Adelung]


Das Kropfeisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein eisernes Werkzeug der Mäurer und Steinsetzer, die großen Steine damit in die Höhe zu richten. Von Kropf, vermuthlich so fern es einen Haken bedeutet.


Kröpfen (W3) [Adelung]


Kröpfen, verb. reg. act. von dem Hauptworte Kropf. 1) So fern es einen Haken oder krumm gebogenen Theil bezeichnet, bedeutet kröpfen bey verschiedenen Handwerkern, nach einem rechten Winkel bringen. So ist bey den Tischlern das Eisen des Grundhobels nach einem rechten Winkel gekröpfet. Bey den Schlössern wird ein Riegel gekröpfet, gekriepfet oder gekroppet, wenn er eine solche Beugung bekommt, damit er das Loch, worein er fallen soll, erreichen kann. ( S. Kripfung.) 2) Von Kropf, der Vormagen einiger Vögel, ist kröpfen in einigen Gegenden eine Art des Mästens mancher Arten der Geflügels, wobey man ihnen das Futter in den Hals steckt, welches an andern Orten stopfen, schoppen, frexen genannt wird. Bey den Jägern bedeutet es als ein Neutrum so viel als fressen, wo es doch nur von den Raubvögeln üblich ist, ungeachtet diese keinen eigentlichen Kropf haben.


Kröpfer (W3) [Adelung]


Der Kröpfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art ausländischer Tauben, welche den Kropf ungewöhnlich aufblasen; Kropftaube, Nieders. Kropper, Kröpper, Engl. Cropper, Columba gutturosa L. Sie werden große Türkische Tauben genannt.


Kropffelge (W3) [Adelung]


Die Kropffelge, plur. die -n, in dem Mühlenbaue, diejenigen Felgen an dem Kammrade, welche nach dem Mittelpuncte zu breit sind, so daß sie daselbst ein Viereck bilden.


Kropfig (W3) [Adelung]


1. Kropfig, -er, -ste, adj. et adv. im gemeinen Leben einiger Gegenden, auf eine fehlerhafte Art klein. Kropfiges Holz, welches nicht seinen gehörigen Wachsthum hat, welches man auch buttig, verbuttet brackig zu nennen pflegt. S. Kröpfel.


Kropfig (W3) [Adelung]


2. Kropfig, adj. et adv. einen Kropf, d. i. fehlerhaften Auswuchs am Halse habend. Bey einigen Handwerkern auch so viel, als nach einem rechten Winkel gebogen.


Kropfleiste (W3) [Adelung]


Die Kropfleiste, plur. die -n, oder der Kropfleisten, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Werkleuten und in der Säulenordnung, der Wulst unter dem Kranzleisten; von Kropf, eine Hervorragung.


Kropfloch (W3) [Adelung]


Das Kropfloch, des -es, plur. die -löcher, S. 3. Kropf 1.


Kropftaube (W3) [Adelung]


Die Kropftaube, plur. die -n, S. Kröpfer.


Kropfvogel (W3) [Adelung]


Der Kropfvogel, des -s, plur. die -vögel, siehe Rohrdommel.


Krös (W3) [Adelung]


Das Krös, des -es, plur. die -e, in den gemeinen Sprecharten, so wohl das Gekröse als auch die Krause, S. diese Wörter.


Kröschen (W3) [Adelung]


Kröschen, verb. reg. neutr. et act. welches im ersten Falle das Hülfswort haben erfordert, und eine Nachahmung desjenigen Schalles ist, welchen Butter und andere fette Dinge machen, wenn sie über einer starken Hitze zerlassen werden; in andern Mundarten kretschen. Die Butter kröscht. Ingleichen active, in Fett rösten oder braten lassen. Semmel kröschen. S. Kreischen.


Kröte (W3) [Adelung]


1. Die Kröte, plur. inus. ein Nahme eines stinkenden bösartigen Geschwüres in verschiedenen Fällen. Bey den Schäfern ist es eine Krankheit der Lämmer, da sie triefende Augen und Blattern zwischen den Hinterfüßen bekommen, und endlich eine dicke Materie aus Maul und Nase von sich geben und sterben. Bey den Pferden ist es ein Geschwür über der Krone an den Hinterfüßen, welches eine scharfe stinkende Flüssigkeit fließen lässet, die das Haar abfrißt. Ungeachtet dieser letztere Schaden im Französ. gleichfalls Crapauine heißt, von Crapaud, eine Kröte, so scheinet es mit dem folgenden Worte doch weiter nichts als die zufällige Übereinstimmung des Klanges gemein zu haben. Vielleicht druckt es zunächst den ekelhaften Eiter aus, da es denn mit Kotz Eines Geschlechtes sein würde. In Niedersachsen wird eine gewisse Krankheit des Rindviehes, welche eine wahre Windsucht oder Darmgicht ist, die Kröte genannt, weil das Vieh dabey wie eine Kröte aufläuft.


Kröte (W3) [Adelung]


2. Die Kröte, plur. die -n, ein vierfüßiges, nacktes und ungeschwänztes Amphibium, welches zu dem Geschlechte der Frösche gehöret, aber einen dicken mit Warzen besetzten Körper, eine gelbliche Kehle und langsamen Gang hat. Sie spritzet aus ihren Warzen einen giftigen Saft. Bufo L. Die böse Kröte, welches die gemeine schwarzbraune Wiesenkröte ist. ( S. Erdkröte, Feuerkröte, Wasserkröte, Kellerkröte.) Im verächtlichen Verstande und im gemeinen Leben wird auch wohl ein kleiner zorniger oder boshafter Mensch eine Kröte oder eine böse Kröte genannt.

Anm. im Nieders. gleichfalls Kröte. Sonst wird dieses Thier noch im Oberdeutschen Hecking, in Baiern ein Protz, in Schlesien die Tachsen, im Dithmars. Prickel und Tuutz, in Nieders. Quad-Pogge, Pedde, Uetze, Ütze, Ueffe, Lork, im Dän. Tudsen, im Schwed. Tossa, im Angels. Tade, im Engl. Toad, in Bretagne Toussec, genannt, welches Ihre von dem Isländ. Tad, Koth, abstammen lässet. Den Nahmen Kröte leitet Wachter von kreiten, schreyen, ab, obgleich die eigentlichen Kröten nicht schreyen, oder vom Wallis. Croth, der Bauch, wegen ihrer Dicke, Ihre aber von gro, waschen (siehe Grün,) wegen der großen Fruchtbarkeit der Frösche, indem im Schwed. Frosch Groda heißt. Allein Frischens Ableitung, der es von kriechen, abstammen lässet, weil dieses Thier einen langsamen schleichen Gang hat, scheinet immer noch die wahrscheinlichste zu seyn. Auf eben dieselbe Art heißt es im Franz. Crapaud, von dem Nieders. krupen, kriechen, Franz. croupir, ( S. Krabbe.) Der Schlesische Nahme Tachsen, und Niedersächsische Tuutze leiden eben dieselbe Ableitung, indem tossa im Schwed. langsam einher gehen bedeutet; so wie das Niedersächs. Pedde, von pedden, treten. In den zusammen gesetzten Nahmen verschiedener Gewächse, bedeutet es das verächtlichste, geringste seiner Art.


Krötendille (W3) [Adelung]


Die "Krötendille", S. "Hundskamille".


Krötendistel (W3) [Adelung]


Die Krötendistel, plur. die -n, in einigen Gegenden ein Nahmen der kleinen Wiesenraute, Thalietrum minus L. welche auch unter dem Nahmen des Heublattes bekannt ist.


Krötenflachs (W3) [Adelung]


Der Krötenflachs, des -es, plur. inus. S. Flachskraut.


Krötengalluschel (W3) [Adelung]


Die Krötengalluschel, plur. die -n, S. Krötenpilz.


Krötengerippe (W3) [Adelung]


Das Krötengerippe, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden ein Nahme des Grasleders, Conferva L.


Krötenkraut (W3) [Adelung]


Das Krötenkraut, des -es, plur. inus. S. Jacobsblume.


Krötenmünze (W3) [Adelung]


Die Krötenmünze, plur. inus. ein Nahme der Bachmünze, weil sich die Kröten gern unter ihr aufhalten S. Bachmünze.


Krötenpilz (W3) [Adelung]


Der Krötenpilz, des -es, plur. die -e, eine Art kleiner, quittengelber Pilze, welche in kleinen Haufen beysammen wachsen, und am häufigsten an alten verfaulten Stöcken angetroffen werden. Sie sind vermuthlich eben dieselben Schwämme, welche in Schlesien Krötengalluschel genannt werden.


Krötenstein (W3) [Adelung]


Der Krötenstein, des -es, plur. die -e. 1) Ein Nahme der platten versteinerten Echiniten, weil sie wegen ihrer Warzen einige Ähnlichkeit mit den Kröten haben, auch dem gemeinen Wahne zu Folge von ihnen herkommen sollen. 2) Die Schlangenauge oder Froschsteine, welche man für die versteinerten Zähne eines Brasilianisches Meerfisches hält, Lycodontes, werden im gemeinen Leben gleichfalls Krötensteine genannt.


Kruckälster (W3) [Adelung]


Die Kruckälster, plur. die -n, in einigen Gegenden ein Nahme des großen bunten Neuntödters oder Dorndrehers, welcher in der Größe einem Krammetsvogel gleich kommt, und auch Wildälster genannt wird, weil er in den bunten Farben der Älster ähnlich ist. Den Nahmen Kruckälster hat er vermuthlich von seinem vorn etwas gebogenen schwarzen Schnabel, S. 2. Krücke.


Krücke (W3) [Adelung]


1. Die Krücke, plur. die -n, Diminut. das Krückchen, Oberd. Krücklein, ein Wort, welches überhaupt den Begriff des hohles Raumes hat, aber nur noch in einigen wenigen Fällen üblich ist. Bey den Orgelbauern ist die Gießkrücke oder Zinnkrücke ein hölzerner viereckter oben und unten offener Kasten mit beweglichen Querbretern, das zu den Pfeifen gegossene Zinn damit gleichsam zu plätten. Sie wird auch die Schleuse genannt. Es ist in dieser Bedeutung mit dem folgenden Worte genau verwandt und gehöret zu dem Geschlechte des Niederdeutschen Kruke und des Hochdeutschen Krug, ( S. das letztere.) Im mittlern Lat. ist Crocea eine Wiege, und im Dithmars. Kroog ein eingehägtes Stück Land, eine Koppel.


Krücke (W3) [Adelung]


2. Die Krücke, plur. die -n, Diminut. das Krückchen, Oberd. Krücklein, zusammen gezogen Krückel, ein Wort, welches überhaupt den Begriff der Krümme ausdrückt, aber nur noch in einigen Fällen üblich ist, ein mit einer Krümme oder einem Haken versehenes Werkzeug zu bezeichnen. 1) Ein vorn mit einem breiten Haken versehenes Werkzeug, früher in vielen Fällen den Nahmen der Krücke. Von der Art ist die Krücke oder Kratze der Minirer, eine vorn gekrümmte Schaufel, die Erde damit an sich zu ziehen. Von ähnlicher Art sind die Krücken oder Krückel der Bergleute, die Ofenkrücke der Bäcker, die Pechkrücke der Böttcher u. s. f. welche zum Theil aus einem nach einem rechten Winkel an einer Stange befestigten Brete bestehen, etwas damit an sich zu ziehen. Die Schlammkrücke ist ein sehr großes Werkzeug dieser Art, den Schlamm aus den Flüssen und Kanälen zu ziehen, welches von Pferden gezogen, und daher an einigen Orten auch die Roßkrücke genannt wird. Auch die Drechseler haben Krücken, d. i. krumm gebogene Dreheisen mit einer breiten Schneide, über die Quere glatt zu drehen. 2) Die Hakenschlüssel oder Dieteriche führen wegen ihres Hakens, womit sie versehen sind, an einigen Orten den Nahmen der Krückel. 3) Bey den Webern sind die Krückchen kleine Gabeln auf den Speichen der großen Spinnräder, worin die Schnur liegt. 4) Im gemeinen Leben ist die Krücke ein am obern Ende mit einer starken Gabel oder auch nur mit einem geraden Querholze versehener starker Stock, womit sich lahme oder gebrechliche Personen forthelfen, indem sie die eigentliche Krücke daran unter die Achsel nehmen. An einer Krücke gehen. An Krücken gehen, wenn man sich zweyer Krücken bedienen muß. Die Straße hinkte mit der Krücke Ganz langsam hinter ihnen her, Lichtw. Er linete uber sine kruke, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter. Vber sein chrueken laint er do, Stryker.

Anm. Im Nieders. in der letzten Bedeutung Krukke, welches daselbst auch die Wirbel an einer Geige bedeutet, im mittlern Lat. Croca, Crocea, Croceus, Croceolus, im Franz. Croce. Eben daselbst ist Croca, Crocea, und Chrochia, im Franz. gleichfalls Croce und Crosse, der gekrümmte Bischofsstab, so wie Croccus, Crocha, Crochelum, Franz. Croc, einen Haken überhaupt bedeuten. Das Schwed. Krykka, das Engl. Crutch, das Ital. Crocia, Croccia, das Dän. Krog, bedeuten insgesamt entweder eine Krücke zum Gehen, oder einen Haken, welche letztere allgemeine Bedeutung noch in der sprichwörtlichen R. A. je krümmer Holz, je besser Krücke, vorwaltet. Das Wallis. crwcca, Engl. crooked, Französ. crochu, und Dän. kroged, bedeuten insgesammt noch krumm, daher dieses Wort von Kreuz, krumm, Krug, kraus u. a. dieses Geschlechtes nur im Ableitungslaute verschieden ist,


Krücken (W3) [Adelung]


Krücken, verb. reg. act. mit der Krücke an sich ziehen. Die Erde heraus krücken. Die Asche aus dem Ofen krücken. Ingleichen vermittelst der Krücke reinigen. Einen Fluß, einen Kanal krücken, ihn mit der Schlammkrücke reinigen. In den Salzkothen werden die Salzpfannen gekrücket, wenn der Schlamm mit einer hölzernen Krücke heraus gezogen wird.


Krückenblatt (W3) [Adelung]


Das Krückenblatt, des -es, plur. die -blätter, das Blatt oder breite Vordertheil an einer Krücke; zum Unterschiede von der Stange oder dem Stiele.


Krückenkreuz (W3) [Adelung]


Das Krückenkreuz, des -es, plur. die -e, in de Wapenkunst, ein an den Enden mit Krücken, oder Haken versehenes Kreuz..


Krüden (W3) [Adelung]


* Der Krüden, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Nahme des Hahnenkammes, Bidens L. welcher auch Gabelkraut und Zweyzahn genannt wird.


Krug (W3) [Adelung]


Der Krug, des -es, plur. die Krüge, Diminut. das Krügelchen, Oberd. Krüglein, zusammen gezogen Krügel, ein hohler Raum, und in engerer Bedeutung ein Gefäß, doch nur noch in einigen einzelnen Fällen. 1. Ein thönernes Gefäß, welches in der Mitte einen Bauch, und oben eine weite Öffnung hat, führet den Nahmen eines Kruges. Der Öhlkrug, Essigkrug, Weinkrug, Wasserkrug, ein solches Gefäß, Öhl oder Essig darin aufzubehalten, Wein darin zu hohlen, oder Wasser damit zu schöpfen; in welcher Bedeutung es in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt, wo 2 Mos. 16, 3 auch das Diminut. Krüglein angetroffen wird. Der krug so lanng zu wasser geet Bis er ein mall zubrochen stehet, Theuerd. Kap. 88. Allein der Krug ging, wie man sagt, So lang zu Wasser bis er brach, Bibel. Bey dem Ottfried Kruag, im Nieders. Kruke, welches aber auch eine steinerne oder thönerne Flasche bedeutet; im mittlern Lat. Creche, Cruga, und mit dem versetzten r Corcha, welches sich dem Lat. Orca und Urceus nähert, bey dem Ulphilas Aurkge, im Franz. Cruche, im alt Fries. Crocha, im Schwed. Kruka, im Holländ. Kruik, im Engl. Crook, im Angelsächs. Crocca, im Wallis. Cregen. 2. Ein Trinkgeschirr aus Thou, Glas oder Porzellan, welches gemeiniglich gerade aus gehet oder einem Cylinder gleicht, oft aber auch bauchig ist, und gemeiniglich einen Henkel und Deckel hat. 1) Eigentlich. Aus einem Kruge trinken. Ein Krug Bier, Wein oder Wasser. Ein Bierkrug. Im Franz. gleichfalls Cruche. Die Nördlichern Mundarten haben in dieser Bedeutung statt des Gaumenlautes ein s, wie das Niedersächs. Kroos, das Holländ. Kroes, das Engl. Cruse, das Dän. Kruus, das Schwed. Krus, im Pohln. Kruz, im Finnländ. Kruus, das mittlere Lat. Cruselinum und Crusolium, welches sich dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine thönerne Flasche, eine Kruke, nähert. Selbst in einigen gemeinen Oberdeutschen Mundarten heißt ein solcher Krug Kraus. Im Ostfries. ist Krueß zugleich ein Getreidemaß, deren 18 einen Scheffel machen. 2) Eine Bierschenke, ein öffentliches Haus, wo Bier und Branntwein geschenkt wird; eine nur in Niedersachsen übliche Bedeutung, eine Schenke, ein Wirthshaus zu bezeichnen, wo das Wort Krog lautet. Der Kröger, oder nach Hochdeutscher Mundart Krüger, ist daselbst ein solcher Wirth oder Schenkwirth, und krögen Bier oder Branntwein schenken, einen Krug halten. Im Schwed. Krog, im Dän. Kroe, im Isländ. Kra. Vermuthlich als eine Figur von dem zum Zeichen solcher Häuser ausgehängten Kruge.

Anm. Es gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Krätze, ein Korb, Kragen, Kreuz, krumm, 1. Krücke, kraus, und anderer mehr, welche theils eine gebogene Fläche, theils eine Erhöhung, theils aber auch einen hohlen Raum, ein Behältniß, bedeuten. In dieser letztern Bedeutung gehöret hierher noch das Ital. Cruciuolo, das Franz. Creuset, und mittlere Lat. Crusollus, ein Schmelztiegel, das mittlere Lat. Crucibolum und Crusel, eine Hängelampe, welche im Nieders. Krüsel, im Franz. Creuseul und Croissol, in der Picardie aber Cracet genannt wird.


Krugeisen (W3) [Adelung]


Das Krugeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kupferschmieden, ein Werkzeug in Gestalt eines Kruges zu dem Laubwerke.


Krüger (W3) [Adelung]


Der Krüger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Krügerinn, S. Krug. 2. 2).


Krughammer (W3) [Adelung]


Der Krughammer, des -s, plur. die -hämmer, bey den Kupferschmieden, ein Hammer in Gestalt eines Kruges, zum Abhauen, Überhämmern u. s. f.


Krugreif (W3) [Adelung]


Der Krugreif, des -es, plur. die -e, bey den Schlössern, eine Art der Besatzung in den Schlössern, welche in einem Vorstriche bestehet, der in dem Schlosse rund herum gehet, und viel breiter ist als alle andere Arten.


Kruke (W3) [Adelung]


Die Kruke, plur. die -n, S. Krug.


Krullhecht (W3) [Adelung]


Der Krullhecht, S. Krollhecht.


Krume (W3) [Adelung]


1. Die Krume, plur. inus. ein in der Landwirthschaft des Churkreises übliches Wort, wo es von dem jungen Getreide auf dem Felde gebraucht wird, wenn es aufgegangen ist. Bey der ungewöhnlicher Wärme im März fing die Saat an zu leben, oder wie man es nennt, krummen. - Man fand die in die Krume gekommene Kornsaat gelbspitzig. - Bey der kalten Witterung ward keine Krume, viel weniger die geringste Bestaudung bemerket. Es scheinet, daß es eben daselbst auch von der lockern Beschaffenheit des Bodens gebraucht wird. Der Acker bestellte sich sehr klar, und hatte für Weitzenland ungemein viele Krume. In dieser letztern Bedeutung gehöret es augenscheinlich zu dem folgenden Worte, in der erstern aber vermuthlich zu dem in den gemeinen Sprecharten üblichen krimmeln oder kriebeln, welches von der Bewegung vielen kleinen Würmer und Thiere gebraucht wird, ( S. Kriebeln;) oder auch zu dem alten gro, wachsen, S. Grün.


Krume (W3) [Adelung]


2. Die Krume, plur. die -n, Diminut. das Krümchen, oder Krümelchen, Oberd. Krümlein, zusammen gezogen Krümel, ein Wort, welches in einer doppelten Bedeutung gebraucht wird. 1) Ein kleines aus einem größern durch Zerreiben oder Zerbrechen entstandenes Stück; wo es besonders von solchen kleinen zerriebenen Stückchen des weichern Theiles des Brotes gebraucht wird; die Brocken, Brosamen, Brotkrumen, Semmelkrumen. Die Krumen oder Krümchen auflesen. Krümlein sind auch Brot. Im gemeinen Leben wird es in Diminut. auch für ein Bißchen, sehr wenig, gebraucht. Ein Krümchen Brot. Ein Krümchen Essen. Nicht ein Krümchen, nicht das geringste. Im gemeinen Leben einiger Gegenden ist auch Krumpe, Grumpe, von einem Brocken, von einer großen Krume üblich. 2) Der weichere Theil des Brotes, im Gegensatze der Rinde oder Kruste; als ein Collectivum, ohne Plural und ohne Verkleinerung. Die Krumme essen. Die Rinde von der Krumme schneiden. Bey den Meißnern Brossem, im Oberdeutschen die Schmolle, im Dän. Madsmule, welches zu der Verwandtschaft des Lat. mollis gehöret, aber gewiß nicht aus demselben entlehnet ist, weil in den gemeinen Mundarten molsch, morsch, im Schwed. mjäll und im Engl. mellow gleichfalls weich bedeuten.

Anm. In der ersten Bedeutung im Nieders. Kröme, im Diminut. Krömken, im Angels. Cruma, im Engl. Crum, im Pohln. Kromka. Im Schwed. ist Kram die Fülle, dasjenige, womit eine Speise gefüllet wird, und im mittlern Lat. Crumenia kleine Stückchen Gold. Alle von dem Nieders. cruman, zerreiben, welches mit dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Griech - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - verwandt ist, S. Griebe.


Krümeln (W3) [Adelung]


Krümeln, verb. reg. act. welches das Diminut. des folgenden ist, durch Reiben in Krümel oder kleine Krumen verwandeln, besonders von dem weichern Theile des Brotes, wo es auch absolute gebraucht wird. Es krümelt, sagt man auch, wenn bey starker Kälte ein wenig feiner oder körniger Schnee fällt. Im Nieders. in beyden Fällen krömken, im ersten aber auch krömeln, im Engl. to crumble.


Krümelsauer (W3) [Adelung]


Der Krümelsauer, des -s, plur. inus. bey den Bäckern, derjenige Sauerteig, welcher in trocknen Krümeln aufbehalten wird.


Krumen (W3) [Adelung]


1. Krumen, verb. reg. act. in Krumen, d. i. kleine Brocken verwandeln, besonders von dem Brote. Das Brot in die Suppe krumen, mit den Fingern zerreiben. Nieders. krömen, S. 2. Krume und Krümeln.


Krumen (W3) [Adelung]


2. Krumen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, von der Saat, S. 1. Krume.


Krumm (W3) [Adelung]


Krumm, krümmer, krümmste, adj. et adv. von der geraden Linie abweichend, im Gegensatze dessen, was gerade ist. 1. Überhaupt. Eine krumme Linie, deren Theile der ganzen Linie unähnlich sind, wo nicht alle Theile einerley Richtung haben. Der krumme Lauf eines Flusses. Der Weg geht sehr krumm. Der Baum ist sehr krumm gewachsen. Krummes Stroh, ( S. Krummstroh.) Etwas krumm biegen. Krumm schreiben, im Schreiben keine geraden Zeilen machen. Eine krumme Nase haben. Krumm und gebückt gehen. Krumme Sprünge machen, eigentlich, von den Hasen, welche im Laufen und Springen beständig von der geraden Linie abweichen, und dann auch figürlich, jemanden durch listige Ausflüchte aufhalten, ihn durch unerwartete Ränke zu hintergehen suchen. Krumme Finger machen, gerne stehlen, zum Stehlen geneigt seyn. Mit etwas krumm herum kommen, es durch Umschweife vortragen, nicht gerade zu gehen. Jemanden krumm und lahm schlagen, in den niedrigen Sprecharten. Jemanden krumm schließen lassen, oder ihn krumm zusammen schließen lassen, eine Art des Schließens eines Verbrechers im Verhafte. 2. In engerer Bedeutung, auf eine fehlerhafte Art krumm, von Dingen, welche eigentlich gerade seyn sollen. 1) Eigentlich. Krumme Füße, einen krummen Rücken haben. Krumme Finger, eine krumme Hand haben. 2) Figürlich in verschiedenen R. R. für unerlaubt, unrecht. Das Krumme gerade machen, das Unrecht als Recht vertheidigen. Krumm Sachen kundter machen schlecht, Theuerd, Kap. 81. Daher ränkvolle und gewissenlose Sachwalter im gemeinen Leben oft Krummmacher genannt werden. Krume Wege, Richt. 5, 6; Ps. 125, 5, ein lasterhafter Wandel. In einem andern Verstande heißt krumme Gänge gehen, mit Ränken umgehen, ränkvoll handeln. Die so Tag als Nacht auf krumme Ränke dichten, Günth. auf listige unerlaubte Ränke.

Anm. Im Isidor crumb, bey dem Ottfried krumb, bey dem Notker chrumpf und chrumb, im Nieders. gleichfalls krumm, im Angels. crumm und cramp, im Engl. crump, wo auch Crome ein Haken ist, im Schwed. krum, im Walls. crwmm, bey den Krainerischen Wenden hrom, im Finnländ. ky maerae, im. Lat. camurus und curvus. Es gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Krampf, krimpen, schrumpfen, Krücke, und vieler anderer, welche insgesammt eine von der geraden Richtung abweichende Richtung bezeichnen. Von dem Nahmen der krummen Mittwoche, S. Grün 2. 5).


Krummbeinig (W3) [Adelung]


Krummbeinig, -er, -ste, adj. et adv. krumme Beine, oder Füße haben; in Baiern scheelhexed, von scheel, krumm, und Hächse, das Bein. Einen Menschen mit krummen Beinen pflegt man auch in der niedrigen Sprechart einen Krummbein zu nennen.


Krummdarm (W3) [Adelung]


Der Krummdarm, des -es, plur. die -därme, in der Anatomie, einer der dünnern Därme, welcher unter allen der längste ist, viele Krümmen macht, und von dem Nabel bis zum untern Schmerbauche geht; Ileum.


Krummdrallig (W3) [Adelung]


Krummdrallig, adj. et adv. welches nur bey den Büchsenmachern üblich ist, krumme Dralle habend. Ein Lauf ist krummdrallig, wenn die Dralle eine krumme Linie vorstellen.


Krümme (W3) [Adelung]


Die Krümme, plur. die -n, 1) Die krumme Beschaffenheit eines Dinges; ohne Plural. Die Krümme einer Linie, des Weges, eines Baches u. s. f. 2) Der krumme oder gebogene Theil eines Dinges; die Krümmung, Nieders. Krumme. Die Krümmen eines Weges, eines Flusses u. s. f. Bey den Jägern wird der kleine Hügel in der Fährte eines Hirsches, welcher auch der Burgstall, der Bühel, das Bürgel heißt, die Krümme, in manchen Gegenden aber auch die Gronne genannt. Ingleichen figürlich. Die verborgenen Krümmen, durch welche sich die Liebe in das Herz einschleicht.


