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XADE_d - Adelung - Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
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Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart




Erstellt: 2021-01

A

Adelung, Johann Christoph
Hochdeutsches Wörterbuch
Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart,
mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten,
besonders aber der Oberdeutschen [Adelung]

(E?)(L?) http://www.bastisoft.de/misc/adelung/

Zu den Daten

Hier finden Sie den vollständigen Text des "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen" von Johann Christoph Adelung. Er entspricht der Ausgabe von 1811, die vom Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek eingescannt und mit einem Texterkennungsprogramm in Textform überführt wurde. Text und Bilder hat die sogenannte Digitale Bibliothek auf Ihrem Web-Server verfügbar gemacht, jedoch nicht als fortlaufenden Text. Das ist die Lücke, die diese Datei füllen soll.

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Sebastian Koppehel


Erstellt: 2010-02

B

C

D

D (W3) [Adelung]


D, der vierte Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher sehr gelinde, gelinder als das th, so wie das Latein. d und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ausgesprochen wird; daß, der, dein, Dach, du, beyde, Brüder. Doch weicht es von dieser gelinden Aussprache ab, so oft es am Ende einer Sylbe stehet, da es beynahe so hart wie das t lautet, Bad, blind, Wind, Bild, niedlich, schädlich, Tod, Herd; es müßte denn das d bloß durch eine Elision an das Ende der Sylbe gerathen seyn, in welchem Falle es seine gelinde Aussprache behält, wie in würdgen, für würdigen, tadlen, Tadler, für tadeln und Tadeler, Adler, für Adeler oder Adelaar. Freylich gibt es noch andere Wörter, besonders Diminutiva auf lein, wo es sehr gelinde ausgesprochen wird, wie in Bändlein, Mündlein, Kindlein, Hündlein, Händlein u. s. f. wozu man auch das Nebenwort blindlings rechnen kann. Allein hier rühret die weiche Aussprache vermuthlich daher, weil man in solchen Verkleinerungswörtern, besonders im Oberdeutschen so gern ein e vor der Endsylbe einschiebet, Bändelein, Mündelein, Kindelein u. s. f.Man siehet hieraus zugleich, das man diejenigen Wörter, wo das d notwendig weich lauten muß, nicht um ihr Schluß e bringen dürfe. Bürde, Erde, gelinde, geschwinde, Freude, Gnade, Heide, Lade, Sünde würden eine der Hochdeutschen Mundart ganz fremde Aussprache bekommen, wenn man das e unterdrücken wollte, ob man gleich im Oberdeutschen Bürd, Erd, gelind, Gnad u. s. f. schreibt und spricht.Dieser Buchstab wird im Hochdeutschen selten verdoppelt, und Widder ist vielleicht das einzige Wort dieser Art. Um deßwillen ist auch die Sylbe, welche vor demselben hergehet, alle Mahl gedehnt, Boden, Faden, Feder u. s. f. Nur muß man die Gewohnheit einiger Mundarten, besonders der Schlesischen, welche diese und andere Wörter mit einem kurzen Vocal aussprechen, als wenn sie Bodden, Fadden, Fedder geschrieben wären, nicht mit in Rechnung bringen. Wohl aber lässet sich das d mit dem t verbinden, welches doch eigentlich nur in solchen Fällen geschiehet, wo ein e weggeworfen worden, abgewandt für abgewendet, er empfindt für empfindet. Hierher gehöret auch Beywort todt, welches wirklich das Mittelwort von dem veralteten doen, toden, sterben, ist, und für todet stehet. Die Stadt, urbs, hat den langen Gebrauch für sich, aber bey Brot, Schwert, und noch einigen andern ist keine begreifliche Ursache des dt vorhanden.Die Substantiva, welche sich mit diesem Buchstaben endigen, haben sein gewisses Geschlecht. Man findet ihrer von allen Geschlechtern. In vielen ist das Schluß d. das Merkmahl eines Abstracti, da es denn der Überrest der Sylbe de ist, wie in Jugend, Gegend und andern mehr: S. De. Andere Substantiva auf d sind ursprünglich Participia, und zwar so wohl von der gegenwärtigen Zeit, wie Freund, Feind, Hund, Abend, Wind, Mond, als auch von der vergangenen, wie Brand, Jagd, u. s. f.Die Deutschen haben diesen Buchstab mit dem Lateinischen Alphabete bekommen, und man findet ihn schon bey dem Kero in vollem Gebrauche. Nur die Fränkischen Schriftsteller thaten nachmahls etwas sparsam damit, indem sie zu Anfange der Wörter ein th schreiben, und das d in die Mitte verwiesen, wodessen weiche Aussprache am merklichsten ist. So schreibt Ottfried beständig ther, thaz, thanne, thu, thoh, thenkan u. s. f. vermuthlich, weil er und seine Landsleute hier eine härtere Aussprache hören ließen, als sie dem d beylegen konnten. Der Alemannische Dialekt scheinet diesen seinen Unterschied, wenn ja einer gewesen ist, nicht gekannt zu haben, denn da findet man zu Anfange der Wörter entweder d oder t, und die Hochdeutschen haben ihn noch mehr vernachlässiget, indem in der Aussprache des th, und t bey ihnen fast gar kein Unterschied ist. S. Th. Die weiche Niedersächsische Mundart macht unter allen Deutschen Mundarten den häufigsten Gebrauch von dem d. Sie spricht Dag, Dod, god, vergöden, gadden, Graden, für Tag, Tod, gut, vergüten, gatten, Gräthe, und da auch dieß für ihre zarten Sprachwerkzeuge noch zu hart ist, so wirkt sie es oft gar weg, und da wird doen, vergaen, gaen, Graen, für tödten, vergüten, gatten, Gräthe. Die Hochdeutsche hält auch hier zwischen der Ober- und Niederdeutschen das Mittel.


Da (W3) [Adelung]


Da, ein Bestimmungswörtchen, welches so wohl für sich allein, als auch in seinem Zusammensetzung zu betrachten ist.I. Für sich allein ist es in einer doppelten Gestalt üblich.1. Als ein Umstandswort, und zwar,1) Als ein bezeichnendes Umstandswort des Ortes, Adverbium demonstrativum, da es denn so wohl einen nahen, als einen entfernten, als auch einen jeden Ort überhaupt bezeichnet. In ersten Falle stehet es für hier. Da ist sie. Da bringe ich ihnen Geld. Da sind sie jetzt alle beysammen. Da hast du bare funfzig Thaler, Nur unterlasse den Gesang, Haged. Wie er so hölzern da steht! Traurig und niedergeschlagen sitzt er da und seufzet. Ingleichen in den elliptischen Redensarten; Was will der Mensch da? Was gebe ich für das Buch da?In weiterer Bedeutung wird es oft für gegenwärtige gebraucht, besonders mit dem Hülfsworte seyn. Ich werde gleich wieder da seyn. Genug, mein Schöps ist da, er ist nicht verloren. S. Daseyn.Zuweilen wird diese Bedeutung unmerklich, und alsdann dienet es bloß die Ründe der Rede zu erhalten. Wer da hat, dem wird gegeben. Aus deinem Feuermeere fließt Die Wärm - in alles, was da ist, Ihm Kraft und Glanz zu geben, Weiße. In welchem Falle es auch niemahls den Ton hat.Wenn es einen mehr entfernten Ort bezeichnet, stehet es dem hier entgegen, und bedeutet so viel als dort. Wer da? Hier stand ich, da standst du.In den im gemeinen Leben üblichen Fragen, wo da? wo denn da? für wo? und wo denn? bedeutet es, wie in einigen der oben angeführten Redensarten, einen Ort überhaupt, ohne Rücksicht auf dessen Nähe oder Ferne.2) Ein beziehendes Umstandswort, Adverbium relativum. Es beziehet sich aber,(a) Auf einem Ort, für in welchem Orte, am welchem Orte. Ich will in ein Land reisen, da mich niemand kennen soll. Ein Ort, da ich mich ehrlich hinbringen kann. In diesen Fällen wo das da eine bloße beziehende Partikel ist, gebraucht man alle Mahl lieber wo, welches das eigentliche Relativum des Ortes ist. Indessen ist dieser Gebrauch des da sehr alt. Schon Ottfried sagt zu seiner Zeit: In krippa man nan legitaThar man thaz sihu nerita; man legte ihn eine Krippe, da man das Vieh fütterte.Allein in andern Fällen, wo es nebst der beziehenden Bedeutung auch eine bezeichnende hat, oder wo es ein adverbium demonstrativo-relativum ist, und für an diesem Orte, oder an denselben Orte stehet, wird es ganz richtig gebraucht. Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Er kam gestern in die Stadt, und begab sich heute von da weiter. Wenn die Partikel in diesem Falle an das Ende einer Periode zu stehen kommt, so gebraucht man dafür lieber allda, S. dieses Wort.(b) Aus eine Zeit, für alsdann. Ja, wenn ich da noch lebe, willst du mich auch da nicht hoffen lassen! Was werde ich erst da empfinden, wenn ich meinen Geliebten vor Freuden über mein Glück erschrecken sehe! Gell. Oft wird dein Schatten in einsamen melancholischen Stunden vor mit erscheinen; da werde ich dich immer noch sterben sehen und weinen, Dusch. Ingleichen als ein bloßes Relativum der Zeit. Es vergehet kein Tag, da (an welchem) ich nicht Wünsche für dich den Himmel schicke. In dem Augenblicke, da ich alles dieses als ein Spiel des Schicksales ansehe.(c) Auf Personen oder Sachen. Da (unter ihnen) ist keiner der gutes thue. das ist nicht wahr, was sie da sagen, daß mich meine Schwester sehr liebte, Weiße. Da (in der Sache) soll schon Rath werden, ebend. Sie kennen ihn nicht? O da (in dem Falle) kennen sie einen großen Geist weniger, Less Da (hieraus, oder an diesen Beyspiele) stehet man, wohin ein so böses Gemüth verfallen kann.Zuweilen ist die Beziehung dunkel, und alsdann dienet es entweder einen kleinen Unwillen zu begleiten, oder auch nur bloß zur Vollständigkeit der Rede. Du redest artig, da werden die Töchter studieren können, wie die Söhne, Gell. Ja, da wird man ihn gleich aufwarten. Man sollte sich auch da noch lange besinnen. da haben sie mir nun drein geredet.2. Als ein Bindewort, in welchem Falle aber doch der Begriff der Zeit alle Mahl der herrschende ist. Es bezeichnet aber1) Eine einfache Zeitfolge, uns stehet alsdann, (a) in dem Vordersatze, für als. Da ich ihn sahe, bewegte sich mein Herz vor Freuden. Da die Sonne aufging, ging Loth in Zoar ein. Alsdann aber folgt, (b) in dem Nachsatze oft ein zweytes da, welches die Rede fortsetzet. Da ich ihn sahe, da bewegete sich mein Herz vor Freuden. Da die Sonne aufging, da ging Loth in Zoar ein. Aus den obigen Beyspielen erhellet schon, daß dieses zweyte da auch weggelassen werden kann, ja wenn es nicht um eines besondern Nachdruckes willen nöthig ist, die Rede in den meisten Fällen nur schleppend macht.2) Eine Ursache, für weil oder nachdem. Da weder Stolz noch Ehrgeitz dich dazu bewegen, so ist deine Absicht wohl tugendhaft. Da er ihn Ein Mahl gehoret hat, so will er nun niemanden als ihn hören.3) Einen Gegensatz, in welchem Falle es durch obgleich, indem, anstatt, ersetzet werden kann. Du lachst, da du doch Thränen vergießen solltest. da einer genug wäre, kommen ihrer acht. Und wenn auch dieser liebenswürdiger wäre, da er es doch nicht ist. Die gute Galathee! Man spricht, sie schwärz' ihr Haar, Da doch ihr Haar schon schwarz, als sie es kaufte, war, Less. Nur in Verbindung mit dem schon macht es einen unangenehmen Übelklang. Der Fürsten Macht hat meinen Fall begehrt, Und mich verfolgt, da ich schon nichts begangen, Opitz Pf. 119, 81. Für da ich doch u. s. f. Noch unerträglicher aber ist folgende Stelle eben dieses Dichters aus seinem 135 Pf. Heiden Götzen, sind nur Pracht - - Sie sind stumm, da Mäuler sind, Da gleich Augen, doch stockblind. Für: sie sind stumm, da sie doch Mäuler haben u. s. f.4) Die Bedingung einer noch ungewissen Sache für wenn, da es denn den Conjunctivum nach sich hat. Da es ja also seyn müßte. Da er ja sterben sollte. Dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen größten Theils veraltet; wenigstens wird er in der reinen und anständigen Schreibart eine schlechte Figur machen.II. Es findet sich diese Partikel aber auch in verschiedenen Zusammensetzungen, und zwar so wohl mit Verbis, als mit Adverbiis, als auch mit Präpositionen.1. Mit Verbis lautet sie alle Mahl dar, denn da seyn, (das Mittelwort Daseyn ausgenommen) da bleiben, da stehen, da sitzen, sind eben so wenig eigentliche Zusammensetzungen, als oben seyn, unten stehen und andere mit Adverbien gebrauchte Verba. Doch von diesen soll bey Dar etwas gesagt werden.2. Mit Adverbien wird so wohl das bezeichnende als beziehende da zusammen gesetzet, und zwar am häufigsten so, daß es voran stehet. Fänget sich das folgende Adverbium mit einem Consonanten an, so bleibt da unverändert, wie in dafern, daheim, daher, dahin, damahls und danieden. Fängt es sich aber mit einem Vocale an, so wird aus da dar, wie in darinnen, darunten, darunter, daraußen, daroben, welche, ohnehin nur im gemeinen Leben übliche Wörter, gemeiniglich in drinnen, drunten, drunter, draußen, droben zusammen gezogen werden. S. jedes dieser Wörter an seinem Orte besonders. Immerdar hat das Oberdeutsche dar behauptet, aber in allda ist bloß das da geblieben. S. diese Wörter.3. Eben dieses findet auch in der Zusammensetzung mit Präpositionen Statt. Es ist aber das dabey wohl zu bemerken, daß da in dieser Zusammensetzung nur allein die Pronomina demonstrativa und demonstrativo-relativa dieser, diese, dieses, und derselbe, dieselbe, dasselbe, vertreten kann; und daß diese kein Substantiv nach sich, wohl aber eine Präposition vor sich haben müssen, da denn der Präposition das da vorgesetzet wird. So kann für bey diesem, bey dieser, mit diesem, mit dieser, neben demselben, neben derselben u. s. f. dabey, damit, daneben gesetzet werden. Ist nun der erste Buchstab der Präposition ein Consonant, so bleibt da unverändert, wie außer den bereits angeführten, in dadurch, dafür, dagegen, davon, davor, dawider, dazu und dazwischen. Fängt sich aber die Präposition mit einem Vocale an, so tritt auch hier das dar an dessen Stelle, wie in daran, darauf, daraus, darein, darin, darüber, darum, darunter. Auch darnach hat sein r schon lange hergebracht, ob sich gleich hier das Vorwort mit keinem Vocale anfängt, woraus aber nicht folgt, daß man auch darneben, darnieder, darmit u. s. f. schreiben müsse, wie wohl im Oberdeutschen geschiehet. Übrigens sind bey diesen Zusammensetzungen noch folgende Stücke zu bemerken.1) Das r in dem dar scheinet hier bloß um des Mehlklanges willen eingeschoben zu seyn, man müßte denn auch dieses als ein verkürztes daher ansehen, aus welchem Worte es in darstellen, darreichen und andern entstanden zu seyn scheinet. S. Dar. 2) Die Pronomina, welche auf solche Art mit Vorwörtern zusammen gezogen werden sollen, müssen sich auf Sachen, nicht aber auf Personen beziehen. Ich habe dafür gut gesagt, nehmlich für diese Sache, nicht aber für diesen Menschen. Er ist der Meinung, wir wollen ihn dabey lassen; aber nicht, er ist bey meinem Freunde, wir wollen ihn dabey lassen. Freylich machen davon, darunter und dazwischen auch hier Ausnahmen; aber wo ist eine Regel ohne Ausnahmen?3) Zu dieser Zusammensetzung schicken sich alle einfache Präpositionen, welche die dritte und vierte Endung zu sich nehmen, ob sie gleich nicht alle üblich sind. Dagen, darohne, dasonder u. s. f. hat noch niemand gesagt. Die Präpositionen, welche die zweyte Endung erfordern, bekommen statt da, das deß, oder der, deßhalben, deßwegen, derhalben, derwegen.4) Unter den Pronominen verstatten nur allein dieser und derselbe, wie schon gesagt worden, diese Zusammensetzung. Die bloßen Relativa taugen also eigentlich nicht dazu, sondern diese bekommen das wo. Die Zusätze, dadurch diese Auflage sich von den vorigen unterscheidet, Gottsch. Hier muß wodurch, oder noch besser durch welche stehen. Der Tag, daran ich ihn sehe, besser woran. das Land, darein ich euch bringen will, für worein. Die Hand damit du segnest, für womit, u. s. f. S. Wo.5) Es dürfen diese Zusammensetzungen auch nicht wieder zerrissen werden, wie in Niedersachsen häufig geschiehet, und in der deutschen Bibel mehrmahls angetroffen wird. da zankten sie sich nicht über, für darüber zankten sie sich nicht. da gebe Gott Glück zu, für dazu gebe Gott Glück. An dem Lande, da du ein Fremdling innen bist, für darin, oder richtiger worin, weil es hier das bloße Relativum welches ist. Die Stätte, da sie ihn hinlegten, für wohin sie ihn legten.6) Eben so wenig darf das da wiederhohlet werden, wie man im gemeinen Leben sehr oft höret. Da sorge nicht dafür, dafür sorge nicht. da bin ich nicht dabey gewesen. da habe ich nichts davon gehöret. Die Ruhm und Ehresucht - - Da Rom und Griechenland so geizig darnach stechen, Opitz. 7) In den zusammen gesetzten Wörtern dieser Art lieget der Ton auf der Präposition, wenn das da bloß relativ ist, aber auf dem da, wenn es zugleich demonstrativ ist. dazu soll es nicht kommen; dabey bleibt es nicht; dawider habe ich nichts einzuwenden. Hingegen: es soll nicht dazu kommen; es bleibt nicht dabey; ich habe nichts dawider.8) Diese Zusammensetzung ist schon alt. Tharzua; tharmit, findet sich schon bey dem Ottfried, dagegen hat eben derselbe pediu, für dabey, mit thiu, für damit, und Isidors Übersetzer bidhiu, für dabey; woraus zu erhellen scheint, daß da hier eigentlich der Artikel der ist, der hier die Stelle der Pronominum dieser und derselbe vertritt. Ein mehreres wird bey jedem dieser Wörter besonders angemerket werden. Im Oberdeutschen macht man dergleichen Zusammensetzungen auch mit zusammen gesetzten Präpositionen, die aber einem Hochdeutschen ein Ärgerniß sind, wie dabenebst, dabeneben, dabeynebst, dabevor, darentgegen, für dagegen, dahingegen u. s. f.

Anm. 1. Im Oberdeutschen gebraucht man da noch in andern Fällen, z. B. um da weniger, für um so viel weniger; um da angelegenster, um so viel angelegentlicher, oder desto angelegentlicher; um da gesicherter, desto gesicherter u. s. f.

Anm. 2. So wohl das Adverbium als die Conjunction lauten bey den ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern ohne allen Unterschied tho. thar, dhar, do, dhuo, dhoh,dii, da. Ni uuas thar ther firstuanti, da war keiner, der verstand, Ottfr. Oxsso auh endi Leo dhar ezssant samant spriu, der Ochse und Löwe werden da zusammen Spreu essen, Isid. Mit in tho kosonti, indem er mit ihnen da redete, Ottfr. Druhtin queman uuolta, tho man alla uuorolt zalta, der Herr wollte kommen, da man alle Welt zählete, Ottfr. Thar sprah ther Fater, ebend. Sie tho luto irharetun, da schrien sie laut. Auch die heutigen Oberdeutschen scheinen da und dar fast ohne allen Unterschied zu gebrauchen. Selbst Opitz und seine Zeitgenossen gebrauchen da nur, wenn es alsdann bedeutet, in den übrigen Fällen aber auch dar. Fern von dar, Opitz. Ist sonst kein Opfer dar? Lohenst. Fleuch eilends, fleuch, die Schlang ist dar, Gryph. S. Dar. Im Hochdeutschen ist dieses dar außer der Zusammensetzung völlig veraltet; die Niedersachsen aber gebrauchen ihr daar, so wie die Engländer ihr there, die Schweden ihr ther und thaer, und die Holländer ihr daer am häufigsten als ein Nebenwort, zuweilen aber auch als ein bedingendes Bindewort. daß unser da mit dem lat. tunc und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - verwandt zu seyn scheine, haben schon andere angemerkt.


Dabey (W3) [Adelung]


Dabey, und Dabey, adv. demonstrativo-relativum, für bey diesem, bey dieser, bey demselben, bey derselben. Es stehet1. Als ein eigentliches Umstandswort, da es denn ein Naheseyn, eine Gegenwart bey einer Sache, so wohl im eigentlichen als uneigentlichen Verstande bedeutet; und zwar so wohl bloß relativ, da denn die Präposition den Ton hat. Das Haus fiel ein, und, wir standen nahe dabey. Es entstand ein Tumult, aber wir waren nicht dabey. Sah er denn nicht, daß Carolinchen dabey saß? Gell. Wie wenig rühret uns das Geschrey des Bekümmerten, wenn unsere Ergetzung etwas dabey leiden soll! Er bleibt dabey, bey diesem Vorgeben, er habe es nicht gethan. Es mag also dabey bleiben, bey der Abrede, diesen Abend reisen wir. Wir haben ihn dabey, bey dieser Meinung, gelassen. Als auch mehr demonstrativ, da denn der Ton auf dem da lieget. dabey ließ er es bewenden. Dabey bleibt es nicht.2. Als ein verknüpfendes Bindewort, für über dieß, in welchem falle es aber in der anständigen Hochdeutschen Schreibart veraltet. Ich tadele deine Absicht; dabey mißbillige ich auch dieses u. s. f. Auch hier liegt der Ton auf dem da.

Anm. Ottfried gebraucht bithiu schon als ein Bindewort; aber bey ihm stehet es für daher. Tha bi findet sich in dem Fragmente eines Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter, und dabi in dem alten Gedichte auf den h. Anno. S. Da IL


Dach (W3) [Adelung]


Das Dach, des -es, plur. die Dächer, Diminut. das Dächlein, vulg. das Dächelchen; überhaupt, alles dasjenige, was einen Körper decket. Besonders, 1. der oberste Theil eines Gebäudes, welcher es vor der Gewalt der Witterung bedecket. 1) Eigentlich, dasjenige, womit es gedecket ist. Ein Dach von Ziegeln, von Stroh, von Schiefer u. s. f. In weiterer Bedeutung, auch die ganze Rüstung dazu. Ein einhängiges Dach, welches nur auf Einer Seite abhängig ist; ein Pultdach. Ein zweyhängiges Dach, welches auf beyden Seiten abhängt; ein Satteldach. Ein Holländisches Dach, welches von allen vier Seiten schräge zuläuft; ein Zelt- oder Walmdach. Ein Italiänisches Dach, welches nur den vierten Theil so hoch als breit ist. Ein gebrochenes oder Französisches Dach, welches bis auf die Mitte jäher als gewöhnlich gehet, hernach aber etwas flacher geschlossen wird. Das Dach decken, das Gerüst des Daches bedecken. Das Dach aufsetzen, das Gerüst zu dem Dache aufrichten. Ein Gebäude unter das Dach, oder unter Dac h bringen, es mit einem Dache versehen; es bis unter das Dach bringen, es bis auf das Dach vollführen. Ein Gebäude in Dach und Fach erhalten, es im baulichen Stande erhalten. Die figürlichen Ausdrücke, einem auf dem Dache seyn oder sitzen, genau Acht auf ihn haben, einem etwas auf das Dach geben, ihm einen Schlag geben, da ist gleich Feuer im Dache, er wird gleich zornig, gehören in die niedrige Sprechart. 2) Figürlich, zuweilen das ganze Haus, doch nur so fern damit auf die Bedeckung gesehen wird. Mit einem unter Einem Dache wohnen, in Einem Hause. Komm unter mein schattiges Dach, Geßn. Einem Dach und Fach geben, ihn beherbergen. Und ohne Kampf und Blut hast du kein Dach zu hoffen, Schleg. keine Behausung. 2. Im Bergbaue ist das Dach eines Flötzes, dasjenige Gestein, welches unmittelbar über einem Flötze lieget, und dasselbe gleichsam bedecket, und welches bey den Gängen das Hangende genannt wird. Die Falkenierer nennen den Rücken des Falken zwischen den Flügeln gleichfalls das Dach.

Anm. Dach, bey dem Notker Tach, bey dem Tatian im Plural Theki, Nieders. Dak, Schwed. Tak, Isländ. Theki, Angels. Theke, kommt von decken her, so fern solches ehedem tagen, dagen, dachen, lautete. Das Lat. tectum, das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und mit dem Zischlaute - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - sind genau damit verwandt. In der zweyten Bedeutung ist der Plural nicht gebräuchlich. S. Decke.


Dachänte (W3) [Adelung]


Die Dachänte, plur. die -n, oder das Dachäntlein, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Taucher mit schwarzem Halse, Kopfe und Rücken, welche einen weißen Bauch, rostfarbene Seitentheile des Kopfes und Halses und einen schwarzen Schnabel hat; Colymbus minor, Kl. Sie wird auch der Schwarztaucher, ingleichen die Käferänte genannt.


Dachbalken (W3) [Adelung]


Der Dachbalken, des -s, plur. ut nom. sing. S. Dachschwelle.


Dachdecker (W3) [Adelung]


Der Dachdecker, des -s, plur. ut nom. sing. ein Arbeiter, welcher die Dächer der Gebäude verfertiget und sich davon nähret.


Dachfenster (W3) [Adelung]


Das Dachfenster, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fenster in einem Dache. Ist es eine bloße Öffnung mit einem Laden ohne Glasfenster, so wird es eine Dachluke genannt.


Dachfette (W3) [Adelung]


Die Dachfette, plur. die -n, bey den Zimmerleuten; ein horizontal liegendes Holz, welches die Stuhlsäulen eines Daches oben mit einander verbindet; die Fette, Stuhlfette, Dachstuhlfette. S. Fette 2.


Dachflechte (W3) [Adelung]


Die Dachflechte, plur. inus. S. Dachmoos.


Dachforst (W3) [Adelung]


Der Dachforst, des -es, plur. die -e, oder die Dachförste, plur. die -n, der Forst, oder die Förste eines Daches; die Dachspitze, Giebelspitze. S. Forst.


Dachhammer (W3) [Adelung]


Der Dachhammer, des -s, plur. die -hämmer, ein Hammer, dessen sich die Mäurer zu den Ziegeldächern, und die Zimmerleute zu den Schindeldächern bedienen.


Dachkehle (W3) [Adelung]


Die Dachkehle, plur. die -n, der scharfe Winkel, welchen zwey an einander stoßende Dächer bilden, und die Rinne, welche man in diesem Winkel anbringet.


Dachkohle (W3) [Adelung]


Die Dachkohle, plur. die -n, die schlechteste Art Steinkohlen, welche über den dessen Pechkohlen liegt, gleichsam das Dach derselben ausmacht, und auch Schieferkohlen genannt wird.


Dachlatte (W3) [Adelung]


Die Dachlatte, plur. die -n, diejenigen Larten, welche auf die Dachsparren genagelt werden, und das eigentliche Dach aufnehmen.


Dachluke (W3) [Adelung]


Die Dachluke, S. Dachfenster.


Dachmarder (W3) [Adelung]


Der Dachmarder, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, unter welchem auch der Hausmarder bekannt ist, weil er sich gern in den Häusern unter den Dächern aufzuhalten pflegt.


Dachmoos (W3) [Adelung]


Das Dachmoos, des -s, plur. inus. eine Art Flechte, welche fadenförmig und sehr äftig ist, aufrecht wächst, und häufig auf den Schindeldächern angetroffen wird; Dachflechte, Lichen vulpinus, L.


Dachmühle (W3) [Adelung]


Die Dachmühle, plur. die -n, eine Art kleiner leichter Hausmühlen, welche zuweilen in dem Dache eines Gebäudes angebracht, und entweder von dem Winde, oder auch vermittelst eines starken Gewichtes beweget wird.


Dachmulde (W3) [Adelung]


Die Dachmulde, plur. die -n, ein schräger Kasten der Mäurer, zu dem zu den Ziegeldächern nöthigen Kalke, welchen sie vermittelst der daran befindlichen Haken an die Dachlatten häugen; der Dachkasten.


Dachmuschel (W3) [Adelung]


Die Dachmuschel, plur. die -n, eine zweyschalige, lange und fast dreyeckige Muschel, welche die Gestalt eines Daches hat, und daß sie in eine schmale Spitze zuläuft; Steckmuschel, Pinna. Versteinert heißt sie der Pinnit.


Dachnase (W3) [Adelung]


Die Dachnase, plur. die -n, ein Dachfenster, wenn dasselbe mit einem Giebel und kleinen Dache versehen ist.


Dachpfanne (W3) [Adelung]


Die Dachpfanne, plur. die -n, eine Art veralteter Ziegel, welche in der Mitte flach, an beyden Seiten aber gebogen sind, so daß die eine über, die andere aber unter sich gekrümmet ist, damit sie desto besser in einander schließen. Auch die Hohlziegel werden zuweilen noch Dachpfannen genannt.


Dachrecht (W3) [Adelung]


Das Dachrecht, des -es, plur. inus. S. Traufrecht.


Dachreiter (W3) [Adelung]


Der Dachreiter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Maurern, ein kleiner Thurm auf dem Dache, der nicht seinen eigenen Grund auf der Erde hat, sondern auf dem Dache angebracht ist, und gleichsam auf demselben zu reiten scheinet.


Dachrinne (W3) [Adelung]


Die Dachrinne, plur. die -n, eine Rinne, das von den Dächern ablaufende Regenwasser aufzufangen und abzuleiten; im Oberdeutschen ein Dachkennel, in Nieders. eine Göte, Gate, Gaute, ingleichen ein Soot, welches letztere aber auch einen Ziehbrunnen bedeutet.


Dachröhre (W3) [Adelung]


Die Dachröhre, plur. die -n, die metallene Röhre, welche das Wasser aus der Dachrinne auf die Erde oder auf die Straße führet.


Dachröthe (W3) [Adelung]


Die Dachröthe, plur. inus. diejenige rothe Farbe, womit die Mäurer die Fugen zwischen den Dachziegeln färben.


Dachschaube (W3) [Adelung]


Die Dachschaube, plur. die -n, Strohschauben, woraus die Strohdächer verfertiget werden.


Dachschiefer (W3) [Adelung]


Der Dachschiefer, des -s, plur. ut nom. sing. eine graue oder dunkelblaue Schieferart, mit welcher zuweilen die Dächer gedecket werden. Das Dachschiefergebirge, ein Gebirge oder Flötz, in welchem der Dachschiefer bricht.


Dachschindel (W3) [Adelung]


Die Dachschindel, plur. die -n, Schindeln oder kleine Breter, mit welchen zuweilen die Dächer gedecket werden.


Dachschwelle (W3) [Adelung]


Die Dachschwelle, plur. die -n, bey den Zimmerleuten, starke fünfeckige Balken, welche in die Lager und Hauptbalken eingelassen werden, und worauf der Dachstuhl ruhet; die Dachstuhlschwelle.


Dachspan (W3) [Adelung]


Der Dachspan, des -es, plur. die -späne, Späne, oder dünne gespaltene Breterchen, welche bey einem Ziegeldache unter die Fugen zweyer Ziegel geleget werden, das Regenwasser abzuhalten; im Nieders. Spletten, im Oberdeutschen Spleißen.


Dachsparren (W3) [Adelung]


Der Dachsparren, des -s, plur. ut nom. sing. schräge stehende Zimmerhölzer oder Balken, welche dem Dache seine Gestalt geben, und auf welche die Dachlatten genagelt werden. S. Sparren.


Dachspitze (W3) [Adelung]


Die Dachspitze, plur. die -n. 1) Die spitzig zulaufende Fläche eines Daches, S. Dachforst. 2) Eine Säule, welche in die Mitte der Kehlbalken gesetzet wird, bis in die Dachspitze oder den Forst reicht, und auch die Giebelspitze, die Dachstütze genannt wird.


Dachstein (W3) [Adelung]


Der Dachstein, des -es, plur. die -e, 1) Ein jeder Stein, mit welchem ein Dach gedecket wird. Daher werden nicht nur die Dachziegel, sondern auch die für die Dächer bestimmten Schiefer Dachsteine genannt. 2) Im Bergbaue, eine Steinart, welche einem Erze oder andern Gesteine zum Dache dienet, ohne Plural. So wird in dem Bottendorsischen Kupferbergwerke in Thüringen, das fünfte Lager, welches auf dem weißen und schwarzen Schiefer liegt, Dachstein genannt.


Dachstroh (W3) [Adelung]


Das Dachstroh, des -es, plur. car. Stroh, womit man schlechte Häuser oder Gebäude decket.


Dachstuhl (W3) [Adelung]


Der Dachstuhl, des -es, plur. die -stühle. 1) Dasjenige Zimmerwerk, welches unter das Sparrwerk eines Daches gesetzes wird, dasselbe tragen zu helfen; ein Stuhl. Ein stehender Dachstuhl, wenn er aus gerade stehende Säulen bestehet. Ein liegender Dachstuhl, wenn diese Stützen schräge stehen und mit Balken und Kreuzbändern verbunden werden. Daher die Dachstuhlfette, S. Dachfette; Die Dachstuhlsäule, plur. die -n, die Stütze oder Säulen eines Dachstuhles, welche die Stuhlfetten tragen, die Stuhlsäulen; die Dachstuhlschwelle, die Stuhlschwelle, S. Dachschwelle. 2) Der Stuhl, oder das Gerüst, worauf der Schieferdecker seine Arbeit verrichtet.


Dachstütze (W3) [Adelung]


Die Dachstütze, plur. die -n, S. Dachspitze.


Dacht (W3) [Adelung]


Dacht, S. Docht.


Dachtel (W3) [Adelung]


Die Dachtel, plur. die -n, im niedrigen Scherze, eine Ohrfeige, Nieders. Tachtel; vielleicht von denken, gedacht, gleichsam ein Denkzettel.


Dachtraufe (W3) [Adelung]


Die Dachtraufe, plur. die -n, das von einem Dache herabfallende Regen- oder Schneewasser, ohne Plural; im Oberdeutschen die Dachtröpfe. Ingleichen die Röhre, vermittelst deren man dieses Wasser von den Dächern ableitet, die Dachrinne, und der unterste Rand des Daches, welcher über der Wand eines Gebäudes vorraget, die Traufe; im Nieders. Öse, Altfriesisch Osa.


Dachung (W3) [Adelung]


Die Dachung, plur. die -en, das Decken eines Gebäudes, ohne Plural. Die Dachung vornehmen, zur Dachung schreiten. Ingleichen das Dach selbst, und die Art und Weise es zu decken. Ein gewisser Landwirth hat viele Versuche mit den Dachungen gemacht. Von dem veralteten Verbo dachen. S. Decken.


Dachziegel (W3) [Adelung]


Der Dachziegel, des -s, plur. ut nom. sing. Ziegel oder gebrannte Steine, das Dach eines Gebäudes damit zu decken. S. Ziegel.


Dadurch (W3) [Adelung]


Dadurch, und Dadurch, adv. demonstrativo-relativum, für durch diesen, durch diese, durch dieses, durch denselben: ec. Es ist1. Ein anzeigendes Umstandswort des Ortes, da es denn den Ton alle Mahl auf der ersten Sylbe hat. 1) Eigentlich. Gehe mir nicht hierdurch, sondern dadurch. Sie ritten dadurch, d. i. an diesem Orte ritten sie durch. Vielleicht wird es in dieser Bedeutung besser getheilt geschrieben, da durch. Wenigstens lässet es sich hier füglich theilen: da ritten sie durch, geht mir da nicht durch; welches sonst bey andern Partikeln dieser Art ein Fehler seyn würde. 2) Figürlich, ein Mittel oder Werkzeug zu bezeichnen. Dadurch wirst du nichts erlangen. Lassen sie sich dadurch nicht irre machen. Dadurch habe ich es endlich dahin gebracht, daß u. s. f.2. Ein beziehendes Umstandswort des Ortes, da es denn den Ton auf der letzten Sylbe hat. 1) Eigentlich. Ehedem war es gefährlich, durch diesen Wald zu reisen; aber jetzt reiset man sicher dadurch. Das Wasser ist nicht tief, ein Pferd kann dadurch gehen. 2) Figürlich, ein Mittel, oder ein Werkzeugen auszudrucken. Die Sache hat nicht viel gekostet, indessen hat er sich doch dadurch zu Grunde gerichtet. Alles Bitten war umsonst, es war nichts dadurch zu erhalten.

Anm. Ottfried gebraucht statt dieses Wortes noch thuruh thaz, Notker aber schon dar dure. Nieders. daar dör. S. Da II. und Durch.


Dafern (W3) [Adelung]


Dafern, und Dafern, conjunct. condit. für wenn, für das bessere wofern. Ich will es dir geben, dafern du zu mir kommen wirst, oder, dafern du zu mir kommen wirst, will ich es dir geben. Laßt euch (dafern ihr jemahls hört Wie sehr ich unsre Zeit verehrt,) Dieß eurer Väter Lob gefallen, Haged. S. Da II. und Fern.


Dafür (W3) [Adelung]


Dafür, und Dafür, adv. demonstrativo-relativum, anstatt für diesen, für diese, für dieses, für denselben u. s. f. Es beziehet sich, 1) auf ein Übel, und bezeichnet alsdann ein Gegenmittel. Sie haben das Fieber? O, meine Arzeney ist gut dafür. Er hat den Stein, und kein Mittel will dafür helfen. 2) Auf einen Gegenstand der Bemühung. Ich lasse einen andern dafür sorgen, oder dafür, lasse ich einen andern sorgen. Ich kann nichts dafür, ich bin nicht Ursache, daß dieses geschehen ist. Wer kann was dafür, daß die Leute so thöricht sind? 3) Auf einen Gegenstand der Versicherung, der Meinung. Er ist ein Arzt, wenigstens gibt er sich dafür aus. Du bist ein Betrieger, jedermann hält dich dafür. Dafür halten, für glauben, meinen, einer ungewissen Sache Beyfall geben, ich halte dafür, daß er kommen wird, oder er wird kommen, wie ich dafür halte, fängt an in der anständigen Schreibart selten zu werden, obgleich der Infinitiv in den Oberdeutschen Kanzelleyen auch als ein Hauptwort gebraucht wird: meines Daführhaltens. Ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte, wie es in der Deutschen Bibel heißt, ist in dieser Wortfügung im Hochdeutschen ganz ungewöhnlich. Übrigens kann dafür in dieser Bedeutung auch auf Personen gehen, welches sonst den wenigsten dieser Wörter erlaubt ist. 4) Auf einen Gegenstand des Werthes, der Wiedererstattung, Ersetzung u. s. f. Ich bin dir gut dafür. Mancher sollte arbeiten, aber er spielet dafür. Was wird mir dafür? Wer steht mir dafür? Er hat mir dafür gearbeitet. Du mußt mir Rechenschaft dafür geben. Ist das mein Dank dafür? Ich will es dafür behalten, für diesen Preis. Ich gebe nicht mehr als zehen Thaler dafür. Wer hält es für eine Verläugnung, Geld hinzugeben, wenn er Thränen dafür ersparen kann? Dusch.

Anm. Am häufigsten hat dieses Wort den Ton auf der letzten Sylbe. Wenn es aber zu Anfange eines Satzes oder Kommas stehet, in welchem Falle es alle Mahl eine anzeigende Partikel ist, so tritt, wie bey andern Wörtern dieser Art, der Ton zurück auf die erste Sylbe. Dafür wirst du schon büßen müssen. Dafür werden dich alle Heiligen bitten. Dafür halte uns jedermann. Es geschiehet dieses auch wohl in der Mitte der Rede um eines besondern Nachdruckes willen. Opitz gebraucht sein darfür für davor, und dieß für zuvor, oben: Denn was gesagt darfür Von dieser ganzen Lehr, erkleckt uns auch allhier. Im Nieders. lautet diese Partikel daar vör. S. Da II. Für, und Davor.


Dagegen (W3) [Adelung]


Dagegen, und Dagegen, particula demonstrativo-relativa, für gegen diesen, gegen diese, gegen dieses, gegen denselben u. s. f. Es ist1. Ein Umstandswort, und bezeichnet, 1) eine Richtung, Bewegung, oder Neigung gegen und wider eine Sache; dawider. Er fiel an die Mauer und stieß mit dem Kopfe dagegen. Ingleichen figürlich, eine Bemühung des Geistes gegen etwas, Widerstand. Sie haben meine Meinung gehöret, und nun wünschte ich, daß sie Einwürfe dagegen machten. Ich sagte ihm meine Gründe; allein er wandte dagegen ein u. s. f. Meine Ermahnungen sind umsonst, er ist taub dagegen. Ich habe nichts dagegen. S. Dawider. 2) Eine Vergleichung. Sein Verdienst ist groß, das deinige ist nichts dagegen, in Vergleichung mit dem seinigen. Dieses Buch ist nicht größer als jenes, halte es nur dagegen. Eine Stelle im Zuchthause mußeine rechte Glückseligkeit dagegen seyn, Gell. 3) Eine Vertauschung, Verwechselung. Ich setze dir ein Schaf, was gibst du mir dagegen? Du gibst mir Gelb, ich gebe dir Waare dagegen.2. Ein Bindewort, einen Ersatz, oder Vergütung mit dem Vorigen zu verbinden. Er ist dein Feind, dagegen bin ich dein Freund. Sehr häufig gebraucht man es auch zur Verbindung eines Gegentheiles, für im Gegentheile. Er verlässet sich auf die Soldaten, dagegen trauet er den Bürgern nicht. Ich habe niemanden beleidiget, dagegen vielen geholfen. Allein wenn es alsdann nicht zugleich eine Compensation des Vordersatzes ist, wie in dem ersten der beyden letzen Beyspiele, so verursachet es einen sehr merklichen Übelklang. In beyden Fällen stehet dagegen nur zu Anfange eines Satzes oder Kommas; hingegen und hergegen aber können auch nach einem oder mehrern Worten stehen.

Anm. Notker gebraucht dafür dara gagene. Wenn das Umstandswort zu Anfange eines Satzes stehet, folglich mehr demonstrativ ist, hat es den Ton auf der ersten Sylbe: dagegen ist nichts einzuwenden. Dahingegen für das Bindewort dagegen ist eine unnütze Oberdeutsche Verlängerung. S. Da II. und Gegen.


Dagger (W3) [Adelung]


Das Dagger, Daggert, des -s, plur. inus. ein dickes Öhl, welches man aus der alten Birkenhaut destilliret, und zur Zubereitung des Juchtens, zur Wagenschmier u. s. f. gebraucht; Rußöhl. Das Wort ist vermuthlich Russisch, weil die Sache selbst eine Russische Erfindung ist. Die Deutsche Benennung Degenöhl, welche man demselben auch wohl gibt, ist nur daraus verderbt.


Daggert (W3) [Adelung]


Daggert, S. Dagger


Daheim (W3) [Adelung]


Daheim, ein im Hochdeutschen seltenes Umstandswort des Ortes, für zu Hause. Daheim seyn. Daheim bleiben. Er ist daheim erzogen. Es ist nirgends besser als daheim. An einem Orte daheim seyn, daselbst zu Hause seyn. Hier wo der Guten Schaar zuvor daheimen war, Opitz. Daheim belehrten ihn die Schriften kluger Alten, Haged. In der Deutschen Bibel kommt dieses Wort noch sehr häufig vor. Bey dem Stryker lautet es dohaime. Da stehet hier vermuthlich für zu. S. Heim.


