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XADE_i - Adelung - Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
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Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart |
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Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
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- Ibe
- Ibe
- Ibisch
- 1. Ich
- 2. -Ich
- Ichheit
- 1. -Icht
- 2. -Icht
- Icht
- Ideal
- Idee
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- Ie
- Ie
- -Ieren
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- Infanterie
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- Ingberstein
- Ingefieder
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- -Ingen
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- Ingleichen
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- Inhaber
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- Inniglich
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- Innung
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- Insêct
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- Instánz
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- Isabéll-Farbe
- Isch
- Isegrimm
- Isopp
- Ist
- Ist
- Ive
- Iven
Erstellt: 2021-01
A
Adelung, Johann Christoph
Hochdeutsches Wörterbuch
Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart,
mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten,
besonders aber der Oberdeutschen [Adelung]
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Zu den Daten
Hier finden Sie den vollständigen Text des "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen" von Johann Christoph Adelung. Er entspricht der Ausgabe von 1811, die vom Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek eingescannt und mit einem Texterkennungsprogramm in Textform überführt wurde. Text und Bilder hat die sogenannte Digitale Bibliothek auf Ihrem Web-Server verfügbar gemacht, jedoch nicht als fortlaufenden Text. Das ist die Lücke, die diese Datei füllen soll.
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Der Text unterliegt keinem urheberrechtlichen Schutz, da dieser nach deutschem Recht nur Werken gewährt wird, deren Urheber noch lebt oder höchstens seit 70 Jahren tot ist.
Sebastian Koppehel
Erstellt: 2010-02
B
C
D
E
F
G
H
I
Ibe (W3) [Adelung]
Die Ibe, der Ibenbaum,
S. Eibe.
Ibe (W3) [Adelung]
Die Ibe, die Ibenblätter, das Ibenlaub,
S. Epheu.
Ibisch (W3) [Adelung]
Der Ibisch,
S. Eibisch.
-ich (W3) [Adelung]
-ich,
eine Endsylbe verschiedener Hauptwörter. 1) Ein Ding männlichen
Geschlechtes, und in weiterer Bedeutung, ein Ding zu bezeichnen, in
Änterich, Gänserich, Täuberich, Wütherich, Wegerich u. s. f. wo es
aber vielmehr die Sylbe rich ist, S. -Rich. 2) In Kehrich, Feilich,
Spühlich, Röhrich, Eichig, Gerörich u. s. f. welche richtiger mit
-icht geschrieben und gesprochen werden, S. 1. -Icht.
-icht (W3) [Adelung]
-icht,
eine Ableitungssylbe für Hauptwörter, ein Collectivum, mehrere Dinge
Einer Art als ein Ganzes, zu bezeichnen. Das Getreidicht, im Oberd.
für das Getreide; das Kehricht, Feilicht, Spühlicht u. s. f.
Ingleichen den Ort, wo ein Ding Einer Art in Menge befindlich ist, wie
die Lat. auf -etum. Das Geröhricht, arundinetum, das Eichicht,
quercetum, das Gemöhricht, das Geweidicht oder Weidicht, salicetum,
das Dickicht, ein mit Bäumen dick bewachsener Ort in einem Walde, das
Dornicht, dumetum, das Äckericht, wo viele Äckern, d. i. Eicheln
wachsen u. s. f. welche Wörter doch nur im gemeinen Leben, besonders
Oberdeutschlandes, üblich sind, wo diese Endung bald ich, bald igt,
bald acht und achten lautet. Ein Sumpf oder Riedachten, Bluntschli.
Das Pöschach an den Wassern, das Büschicht, fruticetum, in der
Braunschweig. Waldordnung von 1598. Es scheinet, daß diese
Ableitungssylbe mit der Lat. -etum, welche nur den Hauchlaut
weggeworfen haben, zu dem alten Zeitworte eigen, Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, gehöre, von welchem Eht, bey
dem Kero, Habe, Vermögen, eine Vielheit bedeutet. S. Eigen und -Ig,
welches im gemeinen Leben oft igt lautet. Diejenigen Wörter, wo die
Endsylbe icht keine bloße Ableitungssylbe ist, sondern zum Stamme
gehöret, wie Pflicht, Gedicht, Gesicht, Gericht, Gicht, Gewicht, Licht
u. s. f. gehören nicht hierher.
-icht (W3) [Adelung]
-icht,
eine Ableitungssylbe, Bey- und Nebenwörter aus Hauptwörtern zu bilden,
welche die Ähnlichkeit mit denselben bezeichnen. Das Wasser schmeckt
tinticht, wie Tinte, erdicht, wie Erde, weinicht, wie Wein. Buckelicht
gehen, als wenn man einen Buckel hätte. Kupfericht im Gesichte
aussehen, wie Kupfer. Das Fleisch schmeckt grasicht, holzicht, wie
Gras, wie Holz. So auch felsicht, flammicht, bergicht, haaricht,
fetticht, talgicht, öhlicht, thöricht, beinicht, perlicht, glasicht,
und tausend andere mehr, welche insgesammt den Begriff der Ähnlichkeit
bey sich führen. In den gemeinen Mundarten, so wohl Ober- als
Niederdeutschlandes, lautet diese Sylbe acht, und vollständig achtig,
echtig; sumpfechtig, eine mosachte Wiese, Bluntschli; im Dän. agtig,
im Schwed. ackt, ackteg. Hieraus erhellet zugleich, daß sie nicht, wie
Wachter will, von dem folgenden icht, etwas, sondern wirklich von dem
Zeitworte achten herstammet, und daß z. B. thöricht etwas bedeutet,
daß für einen Thoren zu achten, oder demselben ähnlich ist. Es sind
also die Beywörter auf icht von denen auf ig wesentlich unterschieden,
ob sie gleich nicht nur im gemeinen Leben, sondern auch von guten
Schriftstellern, ja selbst von Sprachlehrern, häufig mit einander
verwechselt werden, weil den Gaumenbuchstaben im gemeinen Leben,
besonders in den härtern Mundarten, so gern ein t nachschleicht, daher
man immer noch süßlicht, grünlicht, für süßlich und grünlich,
steinigt, bergigt, für steinig, bergig, und folglich auch kitzlicht,
salzicht, morasticht, vielköpficht, schatticht u. s. f. für kitzelig,
salzig, morastig, vielköpfig, schattig, lieset und höret; ungeachtet
der Unterschied sehr leicht zu fassen und zu beobachten ist, auch in
zweifelhaften oder gleichgültigen Fällen, die doch so häufig nicht
seyn werden, der Wohlklang sich für das -ig erkläret. Aber auch mit
dem Begriffe der Ähnlichkeit lässet sich diese Sylbe nicht allen
Hauptwörtern anhängen, weil in vielen Fällen lich, isch, haft und
andere schicklicher sind. So sagt man nicht thiericht, sondern
thierisch, nicht hündicht, sondern hündisch, nicht menschicht, sondern
menschlich, nicht bettelicht, sondern bettelhaft. Überhaupt macht der
starke Hauchlaut in Gesellschaft des t in vielen der Wörter, welche
auch diese Ableitungssylbe annehmen, einen merklichen Übelklang,
welchen man vermeidet, wenn man statt dessen das gleichbedeutende
artig nimmt; glasartig, beinartig, erdartig, weinartig, felsartig u.
s. f. welche noch diesen Vorzug haben, daß sie auch den Superlativ
verstatten, welchen die Beywörter auf icht um des unvermeidlichen
Übelklanges willen nur selten erlauben. Über dieß lassen sich von den
Beywörtern auf icht keine Hauptwörter bilden, ungeachtet der Begriff
es wohl verstattete, welches aber mit denen auf artig keine
Schwierigkeit hat, als welche insgesammt das keit annehmen können, so
wie das -achtig oder -echtig der Ober- und Niederdeutschen vermittelst
dieser Endsylbe gleichfalls Hauptwörter zulässet; die Glasachtigkeit,
Glasartigkeit. S. 2 -Ig.
Icht (W3) [Adelung]
3. * Icht,
ein mit seinen Zusammensetzungen und Ableitungen im Hochdeutschen
veraltetes unbestimmtes Fürwort, ein jedes unbestimmtes Etwas zu
bezeichnen, es sey nun ein Ding, oder eine Zeit, oder ein Ort. Were an
der minne falsches icht, Rudolph von Rothenburg, etwas Falsches. Es
ist mit ichts, ichtens, ichtwas, ichtwann, noch für je, irgend, etwas,
etwann, in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, üblich.
Wenn er ichts, oder ichtens kommen sollte, irgend einmahl. Hast du ihn
nicht ichtens gesehen? nicht einmahl, oder irgend wo. Im Hochdeutschen
lautet dieses Fürwort et in den Zusammensetzungen etlich, etwann und
etwas. S. dieselben, ingleichen Nicht und Wicht.
Ideal (W3) [Adelung]
Das Ideal,
des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Idealis, ein nur in der
Vorstellung befindlicher Begriff von einer Sache. Lassen sie uns dem
Dichter nicht unsere eigenen Ideale un- terschieben, Sonnenf. Daher
idealisch, nur in der Vorstellung befindlich.
Idee (W3) [Adelung]
Die Idee,
(zweysylbig,) plur. die Ideen, (dreysylbig,) aus dem Griech. und Lat.
Idea, eine jede Vorstellung einer Sache in unsern Gedanken; ein
Begriff, in der weitesten Bedeutung. Durch das Gehör erlangen wir die
Idee des Schönen, das in der Harmonie und in der Folge der Töne liegt,
Sulz. Im Deutschen und Franz. liegt der Ton auf der zweyten Sylbe, im
Griech. und billig auch im Lat. auf der ersten.
Idylle (W3) [Adelung]
Die Idylle,
plur. die -n, aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, welches eigentlich ein kleines Bild, ein angenehmes Gemählde
bedeutet, aber nur noch von Gedichten gebraucht wird, worin die
verschönerten Empfindungen der häuslichen Gesellschaft, besonders des
Land- und Hirtenlebens vorgestellet werden. S. Ekloge.
Ie (W3) [Adelung]
Ie,
das Zeichen des langen i, S. I.
Ie (W3) [Adelung]
Ie,
(sprich i,) ein Zwischenwort, welches in Niedersachsen und im gemeinen
Leben der Obersachsen für das mehr Hochdeutsche ey! gebraucht, und von
manchen auch nur i geschrieben wird. Ie nun, so sey es, Ie nun, meine
Tochter ist kein uneben Ding, Weiße. Ie, bist du denn auch schon
munter? ebend. Ie, machen sie doch keine Umstände. Ie nun, du bist
freylich nicht die schönste, Gell. S. Ey.
-ieren (W3) [Adelung]
-ieren,
die Endung vieler Zeitwörter, S. -Iren.
-ig (W3) [Adelung]
-ig,
eine Ableitungssylbe, welche sich an verschiedenen Hauptwörtern
befindet. König, Pfennig, Bottig, (wofür man gemeiniglich Bottich
schreibt,) (das Oberdeutsche Getreidig oder Getreidicht für Getreide,
Honig u. a. m. In den meisten dieser Wörter scheinet es mit der
Endsylbe -ing einerley, und aus derselben zusammen gezogen zu seyn,
weil man in den gemeinen Mundarten noch Bodding, Köning, Pfenning,
Honing, spricht. S. -Ing.
-ig (W3) [Adelung]
-ig,
iger, igste, eine Ableitungssylbe, welche im Deutschen von einem
überaus großen Nutzen ist, von sehr vielen Wörtern Bey- und
Nebenwörter zu bilden. Die Wörter, welche auf solche Art genutzet
werden können, sind, 1. Hauptwörter, aus welchen auf diese Art Bey-
und Nebenwörter werden, welche den Besitz, das Haben, die Gegenwart
derjenigen Eigenschaft bezeichnen, welche das Hauptwort ausdruckt; wo
denn das ig an den letzten Mitlauter des Hauptwortes angehänget, und
wenn sich dasselbe auf ein e endiget, dasselbe weggeworfen wird.
Gütig, Güte habend, besitzend, muthig, Muth habend, schmutzig, Schmutz
habend, gräthig, Gräthen habend. So auch aderig, bergig, buckelig,
buschig, dornig, faserig, farbig, felsig, federig, haarig, hastig,
hitzig, kitzelig, kiesig, kothig, morastig, runzelig, eckig, kupferig,
schuppig, schwammig, eiferig, anmuthig, freudig, hungerig, durstig,
listig, lustig, willig, muthwillig, saftig, schartig, spitzig,
stündig, wichtig, garstig, schattig, wenig (von Wahn, Mangel,) selig,
hügelig, adelig, ewig, unschuldig, zornig, und tausend andere mehr. In
einigen wird der Vocal der letzten Sylbe verändert, wie in andächtig,
aussätzig, bräuchig, brünstig, bündig, günstig, fällig, flüchtig,
wollüstig, gläubig, gnädig, mächtig, häusig, jährig, mäßig, mündig,
lässig, dürftig, pfündig, prächtig, süchtig, thätig, trächtig,
verständig, unfläthig, züchtig, zünftig, schwülstig, nöthig,
eigennützig u. s. f. Einige wenige leiden noch andere Veränderungen.
So ist für grobfädenig grobfädig üblicher, für fährtig fertig. Der
erste und eigentliche Begriff ist in diesen und allen ähnlichen
Beywörtern der Begriff des Besitzes, des Daseyns; da denn, wenn der
Plural des Hauptwortes verstanden werden muß, sich auch der Begriff
der Vielheit mit einschleicht. Ein steiniger Acker, welcher viele
Steine hat; ein gräthiger Fisch, welcher viele Gräthen hat, ein
gesprächiger Mann, welcher gern und viel spricht. Nach einer sehr
gewöhnlichen Figur bedeuten diese Wörter auch etwas, das in der
Eigenschaft, welche das Hauptwort ausdruckt, gegründet ist, und nach
einer noch weitern Figur auch wohl etwas, das derselben nur ähnlich
ist. Ein andächtiger Mensch, welcher Andacht besitzet; ein andächtiges
Gebeth, welches in der Andacht gegründet ist, aus derselben
herfließet; eine andächtige Miene, welche Andacht verrathen soll. Ein
gütiger Mann, ein gütiges Versprechen. Zuweilen drängen sich auch noch andere Begriffe mit ein. Wollüstige Bilder, welche zur Wollust
reitzen. Besonders, wenn die mit ig gebildeten Beywörter in manchen
Fällen einen mehr passiven Sinn annehmen. Einem gehässig seyn, thätig,
ihn hassen, aber ein gehässiger Mann, passive, der gehasset wird. So
auch heilig, welches eigentlich Heil, d. i. Gesundheit, Wohlfahrt,
habend und gewährend, bedeutet, aber auch im passiven Verstande für
unverletzlich üblich ist, und andere mehr. In einigen scheinet es bloß
ein Seyn, einen Zustand zu bedeuten, vorräthig, verlustig, künftig,
von Vorrath, Verlust, Kunst, welche Bedeutung dieses ig vornehmlich
auch in den folgenden Fällen hat. Sehr häufig werden in den
Zusammensetzungen vermittelst dieser Sylbe auch von solchen
Hauptwörtern Beywörter gebildet, welche dasselbe allein nicht gern
annehmen. Dergleichen sind Kopf, Hand, Fuß, Bein, Stiel, Seite,
Spalte, Form, Herz, Mahl, Tag, Auge, Zunge und hundert andere.
Dickköpfig, großköpfig, dreyhändig, vierfüßig, dreybeinig,
kleinstielig, dreyspaltig, unförmig, barmherzig, großherzig,
dreymahlig, dreytägig, vieläugig, zweyzüngig u. s. f. einen dicken
Kopf, einen großen Kopf, drey Hände, vier Füße u. s. f. habend. So
auch die auf -faltig, -leibig, -blütig, -haltig, -deutig u. s. f. 2.
Beywörter, deren Anzahl aber in Vergleichung mit dem vorigen Falle nur
geringe ist. Dergleichen sind völlig, niedrig, einig, fernig, und
vielleicht noch andere mehr, von voll, nieder, ein und fern. Im
Oberdeutschen, wo man die langen Wörter so gern den kürzern vorziehet,
hänget man das ig sehr vielen Beywörtern ohne Noth an, indem ihre
Bedeutung dadurch auf keine Weise verändert wird; z. B. gestrengig für
gestrenge, heiserig für heiser u. s. f. Die Ableitungssylbe scheinet
hier bloß ein Seyn, einen Zustand zu bezeichnen. Von ähnlicher Art
scheinet es da zu seyn, wenn es auch den possessiven Fürwörtern mein,
sein, ihr, unser, euer, ihr, Abstracta bildet, welche aber die Gestalt
der Beywörter verlieren, zu Hauptwörtern werden, und daher auch den
bestimmten Artikel annehmen; der Deinige, dein seyend, die Meinige,
das Unserige u. s. f. 3. Zeitwörter, und zwar, 1) deren Infinitiv, mit Wegwerfung des en. Beliebig, erbiethig, stutzig, anheischig, beißig,
gehörig, genügig, vorläufig, willfährig u. s. f. welche theils die
Bedeutung der Mittelwörter auf -end haben, irrig für irrend,
Gebiethiger für Gebiethender, stinkig für stinkend, beliebig für
beliebend, genügig für genügend; theils eine Fertigkeit, oder auch nur
einen Zustand bedeuten, wie abwendig, stößig, gern stoßend, beißig,
Fertigkeit im Beißen besitzend; theils eine passive Bedeutung
annehmen, gelehrig, der sich leicht lehren lässet, faserig, was sich
leicht fasern, blätterig, was sich leicht blättern lässet. So auch
schieferig, zweydeutig u. a. m. 2) Das Imperfectum, in den vorigen
Bedeutungen. Haus-
sässig, wofür auch haussitzend gefunden wird, beyständig, beystehend,
inständig, vollständig, erböthig für erbiethig. 4. Partikeln,
besonders Nebenwörter, um vermittelst dieser Sylbe Beywörter aus
denselben zu bilden. Dergleichen sind dasig und hiesig, von dar und
hier, mit Verwandelung des r in ein s, bisherig, damahlig, vormahlig,
ehemahlig, nachmahlig, nochmahlig, oftmahlig, nunmehrig, heutig,
gestrig, nichtig, vorig, widrig, heurig, baldig, obig, dortig, jetzig,
von bisher, damahls, vormahls, ehemahls, nachmahls, nochmahls,
oftmahls, nunmehr, heute, gestern, nicht, vor, wider, heuer, bald,
oben, dort und jetzt, anderer nur in den gemeinen Mundarten, besonders
Oberdeutschlandes, üblicher zu geschweigen. Da diese aus Nebenwörtern
gebildet worden, so sind sie auch in der Adverbial-Form nicht üblich,
so wie sie auch der Natur der Sache nach keiner Comparation fähig
sind. S. ein Mehreres von dieser Art der Bildung mein Magazin für die
Deutsche Sprache, Th. 1, St. 3, S. 78 f.
Anm. 1. Alle diese Beywörter
leiden, wo der Verstand es nicht verhindert, die Comparation. Von den
meisten können auch vermittelst der Sylbe keit, Abstracta gebildet
werden, die Fertigkeit, den Besitz, die Eigenschaft auszudrücken. Die
Gütigkeit, Anmuthigkeit, Freudigkeit, Lustigkeit, Willigkeit,
Wichtigkeit, Wenigkeit, Seligkeit, Ewigkeit, Bündigkeit, Flüchtigkeit,
Mäßigkeit, Mündigkeit, Dürftigkeit, Thätigkeit, Unfläthigkeit,
Heiligkeit, Barmherzigkeit, Vollblütigkeit, Niedrigkeit, Einigkeit,
Ehrerbiethigkeit, Willfährigkeit, Gelehrigkeit u. s. f. Wenn aber das
einfache Hauptwort diese Bedeutung schon leidet, sollte es auch nur
vermittelst einer Figur seyn, so ziehet man es im Hochdeutschen dem
zusammen gesetztern lieber vor, es müßten denn die Umstände eine
strenge philosophische Bestimmung nothwendig machen. So sagt man
lieber Muth, Andacht, Allmacht, Hitze, Kitzel, Eifer, Spitze,
Schatten, Adel, Unschuld, Zorn, Gunst, Gnade u. s. f. als
Andächtigkeit, Allmächtigkeit, Muthigkeit, Hitzigkeit, Kitzeligkeit,
Eiferigkeit, Spitzigkeit u. s. f. Bey andern ist bloß der unterlassene
Gebrauch Schuld, daß ihre Abstracta auf keit nicht üblich sind,
welches besonders von solchen gilt, welche eine körperliche
Eigenschaft bezeichnen. So sagt man lieber die bergige, gräthige,
schmutzige, aderige, buckelige, dornige Beschaffenheit, als die
Bergigkeit, Gräthigkeit, Schmutzigkeit u. s. f. ob man es gleich einem
Philosophen nicht verdenken würde, wenn er im Falle der Noth
Haarigkeit, Runzeligkeit u. s. f. wagte. S. -Keit.
Anm. 2. Viele
Beywörter, welche dieses ig nicht ursprünglich haben, nehmen es an,
wenn Hauptwörter auf keit daraus gebildet werden sollen, besonders
solche, welche einen weichen End-Consonanten haben; Blödigkeit von
blöde, Geschwindigkeit von geschwinde, Süßigkeit von süß, Sprödigkeit
von spröde. Besonders die auf los, Gottlosigkeit, Herrenlosigkeit u.
s. f. Doch thun solches auch andere nach, wo die Zusammenkunft
unangenehmer Mitlauter einen Mißklang verursachen würde. Fäuligkeit,
Opitz, von faul, Härtigkeit von hart, Gerechtigkeit von gerecht,
Festigkeit von fest, Reinigkeit von rein, wohin auch alle Beywörter
auf -haft gehören. Wahrhaftigkeit, Spaßhaftigkeit u. s. f. S. -Keit,
ein Mehrers aber mein Magazin an dem oben angeführten Orte.
Anm. 3. Die Oberdeutsche Mundart, welche die Wörter nie zu lang bekommen kann, hängt den Beywörtern auf "-ig" in der Adverbial-Form noch gern ein müßiges "-lich" an. "Gnädiglich", "fleißiglich", "brünstiglich", "seliglich" u. s. f. welche man aber im Hochdeutschen billig veralten lassen, so häufig sie auch noch in Luthers Deutschen Bibel vorkommen.
Anm. 4. Diese alte Ableitungssylbe lautet bey dem Ulphilas eig, ags,
im Angels. ig, in den nördlichen Sprachen ugr. Es ist mehr als
wahrscheinlich, daß sie von dem alten Zeitworte aigan, haben, im
Angels. agan, im Isländ. eiga, im Griech. - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image -, abstammet, und eigentlich das Mittelwort von
demselben ist. ( S. Eigen,) Duruftigot stehet bey dem Kero für
dürftig. Die gemeinen so wohl Ober- als Niederdeutschen Mundarten
gebrauchen dafür nur -ed oder et, langnäsed, kurzstielet, vierecket,
welche Form auch in Luthers Bibel nicht selten, und vermuthlich aus
ig, und in den härtern Mundarten igt, verderbt ist, wo es nicht
vielmehr das Mittelwort der vergangenen Zeit ist, oder doch nach
demselben gebildet worden; langstielet für lang gestielet, großnaset
für groß genaset. In den gemeinen Mundarten wird diese Sylbe häufig
mit einem angehängten t ausgesprochen. Sprenkligt, stinkigt, stößigt,
beißigt, eckigt, köpfigt, löcherigt, flacheligt, flammigt u. s. f.
Manche Sprachlehrer, welche sich darein nicht finden konnten, hielten
das igt in diesen falschen Sprecharten für die Sylbe icht, und legten
daher derselben allerley Bedeutungen bey, welche sie nie gehabt hat,
und welche die Beywörter auf -ig und -icht unaufhörlich mit einander
verwirren. Wenn ig die einfache Bedeutung des Seyns hat, wie in den
Fällen, wo es Zeitwörtern und Partikeln angehänget wird, so stammet
es, Wachtern zu Folge, von dem alten augan, scheinen, gegenwärtig
werden oder seyn, her. Allein, da sich dieses schwerlich
wahrscheinlich machen lässet, so siehet man diese Bedeutung füglicher
als eine Figur von der Bedeutung des Habens, Besitzens an.
Igel (W3) [Adelung]
Der Igel,
des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme zweyer Thiere, welche ihrer
Stacheln oder stechenden Eigenschaft wegen bekannt sind. 1) Eines
Insectes, welches auch der Blutigel, richtiger aber der Blutegel
genannt wird. ( S. Egel und Blutegel,) 2) Eines vierfüßigen
fünfzehigen Thieres, welches nur an der Schnautze, an der Kehle und an
dem Bauche Haare hat, übrigens aber mit kurzen Stacheln bedeckt ist,
und im gemeinen Leben auch Schweinigel genannt wird; denn der
Unterschied, welchen einige unter Schweinigel und Hundsigel machen,
ist ein Unding; Erinaceus L. Figürlich führet diesen Nahmen auch eine Speise von Kalbsleber, Eyern und Semmel, welche in Gestalt eines Igels
gebacken und mit Pinien besteckt wird.
Anm. In der zweyten Bedeutung
schon bey dem Notker Igel, im Isländ. Igull, im Schwed. Igelkott, im
Angels. Il, El und Ile, im Griech. - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image -, alles von den Stacheln, mit welchen dieses Thier
versehen ist. ( S. Achel, Ecke, Ege, Haken u. s. f.) Die Endsylbe
zeiget hier ein Ding, ein Subject an, ein stechendes Thier.
Igelklette (W3) [Adelung]
Die Igelklette,
plur. die -n, eine Art Kletten, welche an dem Ufer des
mittelländischen Meeres einheimisch ist und stachelige Blätter hat;
Echinophora L. Auch die kleine oder so genannte Spitzklette, wird
wegen ihrer stacheligen Frucht Igelklette oder Igelsklette genannt.
Igelschnecke (W3) [Adelung]
Die Igelschnecke,
plur. die -n, S. Meerigel, Seeigel.
Igelshuf (W3) [Adelung]
Der Igelshuf,
des -es, plur. die -e, ein fehlerhafter Huf an einem Pferde, welcher
in einem Geschwüre über der Krone bestehet, auf welchem lange
stachelige Haare wachsen.
Igelsklee (W3) [Adelung]
Der Igelsklee,
des -s, plur. inus. eine Art des Klees, dessen Samenköpfchen nach der
lichtgelben Blume stachelig und so rauch wie ein Igel werden.
Igelsknospen (W3) [Adelung]
Die Igelsknospen,
sing. inus. S. das folgende.
Igelskolbe (W3) [Adelung]
Die Igelskolbe,
plur. die -n, eine Pflanze, welche in den wässerigen Gegenden des
mittägigen Europa wächset, und eine sehr stachelige Frucht träget;
Sparganium L. Igelsknospen.
Igelskraut (W3) [Adelung]
Das Igelskraut,
des -es, plur. inus. S. Eselsgurke.
Igelstein (W3) [Adelung]
Der Igelstein,
des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben eine Benennung der
versteinerten Meer- oder Seeigel, der Echinit.