Krummeisen (W3) [Adelung]


Das Krummeisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Böttchern, ein krumm gebogenes Schnitzmesser, die Faßdauben auf der Schneidebank damit auszuziehen, oder auszuschneiden.


Krümmen (W3) [Adelung]


Krümmen, verb. reg. act. krumm machen. Einen Baum, ein Stück Holz krümmen, sie krumm biegen. Einen Hecht krümmen, in den Küchen, dem ausgenommenen Hechte den Schwanz in das Maul stecken, ( S. Krollhecht.) Ein Wurm krümmet sich, wenn er getreten wird, windet sich vor Schmerzen. Sich vor jemanden krümmen, sich vor ihm demüthigen, sich vor ihm schmiegen und biegen. Und stehst, wie sich der Stolz Der Tyranney im blut'gen Staube krümmt, Weiße. Das Recht krümmen, es beugen, von den Richtern den Schuldigen begünstigen, und den Unschuldigen unterdrücken. Soll Gott ungerecht richten und der Höchste die Gerechtigkeit krümmen? Hiob, 8, 3, nach Michael. Übersetzung. Daher die Krümmung, nicht nur die Handlung des Krümmens, sondern auch ein krummer Theil eines Dinges.


Krummgefäß (W3) [Adelung]


Das Krummgefäß, des -es, plur. die -e, bey den Böttchern, eine Benennung aller bauchigen hölzernen Gefäße.


Krummhals (W3) [Adelung]


Der Krummhals, des -es, plur. die -hälse, im Bergbaue, eine Benennung der Häuer in den Schieferflötzen, weil sie in den engen Flötzen krumm liegend arbeiten müssen, und daher gemeiniglich krumme Hälse haben. Ein solches Schieferflötz wird daher auch ein Krummhälserflötz und verderbt ein Krummhölzerflötz genannt.


Krummholz (W3) [Adelung]


Das Krummholz, des -es, plur. die -hölzer, eine Benennung verschiedener krumm gewachsener oder krumm gebogener Stücken Holz. An den Schiffen verbinden die Krummhölzer die Glieder mit den Querbalken. Bey den Wagnern wird ein Gesell, welcher auf der Wanderschaft begriffen ist, ein Krummholz genannt.


Krummholzbaum (W3) [Adelung]


Der Krummholzbaum, des -es, plur. die -bäume, eine Art des Kienbaumes, oder Föhrenbaumes, welcher auf den Alpen, auf dem Karpathischen Gebirge und in Tirol wächset, und sehr niedrig bleibt, indem die Zweige auf der Erde fortwachsen und sich krumm in einander schlingen; Pinus montana L. kleine Alpenkiefer, Zunderbaum, Lackholz, Löwenfohre, Dosenbaum, Grünholz, Kothfohre, Felsenfohre. Von diesem Baume kommt das bekannte Krummholzöhl. S. Fichte, Anm.


Krummhorn (W3) [Adelung]


Das Krummhorn, des -es, plur. die -hörner, in dem Orgelbaue, eine Art eines Registers in den Orgeln, wo das Wort, dem Frisch zu Folge, aus dem Franz. Cormorne verderbt seyn soll. Da indessen Krummhorn ehedem auch eine Posaune bedeutete, so ist es mit mehrerm Rechte davon abzuleiten.


Krummlinig (W3) [Adelung]


Krummlinig, adj. et adv. krumme Linien habend, aus krummen Linien bestehend. Eine krummlinige Figur, in der Geometrie, im Gegensatze einer geradlinigen.


Krummmacher (W3) [Adelung]


Der Krummmacher, des -s, plur. ut nom. sing. siehe Krumm 2.


Krummofen (W3) [Adelung]


Der Krummofen, des -s, plur. -öfen, in dem Hüttenbaue, eine an den meisten Orten veraltete Art der Schmelz- öfen, welche durch den hohen Ofen verdränget worden, der fast um die Hälfte höher ist, als der krumme.


Krummruthe (W3) [Adelung]


Die Krummruthe, plur. die -n, bey den Vogelstellern, eine starke Stange mit drey Windleinen, dem Schirme gegen über. Auch in dem Jagdwesen, eine starke Stellstange, welche in dem Laufe an das Zeug gestellet wird, wo dasselbe gebrochen, oder in die Rundung gebracht werden soll.


Krumms (W3) [Adelung]


Der Krumms, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein starkes mit Löchern versehenes Eisen, welches in der Mitte einen mit einem Loche versehenen Arm hat. Es wird mit Schrauben an den Kunststangen befestiget.


Krummschnabel (W3) [Adelung]


Der Krummschnabel, des -s, plur. die -schnäbel, siehe Kreuzvogel.


Krummstab (W3) [Adelung]


Der Krummstab, des -es, plur. die -stäbe, der krumme, d. i. an einem Ende gekrümmte Stab, welcher schon von den ältesten Zeiten her ein sinnbildliches Zeichen der bischöflichen und äbtlichen Würde ist. Im mittlern Lat. Crocca, Crocea, im Franz. Crosse, ( S. Krücke.) Figürlich auch wohl die bischöfliche Gewalt, die bischöfliche oder geistliche Oberherrschaft, doch nur in der sprichwörtlichen R. A. unter dem Krummstabe ist gut wohnen. Lehen, welche von Stiftern und Klöstern verliehen werden, werden daher auch Krummstabslehen und krummstäbische Lehen genannt.


Krummstampfer (W3) [Adelung]


Der Krummstampfer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Hutmachern, eine viereckige messingene Platte, welche in der Länge etwas zusammen gerollet und am untern Rande rund ausgeschnitten ist, das Formband, um den auf die Form gebundenen Hut damit nach unten hin zu stampfen oder zu stoßen, Französ. le Choc; zum Unterschiede von dem geraden Plattstampfer.


Krummstroh (W3) [Adelung]


Das Krummstroh, des -es, plur. car. in der Landwirthschaft, alles krumm gebogene Futter- oder Streustroh, dessen Halme zerknickt und ohne Ordnung unter einander liegen, Wirrstroh, Nieders. Waakstroh; zum Unterschiede von dem Langstrohe oder Schüttenstrohe.


Krummzapfen (W3) [Adelung]


Der Krummzapfen, des -s, plur. ut nom. sing. ein krummer Zapfen. Besonders an dem Wasserrade ein eiserner krumm gebogener Zapfen, welcher einem Haspelhorne gleicht, und mit der Radewelle umläuft; der Werbel oder Wirbel.


Krümpen (W3) [Adelung]


Krümpen, S. Krimpen.


Krünitz (W3) [Adelung]


Der Krünitz, ein Vogel, S. Grünitz.


Krüppel (W3) [Adelung]


Der Krüppel, des -s, plur. ut nom. sing. ein gebrechlicher Mensch, dessen Glieder entweder von Natur oder durch einen Zufall, lahm, oder auf andere Art unbrauchbar sind. Zum Krüppel werden.

Anm. Im Nieders. Kröpel, im Eng. Cripple, im Wallis. Crupl, im Schwed. Krympling, welches zunächst von krimpen, zusammen ziehen, abstammet, und eigentlich einen von dem Krampfe, der Gicht oder dem Schlage an seinen Gliedern gelähmten Menschen ausdruckt, welche Ableitung auch unter Krüppel leidet, welches aber auch von dem Nieders. krupen, kriechen, abstammen kann, so das es zunächst die armselige Art ausdruckt, mit welcher sich ein solcher Mensch forthilft. Im Nieders. ist kröpeln langsam und mit Mühe fortkommen, auch im figürlichen Verstande, einen unterbrochenen schlechten Fortgang haben; im Baierischen aber krüppeln, zerkrüppeln, zerdrücken, Nieders. krünkeln, und bey dem Hans Sachs krüplen verstümmeln, bey dem Ottfried krumben, woraus zugleich die Verwandtschaft mit dem Worte krumm erhellet.


Krüppelig (W3) [Adelung]


Krüppelig, -er, -ste, adj. et adv. lahm an Gliedern, gebrechlich. Krüppelig seyn. Ein krüppeliger Mensch.


Kruspel (W3) [Adelung]


Der Kruspel, S. Knorpel.


Kruste (W3) [Adelung]


Die Kruste, plur. die -n, die harte, trockene Rinde eines weichern Körpers. Die Kruste von einem Ausschlage, die Rinde; im gemeinen Leben der Schorf, im Oberd. der Ruf. In engerer Bedeutung, die Rinde des Brotes, im Gegensatze der Krume. Die Oberkruste, die obere Rinde, die Unterkruste, die untere Rinde.

Anm. Bey dem Ottfried Krusta, Gikruste, im Nieders. mit versetztem r Korste, Koste, im Böhm. Kura, Kus, im Ital. Crosta, im Franz. Croute, im Engl. Crust. Das Lat. Crusta kommt völlig damit überein, ohne doch das nächste Stammwort, wenigstens des Deutschen Wortes zu seyn. Es ahmet das Geräusch nach, welches das Zerbeißen der trocknen harten Rinde verursacht, daher auch der Knorpel, welcher im Oberdeutschen um eben dieser Ursache willen Kruspel heißt, in einigen alten Mundarten Krustel, Angels. Cristle, Böhm. Chrustacza, genannt wird.


Krustig (W3) [Adelung]


Krustig, adj. et adv. eine Kruste, und in engerer Bedeutung, viele Kruste habend.


Krütze (W3) [Adelung]


Die Krütze, plur. die -n, im Bergbaue, eine große breite Kratze oder Krücke mit einem eisernen Stiele, das geröstete Erz damit aus dem Ofen zu ziehen. Es gehöret zu dem Worte Kratze oder Krücke.


Krutzschchen (W3) [Adelung]


Das Krutzschchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in der Lausitz übliches Wort, ein Stückchen Feldes oder Landes, welches eine Ecke oder Spitze ausmacht, zu bezeichnen, ein Zwickel, Keil oder Ecke. Es ist das Wendische Kruschka, ein Stückchen, welches zunächst von Kruch, ein Stück, und kraju, abschneiden, abstammet, aber doch seine Verwandtschaft mit Gries, Graus, Grütze, 1. Kraut, 1. kreisen u. s. f. nicht verläugnen kann.


Kübe (W3) [Adelung]


Die Kübe, plur. die -n, bey den Tuchmachern, ein aufgerichteter Haspel, welcher oben und unten im Zimmer auf eisernen Zapfen in seinen Pfannen ruhet, und zum Aufzuge dienet. Die Zeugmacher nennen ihn den Scherrahmen. Es ist von der Siebe nur in der Aussprache unterschieden. S. dieses Wort.


Kübel (W3) [Adelung]


Der Kübel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Kübelchen, Oberd. Kübellein, ein hölzernes rundes Gefäß von verschiedener, gemeiniglich mittlerer Größe, welches oben offen ist, und dessen Durchmesser größer ist, als die Höhe. Zuweilen ist es oben weiter, zuweilen aber auch enger als unten. Die Kübel im Bergbaue, oder Bergkübel, worin Erz und Berge, d. i. Schutt, aus den Bergwerken gezogen wird, sind von verschiedener, zuweilen aber auch von bestimmter Größe, in welchem letztern Falle sie zu gleich zu einem Maße dienen. So hält in den Zinnbergwerken, ein Kübel Zinnstein drey Kannen oder Zentner. In den Gärten hat man Kübel, woran die ausländischen Bäume gesetzet werden, da man denn auch wohl große thönerne Äsche zuweilen Kübel zu nennen pflegt. In der Haushaltung hat man Kübel verschiedener Art. Der Melkkübel dienet, die Kühe darein zu melken. An einigen Orten wird auch das Butterfaß der Rührkübel genannt. In einigen Gegenden hat man auch viereckte Kübel; z. B. in den Barnthischen Schmelzhütten, wo der Kübel, so fern er ein Kohlenmaß ist, ein Kasten von Bretern ist, welcher 1 1/2 Ellen hoch, 1 3/4 Ellen lang und 1 Elle 9 Zoll breit ist, und drey Dresdner Scheffel hält.

Anm. Im Nieders. Küven, im Angels. Cyfe, im Engl. Keeve, Kive, im mittlern Lat. Caupus, Cubellus, Cubella, Cubellum, Cunella, im Böhm. Kywle, im Pohln. Kubel. Es ist mit Küfe und Küpe genau verwandt, und gehöret mit denselben zu dem zahlreichen Geschlechte des Wortes Kaue. ( S. dasselbe.) Die Endung -el scheinet hier eine Verkleinerung zu bezeichnen, weil es sonst ungewissen Geschlechtes seyn müßte, sondern ein Ding, ein Subject, so daß Kübel eigentlich ein hohles Gefäß bedeutet. S. auch Zuber, welches gleichfalls damit verwandt ist.


Kübelharz (W3) [Adelung]


Das Kübelharz, des -es, plur. inus. weiches, dick gekochtes Harz, welches, da es flüssig war, in einem Kübel gegossen worden, und von den Wundärzten zu Pflas=tern gebraucht wird.


Kübler (W3) [Adelung]


Der Kübler, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein Nahme der gemeinen Faßbinder oder Böttcher, zum Unterschiede von den Küfern, welche nur mit Weingefäßen umgehen.


Kubik-Linie (W3) [Adelung]


Die Kubik-Linie, plur. die -n, ein Würfel, welcher eine Linie lang, breit und hoch ist, und in der Geometrie zum Maße der Körper gebraucht wird. Ein solcher Würfel, welcher in allen seinen Messungen einen Zoll hält, wird ein Kubik-Zoll genannt. So auch der Kubik-Fuß, oder Kubik-Schuh, die Kubik-Ruthe, Kubik-Meile u. s. f. Ein solches Maß, wornach der Inhalt der Körper gemessen wird, heißt das Kubik- oder Körper-Maß, zum Unterschiede von dem Quadrat- oder Flächen-Maße, und von dem Linien-Maße. Aus dem Lat. cubicus, und dies von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Würfel.


Kubik-Wurzel (W3) [Adelung]


Die Kubik-Wurzel, plur. die -n, in der Rechenkunst, die Wurzel einer kubischer Zahl oder Kubik-Zahl, d. i. eine Zahl, welche erwächset, wenn man eine andere Zahl erst mit sich selbst, und dieses Product wieder mit demselben multipliciret. Z. B. von der Kubik-Zahl 216 ist die Kubik-Wurzel 6, weil sie mit sich selbst multipliciret 36, und diese Zahl wiederum mit 6 multipliciret 216 gibt.


Küche (W3) [Adelung]


Die Küche, plur. die -n, Diminut. Küchlein. 1. Überhaupt, der Ort, wo gekocht wird. In diesem Verstande pflegen die Wollfärber die Tiefe, zu welcher man auf einer Treppe gegen die Ofenlöcher hinab steiget, die Küche zu nennen. 2. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, dasjenige Gemach, in welchem die Speisen gekocht oder zubereitet werden. 1) Eigentlich. Eine große, helle, kleine Küche. Die Hofküche, Garküche, Feldküche, Schiffsküche u. s. f. 2) Figürlich. (a) Die Zubereitung der Speisen, und alles was dazu gehöret.; doch nur in einigen R. A. Die Küche versehen, die Zubereitung der Speisen besorgen. Die Küche verstehen, die Zubereitung der Speisen. Die Küche bestellen, die Speisen so wohl anordnen, als auch zubereiten. Jemanden über die Küche setzen. (b) Die Speisen selbst; doch nur in der R. A. kalte Küche, kalte Speisen. (c) Im Scherze wird die Grube eines Abdeckers die Feldküche genannt. + Du wirst in des Teufels Küche kommen, du wirst zu einem schweren Verantwortung gezogen werden.

Anm. In den Monseeischen Glossen Chuhhino, im Oberd. die Kuchen und die Kuchel, im Nieders. Köke, im mittlern Lat. Cocina, Cochia, Chochia, im Ital. Cucina, im Franz. Cuisine, im Dän. Kiokken, im Schwed. Kök, im Angelsächs. Cycene, im Engl Kitchen, im Pohln. Kuchnia, im Böhm. Kuchyne; alle von kochen, Lat. coquere.


Kuchen (W3) [Adelung]


Der Kuchen, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. Küchelchen, Oberd. Küchlein; eine jede schmackhafte von Mehl, Butter, Eyer u. s. f. gebackene Speise, welche gemeiniglich eine flache und runde oder ablange Gestalt hat. 1. Eigentlich. Kuchen backen. Aschkuchen, Eyerkuchen, Brotkuchen, Eisenkuchen, Kirschkuchen, Pfannkuchen, Pfefferkuchen, Spritz- kuchen, Sternküchlein u. s. f. Kuchen ist ein allgemeiner Geschlechtsnahme, welcher allem Backwerke, welches nicht Brot oder Semmel und Zuckerwerk ist, beygeleget wird. In vielen Fällen bekommen die Kuchen besondere Nahmen. So werden sehr dünne und flache Kuchen in vielen Gegenden Fladen genannt, anderer besonderer Nahmen zu geschweigen. 2. Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit mit der flachen runden oder länglichen runden Gestalt, der gewöhnlichsten oder doch wenigstens ältesten Gestalt der Kuchen. 1) Die durch die Presse zusammen gebackenen leeren Hülsen der ausgepreßten Weinbeeren, Mandeln, Quitten, des Leines, Haufes, Rübsens u. s. f. 2) In den Schmelzhütten werden die geschmolzenen Erzmassen, so fern sie gleichfalls diese Gestalt haben, Kuchen und Erzkuchen genannt. 3) Die Wachsscheiben in den Bienenstöcken hießen in manchen Gegenden gleichfalls Kuchen. In andern werden die Waben, das Roß, Gehren, Tafeln, Mahrten u. s. f. genannt. 4) In den Glashütten sind die Kuchen thönerne Stöpsel, die Luftlöcher des Glasofens damit zuzusetzen.

Anm. Im Nieders. Koke, im Engl. Cake, im Wallis. Caccen, im Dän. Kage, im Schwed. Kaka, im Arab. Caac, im Syr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Vermuthlich von kochen, so fern es ehedem auch backen bedeutete; oder auch von der rundlichen dicken Gestalt, da es denn mit Kogel, Kegel, Kugel, Gugel, u. s. f. verwandt seyn würde.


Küchen (W3) [Adelung]


Das Küchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Küchlein.


Küchenamt (W3) [Adelung]


Das Küchenamt, des -es, plur. die -ämter. 1) Ein Amt, welches jemand bey der Küche eines vornehmen Herren bekleidet, dergleichen das Amt des Küchenmeisters, Küchenschreibers u. s. f. sind. 2) ( S. Holzküche.) 3) In verschiedenen Provinzen werden auch gewisse Kammerämter, deren Ertrag für die Küche oder Tafel bestimmt ist, Küchenämter genannt. Dergleichen ist in dem Stifte Merseburg das Küchenamt, oder das Amt Merseburg, zu welchem außer der Stadt Merseburg über 50 Dorfschaften gehören.


Kuchenbäcker (W3) [Adelung]


Der Kuchenbäcker, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kuchenbäckerinn, ein Bäcker, welcher nur allein oder doch vornehmlich Kuchen bäckt, zum Unterschiede von einem Brot- oder Semmelbäcker; im Oberd. der Küchler.


Küchenbediente (W3) [Adelung]


Der Küchenbediente, des -n, plur. die -n, ein jeder, welcher eine Bedienung bey oder in einer ansehnlichen Küche bekleidet, dergleichen der Kuchenmeister, der Küchenschreiber, der Speisemeister, der Mundkoch, der Unterkoch u. s. f. sind.


Küchendorf (W3) [Adelung]


Das Küchendorf, der -es, plur. die -dörfer, in einigen Gegenden, ein Dorf, dessen Ertrag für die herrschaftliche Küche bestimmt ist, oder deren Einwohner in die herrschaftliche Küche frohnen müssen. Zu dieser letztern Art gehören die fünf churfürstlichen Malnzischen Küchendörfer bey Erfurt, welche dem vor diesem daselbst gestifteten Bisthume untergeben wurden.


Kucheneisen (W3) [Adelung]


Das Kucheneisen, des -s, plur. ut nom. sing. eine eiserne Form in Gestalt einer breiten Zange, die dünnen viereckigen Eisenkuchen darin zu backen.


Küchengeräth (W3) [Adelung]


Das Küchengeräth, des -es, plur. inus. oder die Küchengeräthe, sing. inus. ein Collectivum, alles in der Küche nöthige Geräth zu bezeichnen.


Küchengewächs (W3) [Adelung]


Das Küchengewächs, des -es, plur. die -e, Gewächse, welche in der Küche gebraucht werden, oder dem Menschen zur Nahrung dienen; Küchenkräuter.


Küchengewölbe (W3) [Adelung]


Das Küchengewölbe, des -s, plur. ut nom. sing. das an einer Küche befindliche gewölbte Gemach, zur Aufbehaltung der Speisen; das Speisegewölbe.


Küchenherd (W3) [Adelung]


Der Küchenherd, des -es, plur. die -e, der Herd in einer Küche; zum Unterschiede von einem Ofenherde, Vogelherde und so ferner.


Küchenjunge (W3) [Adelung]


Der Küchenjunge, des -n, plur. die -n, ein Junge oder Knabe, welcher die niedrigsten Dienste in einer Küche verrichtet; in der anständigern Sprechart der Küchenknabe.


Küchenkraut (W3) [Adelung]


Das Küchenkraut, des -es, plur. die -kräuter, siehe Küchengewächs.


Küchen-Latein (W3) [Adelung]


Das Küchen-Latein, des -es, plur. inus. im Scherze, unreines barbarisches Latein, vermuthlich so fern es ehedem in den Küchen der Klöster auf diese Art gesprochen wurde.


Küchenluke (W3) [Adelung]


Die Küchenluke, plur. die -n, auf den Schiffen, eine Luke, d. i. Öffnung, im Verdeck, zwischen dem Besanmaste und großen Maste, durch welche man in die Bottlerey steigt.


Küchenmagd (W3) [Adelung]


Die Küchenmagd, plur. die -mägde, eine Magd, welche in einer Küche die geringern Dienste leistet.


Küchenmaß (W3) [Adelung]


Das Küchenmaß, des -es, plur. die -e, ein in Leipzig übliches Maß des Mehles, besonders des feinem Weizenmehles, dessen 32 einen Leipziger Scheffel, 8 ein Viertel oder Sippmaß, und 2 eine Metze machen.


Kuchenmeister (W3) [Adelung]


Der Kuchenmeister, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher in großen Küchen die oberste Aufsicht über die Küche und Küchenbedienten hat, an fürstlichen Höfen unter dem Hofmarschalle stehet, und zuweilen noch einen Oberküchenmeister über sich hat.


Küchenmesser (W3) [Adelung]


Das Küchenmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein starkes, langes, scharfes Messer, so wie es in der Küche zum Zerschneiden des Fleisches gebraucht wird.


Küchenmuschel (W3) [Adelung]


Die Küchenmuschel, plur. die -n, die gemeine Muschel mit violetter Schale, welche in vielen Gegenden gegessen, und nur Muschel schlechthin genannt wird; Mytilus L.


Küchensalz (W3) [Adelung]


Das Küchensalz, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, dasjenige Mittelsalz dessen man sich in den Küchen zu Würzung der Speisen bedienet, und welches auch Kochsalz genannt wird. In engerer Bedeutung führet dasjenige Salz diesen Nahmen, welches aus dem Wasser der Salzquellen gesotten wird; zum Unterschiede von dem Steinsalze.


Küchenschaf (W3) [Adelung]


Das Küchenschaf, des -es, plur. die -schäfte, ein Nahme, welcher denjenigen Schafen gegeben wird, welche eine Gutsherrschaft zum Berufe ihrer Küche hält, und welche von der Dorfshirten zugleich mit ausgetrieben werden, so das sie keine eigentliche Schäferey ausmachen. Sie werden auch Stechschafe, ingleichen Stechhaufen genannt, weil sie zum Abstechen oder Schlachten bestimmt sind.


Kuchenschieber (W3) [Adelung]


Der Kuchenschieber, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Bäckern, ein Schieber, die Kuchen damit in den Ofen zu schieben.


Küchenschilling (W3) [Adelung]


Der Küchenschilling, des -es, plur. die -e, an den Höfen, eine Strafe der Pagen, da sie von einem Küchenbedien- ten einen feyerlichen Produkt auf den Hintern bekommen. Siehe Schilling.


Küchenschreiber (W3) [Adelung]


Der Küchenschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. in großen Küchen, ein Küchenbedienter, welcher die Rechnungen über das zum Behuf der Küche ausgegebene Geld führet.


Küchenschwalbe (W3) [Adelung]


Die Küchenschwalbe, plur. die -n, ein Nahme der gemeinen Rauch- oder Bauernschwalbe, weil sie gern in den Küchen der Landleute bauet; Hirundo rustica Klein.


Küchenschwamm (W3) [Adelung]


Der Küchenschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine allgemeine Bedeutung aller eßbaren Schwämme, zum Unterschiede von den wilden oder nicht eßbaren.


Küchenschwein (W3) [Adelung]


Das Küchenschwein, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, Schweine, welche zum Behuf der Küche, oder der Haushaltung gemästet, und also nicht so fett gemacht werden, als die so genannten Speckschweine. Sie werden auch Schlichtschweine genannt.


Kuchenspritze (W3) [Adelung]


Die Kuchenspritze, plur. die -n, eine Spritze zur Verfertigung der Spritzkuchen.


Kuchenteig (W3) [Adelung]


Der Kuchenteig, des -es, plur. inus. Teig, aus welchem Kuchen gebacken werden, der zur Kuchen bestimmte Teig.


Küchenwagen (W3) [Adelung]


Der Küchenwagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wagen, auf welchem allerley zur Küche gehöriger Vorrath geführet wird.


Küchenzettel (W3) [Adelung]


Der Küchenzettel, des -s, plur. ut nom. sing. ein schriftliches Verzeichniß der Speisen, welche bey einer Mahlzeit auf die Tafel getragen werden sollen.


Küchlein (W3) [Adelung]


1. Das Küchlein, das Oberdeutsche Diminut. von Kuchen, siehe dieses Wort.


Küchlein (W3) [Adelung]


2. Das Küchlein, das Oberdeutsche Diminut. von Küche, siehe dieses Wort.


Küchlein (W3) [Adelung]


3. Das Küchlein, des -s, plur. ut nom. sing. die Jungen Hühnergeschlechtes, so lange sie noch nicht die gewöhnlichen Federn haben, da sie junge Hühner genannt werden. Zuweilen werden auch die jungen Gänse, so lange sie noch nicht Federn haben, Gänseküchlein genannt. Das Stammwort Kuchen, von welchem dieses das Diminutivum hat, ist noch im gemeinen Leben vieler Gegenden üblich. Im Niedersächsischen lautet es Kiken oder Küken, im Angels. Cicen, im Engl. Chicken, im Schwed. Kyckling, im Dän. Kylling. Frisch leitet es von quick, lebendig, und dem veralteten erkucken, ausbrüten, her, Wachter aber von dem Angels. Coc, Engl. Cock, ein Hahn, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wo - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - auch ein Huhn bedeutet. Notker gebraucht dafür Huonichlin, als das Diminutivum von Huhn. In dem 1523 zu Basel gedruckten neuen Testamente Lutheri wird Küchlin als ein unverständliches Wort durch Hüncklen, junge Hünlin, erkläret.


Kucken (W3) [Adelung]


Kucken, S. Gucken.


Kuder (W3) [Adelung]


Der Kuder, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, der Kater der wilden Katzen, ein mit Kater genau verwandtes, wo nicht daraus verderbtes Wort. In einigen Gegenden wird auch der edle Marder oder Steinmarder Kuder genannt.