Daher (W3) [Adelung]


Daher, und Daher, adv. demonstrativo-relativum, welches so wohl als Umstandswort, als auch als ein Bindewort gebraucht wird.1. Als ein Umstandswort, und zwar des Ortes, bezeichnet es,1) Eigentlich, eine Bewegung von einem vorher genannten Orte her. Ich komme nicht von Berlin, aber mein Bruder kommt daher. Kommen sie aus Frankreich? wir kommen nicht daher. Wenn die Sacramente von Gott herkommen, so müssen ihre Diener ihren Ursprung auch daher haben. In dieser Bedeutung liegt der Ton auf der letzten Sylbe. In denjenigen Fällen aber, wo diese Partikel eine anzeigende Bedeutung hat, folglich zu Anfange eines Satzes stehet, z. B. Daher kann es nicht kommen, hat sie auch den Ton auf der ersten Sylbe.2) In weiterer Bedeutung verschwindet die Beziehung auf einen vorher bestimmten Ort, und da bedeutet dieses Umstandswort so viel als herein, einher, oder auch nur her. In diesem Falle, wird es in der höhern Schreibart sehr häufig mit verschiedenen Verbis gebraucht, die eine Bewegung bedeuten.Mit beben. Wenn die klingende Lanze daher bebt, Klopst.Mit brausen. Der Rache Donner braust schon über mich daher, Weiße. Mitfahren. Er fähret daher wie ein Fürst. Die Wolken donnerten und die Strahlen fuhren daher, Ps. 77, 18. Er wird kommen und wie eine Fluth daher fahren, Dan. 11, 10. Der Abend fährt daher, Zachar.Mit fliegen. Und er fuhr auf dem Cherub und flohe daher, 2 Sam. 22, 11. Er fleucht daher wie ein Adler, Jer. 48, 40.Mit fließen. Eines weisen Mannes Lehre fleußt daher wie eine Fluth, Sir. 21, 16. Denn sein Segen fleußt daher wie ein Strom, Kap. 39, 27.Mit gehen. Er gehet prächtig daher. Ich muß beraubt und bloß daher gehen, Mich. 1, 18. Und nicht so stolz daher gehet sollet, Kap. 2, 3.Mit hauen, welches aber außer der Deutschen Bibel nicht vorkommt. Ach, wie glänzet es, und hauet daher zur Schlacht, das Schwert, Ezech. 21, 15.Mit hüpfen. Hänschen hüpfte froh daher, Weiße.Mit kommen. Und sahe, daß Kamehle daher kamen, 1 Mos. 24, 63. Du wirst herauf ziehen und daher kommen mit großem Ungestüme, Ezech. 39, 9.Mit prangen. Sie prangete stolz daher.Mit rauschen. Deine Fluthen rauschen daher, Ps. 42, 8. Drohende Berge von Wellen rauschten daher und schlugen die Seiten des seufzenden Schiffes, Dusch.Mit schleichen. Gebeugt schleicht sie daher, Dusch.Mit schwanken. Ein Betrunkener, der von einem Schmause daher schwanket, Dusch.Mit schweben. Und ach wie schwebte das glühende Mädchen im himmlischen Tanze daher! Weiße.Mit segeln. Durch die Fläche daher segeln.Mit stürmen. Die kämpfenden Haufen stürmen im Gewitter daher, Dusch.Mit taumeln. Ein Trinker kam von ohngefähr, Und taumelte den Weg daher, Less. Mit treten. Wie stolz trat er daher? Er tritt daher wie eine Kröte im Mondscheine, mit einem lächerlichen Stolze.Mit wachsen, welche Figur doch ein wenig hart ist. So wächst er, der Baum, daher, als wäre er gepflanzet, Hiob. 14, 9.Mit wallen. Mit pestilenzischem Fittig Wallet auf Nebeln die Seuche daher, Zach. Mit ziehen. Da Nabucad Nezar daher zog, Egyptenland zu schlagen, Jer. 46, 13. Und werden weinend daher ziehen, und den Herrn ihren Gott suchen, Kap. 50, 4.Und so mit andern ähnlichen Verbis mehr, wo der Ton gleichfalls auf der letzten Sylbe liegt.3) Figürlich, für daraus, die Beziehung auf eine Ursache, auf den Grund einer Erkenntniß u. s. f. zu bezeichnen. Dieß kommt daher, weil er so flüchtig ist. Ich vermuthe es daher, weil ich ihn so lange nicht gesehen habe. Daher läßt sich abnehmen, wie viel er muß verloren haben. Wenn die Partikel, wie in den jetzt angeführten Fällen, in dem Vordersatze oder zu Anfange des Kommas stehet, so ruhet der Ton auf da, weil sie alsdann mehr demonstrativ ist; steht sie aber im Nachsatze, nach einigen Worten, in welchem Falle sie alle Mahl mehr relativ ist, so hat ihn die letzte Sylbe. Er nahm daher Gelegenheit von der Sache zu reden. Die Zufälle, die daher entstehen. Opitz und andere Oberdeutsche gebrauchen dafür dannenher, dieses rühret dannenher.4) Eine Zeit, doch nur in einigen gemeinen Redensarten, bis daher, bis auf diese Zeit. Der Himmel weiß, wie viele Thränen ich über die Schmerzen geweinet habe, die ich sie einige Zeit daher habe ausstehen sehen, seit einiger Zeit.2. Als ein Bindewort, die Beziehung einer Wirkung auf die Ursache anzudeuten, die Wirkung mit ihrer Ursache zu verbinden. Er hat seine Schuldigkeit gethan, daher kann ich mich nicht über ihn beklagen, oder, ich kann mich daher nicht über ihn beklagen, oder auch, daher ich mich nicht über ihn beklagen kann. Er war abwesend, daher entstand denn der Verdacht u. s. f. Es ist nichts an der Sache, ängstigen sie sich daher nicht.Dieses Bindewort hat den Ton jederzeit auf der letzten Sylbe. Opitz gebraucht dafür dannenher, dannher, die Schweizer danahen, deßnahen, Kero, Ottfried, Notker und andere ältere Schriftsteller bithiu, bidhiu, pidiu, eigentlich dabey, Willeram aber vane dannen. Dahero für daher ist eine veraltete Oberdeutsche Form.


Dahier (W3) [Adelung]


* Dahier, ein Oberdeutsches Umstandswort des Ortes, für hier, allhier, welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, in der Fränkischen Mundart aber schon im neunten Jahrhunderte tho hir lautet.


Dahin (W3) [Adelung]


Dahin, und Dahin, ein Nebenwort des Ortes, welches in einer doppelten Gestalt üblich ist.1. Als ein anzeigendes Umstandswort, eine Bewegung an einen Ort hin zu bestimmen, den man gleichsam mit Fingern zeiget, da es denn im Vordersatze stehet, und den Ton alle Mahl auf der ersten Sylbe hat. Bis dahin bin ich gekommen. Tritt mir dahin. Meine Seele entsaget gern den Freuden dieses Lebens, wenn sie nur dahin, wo sie künftig länger seyn wird, keinen Fluch mitnimmt, Dusch. Und steiget an der Wesen Kette Bis dahin, wo den höchsten Ring Zevs an sein Ruhebette Zu seinen Füßen hing, Raml. Ingleichen in weiterer Bedeutung, das Ziel einer Handlung, die Absicht einer Bemühung zu bezeichnen. Es ist schon dahin mit ihm gekommen, daß er alles verkaufen muß. Suchen sie doch die Sache dahin zu vergleichen, daß u. s. f. Seine Sorgen gehen ohne Aufhören alle dahin, allen alles zu rauben und sich zuzueignen. Nur vermeide man den Oberdeutschen Gebrauch dieses Wortes, da es mit Verbis verbunden wird, die keine eigentliche Bewegung bedeuten: das Gutachten lautete dahin, daß u. s. f.2. Als ein beziehen des Umstandswort des Ortes, eine Bewegung nach einem vorher bestimmten Orte zu bezeichnen, da es den Ton alle Mahl auf der letzten Sylbe hat. 1) Eigentlich. Er ist noch nicht in Rom gewesen, aber er wird nächstens dahin reisen. Nimm dieses mit dir dahin. Hast du es da gefunden, so lege es wieder dahin. 2) Figürlich. (a) Eine Richtung des Gemüthes, oder andere Verbindung mit einem vorher genannten Gegenstande auszudrucken. Er spricht nur von Dingen, die dahin gehören. Wenn es noch nicht geschehen ist, so laß deine Sorge dahin gerichtet seyn. (b) Zuweilen verschwindet der Ort, auf welchen sich das da beziehet, und alsdann bedeutet dahin, so viel als hinweg oder weg, und wird in der edlern Schreibart mit verschiedenen Verbis sehr häufig gebraucht, in deren Gesellschaft es auch figürliche Bedeutungen erhält. Einige der vornehmsten dieser Zeitwörter sind:Fahren. Darum fahren alle unsere Tage dahin durch deinen Zorn, Ps. 90, 9. Die Zeit fähret dahin wie ein Strom. Er ist dahin gefahren, d. i. aus diesem Leben gefahren, gestor- ben, mit einer bedenklichen Besorgniß in Ansehung seines künftigen Zustandes.Fallen. Er fiel dahin wie ein Klotz, auf die Erde. Wir sind wie eine Blume, die dahin fällt, und nicht wieder aufblühet.Fliegen. Meine Tage sind leichter dahin geflogen, denn ein Weberspul, Hiob 7, 6.Fließen. Ach wie froh wird mein graues Alter in deiner Umarmung dahin fließen! Geßn. Wie fließet so traurig Euch das Leben dahin! Zach. Geben. Ich habe es dahin gegeben, aufgeopfert, weggegeben. Gott hat sie dahin gegeben in schändliche Lüste, Röm. 1, 26. Welcher ist um unserer Sünde willen dahin gegeben, Kap. 4, 25.Gehen. Ich gehe dahin ohne Kinder, d. i. ich sterbe, 1 Mos. 15, 2. Die Zeit gehet dahin, wie ein Schatten, vergehet.Haben. Meine Erstgeburt hat er dahin, 1 Mos. 27, 36. Sie haben ihren Lohn dahin, Matth. 6, 2. Denn ihr habt euren Trost dahin. Luc. 6, 24.Laufen. Wie ein Schiff auf den Wasserwogen dahin läuft, Weish. 5, 10.Leben. Ihr Hütten stehet offen meinem Freunde, der sein graues Alter süß dahin leben wird! Geßn. Und lebet so dahin, als dorfte sie nicht sterben, Opitz. Müssen. Das macht - dein Grimm, daß wir so plötzlich dahin müssen, Ps. 90, 7.Nehmen. Er nehme es auch gar dahin, 2 Sam. 19, 30. So er über seinen Sohn, der ihm allzu früh dahin genommen ward, Leid und Schmerzen trug, Weish. 14, 15. Bis die Sündfluth kam und nahm sie alle dahin, Matth. 24, 39.Reißen. Wo mich nicht die Verzweifelung dahin reißt. Den ein Anschein von Gründlichkeit zu glänzenden Irrthümern dahin reißt, Less.Schießen. Der Bach - scheußt dahin von den Leuten, Hiob 28, 4.Seyn. Er ist dahin, er ist nicht mehr vorhanden, ist gestorben, mit besorglicher Vermuthung. Alle unsere Freuden sind dahin, sind vergangen. Ein Fieber, ein Steckfluß, so sind wir dahin. Meine hohen Absichten, meine stolzen Entwürfe waren alle dahin, Dusch. Minhoher mout ist ouch dahin, Burkh. v. Hohenfels. Sinken. Vor Schmerzen dahin sinken. Der Dirne sinken die Hände Von der Arbeit dahin, Zachar. Stehen, wo dahin stehen im gesellschaftlichen Leben von einer ungewissen Sache gebraucht wird. Es stehet dahin, ob es wahr ist, es ist noch ungewiß. Es stehet dahin, ob ich ihn jemahls wieder sehen werde,Stellen. Etwas dahin gestellet seyn lassen, über eine Sache kein Urtheil fällen wollen. Ich stelle es dahin, ob dem also ist, lasse es unentschieden. Sterben. Dahin sterben, ohne gehörige Vorbereitung sterben. Er starb auch so dahin, Opitz. Ingleichen auch nur wie das einfache sterben. Die Erde wird veralten, und die darauf wohnen, werden dahin sterben, Es. 51, 6. Darum ließ er sie dahin sterben, daß sie nichts erlangten, Ps. 78, 33.Stürmen. Die eilende Zeit stürmt alle unsere Freuden dahin, Dusch.Und so mit ähnlichen Verbis mehr.

Anm. Bey dem Notker lautet dieses Wort dar hina, bey den Schwäbischen Dichtern aber schon dahin. Zuweilen werden noch andere Vor- und Nebenwörter im gemeinen Leben an dieses angehänget, die denn zu dessen Bedeutung noch die ihrige mitbringen, z. B. dahinab, dahinan, dahinauf, dahinaus u. s. f. welche aber doch richtiger da hinab, da hinan, da hinauf, da hinaus geschrieben werden.


Dahingegen (W3) [Adelung]


Dahingegen, S. Dagegen.


Dahinten (W3) [Adelung]


Dahinten, ein Nebenwort des Ortes, für zurück, welches im Hochdeutschen zuweilen noch in der höhern Schreibart gebraucht wird. Dahinten bleiben, zurück bleiben, 2 Mos. 10, 26. Vergessen was dahinten ist, Phil. 3, 13. Wir müssen alles dahinten lassen. O laß mich nicht von dir getrennt dahinten! Schleg.


Dahinter (W3) [Adelung]


Dahinter, adv. demonstrativo-relativum, hinter dieses, hinter diesem, hinter dasselbe, hinter demselben. Wir standen in der Thür, er aber stand dahinter, hinter derselben. Man sucht niemanden hinter der Thür, wenn man nicht selbst dahinter gewesen ist. Der Gang, der dahinter weg gehet. Ingleichen figürlich. Es steckt ein Betrug dahinter, es ist ein Betrug darunter verborgen. Ich möchte wohl wissen, was dahinter steckt. Er wollte es mir verbergen, allein ich kam dahinter, ich entdeckte es. Ich will schon dahinter her seyn, daß er nichts fortbringen soll, ich will genau Acht geben. Er hat eben nicht nöthig, so sehr dahinter her zu seyn, die Sache so eifrig zu suchen.


Dahlbort (W3) [Adelung]


Das Dahlbort, des -es, plur. die -e, in dem Schiffbaue, die Lehne an der Gallerie, ingleichen das Äußerste an der Schiffsverkleidung, die oberste Einfassung des Schiffes, welche das Verdeck umgibet, das Plattbort; aus dem Nieders. und Holländ. daal, niedrig, unten.


Dahlen (W3) [Adelung]


Dahlen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, aber nur in der vertraulichen Sprechart der Obersachsen üblich ist, tändeln, kindische Dinge vornehmen, sich albern bezeigen. Pfui, das heißt gedahlt, Weiße. Küßt man mich, so heißt es thalen, Günth. Anm. Im Schwed. bedeutet tule einen lustigen, närrischen Menschen. Bey dem Ottfried ist duualen, duellen, zaudern; das Angels. dwelian, dwolian, bedeutet irrer, albern seyn. Das Nieders. tellen, das Isländ. thylia und thaular, und das Oberd. talken, bedeuten ungereimtes Zeug reden. Die letztern stammen unstreitig von dem alten, noch im Nieders. üblichen Taal, die Sprache, und tellen, reden, ab; S. Zahl, und Erzählen. In einigen Mundarten lautet dieses Wort tallen und thalen. In einigen Gegenden hat man davon auch das Adv. und Adj. dahlig, dahlend.


Damahlig (W3) [Adelung]


Damahlig, adj. welches von damahls gebildet worden, und sich auf eine vergangene Zeit beziehet. Die damahlige Witterung war nicht die beste, die Witterung, die damahls war. Der damahlige Fürst, der damahls regierende. Man hat dieses Beywort getadelt, weil es neuern Ursprunges ist. Allein es ist doch regelmäßig gebildet, und befördert die Kürze, weil man sonst den damit verknüpften Begriff durch mehrere Worte ausdrucken müßte.


Damahls (W3) [Adelung]


Damahls, ein beziehendes Umstandswort der Zeit, zu diesem Mahle, zu dieser Zeit. Weil eben damahls eine übele Witterung eintrat, so konnten wir unsere Reise nicht fortsetzen. Damahls hatten wir noch Hoffnung, aber jetzt haben wir keine.

Anm. Das s am Ende ist das Merkmahl des Nebenwortes. Im Oberdeutschen ist auch damahl und damahlen üblich. In zumahl lassen die Hochdeutschen dieses s gleichfalls weg; allein in mehrmahls, nachmahls, ehemahls, jemahls, nochmahls und andern von Mahl behalten sie es lieber bey. S. in Mahl. Dazumahl und dazumahlen für damahls sind unnütze Oberdeutsche Verlängerungen. Opitz gebraucht damahls auch für alsdann, welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist: Auch damahls legt die Liebe Dem Feuer besser zu, Wenn alles ist gleich trübe,Und kränkt uns ohne Ruh.


Damasciren (W3) [Adelung]


Damasciren, verb. reg. act. auf Damascener Art verfertigen. Das Eisen, oder den Stahl damasciren, ihn flammig ätzen; ingleichen mit Gold und Silber auslegen. Damascirte Arbeit, ein damascirter Flintenlauf. Daher die Damascirung, die Verfertigung damascirter Arbeit; ingleichen, die flammige Gestalt, welche in solche Arbeit eingeätzet wird.


Damast (W3) [Adelung]


Der Damast, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e. 1) Die flammige Gestalt, welche damascirtem Eisen oder Stahle durch ätzende Sachen ertheilet wird; die Damascirung, ohne Plural. 2) Ein seidenes, wollenes oder leinenes Gewebe, mit einem glatten Boden, in welchem verschiedene etwas erhabene Figuren eingewirket worden; ehedem Damaschat, im Oberdeutschen Damast, Engl. Damask, Dän. Damask, Franz. Damas, Ital. Damasco, um das Jahr 1389 im Lat. Adamascus, in den folgenden Zeiten Damacius, Damascus, Dameus. Daher der Damastweber, des -s, plur. ut nom. sing. der Damast webet, und entweder zu den Seidenwebern, oder zu den Zeugwebern, oder Leinwebern gehöret. Dieser Zeug hat seinen Nahmen gleichfalls von der Stadt Damascus, aus welcher diese Art des Gewebes in den mittlern Zeiten zuerst in Italien bekannt geworden ist, worauf sie sich denn durch das übrige Europa ausgebreitet hat.


Damasten (W3) [Adelung]


Damasten, adj. et adv. von Damast. Damastenes Tischzeug. Ein damastenes Kleid.


Dambock (W3) [Adelung]


Der Dambock, des -es, plur. die -böcke, der Bock, oder das männliche Geschlecht des Damwildbretes; der Damhirsch, S. dieses Wort.


Dambret (W3) [Adelung]


Das Dambret, des -es, plur. die -er, das Bret oder der breterne Kasten, auf welchem man die Dame spielet; auch wohl das Damenbret. S. Dame.


Dame (W3) [Adelung]


Die Dame, plur. die -n. 1) Ein vornehmes Frauenzimmer, besonders wenn es verheirathet ist. Kaum aus dem Flügelkleid spielt sie schon stolz die Dame Zach. 2) Die Königinn in dem Schach- und Kartenspiele. 3) Ein Stein in dem Bretspiele; ein Damenstein, Nieders. Dambricke. Im Französischen heißen alle Steine, so wohl im Bretspiele als Triquetrac, Damen. Im Deutschen gibt man aber nur demjenigen Steine diesen Nahmen, der von einem Ende des Dambretes ungeschlagen bis an das andere kommt, und alsdann verdoppelt wird. Eine Dame bekommen. Figürlich führen diesen Nahmen auch, theils die letzte Reihe Felder des Dambretes, in welcher ein Stein zur Dame werden kann, in die Dame, oder zur Dame kommen; theils aber auch das ganze Bretspiel selbst, Dame spielen, in der Dame spielen, die Dame ziehen. Ein Affe sah ein paar geschickte Knaben Im Bret einmahl die Dame ziehn, Gell.

Anm. In den beyden ersten Bedeutungen ist es aus dem Franz. Dame und Ital. Dama. Beyde stammen von dem Latein. Dominus ab, und bedeuteten ehedem einen Herrn. Dame Dieu ist im Altfranz. Herr Gott, Dame Abbe der Herr Abt, und in Vidam d. i. Vice-dominus ist es noch jetzt üblich. In der dritten Bedeutung hat es mit diesem Worte vermuthlich nichts als den Klang gemein, denn schon im Arabischen heißt dieses Spiel Dama. Über dieß ist bekannt, daß es, so wie mehrere unserer Spiele, eine morgenländische Erfindung ist.


Damenbret (W3) [Adelung]


Das Damenbret, S. Dambret.


Damenfest (W3) [Adelung]


Das Damenfest, des -es, plur. die -e, ein Caroussell für Damen, da eine jede Dame von einem Cavallier geführet wird.


Damenspiel (W3) [Adelung]


Das Damenspiel, des -es, plur. die -e, das Spiel in der Dame; ingleichen das Bret, worauf es gespielet wird, das Dambret.


Damgeiß (W3) [Adelung]


Die Damgeiß, plur. die -e, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, das weibliche Geschlecht des Damwildbretes; das Damthier.


Damhirsch (W3) [Adelung]


Der Damhirsch, des -es, plur. die -e, eine Art Wildbret, welche das Mittel zwischen dem Hirsch- und Rehwildbrete hält, und in England häufig, in Deutschland aber seltener angetroffen wird. In engerer Bedeutung führet diesen Nahmen nur das männliche Geschlecht dieser Thiere; der Dambock, der zuweilen auch der Dämling genannt wird, im Gegensatze der Damgeiß Damhirschkuh, oder des Damthieres.

Anm. Der Dama der Alten war, dem Klein zu Folge, ein anderes Thier als unser heutiges Damwildbret, und vermuthlich eine Art Gemsen oder Ziegen. Im Dän. heißt der Damhirsch Daa, Daadyr, im Engl. Doe, im Angels. Da, Dun, Daa, im Holländ. Das, Deyn, im Französ. Daim, im Schwed. Dafhjort, im Ital. Damma, Daino, in Baiern Dähel, und bey den Hochdeutschen Jägern gemeiniglich Tannhirsch, Tannwildbret u. s. f.


Dämisch (W3) [Adelung]


Dämisch, -er, -te, adj. et adv. nicht recht bey Verstande, verrückt, albern, dumm; nur in den niedrigen und vertraulichen Sprecharten. Ein dämischer Mensch. Sich dämisch stellen. Im Oberdeutschen tämisch, im Engl. dimish, von dim, trübe, ein wenig dunkel, welches zugleich die Wurzel von dämmern, und Dampf, und selbst von dem intensiven dumm ist. Im Oberd. bedeutet es auch schwindelig.


Damit (W3) [Adelung]


Damit, oder Damit, ein Bestimmungswort, welches in doppelter Gestalt gebraucht wird.I. Als ein Umstandswort, da es denn so wohl unter die anzeigenden, als beziehenden Umstandswörter gehöret, und für mit diesem, mit dieser, mit demselben, mit derselben stehet. 1. Als ein mehr anzeigendes Umstandswort, hat es den Ton, wie alle Wörter dieser Art, auf der ersten Sylbe, und bezeichnet, 1) ein Mittel oder Werkzeug. Damit hat er es zu wege gebracht. Damit hat er seine Feinde überwunden. Er hat es damit versehen, daß er so lange ausgeblieben ist. Was wollen sie damit sagen? 2) Einen Gegenstand. Damit wird es sich schon geben. Ach damit hat es nichts zu bedeuten! Damit darfst du nicht so sparsam thun.2. Als ein mehr beziehendes Umstandswort, hat es den Ton auf der letzten Sylbe, und bezeichnet, 1) eine Begleitung oder Gesellschaft. Ich habe ihm das Seinige gegeben, und ihn damit fortgeschickt. Man gab ihm einen Verweis, und ließ ihn damit laufen. Nur heraus damit, es nur heraus gesagt, oder hergegeben. 2) Ein Mittel oder Werkzeug. Du brauchst nur Eine Hand, da kannst du alles damit verrichten. Das Geld ist allmächtig, man richtet alles damit aus. 3) Einen Gegenstand. Es ist aus damit. Wir haben diese Krankheit nicht, aber unsere Nachbarn sind damit behaftet. Er thut sehr rar damit.3. Als ein bloß beziehendes Umstandswort, für mit welchem, mit welcher, ist es so wohl im gemeinen Leben, als in der Deutschen Bibel freylich sehr häufig, z. B. den Stab, damit du Zeichen thun sollst, 2 Mos. 4, 17. Das Brot, damit ich euch gespeiset habe, Kap. 16, 32. Ein Netz, damit man allerley Gattung fähet, Matth. 13, 47. Der Geist Gottes, damit ihr versiegelt seyd, Ephes. 4, 30. Allein da diese Bedeutung dem womit eigenthümlich ist, so wird damit in derselben in der reinen Schreibart alle Mahl lieber vermieden.II. Als ein Bindewort, welches den Ton gleichfalls auf der letzten Sylbe hat, alle Mahl eine Endursache andeutet, für auf daß, und so wohl mit dem Indicative als Conjunctive verbunden wird. Der letztere stehet, wenn der Endzweck noch ungewiß ist, oder nur als möglich, als thunlich vorgestellet wird. Ich melde dir solches, damit du dich darnach zu richten wissest. Ich warnte dich, damit du dich in Acht nähmest. Laß mich selbst deine blühende Schöhnheit vergessen, damit sich mein Herz ganz der seligen Ruhe überlasse, die mich rufet, Dusch. Ich wollte bitten, daß sie das thäten, damit ich es nicht thun müßte, Gell.Wenn aber diese Endursache positiv und ohne alle Ungewißheit ausgedruckt wird, so stehet auch der Indicativ, besonders in der gegenwärtigen Zeit. Gehen sie nicht mit mir, damit sie nicht so deutlich sieht, daß ich sie liebe, Gell. Verwandeln sie sich nunmehr wieder in den Liebhaber, damit Julchen nicht zu sehr bestraft wird, ebend.

Anm. 1. Veraltete, oder doch unangenehme Arten des Gebrauches dieses Wortes sind. 1) Für dadurch, weil. Und murren machten die ganze Gemeine, damit, daß sie dem Land ein Geschrey machten, daß es bös wäre, 4 Mos. 14, 36. Damit geschicht es, daß niemand hinfort seinen Vater - ehret, Matth. 15, 16. Der isset und trinket ihm selber das Gericht, damit, daß er nicht unterscheidet den Leib des Herrn, 1 Cor. 11, 29. 2) Für das einfache daß, besonders nach den Zeitwörtern, die ein Rathen, Bitten und Befehlen bedeuten. Ich bitte dich, damit du kommest. Man muß dahin sehen, damit alles vollzogen werde. In welchen und andern ähnlichen Fällen nur allein daß gebraucht werden kann. 3) Für hierauf, als ein fortsetzendes Bindewort. Sie schalten und damit gingen sie davon. Damit ritten sie ihr Straßen, Theuerd. Kap. 27.

Anm. 2. Ottfried gebraucht schon tharmit für zugleich, aber bey eben demselben kommt auch noch mit thiu, für das anzeigende damit vor: uuas er mit thiu meinti, was er damit meinte.


Damm (W3) [Adelung]


Der Damm, des -es, plur. die Dämme. 1. Überhaupt eine jede Erhöhung von Erde und Steinen, die eine beträchtliche Länge hat. In dieser weitesten Bedeutung pflegen die Seefahrer eine Sandbank noch einen Damm zu nennen. Das Schiff ist auf einem Damme sitzen geblieben. 2. Besonders. 1) Eine in die Länge sich erstreckende Erhöhung von Erde oder Steinen, besonders das Wasser anzuhalten. Einen Damm machen, aufwerfen; im Bergbaue, einen Damm stoßen. Dem Wasser einen Damm entgegen setzen. Etwas mit einem Damme verwahren oder umgeben. S. Deich. 2) Die Erhöhung eines Fahrweges. Ein Sanddamm, wenn selbiger bloß aus Sande bestehet. Ein Steindamm, ein Knitteldamm u. s. f. In Niedersachsen wird auch das Gassenpflas=ter nur schlechthin der Damm genannt. 3) Figürlich, in den Orgeln diejenigen Hölzer, worauf der Stock lieget, in welchem die Pfeifen stecken.

Anm. Damm ist ein altes Wort, welches schon lange eine Erhöhung von Erde zur Einschränkung des Wassers bedeutet hat. Das Engl. Dam, das Franz. Dame, welches auch einen kleinen durch die Kunst gemachten Hügel bedeutet, das mittlere Lat. Damma, das heutige Schwed. und Dän. Dam, das Pohln. Tama, und andere mehr haben alle diese Bedeutung. Die erste eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist dunkel. Die meisten Wortforscher verbinden es mit dem Zeitworte dämmen, so fern dieses auch bändigen und bezwingen bedeutet, und mit dem Latein. domare, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; welches dem Anscheine nach, dadurch bestätiget wird, daß ein Damm im Altschwedischen Dampu hieß, welches mit dämpfen, dem Frequentativo von dämmen, überein kommt. Da indessen Dam im Dänischen und Schwedischen nicht allein eine Erhöhung von Erde, sondern auch eine Vertiefung, einen Teich, einen See, bedeutet, welche beyde Bedeutungen auch das Wort Teich hat, ( S. Deich,) so stehet es dahin, ob sich nicht einmahl noch eine bequemere Ableitung wird ausfündig machen lassen. Vielleicht stammet es von einem Worte ab, welches ursprünglich stoßen oder graben bedeutet hat. S. Daum, Dammerde, Dammholz, und Dumpfig. Wenigstens bedeutet es in den Zusammensetzungen zudämmen und verdämmen oft nur stoßen; S. diese Wörter. Stamm ist vermuthlich nur vermittelst des Zischlautes aus Damm gebildet worden, S. dieses Wort. Das Franz. Dame bedeutet nicht nur einen Damm, den man bey Grabung eines Canales von Zeit zu Zeit stehen lässet, sondern auch die Handramme, womit die Steine bey dem Pflas=tern fest gestoßen werden. S. Dämmen und Deich.


Dammbruch (W3) [Adelung]


Der Dammbruch, des -es, plur. die -brüche, die Einbrechung oder Durchbrechung eines Dammes, ohne Plural; ingleichen derjenige Ort, wo ein Damm von dem Wasser durchbrochen worden. Im Nieders. Deichbruch, welches S.1.


Dämmen (W3) [Adelung]


Dämmen, verb. reg. act. 1. Einen Damm machen, so fern Damm das Steinpflas=ter bedeutet. 2. Vermittelst eines Dammes einschränken, zurück halten. 1) Eigentlich, da es von dem Wasser gebraucht wird, wofür auch stämmen üblich ist. Wenn das Eis sich stämmet, und die Wasser dadurch gedämmet werden. Ein brausend Wasser, das man dämmen soll, Schleg. Wie schnelle Ströme Den Bau durchreißen, der sie dämmen sollte, ebend. Es wird die Ungeduld das Thränenmeer nicht dämmen, Günth. 2) * Figürlich, unterdrücken, bändigen, in welcher Bedeutung dieses Wort nur im Oberdeutschen gehöret wird. Das Feuer dämmen, Bluntschli. Der süße Schlaf, der alle Pein kann dämmen, Opitz. Im Hochdeutschen gebraucht man dafür in manchen Fällen das Intensivum dämpfen.

Anm. Da diese letzte Bedeutung im Oberdeutschen und in der Schweiz am häufigsten vorkommt, so ist sie mit dem Latein. domare, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - vermuthlich näher verwandt, als mit Damm, und da stammet dieses Wort wahrscheinlicher Weise von zahm ab, welches ehedem, so wie noch jetzt im Niedersächsischen, taam lautete. Indessen bedeuten so wohl das Schwedische daemma, als das Angels. demmau, das mittlere Latein. addemnare, und das Franz. condamner, verstopfen, versperren, zudämmen. Das Nieders. tämmen, heißt auch, jemanden im Laufe aufhalten.2.


Dämmen (W3) [Adelung]


Dämmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur noch in der niedrigen Redensart schlämmen und dämmen, d. i. schwelgen, vorkommt, im Oberdeutschen aber auch außer derselben üblich ist. Prassen und schlemmen Huren, spielen, feyren und temmen, Hans Sachs. Mit Füllerey das sein verdempt, ebend. Er schlemmet temmet schon, Opitz. Im Churbraunschweigischen bedeutet deumen gleichfalls schwelgen. Andere Mundarten sagen für schlämmen und dämmen sausen und brausen, die Niedersachsen delgen und schwelgen, die Preußen in Quaaß und Fraß leben. Es scheinet, daß mit dem Worte dämmen zunächst auf den Dunst der Speisen gesehen werde, weil aus dem Frisch erhellet, das dampfen ehedem gleichfalls für schwelgen, und Dampf für Schwelgerey gebraucht worden.


Dammen (W3) [Adelung]


Dammen, in verdammen, S. dieses Wort.


Dammerde (W3) [Adelung]


Die Dammerde, plur. inus. 1) Die Erde, welche zur Verfertigung eines Dammes bestimmt, oder dazu bequem ist. 2) Im Bergbaue, die obere Erde, welche auf einem Steinbruche, einem Flötze u. s. f. lieget, und in weiterer Bedeutung überhaupt, die oberste fruchttragende Erde des Erdbodens, welche mit allerley Theilen aus dem Gewächs- und Thierreiche vermischt ist, und auch Bauerde, Gewächserde, im Weinbaue die Thauerde, Tageerde genannt wird; Humus. Damm hat in dieser Zusammensetzung eine sehr weite Bedeutung, die vielleicht noch die erste ist; denn Dammerde scheinet hier so viel als Graberde zu bedeuten, Erde, welche gegraben oder bearbeitet wird.


Dämmerig (W3) [Adelung]


Dämmerig, adj. et adv. ein wenig helle und ein wenig dunkel, dämmernd. Es wird schon dämmerig, es fängt an dunkel zu werden. Es war noch ganz dämmerig. Als ein Adjectiv kommt es seltener vor. Doch sagt man zuweilen dämmeriges Wetter, trübes, nebeliges Wetter. S. das folgende.


Dämmern (W3) [Adelung]


Dämmern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, dämmerig seyn, welches nur als ein unpersönliches Verbum üblich ist, und von dem Anfange und Ende der Finsterniß nach dem Untergange und vor dem Aufgange der Sonne gebraucht wird. Es dämmert schon, d. i. es fängt schon an dunkel zu werden, ingleichen des Morgens, es fängt schon an Tag zu werden. Es wird bald dämmern. In der höhern Schreibart wird dieses Wort zuweilen auch persönlich gebraucht. Der Abend dämmert schon am stillen Horizonte herauf. In welcher Gattung besonders das Mittelwort dämmernd üblich ist. Lange sie den Anbruch des dämmernden Tages beseufzet, Weiße. Ingleichen für dunkel. Die Kürbisse kriechen hoch empor und werden zum dämmernden Dache, Geßn. Nach und nach enthüllet sich nun die dämmernde Gegend, Zachar. Harmonische Lieder Erfüllen den dämmernden Hain, Klopst.

Anm. Das Schwed. dimmer, und Isländ. dimmur, bedeuten dunkel, das Engl. thimster aber nebelig. Timberi ist bey dem Notker die Finsterniß, und betimbern verdunkeln, welche beyden Wörter mit dem Latein. tenebrae genau überein stimmen. Die Form dieser Wörter und des Deutschen dämmern verräth schon, daß sie Frequentativa eines Wortes sind, welches noch in dem Angelsächsischen dim, dym, finster, dem Engl. dim, trübe, dem Slavonischen und Wendischen temny und temma, finster, und Dennice, die Morgenröthe, angetroffen wird. Eben dieses Stammwort bedeutet aber auch Dunst, Nebel, und in dieser Rücksicht haben wir es noch in dem Frequentativo Dampf; S. dieses Wort. Wachter leitet es zu gezwungen von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, untergehen, her, weil die Dämmerung durch den Untergang der Sonne verursachet wird; Ihre mit mehrerer Wahrscheinlichkeit von dem Bretagnischen dy, du, schwarz.


Dämmerung (W3) [Adelung]


Die Dämmerung, plur. car. das Substantiv von dem vorigen, der Zustand des Lichtes, da dasselbe mit Dunkelheit vermischet ist, welcher Zustand durch die Brechung der Sonnenstrahlen in dem Dunstkreise verursacht wird. Die Morgendämmerung, Die Abenddämmerung.

Anm. Ehedem sagte man auch die Dhemar, die Demere und die Demmerniß. Im Niedersächsischen heißet die Dämmerung auch die Ucht, bey dem Notker Uohtu, der Dagering, das Schemern, die Schemerung, Zweylichten u. s. f.


Dämmerungsfalter (W3) [Adelung]


Der Dämmerungsfalter, des -s, plur. ut nom. sing. oder Dämmerungsvogel, des -s, plur. die -vögel, eine Art Nachtfalter, welche sich nur in der Dämmerung sehen lassen; Sphinx, L. Abendvogel.


Dammholz (W3) [Adelung]


Das Dammholz, des -es, plur. die -hölzer, bey den Feuerwerkern, ein hölzernes Werkzeug, mit welchem die Kugel in dem Mörser fest gestoßen wird.


Dammläufer (W3) [Adelung]


Der Dammläufer, des -s, plur. ut nom. sing. in Niedersachsen, besonders aber in Holland, eine Art Fahrzeuge, deren man sich auf den Canälen zwischen den Dämmen, und auf andern Wassern im Lande bedienet; Nieders. und Holländ. Dammlooper, Dän. Damloper.


Dammmeister (W3) [Adelung]


Der Dammmeister, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher der Arbeit an einem Damme vorgesetzet ist.


Dammsetzer (W3) [Adelung]


Der Dammsetzer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerker, welcher Steindämme verfertiget, d. i. die Straßen und Gassen mit Steinen pflas=tert; der Steinsetzer.


Dammstock (W3) [Adelung]


Der Dammstock, des -es, plur. die -stöcke, in dem Marschländern, ein in einen Damm geschlagener Pfahl, woran man siehet, wie weit ein jeder den Damm auf seine Kosten zu erhalten hat; der Deichstock.


Dammtheiler (W3) [Adelung]


Der Dammtheiler, des -s, plur. ut nom. sing. eben daselbst, derjenige, der einem jeden, den ihm gehörigen Theil eines Dammes anweiset oder zutheilet.


Dampf (W3) [Adelung]


Der Dampf, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die Dämpfe.

1) Ein jeder dicker Rauch, Nebel oder Dunst, besonders wenn er aus schwefelartigen Theilen bestehet. Rauch und Dampf gehet vorher, wenn ein Feuer brennen will, Sir. 22, 30. Der Dampf von einer Fackel, von einem ausgelöscheten Lichte, von Kohlen, von gährendem Weine, von gelöschtem Kalke u. s. f. Es steigen schädliche Dämpfe aus der Erde auf. Er opfert dir "Weihrauch", um dich im Dampfe zu ersticken.

2) Im gemeinen Leben, Engbrüstigkeit oder schweres Athemhohlen, besonders bey den Thieren; in welchem Falle dieses Wort in den gemeinen Mundarten auch der Dampfen, der Dumpfen, die Dämpfigkeit lautet. Das Pferd hat den Dampf. Bey den Pferden heißt diese Krankheit auch die Herz- schlächtigkeit, S. dieses Wort. Die Figur würde freylich etwas hart seyn, wenn sie allein dieser Bedeutung ihr Daseyn gegeben hätte, weil die Engbrüstigkeit einige Ähnlichkeit mit der Empfindung desjenigen hat, dem von einem dicken Dampfe der Athem benommen wird. Es scheinet daher, daß Dampf in dieser zweyten Bedeutung unmittelbar von dämmen, beengen, einschränken, herkomme, zumahl da dämpfen ehedem auch für ersticken gebraucht wurde; S. dieses Wort.

Anm. 1. Dampf, Nieders. Damp, Engl. und Holländ. Damp, Ital. Tanfo, scheinet ein Intensivum von einem Worte zu seyn, welches so wohl in den alten als neuern Mundarten und Sprachen noch häufig vorkommt. In Boxhorns Glossen bedeutet Thaum, im Slavonischen Deym, Dim, im Epirotischen Tim, einen jeden Dunst, bey den Krainerischen Wenden ist Dim Rauch, im Schwed. Dimma, Dimpa, Nebel, Dam aber Staub. In Schwaben bedeutet Teum, Deim, in Strykers alten Gedichte Toum, noch jetzt den Schweiß, und täumen schwitzen, und im Österreichischen ist damen durch Ausdünstung befeuchten. Es kann seyn, daß dieses Wort gleichfalls zu dem alten dim, dym, finster, dunkel, gehöret, S. Dämmern; es kann aber auch seyn, daß es von einem andern abstammet, welches ehedem Nässe, Feuchtigkeit, bedeutet hat.

Anm. 2. Dampf bedeutet schon vermöge seiner Abstammung einen dicken Dunst; man gebraucht es aber gemeiniglich nur von einem trockenen, aus schwefeligen Theilen bestehenden Dunste. Dadurch unterscheidet es sich von andern ähnlichen Wörtern hinlänglich. Ein solcher riechender Dunst heißet in Niedersachsen auch Swalk. Dunst im engern Verstande, Brodem, Qualm, das Nieders. Frathem, Fraam, Swaaßen, werden vornehmlich von wässerigen Ausdünstungen flüssiger erhitzter Körper gebraucht; Der Duft ist ein zarter wohl riechender Dampf, oder die gelinde Ausdünstung wohl riechender Körper; Rauch bestehet aus wässerigen und harzigen Theilen, die von einem brennenden Körper aufsteigen; ein dicker Rauch von nassem Holze, das nicht recht brennet, heißet Schmauch; der Nebel ist eine Menge wässeriger Dünste, die aus dem Erdboden aufsteigen; metallische Ausdünstungen heißen im Bergbaue böse Wetter, Schwaden, Erzdämpfe u. s. f.


Dampfbad (W3) [Adelung]


Das Dampfbad, des -es, plur. die -bäder, in der Arzeneykunst, die Erwärmung kranker Glieder durch den Dampf oder Dunst heißer Arzeneymittel; ein Dunstbad. Ingleichen in der Chymie, der Dunst des kochenden Wassers, so fern er zur Auflösung eines Körpers gebraucht wird; Balneum vaporis.


Dampfen (W3) [Adelung]


Dampfen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Dampf von sich geben. Die Kohlen dampfen. Der Kalk dampfet, wenn er gelöschet wird. Es dampfte die Küche Hohen Geruch von Braten, Pasteten und Kräftigen Brühen, Zachar. Wiehernd steigen die Pferde der Sonne mit dampfenden Nasen Aus den Fluthen herauf, ebend. 2) In Gestalt eines Dampfes aufsteigen. Für seine Laster auch Dampft hoch empor der Rauch Seiner Opfer, Cram. 3) Dampf verursachen. So bedeutet dampfen, im Tobaksrauchen einen starken Dampf machen.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Zeitwort dampen, im Dän. dampe, in einem alten in Oberdeutschland 1482 gedruckten Vocabulario tympfen, im Oberdeutschen aber dämpfen. Komm rühre nur der Berge Spitzen an, So dämpfen sie, daß niemand sehen kann, Opitz Ps. 144. Welche Form auch Luther beybehalten hat. Sie dämpfen wie ein Feuer in Dornen, Ps. 118, 8. Ehedem wurde dampfen auch für dämmen oder schwelgen gebraucht, wovon Frisch einige Beyspiele anführet.


Dämpfen (W3) [Adelung]


1. Dämpfen, verb. reg. act. finster machen, in das Dunkele einsperren, ein nur bey den Jägern und Vogelstellern übliches Wort. Einen Vogel dämpfen, oder eindämpfen, ihn in einem finstern Behältnisse aufbewahren, bis man ihn auf dem Vogelherde gebraucht, damit er alsdann desto stärker pfeife oder locke, welches auch verhalten genannt wird. Dieses sonst ungebräuchliche Wort stammet noch unmittelbar von dem alten dam, dim, dunkel, ab; S. Dämmern.


Dämpfen (W3) [Adelung]


2. Dämpfen, verb. reg. act. 1. Ersticken. 1) Eigentlich, in welcher nunmehr veralteten Bedeutung temphen, bedempfen, noch bey dem Notker, furtbamsen aber bey dem Tatian vorkommt. Das Engl. to damp, und das Schwed. daempa, bedeuten gleichfalls ersticken. S. Dampf 2. Der Strick, womit ein Missethäter am Galgen erwürgt wird, führet noch den Nahmen des Dämpfleinchens. 2) Figürlich. (a) Mildern, von dem Tone. Eine Trompete, eine Trommel dämpfen, ihren starken Klang schwächen. (b) Unterdrücken, den Ausbruch einer Sache hindern. Ein Feuer dämpfen. Der Aufruhr ist noch nicht gedämpft. Sein Hochmuth wird schon gedämpfet werden. Sollte es jetzt nicht Zeit seyn, diese Unruhen durch Überlegung zu dämpfen? Gell. Eben diese Stimme wird noch jetzt in dir reden, wenn du sie nicht mit Gewalt dämpfest, Dusch. Von Personen wird dieses Wort im Hochdeutschen nicht mehr gebraucht, wie wohl häufig in der Deutschen Bibel geschiehet, wo es für unterdrücken, vertilgen, vorkommt. Wolan, wir wollen sie mit Listen dämpfen, daß ihrer nicht so viel werden, 2 Mos. 1, 10. Sie denken nur, wie sie ihn dämpfen, Ps. 62, 5. Die Ungerechten sollen ihn nicht dämpfen, Ps. 89, 23. Obgleich noch Opitz fingt: Kein Unrecht laß mich dämpfen überall, Ps. 119. Ingleichen an einem andern Orte: Je mehr es dem gebühret Der hoch erhaben wird, daß er sich dämpfen soll, d. i. sich mäßigen. Selbst die Redensart, eines Feinde dämpfen, kommt im Hochdeutschen nur zuweilen in der Poesie, um des Reimes willen vor. Noch ungewöhnlicher ist die R. A. er wird unsere Missethat dämpfen, Mich. 7, 19, für vertilgen, die Folgen derselben aufheben. 2. In den Küchen, in einem verschlossenen Gefäße, mit Zurückhaltung des Dampfes, langsam kochen; dünsten, im Oberdeutschen schmauchen, im Niedersächs. stoven, schmoren. Fleisch, Äpfel, Birnen dämpfen. Gedämpftes Fleisch, Dämpffleisch, gedämpftes Obst.Daher die Dämpfung, in der ersten Bedeutung. Die Dämpfung des Feuers, eines Aufruhres, seiner Leidenschaften u. s. f.

Anm. In der ersten Bedeutung kommt dieses Wort zunächst wohl nicht von Dampf, sondern von dämmen her, welches im Oberdeutschen noch jetzt bändigen, unterdrücken, bedeutet, und von welchem es das Intensivum seyn kann.


Dämpfer (W3) [Adelung]


Der Dämpfer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Werkzeug, die Lichter damit auszulöschen; ein Löschnäpfchen, und so fern man in den Kirchen auf dem Lande dazu ein an einem Stabe befestigtes Horn gebraucht, ein Dampfhorn, Löschhorn. 2) Ein Hülfsmittel, den Ton musikalischer Instrumente, z. B. Trompeten, Lauten, Violinen, zu dämpfen oder zu mildern.


Dämpfig (W3) [Adelung]


Dämpfig, adj. et adv. mit dem Dampfe, d. i. der Engbrüstigkeit behaftet. Ein dämpfiges Pferd. Im Nieders. dempig, demstig, demstrig.


Dämpfigkeit (W3) [Adelung]


Die Dämpfigkeit, plur. inus. S. Dampf 2.


Dampfkugel (W3) [Adelung]


Die Dampfkugel, plur. die -n, in der Feuerwerkskunst, eine Kugel, welche einen großen Dampf verursachet, den Feind damit auf einige Zeit zu blenden; eine Blendkugel, Rauchkugel.


Dampf-Maschine (W3) [Adelung]


Die Dampf-Maschine, plur. die -n, eine Maschine, welche vermittelst der Dämpfe kochenden Wassers in Bewegung gesetzt, und vorzüglich in Bergwerken gebraucht wird; die Feuer-Maschine, welcher Nahme doch nicht so bestimmt ist. Der Engländer Thom. Savary soll diese Maschine um 1649 erfunden, oder doch zuerst ausgeführet haben.


Damspiel (W3) [Adelung]


Das Damspiel, S. Damenspiel.