-igen (W3) [Adelung]
-igen,
eine Endung verschiedener Zeitwörter, so wohl thätiger als mittlerer
Gattung, welche aber nicht in allen einerley Ursprungs ist. In
predigen ist sie nach dem Lat. predicare gebildet. In andern stammet
sie von Bey- und Nebenwörtern auf ig her, wie in bändigen, bändig
machen, belästigen, beseligen, behelligen, beruhigen, beunruhigen,
demüthigen, einigen, bewerkstelligen, entledigen, erledigen,
entübrigen, erniedrigen, fertigen, ausfertigen, verfertigen,
gewärtigen, heiligen, huldigen, rechtfertigen, mäßigen, verewigen,
zeitigen u. s. f. wo die angehängte Endung en bald ein Machen, bald
aber auch ein Seyn bedeutet. In andern bildet sie Iterativa oder
vielmehr Intensiva von andern Zeitwörtern. Ängstigen von ängsten,
befleißigen von befleißen, bekräftigen von bekräften, besichtigen von
besehen, beherzigen von beherzen, bezichtigen von bezeihen,
belustigen, erlustigen von belusten, erlusten, peinigen, bey dem
Ottfried pinen, nöthigen, im Theuerd. nöthen, reinigen, bey dem Kero
und Ottfried reinon, züchtigen, von dem veralteten züchten u. s. f.
Nach dem Muster dieser scheinet man in den folgenden Zeiten mehrere
ähnliche Zeitwörter gebildet zu haben, obgleich keine eigentliche
Intension vorhanden ist; welches der mittlern Oberdeutschen Mundart
sehr gemäß ist, die durch Verlängerung der Wörter und durch Häufung
der Ableitungssylben immer Pomp und Nachdruck einzuflößen sucht.
Dergleichen sind abmüßigen, ankündigen, verkündigen, beeidigen,
beerdigen, beeinträchtigen, befriedigen, begnadigen, behändigen,
einhändigen, aushändigen, beleidigen, beköstigen, bestätigen,
bewilligen, endigen, erkundigen, kreuzigen, sättigen, sündigen, bey
dem Kero noch sunton, theidigen u. s. f. Die einfachern abmüßen,
ankünden, beeiden, beerden, befrieden, begnaden u. s. f. kommen
insgesammt noch hin und wieder vor, ungeachtet sie im Hochdeutschen
größten Theils veraltet sind.
Anm. Ganz neu ist diese Form nicht.
Heiligen lautet schon in dem Isidor heilegan, bey dem Notker
geheiligeien, im Angels. halgian. Indessen kommt sie doch in den
ältern Zeiten nur sehr sparsam vor, besonders in der Form eines
Intensivi, welche erst in den spätern Zeiten gangbar geworden zu seyn
scheinet, daher sie auch im Oberdeutschen die alte einfachere Form
nicht ganz verdrängen können.
Ihm (W3) [Adelung]
Ihm,
1) Die dritte Endung des persönlichen Fürwortes er. Gib es ihm. Ich
frage nichts nach ihm. Ihm wollen wir es sagen ( S. Er,) Im
Oberdeutschen wird es häufig für die dritte Endung des Reciproci sich
gebraucht. Er dachte bey ihm selbst, bey sich selbst. Er hat ihm wehe
gethan, sich. In welcher Gestalt es den Hochdeutschen fremd ist. ( S.
Sich,) 2) Die dritte Endung des Demonstrativo-Relativi es. Das Kind
entlief, ich aber eilete ihm nach. Im gemeinen Leben auch sehr häufig
ein gewisses unbestimmtes Etwas in der dritten Sache. Ich habe zwar
viel verloren, aber ich weiß ihm (der Sache) schon zu helfen.
Besonders im Oberdeutschen für dem. Es ist ihm nicht also, dem. Wo es
auch zuweilen müßig stehet. Thue ihm also, thue also. S. Es. Bey dem
Kero in der dritten Endung des persönlichen Fürwortes inan, bey dem
Ottfried nan, Nieders. em, öme, bey dem Bremischen Bauern jem, im Dän.
ham, im Lett. jem, jym. Es ist eigentlich die dritte Endung von dem
noch im Schwedischen üblichen Vorworte han, er, Nieders. he, welches
den Hochdeutschen nur noch einige Endungen zurück gelassen hat, in den
übrigen aber von andern Fürwörtern verdränget worden. S. Hahn und
Jener.
Ihn (W3) [Adelung]
Ihn,
die vierte Endung des persönlichen Fürwortes er. ( S. Er,) In dem
Isidor inan, im Angels. hine, im Nieders. en, ehedem öne, um Bremen
jem, im Dänischen ham, im Lettischen jin. S. das vorige.
Ihnen (W3) [Adelung]
Ihnen,
die dritte Person des persönlichen Fürwortes der dritten vielfachen
Person, sie. Ich weiß nichts von ihnen. Das scheint ihnen nur so. Die
Mütter verließen ihre Kinder, als wenn sie ihnen nicht gehöreten. ( S.
Sie,) Im Oberdeutschen auch häufig für das Reciprocum sich. Sie
eigneten es ihnen zu, sich. ( S. Sich,) Im Nieders. ön, önen, im
Lettischen jem, jems.
Ihr (W3) [Adelung]
1. Ihr,
1) Die dritte Endung des einfachen persönlichen Fürwortes weiblichen
Geschlechtes, sie. Ich gab es ihr. Es gehöret ihr zu. Im Nieders. eer.
( S. Sie,) 2) Die verkürzte zweyte Endung eben dieses Fürwortes, S. 1.
Ihrer.
Ihr (W3) [Adelung]
2. Ihr,
die erste Endung des vielfachen persönlichen Fürwortes der zweyten
Person, welches in der zweyten Endung euer, in der dritten und vierten
euch hat. Eigentlich redet man mit diesem Fürworte mehrere Personen
außer sich an. Habt ihr es nicht gehöret? Werdet ihr kommen? Man
spottet euer. Nehmt es zu euch. Allein, seitdem die Höflichkeit der
Mode ihre Gewalt auch über die Fürwörter erstrecket hat, so redet man
mehrere Personen, denen man nur einiger Maßen Achtung schuldig zu seyn
glaubt, mit dem vielfachen persönlichen Fürworte der dritten Person
an. Werden sie kommen? Man spottet ihrer. Nehmen sie es zu sich. Und
gebraucht das ihr mit seinen Endungen nur da, wo man durch
Vertraulichkeit, Unterwerfung, oder Verachtung dazu berechtiget zu
seyn glaubt, in welchem Falle man denn nicht nur mehrere, sondern auch
eine einzelne Person mit ihr anredet. Der Kaiser nennt in Deutschen
Schreiben noch die Generalstaaten, die Schweizer-Cantons, das
Reichs-Kammergericht, die Stände von Ungarn, fürstliche Domkapitel,
reichsgräfliche Collegia, die Magistrate der Reichsstädte u. s. f.
ihr. Ehedem spielete dieses Fürwort eine glänzende Rolle. Als man
anfing es für ungesittet zu halten, einzelne Personen außer sich,
denen man mit Achtung zu begegnen schuldig war, mit du anzureden, so
wählete man dazu das vielfache ihr; ein Gebrauch welcher in die
frühesten Zeiten des Deutschen Reiches fällt, und sich bey unsern
meisten Nachbaren noch bis jetzt erhalten hat. Ungeachtet sich nun
auch dieser Gebrauch wieder verloren hat, so ist doch noch ein
Überrest davon in dem Possessivo Euer oder abgekürzt Ew. übrig
geblieben, ( S. 2. Euer,) Das ist ein Pferd, das ihr heißt, ein Kleid
das ihr heißt, ein in den niedrigen Sprecharten üblicher Ausdruck,
etwas vortreffliches in seiner Art zu bezeichnen, welcher noch auf
diesen Gebrauch, vornehme Personen mit ihr anzureden, anspielet. Von
einer ansehnlichen Person sagt man in Niedersachsen, den muß man ihr
heißen. S. auch Euer und Euch.
Anm. Bey dem Ottfried ir, im Nieders.
ji und ju, ihr, jik, jou und juk, euch, im Holländ. ghy, im Engl. yon,
your, im Angels. juh, eow, in der zweyten Endung eower, im Dän. i, in
Baiern in den groben Mundarten es, ös, dös, in der Ober-Pfalz dötz, im
Lettischen jus, welche dem Lat. vos nahe kommen. S. Es.
Ihr (W3) [Adelung]
3. Ihr,
ein Pronomen possessivum oder zueignendes Fürwort, so wohl der dritten
einfachen Person weiblichen Geschlechtes, als auch der dritten
vielfachen Person aller Geschlechter; wo es auf zweyerley Art
gebraucht wird. I. Als ein Conjunctivum, oder in Gesellschaft, des
Hauptwortes wird es so abgeändert:
Masc. Fäm. Neutr. Plur.
Nomin. Ihr, ihre, ihr, Ihre
Genit. Ihres, ihrer, ihres, Ihrer.
Dat. Ihrem, ihrer, ihrem, Ihren.
Accus. Ihren, ihre, ihr, Ihre.
Es bedeutet eigentlich etwas, welches der dritten einfachen weiblichen
Person, oder der dritten vielfachen Person aller Geschlechter gehöret,
womit sie in Verbindung stehen, und in weiterer Bedeutung, was sich
auf diese oder jene Art auf sie beziehet. In der einfachen Zahl
beziehet es sich alle Mahl auf das weibliche Subject, doch so, daß es
sich nach dem Geschlechte des folgenden Hauptwortes richtet. Deine
Mutter kann es, denn es ist ja ihr Haus. Die arme Sylvia, der Wolf
nahm ihrer Herde ein Schaf. Wehe den Freunden, wenn ihre Thränen aus
Falschheit fließen! Es ist auch einer ihres Gleichen, wo sich das
Fürwort so wohl auf eine einfache weibliche Person, als auf eine
vielfache aller Geschlechter beziehet. Alles was seiner Glückseligkeit
in ihrem Laufe entgegen stehet. Die Augenblicke überhohlen Gedanken in
ihrem Fluge, Dusch. Gehen sie ihre Wege! im gemeinen Leben ihrer Wege.
Nach einem Genitiv macht dieses Fürwort alle Mahl einen sehr
merklichen Mißklang, so gemein auch dieser Fehler ist. ( S. die
Sprachlehre,) Meiner Mutter ihr Bruder, für, meiner Mutter Bruder. Man
muß nicht einzelner Grillenfänger ihre Neuerungen annehmen, Gottsch.
für, die Neuerungen einzelner Grillenfänger. Der Chloe ihr Helfer,
Berl. Bibl. Erzürnter Schönen ihrer Rache Kann kein Geschöpf so leicht
entfliehn, Gell. Nach dem Dativ ist es ohne Tadel. Ein schwächlicher
Leib macht der Seele ihr Bemühungen schwer, Gell. Wenn die öftere
Wiederhohlung dieses Fürwortes Übelklang verursachen, oder dessen
Beziehung zweydeutig werden sollte, so kann man statt dessen auch die
Demonstrativo-Relativa deren, dessen oder derselben gebrauchen. Die
Physik beschäftiget sich mit den Körpern; ihre Absicht ist, die Natur
derselben, (oder deren Natur, nicht aber ihre Natur,) ihre
Eigenschaften oder Verhältnisse zu entdecken. Aber nicht: die Sprachen
sind älter als die Regeln derselben, Gottsch. für, als ihre Regeln.
Mit den Hauptwörtern Halbe, Weg, Wille wird dieses Fürwort im gemeinen
Leben und der vertraulichen Sprechart gern zusammen gezogen, doch so,
daß das letzte n in das t euphonicum übergehet. Ihrethalben kann er
kommen, ich habe es ihretwegen gethan, ich sagte es um ihretwillen;
für ihren Halben, ihren Wegen, um ihren Willen. ( S. 2. Dein I.) Das n
nebst dem t beyzubehalten ist ein Übelklang, und wider die Analogie
der übrigen zueignenden Fürwörter, welche in meinethalben,
deinetwegen, um euretwillen, seinetwegen u. s. f. insgesammt das n
wegwerfen. Ich habe ihretwegen die bittersten Thränen geweinet. Die
Spinne des Fontenelle bildete sich ein, daß der ganze kostbare
Hausrath des Pallastes um ihretwillen da sey. Das Höflichkeitswort
Ihro und Ihre, S. hernach besonders. II. Als ein Absolutum mit
Auslassung des Hauptwortes, welches auf gedoppelte Art geschiehet. 1)
So daß das ungewisse Geschlecht ihr adverbialiter gebraucht wird. Das
Loos ist ihre, (ihr,) Gell. Dieses Geld soll mit der Bedingung ihre,
(ihr,) seyn, ebend. In der anständigen Schreibart vermeidet man diese
Art des Ausdruckes gern,
außer wo ihr der Dichter durch eine Inversion einen kühnen Schwung
geben könnte. S. 2. Dein II. 1. 2) Außer der Adverbial-Form, so das es
sich auf ein vorher gegangenes oder darunter verstandenes Hauptwort
beziehet, da es denn von dem conjunctiven Fürworte in der Declination
bloß darin abweicht, daß die erste und vierte Endung im Singular
ihrer, ihre, ihres hat. Das Haus, welches wir sahen, war ihres. Ich
gab es nicht meinem Bedienten, sondern ihrem. In der höhern Schreibart
gebraucht man dafür lieber das Abstractum der, die, das ihrige. Nach
einem Genitiv gehöret es auch absolute in die Sprache des gemeinen
Lebens und des vertrauten Umganges. Die Geschichte der Römer ist wohl
so lehrreich, als der Griechen ihre Schriften, welche der gelehrten
Männer ihren nichts nachgeben. Mosts Stab verschlang der Zauberer
ihren. In der anständigern Schreibart lässet man sich eine kleine
Umschreibung nicht dauern; als die Geschichte der Griechen, Schriften,
welche den Schriften der gelehrtesten Männer nichts nachgeben. S.
Sein, welches auf eben diese Art gebraucht wird, und die Sprachlehre.
Bey dem Ottfried im weiblichen Geschlechte ira, bey dem Notker
hingegen in allen Endungen, Geschlechtern und Zahlen iro, im Nieders.
ör. S. auch Ihro.
Ihre (W3) [Adelung]
Der, die, das Ihre,
das zusammen gezogene Abstractum des vorigen Fürwortes, S. Ihrige.
Ihrer (W3) [Adelung]
1. Ihrer,
die zweyte Endung des persönlichen Fürwortes ihr. Nimmt sich denn
niemand ihrer an? Er lachet ihrer. Im Oberdeutschen wird es häufig in
ihr zusammen gezogen. Er spottete ihr. S. Sie. Sehr häufig gebraucht
man diese zweyte Endung der vielfachen Zahl, ihrer, für den Genitiv
deren des Demonstrativo-Relativi der, welcher Gebrauch besonders in
der anständigern Schreibart sehr üblich ist. Alle Zahlen, so viel man
ihrer aussprechen kann, für deren, oder derselben. Es waren ihrer
sechs. Ihrer wenige, ihrer viele, ihrer etliche. Ich bin ja nicht ohne
Fehler; und vielleicht würde ich ihm mehr gefallen, wenn ich ihrer
weniger hätte, Gell. Zu eben der Zeit, da sie wünschen, daß sie keine
Vernunft haben möchten - beweisen sie, daß sie ihrer sehr viel haben,
ebend.
Ihrer (W3) [Adelung]
2. Ihrer, Ihre, Ihres,
das zueignende Fürwort, relative und ohne Hauptwort gebraucht; S. 3.
Ihr II.
Ihrethalben (W3) [Adelung]
Ihrethalben, Ihretwegen, Ihretwillen,
S. 3. Ihr I.
Ihrige (W3) [Adelung]
Der, die, das, Ihrige,
das Abstractum des Possessivi ihr, welches alle Mahl den bestimmten
Artikel vor sich hat, und ohne Hauptwort gebraucht wird, ob es sich
gleich auf ein Hauptwort beziehet. Vielleicht begleiten einige wenige
deine Zähren mit den ihrigen. Ingleichen als ein Hauptwort. Sie
fordert das Ihrige, ihr Vermögen. Thun sie nur das Ihrige, ihre
Pflicht, ingleichen was in ihrem Vermögen stehet. Ich bin unaufhörlich
der Ihrige, ihr Freund, ihr Verehrer, ihr Diener. Ich höre in diesem
Augenblicke auf, die Ihrige zu seyn, Gell. ihre Braut. Die Ihrigen
leben nicht mehr, ihre nächsten Verwandten. Im gemeinen Leben,
besonders Oberdeutschlandes, wird es gern in der, die, das Ihre
zusammen gezogen, welches auch wohl die Dichter um des bequemern
Sylbenmaßes willen nachthun. Sie waren eifrig das Ihre zu thun,
Gottsch.
Ihro (W3) [Adelung]
Ihro,
das Possessivum ihr, nach der alten Oberdeutschen Form, wo es in allen
Endungen, Zahlen und Geschlechtern unverändert ihro hat, (iro ein,
ihrer einer, Ottfried,) und noch hin und nieder in dem Hof- und
Curiol-Style gebraucht wird. 1. Als ein Conjunctivum, wo es vor den
Abstractis Majestät, Hoheit, Durchlaucht, Excellenz u. s. f. gesetzt
wird, und eigentlich nur alsdann stehen sollte, wenn es sich auf eine
Person weiblichen Geschlechtes beziehet. Ihro Kaiserliche Majestät,
von einer Kaiserinn. Ihro Königliche Hoheit, von einer Prinzessin.
Ihro Excellenz Herr Bruder. Ihro Gnaden gehorsamer Diener. Allein im
Oberdeutschen und vielen nach dem Oberdeutschen gemodelten
Hochdeutschen Kanzelleyen gebraucht man es auch von männlichen
Personen, und zwar nicht nur, wenn man von ihnen in der dritten Person
spricht, sondern auch, wenn man sie unmittelbar anredet. Ihro
Churfürstliche Durchlaucht geruhen gnädigst, sich vortragen zu lassen,
für Eure oder Ew. Churfürstl. Durchl. Ihro Majestät haben befohlen,
für Seine Majestät. Ich habe es von Ihro Hochedlen gehöret. Ich bin
bey Ihro Gnaden gewesen. Ja man gebraucht es auch daselbst sehr häufig
für Dero, Ihr, Höchstdero u. s. f. Höchstihro Befehl zu gehorsamen.
Ich habe Ihro Bibliothek gesehen. Ich verehre Ihro Haus. Wenn man
nicht gezwungen ist, sich den an einem Hofe einmahl eingeführten
Formalien zu unterwerfen, so bedienet man sich gegen männliche und
weibliche Personen, wenn man sie anredet, lieber des Eure oder Ew.
wenn man aber in der dritten Person von männlichen Personen spricht,
das Seine oder Se. und schränkt das Ihro, oder noch besser das Ihre,
auf weibliche Personen ein, von welchen man relative redet, oder auch,
wenn man auf diese Art von mehrern Personen im Plural spricht. Ihro
Gnaden, die Frau Gräfinn, haben befohlen. ihre Majestäten (der König
und seine Gemahlinn,) sind spazieren gefahren. Das Ihro ließe sich
noch da am ersten entschuldigen, wenn ihrer und Ihnen im Genitiv und
Dativ ungewohnt klingen sollten. Ihro Gnaden Bedienter fragte es. Ich
habe es von Ihro Durchlaucht gehöret. 2. Als ein Absolutum, wo es doch
nur in einigen Oberdeutschen Kanzelleyen üblich ist, alle persönliche
und beziehende Fürwörter, so fern sie Ehrenwörter sind, auf eine
unabänderliche Art auszudrucken. Von Ihro, von Ihnen. Und von Ihro
selbst erkannter Maßen. Daß bey solchem Ihro (Ihm, Ihr) geschehenen
Einrathen. Was Ihro (Ihnen) in einige Weise zugehöret. Welche Ihro
(Denenselben) vorgebildet worden. Ew. Durchlaucht anheim zu stellen,
ob Ihro (Denenselben) erleuchtest belieben wollte. Aus sonderbarem zu
Ihro (Ihm) gesetzten Vertrauen. Wo sogar die Vorwörter oft ausgelassen
werden. Durch dieses allein Ihro (von Ihnen) zu ergreifende Mittel.
Ilaub (W3) [Adelung]
Das Ilaub,
des -es, plur. inus. S. Epheu.
Ilen (W3) [Adelung]
Ilen,
verb. reg. act. welches nur bey den Kammachern üblich ist, wo es so
viel bedeutet, als das Horn inwendig beschaben oder beschälen, welches
vermittelst des Ilers, eines wie ein Bogen gekrümmten Messers
geschiehet, welches auch der Öler, so wie die Arbeit selbst auch ölen
genannt wird.
Illuminiren (W3) [Adelung]
Illuminiren,
verb. reg. act. aus dem mittlern Latein. illuminare. 1) Farben auf
eine Zeichnung oder auf einen Kupferstich tragen, die Theile derselben
durch verschiedene Farben kenntlicher machen. Einen Riß, eine
Landkarte illuminiren. 2) Erleuchten, doch nur so fern solches mit
mehrern Lichtern oder Lampen geschiehet. Die Fenster eines Hauses,
einen Garten illuminiren. Daher die Illumination, eine solche
feyerliche Erleuchtung.
Ilme (W3) [Adelung]
Die Ilme,
plur. die -n, oder der Ilmbaum, des -es, plur. die -bäume, ein im
gemeinen Leben für Ulme üblicher Ausdruck, besonders die gemeine
breit- und schmalblätterige Ulme zu bezeichnen, von welchen die
erstere auch Rüster genannt wird; Ulmus campestris und Ulmus minor L.
Nach andern ist die Ilme eine an Quellen wachsende Ulme. S. Ulme.
Ilse (W3) [Adelung]
Die Ilse,
plur. die -n, ein Fisch, S. Alose.
Iltenschnecke (W3) [Adelung]
Die Iltenschnecke,
plur. die -n, eine Schnecke mit gewundener Schale, welche eine weite
Öffnung mit ausgezacktem Grunde hat. Es gibt ihrer cylindrische,
länglich runde, spindelförmige und bauchige. Voluta L. Der Nahme
scheinet aus dem Holländischen herzustammen und die gewundene Gestalt
auszudrucken, daher sie auch Wellenschnecke, Tutenschnecke,
Regelschnecke genannt wird. Im Schwed. ist Il. im Isländ. El, Jel, und
im Pers. Hile, der Wirbelwind, welches mit dem Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, dem Latein. volvere, und
unserm Welle, Walze, wälzen überein kommt. S. diese Wörter.
Iltiß (W3) [Adelung]
Der, oder das Iltiß,
des -sses, plur. die -sse, ein vierfüßiges fünfzehiges Thier in der
Größe einer Katze, mit gelblichen Haaren, welche in das Schwarze
fallen, einem weißen Maule und weißen Ohren; Mustela putorius L. Es
lebt in den Ställen und Wäldern, stellet dem Federviehe noch und hat
einen unerträglichen Gestank; daher es im Deutschen auch Stinkratz,
Stänkerratz, stinkender Wiesel, und in Liefland das Teufelskind
genannt wird. Der Nahme Iltiß wird in den Mundarten und verwandten
Sprachen gar sehr verändert. In einigen Oberdeutschen Gegenden heißt
dieses Thier Elbkatze, Elbthier, in andern Illing, Iltniß, Iltitz, in
Baiern Eiltes, in Niedersachsen Ülk, Ilk, Ellenbutt, im Alt-Fries.
Ulke, im Dän. Ilder, in Böhmen und Schlesien Ilster. Wachter leitet
dieses Wort von dem noch im Schwed. und Engl. üblichen ill, böse, her,
Dän. ilde, entweder wegen des heftigen Gestankes dieses Thieres, oder
auch wegen des Schadens, welchen es dem Federviehe zufüget. Im
Nieders. ist Ulk eine allgemeine Benennung des Marders, Wiesels,
Iltisses und ähnlicher Raubthiere, so wie im Äolischen der Wolf - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - hieß, und im Slavon. noch jetzt
Wlk genannt wird. Im gemeinen Leben Obersachsens heißt er auch nur
schlechthin der Katz, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, und im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -,
welches von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, sich
verbergen, abgeleitet wird, und dem Deutschen Iltiß im Klange nicht
unähnlich ist.
Iltißfalle (W3) [Adelung]
Die Iltißfalle,
plur. die -n, eine Falle, die Iltisse darin zu fangen.
Iltißgarn (W3) [Adelung]
Das Iltißgarn,
des -es, plur. die -e, ein kleines Netz, in Gestalt eines Hasennetzes,
welches man um den Aufenthalt des Iltisses aufstellet.
Im (W3) [Adelung]
Im,
das mit der dritten Endung so wohl des bestimmten Artikels der, als
des unbestimmten ein, zusammen gezogene Vorwort in, S. In.
Imbiß (W3) [Adelung]
* Der Imbiß,
des -sses, plur. die -sse, ein nur in den gemeinen Mundarten Ober- und
Niederdeutschlandes übliches Wort, theils eine jede Mahlzeit, theils
aber auch in engerer Bedeutung ein Frühstück zu bezeichnen, in welchem
letztern Verstande auch die Niedersachsen ihr Imt, Immet, und die
Holländer ihr Inbyt, Onbyt, gebrauchen. Die Zeit zum Frühstücken heißt
daher in Niedersachsen die Imbtstydt. Bey dem Kero bedeutet Imbiz eine
jede Speise, und imbizza, bey dem Ottfried imbizzen, speisen. Im
Oberdeutschen lautet dieses Wort auch Anbiß und Immeß. S. Anbeißen.
Imgleichen (W3) [Adelung]
Imgleichen,
S. Ingleichen.
Imker (W3) [Adelung]
* Der Imker,
des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in Niedersachsen übliches Wort,
einen der Bienenzucht erfahren, einen Bienenwärter zu bezeichnen, der
im Hochdeutschen ein Bienen- meister, im Oberdeutschen aber ein
Zeidler heißt. Daher die Imkerey, plur. inus. in Niedersachsen, die
Bienenzucht, die Kenntniß der Bienen und ihrer Wartung. S. Imme.
Immaßen (W3) [Adelung]
Immaßen,
ein Bindewort, welches im Oberdeutschen und in den Hochdeutschen
Kanzelleyen am üblichsten und aus, in und Maß zusammen gezogen ist. 1)
Als ein vergleichendes Binde- oder Nebenwort. Daß Beklagter auf die
Klage, immaßen sie angebracht, sich einzulassen, nicht schuldig, d. i.
so wie sie angebracht worden. Man läuft daraffter auf den Gassen Immaß
als sollt man Immen fassen, Narrensch. d. i. gleich als; so als. 2)
Für indem, wenn es zugleich eine Ursache ausdruckt. Er konnte nicht
kommen, immaßen er krank war, indem, oder weil. Das Vorwort in ist
hier um des folgenden m willen in im verwandelt worden, wie in
immittelst.
Imme (W3) [Adelung]
* Die Imme,
plur. die -n, ein nur in Niedersachsen übliches Wort, eine Biene, und
in engerer Bedeutung eine Arbeitsbiene zu bezeichnen, zum Unterschiede
von den Drohnen; daher alle mit Biene im Hochdeutschen zusammen
gesetzte Wörter im Niedersächsischen mit Imme gemacht werden, z. B.
das Immenhaus, die Immenkappe, das Immenkraut, der Immenwolf u. s. f.