Kudern (W3) [Adelung]


Kudern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das Knarren des Birkhahnes nachahmet, und auch von den Jägern von dessen Stimme gebraucht wird. Der Birkhahn, kudert. Andere sagen dafür rudern.


Küdick (W3) [Adelung]


Der Küdick, des -es, plur. inus. eine in Niedersachsen übliche Benennung des Ackerkohles, Sinapis arvensi L. wofür andere Kidick sprechen.


Kufe (W3) [Adelung]


1. Die Kufe, plur. die -n, Diminut. das Küfchen, Oberd. Küflein, die an einem Ende krumm gebogenen oder krumm gehauenen Hölzer, worauf ein Schlitten ruhet, und auf welchen sich derselbe eigentlich beweget; die Schlittenkufen. Zu einem jeden Schlitten gehören zwey Kufen. Es scheinet, daß mit diesem Worte auf die gekrümmte Gestalt gesehen worden, und alsdann würde es zu dem Geschlechte des folgenden gehören, weil die Begriffe der Krümme und der Höhlung sehr genau mit einander verwandt sind. Indessen könnte auch das Zeitwort schieben in Betrachtung kommen, welches ohne Zischlaut chieben oder kieben lautet, und ehedem auch gleiten bedeutet haben kann, zumahl da die Schlittenkufen im Niedersächsischen auf ähnliche Art Slittern genannt werden, von sliddern, auf dem Eise schleifen oder gleiten.


Kufe (W3) [Adelung]


2. Die Kufe, plur. die -n, Diminut. das Küfchen, Oberd. Küflein, ein Wort, welches überhaupt ein hohles Behältniß bedeutet, aber nut von einigen Arten hölzerner Gefäße üblich ist. 1) Ein oben offenes hölzernes Gefäß, welches unten etwas breiter als oben und von verschiedener Größe ist. Die größten Gefäße dieser Art werden bey dem Brauen des Bieres gebraucht, wo sie an vielen Orten auch Bottiche genannt werden. Auch die Bottiche oder großen Zuber, worin der Wein von den Trottknechten getreten wird, heißt in vielen Gegenden eine Kufe. Weit kleiner sind die Beitzkufen der Gärber, und die Feuerkufen, welche an andern Orten auch Sturmfässer heißen, das Wasser zum Löschen in Feuersgefahren damit herbey zu führen. 2) Große Bierfässer, worin das Bier verführet wird, führen an vielen Orten gleichfalls den Nahmen der Kufen, und im Nieders. der Kopen; wo es denn zuweilen zugleich ein bestimmtes Maß ist. Das Merseburgische Bier wird in Kufen verführet und nach Kufen gemessen, und da hält eine Kufe 2 Faß, 4 Viertel oder 10 Schock, d. i. 600 Kannen. Es scheinet, daß in einigen Oberdeutschen Gegenden kleinere Maßen dieser Art üblich seyn müssen; denn Frisch führet aus dem Hund eine Stelle an, aus welcher erhellet, daß im Österreichischen und Passauischen die Kufe, ehedem ein gewisses Salzmaß gewesen. Anm. In Nieders. Kope und Kupe, im Franz. Cuve, im Pohl. Cuva, im mittlern Lat. Cupa, Cuva, Caupus. Es bedeutet überhaupt ein hohles Gefäß, und noch jetzt bedeutet das Beywort cupo im Ital. tief als eine Schüssel. In Renners Niedersächsischen Chronik ist Kope eine Höhle, und in einigen Niedersächsischen Gegenden bedeutet Küffe ein geringes Haus, ein Koth, und Küfner Kothsassen. Im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Grube, im Alban. Kupa und im Wallach. Skapha, ein Kelch, Kjup aber ein Gefäß mit einem Henkel, hundert anderer Wörter dieser Art zu geschweigen. S. Kübel, Küpe, Kopf, Köpf, Kober, Koffer, Kaue, Schafs, Scheffel, u. s. f. welche insgesamt damit verwandt sind.


Kufenbier (W3) [Adelung]


Das Kufenbier, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, in einigen Gegenden, starkes Bier, welches in Kufen oder in großen Fässern aufbehalten wird; Lagerbier, Märzbier, weil es gemeiniglich im März gebrauet wird.


Küfer (W3) [Adelung]


Der Küfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Faßbinder oder Böttcher, welche sich nur allein mit Kufen und andern großen Gefäßen, und besonders mit Weingefäßen abgeben, und daher auch Küfner, Großbinder und Schwarzbinder, genannt werden, zum Unterschiede von den Kleinbindern, Küblern, Weißbindern oder Rothbindern, welches die gemeinen Faßbinder aber Böttcher sind. Da die Küfer zugleich die ganze Weinwirthschaft und Behandlung des Weines verstehen müssen, Weinwirthschaft und Behandlung des Weines verstehen müssen, so dienen sie oft in großen Kellereyen und Weinhäusern, in welchen letztern sie zugleich den Gästen aufwarten, und im gemeinen Leben gemeiniglich Kieper und Küper genannt werden, von dem Nieders. Küpe, eine Kufe. In weiterer Bedeutung pflegt man in Obersachsen und im Oberdeutschen oft einen jeden Auf- wärter in einem Gast- oder Weinhause Küper zu nennen, wenn er gleich nicht einmahl ein gelernter Küfer ist. Im Nieders. Küper, im Engl. Cooper, im mittlern Lat. Cuparius, Cupifer, im Schwed. Kypare.


Kuff (W3) [Adelung]


Das Kuff, des -es, plur. die -e, in Niedersachsen, eine Art Schiffe, welche den Schmacken ähnlich ist, und auch Kuffschiff genannt wird. Das Wort gehöret gleichfalls zu dem Geschlechte des Wortes Kufe, und schon bey dem Hesychius bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eine Art Schiffe.


Kuffer (W3) [Adelung]


Der Kuffer, S. Koffer.


Küfner (W3) [Adelung]


Der Küfner, S. Küfer, ingleichen Kufe, Anm.


Kugel (W3) [Adelung]


Die Kugel, plur. die -n, Diminut. das Kügelchen, Oberd. Kügellein, ein jeder vollkommen oder fast vollkommen runder Körper, d. i. ein Körper, in dessen äußern Fläche alle Puncte gleich weit von dem Mittelpuncte abstehen, ohne Unterschied seiner Größe oder Materie. Die Kugeln, welche aus den Feuergewehren geschossen werden. Die Kugel zum Kegelspiele, welche auch die Boßkugel oder Boßel genannt wird. Kugeln wechseln, sich mit Pistolen duellieren. Zwischen Kugel und Kegel kommen, im gemeinen Leben, zwischen Thür und Angel, zwischen zwey Verlegenheiten. Die Erdkugel, Feuerkugel, Drahtkugel, Biesamkugel, Fleckkugel, Flintenkugel u. s. f. Die halbe Kugel oder Halbkugel, der halbe Theil einer Kugel. In der Anatomie so wohl als im gemeinen Leben wird das Haupt des Arm- und Schenkelbeines, weil es einen Theil einer Kugel vorstellt, die Kugel genannt. Sich den Arm aus der Kugel fallen, das Schulterbein oder Armbein verrenken. In der Naturgeschichte ist die Kugel eine Art einer Thierpflanze, welches aus eine Kugel ohne Glieder und sinnliche Bewegungswerkzeuge bestehet, und doch eine willkürliche Bewegung hat; Volvox L. In den Gewehrfabriken ist die Kugel ein eiserner Cylinder, welcher so dick ist als die Kugel, die aus dem Gewehre geschossen werden soll, und auf den Böhrmühlen zum Maße der Seele eines Laufes dienet.

Anm. In den gemeinen Mundarten nur Kaul, im Schwed. Kula, im Böhm. Kaule, im Pohln. Kula, woraus durch Einschiebung des Gaumenlautes Kugel geworden. Es ist nicht, wie Frisch behauptet, aus Globus verderbt, sondern stammet von kollern, kullern, ab, welches den Schall ausdruckt, den ein runder Körper macht, wenn er auf der Ebene fortrollet. S. Kollern.


Kugelarmbrust (W3) [Adelung]


Die Kugelarmbrust, plur. die -brüste, eine Armbrust, mit welcher Kugeln geschossen werden, und welche auch ein Palester, oder Balester, und Kugelschnepper heißt.


Kugelbak (W3) [Adelung]


Das Kugelbak, des -es, plur. die -e, auf den Schiffen, ein Bak oder ein gefaßter Ort auf dem Verdecke, wo die Kanonenkugeln liegen.


Kugelbahn (W3) [Adelung]


Die Kugelbahn, plur. die -en, bey dem Kegelspiele, der ebene lange Platz, auf welchem die Kugel zu den Kegeln läuft; im gemeinen Leben das Kugelleich, ( S. Leich,) sonst auch die Kegelbahn.


Kugelblume (W3) [Adelung]


Die Kugelblume, plur. die -n, eine Pflanze, von welcher es verschiedene Arten gibt, welche theils in dem südlichen Europa, theils aber auch in dem südlichen Deutschlande wachsen; Globularia L.


Kugelbüchse (W3) [Adelung]


Die Kugelbüchse, plur. die -n, eine Büchse, d. i. gezogenes Feuergewehr, aus welchem mit Kugeln geschossen wird, zum Unterschiede von einer Schrotbüchse; die Lothbüchse, ehedem die Klotzbüchse, von Klotz, eine Kugel.


Kugeldistel (W3) [Adelung]


Die Kugeldistel, plur. die -n, eine Art Disteln in den wärmern Länder, von welchem eine Art auch in Österreich einheimisch ist; Echinops L.


Kugelerz (W3) [Adelung]


Das Kugelerz, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, im Bergbaue, eine Art silberhaltiger Pechblende, welche an solchen Orten, wo edle Geschicke brechen, in kugelförmiger Gestalt gefunden wird; Argentum Zinco sulphurate mineralisatum.


Kugelfiraus (W3) [Adelung]


Der Kugelfiraus, ein Vogel, S. Kirschvogel.


Kugelform (W3) [Adelung]


Die Kugelform, plur. die -en, eine Form, Kugeln darin zu formen oder zu bilden.


Kugelförmig (W3) [Adelung]


Kugelförmig, -er, -ste, adj. et adv. die Form, d. i. Gestalt, einer Kugel habend.


Kugelfutter (W3) [Adelung]


Das Kugelfutter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, Stücke Barchent, Leinwand, oder dünnes Leder, womit die Kugeln zu den Kugelbüchsen gefuttert werden, und welche auch das Kugelpflas=ter heißen, weil sie mit Talg bestrichen werden.


Kugelgerade (W3) [Adelung]


Kugelgerade, adj. et adv. welches nur von den Feuergewehren üblich ist. Ein Gewehr ist kugelgerade, wenn der Lauf inwendig vollkommen gleich und accurat ausgebohret ist; kugelgleich.


Kugelgewölbe (W3) [Adelung]


Das Kugelgewölbe, des -s, plur. ut nom. sing. ein Gewölbe, welches einer hohlen Halbkugel gleicht, und auch das Kesselgewölbe genannt wird. Die Kuppel ist ein Gewölbe dieser Art.


Kugelgleich (W3) [Adelung]


Kugelgleich, adj. et adv. S. Kugelgerade.


Kugelhaupt (W3) [Adelung]


Das Kugelhaupt, des -es, plur. die -häupter, eine Art Fische, Kaulbars.


Kugelhippe (W3) [Adelung]


* Die Kugelhippe, plur. die -n, eine im Oberdeutschen übliche Benennung desjenigen Gebackenen, welches im Obersachsen ein Aschkuchen oder Topfkuchen genannt wird, wegen der hohen, runden Gestalt, in welcher es einige Ähnlichkeit mit einer Kugel, oder vielmehr mit einer Kogel, einer Art eines Oberdeutschen Kopfputzes, hat. In den gemeinen Mundarten nur Gugelhopfen.


Kugelicht (W3) [Adelung]


Kugelicht, -er, -ste, adj. et adv. einer Kugel ähnlich, rund.


Kugelkasten (W3) [Adelung]


Der Kugelkasten, des -s, plur. ut nom. sing. in den Zeughäusern, ein eingeschlossener Platz, in welchen die Kanonenkugeln gelegt werden, welcher auf den Schiffen das Kugelbak genannt wird.


Kugelknopf (W3) [Adelung]


Der Kugelknopf, des -es, plur. die -knöpfe, bey den Büchsenmachern, ein Werkzeug mit einem Knopfe, welcher mit Feilenhieben versehen ist; die Vertiefungen in der Kugelform damit auszudrehen.


Kugelkreisel (W3) [Adelung]


Der Kugelkreisel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kreisel mit einer hohlen Kugel, welcher im Umlaufe ein brummendes Getöse macht; der Hohlkreisel, Brummkreisel, Heulkreisel.


Kugellack (W3) [Adelung]


Der Kugellack, des -es, plur. inus. ein Lack, d. i. rothe Farbe, in runden mit Kreide versetzten Kugeln, S. Lack.


Kugellehr (W3) [Adelung]


Das Kugellehr, des -es, plur. die -e, in der Geschützkunst, ein Maß, wornach der Durchmesser der Kugeln gemessen wird, und welches in einem eisernen Bleche bestehet, worin die Größe der Kugeln genau ausgeschnitten ist. ( S. Lehr.) Im gemeinen Leben auch Kugelöhr. Die Kugelprobe, im Franz. Passebale, Passeboulet.


Kugelleich (W3) [Adelung]


Das Kugelleich, des -es, plur. die -e, S. Kugelbahn.


Kugeln (W3) [Adelung]


Kugeln, verb. reg. neutr. welches mit beyden Hülfswörtern üblich ist. 1) Mit dem Hülfsworte seyn, in Gestalt einer Kugel fortrollen, von runden oder rundlichen Körpern. Der Stein ist den Berg herab gekugelt. Im gemeinen Leben kollern, im Nieders. kueln, in der anständigen Sprechart auch rollen. 2) Mit dem Hülfsworte haben wird es im gemeinen Leben zuweilen für kegeln, oder Kegel geschrieben gebraucht.


Kugel-Narzisse (W3) [Adelung]


Die Kugel-Narzisse, plur. die -n, eine Art ausländischer Narzissen, deren Blumen eine Kugel vorstellen, und welche von den Gärtnern Girandolo genannt wird.


Kugelprobe (W3) [Adelung]


Die Kugelprobe, plur. die -n, S. Kugellehr.


Kugelrund (W3) [Adelung]


Kugelrund, adj. et adv. so rund wie eine Kugel. Nieders. kurrelrund, von kurreln, kollern, rollen. Daher die Kugelründe, plur. inus. die Eigenschaft eines Körpers, nach welcher er kugelrund ist.


Kugelschnepper (W3) [Adelung]


Der Kugelschnepper, des -s, plur. ut nom. sing. S. Kugelarmbrust.


Kugelwinkel (W3) [Adelung]


Der Kugelwinkel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Trigonometrie, ein krummliniger Winkel, welcher von zwey Zirkelbogen gebildet wird, die sich auf der Fläche einer Kugel durchschneiden; der sphärische Winkel, Angulus sphaericus.


Kugelzieher (W3) [Adelung]


Der Kugelzieher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug mit zwey gebogenen Haken, die Ladung, und besonders die Kugel aus einem Gewehre zu ziehen. Die kleinern zu Flinten und Pistolen werden Krätzer genannt. Die Kugelzieher der Wundärzte, womit sie die Kugeln aus den Wunden ziehen, sind von einen andern Art.


Kugelzirkel (W3) [Adelung]


Der Kugelzirkel, plur. ut nom. sing. in der höhern Geometrie, eine Zirkelfläche, welche entstehet, wenn eine Kugel durchschnitten wird; Circulus sphaerae.


Kuh (W3) [Adelung]


1. Die Kuh, plur. die Kühe, bey den Goldwäschern am Rheine, die ungehobelten Breter, auf welchen der Sand abgewaschen wird. Es scheinet in dieser Bedeutung zu Kaue zu gehören, und einen Verschlag von Bretern zu bezeichnen. S. Kühbrücke.


Kuh (W3) [Adelung]


2. Die Kuh, plur. die Kühe, Diminut. welches aber nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist, das Kühchen, bey den Meißnischen Landleuten Kübechen, im Oberd. Kühlein, das Weibchen des Rindviehes im vollkommenen Alter von dem dritten oder vierten Jahre an, besonders wenn sie schon gekalbet hat. Kühe halten. Die Kühe hüthen. Die Kühe melken. Die Kuh kalbet. + Er steht es an, wie die Kuh das neue Thor, mit dummer Bewunderung. + Die Kuh mit dem Kalbe nehmen, eine Person heiraten, welche bereits ein Kind hat. Die blinde Kuh, ein bekanntes Spiel, besonders der Kinder, wo eines aus der Gesellschaft mit verbundenen Augen ein anderes ergreifen muß. Es hat den Nahmen daher, weil diejenige Person, welcher die Augen verbunden werden, und welche eigentlich die blinde Kuh heißt, dabey wie eine Kuh zu brummen pflegt, daher es auch bey den Griechen und Römern Myinda hieß, womit der Nieders. Nahme Brummunke überein kommt. Im Oberd. heißt dieses Spiel Blinzelmäuschen, oder Blinzelmäusel, im Ital. aber Giuoco de la cieca. Auch das Weibchen des Hirschgeschlechtes wird die Hirschkuh genannt.

Anm. 1. Bey dem Notker Chuo, im Nieders. Ko und im Plural Koje, im Isländ. und Schwed. gleichfalls Ko, im Dän. Koe, im Angels. Cu, im Engl. Cow, im Russischen Kua, bey dem Columella Ceua, im Pers. Ghau, im Malabarischen oder vielmehr Kirendischen Ko. Diese allgemeine Übereinstimmung hätte Frischer und andere Wortforscher auf die Gedanken bringen sollen, daß es nicht von dem Griech - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, trächtig seyn, abstammen könne, sondern von einem allgemeinen in die Sinne fallenden Umstande herrühren müsse. Und dieser ist ohne Zweifel die natürliche und von dem Brüllen noch unterschiedene Stimme dieses Thieres, welches wir durch brummen, die Lateiner durch mugire, die Hebräer aber wirklich durch - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ausdrucken. Um deßwillen wird dieses Wort in verschiedenen Sprachen auch von einem Ochsen gebraucht. Selbst Notker nennt die Ochsen Chuoe; im Albanesischen heißt ein Ochs gleichfalls Ka, im Pers. aber Gao. Anm. 2. Der Nahme Kuh kommt diesem Thiere erst im dritten Jahre oder vollkommenen Alter zu. Im ersten Jahre heißt es ein Kuhkalb, Färsenkalb oder Moschenkalb, im zweyten Jahre in Obersachsen eine Färse, Mosche, Kalbe, und mit vorgesetztem Zischlaute Schälbe, in Niedersachsen aber Stärke und Quine, Schwed. Quiga, ( S. diese Wörter.) Eine Kuh mit einem weißen Stern wird in Niedersachsen Hüfken genannt, eine alte Kuh Snaare, und eine alte geschnittene Kuh Gilsen, Gelsen, S. Gält.


Kuhbethe (W3) [Adelung]


Die Kuhbethe, plur. die -n, in einigen Gegenden Obersachsens, z. B. im Amte Lützen, eine Bethe oder Abgabe, welche die Einwohner einiger Dörfer, vermuthlich für die Erlaubniß geben, einige Anger mit ihren Kühen behüthen zu dürfen.


Kuhbilz (W3) [Adelung]


Der Kuhbilz, S. Kuhpilz.


Kuhblume (W3) [Adelung]


Die Kuhblume, oder Kühblume, plur. die -n, S. Dotterblume.


Kühblume (W3) [Adelung]


Kühblume, S. Die Kuhblume


Kühbrücke (W3) [Adelung]


Die Kühbrücke, plur. die -n, auf denjenigen Schiffen, welche nur Einen Boden haben, eine Art eines zweyten Bodens unter dem ersten, welcher sehr niedrig ist, und zur Bequemlichkeit der Ladung und des Schiffsvolkes dienet. Es scheinet mit 1. Kuh und Kaue Eines Geschlechtes zu seyn.


Kuhdill (W3) [Adelung]


Der "Kuhdill", oder die "Kuhdille", plur. inus. ein Nahme der "Hundskamille", "Anthemis Cotula L." Der Nahme scheinet aus "Cotula" verderbt zu seyn, wo nicht dieser aus dem Deutschen gebildet ist.


Kuheuter (W3) [Adelung]


Das Kuheuter, des -s, plur. ut nom. sing. das Euter einer Kuh. Im Westphäl. Spunner. S. Abspänen.


Kuhfladen (W3) [Adelung]


Der Kuhfladen, des -s, plur. ut nom. sing. der Auswurf oder Koth des Rindviehes, wegen seiner breiten flachen Gestalt, ( S. Fladen.) In den gemeinen Sprecharten Kuhpladder, Kuhdreck.


Kuhfuß (W3) [Adelung]


Der Kuhfuß, oder Kühfuß, des -es, plur. die -füße, S. Brecheisen.


Kühfuß (W3) [Adelung]


Kühfuß, S. Der Kuhfuß


Kuhhamen (W3) [Adelung]


Der Kuhhamen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Landwirthschaft, ein halber hölzerner Reif, welchen man den Kühen um den Hals leget, sie im Stalle damit an die Krippe zu befestigen, S. Hamen.


Kuhhirt (W3) [Adelung]


Der Kuhhirt, oder Kühhirt, des -en, plur. die -en, derjenige, welcher die Kühe und in weiterer Bedeutung das Rindvieh auf die Weide treibt, und daselbst hüthet. Nieders. Kohöer, Engl. Cowheard.


Kühhirt (W3) [Adelung]


Kühhirt, S. Der Kuhhirt


Kühkamm (W3) [Adelung]


Der Kühkamm, des -es, plur. die -kämme, im Bergbaue, ein Beil mit einem starken Nacken, fast wie eine Art, dessen sich die Steiger in und außer der Grube dienen. S. Kühschicht.


Kuhkäse (W3) [Adelung]


Der Kuhkäse, des -s, plur. ut nom. sing. aus Kuhmilch verfertigter Käse; zum Unterschiede von dem Schafkäsen, und Ziegenkäsen.


Kuhkette (W3) [Adelung]


Die Kuhkette, plur. die -n, eine Kette, das Rindvieh damit in den Ställen an die Krippe zu befestigen.


Kühl (W3) [Adelung]


Kühl, -er, -este, adj. et adv. ein wenig kalt, das Mittel zwischen warm und kalt zu bezeichnen. Es gehet ein kühler Wind. Ein kühler Tag. Es ist heute ganz kühl. Der Tag wird kühl. Ein kühler Schatten. Ein kühler Ort. Ein kühler Trunk. Es fällt ein kühler Thau. Im Kühlen sitzen. Anm. Bey dem Ottfried kuali, im Nieders. kölig, im Engl. cool, im Angels. cole. S. Kalt, mit welchem es Eines Geschlechtes ist.


Kuhlager (W3) [Adelung]


Das Kuhlager, des -s, plur. die -läger, in der Landwirthschaft, der Ort auf dem Felde, wo sich das Rindvieh des Nachts gelagert hat.


Kühldöse (W3) [Adelung]


Die Kühldöse, plur. die -n, S. das folgende und Döse.


Kühle (W3) [Adelung]


Die Kühle, plur. die -n, das Abstractum des Beywortes kühl. 1) Die kühle Beschaffenheit der Luft oder Witterung; ohne Plural. In der Kühle spazieren gehen. Des Morgens in der Kühle, wenn es noch kühl ist. Lieber Brunn, seither habe ich nicht in deiner Kühle geruhet, in deinem Schatten, Geßn. Hier sank Schlummer und Kühle noch in die Thäler, Klopst. 2) In den Brauhäusern ist die Kühle ein länglich viereckiges Gefäß in Gestalt eines flachen Kastens, deren man etliche über einander stehen hat, das Bier, nachdem es in der Braupfanne gesotten hat, darin abzukühlen. Es wird auch das Kühlschiff und der Kühlstock genannt. Wo man keine Kühlen hat, bedienet man sich der Kühldösen, welches Arten von Bottichen sind, die oben viel weiter, als unten sind.

Anm. In der ersten Bedeutung bey dem Notker Chuli, dagegen in den Monseeischen Glossen Chuoli die Kälte bedeutet; im Nieders. Kölde, Költe.


Kühlen (W3) [Adelung]


Kühlen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt gefunden wird. 1. * Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, kühl seyn; eine im Hochdeutschen unbekannte Bedeutung. Wie, wenn es noch kühlt, Mit ihrer schönen Gluth die Morgensonne spielt, Opitz. Ingleichen kühl werden, in welchem Verstande Ottfried figürlich sagt, nu lazet kuelen iu thaz muat, lasset sich euren Zorn legen. Im Hochdeutschen ist es auch hier ungewöhnlich. 2. Als ein Activum, kühl machen. 1) Eigentlich. Der Thau kühlet die Hitze, Sir. 18, 16. Sich kühlen, wofür doch abkühlen üblicher ist. Das Wetter kühlet sich, sagt man im gemeinen Leben, wenn man ferne Blitze siehet, ohne den Donner zu hören. Kühlende Arzeneyen. Die Melonen kühlen zu sehr. Auf den Schiffen wird das Getreide gekühlet, wenn es umgewendet wird, damit es sich nicht erhitze. 2) Figürlich, von Leidenschaften und Gemüthsbewegungen, welche mit einer Hitze verglichen werden, sie befriedigen, und sie dadurch aufhören machen, besonders von dem Zorne. Bis mein Grimm sich an dir gekühlet habe, Ezech. 24, 13. Seinen Muth oder sein Müthchen an jemanden kühlen, seinen Zorn, seine Rache wider ihn befriedigen. Das Glück scheint an die sein Müthchen zu kühlen. Daher die Kühlung, S. solches hernach besonders.

Anm. Bey dem Ottfried kualen, der es auch figürlich für erfrischen, erquicken gebraucht, bey dem Notker chuolen, im Nieders. kölen, im Angels. colan, im Engl. to cool, im Schwed. kyla.


Kühlfaß (W3) [Adelung]


Das Kühlfaß, des -sses, plur. die -fässer, ein Faß, einen flüssigen Körper darin abzukühlen. In den Brauhäusern kühlet man das Bier in Ermangelung der Kühlen im Kühlfässern ab. Bey dem Destilliren und Branntweinbrennen ist es ein mit kaltem Wasser angefülletes Faß, durch welches der abgezogene flüchtige Körper vermittelst einer Röhre geleitet wird. Engl. Keelfat.


Kühlofen (W3) [Adelung]


Der Kühlofen, des -s, plur. die -öfen, in den Glashütten, ein geheitzter Ofen, worin man die verfestigten gläsernen Geschirre erkalten lässet; der Temper-Ofen.


Kühlquast (W3) [Adelung]


Der Kühlquast, des -es, plur. die -e, bey den Zinngießern, ein feuchtes auf Holz genagelter Lappen, die Kolben damit zu reinigen.


Kühlsalbe (W3) [Adelung]


Die Kühlsalbe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, eine kühlende Salbe auf verbrannte oder entzündete Stellen des Leibes.


Kühlschiff (W3) [Adelung]


Das Kühlschiff, des -es, plur. die -e, S. Kühle 2 und Schiff.


Kühlstock (W3) [Adelung]


Der Kühlstock, des -es, plur. die -stöcke, S. Kühle 2.


Kühltrank (W3) [Adelung]


Der Kühltrank, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -tränke, in den Apotheken, ein kühlender Trank bey innerer Hitze. S. Julepp.