Damthier (W3) [Adelung]


Das Damthier, des -es, plur. die -e, das weibliche Geschlecht des Damwildbretes; die Damgeiß. S. Damhirsch.


Damtiegel (W3) [Adelung]


Der Damtiegel, S. Brummkreisel. Dam ahmet in dieser Zusammensetzung das summende Getöse nach, welches ein solcher Hohlkreisel verursachet. S. Dumpfig.


Damwildbret (W3) [Adelung]


Das Damwildbret, des -es, plur. inus. ein Collectivum, so wohl die Damhirsche als auch Damthiere mit Einem Worte, oder auch ohne Bestimmung des Geschlechtes auszudrucken. Sechs Stück Damwildbret.


Daneben (W3) [Adelung]


Daneben, adj. demonstrat. relativ. für neben diesen, neben diesem, neben denselben, neben demselben. Es bezeichnet 1) einem nahe an einem andern gelegenen Ort. Er wohnet gleich daneben. Lege es nur daneben. Etwas daneben gießen, neben den rechten oder bestimmten Ort, vorbey. 2) Einen Zusatz zu dem vorigen, da man es auch als ein Bindewort ansehen kann, für über dieß, zugleich. Er ist ein verständiger Mann, daneben verstehet er viele Sprachen. In dieser Bedeutung ist es nur im Oberdeutschen und in der Kanzelleyberedsamkeit üblich, wo es auch darneben, danebens, danebst lautet. Aber nun verlasset ihr euch auf Lügen - darneben seyd ihr Diebe, Jer. 7, 8. Er hoffte aber darneben, daß ihm von Paulo sollte Geld gegeben werden, Apostelg. 24, 26. Im Hochdeutschen ist es veraltet, wenn gleich noch Rost singt: Ihr kleiner Schäferschurz Ward auch darneben Der warmen Mittagsluft zum Spielen übergeben.


Danebrogs-Orden (W3) [Adelung]


Der Danebrogs-Orden, des -s, plur. ut nom. sing. der Nahme eines Dänischen Ritterordens, ohne Plural. Ingleichen das Ehrenzeichen dieses Ordens, welches ein goldenes weiß emaillirtes Kreuz ist, und an einem weißen Bande mit einer rothen Einfassung getragen wird. Waldemar II. hat diesen Orden schon 1213 zur Ehre der Dänischen Hauptfahne gestiftet, welche den Nahmen Danabrok führete, und bey den Dänen ehedem in großer Achtung stand. Ihre vermuthet, daß die letzte Sylbe dieses Nahmens das mittlere Latein. Barocium sey, welches bey dem Freher von einem Paniere gebraucht wird. Allein in des du Fresne Gloss. wird dieses Wort als ein Schreibfehler für Carrocium, der eigentlichen Benennung solcher Hauotfahnen, angesehen.


Danebst (W3) [Adelung]


Danebst, S. Daneben.


Dängeln (W3) [Adelung]


Dängeln, S. Dengeln.


Danieden (W3) [Adelung]


Danieden, adv. demonstrativum, für dort unten, welches aber im Hochdeutschen veraltet ist. Die Stadt danieden, Es. 32, 19. Danieden im Pallast seyn, Marc. 14. 66.


Danieder (W3) [Adelung]


Danieder, ein Umstandswort des Ortes, für nieder, zu Boden, welches mit verschiedenen Verbis, besonders in der höhern Schreibart, gebraucht wird. Danieder fallen, zu Boden fallen. Mit einem Kinde danieder kommen, für niederkommen. DasHaus lieget völlig danieder, zu Boden, ist eingefallen. Krank danieder liegen, bettlägerig seyn. Der Feind liegt völlig danieder, ist völlig entkräftet. Danieder schlagen, zu Boden schlagen; am häufigsten figürlich, für entkrästen, muthlos machen. Soll ich dir mit Hoffnung schmeicheln, damit der unerwartete Streich dich ungewarnt danieder schlage? Dusch. Der Streich wird dir hart scheinen, womit das Verhängniß alle deine Hoffnungen da nieder geschlagen hat, ebend.Weil das da hier keine begreifliche Beziehung auf einen bestimmten oder vorher genannten Ort hat, so hat es seine Stelle in dieser Zusammensetzung bloß der mehrern Ründe oder dem Nachdrucke zu danken. Darnieder, welches in der Deutschen Bibel häufig vorkommt, ist Oberdeutsch.


Dank (W3) [Adelung]


1. * Der Dank, des -es, plur. die -e, ein veraltetes Wort von dem Verbo denken, welches ehedem einen Gedanken bedeutet. In solhen dannckhen reyt er weg, Theuerd. In den dannken sach er hergon Gegen im den tewerlichen Held, ebend. Kap. 18. Die Nacht hett er manchen dannck, ebend. Kap. 68. Vermuthlich hat man dieses Wort nachher veralten lassen, um die Zweydeutigkeit mit dem folgende zu vermeiden. S. Gedank und Denken.


Dank (W3) [Adelung]


2. Der Dank, des -es, plur. inus. das Hauptwort von dem Verbo danken. Die Stufen, durch welcher dieses Wort zu seiner heutigen Bedeutung gelanget ist, sind merkwürdig, und verdienen angeführet zu werden. Es bedeutete,1. Die Eigenschaft einer Sache, nach welcher man sie gerne annimmt, Annehmlichkeit, Schönheit. Diese Bedeutung lässet sich nur muthmaßen; indessen kommen doch noch verschiedene Spuren derselben vor. S. die

Anm. ingleichen Danknehmig.2. Der Zustand des Gemüthes, mit welchem man eine Sache gern annimmt, Wohlgefallen. Diese Bedeutung kommt in den mittlern Zeiten im Deutschen und in den heutigen verwandten Sprachen sehr oft vor. Gehorchet Hiskia nicht - Thut mir zu Dank, und gehet zun mir heraus, Es. 56, 16. thut mir den Gefallen. Noch jetzt sagt man im gemeinen Leben: etwas zu Danke annehmen, d. i. mit Wohlgefallen. Man kann ihm nichts zu Danke machen, nichts so, daß es ihm gefiele. Es ist mir zu Danke bezahlet worden, so, daß ich damit zufrieden bin. Der Held dasselb zu Dannck nam an, Theuerd. Kap. 86.3. Willen, Einwilligung überhaupt. Sit ich si ane ir danc in minem herzen trage, Reinmar der Alte, d. i. wider ihren Willen. Tristan mueste sunder sinen dank Stete sin der kuniginne, Heinrich von Veldig. Sines thankes, freywillig, mit seinem Willen, und unthankes, wider seinen Willen, kommen bey den Ottfried mehrmahls vor. Wenn aber bey ihm mines thankes und bey dem Notker Ps. 113 einen dank, umsonst bedeuten, so scheinen diese Redensarten bloß buchstäbliche Übersetzungen des Latein. gratis zu seyn. Im Deutschen ist die Bedeutung des Willens, der Einwilligung, gleichfalls noch nicht ganz veraltet, denn im gemeinen Leben hört man noch oft, etwas wider eines Dank thun, wider des Henkers Dank. Sie behauptete wider des Henkers Dank, daß das Angebinde von ihnen käme, Weiße. Er hat es im brande anen sinen dank verloren, in den Goslarischen Statuten B. 1. Tit. 1. Dodet en den anderen -ane sinen dank, ebend. Art. 83.4. Die thätige Erweisung des Wohlgefallens über eine gute Handlung, die Belohnung. Thes er nu ane uuanc habet for a gote thanc, dafür er nun ohne Zweifel seinen Lohn vor Gott hat, Ottfr. Ist das der Dank für meine Treue? d. i. der Lohn, die Belohnung. Gibst du mir solchen Dank? Und wenn ihr euren Wohlthätern wohl thut, was Danks habt ihr davon? Luc. 6, 33, f. d. i. was für Belohnung von Gott. Da Freund, das ist der Dank, den man am Hofe gibt, Weiße. Besonders bedeutete dieses Wort ehedem bey den Thurnieren die Belohnung, die der Überwinder bekam, den Preis; in welchem Falle auch der Plural die Dänke nicht selten war. Ihr wisset, daß zwar ihrer viel In Schranken laufen an das Ziel, Doch einem der zuerste kömmt Ist einig nur der Dank bestimmt, Opitz. 5. Die Vergeltung einer empfangenen Wohlthat durch Worte, die Bezeigung der Erkenntlichkeit durch Worte, in welcher Bedeutung es gegenwärtig am üblichsten ist. Einem Dank sagen, für etwas Dank sagen. Dank für etwas abstatten. Ich statte ihnen tausendfachen Dank ab, daß sie mir so freundschaftlich geholfen haben. Einem Dank für etwas wissen, oder im gemeinen Leben, einem etwas Dank wissen, ihm Dank dafür sagen; wissen ist hier so viel als weisen, erweisen, S. Weisen und Wette. Vuizun thank, Ottfr. Des sol mir diu guote danc uuissen, Heinrich von Veldig. Ich weiß es dir schlechten Dank, daß du dieses gethan hast. Ich weiß allen Freunden, die mir zu dieser Heirath gerathen haben, schlechten Dank, Weiße. Wo doch das es beynahe nothwendig geworden ist. Die Wortfügung mit der zweyten Endung, ich weiß dir dessen schlechten Dank, ist Oberdeutsch. Dank mit etwas verdienen. Dank sey es seinem guten Naturelle, daß u. s. f. in welchem Falle Dank für das Mittelwort gedankt stehet. Gott sey Dank! eine im gemeinen Leben übliche Formel, wo Gott der Dativus ist. Dem Himmel sey Dank, ich denke ihr nunmehr den Verdacht benommen zu haben, Weiße. Bey ihm ist schlechter Dank zu hohlen, im gemeinen Leben. Dank mit etwas bey einem einlegen, ist eine widersinnige Art des Ausdruckes, die vermuthlich nach der R. A. Ehre mit etwas einlegen, gebildet worden. Dank anheben zum Gebeth, Neh. 11, 17. Dank opfern, Schmähworte für Dank geben, auf daß viel Danks geschehe u. s. f. sind biblische Arten des Ausdruckes, die im Hochdeutschen ungewöhnlich sind. Einem Dank haben. Anstatt mir Dank zu haben, Opitz, ist im Hochdeutschen gleichfalls veraltet.6. Lob, Ruhm, welche Bedeutung eine Fortsetzung der vorigen ist, weil sie empfangene Wohlthaten voraus setzet, aber außer der biblischen Schreibart wenig mehr vorkommt. Dir gebühret die Majestät - Sieg und Dank, denn alles, was im Himmel und auf Erden ist, das ist dein, 1 Cor. 30, 11. Und da die Thiere gaben Preis, und Ehre, und Dank, dem u. s. f. Offend. 4, 9. Ich will den Nahmen Gottes loben mit einem Lied, und will ihn hoch ehren mit Dank, Ps. 69, 31.

Anm. Dank lautet bey dem Ottfried und seinen Zeitgenossen Thanc, bey den Schwäbischen Dichtern aber schon Dank, im Angel. Thanc, und Engl. Thanks. Das n vor dem k ist kein Stammbuchstab, sondern der gewöhnliche Begleiter der Hauchlaute in den nieselnden Aussprachen. Daher fehlet es auch in andern Mundarten, welche die Hauchbuchstaben weniger durch die Nase aussprechen, wie in dem Schwed. Tack, welches so wohl Wohlgefallen, guten Willen, als auch Dank bedeutet, in dem Isländ. thaegr, angenehm, schön, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, angenehm, und dem Böhmischen Diky, Dank. S. Danken. Die Zusam-mensetzungen Dankverbindung, Dankverpflichtung u. a. m. gehören in die Beredsamkeit der Kanzelleyen.


Dankaltar (W3) [Adelung]


Der Dankaltar, des -es, plur. die -täre, ein zum Dankopfer bestimmter Altar. Und auf den Dankaltar geweihte Myrthen streun, Günth.


Dankamt (W3) [Adelung]


Das Dankamt, des -es, plur. die -ämter, ein Wort, welches nur in der Deutschen Bibel vorkommt, wo es Nehem. 12, 8. das Amt derjenigen Leviten bezeichnet, welche zur Absingung der Danklieder bestimmt waren.


Dankbar (W3) [Adelung]


Dankbar, -er, -ste, adj. et adv. Dank bringend. Besonders, 1) eigentlich, Dank sagend. Er war sehr dankbar für das Geschenk, welches man ihm machte; in welcher Bedeutung es nur noch zuweilen im gemeinen Leben vorkommt. 2) In weiterer und figürlicher Bedeutung, geneigt, empfangene Wohlthaten durch gegenseitige Dienste zu vergelten, und diese Neigung thätig erweisend; S. Dank. Er hat ein sehr dankbares Gemüth. Ein dankbarer Mensch. Sich dankbar gegen jemanden bezeigen, oder erweisen; im gemeinen Leben, sich dankbar finden lassen.

Anm. Dhancbare findet sich schon in Borhorns Glossen. Die Schweden gebrauchen dafür tacksam. Dankbarlich ist eine unnütze Alemannische Verlängerung.


Dankbarkeit (W3) [Adelung]


Die Dankbarkeit, plur. car. der Zustand des Gemüthes, da man dankbar ist. 1) In der ersten Bedeutung dieses Beywortes, zuweilen im gemeinen Leben. Er nahm es mit vieler Dankbarkeit an, mit vielen Danksagungen. Noch mehr aber, 2) in der zweyten, die Neigung empfangene Wohlthaten durch Gegenliebe zu vergelten, und deren thätige Erweisung, welche die Erkenntlichkeit voraus setzet; S. Dank 4.


Dankbeflissen (W3) [Adelung]


Dankbeflissen, -er, -ste, adj. et adv. beflissen oder bemühet, empfangene Wohlthaten durch Gegenliebe zu vergelten. Daher die Dankbeflissenheit.


Dankbegierde (W3) [Adelung]


Die Dankbegierde, plur. car. die Begierde sich dankbar zu erweisen.


Dankbegierig (W3) [Adelung]


Dankbegierig, -er, -ste, adj. et adv. Dankbegierde habend. Ein dankbegieriges Gemüth.


Dankchor (W3) [Adelung]


Der Dankchor, des -es, plur. die -chöre, in dem zweyten Tempel der Juden, ein Chor derjenigen Priester und Leviten, welche zur Absingung der Danklieder bestimmt waren; Nehem. 12, 31. 38. 40. S. Chor.


Danken (W3) [Adelung]


Danken, verb. reg. welches, wenn man die veralteten Bedeutungen mit im Rechnung bringt, in einer doppelten Gattung vorkommt.I. * Als ein Neutrum, in welcher Gattung es ehedem gefallen bedeutete. Nistes uuight in thanke, ihm gefällt nichts, sagt noch Ottfried. Aus dieser längst veralteten Bedeutung erhellet, daß dieses Verbum zunächst von dem alten nordischen taeck, teg, thaegr, angenehm, schön, abstammet, welches noch im Schwedischen, Wallisischen und Isländischen üblich ist. S. Dank,

Anm. Das Nieders. tanger, munter, frisch, lebhaft, gehöret vermuthlich auch hierher.II. Als ein Activum, in welcher Gestalt es nur noch allein üblich ist, bedeutet es:1. * Sein Gefallen über etwas an den Tag legen, loben, rühmen. Githanktu ermo harto theroselbon uuorto, er lobte ihn sehr wegen dieser Worte, Ottfr. Thaz thu unsih muazis thankon, daß du uns müssest loben, ebend. In der Deutschen Bibel bedeutet Gott danken oft nur ihn preisen, seinen Ruhm verkündigen; außer dem aber ist es in dieser Bedeutung veraltet. 2. * Sein Gefallen über eine gute Handlung thätig erweisen, belohnen, vergelten. Thaz thir es Gott githanko, Ottfr. daß Gott es dir vergelte. In der Sprache des niedrigen Umganges höret man noch jetzt zuweilen, dank dirs Gott, für, Gott vergelte es dir.3. Wohlgefallen über und Gegenliebe für eine empfangene Wohlthat an den Tag legen. 1) Eigentlich, durch Worte, Dank sagen; mit dem Dative der Person. Einem danken. Einem für etwas danken. Gott sey gedankt! im gemeinen Leben. Er dankte mir mit der rührendsten Empfindung. Ich weiß nicht Worte zu finden, ihnen dafür gehörig zu danken. 2) Einem etwas zu danken haben, ihm dafür Dank schuldig seyn, und in weiterer Bedeutung, es von ihm empfangen haben, ihn als den Urheber davon erkennen. Dieses habe ich dir allein zu danken. Er hat es sich selbst zu danken, daß er unglücklich ist, er ist selbst Schuld daran. Die Liebe war mir sonst angenehm, weil ich sie ihrem Werthe zu danken hatte, Gell. Wofür man zuweilen mit Auslassung des haben, auch nur saget, einem etwas danken. Ich danke es dem Herren Richard und seiner Arzeney, daß ich wieder gesund bin, Gell. Sie weiß, was sie dir dankt, was ich dir schuldig bin, Weiße. was sie dir zu danken hat. Wem dank ich dieß Leben, Dieß bessere Leben? Wem dank ich den Sohn? Raml. 3) Für einen Gruß danken, wieder grüßen, da es denn auch von dem bloßen Danken durch Geberden gebraucht wird. Ich grüßte ihn, aber er danke mir nicht. 4) Im täglichen Umgange wird dieses Wort auch zuweilen gebraucht, wenn man etwas auf eine höfliche oder auch auf eine spöttliche Art abschlagen will. Ich danke dafür, d. i. nehme es nicht an. Man trug ihm das Amt auf, allein er danke dafür. Ich danke für deine Geschenke. 5) Absolute gebraucht man es im Kirchenstyle von der Danksagung auf der Kanzel. Der Geistliche dankt für eine Wöchnerinn, wenn er ihre glückliche Entbindung zur Danksagung gegen Gott meldet.

Anm. Danken, bey dem Ottfried thankan, bey dem Willeram dankan, Angels. thencian, Engl. to thank, lautet im Schwed. tacka. S. Dank. Gemeiniglich leitet man es von denken her. Es kann seyn, daß beyde Wörter nur Ein gemeinschaftliches Stammwort haben; allein danken scheinet nicht zunächst von denken herzukommen, vielmehr ist der Begriff des Angenehmen, des Wohlgefallens, allem Ansehen nach, der erste und herrschende in demselben, und da ist es mit dem Schwed. tigga, dem Engl. to take, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , nehmen, genau verwandt, S. Danknehmig; denn daß das n hier nicht mit in Rechnung kommen könne, ist schon bey dem Worte Dank angemerket worden. Die Wortfügung mit der zweyten Endung, ich danke dir deß, ist Oberdeutsch, und im Hochdeutschen veraltet. Obgleich dieses Wort in seiner heutigen Bedeutung ein wirkliches Activum ist, so ist es doch im Passivo nicht gebräuchlich, außer etwa impersonaliter, mir wurde gedankt, es wurde auf der Kanzel für eine Wöchnerinn gedankt; in welchem Falle aber auch die meisten Neutra unpersönlich gebraucht werden können.


Dankfest (W3) [Adelung]


Das Dankfest, des -es, plur. die -e, ein zur feyerlichen Danksagung gegen Gott verordnetes Fest. Ein Dankfest halten, feyern.


Dankgebeth (W3) [Adelung]


Das Dankgebeth, des -es, plur. die -e, ein Gebeth, worin man Gott für empfangene Wohlthaten Dank saget.


Danklied (W3) [Adelung]


Das Danklied, des -es, plur. die -er, ein Lied, in welchem man Gott danket.


Danknehmig (W3) [Adelung]


* Danknehmig, adj. et adv. welches nur noch im Oberdeutschen üblich, im Hochdeutschen aber veraltet ist. Es bedeutet, 1) angenehm. Danknehme Dienste, angenehme Dienste, in einer Urkunde des Kaisers Rupert, bey dem Schilter. In welcher Bedeutung nach der erste und eigentliche Sinn des Wortes Dank zum Grunde lieget; S. Dank und Danken. 2) Dankbar. Ein Danknehmiges Gemüth. So auch die Danknehmigkeit. Das Schwed. tacknaemlig bedeutet gleichfalls angenehm.


Dankopfer (W3) [Adelung]


Das Dankopfer, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Gottesdienste der ehemahligen Juden, ein Opfer, welches aus Dankbarkeit für die von Gott empfangenen Wohlthaten gebracht wurde. Figürlich, auch ein jedes Dankgebeth oder Danklied.


Danksagen (W3) [Adelung]


Danksagen, ein unbillig aus der R. A. Dank sagen zusammen gezogenes Verbum. Du danksagest wohl fein, 1 Cor. 14, 17. Und danksaget dem Vater, Col. 1, 12, wofür in andern Stellen richtiger saget Dank gefunden wird. Richtiger ist das Substantiv die Danksagung, die Ausdrückung seiner Dankbarkeit durch Worte, weil von mehrern R. A. dergleichen zusammen gesetzte Substantiva üblich sind, z. B. die Grundlegung, u. a. m. Jemanden seine Danksagung abstatten. Eine Danksagung thun lassen, Gott in der Kirche für eine empfangene Wohlthat danken lassen.


Dankvergessen (W3) [Adelung]


Dankvergessen, adj. et adv. den Dank, den man andern schuldig ist, vergessend. Ein dankvergessener Mensch.


Dann (W3) [Adelung]


Dann, adv. demonstrat. eine Zeit, oder Ordnung anzudeuten. 1) Eine Zeit, da es das wenn entweber ausdrücklich oder doch versteckt, entweder vor oder nach sich hat. Dann, wenn ich dich sehe, will ich es dir geben. Die Jugend ist am seltensten glücklich, selbst dann, wenn sie glaubet, sehr glücklich zu seyn, Dusch. Wenn ich zurück sehe, dann ists als hätte ich nur einen langen Frühling gelebt, Geßn. Ja stürb ich auch zu ihren Füßen, Auch dann soll noch Lucinde wissen, Daß sie mein zärtlich Herz verehrt, Gell. Hierher gehöret auch das im gemeinen Leben so übliche dann und wann, d. i. zuweilen, mit abwechselnden Zwischenzeiten; wofür Willeram etesuuanne unde etesuuanne gebraucht, im Niedersächsischen aber echt und echt, und im Dän. nu og da üblich ist. Canitz scheinet diese R. A. für bloß Märkisch gehalten zu haben, wenn er sagt: So lange dann und wann und Spinde Märkisch ist; allein sie ist wenigstens in ganz Obersachsen gänge und gebe.2) Der Ordnung. Erst müssen wir lernen und dann reden.

Anm. Dann ist freylich die Oberdeutsche Form der Partikel denn. Allein so fern sie als ein Nebenwort der Zeit und Ordnung gebraucht wird, ist sie in der höhern und edlern Schreibart der Hochdeutschen schon allgemein geworden. Nur hüthe man sich, dann für das Bindewort denn, oder für das fragende, vergleichende und ausschließende Nebenwort denn zu gebrauchen, wie im Oberdeutschen sehr gewöhnlich ist. Oft gebraucht man dafür das verlängerte alsdann oder alsdenn, S. dasselbe, ingleichen Sodann. In dem alten Vertrage der Könige Ludwig und Lothars um das Jahr 840 lautet dieses Nebenwort schon thane, bey dem Übersetzer Isidors dhanne, bey dem Ottfried thanne, bey dem Kero hingegen denne. Das Angels. thaenne, donne, das Engl. then. Holländ. don, und Latein. tunc haben gleiche Bedeutung. S. Denn.


Dannen (W3) [Adelung]


Dannen, adv. demonstrat. und demonstrat. relat. welches einen Ort bezeichnet, und besonders in der höhern Schreibart gebraucht wird, aber alle Mahl das Vorwort von vor sich hat; von dan- nen, von diesem Orte weg; daher es eigentlich nur solchen Verbis beygesellet wird, welche eine Bewegung bedeuten. Zeuch von dannen, du und das Volk, 2 Mos. 33, 1. Führe uns nicht von dannen hinauf, V. 15. So sollen die Ältesten in seine Stadt schicken, und ihn von dannen hohlen lassen, 5. Mos. 19, 12. Dennoch will ich dich von dannen hinunter stürzen, Obadj. 4. O wie hell fängt unsere Glückseligkeit an zu strahlen, wenn sie von dannen fleugt!Anm. 1. Nicht so richtig ist es, wenn man dieses Wort für das einfache Nebenwort des Ortes gebraucht. Es sind mir von dannen viele Nachrichten zugeschickt worden, für von da, oder von diesem Orte. Noch unrichtiger aber wird dieses Wort bloß relative für wannen gebraucht. Er ist aufgefahren gen Himmel, von dannen er kommen wird, wo es heißen muß, von wannen.

Anm. 2. Ehedem wurde danne und dannen im Oberdeutschen sehr lange auch ohne von gebraucht. Vuio er fuar thanne, Ottfried. Genelun schied traurig dannen, Stryk. Gang dannen, leuate, in einem 1501 zu Rom gedruckten Deutsch-Ital. Vocabulario. Und da gebrauchte man es auch für daher und daraus. Uz dem Leime und uz der Erde, da Adam - uz wart gebildet, dannen wart auch die Chuniginne Himmels und Erde gebildet, in einer alten Handschrift in Pezens Gloss. v. Molten. Frisch glaub, daß diese Partikel aus da an zusammen gesetzet sey, wie hinnen, als hin und an. Dann kommt wenigstens in den mittlern Zeiten im Oberdeutschen sehr häufig für da vor. Im Angels. lautet sie thenana, im Engl. thence, im Schwed. taedan, und im Isländ. thadan.


Dannenher (W3) [Adelung]


* Dannenher, oder dannenhero, eine Oberdeutsche Partikel, welche mit daher einerley ist, und auch eben so gebraucht wird. Dannen ist in dieser Zusammensetzung das vorige dannen, welches für da stehet. Aichinger versichert in seiner Sprachkunst, daß dannenher im Oberdeutschen gar nicht, wohl aber dannenhero gebräuchlich sey. Beyde Wörter kommen im Hochdeutschen nur in den Kanzelleyen vor. Opitz gebraucht das erstere sehr oft; z. B. dieses rühret dannenher.


Dar (W3) [Adelung]


Dar, eine Partikel, welche so wohl allein, als auch in Zusammensetzungen gebraucht wird. 1. Allein, ist sie so wohl im Oberdeutschen, als Niedersächsischen für das Nebenwort des Ortes da üblich. Die Hochdeutschen haben sie in diesem Falle nicht, sondern begnügen sich mit dem einfachen da. S. dieses Wort. 2. In Zusammensetzungen gesellet sie sich so wohl zu andern Partikeln, als auch zu Verbis. 1) In Ansehung anderer Partikeln, gebraucht man das dar im Hochdeutschen gemeiniglich nur, wenn die andere Partikel sich mit einem Vocale anfängt, wie daran, daraus u. s. f. Dagegen man da behält, wenn ihr erster Buchstab ein Consonant ist dafür, damit u. s. f. Doch hiervon ist das Nöthigste schon bey Da II. angemerket worden. 2) Was aber die Verba betrifft, so bekommen sie insgesammt das dar, sie mögen sich mit einem Vocale oder mit einem Consonanten anfangen. Denn daß die Redensarten da seyn, da bleiben, da stehet u. s. f. keine eigentlichen Zusammensetzungen sind, ist schon bey da angemerket worden. Indessen lässet sich das dar nicht mit allen Verbis verbinden, sondern nur mit solchen, die eine thätige Bewegung nach einem Orte zu ausdrucken. So kann man wohl sagen darbiethen, darbringen darlegen, darreichen, darstellen u. s. f. Aber nicht dargehen, darziehen, darlaufen u. s. f. weil diese Verba mehr eine intransitive als thätige Bewegung bezeichnen. Dessen ungeachtet finden sich von dieser letztern Art im Oberdeutschen häufige Beyspiele. Damit sy bed zu dem Held darGingen, Theuerd. Kap. 67. Er zog frölich an den sturm dar, Kap. 78. Da fügt er sich zum Helden dar, Kap. 80. Liefen sie zu den püchsen dar, ebend. Ritten die bede Kempfer dar Ein yeder auf sein pferd fürwar, Kap. 77. Neydelhart randt zum Helden dar, Kap. 90. Warum die Hochdeutschen diesen Gebrauch veralten lassen, ist unbekannt. Denn wenn dar, wie man gemeiniglich glaubt, aus daher zusammen gezogen ist, so müßte man eben so richtig sagen können dargehen, darlaufen, darkommen u. s. f. als man sagt, daher gehen, daher laufen, daher kommen. Doch in Sprachen muß man nicht alle Mahl fragen, warum? Übrigens gehöret dar zu den trennbaren Zusätzen, welche in der Conjugation von dem Verbo abgesondert werden. Ich stelle dar, stellete dar u. s. f. Da es vermuthlich aus daher zusammen gezogen ist, so hat es auch ein langes a. S. die damit zusammen gesetzten Verba jedes an seinem Orte.


Daran (W3) [Adelung]


Daran, und Daran, adv. demonstrat. relat. des Ortes, für an diesem, an dieses, an demselben, an dasselbe. Es ist,1. Ein anzeigendes Umstandswort, in welchem Falle es den Ton auf der ersten Sylbe hat, und am häufigsten in dem Vordersatze stehet. Es bezeichnet alsdann, 1) den Gegenstand einer Beschäftigung, oder auch nur eines Ausspruches. Daran habe ich genug. Daran kann ich ohne Wehmuth nicht denken. Daran hast du kein Recht. Daran thun sie wohl. Daran sehe ich nun eben nichts Schönes. 2) Das Mittel, eine Handlung zu vollbringen, besonders das Mittel einer Erkenntniß. Daran sollt du erfahren, daß ich der Herr bin, stehe, ich will u. s. f. 2 Mos. 7, 17. Ich will es daran sehen, wenn u. s. f.2. Ein Demonstrativo-Relativum, da es den Ton auf der letzten Sylbe hat, und nach einem oder mehrern Wörtern gesetzet wird. Es bedeutet, 1) eine Gegenwart nahe an einem Orte, oder einer Sache, ingleichen eine Bewegung nahe an derselben. Die Stadt liegt nicht am Berge, aber das Dorf liegt daran. Sie gehen daran herum, an dem Berge. Schütte Wasser daran. Die Arbeit ist leicht, und doch gehet er sehr schwer daran. Das Thier ist mager, es ist nichts daran. Es ist eine Lüge, es ist nichts daran, es ist nichts Wahres an der Sache. 2) Den Gegenstand einer Beschäftigung oder eines Ausspruches. Du arbeitest auch sehr lange daran. Ich habe längst daran gedacht. Das Haus ist mein, du hast kein Recht daran. Ihr habt wohl daran gethan. Die Sache ist gut, ich tadele nur das daran. Trüffeln sind ungesund, es hat sich schon mancher daran krank gegessen. Man hat nur seine Lust daran. 3) Das Mittel, eine Handlung zu vollbringen, besonders das Mittel einer Erkenntniß. Er hat eine durch dringende Stimme, ich kannte ihn gleich daran. 4) Oft ist die Sache, auf welche sich das daran beziehen soll, dunkel, und alsdann bildet es mit einigen Verbis verschiedene gute figürliche Arten des Ausdruckes. Z. B.Mit kommen. Er wird bald daran kommen, d. i. an die Reihe. Du sollst schon auch daran kommen.Mit liegen. Mir liegt nichts daran, die Sache ist in Beziehung auf mich von keiner Wichtigkeit. Was liegt der Tugend daran, wie man seine Kleider trägt? Dem Bösen liegt daran, daß keine Gottheit wäre, Dusch. Mit müssen. Nun muß er daran, nehmlich an die Reihe. Er hat daran gemußt, im gemeinen Leben, er hat sterben müssen. Mit setzen. Leib und Leben, Hab und Gut daran setzen, an oder auf das Spiel setzen, es wagen. Sie will ihr ganzes Vermögen daran setzen.Am häufigsten mit seyn. (a) Er ist sehr eifrig daran, er arbeitet eifrig an der Sache. Wir wollen mit Ernst daran seyn, daß u. s. f. wir wollen uns mit Ernst bemühen. Ich will mit allem Fleiße daran seyn, daß ihr bezahlet werdet. (b) Er ist sehr übel daran, er befindet sich in übeln Umständen. Ich bin bey ihm sehr wohl daran, ich gelte viel bey ihm. O wie wohl ist doch daran, Sprach ich, der so leben kann! Opitz. Im Hochdeutschen ist das Verbum seyn in diesem Verstande nur mit den Nebenwörtern wohl, übel, gut, schlecht u. s. f. üblich; daher es nicht nachzuahmen ist, wenn es bey dem Opitz heißt: Dieß Volk ist so daran, Daß es vor allen nicht viel Noth ertragen kann. (c) Ich weiß nicht, wie ich daran bin, in was für Umständen ich mich befinde; doch nur figürlich, was ich von der Sache glauben soll. Ich sehe schon, wie ich mit ihm daran bin, was ich von ihm halten soll. Man weiß immer nicht, wie man mit ihm daran ist. Du bist sehr unrecht daran, du irrest dich, bist in der Sache sehr übel berichtet. Wenn ich anders recht daran bin, wenn ich mich anders nicht irre. (d) Es ist nichts daran, es ist nichts Wahres an der Sache; ingleichen, die Sache taugt nichts.

Anm. 1. In vielen der obigen R. A. stehet daran für darin; S. An. Andere Arten des Ausdruckes, wo daran für darin stehet, sind im Hochdeutschen nicht nachzuahmen; z. B. die Erde und was daran ist, Sprichw. 8, 26.

Anm. 2. Daran wird im gemeinen Leben sehr oft bloß relative gebraucht. Die Sache, daran ich schon lange gearbeitet habe. Die Wand, daran ich sitze. Allein es bleibt alle Mahl ein Fehler, wenn man das demonstrativo-relativum da mit dem bloß relativen wo verwechselt. Hier sollte es heißen woran. S. dieses Wort.

Anm. 3. So wohl im gemeinen Leben, als in der Dichtkunst wird daran oft in dran zusammen gezogen. Er will nicht dran. Ich sehe nichts Schönes dran. Allein acht Groschen wag ich dran, Gell. Ein Fehler ist die Zertrennung dieses Wortes: Da denket keiner an, Haller, für daran denket keiner; so wie die Verdoppelung des da, da will keiner daran, S. Da II. und An.

Anm. 4. Bey dem Ottfried lautet diese Partikel dar ana, bey dem Notker dara ana, und bey den Schwäbischen Dichtern theils dar an, theils auch schon daran. Unsshuldig wil ich sin daran Sol zwein gelieben iht geschehen, der Burggraf von Linnz.


Darauf (W3) [Adelung]


Darauf, und Darauf, adv. demonstrativo-relativum, des Ortes, für auf diesem, auf dieses, auf dasselbe, auf demselben. Es ist,1. Ein Adverbium demonstrativum, da es den Ton auf der ersten Sylbe hat, und gern zu Anfange eines Satzes, oder doch in dem Vordersatze stehet. Es bezeichnet, 1) ein Seyn oder Handeln an und über der Oberfläche einer Sache. Darauf setze dich. Darauf sollst du liegen. Dieß ist der rechte Weg, darauf wandele. Hier ist ein Stecken, darauf sollst du reiten. Und fand einen Altar, darauf war geschrieben u. s. f. Apostelg. 17, 27. Darauf räuchertest du. 2) Eine Bewegung nach der Oberfläche einer Sache, ingleichen die Richtung des Gemüthes auf einen Gegenstand und nach demselben. Daraufsiehe. Darauf mußt du hören. Darauf denke ich eben. Darauf verstehe ich mich vortrefflich. Darauf kann man sich verlassen. Darauf lasse ich mich nicht ein. Darauf darfst du eben nicht eifersüchtig seyn. Es kommt nur noch darauf an, ob er seinen Willen dazu geben wird. Darauf soll es mir nicht ankommen. 3) Den Bewegungsgrund, die Ursache einer Handlung, oder einer Bewegung des Gemüthes. Er hat ein gutes Herz, und darauf ist er stolz. Darauf darfst du dir nichts einbilden. 4) Einen Endzweck. Darauf gehet er eben aus. Darauf ist die ganze Sache angefangen. Es ist bloß darauf angefangen, mich um das Meinige zu bringen. Unrichtig ist es daher, wenn in dieser anzeigenden Bedeutung von den Dichtern die erste Sylbe dieses Wortes kurz gebraucht wird. Nur weich darauf zu sitzen, Zu sorgen nicht, zu prangen, Darauf ists angefangen, Logau, wo das zweyte darauf hierher gehöret, welches in seiner ersten Hälfte nicht hätte sollen kurz gemacht werden. 5) Eine Zeitfolge, für nach diesem, hierauf, wo es zugleich die Stelle eines Bindewortes vertritt. Darauf ging der Streit wieder an. Darauf entstand ein Lärmen. In diesem Falle kann darauf ohne Unterschied für hierauf gebraucht werden.2. Ein adv. demonstrativo-relativum, welches den Ton auf der letzten Sylbe hat, und gerne im Nachsatze, wenigstens nie zu Anfange eines Satzes stehet. Es bedeutet, 1) ein Seyn oder Handeln an und über der Oberfläche einer Sache. Die Katze sitzt nicht auf dem Baume, aber der Vogel sitzt darauf. Hier ist ein Clavier, spiele darauf. Du suchest das Pferd, und sitzest doch darauf. 2) Eine Bewegung nach der Oberfläche einer Sache, ingleichen, die Richtung des Gemüthes auf einen Gegenstand, und überhaupt den Gegenstand einer Handlung. Der Tisch ist naß, lege dich nicht darauf. Hier stehet ein Stuhl, setze dich darauf. Hast du eine Wunde, so lege ein Pflas=ter darauf. Gehe nur gerade darauf zu. Legen sie noch einen Gulden darauf. So auch figürlich. Ich habe ihm Geld darauf gegeben. Ich kann nicht darauf kommen, ich kann mich nicht darauf besinnen. Wie kamen sie darauf, wie fiel ihnen das ein? Er ist zornig, neidisch, eifersüchtig darauf. Denke doch darauf. Weißt du auch, daß der Galgen darauf stehet? daß dieses Verbrechen mit der Strafe des Galgens bedrohet ist. Ich will mich mit allem Fleiße darauf legen. Ich sehe, ich höre nicht darauf. Merke doch darauf. Warte darauf. Helfen sie mir doch darauf, geben sie mir Gelegenheit, mich darauf zu besinnen. Er bestehet darauf. Er verstehet sich sehr gut darauf. Ich habe lange darauf geantwortet. Kann ich mich darauf verlassen? Hoffe nicht darauf, rechne nicht darauf. Ich wollte viel darauf wetten. Und in so vielen andern Fällen mehr. Wenn von einer heftigen Handlung die Rede ist, so werden im gemeinen Leben noch die Wörter zu, los, hinein u. s. f. hinzu gesetzet. Darauf los arbeiten, darauf zuschlagen, darauf los schlagen, darauf los borgen u. s. f. Doch drücket darauf zu auch nur eine bloße Bewegung nach einem Orte aus. Gehe gerade darauf zu. Wir fuhren gerade darauf zu. 3) Eine Gegenwart bey einer Handlung, doch nur in einigen Fällen. Ich war nicht auf der Jagd, aber mein Freund war darauf. Gestern war Ball, bist du auch darauf gewesen? S. Auf. 4) Den Bewegungsgrund, die Ursache einer Handlung. Er bildet sich viel darauf ein. Ich bin stolz darauf. 5) Einen Endzweck. Er war darauf angefangen. Er ist schon lange darauf ausgegangen. 6) Eine Zeitfolge. Wir aßen und darauf gingen wir spazieren. Man hat mich betrogen und darauf gar um das Meinige gebracht. Wen n die Zeit bestimmt ist, so tritt darauf hinter das Substantiv, welches alsdann in der ersten Endung stehet. Wenige Tage darauf. Sechs Monathe, vier Wochen darauf. Eine Stunde darauf. Den Tag darauf, als ich dich sahe. In einigen Fällen, besonders wenn kein Zahlwort dabey ist, hat auch die zweyte Endung Statt. Tages darauf. Des Abends, des Morgens darauf. Abends, Morgens darauf. Des Mittags darauf. Aber nicht der Stunde, oder der Woche darauf, sondern die Stunde u. s. f.

Anm. 1. Mit einigen Verbis, wo die Beziehung dieses Wortes dunkel ist, entstehen allerley figürliche R. A. Dahin gehöret besonders das Zeitwort gehen. Aller Wein ist darauf gegangen, ist ausgetrunken worden. Er mußte darauf gehen, sterben. Er wird wohl darauf gehen, sterben. Sein Bißchen Ehre mag immer darauf gehen, Less., sie mag bey dieser Gelegenheit immer verloren gehen. Und wenn auch mein ganzes Vermögen darauf ginge, wenn mir diese Sache auch mein ganzes Vermögen kosten sollte.

Anm. 2. Darauf lässet sich nicht in allen den Fällen gebrauchen, wo man die Redensart mit auf diesem, auf demselben auflösen kann. Man sagt ganz richtig, du warest auf dem Rathhause, aber ich war nicht auf demselben, wir wohnen nicht auf dem Lande, sondern wir bleiben nur den Sommer über auf demselben; aber nicht, du warst auf dem Rathhause, aber ich war nicht darauf, wir wohnen nicht auf dem Lande, sondern wir bleiben nur den Sommer darauf. Noch unverzeihlicher ist es, wenn man diese Partikel für auf dasjenige braucht. Darauf, was neulich berichtet ist, dienet zur Antwort. Derjenige, diejenige, dasjenige ist eines von denen Fürwörten, die sich durch keine dieser Partikeln ersetzen lassen; S. Da II.

Anm. 3. Auch ist es wider die Natur aller dieser Partikeln, das bloße Relativum welcher auszudrucken; daher man niemahls darauf für worauf sagen sollte, so oft solches auch geschiehet. Der Sattel, darauf er reitet, 3 Mos. 15, 9. Alle Lager, darauf er lieget, und alles, darauf er sitzet, V. 4. Wer anrühret irgends was, darauf sie gesessen hat, V. 22. Einen Altar mache mir, darauf du dein Brandopfer opferst, 2 Mos. 20, 24. Und so in andern Stellen mehr, wo diese Partikel unrichtig für worauf stehet.

Anm. 4. Bey allen Partikeln dieser Art ist die Verdoppelung des Vorwortes ein Fehler, wie schon bey dem Worte Da angemerket worden; z. B. auf welch Land der Herr dein Gott Acht hat, und die Augen des Herren - immerdar darauf sehen, 5 Mos. 11, 12. Auf dero letzt gethane Frage, darauf dienet zur Antwort u. s. f.

Anm. 5. Im gemeinen Leben wird diese Partikel, wenn sie zugleich relativ ist, sehr oft in drauf zusammen gezogen. Und satzte sich drauf, Matth. 28, 2. Dem der drauf saß, Offenb. 6, 4. Und legte die Decke oben drauf, 2 Mos. 40, 19. Drauf schwiegen sie und sahn einander an, Gell. Und bey dem heftigen Beginnen Geht unsre Lust am ersten drauf, Rost.

Anm. 6. Schon Ottfried gebraucht tharuf von einem Orte, und B. 4, Kap. 7, V. 113 kommt bey ihm sogar das zusammen gezogene drof in der Bedeutung einer Zeit für ferner vor: Inthabe, quod er zi iru, thih,Drof ni ruari thu mih, enthalte dich, sprach er zu ihr; rühre mich ferner nicht an. Im Angels. lautet diese Partikel daerof. S. Da II. und Auf.


Daraus (W3) [Adelung]


Daraus, und Daraus, adv. demonstrativo-relativ. für aus diesem, aus demselben. Es ist, wie alle Partikeln dieser Art.1. Ein Demonstrativum, da es den Ton gleichfalls auf der ersten Sylbe hat, gerne zu Anfange eines Satzes stehet. Es bedeutet, 1) eine Bewegung aus einem Orte; doch mehr figürlich, als eigentlich. Habe Friede, daraus wird dir viel Gutes kommen, Hiob 22, 21. Du wirst sehen, was daraus kommen wird. Daraus entspringen alle Laster. Daraus kann nichts Gutes kommen. Daraus folgt, daß u. s. f. 2) Die Materie, den Stoff, aus welchem etwas geworden, oder entstanden ist, so wohl eigentlich, als figürlich. Daraus kann ich nichts machen. Was sollte ich daraus machen? Und ich warfs (das Gold) in das Feuer, daraus ist das Kalb worden, 2 Mos. 32, 24. Daraus darfst du eben kein Geheimniß machen. Was soll denn daraus werden? 3) Den Grund der Erkenntniß. Das kannst du daraus abnehmen. Daraus läßt sich schließen, urtheilen u. s. f.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der letzten Sylbe hat, und alle Mahl hinter einem oder mehrern Wörtern stehet. Es bedeutet auch hier, 1) eine Bewegung aus einem Orte; doch nicht so wohl eigentlich, in welcher Bedeutung heraus üblicher ist, als vielmehr figürlich. Es ist verwirrte Sache, es kann niemand daraus kommen, wo vielleicht auch heraus schicklicher ist. Alles dieses folget daraus. Es ist viel Unglück daraus entsprungen. 2) Die Materie, den Stoff, einer körperlichen oder unkörperlichen Sache. Du machst eine Gewohnheit daraus. Beschließet einen Rath, und werde nichts daraus. Es. 8, 10. Ich mache mir nichts daraus, ich achte es nicht. Ich weiß nicht, was ich daraus machen soll, was ich davon urtheilen soll. 3) Den Grund der Erkenntniß, eines Urtheiles. Das hättest du längst daraus schließen können. Ich sehe daraus, daß ihm nicht zu trauen ist.

Anm. Fast alles, was bey dem vorigen Worte angemerket worden, lässet sich auch auf dieses anwenden. Der bloß relative Gebrauch, für woraus, ist auch hier nicht selten. Das Land, daraus du uns geführet hast, 5 Mos. 9, 28. Der Becher, daraus ich getrunken habe, für woraus. Sie begaben sich nach - von daraus sie an ihre Zurückberufung arbeiteten, ist doppelt fehlerhaft, weil auch hier nicht einmahl woraus stehen kann; besser, und arbeiteten von hieraus an u. s. f. Im gemeinen Leben wird es häufig in draus zusammen gezogen, und alsdann wird zuweilen noch ein zweytes da fehlerhaft vorgesetzet; da draus wird nichts, für daraus. In dem Fragmente eines alten Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter lautet dieses Wort tha uz und thar uz, in dem Gedichte auf den heil. Anno diuruz, und bey den Schwäbischen Dichtern dar us. S. Da II. und Aus.