Im Friesischen Ihme, in andern Gegenden Ympe, wo es auch einen
Bienenstock bedeutet, so wie Apis in dem Salischen Gesetze. In dem
Schwabensp. kommt so wohl Bine als Ymme vor. So fern Imme anfänglich
und ursprünglich einen Bienenstock bedeutet hat, kann es zu dem alten
hemen, decken, oder auch zu ham, hum, hohl, gehören, und ursprünglich
ein hohles Gefäß bedeutet haben, S. Himmel, Hemd, Humpe. Indessen
stehet dahin, ob nicht dieses Insect im Nieders. seinen Nahmen von
seinem gelinden Summen hat, so wie andere ähnliche Insecten von ihrem
stärkern Gesumse Hummeln, Bremsen u. s. f. genannt werden. In der
Rothwälschen Sprache der Spitzbuben heißt einer, der schon die Tortur
ausgestanden hat, ein Imme.
Immer (W3) [Adelung]
Immer,
ein Nebenwort der Zeit, welches überhaupt die ununterbrochene
Fortdauer einer Handlung oder eines Zustandes bezeichnet. 1.
Eigentlich, wo es wiederum in verschiedenen Einschränkungen üblich
ist. 1) Im schärfsten Verstande, eine ununterbrochene Fortdauer zu
bezeichnen, wie beständig 1. Man kann den Verstand nicht immer
anstrengen, ohne Unterbrechung. Ich weiß nicht, ob ich dein Betragen
immer werde dulden können. Ihr losen Mädchen thut immer als wenn euch
nichts an den Männern läge, Gell. Ich dachte immer, er würde seine
Einwilligung nicht dazu geben, ebend. Eine immer währende
Glückseligkeit, nicht immerwährend. Eine immer währende Freundschaft.
Ihr Bild ist mir immer vor meinen Augen. Auf immer, auf die ganze
folgende Zeit; im höhern Styl nur immer. Er ist auf immer verloren.
Ich würde mir immer bey ihnen geschadet haben. Leben sie auf immer
wohl! Noch immer, von der gegenwärtigen Fortdauer eines schon vorher
angefangenen Zustandes. Stehest du noch immer? Vergeben sie mir, daß
ich noch immer den Zerstreuten vorstelle. Wo das noch auch zuweilen
ausgelassen wird. Ich kann immer für Verwunderung nicht zu mir selber
kommen, Weiße, für noch immer. In der Deutschen Bibel mit
verschiedenen Beysätzen auch von einer Dauer ohne Ende. Der Herr ist
König immer und ewiglich, Ps. 10, 16. Gott dein Stuhl bleibt immer und
ewig, Ps. 45, 7. Seine Jahre währen immer für und für, Ps. 62, 7. Vor
Comparativis bezeichnet es den mit der Fortdauer zugleich steigenden
Zustand einer Sache. Das Verlangen nach einem immer festern Frieden
des Gewissens. Immer weiter, immer höher, immer tiefer. Es wird immer
ärger. Vermittelst einer Ellipse kann es auch vor andern Kennwörtern
stehen, die ununterbrochene Dauer eines Zustandes zu bezeichnen. Sein
immer gütiges Herz, welches immer gütig ist. Indem die immer offne
Hand Wohlthätig andern nützet, Weiße. Ihr Jungfraun deckt mit immer grünen Zweigen, Mit einem ganzen Lorberhain, Den Weg, Raml. 2) In
weiterer Bedeutung, in allen vorkommenden Fällen und Gelegenheiten,
für allemahl. Man muß immer Gutes thun. Ich erschrecke immer, wenn ich
ihn sehe. Wenn er mich siehet, weiß er immer etwas Neues. Der Arme muß
immer Unrecht haben. Ich handle, wie ich immer gehandelt habe. Das
Angenehme höret durch den allzu langen Genuß immer auf, angenehm zu
seyn. Damit verdirbst du mir immer die klügsten Einfälle. 3) In noch
weiterer Bedeutung, für sehr oft. Es regnet doch immer. Man höret
immer etwas Neues. Es ist immer Zank unter ihnen. Ich habe immer davon
reden hören. 2. Figürlich, eine Art von Intension zu bezeichnen, wo es
im gemeinen Leben und in der vertraulichen Sprechart oft zu einem
Füllworte wird, welches zuweilen die Ründe der Rede befördert,
zuweilen aber auch ganz müßig ist. 1) Als eine versichernde Partikel,
so wie allemahl und allezeit. Dennoch ist er immer klüger als du. Du
wirst immer denken, ich erzählete dir ein Mährchen. Die Summe ist für
mich beträchtlich genug. Das wäre fürs erste immer genug. 2) Eine Art
von Steigerung zu bewirken; für auch, oder zu dessen Verstärkung. So
arg du immer bist, Gell. So fromm er sich immer stellen mag. Es habe
ihn, was auch immer wolle, zur Untreue bewogen, so u. s. f. Gell. 3)
Eine mit Verwunderung verknüpfte Frage zu begleiten; für immermehr. Wo
mag er doch immer bleiben? Was will er doch immer anfangen? Was mag er
doch immer seyn? O sage, wie es immer kam, Daß man dir deine Freyheit
nahm? Gell. 4) Eine Aufmunterung, eine Warnung, eine Bitte zu
begleiten, besonders in der vertraulichen Sprechart. Lassen sie sich
es immer gefallen. Legen sie immer noch etwas zu. Nehmt immer euren
Beutel hin, Haged. Machen sie sich immer nicht so groß, Gell. So meine
liebe Freundinn, immer vertheidigen sie mich bey meiner Braut, ebend.
Gib mir immer den erquickenden Trost, daß ich dich bald freudiger
wieder sehe, Weiße. Lassen sie mich immer hier bleiben. 5) Eine aus
Verachtung, aus Geringschätzung herrührende Gleichgültigkeit
auszudrucken, wie immerhin. Er kann immer gehen. Er mag es immer
behalten. Sie können es immer glauben. 6) Ich will immer gehen, ich
will nur gehen, ich will inzwischen gehen. Er kann sich immer das Grab
bestellen lassen, er wird doch nicht gesund werden. Ich dächte, er
nähme es immer an. Gib es immer her.
Anm. Bey dem Ottfried bedeutet
jamer semper, bey dem Willeram und Notker jemer, in dem alten
Glaubensbekenntnisse bey dem Eckard immatur, und bey den heutigen
Schwaben, dem Schilter zu Folge, noch immater, in dem alten Gedichte
auf den heil. Anno imer, bey den Schwäbischen Dichtern iemer. Ich
klage iemer minen alten kumber, Reinmar der Alte. Im Nieders. ummer,
jummer, alljummer, im Dän. immer. Wachter, welcher das Lat. semper für
ein mit immer verwandtes Wort hält, läßt es von dem Hebr. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, und dem Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Tag, abstammen, und
erkläret es durch täglich. Ihre bringt das Schwed. jaemn, gerade,
gleich, ähnlich, und jaemt, accurat, genau, in Vorschlag, welches auch
fortwährend bedeutet, und in diesem Verstande bey den ältern Schweden
jämliga lautete; welche Ableitung der Wachterischen allemahl
vorzuziehen ist. Indessen behält doch Frischens Ableitung auch ihre
Wahrscheinlichkeit, der es von je mehr abstammen lässet, welche
dadurch unterstützet wird, daß dieses Wort, besonders in den mittlern
Zeiten, auch häufig getheilt je mehr geschrieben wird. Großer weder
ichs alle mein Lebtag ye mer hab gesehen, Theuerd. wo es zugleich für
jemahls stehet, in welchem Verstande es schon bey dem Ottfried
vorkommt: Ni uuanes untar manne Jamer drost geuuinne, glaube nicht,
daß ich unter den Menschen jemahls Trost bekomme. Ehedem war es auch
in Gestalt eines Beywortes üblich. Ein iemer leben, ein ewiges, immer
währendes Leben, Winsbeck. S. Nimmer und Je, mit dem Jod.
Immerdar (W3) [Adelung]
Immerdar,
ein von immer und dar zusammen gesetztes Nebenwort der Zeit, welches
im Hochdeutschen fremd und nur im Oberdeutschen üblich ist, wo es in
allen eigentlichen Bedeutungen des Wortes immer gefunden wird, so daß
das dar eine bloße müßige Verlängerung ist, oder es vielleicht in der
Bedeutung der Zeit von den figürlichen Bedeutungen unterscheidet. Das
Tichten und Trachten des menschlichen Herzens war böse immerdar, 1
Mos. 6, 5. Sein Lob soll immerdar in meinem Munde seyn, Ps. 34, 2.
Immerdar im Hause des Herren bleiben, Ps. 23, 6. Gib uns unser täglich
Brot immerdar, Luc. 11, 3. Der Herr wird euch behüten immerdar, Opitz
Ps. 115.
Immerfort (W3) [Adelung]
Immerfort,
adv. immer, d. i. ohne Unterbrechung fortfahrend. Er arbeitet noch
immer fort daran. Sie zanken immerfort. Für das einfache immer ist es
nur im Oberdeutschen üblich. Man muß dieses zusammen gesetzte
Nebenwort nicht mit denjenigen Fällen verwechseln, wo fort zu dem
Zeitworte gehöret, es mag nun ausdrücklich da stehen oder verschwiegen
seyn. Ich rief ihn, aber er ging immer fort.
Immergrün (W3) [Adelung]
Das Immergrün,
subst. indeclin. plur. inus. 1) Eine Pflanze, welche in den wärmern
Ländern einheimisch ist und Winter und Sommer grün bleibt; Aizoon L.
2) Auch das Hauslaub, Sempervivum L. wird von einigen Immergrün
genannt, so wie 3) das Sinngrün, Vinca L. Beyde aus eben derselben
Ursache. S. Ingrün.
Immerhin (W3) [Adelung]
Immerhin,
ein Nebenwort der Zeit. 1) * Eigentlich, für immerfort, eine
ununterbrochene Fortdauer habend. Das Gewässer verlief sich von der
Erde immerhin, 1 Mos. 3, 3. Sie gehen immerhin im Finstern, Ps. 82, 5.
In welcher Bedeutung es im Hochdeutschen veraltet ist. 2) Figürlich,
seine Gleichgültigkeit gegen etwas an den Tag zu legen. Wer böse ist,
der sey immerhin böse, Offenb. 22, 11. Er kann es immerhin behalten. O
täuscht Lucinden immerhin, Gell. Immerhin! d. i. meinetwegen. In
andern Fällen gehöret hin zu dem Zeitworte. Er kann es immer
hinnehmen.
Immerkuh (W3) [Adelung]
Die Immerkuh,
plur. die -kühe, im gemeinen Leben einiger Gegenden, eine zu einem
Inventario gehörige, oder so genannte eiserne Kuh. S. Eisern.
Immermehr (W3) [Adelung]
Immermehr,
adv. welches, 1) eine mit Verwunderung vorgetragene Frage begleitet,
wie das einfache immer. Was ist es immermehr, das dich so schrecken
kann? Was denkst du immermehr? Wo haben sie doch immermehr diese
schönen Lehren hergenommen? Was hat euch immermehr das arme Kind
gethan? Can. 2) In einigen Fällen auch für jemahls. Mehr als man
immermehr glauben sollte, Raben. S. Nimmermehr. Man verwechselt es
nicht mit denjenigen Fällen, wo mehr für sich allein stehet, und wo
immer mehr eine mit der Fortdauer an innerer Stärke zunehmende
Handlung bezeichnet. Immer mehr gereinigt werden, Jer. 13, 27. Du
versündigest dich immer mehr.
Anm. In dem alten Fragmente auf Carls
des Großen Feldzug bey dem Schilter stehet jemer mere, und bey dem
Stryker immermere, für immer, beständig. So fern das letzte mehr eine
Gradation bezeichnet, macht es mit der letzten Sylbe in immer, wenn
sie auch unser mehr seyn sollte, keine Tautologie. Sagt man doch in
ähnlichen Verstande je mehr und mehr.
Immerwährend (W3) [Adelung]
Immerwährend,
adj. et adv. welches richtiger getheilt immer während geschrieben
wird, weil man immer dauernd, immer stehend, immer sitzend, lange
während und andere ähnliche R. A. niemahls zusammen zu ziehen pflegt.
S. Immer 1. 1)
Immerzu (W3) [Adelung]
Immerzu,
ein Nebenwort, welches nur im gemeinen Leben, besonders
Niedersachsens, für immer, und am häufigsten in dessen eigentlichen
Bedeutungen üblich ist. Er ist immerzu krank. Die Menschenliebe muß
eine lebendige Neigung seyn, die uns zu Bemühungen und Thaten für das
Beste der Menschen immerzu ermuntert, Gell. Doch dein Befehl, an dem
ich mich ergetze, Fällt immerzu mir unvergessen ein, Opitz Ps. 119. In
vielen Fällen gehöret das zu dem Zeitworte an. Gehe immer zu, gehe nur
zu.
Immhamen (W3) [Adelung]
Der Immhamen,
des -s, plur. ut nom. sing. bey den Buchdruckern, ein lederner Riemen
oder Strick, welcher das Rähmchen, wenn es aufgemacht wird, fänget,
und es, wenn es nöthig ist, wieder zurück schnellet; der Anschlag. Die
letzte Hälfte ist das Wort Hamen, so fern es überhaupt ein Werkzeug
zum Fangen oder Halten bedeutet, siehe dasselbe. Nur die erste Hälfte
ist noch dunkel und muß ihre Erläuterung ohne Zweifel aus der
Nieder-Rheinischen und Holländischen Mundart erwarten.
Immi (W3) [Adelung]
* Der Immi,
plur. ut nom. sing. ein noch in Schwaben und der Schweiz übliches Maß
so wohl trockner, als flüssiger Dinge, wo es auch Immig, Imi, Yune u.
s. f. lautet. Im Würtenbergischen hält ein Eimer oder Ohm Wein 16
Immi, ein Immi aber 10 Maß, oder 40 Quart oder Schoppen. In Ulm ist
der Immi ein Getreidemaß, welches 4 Mütlein, 24 Metzen, oder 96
Viertel hält. In Bern hält ein Immi, der daselbst gleichfalls ein Maß
trockner Dinge ist, 2 Achterle oder 16 Sechzehnerle; 4 Immi aber
machen ein Berner Maß, und 48 Müt. In Zürch gehen 9 Immi auf ein
Viertel, 36 aber auf ein Müt. Es stammet mit Ahm, Eimer, Himpen,
Humpe, dem Latein. Hemina, und andern aus Einer Quelle her, in welchen
der Begriff eines Gefäßes der erste und herrschende ist.
Immittelst (W3) [Adelung]
Immittelst,
ein fortsetzendes Bindewort, wofür in der edlern Schreibart
inzwischen, oder noch mehr indessen üblicher ist. Gehe hin und mache
dich fertig; immittelst will ich das übrige besorgen. Es scheinet von
dem Beyworte mittel gebildet zu seyn, von welchem noch mittlere üblich
ist. Das st am Ende ist, wie in vermittelst, das Zeichen eines
Nebenwortes. Das Vorwort in ist wegen des folgenden m um des
Wohlklanges willen in im übergegangen, wie in immaßen. Für immittelst
ist im gemeinen Leben auch mittler Zeit, mittler Weile üblich. Dän.
imedens.
Impastiren (W3) [Adelung]
Impastiren,
verb. reg. act. welches aus dem Ital. impastare und Franz. empater,
ehedem empaster, entlehnet ist. 1) Bey den Mahlern, die Farbe dick und
fett auftragen. Ein wohl impastirtes Gemählde, welches farbenreich
ist. Ingleichen, die Farben auftragen, ohne sie zu verschmelzen. Der
Kopf ist nicht gemahlt, er ist nur impastirt. Daher die Impastirung.
2) Figürlich, bey den Kupferstechern, die mit dem Grabstichel und der
Nadel gemachten Puncte vermittelst der Striche und Schraffirungen mit
einander vermischen. Eine geschmackvolle Impastirung.
Imperativ (W3) [Adelung]
Der Imperativ,
des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Imperativus, in der
Sprachkunst, diejenige Art (Modus) der Zeitwörter, vermittelst welcher
man befiehlet, bittet, erlaubet, ermahnet u. s. f. Daher sie im
Deutschen von dem häufigsten in Befehlen davon gemachten Gebrauche,
auch die befehlende oder gebiethende Art, die Befehlsweise genannt
wird.
Imperial (W3) [Adelung]
Der Imperial,
des -es, plur. die -n, aus dem mittlern Lat. Imperialis, eine gewisse
harte Goldmünze, von welcher heut zu Tage nur noch die Russischen
Imperialen üblich sind, welche 10 Rubel oder 12 Rthl. 12 Gr. gelten.
Impfen (W3) [Adelung]
Impfen,
verb. reg. act. den Zweig eines Baumes zur Fortpflanzung in die Rinde
oder den Stamm eines andern befestigen, damit er mit ihm zusammen
wachse. Kirschen auf wilde Stämme, Äpfel auf Birnstämme impfen. In den
Spalt impfen, wenn das Reis in einen Spalt, welcher in den oben
abgeschnittenen jungen Stamm gemacht worden, gesetzet wird. In die
Rinde impfen, wenn es in die gespaltene Rinde gesetzet wird. In den
Kerb impfen, wenn es in eine Kerbe gesetzet wird, welche man in einen
alten Stamm gehauen hat. Auch Krankheiten impfet man ein, wenn man sie
durch Versetzung der Krankheits-Materie in den Körper fortpflanzt. Es
ist im Oberdeutschen am üblichsten; im Hochdeutschen gebraucht man
dafür pfropfen und in andern Gegenden pelzen. Aus dem Folgenden wird
erhellen, daß es eigentlich die Fortpflanzung vermittelst eines
Reises, nicht aber vermittelst eines Auges, wie Gottsched will,
bedeutet, und daher von äugeln, oculiren, genau zu reden, noch
verschieden ist. S. Einimpfen.
Anm. Bey dem Notker impiton, inserere,
in Boxhorns Glossen kimpitola, inseruit, im Schwabenspiegel ympfen,
ehedem auch impten, empten, im Angels. impan, im Engl. to imp, im
Schwed. ympa. Schon in dem Galischen Gesetze ist Impotus ein
Pfropfreis, nicht, wie Eckard will, von dem Lat. Impositus, sondern
von in und dem Holländ. Poote, Pote, Nieders. Pate, ein Pfropfreis,
eine Pflanze, ein junger Baum, Griech. - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image -, daher inpaten im Nieders. einpflanzen, Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, bedeutet, woraus das
Oberdeutsche impfen in engerer Bedeutung entlehnet zu seyn scheinet.
Das mittlere Latein. entare, Franz. enter, impfen, stammen gleichfalls
daher, so wie das Engl. Impes, Imp, ein Pfropfreis, Wallis. Imp, Dän.
Impe, Ympe, daraus verkürzet worden. Auf ähnliche Art sagen die
Niedersachsen für impfen risen, von Ris, ein Reis, Pfropfreis.
Impfwunde (W3) [Adelung]
Die Impfwunde,
plur. die -n, bey den Ärzten, die Wunde, welche bey Einimpfung der
Blattern, in die Haut gemacht wird.
Impost (W3) [Adelung]
Der Impost,
des -es, plur. die -en, aus dem mittlern Lat. Impostus, von imponere.
1) Eine jede von der Obrigkeit verordnete Auflage, besonders auf
bewegliche Güter. Die Waaren mit vielen Imposten beschweren, d. i.
Zoll, Accise u. s. f. Ital. Imposta, Franz. Impot. 2) In der Baukunst
wird das Capital in dem Nebenpfeiler, worauf der Bogen eines Gewölbes
ruhet, Incumba, der Impost, sonst aber auch der Kampfer genannt.
In (W3) [Adelung]
In,
ein Vorwort, welches im Deutschen von einem überaus häufigen Gebrauche
ist, und überhaupt ein Seyn, einen Zustand um den Mittelpunct oder um
das Innere eines andern Dinges, ingleichen ein Bestreben nach diesem
Innern bezeichnet. Es wird so wohl mit der dritten, als mit der
vierten Endung verbunden. I. Mit der dritten Endung, ein Seyn, eine
Ruhe, einen Zustand, eine Handlung zu bezeichnen, deren Sitz das
Innere eines andern Dinges ist; da es denn eigentlich einen Ort, in
weiterer und figürlicher Bedeutung aber auch einen Zustand, einen
Gegenstand, ein Hülfsmittel, eine Bewegungsursache, eine Art und Weise
und eine Zeit bedeutet, wo in den meisten Fällen der Begriff der
Coexistenz der herrschende ist. 1. Einen Ort, dasjenige Verhältniß in
Ansehung des Ortes, wo ein Ding von demselben ganz umgeben wird. In
der Stadt wohnen. Im Bette liegen. Ruhe sanft in der mütterlichen
Erde! In Ketten und Banden liegen. Wir werden heute in dem Garten
speisen. Er ist der reichste Mann im Dorfe. Es stehet in der Mitte.
Mitten im Lande. Es ist in guten Händen. Etwas in der Hand, im Munde
haben. Er sprang mit dem Degen in der Hand hervor. Fest im Sattel
sitzen. Dem Glücke im Schooße sitzen. Es liegt im Fenster. Im dritten
Kapitel, im fünften Buche, im sechsten Verse. In sich enthalten,
fassen, begreifen. Mit einem Fuße im Grabe stehen. Nichts Gutes im
Schilde führen. Mit im Rathe, in der Commission, im Consistorio
sitzen. In London, in Paris, in Frankreich, in Italien seyn. Sich in
der Fremde aufhalten. So lange wir in dieser Welt leben. Das Blut
stockt mir in den Adern. Alle Thiere im Walde. Im Grünen sitzen. In
dieser blauen Ferne sehe ich nichts als den Himmel und mich. Eine
Thräne stand ihm in den Augen. In jeder Miene schilderte sich sein
Schmerz. Dein Unglück liegt in deinem unruhigen Herzen. Ich hielt ihn
in meinen Armen. In der ganzen Gegend beliebt. Sich in der Schlinge
fangen. Die Familie in der ich lebe, die Gesellschaft in der ich bin.
In Gesellschaft seyn. In der Gesellschaft seyn. Sich in eines
Gesellschaft befinden. Das stehet nicht in dem Briefe, in dem Buche,
in dem Gedichte. In der Nähe, in der Ferne seyn. In einiger Entfernung
warten. Im gemeinen Leben. In manchen Fällen ist noch das Vorwort an
üblich, besonders vor dem Worte Ort; an diesem Orte. S. An I. 1. Bey
den Nahmen der Länder, welche große Herren in ihren Titeln führen,
gebraucht man das Wort von, wenn sie das ganze Land beherrschen, in
aber, wenn sie nur einen Theil desselben besitzen. Man sagt also
unrecht, der König in Frankreich, in Spanien, in England, in Portugal;
aber richtig die Herzoge in Sachsen. Die Krone Pohlen machte dem
Churhause Brandenburg lange den Titel König von Preußen streitig, weil
es damahls nur einen Theil von Preußen besaß, und die Republik Lucca
will dem Großherzoge von Toscana, dem Reisler zu Folge, nur den Titel
Großherzog in Toscana geben. Eben so findet dieses Vorwort Statt, wenn
das Zeitwort zwar eine Handlung, eine Bewegung bezeichnet, deren
Schauplatz aber doch das Innere eines andern Dinges ist. Suchet in der
Schrift. In einem Buche blättern. In der Fremde herum reisen. In der
Stube auf und ab gehen. Im Finstern tappen. In diesen Schuhen gehet es
sich nicht gut. Im Trüben fischen. Es gehet mir im Kopfe herum. Sich
im Wasser spiegeln. Sich in der Stadt verbergen. Etwas in der Mitte
entzwey brechen. Ich laß mein Schicksal in ihren Augen. Weit im Felde
umher schweifen. Im Mondenscheine spazieren gehen. In der Welt
fortkommen. In vielen eingeführten Redensarten hat zwar in diese
eigentliche Bedeutung des körperlichen Raumes oder Ortes, allein die
ganze R. A. ist doch figürlich. Einander in den Haaren liegen, sich
raufen, balgen. Er ist ein Schelm in der Haut. Einem im Wege stehen,
ihm hinderlich seyn. Das stehet mir bey diesem Geschäfte noch im Wege.
Ein Mensch in einem schlechten Kleide. Jemanden im Stiche lassen.
Jemanden in Verdacht haben. Etwas in frischen Andenken haben. Etwas im
Sinne haben. 2. Einen Zustand, bey oder unter dessen Anwesenheit eine
Sache ist oder geschiehet. In den letzten Zügen liegen. In
Bereitschaft stehen. Im Begriffe seyn. Im Besitz einer Sache seyn. In
diesem Zustande war es nicht möglich. Sich in den besten Umständen, in
schlechten Umständen befinden. Ich sahe ihn in großer Eile aus dem
Hause laufen. Mit einem in Freundschaft, in Verbindung stehen, mit ihm
in Feindschaft leben, mit ihm in Bekanntschaft stehen. In Uneinigkeit
leben. In Eid und Pflicht stehen. Etwas im Schlafe thun, im Traume
reden. In Ruhe, im Überflusse, in Armuth leben. Laß mich in Ruhe. In
der Bewegung, in Bewegung seyn. Im Schwange gehen. Ein Mann in seinem
Alter. Im Ehestande leben. In einem öffentlichen Amte stehen. In
großem Ansehen stehen. Etwas im baulichen Wesen erhalten. Er stehet in
meinen Diensten. Wenn ein großer Mann fällt, so ist er auch im Falle
groß. Im Tode getrost. Er ist in meinem Schutze, in meiner Gewalt, in
meiner Aufsicht. Einem in der Noth beystehen. Besonders einen Zustand
des Gemüthes. Etwas im Zorne, in der Wuth, in der Hitze thun. In Sorge
stehen. In Geduld stehen. In Angst, in der Angst seyn. In Zweifel
stehen. Ich sage es im Ernste, im Scherze. In der Einbildung stehen.
In dieser Ungewißheit stehe ich, schwebe ich. Ich sage dirs im Guten.
In der Erwartung stehen. 3. Einen Gegenstand, und zwar den Gegenstand
einer Beschäftigung, einer thätigen oder leidenden Veränderung,
zuweilen auch nur eines Prädicates. Ich diene ihm in dieser Sache. Er
störte mich in dieser Beschäftigung. Er vertiefte sich in seinen
Betrachtungen. In seinen Nachforschungen hitziger werden. Wir gefielen
uns in unserm Gespräche. Siehe nicht etwa Spott in diesen unschuldigen
Worten. In dem Bewußtseyn seiner Tugend eine reiche Quelle des Trostes
finden. Im Streite, in der Arbeit begriffen seyn. Im Brete, in der
Karte spielen. In der Rede stecken bleiben. Mitten in der Arbeit
aufhören. Ich fange an Vergnügen im Wohlthun zu finden. Im Tanzen, im
Spielen geschickt seyn. Sich im Singen üben. In Kleinigkeiten genau
seyn. Im Großen klein, und im Kleinen groß seyn. In der Ordnung hat er
wenige seines gleichen. Er übertrifft ihn in der Schwatzhaftigkeit. In
vielen Künsten erfahren, in der Schrift bewandert seyn. In dieser
Sache hast du Recht. In diesem Stücke ist er abergläubig. Schnell im
Laufen seyn. Im Kaufe bedachtsam, im Fragen vorwitzig seyn. In diesem
Stücke kann ich meinen Augen trauen. In diesem Falle, in jenem Falle.