Kühltrog (W3) [Adelung]


Der Kühltrog, des -es, plur. die -tröge, bey den Schmieden, ein Trog mit Wasser, das glüende Eisen darin abzukühlen.


Kühlung (W3) [Adelung]


Die Kühlung, plur. die -en. 1) Die Handlung eine Kühlens oder kühl machens; doch nur in den Zusammensetzungen Abkühlung u. s. f. und ohne Plural. 2) Kühle Luft, kühle Witterung, gleichfalls ohne Plural; die Kühle. Der nach den Arbeiten eines schönen Sommertages vergnügt an der Kühlung des Abends sitzt, Geßn. Lieblich ist diese Gegend, lieblich des Abends Kühlung, ebend. 3) Bey den Seefahrern, ein frischer günstiger Wind, welcher aber nicht lange anhält, sondern nach oder unten einer Windstille über der Oberfläche der See wegstreicht, und ein Zittern oder Kräuseln auf derselben erregt; Engl. Breeze. Wenn die Kühlung lange anhält und frisch wehet, so wird sie eine Windgalle genannt.


Kühlwanne (W3) [Adelung]


Die Kühlwanne, plur. die -n, eine Wanne, in heißen Tagen das Getränk darin abzukühlen.


Kühlwisch (W3) [Adelung]


Der Kühlwisch, des -es, plur. die -e, bey den Schmieden, ein Wisch von Stroh, die Kohlen damit zu besprengen, damit sie nicht so geschwinde wegbrennen; der Löschwisch.


Kühmilch (W3) [Adelung]


Die Kühmilch, oder Kuhmilch, plur. car. die Milch von Kühe.


Kuhmilch (W3) [Adelung]


Kuhmilch, S. Die Kühmilch


Kühmolken (W3) [Adelung]


Die Kühmolken, sing. inus. die Molken von der Kühmilch.


Kühn (W3) [Adelung]


Kühn, -er, -ste, adj. et adv. keine Gefahr und keine Einschränkung scheuend, und in dieser Fertigkeit gegründet. 1) Eigentlich. Sich kühn in die Gefahr begeben. Den Feind kühn angreifen. Eine kühne That, eine kühne Unternehmung. Aller Hand, die bey dir sind, wird desto kühner werden, 2 Sam. 16, 21. Kühn, wie ein junger Löwe, 1 Macc. 3, 4. Ihm hohlet über Meer Die Früchte fremder Himmel der kühne Schiffer her, Dusch. Frisch, Lucie, schreite kühn von einem Laster zum andern fort. Auf etwas kühn seyn. 2 Cor. 11, 21; Hiob 29, 24. Kühn läßt die Sittlichkeit des Mangels der Frucht vor Gefahr unentschieden, indessen wird es doch am häufigsten im guten Verstande gebraucht, so wie keck am häufigsten, verwegen aber nur allein im nachtheiligen Verstande üblich ist. Indessen gebraucht man es auch zuweilen als einen gelindern Ausdruck für verwegen. Ein kluges Herz handelt bedächtiglich, aber die kühnen Narren handeln närrisch, Sprichw. 15, 14. ( S. Tollkühn.) 2) Figürlich in den schönen Künsten. Ein kühner Gedanke, welcher die Regeln der Kunst, oder Schranken des Denkens zu überschreiten scheinet. Ein kühner Pinsel, welcher sich durch die gewöhnlichen Gesetze der Mahlerey nicht einschränken lässet. Eine kühne Zeichnung. Ein kühnes Gewölbe.

Anm. Bey dem Ottfried, wo es aber auch tapfer bedeutet, chuan, bey dem Notker chon, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno cün, bey dem Hornegk chuen, im Angels. con, coone, cene, im Schwed. kon, kyne, wo es aber auch für schnell, geschwinde, gebraucht wird, dagegen im Isländ. kiän faul, träge, bedeutet. Man hat es bald zu dem Lat. conari, bald zu dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, hitzig, ( S. Kien,) bald zu - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, stolz gerechnet. Allein es scheinet wohl von können abzustammen, wenigstens mit demselben Eines Geschlechtes zu seyn, zumahl da es bey den ältern Schriftstellern am häufigsten für tapfer gebraucht wird. Im Bergbaue ist kaufkühn begierig, hitzig, etwas zu kaufen.


Kühn (W3) [Adelung]


Das Kühn, des -es, plur. die -e, bey den Kürschnern, das Kaninchen, S. das Kanin.


Kühnheit (W3) [Adelung]


Die Kühnheit, plur. die -en. 1) Der Zustand, und in engerer Bedeutung, die Fertigkeit, kühn zu seyn; ohne Plural. Kühnheit haben, besitzen. Sich die Kühnheit nehmen, etwas zu thun. Entschuldigen sie meine Kühnheit. 2) Eine kühne Handlung mit dem Plural. Bey dem Ottfried Chuanheiti, Kunheit, bey dem Notker, bey welchem es Tapferkeit bedeutet, Chuentheit.


Kühnlich (W3) [Adelung]


Kühnlich, adj. et adv. eine kühne Art, ohne Frucht vor der Gefahr oder Bedenklichkeit. Einem kühnlich antworten. Du darfst mirs kühnlich sagen. Jemanden kühnlich widersprechen.


Kühnrücken (W3) [Adelung]


Der Kühnrücken, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kürschnern, das Fell von dem Rücken eines Kaninchens, so wie Kühnwamme den Bauch desselben bedeutet, S. Kanin.


Kuhpachter (W3) [Adelung]


Der Kuhpachter, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher die Nutzung der Kühe von der Eigenthümer pachtet; der Holländer, weil man diese Art der Wirthschaft von den Holländern entlehnet hat.


Kuhpilz (W3) [Adelung]


Der Kuhpilz, des -es, plur. die -e, eine Art des Löcherschwammes, welcher den Kühen, wenn sie ihn fressen, die Milch verderbt; Boletus bovinus L.


Kuhr (W3) [Adelung]


Die Kuhr, oder die Kühr, plur. die -en, die Wahl; ein nur noch in einigen Gegenden von dem Zeitworte köhren übliches Wort. Die Kuhr haben, die Wahl. In einigen, besonders Niedersächsischen, Städten, wird die Rathswahl die Kühr genannt. Im mittlern Lateine Cora. S. Köhren, Chur und Willkühr.


Kühren (W3) [Adelung]


Kühren, verb. irreg. act. Imperf. ich kohr, Mittelw. gekohren, S. Köhren.


Kührerbe (W3) [Adelung]


Der Kührerbe, des -n, plur. die -n, in einigen Gegenden, der jüngste Erbe unter mehrern, so fern es das Kührrecht oder das Recht unter den getheilten Gütern zu wählen hat. S. Köhren.


Kuhrgeld (W3) [Adelung]


Das Kuhrgeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er, in einigen Provinzen, z. B. in der Lausitz, dasjenige Geld, welches die neu gewordenen Handwerksmeister an die Grundherrschaft entrichten.


Kuhriem (W3) [Adelung]


Der Kuhriem, des -es, plur. inus. im Bergbaue, eine Art eines armen und leichtflüssigen Eisenerzes, welches gelb oder braun und auf seinen Flächen ockerhaft ist, abfärbet, und wegen seines geringen Gehaltes den reichen Eisensteinen statt des Flusses zugeschlagen wird. Wenn es reichhaltiger ist, so wird es Kuhriemenstein genannt. Der Grund der Benennung ist in diesem Worte eben so dunkel als in Kühschicht.


Kühschicht (W3) [Adelung]


Die Kühschicht, plur. die -en, im Bergbaue, eine Schicht von zwölf Stunden, welche auch eine lange Schicht genannt wird. Frisch behauptet, Kuh bedeute in einigen Zusammensetzungen so viel als groß. Wäre dieses erweislich, so würde so wohl dieses Wort, als auch Kühkamm leicht zu erklären seyn. Allein er führet kein Beispiel an, woraus sich diese Bedeutung erwiesen ließe.


Kuhschlüssel (W3) [Adelung]


Der Kuhschlüssel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Handwerkern, dem Frisch zu Folge, die Zwangmittel, vermöge deren ein Lehrling wenn er ausgelernet hat, angehalten wird, Gesell zu werden, damit die Gesellen ihre Gebühr von ihm bekommen. S. Kuhschwanz.


Kühschoten (W3) [Adelung]


Die Kühschoten, sing. inus. eine Pflanze, S. Geniste.


Kühschwanz (W3) [Adelung]


Der Kühschwanz, des -es, plur. die -schwänze, eigentlich, der Schwanz oder Schweif von einer Kuh. Figürlich, theils ein niedriges Schimpfwort der Handwerker, wider diejenigen Lehrlinge, welche nach ausgestandenen Lehrjahren nicht Gesellen werden wollen, ( S. Kuhschlössel); theils ein Nahme desjenigen Bieres, welches zu Delitz in Böhmen gebrauet wird. In West- phalen wird dasjenige Insect, welches in andern Gegenden unter dem Nahmen der Jungfer bekannt ist, Libellula Grandis L. Kohsteert oder Kuhschwanz genannt. S. Jungfer.


Kuhstall (W3) [Adelung]


Der Kuhstall, oder Kühstall, des -es, plur. die -ställe, ein Stall für die Kühe.


Kühstall (W3) [Adelung]


Kühstall, S. Der Kuhstall


Kuhstelze (W3) [Adelung]


Die Kuhstelze, plur. die -n, ein Nahme der Bachstelze, weil sie in den Feldern nahe zu dem Viehe tritt, S. Bachstelze.


Kuhweitzen (W3) [Adelung]


Der Kuhweitzen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Pflanze; Melampyrum L. Sie wächset auf den Äckern, und ist ein gutes Futterkraut, besonders für die Kühe. Mohrenweizen, Pferdeblume, Tag und Nacht, Wachtelweitzen. 2) In einigen Gegenden wird auch der Lolch, Lulch, oder Schwindelhafer, Lolium temulentum L. Kuhweizen genannt.


Kuhzehent (W3) [Adelung]


Der Kuhzehent, des -en, plur. die -en, der Zehent, welcher von den Kühen und ihrer Nutzung, besonders aber von der Milch gegeben wird, und daher auch der Milchzehent heißt.


Kuks (W3) [Adelung]


Der Kuks, S. Kux.


Kukummer (W3) [Adelung]


Die Kukummer, plur. die -n, ein aus dem Lat. Cucumer, und Ital. Cocomero, entlehnter und in einigen Gegenden üblicher Nahme der Gurken, ( S. dieses Wort.) In der Oberpfalz lautet er Kümmerling, welches vermuthlich aus diesem Worte verderbt worden.


Dullern (W3) [Adelung]


Dullern, S. Kollern.


Küllmitt (W3) [Adelung]


Das Küllmitt, des -es, plur. die -e, ein in Liefland übliches Getreidemaß. 4 Küllmitt machen daselbst ein Loof, 8 aber eine Tonne.


Kümme (W3) [Adelung]


Die Kümme, S. Kimme.


Kümmel (W3) [Adelung]


Der Kümmel, des -s, plur. inus. ein Nahme verschiedener, doch einander so wohl in dem Kraute, als Samen ähnlicher Pflanzen. 1) Einer Pflanze, welche in Ägypten und Äthiopien wild wächset, und deren langer, gestreifter, grauer eyförmiger Samen einen starken Geruch hat, in den Apotheken gebraucht wird und aus Italien zu uns kommt; Cuminum L. Langer Kümmel, Römischer Kümmel, Wälscher Kümmel, Gartenkümmel, Pfaffenkümmel, Kramerkümmel, Nieders. Peperkämen, (Pfefferkümmel,) Wurstkraut, weil einige denselben an die Würste thun. 2) Einer andern Pflanze, welche auf den Wiesen des mitternächtigen Europa wild wächset, und deren kleinerer, dem vorigen aber ähnlicher Same, hitzig ist, in den Küchen an den Speisen gebraucht, und auch in den Gärten gebauet wird; Carum L. Feldkümmel, Weißkümmel, Wiesenkümmel, Mattenkümmel, Wegekümmel, Speisekümmel, Fischkümmel, Karve, Garbe, Garve, und am häufigsten nur Kümmel schlechthin. 3) Einer Pflanze, deren wohlriechender Same in den Apotheken gebraucht wird; Nigella sativa L. Schwarzkümmel, oder schwarzer Kümmel; wovon die eine Art, Nigella Damascena, im gemeinen Leben auch Jungfer im Grünen genannt wird. 4) Aus einem Mißbrauche wird auch der Quendel, Thymus Serpillum L. in vielen Gegenden Feldkümmel genannt, ungeachtet er mit dem eigentlichen Kümmel wenig Ähnlichkeit hat.

Anm. Die beyden ersten Arten, besonders aber die erste, deren Nahme der älteste zu seyn scheinet, heißen in den Monseeischen Glossen Chumi, im Oberd. Kümmich, Kim, im Niederd. Kämen, im Engl. Cummin, im Dän. Kummen, im Schwed. Kummin, im Angels. Cymen, im Pohln. Kmin, im Ital. Cumino, im Lat. Cuminum, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches die Quelle aller übrigen Nahmen zu seyn scheinet.


Kümmelbrühe (W3) [Adelung]


Die Kümmelbrühe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, in den Küchen eine Brühe, deren vornehmster Bestandtheil Kümmel ist. Die Kümmelsuppe, eine solche Suppe. Das Kümmelbrot, Brot, worein Kümmel gebacken ist. Der Kümmelkäse, Käse, in welchem Kümmel ist u. s. f.


Kummer (W3) [Adelung]


1. * Der Kummer, des -s, plur. inus. ein nur noch in Oberdeutschen übliches Wort, einen Schutthaufen, Steinhaufen, ingleichen einen jeden Schutt oder Abgang an Steinen und Bau-Materialien zu bezeichnen. Den Kummer wegschaffen. Eine Stadt in Kummer legen, sie in einen Steinhaufen verwandeln. Im Ital. Ingombro, im Franz. Decombres, im Schwed. Kummel. In weiterer Bedeutung war Combri und Cumbri ehedem im mittl. Lat. ein Verhau im Walde, ein Haufen gefälleter Bäume. Es gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Hümpel, ein Hügel, 3. Kamm, eine Erhöhung, ein Hügel, eine Hervorragung, und den daselbst angeführten Geschlechtsverwandten, worunter sich aus das Lat. Cumulus befindet, dem sich das Schwed. Kummel noch mehr nähert.


Kummer (W3) [Adelung]


2. * Der Kummer, des -s, plur. inus. ein in dem gemeinen Hochdeutschen Sprachgebrauche gleichfalls veraltetes Wort. es bedeutete: 1) Ergreifung, Bemächtigung, Einnahme. Eine Stadt bekümmern, einnehmen, in einer alten Bibel-Übersetzung von 1483 bey dem Frisch. Bey dem Jeroschin ist ein Land bekümmern so viel als dasselbe plündern. ( S. Bekümmern.) 2) Der Verhaft; eine veraltete Bedeutung, in welcher kümmern und bekümmern ehedem in Verhaft nehmen bedeutete. 3) Der Arrest auf bewegliche oder unbewegliche Güter, in welchem Verstande es noch hin und wieder, besonders in Oberdeutschland, in der gerichtlichen Sprache vorkommt. Eines Güter mit Kummer belegen, oder beschlagen, Kummer darauf legen, Arrest. Kummer suchen, erlangen. Daher bekümmern und verkümmern, mit Arrest belegen, noch zuweilen vorkommen; ( S. diese Wörter, ingleichen Kummerklage.) In noch engerer Bedeutung ist in Aachen der Kummer der Arrest auf unbewegliche Güter, dagegen der auf bewegliche Güter in engerer Bedeutung Arrest genannt wird. Es scheinet von dem in dem Salischen Gesetze befindlichen Cham, Kam, die Hand, herzukommen, und zunächst das Intensivum von einem veralteten Zeitworte kamen, nehmen, zu seyn. S. 4. Kamm, Kampf, Hamen, Kommen und Kummet.


Kummer (W3) [Adelung]


3. Der Kummer, des -s, plur. inus. 1. * Eigentlich, das laute Stöhnen, Ächzen, Wimmern und Jammern; eine veraltete Bedeutung, in welcher dieses Wort noch 1 Chron. 4, 9 vorzukommen scheinet: ich hab ihn mit Kummer gebohren. 2. In figürlichem Verstande. 1) Der Mangel an den Nothwendigkeiten des Lebens; doch nur noch in einigen R. A. Hunger und Kummer leiden. In großem Kummer stecken. Wohin auch Ezech. 4, 16 zu gehören scheinet: daß sie das Brot essen müssen nach dem Gewicht, und mit Kummer, und das Wasser nach dem Maß mit Kummer trinken, d. i. so daß es zu ihrer Nothdurft kaum hinreicht. ( S. Kümmerlich.) 2) Im gewöhnlichsten Verstande, ein hoher Grad des Grames, d. i. der anhaltenden Betrübniß über ein Übel. Kummer haben, empfinden. Vor Kummer nicht schlafen können. Einem Kummer machen, verursachen. Sich des Kummers entschlagen. Einem den Kummer benehmen. Keinen Kummer haben. Sich Kummer über etwas machen. In weiterer Bedeutung wird es in kümmern, bekümmern und kummerlos auch für Sorge überhaupt gebraucht. Eigentlich hat es so wie andere Wörter dieser Art keinen Plural; nur bey den Dichtern findet man ihn zuweilen. Den Seraph durchdrangen zärtliche Kummer, Klopst.

Anm. Bey dem Stryker Chumber, bey andern Dichtern des Schwäbischen Zeitalters, die es auch für Schmerzen gebrauchen, Kumber, im Nieders. und Dän. gleichfalls Kummer, im Engl. Cumber, im Schwed. Bekymmer, im Wallis. mit einer andern Ableitungssylbe Cymmwy. Es stammet vermittelst der Sylbe er von dem im Hochdeutschen veralteten Zeitworte kumen, ächzen, stöhnen, weinen, Nieders. quimen, Holländ. kuymen, her, welches sich noch mehrmahls bey dem Ottfried findet. Inti kumta thaz ser, und beweinete dieses Unglück. Oder vielmehr kümmern ist das Intensivum oder Frequentativum von kumen, so wie jammern, Lat. gemere, und wimmern, von den veralteten Zeitwörtern jamen und wimen, wohin auch weinen und winseln gehören. ( S. auch Kaum.) Gram und Kummer werden gemeiniglich als gleichbedeutend angesehen. Allein da sich Gram mehr auf die Gesichtszüge, Kummer aber zunächst auf den Ausdruck der Empfindung durch Töne beziehet, so scheinet dieses einen stärkern Grad als jenes zu bezeichnen.


Kümmerer (W3) [Adelung]


Der Kümmerer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Jägern, ein Hirsch, welcher Schaden gelitten hat, besonders, der an dem kurzen Wildprete oder den Zeugungsgliedern beschädiget ist, und daher sein Gehörn entweder gar nicht abwirft, oder doch nicht verbastet. Von Kummer, so fern es ehedem auch leibliche Krankheit oder auch Mangel überhaupt bedeutete. Im Griech. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - krank, schwach seyn, Nieders. quimen.


Kummerhaft (W3) [Adelung]


Kummerhaft, -er, -este, adj. et adv. mit Kummer, d. i. einem hohen Grade des Grames behaftet; kummervoll. Kummerhaft seyn, aussehen. Ein kummerhaftes Leben.


Kummerklage (W3) [Adelung]


Die Kummerklage, plur. die -n, in den Rechten, die Klage, worin man um Verkümmerung des Gutes eines andern ansucht, die Klage auf Kummer. S. 2. Kummer 3.


Kümmerlich (W3) [Adelung]


Kümmerlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Von Kummer, Mangel. Sich kümmerlich behelfen, mit Kummer, so daß man überall dabey Mangel leidet. Sein kümmerliches Auskommen haben. Die im Staube liegen, und die so kümmerlich leben, Ps. 22. 30. Eine kümmerliche Reise, auf welcher man an allen Nothwendigkeiten und Bequemlichkeiten Mangel leidet. Es sind kümmerliche Zeiten. In weiterer Bedeutung wird kümmerlich und käumerlich als ein Nebenwort im Oberdeutschen häufig für kaum gebraucht. Er kann kümmerlich gehen. Es wird kümmerlich dahin kommen. Anderer hoher Standespersonen zu gedenken, will die Enge meines vorgesteckten Zieles kümmerlich zulassen, Gryph. 2) * Kummer, d. i. hohen Grad des Grames, habend, empfindend; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Da von sicht man ir gemuete kumberliche stan, Jacob von Warte.


Kümmerling (W3) [Adelung]


Der Kümmerling, des -es, plur. die -e, S. Kukummer.


Kummerlos (W3) [Adelung]


Kummerlos, -er, -este, adj. et adv. 1) Frey von Kummer, d. i. höherm Grade des Grames. Ein kummerloses Leben. 2) In weiterer Bedeutung auch zuweilen für sorglos. Kummerlos dahin leben. So auch die Kummerlosigkeit, plur. inus.


Kümmern (W3) [Adelung]


1. Kümmern, verb. reg. act. von 2. Kummer, Arrest, mit Arrest belegen; wo es nur noch in den Zusammensetzungen bekümmern und verkümmern vorkommt, S. diese Wörter.


Kümmern (W3) [Adelung]


2. Kümmern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, und der vierten Endung der Person. 1. Kummer erwecken, in der vertraulichen Sprechart. 1) Eigentlich. Das kümmert mich sehr. O, mein Sohn, wie kümmerst du mich! ( S. Bekümmern.) 2) In weiterer Bedeutung, Sorge verursachen; bekümmern. Was kümmert dich das? was geht dich das an? was bekümmert dich das? Was kümmert das ihn und seines Gleichen? Less. Was kümmert das die Löwin, in wessen Walde sie brüllt? ebend. 2. Kummer, d. i. höhern Grad des Grames, empfinden; als ein Reciprocum. 1) Eigentlich. Sich kümmern. Sich über etwas kümmern. Sich zu Tode kümmern. Laß dich das nicht kümmern. ( S. Bekümmern.) 2) In weiterer Bedeutung, Sorge über etwas empfinden, Antheil daran nehmen, wofür man auch bekümmern sagt, ( S. dasselbe.) Er kümmert sich um alles. Was kümmerst du dich darum? Kümmre dich um dich zum ersten, Logau. Kümmert euch um eure Sachen. Da klatscht, da kümmert sich das alte Trödelweib In jener Rockenzunft um alle Spindelgrillen, Günth.


Kümmerniß (W3) [Adelung]


Die Kümmerniß, plur. die -sse, Kummer, d. i. höherer Grad des Grames. Kümmerniß und Qual ist das gewöhnliche Los der Menschen. Auch in einigen Kümmernissen Scherztest du bey meinem Scherz, Haged.


Kummertag (W3) [Adelung]


Der Kummertag, des -es, plur. die -e, in den Rechten einiger Gegenden, die bey der Kummerklage gesetzten Termine. S. 2. Kummer 3.


Kummervoll (W3) [Adelung]


Kummervoll, adj. et adv. voll Kummer, d. i. höhern Gram. Ein kummervolles Leben.


Kummet (W3) [Adelung]


Das Kummet, oder zusammen gezogen Kummt, des -es, plur. die -e, in der Landwirthschaft, das Halsgeschirr der Pferde, welches aus zwey zusammen gesetzten krummen wie Ochsenhörner geschweiften Stücken Holz bestehet, welche mit Leder, oder Leinwand überzogen und ausgestopfet werden, da man sie denn den Zug- und Ackerpferden um den Hals hängt, ihnen vermittelst derselben das Ziehen zu erleichtern. Das Ackerkummet, so fern es zum Ackern dienet. Das Fahrkummet, so fern es den Pferden der Fahrleute aufgeleget wird.

Anm. Im Böhmischen Chomaut, im Pohlnischen Chomato. Im Westphalen wird es Hamm genannt, wo es ehedem auch eigene Hammmacher gab. Es scheinet zu dem veralteten kam, krumm, zu gehören, entweder so fern die gekrümmten Hölzer das Hauptstück eines Kummtes ausmachen, oder auch so fern ein Pferd dadurch seiner Freiheit beraubt wird. ( S. Hamen, 4. Kam, 2. Kummer u. s. f.) Im Oberdeutschen heißt es die Halse, welches mit dem Latein. Helcium überein kommt, entweder weil das Kummet am Halse getragen wird, oder von halten, ( S. Halse.) oder endlich auch als ein Verwandter von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ziehen.


Kummethorn (W3) [Adelung]


Das Kummethorn, des -es, plur. die -hörner, die gekrümmten Hölzer, woraus das Kummet zusammen gesetzet ist, wegen der Ähnlichkeit mit Ochsenhörnern; der Kummetstock.


Kummetkappe (W3) [Adelung]


Die Kummetkappe, plur. die -n, die lederne Decke auf dem Kummte, damit das Regenwasser dasselbe nicht durchnetze; die Kummetdecke.


Kummkarren (W3) [Adelung]


Der Kummkarren, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, ein zweyräderiger Karren mit einem Kasten, Schutt, Koth u. s. f. darauf wegzuführen; der Kippkarren, weil sich der Kasten niederkippen lässet. In einigen Gegenden wird auch eine Schiebkarre mit einem Kasten, welche in Obersachsen eine Radebärge heißt, eine Kummkarre genannt. Kumm gehöret in diesem Worte zu dem folgenden Kumpf. In Niedersachsen hat man ähnliche Kumpwagen, Schlamm, Sand u. s. f. darin zu fahren.


Kumpen (W3) [Adelung]


Der Kumpen, S. 2. Kumpf.


Kumpf (W3) [Adelung]


1. Der Kumpf, des -es, plur. die -e, in dem Mühlenbaue, Getriebstöcke, so fern sie in die Welle selbst eingeschnitten sind; da sie, wenn es runde zwischen zwey Scheiben befestigte Stäbe sind, Drillinge heißen. Es scheinet hier den Begriff der Hervorragung auszudrücken, und zu Kopf zu gehören, weil das m auch in andern Fällen gern den Blaselauten vorgehet. So heißt ein vorspringendes Simmswerk in der Baukunst so wohl ein Kämpfer, als ein Käpfer. ( S. 3. und 4. Kamm, Hümpel, 1, Kummer u. s. f.) Im Griech ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein Nagel, und im mittlern Lat. Gumphus, Gomfus, Verbindung, Zusammenfügung, ingleichen ein Hufnagel. Im gemeinen Leben einiger Gegenden wird kumpf für stumpf, abgestutzt, gebraucht. Eine Kumpfnase ist daselbst eine stumpfe Nase, Franz. Camus.


Kumpf (W3) [Adelung]


2. Der "Kumpf", des -es, plur. die -e, oder der "Kumpen", des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches überhaupt den Begriff der Vertiefung ausdrückt, aber nur noch in einigen Gegenden in verschiedenen Fällen üblich ist.