Daraußen (W3) [Adelung]


Daraußen, S. Draußen.


Darben (W3) [Adelung]


Darben, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben zu sich nimmt. 1) * Nöthig haben, brauchen, welche Bedeutung aber völlig veraltet ist, seitdem das zusammen gesetzte bedürfen üblicher geworden, S. dieses Wort. 2) * Mangel an etwas leiden, einer Sache entbehren, da es denn so wohl mit der zweyten, als mit der vierten Endung verbunden wird. Thie heimingens tharbent, die kein Vaterland haben, Ottfr. Er suliches ni tharbe, ebend. Si muos der miner minne ie mer darbende sin, der von Kiurenberg; sie muß da meiner Liebe immer entbehren. Was soll mir Gut und Geld, so ich ihr darben muß? Opitz. Er darbet nichts und sagt doch ihm gebricht, ebend. Ein schönes Angesicht kann Schmink und Anstrich darben, Gryph. Muß ich dessen Einfluß darben, Günth. Im Hochdeutschen ist auch diese Bedeutung fremd; Hr. Ramler hat sie in seinen Horazischen Oden einzuführen versucht, und es wird sich zeigen, ob sie Beyfall finden wird. Im Oberdeutschen ist sie überall gänge und gebe. Im Hochdeutschen gebraucht man dieses Zeitwort, 3) nur absolute und in engerer Bedeutung, an den nothwendigsten Bedürfnissen Mangel leiden. Die Reichen müssen darben, Pf. 34, 11. Der verlorene Sohn fing an zu darben, Luc. 15, 14. Wenn ihr nun darbet, Kap. 16, 9. Auch ein König kann darben, wenn er, wie ein Apicius prasset, Dusch. Oft darbet eine edle Seele auf dem Throne, ebend. Er sahe seine Geliebte sich in den Gram verzehren und darben, ebend. In den zusammen gesetzten Zeiten, ich habe gedarbt, hatte gedarbt, wird es wohl nicht leicht gefunden werden.

Anm. Schon bey dem Ulphilas bedeutet tharban und thaurban, nöthig haben. Das Schwed. tarfwa, und Angels. thearfan, bedeuten so wohl nöthig haben, als Mangel leiden. Im Nieders. lautet dieses Zeitwort darfen, bey dem Ottfried tharben, bey dem Notker aber darben. Im Arab. ist taraba arm seyn. S. Dürfen, welches genau damit verwandt ist.


Darbiethen (W3) [Adelung]


Darbiethen, verb. irreg. act. ( S. Biethen,) zum Gehen vorhalten, eine Sache, die man einem andern geben will, ihm wirklich vorhalten, da denn dieses Wort in der edlen und anständigen Schreibart für das niedrigere hinhalten, vorhalten, gebraucht wird. Und bothen lieber frey Geld dar vor ihr Leben, 3. Macc. 2, 33. So dir jemand einen Streich giebet auf deinen rechten Backen, dem biethe den andern auch dar, Matth. 5, 39. Ich Wollte, daß sie das Vergnügen mit mir theilen könnten, welches mir meine Einsamkeit überall darbiethet. Seine erhabene Stirn schien sich den Schlägen des Schicksals darzubiethen, ohne demselben zu trotzen. Ich suche die mannigfaltigen Quellen der Freude auf, die sich uns darbiethen, Dusch. Die erste Gelegenheit welche sich darbieten wird. So auch die Darbiethung.

Anm. Darbiethen unterscheidet sich hinlänglich von anbiethen. Dieses druckt nur eine Bereitwilligkeit etwas zu geben aus, jenes aber die wirkliche Vorhaltung der Sache, die gegeben werden soll. Darreichen hat mit darbieten fast einerley Bedeutung, S. dieses Wort und Dar.


Darbringen (W3) [Adelung]


Darbringen, verb. irreg. act. ( S. Bringen,) herbringen; ein Oberdeutsches Verbum, welches nur zuweilen in der höhern Schreibart der Hochdeutschen vorkommt. Und sollt den Tisch darbringen und ihn zubereiten, 2 Mos. 40, 4. Sie sollen einen jungen Farren darbringen zum Sündopfer, 3 Mos. 4, 14. Ich wollte die Zahl meiner Gänge anfangen, und wie ein Fürst wollte ich sie darbringen, Hiob 31, 37. So auch die Darbringung. Thara bringan kommt mehrmahls schon bey dem Ottfried vor. S. Dar.


Darein (W3) [Adelung]


Darein, und Darein, adv. demonstrativo-relativ. Welches alsdann gebraucht wird, wenn das Vorwort in die vierte Endung zu sich nimmt, für in diesen, in diese, in dieses, in denselben, in dieselbe, in dasselbe. Es ist,1. Ein Demonstrativum, da es den Ton auf der ersten Sylbe hat, und gern am Anfange eines Satzes stehet, eine Bewegung oder Richtung nach dem Innern, nach der Mitte einer Sache auszudrucken. Darein (in dieses Gefäß) darf nichts gegossen werden. Ingleichen, in verschiedenen figürlichen Arten des Ausdruckes. Darein kann ich mich nicht finden. Darein gebe ich meinen Willen nimmermehr. Noch mehr aber.2. Ein Demonstrativo-Relativum, gleichfalls eine Bewegung nach dem Innern oder der Mitte einer Sache zu bezeichnen, da es denn den Ton auf der letzten Sylbe hat. Die Lampe brennet dunkel, thue Öhl darein. Er nahm das Horn, und bliesdarein. Das Geld lieget in dem Schranke, ich habe es selbst darein geleget. Da nahm Saul das Schwert und fiel darein, 1 Sam. 31, 4. Mische dich nicht darein. Ich kann mich nicht darein schicken. Man hat schon darein gewilliget. Gib dich nur geduldig darein. Die Sache kann nicht vor sich gehen, es ist etwas darein gekommen. Grittus sollte Hochzeit machen, und es kam was anders darein, Logau. Mit dem Schwerte, mit Knütteln darein (darunter) schlagen. Der Frühling flochte Blumen ins Haar der Erde ein, Aurora streute Perlen und Schmelz von Thau darein, Dusch. Und haben Schuhe von Stahl, der Mann der freundlichen VenusVerbarg des Blitzes Geschwindigkeit drein, Raml. Hierher gehören auch verschiedene figürliche R. A. welche aus der Verbindung dieses Wortes mit einigen Verbis entstehen. Etwas darein geben, zugeben. Es gehet darein, es kann als eine Zugabe angesehen werden. Sich darein legen, in einen Streit, sich in das Mittel schlagen. Hinter jemanden darein Laufen, hinter ihm herlaufen. Ich fange an zu laufen, er aber lief mir immer hinten drein, Raben. Rede mir nicht darein, unterbrich mich nicht. Darein fehlen, eine Sache ahnden, in verschiedenen Stellen der Deutschen Bibel.

Anm. 1. Darein kann nur gesetzt werden, wenn das Vorwort in die vierte Endung zu sich nimmt. Erfordert es die dritte, so stehet darin. Freylich wird sehr oft dawider gefehlet. Indessen gibt es auch Fälle, wo es gleichgültig zu seyn scheinet, ob man darein oder darin gebraucht. Er machte die Stadt fest und bauete ihm ein Haus darein, 1 Macc. 13, 48 ließe sich immer noch vertheidigen.

Anm. 2. Auch dieß Wort darf nicht bloß relative gebraucht Werden. Da ist eine Stadt nahe, darein ich fliehen mag, 1 Mos. 19, 20. Das Land Canaan, darein ich euch führen will, 3 Mos. 18, 3. Kap. 20, 22. Das Land, darein ihr gehet, 5 Mos. 31, 13. In diesen und andern ähnlichen Fällen sollte es worein, oder noch besser in welche, in welches heißen.

Anm. 3. Daß das Demonstrativo-Relativum oft in drein, zusammen gezogen wird, besonders von den Dichtern um des Sylbenmaßes willen, erhellet schon aus einigen der oben angeführten Beyspiele. S. Da II. Ein, In und Darin.


Darge (W3) [Adelung]


* Die Darge, plur. die -n, ein nur in der Mark Brandenburg übliches Wort, eine messingene Angel mit einem rothen Lappen zu bezeichnen, vermittelst welcher die Hechte gefangen werden, weil sie den rothen Lappen für Rothangen ansehen. Daß er als wie ein Hecht an deine Darge biß, Canitz. Und wenn kein großer Hecht hier in die Darge beißt, ebend. Vermuthlich von dem Nieders. targen, zergen, reitzen. Im Schwed. bedeutet targa, zerreißen. S. Zerren.


Dargeben (W3) [Adelung]


Dargeben, verb. irreg. act. ( S. Gehen,) welches nur im Oberdeutschen üblich ist, für hingeben, darreichen. Und will sie (Die Weisheit) öffentlich zu erkennen dargeben, Weis. 6, 24. Durch solche dargegebene und zugeschickte Wachteln, Kap. 16. 3. Welche Menschen ihrer Seelen dargegeben haben, für den Nahmen unsern Herrn Jesu Christi, Apost. 15, 26. Der sich selbst für mich dargegeben, Gal. 2, 20. Gott, der uns dargibt reichlich, allerley zu genießen, 1 Tim. 6, 17. Der vielen anzusehen ausdrücklich dargegeben Sein fest gebundnes Haupt und sein erstrecktes Leben, Opitz, von dem auferweckten Lazarus. S. Dar.


Darhalten (W3) [Adelung]


Darhalten, verb. irreg. act. ( S. Halten,) ein gleichfalls nur im Oberdeutschen übliches Wort, für hinhalten, darreichen. Ich hielt meinen Rücken dar, denen die mich schlugen, Es. 50, 6. Und hielten es ihm dar zum Munde, Joh. 19, 29. S. Dar.


Darin (W3) [Adelung]


Darin, und Darin, adv. demonstrat. relat. welches alsdann gebraucht wird, wenn in die dritte Endung zu sich nehmen sollte, für in diesem, in dieser, in demselben, in derselben. Es ist,1. Ein Demonstrativum, und bezeichnet alsdann ein Seyn oder eine Gegenwart in einem Orte und Zustande, wobey es den Ton zugleich auf der ersten Sylbe hat. Denn es war da aufgericht das Vordertheil der Hütten, darinnen war der Leuchter u. s. f. Ebr. 9, 2. Darin sehe ich nichts. Darin hast du es versehen. Du betrogest dich darin, daß du glaubtest u. s. f. Die wahre Herzhaftigkeit bestehet darin, daß man sich über alle Zufälle erhebe, Sonnenf.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der letzten Sylbe hat, und gleichfalls ein Seyn in einem Orte oder Zustande bedeutet, so wohl eigentlich als figürlich. Es ist nichts darin. Ich habe es ja darin gesehen. Er hat ein Haus, aber er wohnet nicht darin. Das Zimmer ist gut, aber es sahe sehr unordentlich darin aus. Er hat sich so darin vertieft, daß er weder stehet noch höret.

Anm. 1. So wie aus bey diesem, durch dieses, an dieses, um dieses u. s. f. dabey, dadurch, daran, darum wird, so wird auch aus in diesem, darin. Es ist also keine begreifliche Ursache vorhanden, warum diese Partikel darinn, darinne, oder gar darinnen lauten sollte, so sehr auch diese Form nicht nur in der Deutschen Bibel, sondern auch bey den meisten neuern Schriftstellern üblich ist. Es stehet nicht gar zu ordentlich darinne aus, Gell. Es stehen solche artige Historien darinne, ebend. Hülfliche Hand darinnen zu leisten, Gottsch. Darinn ich selbst verstoßen hatte, ebend. Ich habe darinnen mein Glaubensbekenntniß abgeleget, ebend. Man kann diese Verlängerung mit nichts als mit der Oberdeutschen Weitschweifigkeit entschuldigen, die auch wohl darumme und darummen für darum zu sagen und zu schreiben pflegt. Hochdeutsche Schriftsteller sollten sich diese Fehler niemahls zu Schulden kommen lassen. Indessen ist er schon alt; Ottfried gebraucht tharinne, der Verfasser des Siegesliebes auf den König Ludwig thorinne, der Verfasser des Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug tharinne, tha inne. Dar inne al min froide lit, einer der Schwäbischen Dichter. Aber eben diese Schriftsteller gebrauchen auch das einfache inna, innan für in, welches doch noch kein Hochdeutscher nachgeahmet hat; denn das Nebenwort innen gehöret zunächst nicht hierher. Hierinnen, innehaben, innehalten, mitteninne u. s. f. haben eben diese fehlerhafte Verlängerung angenommen.

Anm. 2. Im Oberdeutschen ist es sehr gewöhnlich, diese Partikel wieder zu zerreißen. Da was der Tod ynne, Horn. Als sy nun kamen in die stat Da dieser Kempfer innen was, Theuerd. Kap. 77. Welches auch in der Deutschen Bibel sehr häufig vorkommt. Das Land da du ein Fremdling innen gewesen bist, 1 Mos. 17, 8. Kap. 28, 4. Kap. 35, 27. Das Dunkele, da Gott inne war, 2 Mos. 20, 21. Ein Volk, da kein Rath innen ist, 5 Mos. 32, 28. Ein Land, da Öhl und Honig innen ist, 2 Kön. 18, 32. Cramer, ein Cöllner von Geburt, aber ein Nürnbergischer Sprachmeister, gibt dieses in seinem Deutsch-Italiän. Wörterbuche gar für eine Zierlichkeit aus. Im Oberdeutschen mag sie es seyn; Im Hochdeutschen ist sie ein Fehler.

Anm. 3. Die jetzt aus der Deutschen Bibel angeführten Beyspiele haben über dieß noch den Fehler, daß darin in denselben bloß relative für worin gebraucht worden, welches noch in vielen andern Stellen geschehen ist. Alles Fleisch, darinnen ein lebendiger Odem ist, 1 Mos. 6, 17. Ephrons Acker, darinn die zwiefache Höhle ist, Kap. 23, 17. Und das Land, darinn sie Fremdlinge waren, Kap. 36, 7. Den Weg, darinnen sie wandeln, 2 Mos. 18, 20 und in andern Stellen mehr, wo überall worin hätte gebraucht werden sollen.

Anm. 4. Drin, oder gar drinnen, für darin, ist nur im gemeinen Leben üblich.


Darlage (W3) [Adelung]


Die Darlage, plur. die -n, eine Sache, welche dargeleget wird, besonders aber Geld zu bezeichnen, welches bezahlet wird. In den Gerichten wird die Bezahlung der aufgelaufenen Unkosten, und in dem Bergbaue die Zubuße, zuweilen die Darlage genannt.


Darlegen (W3) [Adelung]


Darlegen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen nur zuweilen in der höhern Schreibart vorkommt, vorlegen, hinlegen, Lege das dar, vor meinen und deinen Brüdern, daß sie zwischen uns beyden richten, 1 Mos. 31, 37. In dem weiten und fetten Land, das du ihnen dargeleget hast, Nehem. 9, 35. Und legt dar alles Gut in seinem Haus., Sprich. 6, 31. Ich aber will fast gerne darlegen und dargeleget werden für eure Seelen, 2 Cor. 12, 15. Mit Gründen darlegen, beweisen, darthun. So auch die Darlegung.


Darlehen (W3) [Adelung]


Das Darlehen, des -s, plur. ut nom. sing. im Oberdeutschen die Darleihe, plur. die -n, dasjenige, was man einem andern lehnet oder leihet, besonders Geld. Einem ein Darlehen geben. Jemanden um ein Darlehen ersuchen. Ein Darlehen, oder eine Darleihe auf Pfänder. S. das folgende. In Baiern ist für Darlehen auch Darschuß üblich.


Darlehnen (W3) [Adelung]


Darlehnen, verb. reg. act. im Oberdeutschen darleihen, verb. irreg. act. ( S. Leihen,) lehnen oder leihen, besonders Geld leihen. Einem eine Summe Geldes darleihen, oder darlehnen. S. Lehnen und Leihen. Daher die Darleihung oder Darlehnung, ingleichen der Darleiher, der einem andern etwas leihet.


Darm (W3) [Adelung]


Der Darm, des -es, plur. die Därme, Diminut. das Därmchen, Oberdeutsch Därmlein, diejenigen häutigen Röhren in den thierischen Körpern, welche den Nahrungssaft weiter befördern, und das Untaugliche aus dem Körper abführen. 1) Eigentlich. Das Reißen in den Därmen haben. Der feiste Darm, S. Fettdarm. Der große Darm, S. Mastdarm. Der leere Darm, der mehrentheils leer gefunden wird; Intestinum jejunum. Der krumme Darm, der unter dem Nabel liegt, bis zum untern Schmerbauche gehet, und unter allen der längste ist; Intestinum ilium. Der blinde Darm, dessen unterer Theil verschlossen ist; Intestinum coecum. 2) Uneigentlich, obgleich nach einer niedrigen Figur, Darmsaiten. Und wo ich glauben soll, so hör' ich auf den sanften Därmen Die Gratien im Circul schwärmen, Günth.

Anm. Darm, Nieders. Daarm, lautet bey dem Raban Maurus Darm, im Angels. Thearm, im Isländ. Tharm, im Schw. Tarm. Im Oberdeutschen lautet der Plural auch die Darme, und in andern gemeinen Mundarten, nach dem Muster der Niedersachsen, die Därmer. Eine Sammlung aller Därme in einem Körper heißet das Gedärm.


Darmbeere (W3) [Adelung]


Die Darmbeere, plur. die -n, ein Nahme, welcher an einigen Orten auch der Frucht des Sperberbaumes oder der Arlesbeere gegeben wird, und vermuthlich aus dem Lat. Crataegus torminalis gebildet ist. S. Arlesbeere und Elsebeerbaum.


Darmbein (W3) [Adelung]


Das Darmbein, des -es, plur. die -e, in der Zergliederungskunst, der unterste Theil des Hüftbeines oder ungenannten Beines, an welchem der krumme Darm anlieget; Os ilium oder ilii. Daher das Darmbeinmäuslein, ein Mäuslein, welches an der inwendigen Seite des Darmbeines entspringet, und dessen Höhle mit ausfüllet; Musculus iliacus.


Darmbeitze (W3) [Adelung]


Die Darmbeitze, plur. von mehrern Arten, die -n, bey den Saitenmachern, eine Lauge, den Schleim damit von den Därmen zu beitzen.


Darmbruch (W3) [Adelung]


Der Darmbruch, des -es, plur. die -brüche, ein Bruch des Darmfelles in der Gegend des Schooßes; Enterocele, bey dem Viehe der Weidebruch. S. Bruch.


Darmdrüse (W3) [Adelung]


Die Darmdrüse, plur. die -n, kleine Drüsen, welche in großer Menge an den Därmen befindlich sind, deren Nutzen aber noch unbekannt ist.


Darmfell (W3) [Adelung]


Das Darmfell, des -es, plur. die -e, die dünne, weiche und zarte Haut, welche alle innere Theile des Unterbauches umgibt; Peritonaeum.


Darmfistel (W3) [Adelung]


Die Darmfistel, plur. die -n, eine Fistel, oder ein Geschwür in dem Mastdarme.


Darmgicht (W3) [Adelung]


Die Darmgicht, plur. car. 1) Die Gicht in den Därmen, ein heftiges mit Krämpfen der Bauchmuskeln verbundenes Reißen in dem groben Gedärme; im Oberdeutschen die Darmfraiß, der Darmjammer. 2) Oft verstehet man unter dem Nahmen der Darmgicht auch nur alle Arten von Schmerzen in den Gedärmen, wenn sie gleich nicht mit so heftigen Zufällen verbunden sind.


Darmhaspel (W3) [Adelung]


Der Darmhaspel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Haspel der Saitenmacher, die zerschnittenen Darmsaiten vor dem Beißen darauf zu haspeln.


Darmhaut (W3) [Adelung]


Die Darmhaut, plur. die -häute, die zarte Haut, welche die Därme umgibt.


Darmruhr (W3) [Adelung]


Die Darmruhr, plur. car. eine Krankheit der Gedärme, da die Speisen wenig oder gar nicht verdauet fortgehen; Passio coliaca. S. Ruhr.


Darmsaite (W3) [Adelung]


Die Darmsaite, plur. die -n, eine aus Därmen verfertigte Saite, dergleichen so wohl die Tonkünstler, als Drechsler u. s. f. gebrauchen.


Darmschwanz (W3) [Adelung]


Der Darmschwanz, des -es, plur. die -schwänze, bey einigen, der wurmförmige Anhang des blinden Darmes.


Darmstrenge (W3) [Adelung]


Die Darmstrenge, plur. inus. ein heftiger Schmerz in den Gedärmen; die Kolik.


Darmweh (W3) [Adelung]


Das Darmweh, des -es, plur. car. im gemeinen Leben, ein jeder Schmerz in den Gedärmen; S. Kolik.


Darmwurm (W3) [Adelung]


Der Darmwurm, des -es, plur. die -würmer, eine allgemeine Benennung aller derjenigen Würmer, welche sich in den Därmen der Menschen und Thiere aufhalten.


Darnach (W3) [Adelung]


Darnach, und Darnach, adv. demonstrativo-relativ. für nach diesem, nach dieser, nach demselben, nach derselben. Es ist,1. Ein Demonstrativum, welches den Ton auf der ersten Sylbe hat, und begleitet alsdann, 1) Das Ziel einer Bewegung, einer Bemühung, oder eines Verlangens. Die Tugend gehet über alles, darnach strebe. Darnach hast du nicht zu fragen. Trachte nicht nach Reichtum, trachte vielmehr darnach, daß dich jedermann für rechtschaffen halte. 2) Eine Vorschrift, ein Muster. Die Regel ist gut, darnach kannst du dich immer richten. Es gibt noch tugendhafte Beyspiele in der Welt, darnach richte dich.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der letzten Sylbe hat. Es bedeutet, 1) gleichfalls das Ziel einer Handlung, oder eines Verlangens. Und sie trachteten darnach, wie sie ihn griffen, Matth. 21, 46. Ich begehre deine Gebothe, denn mich verlanget darnach, Pf. 119, 131. Er rin-get, läuft, strebt darnach. Seufze nicht darnach, du bekommst es doch nicht. Wie entfernt ist oft das, wornach wir uns am brünstigsten sehnen, von dem, warum wir uns darnach sehnen, von der Glückseligkeit! Er fraget nichts darnach, er achtet es nicht. 2) Eine Vorschrift, ein Muster. Ich habe es dir ja vorgeschrieben, warum richtest du dich nicht darnach? Du weißt das Geboth, und thust doch nicht darnach. 3) Eine Beschaffenheit, die Art und Weise einer Handlung, das Verhältnis der Wirkung zu der Ursache, besonders im gemeinen Leben. Die Waare ist nicht theuer, aber sie ist auch darnach, ihr Werth ist ihrem geringen Preise gemäß. Ich wollte ihn gerne befördern, aber er ist nicht darnach, er ist nicht so beschaffen, daß man ihn befördern kann. Seine Kräfte sind nicht darnach, (sind nicht so beschaffen,) daß er die Cur aushalten könnte. Er könnte etwas bessers seyn, wenn er darnach gelebt hätte. Sauer sollte die Traube seyn: sie stehet mir doch nicht darnach aus. Sie machen es darnach, daß man ihnen nicht gut seyn kann. Du hast es darnach gemacht, daß dich jedermann hassen muß. Er hat schlechten Credit, aber seine Sachen stehen auch darnach. Das ist auch der Mensch darnach, der mich ausstechen sollte. Es lässet sich nicht darnach an, daß es wohlfeiler werden wollte. Darnach der Mann ist, bratet man ihm den Vogel, so wie er beschaffen ist. Darnach die Zeiten seyn werden. 4) Eine Ordnung, eine Zeitfolge, hernach. Gleich darnach, bald darnach, kurz darnach, lange darnach, nicht lange darnach. Wenn die Zeit vermittelst eines Substantives ausgedrucket wird, so stehet dieses in der vierten Endung, und darnach tritt hinter dasselbe. Eine Stunde darnach, sechs Wochen darnach, vier Jahre darnach. In dieser Bedeutung nimmt es zuweilen die Gestalt eines fortsetzenden Bindewortes an, welches den Nominativ hinter das Zeitwort wirft. Adam ist am ersten gemacht, darnach Heva, 1 Timoth. 2, 13. Er ging plötzlich weg, darnach sahe ich ihn nicht weiter. Wir gingen in die Kirche, darnach gingen wir spazieren.

Anm. 1. Für daar na sagen viele Niedersachsen auch den darna und do darna, und zusammen gezogen dennerna, doorna. Dieß verleitet auch einige hochdeutsche Schriftsteller, das da zu verdoppeln, welches doch bey allen Wörtern dieser Art ein Fehler ist. Da fragt er viel darnach, Gottsch. Auch für das Relativum wornach oder wonach kann dieses Wort der Regel noch nicht stehen. Das Erbe, darnach man zuerst sehr eilet, Sprichw. 20, 21.

Anm. 2. Dieses Wort ist die einzige Partikel dieser Art, wo das dar vor einem Consonanten auch im Hochdeutschen allgemein geblieben ist. Die Ursache davon lässet sich nicht angeben, vermuthlich ist ein bloßes Ungefähr Schuld daran. Bey den Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern kommt diese Partikel sehr frühe, so wohl in Beziehung auf eine Sache, als auch auf eine Zeit vor. Bey dem Kero heißt sie danan, danaan, bey dem Ottfried thanana, bey Isidors Übersetzer dhar after, bey dem Notker dara nah, bey dem Willeram tharnah, darenah, und bey den Schwäbischen Dichtern dar nach.


Darnieder (W3) [Adelung]


Darnieder, S. Danieder.


Darob (W3) [Adelung]


* Darob, eine völlig Oberdeutsche Partikel, 1) für darüber. Sie werden ein gnädiges Gefallen darob haben. Sein darob gehabter Abscheu. Drob wir bestürzet werden sollen, Opitz. Ohne Zweifel ist es nur aus Noth geschehen, wenn einige Hochdeutsche Dichter diese fremde Partikel mit eingeschoben haben. Der Mutter schaudert drob in ihrem Grabe, Schleg. Wien zittere darob, Gleim. 2) Für daraus. Ihr werdet darob ersehen u. s. f. In beyden Fällen ist sie hochdeutschen Ohren ein Ärgerniß, außer in dem Niedrig-Komischen, wo sie wie alle ähnliche Wörter ihre Wirkung thut. Des Ritters Heldenmähre entsatzte sich darob so sehr. Ottfried gebraucht drof, so wohl für daher, als auch für davon.


Daroben (W3) [Adelung]


Daroben, S. Droben.


Darrbalken (W3) [Adelung]


Der Darrbalken, oder Dörrbalken, des -s, plur. ut nom. sing. in den Malzdarren, Balken oder eiserne Stäbe, worauf die Darrbreter liegen. Ähnliche Lager auf den Darröfen in den Schmelzhütten führen gleichfalls diesen Rahmen.


Darrband (W3) [Adelung]


Das Darrband, S. Dörrband.


Darrblech (W3) [Adelung]


Das Darrblech, oder Dörrblech, des -es, plur. die -e, 1) In den Malzdarren, durchlöcherte Bleche, worauf das Getreide gedarret wird. 2) In den Schmelzhütten, die blecherne Thür vor dem Darrofen; die Darrwand.


Darrbret (W3) [Adelung]


Das Darrbret, oder Dörrbret, des -es, plur. die -er, in den Malzbarren, durchlöcherte Breter, deren man sich zuweilen statt der Darrbleche bedienet, das Malz darauf zu darren.


Darre (W3) [Adelung]


Die Darre, plur. die -n, von dem Zeitworte darren, oder dörren. 1) Die Handlung des Dörrens, ohne Plural. Die Darre des Malzes, des Obstes vornehmen. Die Darre ist dieß Mahl schlecht gerathen. 2) Ein Ofen, so wohl das Getreide zu Malze, als auch Obst, Hopsen, Flachs, Tobak u. s. f. zu dörren oder zu darren, ingleichen das Gebäude, in welchem sich ein solcher Ofen befindet; das Darrhaus. 3) Eine Krankheit der Thiere und Gewächse, welche mit einem Ausdorren der Säfte verbunden ist, und bey dem Menschen die Auszehrung, die Schwindsucht genannt wird. Doch nennet man die Schwindsucht bey den Kindern im gemeinen Leben gleichfalls die Darre; S. Darrsucht. Bey den Pferden heißt diese Krankheit auch das Feuer, S. dieses Wort. Am üblichsten ist diese Benennung von einer gewissen Krankheit der Vögel, welche mit einem Geschwüre über dem Schwanze verbunden ist, welches gleichfalls den Nahmen der Darre führet; S. Dürrmaden. Bey den Bäumen bestehet die Darre in einer Austrocknung, da denn die Schale abfällt und der Baum wurmstichig und dürr wird.


Darreichen (W3) [Adelung]


Darreichen, verb. reg. act. welches in der anständigern und höhern Schreibart der Hochdeutschen für überreichen, ingleichen für das niedrige hinhalten gebraucht wird. Daß Hosea nicht darreichte Geschenke dem Könige zu Assyrien alle Jahre, 2 Kön. 17, 4. Und sie reichten ihm einen Groschen dar, Matth. 22, 19. Aus dem Vermögen, das Gott darreichet, 1 Petr. 4, 11. Er reichte den Hals unerschrocken dar. Dann werde ich ruhig mein Haupt dem Tode darreichen, Sonnenf. Und reicht ihm eine Bittschrift dar, Gell. So auch die Darreichung.

Anm. Darreichen bedeutet so viel als darbiethen, d. i. einem eine Sache, die man ihm geben will, hinhalten. Beyde schließen die Annehmung noch nicht mit ein. Die Figur, 2 Pet. 1, 5. Reichet dar in eurem Glauben Tugend, und in der Tugend Bescheidenheit, ist ungewöhnlich. S. Dar.


Darren (W3) [Adelung]


Darren, verb. reg. act. in besondern Öfen dürre machen, dörren. 1) Eigentlich, Malz darren, das Getreide vermittelst des Dörrens auf der Darre zu Malz machen. Obst, Flachs, Hopfen darren, es auf der Darre trocknen. 2) Figürlich, in den Schmelzhütten, das Kupfer darren, die geseigerten Erzkuchen, welche nunmehr Kienstöcke genannt werden, durch ein noch stärkeres Feuer zwingen, alles noch übrige mit Silber vermischte Bley herzugeben, welches in besondern Darröfen geschiehet.

Anm. Darren ist in der gemeinen Mundarten so viel als in den anständigern dörren. Indessen ist diese Form schon alt. Tharan und irtharan gebraucht schon Ottfried für trocken machen, durch Hitze oder Dürre auszehren: Ther thiz Lant so tharta, der dieß Land so dürre machte, B. 3, Kap. 12, V. 27. Die Isländer sagen gleichfalls thaerra. S. Dörren.


Darrenstaub (W3) [Adelung]


Der Darrenstaub, des -es, plur. car. in der Brauerey, dasjenige, was von dem fertigen Malze vor dem Schroten durch Sieben abgesondert wird, und aus Staub, Spreu u. s. f. bestehet.


Darrfieber (W3) [Adelung]


Das Darrfieber, plur. inus. im gemeinen Leben, ein mit der Auszehrung verbundenes Fieber; ein auszehrendes Fieber.


Darrgekrätz (W3) [Adelung]


Das Darrgekrätz, des -es, plur. car. in den Schmelzhütten, dasjenige, was bey dem Darren der Kienstöcke von denselben abfällt; das Darrkrätz, das Darrofenzeug.


Darrgeld (W3) [Adelung]


Das Darrgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, an einigen Orten, die Abgabe, welche der Obrigkeit für die Freyheit, Malz zu machen, gegeben werden muß.


Darrhaus (W3) [Adelung]


Das Darrhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, worin Malz, Obst, Flachs u. s. f. gedarret wird; die Darre.


Darrhorde (W3) [Adelung]


Die Darrhorde, oder Darrhürde, plur. die -n, aus häselnen Ruthen oder Draht geflochtene Horden, auf welche das Malz bey dem Darren ausgebreitet wird.


Darrkrätz (W3) [Adelung]


Das Darrkrätz, S. Dargekrätz.


Darrling (W3) [Adelung]


Der Darrling, des -es, plur. die -e, in den Schmelzhütten, dasjenige Kupfer, welches von den Kienstöcken in dem Darrofen zurück bleibet, gedorretes Kupfer; Darrkupfer, durch eine verdorbene Aussprache auch ein Dorn, in den Oberdeutschen Schmelzhütten ein Darndel, Därdl.


Darrmalz (W3) [Adelung]


Das Darrmalz, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, auf der Darre zubereitetes Malz, zum Unterschiede von dem Luftmalze.


Darrofen (W3) [Adelung]


Der Darrofen, des -s, plur. die -öfen, ein jeder Ofen, worin ein anderer Körper gedarret, oder gedörret wird. In den Glashütten ist es ein Ofen, in welchem das Holz zum Glasschmelzen getrocknet wird, in den Schmelzhütten aber ein Ofen, worin die Kienstöcke, oder die gesteigerten Erzkuchen durch eine stärkere Hitze ihres noch übrigen mit Silber vermischten Bleyes beraubet werden.


Darrsucht (W3) [Adelung]


Die Darrsucht, plur. car. die Auszehrung des Leibes bey zarten Kindern; die Atrophie, die Dörrsucht. Daher darrsüchtig, adj. et adv. damit behaftet.


Darrwand (W3) [Adelung]


Die Darrwand, plur. die -wände, S. Darrblech 2.


Darsetzen (W3) [Adelung]


Darsetzen, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen und der höhern Schreibart der Hochdeutschen üblich ist, hinsetzen, vorsetzen. Du sollst die Speise und den Trank selbst darsetzen, Bel. zu Babel V. 10. Ingleichen figürlich. Wenn ein Greuel der Verwüstung dargesetzet wird, Dan. 12, 11. Gut und Blut für einen darsetzen, wagen. Mit Darsetzung Gutes und Blutes. S. Dar.


Darstellen (W3) [Adelung]


Darstellen, verb. reg. act. vor Augen stellen, gegenwärtig machen. 1) Eigentlich, körperlich vor Augen stellen. Und Abraham stellete dar sieben Lämmer, 1 Mos. 21, 28. Lasset sie ihre Zeugen darstellen, Es. 43, 9. Auf daß sie ihn darstelleten dem Herrn, Luc. 2, 22. Jemanden in seiner Blöße darstellen, andern sichtbar machen. Sich einem darstellen, sich ihm darstellen, sich ihm auf eine feyerliche Art zeigen. In diesem Augenblick stellt sich ein Hirt ihm dar, Wiel. 2) Figürlich, abbilden. So schön Selinde wirklich war,So schön und schöner noch stellt sie der Mahler dar, Gell. In gleichen, dem Geiste auf eine lebhafte Art gegenwärtig machen. Der Dichter muß Handlungen und Leidenschaften darstellen. Die Stell setzt deinem Geiste dar, Gell. Die Liebe kennt ihr aus den Rittern, Die uns Cervantes dargestellt, Haged. So auch die Darstellung, welches auch die Art und Weise Bezeichnet, wie ein Schriftsteller die vorgetragenen Sachen dem Geiste des Lesers gegenwärtig macht. Die Darstellung Christi im Tempel, zu deren Erinnerung ein besonderes Fest gefeyert wird, welches unter dein Nahmen der Reinigung Maria am bekanntesten ist. S. Dar.


Darstrecken (W3) [Adelung]


Darstrecken, verb. reg. act. welches im Oberdeutschen am üblichsten ist, aber doch auch zuweilen in der Hochdeutschen höhern Schreibart vorkommt, hinstrecken. Da sie es von ihm forderten - streckte er die Hände dar, 2 Macc. 7, 10. Hier streckt ein Faun den vollen Becher Der Nymphe dar, die ihn zu küssen winkt, Wiel. Ingleichen figürlich, darbiethen. Der Leib und Gut für sein Volk dargestreckt, 2 Macc. 15, 30. Wie auch für darleihen. Einem Geld darstrecken, vorstrecken, leihen. So auch die Darstreckung. S. Dar.


Darthun (W3) [Adelung]


Darthun, verb. irreg. act. ( S. Thun,) * Eigentlich, darstellen, körperlich gegenwärtig machen; in welcher Bedeutung aber dieses Wort nicht üblich ist. 2) Figürlich und in engerer Bedeutung, die Wahrheit oder Falschheit einer Sache begreiflich machen. Ich kann es mit seinen eigenen Briefen darthun, daß mir Unrecht geschiehet. Etwas mit Zeugen darthun. Ingleichen, die Wahrheit oder Falschheit einer Sache durch Gründe deutlich machen, beweisen. Ich habe es ihm auf die unwidersprechlichste Art dargethan. In einer Decision des Administratoris des Erzbisthums Magdeburg von 1671 heißt es von diesem Worte: "Weil auch wegen des Wortes darthun - viel Streit in denen Gerichten entstanden - so wird hiermit decidiret, daß im Fall einem per sententiam oder decretum etwas darzuthun auferlegt würde, hierdurch ein ordentlicher oder förmlicher Beweis, durch das Beybringen aber nur eine bloße Bescheinigung verstanden werde."


Darüben (W3) [Adelung]


Darüben, S. Drüben.


Darüber (W3) [Adelung]


Darüber, und Darüber, adv. demonstrativo-relativum, für über dieses, über dasselbe, über diesem, über demselben. Es ist,1. Ein Demonstrativum, da es den Ton auf der ersten Sylbe hat, und bedeutet alsdann, 1) eine Gegenwart über eine Sache, oder eine Bewegung über die Oberfläche derselben. Hier ist die Wunde, darüber lege ein Pflas=ter. Hier ist die Grenze, darüber darfst du nicht schreiten. Darüber ist er weg, figürlich, dieses rühret ihn nicht mehr. Darüber gehet nichts, es wird durch nichts übertroffen. 2) Den Gegenstand einer Handlung des Leibes oder des Gemüthes. Darüber muß ich klagen und heulen, Mich. 1. 8. Darüber hat man mir keinen Vorwurf zu machen. Darüber werde ich nicht unruhig. Darüber habe ich mich noch nicht beklaget. Er beschweret sich darüber, daß er zu viel arbeiten muß. Darüber bin ich Herr. Darüber hat niemand zu befehlen. Darüber ward er empfindlich, und sagte mir die unverschämtesten Dinge, Gell. Wobey sich, 3) zuweilen der Begriff der Zeit mit einschleicht, für während, über dieser Beschäftigung. Du brachtest deine Zeit mit Klagen zu, darüber ist nun der Frühling vergangen. Darüber vergehet die beste Zeit.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der mittelsten Sylbe hat. Es begleitet alsdann, 1) eine Gegenwart über eine Sache, und eine Bewegung über dieselbe hin. Der Fluß ist zwar breit, aber man hat eine Brücke darüber ge-bauet, daß man darüber gehen kann. Man muß es darüber schreiben, wenn man wissen soll, was es ist. Leget ein Pflas=ter darüber. Er stieß an einen Stein und fiel darüber. Er ist darüber weg, oder hin, das rühret ihn nicht mehr. Es gehet alles darüber und darunter, oder drüben und drunter, es gehet verwirrt durch einander. Ich will mich darüber machen, ich will diese Arbeit anfangen. Decke die Speise zu, daß die Katze nicht darüber (dazu) komme. Wenn er darüber kommt, wenn er es gewahr wird. 2) Den Gegenstand einer Veränderung des Körpers oder des Geistes, als eine Figur der vorigen Bedeutung. Er hat die Sorge darüber auf sich genommen. Die Zeiten sind gut, klage nicht darüber. Ich will mich darüber bedenken. Du hast nicht Ursache, dich darüber zu beschweren. Ich muß einen Schein darüber bekommen. Machen sie mir darüber keinen Vorwurf. Wir wollen mit einander darüber sprechen, uns darüber berathschlagen. Sie sind Herr darüber. Er hält fest darüber. Man hat ein Urtheil darüber gefället. Mache nur nicht gar zu lange darüber. 3) Eine Ursache, Veranlassung; als eine Fortsetzung der vorigen Figur. Darnach versündigten sie sich durch Baal und wurden darüber getödtet, Hos. 13, 1. Ich setzte mir vor, mich zu fleißigen des Guten, und ich ward darüber nicht in Schanden, Sir. 51, 24. Sind denn meine Gründe so schlecht, daß ich darüber ihre Hochachtung verlieren sollte. Gell. Ist es nicht genug, daß ich sie reich machen will, soll ich auch noch darüber zum armen Manne werden? ebend. 4) Eine Zeit, auch als Fortsetzung der zweyten Bedeutung: darüber, über dieser Beschäftigung. Das Werk ist nicht fertig geworden, denn der Verfasser ist darüber gestorben. Das hast du von deinem Zaudern, die beste Zeit ist darüber vergangen. Wie oft habe ich dich in meinen Armen erwartet! aber der Frühling ist darüber verblühet, Dusch. Dahin auch die R. A. darüber zu kommen, während einer Handlung dazu kommen. Sie aßen, und wir kamen eben darüber zu. 5) Eine Vermehrung, ein Übermaß; als eine Figur der ersten Bedeutung, im Gegensatze des darunter. Von zwanzig Jahren und drüber, 2 Mos. 30, 14. Sechzig Jahr alt und drüber, 3 Mos. 26, 13. Was er gesündigt hat, soll er wieder geben, und das fünfte Theil darüber, Kap. 5, 16. Sechs Wochen und darüber, über sechs Wochen. Es sind schon vier Jahre und drüber. Es ist schon ein Viertel darüber. Da man es mit dem Somer maß, fand der nicht darüber, der viel gesammelt hatte, 2 Mos. 16, 18.

Anm. 1. Die Zusammenziehung dieses Wortes in drüber ist im gemeinen Leben sehr häufig, so wie auch der bloß relative Gebrauch desselben für worüber. Ist das der Fluß, darüber ich schwimmen soll? Das Land, darüber ich habe meine Hand gehaben, 2 Mos. 6, 8. Nehem. 9, 15. Das Haderwasser darüber die Kinder Israel haderten, 5 Mos. 20, 13. Der ich dem Meere den Sand zum Ufer setzte, darüber es nicht gehen muß, Jer. 5, 22. Und so in andern Stellen mehr, wo und worüber Statt finden kann.

Anm. 2. Ehedem wurden darafter, darab, und darob in eben dieser Bedeutung gebraucht. Sie erschraken darab gar seer, Theuerd. Kap. 86. Die im Schloß sahen darab sauer, Kap. 80. Darob der Held thet gfallen tragen, Kap. 68. S. Da II. und Über. Drob kommt noch häufig in der Deutschen Bibel vor; S. Darob.


Darum (W3) [Adelung]


Darum, und Darum, particula demonstrativo-relativa für um diesen, um diese, um dieses, um denselben u. s. f. Sie ist,I. Eine anzeigende Partikel, und zwar. 1. Ein anzeigendes Umstandswort, da es den Ton auf der ersten Sylbe hat. Es bedeutet alsdann, 1) um diesen Ort herum, für da herum. Darum wickele das Band. Hier ist die rechte Stelle, darum muß der Faden gewickelt werden. Freylich ist diese Zusammenziehung für die edle Schreibart zu hart, daher man sie in derselben lieber vermeidet, und um diese u. s. f. dafür gebraucht. 2) Den Gegenstand einer Beschäftigung oder Wirkung des Geistes. Darum bath ich dich mit Thränen. Darum hat sich niemand zu bekümmern. Darum ist es mir eben zu thun. Es ist ihm bloß darum zu thun, daß ich zu ihm kommen soll. 3) Eine Verwechselung, eine Vertauschung, für dafür, im gemeinen Leben. Darum gebe ich keinen Häller. Darum kann ich meine Waare nicht geben, für diesen Preis. Ingleichen, den Verlust einer Sache. Ob ich das Buch noch habe? Ach, darum bin ich längst gekommen. Darum hat man mich längst gebracht. Darum bin ich schändlich betrogen worden. Der Arme hat nichts, denn ein wenig Brots, wer ihn darum bringt, der ist ein Mörder, Sir. 34, 25. 4) Eine Ursache, für um deßwillen, deßwegen. Empfinde ich darum weniger, weil ich mir vornehme, nichts zu empfinden? Dusch. Dieses habe ich darum gesagt, damit du wissen möchtest, u. s. f. Werde ich dir darum untreu, weil ich mit einer andern rede? Ich thue es darum, weil es mir so gefällt. In dieser Bedeutung ist es2. Als ein Bindewort am üblichsten, welches einer Ursache zur Begleitung dienet, und, wenn keine andere Partikel dazu kommt, den Nominativ hinter das Zeitwort wirst. Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen, 1. Mos. 2, 24. Die Brücke war abgerissen, darum konnten sich so wenige mit der Flucht retten. Ich wußte nicht, wo er sich aufhielt, darum konnte ich auch nicht an ihm schreiben. Nur hüthe man sich, darum nicht in dem Nachsatze zu setzen, wenn sich der Vorderfaß mit weil anfängt. Weil ich nicht wußte, wo er sich aufhielt, darum konnte ich nicht u. s. f. Hier muß so stehen. Hingegen, kann darum in dem Vordersatze ohne Übelklang das weil im Nachsatze haben. Ich konnte darum nicht an ihn schreiben, weil ich nicht wußte u. s. f. Das biblische darum daß, für weil, ist im Hochdeutschen veraltet. Darum daß seine Seele gearbeitet hat, wird er u. s. f. Es. 53, 11. Ingleichen im Nachsatze: darum daß er sein Leben in den Tod gegeben hat, V. 12.Oft fänget darum, besonders im gemeinen Leben, die Antwort an, wenn mit warum gefraget worden. Warum hast du das gethan? Darum, weil es mir so einfiel. In der anständigern Schreibart setzet man das weil lieber allein, weil dieses den Begriff des darum schon mit einschließet. Und hat für ein Warum? zehn Darum bey der Hand, Dusch. Bloß die demonstrative Bedeutung dieser Partikel ist die Ursache, warum sie in diesem Falle den Ton auf der ersten Sylbe hat, und nicht die Gravität des Lehrenden, wie ein gewisser Schriftsteller in allem Ernste behauptet. Sie hat das mit allen ähnlichen Partikeln gemein, in welche die Gravität des Lehrenden gewiß keinen Einfluß hat.II. Eine Partikel, welche nebst der anzeigenden auch eine beziehende Bedeutung hat, oder ein demonstrativo-relativum, da es denn den Ton auf der letzten Sylbe hat. Es bedeutet, 1) um denselben Ort herum. Und band einen rothen Faden darum, 1 Mos. 38, 28. Wenn du ein neues Haus bauest, so mache eine Lehne darum, 5 Mos. 22, 8. Der pflanzte einen Weinberg und führte einen Zaun darum, Matth. 21, 32. Ich will tombackne Treffen darum nehmen, Gell. Weil Keuschheit und Vernunft darum zu Wache stehn, Haller. Im Hochdeutschen ist dieser Gebrauch selten, weil man in diesem Falle die Partikel lieber auflöset, um denselben, um dasselbe, oder auch herum gebraucht. 2) Den Gegenstand einer Beschäftigung des Leibes oder des Geistes. Ich gab es ihm, weil er mich darum bath. Ihr habt nicht Ursache, euch darum zu bekümmern. Ich mußte es wohl sagen, man fragte mich ja darum. Es war ihm sehr darum zu thun. Sie wußten nichts darum, sie wußten nichts davon. Er bekümmert sich wenig darum. Es bemühet sich ja niemand darum. Es soll darum geloset werden. 3) Eine Verwechselung, oder Vertauschung. Ich both ihm zehen Thaler, aber er wollte es nicht darum (dafür) geben. Tausend Thaler wollte ich darum geben, wenn es nicht geschehen wäre. Ingleichen den Gegenstand eines Verlustes. Ich habe es nicht mehr, ich bin darum gekommen; man hat mich darum gebracht, betrogen. Hier wird die erste Sylbe im gemeinen Leben oft gar verschlungen. Ach solltest du nur erst die Liebe besser kennen, Du gäbst noch etwas drum, Rost. Er hat mich drum gebracht. Es sey darum, es kommt mir darauf nicht an, es mag geschehen. Es mag darum seyn. 4) Eine Ursache. Wer seinen Knecht oder Magd schläget, der soll darum gestraft werden, 2. Mos. 21, 20. 21. Was zürnet ihr darum? 2 Sam. 19, 42. Du solltest es nicht haben, ich that es eben darum. Ich lobe sie darum, ich lobe sie deßwegen.