Du verlierest nicht alles in mir, zugleich mit mir. In ihm fiel unsre
Hoffnung, unser Schutz, Dusch. Im Spiele gewinnen. Im Spiele
unglücklich seyn. In Gott vergnügt. Der hat sie verlassen, in welchem
sie ihr ganzes Daseyn fühlte. 4. Hülfsmittel oder Werkzeug,
vermittelst dessen etwas ist oder geschiehet, in einigen bereits
eingeführten Fällen. In Gleichnissen reden, in Fabeln lehren. Ein
Pferd im Zaume halten. Sich im Weine, im Biere betrinken. Er dankte
ihm in den feurigsten Ausdrücken. In seinen Gedanken über die ganze
Welt herrschen. In seiner Einbildung ist er glücklich. Sich etwas in
Gedanken, im Geiste vorstellen. 5. Eine Bewegungsursache, auch nur in
einigen Fällen. Etwas in guter Absicht thun. Ich that es in der besten
Mei-
nung von der Welt. Ich gebe von hier ab, in der Hoffnung, anderwärts
mein Glück zu machen. Ich reise in meinen eigenen Angelegenheiten. In
Geschäften reisen. 6. Die Art und Weise, wie ein Ding ist, oder
geschiehet. Im Glauben bethen oder bitten. Im Nahmen Gottes. In
meinem, in seinem Nahmen. In meiner Gegenwart, in seiner Abwesenheit.
Im Schweiße deines Angesichtes. In Eile gemacht. Ein Buch in Folio, in
Duodez, in Quart. In einem gebietherischen Tone. Im Überflusse. In
einem hohen Grade. In diesem Grade. Im Laufen trinken, im Reden
schreiben. Ich leide in der Stille. Alles in der Welt sehe ich nur im
Verhältnisse mit ihr. Sechs Ellen in Einem Stücke. In einem Athem
fortreden. Besonders die Art und Weise der Existenz. Sein Vermögen
bestehet in Grundstücken, sein Reichthum in Capitalien. Ihre Art sich
zu unterhalten bestand in Streitigkeiten. Tausend Thaler in Gold. Die
Tugend bestehet in der Ausübung seiner Pflichten. Wohin auch
verschiedene adverbische R. A. gehören, welche dieses Vorwort mit
manchen Nennwörtern und Partikeln macht. In Betrachtung, in Erwartung,
in Ansehung, in Absicht, in Erwägung, in Ermangelung, im Grunde, im
Gegentheile, im geringsten nicht, in kurzen, in Wahrheit, in der That.
7. Eine Zeit, und zwar 1) Eine Zeit, wenn sie eine Sache geschiehet,
oder geschehen ist, von der gegenwärtigen und vergangenen Zeit, wenn
sie ohne ein Zahlwort bestimmet wird. Das war in meiner Jugend noch
nicht Mode. Es geschahe in diesem, im vorigen Jahre, im vorigen
Monathe. Das ist in vieler Zeit, in langer Zeit nicht geschehen. In
andern Fällen bekommt das Hauptwort Zeit das Vorwort zu. In meinem
ganzen Leben ist das nicht geschehen. Es geschahe im Sommer. Er kam
mitten im Winter, in der Nacht. Um drey Uhr in der Nacht. In der erst, im gemeinen Leben, für anfänglich. In der Ernte sterben. In der
Theurung. Er hat sich in seinem Leben rechtschaffen geplagt. In einer
angenehmen Stunde. Wir reiseten in aller Frühe. In der Stunde des
Todes. Sie starb in der Blüthe ihrer Jahre. In ihrer Jugend war sie
schön. In der Mittagsstunde. Ich war in seinen letzten Augenblicken,
in seinen letzten Stunden bey ihm. Das Wort Tag, ingleichen die Nahmen
der Wochentage und Feste nehmen dafür das Vorwort an an. Daher der
biblische Ausdruck in den Ostern, Joh. 2, 23, so wie die biblischen R.
A. in den Tagen, in diesen Tagen, in den letzten Tagen, im
Hochdeutschen ungewöhnlich sind. S. An. Oft wird es auch ausgelassen
und dafür das Hauptwort in der vierten Endung gesetzt. Ich würde es
voriges Jahr gethan haben, im vorigen Jahre. Vorige Woche war er hier.
Er war erst diesen Augenblick da. 2) Eine künftige Zeit, wenn etwas
geschehen wird, mit dem Nebenbegriffe ihres Anfanges von jetzt an, mit
und ohne Zahlwort; für innerhalb. Ich muß es höchstens in einer Stunde
haben. Ich reise längstens in acht Tagen fort. In vier Tagen muß es
sich weisen. Ich werde in einigen Tagen verreisen. Wir werden in wenig
Minuten da seyn. In kurzen, in der Kürze, in kurzer Zeit. In künftigem
Sommer, im künftigen Jahre. Ich komme in einem Augenblick wieder. In
der R. A. das geschiehet in alle Ewigkeit nicht, ist einmahl die
vierte Endung hergebracht. Wenn kein Zahlwort dabey ist, so wird das
Vorwort auch häufig weggelassen. Künftigen Sommer, künftige Woche. Ich
komme den Augenblick wieder. 3) Einen Zeitraum, welcher zu einer Sache
erfordert wird, oder während dessen sie geschehen ist, wofür in vielen
Fällen innerhalb üblich ist. In sechs Tagen hat der Herr Himmel und
Erde gemacht, 2 Mos. 20, 11. In einer Stunde ist verwüstet solcher
Reichtum, Apostelg. 18, 17. Ich habe ihn in zehen Jahren nicht
gesehen. Es schlug in einem Tage drey Mahl ein. Es geschahe in einem
Augenblicke. In einer Stunde war die Sache gethan. In weniger als
einer halben Stunde wurden wir Freunde. Dahin können sie in drey
Stunden kommen. Das kann ich in so kurzer Zeit nicht verrichten. II.
Mit der vierten Endung, die Richtung einer Bewegung oder eines
Zustandes, ein Bestreben nach dem Innern einer Sache zu bezeichnen, wo
es wiederum eigentlich einem Orte, und in weiterer und figürlicher
Bedeutung, auch einem Zustande, einer Materie, einer Gestalt, der
Ausdehnung, einer Zahl und einer Zeit zur Begleitung dienet. 1. Einem
Orte, eine Bewegung nach dem Innern eines Dinges zu bezeichnen. Wasser
in den Brunnen tragen. Wein in das Faß füllen. Einem in das Gesicht
sehen. Sich in das Fenster stellen. In die Stadt kommen, gehen,
reisen. In das Haus brechen. Sich ein Loch in den Kopf fallen. In die
Kutsche steigen. In die Tasche stecken. In den Krieg ziehen. Einem
etwas in die Hände spielen. Etwas in die Hand, in den Mund nehmen.
Einem in den Wurf kommen. Etwas in die Augen fassen. Gute Lehren in
den Wind schlagen. Einem die Worte in den Mund legen. Es sticht ihm in
die Augen. Einem etwas in den Weg legen. Sich ins Mittel legen. Der
Fisch gehöret in das Wasser. Etwas in Gold einfassen. In den Rath
kommen. In die Schule, in die Kirche gehen. Sich in einen Winkel
verbergen. In einander fahren, reiten, sich verwickeln. Schlösser in
die Luft bauen. Sich in die Hand schneiden. In die Flucht schlagen.
Einem ein Stück Geld in die Hand drücken. Einem etwas in das Ohr
sagen. Er geitzt in seinen Sack. In Papier einwickeln. Er passet nicht
in das Loch. Es ist mir etwas in den Weg gekommen. In der Leute Mäuler
kommen. Sich in die Sonne legen. In Gesellschaft gehen. Die Thränen
traten mir in die Augen. Eine Grube in die Erde machen, Matth. 25, 18.
Sich in den Mantel hüllen. In dünne Nebelschleyer hüllt sich die
Blumenflur. In einander wirken. In jemanden bringen. In deine Hände
befehl ich meinen Geist. In sich schlagen, in sich gehen. In das
Gedränge kommen. In den Tag hinein leben. Ins Werk steilen oder
richten. In Besitz nehmen. Jemanden in seinen Schutz, etwas in
Verwahrung nehmen. Sich in Acht nehmen. Viele Einsicht in die
Arzeneywissenschaft haben. Einem in die Rede fallen. Sich in eine
Sache mengen oder mischen. In des andern Seele schwören. Es gehet in
das zwanzigste Jahr, es ist bald zwanzig Jahr. Er gehet in das
dreyßigste Jahr, ist bald dreyßig Jahr alt. In die Wette laufen,
besser, um die Wette. Das fällt gut in das Gesicht. Ein Gut in Lehn
nehmen. Sich in jemandes Huld empfehlen. Etwas in Augenschein nehmen.
Tief in den Text kommen. Sich in die Leute schicken. Er weiß sich in
alles zu finden. Sich in sein Schicksal ergeben. Ich willige nicht in
diese Sache. In eine Person verliebt seyn. In Thränen, in laute Klagen
ausbrechen. Er brach in diese Worte aus. Besonders 2. Einem Zustande,
wenn sich derselbe an einem Dinge entwickelt, oder doch der
Entwickelung nahe ist, es sey durch eigene oder fremde Kraft. In das
Elend, in Armuth gerathen.
In Verachtung gerathen. In sein Verderben rennen. In sein Unglück
eilen. In Verdacht gerathen. In den Gang, in den Schwung kommen. In
den Gang bringen. In Vergessenheit kommen. Etwas in Vergessenheit
stellen. In Verwunderung gerathen. Jemanden in Verwunderung setzen. In
Erstaunen gerathen. Die Kälte verwandelte sich in eine brennende
Hitze. Eine Strafe in eine Geldbuße verwandeln. Der Schauplatz des
Lebens verwandelt sich vor mir in den Abgrund des Grabes. In die
Erfüllung gehen. Etwas ins Reine bringen. In ein hitzig Fieber fallen.
In Grillen verfallen. Besonders eine Theilung zu begleiten. Etwas in
fünf Stücke zerschneiden. Der Fluß theilet sich in zwey Arme. In
tausend Stücke schlagen/brechen. Ein Buch in vier Bände binden lassen.
3. Einer Materie, wo der Begriff des Ortes, nach welchem die Bewegung
gerichtet ist; zugleich den Begriff der Materie, des Stoffes mit in
sich schließet. In Gold, in Silber, in Bley, in Holz, in Bernstein, in
Wachs arbeiten. In Wachs poussiren. Figuren in Holz schneiden, in
Kupfer stechen. 4. Einer Gestalt, die Bemühung, dem Theile eines
Dinges eine gewisse Gestalt zu geben, zu begleiten. Blumen in einen
Strauß zusammen fügen. Etwas in ein Bündel binden. Ein Dreyeck in ein
Viereck verwandeln. Die Haare waren in einen Zopf geflochten. Die
Aussicht endigt, vereinigt, verwandelt sich endlich in ein
Amphitheater. Die Haare waren in zwey Locken gesteckt. 5. Einer
Ausdehnung, deren Maß, Bestimmung u. s. f. zu begleiten. Der Thurm
erstreckt sich auf hundert Fuß in die Höhe. Der Raum hatte vierzig
Ellen in die Länge und zwanzig in die Breite. Ein Gebäude in die
Breite messen. In die Länge und in die Quere. Wo es auch zuweilen
ausgelassen werden kann. Und rückt den spitzigen Hut die Quere, Gell.
In die Länge, wird auch figürlich von einer langen künftigen Zeit
gebraucht. Das thut in die Länge kein gut. 6. Einer Zahl, doch nur
eine ungefähr, nicht auf das genaueste bestimmte Zahl zu bezeichnen;
am häufigsten im gemeinen Leben, und mit den Nebenbegriffe der
Vielheit. Es waren ihrer in die zwey hundert Personen. Judas brachte
ihrer in die dreyßig tausend um, 2 Macc. 12, 4. Es wiegt in die
dreyßig Pfund. In die funfzig Jahre alt. Ich würde Ihnen zur Ehe
rathen, da ich weiß, daß sie in die sechzig sind? Gell. Ich habe ihn
in die drey Jahre nicht gesehen. In welchen sämmtlichen Fällen das
Vorwort an fast noch üblicher ist. 7. Einer Zeit, doch nur das Ziel
einer Handlung in Ansehung der Zeit zu bezeichnen, mit dem Wörtchen
bis, welches aber auch ausgelassen werden kann. Bis in die Nacht
spielen. Dein ist die Herrlichkeit in Ewigkeit, Matth. 6, 13. Sie
graben in die Nacht, Lichtw. Das haß ich in den Tod. In andern Fällen
wird auch hier das Vorwort an gebraucht.
Anm. 1. Da dieses Vorwort
unter allen im Deutschen am häufigsten gebraucht wird, so ist es
unmöglich, dasselbe durch alle seine Schattirungen und Nebenbegriffe
zu verfolgen, welche sich doch insgesammt auf einen der angeführten
Fälle werden zurück führen lassen. In manchen Fällen ist es
gleichgültig, ob man es mit der dritten oder vierten Endung verbinde;
je nachdem die Handlung in Bewegung und Richtung, oder in einem
bestimmten Raume gedacht wird. Begrabet mich in mein väterliches Grab,
oder in meinem väterlichen Grabe. Diese Fälle sind aber so häufig
nicht, weil sich bey veränderter Wortfügung immer auch eine veränderte
Nebenbedeutung mit einschleicht. Sich in die Kammer legen, und sich in
der Kammer legen, sind wirklich verschieden. In der Deutschen Bibel
werden die Endungen oft unrichtig gesetzet. In die Inseln verkündigen,
Jer. 31, 10. In die Städte zusammen kommen, 1 Macc. 1, 61. Die Rede
erscholl in das ganze Jüdische Land, Luc. 7, 17; für in dem oder in
den.
Anm. 2. Wenn in die dritte Endung des einfachen Zahl zu sich
nimmt, wird es mit dem bestimmten Artikel des männlichen und
ungewissen Geschlechtes häufig zusammen gezogen. Er ist im Hause, im
Felde, für in dem Hause, in dem Felde. Zuweilen ist diese
Zusammenziehung unentbehrlich, oder vielmehr, wenn das Hauptwort den
bestimmten Artikel nicht vertragen würde, wird das n des Vorwortes zur
Bezeichnung der dritten Endung in ein m verwandelt. Tausend Thaler im
Vermögen haben. Mit sich selbst im Streite seyn. Im Ganzen verkaufen.
Eben diese Zusammenziehung wird auch in der vierten Endung mit dem das
geduldet. Ins Feuer werfen. Aber nicht mit andern Endungen oder
Geschlechtern, wie 1. Kön. 8, 44, in Streit ziehen, für in den. Anm.
3. An, in, inne, innen, inner, ein, sind ursprünglich ein und eben
dasselbe Wort, und im Deutschen lange ohne Unterschied gebraucht
worden. Jetzt sind sie sehr genau verschieden. An und in werden als
Vorwörter gebraucht, haben aber auch hier ihre bestimmten und
angewiesenen Gränzen, S. An. Inne und innen sind noch in einigen
Fällen als Nebenwörter üblich. Inner ist ein Beywort; ein hingegen
wird noch in verschiedenen Zusammensetzungen anstatt des Vorwortes in
gebraucht, welche die Niedersachsen noch wirklich mit dem in machen,
z. B. ingeboren, indenk, Inwohner u. s. f. für eingeboren, eingedenk,
Einwohner, wovon sich auch im Hochdeutschen Spuren erhalten haben; S.
Inhaber, Inhalt u. s. f. Besonders gebraucht man ein mit den
beziehenden Partikeln da, hin und her, wenn das Vorwort die vierte
Endung erfordert, darein, hinein, herein; dagegen in unverändert
bleibt, wenn es die dritte Endung erfordert, darin, hierin, worin,
welche von vielen ohne Ursache darinn, darinne, darinnen, hierinn,
hierinnen, worinn, worinnen, geschrieben und gesprochen werden, siehe
Darin.
Anm. 4. Diese unnütze Verlängerung ist noch ein Überbleibsel
der alten Oberdeutschen Mundart, in welcher das Vorwort in, auch wenn
es allein siehet inne, und innen lautet. Innan erda sliafan, Ottfr. in
die Erde. Es komme nicht innan muat min, ebend. Innan mir, in mir,
ebend. An andern Orten gebraucht er dafür anan; anan henti, in den
Händen. Andere Sprachen und Mundarten haben mehr Kürze, wie das
Nieders. in, das Angels. on, into, das Wallis. yn, en, das Lat. in und
Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Schon im
Mösogothischen ist das Vorwort von dem Nebenworte unterschieden; das
erste lautet bey dem Ulphilas in, das letzte aber inn, und im Schwed.
heißt das Vorwort, wenn es allein stehet, i, vor Zeitwörtern aber und
als ein Nebenwort in. S. auch Inne und Innen. In vielen Sprachen ist
in eine verstärkende Partikel, welche eine Intension ausdruckt; wovon
sich auch im Deutschen Spuren finden. Innette ist im Nieders. sehr
nett, fein, sauber; im Schwed. igraen sehr grün, isur sehr sauer. S.
auch Inbrunst, Ingrün, Inständig. In den Zusammensetzungen vor einem m
gehet es des Wohlklanges wegen gleichfalls in diesen Mitlauter über,
immaßen, immittelst; aber nicht vor dem g, S. Ingleichen.
Inbegriff (W3) [Adelung]
Der Inbegriff,
des -es, plur. die -e. 1) Ein in seine Gränzen eingeschlossener Ort,
ein gewisser Bezirk; in welcher Bedeutung es doch wenig mehr gebraucht
wird. 2) Figürlich, was in einem solchen Raume begriffen und
beschlossen ist, und in noch weiterer Bedeutung, alle in einem Raume
beysammen befindliche Dinge als ein Ganzes betrachtet. Der Inbegriff
der in der Welt befindlichen Dinge. Der große und weite Inbegriff der
göttlichen Absichten.
Inbrunst (W3) [Adelung]
Die Inbrunst,
plur. inus. eine innere, inwendige Brunst, d. i. Hitze. 1) *
Eigentlich; in welcher Bedeutung es im Hochdeutschen veraltet ist. Die
Inbrunst des hitzigen Fiebers, die damit verbundene innere Hitze. 2)
Figürlich, ein hoher Grad der Liebe. Eine Person mit vieler Inbrunst
lieben. Mit Inbrunst bethen. S. Brunst, welches bereits von einem
hohen Grade der Liebe gebraucht wird, so daß in hier die alte
verstärkende Bedeutung zu haben scheinet. S. In,
Anm. 4. Bey dem
Ottfried kommt das Zeitwort inbrunstan für zornig werden vor.
Inbrünstig (W3) [Adelung]
Inbrünstig,
-er, -ste, adj. et adv. Inbrunst habend, darin gegründet. 1) *
Eigentlich; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Die pestilenz
kommt mit großer inbrünstiger Hitz, innerlicher, Liber Pestilenz.
1500. 2) Figürlich, einen hohen Grad der lebhaften Liebe habend, und
darin gegründet. Wie inbrünstig schloß ich dich an meine Brust! Dusch.
Inbrünstig bethen. Ein inbrünstiges Gebeth. Das ohne Noth verlängerte
Oberdeutsche inbrünstiglich ist im Hochdeutschen veraltet.
Inbrünstigkeit (W3) [Adelung]
Die Inbrünstigkeit,
plur. inus. die Inbrunst als eine Fertigkeit betrachtet; ein Wort,
dessen man füglich entbehren kann, weil das kürzere Inbrunst bereits
in dieser Bedeutung üblich ist.
Inbürger (W3) [Adelung]
Der Inbürger,
des -s, plur. ut nom. sing. S. Ausbürger.
Inbusen (W3) [Adelung]
Der Inbusen,
des -s, plur. ut nom. sing. S. Ingarn.
Incarnat (W3) [Adelung]
Incarnat,
adj. et adv. aus dem Französ. Incarnat, der rothen Farbe der
Granatblüthen gleich, welche ein sehr hohes Rosenroth ist. Daher das
Hauptwort das Incarnat oder die Incarnat-Farbe. Das Französ. stammet
von dem mittlern Lat. ingranatis her, welches eben das bedeutet, so
wie ihr nacarat, fleischfarben, aus dem Nieders. nakrood gebildet ist.
Indelt (W3) [Adelung]
Das Indelt,
des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben Obersachsens und
Oberdeutschlandes, dasjenige innere Behältniß in Gestalt eines Sackes,
worein die Federn eines Bettes oder Küssens unmittelbar gethan werden,
und worüber hernach der Überzug kommt. In den gemeinen Sprecharten der
Inguß, der Indel, das Inlich, im Nieders. das Inlied, Inled, Inlede,
von Lid, eine Decke, so wie das Hochdeutsche von Deel, Theil,
abzustammen scheinet. Im mittlern Lat. Enleichis.
Indem (W3) [Adelung]
Indem,
eine aus in und dem, der dritten Endung des Fürwortes das, oder
dieses, zusammen gezogene Partikel; welche auf doppelte Art gebraucht
wird. 1. Als ein Nebenwort der Zeit, für in diesem Augenblicke, diesen
Augenblick, wo es doch nur im gemeinen Leben und der vertraulichen
Sprechart üblich ist, und besser getheilt geschrieben wird, in dem. Er
ist in dem weggegangen. Er wird in dem kommen. Ich habe ihn in dem
gesehen. Im Schwed. i thy. In dem Theuerdanke heißt es in dieser
Bedeutung vollständiger; in demselben (nähmlich Augenblicke) gieng der
Held her, Kap. 90. 2. Als ein Bindewort, und zwar 1) eine Zeitfolge zu
bezeichnen, da es denn derjenigen Sache zur Begleitung dienet, welche
mit einer andern zugleich geschiehet, eine Coexistenz zu bezeichnen;
für da oder als. Es stehet als dann so wohl im Vordersatze, als im
Nachsatze. (a) Im Vordersatze. Indem er stille stand, bemerkte er, daß
u. s. f. oder, er bemerkte, in- dem er stille stand, daß u. s. f.
Dort, sagte er, indem er zu dem Fenster hinaus sahe, ist der Knabe.
Indem sie ihm danken wollte, ging er weg. Er hat sie schon, indem er
angekommen, an ihrem Fenster wahrgenommen, Gell. Zuweilen mit so und
da im Nachsatze. Indem nun Sylvia sich nach dem Bande bückt, So küßt
sie ihn geschwind, Gell. Und indem ich drauf merkte, siehe, so kommt
ein Ziegenbock, Dan. 8, 5. Indem er aber also gedachte, siehe, da
erschien ihm ein Engel, Matth. 1, 20. (b) Im Nachsatze. Wenn sie mich
nicht verrathen wollen, sagte er, indem er den Finger auf den Mund
drückte. Der Strom ergriff ihn, indem er sichs am wenigsten versahe. Sohn, fing der Vater an, indem er sterben wollte, Gell. Mein Herz
erweitert von einem frohen Stolze, indem eine Thräne in meinen Augen
stehet, Dusch. Wo es aber oft gemißbraucht wird, besonders von
ungeschickten Übersetzern, welche die Participial-Construction der
Franzosen mit en durch dieses indem zu geben suchen, wenn gleich im
Deutschen ein bloßes und oder nachdem, oder ein anderes Bindewort
stehen sollte. Er stieg in die Kutsche, indem er dem Fuhrmann einen
besondern Weg zeigte; für, nachdem er - gezeigt hatte. Er umarmte ihn,
indem er weinte; für, und weinte. Eben so fremd klingt es im
Deutschen, wenn es die Stelle des Bindewortes wenn vertreten muß. Ich
will sogar meine Vernunft vergessen, indem ich mit ihnen rede, Gell.
2) Eine Ursache zu bezeichnen, für weil; wo es alle Mahl im Nachsatze
stehet, und eine Figur der vorigen Bedeutung ist. Sie verließ das Haus
ihres Vaters, indem sie ihren Freund wieder zu finden hoffte. Er hatte
es ihm oft versprochen, indem er dieses Verlangen für billig hielt. Er
wurde ein trauriger Gesellschafter, indem der Gram alle seine
Lebhaftigkeit verzehret hatte. Im Oberdeutschen ist dafür auch immaßen
üblich.
Indenk (W3) [Adelung]
Indenk,
S. Eingedenk.
Indessen (W3) [Adelung]
Indessen,
ein Bindewort, welches aus dem Vorworte in und der zweyten Endung des
relativen Fürwortes der zusammen gesetzet ist. Es bedeutet, 1. Eine
Zeitfolge, da es denn derjenigen Sache vorgesetzet wird, welche
während derjenigen Zeit geschiehet, in welcher eine andere vorgehet;
in oder unter der Zeit. Es stehet 1) im Nachsatze, so daß sich das
Relativum dessen auf den vorher gegangenen Satz beziehet. Sehe nur
hin; indessen will ich hier bleiben, oder ich will indessen hier
bleiben. Du lebest in allen Lüsten; indessen schwimmt dein Land in
Thränen, oder da indessen dein Land in Thränen schwimmt, oder auch mit
dem Bindeworte daß, indessen daß dein Land in Thränen schwimmt. Dürre
Reiser brannten vor ihm in hellen Flammen, indeß daß er einsam ins
Gras gestrecket mit irrenden Blicken den Himmel durchlief, Geßn. Oder:
da er indessen. Wo das daß auch verschwiegen werden kann. Und wenn man
bundsverwandte Nationen Bequem zur Schlachtbank schickt; Indessen man,
sein Heer zu schonen, Von sichrer Höh weit um sich blickt, Raml. Wenn
er - Im seligsten Triumphe fährt; Indeß der Überfluß auf jede seiner
Spuren Ein ganzes Füllhorn leert, ebend. 2) Im Vordersatze, wo es
sich, (a) auf den Nachsatz beziehet, und alsdann ein da oder daß nach
sich hat. Indessen da oder daß dein Land in Thränen schwimmt, lebst du
in allen Lüsten. Wo das da oder daß in der höhern Schreibart auch
wegbleiben kann, in welchem Falle aber indessen um des Wohlklanges
willen in indeß verkürzet wird. Indeß dein Land in Thränen schwimmet
u. s. f. Indeß er mit irrenden Blicken den Himmel durchlief, brannten
u. s. f. (b) Auf eine vorher gemeldete Begebenheit. Josephs Brüder
warfen den Joseph in eine Grube, und satzten sich nieder zu essen.
Indeß (indessen) huben sie ihre Augen auf, und sahen, 1 Mos. 37, 25.
Da er nun Syrien - durchzogen hatte, kam er zu den Edomitern - und lag
allda dreyßig Tage lang. Indessen forderte er sein Kriegsvolk alles
zusammen, Judith 3, 12. Da das Jesus hörete, sprach er - Indeß kamen
die Jünger Johannis zu ihm, Matth. 9, 12, 14. Wo es vornehmlich in der
historischen Schreibart von einem sehr großen Nutzen ist, die
Einschaltung gleichzeitiger Begebenheiten in Ermangelung anderer
Verbindungs-Formeln anzufangen. 2. Eine Einschränkung, eine Milderung,
eine Compensation des vorher gegangenen zu bezeichnen, wo es
gemeiniglich im Nachsatze stehet. Sie war in dem größten Kummer;
indessen wurde ihr Schmerz doch dadurch gelindert, daß u. s. f.
Zuweilen aber auch im Vordersatze, doch mit Beziehung auf eine Vorher
gegangene Sache. War indessen sein Charakter gleich nicht von der Art,
daß man ihn sehr doch schätzen konnte: so besaß er doch viele Laune.