1) Die tiefe Stelle in einem Flusse, Teiche oder See heißt in Oberdeutschen die Gumpe, oder der Kumpen. Bey dem Notker ist Gumpffen ein Teich. Ein kleiner tiefer Pfuhl, ein Tümpfel, heißt in Schwaben ein Gumpen. Eben daselbst wird eine Menge fließender Dinge eine Kumpe genannt. 2) Ein tiefes Behältniß; nur noch in einigen Fällen. Im Niedersächsischen ist Kumm oder Kump eine Cisterne. Der Kasten auf einem Wagen, einem Karren und einer Karre wird eben daselbst ein Kumm genannt, ( S. Kummkarren.) Bey den Walkmüllern werden die runden Tröge, worin das Tuch gewalkt wird, Kumpen, und im Hüttenbaue die Pochtröge Kompen genannt. ( S. auch 2. Hund.) Zu Rostock ist ein Gefängniß, welches der Kumm heißt. Das Griech. und Latein. Cymba, ein Hahn, im mittlern Lat. Cumba, eine Art Fahrzeuge, und hundert andere sind genau damit verwandt. 3) Ein tiefes Gefäß, besonders in Niedersachsen, wo eine jede tiefe Schüssel ein Kumm oder Kump genannt wird. Ein Suppenkump, eine tiefe Suppenschüssel. Im Hochdeutschen nennet man auch ein tiefes halb rundes Gefäß, die Tassen darin auszuwaschen, den Spülkumpf oder Spülkumpen, oder nur den Kumpf schlechthin. Eben daselbst sind Commentchen, oder vielmehr Kommentchen, klein tiefe halb runde Trinkgeschirre von Silber, Kupfer u. s. f. ohne Füße. Ein Kohlenbecken heißt im Nieders. ein Komfoor, Holländ. Confort, Comfoir, ohne Zweifel von diesem Worte und Feuer. Schon im Griech. war - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein tiefes Gefäß. Im mittlern. Lat. ist Cumex eine tiefe Schüssel, und Cumera ein Gefäß zum Getreide. S. auch Humpen. Dieses Wort gehöret zu dem zahlreichen Geschlechte derer, welche eine Krümme, besonders aber eine Vertiefung bedeuten. S. 4. Kamm, Kammer, Kieme, Kaue u. s. f.


Kumst (W3) [Adelung]


Der Kumst, S. Komst.


Kund (W3) [Adelung]


Kund, adv. von kennen, klare Vorstellung haben, wo es im gemeinen Leben und in der Sprache der Kanzelleyen noch häufig für bekannt gebraucht wird, in der anständigen Schreibart aber wenig mehr üblich ist. Die Sache ist mir nicht kund, nicht bekannt, ich weiß nichts davon. Einem etwas kund thun oder machen, es ihm bekannt machen, zu seiner Wissenschaft bringen. Dem will ich mich kund machen in einem Gesicht, 4. Mos. 12, 6; so werde ich mich ihm im Gesichte zeigen, Michael. Die Sache ist kund geworden, ist bekannt geworden, ist zu aller oder vieler Wissenschaft gekommen. Denn dieses ist mir gar genugsam kund, Opitz Ps. 119. That durch den Druck in London kund, Gell. Kund und zu wissen sey hiermit, des gewöhnliche Anfang öffentlicher Bekanntmachungen. Sich kund geben, im Oberd. sich zu erkennen geben, sich bekannt machen.

Anm. Schon bey dem Kero chund, im Isidor chund, bey dem Ottfried kund, und im Comparativo kundera. Die R. A. chund tuon und kund duan, findet sich schon bey dem Notker und Ottfried. Verschiedene Sprachlehrer geben dieses Nebenwort für ein unabänderliches Beywort aus, welches nur in der ersten und vierten Endung gebraucht werde; da es doch als ein wahres Nebenwort niemahls mit Hauptwörtern, sondern nur mit Zeitwörtern verbunden wird.


Kundbar (W3) [Adelung]


Kundbar, -er, -ste, adj. et adv. bekannt, warum alle, oder doch viele Wissenschaft haben, was viele wissen. Es ist im Oberdeutschen gleichfalls häufiger als im Hochdeutschen. Eine Sache kundbar machen, sie bekannt machen, zu jedermanns Wissenschaft bringen. Eine kundbare, jedermann bekannte, Sache. Die Sache ist kundbar geworden. Das Hauptwort, die Kundbarkeit, der Zustand einer Sache, da sie bekannt ist, und das Nebenwort kundbarlich, jedermann bekannt, kommen in Hochdeutschen noch seltener vor.


Kunde (W3) [Adelung]


Die Kunde, plur. inus. das Abstractum des Zeitwortes kennen, so fern es klare und deutliche Vorstellung von einem Dinge haben bedeutet. 1. Die klare und deutliche Vorstellung selbst. 1) * Überhaupt, in welcher Bedeutung doch Kunde nur im Niedersächsischen und Konde im Holländischen für Kenntniß üblich sind. Ich habe keine Kunde davon, keine Kenntniß. Daher die Unkunde, der Mangel der Kenntniß, die Unwissenheit. ( S. dieses Wort.) 2) Der Inbegriff der klaren und deutlichen Vorstellung, welche man von einer Sache hat, wo es so wohl subjective als auch objective für Kenntniß gebraucht wird, doch nur in verschiedenen Zusammensetzungen. Die Sternkunde, der Inbegriff der klaren und deutlichen Vorstellung von den Sternen. So auch die Geschichtskunde, die Kräuterkunde, die Naturkunde, die Erdkunde, die Geschlechtskunde, die Himmelskunde u. s. f. nach welchen Mustern man auch wohl sagen könnte die Kunde der Kupfertische, der Gemählde, Alterthümer u. s. f. Es erhellet daraus zugleich, das Kunde und Kenntniß so gut als gleichbedeutend sind, weil der Unterschied der Ableitungsformen hier nichts ausmacht, Kunst und Wissenschaft aber hinlänglich davon unterschieden sind. 3 * In engerer Bedeutung, die Bekanntschaft, der Umgang mit Personen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher es noch bey den Schwäbischen Dichtern vorkommt. Ein lob das us der Kunde uert Das hat der wisen volge in allen landen, Bruder Werner; wenn es hier anders nicht auch Kenntniß der Sache überhaupt bedeutet. 2. * Dasjenige, was eine klare und deutliche Vorstellung von etwas gewähret; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher es besonders in engerm Verstande ehedem so wohl für ein Zeugniß, als auch für einen Beweis gebraucht wurde. Kunde geben, Zeugniß. S. Urkunde, welches diese Bedeutung noch erhalten hat.


Kunde (W3) [Adelung]


Der Kunde, des -n, plur. die -n, gleichfalls von kennen, eine klare und deutliche Vorstellung von etwas haben, wo es so wohl in activer als auch passiver Bedeutung gebraucht wird. 1. * In thätiger Bedeutung, derjenige, welcher eine deutliche, und in engerer Bedeutung eine überzeugende Vorstellung von etwas gewähret; eine veraltete Bedeutung, in welcher es ehedem häufig für einen Zeugen gebraucht wurde. ( S. das vorige.) 2. In leidentlicher Bedeutung, derjenige, welcher von andern gekannt wird. 1) * Überhaupt, ein Bekannter, im Gegensatze eines Fremden; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, im welcher Chund bey dem Ottfried, Condo im Tatian, und Chunder im Hornegk mehrmahls vorkommen. So zimst du wol bi kunden unt bi gesten, Reinmar von Zweter. Nu horet ihr Fremden und ihr Kunden, Rosenpluet um das Jahr 1450. 2) In engerer Bedeutung ist es noch im gemeinen Leben üblich, einen Handelsfreund oder Nahrungsbekannten zu bezeichnen, d. i. eine Person, welche ihre Waaren bey einem andern kauft, bey demselben arbeiten lässet, oder ihm sonst Geld zu verdienen gibt; ein Kundmann, Franz. Chaland, im Nieder. Kalant. ( S. dieses Wort.) Es wird alsdann von beyden Geschlechtern gebraucht. Er oder sie ist mein Kunde, läßt gewöhnlich bey mir arbeiten, nimmt gewöhnlich die Bedürfnisse von mir. Viele Kunden haben, bekommen. Einem die Kunden vertreiben. Ein Gastwirth, welcher viele Kunden hat, viele bekannte Gäste, welche gewöhnlich bey ihm einkehren. Wo es denn auch wohl in weiterer Bedeutung von solchen Personen gebraucht wird, welche nur Ein Mahl bey jemanden etwas kaufen, und welche man auch im gemeinen Leben Kaufleute zu nennen pflegt. So pflegen die Krämer und kramenden Handwerker auf dem Markte einander die Kunden abzurufen, d. i. diejenigen, welche etwas kaufen wollen, an sich zu rufen. Frisch kam auf den seltsamen Einfall, Kunde in dieser Bedeutung von dem Ital. Conto abzuleiten.


Kunden (W3) [Adelung]


* Kunden, oder Künden, und dessen Intensivum Kündigen, zwey im Hochdeutschen außer der Zusammensetzung veraltete Zeitwörter, welche von dem Nebenworte kund abstammen. Sie bedeuteten, 1. Als Neutra, mit dem Hülfsworte haben, wissen, können und kennen, klare und deutliche Vorstellung von einer Sache haben, in welcher ganz veralteten Bedeutung kunden noch bey dem Altensteig vorkommt. ( S. Erkundigen.) 2. Als Activa, kund machen, bekannt machen. Der wachter kuindet uns den tag, Jacob von Warte. Die Kündigung Mariä war ehedem das Fest der Verkündigung Mariä, welches auch verderbt Unser Frauentag zu der Kindling genannt wurde. S. Abkündigen, Ankündigen, Aufkündigen, Verkündigen.


Künden (W3) [Adelung]


Künden, S. * Kunden


Kündig (W3) [Adelung]


* Kündig, -er, -ste, adj. et adv. von dem Nebenworte kund, in passiver Bedeutung, für bekannt, kund, kundbar; wo es nur noch im Oberdeutschen üblich ist. Kündig werden, kund, bekannt. Kündig machen, Opitz. So kündig bin ich ihm, Dach. Kündig ists, daß in der Welt Sich zum Guten Böses finde, Logau. Die Hochdeutschen haben es nur in den Zusammensetzungen landkündig, stadtkündig, weltkündig, im ganzen Lande, in der ganzen Stadt, in der ganzen Welt bekannt, S. diese Wörter, ingleichen Kündlich.


Kundig (W3) [Adelung]


Kundig, -er, -ste, adj. et adv. von dem Hauptworte die Kunde, in thätiger Bedeutung, Kenntniß von einer Sache besitzend, eine klare und deutliche Vorstellung von derselben habend; mit der zweyten Endung des Hauptwortes. 1) In der weitesten Bedeutung. Einer Sache kundig seyn. Eines Landes, aller Wege in einem Lande kundig seyn. Ein der Sache kundiger Mann. 2) In engerer Bedeutung, viele zusammen hangende klare oder deutliche Vorstellung von einer Sache habend; in Gestalt eines Hauptwortes, doch nur in den Zusammensetzungen, Geschichtskundiger, Naturkundiger, Sprachkundiger, Sternkundiger, Herzenskündiger, (besser Herzenskundiger,) Kräuterkundiger u. s. f. 3) In noch engerer Bedeutung, durch die Übung erlangte Kenntnisse besitzend, erfahren; nur in einigen Fällen. Einer Sprache kundig seyn. Im Oberdeutschen ist es in dieser Bedeutung üblicher. Noch Stimmens kündig war, Opitz. Der es auch in einer noch ungewöhnlichere Art mit dem Infinitiv und dem Worte zu gebraucht: Bist kündig aufzuschließen Des Himmels blaue Burg. Im gemeinen Leben auch in dieser Bedeutung zuweilen kündig, im Dän. kyndig, im Schwed. kunnig. In der letzten Bedeutung hatte man ehedem auch das Hauptwort Kündigkeit oder Kundigkeit, welches Geschicklichkeit, Kunst, Erfahrung bedeutete, und für List schon bey den Schwäbischen Dichtern vorkommt. Gelihsenere kundekeit, gleißnerische Arglist, Reinmar von Zweter.


Kundigen (W3) [Adelung]


Kundigen, S. Kunden.


Kundleute (W3) [Adelung]


Die Kundleute, sing. inus. S. Kundmann.


Kündlich (W3) [Adelung]


* Kündlich, adv. bekannt, kund, welches im Hochdeutschen völlig veraltet ist. Kündlich groß ist das gottselige Geheimniß, 1. Tim. 3, 16. ( S. Kündig.) Bey andern ältern Oberdeutschen Schriftstellern auch kundlich.


Kundmann (W3) [Adelung]


Der Kundmann, des -es, plur. die Kundleute, im gemeinen Leben, ein Kunde, in der zweyten leidentlichen Bedeutung dieses Wortes, ( S. der Kunde 2. 2).) Mann bedeutet in dieser Zusammensetzung eine Person überhaupt, daher Kundmann von beyden Geschlechtern gebraucht wird. Sie ist mein Kundmann, nicht Kundfrau oder Kundjungfer.


Kundschaft (W3) [Adelung]


Die Kundschaft, plur. die -en, von dem Nebenworte kund. 1. Als ein Abstractum und ohne Plural. 1) * Die Kunde oder Kenntniß von einer Sache; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Kundschaft von Edelsteinen haben, Kenntniß, sie kennen, sich darauf verstehen. Im Schwed. Kunskap. 2) In engerer Bedeutung, die Bekanntschaft; eine nur in den gemeinen Sprecharten übliche Bedeutung. Mit jemanden Kundschaft machen, Kundschaft mit ihm haben. In Kundschaft mit jemanden gerathen. Kundschaft an einem Orte haben. Ob ich auch in dieser Kundschaft sey mit die, Opitz. 3) In noch engerer Bedeutung, die Bekanntschaft in Ansehung des Nahrungstandes, im gemeinen Leben, S. der Kunde 2. 2). Die mit einander schon um deine Kundschaft streiten, Canitz; dich zum Kunden zu haben. Ich thue es um weiterer Kundschaft willen, damit sie ferner bey mir kaufen mögen. In Kundschaft kommen, Kunden bekommen. Wo es auch im Concreto und als ein Collectivum die Kunden selbst bedeutet. Einige starke Kundschaft haben. Seine Kundschaft verlieren. 2. Als ein Concretum, dasjenige, was uns die Kenntniß einer Sache gewähret. 1) * Die Nachricht, das mündliche Zeugniß von einer geschehenen Sache, im gemeinen Leben, besonders Oberdeutschlandes. Mir ist Kundschaft kommen, Theuerd. ich habe Nachricht erhalten. Ich han des gewisse und gute Kundschaft, ebend. Damit du künftig mügst davon ein wahrhaft Kundschaft thon, ebend. Sich auf Kundschaft legen, Nachricht einzuziehen suchen. Gute Spee und Kundschaft auf die Räuber ausstellen oder auslegen, im Oberd. Besonders eine im Kriege von dem Zustande des Feindes eingezogene Nachricht. Auf Kundschaft ausreiten, recognosciren reiten. 2) Ein Zeugniß, wo es ehedem auch von der Aussage der Zeugen gebraucht wurde. Ja im Schwabenspiegel werden die Zeugen selbst Kuntschaft genannt. Jetzt ist es nur noch im gemeinen Leben, besonders bey den Handwerkern üblich, wo die Kundschaft ein schriftlicher Schein eines Meisters für einen Gesellen ist, da denn in weiterer Bedeutung auch der Lehrbrief, und andere Urkunden eines Gesellen dessen Kundschaft genannt werden.


Kundschaften (W3) [Adelung]


Kundschaften, verb. reg. act. Kundschaft, d. i. Nachricht, einziehen oder einzuziehen suchen. Kundschaften reiten, im Kriege, recognosciren reiten. Am häufigsten in dem zusammen gesetzten auskundschaften.


Kundschafter (W3) [Adelung]


Der Kundschafter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kundschafterinn, eine Person, welche von einer geheimen oder unbekannten Sache Nachricht einzuziehen, solche auszukundschaften sucht, so wohl im gleichgültigen Verstande, als auch in verächtlicher Bedeutung für das eben so verhaßte Spion. In beyden Fällen kommt es in der Deutschen Bibel mehrmahls vor.


Künftig (W3) [Adelung]


Künftig, adj. et adv. was erst zur Wirklichkeit kommen soll, ohne Bestimmung der Zeit; im Gegensatze des gegenwärtigen. Die künftige Woche, das künftige Jahr. Ich werde es künftig thun, d. i. in der folgenden Zeit, ohne Bestimmung der Länge oder Kürze derselben. Sein künftiges Verhalten wird es zeigen. Er wird sich künftig schon besser betragen. Das künftige Leben, die künftigen Zeiten. Ins künftige, künftig, in der künftigen Zeit.

Anm. Bey dem Ottfried kunftig, bey dem Willeram cumftik, bey dem Notker chumftig, im Nieders. kumftig. Es stammet von dem Hauptworte Kunft her, welches das Abstractum von kommen ist, aber außer den Zusammensetzungen Abkunft, Ankunft, Zukunft u. s. f. nicht mehr gebraucht wird, ehedem aber für Ankunft nicht selten war. Vor Ottfrieds Zeiten scheinet dieses Wort noch nicht üblich gewesen zu seyn, indem im Isidor statt dessen zuohaldi, bey dem Kero zuauuarta, und noch bey dem Notker nohuuenno vorkommt. Im Comparativo kommt dieses Beywort fast gar nicht, und im Superlativ nur selten vor.


Künftigkeit (W3) [Adelung]


* Die Künftigkeit, plur. inus. ein ungebräuchliches Wort, die zukünftige Zeit, die Zukunft zu bezeichnen, welches einige neuere Dichter ohne Noth, und daher auch ohne Erfolg einzuführen versucht haben.


Kunkel (W3) [Adelung]


Die Kunkel, plur. die -n, ein Oberdeutsches, im Hochdeutschen unbekanntes Wort, den Spinnrocken oder Rocken zu bezeichnen, welcher im Niedersachsen der Wocken heißt. Die Kunkel anlegen, einen Spinnrocken aus Flachs zusammen legen. Die Kunkel abspinnen. Figürlich, die Spinnstube. In die Gunkel oder Kunkel gehen, zum Spinnen zusammen kommen. In gleichen das weibliche Geschlecht, dessen vornehmstes Werkzeug die Kunkel oder der Rocken ist, im Gegensatze des Schwertes oder des männlichen Geschlechtes. Daher die noch hin und wieder üblichen Zusammensetzungen, der Kunkeladel, der Adel von mütterlicher Seite, das Kunkellehen, das Weiberlehen, Spindellehen, oder Schleyerlehen, welches auch auf das weibliche Geschlecht fällt, und vielleicht noch andere mehr.

Anm. Im Nieders. ehedem gleichfalls Kunkel, im mittlern Lat. Concula, Iniclaris, im Ital. Conocchia, im Franz. ehedem Coloigne, Connoille, Conoingnole, Quelogne, jetzt Quenouille, im Wallis. Cogail. Wachter hält es für ein aus dem alten Kona, Weib, und dem Slavon. Kolo, Rad, zusammen gesetztes Wort, ungeachtet es nicht das Spinnrad, sondern nur einen Theil desselben bedeutet; Frisch aber leitet es eben so gezwungen von Concha, eine Muschel, her. Am wahrscheinlichsten ist die länglich runde oder kegelförmige Gestalt der Grund der Benennung, so das es zu dem Geschlechte des Lat. Conus, des Deutschen Kegel und anderer ähnlichen Wörter gehöret, zumahl da auch das Wallis. Cogail kein n hat, welches in den meisten Wörtern ohnehin sehr zufällig ist. Die Sylbe -el bedeutet ein Ding, von welchem etwas gesagt wird, ein Subject, dessen Prädicat Kunk ist. Im Dithmarsischen ist Kunkelpip der Nahme einer weißen Grützwurst.


Kün (W3) [Adelung]


Kün, Künrücken, Künwamme, S. Kanin.


Künrücken (W3) [Adelung]


Künrücken, S. Kün


Künwamme (W3) [Adelung]


Künwamme, S. Kün


Kunst (W3) [Adelung]


Die Kunst, plur. die Künste, Diminut. das Künstchen, Oberd. Künstlein, und zusammen gezogen Künstel. Es stammet vermittelst des Ableitungslautes st von können her, dessen Abstractum es eigentlich ist, und hat nach Maßgebung des verschiedenen Gebrauches dieses Zeitwortes, noch verschiedene Bedeutungen. 1. * Die physische oder körperliche Kraft eines Dinges, die Möglichkeit einer Bewegung oder Veränderung außer sich hervor zu bringen; eine veraltete Bedeutung, in welcher man nur noch zuweilen im gemeinen Leben sagt, seine Kunst an jemanden oder an einem Dinge beweisen, seine Stärke, Macht oder Kraft. In den Monseeischen Glossen ist Chunstinger mächtig Auf eine ähnliche Art bedeutete Kraft ehedem so wohl im Schwed. als im Angels. figürlich auch die Kunst und Wissenschaft. Bruder Eberhard von Sax sagt in seinem Lobgedichte auf die Jungfrau Maria: Got in sines geistes bruinste An dir zeigte sine Kuinste; wo es eine ähnliche Bedeutung zu haben scheinet. 2. In engerer Bedeutung, menschliche Kraft, und was darin gegründet ist, im Gegensatze der Natur in der weitesten Bedeutung; ohne Plural. So sagt man von einem Graben auf dem Felde, von einem beschnittenen Baume, er sey ein Werk der Kunst und nicht der Natur, weil in der Erde und dem Baume nichts vorhanden ist, woraus diese Veränderung begreiflich würde. Ein herrlicher Garten, den die erfindsame Kunst für ihn ins Kleine gezogen, Zach. Wir sollten nicht so wohl die Spielwerke der Kunst, als die hohen Talente der kunstlosen Natur bewundern. 3. In noch engerer Bedeutung, die Fertigkeit etwas zur Wirklichkeit zu bringen. 1) Eigentlich und subjective, wo dieses Wort von allen Arten von Fertigkeiten gebraucht wird. Eine Kunst erfinden. Jemanden eine Kunst lehren. Viele Künste können oder wissen. Der Hund kann allerley Künste. Kartenkünste, Taschenkünste, brotlose Künste. Das ist keine Kunst, dazu gehöret keine Fertigkeit, das kann ein jeder. Dazu gehöret Kunst. Seine Kunst an jemanden sehen lassen. In engerer Bedeutung, die Fertigkeit, die Ausübungssätze einer Art gehörig anzuwenden. Die Regierungskunst, die Kunst zu predigen; die Gedächtnißkunst, die Sprachkunst, die Vernunftkunst u. s. f. Warum lernen doch die Menschen nicht die liebenswürdige Kunst, den Unglücklichen so zu beklagen, daß es ihm nichts kostet? Sokrates lernete die Kunst seines Dialogs von dem Epicharmes. Die Kunst des Schneiders, des Zimmermanns, des Schusters u. s. f. Die ihm unentbehrliche Fertigkeit zur Hervorbringung seiner Werke. Ingleichen im Gegensatze der Natur, oder dessen, was zu den Arten des Vermögens und der Fähigkeiten gehöret, ehe sie zur Fertigkeit werden; als ein Collectivum und ohne Plural. In ihrem ganzen Betragen ist nichts Kunst, alles ist Natur. 2) Objective, der Inbegriff der Ausübungssätze Einer Art, oder derjenigen Ausübungssätze, welche zur Erreichung einer Absicht erfordert werden, und zu ihrer Anwendung eine Fertigkeit erfordern; wo es wiederum so viele verschiedene Arten der Künste gibt, als Fertigkeiten möglich sind. Die mechanischen Künste, welche allein eine Fertigkeit der Hand erfordern, und daher am häufigsten Handwerke genannt werden. Die Schneiderkunst, Bäckerkunst, Schuhmacherkunst u. s. f. so fern sie eine Fertigkeit in Ausübung mechanischer practischer Vorschriften erfordern. In einer andern Einschränkung sind die mechanischen Künste diejenigen, welche hauptsächlich eine Fertigkeit der Hand erfordern, ohne das Nachdenken und Fleiß bey deren Ausübung auszuschließen, besonders, wenn sie nicht bloß auf das Bedürfniß, sondern auch zugleich mit auf das Vergnügen der Menschen gerichtet sind. In diesem Verstande gibt es verschiedene Beschäftigungen, welche sich von den Handwerken unterscheiden, und für ihre Lebensart den Nahmen der Kunst hergebracht haben. Z. B. die Jägerkunst, die Buchdruckerkunst, die Barbierkunst, die Kunst des Instrumenten-Machers, des Uhrmachers, des Steinschneiders u. s. f. Ja selbst unter den eigentlich so genannten Handwerkern gibt es einige, welche bey Hervorbringung ihrer Arbeiten vorzüglich mit auf das Vergnügen der Menschen sehen, und daher in der Ausübung mehr Fleiß und Anwendung allgemeiner Wahrheiten gebrauchen, als andere. Diese pflegen alsdann das Wort Kunst - dem Nahmen ihrer Beschäftigung vorzusetzen; z. B. der Kunstdrechsler, Kunstgärtner, Kunstfärber, Kunstmahler u. s. f. Die freyen Künste, eine ehedem übliche Bedeutung derjenigen Künste, welche von freyen Personen ausgeübet wurden, zum Unterschiede von den bloß mechanischen oder unfreyen, welche in Griechenland und bey den Römern von Knechten getrieben wurden. Man zählete deren sieben; die Sprachkunst, Rechenkunst, Redekunst u. s. f. Bey unserer heutigen Verfassung sind an die Stelle der freyen Künste die schönen Künste getreten, unter welchem Nahmen man diejenigen begreift, welche allein oder doch vornehmlich das Vergnügen zum Gegenstande haben, und daher in ihrer Ausübung mehr Kenntniß und Anwendung allgemeiner Wahrheiten erfordern, als die bloß mechanischen. Dahin gehören die Tonkunst, Mahlerkunst mit ihrer Schwester der Kupferstecherkunst, die Baukunst, die Bildnerkunst, die Redekunst, die Dichtkunst, die Tanzkunst, die Schauspielkunst, und wenn man will noch andere mehr. Die Bildnerkunst, Mahlerkunst und Kupferstecherkunst werden unter der allgemeinen Benennung der bildenden Künste verstanden. In engerer Bedeutung pflegt man die schönen Künste zuweilen nur die Künste schlechthin zu nennen. Sein Geschmack, der durch die Künste feiner und sichrer geworden, wird es auch in der Lebensart, Gell. In noch engerer Bedeutung werden die bildenden Künste sehr häufig vorzugsweise die Künste, oder noch mehr im Singular die Kunst genannt. Unter den Griechen war die Kunst zur höchsten Vollkommenheit gestiegen. Alte Denkmähler der Kunst. Ein Liebhaber der Kunst. S. viele der folgenden Zusammensetzungen. Ja einzelne Künste werden zuweilen nur die Kunst schlechthin genannt, doch mit einem Beyworte. Die schwarze Kunst, eine Art in Kupfer zu graben, wo die Platte ganz mit Strichen über das Kreuz angefüllet, und hernach das verlangte Bild durch stärkere oder geringere Auslöschung dieser Striche hervor gebracht wird. Ein Kupferstich in schwarzer Kunst, der auf solche Art gearbeitet ist. In einem ganz andern Verstande ist die schwarze Kunst so viel als Hexerey, Zauberey; wo der Ausdruck eine übel gerathene buchstäbliche Übersetzung des mittlern Lat. Nigromantia ist, welches aus Necromantia verderbt worden. Aus allem erhellet, daß das Wort Kunst bloß die Fertigkeit in Anwendung der Ausübungssätze, und den Inbegriff dieser Vorschriften und Regeln ausdruckt, daß es also von allen denjenigen Disciplinen gebraucht werden kann, welche zu ihrer Ausübung eine solche Fertigkeit erfordern. Ja einerley Disciplin kann in verschiedener Betrachtung so wohl eine Kunde, als eine Kunst, als endlich auch eine Wissenschaft genannt werden. Die Arzeneykunde, ist die historische Kenntniß oder klare Vorstellung von allen zur Heilung des menschlichen Körpers nöthigen Dingen; die Arzeneykunst, die Fertigkeit in Ausübung der zur Heilung gehörigen Vorschriften, und die Arzeneywissenschaft endlich, die Einsicht der Gründe und die Fertigkeit diese Vorschriften aus unwidersprechlichen Gründen unumstößlich darzuthun. Eben so sind schöne Künste und schöne Wissenschaften unterschieden. 4. In noch engerer Bedeutung, Fertigkeit mit Mühe, Fleiß und Nachdenken verbunden; ohne Plural. Es ist viele Kunst an einem Gemählde. Der Ring ist mit vieler Kunst gearbeitet. Wo es oft im nachtheiligen Verstande von der sorgfältigen Anwendung willkührlicher Vorschriften gebraucht, und als- dann der Natur entgegen gesetzet wird, besonders in den Werken der Kunst, d. i. der bildenden Künste. Das schmeckt nach der Kunst. 5. Ein Werk der Kunst, ein durch Hülfe der Kunst hervor gebrachtes Ding. In dieser Bedeutung wird besonders eine künstliche Maschine, das Wasser aus der Tiefe zu heben, die Wasserkunst, das Kunstgezeug, und im gemeinen Leben nur schlechthin die Kunst genannt. Schwed. gleichfalls Konst. S. viele der folgenden Zusammensetzungen. Bey den Bäckern einiger Gegenden, z. B. zu Leipzig, ist die Kunst ein Kasten mit einem Boden von Drahte, das Wasser von dem genetzten Weitzen wieder wegzuschaffen. An andern Orten wird er die Wasserseige genannt. 6. * Gelehrsamkeit, Wissenschaft; von können, so fern es ehedem auch wissen bedeutete. Eine jetzt veraltete Bedeutung, in welcher Kunst bey dem Ottfried und Chunst bey dem Notker vorkommen.