Anm. 1. Die Zusammenziehung in drum gehöret auch in Ansehung dieser Partikel in die Sprache des täglichen Umganges, die Zerreißung aber unter die veralteten Schönheiten. Daß dieß unmöglich ist, da will ich um nicht streiten. Opitz. Eben derselbe gebraucht auch um daß für weil: Ich muß mit Danke Gott erheben, Um daß er seine Gütigkeit Euch mitgetheilet dieser Zeit. Eben von darum, oder von darummen, für darum, z. B. ohne daß von darummen die Wahl zu verwerfen, kommen noch in einigen Oberdeutschen Kanzelleyen vor.

Anm. 2. Hingegen ist im Hochdeutschen auch der bloß relative Gebrauch dieser Partikel nicht selten. Die Ursache, darum ich es gethan habe. Daß du mir Weisheit verleihest, - darum wir dich gebethen haben, Dan. 2, 23; für warum oder worum. S. Da II.

Anm. 3. Bey dem Übersetzer Isidors lautet diese Partikel noch umbi dhazs, bey dem Willeram aber schon darumbe, in dem alten Gedichte auf Carl des Großen Feldzug bey dem Schilter tha umbe, und bey dem Schwäbischen Dichtern dar umbe. S. Da. II. und Um.


Darunten (W3) [Adelung]


Darunten, S. Drunten.


Darunter (W3) [Adelung]


Darunter, und Darunter, adv. demonstrativo-relativum, für unter dieses, unter diesem, unter dasselbe, unter demselben. Es ist,1. Ein anzeigendes Umstandswort, welches den Ton auf der ersten Sylbe hat, und bezeichnet, 1) eine Gegenwart unter einer Sache, ingleichen eine Bewegung unter dieselbe hin. Hier ist ein festes Dach, darunter ist man vor dem Regen sicher. Darunter (unter dieser Stelle) muß das Feuer gemacht werden. Darunter hat er sich verborgen. 2) Ein Mittel; als eine Figur der vorigen Bedeutung. Darunter (in oder bey dieser Sache) leidet seine Eigenliebe. Darunter (damit) sucht er nichts Gutes. 3) Eine Verminderung einer Zahl, oder eines Werthes; im Gegensatze des darüber. Es kostet sechs Thaler, darunter kann ich es nicht geben. 4) Eine Gegenwart oder Wirkung unter mehrern Dingen. Darunter ist dieß das beste. Darunter ist kein Unterschied. Da stehet ein Haufen Leute, aber darunter menge ich mich nicht. Darunter, unter diesen Personen, sehe ich meinen Freund nicht. Wider die Art dieser Nebenwörter kann darunter auch von Personen gebraucht werden. S. Da II.2. Ein mehr beziehendes Umstandswort, welches den Ton auf der zweyten Sylbe hat. Es bedeutet, 1) eine Gegenwart unter einer Sache; und eine Bewegung unter dieselbe. Da stehet ein Tisch, krieche darunter. Mache ein Feuer darunter, unter den Kessel. Hier ist ein Dach, stelle dich darunter. Es gehet alles darüber und darunter, es gehet sehr verworren zu, 2) Die Beziehung auf einen Gegenstand. Seine Familie leidet Darunter, leidet in, mit und bey der Sache. Was sucht er darunter, wenn er nicht mein Unglück bey ihnen sucht? Gell. Ehre und Tugend leiden allerdings darunter, wenn wir uns auf Kosten anderer ernähren wollen. 3) Eine Verminderung. Alle Kinder von zwey Jahren und darunter. Da man es mit dem Somer maß - fand der nicht darunter, der wenig gesammelt hatte, 2 Mos. 16, 18. Es kostet sechs Thaler, ich kann es nicht darunter geben. 4) Eine Gegenwart oder Wirkung unter mehrern Dingen. Da stand ein Haufen Volkes, und er stand mitten darunter. Der Wein ist nicht rein, es ist Wasser darunter gemischet. Dieß ist das beste darunter. Man hat es schon mit darunter gerechnet. Es ist kein Unterschied darunter. Die Ducaten sind gut, nur einer darunter ist zu leicht. Auch hier kann es von Personen gebraucht werden.

Anm. Alles Volk darunter du bist, 2 Mos. 34, 16. Die Decke darunter er lag, Judith 13, 19. für worunter, gehören unter die Fälle, wo die Partikel da mit der bloß relativen wo verwechselt wird. Drunter ist nur im gemeinen Leben üblich, so wie die Verdoppelung des da, da drunter sehe ich nichts Gutes. Bey dem Notker lautet dieses Nebenwort dar undere, bey dem Stryker und den Schwäbischen Dichtern darunter und drunder. S. Da II. und Unter.


Darwägen (W3) [Adelung]


Darwägen, verb. irreg. act. ( S. Wägen,) welches aus der Oberdeutschen Mundart entlehnet ist, aber auch in der höhern Schreibart der Hochdeutschen gebraucht wird, hinwägen, aufwägen, vorwägen, dem Gewichte nach zustellen. Abraham gehorchte Ephron, und wug (wog) ihm das Geld dar, 1 Mos. 23, 16. So soll er Geld darwägen, 2 Mos. 22, 17. Oder sollt einen Centner Silber darwägen, 1 Kön. 20, 39. Und wug ihnen dar unter ihrer Hand sechshundert und funfzig Centner Silbers, Esr. 8, 26. Und wug das Geld dar auf einer Wage, Jer. 32, 10. S. Dar.


Darzählen (W3) [Adelung]


Darzählen, verb. reg. act. mit welchem es eben die Beschaffenheit hat, wie mit dem vorigen, hinzählen, aufzählen, der Zahl nach zustellen. Warum zählet ihr Geld dar, da kein Brot ist? Es. 55, 2. Und zählete sie (die Gefäße) dar Sesbazar, dem Fürsten Juda, Esra 1, 8. Zählt ihm das Geld mit Freuden dar, Gell. S. Dar.


Das (W3) [Adelung]


Das, das ungewisse Geschlecht so wohl des bestimmten Artikels der, als auch der Präposition der; S. diese Wörter.


Dase (W3) [Adelung]


Die Dase, plur. die -n, eine besonders in Niedersachsen übliche Benennung der Stechfliegen oder Brämsen, welche sie vermuthlich wegen ihres Summens erhalten haben, so wie der Nahme Brämse auch von brummen entstanden seyn kann. Das bedeutet inden alten Ober- und Niederdeutschen Mundarten ein Getöse, und dosen tönen, ein Getöse verursachen; S. Getöse.


Daselbst (W3) [Adelung]


Daselbst, und Daselbst, adv. demonstrativo-relativum, für da, allda, an diesem Orte, in demselben Orte. Es ist,1. Ein Demonstrativum, welches den Ton auf der ersten Sylbe hat. Daselbst sollst du wohnen, an diesem Orte. Daselbst sahe ich ihn. Tritt unter diesen Baum; daselbst will ich dich sehen und sprechen.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf die letzte Sylbe wirft. Er ist nicht mehr zu Berlin, aber vor vier Wochen war er noch daselbst. Ich habe euern Freund daselbst nicht gesehen. Ich war in der Kirche, waren sie auch daselbst?Anm. 1. Dieses Umstandsort wird im Hochdeutschen nur alsdann gebraucht, wenn in oder an ein Daseyn in einem Orte bedeuten, folglich wenn sie die dritte Endung zu sich nehmen. Es bleiben also alle die Fälle ausgeschlossen, welche eine Bewegung in einem Orte oder nach einem Orte einschließen; obgleich in der Deutschen Bibel häufige Beyspiele von diesem Gebrauche vorkommen. Und du sollst durch die Wand brechen und daselbst durch ausziehen, Ezech. 12, 5, für dadurch oder durch dieselbe. Kamen sie zu ihm hinab, daselbst hin, 1 Sam. 22, 1, für dahin. Sie werden forschen nach dem Weg gen Zion, daselbst hin zu Kehren, Jer. 50, 5, für dahin. Und führete mich daselbst hin, Jer. 40, 1. Und liefen daselbst hin zu Fuß, Marc. 6, 33. Er kommt - vom stolzen Jordan her, - denn ich will ihn daselbst her laufen lassen, Jer. 49, 19, für von demselben her.

Anm. 2. Daselbst lautet bey dem Ottfried io tha, und in den spätern Zeiten da selbs. Das davon gebildete Oberdeutsche Adjectiv daselbstig, ist im Hochdeutschen nicht aufgenommen, mein daselbstiger Freund, die daselbstigen Kaufleute; obgleich dasig in eben dieser Bedeutung ihnen nicht so unbekannt ist; S. dieses Wort. Beyde zu vermeiden, setzet man daselbst im Hochdeutschen zuweilen hinter das Substantiv, dem es zum Adjective dienen soll. Er kam nach Sachsen und besahe seine Güter daselbst, für, die er daselbst hat, oder seine dasigen Güter. Allein diese Ellipsis ist für ein feines Gehör viel zu hart, als daß sie dessen Beyfall gewinnen könnte.


Daseyn (W3) [Adelung]


Das Daseyn, des -s, plur. car. ein Substantiv, welches eigentlich der Infinitiv des Verbi seyn, mit dem Wörtchen da ist, und aus der Redensart da seyn zusammen gezogen worden. 1) Die Gegenwart an einem Orte. Er that es in meinem Daseyn, indem ich da war, in meiner Gegenwart. Ich befand mich vor einigen Monathen in Paris; allein die ganze Zeit meines Daseyns ging nichts merkwürdiges vor. 2) Die Existenz, ein Begriff, der so wenig einer Definition fähig ist, als die Wörter Seyn, Ding, Wesen, und andere. Du bist da, du mußt also den Zweck deines Daseyns erfüllen. Das Daseyn eines Unschuldigen ist ein nagendes Gewissen für seine Verfolger. Unser Daseyn ist keinem Geschöpfe unterworfen, wir stehen unmittelbar unter dem Schöpfer, Kästn. Der echten Freude Werth zu kennen, Ist gleichfalls unsers Daseyns Pflicht, Dusch. In dieser zweyten Bedeutung ist das Wort von den neuern Weltweisen eingeführet worden. Der Verfasser des alten Lobgedichtes auf den König Ludwig, bey dem Schilter, braucht B. 73. Hierwist, Hierseyn, in eben derselben Bedeutung, von wesen, seyn, welches in einem alten Vocabulario vor dem Ende des 15ten Jahrhunderts gleichfalls für existere gebraucht wird. S. Da II.


Dasjenige (W3) [Adelung]


Dasjenige, das ungewisse Geschlecht des Fürwortes derjenige welches siehe.


Dasig (W3) [Adelung]


Dasig, adj. welches von dem Umstandsworte da gebildet worden. Die Gegend um den Rhein ist fruchtbar, und der dasige Wein ist vortrefflich, der daselbst wächset. Ich bin in Wien gewesen und habe alle dasige Freunde gesprochen, die daselbst befindlich sind. Dieses Adjectiv ist aus dem Oberdeutschen entlehnet, wo man dafür auch daselbstig und alldasig gebraucht. Im Hochdeutschen ist es nur in den gemeinen Sprecharten und in dem täglichen Umgang üblich. Das s in der Mitte ist vermuthlich nur um des Wohlklanges willen eingeschoben, für daig.


Dasmahl (W3) [Adelung]


Dasmahl, adv. demonstrat. für dieses Mahl, welches nur im gemeinen Leben und der Sprache der Vertraulichkeit üblich ist. Ach Himmel, hilf mir doch dasmahl! Gell. Nein, nein, dasmahl möchte es ein mehreres seyn, Less., Dasmahl auf verbothenen Wegen und nimmermehr wieder! Weiße. S. Mahl.


Daß (W3) [Adelung]


Daß, eine Conjunction, welche überhaupt den Gegenstand einer Veränderung mit dem vorher gehenden Verbo verbindet, aber dabey oft von verschiedenen Nebenbegriffen begleitet ist. Sie bezeichnet,1. Den Gegenstand des vorher gehenden Verbi ganz einfach, ohne einigen Nebenbegriff, in welchem Falle sie oft das bloße Zeichen eines nachfolgenden Satzes ist. Sie hat alsdann,1) Den Indicativ bey sich, wenn der Gegenstand gewiß ist, oder doch als gewiß vorgestellet wird. Ich sehe, daß er kommt. Ich hörete, daß er sagte, er wolle nicht kommen. Ich fühle, daß mich jemand sticht. Ich weiß, daß es unrichtig ist. Es begab sich, daß der Arme starb. Glaubest du, daß du ein Sünder bist? Der Himmel weiß, daß ich bloß deinetwegen betrübt bin. Es ist doch ein unerträglicher Stolz, daß er mich verläßt, Gell. Ist es nicht möglich, daß ich alleine seyn kann? ebend. Vergeben sie mir, daß ich noch immer den Zerstreuten vorstelle, ebend. Ich fürchte, daß mir diese unglückliche Entdeckung schon mehr als zu bekannt ist, ebend. Ich freue mich, daß es ihnen wohl gehet. Gesetzt, daß es geschehen wird. Das ist die Glückseligkeit des Thoren, daß andere ihn für glückselig halten, Dusch. Ingleichen mit der Verneinung. Ich sehe wohl, daß ich es nicht erlangen werde. Kaum konnte ich mich enthalten, daß ich ihn nicht von dem Pferde riß, Weiße. In welchem Falle denn gemeiniglich der Nominativ des Hauptwortes und ein jeder Casus des persönlichen Fürwortes zwischen dem daß und nicht stehet.Zuweilen kann auch die gewöhnliche Folge der Wörter versetzet, und der Satz, der zu dem daß gehöret, voran geschicket werden. Daß er gelehrt ist, habe ich lange gewußt. Daß er kommt, sehe ich.Die Conjunction kann in dieser Bedeutung auch füglich einigen andern Redetheilen beygesellet werden, anstatt sich auf ein Verbum zu beziehen. Wir empfinden die Liebe oft, ohne daß wir wissen, daß es Liebe ist, Gell. für: und wissen nicht, daß u. s. f. oder: ohne zu wissen, daß u. s. f. So stirbt er, ohne daß ers nützt, Weiße. In der Zeit, daß ich auf ihn wartete. Indessen, daß ich auf ihn wartete. Nach welchem Umstandsworte das daß auch ausgelassen werden kann. Indeß der Überfluß auf jede seiner Spuren Ein ganzes Füllhorn leert, Raml. Und wo man bundesverwandte Nationen Bequem zur Schlachtbank schickt, Indessen man, sein Heer zu schonen, Von sichrer Höh weit um sich blickt, ebend. Indeß nicht weit davon in frisch gepreßtem Wein Zween Satyren ihre Kehlen baden, Wiel. Die Conjunction kann in dieser einfachen Bestimmung des Gegenstandes in mehrern Fällen ausgelassen werden, und alsdannkann ihre Stelle durch den Infinitiv, mit und ohne zu, ersetzet werden. Wir empfinden die Liebe oft, ohne zu wissen, daß es Liebe ist. Es ist doch ein unerträglicher Stolz, mich zu verlassen. Freylich lässet sich diese Wortfügung nur in wenig Fällen anbringen, ob sie gleich im Oberdeutschen häufiger ist. Ohne daß ich den geringsten Bericht erhalten, dergleichen vorhanden zu seyn. Wir glauben nicht, möglich zu seyn. Wir leben der Hoffnung, dieselben uns erlauben werden. Allein der erste Blick beym Eintritt schon erkannte, Dieß Zimmer eben das zu seyn,So mich u. s. f. Wiel. Welche Wortfügungen auch dem härtesten Hochdeutschen Ohre unerträglich fallen müssen. Die Verba sehen und hören bekommen den bloßen Infinitiv ohne zu. Ich sehe ihn kommen, ich sahe ihn reiten, ich höre ihn schreyen, wir höreten ihn blasen u. s. f. In andern Fällen wird bey der Auslassung des daß nur die Folge der Wörter verändert. Ich höre, er wird kommen, für daß er kommen wird. Ich weiß, du wirst es thun.2) Ist hingegen der Gegenstand der Handlung noch ungewiß, oder wird derselbe doch als ungewiß vorgestellet, so folget nach dem daß der Conjunctiv. Ich besorge, daß du stolz werden möchtest, oder werdest. Ich bath ihn, daß er es thun möchte. Ich rathe dir, daß du es nicht thuest. Er wollte, daß ich zu dir kommen sollte. Ich wünschte, daß du zu ihm gingest, oder gehen möchtest. Es ist nicht möglich, daß er eine solche Niederträchtigkeit begehen sollte, Gell. Ehe wollte ich glauben, daß mein Vater ihm geschrieben hätte. Aber woher wüßte ichs, daß du die Laute hättest haben wollen? Gell. Sollte man es ihm wohl ansehen, daß er zornig wäre? d. i. seyn könnte.Besonders gebraucht man das Conjunctiv gern, wenn man seine Worte oder die Worte eines andern anführet, zumahl wenn man an der Rede keinen Theil nehmen will, sondern die Wahrheit oder Unrichtigkeit derselben dahin gestellet seyn lässet. Er sagte, daß die Zärtlichkeit eine Schwachheit sey. Ihr habt ja immer gesagt, daß er ein vernünftiger Mann sey. Ich erwies ihr, daß sie verbunden wäre, zu heirathen. Wir antworteten, daß dieses nicht Statt haben könne.Im gemeinen Leben, selbst in der historischen Schreibart, ist es sehr gewöhnlich, das Bindewort bey dieser anführenden Art zu erzählen, durch einen Zwischensatz von seinem Satze zu trennen. Er meldete mir, daß, als er sich zu Wien befunden habe, ihm ein Zufall begegnet sey, der u. s. f. Welche Wortfügung zuweilen aus Noth geduldet werden muß, aber fehlerhaft wird, wenn dadurch die natürliche Construction des daß zerrissen wird, z. B. daß, als er sich zu Wien befunden habe, so sey ihm u. s. f.Indessen gibt es Fälle, wo ungeachtet der Anführung seiner oder fremder Worte der Indicativ stehen kann, wenn nehmlich der angeführte Satz gewiß und ausgemacht ist, oder doch dafür angenommen wird. Sage ihr, daß sie eine Närrin ist. Ich sagte es dir vorher, daß nichts daraus werden wird. Ich wollte ihr sagen, daß der Papa nach ihr gefragt hätte, Gell. besser hat. Sage ihr, daß er 50 000 Thaler bares Geld hätte, ebend. besser hat.In andern Fällen findet so wohl der Indicativ als Conjunctiv statt, je nachdem der Gesichtspunct ist, aus welchem man den Satz ansiehet. Ich hätte nicht gedacht, daß sie so zärtlich wäre, oder ist. Sie hat mir gesagt, daß sie schon wären, oder sind; daß sie alle mögliche Beobachtung verdienten, oder verdienen.In Obersachsen ist es indessen sehr üblich, das Bindewort daß mit dem Conjunctiv zu verbinden, wo der Verstand den Indicativ fordert. Der Spiegel erinnert mich, daß es Zeit sey (besser ist,) ernsthaft zu werden, Raben. Ich habe ihm die Versicherung gegeben, daß bey uns nicht die Musketier so galant thäten (besser thun,) wenn sie in der Schenke wären, (sind,) Gell. Wenn sie wüßte, daß wir von ihrer Andacht sprächen (besser sprechen,) ebend.Wenn dieses Wort einen Conjunctiv nach sich haben sollte, kann es auf verschiedene Arten ersetzet werden, die widrige Zusammenkunft mehrerer daß zu vermeiden. (a) Durch Auslassung der Conjunction und Veränderung der Folge der Wörter. Ich besorge, du möchtest stolz werden, für daß du stolz werden möchtest. Er wollte, ich sollte zu dir kommen. Welches besonders bey Anführung seiner oder fremder Worte Statt findet. Er sagte, die Zärtlichkeit sey eine Schwachheit. Sage ihr, sie sey eine Närrin. Die Conjugation aber zu verschweigen, und doch die Construction unverändert zu lassen, ist nur im Oberdeutschen üblich. Also können wir nicht umhin, Ew. - zu belangen, Ihro allergnädigst gefallen wolle, u. s. f. Ew. anheim zu stellen. Ihro erleuchtest belieben wolle. (b) Durch den Infinitiv und das Wörtchen zu. Ich bath ihn sehr, es mir zu geben. Ich rathe dir es nicht zu thun. Ein gutes Gehör muß entscheiden, in welchem Falle diese Ersetzung thunlich ist. Mir scheint der beste Rath, die Füße nicht zu sparen, Wiel. für, daß man die Füße nicht spare, wird manchen anstößig seyn. (c) Durch, als, als ob, als wenn, welche Wortfügung im gemeinen Leben häufig ist, aber in der edlen und anständigern Schreibart eine schlechte Figur macht, zumahl wenn sie ohne Noth und zu oft angebracht wird. Es sey ferne, daß ich damit sagen sollte, als müsse man, oder als ob man müsse, oder als wenn man müsse. Er hat meinen Vater überreden wollen, als ob ich ihn liebte, und als wenn du hingegen den Herren Damis liebtest, Gell. klingt äußerst unangenehm. S. Als. 6.2. Oft bezeichnet dieses Bindewort auch das Verhältnis der Ursache zu ihrer Wirkung, oder der Wirkung zu ihrer Ursache, welcher Gebrauch mit dem vorigen genau zusammen hänget, und eigentlich nur eine Unterart desselben ist. Es begleitet aber,1) Die Ursache, oder den Grund des in dem vorher gehenden Satze enthaltenen Begriffes. Ich freue mich, daß du gesund bist. Man verwundert sich, daß er noch lebt. Wundere dich nicht, daß die Gottlosen glücklich sind. Ich danke dir, daß du an mich gedacht hast. Ich erschrecke, daß ich sie so bestürzt sehe, Gell. Da der Satz, welcher die Conjunction vor sich hat, in dieser Bedeutung wohl nicht leicht ungewiß oder zweifelhaft ist, so hat hier auch alle Mahl der Indicativ statt.Zuweilen lässet sich das daß hier auch durch wie ersetzen. Wenn die Liebe nichts ist, als eine Pflicht, so wundert michs, wie sie so viele Herzen an sich ziehen kann, Gell.Unangenehm klingt es, wenn daß in dieser Bedeutung die Stelle des weil vertreten soll. Dieß kam alles daher, daß er es nicht bey Zeiten gemeldet hatte. Darum, daß sie mich verlassen haben, 1 Kön. 11, 33.2) Die Wirkung. Was kann ich dafür, daß sie mich rühret? Gell. Was hat er dir denn gethan, daß du ihm diese Ehre nicht auch erweisest? ebend. Ich habe es nicht verschuldet, daß man so mit mir umgehet. Er hat mich zur Wüsten gemacht, daß ich täglich trauern muß, Klagel. 1, 13. Oft thut die Inversion hier eine gute Wirkung. Daß dieser nur in Kleinigkeiten betriegt, daran ist seine Armuth Schuld. Daß er so wenig redt, das macht, er meint es treu, Gell. für: er meint es treu, und das macht, daß er so wenig redet.Besonders stehet diese Conjunction, wenn zwischen der Wirkung und ihrer Ursache gleichsam eine Vergleichung angestellet wird, da denn in diesem Vordersatze so vorher gehet. Er schwatzt so gelehrt, daß ihn kein Mensch versteht, Weiße. Macht es so, daß man dich loben kann. Es ist so schwer; daß ich es kaum heben kann. Ich bin bloß deswegen betrübt, weil sie mein Herz für so niedrig halten, daß ich meiner Schwester ihr Glück nicht gönnen sollte, Gell. Oft gesellet sich das so unmittelbar zu dem daß. Er macht seine Sachen vortrefflich, so daß ihn jedermann loben muß, für: so vortrefflich, daß u. s. f. Er ward krank, so daß er seine Geschäfte nicht mehr verrichten konnte. Oft aber wird es ausgelassen. Es schmerzt, daß man vergehen möchte. Er schreyt, daß man taub werden möchte.Ingleichen mit der Verneinung. Es ist so schwer, daß ich es nicht heben kann. Oft wird die Verneinung vermieden, wenn dem daß noch das Wörtchen als vorgesetzet, in dem Vordersatze aber zu eingeschaltet wird. Es war zu schwer, als daß ich es heben konnte. Ich war zu zärtlich gerühret, als daß ich viel reden konnte, d. i. ich war so zärtlich gerühret, daß ich nicht viel reden konnte.Auf eben diese Art kann man auch einem bejahenden Satze eine verneinende Gestalt geben, wobey der Nachdruck alle Mahl gewinnet. Er ist viel zu billig, als daß er mir sein Wort nicht halten sollte, für: er ist so billig, daß er nur sein Wort halten wird. Ihr Beyfall ist mir zu kostbar, als daß ihn meine Eigenliebe nicht mit Vergnügen anhören sollte, Gell. für: ihr Beyfall ist mir so kostbar, daß ihn meine Eigenliebe mit Vergnügen anhöret. S. Als. 1.Wenn diese Conjunction der Wirkung zur Begleitung dienet, so kann der Satz, vor welchem sie stehet, zweifelhaft seyn, und alsdann muß auch der Conjunctiv stehen. Er ist so gelehrt, daß man es kaum glauben sollte. Es ist zu schwer, als daß ich es heben könnte. Ich bin zu zärtlich gerührt, als daß ich viel reden könnte. Der Indicativ würde hier fehlerhaft seyn. Ich bin viel zu redlich, als daß ich ihr einen Mann mit so großem Vermögen entziehen will, Gell. für wollte, oder besser sollte.Im Oberdeutschen wird in dieser Bedeutung für daß oft um Gebraucht, welches aber im Hochdeutschen nicht erlaubt ist. Es ist schon mit solchen kräftigen Gründen bestärket worden, um es einer fernern Ausführung nicht zu bedürfen, für: daß es einer fernern Ausführung nicht bedarf.3. Eine andere Verrichtung dieser Conjunction bestehet darin, eine Endursache zu begleiten, in welchem Falle sie alle Mahl den Conjunctiv bey sich hat, weil diese Endursache noch zukünftig, ihre Erreichung also auch noch ungewiß ist. Komm her, daß ich dich betrachte. Zeige mir es, daß ich sehe, ob es richtig ist. Daß ihr Jünger Wahrheit und blendenden Trug erkenne, Raml. Ein Fehler ist es alle Mahl, die Conjunction in dieser Bedeutung mit dem Indicative zu verbinden. Wir wollen sie in die Mitte nehmen, daß ihr das Gehen nicht so sauer wird, Gell. Und daß sein kleines Horn die Nymphen nicht erschreckt, Es unter Rosen schlau versteckt, Wiel. Diese Bedeutung des Wortes daß ist in der höhern Schreibart am üblichsten, in der gewöhnlichen Art zu reden ist damit häufiger. Indessen gehören doch verschiedene Arten des Ausdruckes auch aus dem gesellschaftlichen Leben hierher. Aber, daß ich wieder auf das Hauptwerk komme, so u. s. f. Ich bin ein ehrliches Mädchen, daß sie es wissen, d. i. ich sage es ihnen, daß, oder damit sie es wissen.Ehedem war es sehr gewöhnlich, das daß in dieser Bedeutung noch durch auf zu verstärken. Ehre Vater und Mutter, auf daß es dir wohl gehe. Auf daß ich nichts begehe wider Pflicht, Opitz. Allein im Hochdeutschen fängt dieser Gebrauch an zu veralten, außer, daß man beyde Wörter in dieser Verbindung noch zuweilen in der höhern Schreibart gebraucht. In der Deutschen Bibel kommen sie sehr häufig vor.Hat das daß eine Verneinung bey sich, so wird selbige auch hier durch einige dazwischen gesetzte Wörter von demselben getrennet. Daß es uns künftig nicht an Mitteln fehle. Hierher gehöret4. Auch, wenn dieses Wort einer Bedingung zur Begleitung dienet, welche Bedeutung mit der vorigen genau zusammen hängt, die hier nur durch einen Nebenbegriff eine andere Bestimmung erhält. Da die Bedingung gleichfalls eine noch künftige und folglich auch noch ungewisse Sache enthält, so stehet auch hier größten Theils der Conjunctiv. Mit der Bedingung, daß er selbst komme. Ich will es thun, doch daß du es niemanden sagest. Ich will es erlauben, nur daß du kein Unheil anstiftest. Indessen gibt es doch auch Fälle, wo der Indicativ, ohne einen Fehler zu begehen, gesetzt wird. Wie sie befehlen, nur daß ich mich nicht zu lange in der Luft aufhalten darf, Gell.5. Zuweilen bezeichnet diese Conjugation auch eine Zeit; und zwar, 1) eine vergangene Zeit, da sie für seit, oder seit dem stehet. Es sind nun bald dreyßig Jahr, daß ich hier lebe. Es sind schon zehen Jahre, daß ich ihn nicht gesehen habe. In der kurzen Zeit, daß ich hier bin. Es ist noch keine Stunde, daß ich ihn gesehen habe. 2) Eine zukünftige Zeit, in welchem Falle sie das Wörtchen bis vor sich hat. Warte, bis daß ich komme. Gedulde dich, bis daß es gefunden wird. Er will so lange da bleiben, bis daß die Cur geendiget seyn wird. Indessen ist dieser Gebrauch im Hochdeutschen beynahe schon veraltet, weil man dafür lieber bis allein setzet. S. Bis II. Endlich dienet dieses Wort auch6. Sehr oft, den Ausdruck der Leidenschaften und Gemüthsbewegungen zu begleiten, da es denn in den meisten Fällen elliptisch ist, und, wenn es aufgelöset wird, sich alle Mahl auf eine der vorigen Bedeutungen, am häufigsten aber auf die erste, zurück führen lässet. Der Modus des Verbi, mit welchem es verbunden werden muß, hänget alle Mahl von dem gewissen oder ungewissen Zustande des Satzes ab, den dieses Wort nach sich hat. Es bedeutet aber, 1) einen Wunsch, da es am häufigsten das Imperfect, oft aber auch das Präsens des Conjunctivs bey sich hat. O, daß du den Himmel zerrissest! Ach, daß doch dieses niemahls geschehen wäre! Verflucht sey ihr Nahme! daß ich ihn doch nie gehöret hätte! Daß er doch aus dem Buche der Lebendigen vertilgt würde! Less. Daß ich ihn doch nimmermehr wiedersehen dürfte! ebend. Das doch ein Geist den Zorn der Könige versöhne, Der jetzt die Welt verheert, Raml. Ingleichen zuweilen auch mit dem Indicative. Ich will von Herzen wünschen, daß ihr Los den größten Gewinn mag erhalten haben, Gell. Hier kann es auch weggelassen werden, aber alsdann wird die Folge der Wörter verändert und das Verbum voran gesetzt. Ach, zerrissest du den Himmel! Wäre ich doch nicht hingegangen! Hätte ich es doch nicht gesagt! 3) Eine Bestürzung. Ach, daß Gott! Da kommt der Papa! Ach, daß Gott erbarme! 3) Einen Unwillen, einen Verweis. Daß man sich doch alle Mahl suchen muß, wenn man dichhaben will! Daß doch immer die alte Hexe dabey seyn muß! Gell. Daß er doch gleich kommen muß! 4) Eine Klage. Daß wir doch unsern Augen und Ohren nicht trauen wollen! Daß du doch so ungläubig bist! O, daß ich nicht längst einen Freund ihres Gleichen gehabt habe! Less. 5) Ein Verboth. Daß du mir nur nicht ungehorsam bist! Daß du nicht vor die Thüre gehest! 6) Eine mit Hohn oder Unwillen begleitete Verneinung, besonders im gemeinen Leben. Daß ich nicht gar ein Jude wäre! Was ist es denn? - O, daß ichs ihnen doch gleich sagte! Sie müssen rathen. Nein, daß ich mich nicht mit dem Advocaten einließe! Gell. Auf sein Versprechen; Herr, mag es ein andrer wagen, Daß ich kein Narre bin! sagt Hans in der Beichte bey Lessing. 7) Eine Verwunderung. Ich weiß nicht daß ich heute allen so verdächtig vorkomme! Gell. 8) Eine Warnung. Daß wir nur nicht etwas behorcht werden.

Anm. 1. Es ist leicht, diese und andere ähnliche elliptische Arten des Ausdruckes, woran die Sprache der Leidenschaften so reich ist, aufzulösen. Im gemeinen Leben hat man noch eine andere Art des Gebrauches dieses Wortes, da es für so viel stehet. Er hat, daß ich nur weiß, schon sechs Häuser gekauft, so viel ich nur weiß. Nein, daß ich nicht weiß, oder, daß ich nicht wüßte. Niemahls, daß ich wüßte, hat mich das Vorurtheil für diejenigen, die ich liebe, blind gemacht, Wiel.

Anm. 2. Im Oberdeutschen ist es sehr häufig, dieses Wort allerley andern Partikeln beyzugesellen, die sich im Hochdeutschen in dieser Verbindung nicht gebrauchen lassen, zumahl, da alle Mahl eine von den beiden Partikeln müßig stehet. Die vornehmsten dieser Wörter sind: Dieweil oder Weil. Erzeigte sich die Hoffnung nicht bey mir, Der Gütigkeit des Herren zu genießen, Dieweil, daß ich noch bin auf Erden hier, Opitz, für das einfache weil, oder so lange. Um. Was weint ihr Mütter viel, um daß euch durch den Streit Die Söhne sind erlegt in ihrer jungen Zeit, ebend. für darum daß. Ich muß mit Danke Gott erheben, Um daß er seine Gütigkeit Euch mitgetheilet dieser Zeit, ebend. für weil. Wenn. Wenn daß du auf dein Pferd erhitzt gesessen bist, ebend. Wenn daß dein Herze nun die großen Thaten siehet, ebend. für das einfache wenn. Wie. Und schlägt beherzt den Feind, wie daß er Lob erwirbt, ebend. für damit. Herr - Wie daß du so bedenkst den Sterblichen! ebend. für daß. Der vierte macht Geschrey, Wie daß sie an Geduld der Lea Schwester sey, Seultet. für daß.Welcher Pleonasmus im Hochdeutschen auch im gemeinen Leben nicht selten ist. Man hat Nachricht erhalten, wie daß die ganze Stadt abgebrannt ist. Wo. Wirf alles das, was Welt ist von dir hin, Wo daß du willt, was göttlich ist, erlangen, Opitz, für wo oder wenn. Wo daß wir etwann gehen wollen, So schließen sie uns Mitten ein, ebend. für wo.

Anm. 3. Da der Imperativ der Ausländer einen Deutschen Übersetzer oft in eine nicht geringe Verlegenheit setzet, so hat man den Vorschlag gethan, diesen Imperativ vermittelst des Bindewortes daß auszudrucken, und für: Laßt uns also auf die Erde, worauf wir wandern, unsere Aufmerksamkeit richten, zu sagen: daß wir also u. s. f. Der Oberdeutsche empfindet die Schwierigkeit nicht, denn dieser sagt, ohne dem Verstande des Originals etwas zu vergeben: Richten wir also unsere u. s. f.

Anm. 4. Daß lautet im Nieders. dat, im Dän. at, im Lat. ut, quod, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und im Russischen da, dabi. Ehedem schrieb man diese Conjunction, den Artikel das, und das Pronomen das auf einerley Art. Bey dem Kero lauten sie daz, bey dem Übersetzer Isidors dhazs, bey dem Ottfried und Tatian thaz, und nach ihnen daz und das. Das Nieders. dat, Engl. that, das Schwed. thet, das Goth. thated, das Angels. thaet, und selbst das Lat. Quod, sind so wohl das Bindewort, als auch das ungewisse Geschlecht des Artikels, oder doch des Fürwortes. Merkwürdig ist doch, daß, so wie die Lateiner außer dem quod noch ihr hut haben, auch die Dänen, Schweden und Isländer ein Bindewort besitzen, welches at, att, lautet, und gleichfalls für daß gebraucht wird. Aus diesem allen erhellet, daß unser Bindewort daß nichts anders ist, als das ungewisse Geschlecht des Artikels oder vielmehr des Fürwortes der, welches auch durch dessen Bedeutung bestätiget wird. Ja man findet Spuren, daß für das Neutrum das in den nöthigen Fällen auch das männliche Geschlecht der für das gebraucht worden. So heißt es mehrmahls bey dem Ottfried, the ih, theih, für daß ich. Um dieses gemeinschaftlichen Ursprunges willen hat man auch das Bindewort und den Artikel und das Fürwort viele Jahrhunderte lang auf einerley Art geschrieben. Erst in dem sechzehenten Jahrhunderte fing man an, das Bindewort mit dem ß zu schreiben. Wenigstens lautet es in dem 1514 gedruckten Deutschen Livius beständig daß. Allein, es währete noch sehr lange, ehe diese Gewohnheit allgemein wurde, welches vermuthlich nicht eher, als um die Mitte des vorigen Jahrhundertes geschehen ist.


Datiren (W3) [Adelung]


Datiren, S. Datum, Anm.


Dato (W3) [Adelung]


Dato, S. ebendas.


Dattel (W3) [Adelung]


Die Dattel, plur. die -n, die eyförmige Frucht des Dattelbaumes, welche die Größe einer Pflaume, und einen fleischigen Umschlag hat. Die Kerne, welche in den Morgenländern gemahlen und wie Mehl gebraucht werden, werden oft auch nur Datteln, häufiger aber Dattelkerne genannt. Der Deutsche Nahme, das Ital. Dattero, und Dattole, das Französ. Dates, das Engl. Date, das Pohln. Daktyl, sind insgesammt aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welchen Nahmen diese Frucht wegen ihrer Ähnlichkeit mit einem Finger erhalten hat.


Dattelbaum (W3) [Adelung]


Der Dattelbaum, des -es, plur. die -bäume, eine Art Palmen mit gefiederten Blättern, deren männliche Blumen einen drey Mahl getheilten Kelch, eine dreyblätterige Krone und drey Staubfäden haben; die Dattelpalme, Phoenix, L. Er wächset in den Morgenländern, besonders aber in Ostindien und Afrika sehr häufig.


Dattelbohne (W3) [Adelung]


Die Dattelbohne, plur. die -n, eine Art Gartenbohnen, mit schwarzen Flecken, welche in der Gestalt einige Ähnlichkeit mit den getrockneten Datteln haben; Phaseolus humilis, L.


Dattelöhl (W3) [Adelung]


Das Dattelöhl, des -es, plur. inus. ein Öhl, welches aus den Kernen der Datteln gepresset, und von den Indianern statt der Butter gegessen wird; Palmöhl.


Dattelpalme (W3) [Adelung]


Die Dattelpalme, plur. die -n, S. Dattelbaum.


Dattelpflaume (W3) [Adelung]


Die Dattelpflaume, plur. die -n, die Frucht eines ausländischen Baumes, welcher in Virginien, Indien und Italien wächset, und Früchte bringet, die den Datteln und Pflaumen ähnlich sind, und dieser Baum selbst; Diospyros, L. Franz. Le Plaqueminier, oder Piaqueminier, Engl. the Pishamin, Persimon, oder Pitchumon Tree:


Dattelschnecke (W3) [Adelung]


Die Dattelschnecke, plur. die -n, eine Art Landschnecken, welche sich in die härtesten Steine einfressen, und einer Dattel nicht unähnlich sehen; Dactylus.


Datum (W3) [Adelung]


Das Datum, subst. indecl. im gemeinen Leben, der Tag und das Jahr der Ausfertigung einer Urkunde oder der Unterschrift eines Briefes. Der Brief ist, nach dem Datum zu urtheilen, schon alt. Das Datum darunter setzen. Die figürliche Redensart, sein ganzes Datum auf etwas setzen, oder stellen, seine Hoffnung, gehöret in die niedrigsten Sprecharten. Darein er gar sein Datum setzt, Hans Sachs.

Anm. Dieses Wort ist das Latein. Datum, welches Wort man in den mittlern Zeiten der Meldung des Ortes und der Zeit der Ausfertigung einer Urkunde oder eines Briefes vorzusetzen pflegte. Im Oberdeutschen nennet man das Datum eines Briefes oder einer Schrift; die Gabe derselben. Im gemeinen Leben gebraucht man auch die dritte Endung dieses Wortes für jetzt. Ich habe es bis dato noch nicht erfahren können, bis jetzt. Auch das Verbum datiren, das Jahr und den Monathstag einer Schrift beyfügen, im mittlern Lateine datare, ist im gemeinen Leben sehr üblich. Der Wechsel ist falsch datirt.


Daube (W3) [Adelung]


Die Daube, plur. die -n, die Seitenbreter eines runden hölzernen Gefäßes. Ein Faß in Dauben schlagen, es zerschlagen.

Anm. In Niedersachsen lautet dieses Wort Deve, im Franz. Douve, in welcher Sprache auch addouber, so wie im Italiän. addobare, aufputzen bedeutet. Bey dem Pictorius heißt eine Daube, Dauge, bey dem Dasypodius Duge, womit auch das Holl. Duyge, und mittlere Latein. Doga überein kommt. Da die Dauben im Niedersächs. Auch Stäbe, im Engl. Staves, im Schwed. und Isländ. Staf heißen, so scheinet es, daß beyde Wörter bloß durch den Zischlaut von einander unterschieden sind. S. Stab, Stuppe und Zuber.


Däuchten (W3) [Adelung]


Däuchten, verb. reg. impers. Welches zuweilen mit der dritten, am häufigsten aber mit der vierten Endung der Person verbunden wird, ein Urtheil auf Veranlassung der Sinnen fällen. Eigentlich. Doch geh, mich däucht sie kömmt, Gell. mir scheint. Mich däucht die Farbe sey schön. Das Haus däuchtete ihn nicht groß genug. Es däuchtete mich, ich sähe eine Stadt. Mich däuchte, wir bünden Garben auf dem Felde, 1 Mos. 37. Mir hat geträumet, mich däuchte, ein geröstet Gersten-Brot wälzte sich u. s. f. Richt. 7, 12. Die Kutte wie mich deucht, steht beyden übel an, Hofmannsw. Mich deucht, ein Blick von mir der steckte Dörfer an, ebend. Was den Sinnen Hier im Finstern schöne däucht, Can. 2) Figürlich, aus wahrscheinlichen Gründen schließen, muthmaßlich urtheilen. Was däucht dich dazu? Was hältst du davon? was glaubest, urtheilest du davon? Er hat, wie mich däucht, recht gethan. Ein jeglicher that, was ihm recht dauchte, Richt. 17, 6. Was ihm recht zu seyn schien. Und das hat dich noch zu wenig gedaucht, Gott, sondern hast u. s. f. 1 Chron. 18, 17. Ich habe auch diese Weisheit gesehen, unter der Sonnen, die mich groß dauchte, Pred. 9, 13. Und es dauchte sie ihre Worte eben als wärens Mährlein, Luc. 24, 11. Und es dauchte gut die Apostel und Ältesten u. s. f. Apostelg. 15, 22. So seh ich bald bey dir, was den Silenus däucht, Logau.

Anm. 1. Eigentlich sollte dieses Verbum so conjugiret werden: es däuchtet, es däuchtete, gedäuchtet. Allein man ziehet es gemeiniglich zusammen, es däucht, im Oberdeutschen es daucht; es däuchte, im Oberdeutschen es dauchte; gedäucht, im Oberdeutschen gedaucht.

Anm. 2. Wenn die Sache vermittelst eines Infinitivs ausgedruckt wird, so bekommt derselbe gemeiniglich das Wörtchen zu. Das däucht mich gut zu seyn. Im Oberdeutschen läßt man dieses Wörtchen weg und setzt den Infinitiv allein. Da die Sonne aufging - dauchte die Moabiter das Gewässer gegen ihnen roth seyn, wie Blut, 2 Kön. 3, 22. Und es dauchte gut die Apostel - aus ihnen Männer erwählen und senden gen Antiochiam, Apostelg. 15, 22. Hat es uns gedaucht - Männer erwählen und zu euch senden, B. 25. Den Eilften deucht Susanna nicht keuscher seyn, als sie, Scult. Und so auch bey dem Opitz. Indessen ist diese ganze Wortfügung mit dem Infinitiv im Hochdeutschen, wenigstens in der edlern Schreibart, veraltet.