3. Für Dessen ungeachtet, nichts desto weniger; doch nur im Nachsatze.
Es taugt freylich nichts; indessen gib es nur her.
Anm. Schon bey dem
Ottfried innan thes, bey dem Notker inin diu, im Lat. interea. Es ist
ein Hauptwort verschwiegen; etwa Vorgang, Begebung u. s. f. Die
verkürzte Form indeß wird am häufigsten in de höhern und dichterischen
Schreibart gebraucht. In der historischen Schreibart ziehet man das
vollständigere indessen vor. S. auch Unterdessen, welches eben so wie
dieses Bindewort gebraucht wird, ob es gleich nicht völlig so sehr
gangbar ist. Im Oberdeutschen ist dafür auch derweile, einstweilen und
untereinsten üblich.
Indiction (W3) [Adelung]
Die Indiction,
plur. die -en, aus dem mittlern Lat. Indictio, in der Zeitrechnung,
einen Zeitraum von fünfzehen Jahren zu bezeichnet, doch nur so fern
die Zahl der jedesmahligen Jahre dieses Zeitraumes ehedem der Jahrzahl
von der Geburt Christi an beygefüget zu werden pflegte, wie in
Notariats-Instrumenten noch jetzt geschiehet. S. des Du Fresne
Glossarium. Im Deutschen wird sie auch der Römer Zinszahl, ingleichen
die Kaiserzahl genannt, weil die Gewohnheit nach Indictionen zu
rechnen von einen allgemeinen Kopfgelde herrühret, welches den
Römischen Kaisern ehedem alle funfzehen Jahre entrichtet werden mußte.
Indig (W3) [Adelung]
Der Indig,
des -s, plur. inus. ein dunkelblauer Farbenkörper, welcher das
dunkelste, an das Schwarze gränzende Blau gibt, und jetzt ein
verfaulter Bodensatz der Indigpflanze ist; der Indigo. Der Nahme ist
aus dem Lat. Indicus verderbt, weil man diese blaue Farbe vor der
Entdeckung von Amerika aus Indien bekam, daher sie unter dem Nahmen
Color Indicus, und Endegus schon im mittlern Lateine vorkommt.
Indessen scheinet es, daß ehedem mehrere blaue körperliche Farben,
welche man aus Indien bekam, mit diesem Nahmen beleget. Das mittlere
Lat. Indus bedeutete auch dem Lasurstein, und noch in diesem
Jahrhunderte wurde in einem Freyheitsbriefe für die Bergwerke im
Halberstädtischen vom 23sten Dec. 1704 der Indigo unter die Mineralien
gerechnet; wo vermuthlich der Kobalt verstanden werden muß, aus
welchem eine ähnliche blaue Farbe verfertiget wird.
Indigblau (W3) [Adelung]
Indigblau,
adj. et adv. der blauen Farbe des Indigs gleich. Daher das Hauptwort,
das Indigblau, subst. indecl. plur. car. diese blaue Farbe im
Abstracto.
Indigenat (W3) [Adelung]
Das Indigenat,
des -es, plur. inus. aus dem mittlern Lat. Indigenatus, die
Eigenschaft, da jemand in einem Lande geboren, in demselben
einheimisch ist, und das Recht, welches ihm aus dieser Eigenschaft in
Rücksicht auf die fremden zufließet; das Einzöglingsrecht,
Bürgerrecht.
Indigküpe (W3) [Adelung]
Die Indigküpe,
plur. die -n, bey den Färbern, die zum Färben aus Indig bereitete
blaue Farbe. Eine Indigküpe anstellen, diese Farbe bereiten. S. Küpe.
Indigpflanze (W3) [Adelung]
Die Indigpflanze,
plur. die -n, eine Pflanze, aus welcher der Indig bereitet wird;
Indigofera L. In Indien heißt diese Pflanze der Anil, welcher Nahme
auch hin und wieder in Europa üblich ist.
Indult (W3) [Adelung]
Der Indult,
des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Lat. Indultus. 1) In dem
Rechten und im gemeinen Leben, Nachsicht, Frist, welche man jemanden
zur Erfüllung einer Pflicht verstattet. 2) In der Römischen Kirche,
die päpstliche Verstattung einer den gemeinen Rechten nach unerlaubten
Sache; im mittlern Lat. Indultum, Franz. Indult. Ehedem wurde auch der
Ablaß Indult genannt, daher es noch kommt, daß 3) in einigen
Oberdeutschen Gegenden ein Jahrmarkt noch jetzt Indult genannt wird,
S. Dult.
Ineinander (W3) [Adelung]
Ineinander,
S. Einander.
Infant (W3) [Adelung]
Der Infant,
des -en, plur. die -en, Fämin. die Infantinn, eine aus dem mittlern
Lat. Infans noch in Spanien übliche Benennung eines königlichen
Prinzen, einer königlichen Prinzessinn. S. des du Fresne Gloss. v.
Infantes und Infancio.
Infanterie (W3) [Adelung]
Die Infanterie,
plur. inus. aus dem Französ. Infanterie, Soldaten zu Fuß, das Fußvolk,
die Fußvölker; im Gegensatze der Cavallerie oder Reiterey. Im Ital.
Infanteria, Fanteria. Ob wir gleich dieses Wort zunächst unsern
Nachbarn abgeborget haben, so ist es doch seinem Ursprunge nach ein
gutes altes Deutsches Wort, welches von dem noch in Niedersachsen
üblichen Fänt, Vent, ein junger unverheiratheter Mensch, und in
weiterer Bedeutung ein Diener, ein Soldat zu Fuß, abstammet. Das
Isländ. Fant, das Ital. Fante, das Dän. Fiant, und das Schwed. Fant,
haben eben dieselbe Bedeutung mit dem Nieders. Vent, und sind ohne
Zweifel auch mit dem Latein. Infans verwandt. Mit den vorgesetzten
Zischlaute ist Swein im Angels. Swain im Engl. und Suend im Dänischen,
ein Jüngling, besonders ein junger Liebhaber. S. Trabant, welches
seiner letzten Hälfte nach gleichfalls hierher gehöret.
Infel,Inful (W3) [Adelung]
Die Infel, oder
Inful, plur. die -n, aus dem mittlern Lat. Infula, der bischöfliche
Hut, der bischöfliche Hauptschmuck in der Römischen Kirche. Daher das
Zeitwort infuliren, im mittlern Lat. infulare, mit der Infel begaben.
Ein infulirter Abt, der von dem Papste das Vorrecht erhalten hat,
bischöfliche Ehrenzeichen zu tragen.
-ing (W3) [Adelung]
"-ing", eine Endsylbe verschiedener Hauptwörter, deren Abstammung aber noch nicht in allen Fällen ganz ausgemacht ist. Sie bedeutet,
1) Ein Land, ein Feld, eine Gegend; in welcher Bedeutung sie nur noch in den eigenthümlichen Nahmen verschiedener, besonders Oberdeutscher Länder und Örter, übrig ist, wo sie jetzt "-ingen" lautet. "Lotharingen", "Lotharii Land". So auch "Thüringen", "Tübingen", "Kitzingen", "Memmingen" u. s. f. In Schweden gibt es gleichfalls noch viele Nahmen der Örter auf "-inge", und Frisch rechnet auch die nahmen der Örter auf "-in", wie "Stettin", "Cöslin", "Lenin", "Küstrin" u. s. f. dahin. Hier stammet sie ohne Zweifel aus dem Angels. und Mallisischen "Inge", ein "Feld", her. Die Schweizerische Mundart verwandelt dieses "-ingen" gemeiniglich in "ikon"; "Pfeffikon" für "Pfeffingen", "Vlikon" für "Vlingen". Es ist sehr wahrscheinlich, daß auch verschiedene Deutsche Hauptwörter auf "-ung" gleichfalls mit zu dieser Endung gehören, die man bisher irrig für Berbalia gehalten hat, zumahl da die Endung "-ing" auch in andern Fällen in "-ung" übergehet. Dergleichen sind z. B. die "Waldung", eine waldige, mit Wald bewachsene Gegend, die "Holzung", eine mit Holz bewachsene Gegend, die "Huthung", eine zur Huth, d. i. Weide, bestimmte Gegend, die "Feldung", ein Feld, die "Freyung", eine befreyete Gegend, die "Stallung", eine mit Ställen bebauete Gegend, und andere mehr. "Thie Heiminge" ist bey dem Ottfried das Vaterland, die Heimath.
2) Einen jungen Menschen, und in weiterer Bedeutung, einen Sohn, einer Nachkommen, wo es mit Enkel noch zu dem in Ober- und Niedersachsen üblichen Enke zu gehören scheinet. S. diese Wörter. Die meisten dieser Wörter sind jetzt veraltet. Ein Edelknabe hieß bey den Angelsachsen "Aethiling", bey dem Ottfried "Ediling", im Engl. "Adeling". "Kipping" bedeutete im Angels. des Rippi Sohn, "Bryning" des Bryn Sohn, "Skiolding" im Schwed. Skiolds Sohn, und "Yngling" des Ynge sohn. Carls des Großen Nachkommen sind in der Fränkischen Geschichte unter dem Nahmen der "Caroliner", so wie "Meroväi" unter dem Nahmen der Merowinger bekannt. Die Endung der Lat. Beywörter auf "-inus" scheinet damit verwandt zu seyn. Wachter leitet es in dieser Bedeutung von dem Wallisischen engi, "gebären", her, welches denn auch das Stammwort von "Enke" und "Enkel" seyn würde. Im Schwedischen gehet das "-ing" hier oft in "-ung" über.
3) In noch weiterer Bedeutung, ein einzelnes Ding, ein Individuum von der Art, welche das verstehende Hauptwort bedeutet. Der "Häring", Lat. Hal "???" "Gelbing" und "Gelbling", ein gelbes Ding, gelbes Their. "Henning" bedeutet im Nieders. einen Hahn. Die "Halsing" ist bey den Jägern ein Halsband. S. auch die "Rimming", der "Bücking", Niedrs. für "Bückling" u. s. f. In einigen gehet "-ing" in "-ung" über; wie in "Halsung" für "Halsing", "Hornung" u. s. f. In andern ist "-ig" und "-ing" nahe verwandt; "König", ehedem "Röning", "Honig", im gemeinen Leben "Honing", "Pfennig", im gemeinen Leben "Pfenning", "Bottig", "Botting" u. s. f. Im Schwed. Gibt es auch, Abstracta auf "-ing", "Sanning", die Wahrheit, "Faegring", die Schönheit, welche ehedem "Sannind", "Faegrind" lauteten. Siehe auch "-ling", welche endung mit dieser genau verwandt ist, und "-ung".
Ingarn (W3) [Adelung]
Das Ingarn,
des -es, plur. die -e, bey den Jägern, das inwendige kleine Garn
zwischen den Spiegelnetzen, welches eigentlich zum Fangen bestimmt
ist, und auch der Inbusen genannt wird, wegen der Busen oder Falten,
die er bekommt.
Ingber (W3) [Adelung]
Der Ingber,
(im gem. Leb. Ingwer,) des -s, plur. von mehrern Arten und
Quantitäten, ut nom. Sing. 1) Eigentlich, die getrocknete scharfe
Wurzel einer Art des Cardomons, welche so wohl in den Apotheken, als
auch in den Küchen an die Speisen gebraucht wird; Amomum Zingibe L.
Die Pflanze wächset in Ostindien, woher auch ihr Nahme stammet, der
schon im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und
mit Verwechselung des Zisch- und Gaumenlautes - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - heißt. In den gemeinen Mundarten Oberdeutschlandes
heißt diese Wurzel Ginger, Ymper, in Niedersachsen Engeber, Ingeber,
engvaar, Gemweve, im holländ. Ghengber, im Engl. Ginger, im Dän.
Ingefer, im Franz. Gingembre. 2) Figürlich wird auch die Fieberwurzel,
Arum maculatum L. wegen der ähnlichen Kraft ihrer Wurzel Deutscher.
Ingber genannt.
Ingbermuß (W3) [Adelung]
Das Ingbermuß,
des -es, plur. inus., zerstoßener und mit gereinigtem Honig zu einem
Muße gemachter Ingber, welches man wider den Kitzelhusten einzunehmen
pfleget.
Ingberstein (W3) [Adelung]
Der Ingberstein,
des -es, plur. die -e, in der Mineralogie, eine Art der Naturspiele,
Steine, welche von ungefähr dem Ingber ähnlich sehen.
Ingefieder (W3) [Adelung]
Das Ingefieder,
des -s, plur. ut nom. sing. S. Gefieder.
Ingeheim (W3) [Adelung]
Ingeheim,
adv. S. Geheim.
Ingenieur (W3) [Adelung]
Der Ingenieur,
(sprich Inscheniör,) des -s, plur. die -s, aus dem Franz. Ingenieur,
ein Kriegsbaumeister, eine Person, welche in der Kriegsbaukunst
erfahren ist, besonders so fern sie dieselbe vermöge ihres Amtes
ausübet; ein Zeugmeister, in der Schweiz ein Schanzenherr, im mittlern
Lat. Ingeniator, Ingeniosus, Magister Ingeniorum, von Ingenium, alt
Franz. Engin, ein Kriegswerkzeug, eine Kriegs-Maschine, welches Wort
auch ehedem im Oberdeutschen nicht fremde war; daher sich zu Wien noch
jetzt ein Genie- und Fortifications-Amt befindet, welches vermuthlich
über die Festungswerke der Stadt die Aufsicht hat.
Ingleichen (W3) [Adelung]
Ingleichen,
ein verknüpfendes Bindewort, einen bloßen Zusatz zu dem vorigen zu
begleiten. Weil er eine einnehmende Gestalt, ingleichen alle zur
Verführung nöthige Gaben besaß. Siehe auch Deßgleichen, welches auf
eben dieselbe Art gebraucht wird. Für gleichfalls, oder auch, wenn es
eine Steigerung mit in sich schließt, ist es im Hochdeutschen
ungewöhnlich, obgleich im Oberdeutschen die Beyspiele nicht selten
sind. Bey denen auch, die für mich kriegen, Befindet er ingleichen
sich, Opitz. Ergrimme nicht, damit du nicht ingleichen Was Böses
thust, das dir zu meiden steht, ebend.
Anm. Diese Partikel ist
vermuthlich elliptisch, aber doch ihrem Baue nach dunkel. Ingleichem
und Imgleichen, welche einige dafür gebrauchen, haben nichts für, aber
manches wider sich. Gleicher Gestalt, und im Oberdeutschen desselben
gleichen, gleicher Dingen u. s. f. vertreten oft die Stelle des
ingleichen.
Ingrün (W3) [Adelung]
Das Ingrün,
indecl. plur. inus. ein Nahme einiger Pflanzen, welche theils eine
hoch grüne Farbe haben, theils auch den Winter über grün bleiben. 1)
Des Wintergrün, Vinca minor L. welches mit vorgesetztem Zischlaute
auch Singrün genannt wird. S. Singrün. 2) Einer Art der Waldrebe,
Clematis L. welche im Oberdeutschen auch Eingrün heißt.
Anm. Das in
ist in diesem Wort die verstärkende Partikel, welche den Sinn erhöhet,
und noch in Niedersachsen und Holland üblich ist. Ingrün, Nieders.
ingrön, Schwed. igraen, ilgrön, bedeutet sehr grün, so wie inbruun im
Nieders. sehr braun u. s. f. Auf ähnliche Art sagten die Lateiner
indurus, sehr hart, invalidus, sehr stark u. s. f. S. In
Anm. 4.
Inguß (W3) [Adelung]
Der Inguß,
des -sses, plur. die -güsse, im Nieders. und gemeinen Leben für
Einguß, S. dasselbe.
Inhaben (W3) [Adelung]
Inhaben,
verb. irreg. act. welches aber im Hochdeutschen nur selten gebraucht
wird, im Besitze, in seiner Gewalt haben. Man gebraucht dafür zuweilen
auch inne haben, und im Oberd. einhaben.
Inhaber (W3) [Adelung]
Der Inhaber,
des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Inhaberinn, welche von dem
vorigen Zeitworte auch im Hochdeutschen üblich sind, eine Person,
welche eine Sache in ihrem Besitze, in ihrer Gewahrsam hat, es sey auf
welche Art es wolle. Der Inhaber eines Wechselbriefes, eines Gartens,
eines Haufes u. s. f. Der Inhaber eines Regimentes, oder der
Regiments-Inhaber, der Chef eines Regimentes. In einigen Oberdeutschen
Gegenden ist Inhaber ein Einwohner. In ist hier das Vorwort, welches
in der Zusammensetzung mit Zeitwörtern und deren Ableitungen im Hoch-
und Oberdeutschen in ein übergehet, im Niedersächsischen aber
unveränderlich bleibt, inlegen für einlegen, inwohnen für einwohnen u.
s. f. Welche letztere Form sich auch in diesem und einigen andern
Hochdeutschen Wörtern erhalten hat. S. auch Inhalt.
Inhaftiren (W3) [Adelung]
Inhaftiren,
verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben und in der gerichtlichen
Sprache für in Verhaft nehmen, verhaften, üblich ist. So auch die
Inhaftirung. Es ist von dem Deutschen Worte Haft so wie manche andere
in die Form eines ausländischen Wortes umgemodelt worden. S. - Iren.
Inhalt (W3) [Adelung]
Der Inhalt,
des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte enthalten, wofür ehedem auch
inhalten üblich war. 1) Dasjenige was in einem andern Dinge enthalten,
dem Raume nach befindlich ist; am häufigsten ohne Plural. Was ist der
Inhalt des Fasses? Antw. Wein. Am üblichsten ist es von demjenigen,
was der Sache, nicht den Worten nach, in einer Schrift, in einer Rede,
in einem Buche enthalten ist. Jemanden den Inhalt einer Predigt, einer
Rede erzählen. Der Inhalt des Briefes, des Mandates u. s. f. gehet
dahin. Der Brief, die Verordnung ist dieses, oder folgenden Inhaltes,
d. i. der Inhalt ist folgender. Dem Inhalte des Briefes, des Buches zu
Folge. Nach dem Inhalte des Testamentes. Im Oberdeutschen auch Behalt,
Enthalt, bey den Hochdeutsch redenden Niedersachsen Einhalt. In den
Kanzelleyen, besonders Oberdeutschlandes, macht man mit diesem Worte
verschiedene adverbische R. A. welche im Hochdeutschen seltsam
klingen. Z. B. Wir haben solches des breitern Inhalts vernommen,
umständlich. Uns ist seines mehrern Inhalts behörig vorgebracht
worden. Aus dero Schreiben habe seines Inhalts vernommen. Inhalt des
Briefes, des Testamentes, dessen Inhalte zu Folge, nach dessen
Inhalte. 2) Dasjenige, was ein Raum enthalten kann, die Größe des
Raumes. Der Inhalt eines Fasses, eines Gefäßes. Der Inhalt einer
Fläche, der Flächeninhalt, zum Unterschiede von dem körperlichen
Inhalte.
Anm. S. Enthalten. Das Zeitwort inhalten ist im Hochdeutschen
nicht üblich, ob es gleich im gemeinen Leben zuweilen für einhalten,
zuweilen aber auch für inne halten gebraucht wird, auch noch in der
Deutschen Bibel vorkommt. Wer Korn inhält, Sprichw. 11, 26, d. i. inne
behält, zurück hält. Gott hält in, Ps. 83, 2; Es. 62, 1, d. i. hält
inne.
Inholz (W3) [Adelung]
Das Inholz,
des -es, plur. die -hölzer, ein Niedersächsisches, im Schiffbaue
übliches Wort, diejenigen Hölzer zu bezeichnen, welche an die Knie
stoßen, den Bauch des Schiffes machen, und die äußere Verkleidung
tragen.
Injurie (W3) [Adelung]
Die Injurie,
(viersylbig) plur. die -n, aus dem Lat. Injuria, doch nur in dessen
engern Bedeutung, eine vorsetzliche Beleidigung, wodurch die Ehre
eines andern angegriffen wird. Im Schwabenspiegel kommt das Wort
Laster in dieser Bedeutung vor; einem etwas zu Laster thun, Kap. 173.
Im Deutschen fehlet noch ein gutes Hauptwort, dergleichen
Beleidigungen auszudrucken. S. Inzicht.
Inlage (W3) [Adelung]
Die Inlage,
plur. die -n, S. Inliegen.
Inländer (W3) [Adelung]
Der Inländer,
des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Inländerinn, eine Person,
welche in einem Lande einheimisch ist, in demselben geboren ist, oder
doch das Bürgerrecht daselbst besitzet, im Gegensatze eines
Ausländers; im Oberd. ein Einländer.
Inländisch (W3) [Adelung]
Inländisch,
adj. et adv. welches auch im Hochdeutschen für einländisch üblich ist,
in einem Lande einheimisch, in demselben erzeuget, verfertiget; im
Gegensatze des ausländisch. Inländische Waaren, Producte. Die
inländischen Rechte. Siehe Einländisch.
Inleute (W3) [Adelung]
Die Inleute,
sing. inus. S. Inmann.
Inlied (W3) [Adelung]
Das Inlied,
des -es, plur. die -e, S. Indelt.
Inliegen (W3) [Adelung]
Inliegen,
verb. irreg. neutr. von welchem nur das Mittelwort inliegend üblich
ist. Inliegendes Schreiben, inliegende Briefe, welche in diesem
Briefe, Packete oder Umschlage liegen, und welche man auch wohl
Inlagen zu nennen pflegt.
Inmann (W3) [Adelung]
* Der Inmann,
des -es, plur. die -männer, Fämin. die Infrau, plur. die -en, im
Oberdeutschen, eine Person, welche bey einem andern zur Miethe wohnet,
und im Hochdeutschen ein Häusler, eine Häuslerinn, genannt wird.
Mehrere Personen dieser Art ohne Ansehung des Geschlechtes heißen
daselbst Inleute; ingleichen Einwohner oder Inwohner im engsten
Verstande, und Einkömmlinge, im Nieders. aber auch Inlieger,
Einlieger.
Inmärker (W3) [Adelung]
Der Inmärker,
des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Inmärkerinn, auf dem Lande
einiger Gegenden, eine Person, welche Innerhalb der Mark eines Dorfes,
eines Waldes u. s. f. ansässig ist; im Gegensatze der Ausmärker.
Hüfener oder Bauern dieser Art heißen in Obersachsen Heimhüfener.
Inmittelst (W3) [Adelung]
Inmittelst,
adv. S. Immittelst.
-inn (W3) [Adelung]
-inn,
plur. -en, eine Ableitungssylbe, welche Hauptwörtern, die eine
männliche Person bezeichnen, angehänget wird, um daraus weibliche eben
dieser Art zu bilden. Am häufigsten und fast ohne Ausnahme leiden
diese Verwandelung die Hauptwörter auf er, wenn nur diese Endung eine
männliche Person bezeichnet. Die Schweizerinn, Engländerinn,
Indianerinn, Hallenserinn, Hamburgerinn, Leipzigerinn u. s. f. eine
Person weiblichen Geschlechtes aus der Schweiz, aus England, Indien,
Halle, Hamburg, Leipzig, von Schweizer, Engländer, Indianer u. s. f.
Ferner diejenigen Wörter, welche ein männliches Amt, eine männliche
Würde, Lebensart, Verhältniß u. s. f. bezeichnen, entweder eine
weibliche Person von eben dieser Würde, Lebensart, oder Verhältniß,
oder doch die Gattinn einer solchen männlichen Person anzudeuten. Die
Kaiserinn, Bürgermeisterinn, Richterinn, Bäckerinn, Baderinn,
Hofmeisterinn, Priesterinn, Schreiberinn, Künstlerinn, Dichterinn,
Sünderinn, Bettlerinn, eine Funfzigerinn, eine Frau von funfzig
Jahren, die Dienerinn, Gevatterinn, Gönnerinn, Wohlthäterinn,
Klägerinn, Schuldnerinn, Heuchlerinn, Schmeichlerinn, Sängerinn,
Kanzlerinn u. s. f. von Kaiser, Bürgermeister, Richter, Bäcker u. s.
f. Einige verändern dabey das vorher gehende a, o und u in ä, ö und ü,
wie Bäuerinn, Schwägerinn u. s. f. von Bauer und Schwager. Diejenigen,
welche sich auf ein doppeltes er, oder auf erer endigen, werfen des
Wohlklanges wegen das eine er vorher weg, wie Gotteslästerinn, Plauderinn, Zauberinn, Märtyrinn, Wanderinn, Wucherinn, Kämmerinn, von
Gotteslästerer, Plauderer, Zauberer, Märtyrer, Wanderer, Wucherer,
Kämmerer. Indessen werden auch andere Hauptwörter, welche eine Person
männlichen Geschlechtes bedeuten, auf diese Art umgebildet, weibliche
Personen eben dieser Art zu bezeichnen. Die Dominicanerinn,
Franciscanerinn, Lutheranerinn, Katholikinn, Christinn, Pietistinn,
Calvinistinn, Papistinn, Philosophinn, Poetinn, Generalinn, Königinn,
Fürstinn, Herzoginn, Diebinn, Schmiedinn, Enkelinn, Feindinn,
Freundinn, Nachbarinn u. s. f. von Dominicaner, Franciscaner,
Lutheraner, Katholik u. s. f. Einige haben auch hier den Umlaut; wie
Männinn, (welcher nur in einigen Fällen üblich ist,) Vögtinn, Gräfinn,
Närrinn, Köchinn, Räthinn, Göttinn u. s. f. Diejenigen aber, welche
ein e euphonicum am Ende haben, werfen solches vorher weg, wie
Türkinn, Sachsinn, Schottinn, Pohlinn, Preußinn, Schwedinn, Däninn,
Heidinn, Gefährtinn, Gattinn, Genossin, Gespielin u. s. f. Von Türke,
Sachse, Schotte, Pohle u. s. f. und mit Veränderung des Selbstlautes,
Jüdinn, Schwäbinn, Französinn, Bübinn u. s. f. Nur von Deutscher macht
man, weil es eigentlich ein Beywort ist, die Deutsche. Auf eben diese
Art lassen sich auch von den Nahmen mancher Thiere Wörter bilden, das
weibliche Geschlecht derselben zu bezeichnen. Die Eselinn, die
Wölfinn, die Hündinn, die Löwinn, die Tiegerinn, die Bärinn,
Elephantinn, Störchinn u. s. f. von Esel, Wolf, Hund, Löwe. Die Jäger,
welche am häufigsten in die Nothwendigkeit gerathen, die Thiere nach
ihren Geschlechtern zu unterscheiden, bilden auch die Häsinn, die
Füchsinn, die Luchsinn, die Dachsinn u. s. f. worin man ihnen ohne
Bedenken nachfolgen kann. Bey andern Thieren sind zur Unterscheidung
der Geschlechter eigene Nahmen vorhanden, und wo diese nicht
zureichen, gebraucht man die Wörter Männchen und Weibchen. Dieß gilt
auch von verschiedenen andern männlichen Hauptwörtern, von welchen
sich keine weibliche Wörter bilden lassen, theils weil für dieselben
eigene Nahmen üblich sind, wie Mutter, Tochter, Frau, Magd, Base,
Muhme, Witwe u. s. f. für Vaterinn, Sohninn, Männinn oder Herrinn,
Knechtinn, Vetterinn, Oheiminn, Witwerinn u. s. f. theils aber auch,
weil diejenigen, welche das männliche Geschlecht bezeichnen, auch
zugleich eine ähnliche Person weiblichen Geschlechtes andeuten; wie
Gast, Zeuge, Beystand, Freygeist, Teufel, Flegel u. s. f. wohin auch
alle Hauptwörter auf -ing und -ling gehören, welche gleichfalls von
beyden Geschlechtern gebraucht werden. Einige wenige leiden, ehe sie
das inn annehmen, allerley Veränderungen. Von Vormund macht man nicht
Vormündinn, sondern Vormünderinn, von Prinz nicht Prinzinn, sondern
Prinzessinn, wo das Französische schon weibliche Princesse, so wie bey
Baronessinn das Franz. Baronnesse, zum Grunde geleget worden, daher
man an vielen Orten auch nur die Prinzesse und Baronesse sagt.