Anm. Es stammet von können her, und sollte daher billig Kunnst geschrieben werden. Allein die Weglassung des einen n ist beynahe so alt als das Wort selbst, und hat auch die Beyspiele der Wörter Gunst, Brunst u. s. f. für sich. Im Dän. und Niedersächs. lautet es gleichfalls Kunst, im Schwed. Konst, im Pohln. Kunszt. Kero gebraucht dafür noch Listi, S. List.


Kunstbeflissene (W3) [Adelung]


Der Kunstbeflissene, des -n, plur. die -n, derjenige, welcher sich einer Kunst befleißiget, sie zu erlernen sucht.


Kunstdrechsler (W3) [Adelung]


Der Kunstdrechsler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Drechsler, welcher allerley zarte und künstliche Sachen verfertiget, welcher bey seinen Arbeiten mehr auf das Vergnügen, als auf das Bedürfniß siehet; zum Unterschiede von einem gemeinen Drechsler. S. Kunst 3 2).


Künsteln (W3) [Adelung]


Künsteln, verb. reg. act. Kunst anwenden, durch Kunst hervor bringen; gemeiniglich im nachtheiligen Verstande, welcher den meisten Diminutivis dieser Art anklebt. 1) Unnöthige, mühsame Kunst anwenden, und dadurch hervor bringen. Lange an einem Dinge künsteln. Der flüchtige Kitzel, womit die gekünstelten Gerichte die Zunge reitzen. 2) Durch die Kunst nachahmen, mit dem Nebenbegriffe des Falschen und Unechten. Gekünsteltes Gold. Eine gekünstelte Schönheit. Der Wein ist nicht natürlich, sondern gekünstelt. 3) Willkührliche Ausübungssätze mit Mühe und Ängstlichkeit anwenden. In diesem Verstande unterscheidet man in den schönen Künsten das Gekünstelte von dem Natürlichen. So auch die Künstelung.


Künsteley (W3) [Adelung]


Die Künsteley, plur. die -en, das Künsteln, und ein durch das Künsteln hervor gebrachtes Werk.


Kunstfärber (W3) [Adelung]


Der Kunstfärber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen sich die neuern Schönfärber oder Waidfärber an vielen Orten geben, weil sie mehrere und schönere Farben hervor zu bringen wissen, als die gemeinen Färber, welche anfänglich nur schwarz färbten, und daher auch Schwarzfärber genannt werden.


Kunstfäustel (W3) [Adelung]


Der Kunstfäustel, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Fäustel oder Hammer, welcher bey der Kunst, d. i. Wasserkunst, gebraucht wird. S. Kunst 5.


Kunstfeuer (W3) [Adelung]


Das Kunstfeuer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Feuer und brennender Körper, welchem durch Hülfe der Kunst allerley Farben und Gestalten gegeben werden. Ein Inbegriff mehrerer Kunstfeuer machen ein Feuerwerk aus, welches auch wohl selbst und zwar collective ein Kunstfeuer genannt wird.


Kunstgärtner (W3) [Adelung]


Der Kunstgärtner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Gärtner, welcher bey Ausübung seiner Kunst vornehmlich auf das Vergnügen der Menschen stehet; zum Unterschiede von einem gemeinen Gärtner, welcher auch Kohlgärtner, Krautgärtner, Obstgärtner u. s. f. genannt wird. S. Kunst 3. 2).


Kunstgenoß (W3) [Adelung]


Der Kunstgenoß, des -ssen, plur. die -ssen, derjenige, welcher mit einem andern einerley Kunst ausübet; der Kunstverwandte.


Kunstgestänge (W3) [Adelung]


Das Kunstgestänge, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, das Gestänge oder Stangenwerk, so fern es zu einer Wasserkunst gehöret; die Kunststangen. S. Kunst 5.


Kunstgezeug (W3) [Adelung]


Das Kunstgezeug, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, eine Wasserkunst, welche auch nur die Kunst schlechthin genannt wird. S. Kunst 5.


Kunstgraben (W3) [Adelung]


Der Kunstgraben, des -s, plur. die -gräben, eben daselbst, ein Graben, welcher das Wasser auf eine Wasserkunst führet. S. Kunst 5.


Kunstgriff (W3) [Adelung]


Der Kunstgriff, des -es, plur. die -e, ein jeder bey Ausübung einer Kunst nöthiger Handgriff. In engerer und figürlicher Bedeutung, eine nicht jedermann bekannte und durch die Fertigkeit erlangte Art, eine Sache zu behandeln; wo es oft in nachtheiligem Verstande von einer solchen Art zur Erreichung einer unerlaubten Absicht gebraucht wird. Sich allerley Kunstgriffe bedienen. Ein abgenutzter, verlegener Kunstgriff.


Kunsthandel (W3) [Adelung]


Der Kunsthandel, des -s, plur. inus. der Handel mit Werken der Kunst, d. i. der bildenden Künste, der Handel mit Mahlereyen, Kupferstichen, Bildwerken u. s. f. Daher der Kunsthändler, der mit solchen Sachen handelt. S. Kunst 3. 2).


Kunsthöhle (W3) [Adelung]


Die Kunsthöhle, plur. die -n, eine durch die Kunst zum Vergnügen gemachte Höhle; mit einem Französischen Worte, eine Grotte.


Kunstkammer (W3) [Adelung]


Die Kunstkammer, plur. die -n, ein Zimmer, in welchem nicht nur allerley Werke der bildenden Künste, sondern überhaupt künstliche zum Vergnügen gereichende Arbeiten aufbehalten werden. Der Vorgesetzte einer solchen Sammlung wird der Kunstkämmerer genannt.


Kunstknecht (W3) [Adelung]


Der Kunstknecht, des -es, plur. die -e, ein Knecht oder geringer Arbeiter, welcher dem Kunststeiger oder Kunstmeister in der Aufsicht über eine Wasserkunst untergeordnet ist. S. Kunst 5.


Kunstleder (W3) [Adelung]


Das Kunstleder, des -s, plur. ut nom. sing. Stücke Leder, womit eine Wasserkunst geliedert, d. i. an gewissen Stellen versehen wird. S. Kunst 5.


Künstler (W3) [Adelung]


Der Künstler, des -s, plur. ut nom. sing. ein jeder, welcher eine Kunst ausübet, und so fern er dieselbe ausübet. Ehedem Künstner, Künster, bey dem Kero Listar, bey dem Willeram Listmester, von List, Kunst. Er ist ein zu großer Künstler im Betruge. In engerer Bedeutung legt man diesen Nahmen denjenigen bey, welche die schönen Künste üben, wie den Mahlern, Baumeistern, Tanzmeistern u. s. f. Nur von Dichtern und Rednern ist es ungewöhnlich. Auch läßt es sich in den Zusammensetzungen nicht überall da gebrauchen, wo das Stammwort Kunst hergebracht ist. Man sagt zwar Tonkünstler, aber nicht Tanzkünstler, Mahlerkünstler u. s. f. so wie es auch von andern Künsten sich nicht überall in die Zusammensetzungen schickt. Man sagt Tausendkünstler, Schwarzkünstler, und seit einiger Zeit auch Meßkünstler, Scheidekünstler und Zahnkünstler, aber nicht Barbierkünstler, Rechenkünstler, Fechtkünstler, Reitkünstler u. s. f. obgleich das einfache Wort sich von den meisten, doch auch nicht von allen, Personen dieser Art gebrauchen lässet. So wird man einen geschickten Bereiter, Fechtmeister, Rechenmeister nicht leicht einen Künstler nennen. Eben so eingeschränkt ist das weibliche Geschlecht, die Künstlerinn, welches man wohl von weiblichen Personen gebrauchen kann, welche eine oder die andere Kunst üben, oder darin erfahren sind, aber nicht von der Gattinn eines Künstlers.


Künstlich (W3) [Adelung]


Künstlich, -er, -ste, adj. et adv. Kunst besitzend und darin gegründet; doch nur in der zweyten, dritten und vierten Bedeutung des Hauptwortes. 1) Der künstliche Tag, das künstliche Jahr, in der Chronologie, im Gegensatze der natürlichen, die genau nach dem Sonnenlaufe berechnete Dauer des Tages oder des Jahres. ( S. Kunst 2). 2) Kunst besitzend. Ein künstlicher Mann. Es ist sehr künstlich. Ingleichen in der Kunst gegründet, zu dessen Hervorbringung Fertigkeit in Anwendung der Übungssätze erfordert wird, und in engerer Bedeutung mit Einschließung des Nachdenkens, des Fleißes. Eine künstliche Arbeit. Das ist sehr künstlich. 3) In engerer Bedeutung, im Gegensatze des natürlichen, durch Fertigkeit erworben. Diese Miene ist dir nicht natürlich, sie ist künstlich. 4) Mit dem Nebenbegriffe des Unechten, des Falschen, durch die Kunst nachgemacht, gekünstelt. Künstliches Gold. Eine künstliche Schönheit. 5) Listig, ränkvoll. Eine künstliche Ausflucht. Eine sehr künstliche Lüge. Bey dem Willeram kunstig, im Dän. kunstig.


Kunstliebhaber (W3) [Adelung]


Der Kunstliebhaber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kunstliebhaberinn, eine Person, welche eine Kunst liebt, welche ein lebhaftes Gefühl für eine Kunst, und in engerer Bedeutung für die bildenden Künste hat, S. Kunst 3. 2).


Kunstlos (W3) [Adelung]


Kunstlos, -er, -ste, adj. et adv. ohne Kunst, d. i. ohne durch Übung erlangte Fertigkeit, und in diesem Mangel gegründet. Ein kunstloses Gemählde. In einem edlern Verstande heißt die Natur kunstlos, so fern ihre zum Vergnügen des Menschen gereichenden Veränderungen nach unveränderlichen Gesetzen erfolgen, und keine erst durch Übung mühsam erlangte Fertigkeit voraus setzen. So auch die Kunstlosigkeit.


Kunstmäßig (W3) [Adelung]


Kunstmäßig, -er, -ste, adj. et adv. den Regeln der Kunst gemäß.


Kunstmeister (W3) [Adelung]


Der Kunstmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der Vorgesetzte einer Wasserkunst, eine im Baue einer Wasserkunst und deren Erhaltung erfahrene Person. S. Kunst 5.


Kunstpfeifer (W3) [Adelung]


Der Kunstpfeifer, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Nahme der Stadt-Musikanten, so fern sie ihre Kunst zum Vergnügen anderer ausüben.


Kunstrad (W3) [Adelung]


Das Kunstrad, des -es, plur. die -räder, ein Rad, welches eine Wasserkunst treibet, das große Rad an einer Wasserkunst, S. Kunst 5.


Kunstreich (W3) [Adelung]


Kunstreich, -er, -ste, adj. et adv. reich an Kunst, einen hohen Grad der Fertigkeit in Hervorbringung eines Werkes besitzend, und darin gegründet.


Kunstrichter (W3) [Adelung]


Der Kunstrichter, des -s, plur. ut nom. sing. eine Person, welche ein Geschäft daraus macht, die Producte der freyen oder schönen Künste, welche vorzüglich Künste genannt werden, zu beurtheilen. In weiterer Bedeutung, ein jeder, welcher die gelehrten Arbeiten beurtheilet, oder zu beurtheilen unternimmt. Eine solche Person weiblichen Geschlechtes könnte man auch eine Kunstrichterinn nennen. Man hat dieses Wort in den neuern Zeiten und vermuthlich erst in dem gegenwärtigen Jahrhunderte eingeführet, das Griech. Kritikus auszudrucken, ungeachtet dieses zunächst einen Verbesserer der alten Schriftsteller bedeutete. Schottel zu dessen Zeit Kunstrichter noch nicht bekannt war, brachte dafür Sprachrichter und Klügelmeister in Vorschlag, welche letztere Benennung vielen unserer heutigen so genannten Kunstrichter vollkommen angemessen seyn würde, so wie die Abstammung des Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - einen andern hervor stehenden Zug ihres Charakters sehr treffend ausdruckt. Denn daß dieses mit dem Nieders. Kreet, Krit, Zank, Streit, Hader, kriten, schreyen, zanken, Kritteler, ein Zänker u. s. f. verwandt sey, haben schon andere eingesehen. Die abgeleiteten kunstrichtern, kunstrichterlich, Kunstrichterey u. s. f. lassen sich wohl im Scherze und im verächtlichen Verstande gebrauchen, aber für die edle ernsthafte Schreibart schicken sie sich nicht.


Kunstring (W3) [Adelung]


Der Kunstring, des -es, plur. die -e, im Bergbaue, ein an der Wasserkunst befindlicher Ring. S. Kunst 5.


Kunstschacht (W3) [Adelung]


Der Kunstschacht, des -es, plur. die -schächte, eben daselbst, ein zum Behuf einer Wasserkunst angelegter Schacht, ein Schacht, in welchem sich das Kunstgestänge befindet; der Wasserschacht, zum Unterschiede von einem Fahrschachte, Förderschachte u. s. f.


Kunstschloß (W3) [Adelung]


Das Kunstschloß, des -sses, plur. die -schlösser, eben daselbst, eiserne Ringe und Schrauben, welche zwey Kunststangen mit einander verbinden.


Kunstsprache (W3) [Adelung]


Die Kunstsprache, plur. die -n, die in einer Kunst übliche Art sich auszudrucken, der Inbegriff aller zu einer Kunst gehörigen Kunstwörter. So hat jede Wissenschaft, jede Kunst, jedes Handwerk, ja fast jede Beschäftigung ihre eigene Kunstsprache, worin die dahin gehörigen Dinge und Veränderungen kurz und den Kunstgenossen deutlich ausgedruckt werden.


Kunststange (W3) [Adelung]


Die Kunststange, plur. die -n, die Stangen an einer Wasserkunst oder an einem Kunstgestänge, besonders im Bergbaue. S. Kunst 5.


Kunststeiger (W3) [Adelung]


Der Kunststeiger, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst, ein Bergmann, welcher die Wasserkunst unter seiner Aufsicht hat. S. Steiger.


Kunststück (W3) [Adelung]


Das Kunststück, des -es, plur. die -e, ein durch Kunst, oder mit Kunst hervor gebrachtes Stück, ein Werk, eine Veränderung, welche eine besondere Fertigkeit erfordert, so fern sie ein Beweis derselben ist. Ein Kunststück machen, erfinden. Ein Kunststück zeigen, sehen lassen.


Kunsttrieb (W3) [Adelung]


Der Kunsttrieb, des -es, plur. die -e, bey den Thieren, die ihnen angeborene Fertigkeit, gewisse der menschlichen Kunst ähnliche zusammen gesetzte Wirkungen hervor zu bringen; eine Art des Naturtriebes oder Instinctes.


Kunstverständige (W3) [Adelung]


Der Kunstverständige, des -n, plur. die -n, derjenige, welcher eine Kunst verstehet, und von einem Künstler und bloßen Kunstlieber noch verschieden ist.


Kunstverwandte (W3) [Adelung]


Der Kunstverwandte, des -n, plur. die -n, S. Kunstgenoß.


Kunstwerk (W3) [Adelung]


Das Kunstwerk, des -es, plur. die -e, ein Werk der Kunst, ein durch oder mit Kunst hervor gebrachtes Ding. In engerer Bedeutung wird ein Product der bildenden Künste ein Kunstwerk genannt.


Kunstwinde (W3) [Adelung]


Die Kunstwinde, plur. die -n, im Bergbaue, eine Winde, die zerbrochenen Kunststangen wieder an einander zu fügen. Siehe Kunst 5.


Kunstwort (W3) [Adelung]


Das Kunstwort, des -es, plur. die -wörter, ein Wort, einen einer Wissenschaft, Kunst oder Beschäftigung eigenen Begriff auf eine kurze und den Kunstgenossen verständliche Art auszudrucken; Terminus technicus. ( S. Kunstsprache). Die Kunstwörter mancher alten Hantierungen und Lebensarten, z. B. der Bergleute, Jäger, Fischer, und zum Theils auch der Schuster, Weber u. s. f. sind sehr schätzbare Überreste der alten Sprache, so wie sie zu der Zeit, als sich diese Lebensart zu bilden anfing, üblich war, daher man sie nicht sorgfältig genug sammeln kann. Es verräth daher nicht wenig Unwissenheit, wenn man diese Kunstwörter einem lächerlichen Triebe, etwas besonderes zu haben, zuschreibt, und sich z. B. darüber kitzelt, wenn die Jäger die Ohren eines Hasen Löffel und die Füße Läufe nennen. Dieß waren in den ältesten Zeiten gangbare Ausdrücke, welche uns in sehr vielen Fällen die wahren und ursprünglichen Bedeutungen der Wörter kennen lehren.


Kunstzeug (W3) [Adelung]


Das Kunstzeug, des -es, plur. die -e. 1) Eine Wasserkunst, besonders im Bergbaue. 2) Alles was zu Anlegung einer Wasserkunst erfordert wird, die Theile derselben; als ein Collectivum und ohne Plural. S. Kunst 5.


Kunz (W3) [Adelung]


1. Kunz, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, ein Nahme des Katers, welcher in andern Heinz genannt wird, ( S. Kater.) In andern führet der Eber den Nahmen des Kunzes, Kuntsches oder Saukuntsches, wo es mit dem Wend. Kunta, der Eber, überein kommt.


Kunz (W3) [Adelung]


3. Der Kunz, Kunzer, Kunzen, im gemeinen Leben ein männlicher Taufnahme, welcher aus Conrad verderbt oder vielmehr zusammen gezogen ist. Es sey Kunz oder Heinz.


Küpe (W3) [Adelung]


Die Küpe, plur. die -n, ein vornehmlich in Niedersachsen übliches Wort, wo es theils einen geflochtenen Koder, theils aber auch einen Kübel und eine Kufe bedeutet, ( S. diese Wörter). Eine Kupe Bier ist in Berlin ein Bierfaß von bestimmter Größe, ungefähr das was in Meißen eine Kufe ist, indem sie 2 Faß, 4 Tonnen, 16 Ähmchen oder 384 Quart oder Maß hält. Im Hochdeutschen ist es nur bey den Wollfärbern üblich, wo es einen kupfernen Kessel bedeutet, in welchem die Wolle blau gefärbet wird, daher derselbe auch die Blauküpe, heißt. Figürlich druckt es bey ihnen auch die Mischung und Zubereitung der Ingredienzien aus, welche zum blau Färben erfordert werden. Eine Küpe anstellen, die blaue Farbe in dem Kessel zubereiten. Es bedeutet eigentlich ein jedes hohles Gefäß und gehöret zu dem Geschlechte der Wörter Koben, Kober, Kübel, Kufe, Kaue und so ferner.


Küper (W3) [Adelung]


Der Küper, des -s, plur. ut nom. sing. ein Böttcher, welcher Kufen, d. i. große hölzerne Gefäße, besonders Weingefäße, verfertiget, und zugleich mit dem Weine umzugehen weiß, siehe Küfer. In Niedersachsen, wo dieses Wort eigentlich einheimisch ist, ist der Küper ein Faßbinder, welcher den Kaufleuten bey dem Einpacken und Besichtigen der Waaren hilft, besonders solcher, welche in Fässer gepackt werden.


Küpern (W3) [Adelung]


Küpern, bey den Webern, S. Köper.


Kupfer (W3) [Adelung]


1. Das Kupfer, des -s, plur. car. ein Collectivum, braunrothe Blattern oder große Finnen im Gesichte zu bezeichnen. Kupfer im Gesichte haben, solche Blattern oder Finnen. Daher kupferig, dergleichen Finnen habend. Sehr kupferig aussehen. Ein kupferiges Gesicht. Man siehet es in dieser Bedeutung gemeiniglich als eine Figur des folgenden Wortes an, weil dergleichen Finnen dem Kupfer in der Farbe gleichen. Allein es scheinet vielmehr ein eigenes zu Kuppe gehöriges Wort zu seyn, welches eigentlich eine Erhöhung ausdruckt. Im Dän. und Schwed. werden die Pocken oder Blattern im Plural Koppor, Kopper, genannt, welches Wort in der einfachen Zahl Koppa und Koppe hat, und von Koppar, Dän. Kobbar, Kupfer, gar sehr verschieden ist. S. Kuppe.


Kupfer (W3) [Adelung]


2. Das Kupfer, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. ein röthliches unedles Metall, welches viele Geschmeidigkeit besitzet und auf dem Bruche körnig ist, ohne doch einen besondern Glanz zu zeigen. 1. Eigentlich. Kupfer schmelzen. In Kupfer arbeiten. Ein Geschirr von Kupfer. Geld aus Kupfer schlagen. In Kupfer stechen, Figuren mit dem Grabstichel in eine kupferne Platte graben, um solche hernach auf Papier abzudrucken. Der Plural ist von mehrern Arten oder Quantitäten im Hüttenbaue sehr gangbar. 2. Figürlich. 1) Kupferne Geschirre werden zuweilen nur Kupfer genannt. Viel Zinn und Kupfer haben, viele zinnerne und kupferne Geschirre. Das Kupfer scheuern. 2) Ein Blatt, worauf eine in Kupfer gestochene Figur oder eine Kupferplatte abgedruckt worden, ein Kupferstich; wo nicht nur der Plural, sondern auch das Diminutivum das Küpferchen, Oberd. Küpferlein üblich sind. Ein Buch mit vielen Kupfern. Mit Kupfern handeln, mit Kupferstichen.

Anm. In der ersten Bedeutung bey dem Ottfried Kuphar, bey dem Stryker Chopher, im Nieders. Kopper, im Angels. Cyper, im Engl. Copper, im Dän. Kobber, im Schwed. Koppar, im Franz. Cuivre, im Span. Cobra, im mittlern Lat. Cuprum, Cyprinum Cooricum; alle aus dem Latein. Aes Cyprium, welchen Nahmen dieses Metall bey den Römern führete, weites, wie Festus versichert, sehr häufig aus der Insel Cypern gebracht wurde, daher sie auch bey den ältern Lateinern Aerosa hieß.


Kupferasche (W3) [Adelung]


Die Kupferasche, plur. inus. eine in Asche verwandeltes Kupfer, welche man durch mehrmahliges Glühen des Kupfer oder des Hammerschlages von dem Kupfer erhält. In dem Hüttenbaue werden auch die kleinen Kupfertheilchen, welche bey dem Abscheuern der aufgetieften Kupferkessel abgehen, Kupferasche genannt.


Kupferbergwerk (W3) [Adelung]


Das Kupferbergwerk, des -es, plur. die -e, ein Bergwerk, in welchem vornehmlich auf Kupfer gebauet wird.


Kupferblatt (W3) [Adelung]


Das Kupferblatt, des -es, plur. die -blätter, ein Blatt Papier, auf welchem eine in Kupfer gestochene Figur abgedruckt ist; ein Kupferstich, ein Kupfer.


Kupferblau (W3) [Adelung]


Das Kupferblau, indecl. im Bergbaue, ein derbes und festes Bergblau, zum Unterschiede von dem Kupferocher, siehe Bergblau.


Kupferblume (W3) [Adelung]


Die Kupferblume, plur. die -n, im Bergbaue, verwitterte Farben auf den Erzen und Mineralien, welche aber kein Kupfer enthalten. Ingleichen Erze, auf welchen sich solche verwitterte Farben befinden.


Kupferblüthe (W3) [Adelung]


Die Kupferblüthe, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, eben daselbst, ein kupferrothes federiges Mineral, welches in einigen Gegenden gefunden wird, dessen Kupfergehalt aber noch nicht ausgemacht ist. In andern Gegenden gibt man einem Gesteine, in welchem sich gelbes Kupfererz oder auch wohl gediegenes Kupfer befindet, diesen Nahmen. Auch die Kupferblumen werden von einigen Kupferblüthe genannt.


Kupferbraun (W3) [Adelung]


Das Kupferbraun, indecl. der kleine oder dünne Hammerschlag von dem Kupfer. Kesselbraun; zum Unterschiede von dem gröbern, welcher Kupferschlag genannt wird. Auch eine braune kupferhaltige Erde in einigen Gegenden unter diesem Nahmen bekannt.


Kupferdorn (W3) [Adelung]


Der Kupferdorn, des -es, plur. die -dörner, in dem Hüttenbaue, dasjenige Kupfer, von welchem in den Seigerhütten das Silber vermittelst des Bleyes geseigert worden.


Kupferdrucker (W3) [Adelung]


Der Kupferdrucker, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher ein Geschäft daraus macht, die von dem Kupferstecher gestochenen Kupferplatten auf Papier abzudrucken.


Kupfererz (W3) [Adelung]


Das Kupfererz, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, ein Erz, dessen einziger oder doch vornehmster Gehalt Kupfer ist, ein Mineral, in welchem sich vererztes Kupfer befindet.


Kupferfeil (W3) [Adelung]


Das Kupferfeil, des -es, plur. inus. gefeiltes Kupfer.


Kupfergang (W3) [Adelung]


Der Kupfergang, des -es, plur. die -gänge, im Bergbaue, ein Gang, oder gangartiges Gestein, in welchem allein oder doch vornehmlich Kupfererze brechen.


Kupfergehalt (W3) [Adelung]


Der Kupfergehalt, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, der Gehalt eines Körpers an Kupfer, die Quantität Kupfer, welche ein Körper in sich enthält; im Bergbaue der Kupferhalt.


Kupfergeist (W3) [Adelung]


Der Kupfergeist, des -es, plur. inus. in der Chymie, die Säure des sehr concentrirten Weingeistes, welche man erhält, wenn man Grünspan mit Weinessig destilliret; Kupfer-Spiritus.


Kupfergelb (W3) [Adelung]


Das Kupfergelb, indecl. im Bergbaue, gelb angelaufenes Kupfererz.


Kupfergeld (W3) [Adelung]


Das Kupfergeld, des -es, plur. inus. aus Kupfer geschlagenes Geld.


Kupfergilbe (W3) [Adelung]


Die Kupfergilbe, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, die -n, im Bergbaue, eine Gilbe, d. i. metallische Erde, welche Kupfer enthält, eine Art des Kupferochers oder Kupfergrünes.