Anm. 3. Ehedem wurde dieses Zeitwort, so wie scheinen, auch persönlich gebraucht. Thiu nan thuhtan, die ihm schienen, Ottfried. Mich gruoste ir minneklicher munt Der duhte mich in solher roete Sam ein fuirig flamme entzunt, Markgraf Otto von Brandenburg. Si duhte mih an allen strit Diu beste und dabi wol getan, Heinr. von Sax. Also diente Jacob um Rahel sieben Jahre, und dauchten ihm, als wärens einzele Tage, 1 Mos. 29, 20. Im Hochdeutschen ist dieser Gebrauch noch nicht ganz veraltet; aber er ist doch mehr in der gemeinen als edlern Sprechart üblich. Sich groß däuchten, sich viel däuchten. Er däuchtet sich was Rechtes, d. i. er bildet sich nichts Geringes ein.Ja man gebrauchte dieses Wort ehedem auch für glauben, dafür halten. Do du mich erst sehe, Do duhte ich dich ze ware So rehte minneklich getan Des man ich dich lieber man, Ditmar von Ast. Ob ich duhte hulden wert, Heinr. von Morunge. Das ich si loses duhte wert, Reinmar der Alte.

Anm. 4. Ich habe von diesem Verbo mit Fleiß viele Beyspiele angeführet, damit man zugleich in den Staub gesetzt werde, Gottscheds Regel zu beurtheilen, nach welcher däuchten nur allein von dem Urtheile der äußern Sinne, und nur allein mit der dritten Endung der Person, dünken aber von der innern Meinung, und mit der vierten Endung der Person gebraucht werden soll. Solange der willkürliche Machtspruch eines einzigen Mannes sein Gesetz abgeben kann, so lange ist auch diese Regel völlig ungegründet, man mag sie ansehen, von welcher Seite man will. Aus den obigen Beyspielen erhellet schon, daß man däuchten eher zehen Mahl mit der vierten Endung, als Ein Mahl mit der dritten finden wird. Hier sind noch einige Beyspiele. Mi thuhta mih, Ottfried. B. 2, Kap. 9. V. 53. Thaz Petrum thuhta herti, B. 3, Kap. 13, V. 38. Ez duhte die leute, Schwabentyp. Das duhte mich ein michel heil, Reinm. der Alte. Daz dewcht sew so gut, Hornegk. Nu dawcht in, ebenders. Daucht mich zu Nacht, Hans Sachs. Darnach als den Knecht daucht sein füg, Theuerd. K. 26. Freylich findet man einige Beyspiele, wo es mit der dritten Endung gebraucht wird; allein alsdann kann man sicher behaupten, daß der Verfasser durch das Latein. videtur mihi verleitet worden, welches besonders von dem Kero gilt, der keduht zwey Mahl mit dem Dative gebraucht, aber auch seine Muttersprache beständig nach dem Lateinischen Texte formet, wie aus taufend Beyspielen erweislich ist.

Anm. 5. Über dieß ist es seltsam, einen eigenmächtigen Unterschied unter zwey Wörtern festsetzen zu wollen, die eigentlich nur zwey verschiedene Mundarten eines und eben desselben Wortes sind; gerade so seltsam, als wenn man unter dem Hochdeutschen glauben und Nieders. löven einen Unterschied in der Bedeutung und Wortfügung einführen wollte. Daß däuchten und dünken einerley Wort sind, ist leicht zu erweisen; S. Denken und Dünken. Indessen scheinet däuchten die älteste Form zu seyn, weil sie nicht nur mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, scheinen, sondern auch mit dem Latein. ducere, so fern es dafür halten bedeutet, überein kommt. Dünken ist bloß durch eine nieselnde Aussprache, die den Hauchlautern so gern ein n zugesellet, daraus entstanden. In dem Goth. thugkjan findet man schon unter dünken, wenn man es nach der Art der Griechen durch die Nase ausspricht. Däuchten lautet im Nieders. duchten, dugten, und im Schwed. tycka.


Dauen (W3) [Adelung]


1. Dauen, verb. reg. act. die Speisen in Nahrungssaft auflösen; S. Verdauen, welches statt dessen üblicher geworden, indem dauen, mit allen seinen Ableitungen und Zusammensetzungen, Dauung, Dauungskraft, Dauungssaft u. s. f.. im Hochdeutschen veraltet ist.


Dauen (W3) [Adelung]


2. Dauen, verb. reg. neutr. welches mit dem vorigen verwandt ist, aufgelöset werden, von dem Eise und gefrornen Körpern, S. Thauen.


Dauen (W3) [Adelung]


3. Dauen, verb. reg. act. welches nur bey einigen Arten von Gärbern üblich ist, besonders bey solchen, welche Corduan bereiten, da denn unter diesem Worte die ganze Zubereitung der gefärbten Leder verstanden wird. Aus Mangel an Kenntniß derjenigen Verrichtung, welche eigentlich mit diesem Worte beleget wird, lässet sich jetzt auch nicht bestimmen, zu welchem der beyden ersten Wörter es in dieser Bedeutung gehöret. Vermuthlich hat es hier noch seine erste eigentliche Bedeutung, welche noch in dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, benetzen, färben, aufbehalten wird.


Dauer (W3) [Adelung]


Die Dauer, plur. car. 1) Das Vermögen zu dauern, oder lange zu währen, die Dauerhaftigkeit. Der Zeug hat eine gute Dauer, ist derb, fest. Es ist eine vortreffliche Dauer in diesem Zeuge. Etwas auf die Dauer machen, im gemeinen Leben, es so machen, daß es lange dauern kann. 2) Das Fortdauern, die Währung selbst. Unser Leben ist von kurzer Dauer, währet nicht lange. Die Welt hat keine ewige Dauer. In engerer Bedeutung, eine lange Dauer, welcher Gebrauch aber gewiß nicht der beste ist, außer wenn zugleich die innere Festigkeit damit ausgedruckt wird, welches aber in den folgenden Beyspielen nicht Statt findet. Dem, der mit Nestors Dauer preist, Haged. für langes Leben. Was gibt dem, was er schreibt, der Dauer Sicherheit? Ebend. S. 1. Dauern.


Dauerhaft (W3) [Adelung]


Dauerhaft, -er, -este, adj. et adv. das Vermögen habend, lange zu dauern. Eigentlich von Körpern, vermöge der Festigkeit ihres innern Baues. Ein dauerhaftes Tuch, ein dauerhafter Zeug. Eichenholz ist sehr dauerhaft. Das Haus ist sehr dauerhaft gebauet. Wer sagt dir, daß deine Reitzungen groß und dauerhaft genug sind, einen Liebling getreu und beständig zu machen? Dusch. Figürlich auch von unkörperlichen Dingen. Ein dauerhafter Friede, der lange dauern kann. Wenn die Liebe dauerhaft seyn soll, Dusch. Wenn dieses Wort zuweilen von der langen Dauer selbst, ohne Rücksicht auf das innere Vermögen dazu, gebraucht wird, so scheinet es nicht an seinem rechten Orte zu stehen. So plötzlich sind die dauerhaftesten Freuden dahin, Dusch. Wer glücklich lieben will, liebe dauerhaft und halb, Gell. für beständig, standhaft.


Dauerhaftig (W3) [Adelung]


Dauerhaftig, -er, -ste, adj. et adv. welches das vorige mit der müßigen Alemannischen Verlängerung ist, und daher im Hochdeutschen gar wohl entbehret werden kann. Daher das Substantiv die Dauerhaftigkeit, das Vermögen lange zu dauern, die Dauer; welches üblicher ist, als dauerhaftig.


Dauern (W3) [Adelung]


1. Dauern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Ausstehen, ertragen; in welcher Bedeutung es nur im gemeinen Leben üblich ist, und in einigen Fällen auch als ein Activum angesehen werden kann, weil es mit der vierten Endung der Sache verbunden wird. Er hat es nur zwölf Stunden gedauert, d. i. ausgehalten. Ich kann nicht lange ohne Essen dauern. 2) An einem Orte verharren, verbleiben; gleichfalls nur im gemeinen Leben. Er kann nicht lange an Einem Orte dauern. Ich kann in dem Haufe unmöglich dauern. Er kann vor Kälte nicht dauern. In welcher Bedeutung es gemeiniglich nur mit der Verneinung gebraucht wird. Nieders. gedüren, in einigen Oberdeutschen Gegenden gleichfalls gedauern. 2) Unversehrt, unverletzt fortgefahren zu seyn. Eisen und "Marmor" dauern lange. Dieser Zeug dauert lange. Die Ochsen dauern länger als die Pferde, sind unbeschadet ihrer Kräfte länger zur Arbeit zu gebrauchen. Ingleichen, unversehrt lange dauern. Diese Art Äpfel dauert nicht, bleibt nicht lange unversehrt. Taurt dieser Anker nur, Gryph. 4) In der weitesten Bedeutung, fortfahren zu seyn. Ein heftiger Schmerz dauert nicht lange. Die Freude dauerte eine kurze Zeit. Die Schlacht, die Predigt, die Komödie hat lange gedauert. Zion wird beständig tauren, Gryph. Ingleichen zuweilen, obgleich eben nicht nach der besten Figur, lange dauern. Doch dauern auch der Menschen Freuden? Haged. Es dauerte nicht lange, so sahe ich ihn kommen, d. i. es verstrich nicht viel Zeit; wofür doch richtiger Währen gebraucht wird, S. dieses Wort.

Anm. Dauern Nieders. düren, Oberd. Tauren, Lat. durare, Franz. durer, Ital. durar, Engl. to dure, stammet sehr wahrscheinlich von einem veralteten Worte dur, Lat. durus, Slavon. twrde, hart, her, welches auch dadurch bestätiget wird, weil mit dauer, dauerhaft, dauern zunächst auf die innere Festigkeit der Sache gesehen wird: S. Harren und Verharren, welches vermuthlich auf ähnliche Art aus hart gebildet ist. Im Schwed. bedeutet dura verbleiben, wie dauern, 2. und im Griech - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - lange. Indessen ist doch auch merkwürdig, daß schon das Hebr. 717 wohnen, und hernach währen, dauern, bedeutet. Diejenigen Mundarten, welche in der ersten Sylbe keinen Doppellaut haben, wie das Nieders. düren, Schwed. Dura, Latein. durare, Franz. durer, u. s. f. gebrauchen kein e vor dem r. Die härtere Oberdeutsche Mundart glaubt es auch nicht nöthig zu haben, und spricht daher tauren, dauren. Allein die gelindere Hochdeutsche Mundart, die nicht gerne unmittelbar vor dem r einen Doppellaut hören lässet, schiebet ein e dazwischen, und spricht Dauer, so wiesie aus Murus, Nieders. Mur, und aus - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Nieders. Für, Mauer und Feuer bildet. Das Verbum sollte also daueren heißen; allein das letzte e wird, wie in andern ähnlichen Verbis, verbissen, und so wird dauern daraus. Für dauern und andauern für dauern sind müßige Oberdeutsche Verlängerungen. Es scheinet, daß dieses Verbum ehedem auch eine thätige Bedeutung gehabt habe, für stärken, dauerhaft machen. Du hast getiuret mir den muot, singt wenigstens Dietmar von Ast.


Dauern (W3) [Adelung]


2. Dauern, verb. reg. neutr. welches gleichfalls das Hülfswort haben erfordert, Unlust empfinden, mit der vierten Endung der Person, und ersten Endung der Sache, doch nur von einigen besondern arten der Unlust. 1) Unlust über eine begangene Handlung, Reue empfinden. Sich Verbrechen dauert ihn nicht. Es dauert mich sehr, daß ich es gethan habe. Dauert dich dein Versprechen schon wieder? Ingleichen auch von künftigen Handlungen. Laß dich die Kosten nicht dauern, laß dich durch die Kosten nicht zum Unwillen bewegen. Er läßt sich keine Arbeit dauern, er wird über keine Arbeit unwillig. Gott Lob, daß ich mich keine Mühe, und keinen Weg dauern lasse! Gell. Im Oberdeutschen gebraucht man dieses Wort unpersönlich auch mit der zweyten Endung der Sache. Ach, wie dauert mich die Zeit! Günth. 2) Mitleiden empfinden. Du gutes Kind, du dauerst mich, Gell. ich habe Mitleiden mit dir. Er dauert mich sehr, hat mich sehr gedauert. Er sagt, ich dauere ihn. Sie dauern mich von Herzen, Gell. Im Oberdeutschen ist auch hier die zweyte Endung der Sache mit der unpersönlichen Form nicht gelten. Es dauert mich seiner, für er dauert mich.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. duren, bey den ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern turen, im Oberdeutschen noch jetzt tauren. Sehr wahrscheinlich ist dieses Wort von dem vorigen ganz verschieden, ob sich gleich von dessen Abstammung wenig Zuverlässiges sagen lässet, zumahl da es in den verwandten Sprachen zur Zeit noch nicht angetroffen worden. Indessen ist diese Verschiedenheit noch nicht Grund genug, dieses Wort auch in der Schreibart von dem vorigen zu unterscheiden, und es entweder tauern oder daueren zu schreiben. Die erste Schreibart ist Oberdeutsch, und kommt in dieser Mundart auch dem Zeitworte dauern, durare, zu. Die letzte ist wider die gelinde Aussprache der Hochdeutschen; S. Dauern 1.

Anm. Über dieß sind beyde Wörter durch die Wortverfügung schon so von einander unterschieden, daß man in keinem Falle Gefahr laufen wird, sie mit einander zu verwechseln.


Daune (W3) [Adelung]


Die Daune, plur. die -n, S. Flaumfeder, und Dehnen.


Dauren (W3) [Adelung]


Dauren, S. Dauern.


Davids-Gerste (W3) [Adelung]


Die Davids-Gerste, plur. car. S. Davids-Korn.


Davids-Harfe (W3) [Adelung]


Die Davids-Harfe, plur. die -n, eine Art großer Harfen, deren Spitze sich unten befindet, und welche mit Darmsaiten bezogen wird. S. Harfe und Spitzharfe.


Davids-Korn (W3) [Adelung]


Das Davids-Korn, des -es, plur. car. eine Art vierzeiliger nackter Gerste, welche auch Davids-Gerste, Himmelskorn und Ägyptisches Korn genannt, und häufig in Norwegen gebauet wird.


Davon (W3) [Adelung]


Davon, und Davon, adv. demonstrativo-relativum, welches überhaupt den terminum aquo einer Handlung oder eines Ausspruches ausdruckt, für von diesem, von dieser, von demselben, von derselben. Es ist,1. Ein Demonstrativum, welches den Ton auf der ersten Sylbe hat, und gern, obgleich nicht alle Mahl, zu Anfange eines Satzes stehet. Es bedeutet, 1) eine Absonderung, Befreyung von einer Sache. Davon habe ich nichts genommen. Davon ist noch nichts abgeschnitten worden. 2) Das Ziel, von welchem eine Sache oder deren Bestimmung hergenommen wird. Davon wirst du keinen Augen haben. 3) Den Gegenstand einer Wirkung, oder eines Ausspruches. Davon weiß ich nichts. Davon hat man uns noch nichts gesagt. Davon erfähret man nichts. Davon schreibt man nicht gern.

4) Eine wirkende Ursache. Davon mußte er sterben. Davon ist noch niemand gesund geworden. Verzehrend Feuer ging aus seinem Munde, daß es davon blitzte, 2 Sam. 22, 9. Pf. 18, 9. Davon erschraken alle Lande so sehr, Richt. 3, 8. In dieser Bedeutung ist es nur im gemeinen Leben üblich. In der anständigern Schreibart bedienet man sich in den meisten Fällen lieber der Partikeln daher, darüber, oder auch einer Umschreibung.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der letzten Sylbe hat. Es bedeutet gleichfalls, 1) eine Absonderung und Befreyung von einer vorher genannten Sache. Der Haufen ist noch ganz, es ist noch nichts davon genommen. Es hat noch niemand davon gegessen. Das Glas ist zu voll, trink etwas davon. Das Übel ist vorbey, die Arzeney hat mich davon befreyet. 2) Das Ziel, bey welchem sich eine Sache oder deren Bestimmung anfängt. Wir wohnen zwar nicht an dem Berge, aber wir wohnen doch nicht weit davon. Was habe ich für Nutzen davon? Der Schaden, den er davon hat, ist groß. Wenn ich es nun auch thue, was habe ich denn davon? d. i. was für Nutzen. 3) Den Gegenstand einer Wirkung oder eines Ausspruches. Was sagt man von dem Frieden? Hast du nichts davon gehöret? Ich weiß nichts davon. Ich erfahre nichts davon. Ich habe bereits Bericht davon erstattet. Er macht viel Ruhmens davon. Ich spüre nichts davon. Vergiß nicht, uns Nachricht, davon zu geben. Rede mir nicht mehr davon. Hierher gehören auch einige biblische Arten des Gebrauches, welche aber im Hochdeutschen nicht nachzuahmen sind. Das Unglück, davon meine Freunde rathschlagen, Pf. 140, 10, für worüber. Hast du nicht gegessen von dem Baum, davon (in Ansehung dessen) ich dir geboth, du solltest nicht davon essen? 1 Mos. 3, 11, 17. Wo es zugleich bloß relative für wovon stehet. S. die

Anm. 4) Eine wirkende Ursache. Das Erdreich regte sich und bebete davon (von den Blitzen), Pf. 77, 19. Das Bad ist nicht allen gleich nützlich, einige sind zwar davon gesund geworden, aber es sind auch manche davon gestorben. Auch hier ist es nur im gemeinen Leben üblich. 5) Oft ist der Gegenstand, worauf sich davon beziehet, dunkel, und alsdann hilft es mit vielen Verbis verschiedene figürliche Arten des Ausdruckes bilden, die doch zum Theil nur in der vertraulichen Sprache des Umganges üblich sind. Es bedeutet alsdann alle Mahl eine gänzliche Entfernung, weg. Die vornehmsten dieser Zeitwörter sind:Bringen. Nichts davon bringen, nichts mit wegbringen; ingleichen, bey einer Sache nichts erwerben. Sein Leben als eine Beute davon bringen.Eilen. Davon eilen, wegeilen. Unsere Jugend fliehet schnell vorüber, wie ein Pfeil eilet sie davon.Fahren. Wenn ein Mensch keinen Verstand hat, so fähret er davon, wie ein Vieh, Pf. 149, 21.Fliegen. Der Vogel flog davon. Unser Leben fähret schnell dahin, als flögen wir davon, Pf. 90, 10. Der Wagen fleugtIn sanftem Sturm davon, Wiel. Fliehen. Die Feinde hielten nicht Stand, sie flohen plötzlich davon. S. Entfliehen.Führen. Es entstand ein Wind und führete alles davon.Gehen. Laß den Geringen nicht mit Schanden davon gehen, Pf. 74, 21. Der Schuldner ist davon gegangen, ist flüchtig geworden.Heben, welches aber im Hochdeutschen in dieser Bedeutung nicht mehr üblich ist. Wenn aber die Sonne aufgehet, heben sie sich davon, und legen sich in ihre Löcher, Pf. 104, 22. Fliehet, hebet euch eilends davon, Jer. 49, 30.Helfen. 1) Jemanden davon helfen, ihm zu seiner Flucht beförderlich seyn. 2) Ist dir das viele Geld zur Last, o man wird dir schon davon helfen! Man wird dich schon davon befreyen, es dir schon abnehmen.Jagen. Man jagte ihn davon, d. i. man jagte ihn weg, 2 Macc. 13, 21.Kehren, welches aber im Hochdeutschen ohne alle Beziehung nicht üblich ist. Ich will mein Antlitz davon kehren, wegkehren, Ezech. 7, 22.Kommen, entkommen. Er ist mit Ehren davon gekommen. Er ist mit einem Auge davon gekommen, er hat weiter nichts als einen kleinen Verlust dabey erlitten. Glaubst du, so davon zu kommen? Da (alsdann) würden sie mit einer leichten Strafe davon kommen, Gell. Ich merkte, ich würde hier so leichtes Kaufes nicht davon kommen, mit der zweyten Endung, ist Oberdeutsch.Laufen, entlaufen. Es ist mir heute ein Bedienter davon gelaufen. Die Feinde hielten nicht Stand, sondern liefen davon.Machen. Sich davon machen, heimlich entfliehen.Müssen. Daß mein Leben ein Ziel hat, und ich davonmuß, Pf. 39, 5, daß ich sterben muß. Die Wassertrinker müssen wie wir davon. Reiten. Er ist mit einem Pferde davon geritten, flüchtig geworden.Schleichen. Sich davon schleichen, sich wegschleichen, heimlich entfernen.Schwimmen. Schnell sprang er in das Wasser und schwamm davon.Springen. Als man ihn ergreifen wollte, sprang er davon.Tragen. Etwas davon tragen, eigentlich, es wegtragen; figürlich, es erlangen, bekommen. Er hat den Sieg davon getragen. Ehre, Ruhm, Schande davon tragen. Er trug nichts als Schimpf und Sport davon. Nutzen, Schaden davon tragen.Ziehen. Er ist davon gezogen, weggezogen. Da nahmen sie alle Habe und zogen davon, 1 Mos. 14, 11.

Anm. 1. Davon wird im gemeinen Leben zuweilen auch von Personen gebraucht, ungeachtet solches bey dieser Art Wörter nur selten erlaubt ist. Man bekam zehn Diebe, vier davon wurden gehenkt, besser von ihnen.

Anm. 2. Davon für wovon kommt so wohl im gemeinen Leben, als in der Deutschen Bibel häufig vor. Bis du wieder zur Erde werdest, davon du genommen bist, 1 Mos. 3, 19. Durch die Gnade, nicht durch Speisen, davon keinen Nutzen haben, die damit umgehen, Ehr. 13, 9. Sie richteten ein Poltern an, davon er sollte aufwachen, Judith 14, 8. S. Da II.

Anm. 3. Im Niedersächsischen lautet dieses Wort daarvan, darvan af, und daraf, im Oberdeutschen darvon und darab. Ehedem würde es auch als ein Bindewort für daher gebraucht. Davon ewr peiten ist enwiht, daher ist euer Warten umsonst, bey dem Pez im Gloss. V. Enwicht. S. Da II. und Von.


Davor (W3) [Adelung]


Davor, und Davor, adv. demonstrativo-relativum, für vor diesen, vor diese, vor dieses, vor diesem, vor dieser, vor diesem; vor denselben, vor dieselbe, vor dasselbe, vor demselben, von derselben, vor demselben. Es ist,1. Ein Demonstrativum, welches den Ton auf der ersten Sylbe hat, und bedeutet, 1) eine Gegenwart vor einer andern Sache. Davor steckt ein Riegel. Ingleichen eine Bewegung vor eine Sache. Davor wälze den Stein. 2) Eine Bewegung vor einer andern Sache her, so wohl eigentlich als figürlich. Davor fliehe ich nicht. Davor hüthe dich. Davor nimm dich in Acht. Davor behüthe, bewahre, beschütze uns Gott. 3) Den Gegenstand einer unangenehmen Gemüthsbewegung. Davor fürchte ich mich nicht. Davor erschrickt man eben nicht. 4) Eine wirkende Ursache. Der Lärm war Schuld daran, denn davor konnte der Kranke nicht schlafen.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der letzten Sylbe hat. 1) Eine Gegenwart vor einer andern Sache. Die Thür gehet nicht auf, es steckt ein Riegel davor. Wie kann ich sehen? Du stehest ja davor. Ingleichen eine Bewegung vor einer Sache. Hier ist ein Loch, stelle dich davor. Er wälzete einen Stein davor. Wenn ich von dem Lichte sehen will, so trittst du davor. 2) Eine Bewegung vor einer andern Sache her, so wohl eigentlich als figürlich. Hier ist eine Grube, hüthe dich davor. Er fliehet davor, wie vor dem Feuer. Ich habe dich tausend Mahl davor gewarnet. Nimm dich davor in Acht. Gott hat mich davor bewahret, behüthet, beschützt. 3) Den Gegenstand einer unangenehmen Bewegung des Gemüthes. Er schrie so laut, daß man davor erschrack. Du glaubst, ich sollte mich davor fürchten? Man hat einen Abscheu, einen Ekel davor. Ich scheue mich nicht davor. 4) Eine wirkende Ursache. Es war ein Lärm, daß man nicht davor schlafen konnte. Man konnte davor nicht zu sich selber kommen. Ich kann nichts davor, ich bin nicht Schuld daran.

Anm. Die Trennung dieser Partikel, welche im Hochdeutschen nicht erlaubt ist, ist so wohl im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, als auch in der Deutschen Bibel sehr häufig. Da einen vor ekelt; da hüthe dich vor. Die Redensart, da sey Gott vor! ist auch im Hochdeutschen eingeführet; denn der richtigere Ausdruck, davor sey Gott, ist ungewöhnlich. Da sey der Himmel vor, den selber zu ermorden, Schleg. Die Verdoppelung des da, da kann ich nichts davor, ist eben so fehlerhaft, als der bloß relative Gebrauch für wovor, das Geschrey davor du erschrakest, die Thür davor du stehest. Im Niedersächsischen lautet diese Partikel daarvör, im Oberdeutschen darvor. Bey dem Ottfried bedeutet tharfora, vorher; thie tharfora giangun, die vorher gingen. S. Da II. und Vor.


Dawider (W3) [Adelung]


Dawider, und Dawider, adv. demonstrativo-relativum, für wider diesen, wider denselben u. s. f. Auch dieses ist,1. Ein Demonstrativum, welches den Ton auf der ersten Sylbe hat, aber nur in der figürlichen Bedeutung des Worts wider üblich ist, einen Widerstand, Widerspruch zu bezeichnen. Dawider habe ich nichts. Dawider wird sich wohl niemand setzen. Mußt du dich auch dawider auflehnen?2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der mittelsten Sylbe hat. Es bezeichnet, 1) eigentlich, eine Bewegung wider oder gegen eine Sache. Er kam zum Thurn und tritt dawider, Richt. 9, 52. Er fiel an die Mauer und stieß mit dem Kopfe dawider. 2) Einen Widerspruch, Widerstand, Gegenwirkung. Du kannst immer reisen, ich habe nichts dawider. Ich bin gar nicht dawider, widersetze mich dieser Sache nicht. Er sperrete sich sehr dawider. Murre nicht immer dawider. Wenn es nur wahr wäre, so wollte ich kein Wort dawider reden. Mein Herz mag dawider sagen, was es will.

Anm. Im Oberdeutschen lautet diese Partikel darwider, bey dem Übersetzer Isidors dhar uuidhar, bey dem Tatian tho widaro, thiuuuideru, widarthiu. Die Zerreißung dieser Partikel, die Verdoppelung des da, und der bloß relative Gebrauch für wider welches, ist auch hier wider den Hochdeutschen Sprachgebrauch. S. Da II. und Wider.


Dazu (W3) [Adelung]


Dazu, und Dazu, adv. demonstrat. relat. für zu diesem, zu dieser, zu diesem, zu demselben, zu derselben, zu demselben. Es ist,1. Ein Demonstrativum, welches den Ton auf der ersten Sylbe hat, und bedeutet, 1) eine Bewegung nach oder zu einer Sache, eine Annäherung. Dazu, zu diesem Haufen, thue es. Dazu setze es. Dazu soll es nicht kommen, d. i. dieses soll nicht geschehen. Es wird dennoch dazu kommen, daß Jacob wurzeln wird, Es. 27, 6. 2) Eine Vermehrung. Dazu kommt noch dieses, daß u. s. f. Noch mehr aber, 3) den Gegenstand einer Fähigkeit, Neigung oder Handlung. Dazu habe ich keine Lust. Dazu ist er zu verdrießlich, zu ungeschickt u. s. f. Sollte ich mich nicht dazu schicken? Dazu mußt du dich ganz anders anschicken. Dazu kann ich nicht rathen. Dazu gehöret Kunst. Dazu lässet man sich nicht zwingen. 4) Eine Endursache, in welchem Falle es oft das Bindewort daß nach sich hat. Die Geschöpfe sind dazu da, daß wir sie genießen sollen. Schäme dich, daß du nicht arbeiten willst, dazu bist du ja geboren.Denn dazu bin ich dir erschienen, daß ich dich ordene u. s. f. Apostelg. 26, 16. Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, daß er u. s. f. 1 Joh. 3, 8. Daß ich das selbst auch predige, denn dazu bin ich kommen, Marc. 1, 38. Ich habe dir das Geld nicht dazu gegeben, daß du es verthun sollst. 5) Eine Begleitung. Dazu muß ich nur lachen. Dazu sage ich nichts.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Thon auf der letzten Sylbe hat. Es bedeutet, 1) eine Bewegung und Annäherung nach und zu einer Sache. Das Geld ist verschlossen, ich kann nicht dazu, ich kann nicht zu demselben kommen. Die Insel stehet im Wasser, es kann niemand dazu. Thue, setze noch etwas dazu. Er hat Lust zu verreisen, aber wir wollen es nicht dazu kommen lassen. Es soll gewiß nicht dazu kommen, es soll gewiß nicht geschehen. Dahin gehöret auch die im gemeinen Leben übliche Redensart: thue dazu, d. i. wende Fleiß an. Thue dazu, daß du bald fertig bist. So habet fleys und thut darzu, Daß ihr Tewerdank disen Hauptmann Habt gefangen, Theuerd. Kap. 95. Ingleichen, dazu kommen, für darüber zu kommen. Sie wollten entfliehen, aber ich kam zum Glücke dazu. 2) Eine Vermehrung. Ich habe an diesem nicht genug, gib mir noch etwas dazu. Ich schenke dir den Acker und die Höhle dazu, 1 Mos. 23, 11. Der Reiche thut Unrecht, und trotzet noch dazu, Sir. 13, 4. Das ist es noch nicht alles, es kommt noch dazu, daß er auch geraubet hat. Wir wollen noch etwas dazu setzen. In dieser Bedeutung nimmt das Nebenwort im gemeinen Leben oft die Gestalt eines Bindewortes an, für über dieses. Gott machte zwey große Lichter, dazu auch Sterne, 1 Mos. 1, 16. Ich bin ein Mensch, dazu der Obrigkeit unterthan, Matth. 8, 9. Lasterhafte Personen, welche noch dazu aus dem Staube erwachsen sind. 3) Den Gegenstand einer Neigung, Fähigkeit, oder Handlung. Hast du keine Lust dazu. Er bezeiget wenig Neigung dazu. Er schickt sich sehr schlecht dazu. Wir sind bereit, willig, fertig dazu. Er ist allzu verdrießlich dazu. Der Krieg ist noch nicht ausgebrochen, man rüstet sich nur noch erst dazu. Das träget vieles dazu bey. Es gehöret mehr dazu, als man denkt. Ich rathe nicht dazu. Gib mir Geld dazu. Ich will auch dazu helfen. Ich bin dazu gereitzet worden. Dieß gehöret auch noch dazu u. s. f. 4) Eine Begleitung. Singe ein Lied, wir wollen dazu spielen. Man ermahnete ihn, aber er lachte nur dazu. Du schweigst, sagst du denn nichts dazu? Was sagten unsere Freunde dazu? Ich habe noch nicht ja dazu gesagt. Er versicherte es, und schwor dazu. Er sieht die Herde grasen, Und spielt ein Lied dazu, Haged.

Anm. 1. Dazu für wozu, ist auch hier wider den Hochdeutschen Sprachgebrauch; z. B. das ewige Leben, dazu du auch berufen bist, 1 Tim. 6, 12. So wie die Zerreißung dieser Partikel: Da gebe Gott, Glück zu! Da ihr Lust zu habt, Es. 1, 29, und die Verdoppelung des da: Da gehöret Kunst dazu.

Anm. 2. Diese Partikel lautet dem Ottfried thara zua und zi thiu. In der ersten Gestalt gebraucht er sie auch für über dieses, in welchem Verstande auch Notker dara zuo gebraucht. In den spätern Zeiten zog man sie in dazu, datze, dacz zusammen, und gebrauchte sie in dieser Gestalt auch als ein Vorwort für zu, bey und in. Datze Jerusalem, zu Jerusalem, datz Himmel, im Himmel, datze Gott, bey Gott. Darzu ist eben so Oberdeutsch wie anzu.


Dazumahl (W3) [Adelung]


* Dazumahl, ein nur im gemeinen Leben übliches Nebenwort der Zeit, für zu dem Mahle, damahls. Dazumahl zog Regin - hinauf gen Jerusalem, 2 Kön. 16, 5. Dazumahl redetest du im Gesicht zu deinen Heiligen, Ps. 89, 20. Wie waret ihr dazumahl so selig, Gal. 4, 15. Im Oberdeutschen lautet es auch wohl dazumahlen. Die Niedersachsen gebrauchen dieses Nebenwort auch für zumahl da, vornehmlich.


Dazwischen (W3) [Adelung]


Dazwischen, und Dazwischen, adv. demonstrativo-relativum, für zwischen diesen, zwischen diese, zwischen dieses, zwischen diesem u. s. f. zwischen denselben u. s. f. zwischen demselben u. s. f. Es ist,1. Ein Demonstrativum, welches den Ton auf der ersten Sylbe hat, und eine Gegenwart zwischen mehrern Dingen oder eine Bewegung zwischen dieselben bedeutet. Dazwischen sehe ich nichts. Dazwischen stelle es.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der mittelsten Sylbe hat. Es bedeutet, 1) eine Gegenwart zwischen mehrern Dingen, oder eine Bewegung zwischen dieselben. Es ist nichts dazwischen. Der Raum, so dazwischen ist, ist enge. Ich kann kaum die Hand dazwischen legen. Sie wollten sich schlagen, aber ich trat noch dazwischen. 2) Figürlich, eine Unterbrechung. Ich wollte dich heute besuchen, aber es kam etwas dazwischen. Sie wollten sich zanken, aber man legte, man schlug sich dazwischen, man hinderte es. Rede mir nicht dazwischen. Die Freunde klagen ihn und weinen oft dazwischen, Zachar.

Anm. Einige Infinitive und Substantive können mit diesem Worte auch zusammen gesetzet werden. Ich bin unwillig, daß deine unzeitige Dazwischenkunft mir die gute Gelegenheit geraubt hat. Diese Partikel, wie aus einigen der obigen Beyspiele erhellet, sich auch auf Personen beziehen. Ehedem wurde sie auch als ein Bindewort für inzwischen, indessen, gebraucht, in welcher Gestalt sie aber im Hochdeutschen veraltet ist. In dem alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug lautet sie that entzwischen, und bey dem Stryker da entwischen.


De (W3) [Adelung]


De, eine Endung verschiedener Hauptwörter, welche von Zeitwörtern abgeleitet worden, das Abstractum derselben anzudeuten, und weiblichen Geschlechtes sind. Diese Wörter entstehen so, daß die Sylbe en von dem Verbo weggeworfen, und dafür de angehänget wird. Freuen, Freude; zieren, Zierde; söhnen oder sühnen, Sünde; nahen oder genahen, Gnade; heren, Herde; taufen, Täufde, welches noch in den gemeinen Mundarten einiger Gegenden üblich ist; behören, Behörde; lieben, Liebde; bähren, tragen, Bürde; begehren, Begierde. In einigen dieser Wörter scheinet auch der vorher gehende Selbstlaut einige Veränderungen erlitten zu haben; indessen stehet es noch dahin, ob das Wort nicht von einer nun veralteten Form oder Mundart des Verbi abgeleitet worden, die der heutigen Gestalt des Hauptwortes ähnlicher war. Für begehren ist in einigen Mundarten noch jetzt gieren üblich. Viele dieser abgeleiteten Wörter sind im Hochdeutschen veraltet, oder unter andern Gestalten vorhanden. Die Alten sagten die Erbärmde, die Begräbde, die Betrübde, die Bewegde, u. s. f. wofür wir jetzt Erbarmung, Begräbniß, Betrübniß und Bewegung haben.In andern Wörtern ist dieses de wieder weggeworfen worden, unerachtet erweislich ist, daß die ältern Mundarten dasselbe gehabt haben. Für Zierde und Begierde sind auch Zier und Begier üblich. Für das Gehör und das Gesetz sagte man ehedem die Gehörde und die Gesetzde. Andere haben nur ihr e weggeworfen und das o behalten, wie Tugend von taugen, Schuld von schollen, sollen. Andere haben noch andere Veränderungen erlitten; denn so sind aus Zierde Zierath, aus Heimde Hei-math, aus Hemde das Österreichische Hemath, aus Ärmde Armuth, und wie Frisch glaubt, aus Heilde so gar Heiland geworden.Es scheinet, daß dieses de aus der gleich bedeutenden Endsylbe heit zusammen gezogen worden; wenigstens sind beyde Sylben von einerley Bedeutung und Gebrauch; S. Heit. Bey dem Ulphilas lautet diese Sylbe tha, bey den Angelsachsen te, und bey den ältern Franken und Alemannen tha.Übrigens ist diese Sylbe eine von denen, welche man nicht nach Belieben den Zeitwörtern anhängen darf, um Hauptwörter daraus zu bilden. Man muß es bey denjenigen bewenden lassen, die das Alterthum auf uns vererbet hat.


Debel (W3) [Adelung]


Debel, S. Döbel.


Decanat (W3) [Adelung]


Das Decanat, des -es, plur. die -e, aus dem mittlern Latein. Decanatus, die Würde eines Decans und dessen Ehrenamt; ingleichen das ihm untergebene Gebieth, wie auch dessen Wohnung.


Decaney (W3) [Adelung]


Die Decaney, plur. die -en, aus dem mittlern Latein. Decania, ein Wort, welches in einigen Gegenden in eben den Bedeutungen üblich ist, in welchen andere Decanat gebrauchen; auch wohl die Dechaney.


Decanus (W3) [Adelung]


Der Decanus, des Decani, plur. die Decani, oder der Decan, des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Decanus, welches eigentlich einen Vorgesetzten über zehen Soldaten bedeutete, ein Vorgesetzter eines Collegii, es mag solches ein geistliches oder ein weltliches seyn, doch nur in einigen besondern Fällen. In den hohen Stiftern wird der nächste nach dem Propste in dem Kapitel der Decanus, noch öfter aber der Dechant, und in weiblichen Stiftern die Decanissinn genannt. S. dieses Wort. Auf Universitäten heißen die Vorgesetzten der Facultäten, und in einigen Gegenden auch die Aufseher über eine gewisse Anzahl Landpfarrer Decani. In der Letzten Bedeutung stammet dieses Wort aus den mittlern Zeiten der Römischen Kirche her, wo nach Abschaffung der Chor- oder Landbischöfe, die Bischöfe ihren Sprengel in Decanate theileten, und jedem derselben einen Decanum vorsetzten. Bey den Handwerkern wurden ehedem auch wohl die Oberältesten und Obermeister Decani genannt. S. du Fresne Gloss. Kero übersetzet dieses Wort sehr buchstäblich durch Zehanninga.


December (W3) [Adelung]


Der December, des -s, plur. ut nom. sing. der zwölfte und letzte Monath im Jahre; nach dem Römischen December, weil er bey ihnen der zehente war. Carl der Große gab ihm den Nahmen Heilmanoth oder Heilmonath, nachmahls ist aber die Benennung Christmonath üblicher geworden, weil das Christ- oder Weihnachtsfest in denselben fällt. Frisch führet auch den Nahmen Wolfsmonath an.


Dechaney (W3) [Adelung]


Die Dechaney, plur. die -en, S. Decaney.


Dechant (W3) [Adelung]


Der Dechant, des -es, plur. die -e, so wie Decan, aus welchem Worte es auch entstanden ist. Besonders führet der Vorgesetzte eines Collegial-Stiftes diesen Nahmen. Bey den Kathedral-Stiftern hat derselbe noch den Bischof über sich. Zum Unterschiede von andern Dechanten wird er auch Dom-Dechant genannt. In den gemeinen Mundarten der mittlern Zeiten ist dieses Wort zuweilen in Dägen und Degen verstümmelt worden; im Niedersächsischen lautet es Deken, im Franz. Doyen, im Engl. Dean.


Dechend (W3) [Adelung]


Das Dechend, des -es, plur. die -e, eine Zahl von zehen, S. das folgende.


Decher (W3) [Adelung]


Der Decher, des -s, plur. ut nom. sing. eine Zahl von zehen. Im gemeinen Leben so wohl Ober- als Niederdeutschlandes werden verschiedene Sachen im Handel und Wandel nach Dechern gezählet. Besonders pflegen die Lederarbeiter und Lederhändler die rohen und zubereiteten Felle decherweise zu verkaufen. Frisch behauptet, daß dieses Wort aus dem Latein. Decuria entstanden sey. Allein Kero gebraucht Dech noch für zehen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; die spätern Zeiten haben in dem Worte zehen erst den Zischlaut eingeführet. Decher, kann also eben so gut von dech, zehen, gebildet seyn, als von zwey, drey, sechs, acht u. s. f. der Zweyer, Dreyer, Sechser, Achter geworden. Um deßwillen ist auch das männliche Geschlecht vorzuziehen, obgleich einige das Decher sagen. Aus diesem Deutschen Worte haben vielmehr die mittlern Lateiner ihr Dacra gemacht. Im Nieders. lautet dieses Wort Deker, im Dän. Deger, im Schwed. Deker. Im Oberdeutschen ist dafür auch das Dechend üblich.


Dechsel (W3) [Adelung]


Dechsel, S. Deichsel.


Decimal (W3) [Adelung]


Decimal, ein Beywort aus dem Latein. decimalis, welches nur in einigen Zusammensetzungen in der Rechenkunst und Geometrie gebraucht wird. Der Decimal-Bruch, oder eine Decimal-Zahl, ein Bruch, dessen Nenner aus 10, 100, 1000 u. s. f. bestehet; die Decimal-Rechnung, die Rechnung mit solchen Brüchen oder Zahlen; der Decimal-Fuß, oder Decimal-Schuh, der in zehen Zolle getheilet wird, und der zehente Theil einer Ruthe ist, die daher auch die Decimal-Ruthe genannt wird; der Decimal-Zoll, der aus zehen Linien bestehet, u. s. f.


Deck (W3) [Adelung]


Das Deck, S. Verdeck.


Deckbett (W3) [Adelung]


Das Deckbett, des -es, plur. die en, ein Federbett, womit man sich zudecket; im Österreichischen die Tuchet, welches vermuthlich so viel als Decke bedeutet.


Decke (W3) [Adelung]


Die Decke, plur. die -n, von dem Verbo decken, alles dasjenige, was eine Sache decket, oder bedecket. Da diese Decken in den meisten Fällen besondere Benennungen erhalten haben, so gebraucht man diesen allgemeinen Ausdruck nur noch, 1) von gewissen biegsamen Bedeckungen anderer Körper. Dahin gehören die Tischdecken, Satteldecken, Pferdedecken, Bettdecken u. s. f. Dasjenige, womit der Band eines Buches überzogen wird, und die Art und Weise denselben zu zieren, wird bey den Buchbindern die Decke genannt, und bey den Jägern führen diesen Nahmen die Häute der Wölfe, Bären, Dachse und des Rehwildbretes. In der biblischen und höhern Schreibart wird dieses Wort zuweilen von den Kleidern gebraucht. Den Armen ohne Decke gehen lassen, Hiob 31, 19. Bey den Perruckenmachern ist die Decke dasjenige Stück der Perrucke, welches den Scheitel bedecket. Man muß sich nach der Decke strecken, man muß sich nach dem Verhältnisse seiner Umstände einschränken, wo die Figur von der Bettdecke hergenommen ist. Mit jemanden unter Einer Decke liegen oder stecken, eine ähnliche Figur an einer bösen Sache mit Theil haben, mit darum wissen. Sie steckt gewiß auch mit unter dieser Decke, sie weiß mit darum. Auch dasjenige, was die Gewächse vor der Gewalt der Kälte bedecket, führet den Nahmen einer Decke. So dienet der Schnee dem Getreide im Winter zur Decke. Den Weinstöcken, den Gewächsen eine Decke geben, sie mit Erde, Mist, Stroh u. s. f. bedecken. 2) Was die Höhlung eines Zimmers von oben schließet. Die Decke eines Zimmers, eines Saales. Eine breterne, gewölbte, gemahlte Decke, Gypsdecke u. s. f. 3) Figürlich, alles was uns die Kenntniß einer Sache verhindert. Eine undurchdringliche Nacht ziehet ihre schwarze Decke vor das Zukünftige. Ingleichen im nachtheiligen Verstande, für das niedrigere Deckmantel. Seine schüchternen Reden ließen mich so viel errathen, daß man mich unter der Decke der Freundschaft hintergehen wollte.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort Decki, Daken, Taken, welches besonders eine Decke von Bast bezeichnet; beydem Notker Decchi und Tecchi, im Nieders. gleichfalls Decke, im Schwed. Täckja, im Dän. Däkke, im Böhm. Deka, im Latein Teges. S. Decken.


Deckel (W3) [Adelung]


Der Deckel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. Deckelchen, dasjenige, womit die Öffnung eines Gefäßes oder was einem Gefäße ähnlich ist, zugedecket wird. Der Deckel eines Glases, eines Topfes, eines Fasses, eines Brunnens, einer Schachtel, einer Pastete, eines Feuergewehres u. s. f. In der Baukunst wird der obere Theils des Säulenstuhles, womit der Würfel bedecket ist, gleichfalls der Deckel genannt; im Latein. heißt er Cornix, und im Franz. Corniche de Piedestal. Wenn die Buchbinder die Pappe auch Pappendeckel nennen, so hat Deckel hier noch seine erste eigentliche Bedeutung, in welcher es eine jede Decke bezeichnet. Auch das auf der Lünse oder dem Achsnagel befindliche breite Blech, welches vor das Rad gestecket wird, dasselbe vor dem Kothe zu bedecken, heißt in Obersachsen der Deckel, an andern, besonders Oberdeutschen Orten aber die Decklehne, Decklöhne, Decklünse.

Anm. Es ist vermittelst der Ableitungssylbe -el von decken gebildet, und bedeutet ein Werkzeug zum Decken, wie Hebel von heben, Schlägel von schlagen u. s. f. wodurch es sich zugleich von dem eigentlich abstracten Decke unterscheidet. Ein Deckel, welcher vermittelst eines Gewindes an einem Gefäße befestiget ist, heißt im Nieders. ein Lid, S. Glied; ein erhabener hohler Deckel aber Stulpe, im Hoch- und Oberdeutschen eine Stürze. Im Dänischen heißt ein Deckel Däksel, im Nieders. Dekkel.