Äbtissinn ist aus dem mittlern Lat. Abbatissa, zum Unterschiede von
Äbtinn. Kindbetterinn und Wöchnerinn haben kein männliches Geschlecht,
und sind nur zur Nachahmung gebildet. Aus Beywörtern lassen sich
dergleichen weibliche Wörter nicht bilden. Man sagt nicht richtig,
eine Geliebtinn, eine Heiliginn, eine Bekanntinn, eine Verwandtinn,
eine Gelehrtinn u. s. f. sondern eine Geliebte, Heilige, Bekannte,
Verwandte, Gelehrte. Nur die Gemahlinn eines Gesandten oder
Abgesandten pflegt man die Gesandtinn oder Abgesandtinn zu nennen.
Wohl aber nehmen es die eigenen Geschlechtsnahmen an, die Gattinn oder
Tochter eines Mannes zu bezeichnen, wo zugleich keine Veränderung des
vorher gehenden Selbstlautes Statt findet. Jungfer Schwarzinn, Juliana
Ochsinn, Frau Wolfinn, Frau Grafinn. Obgleich auch nicht alle
dergleichen Geschlechtsnahmen es verstatten, Frau Doctor Baumgarten,
Jungfer Berends, man auch ohne Tadel Jungfer Schwarz, Frau Wolf, Frau
Graf, sagen kann, und oft wirklich sagt. Im gemeinen Leben gehet
dieses -inn häufig in ein -en über; Frau Wolfen, Jungfer Schwarzen.
Anm. In der ältern Oberdeutschen Mundart lautet diese Ableitungssylbe
beständig inne; thie kuiniginne. Die Hochdeutschen haben das e
weggeworfen, das doppelte n aber behalten, welches zugleich um des
Plurals willen nothwendig ist, wo das doppelte n deutlich gehöret
wird, Königinnen. So wie die Endung -er an den männlichen Hauptwörtern
das noch als ein Fürwort übliche er ist, so ist dieses inn unstreitig
das im Deutschen veraltete Fürwort in, hin, sie, welches ehedem auch
als ein Hauptwort üblich war, ein weibliches Individuum zu bezeichnen.
Noch bey den Isländern ist han er, hinn derselbe, und hin sie. Siehe
auch Henne. Die Niedersachsen kennen diese Sylbe eigentlich nicht,
sondern gebrauchen dafür in den meisten Fällen ihr -sche oder -ske,
welches aus sie, Nieders. se, Engl. she, verderbt ist. Die Köksche,
Köchsche, die Köchinn, Adamsche, Frau Adam, Berendsche, Frau Berends,
Betregerske, Betriegerinn, Amtmannsche, die Amtmänninn u. s. f.
Inne (W3) [Adelung]
Inne,
ein Nebenwort des Ortes, welches eigentlich das Vorwort in nach der
alten Schreibart ist, da es inne lautete, jetzt aber nur noch in
Gestalt eines Nebenwortes, aber auch hier nur in einigen Fällen,
welche größten Theils in die Sprache des gemeinen Lebens gehören,
üblich ist. Mitten inne, besser in der Mitte. Die zwischen beyden inne
stehen, Gottsch. besser, zwischen beyden, oder zwischen beyden in der
Mitte. Daß ihr ja von uns keinen Schaden irgend inne nehmet, 2 Kor. 7,
9; wenigstens in einigen Ausgaben, wofür andere haben irgend worinne,
besser irgend worin. Am häufigsten gebraucht man es im gemeinen Leben
und der vertraulichen Sprechart noch mit den Zeitwörtern bleiben,
haben, halten, behalten und werden, mit welchen es von einigen
unrichtig zusammen gezogen wird, da es ein wahres Nebenwort ist. Mit
bleiben. Inne bleiben, zu Hause bleiben, nicht ausgehen. Mit haben.
Etwas inne haben, es im Besitze, in seiner Gewalt haben, es inhaben,
S. Inhaben. Also wohnte Israel - im Lande Gosen und hattens innen
(inne) 1 Mos. 47, 27. Weil da hohe Gebirge innen (inne) hast, Jer. 49,
16. Wir haben das Land innen (inne), Ezech. 11, 15. Als die nichts
inne haben, und doch alles haben, 2 Cor. 6, 10. Mit behalten. Etwas
inne behalten, es bey sich, in seiner Gewahrsam behalten. Das Vieh
inne behalten, im Stalle, es nicht austreiben. Einem den verdienten
Lohn inne behalten, ihm denselben nicht geben. Sprichw. 11, 26 stehet
dafür das ungewöhnlichere inhalten, S. Inhalt
Anm. Mit halten. 1) Inne
halten, in einer Handlung aufhören, aufhören zu thun, wenigstens auf
einige Zeit; in der anständigern Sprechart einhalten, ( S. dasselbe,)
im gemeinen Leben auch inhalten, welches noch Ps. 83, 2, und Es. 62,
1. vorkommt; S. Inhalt
Anm. Halten sie mit solchen Reden inne, Gell.
Mit Singen, oder im Singen inne halten. 2) Sich inne halten, nicht
ausgehen, im Hause, in dem Zimmer bleiben. Mit werden. Inne werden,
gewahr werden, so wohl mit der vierten, als auch der zweyten Endung
der Sache. So er des innena uuird, Willeram. Die uuurde sein niht
innen, Stryk. Vuird man dez innan, Schwabensp. Des bin ich wol worden
inne, Hesso von Rinach. Er versetzte Berge ehe sie es innen (inne)
werden, Hiob 9, 5. Sie wurde mich nicht inne. Bist du es inne
geworden, daß ich kam? Hier kannst du inne werden, wie in der Welt
sich alles billig fügt, Gell. Im Isländ. ist inna erinnern. Ehedem
gebrauchte man es sehr häufig für das Vorwort in auch außer der
Zusammensetzung. Da trage ich wol die werden inne tougen, Reinmar der
Alte. Besonders für in und ein in den beziehenden Partikeln darin,
worin u. s. f. Das lant da Gott vil menschlich inne gie, der Burggraf
von Linnz, für darin. Das Grab, da der Mann Gottes inne begraben ist,
1 Kön. 13, 31. Ein Land da Milch und Honig innen fließt, 4 Mos. 13,
23. Das Dunkele, da Gott inne war; 2 Mos. 20, 21. Wo nicht Vernunft
innen ist, inne war, 2 Mos. 20, 21. Wo nicht Vernunft innen ist, Sir.
21, 14. Wovon in den Schreibarten darinne, darinnen, hierinne,
hierinnen, worinne u. s. f. für darin, hierin, worin, noch ein
Überbleibsel ist. S. In
Anm. 4. Jetzt hat man es also als ein Vorwort
veralten lassen, und es in den angezeigten Fällen nur noch als ein
Nebenwort behalten, da es denn, wenn es ein Vorwort vor sich hat,
innen, ohne Vorwort aber inne lautet, ungeachtet man bey de im
gemeinen Leben häufig zu verwechseln pfleget. S. das folgende. Im
Schwed. lautet diese inne gleichfalls inne, bey dem Ulphilas inn, im
Angels. innan, innane, im Isländ. inni.
Innen (W3) [Adelung]
Innen,
ein Nebenwort des Ortes, welches für inwendig noch zuweilen gebraucht
wird. Innen ist niemand, im Hause; doch nur im gemeinen Leben. Am
häufigsten noch mit einigen Vorwörtern. Von innen und außen, inwendig
und auswendig. Von innen her, von innen heraus, nach innen zu. Wo das
Vorwort von, obgleich auf eine unangenehme Art, auch zuweilen
ausgelassen wird. Innen und außen schön seyn. Ein Faß innen verpichen,
von innen, inwendig.
Anm. Schon Kero gebraucht innana mit der zweyten
Endung für innerhalb; intra, und Ottfried für innerlich, von innen. Im
Nieders. ist dafür binnen üblich, und im Schwed. ist innan innerhalb.
Es scheinet, daß inne ehedem ein Bey- oder Hauptwort gewesen, welches
für das Innere gebraucht worden, da sich denn das n erklären ließe,
welches es annimmt, wenn es ein Vorwort der dritten Endung vor sich
hat. Es erhellet daraus zugleich, daß es unrichtig ist, wenn man für
inne ohne Vorwort innen sagt und schreibt. Im Schwed. ist Inne das
Haus. S. das folgende.
Inner (W3) [Adelung]
* Inner,
ein Vorwort, welches die dritte Endung erfordert, für in oder
innerhalb stehet, aber nur im Oberdeutschen üblich ist. Inner wenig
Tagen, in oder innerhalb weniger Tage. Hier inner diesem Stall, Opitz.
Wie viel Tage sind verflossen Inner Freud und guter Lust, ebend. Wer
seinem Reiche traut, herrscht inner großen Bäuen, ebend. Was gut war
inner Schranken wird bös im Überfluß, Dusch. Es gehöret mit zu den
verlängerten Gestalten des Vorwortes in, welche im Oberdeutschen
ehedem sehr häufig waren, und es zum Theil noch sind. S. In.
Innere (W3) [Adelung]
Innere,
das Beywort, welches vermittelst des e von dem vorigen Vorworte
gebildet worden, und keinen Comparativ, wohl aber einen Superlativ
hat, der, die, das innerste; was inwendig in einem Dinge ist und
geschiehet, in dem Inwendigen gegründet ist, im Gegensatze des äußern.
Es ist vornehmlich der höhern und anständigen Schreibart eigen, so wie
man im gemeinen Leben dafür innerlich gebraucht. Der innere Vorhof des
Tempels. Der innere Theil der Stadt. Das Innere des Hauses. Der innere
Rath, in den Städten ein Ausschuß weniger Personen aus dem ganzen
Rathe, welche die gewöhnlichen Geschäfte der Stadt besorgen, der
kleinere, engere Rath; im Gegensatze des äußern oder größern. Innere
Merkmahle, welche man einem Dinge selbst ohne Verhältniß gegen andere
Dinge hergenommen sind; im Gegensatze der äußern. Das Innere eines
Menschen, die Beschaffenheit seines Herzens, seine Empfindungen,
Gedanken u. s. f. im Gegensatze seines Äußern. Das Innerste desselben,
seine verborgensten, geheimsten Gedanken, Absichten, Empfindungen u.
s. f. Sie haben in sein Innerstes hinein geschauet. Einige Gespräche
entdecken mir sein Inneres. Dieser Anschlag kommt aus dem Innersten
ihres Herzens, Gell. Der innere Zustand eines Menschen. in der
Theologie, die Beschaffenheit seines Vorstellungs- und
Begehrungsvermögens in Absicht auf Gott; in der mythischen
Gottesgelehrsamkeit der innere Mensch. Inneres Leiden, in der
Theologie, unangenehme Empfindungen der Verschlimmerung des
geistlichen Zustandes; im Gegensatze des äußern Leidens.
Anm. Im
Angels. ynner, ynnorst, im Engl. inner. Das r am Ende hat viele
verleitet, es für den Comparativ von dem Nebenworte inne zu halten.
Allein da dieses r im Superlativ bleibet, so siehet man bald, daß es
der Positiv ist, der vermittelst des angehängten e von dem Vorworte
inner gemacht worden. Auf eben dieser Art stammen die Beywörter der
äußere, hintere, untere, von den Vorwörtern außer, hinter und unter
her. In der Adverbial-Form ist es eben so wenig gebräuchlich, als die
jetzt genannten Beywörter.
Innerhalb (W3) [Adelung]
Innerhalb,
eine Partikel, welche aus dem vorigen Beyworte und dem Hauptworte
Halbe zusammen gesetzet ist, in oder an der innern Halbe oder Seite;
im Gegensatze des außerhalb. Sie nimmt die zweyte Endung des
Hauptwortes zu sich. 1. Eigentlich, von dem Orte. Inrethalp der tuir
hat si leider sich verborgen, Reinmar der Alte. Innerhalb der Mauer.
Innerhalb der Stadt. Die Wiesen liegen innerhalb der Gränze, des
Zaunes. Im Oberdeutschen inner, innert, ennert, innerwärts, im
Nieders. binnen. 2. Figürlich, von einer Zeit, für in; und zwar, 1)
von derjenigen Zeit, welche zur Hervorbringung einer Sache erfordert
wird. Er ist innerhalb zweyer Stunden damit fertig geworden. Innerhalb
einer Stunde brannte das ganze Haus ab. In einigen Fällen auch von der
Zeitdauer. Die Brunnen werden innerhalb drey Stunden nicht fließen, 4
Esra 6, 24, d. i. drey Stunden lang. In I. 7. 3). 2) Von einer
künftigen Zeit, wenn etwas geschehen wird, mit dem Nebenbegriffe ihres
Anfanges von jetzt an. Ich muß es innerhalb einer Stunde haben, in
Einer Stunde von jetzt an. Innerhalb Monaths Frist, in Einem Monathe
von jetzt an. Innerhalb Eines Jahres kann viel geschehen. S. In I. 7.
2). In beyden Fällen der Zeit scheinet es im gemeinen Leben zuweilen
die dritte Endung zu haben. Innerhalb drey Tagen, für dreyer Tage. Im
Hochdeutschen ist solches ein Fehler, ungeachtet Gottsched, Aichinger
und Reichard ihn vertheidigen; daher man in solchen Fällen, wo die
zweyte ungewöhnlich klingen sollte, innerhalb fünf Tage, lieber in
braucht, in fünf Tagen. Dieses in wird im Hochdeutschen sehr häufig
für innerhalb in beyden Bedeutungen der Zeit gebraucht, so wie dafür
im Oberdeutschen inner, innere und ennert, und im Niederdeutschen
binnen üblich sind. Innert und ennert haben im Oberdeutschen die
dritte Endung. Innert dem Rheine, Bluntschli. Innert fünf Jahren;
ebend. Woher vermuthlich die fehlerhafte Wortführung des innerhalb bey
einigen Hochdeutschen entstanden ist.
Anm. Schon bey dem Kero innerun
halp. Inin halb muotis, Notk. in unserm Gemüthe.
Innerlich (W3) [Adelung]
Innerlich,
adj. et adv. was inwendig in einem Dinge ist oder geschiehet, in
dessen inwendigen Theilen gegründet ist; im gemeinen Leben, wofür in
der edlern Schreibart innere üblicher ist. 1) In der weitesten
Bedeutung; wo es nur noch in einigen Fällen gebraucht wird. Die Wurzel
ist äußerlich grau und innerlich weiß, besser inwendig, von innen. Der
innerliche Werth einer Münze, welche sie vermöge ihres Gehaltes hat,
im Gegensatze des äußerlichen; besser, der innere Werth. Ein
innerlicher Krieg, ein bürgerlicher. Innerliche Unruhen, im Innern
eines Landes, Unruhen unter den Einwohnern; besser innere. 2) In
engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, von dem, was im Innern des
Menschen, in dessen Gemüthe, Herzen u. s. f. ist oder geschiehet.
Einen innerlichen Frost, eine innerliche Hitze haben, in den innern
Theilen. Wenn er der Engel innerlich wäre, der er von außen ist. Der
innerliche Mensch, 2 Cor. 4, 16, der innere, wiedergeborne Mensch,
welcher in andern Stellen der inwendige Mensch heißt. Sich innerlich
freuen, heimlich, im Innern. Sich innerlich betrüben, im Innern. Im
gemeinen Leben zuweilen auch mit dem Nebenbegriffe eines hohen Innern
gegründeten Grades. Jemanden innerlich lieben. Dez pit ich
innercleich, Hornegk. Wofür aber in der aufständigen Sprechart innig
üblicher ist. Das Schwed. innerlig ist nur in dieser letzten Bedeutung
gangbar, daher auch Ihre es nicht von dem Vorworte in, sondern von dem
Zeitworte inna, wirken, dauern, ( S. Gewinnen,) ableitet.
Anm. Im Dän.
inderlich. Der Comparativ fehlt ganz, so wie man vor der innere,
dagegen der Superlativ der innerlichste im gemeinen Leben mehrmahls
vorkommt. Die Endung lich, welche sonst eine Ähnlichkeit bedeutet,
dienet hier bloß, aus dem Vorworte inner ein Bey- und Nebenwort zu
bilden.
Innern (W3) [Adelung]
Innern,
S. Erinnern.
Innig (W3) [Adelung]
Innig,
-er, -ste, adj. et adv. welches nur von einem hohen Grade der innern
Empfindung gebraucht wird, sie mag sich nun durch äußere Merkmahle an
den Tag legen oder nicht. Was mir innigst wohlgefällt, Gryph. Mit
jemanden auf das innigste verbunden seyn. Sich innig über etwas
freuen, im gemeinen Leben innerlich. Deine Freude ist innig, die
meinige aber ist noch inniger. Die du so innig liebtest. Je inniger
ihr Gott liebet, desto leichter werdet ihr der Versuchung widerstehen,
Cram. Er schien so innig über diese Güte gerührt zu seyn, als über
sein Unglück. Ich hatte die innigste Hoffnung, ihn noch zu sehen. Mit
inniger Freude sehen sie uns zusammen erwachsen, Dusch. Höre Gott
meinen innigen Dank! Ein inniges, sehr andächtiges Gebeth. Daher
dieses Wort ehedem auch als ein Titel geistlicher Personen üblicher
war. Der werdige und ynnige Propst, in einer Urkunde von 1472. Anm.
Bey den ältern Schweden innig, bey den heutigen innerlig. Es scheinet
nach dem Muster des Latein. intimus gebildet zu seyn. Daher Ihres
Muthmaßung, der es von inna, wirken, arbeiten, dauern, ( S. Gewinnen,)
abstammen lässet, ein wenig zu weit hergehohlet ist. Die Bedeutung des
innig noch zu erhöhen, setzet man oft Herz davor, herzinnig.
Innigkeit (W3) [Adelung]
Die Innigkeit,
plur. inus. die Eigenschaft, da eine Sache innig ist, d. i. mit einem
hohen Grade der innern Empfindung verbunden, oder darin gegründet ist.
Die Innigkeit des Gebethes, der Liebe, die Freude. Mir diese Freuden
mit voller Innigkeit zurück zu rufen, Göthe.
Inniglich (W3) [Adelung]
Inniglich,
ein Nebenwort, welches von dem Beyworte innig gebildet worden, und mit
demselben, wenn es ein Nebenwort ist, einerley Bedeutung hat.
Innichleich, bey dem Stryker. Des wirt noch gelachet innekliche,
Walther von der Vogelweide. Inniglich will ich dich preisen, Opitz.
Auf Libanon wird inniglich ergötzet Der Cederwald, den deine Hand
gesetzet, ebend. Ps. 104. Das schmerzte inniglich. Etwas inniglich zu
Herzen nehmen. Herzinniglich, sehr innig, von ganze, Herzen.
Ungeachtet man die meisten solcher mit lich ohne Noth verlängerten
Nebenwörter im Hochdeutschen veralten lassen, so kommt doch dieses als
ein Nebenwort noch mehrmahls vor. Im Oberdeutschen ist es auch als ein
Beywort nicht selten. Ein inniglicher Freund. Eine innigliche Liebe.
Innung (W3) [Adelung]
Die Innung,
plur. die -en, eine durch obrigkeitliche Gewalt bestätigte
Gesellschaft eines Gewerbes, und die zu einem Gewerbe Einer Art mit
einander verbundenen Personen an einem Orte. In eine Innung treten.
Die Kramerinnung. Die Innung der Schuster, Schneider, Tischler u. s.
f. Vor die Innung gefordert werden, vor die versammelten Glieder einer
solchen Gesellschaft. An andern Orten heißt eine solche Innung eine
Zunft, eine Brüderschaft, eine Gilde, ein Gewerk, eine Zeche, in
Niedersachsen eine Ame, eine Beliebung u. s. f. S. auch Zunft. Es ist
von dem alten Zeitworte innen, welches ehedem für einen, einigen,
vereinigen gebraucht wurde; daher man für Innung auch Einung, Einigung
findet.
Innungsbrief (W3) [Adelung]
Der Innungsbrief,
des -es, plur. die -e, eine jede Urkunde, welche eine Innung, deren
Freyheiten und Gesetze betrifft.
Innungspfennig (W3) [Adelung]
Der Innungspfennig,
des -es, plur. die -e, bey einigen Handwerkern, ein gewisses Geld,
welches sie zu bestimmten Zeiten zu den Bedürfnissen ihrer Innung
geben; das Innungsgeld.
Ins (W3) [Adelung]
Ins,
das mit dem Artikel das zusammen gezogene Vorwort in, S. In.
Insaß (W3) [Adelung]
Der Insaß,
des -ssen, plur. die -ssen, an einigen Orten, ein Einwohner; im
Gegensatze eines Fremden oder Ausländers. In engerer Bedeutung, ein
ansässiger Einwohner. S. Saß.
Insbesondere (W3) [Adelung]
Insbesondere,
besser ins besondere, von dem Beyworte besonder, auf eine vorzügliche
Art, vornehmlich. Die Schrift gebeut, die Wohlthäter insbesondere zu
lieben, Gell. Das gilt ins besondere von uns. S. Besonders 2. und
Insonderheit.
Inschlitt (W3) [Adelung]
Das Inschlitt,
des -es, plur. inus. ein vorzüglich im Oberdeutschen übliches Wort,
den Talg zu bezeichnen, wo es im gemeinen Leben auch Inselt lautet. S.
Unschlitt.
Inschrift (W3) [Adelung]
Die Inschrift,
plur. die -en, in der Bedeutung, eine Schrift in dem mittlern Raume
eines Dinges; nach dem Latein. eine Inscription einer Münze, in dem
mittlern Raume derselben; zum Unterschiede von einer Beyschrift,
Aufschrift und Überschrift, welche man in weiterer Bedeutung wohl auch
Inschriften zu nennen pflegt. S. diese Wörter.
Insect (W3) [Adelung]
Das Insect,
des -es, plur. die -en, aus dem Latein. Insectum, ein Thier, welches
zur Classe derjenigen gehöret, welche nur Eine Herzkammer, ein kaltes
weißes Blut, Fühlhörner und Füße haben; zum Unterschiede von den
vierfüßigen Thieren, Vögeln, Fischen, Amphibien und Würmern oder
Gewürmen. Die meisten Insecten sind im gemeinen Leben unter dem Nahmen
des Ungeziefers bekannt. Sie haben den Nahmen von insecare, entweder
wegen ihres Zangenbisses, oder auch, wie schon Plinius glaubte, wegen
der an ihren Körpern befindlichen Einschnitte.
Insgeheim (W3) [Adelung]
Insgeheim,
S. Geheim.
Insgemein (W3) [Adelung]
Insgemein,
ein Nebenwort, von dem Bey- und Nebenworte gemein, der gemeinen
Gewohnheit, dem gemeinen Laufe der Dinge nach, gemeiniglich. Wer sich
nur auf eine einzige Wissenschaft einschränkt, der verachtet insgemein
alle andere. Wie es insgemein gehet. Im Oberdeutschen wird in gemein
auch für insgesammt gebraucht. Er übergab sie in gemein Der fremden
Heidenschaft auf Erden, Opitz. Dasselbe (Land Canaan) soll auch in
gemein Des Erbes Loos und Schnure seyn, ebend. Welches aber im
Hochdeutschen eben so fremd ist, als wenn es in einigen Gegenden für
einstimmig, von alen insgesammt, gebraucht wird, es ist insgemein
beschlossen worden, von der ganzen Versammlung; ingleichen für
überhaupt, wie Macc. 9, 26. S. Insonderheit.
Insgesammt (W3) [Adelung]
Insgesammt,
ein Nebenwort, von in und gesammt, für alle zusammen genommen. Der
Menschenfreund stehet die Menschen insgesammt als Glieder der großen
Familie Gottes an Gell. Die Geschöpfe sind insgesammt eigenthümliche
Güter Gottes. Wir alle insgesammt freuen uns darüber, nicht Einen
ausgenommen.
Insiegel (W3) [Adelung]
Das Insiegel,
des -s, plur. ut nom. sing. ein ein- oder aufgedrucktes Siegel, und
das Werkzeug, womit solches aufgedruckt wird, das Petschaft; ein altes
ehedem sehr übliches Wort, welches nur noch hin und wieder in den
Kanzelleyen vorkommt, da im Hochdeutschen in der ersten Bedeutung das
einfache Siegel und in der zweyten Petschaft gebraucht werden. Die
Jäger pflegen auch die weiche Erde, welche der Hirsch mit den Schalen
auffasset, und im Fortschreiten wieder fallen lässet; das Insiegel zu
nennen.
Anm. Schon bey dem Willeram Insigile, im Schwabensp. Insigel,
im Angels. Insaegl, im Nieders. Ingesegel, im Wallis. Insel. im Dän.
Insegel, im Schwed. Insegel. S. Siegel.
Insofern (W3) [Adelung]
Insofern,
S. Fern.
Insonderheit (W3) [Adelung]
Insonderheit,
ein Bindewort. 1) Von mehrern Dingen ausgesondert, vorzüglich, ins
besondere; im Gegensatze des überhaupt. Um aller Wohlthat willen, so
ich alen ingemein und insonderheit einem jeglichen erzeiget habe, 2
Marc. 9, 26. Ohne Gleichnisse redete er nichts zu ihnen, aber
insonderheit legte ers seinen Jüngern aus, Marc. 4, 34. 2) Besonders,
unter andern. Er wandte sich zu seinen Jüngern und sprach insonderheit
u. s. f. Luc. 10, 23.
Anm. Im Hochdeutschen auch besonders, ins
besondere, im Oberd. insonder, sonderheitlich, in Nieders. sundergen,
besunderigen, insunderge. Es ist aus in und dem veralteten Hauptworte
Sonderheit zusammen gesetzet, wovon noch in dem Niedersächs.
Sunderlikheit, das Sonderbare, etwas ähnliches vorhanden ist.
Insonders (W3) [Adelung]
Insonders,
S. Besonders.
Inständig (W3) [Adelung]
Inständig,
-er, -ste, adj. et adv. anhaltend, auf eine anhaltende Art, mit
fortgesetzter Bemühung ungeachtet des Widerstandes; wo es doch nur von
dem Bitten und dessen Arten gebraucht wird. Inständig bitten. Eine
inständige Bitte. Auf das inständigste um etwas anhalten. Der
Comparativ ist nur in der Adverbial-Form üblich, der Superlat. aber
auch als ein Beywort.
Anm. Schon bey dem Kero ist anastantantlihostin
kepet ein inständiges, anhaltendes Gebeth. Im Dän. lautet dieses Wort
inständig, im Schwed. instaendikt. Es ist nach dem Muster des Lat.
instanter und Instantia gebildet. Bey dem Ottfried kommt auch noch das
Zeitwort insluan, einstehen, für wünschen, verlangen, vor.