Kupferglas (W3) [Adelung]


Das Kupferglas, des -es, plur. inus. eben daselbst, ein schwarzgraues, bläuliches, reichhaltiges Kupfererz, welches dem Glaserze gleichet, von dem Kupferlasure wenig unterschieden ist, und ein mit Schwefel vererztes Kupfer ist.


Kupfergrün (W3) [Adelung]


Das Kupfergrün, indecl. ein jeder Kupferkalk, Kupferrost, oder verwittertes, seiner metallischen Gestalt beraubtes Kupfer, von grüner Farbe. Daher der Grünspan von vielen auch nur Kupfergrün genannt wird. Im Bergbaue führet diesen Nahmen ein grüner Beschlag, welcher sich von verwittertem Kupfer auf manchen Steinarten setzet. In engerer Bedeutung führet ein derber und fester Kupferocher, welcher zu den grünen Kupfererzen gehöret, daselbst den Nahmen des Kupfergrün, in welchem Falle es zugleich ein grünes Kupfererz ist.


Kupferhalt (W3) [Adelung]


Der Kupferhalt, S. Kupfergehalt.


Kupferhaltig (W3) [Adelung]


Kupferhaltig, adj. et adv. Kupfer enthaltend. Kupferhaltiges Wasser, Kupferwasser. Kupferhaltiges Erz, Kupfererz.


Kupferhammer (W3) [Adelung]


Der Kupferhammer, des -s, plur. die -hämmer. 1) Im Hüttenbaue, ein großer Hammer mit einer breiten Bahn, das Kupfer damit breit zu schlagen. 2) Ein Hammerwerk, wo das Kupfer verarbeitet wird.


Kupferhandel (W3) [Adelung]


Der Kupferhandel, des -s, plur. inus. der Handel mit Kupfer. Noch mehr aber, der Handel mit Kupferstichen. Daher der Kupferhändler, der mit Kupferstichen handelt.


Kupferhieke (W3) [Adelung]


Die Kupferhieke, plur. die -n, ein grün beschlagener Kupferkies, welcher in rundlichen Stücken von der Größe der Erbsen oder Bohnen in verschiedenen Schieferarten angetroffen wird. S. Hieke.


Kupfericht (W3) [Adelung]


Kupfericht, -er, -ste, adj. et adv. dem Kupfer ähnlich. Kupfericht schmecken. Ein kupferichter Geschmack. Manches Silbergeld siehet sehr kupfericht aus.


Kupferig (W3) [Adelung]


1. Kupferig, oder Küpferig, adj. et adv. von 1. Kupfer, braunrothe Blattern im Gesichte habend. Ein kupferiges Gesicht. Kupferig aussehen.


Küpferig (W3) [Adelung]


Küpferig, S. 1. Kupferig


Kupferig (W3) [Adelung]


2. Kupferig, adj. et adv. von 2. Kupfer, Kupfer enthaltend, wofür doch kupferhaltig üblicher ist.


Kupferkies (W3) [Adelung]


Der Kupferkies, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, ein kupferhaltiger Kies, ein gelbes oder grüngelbes Kupfererz, welches aus Kupfer, Eisen, Schwefel und Arsenik bestehet, und das gemeinste Kupfererz ist.


Kupferkönig (W3) [Adelung]


Der Kupferkönig, des -es, plur. die -e, im Hüttenbaue, das Stück Kupfer, welches sich bey dem Probiren unten im Tiegel setzet. Ingleichen das Stück Kupfer, welches bey dem Machen des Schwarzkupfers im Herde zurück bleibt. S. König.


Kupferlachs (W3) [Adelung]


Der Kupferlachs, des -es, plur. inus. in den Küchen, ein Nahme des frischen Lachses vom Iulius an, weil es alsdann im Kochen kupferfarbig oder braunroth wird.


Kupferlasur (W3) [Adelung]


Der Kupferlasur, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, ein blaues Kupfererz, von einer schönen, blauen, aber im Feuer unbeständigen Farbe, welches keine Politur annimmt, aber weil es am wenigsten Eisen, Schwefel und Arsenik enthält, mit leichter Mühe vieles und gutes Kupfer gibt. Es muß mit dem Lasursteine nicht verwechselt werden. Auch der Kupferkies wird, wenn er lange an der Luft gelegen hat, und daher mit mancherley schönen Farben überzogen worden, Kupferlasur oder Lasurerz und Pfauenschweif genannt. Bey einigen Schriftstellern die Kupferlasur.


Kupferleg (W3) [Adelung]


Das Kupferleg, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, im Hüttenbaue, ein Gemisch von Kupfer, Eisen und Arsenik, welches sich bey dem Machen des Schwarzkupfers zwischen die Kupferschlacke und das Schwarzkupfer leget, daher es auch den Nahmen hat.


Kupfermulm (W3) [Adelung]


Der Kupfermulm, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, ein brauner, gelber und grauer Kupferocher, welcher aus verwitterten Kupfererzen entstehet. S. Mulm.


Kupfern (W3) [Adelung]


Kupfern, im gemeinen Leben küpfern, adj. et adv. aus Kupfer verfertiget. Kupferne Gefäße. Ein kupfernes Dach.


Kupfernickel (W3) [Adelung]


Der Kupfernickel, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. ein rothgelbes dichtes und mit vielem Arsenik durchsetztes Kupfererz, welches Arsenik, Schwefel, Farbenkobalt, Eisen und Kupfer enthält, und auch unter die Kobalterze gerechnet wird. S. Nickel.


Kupferocher (W3) [Adelung]


Der Kupferocher, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. in Ocher aufgelösetes Kupfer, ein verwittertes Kupfer in lockerer erdiger Gestalt; Kupfererde, Kupferasche. Der blaue Kupferocher wird auch Bergblau, und der grüne Berggrün, Kupfergrün genannt.


Kupferöhl (W3) [Adelung]


Das Kupferöhl, des -es, plur. inus. in der Chymie, Salz, welches aus der Vereinigung mit der Salpetersäure entstanden, wenn es an der Luft flüssig geworden.


Kupferplatte (W3) [Adelung]


Die Kupferplatte, plur. die -n, eine Platte von Kupfer, besonders so, wie die Kupferstecher dieselben gebrauchen, da denn so wohl die gestochenen als ungestochenen Platten diesen Nahmen führen.


Kupferpresse (W3) [Adelung]


Die Kupferpresse, plur. die -n, die Presse des Kupferdruckers; eigentlich die Kupferdruckerpresse.


Kupferprobe (W3) [Adelung]


Die Kupferprobe, plur. die -n, in dem Hüttenbaue, die Probe, welche mit den Kupfererzen angestellet wird, ihren Kupfergehalt zu erforschen.


Kupferrauch (W3) [Adelung]


Der Kupferrauch, des -es, plur. aber nur von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e. 1) Im Hüttenbaue, ein grünlicher Ruß, welcher sich bey Schmelzung des Schwarzkupfers von dem dabey befindlichen Schwefel und Arsenik anleget, und woraus hernach Vitriol gesotten wird; Kupferruß. 2) In den Goßlarischen Bergwerken führet eine Art des Atramentsteines, welcher aus einem Gemenge von verwittertem kleinen Kieserze und Schiefer bestehet, und worin sich vieler Vitriol erzeuget, vielleicht wegen der Ähnlichkeit in der Gestalt, den Nahmen des Kupferrauches. Vermuthlich wird daher auch der Kupfervitriol selbst im Schwed. Kopparrök, im Franz. Couperose und im Engl. Copperas genannt.


Kupferrost (W3) [Adelung]


Der Kupferrost, des -es, plur. inus. 1) Ein jeder Rost des Kupfers, d. i. verwittertes Kupfer. 2) Im Hüttenbaue wird auch der sechs Mahl zugebrannte Sporstein, welcher von dem Mittelsteine durchstochen worden, Kupferrost genannt.


Kupferroth (W3) [Adelung]


Kupferroth, adj. et adv. dem Kupfer an Röthe gleich, eine metallische lichte, gelbrothe Farbe habend. Im Bergbaue wird auch ein röthlicher Kupferocher, welcher ein verwittertes Kupferglas ist, das Kupferroth genannt.


Kupferröthe (W3) [Adelung]


Die Kupferröthe, plur. inus. im Bergbaue, gewachsenes oder gediegenes Kupfer in fester Gestalt.


Kupferruß (W3) [Adelung]


Der Kupferruß, des -es, plur. inus. S. Kupferrauch.


Kupfersau (W3) [Adelung]


Die Kupfersau, plur. die -en, im Hüttenbaue, ein Nahme des in Scheiben bestehenden Schwarzkupfers, so fern es zerschlagen und anderm Kupfersteine wieder zugesetzet wird. S. Sau 1.


Kupferscheibe (W3) [Adelung]


Die Kupferscheibe, plur. die -n, eben daselbst, die Scheiben oder Kuchen, welche bey dem Schmelzen des Kupfers abgehoben werden.


Kupferschere (W3) [Adelung]


Die Kupferschere, plur. die -n, in den Seigerhütten, eine große eiserne Schere, die kupfernen Bleche damit zu beschneiden.


Kupferschiefer (W3) [Adelung]


Der Kupferschiefer, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. ein kupferhaltiger Schiefer, in welchem Kupfererz enthalten ist.


Kupferschlacke (W3) [Adelung]


Die Kupferschlacke, plur. die -n, die Schlacken, welche bey dem Schmelzen des Schwarzkupfers von den Kupfererzen abgehen.


Kupferschlag (W3) [Adelung]


Der Kupferschlag, des -es, plur. inus. dasjenige, was von dem Kupfer, wenn dasselbe gehämmert wird, in Gestalt kleiner Blätter abspringet. S. Kupferbraun.


Kupferschmid (W3) [Adelung]


Der Kupferschmid, des -s, plur. die -schmiede, ein Schmid, welcher in Kupfer arbeitet, ein Handwerker, welcher allerley Geräth aus Kupfer verfertiget; Nieders. Koppersläger.


Kupferschröter (W3) [Adelung]


Der Kupferschröter, des -s, plur. ut nom. sing. im Hüttenbaue, ein eisernes Werkzeug, die zu den Proben nöthigen kleinen Stückchen aus dem Schwarzkupfer zu schroten oder zu bauen.


Kupferschwärze (W3) [Adelung]


Die Kupferschwärze, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, die -n, im Bergbaue, ein schwarzes hartes Pulver, welches reich an Kupfer ist.


Kupfer-Spiritus (W3) [Adelung]


Der Kupfer-Spiritus, plur. inus. S. Kupfergeist.


Kupferstecher (W3) [Adelung]


Der Kupferstecher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler, welcher Figuren mit dem Grabstichel in kupferne Platten gräbt, welche hernach auf Papier abgedruckt werden. Siehe Kupferstich.


Kupferstein (W3) [Adelung]


Der Kupferstein, des -es, plur. die -e, in dem Hüttenbaue, ein mehrmahls gerösteter Rohstein, welcher bereits alles Silber und Bley verloren hat, und nur noch sein Kupfer enthält.


Kupferstich (W3) [Adelung]


Der Kupferstich, des -es, plur. die -e, in kupferne Platten gestochene Figuren, besonders nachdem sie auf Papier abgedruckt worden, der Abdruck einer in Kupfer gestochenen Platte, welcher auch nur ein Kupfer schlechthin genannt wird; zum Unterschiede von einem Holzschnitte. Eine Sammlung von Kupferstichen. Im Schwed. Kopparstycke, welches eigentlich Kupferstück bedeutet, wie dieses Wort auch wirklich in einigen Oberdeutschen Gegenden lautet. Im Dänischen sagt man so wohl Kobberstick als Kobberstycke.


Kupferstufe (W3) [Adelung]


Die Kupferstufe, plur. die -n, eine Stufe, d. i. Stück, Kupfererzes.


Kupferthaler (W3) [Adelung]


Der Kupferthaler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Schwedische kupferne Münze, welche 3 Gr. 6 Pf. gilt, den Louis d'Or zu 5 Thlr. gerechnet.


Kupfer-Vitriol (W3) [Adelung]


Der Kupfer-Vitriol, des -es, plur. inus. der blaue Vitriol, welcher ein durch Säuren aufgelösetes Kupfer ist, welches wieder zu Krystallen eingedicket worden; zum Unterschiede von dem Silber-Vitriol, Eisen-Vitriol und Zink-Vitriol. Im gemeinen Leben pflegt man den Kupfer-Vitriol auch Kupferwasser zu nennen. Allein in den Fabriken unterscheidet man beyde. Man nennet daselbst den kupferreichsten Vitriol Kupfer-Vitriol oder Vitriol schlechthin, und den geringern, wässerigen, welcher aber gemeiniglich ein Eisen-Vitriol ist, Kupferwasser.


Kupferwasser (W3) [Adelung]


Das Kupferwasser, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. 1) Siehe das vorige. 2) Ein kupferhaltiges Wasser, dergleichen die Cement-Wasser sind.


Kupferzuschlag (W3) [Adelung]


Der Kupferzuschlag, des -es, plur. aber nur von mehrern Arten oder Quantitäten, die -schläge, im Hüttenbaue, weiche und veränderte Bleyschlacken, welche zu Schwarzkupfer verarbeitet werden.


Kuppe (W3) [Adelung]


Die Kuppe, plur. die -n, Diminut. das Küppchen, ein in verschiedenen Fällen des gemeinen Lebens übliches Wort, den rundlichen Gipfel, ingleichen die rundliche Spitze eines Dinges zu bezeichnen. So wird der Gipfel eines Berges sehr häufig die Koppe oder Kuppe genannt. Die Spitzen der Finger heißen Kuppen oder Fingerkuppen. Die Köpfe der Nägel und Stecknadeln heißen gleichfalls Kuppen, ja manche Arten von Nägeln mit vorzüglich großen Köpfen, wie z. B. die Radnägel sind, werden Kuppnägel, oder nur Kuppen oder Radekuppen genannt. Es ist mit Koppe und Kopf genau verwandt.


Kuppel (W3) [Adelung]


1. Die Kuppel, ein Band, ingleichen eine Anzahl mit einander verbundener Dinge, S. Koppel.


Kuppel (W3) [Adelung]


2. Die Kuppel, plur. die -n, ein rundes Dach in Form einer Halbkugel, ein Kugelgewölbe, so fern es das Dach eines Gebäudes oder eines Theiles desselben ausmacht. Eine gedrückte Kuppel, welche niedriger ist, als eine Halbkugel, zum Unterschiede von einer erhöheten Kuppel, welche höher ist. Es ist mit der Sache selbst zunächst aus dem Ital. Cupola, Franz. Coupe, Coupole, zu uns gekommen; ist aber dessen ungeachtet mit Kuppe, Kufe, Küpe, Kober, Kaue und andern dieses Geschlechtes genau verwandt. S. auch Dom. Im mittlern Lat. Cuppula.


Kuppeldach (W3) [Adelung]


Das Kuppeldach, des -es, plur. die -dächer, ein Dach in Gestalt einer Kuppel; eine Kuppel.


Kuppeley (W3) [Adelung]


Die Kuppeley, plur. die -en, das Kuppeln, ohne Plural; ingleichen einzelne Handlungen dieser Art, mit dem Plural. Beydes nur im gemeinen Leben.


Kuppeln (W3) [Adelung]


Kuppeln, verb. reg. act. welches mit koppeln ein und eben dasselbe Wort ist, aber nur in einigen Fällen gebraucht wird. 1) Für koppeln, d. i. verbinden, im eigentlichen Verstande, ist es in der Baukunst üblich, wo gekuppelte Säulen zwey Säulen sind, welche so nahe bey einander stehen, daß sie sich mit ihren breitesten Theilen berühren. Gekuppelte Bildsäulen, welche aus Einem Stücke gemacht sind, und auf Einem Fuße stehen. 2) Figürlich, eine Verbindung zwischen zwey Personen verschiedenen Geschlechtes stiften. So wohl von einer ehelichen Verbindung, wo es theils nur in der niedrigen Sprechart, theils nur im verächtlichen Verstande gebraucht wird. Zwey Personen zusammen kuppeln. Als auch von einer unerlaubten Verbindung bloß zur Befriedigung sinnlicher Begierden; wo es auch absolute üblich ist. Kuppeln, d. i. zweyen Personen verschiedenen Geschlechtes zur Befriedigung der Wollust behülflich seyn, beyde, oder doch einen Theil dazu zu bereden suchen.

Anm. In der letzten Bedeutung auch im Dänischen koble, im Schwed. koppla. Im Nieders. ruffeln, welches aber auch ein geheimes Verständniß in unerlaubten Dingen haben bedeutet, welches man im gemeinen Leben der Hochdeutschen durch kaupeln, solche Personen Kaupler und Kauplerinnen, solche Handlungen aber Kaupeleyen zu nennen pfleget; welche Wörter mit kuppeln verwandt zu seyn scheinen. S. Koppeln.


Kuppelpelz (W3) [Adelung]


Der Kuppelpelz, des -es, plur. die -e, im figürlichen Scherze, die Belohnung für eine gestiftete Heirath. Einen Kuppelpelz bekommen, verdienen. S. Kuppeln 2.


Kuppler (W3) [Adelung]


Der Kuppler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kupplerinn, im verächtlichen Verstande, eine Person, welche zwischen zwey andern Personen eine Heirath zu stiften sucht. Noch häufiger aber, eine Person, welche eine unerlaubte fleischliche Vermischung zwischen Personen zweyerley Geschlechtes zu stiften sucht, ( S. Kuppeln.) Im Schwed. Kopplare, im Böhm. Kuplir, im Oberd. ehedem Kyffton, im Nieders. Kuffeler, Kuffelerske, Kuffelwieb, im Ital. Ruffiano, im Franz. Ruffien, in dem alten Augsburgischen Stadtbuche Haufenmacherinn, oder nach dem Schilter Aufmacherinn, in einem 1477 zu Augsburg gedruckten Vocabulario Bobenfrawe, Declach, bey den Schwäbischen Dichtern Fuegerinne, im mittlern Lat. Conductor.


Kuppmeise (W3) [Adelung]


Die Kuppmeise, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der Haubenmeise, wegen der Kuppe oder des Schopfes, welchen sie auf dem Kopfe hat. S. Haubenmeise und Kuppe.


Kuppnagel (W3) [Adelung]


Der Kuppnagel, des -s, plur. die -nägel, ein Nagel mit einer Kuppe, d. i. starken Kopfe. S. Kuppe.


Kuranzen (W3) [Adelung]


Kuranzen, S. Koranzen.


Küraß (W3) [Adelung]


Der Küraß, des -sses, plur. die -sse, eine eiserne Bekleidung des Leibes im Kriege; ein Harnisch. Der ganze oder volle Küraß, eine eiserne Bekleidung des ganzen Leibes, wozu der Helm, das Bruststück und die Arm- und Beinschienen gehören. Heut zu Tage werden diese Kürasse im Ernste nicht mehr gebraucht, indem die heutigen Kürasse nur halbe Kürasse oder Bruststücke sind, welche bloß die Brust, und wenn es hoch kommt, den Rücken bedecken.

Anm. In dem Theuerdanke Kürriß, bey dem Opitz und im Oberdeutschen noch jetzt Küriß, im Dänischen Kyrads, im Böhmischen Kyrys. Es stammet zunächst aus dem Französischen Cuirace, Ital. Corazzo, im mittlern Lat. Coratium, Curassia, Curetta, her, welche wiederum von dem Lat. coriaceus herkommen, weil die ältesten Kürasse von Leder waren, daher sie auch Loricae genannt wurden.


Kürassier (W3) [Adelung]


Der Kürassier, des -s, plur. ut nom. sing. mit einem Kürasse versehener Soldaten zu Pferde, geharnischte Reiter; im gemeinen Leben Kürassierreiter. Im Theuerd. Kürriser, im Ital. Corazziere.


Kurbe (W3) [Adelung]


Die Kurbe, plur. die -n, oder die Kurbel, plur. die -n, eine nach einem Winkel, oder auch nur krumm gebogene Handhabe, besonders so fern sie dienet, etwas damit herum zu drehen. Dergleichen ist die Kurbe an einer Kaffehmühle, an einem Bratenwender, an den Sägemühlen u. s. f. Im mittlern Lat. Curva, im Franz. Courbe. Es gehöret zu dem Geschlechte des Wortes Korb, so fern es ein geflochtenes Behältniß bedeutet, von dem veralteten kurben, biegen, flechten.


Kürbeere (W3) [Adelung]


Die Kürbeere, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der Beeren des Hartriegels, welche auch Horlsken und Hernsken genannt werden. ( S. Hartriegel.) In andern Gegenden werden auch die Kornellen Kurbeeren und Kürnbeeren genannt. ( S. Kornelle.) Der Nahme ist in beyden Fällen mit dem Lat. Cornus verwandt.


Kurbel (W3) [Adelung]


Die Kurbel, S. Kurbe.


Kurbelspieß (W3) [Adelung]


Der Kurbelspieß, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, ein Nahme des Fangeisens oder Schweigespießes der Jäger, wegen der Kurbel, oder des gekrümmten Quereisens. Siehe Kurbe.


Kürbiß (W3) [Adelung]


Der Kürbiß, des -sses, plur. die -sse, zusammen gezogen der Kürbs, des -es, plur. die -e, oder die Kürbse, plur. die -n, die große länglich runde oder ganz runde Frucht einer Pflanze, welche gleichfalls Kürbiß, oder Kürbs genannt wird; Cucurbita L. Sie ist in wärmern Gegenden einheimisch, und wird bey uns nur in den Gärten gebauet. Wegen einiger Ähnlichkeit der Früchte führen auch noch einige andere Gewächse diesen Nahmen. S. Hundskürbiß.

Anm. In den Monsseischen Glossen Churpiza, im Schwed. Kurbitz, im Französ. Courge, im Pohln. Korbas, im Pers. Corbos, im Lat. Cucurbita. Der Nahme ist mit der Frucht selbst aus andern Ländern zu uns gekommen, indessen ließe sich leicht beweisen, daß der Begriff der Ründe oder Dicke der Grund desselben ist. Im Niedersächsischen wird der Kürbiß auch Flaske und Flaskenappel, wegen der Ähnlichkeit einiger Arten mit einer Flasche, im Österreichischen Plutzer, und im Dänischen Gräskar genannt.


Kürbißwurm (W3) [Adelung]


Der Kürbißwurm, des -es, plur. die -würmer, siehe Bandwurm.


Küree (W3) [Adelung]


Der Küree, S. Kireh.


Kurmede (W3) [Adelung]


* Die Kurmede, plur. die -n, ein in einigen Gegenden Niedersachsens, besonders aber in Westphalen, übliches Recht des Grundherren, nach dem Tode eines Unterthanen das beste Stück aus dessen Verlassenschaft zu wählen und zu behalten; welches Recht an andern Orten die Baulebung genannt wird, ( S. dieses Wort.) Daher kurmedig, der Kurmede unterworfen. Die kurmedigen Unterthanen in Westphalen, im mittlern Lateine Curmediales, sind nicht Leibeigene, Servi corporum, sondern nur Unterthanen Servi bonorum, deren Freyheiten doch nach Verschiedenheit der Örter verschieden sind. In den Öthmarischen Hofrechten werden sie Kämmerlinge genannt. Im Calenbergischen wird der Weinkauf bey den Bauergütern in einigen Gegenden die Kurmede genannt, ohne Zweifel, weil er an die Stelle der abgeschafften Kurmede getreten ist. Das Wort stammet von kören, wählen, ( S. Köhren,) und dem Nieders. Mede, Miethe, d. i. Abgabe, Zins, ingleichen ein Vertrag her, S. Miethe.


Kürschner (W3) [Adelung]


Der Kürschner, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kürschnerinn, ein Handwerker, welcher die Thierfelle zur menschlichen Kleidung geschickt macht, und verarbeitet. Daher das Kürschnerhandwerk, die Kürschnerwaare, der Kürschnerladen u. s. f. Bey den Tischlern wird derjenige Fehler, wenn das Furnier nicht gehörig auf dem Blindholze auflieget, aus einer unbekannten Ursache ein Kürschner genannt.

Anm. Im Niedersächsischen Körsner. Es stammet, vermittelst der männlichen Ableitungssylbe -er, von dem veralteten Worte Kursen her, welches einen Pelz, ein Pelzfutter bedeutete, im mittlern Lateine Crusina, Crosina lautete, und in den mittlern Zeiten häufig vorkommt, wovon Frisch verschiedene Beyspiele gesammelt hat. Als Kursener, oder Kürsener, wie dieses Wort mehrmahls geschrieben wird, hat eine zischendere Mundart unser heutiges Kürschner gebildet. Auf ähnliche Art heißt ein Kürschner in Niedersachsen Pelzer, Püster, Pelnesser, Franz. Pelletier, von Pelz, Buntfoderer, von Buntfoder, welches ehedem Grauwerk bedeutete, und in einigen Oberdeutschen Gegenden Grauwerker. Das veraltete Kursen gehöret mit Corium und vielleicht auch mit unserm Haar zu denjenigen Wörtern, welche eigentlich eine Decke, eine Bedeckung bedeuten. Bey den Krainerischen Wenden bedeutet Kersna noch jetzt Leder.


Kürschnergare (W3) [Adelung]


Die Kürschnergare, plur. inus. diejenige Art der Gare, d. i. der Beitze, oder Zubereitung, deren sich die Kürschner der Zurichtung der Thierfelle bedienen; zum Unterschiede von der Gärbergare.


Kürschnernaht (W3) [Adelung]


Die Kürschnernaht, plur. inus. die Naht, d. i. Art und Weise zu nähen, deren sich die Kürschner bedienen.