Deckeleisen (W3) [Adelung]


Das Deckeleisen, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Büchsenmachern, ein eiserner Arm, den Pfannendeckel, wenn er abgefeilet werden soll, daran zu befestigen.


Deckelfeder (W3) [Adelung]


Die Deckelfeder, plur. die -n, an den Schlössern der Schießgewehre, eine Feder, welche den Deckel, wenn er auf der Pfanne ruhet, fest an dieselbe andrücket.


Deckelglas (W3) [Adelung]


Das Deckelglas, des -es, plur. die -gläser, eine großes Trinkglas mit einem Deckel. Ihr lacht und spitzt den Mund auf Küsse, Ihr lacht und füllt das Deckelglas, Haged.


Deckelhaube (W3) [Adelung]


Die Deckelhaube, plur. die -n, eine veraltete Art Hauben des männlichen Geschlechtes, welche besonders im 15ten und 16ten Jahrhunderte von solchen getragen wurden, welche ihr Haar verloren hatten, und woraus nachmals die Perrucken entstanden sind.


Deckelkanne (W3) [Adelung]


Die Deckelkanne, plur. die -n, im gemeinen Leben, eine hölzerne Kanne mit einem Deckel; Nieders. Klippkanne, Klipp.


Deckelsieb (W3) [Adelung]


Das Deckelsieb, des -es, plur. die -e, ein Sieb mit einem doppelten Boden, deren unterster von Leder ist.


Decken (W3) [Adelung]


Decken, verb. reg. act. einen Körper auf den andern ausbreiten; ingleichen mit einer Decke versehen. Das Tischtuch auf den Tisch decken, ingleichen den Tisch decken, das Tischtuch über denselben ausbreiten, um zu speisen. Es ist gedeckt, es ist für, oder auf sechs Personen gedeckt. In engerer und theils figürlicher Bedeutung gebraucht man dieses Wort zuweilen für bedecken, d. i. gänzlich decken. So sagt man in der Mathematik, daß zwey Figuren einander decken, wenn sie von Einer Größe sind, so daß sie einander bedecken können. Das Dach decken, das Gerüst des Daches mit der gehörigen Decke versehen. Ein Haus, einen Thurm, einen Stall decken. Den Wein decken, ihn mit Erde bedecken, damit er nicht erfriere. Ingleichen für zudecken. Gedeckte, oder nach der alten Mundart, gedackte Pfeifen, in den Orgeln, Pfeifen, die mit einem Deckel verschlossen sind, S. Gedackt. Wie auch figürlich, für beschützen, bedecken. Eine Stadt, einen Transport Lebensmittel decken. Ich kann dabey nichts verlieren, ich bin hinlänglich gedeckt, d. i. ich habe hinlängliche Sicherheit. Ingleichen, den Augen anderer entziehen. Der Berg deckt den Wald, bedeckt oder verdeckt ihn.In den meisten Fällen, in welchen dieses einfache Verbum ehedem üblich war, wird jetzt das zusammen gesetzte bedecken gebraucht. Er deckte sich mit einem Mantel, 1 Mos. 38, 14. Und die Herrlichkeit des Herren wohnete auf dem Berge Sinai und deckte ihn mit den Wolken, 2 Mos. 24, 16. Mit zween (Flügeln) deckten sie ihr Antlitz, Es. 6, 2. S. Bedecken. Daher das Hauptwort die Deckung, welches doch wenig gebraucht wird, zuweilen aber auch von der Decke selbst vorkommt.

Anm. Decken, bey dem Ottfried theken, bey dem Übersetzer Isidors dhecchan, Nieders. dekken, Dänisch däkke, Schwed. täcka, Angels. theccan, thaccian, Isländ. thaecka, Span. techar, kommt mit dem Latein. tegere und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches nur vermittelst des Zischlautes davon unterschieden ist, genau überein. Es scheinet zunächst der Niederdeutschen Mundart anzugehören; denn in der obern Mundart lautete es dachen, dagen, tagen, bey dem Kero dahhan, bey dem Tatian tahan, bey dem Ottfried thagan, bey dem Stryker dagen; von welcher Form nicht nur Dach, sondern auch noch das Participium gedackt für gedeckt, bey den Orgeln, herstammet.


Deckenriß (W3) [Adelung]


Der Deckenriß, des -sses, plur. die -sse, in der Baukunst, ein Riß, oder eine Zeichnung der Decken in den Zimmern eines Gebäudes, wie sie sich von unten darstellen.


Deckenstück (W3) [Adelung]


Das Deckenstück, des -es, plur. die -e, ein Gemählde an der Decke eines Zimmers; ein Deckengemählde, Franz. Platfond.


Decker (W3) [Adelung]


Der Decker, des -s, plur. ut nom. sing. der ein Geschäft daraus macht, andere Körper zu decken oder zu bedecken; obgleich dieses Wort selten allein, desto häufiger aber in den Zusammensetzungen Dachdecker, Tafeldecker, Ziegeldecker, Schieferdecker, Bleydecker u. s. f. vorkommt.


Deckfeder (W3) [Adelung]


Die Deckfeder, plur. die -n, in der Naturgeschichte der Vögel, diejenigen kleinen Federn, welche die Flügel und den Schwanz, so wohl oben als unten, bedecken.


Deckgarn (W3) [Adelung]


Das Deckgarn, des -es, plur. die -e, S. Decknetz.


Decklehne (W3) [Adelung]


Die Decklehne, S. Deckel.


Deckmantel (W3) [Adelung]


Der Deckmantel, des -s, plur. die -mäntel, eigentlich, ein Mantel, der zur Bedeckung dienet, in welcher Bedeutung es aber nicht üblich ist. Figürlich, der scheinbare Vorwand einer bösen Handlung. Jemanden unter dem Deckmantel der Freundschaft betriegen. Seinen Geitz unter dem Deckmantel der Sparsamkeit verbergen. Er braucht Gottes Langmuth zum Deckmantel seiner Boßheit. S. Mantel. In der edlern Schreibart gebraucht man dafür lieber Decke.


Deckmesser (W3) [Adelung]


Das Deckmesser, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Kohlenbrennern, ein rundes Messer an einem langen Stiele, die Deckreiser damit von den Bäumen zu reißen, oder zu schneiden.


Decknetz (W3) [Adelung]


Das Decknetz, des -es, plur. die -e, eine Art Netze, Rebhühner, Wachteln u. s. f. damit zu fangen, wenn sie sich unter dem Schnee verborgen haben; das Deckgarn, Nachtgarn, Streichnetz.


Deckplatte (W3) [Adelung]


Die Deckplatte, plur. die -n, eine Art dünner gehauener Steine, Mauern, Thorpfeiler damit vor der Witterung zu bedecken; Decksteine.


Deckrasen (W3) [Adelung]


Der Deckrasen, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige Rasen, mit welchem die Wände, Luftberge u. s. f. in den Gärten, und die Böschung des Grabens in dem Festungsbaue bedecket wird;in Niedersachsen Decksotten, Placksotten, von dem Nieders. Sudden, Sodden, Rasen.


Deckreisig (W3) [Adelung]


Das Deckreisig, des -es, plur. car. oder die Deckreiser, sing. inus. bey den Kohlenbrennern, die Äste und Reiser, mit welchen ein Kohlenmeiler bedecket wird.


Deckstein (W3) [Adelung]


Der Deckstein, des -es, plur. die -e, S. Deckplatte. In den Schmelzhütten heißt derjenige Stein, welcher über das Kreuz der Anzucht geleget wird, gleichfalls der Deckstein.


Deckwachs (W3) [Adelung]


Das Deckwachs, des -es, plur. car. bey den Kupferstechern, eine Mischung von Wachs, Terpenthin u. s. f. die fehlerhaften Stellen einer Platte vor dem Ätzen damit zu bedecken oder bestreichen.


Deckwerk (W3) [Adelung]


Das Deckwerk, des -es, plur. die -e, in dem Festungsbaue, alles dasjenige, wodurch das Innere der Laufgräben dem Anblicke des Feindes entzogen wird; das Blendwerk, Franz. Blindes. Gemeiniglich bestehet es aus Querbalken, welche über die Laufgräben gedecket werden. In dem Wasserbaue ist es eine Art von Bühnenbau, abhängige Ufer gegen das Wasser zu beschützen, zum Unterschiede von dem Packwerke.


Declamiren (W3) [Adelung]


Declamiren, verb. reg. act. et neutr. mit haben, aus dem Lat. declamare und Franz. declamer, eigentlich, mit lauter feyerlicher Stimme reden oder hersagen. Figürlich, mit unnöthiger Feyerlichkeit und Ausführlichkeit vortragen. S. auch die Declamation.


Declination (W3) [Adelung]


Die Declination, plur. die -en, aus dem Latein. Declinatio. 1) Die Abweichung; doch nur in einigen Fällen. Besonders von der Magnetnadel, die Abweichung von ihrer gewöhnlichen Richtung. Die Declinations-Uhr, in der Mathematik eine abweichende Sonnenuhr, welche von den Hauptgegenden abweicht. 2) In der Sprachlehre, so wohl die Bezeichnung der Casus, oder verschiedenen Arten der Verhältnisse unmittelbar an einem Nennworte, ohne Plural; als auch die Art, diese Verhältnisse an mehrern Wörtern auf einerley Art zu bezeichnen, in welchem Verstande man z. B. im Lateinischen fünf Declinationen hat. Die Deutschen Ausdrücke Abänderung und abändern, für decliniren, welche man ehedem versucht hat, drucken den Begriff nur sehr unvollkommen aus.


Decliniren (W3) [Adelung]


Decliniren, verb. reg. 1. Neutrum mit haben, abweichen; nur in einigen Fällen, z. B. von der Magnetnadel, von Sonnenuhren u. s. f. 2. Activum, in der Sprachlehre, die Verhältnisse an einem Nennworte auf die gehörige Art bezeichnen, oder ein Nennwort auf die gehörige Art durch seine Casus führen. S. das vorige.


Decoct (W3) [Adelung]


Das Decoct, des -es, plur. die -e, ein flüssiger Körper, welcher die Kräfte anderer durch das Kochen an sich genommen hat; aus dem Latein. Decoctum. S. Absud.


Decret (W3) [Adelung]


Das Decret, des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Decretum, ein Ausspruch, eine Entscheidung oder ein kurzer Entschluß des Richters oder Landesherren auf das Memorial oder die Bittschrift einer Partey. S. auch decretiren, einen solchen Ausspruch ertheilen.


Deduction (W3) [Adelung]


Die Deduction, plur. die -en, aus dem Lat. deductio, eine Schrift, worin die Ansprüche und darauf gegründeten Gerechtsame einer streitenden Partey untersucht werden.


Defect (W3) [Adelung]


Defect, -er, -este, adj. et adv. aus dem Latein. defectivus, nicht alle gehörige oder wesentliche Theile habend, mangelhaft. Ein defectes Buch, woran etwas fehlet.


Defect (W3) [Adelung]


Der Defect, des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Defectus, die fehlerhafte Abwesenheit eines wesentlichen Theiles, der Mangel, und dieser fehlende Theil selbst. Der Defect eines Buches, einer Rechnung u. s. f. Daher defectiren, in Rechnungssachen, den Defect in einer Rechnung zeigen.


Defension (W3) [Adelung]


Die Defension, plur. inus. ohne Roth aus dem Lat. Defensio, die Vertheidigung, besonders im Kriege. Daher die Defensions-Linie, die gerade Linie, nach welcher bey Vertheidigung eines Ortes das Geschütz gerichtet werden muß, die Streichlinie; der Defensioner, des -e, plur. ut nom. sing. in einigen Provinzen, die aus Bürgern und Bauern ausgelesene Mannschaft, ein Land im Falle der Noth zu vertheidigen, die Land-Miliz.


Defensiv (W3) [Adelung]


Defensiv, adj. et adv. aus dem Lat. defensivus, vertheidigungsweise. Defensiv gehen, bloß vertheidigend, im Gegensatze des offensiv. Ein defensiver Krieg, worin man bloß vertheidiget, oder welcher bloß zur Vertheidigung unternommen wird. Die Defensiv-Allianz, das Vertheidigungsbündniß.


Defile (W3) [Adelung]


Das Defile, (um der Bezeichnung des Tones willen vielleicht richtiger Defileh,) des -es, plur. die -e, aus dem Französ. Defile, ein enger Weg, wo nur wenige neben einander gehen können; ein Hohlweg. Daher defiliren, bey den Armeen, in Zügen, d. i. wenige Mann hoch, marschiren, zum Unterschiede von dem Marsche in einer langen Reihe.


Degen (W3) [Adelung]


1. Der Degen, des -s, plur. ut nom. sing. ein bekanntes Seitengewehr, welches aus einer langen schmalen Klinge und einem Gefäße bestehet, in einer Scheide an der Seite getragen wird, und so wohl zur Bezeichnung eines Vorzuges, als auch zur Beschützung dienet; zum Unterschiede von einem Dolche, Schwerte, Säbel u. s. f. Eigentlich dienet dieses Gewehr nur zum Stechen; wenn es aber auch zum Hauen bestimmt ist, so bekommt es gemeiniglich den Nahmen eines Haudegens. Ein Stoßdegen, Kaufdegen, Galanterie-Degen, Felddegen u. s. f. Einen Degen tragen. Zu dem Degen greifen. Den Degen ziehen. Seinem Gegner in den Degen fallen. Den Degen verstehen, ihn zu führen wissen. An den Seidenhaspeln ist der Degen ein hölzernes Lineal, welches mit dem einen Ende in dem Laufrädchen stecket, an dem andern aber beweglich ist, und dazu dienet, daß die Faden auf dem Haspel neben einander, nicht aber über einander kommen; Franz. Vavient. Es wird auch der Laufstock genannt.

Anm. Dag, Dacke, bedeutete ehedem, so wohl im Deutschen, als in den verwandten Mundarten, eine Spitze, ein zugespitztes Ding, wie unter andern auch aus dem Hochdeutschen Zacke, Nieders. Tacke erhellet. Dagues de cerf sind im Franz. die Zacken oder Spitzen an den Hirschgeweihen; Dague aber bedeutet in eben dieser Sprache, so wie das Ital. Daga, Schwed. Daggert, und Engl. Dagger, einen Dolch. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, mit einer Spitze versehen, und das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, durchstechen, kommen mit diesem Worte in dem Hauptbegriffe überein. S. Schwert.*


Degen (W3) [Adelung]


2. Der Degen, des -s, plur. ut nom. sing. ein nunmehr völlig veraltetes Wort, welches ehedem einen Kriegsmann, einen rechtschaffenen, redlichen Mann, ingleichen einen Diener bedeutete, und nur noch in den Schriften der vorigen Zeiten angetroffen, zuweilen aber auch noch in der komischen Schreibart gebraucht wird. Aber Tewrdank der tegen rein, Theuerd. Kap. 83. Die alten kühnen Degen, Logau. Ihr Vater ist ein alter Degen, stolz und rauh, sonst bieder und gut Less. In den Überresten der alten Franken und Alemannen kommt dieses Wort sehr häufig vor, wie auch in den verwandten mitternächtigen Mundarten. Es ist alle Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß es von dem Zeitworte taugen, ehedem thegan, degan, abstammet. S. Taugen, ingleichen Frischens Wörterbuch, Schilters Glossar. und Ihre Glossar. v. Thaege.


Degenband (W3) [Adelung]


Das Degenband, des -es, plur. die -bänder, das Band an dem Gefäße eines Degens; das Port d'Epee.


Degengefäß (W3) [Adelung]


Das Degengefäß, des -es, plur. die -e, das Gefäß, oder der Handgriff an einem Degen.


Degengehenk (W3) [Adelung]


Das Degengehenk, des -es, plur. die -e, ein Gürtel, in und an welchen der Degen gehenket wird; ehedem das Wehrgehenk, im Nieders. das Degenkoppel, oder Degenkuppel.


Degenknopf (W3) [Adelung]


Der Degenknopf, des -es, plur. die -knöpfe. 1) Eigentlich, der Knopf an einem Degengefäße. 2) Im figürlichen aber nur niedrigen Scherze, ein alter Deutscher Degenknopf, ein redlicher Deutscher, ein Mann ohne Falsch. In dem Bremisch-Nieders. Wörterbuche wird nicht ohne Wahrscheinlichkeit gemuthmaßet, daß Knopf in dieser Zusammensetzung das alte Knappe sey. Thegane, degen, war auch als ein Beywort üblich, und im Heldenbuche ist Degen-Herre so viel als gestrenger, tapferer Herr. S. 2 Degen.


Degenkoppel (W3) [Adelung]


Das Degenkoppel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Degengehenk und Koppel.


Degenöhl (W3) [Adelung]


Das Degenöhl, des -es, plur. inus. S. Degenschwarz.


Degenscheide (W3) [Adelung]


Die Degenscheide, plur. die -n, die Scheide eines Degens.


Degenschwarz (W3) [Adelung]


Das Degenschwarz, des -es, plur. car. ein dickes Öhl, welches von den Pferdeärzten gebraucht wird; Degenöhl, Oleum rusci. Es ist aus Dagger-Öhl oder Dagger-Schwarz verderbt, S. Dagger.


Degenstampfe (W3) [Adelung]


Die Degenstampfe, plur. die -n, bey den Gold- und Silberarbeitern, eine bleyerne Form, die Degengefäße von Gold oder Silberblech darin zu bilden.


Dehnbar (W3) [Adelung]


Dehnbar, -er, -ste, adj. et adv. was sich dehnen lässet. Daher die Dehnbarkeit, die Eigenschaft eines Körpers, nach welcher er sich dehnen oder ausdehnen lässet.


Dehnen (W3) [Adelung]


Dehnen, verb. reg. act. die Länge und Breite eines Körpers durch Ziehen vergrößern; ausdehnen, in den niedrigen Mundarten recken. 1) Eigentlich. Das Gold lässet sich dehnen. Dehne deine Seile lang und stecke deine Nägel feste, Es. 54, 2. Einen Missethäter auf der Folterbank dehnen. 2) In engerer Bedeutung, als ein Reciprocum, sich dehnen, seine Glieder ausdehnen, wie ein Fieberhafter oder Fauler; im gemeinen Leben sich recken, im Oberdeutschen "sich ranzen", sich stranzen. 3) Figürlich, lange währen, von der Zeit. Die Nacht dehnt sich lang, Hiob. 7, 4. nach Herrn Michaelis Übersetzung. Der Weg dehnt sich gar sehr, er will kein Ende nehmen. Ingleichen, von einem fehlerhaft langsamen Tone. Ein gedehnter schleppender Ton. Er dehnt die Wörter, daß einem angst und bange darüber wird. 4) Eine Sylbe dehnen, in der Sprachkunst, sie mit einer längern Verweilung der Stimme aussprechen, im Gegensatze des schärfen. Eine gedehnte Sylbe, im Gegensatze einer geschärften, welche von dem, was man in der Prosodie lang und kurz nennet, noch sehr verschieden sind. In Hausmann ist die erste Sylbe gedehnt, und die letzte geschärft; aber in der Prosodie sind beyde lang. So auch die Dehnung, im Gegensatze der Schärfung.

Anm. Bey dem Kero lautet dieses Zeitwort denan, bey dem Ottfried thenan, er sina hand to thenita, da streckte er seine Hand aus, bey dem Notker dennen, bey dem Tatian thenon, im Nieders. telnen, im Angels. athenan, im Schwed. taenja, im Isländ. thenia, im Slavon. czanu, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Latein. tendere, und ehedem tennere; S. Dünn und Sehne. Die Niedersachsen haben noch ein anderes genau damit verwandtes Wort, welches tanen lautet, und besonders von dem Leder gebraucht wird. Leder tanen, Leder bereiten, weil solches mit vielem Ziehen und Dehnen verbunden ist, und womit das Angels. tannan, das Engl. tan, und das Franz. tanner, alle von der Bereitung des Leders, überein kommen. So alt nun dieses Wort auch ist, so scheinet es doch nur das Intensivum von ziehen, im Nieders. tehen, zu seyn, so wie sehnen von sehen, lehnen von legen u. s. f. Dehnen ist nichts anders als ein wiederhohltes starkes Ziehen. S. Ziehen und Zähe.Die Deutschen Mundarten außer der Hochdeutschen haben zu diesem Activo auch ein Neutrum, welches im Oberdeutschen dohnen, im Nieders. aber dunen lautet, und ausgedehnet werden, aufschwellen, bedeutet, und wovon man ein neues Intensivum dunsen hat; S. Dunst. Von diesem Worte dunen heißen die leichten Flaumfedern der Vögel wegen ihrer großen Schnellkraft Dunen, und in dem Munde der Hochdeutschen zuweilen Daunen. S. Flaumfeder.


Deich (W3) [Adelung]


Der Deich, des -es, plur. die -e, ein nur in den Niedersächsischen Marschländern übliches Wort, einen Damm von Erde zu bezeichnen, der zur Abhaltung des zuweilen einbrechenden Fluß- oder Seewassers aufgeführet wird. Einen Deich aufführen. Einen Deich durchstechen. Den Deich einlegen, zurück legen, einziehen, oder eine Einlage machen, einen beschädigten Deich in einer kürzern Linie aufführen. Zu Deiche fahren, zur Ausbesserung eines Deiches abgehen. Von dem Deiche fahren, von der Arbeit an einem Deiche wieder nach Hause gehen. Die Deiche belaufen, besichtigen. Einem Deiche schaufrey machen, ihn so ausbessern, daß die Aufseher nicht daran auszusetzen finden. Den Deich aus der Last bringen, den Durchbruch eines Deiches vorerst so ausbessern, daß die gewöhnliche Fluth davon abgehalten wird. Figürlich werden in Niedersachsen auch die Torfhaufen, wenn sie einem Damme oder Deiche gleichen, Deiche genannt. Den Torf in Deiche setzen.

Anm. 1. Im Nieders. lautet dieses Wort Diik, im Holländ. Dyk, im Angels. Dic, Dice, im Engl. Dike, im Franz. Digue, alle in der Bedeutung eines Dammes oder Walles von Erde. Eigentlich ist dieses Wort einerley mit dem Hochdeutschen Teich, piscina, welches im Nieders. gleichfalls Diik, im Angels. Dic, im Engl. Ditch, Dich, im Schwed. Dike, im Isländ. Diki, lautet, und womit das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Wasserbehältniß, und das Latein. ducere fossam, überein kommt. Ohne die vielen zum Theil seltsamen Ableitungen des Nieders. Deich. anzuführen, soll hier nur bemerket werden, daß Wachters Ableitung noch die vernünftigste ist, der das Angels. dican, graben, für das Stammwort hält, von welchem unser Hochdeutsches stechen nur durch den Zischlaut verschieden ist; S. dieses Wort. Deich und Teich kommen also darin überein, daß sie beyde ein Werk bedeuten, welches durch Graben hervorgebracht worden. Die Benennung zweyer einander so entgegen gesetzter Dinge, als Teich, piscina, und Deich, Damm, sind, mit einem und eben demselben Worte, kann eben so wenig befremden, als daß Damm im Niedersächsischen auch einen Fischteich, einen Graben, Graben aber im Osnabrückischen auch einen Erdwall bedeutet. Agger bedeutete im Römischen Festungsbaue so wohl einen Damm, als einen Graben, und im mittlern Lat. sind Fossa und Fovea so wohl ein Hügel und Damm, als ein Canal. Vielleicht hat das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Mauer, anfänglich auch nur einen Erddamm bedeutet, und alsdann würde es gleichfalls hierher gehören.

Anm. 2. Die Ursache aber, warum man Deich in der Bedeutung eines Erddammes hier mit einem weichen D geschrieben findet, ist nicht, um es von einem Fischteiche zu unterscheiden, sondern weil es in dieser Bedeutung ein Kunstwort der Niedersachsen ist, welches sie, auch wenn sie Hochdeutsch schreiben und sprechen, beständig mit einem D ausdrucken. Das Wort Damm ist bey den Niedersachsen von einem Erdwalle gleichfalls üblich, doch gebrauchen sie von den Dämmen wider das See- und Flußwasser am häufigsten und liebsten das Wort Deich. Da auf diesen Deichen die ganze Sicherheit der niedrigen Marschländer beruhet, so sind sie auch ein sehr wesentliches Stück der Polizey und Rechtsgelehr-samkeit dieser Gegenden. Man hat daher auch eine Menge dahin gehöriger Zusammensetzungen, von welchen die vornehmsten im folgenden angeführet werden sollen. Andere, die leicht zu verstehen sind, wie Deicharbeit, Deicharchiv, Deichbau, Deichbaumeister, Deichbedienter, Deich-Commissarius, Deicherde, Deichfuhre, Deich-Inspector, Deich-Interessent, Deich-Casse, Deichkosten, Deichobrigkeit, Deichrechnung, Deichregister, Deichrentmeister, Deichsache, Deichschreiber, Deich-Secretär, Deichverständig, Deichwesen u. a. m. habe ich übergehen zu können geglaubt.


Deichacht (W3) [Adelung]


Die Deichacht, plur. die -en, S. Acht, in den Marschländern, 1) die zur Aufsicht über einen Deich gehörigen Personen und deren Gericht. Die Deichacht zusammen fordern. 2) Deren Verordnungen. 3) Die öffentlich gemachte und bestätigte Beschreibung eines Deiches; das Deichbuch. 4) Der Antheil, welchen jemand von einem mit einem Deiche verwahrten Lande besitzet. Ein Land der Deichacht entziehen, d. i. es den öffentlichen Lasten in Ansehung der Erhaltung eines Deiches entziehen.


Deichamt (W3) [Adelung]


Das Deichamt, des -es, plur. die -ämter, in den Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst, ein Amt, welches die Aufsicht über die Deiche hat, und worin der Oberlanddrost Oberdeichamtsrichter ist.


Deichanker (W3) [Adelung]


Der Deichanker, des -s, plur. ut nom. sing. das feste Ufer auf welchem ein Deich liegt; der Deichfuß, die Deichstelle, S. Deichufer.


Deichannehmer (W3) [Adelung]


Der Deichannehmer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welchem von dem Eigenthümer die Arbeit an einem Deiche verdungen wird.


Deichband (W3) [Adelung]


Der Deichband, des -es, plur. die -e, ein Strich Landes, welcher von einem Deiche Schutz genießet, und daher dessen Erhaltung besorgen muß; die Deichbank, der Deichstrich.


Deichbandspflichtig (W3) [Adelung]


Deichbandspflichtig, adj. et adv. S. Deichpflichtig.


Deichbank (W3) [Adelung]


Die Deichbank, plur. die -bänke, S. Deichband.


Deichbeschauer (W3) [Adelung]


Der Deichbeschauer, des -s, plur. ut nom. sing. eine von der Obrigkeit zur Beschauung der Deiche bestellte Person, welche an einigen Orten auch ein Krippgräfe genannt wird, von Krippe, ein Flechtwerk, Zaun. S. Deichschau.


Deichbeschwerden (W3) [Adelung]


Die Deichbeschwerden, singul. inus. die zur Erhaltung eines Deiches nöthigen Arbeiten und Kosten; die Deichlast, Deichhülse, Deichkosten.


Deichbothe (W3) [Adelung]


Der Deichbothe, des -n, plur. die -n, ein zur Bestellung, Ansagung und Exequirung in Deichsachen angenommener Bothe; ein Deichläufer.


Deichbrief (W3) [Adelung]


Der Deichbrief, des -es, plur. die -e, eine zum Deichwesen gehörige Urkunde.


Deichbruch (W3) [Adelung]


Der Deichbruch, des -es, plur. die -brüche, die von dem Wasser geschehene Durchbrechung eines Deiches, so daß Ebbe und Fluth durch den Schaden ein- und ausgehen kann, und der Ort, wo ein Deich durchgebrochen worden.


Deichbrüche (W3) [Adelung]


Die Deichbrüche, plur. die -n, die Verbrechen wider die Deichgesetze; ingleichen die dadurch verwirkte Strafe. S. Brüche.


Deichbuch (W3) [Adelung]


Das Deichbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Buch, worin alle Deichpflichtige, und eines jeden Antheil an der Erhaltung eines Deiches, verzeichnet sind; die Deichacht, der Deichbrief, das Deichregister, die Deichrolle.


Deichdamm (W3) [Adelung]


Der Deichdamm, des -es, plur. die -dämme, ein kleiner Damm, welcher das Wasser von einem Deiche abhält; die Lauung.


Deicheidige (W3) [Adelung]


Der Deicheidige, des -n, plur. die -n, ein Deicheidiger, ein beeidigter Aufseher über das Deichwesen; ein Deichgeschworner.


Deichen (W3) [Adelung]


Deichen, verb. reg. act. einen Deich aufführen; ingleichen, einen Deich ausbessern, an einem Deiche arbeiten. So auch die Deichung.


Deicher (W3) [Adelung]


Der Deicher, des -s, plur. ut nom. sing. der Arbeiter an einem Deiche.


Deicherlohn (W3) [Adelung]


Das Deicherlohn, des -es, plur. car. der Lohn der Deicharbeiter.


Deichfach (W3) [Adelung]


Das Deichfach, des -es, plur. die -fächer, der gesetzmäßige Antheil, welchen jemand an einem Deiche hat, und für dessen Erhaltung er sorgen muß; S. Deichpfand.


Deichfrey (W3) [Adelung]


Deichfrey, adj. et adv. von der Arbeit zur Erhaltung eines Deiches befreyet. Das Deichfreyen-Geld, welches die Deichfreyen statt Arbeit zur Deich-Casse erlegen.


Deichfrieden (W3) [Adelung]


Der Deichfrieden, des -s, plur. car. die strenge und allgemeine Ordnung, Ruhe und Sicherheit bey Deicharbeiten. Den Deichfrieden brechen. Ein Deichfriedbrecher.


Deichfuß (W3) [Adelung]


Der Deichfuß, des -es, plur. die -füße, S. Deichanker.


Deichgeld (W3) [Adelung]


Das Deichgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, das zur außerordentlichen Ausbesserung eines Deiches nöthige Geld.


Deichgericht (W3) [Adelung]


Das Deichgericht, des -es, plur. die -e, das Gericht in Deichsachen; in Bremen das Seegericht. Das Deichgericht hegen.


Deichgeschworne (W3) [Adelung]


Der Deichgeschworne, des -n, plur. die -n, ein geschworner Ausseher über das Deichwesen, der über gewisse Bauerschaften und den dazu gehörigen Deichzug bestellet ist; an einigen Orten ein Deicheidiger, Deichheimrath, im Clevischen ein Heimrath. Dessen Amt heißt die Geschworenschaft, oder Deichgeschworenschaft.


Deichgräfe (W3) [Adelung]


Der Deichgräfe, des -n, plur. die -n, der Oberaufseher über das Deichwesen in einer ganzen Provinz. Im Oldenburgischen ist er der nächste nach dem Oberlanddroften.


Deichgrafschaft (W3) [Adelung]


Die Deichgrafschaft, plur. die -en, das Amt und Gebieth eines Deichgräfen.


Deichhalter (W3) [Adelung]


Der Deichhalter, des -s, plur. ut nom. sing. S. Deichpflichtig.


Deichhauptmann (W3) [Adelung]


Der Deichhauptmann, des -es, plur. die -leute, an einigen Orten, so viel als ein Deichgräfe.


Deichhauptmannschaft (W3) [Adelung]


Die Deichhauptmannschaft, plur. die -en, das Amt und Gebieth eines Deichhauptmannes.


Deichheimrath (W3) [Adelung]


Der Deichheimrath, des -es, plur. die -räthe, an einigen Orten, so viel als ein Deichgeschworner. S. Heimrath.


Deichherr (W3) [Adelung]


Der Deichherr, des -en, plur. die -en, der Besitzer eines Theiles von einem Deiche, für dessen Erhaltung er sorgen muß; S. Deichpflichtig.


Deichholzung (W3) [Adelung]


Die Deichholzung, plur. inus. das hölzerne Pfahl- und Bohlwerk, zu besserer Verwahrung des Deiches.


Deichhülfe (W3) [Adelung]


Die Deichhülfe, plur. car. S. Deichbeschwerden.


Deichkamm (W3) [Adelung]


Der Deichkamm, des -es, plur. die -kämme, die oberste Fläche eines Deiches; der Kamm, die Kappe.


Deichlage (W3) [Adelung]


Die Deichlage, plur. die -n, die Ordnung und Lage der Nasen eines Deiches.


Deichlager (W3) [Adelung]


Das Deichlager, des -s, plur. die -läger, der allgemeine Sammelplatz der Deichpflichtigen bey der Gefahr der Durchbrechung eines Deiches.


Deichland (W3) [Adelung]


Das Deichland, des -es, plur. die -länder, eine Gegend, welche durch einen Deich wider das Wasser gesichert wird.


Deichlast (W3) [Adelung]


Die Deichlast, plur. die -en, S. Deichbeschwerden.


Deichläufer (W3) [Adelung]


Der Deichläufer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Deichbothe.


Deichlehen (W3) [Adelung]


Das Deichlehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Amt bey dem Deichwesen, welches zu Leben gegeben wird, z. B. das Deichgrafenamt.


Deichlücke (W3) [Adelung]


Die Deichlücke, plur. die -n, die von dem Wasser ausgespülte Lücke in der Seitenfläche eines Deiches.


Deichmaße (W3) [Adelung]


Die Deichmaße, plur. die -n, oder das Deichmaß, des -es, plur. die -e, das Maß des Deiches nach seinen verschiedenen zu vertheilenden Schlägen, und der Maßstab, nach welchem im Deichwesen gemessen wird. Im Oldenburgischen geschiehet solches nach einer Ruthe von 20 Fuß, den Fuß zu 12 Zoll gerechnet.


Deichmeister (W3) [Adelung]


Der Deichmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Meister, oder Unternehmer, der die Ausbesserung eines beschädigten Deiches gegen einen bedungenen Lohn übernimmt; im Nieders. ein Deichbaas, von Baas, ein Meister. Des heil. Röm. Reiches Deichmeister, ist ein Titel, welchen die Grafen von Oldenburg, wegen der guten Deichanstalten in ihrem Lande, ehedem von dem Kaiser erhielten.


Deichmesser (W3) [Adelung]


Der Deichmesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein zum Ausmessen der Deiche bestimmter Beamter.


Deichnachbar (W3) [Adelung]


Der Deichnachbar, des -n, plur. die -n, der benachbarte Eigenthümer eines Deiches.


Deichpfahl (W3) [Adelung]


Der Deichpfahl, des -es, plur. die -pfähle, ein in dem Deiche eingeschlagener Pfahl, der eines jeden Antheil an demselben bezeichnet; ein Dammstock, Deichstock.


Deichpfand (W3) [Adelung]


Das Deichpfand, des -es, plur. die -pfänder, ein gewisser Theil von einem Deiche, der jemanden zugehöret, und für dessen Erhaltung er sorgen muß; an einigen Orten ein Deichfach, Deichschlag, Schlag.


Deichpfennigmeister (W3) [Adelung]


Der Deichpfennigmeister, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, der Einnehmer bey der Deich-Casse; der Deichrentmeister.


Deichpflicht (W3) [Adelung]


Die Deichpflicht, plur. die -en, die Verbindlichkeit in Ansehung der Erhaltung eines Deiches.


Deichpflichtig (W3) [Adelung]


Deichpflichtig, adj. et adv. zur Erhaltung eines Deiches verpflichtet; deichbandspflichtig. Ein Deichpflichtiger wird auch ein Deichhalter, Deich-Interessent, Deichherr, genannt.


Deichpflichtigkeit (W3) [Adelung]


Die Deichpflichtigkeit, plur. inus. die Deichpflicht.


Deichrath (W3) [Adelung]


Der Deichrath, des -es, plur. die -räthe, der Rath in einem Deichgerichte.


Deichrecht (W3) [Adelung]


Das Deichrecht, des -es, plur. die -e, der Inbegriff aller zu dem Deichwesen gehörigen Gesetze und Gebräuche; in Schleßwig das Spadelandsrecht.


Deichrichter (W3) [Adelung]


Der Deichrichter, des -s, plur. ut nom. sing. in Bremen der vornehmste nach dem Deichgräfen im Deichgerichte.


Deichritterschaft (W3) [Adelung]


Die Deichritterschaft, plur. inus. diejenigen Adeligen, welche innerhalb eines Deichlandes wohnhaft sind.


Deichrolle (W3) [Adelung]


Die Deichrolle, plur. die -n, S. Deichbuch.


Deichrüge (W3) [Adelung]


Die Deichrüge, plur. die -n, die Mängel, welche die Deichschauer an jemandes Deichpfande gewahr werden.


Deichschart (W3) [Adelung]


Das Deichschart, des -es, plur. die -e, ein E inschnitt in den obern Theil des Deiches zur Viehtrift.


Deichschatz (W3) [Adelung]


Der Deichschatz, des -es, plur. inus. der Beytrag an Gelde zur Unterhaltung eines Deiches.


Deichschau (W3) [Adelung]


Die Deichschau, plur. die -en, oder die Deichschauung plur. die -en, die jährliche Besichtigung der Deiche und Dämme, welche von den Deichbeamten geschiehet. In dem Oldenburgischen werden des Jahres zwey Hauptdeichschauungen von den Oberlanddrosten und Deichgräfen gehalten; außerordentliche geschehen in nöthigen Fällen. Daher das Deichschauungs-Protokoll; der Deichschauer, S. Deichbeschauer.


Deichschlag (W3) [Adelung]


Der Deichschlag, des -es, plur. die -schläge, derjenige Theil eines Deiches, welchen eine Gegend, oder auch ein Deichhalter im gehörigen Stande erhalten muß, und der mit eingeschlagenen Pfählen bemerket ist. Im Oldenburgischen hat jede Vogtey ihren Deichschlag, welcher wieder in besondere Erbpfänder vertheilet ist; S. Deichpfand und Schlag.


Deichschoß (W3) [Adelung]


Der Deichschoß, des -sses, plur. die -sse, ein Schoß, welcher zur Erhaltung eines Deiches gesammelt wird.


Deichschulze (W3) [Adelung]


Der Deichschulze, des -n, plur. die -n, an einigen Orten, ein Aufseher über das Deichwesen.


Deichschütz (W3) [Adelung]


Der Deichschütz, des -en, plur. die -en, oder der Deichschütter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Unterbedienter, der das Vieh, wenn es unbefugter Weise auf den Deichen weidet, pfändet und eintreibet; von dem Nieders. schudden, schutten, pfänden. S. Schütz.


Deichseigener (W3) [Adelung]


Der Deichseigener, des -s, plur. ut nom. sing. der Eigener oder Besitzer eines Antheiles an einem Deiche; ein Deichhalter.


Deichsel (W3) [Adelung]


1. Die Deichsel, plur. die -n, eine kurzstielige Art, horizontal damit zu hauen, verschiedener Holzarbeiter. Die Zimmerleute haben so wohl eine Flachdeichsel, welche gerade ist, als auch eine Hohldeichsel, deren Schneide krumm gebogen ist, etwas damit auszuhöhlen. Bey den Stellmachern ist sie gleichfalls krumm, bey den Sattlern aber gerade. Auch die Böttcher gebrauchen dieses Werkzeug.

Anm. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Werkzeug Dechsel, Dessel, Dissel, Distel, und ist in einigen Gegenden auch männlichen Geschlechtes. In den Monseeischen Glossen kommt Dehsala, schon für eine Art vor. Das Böhmische Tesla und Tesak bedeutet eine Deichsel der Sattler und Wagener. Im Dänischen ist Dixel ein Handbeil. Es scheinet, daß dieses Wort auch zu dem alten diken, graben, aushöhlen, stechen, gehöret, von welchem Worte auch Deich, Stachel, stechen, und so viele andere Wörter abstammen. Die Endsylbe ist die Ableitungssylbe - el, ein Werkzeug zu bezeichnen.


Deichsel (W3) [Adelung]


2. Die Deichsel, plur. die -n, die lange Stange an einem Wagen, vermittelst deren derselbe regieret wird, und an welche die Pferde gespannet werden.

Anm. Im Nieders. Diessel, Diesse, Diessen, und Diestel. Im Engl. heißt eine Deichsel Thill, im Schwed. Tistel, im Angels. Disl, Thisl, Thixl, im Holländ. Dyssel, Dussel, im Pohln. Dyszel, im Russischen Dischlo. Das Stammwort scheinet ein veraltetes Dak, Tak zu seyn, wovon noch im Slavon. Tyc einen Pfahl bedeutet, im Deutschen aber vermittelst des vorgesetzten Zischlautes Staken, (Stange) Stock, Stecken u. a. m. übrig sind. Indessen lässet es sich auch füglich von ziehen, Nieders. tehen, ableiten, weil doch die Pferde an dieser Stange eigentlich den Wagen ziehen, und die Endsylbe - el auch hier ein Werkzeug bedeutet. In Niedersachsen ist dieses Wort häufig männlichen Geschlechtes. In Liefland wird eine Deichsel auch eine Femerstange genannt. S. auch Gabeldeichsel.


Deichselarm (W3) [Adelung]


Der Deichselarm, des -es, plur. die -e, zwey hölzerne Arme an dem Vorderwagen, zwischen welchen die Deichsel befestiget wird; die Vorderarme, zum Unterschiede von den Hinterarmen.


Deichselblech (W3) [Adelung]


Das Deichselblech, des -es, plur. die -e, ein Blech, mit welchem die Deichsel eines Wagens vorn beschlagen wird.


Deichseleisen (W3) [Adelung]


Das Deichseleisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein eiserner Steigbügel, welcher den rechten Fuß der Fuhrleute vor der Beschädigung von der Deichsel verwahret.


Deichselgeld (W3) [Adelung]


Das Deichselgeld, des -es, plur., von mehrern Summen, die -er, an einigen Orten in Sachsen, dasjenige Geld, welches denFrohnfuhren, wenn sie über Nacht ausbleiben, zur Zehrung und zum Stallgelde gegeben wird, und ungefähr 5. Gr. für den Wagen beträgt.


Deichselkette (W3) [Adelung]


Die Deichselkette, plur. die -n, eine Kette, vermittelst welcher die Brustkette der Pferde an die Deichsel gehängt wird; die Haltkette, weil sie zugleich zur Aufhaltung des Wagens dienet.


Deichselnagel (W3) [Adelung]


Der Deichselnagel, des -s, plur. die -nägel, ein eiserner Nagel oder Bolzen, womit die Deichsel an die Deichselarme befestiget wird.


Deichselpfennig (W3) [Adelung]


Der Deichselpfennig, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, eine Art Zoll oder Brückengeld von dem Fuhrwesen, welcher oft in Distelpfennig verderbt wird.


Deichselpferd (W3) [Adelung]


Das Deichselpferd, des -es, plur. die -e, ein Pferd, welches neben der Deichsel ziehet; das Stangenpferd, im Gegensatze der Riemenpferde, welche vor der Deichsel gehen.


Deichselrecht (W3) [Adelung]


Das Deichselrecht, des -es, plur. die -e, das Recht, die Deichsel seines Wagens durch ein Loch in der Scheuer in des Nachbars Hof oder Garten zu stecken.


Deichselring (W3) [Adelung]


Der Deichselring, des -es, plur. die -e, ein eiserner Ring, vermittelst dessen die Deichselkette an die Deichsel gesteckt wird. Ingleichen ein Ring, welcher die Deichsel mit den Deichselarmen vereiniget.


Deichselstein (W3) [Adelung]


Der Deichselstein, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, z. B. in Thüringen, Steine, mit welchen die Fahrwege, so weit sie seitwärts ausgetrieben werden können, in der Mitte bezeichnet werden.


Deichsohle (W3) [Adelung]


Die Deichsohle, plur. die -n, die Sohle eines Deiches befestigen.


Deichstelle (W3) [Adelung]


Die Deichstelle, plur. die -n, S. Deichanker.


Deichstock (W3) [Adelung]


Der Deichstock, des -es, plur. die -stöcke, S. Deichpfahl.


Deichstrich (W3) [Adelung]


Der Deichstrich, des -es, plur. die -e, S. Deichband.


Deichstück (W3) [Adelung]


Das Deichstück, des -es, plur. die -e, ein Stück eines Deiches, welches jemand erhalten muß; S. Deichfach, Deichpfand, Deichschlag.


Deichtheilung (W3) [Adelung]


Die Deichtheilung, oder Deichvertheilung, plur. die -en, Vertheilung der Deichpfänder unter die Deichpflichtigen, welche entweder nach Jucken, d. i. Morgen, oder nach der Güte des Landes, welches man besitzet, oder auch nach dem Anschusse des Landes am Deiche geschiehet.


Deichverlag (W3) [Adelung]


Der Deichverlag, des -es, plur. inus. der Verschuß, welchen jemand zur Ausbesserung eines Deiches an Geld, Getreide, Arbeitslohn u. s. f. thut.


Deichufer (W3) [Adelung]


Das Deichufer, des -s, plur. ut nom. sing. das Ufer eines Deiches, S. Deichanker. Ist dieses Ufer mit Ried- oder Schilfrohr durchwachsen, so heißt es in der Gegend von Bremen ein Riedanker, Reet-anker, Schallung, oder Reetschallen.


Deichvogt (W3) [Adelung]


Der Deichvogt, des -es, plur. die -vögte, ein Unterbeamter in dem Deichwesen, welcher unter dem Deichgräfen stehet.


Deichweg (W3) [Adelung]


Der Deichweg, des -es, plur. die -e, ein Weg, welcher neben einem Deiche hingehet, und nur zu dessen Ausbesserung, oder von den Deicheigenern gebraucht wird. Wo die Landstraße über einen Deich hingehet, heißt solche gleichfalls ein Deichweg.


Deichzug (W3) [Adelung]


Der Deichzug, des -es, plur. die -züge, ein gewisser Strich eines Deiches, worüber ein Aufseher gesetzt ist. Den Deichzug begehen, d. i. diesen Strich besichtigen, welches von den Deichgeschwornen geschiehet.


Deichzwang (W3) [Adelung]


Der Deichzwang, des -es, plur. inus. die Gerichtsbarkeit der Deichobrigkeit.


Deihen (W3) [Adelung]


Deihen, S. Gedeihen.


Deil (W3) [Adelung]


Das Deil, in den Eisenhämmern, S. Theil.