Instanz (W3) [Adelung]
Die Instanz,
plur. die -en, oder -ien, aus dem mittlern Lat. Instantia, S.
Gerichtsstand.
Inste (W3) [Adelung]
* Der Inste,
des -n, plur. die -n, in dem Herzogthume Schleswig, ein Häusler auf
dem Lande, der bey andern zur Miethe wohnet, in Pommern ein Instmann,
an andern Orten ein Inmann, Inlieger. Vermuthlich von dem Engl. Inn,
Schwed. Inne, ein Haus. S. Inmann und Häusler.
Instehen (W3) [Adelung]
Instehen,
verb. irreg. neutr. ( S. Stehen,) bevor stehen, der Zeit nach; von
welchem nur das Mittelwort instehend üblich ist. Der 9te des
instehenden Monaths, des nächst künftigen, bevor stehenden. Nach den
instehenden Feyertagen. Nach dem Latein. instare. Nieders. anstaan.
Inster (W3) [Adelung]
Das Inster,
des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten Ober- und Niedersachsens,
das Gekröse von Kälbern, und an andern, auch das ganze Eingeweide
eines jeden Schlachtthieres, wozu bey den Fleischern auch der Kopf und
die Füße gerechnet werden. Von dem Vorworte in, wovon bey dem Schilter
auch Instengräber einen Künstler bedeutet, welcher einwärts gräbet,
Franz. Graveur; welches Wort verdienet hätte beybehalten zu werden,
weil man kein anderes hat, diesen Begriff auszudrucken. Übrigens kommt
Inster mit dem Lat. Intestina überein.
Instinct (W3) [Adelung]
Der Instinct,
des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Instinctus, ein natürlicher
Trieb, Einschränkung der wirkenden Kraft eines lebenden Geschöpfes auf
gewisse Verrichtungen von einerley Art; der Trieb. Besonders so fern
sie ohne deutliche Erkenntniß erweckt wird und sich äußert; der
Naturtrieb, und wenn er sich bey Thieren in künstlichen Wirkungen an
den Tag legt, der Kunsttrieb.
Instrument (W3) [Adelung]
Das Instrument,
des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Instrumentum. 1) Ein Werkzeug,
S. dieses Wort, ingleichen Gezeug. Mathematische, chirurgische
Instrumente. 2) Ein musikalisches Werkzeug. Daher die
Instrumental-Musik, die Musik vermittelst solcher Werkzeuge; im
Gegensatze der Vocal-Musik oder des Singens. Die Instrumental-Fuge,
eine Fuge, welche mit Instrumenten gemacht wird; im Gegensatze einer
Singefuge. In engerer Bedeutung ist an einigen Orten der Flü- gel
unter dem Nahmen des Instrumentes bekannt. 3) Eine Urkunde, so fern
sie zum Beweise einer Handlung dienet; ein Document.
Instrument-Macher (W3) [Adelung]
Der Instrument-Macher,
des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Künstler, welcher mathematische
oder chirurgische Instrumente verfertiget. 2) Ein Künstler, welcher
musikalische Instrumente verfertiget, deren es nach der
Verschiedenheit dieser wieder verschiedene Arten gibt.
Insulaner (W3) [Adelung]
Der Insulaner,
des -s, plur. ut nom. sing. aus dem Lat. Insulanus, der Einwohner oder
Bewohner einer Insel, Fämin. die Insulanerinn.
Insurgent (W3) [Adelung]
Der Insurgent,
des -en, plur. die -en, aus dem Latein. Insurgens, ein besonders in
Ungarn übliches Wort, wo Insurgenten diejenige Mibiz bezeichnet,
welche durch das Aufgeboth, oder durch den Heerbann zur Vertheidigung
des Landes zusammen gebracht werden.
Interdict (W3) [Adelung]
Das Interdict,
des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Latein. Interdictum, in der
Römischen Kirche, das Verboth des öffentlichen Gottesdienstes, so fern
es von einem geistlichen Richter als eine Strafe erlassen wird, da es
denn eine geringere Art des Kirchenbaumes ist. Eine Stadt, einen Ort
mit dem Interdicte belegen.
Interessant (W3) [Adelung]
Interessant,
-er, -este, adj. et adv. aus dem Französischen Interessant. 1) Eine
merkliche Beziehung auf uns oder andere habend. Ein interessantes
Gemählde, welches den Anschauer rühret. Eine interessante Geschichte.
Der Kummer hat das Vorzügliche, daß er das Vergnügen interessanter
macht. Man hat allerley Wörter in Vorschlag gebracht, dieses
ausländische Wort entbehrlich zu machen. Dergleichen sind anziehend
und anzüglich, welches letztere aber eine unangenehme Zweydeutigkeit
hat, angelegentlich, von welchem eben das gilt, andringend, reitzend,
einnehmend u. s. f. welche zwar in einzelnen Fällen gute Dienste
leisten, aber doch den Begriff nicht in allen Fällen erschöpfen.
Indessen ist es noch die Frage, ob es den eben nothwendig ist, alle
Wörter einer Sprache mit allen ihren kleinen Nebenbegriffen in der
andern auszudrücken, gesetzt auch, daß es möglich wäre. 2) In weiterer
Bedeutung, wichtig, so wohl einen vorzüglichen innern Werth, als auch
viele Folgen habend. Ein interessantes Gemählde, ein vortreffliches,
kostbares. Eine interessante Begebenheit, welche viele Folgen haben
kann. Hier wird nicht leicht ein Fall vorkommen, wo nicht das Deutsche
wichtig den ausländischen Ausdruck erschöpfen sollte.
Interesse (W3) [Adelung]
Das Interesse,
plur. inus. aus dem mittlern Lat. Interesse und Franz. Interet. 1) Der
Vortheil, der Nutzen, im gemeinen Leben. Mein Interesse erfordert es,
mein Nutzen. Auf kein Interesse bedacht seyn, auf seinen Nutzen. 2) In
den schönen Künsten, dasjenige, worauf sich alle Theile eines Ganzen
beziehen, zu dessen Hervorbringung sie alle wirken, oder wirken
sollen,. Ich will das, wozu alle Theile gemeinschaftlich beytragen,
das Interesse nennen. Die Einheit des Ganzen wird also vollkommen
seyn, wenn jeder Theil so viel als möglich zum gemeinschaftlichen
Interesse hilft, Sulz. Das große Interesse des Menschen liegt darin,
daß er der Stimme der Natur gehorsam werde, ebend.
Interessen (W3) [Adelung]
Die Interessen,
sing. inus. der Plural des vorigen Hauptwortes, in welche, es im
gemeinen Leben häufig gebraucht wird, die Zinsen eines Capitales, den
Gewinn oder Überschuß auf ausgeliehenes bares Geld zu bezeichnen; die
Zinsen, im Schwabenspiegel thaz Gesuch, im Oberdeutschen auch der
Übernutzen, im Niedersächsischen Ingeld, im Bergbaue der Umschlag.
Geld auf Interessen austhun. Die Interessen bezahlen.
Interessiren (W3) [Adelung]
Interessiren,
verb. reg. act. welches aus de Französischen interesser nur im
gemeinen Leben üblich ist, jemandes Nutzen oder Vortheil betreffen,
ingleichen auf dessen Empfindungen wirken. Das interessirt mich nicht,
gehet mich nichts an, rühret mich nicht, daran ist mir nichts gelegen.
Bey einer Sache interessirt seyn, Theil daran haben. In engerer
Bedeutung ist interessirt in einem hohen Grade auf seinen Nutzen
bedacht, eigennützig. Ein interessirter Mann. Ein interessirtes
Betragen.
Interlocut (W3) [Adelung]
Das Interlocut,
des -es, plur. die -e, in den Rechten, S. Zwischenspruch.
Intermezzo (W3) [Adelung]
Das Intermezzo,
plur. ut nom. sing. S. Zwischenspiel.
Intervall (W3) [Adelung]
Das Intervall,
des -es, plur. die -en, aus dem Latein. Intervallum, in der Musik, der
Abstand oder die Entfernung eines höhern Tones von einem niedrigern.
Intoniren (W3) [Adelung]
Intoniren,
verb. reg. act. aus dem Mittlern Lat. intonare. 1) Anstimmen, im
gemeinen Leben. 2) In engerer Bedeutung bey den Orgelbauern, den
Orgelpfeifen eine Gleichheit in der Stärke des Tones geben; im
Gegensatze des Stimmens und Mensurirens.
Invalide (W3) [Adelung]
Der Invalide,
des -n, plur. die -n, aus dem Latein. Invalidus, ein im Kriege
gelähmter Soldat, welcher zu fernern Kriegsdiensten untüchtig ist.
Daher das Invaliden-Haus, ein Haus, worin dergleichen Opfer des
Nachruhmes verpfleget werden.
Inventarium (W3) [Adelung]
Das Inventarium,
des -rii, plur. die -ria, das mittlere Lat. Inventarium. 1) Bewegliche
Dinge, welche zu einem Grundstücke gehören, bey demselben verbleiben,
mit dem Besitzer nicht verändert werden; besonders in der
Landwirthschaft, wo die auf solche Art zu einem Gute gehörigen
sämmtlichen Geräthschaften, Stücke Vieh, Getreide u. s. f. das
Inventarium, und an einigen Orten mit einem guten Deutschen Ausdrucke
die Hofwehre, die Hofgewehre, genannt werden. 2) Ein Verzeichniß
solcher zu einem Inventario gehörigen Stücke, und in weiterer
Bedeutung ein jedes Verzeichniß gewisser einzelner Dinge Einer Art; im
Oberd. das Finderegister, und wenn es ein Buch ist, das Findebuch.
Daher inventiren, ein solches Verzeichniß machen.
Investiren (W3) [Adelung]
Investiren,
verb. reg. act. aus dem mittlern Lat. investire, feyerlich in ein Amt
einsetzen, ( S. Bekleiden,) Daher die Investitur, die feyerliche
Einsetzung in ein Amt, besonders in ein geistliches Amt, in der
evangelischen Kirche; die Einsetzung, ehedem der Einsatz, die
Einführung.
Inwärts (W3) [Adelung]
Inwärts,
adv. nach innen zu, besser einwärts. S. dasselbe.
Inwendig (W3) [Adelung]
Inwendig,
adj. et adv. Superl. inwendigste, nach innen zu gewandt, im Innern
befindlich. 1) Eigentlich, von dem Innern dem körperlichen Raume nach,
oder von dem Innern eines Körpers; im Gegensatze des auswendig.
Auswendig stehet das Haus schlecht aus, aber inwendig ist es desto
schöner. Inwendig hohl seyn. Eine inwendige Hitze haben, einen
inwendigen Frost empfinden, höret man im gemeinen Leben wohl zuweilen
auch, allein es sind doch dafür innerlich und inner üblicher. Als ein
Vorwort, mit der zweyten und dritten Endung, inwendig deinen Mauren,
Ps. 122, 7, inwendig des Vorhanges, 2 Mos. 26, 33, hinter dem
Vorhange, innerhalb des Vorhanges, ist es im Hochdeutschen völlig
unbekannt. 2) In weiterer Bedeutung, von unkörperlichen Dingen. Ihr
Inwendiges ist Herzeleid, Ps. 5, 10, ihr Vorstellungs- und
Begehrungsvermögen. Der Neidische ist inwendig wie ein Gespenst,
Sprichw. 23, 7, in seinem Herzen. Inwendig sind sie reißende Wölfe,
Matth. 7, 15. Der inwendige Mensch, Röm. 7. 22. In welcher weitern
Bedeutung es in der anständigen Schreibart gleichfalls veraltet ist,
und gern mit innere, im innern vertauscht wird.
Anm. Im Nieders.
inwendig und binnen, im Dän. indvendig, bey den Schwäbischen Dichtern
enbinne, bey dem Notker innuert. In dem alten Lege Ludovici Lotharii
von 840 kommt innenevuendium für innerhalb, dem Orte nach, vor.
Inwohner (W3) [Adelung]
Der Inwohner,
S. Einwohner und Inmann.
Inzicht (W3) [Adelung]
Die Inzicht, oder Inzucht,
plur. die -en, ein noch in einigen Oberdeutschen Gegenden für
Beschuldigung, Bezüchtigung, und in engerer Bedeutung für Injurie
übliches Wort. Daher das Inzichtgericht an einigen Orten ein solches
Gericht in Injurien-Sachen ist. Zu Nürnberg und an andern Orten
hingegen ist das Inzichtgericht ein peinliches Gericht, wo der
Beklagte seine Vertheidigung selbst führen kann, und welches auch das
Purgations-Gericht genannt wird. Im Nieders. ist Intucht dasjenige,
was durch Zeugnisse bewiesen werden soll. Siehe Zeichen.
Inzwischen (W3) [Adelung]
Inzwischen,
ein Neben- und Bindewort, welches im gemeinen Leben in allen Fällen
für indessen gebraucht, in der anständigen Schreibart aber gern
vermieden wird. S. Indessen. Bey dem Notker underzuuiscen, im gemeinen
Leben entzwischen, im Nieders. undertusken.
Iper (W3) [Adelung]
Die Iper,
plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der Ulme, besonders der
schmalblätterigen Ulme oder Ilme; Ulmus minor Mill. Im Franz. heißt
die Ulme Ypreau.
Ips (W3) [Adelung]
Der Ips,
im Oberdeutschen, S. Gyps.
Irden (W3) [Adelung]
Irden,
adj. et adv. von dem Hauptworte Erde, aus Erde bestehend, wo es doch
noch in engerer Bedeutung gebraucht wird, für aus Thonerde von dem
Töpfer gebrannt. Irdene Gefäße. Ein irdener Topf. Irdenes Geschirr.
Irdene Tobakspeisen. In andern Fällen muß man sich einer Umschreibung
bedienen; ein Wall von Erde, oder ein Erdwall; eine Wand von Erde u.
s. f. S. Erden und das folgende.
Irdisch (W3) [Adelung]
Irdisch,
-er, -te, adj. et adv. gleichfalls von dem Hauptworte Erde,
vermittelst der Ableitungssylbe isch. 1) * Aus Erde bereitet, von der
Erde hergenommen; eine veraltete Bedeutung, welche nur noch in einigen
biblischen R. A. üblich ist. Wir haben solchen Schatz in irdischen
Gefäßen, 2 Cor. 4, 7. In einem großen Hause sind auch hölzerne und
irdische Gefäße, 2 Thimoth. 2, 20. Das irdische Haus dieser Hütte, 2
Cor. 5, 1. Die irdische Hütte drücket den zerstreuten Sinn, Weish, 9,
15. Wenn sie solche lose Bilder aus irdischem Thon machen, Kap. 15,
13. Figürlich noch zuweilen für die Sinne fallend. Ein grober,
irdischer Körper, im Gegensatze eines feinern, mehr geistigen Körpers.
1 Cor. 15, 40. 2) Zur Oberfläche der Erde gehörig, doch nur in
Zusammensetzung überirdisch und unterirdisch. 3) Zu unserer Erdkugel
gehörig, auf derselben befindlich, in derselben gegründet, und in
weiterer Bedeutung, zur äußern Glückseligkeit, zu den Angelegenheiten
des gegenwärtigen Lebens auf der Erde gehörig, gleichfalls nur in der
Sprache der Gottesgelehrten, nach dem Vorgange der Deutschen Bibel;
zeitlich, weltlich, im Gegensatze dessen was geistlich, himmlisch und
ewig ist. Das ist nicht die Weisheit, die von oben herab kommt,
sondern irdisch, menschlich, teuflisch, Jac. 3, 15. Glaubet ihr nicht,
wenn ich euch von irdischen Dingen sage, wie würdet ihr glauben, wenn
ich euch von himmlischen Dingen sagen würde? Joh. 3, 12. So auch 2
Cor. 15, 47 - 49. Irdisch gesinnet seyn, Phil. 3, 19, die zeitliche
Wohlfahrt der künftigen himmlischen vorziehen.
Anm. In der letzten
Bedeutung bey dem Kero erdlihh, bey dem Notker erdin und irdish, bey
dem Ottfried irdisg, bey dem Willeram irdisk, in dem alten Fragmente
auf Carln den Großen erthesch, bey dem Logau erdisch, im Dän. jordisk.
-iren (W3) [Adelung]
-iren,
eine Endsylbe vieler, besonders aus fremden Sprachen entlehnten
Zeitwörter, welche noch dem Muster der Latein. Zeitwörter auf are, ere
und ire gebildet ist, und vermöge welcher man fast allen Lateinischen
und Französischen Zeitwörtern ein Deutsches Ansehen geben kann, und im
gemeinen Leben wirklich gibt. Dergleichen sind studiren, formiren,
rebelliren, barbiren, tapeziren, spaziren, marschiren, colligiren,
amüsiren, complimentiren, parliren, protestiren, flattiren,
prozessiren und tausend andere mehr, welche theils als Kunstwörter in
verschiedenen Künsten und Wissenschaften einmahl eingeführet worden,
theils aus Unwissenheit der gleichbedeutenden Deutschen Wörter, oder
aus kindischer Ziererey im gemeinen Leben von vielen bis zum Ekel
gebraucht werden. Einige Zeitwörter, welche vor dem iren noch ein i
haben, werden gemeiniglich zur Ungebühr um dasselbe gebracht.
Injuriren, vicariren, variren, pronunciren u. s. f. sollten billig
injuriiren, vicariiren, variiren, pronunciiren heißen. Nur copiren ist
für copiiren beynahe schon allgemein geworden. Nach dem Notker dieser
aus fremden Sprachen entlehnten Zeitwörter, hat man auch verschiedenen
vollkommen Deutschen Wörtern diese Endung angehänget, um daraus
Zeitwörter zu bilden, welche dadurch ein ausländisches Ansehen haben.
Z. B. sich erlustiren, halbiren, haseliren, gastiren, stolziren,
herbergiren, hausiren, hofiren, schattiren, hantiren, schändiren, (in
der niedrigen Sprechart für schmähen, in Baiern maulbiren,) haftiren,
inhaftiren, buchstabiren, pitschiren, spintisiren u. a. m. Es ist
nicht ausgemacht, was zu dieser, beim Anscheine nach seltsamen
Bildung, Anlaß gegeben haben könne. Entstanden diese Wörter etwa zu
den Zeiten des ehemahligen üblen Geschmackes, die anständige und
zierliche Schreibart mit Brocken aus allen Sprachen anzufüllen, weil
man etwa glaubte, ein neues Wort könne unmöglich sein Glück machen;
wenn es nicht ein fremdes Ansehen habe? Oder fällt der Ursprung dieser
wörter in diejenige Zeit, da das barbarische Latein noch die
gesellschaftliche Sprache der Geistlichen und Gelehrten war, welche
Deutschen Wörtern die Lateinische Endung are anhingen und daraus
Lateinische Zeitwörter machten, welche mit dieser Larve nachmahls
wieder in das Deutsche übergegangen sind? Alle Zeitwörter auf iren,
sie seyen nun wirklich fremde, oder der ersten Hälfte nach Deutsch,
werden in den zusammen gesetzten Zeiten ohne Augment abgewandelt.
Complimentirt, protestirt, haselirt u. s. f. nicht gecomplimentirt,
geprotestirt, gehaselirt; ungeachtet solches in der Sprache des großen
Haufens nichts seltenes ist. Das i ist in dieser Endung gedehnt, daher
gefragt wird, ob man diese Endung nicht billig ieren schreiben müsse?
Die meisten sind für das i; allein das ie hat doch überwiegende Gründe
für sich. Es ist das Zeichen eines gedehnten i, und wird im Deutschen
fast in allen Fällen gebraucht, wo das i gedehnt ist. selbst
ausländische Wörter, welche in der Ursprache kein ie haben, werden im
Deutschen in diesem Falle mit ie geschrieben; Klystier, Turnier u. a.
m. Durch die Endung iren wollte man fremden Zeitwörtern ein
einheimisches Ansehen geben, es ist also billig, daß man es ihnen ganz
gebe, und sie, wo es seyn kann, auch in der Schreibart den Regeln der
Deutschen Sprache unterwerfe. Es scheinet, daß man schon vor Alters
von dieser Nothwendigkeit überzeuget worden, indem einige alte Wörter
dieser Art, z. B. regieren, spazieren, fast von je her mit einem ie
geschrieben worden. Warum sollen denn andere hier eine Ausnahme
machen? Hierzu kommt noch, daß manche Zeitwörter dieser Art von
Hauptwörtern herkommen, in welchen das ie nothwendig ist; z. B.
quartieren von Quartier, Franz. Quartier, petschieren von Petschier,
turnieren von Turnier, revieren, bey den Jägern, von Revier, rappieren
von Rappier, visieren von Visier u. s. f. Soll man diese etwa auch
ohne e schreiben, oder soll man gar Quartir, Petschir, Rappir u. s. f.
schreiben, und dadurch einen Unkundigen verleiten, Quartirr, Petschirr
zu sprechen?
Irgend (W3) [Adelung]
Irgend,
ein Nebenwort, welches auf doppelte Art gebraucht wird. I. So, daß es
zunächst zum Zeitworte gehöret, da es denn einen unbestimmten Umstand
des Ortes, der Zeit und der Sache bezeichnet. 1. Des Ortes, an einem
gewissen, aber unbekannten Orte. Wenn irgend guter Wein wächset, so
wächset er in Italien. Er muß doch irgend seyn. Am häufigsten mit dem
Nebenworte wo, irgend wo, welches von einigen ohne Noth zusammen
gezogen irgendwo geschrieben wird. Er muß doch irgend wo seyn. Wenn
irgend wo guter Wein u. s. f. Er wird irgend wohin gegangen seyn.
Obgleich ein Geist keinen Ort einnimmt, so befindet er sich doch
nothwendig irgend wo. Ich erinnere mich, ihn schon irgend wo gesehen
zu haben. Der Gegensatz ist nirgend. 2. Der Zeit. 1) Eigentlich. (a)
Zu einer ungewissen oder unbekannten Zeit, etwa, jemahls. Wenn Star
irgend den guten Einfall bekommen sollte, und u. s. f. (b) Zuweilen,
dann und wann; eine im Hochdeutschen wenig mehr gebräuchliche
Bedeutung. Es ist kein Mensch, der nicht irgend fehlen sollte. 2)
Figürlich. (a) Für vielleicht, etwa. Irgend kommt es noch. Wenn es
irgend nöthig seyn sollte. Besonders in Fragen. Ist irgend jemand von
ihnen hier? Ist es irgend verloren? Hast du irgend etwas Böses
begangen? (b) Ungefähr; am häufigsten im gemeinen Leben. Er ist irgend
vor einer halben Stunde hier gewesen. Es sind ihrer irgend zwey. II.
Vor Für- oder Nennwörtern dehnet es ihre Bedeutung auf das weiteste
aus, und bedeutet alsdann, es sey wer es wolle, was es wolle, oder wie
es wolle. Du sollt dir kein Bildniß noch irgend ein Gleichniß machen,
2 Mos. 20, 4. Wenn jemand seinem Nächsten einen Esel oder Ochsen oder
Schaf oder irgend ein Vieh zu behalten thut, Kap. 22, 10. Wenn eine
Seele sündigen würde aus Versehen, an irgend einem Gebot des Herrn, 3
Mos. 4, 2. Und wer dieses Tages irgend eine Arbeit thut, Kap. 23, 30.
Sehet, ob irgend ein Schmerzen sey wie mein Schmerzen, Klagl. 1, 12.
Caius konnte es nicht über das Herz bringen, irgend jemanden etwas
abzuschlagen. Wo ist eine Privat-Thorheit, die nur in dem Bezirke
unsrer selbst bliebe und nicht auf irgend eine Weise sich der
Gesellschaft mittheilte? Gell. Ich will mit ihr reden und sehen, ob
ihr Herz nicht durch irgend eine Lücke auszuspähen ist, Wiel. Man
flattert von einem Gegenstande zum andern, ohne sich auf irgend einen
heften zu können. Wenn du sonst irgend etwas davon erfährest. Anm.
Diese Partikel lautet bey dem Ottfried uuergin, bey dem Willeram
iergen, im Theuerdanke ynndert, wo auch für nirgend, nindert vorkommt.
Die erste Hälfte dieses Wortes scheinet wohl das je zu seyn; nur die
letzte ist noch ungewiß, denn Frischens Meinung, der das veraltete
Werb, ein Mahl, von der Zeit gebraucht, dafür hält, ist zu sehr
gewagt. Das d ist bloß des Wohlklanges wegen angehänget, wie solches
auch bey jemand, niemand geschehen. In dem uuergin des Ottfried
scheinet das wo voran gesetzet, und in das bloße w übergegangen zu
seyn. Die Niedersachsen sagen für irgend wo eenerwegen, einer Wege;
sollte irgend etwa auch aus einer Gegend zusammen gezogen seyn? Das s
welches einige noch anhängen, irgends, ist unnöthig, ob es gleich in
andern Fällen das Merkmahl eines Nebenwortes ist. S. auch Nirgend.
Irre (W3) [Adelung]
Irre,
-r, -ste, adj. et adv. von dem Zeitworte irren, wo es nur noch im
gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart, und auch hier am
häufigsten als ein Nebenwort gebraucht wird. 1. * Ohne bestimmte
Absicht, ohne Kenntniß der Gegend sich hin und her bewegend; eine im
Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Wenn die jungen Raben irre fliegen,
wenn sie nicht zu essen haben, Hiob 38, 41; wenn sie ohne Nahrung
herum irren, Michael. 2. Ohne Kenntniß des Weges hin und her gehend;
nur noch zuweilen. Irre gehen. 3. Von dem rechten Wege abweichend,
irrend. 1) Eigentlich, als ein Nebenwort. Irre gehen, reiten, fahren,
im Gehen, Reiten, Fahren, des rechten Weges verfehlen. Jüngst ging ich
irr, (irre) Cron. Irre seyn. Wir waren irr, (irre,) wir liefen hin und
her, Opitz. Jemanden irre machen, kommt in dieser Bedeutung nur selten
vor. Er macht sie irre auf einen Umweg, da kein Weg ist, - und macht
sie irre, wie die Trunkenen, Hiob 12, 24. f. und läßt sie in
unwegsamen Wüsten irren - und er läßt sie irren wie Trunkene, Michael.
2) Figürlich. (a) Unrichtige Empfindungen, unrichtige Vorstellungen
habend, am häufigsten als ein Nebenwort. Etliche von uns haben euch
mit Lehren irre gemacht, und eure Seelen zerrüttet, Apostelg. 15, 24.
Wer euch aber irre macht, der wird sein Urtheil tragen, Gal. 5, 10.
Zuweilen, obgleich selten, als ein Beywort. Und eure Weisheit macht,
den irren Geist noch irrer, Less. (b) Den Zusammenhang verlierend; nur
als ein Nebenwort. In einer Rede irre werden. Jemanden irre machen.
Ingleichen gehindert. Mache mich nicht irre. Er läßt sich darin durch
nichts irre machen. (c) Unschlüssig; nur als ein Nebenwort. Irre
werden. Jemanden irre machen. Die Gemeine war irre, und das mehrere
Theil wußte nicht, warum sie zusammen kommen waren, Apostelg. 19, 32.