Kurz (W3) [Adelung]


Kurz, kürzer, kürzeste, adj. et adv. ein beziehender Ausdruck, ein geringeres Maß der Ausdehnung in die Länge habend, als ein anderer Körper, welcher letztere entweder ausdrücklich dazu gesetzt wird, die Sächsische Elle ist kürzer, als die Brabantische, oder als bekannt voraus gesetzet wird, kürzer als gewöhnlich, kürzer als die meisten oder bekanntesten Dinge dieser Art, eine kurze Elle. Der Gegensatz ist lang. 1. Eigentlich, von der körperlichen Ausdehnung in die Länge. Ein kurzes Kleid. Das Kleid ist mir zu kurz. Den kürzesten Weg gehen. Jener Weg ist kürzer. Ein kurzes Gesicht haben, nicht weit sehen können. Ein Pferd kurz anbinden, den Zügel kurz binden, so daß es wenig Raum zur Bewegung habe. Daher vermuthlich die im gemeinen Leben übliche R. A. kurz angebunden seyn, leicht aufzubringen, leicht zum Zorne zu bewegen seyn. Den Leithund kurz halten, bey den Jägern, das Hängeseil kurz fassen, ein Pferd im Zügel kurz halten, bey den Reitern, in beyden Fällen, das Thier einzuschränken. Daher man auch in der vertraulichen Sprechart sagt, jemanden kurz halten, genaue Aufsicht auf ihn haben, ihn einschränken, ihm nicht vielen Willen lassen; im mittlern Lateine tenere curtum, Franz. tenir de court. Den kürzern ziehen, im Oberd. das kürzere ziehen, eine figürliche R. A. welche vermuthlich von der ehemahligen Art des Losens durch Stäbe von verschiedener Länge entlehnet ist, überwunden werden. In einer Schlacht, bey einem Prozesse, in einem Wettstreite, und so ferner, den kürzern ziehen. So wird er unverzagt auch eine kecke Schaar Den kürzern lehren ziehn, Opitz. Zu kurz kommen, Schaden, Verlust, Nachtheil leiden. Bey einer Sache zu kurz kommen. Es geschiehet dir nicht zu kurz, deine Rechte werden nicht gekränkt, du leidest keinen Schaden. 2. In weiterer Bedeutung, in einigen Fällen auch von andern Arten der Ausdehnung als Länge. Eine kurze Statur haben, klein, nicht groß seyn. Jemanden um eine Spanne oder um einen Kopf kürzer machen, im Scherze, ihn enthaupten. Im Bergbaue ist ein kurzes Feld ein kleines eingeschränktes Feld, ein eingeschränkter zum Bergbaue angewiesener Platz auf dem Felde. Kurze Waare, kleine verarbeitete oder verfertigte Dinge, als eine Waare betrachtet, z. B. hölzernes Spielgeräth, kleine Eisenwaaren u. s. f. Bey den Jägern werden die Hoden des Hirsches das kurze Wildbret genannt. 3. Figürlich. 1) Von der Zeitdauer, im Gegensatze des lang, eine geringe Zeitdauer habend. Das kurze Leben. Im Winter sind die Tage kurz. Der Mensch lebt eine kurze Zeit. Eine kurze Freude. Die Predigt war sehr kurz. Die Zeit wird mir bey ihm kurz, scheinet mir bey ihm schnell vorüber zu gehen. Ein kurzes Gedächtniß, welches eine Sache nicht lange behalten kann; wo doch im Gegensatze ein langes Gedächtniß nicht üblich ist. Eine kurze Sylbe, welche in einer kürzern Zeitdauer ausgesprochen wird, als eine lange. Vor kurzer Zeit oder vor kurzen. In kurzer Zeit, oder in kurzen. Er wird es in kurzen weit bringen. In kurzen wird er hier seyn. Soll ich dich im kurzen (besser in kurzen) an dem Nöthigen Mangel leiden sehen? Dusch. Ich ein Geschöpf von gestern her, der ich vor kurzem nicht war, Gell. Kurz vorher, kurz darauf, kurz darnach. Er kam kurz nach mir, nicht lange, in kurzer Zeit. Über lang und kurz, über lang oder kurz, in einer unbestimmten künftigen Zeit. Gesetzt, es sollte, ihm über lang oder kurz einkommen, Gell. Ich würde über lang oder kurz vielleicht selbst darauf gefallen seyn, ebend. Besonders von der Zeitdauer, in welcher eine Veränderung vollbracht wird. Mach es kurz. Kurz von der Sache zu kommen. Das ist das kürzeste Mittel, welches die wenigste Zeit erfordert. Kurz und gut ist angenehm. Sagen sie mir kurz, und gut, (ohne viele Umschweife oder Umstände,) was sie thun wollen, Gell. Der kurze Inhalt einer Rede. Etwas mit kurzen Worten vortragen, besser mit wenig Worten. Sich kurz fassen, in dem wörtlichen oder schriftlichen Vortrage einer Sache, wofür man auch sagt, sich ins Kurze fassen. Jemanden kurz abfertigen, ihm kurz weg antworten, ohne Umschweife, selbst ohne die durch den Wohlstand eingeführte Umschweife. Wo das Nebenwort kurz auch in Gestalt eines Bindewortes oder Zwischenwortes gebraucht wird, den endlichen Ausspruch in oder über eine Sache anzukündigen oder zu begleiten. Kurz, sie machte über diesen Verlust unerträgliche Grimassen, Gell. Allein Cotill ließ sich dieß alles nicht verdrießen. Kurz, es gefiel ihm so, ebend. Das erste Hinderniß galt auch die andern Mahle; Kurz, er vergaß sein Glück, und kam nie in die Stadt, ebend. Wohin auch das in den niedrigen Sprecharten so gemeine kurz um ! gehöret. 2) Eine kurze Brühe, in den Küchen, welche weniger Flüssigkeit aber mehr Consistenz hat, im Gegensatze einer langen, d. i. dünnen. 3) Jemanden kurz und lang nennen, im niedrigen Leben, ihn mit allerley Anzüglichkeiten schimpfen.

Anm. Bey dem Kero mit dem voran gesetzten Zischlaute seurc, bey dem Ottfried churc und kurt, bey dem Notker churz, im Nieders. Dän. und Schwed. kort, im Engl. mit dem Zischlaute short, im Französ. court, ehedem cors, im Ital. curto, im Lat curtis, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Wallach. skurtu, im Albanischen isskurtar, im Pers. chord und churd. So alt nun dieses Wort auch ist, so stammet es doch ohne Zweifel von dem veralteten karen, schneiden, her, wovon unser kerben und scheren Abkömmlinge sind, S. diese Wörter, ingleichen Schurz, welches gleichfalls dahin gehöret. Kurz bedeutet daher eigentlich abgeschnitten, verschnitten, verkürzet. Es lässet sich mit allerley Beywörtern zusammen setzen, die kurze Beschaffenheit eines Dinges zu bezeichnen, selbst mit solchen, welche außer der Zusammensetzung nicht üblich sind; z. B. kurzährig, kurzstielig, kurzfüßig, kurzarmig, kurzathemig u. s. f. kurze Ähren, kurze Stiele, kurze Füße, kurze Arme, einen kurzen Athem habend.


Kurzbein (W3) [Adelung]


Das Kurzbein, des -es, plur. die -e, ein den Vipern ähnliches Thier, welches aber vier kurze Füße hat, in den wärmern Welttheilen einheimisch ist, und auch der Schleicher genannt wird; Seps L. et Klein.


Kürze (W3) [Adelung]


Die Kürze, plur. inus. das Abstractum des Beywortes kurz. 1) Die kurze Beschaffenheit eines Dinges, so wohl in Ansehung der körperlichen Ausdehnung in der Länge, als auch in Ansehung der Zeitdauer. Die Kürze des Weges, eines Kleides, der Elle. Die Kürze der Zeit, des Lebens. Sich der Kürze befleißigen, besonders in dem mündlichen und schriftlichen Vortrage. Die Kürze lieben. Etwas in die Kürze bringen, einen weitläufrigern Vortrag kürzer zusammen fassen. 2) Eine kurze Zeitdauer. In der Kürze, in kurzer Zeit. Er wird sie retten in einer Kürze, Luc. 18, 8. Was in der Kürze geschehen soll, Offenb. 1, 1.


Kürzen (W3) [Adelung]


Kürzen, verb. reg. act. kürzer machen, abkürzen, verkürzen, welche Wörter üblicher sind. Die Furcht von einem frühen Tode, die ihn quält, wird ihm das Leben kürzen. Grausame, kürze doch die schnellen Stunden nicht, Cron. Der Erden Ziel zu kürzen, Darf nicht die Vorsicht erst Kometen auf uns stürzen, Kästn. Auch kürzt den Weg der aufgeweckte Sinn, Wiel. So auch die Kürzung. Bey dem Ottfried kurzen.


Kurzgewehr (W3) [Adelung]


Das Kurzgewehr, des -es, plur. die -e, das Gewehr der Unter-Officiere bey den Fußvölkern, welches eine kurze Partisane ist, und von derselben abstammet.


Kürzlich (W3) [Adelung]


Kürzlich, adv. welches nur von der Zeit gebraucht wird, und in der vertraulichen Sprechart am üblichsten ist. 1) Vor kurzer Zeit; am häufigsten in Niedersachsen. Er ist nur kürzlich von Reisen gekommen, Gell. Er ist kürzlich bey mir gewesen. Nieders. kortens, im Oberd. kurzhin. 2) * In kurzer Zeit. Ich will gar kürzlich zu euch kommen, 1 Cor. 4, 19. In welcher Bedeutung es doch im Hochdeutschen veraltet ist. 3) In der Kürze, mit wenig Worten; in welcher Bedeutung es im Hochdeutschen am üblichsten ist. Ich will es nur kürzlich berühren. Bey dem Ottfried kurzlih, kurzlihaz, bey dem Stryker churtzleichen.


Kurzroth (W3) [Adelung]


Kurzroth, adj. et adv. welches nur im Weinbaue üblich, eine Farbe der Weintrauben zu bezeichnen, welche der Farbe der Kleeblumen gleicht, daher sie auch Kleeroth oder Kleberroth genannt wird. Der Kurzrothe, nähmlich Wein, zum Unterschiede von dem Hartrothen, Ziegelrothen, Zottelrothen, Schleerothen, Feldrothen u. s. f.


Kurzschub (W3) [Adelung]


Der Kurzschub, des -es, plur. die -schübe, ein runder oder viereckter Kegelschub oder Kegelplatz, wo man von allen Seiten aus einem gegebenen Ziele nach den in der Mitte stehenden Kegeln schiebt; zum Unterschiede von dem Langschube.


Kurzschwanz (W3) [Adelung]


Der Kurzschwanz, des -es, plur. die -schwänze, ein Nahme verschiedener Vögel, deren Schwanz kürzer als gewöhnlich ist. 1) Einer Art Adler, welche in der Größe einem Wälschen Hahne gleicht, und, den kurzen Schwanz ausgenommen, mit dem Goldadler überein kommt; Aquila simpliciter Klein. 2) Einer Art Brustwenzel von schönen rothen, grünen und gelben Farben, welche in Amboina einheimisch ist; Sylvia versicolor Klein. 3) Einer Art Baumkletten auf der Insel Cuba, welche schöne Farben und einen langen Hals hat, daher sie auch Langhals genannt wird; Falcinellus de Guiguit Klein.


Kurzsichtig (W3) [Adelung]


Kurzsichtig, -er, -ste, adj. et adv. ein kurzes Gesicht habend, nicht weit in die Ferne sehen können. Kurzsichtig seyn. Ingleichen figürlich, einen Fehler des Geistes zu bezeichnen, nach welchem man nur wenig Folgen einer Sache, oder nur wenig Gegenstände zugleich übersehen kann. Eine kurzsichtige Vernunft. Ein Mensch, welcher aus großer Gutherzigkeit kurzsichtig ist. Heftige Liebe ist kurzsichtig. Daher die Kurzsichtigkeit.


Kurzweile (W3) [Adelung]


Die Kurzweile, plur. die -n, im gemeinen Leben, nicht so wohl die kurze Weile oder Zeit zu bezeichnen, als vielmehr dasjenige, was die Zeit auf eine lustige Art verkürzet, d. i. Scherz, scherzhafter und lustiger Zeitvertreib. Kurzweile treiben. Scherz. Seine Kurzweile mit jemanden haben, seinen Scherz. Als er fand, daß die Kurzweile so übel für ihn ausgefallen war. Eine Kurzweile aus etwas machen. Es war nur Kurzweile. Bey dem Stryker Churtzweile, bey den Schwäbischen Dichtern Kurzewile. Si gedenke niht das ich si der man Der sie ze kurzen wilen minne, Friedrich von Husen; d. i. zum Scherze.


Kurzweilen (W3) [Adelung]


Kurzweilen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Kurzweile treiben, scherzen; gleichfalls nur im gemeinen Leben.


Kurzweilig (W3) [Adelung]


Kurzweilig, -er, -ste, adj. et adv. scherzhaft, so wohl von Personen als Sachen; auch nur im gemeinen Leben. Ein kurzweiliger Mensch. Ein kurzweiliger Einfall. Kurzweilige Reden. Ein kurzweiliger Rath, eine lustige Person am Hofe, ein Hofnarr.


Kurzwierig (W3) [Adelung]


Kurzwierig, -er, -ste, adj. et adv. kurze Zeit während; ein vorzüglich im Oberdeutschen übliches Wort, dessen Gegensatz, langwierig, im Hochdeutschen gangbarer ist.


Kuß (W3) [Adelung]


Der Kuß, des -sses, plur. die Küsse, Diminut. das Küßchen, Oberd. Küßlein, der mit einem gewissen Schalle verbundene Druck des Mundes auf einen Körper, besonders so fern derselbe ein Zeichen der Ehrfurcht, der Liebe und der Zärtlichkeit ist; der Handkuß, der Kuß auf die Hand, zum Zeichen der Ehrerbiethung. Der Fußkuß, zum Zeichen der höchsten Ehrfurcht. Am häufigsten wird der Kuß auf den Mund, so fern er ein Zeichen der Liebe, Freundschaft und Zärtlichkeit ist, nur ein Kuß schlechthin genannt. Einer Person einen Kuß geben. Einen Kuß bekommen. Sich einen Kuß nehmen, einen Kuß rauben.

Anm. Bey dem Willeram und im Tatian Cuss, im Angels. Coss, im Wallis. Cus, im Dän. Kys, im Engl. Kiss. S. das folgende. Kuß wird in der anständigen Sprechart von dem küssen aller Art gebraucht. In der vertraulichen Sprechart und im gemeinen Leben hat man für die besondern Arten besondere Nahmen. Ein laut schallender Kuß heißt alsdann ein Schmatz, und im Diminut. ein Schmätzchen, Engl. Smack, Smick-Smack. Ein Kuß aus Freundschaft, aus Liebe, wird in der vertraulichen Sprechart ein Mäulchen, Nieders. Snütjen, in den gemeinen Mundarten aber ein Puß, Bussel, Bussen genannt, womit das Lat. Basium, das Ital. Bacio, das Franz. Baiser, das Schwed. Puss, und Bretagnische Bouch überein kommen.


Küssen (W3) [Adelung]


Küssen, verb. reg. act. einen Kuß geben, mit der vierten Endung der Sache. Einer Person die Hand, den Mund, den Fuß küssen. Ingleichen mit der vierten Endung der Person und dem Vorworte auf. Eine Person auf den Mund, auf die Backen, auf die Augen, auf die Stirn küssen. Aber nicht, sie auf die Hand, auf den Fuß küssen. Mit holder Anmuth küssest du die Thränen meiner Freude von meinen Wangen, Geßn. Ingleichen absolute mit der vierten Endung, eine Person aus Freundschaft, aus Liebe, aus Zärtlichkeit auf den Mund küssen. Jemanden küssen. Das Hauptwort die Küssung ist nicht eingeführet.

Anm. Bey dem Ottfried kussen, bey dem Notker chusen, im Angels. cyssan, im Engl. to kiss, im Schwed. und Dän. kyssa, im Wallis. cusanu, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Da die meisten gleichbedeutenden Wörter in andern Mundarten und Sprachen von dem Munde hergenommen sind, so glaubet Frisch, daß auch dieses von dem niedrigen Gosche, das Maul, herstamme. Allein es scheinet vielmehr den mit dem Kusse verbundenen Schall nachzuahmen, dessen stärkere und gröbere Art durch schmatzen ausgedruckt wird. Übrigens sagt man für küssen auch in den gemeinen Mundarten Niedersachsens snütjen, pussen, (Englisch to buss, Franz. baiser, Ital. basciare, Lat. basiare) pupen, pipen, buen, büen u. s. f.


Küssen (W3) [Adelung]


Das Küssen, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Küßchen, Oberd. das Küßlein, ein mit einem weichen Körper ausgestopfter Beutel oder Sack von mittlerer Größe. Ein Sandküssen, Kräuterküssen, Kleyküssen, ein mit Sande, Kräutern, Kleye ausgestopfter Beutel. Ein Nadelküssen, von Kleye, Wolle oder Haaren, die Nadeln darauf zu stecken. Ein Reitküssen, Sattelküssen u. s. f. In engerer Bedeutung, ein mit Federn oder einem ähnlichen weichen Körper ausgestopfter Beutel von mittlerer Größe, darauf zu liegen, oder einen Theil des Leibes damit zu bedecken, ein Polster; zum Unterschiede von den größern Betten. Anm. Im Schwabenspiegel Kussin, im mittlern Lat. Coussinus, Cussinus, Coisinus, Cassina, im Ital. Cuscino, Coscino, im Franz. Coussin, im Engl. Cushion. Entweder von dem Begriffe des Deckens, Bedeckens, so daß es zu Kotze, eine Decke, gehören würde, zumahl da im Böhm. Küze noch die Haut bedeutet; oder auch wegen der innern Höhle, da es zu 8. Katze, dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Beutel, Kaue und andern dieses Geschlechtes gehören würde.


Küssenziehe (W3) [Adelung]


Die Küssenziehe, plur. die -n, im gemeinen Leben Obersachsens, der äußere Überzug eines Küssens über das Inlied; im Nieders. die Küssenbühre.


Kußhand (W3) [Adelung]


Die Kußhand, plur. die -hände, eine unter den gemeinen Leuten auf dem Lande übliche Art des Grußes, da man seine Hand, ehe man sie einem andern reicht, zuvor inwendig küsset. Einem eine Kußhand geben. Nieders. Pußhand, Smuckhand, von smucken, mit einem Schmatze küssen.


Küste (W3) [Adelung]


1. Die Küste, plur. die -n, Diminut. das Küstchen, in dem Bergbaue, eine hölzerne Krücke mit einem Stiele, welche auf den Plan- und Glauchherden gebraucht wird, die gepochte Materie damit zu ziehen. S. Schlammküste und Waschküste; ingleichen 3. und 4. Katze, und Kesser, zu deren Geschlechte es gehöret, und mit welchen es vermuthlich von haschen abstammet.


Küste (W3) [Adelung]


2. Die Küste, plur. die -n, der an dem Meere oder der See gelegene Theil eines Landes, das Meerufer mit einem beträchtlichen Theile des dahinter gelegenen Landes, wo es bald in der einfachen, bald auch in der mehrern Zahl gebraucht wird. Die Küste von Guinea, oder die Goldküste, ein ansehnlicher Theil von Afrika, welcher viele Königreiche in sich begreift. Die barbarischen Küsten, oder die Küsten der Seeräuber, in dem mitternächtigen Theile von Afrika. Die Küste Coromandel. An den Engländischen Küsten, oder an der Engländischen Küste stranden. Anm. Im Engl. Coast, im Franz. Coste, Cote, im mittlern Lat. Costa, von dem Lat. Costa, die Ribbe, Seite.


Küstel (W3) [Adelung]


Die Küstel, plur. die -n, im gemeinen Leben einiger Gegenden, die Zapfen an den Tannen und Fichten. S. 5. Katze zu dessen Verwandtschaft es gehöret.


Küstenbewahrer (W3) [Adelung]


Der Küstenbewahrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kriegsschiff, welches an der Küste eines Landes kreuzet, dasselbe vor einem feindlichen Einfalle zu bewahren.


Küstenfahrer (W3) [Adelung]


Der Küstenfahrer, des -s, plur. ut nom. sing. in der Seefahrt, kleinere Fahrzeuge, welche nur an den Küsten hinfahren, und sich nicht leicht auf die offene See wagen.


Küsten-Pilot (W3) [Adelung]


Der Küsten-Pilot, des -en, die -en, eben daselbst, ein Pilot, welcher fremden Schiffen den Weg an den Küsten zeiget; zum Unterschiede von den Höhen-Piloten.


Küstenwache (W3) [Adelung]


Die Küstenwache, plur. die -n, diejenige Wache, welche bey einem besorgten feindlichen Einfalle an den Küsten gehalten wird.


Küster (W3) [Adelung]


Der Küster, des -s, plur. ut nom. sing. dessen Gattin die Küsterinn, in einigen Gegenden, besonders Niedersachsens, der Kirchner, welcher für die Sicherheit und Reinlichkeit der Kirche Sorge trägt; aus dem mittlern Lat. Custos, Costurarius. Daher die Küsterey, die Wohnung des Küsters und dessen Amt.


Küter (W3) [Adelung]


Der Küter, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Nahme der Hausschlächter, oder solcher Metzcher, welche das Vieh anderer Leute in deren Häusern schlachten, zum Unterschiede von den Bankschlächtern. Von dem alten kutten, schneiden, Engl. to cut, Nieders. katten, kadden. S. Kutten.


Kutsche (W3) [Adelung]


Die Kutsche, plur. die -n, Diminut. das Kütschen, Oberd. Kütschlein. 1) Ein jeder großer ganz bedeckter Wagen; in welchem Verstande noch ein Kammerwagen eine Landkutsche, Postkutsche oder auch nur die Kutsche schlechthin genannt wird. In engerer Bedeutung ein ganz bedeckter Wagen mit einem Himmel, dessen Decke nicht zerlegt werden kann. Die Miethkutsche, Staatskutsche, welche man jetzt lieber mit einem Französischen Worte eine Carosse nennet. In einer Kutsche fahren. Kutsche und Pferde haben, oder halten. 2) In den Gärten, ein mit Bretern eingefaßtes Mistbeet. Eine Tobaks-Kutsche, wenn junge Tobaks-Pflanzen darin gezogen werden.

Anm. Im Böhm. Kotschi, im Engl. Coach, im Wend. Kozhya, im Ungar. Koteky. Das Wort ist so wie die Sache selbst aus üppigern Gegenden nach Deutschland gekommen, und stammet entweder von dem Franz. Coche oder Ital. Cocchio ab. Indessen gehören doch diese Wörter insgesammt zu dem Geschlechte der Wörter Kaue, Haut, Kutte, Kotze u. s. f. indem der hohle bedeckte Raum der herrschende Begriff in denselben ist; daher auch die Sänfte, ja selbst ein Bett ehedem Kutsche und Gutsche genannt wurde, wie aus dem Frisch erhellet. Im Oberd. wird dieses Wort gemeiniglich Gutsche gesprochen und geschrieben. Im Französ. unterscheidet man Coche von Carosse; jene ist größer als diese, und hänget nicht in Riemen, wie diese.


Kutschenhaus (W3) [Adelung]


Das Kutschenhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Gebäude, worin die Kutschen nebst dem dazu gehörigen Geschirre aufbewahret werden; der Kutschenstall oder Kutschstall.


Kutschensteuer (W3) [Adelung]


Die Kutschensteuer, plur. die -n, in einigen Ländern, eine Steuer, welche diejenigen, welche zu ihrer Bequemlichkeit Kutsche und Pferd halten, davon an die Obrigkeit entrichten müssen.


Kutscher (W3) [Adelung]


Der Kutscher, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher eine Kutsche führet, der Fuhrmann einer Kutsche. Der Landkutscher, Postkutscher, Hofkutscher Leibkutscher. Im Schwed. Kusk, im Böhm. Koci.


Kutschhahn (W3) [Adelung]


Der Kutschhahn, S. Kalekut.


Kutschiren (W3) [Adelung]


Kutschiren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, im gemeinen Leben, eine Kutsche führen, die Pferde vor einer Kutsche regieren; an einigen Orten auch kutschen.


Kutschpferd (W3) [Adelung]


Das Kutschpferd, des -es, plur. die -e, Pferde, welche vor eine Kutsche gespannet werden.


Kütt (W3) [Adelung]


Der Kütt, S. Kitt.


Kütte (W3) [Adelung]


Die Kütte, S. Quitte.


Kutte (W3) [Adelung]


Die Kutte, plur. die -n, ein Wort, welches nur noch von der langen, mit einer Kappe versehenen Kleidung der Mönche gebraucht wird; die Mönchskutte. Die Kutte anlegen, ein Mönch werden. Die Kutte ablegen, das Klosterleben verlassen. Es kann seyn, daß es zunächst von dem mittlern Latein. Cotta, welches eine lange geistliche Kleidung bedeutete, abstammet. Indessen gehöret doch auch dieses zu dem Geschlechte der Wörter Haut, Hütte, Kotze, Koth, Kaue, Küssen u. s. f. welche theils einen hohlen Raum, theils eine Decke bedeuten. Im Franz. ist Cotte ein Weiberrock, im Schwed. Kudde eine Tasche. S. auch Kittel.


Kuttel (W3) [Adelung]


Die Kuttel, plur. inus. oder die Kutteln sing. inus. ein nur in den gemeinen Mundarten einiger Gegenden übliches Wort, das Eingeweide, besonders großer Thiere zu bezeichnen. Im Engl. Gut, Chitterlings. Im Nieders. ist Küt das Gedärm kleiner Thiere, im Schwed. Kött das Fleisch.


Kuttelfisch (W3) [Adelung]


Der Kuttelfisch, S. Tintenfisch.


Kuttelflecke (W3) [Adelung]


Die Kuttelflecke, sing. inus. im gemeinen Leben Obersachsens, in kleine Stücke geschnittene und gekochte Kutteln oder Gedärme der Rinder, Kälber und Schafe, nebst dem Wanste und Magen, welche bey den Fleischern auch nur Flecke schlechthin genannt werden.


Kuttelhof (W3) [Adelung]


Der Kuttelhof, des -es, plur. die -höfe, ein nur noch in einigen Gegenden übliches Wort, einen Schlachthof, oder auch eine Fleischbank zu bezeichnen. Von dem veralteten kutten, schneiden, schlachten. S. Küter und das folgende.


Kutten (W3) [Adelung]


Kutten, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden für graben üblich ist. Im Bergbaue werden die alten Halden ausgekuttet; das ist durchsuchet, umgegraben. Eben daselbst lässet man zuweilen taube Berge (Schutt) von armen Leuten durchkutten oder überkütten. Es ist das sonst veraltete kutten, schneiden, welches auch für graben gebraucht wurde, daher Kaute, Kot, ehedem auch eine Grube bedeutete. S. Kaue.


Kütten (W3) [Adelung]


Kütten, S. Kitten.


Kuttengeyer (W3) [Adelung]


Der Kuttengeyer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Geyer mit einer Glatze auf dem Kopfe und einem nackten Halse, welchen er in eine Scheide von Haut, die mit aschgrauen wollichten Federn eingefasset ist, wie in eine Kutte verstecken kann; Vultur Monachus Klein. Mönch, Geyerkönig.


Kuttler (W3) [Adelung]


Der Kuttler, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Kuttlerinn, in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, eine Art Fleischer, welche vornehmlich Kutteln, d. i. Eingeweide und Gedärme verkaufen und auch Flecksteder genannt werden. Siehe Kuttelflecke.


Kutvogel (W3) [Adelung]


Der Kutvogel, des -s, plur. die -vögel im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Nahme des Grünfinken, Chloris L. et Klein. Ohne Zweifel von seinem Geschreye. S. Grünfink 2. und Gütvogel.


Kütz (W3) [Adelung]


Der Kütz, des -es, plur. die -e, im Oberdeutschen, die Jungen der Steinböcke, S. Kietze und 9 Katze.


Kützel (W3) [Adelung]


Der Kützel, S. Kitzel.


Kux (W3) [Adelung]


Der Kux, des -es, plur. die -e, ein altes Wort, welches ehedem ein jedes Theil, ein Stück eines Ganzen bedeutete, aber nur noch im Bergbaue üblich ist, ein Bergtheil, d. i. den 128sten Theil einer Zeche zu bezeichnen. Einen Kux kaufen, verkaufen. Acht Kuxe bauen oder verbauen, so viel Bergtheile an einem Bergwerke haben. Seinen Kux liegen lassen, aufhören an dem Bergbaue Theil zu nehmen. In einigen Gegenden werden auch die Salzbrunnen in Ansehung des Antheiles an den Kosten und den Ertrage in 128 Kuxe getheilet, welche an andern Orten Quarte genannt werden. In Handlungssachen ist statt dessen das Wort Actie üblich. Im Böhmischen Kukus, wo auch Kus ein Theil, ein Stück bedeutet. Da die Böhmen den Bergbau von den Deutschen gelernet und ihn anfänglich durch Deutsche Bergleute betrieben haben, so haben sie vermuthlich auch dieses Wort aus Deutschland erhalten, ungeachtet andere es aus dem Slavonischen herleiten. Es gehöret ohne Zweifel zu dem schon mehrmahls gedachten kutten, katsen, schneiden, theilen.


Kuxkränzler (W3) [Adelung]


Der Kuxkränzler, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, beeidigte Leute, deren Geschäft es ist, die Kuxe bey den Bergwerken zu verhandeln, daher sie gemeiniglich im Lande herum reisen; Kux-Partierer. Vermuthlich haben sie diesen Nahmen von kränzeln, d. i. im Kreise herum reisen.


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