Ingleichen verwirret. Diese Menschen machen unsere Stadt irre,
Apostelg. 16, 20. Wie auch, Zweifel habend, Anstoß nehmend. Irre
werden. Irre machen. An den ungewöhnlichen Führungen Gottes irre
werden. Denn ich bin irre an euch, Gal. 4, 20. (d) * Bestürzt; eine
veraltete Bedeutung, in welcher es auch nur als ein Nebenwort üblich
war, bey dem Ottfried girrot, geirret. Da das Kriegsvolk hörte, daß
Holoferni der Kopf ab war, erschracken sie und wurden irre, Judith 15,
1. Sie entsatzten sich alle und wurden irre, Apostelg. 2, 12. (c) Des
Verstandes beraubt, in der höflichen Sprechart des gemeinen Lebens.
Irre im Kopfe seyn. Irre reden, fantasiren. Ein irrer Mensch, der
aberwitzig, wahnsinnig ist. Daher das Tollhaus an einigen Orten das
Irrenhaus genannt wird.
Anm. Bey dem Notker und Ottfried schon irri.
Es scheinet, daß man es bloß um des unangenehmen Zusammenstoßes so
vieler r in der Gestalt eines Beywortes veralten lassen. Das e
euphonicum am Ende ist in der gelindern Hochdeutschen Mundart
unentbehrlich, obgleich die härtere Oberdeutsche es verschmähet. S.
Irren.
Irre (W3) [Adelung]
Die Irre,
plur. die -n. 1) Der Zustand da man irre ist, in den eigentlichen
Bedeutungen dieses Wortes; ohne Plural, und nur in der R. A. in der
Irre gehen, ohne bestimmte Absicht, ohne Kenntniß des Weges herum
gehen; ingleichen von dem rechten Wege abgewichen seyn. Wir gingen
alle in der Irre, wie Schafe, Es. 53, 6. 2) Eine Gegend, wo man irret,
wo man leicht irre gehen kann, in der höhern Schreibart. Wie ein Wild
in der Irre, Hos. 8, 9. Er verließ die labyrinthischen Irren, Klopst.
Irregulär (W3) [Adelung]
Irregulär,
er, -este, adj. et adv. aus dem Latein. irregularis, im Gegensatze
dessen was regulär ist. 1) Ungleich, den Theilen nach. Eine irreguläre
Figur, deren Linien oder Winkel einander nicht gleich sind. Ein
irreguläres Viereck. Ein irregulärer Körper, dessen Seiten einander
nicht gleich sind. 2) Von der Regel, der Vorschrift, Gewohnheit
abweichend; regellos. Irreguläre Zeitwörter, in der Sprachkunst,
welche in der Conjugation von den gewöhnlichen Regeln abweichen,
regellose; bey dem Gottsched ungleich fließende. Ein irreguläres
Verfahren, im gemeinen Leben, ein regelloses. Daher die Irregularität,
plur. die -en, in beyden Fällen, so wohl von der Eigenschaft, ohne
Plural; als auch von irregulären Theilen, Dingen u. s. f. die
Regellosigkeit.
Irreim (W3) [Adelung]
Der Irreim,
des -es, plur. die -e, von irren und Reim, wo das eine r weggelassen
wird, eine ehemahlige Art der poetischen Tändeley, wo die Zeilen eines
Gedichtes einen ganz entgegen gesetzten Verstand geben, wenn man sie
außer der gewöhnlichen Ordnung ließet.
Irren (W3) [Adelung]
Irren,
verb. reg. welches auf doppelte Art üblich ist. I. Als ein Neutrum,
mit dem Hülfsworte haben. 1. Hin und her gehen, und in engerer
Bedeutung ohne bestimmte Absicht, ohne Kenntniß der Gegend, hin und
her gehen, oder sich hin und her bewegen. In der Welt herum irren. Ein
irrender Ritter, eine Art ehemahliger Ritter, welche die Welt
durchstrichen und Abenteuer suchten. Indeß, daß er einsam ins Gras
gestreckt mit irrenden Blicken den Himmel durchlief, Geßn. Ernsthaft
irren die Herden auf welkem blumenlosen Grase, ebend. Ein klägliches
Gewinsel irret um ihn herum, Gleim. Vielleicht irrt noch ihr Blick
neugierig an der Sternen Pole, Gell. 2. In noch engerer Bedeutung,
ohne Kenntniß des rechten Weges hin und her gehen, in der Irre herum
gehen. Wenn du deines Feindes Ochsen und Esel begegnest, daß er irret,
2 Mos. 23, 4. Ihr waret wie die irrende Schafe, 1 Pet. 2, 25. In
welcher Bedeutung es im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht wird. 3.
Des rechten Weges verfehlen, den rechten Weg verlieren, besonders so
fern es aus Unkunde der Gegend geschiehet. 1) Eigentlich, wo es in dem
eigentlichsten Verstande nur im Infinitive üblich ist. Gehe auf dem
Wege fort, du kannst nicht irren. In andern Fällen gebraucht man dafür
das zusammen gesetzte sich verirren. In der biblischen Schreibart wird
es noch in uneigentlichen R. A. gebraucht. Ich irre nicht von deinem
Befehle, Ps. 119, 110. Ein Mensch, der vom Wege der Klugheit irret,
Sprichw. 21, 16. Warum lässest du uns irren von deinen Wegen? Es. 63,
17. Von der Wahrheit irren, Jac. 5, 19. 2) Figürlich. (a) * Nicht
wissen; eine im Hochdeutschen völlig veraltete Bedeutung, in welcher
es noch bey dem Ottfried mit der zweyten Endung der Sache vorkommt:
Thoh uuir thera burgi irron, wir wissen die Stadt nicht. (b) Auf eine
unvorsetzliche Art ein Ding für das andere nehmen, es geschehe nun aus
mangelhafter Beschaffenheit der Sinne, oder aus Übereilung und
Unachtsamkeit; als ein Reciprocum. So irret man sich, wenn man ein
Ding ergreift, indem man ein anderes ergreifen wollte. Man irret sich,
wenn man eine Person für eine andere hält. In welcher Bedeutung es mit
sich versehen gleichbedeutend ist. (c) In engerer und vornehmlich
wissenschaftlicher Bedeutung, den Irrthum für die Wahrheit nehmen,
unrichtige Vorstellungen haben, so wohl in Ansehung der äußern Sinne,
unrichtige Empfindungen haben oder bekommen; als auch in Ansehung des
Urtheiles, ein mahres Urtheil für falsch, und ein falsches für wahr
halten, besonders aus mangelhafter Erkenntniß von der Wahrheit
abweichen, wodurch es sich von fehlen und sich versehen unterscheidet,
als welche sich in engerer Bedeutung auf eine Handlung beziehen, so
wie irren im engsten Verstande bloß auf die Empfindung und auf das
Urtheil gehet. Es stehet so wohl absolute. Ich habe geirret. Wo ich
nicht irre. Irren ist menschlich. Ein irrendes Gewissen, welches
entweder unrichtige Sätze annimmt, oder auch wahre Sätze unrichtig
verbindet. Als auch mit dem Vorworte in. Darin haben sie geirret. Du
irrest in der Zeit, in der Person. Ingleichen in Gestalt eines
Reciproci, wo es aber eigentlich zu dem folgenden Activo gehöret. Ich
habe mich geirret. Du irrest dich in der Zeit, in der Person. Ich irre
mich in der Hand dieses Briefes. II. Als ein Activum, irre machen. 1.
Von dem rechten Wege abbringen. 1) * Eigentlich; eine völlig veraltete
Bedeutung. 2) Figürlich. (a) * Von dem Wege der Wahrheit abbringen, in
Irrthum stürzen; ein gleichfalls veralteter Gebrauch, in welchem
verirren noch bey den Schwäbischen Dichtern vorkommt. Das vorhin
gedachte Reciprocum sich irren ist noch ein Überbleibsel davon. (b)
Von dem Wege der Tugend abführen, verführen, bey dem Notker irren, in
Schwaben irrzen, bey dem Ulphilas airzgan; eine gleichfalls
ungewöhnlich gewordene Bedeutung, in welcher es noch 1 Sam. 14, 29
vorzukommen scheinet: Da sprach Jonathan, mein Vater hat das Land
geirret. 2. Hindern. 1) Eigentlich; wo es noch mit der vierten Endung
der Person gebraucht wird. Keiner wird den andern irren, sondern ein
jeder wird in seiner Ordnung daher fahren, Joel 2, 8. Irre die
Spielleute nicht, Sir. 32. Suer da entzwischen danne stet und irret
mich, Heinr. von Morunge. Der Kunig mit der tochter regirt Manig jar
daran in nyemands irt, Theuerd. Lassen sie sich nicht irren, in der
vertraulichen Sprechart. Aber eine Sache irren, für hindern, ist
veraltet. 2) Figürlich. (a) Anstoß, Zweifel, Bedenklichkeit
verursachen; in welchem Verstande man nur noch sagt, sich irren
lassen, sich durch andere dergleichen beybringen lassen. Laß dichs
nicht irren, ob einer reich wird, Ps. 49, 17. Ich lasse mich darin
nichts, (besser durch nichts,) irren. Ich lasse mich nicht durch bloße
Beschuldigungen in der Liebe irren, Gell. (b) * Bestürzt machen;
welche Bedeutung gleichfalls veraltet ist. So sint si alle girrit,
Ottfr. S. Irre. (c) * Beschwerlichkeit verursachen; ein veralteter
Gebrauch. Du irst mich selten, sagt der Storch zum Fuchse bey dem
Boner, d. i. du besuchst mich selten. (d) Ärgern, Mißvergnügen,
Ärgerniß verursachen; in welchem Verstande man nur noch im gemeinen
Leben sagt: es irret ihn eine Fliege an der Wand. Das Dänische opivre,
und Schwed. yra, bedeutet im härtern Verstande zornig machen, zum
Zorne reitzen. Es scheinet, daß irren in dieser Bedeutung nicht
hierher gehöre, sondern mit irritare, ira, und arg, von dem Laute r!
r! abstamme, mit welchem man die Hunde zornig zu machen sucht, wovon
man im gemeinen Leben die Zeitwörter nerren, narren, zergen in eben
dieser Bedeutung hat. Daher die Irrung, S. solches hernach besonders.
Anm. Bey dem Ottfried irron und girron, d. i. geirren, bey dem
Willeram irren, im Nieders. erren, im Engl. to err, im Franz. errer,
im Latein. errare, woraus zugleich das hohe Alter dieses Wortes
erhellet. Unsere Wortforscher begnügen sich damit, daß sie es von dem
Latein. abstammen lassen. Allein es scheinet vielmehr ein altes Wort
zu seyn, welches wandern, hin und her reisen bedeutet hat. Im Franz.
bedeutete oirrer ehedem reisen, im mittlern Lateine iterare, und Oire,
Oirre, die Reise. Selbst im Hebräischen ist - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - reisen, und im Griech. - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - ich komme. Yra bedeutet im Schwed. herum gedrehet
werden, und Yrsel den Schwindel. S. Werk, Wirren, Wirbel u. s. f. Im
Nieders. ist für irren im dritten eigentlichen Verstande auch dwalen,
dwaulen, üblich, welches von twalen, wandern, wallen, abstammet, und
schon bey dem Notker verkommt, der feruuallon für verirren gebraucht.
Irrgang (W3) [Adelung]
Der Irrgang,
des -es, plur. die -gänge, ein Gang, in welchem man sich leicht
verirren kann, besonders ein künstlicher Gang dieser Art, ein
Labyrinth; schon bey dem Notker Irgango.
Irrgarten (W3) [Adelung]
Der Irrgarten,
des -s, plur. die -gärten, ein Garten, d. i. umschlossener Patz, in
dessen Gängen man sich leicht verirren kann, besonders, wenn er durch
die Kunst in dieser Absicht eingerichtet ist; ein Labyrinth.
Irrgeist (W3) [Adelung]
Der Irrgeist,
des -es, plur. die -er, ein größten Theils ungewöhnlich gewordenes
Wort, einen Irrgläubigen in verächtlichem Verstande zu bezeichnen.
Wenn ich ein Irrgeist wäre, Mich. 2, 4. Auch einen unstäten, herum
irrenden Menschen pflegt man im gemeinen Leben einen Irrgeist zu
nennen.
Irrgläubig (W3) [Adelung]
Irrgläubig,
-er, -ste, adj. et adv. im Glauben irrend, aus unrichtiger Erkenntniß
in Glaubenslehren Irrthümer hegend, und darin gegründet, im Gegensatze
des rechtgläubig; mit einem Griech. Kunstworte heterodor, in der
Römischen Kirche mit einem harten Ausdrucke ketzerisch. Irrgläubige
Religions-Parteyen. Ein Irrgläubiger. Daher die Irrgläubigkeit, plur.
inus. die Eigenschaft, der Zustand, da eine Person oder Sache
irrgläubig ist.
Irrig (W3) [Adelung]
Irrig,
-er, -ste, adj. et adv. von dem veralteten Hauptworte der Irr, die
Irre, der Irrthum. 1. * Irre, irrend, d. i. von dem rechten Wege
abweichend; eine veraltete Bedeutung. Den Pilgram welchen du stehst
außer Weges wallen Und irrig gehn Wald ein, Opitz. Eben so
ungewöhnlich ist der Ausdruck Epist. Jud. v. 13, irrige Sterne für
Irrsterne. 2. * Wo man sich leicht verirren kann, und in weiterer
Bedeutung, wüst, unbewohnt; ein gleichfalls veralteter Gebrauch. Da
Verachtung auf die Fürsten geschüttet war, daß alles irrig und wüste
stund, Ps. 117, 40. 3. Unrichtige Empfindungen oder Vorstellungen
habend. 1) * Eigentlich, irrend, von Personen. Die so irrigen Geist
haben, werden Verstand annehmen, Es. 29, 24. Die irrigen Geister
stiften viel Böses, Sir. 34, 11. Denn wir waren auch weiland irrige,
Tit. 3, 3. In welcher Bedeutung es im Hochdeutschen eben so sehr
veraltet ist, als irrig gehn, bey dem Opitz, für irre gehen. Doch sagt
man zuweilen sie sind irrig, als einen gemilderten Ausdruck, für, sie
irren. 2) Figürlich, in einem Irrthume gegründet, von Sachen. Eine
irrige Meinung, eine irrige Lehre, ein irriger Wahn. Das ist irrig.
Dieses ist noch irriger. Eine irrige Benennung. Ein irriges Gewisses,
ein irrendes. 3) Mit jemanden irrig seyn, streitig.
Irrläufer (W3) [Adelung]
Der Irrläufer,
des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Irrläuferinn, eine gemilderte
Benennung eines Landstreichers, einer Landstreicherinn.
Irrlehen (W3) [Adelung]
Das Irrlehen,
des -s, plur. ut nom. sing. in dem Lehenrechte, die Anwartschaft auf
eines unbestimmten Besitzers Lehen, auf ein Lehen, welches an ersten
eröffnet werden wird; ein unbenanntes Expectanz-Lehen. Im
Sachsenspiegel Errelehen, d. i. Eherlehen, das erste Lehen, welches
dem Landesherren heim fällt, woraus aus Unkunde der Niedersächsischen
Mundart die Hoch- und Oberdeutschen ein Irrlehen gemacht haben.
Irrlehre (W3) [Adelung]
Die Irrlehre,
plur. die -n, eine irrige Lehre, besonders in Glaubenssachen; in der
harten Sprechart eine Ketzerey.
Irrlehrer (W3) [Adelung]
Der Irrlehrer,
des -s, plur. ut nom. sing. der vorsetzlich irrige Lehren in
Glaubenssachen ausbreitet.
Irrlicht (W3) [Adelung]
Das Irrlicht,
des -es, plur. die -er, fettige Dünste, welche an sumpfigen Orten
aufsteigen, und des Nachts durch die Kälte in schleimige Klumpen
verdickt werden, welche sich entzünden und alsdann von der geringsten
Bewegung der Luft hin und her getrieben werden; im gemeinen Leben
Irrwische, weil sie die Reisenden, welche ihnen aus Unwissenheit
folgen, bey der Nacht in die Irre führen. Im gemeinen Leben nennt man sie auch Feuermännchen, in Österreich feurige Männer, Fuchtelmänner,
Nieders. Dweerlichter, Querlichter, weil sie in die Kreuz. und Quere
hüpfen, Dwällechter, von dwelen, irren, Elflichter, von Elf, der Alp,
weil der große Haufe sie für eine Art böser Geister hält. In der
Feuerwerkskunst sind die Irrlichter oder Irrwische kleine Bränder oder
Schwärmer, welche sich auf dem Wasser wie Schlangen krümmen.
Irrsal (W3) [Adelung]
* Das Irrsal,
des -es, plur. die -e, ein veraltetes Wort, für Irrthum. Daß er (der
Narr) von dem Herrn Irrsal predige, Es. 32, 6. S. Sal.
Irrstern (W3) [Adelung]
Der Irrstern,
des -es, plur. die -e, ein Stern, welcher wie die Erde beweglich ist,
keinen Stand gegen die übrigen Sterne beständig verändert, mit einem
Griechischen Kunstworte, ein Planet; im Gegensatze der Fixsterne. Es
ist eine buchstäbliche Übersetzung des Griechischen Ausdruckes, und da
diese Sterne nichts weniger als irrende sind, der gewöhnlichsten
Bedeutung dieses Wortes zu Folge, so haben andere dafür das
schicklichere Wandelstern einzuführen gesucht.
Irrthum (W3) [Adelung]
Der Irrthum,
des -es, plur. die -thümer. 1. Als ein Concretum. 1) Eine Handlung,
ein Fall, wo man auf eine unvorsetzliche Art ein Ding für das andere
nimmt, ein Versehen; in welcher Bedeutung der Plural nicht üblich zu
seyn scheinet. Einen Irrthum begehen. Es ist ein Irrthum vorgegangen,
1 Mos. 43, 12. Der Irrthum rühret daher. 2) In engerer und
wissenschaftlicher Bedeutung, ein unrichtiges Urtheil, besonders so
fern es aus mangelhafter Erkenntniß herrühret; im Gegensatze der
Wahrheit. Irrthümer behaupten, vortragen, lehren. Einen Irrthum
begehen. Auf einen Irrthum, in einen Irrthum gerathen. Der Irrthum
kommt daher. Einen Irrthum fahren lassen. Jemanden zu Irrthümern
verleiten. Ein Irrthum der Sinne. Lassen sie sich ihren Irrthum
benehmen. Jemanden aus dem Irrthume helfen. Ein grober Irrthum, wo man
die Wahrheit mit Wissen und Willen verläugnet. In groben Irrthümern
leben. Die biblische R. A. einen Irrthum machen, für begehen, ist im
Hochdeutschen ungewöhnlich. 2. Als ein Abstractum, der Zustand, da man
ein oder mehrere unrichtige Urtheile fället, und in engerer Bedeutung,
die Fertigkeit zu unrichtigen Urtheilen; ohne Plural, und am
häufigsten im theologischen Verstande und in der biblischen
Schreibart. In Irrthum fallen, gerathen. In Irrthum stecken, wandeln.
Anm. Bey dem Kero Irricheit, bey dem Notker Irridi, im Tatian Irrido,
im Nieders. Erdoom, Dwaling, Unraam. Dapper gebraucht dafür die
Ausdrücke Aberwahn, Mißwahn und Mißschlag. S. -Thum. Die ehedem
üblichen das Irr, und das Irrsal, für Irrthum, sind veraltet.
Irrung (W3) [Adelung]
Die Irrung,
plur. die -en, von dem Zeitworte irren. 1) * Der Zustand da man irret,
d. i. von dem rechten Wege abweichet, und figürlich, da man von der
Wahrheit abweicht; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Den
treuen Weg hab ich stets im Gesicht, Auf daß ich dich auf Irrung nicht
verletze, Opitz Ps. 119. Wo es zunächst den Irrweg bedeutet. 2) Die
unvorsetzliche Verwechselung zweyer Dinge, ein Versehen, ein Irrthum,
im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart; besonders, wenn
solches aus einem Mißverständnisse geschiehet. Es ist eine Irrung
vorgegangen. Irrungen in einer Rechnung machen. Es ist aus Irrung
meines Bedienten geschehen. 3) Ein geringer, aus einem
Mißverständnisse entstandener Streit, und mit einem gelindern
Ausdrucke auch wohl eine jede Uneinigkeit von geringer Dauer oder
geringer Folgen. Es ist eine Irrung zwischen ihnen vorgefallen. Diese
Irrung ist leicht zu heben. Im Nieders. Errunge, ehedem Erniß,
Irresen, Erresen. Vor diesem wurde Irrung, und im Nieders. Errung,
auch von den Gebrechen eines Pferdes gebraucht.
Irrweg (W3) [Adelung]
Der Irrweg,
des -es, plur. die -e, ein Weg, welcher in die Irre führet, und in
weiterer Bedeutung ein jeder Weg, welcher nicht nach dem verlangten
Orte führet. Den Irrweg wallen, Ps. 95, 10; figürlich, den Weg zum
Verderben.
Irrwisch (W3) [Adelung]
Der Irrwisch,
des -es, plur. die -e, ( S. Irrlicht und Wisch,) Figürlich, eine
flüchtige unstäte Person.
Irte (W3) [Adelung]
* Die Irte,
plur. die -n, ein nur in einigen Oberdeutschen Gegenden übliches Wort,
eine Zeche zu bezeichnen, den Antheil, welchen jemand zu einer Sache,
besonders zu einem gemeinschaftlichen Schmause bezahlet. Seine Irte
bezahlen. Einem die Irte machen, die Zeche. Wo dieses Wort auch Örte,
Orte und Urte lautet, und auch eine Versammlung bedeutet, wo jeder auf
seine Kosten isset und trinket. In die Irte gehen. Eine Bierirte,
Weinirte u. s. f. Daher der Irtenmeister, bey den Oberdeutschen
Handwerkern, der Handwerkswirth, welcher den ankommenden Gesellen den
Willkommen reichet; der Irtengesell, Ortengesell oder Urtengesell, der
Altgesell, dessen Beschäftigung gleichfalls darin bestehet. S.
Ortengesell.
Isabelle (W3) [Adelung]
Isabelle,
ein alter Vornahme weiblichen Geschlechtes. Er war schon bey den Juden
üblich, wo Ahabs Gemahlinn unter dem Nahmen Isebel oder Irsabel
vorkommt, welcher eine bewohne Insel bedeuten soll, von - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Insel, und - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, wohnen. Der Europäische Nahme
Isabelle scheinet mit diesem nur eine zufällige Ähnlichkeit zu haben,
und aus Elisabeth verderbt zu seyn, wofür man im gemeinen Leben,
besonders Niedersachsens, auch Ilsebee. Ilse sagt.
Isabell-Farbe (W3) [Adelung]
Die Isabell-Farbe, oder Isabellen-Farbe,
plur. doch nur von mehrern Arten, die -n, der Nahme einer bräunlich
gelben Farbe, welche blasses Oraniengelb mit ein wenig Röthlichbraun
vermischt ist. Der Nahme dieser Farbe kommt, der gemeinen
Überlieferung nach, von einer Spanischen Prinzessin dieses Nahmens
her, welche bey eines gewissen Gelegenheit ihr Hemd nicht eher
abgeleget haben soll, als bis es diese Farbe erhalten. Daher das Bey-
und Nebenwort isabellfarben, oder isabellfarbig, diese Farbe habend.
Isegrimm (W3) [Adelung]
Isegrimm,
ein besonders aus dem Reineke Fuchs bekannter Nahme des Wolfes. Dieser
Nahme ist alt, und kommt seit dem zwölften Jahrhunderte so wohl im
Lateinischen, als in andern Europäischen Sprachen vor. Jacob Merlin
nannte ihn in seinen Gedichten Isengrin, und in dem noch ungedruckten
Französischen Gedichte aus dem 13ten Jahrhunderte le Renard couronne;
welches vermuthlich die Grundlage des Deutschen Gedichtes abgegeben
hat, welches unter dem Nahmen Reineke Fuchs bekannt ist, kommt der
Nahme Isengrin beständig vor. Um das Jahr 1206 nannte sich in Flandern
eine unruhige Faction die Isengrins oder Ingrins. Die letzte Hälfte
des Wortes ist deutlich; die erste ist entweder das Wort Eisen, im
Nieders. Isen, so wie Isembrunus im mittlern Lateine eine rotbraune
Farbe ist, oder auch das alte eisen, isen, aisen, erschrecken und
erschrecket werden, fürchterlich seyn. In Ober- und Niedersachsen
nennet man noch einen jeden mürrischen und trotzigen Menschen einen
Isegrimm.
Isopp (W3) [Adelung]
Der Isopp,
des -es, plur. inus. eine Pflanze, welche wegen ihres aromatischen
Geruches und bittern Geschmackes bekannt ist; Hyssopus L. Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bey dem Stryker Ysop, im
gemeinen Leben Eisop, Söppel, Sopli. Wir haben diese Pflanze mit ihrem
Nahmen aus wärmern Ländern erhalten. Man hat nicht nöthig, dieses
Wort, wie einige thun, Ysopp zu schreiben, weil im Griech. ein - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - ist, denn wenn dieses zum Muster
dienen sollte, so müßte man mit den Engländern auch Hyssop schreiben
und sprechen. Und wenn man es recht genau nehmen wollte, müßte man
nicht einmahl bey dem Griechischen stehen bleiben, indem es auch da
nicht einmahl einheimisch ist. Im Hebr. ist schon - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - der Isopp, von - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine jede Pflanze, ein Kraut.
Wenn es in der Deutschen Bibel heißt ein Büschel Ysopen, mit Ysopen u.
s. f. ist solches die Oberdeutsche Declination, welche den
Hochdeutschen fremd ist.
Ist (W3) [Adelung]
Ist,
die dritte einfache Person der gegenwärtigen Zeit des Zeitwortes seyn,
S. Seyn.
-ist (W3) [Adelung]
-ist,
eine aus dem Lat. und Ital. -ista und Franz. -iste entlehnte Endung,
männliche Personen von einer gewissen Beschaffenheit zu bezeichnen.
Der Kanzellist, Copist, (eigentlich Copiist), Alchymist, Casuist,
Evangelist, Deist, Pietist, Disrantist, Bassist, Tenorist, Violinist,
Gambist u. s. f. Nach dem Muster dieser Wörter hat man auch einige
andere gebildet, welche entweder ursprünglich Deutsch sind, wie
Blumist, ein Blumenliebhaber, Glockenist, der ein Glockenspiel
spielet, Harfenist, Lautenist, Waldhornist u. s. f. oder doch in der
fremden Sprache nicht mit dieser Endung üblich sind, wie Atheist,
Hoboist, Notist, ein Notenschreiber, Facultist, der Beysitzer einer
Facultät u. a. m. Christ, Frist und andere, wo die Endung ein Theil
des Stammwortes ist, gehören nicht hierher. Die Wörter dieser Art sind
insgesammt männlichen Geschlechtes, leiden aber auch Fäminina auf inn;
Atheistinn, Kanzellistinn, Pietistinn. In der zweyten und dritten
Endung des Singulars haben sie, so wie im ganzen Plural en; des
Bassisten, dem Copisten, die Juristen.
Ive (W3) [Adelung]
Die Ive, der Ivenbaum,
S. Eibe.
Iven (W3) [Adelung]
Iven, Ivenblätter,
S. Epheu.
J
K
L
M
N
O
P
Q
R
S
T
U
V
W
X
Y
Z