Dein (W3) [Adelung]


1. Dein, die zusammen gezogene zweyte Endung des persönlichen Pronominis du, für deiner. S. Deiner.


Dein (W3) [Adelung]


2. Dein, pronomen possessivum, oder das zueignende Fürwort der zweyten Person, welches so wohl mit einem Substantive, als auch ohne dasselbe gebraucht wird.I. In Gesellschaft des Substantives, wird es auf folgende Art abgeändert: dein, deine, dein; Gen. deines, deiner, deines; Dat. deinem, deiner, deinem; Accus. deinen, deine, dein; Plur. deine; Genit. deiner; Dat. deinen; Accus. deine. Es bedeutet, 1) eigentlich, etwas, welches der zweyten Person gehöret, oder womit sie in Verbindung stehet, in so fern sie unmittelbar angeredet wird. Dein Vater. Deine Tochter. Dein Haus. Deine Güter. Er ist auch einer deines Gleichen. Deines Gleichen ist niemand in der Stadt; wo das Adjectiv gleich die Stelle eines Substantives vertritt. 2) Figürlich, etwas, womit die zweyte Person in entfernterer Verbindung stehet, dessen sie eben gedacht hat, u. s. f. Es thut nichts zur Sache, wenn dein obiger Gelehrter das Gegentheil sagt, der, dessen du oben gedacht hast. Du kannst dein Bißchen Französisch, Gell. für ein Bißchen.Es wird wie alle eigentliche Pronomina alle Mahl ohne Artikel gebraucht. Stehet zwischen demselben und dem Substantive noch ein Adjectiv, so wird dieses am sichersten so decliniret, als wenn statt des Fürwortes der unbestimmte Artikel ein da wäre. Dein armes Kind. Deine kleinen Fehler, Gell. nicht deine kleine Fehler, obgleich solches häufig genug geschiehet.Wenn der Kaiser an die Reichsfürsten schreibet, so bedienet er sich gemeiniglich der Abkürzung Dr. Liebden, welches nach dem alten Gebrauche, da die Fürsten von dem Kaiser du genannt wurden, deiner hieß, jetzt aber, da die Fürsten in dem Zusammenhange von dem Kaiser Sie genannt werden, auch Dero bedeuten kann und muß.Wenn so wohl dieses als auch die persönlichen Pronomina mein, sein, unser, euer, ihr, vor den Hauptwörtern Halbe, Weg, Wille zu stehen kommen, und in dieser Verbindung einen Bewegungsgrund ausdrucken sollen, so wird um des Wohlklanges willen das n am Ende mit dem t vertauschet; so daß aus um deinen Willen, deinen Wegen, deinen Halben, u. s. f. wird: um deinet Wegen, deinet Willen, deinet Halben, oder noch richtiger deinetwegen, deinetwillen, deinethalben. Um deinetwillen (aus Liebe, aus Achtung für dich) ist es gewiß nicht geschehen. Das habe ich deinetwegen (zu deinem Nutzen, aus Liebe zu dir) gethan. Man kann diese Art des Ausdruckes auch durch die zweyte Endung des persönlichen Fürwortes geben; allein alsdann muß zwischen dem Pronomen und dem Substantive noch selbst eingeschaltet werden. Es ist um deiner selbst Willen, oder um dein selbst Willen, geschehen.Hieraus folget aber nicht, daß in deinetwegen, seinetwillen, meinethalben u. s. f. das Pronomen gleichfalls die zweyte persönliche Endung deiner, seiner, meiner, sey. Man kann solches leicht beweisen, wenn man nur die ältern Schriftsteller und die Analogie zu Hülfe nimmt. Ist minan halbun gedan, sagt noch Ottfried für meinethalben oder in meinem Nahmen. Als man nachmahls das t euphonicum anzuhängen anfing, hing man es an das n, ohne dieses wegzuwerfen; so findet sich schon in dem 1514 gedruckten Livius synenthalb. Nachmahls warf man auch das n weg, und so stehet schon im Theuerdanke von seint wegen. Über dieß gibt es mehr Fälle, wo das t euphonicum zwar das n, nicht aber das r begleitet; z. B. eigentlich, ordentlich, für eigenlich, ordenlich. S. T. Im Oberdeutschen vermeidet man diese Zusammensetzung gern und sagt dafür wegen meiner, wegen deiner u. s. f.II. Soll dieses Pronomen allein, mit Auslassung des Substantives gesetzet werden, so geschiehet solches auf eine doppelte Art.1. So, daß das ungewisse Geschlecht dein adverbialiter gebraucht wird. Die Erbschaft ist dein, gehöret dir zu. Alle diese Äcker wären dein: Behalte, was dein ist. Ist dieses Buch dein? Ist doch das Rittergut dein, Gell. Das Loos ist dein gewesen, hat dir gehöret. Das Geld ist dein, Es sind nicht mehr als hundert Gulden mein, Gell. Ingleichen mit der Inversion, um eines besondern Nachdruckes Willen. Dein ist das Reich, und die Kraft u. s. f. Dein sey das Ebenbild des ersten Sohnes, Raml. Deine ist in diesem Falle ein Fehler, ungeachtet derselbe im gemeinen Leben sehr häufig ist. Die Erbschaft ist deine. Man sagt ja, die Blume ist roth, ist schön, und nicht, sie ist rothe, schöne.Dieser Gebrauch des persönlichen Pronominis hat die Regel für sich, daß alle Adjective im ungewissen Geschlechte als Adverbia gebraucht werden können, und die Pronomina sind doch in gewisser Betrachtung nichts anders als Adjective. So wie ich nun sagen kann, das Wetter ist schön, der Baum ist hoch, das Messer ist scharf, so kann man auch sagen, die Sache ist dein, das Gut ist euer u. s. f. Es gehet dieses auch mit Fragen an, doch nur wenn mit dem Verbo seyn gefraget wird. Wessen ist dieses Buch? Antw. Es ist dein; indem das Adverbium alle Endungen vertritt.2. Hingegen gibt es auch Fälle, wo dieses und alle übrige zueignende Fürwörter auch ohne die adverbische Gestalt von dem Substantive verlassen seyn können, doch so, daß sie sich auf dasselbe beziehen. Alsdann gehen sie in der Declination von ihrer ordentlichen Form in nichts ab, als daß die erste und vierte Endung im Singular deiner, deine, deines, meiner, meine, meines u. s. f. hat. Dieses ist nicht mein Haus, sondern deines. Wessen Knecht war er? Antw. Deiner. Man gab es nicht meinem Freunde, sondern deinem. Frey von der Zärtlichkeit ist noch kein Herz geblieben; Nur deines Sylvia - -Sylv. Nur meines kann nicht lieben, Gell.

Anm. Dein, bey dem Übersetzer Isidors dhiin, im Nieders. diin, ist sich in allen Europäischen Sprachen ähnlich geblieben. Bey dem Ulphilas lautet es theins, im Angels. dine, thin, im Engl. thine, im Franz. ton, im Holländ. diin, im Dän. din, im Schwed. din, im Isländ. thinn, im Hungar. tieed, in den Slavonischen Mundarten tvoj, in der Dorischen Mundart der Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bey den Lateinern tuus. Das Stammwort ist du.


Deine (W3) [Adelung]


Der Deine, die Deine, das Deine, das zusammen gezogene Abstractum des vorigen Fürwortes, S. Deinige.


Deiner (W3) [Adelung]


1. Deiner, deine, deines, das zueignende Pronomen, relative und ohne Substantiv gebraucht, S. Dein II.


Deiner (W3) [Adelung]


2. Deiner, die zweyte Endung des persönlichen Pronomens du. Man spottet deiner nur. Niemand will sich deiner erbarmen. Wir haben schon lange deiner gewartet.Im Oberdeutschen wird diese Endung sehr gerne in dein zusammen gezogen, welche Form um der Bequemlichkeit des Reimes und des Sylbenmaßes willen auch den Hochdeutschen Dichtern nicht unbekannt ist. Man spottet nur dein. Niemand will sich dein erbarmen. Die Lorbern warten dein, Zachar. Ich thue es um dein selbst Willen. In der Deutschen Bibel kommt diese Form noch häufig vor.


Deinethalben (W3) [Adelung]


Deinethalben, Deinetwegen, Deinetwillen, S. Dein I.


Deinetwegen (W3) [Adelung]


Deinetwegen, S. Deinethalben


Deinetwillen (W3) [Adelung]


Deinetwillen, S. Deinethalben


Deinige (W3) [Adelung]


Der, die, das Deinige, das Abstractum des zueignenden Fürwortes dein, welches alle Mahl den bestimmten Artikel vor sich hat, und ohne Substantiv gebraucht wird, sich aber doch auf eines beziehet. Dein Vorhaben ist weit über meine Kräfte und vielleicht auch über die deinigen, wo man im gemeinen Leben über deine sagt. Es war nicht mein Haus, sondern das deinige.Ingleichen als ein Substantiv. Das Deinige, dein Eigenthum, dein Vermögen. Die Deinigen, deine Angehörigen, deine Verwandten. Habe ich etwas von dem Deinigen angerühret? Es ist deine Schuldigkeit die Deinigen zu versorgen. Thue du das Deinige, was deiner Pflicht gemäß ist, was in deinen Kräften stehet.Die Zusammenziehung dieses Abstracti in der, die, das Deine, ist in der anständigern Schreibart der Hochdeutschen größten Theils veraltet, außer daß sie noch zuweilen von den Dichtern im Andenken erhalten wird. Du hast das Deine dazu beygetragen, was in deinen Kräften, in deinem Vermögen war. Er wird sein Glück und das deine gewiß machen. Sorge für die einen, für die Deinigen.


Deist (W3) [Adelung]


Der Deist, (zweysylbig) des -en, plur. die -en, aus dem Lat. Deista, der zwar einen Gott, aber keine Offenbarung annimmt, sondern bloß der natürlichen Religion folget. Daher deistisch, in dieser Gesinnung gegründet; die Deisterey, der Lehrbegriff eines Deisten. Von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - schreibt man dieses Wort zuweilen auch Theist, obgleich andere einen Unterschied zwischen beyden machen. Der Deist gründet sich ganz auf speculative und abstracte Gründe; der Theist aber bestimmt den reinen deistischen Vernunftbegriff durch Betrachtung der physischen und moralischen Welt und macht ihn praktisch. Indessen ist dieser Unterschied bloß willkürlich. Naturalist ist eine allgemeine Benennung für beyde.


Delicat (W3) [Adelung]


Delicat, -er, -este, adj. et adv. aus dem Franz. delicat, welches doch in den meisten Fällen entbehret werden kann. 1) Fein, im Gegensatze des grob, ingleichen zärtlich, schwächlich; wo es völlig entbehret werden kann. Eine delicate Arbeit, eine feine. Ein delicates Kind, ein zärtliches, schwächliches. 2) Wegen feiner oder mißlicher Beschaffenheit viele Behuthsamkeit erfordernd. Eine delicate Sache, welche sehr behuthsam behandelt seyn will, im gemeinen Leben eine kitzelige Sache, im Oberdeutschen eine häkelige. 3) Schmackhaft, von Speisen und Getränken, lecker; gleichfalls entbehrlich. 4) Gewöhnt nur das Schmackhafte zu wählen, mit seiner Empfindung des Unschmackhaften, lecker, ekel, im Oberdeutschen häkelig, im Nieders. köhrtsch, nach welchem einige Hochdeutsche das alberne wählerisch eingeführet haben. 5) In weiterer Bedeutung, gewöhnt, nur das Angenehme, Schöne u. s. f. zu suchen und zu empfinden, mit seiner Empfindung und Vermeidung des Unangenehmen, Häßlichen u. s. f. wo man es ohne Umschreibung nicht leicht mit einem gleich bedeutenden Deutschen Ausdruck wird ersetzen können.


Delinquent (W3) [Adelung]


Der Delinquent, des -en, plur. die -en, von dem Latein. Delinquens, der sich wegen schweren Verbrechens in Verhaft befindet, ein Missethäter; besonders nach seiner Verurtheilung zum Tode.


Dem (W3) [Adelung]


Dem, die dritte Endung der einfachen Zahl des Geschlechts- und Fürwortes der, S. Der.


Demant (W3) [Adelung]


Der Demant, mit seinen Zusammensetzungen, S. Diamant.


Demat (W3) [Adelung]


Das Demat, oder Diemat, des -es, plur. die -e, ein Feldmaß in einigen Niedersächsischen Gegenden und den Marschländern, welches am häufigsten von Wiesen gebräuchlich ist. Im Hollsteinischen hält es, und zwar, im Eyderstädtischen, 216 Quadratruthen, die Ruthe zu 8 Ellen gerechnet, im Amte Tundern aber 180 Quadratruthen, die Ruthe zu 9 Ellen. In Ostfrießland bestehet es aus 450 Ruthen, Emder Maß, oder aus 40 Rheinländischen Quadratruthen.

Anm. Am kürzesten kömmt man freylich weg, wenn man dieses Wort mit Frischen von dem Latein. demetere herleitet, weil es doch eigentlich so viel Land bedeutet, als ein Mann in einem Tage abmähen kann. Nur muß man alsdann nicht fragen, wie der Niedersächsische Landmann zu so vieler Gelehrsamkeit gekommen sey. Im Oberdeutschen ist in eben dieser Bedeutung Mannsmahd üblich; woraus sich schließen lässet, daß in Demat die letzte Sylbe gleichfalls von mähen, Mahd ist. Nur die erste Sylbe ist dunkel. Vielleicht ist sie das alte theo, thie, ein Knecht. Vielleicht gehöret sie auch zu Thiod, Deut, das Volk welches in einer andern Form auch einen Mann bedeutet haben kann. Im Ostfrießischen lautet dieses Wort Diemt. Dejwerca, bey dem du Fresne aus einer alten Englischen Urkunde, scheinet gleichfalls hierher zu gehören.


Demmen (W3) [Adelung]


Demmen, S. Dämmen.


Demmern (W3) [Adelung]


Demmern, Demmerung u. s. f. S. Dämmern.


Demmerung (W3) [Adelung]


Demmerung, S. Demmern


Demnach (W3) [Adelung]


Demnach, ein Bindewort, welches eine Folge oder einen Schluß aus einem vorher gegangenen Satze bezeichnet, und so wohl zu Anfange des Satzes, als auch, und zwar am häufigsten, und besten, nach einigen Worten stehet, für also, daher. Es gibt demnach solche Leute, welche u. s. f. Wie glücklich muß demnach ein Tugendhafter seyn!Anm. Demnach für nachdem, weil, oder da, zu Anfange einer Periode, gehöret zu dem Unerträglichen des Kanzelleystyls, besonders, wenn als darauf folget: demnach dieselben mein Gutachten verlangt, als habe mit demselben nicht länger anstehen wollen. Die Niedersachsen und Holländer sagen statt dieses Bindewortes, nademaal.


Demnächst (W3) [Adelung]


* Demnächst, adv. eine nur im gemeinen Leben übliche Partikel. 1) Für mit nächsten, so bald als möglich. Ich werde demnächst zu dir kommen. 2) Für nächst dem, d. i. hierauf, alsdann. Wir wollen essen, und demnächst spazieren gehen.


Demokratie (W3) [Adelung]


Die Demokratie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griechischen, diejenige Verfassung des gemeinen Wesens, wo sich die höchste Gewalt bey dem Volke, oder allen einzelnen Gliedern ohne Unterschied befindet; ohne Plural. Daher demokratisch, in dieser Verfassung gegründet; der Demokrat, des -en, plur. die -en, der diese Verfassung begünstiget, derselben ergeben ist.


Demuth (W3) [Adelung]


Die Demuth, plur. car. derjenige Zustand des Gemüthes, da man aus Kenntniß seiner Unwürdigkeit in Vergleichung mit der Würdigkeit anderer, von sich geringe denket, und solches durch die That an den Tag leget. Sich der Demuth befleißigen. Etwas aus wahrer Demuth thun. Anm. 1. Bey dem Notker lautet dieses Wort Diumuot, und bey dem Kero nach einer andern Form Deoheit; im Österreichischen Dienmuth, und in andern Oberdeutschen Gegenden Diemuth. Es kann seyn, daß die erste Sylbe dieses Wortes von dienen, im Fränkischen und Alemannischen ehedem deonan, ist. Aber da Kero das Zeitwort theonan, dienen, auch für demüthigen gebraucht, so kommt man der wahren Bedeutung dieses Wortes vielleicht noch näher, wenn man es von einem veralteten die, den, don, niedrig, ableitet, S. Donlege; so daß Demuth, nach dem Muster des Latein. humilitas, eigentlich die Niedrigkeit des Gemüthes ausdrücken würde. Von einem andern ähnlichen Worte od, Angels. ead, leicht, sanft, haben die Niedersächsischen und damit verwandten Mundarten ihr oodmödig und Oodmödigkeit, welches so wohl Sanftmuth, als auch Demuth bedeutet.

Anm. 2. Obgleich das einfache Muth männlichen Geschlechtes ist, so folget doch Demuth, nebst Unmuth, Großmuth, Sanftmuth und Wehmuth, der Regel, nach welcher die Abstracta und Tugenden weiblichen Geschlechtes sind.


Demüthig (W3) [Adelung]


Demüthig, (nicht, wie viele sprechen, demüthig,) -er, -ste, adj. et adv. Demuth besitzend, Demuth verrathend. Ein demüthiger Mensch. Eine demüthige Bitte. Demüthige Geberden. Demüthig seyn, oder werden.

Anm. Der Comparativ ist zwar als ein Adverbium, z. B. er wird schon demüthiger, nicht aber als ein Adjectiv üblich, weil ein demüthigerer, eine demüthigere u. s. f. das Gehör beleidigen würde. Der Superlativ hingegen kann auf beyden Arten gebraucht werden. Ich bin ihr demüthigster Diener. Demüthigst bitten. Für demüthig findet man bey dem Kero so wohl diomuate, als deolich, deolihho. Bey dem Ottfried bedeutet thiohmuati, unterworfen. In Niedersachsen sagt man oodmödig, und im Österreichischen dienmüthig. Demüthiglich für demüthig ist im Hochdeutschen veraltet.


Demüthigen (W3) [Adelung]


Demüthigen, verb. reg. act. demüthig machen. 1. Eigentlich. Ich habe ihn gedemüthiget. Er ist durch die Krankheit gar sehr gedemüthiget worden. O, wie demüthigen sie mich! Ein Lobspruch, den ich mir wegen seiner Größe nicht zueignen kann, thut mir weher, als ein verdienter Verweis, Gell. 2. In weiterer und zum Theil figürlicher Bedeutung. 1) Sich demüthigen, sich demüthig bezeigen. Sich vor einem demüthigen. 2) Bezwingen, unterwerfen. Seine Feinde demüthigen. So auch die Demüthigung, welches aber auch eine demüthigende Handlung, eine Veranlassung der Demuth bedeutet, Kränkung, empfindlicher Schmerz. Dieser Vorwurf war eine große Demüthigung für ihn. Viele Demüthigungen erfahren.

Anm. Bey dem Notker lautet dieses Zeitwort diemuoten, doumuoten, bey dem Kero nach einer andern Form theonan, bey dem Übersetzer Isidors mit einem andern Anfangsworte chiodmuodan, im Nieders. oodmödigen.


Demüthigkeit (W3) [Adelung]


Die Demüthigkeit, plur. inus. ein größten Theils veraltetes, wenigstens unnöthiges Wort, für Demuth, welches nur dann zu billigen ist, wenn man Fertigkeit von der Gesinnung selbst zu unterscheiden hat. Voll von Demüthigkeit und von Gedanken groß, Opitz.


Den (W3) [Adelung]


1. Den, die vierte Endung der einfachen Zahl des Artikels und Fürwortes der, S. Der.


Den (W3) [Adelung]


2. Den, die dritte Endung der mehrern Zahl des Artikels der, w. s.


Denar (W3) [Adelung]


Der Denar, des -s, plur. die -e, von dem Lat. Denarius. 1) Eine noch jetzt in dem Preußischen Schlesien übliche Scheidemünze, welche so viel als ein Dreyer ist. 2) Eben daselbst istes auch ein Gewicht, welches zwey Häller wieget. Vier Denare machen ein Quent, sechzehn Denare aber ein Loth.


Dendrit (W3) [Adelung]


Der Dendrit, des -en, plur. die -en, von dem Latein. und Griech. Dendrites, Steine, auf welche anfänglich verschiedene Moosarten abgedruckt worden, deren nach ihrer Verwesung zurück gelassener leerer Raum mit zarten aufgelöseten metallischen Erden ausgefüllet worden, daher sie nunmehr verschiedene Baumgestalten u. s. f. vorstellen; Baumsteine. Daher dendritisch, was dergleichen Figuren hat; ingleichen Dendriten-Achat, Dendriten-Krystall, "Dendriten-Marmor", Dendriten-Onyx u. s. f.


Denen (W3) [Adelung]


Denen, die dritte Endung der mehrern Zahl des Fürwortes der, S. Der.


Dengeln (W3) [Adelung]


Dengeln, verb. reg. act. welches nur in der Landwirthschaft üblich ist, hämmern, doch nur von dem Schärfen der Sicheln und Sensen durch das Hämmern. Daher der Dengelhammer, ein dazu dienlicher Hammer; der Dengelstock, der dazu nöthige Amboß; das Dengelzeug, die dazu erforderlichen Werkzeuge.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort tengeln. Es kann füglich das Frequentativum von dehnen seyn, weil dieses Schärfen wirklich vermittelst der Ausdehnung des Stahles an der Schneide geschiehet. Allein da daenga im Schwedischen, und deingia im Isländischen, schlagen bedeuten, so kann man es noch besser als ein Frequentativum von diesem Worte ansehen. Die Niedersächsischen Landleute gebrauchen statt dessen das Zeitwort haaren. In einigen Gegenden ist einen Ochsen dengeln so viel als ihn schneiden, castriren.


Denidor (W3) [Adelung]


Das Denidor, oder Denydor, des -es, plur. die -e, ein vor kurzem erfundenes musikalisches Instrument, welches zehen ganz verschiedene Instrumente in sich vereiniget, lauter eiserne Saiten und vierzehn Register hat, von welchen die meisten doppelt sind. Es fasset über 150 Arten von Stimmen oder Harmonien in sich, so daß man alle Töne aller bekannten Instrumente durch ein bloßes Clavierspielen auf demselben heraus bringen kann. Der Erfinder desselben ist Procopius Divisch, ein Römischkatholischer Doctor der Theologie und Pfarrer zu Prednitz bey Znaym in Mähren. Der Nahme Denidor ist das Franz. Denis d'or, Latein. Dionysius aureus: denn Divisch bedeutet im Böhmischen Dionysius.


Denkart (W3) [Adelung]


Die Denkart, S. Denkungsart.


Denkbar (W3) [Adelung]


Denkbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig gedacht zu werden, was sich denken läßt. Daher die Denkbarkeit.


Denkbrot (W3) [Adelung]


Das Denkbrot, des -es, plur. die -e, eine Benennung der Schaubrote, 3 Mos. 24, 7 weil sie zur Erinnerung der göttlichen Wohlthaten dienen sollten.


Denkbuch (W3) [Adelung]


Das Denkbuch, des -es, plur. die -bücher, an einigen Orten ein gerichtliches Buch, worin alle Contracte, Zeugnisse u. s. f. aufgeschrieben werden; das Stadtbuch.


Denken (W3) [Adelung]


Denken, verb. irreg. act. et neutr. im letzten Falle mit haben. Imperf. ich dachte; Conj. dachte; Mittelwort gedacht. 1. Eigentlich, Vorstellungen mit Bewußtseyn haben, und zwar, 1) absolute, in der weitesten Bedeutung. Ich bin oder existiere, weil ich denke. Leblose Körper denken nicht, haben keine mit Bewußtseyn verknüpfte Vorstellungen. Ingleichen, in engerer Bedeutung, die Art und Weise des Denkens auszudrucken, wo dieses Zeitwort oft auch die Mittheilung seiner Gedanken an andere mit einschließet. Er denkt fein, gründlich, gelehrt, tief, seicht u. s. f. 2) In Rücksicht auf einen besondern Gegenstand. So wohl mit dem Vorworte an. Woran denken sie? Ich dachte eben an meinen Bruder. In welcher Wortfügung doch dieses Zeitwort am häufigsten die folgende Bedeutung des Erinnerns hat. Als auch mit der vierten Endung der Sache. Das läßt sich nicht denken, kann nicht gedacht werden, davon kann man sich keine Vor stellung machen. Was denken sie? Denke dir meinen Kummer, Dusch, stelle dir ihn vor, Herr, denke meinen Schmerz, Schleg. Was sollen wir uns bey diesem Worte denken? Less. Er konnte sich noch immer eine Ursache davon denken, wie sie seiner Eitelkeit am wenigsten auffiel. Als er sich das Heil der Erlöseten dachte, Klopfst. Auf einer Trommel saß der Held, Und dachte seine Schlacht, Gleim. Und denk ich mich an deiner Seite, Weiße. Ingleichen mit einem ganzen Satze. Sie können leicht denken, daß mir alle Gelassenheit verging. Ich dachte bey mir selbst, daß u. s. f. ein sehr gewöhnlicher Pleonasmus. Die Wortfügung mit der zweyten Endung der Sache, ist im Hochdeutschen selten, im Oberdeutschen aber desto häufiger. Denke der Glückseligkeit, die wir genießen werden. Ist der Gegenstand, den man denkt, ein Ort, so bekommt derselbe auch wohl das Vorwort nach. Ich dachte eben nach Hause. Ich denke nach Berlin. In den gemeinen und vertraulichen Sprecharten gebraucht man dieses Zeitwort auch als ein Hülfsmittel, die Aufmerksamkeit zu erregen. Denken sie einmahl den verwünschten Streich, der mir begegnet ist! Können sie denken! Ingleichen, eine mit Hohn verbundene Verneinung, eine Verwunderung u. s. f. auszudrucken. Ich dachte, was es wäre! Ich dachte Wunder, wo sie wäre! Ich deinen Schöps gesehn? Ich dachte, was dir fehlte! Rost. Wie, ließ er ihn ins Zuchthaus bringen? - Ich dachte gar! Gell. 2. Figürlich wird dieses Wort noch mit verschiedenen Nebenbegriffen gebraucht, welche die jetzt gedachte eigentliche Bedeutung theils enger einschränken, theils noch mehr erweitern.1) Von dem Bewußtseyn mit einem Urtheile. (a) Für glauben, dafür halten. Du wirst denken, ich erzählete dir ein Mährchen. Ich kann es leicht denken. Ich werde aber nicht gedacht haben, daß eine so schöne Person nicht reden kann, Gell. So? Dächten sie nicht, daß er sterben sollte? Wollte der Himmel, sie dächten wahr! ebend. Hätte ich doch nicht gedacht, daß du so verliebt wärest! ebend. Ich dächte nicht, daß ich eben so schön wäre, ebend. Was denkt man von der Sache?Ich denk, ich bracht ihn gar zu Thränen, Wiel. (b) Für vermuthen. Ich habe es bald gedacht, daß es so kommen würde. Da es denn im gemeinen Leben, besonders im Oberdeutschen, sehr häufig als ein Reciprocum gebraucht wird. Ich dachte mirs bald, habe mirs bald gedacht, daß es so kommen würde. (c) Urtheilen. Was denken die Leute von mir? Was wird man davon denken? Lernen sie künftig besser von mir denken. Man denkt nichts Gutes von der Sache. (d) Für dienlich, für rathsam halten. Ich dächte, ich machte kein Geheimniß mehr aus der Sache. Dächten sie nicht auch, daß es zu theuer ist? Gut, wie sie denken.2) Von der Vorstellung einer vergangenen oder abwesenden Sache, für erinnern. Er kann sehr lange denken. Große Herren denken lange. Wird die Sache ausgedruckt, so bekommt dieselbe das Vorwort an. Denken sie fleißig an mich. Mit Vergnügen denke ich an die vergangenen Zeiten. An die vorigen Zeiten zurück denken. Daran will ich denken. Ich wollte wünschen, daß sie an die Fabel von dem Knaben dächten, Gell. Er wird es läugnen, denken sie an mich, erinnern sie sich, daß ich es ihnen gesagt habe. In vielen Fällen schleicht sich hier der Nebenbegriff der thätigen Erweisung des Andenkens mit ein. Herr, denke an mich, wenn du in deinReich kommst, beweise dich mir gütig, wohlthätig. Denke an die Ermahnungen, die ich dir gegeben habe, befolge sie. Die Wortfügung mit der zweyten Endung ist im Hochdeutschen auch hier größten Theils veraltet. Im Oberdeutschen ist sie desto häufiger. Ich denke noch der vorigen Zeiten. Denke meiner im Besten. Was sind wir, daß du unser denkt! Cron. 3) In das Andenken bringen, erwähnen, mit dem Vorworte an. Denke mir doch nicht mehr an den Menschen, sprich nicht mehr von ihm. O warum denkst du mehr an ihn? Gell. Weil er es versehen; und wider sein Versprechen an die Liebe gedacht hatte, ebend. S. Gedenken, welches in dieser Bedeutung gleichfalls gebraucht wird.4) Nachdenken, überlegen. (a) Eine Vorstellung durch Nachsinnen zu erwecken suchen, mit dem Vorworte auf. Wir müssen auf Mittel denken, den Widerwärtigkeiten des Schicksals Trotz zu biethen. Er denkt auf einen neuen Streich von seiner Art. Wirst du niemals darauf denken, mich glücklich zu machen? Jetzt muß ich nur darauf denken, daß ich mich recht schön anputze, Weiße. Die Antwort fiel mir schwer, Ich dachte hin und her, Less. Ingleichen in engerer Bedeutung, auf seinen Nutzen, auf seinen Vortheil denken. Er denkt bloß auf sich. (b) Sich die Folgen einer Sache als gegenwärtig vorstellen. Ein Unbesonnener sieht nur das Gegenwärtige an, aber ein Kluger denkt weiter. Man sollte schwören, sie dächte nicht weiter, als sie spricht. (c) Den Grund der Dinge untersuchen, absolute. Ein denkender Kopf, der über alles nachdenkt. Er denkt sehr tief, sehr gründlich.5) Sich eine künftige Sache als wahrscheinlich vorstellen, für hoffen. Ich denke, mit ihm sehr vergnügt zu leben. Ich denke, es soll so weit nicht kommen. Ich dachte, die Sache begreiflicher zu machen, wenn ich u. s. f.6) Sich eine Absicht vorstellen, Willens seyn, im gemeinen und vertraulichen Umgange. Ich denke, zu dir zu kommen. Wo denken sie hin? wo wollen sie hin? ingleichen figürlich in was für eine Verlegenheit, in was für ein Unglück stürzen sie sich! Wo denkst du hinaus? was bist du Willens? Er denkt noch hoch hinaus, er hat stolze Entwürfe in seinem Kopfe. Endlich wird dieses Wort,7) Auch absolute, mit verschiedenen Nebenwörtern von dem ganzen Umfange nicht nur der Art zu denken, sondern auch zu handeln gebraucht. Er denkt edel, groß, schlecht, gut, niederträchtig u. s. f. So edel denkt mein Freund. Der edler denkt als mancher Fürst gedacht, Haged. Ingleichen, von dem Beweise dieser Art zu denken und zu handeln in einzelnen Fällen. Das war sehr schlecht gedacht, sagt man von einer einzelnen schlechten Handlung, so fern sie ein Merkmahl eines schlechten Herzens ist.

Anm. Denken, Nieders. gleichfalls denken, bey dem Kero denchen, bey dem Ottfried thenken, bey dem Ulphilas thagkjan, im Angls. thencan, dincan, im Engl. to think, im Schwed. taenka, hat sein Imperfectum und Particip. Passiv. von einem andern aber doch verwandten Verbo entlehnet, welches dachen, oder dachten hieß, und noch bey dem Ottfried vorkommt: bigonda thahton, er fing an zu denken, B. 3. Kap. 14, V. 31. Um deßwillen ist es allerdings ein irreguläres Verbum, weil es aus zwey, der Form nach verschiedenen Zeitwörtern zusammen gesetzt ist. Denn daß es im Participio gedacht und nicht gedachen hat, beweiset weiter nichts, als daß dachten ein reguläres Verbum war. Im Oberdeutschen, wenigstens in einigen Pro- vinzen, gehet denken wirklich regulär, Imperf. ich denkte, Participium gedenkt. Die Oberdeutsche Wortfügung, ich denke mir, d. i. ich denke bey mir, ist schon alt; er thahta imo, er dachte bey sich, Ottfr. imo to thas thenkentemo, da er das bey sich dachte, Tatian. Eigentlich ist dieses Verbum ein wirkliches Activum, ob es gleich in der ersten und zweyten Person gar nicht, in der dritten aber nur selten passive gebraucht wird. Daß es, wenn es absolute stehet, die Gestalt eines Neutrius hat, das hat es mit allen Verbis gemein.Da alle Benennungen solcher Dinge, welche nicht unmittelbar in die Sinne fallen, eine Figur enthalten, und von körperlichen Dingen entlehnet sind, so gilt dieses auch von dem Worte denken. Aber was hier für eine Figur verborgen lieget, hat, so viel ich weiß, noch niemand untersucht; und doch ist es wichtig, den Gang des menschlichen Verstandes auch in diesem Stücke in den Jahren seiner Kindheit zu wissen. Die Schweden haben noch ein Wort, welches danka heißt, und herum schweifen, herum irren bedeutet, welches Ihre für das Frequentativum von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, hin und her bewegen, hält. Wenigstens gibt dieses Wort ein Bild für die Kraft zu denken, welches der Denkungsart der frühen einfältigen Zeiten völlig angemessen ist. Denken und dachen oder dachten sind bloß der mehr oder weniger nieselnden Mundart nach verschieden. Das erste scheinet wegen der Endsylbe ken das Frequentativum oder Intensivum des letztern zu seyn. Ottfried gebraucht Thahti noch für einen Gedanken. S. Däuchten, Dichten, Dünken, ingleichen Gedanke, Gedenken.


Denker (W3) [Adelung]


Der Denker, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen Neuern, ein Mann, der sich zum Nachdenken gewöhnet, der überall den Grund der Dinge zu untersuchen bemühet ist; ein wegen der großen Vieldeutigkeit des Verbi sehr unbequemes Wort. Der Aberglaube zürnt im Dunkel heilger Wetter Und schleudert Fluch und Bann auf Denker mehr als Spötter, Dusch.


Denkmahl (W3) [Adelung]


Das Denkmahl, des -es, plur. die -e, und -mähler, ein jedes Mahl oder Zeichen zum Andenken einer Sache. Nimm hin dieß zum Denkmahle unserer Freundschaft. Besonders ein Mahl oder Zeichen zum Andenken eines Verstorbenen. Einem ein Denkmahl errichten oder stiften. O pflanzt solche Denkmahle, ihr Hirten. Ingleichen ein Werk, welches die Vorstellung von vergangenen oder veralteten Dingen enthält. Die Denkmähler der ehemahligen Pracht des alten Roms, die Überreste von prächtigen Römischen Kunstwerken.

Anm. Der Plural Denkmahle ist mehr Oberdeutsch, und Denkmähler mehr Niederdeutsch. In der höhern Schreibart ziehet man den erstern dem letztern gern vor. Denkmahl und Denkzeichen bedeuten einerley; nur daß das letzte mehr der gemeinen, das erste aber mehr der höhern Schreibart eigen ist.


Denkmünze (W3) [Adelung]


Die Denkmünze, plur. die -n, ein Denkmahl in einer Münze, eine Münze zum Andenken einer merkwürdigen Begebenheit; eine Gedächtnißmünze, eine Medaille.


Denkring (W3) [Adelung]


Der Denkring, des -es, plur. die -e. 1) Ein Ring, welchen man jemanden zum Andenken schenket. 2) Ehedem, ein Ring, welcher aus drey in einander gefügten Ringen bestand, wovon man einen fallen, und daran hängen ließ, wenn man sich einer Sache erinnern wollte; dergleichen Ringe noch zuweilen unter alten Familien-Stücken gefunden werden.


Denksäule (W3) [Adelung]


Die Denksäule, plur. die -n, eine Säule zum Andenken einer wichtigen Begebenheit.


Denkschrift (W3) [Adelung]


Die Denkschrift, plur. die -en. 1) Eine kurze Schrift zum Andenken einer Person oder Sache; z. B. die Schrift unter einem Bildnisse, eine Schrift, welche in den Grundstein eines Gebäudesgelegt wird, u. s. f. 2) Bey einigen, eine ungeschickte Übersetzung des Franz. Memoire, welches sich besser durch Nachricht geben läßt.


Denkspruch (W3) [Adelung]


Der Denkspruch, des -es, plur. die -sprüche, ein denkwürdiger Ausspruch, oder ein Ausspruch, der uns an eine wichtige Sache oder Wahrheit erinnern soll; eine Sentenz, Maxime. Dienet er zur herrschenden Regel des eigenen Verhaltens, so heißt er ein Wahlspruch, Symbolum.


Denkungsart (W3) [Adelung]


Die Denkungsart, plur. die -en, von dem ungewöhnlichen Verbale die Denkung, die ganze zur Fertigkeit gewordene Art und Weise eines Menschen nicht nur zu denken, sondern auch zu handeln. Er hat eine vortreffliche, eine schlechte Denkungsart. S. Denken 2. 7) Im Oberdeutschen die Gedenkensart, bey den Dichtern zuweilen die Denkart.


Denkwürdig (W3) [Adelung]


Denkwürdig, -er, -ste, adj. et adv. des Nachdenkens werth, Stoff zum Nachdenken enthaltend, wodurch es sich von dem bloß merkwürdigen unterscheidet. Eine denkwürdige Sache. Ein denkwürdiger Ausspruch. Er hat eine Menge denkwürdiger Thaten verrichtet. Dieser Zufall ist überaus denkwürdig.


Denkwürdigkeit (W3) [Adelung]


Die Denkwürdigkeit, plur. die -en. 1) Die denkwürdige Beschaffenheit einer Sache, ohne Plural. Die Denkwürdigkeit einer Begebenheit, eines Ausspruches. 2) Die denkwürdige Sache selbst, in welcher letztern Bedeutung dieses Wort im Plural von einigen Neuern anstatt des Franz. Memoires gebraucht worden, z. B. Denkwürdigkeiten der Brandenburgischen Geschichte.


Denkzeichen (W3) [Adelung]


Das Denkzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Zeichen zum Andenken einer Sache. S. Denkmahl.


Denkzeit (W3) [Adelung]


Die Denkzeit, plur. die -en, ein merkwürdiger Zeitpunct, eine Epoche; ein schon von Schotteln gebrauchtes Wort, welches aber wenig mehr vorkommt.


Denkzettel (W3) [Adelung]


Der Denkzettel, des -s, plur. ut nom. sing. überhaupt ein jeder Zettel, der uns an eine gewisse Sache erinnern soll. Besonders, 1) bey den ältern und neuern Juden, ein Zettel, worauf die zehen Gebothe geschrieben sind, Phylacterium; in welcher Bedeutung dieses Wort Matth. 23, 5, vorkommt. 2) In den Gerichten, an einigen Orten, ein Zettel, worauf der angesetzte Termin bekannt gemacht wird. 3) Im Scherze, eine Maulschelle, um künftig sich einer Sache besser zu erinnern. Ich will dir einen Denkzettel geben oder anhängen.


Denn (W3) [Adelung]


Denn, eine Conjunction, welche allezeit den Indicativ zu sich nimmt, und die natürliche Wortfügung eines Satzes in den allermeisten Fällen nicht verändert. Sie bezeichnet,1. Die Ursache eines vorher gegangenen Ausspruches, in welcher Bedeutung sie zu Anfange eines Satzes stehet. Er ist immer vergnügt, denn er ist mit allem zufrieden. Erinnere dich deiner Geburt, denn sie legt dir Pflichten auf. Erinnere dich deiner Ahnen; denn sie sind Beyspiele für dich. Zuweilen stehet der Satz, von welchem denn die Ursache, enthält, nicht deutlich da, sondern muß darunter verstanden werden; z. B. der vortreffliche Mann! Lebt er noch? denn in meiner Einsamkeit höre ich schon lange nichts mehr, kann so ergänzet werden: lebt er noch? ich muß nach ihm fragen, denn u. s. f. Zuweilen kann um des Nachdruckes willen auch die gewöhnliche Folge der Wörter verändert werden. Vermuthlich steckt etwas anders dahinter: denn wirklich sahe er sehr verwirrt aus, für denn er sahe wirklich u. s. f. Welches im gemeinen Leben auch alsdann geschiehet, wenn denn mit der Partikel wie verbunden wird. Von vielen nicht gekannt, und andern auch vernichtet; Wie denn die schnöde Welt nur nach den Augen richtet, Opitz. S. Wie.2. Einen gemeiniglich versteckten Schluß aus einem vorher gegangenen Satze. In diesem Falle wird es mit so verbunden, und stehet hinter dem Verbo finito und persönlichen Fürworte. So mag es denn gut seyn. So bleibt es denn dabey. So wollen wir denn aufbrechen. So kommen sie denn. Man bath mich zu singen, und weil man es durchaus haben wollte, so sang ich denn endlich.3. Eine Bedingung. Ich sähe denn nicht recht. Er verspreche mir denn, daß er nächstens zu mir kommen wolle. Er bezahle mir denn die alte Schuld. Es sey denn, daß er es läugne. Du sollst nicht sterben, du habest denn erst den Herren gesehen. In diesem Falle wird denn zwar mit dem Conjunctivo verbunden, es regieret ihn aber nicht, sondern die ungewisse Beschaffenheit der Sache selbst erfordert denselben. Auch hier hat es den Nominativ, das Verbum finitum, und zuweilen eine Endung des persönlichen Fürwortes vor sich.4. Eine Einschränkung, ein Subject genau zu bestimmen, besonders nach verneinenden Ausdrücken, für als. Wir haben uns vor niemanden zu fürchten, denn vor ihn. Dieß hat kein anderer gethan, denn du. Nichts denn Gold.5. Eine Vergleichung, doch nur nach den Comparativen, gleichfalls für als. Wer ist reicher, denn er? Ich bin eher gekommen, denn du. Ehe, denn ich sterbe.6. Eine Zeitfolge, in Gestalt eines Adverbii. Erst wollen wir essen, denn spazieren gehen. Du bist gerecht; denn auch bescheiden? Liebst Mäßigkeit; denn auch Geduld? Gell. Im Hochdeutschen ist in dieser Bedeutung dann üblicher. S. Dann.7. Dienet es auch zur Ausfüllung der Rede, um ihr die gehörige Vollständigkeit zu geben, wie das Latein. nam. Ich bin besorgt, was denn wegen dieser Sache beschlossen werden möchte. Wohlan, vernichte denn durch deinen Unverstand, die Sorgfalt, die ich angewandt! Gell. So wies denn kommt. Besonders nach Fragewörtern. Wo ist er denn? Ist er denn gelehrt? Hast du denn auch geschrieben? Kann denn ich was dafür? oder kann ich denn was dafür? Wissen sie denn, daß sie dazu verbunden sind? Hat denn ein süßer Herr Verstand? Gell. Können denn die Großen, denen diese Welt gehört, auch seufzen? Sonnenf.

Anm. 1. Ein im Hochdeutschen veralteter Gebrauch dieser Partikel ist es, wenn selbige im Oberdeutschen für ferner gebraucht wird. Unsere Freunde, denn mehr andere patriotische Stände. Ingleichen für weil. Denn die Stunde gekommen war. Dasselb beschach Darumb dann zum Held der Jeger sprach, Theuerd. Kap. 20. Opitz gebraucht dann - dann, für bald - bald, ein im Hochdeutschen eben so ungewöhnlicher Fall: Dann mußten sie vertragen, Daß man sie eingesteckt, dann daß man sie geschlagen. Anm. 2. Im Oberdeutschen lautet diese Partikel durchgängig dann, im Nieders. den. In Fragen gebraucht Notker für die Enklitika denn schon tenne, Ottfried thanne, Isidors Übersetzer aber dhanne. Nach einem Comparative setzt Ottfried thanne und Kero denne; aber der letztere gebraucht dieses Bindewort auch für wenn, und danta für weil. Wanta ist noch eine andere verwandte Partikel, welche Ottfried und Willeram für denngebrauchen, und die noch in dem Niedersächsischen wante vorhanden ist. Wenn denn eine Ursache bezeichnet, so hat derjenige Satz, in welchem es vorkommt, eigentlich ein Kolon oder doch ein Semikolon vor sich. Ist aber der vorher gehende Satz nur kurz, so ist er auch mit bloßen Komma zufrieden.


Dennoch (W3) [Adelung]


Dennoch, eine Conjunction, welche einen Ausspruch begleitet, der dem Vordersatze zu Folge eigentlich nicht Statt finden sollte, für nichts desto weniger, gleichwohl, dessen ungeachtet. Es sind Mährchen, und dennoch willst du so seltsame Dinge vertheidigen? Wenn ich gleich nicht da bin, so kann es dennoch ausgemacht werden. Du bringest uns den süßesten Trost, und dennoch scheinest du einen tiefen Gram zu verbergen. Nein, spricht sie, laß mich gehn! Sie sprichts, und dennoch bleibt sie stehn, Rost. Wenn sich der vorher gehende Satz mit keiner Conjunction anfänget, so steht dennoch zu Anfange des folgenden Satzes, außer daß es das und vor sich haben, und dann tritt der Nominativ hinter das Verbum. Sie reden sehr hitzig; dennoch werde ich nicht aus meiner Gelassenheit kommen, Gell. Enthält aber der vorher gehende Satz eine andere Conjunction, auf welche sich dennoch beziehet, so stehet es hinter dem Verbo finito und der ersten Endung des persönlichen Fürwortes. Er zürnet zwar auf mich; aber er wird sich dennoch befriedigen lassen. Ob man ihm solches gleich verboth, so that er es dennoch. Es ist also unrichtig, wenn man sagt: ob er gleich keine Schuld hat, dennoch ist er nicht außer Verdacht, für so ist er, dennoch nicht außer Verdacht.Unangenehm und widrig klingt es, wenn dennoch in den Vordersatz gesetzet, und der eigentliche Vordersatz eingeschoben wird. Dennoch, weil alle diese zwey Frieden auf eins hinaus laufen, haben wir u. s. f. Für: ungeachtet alle - so haben wir dennoch. Wohl aber kann durch eine Inversion der Vordersatz bis zuletzt versparet werden. Dennoch haben wir diese zwey Frieden u. s. f. ungeachtet sie auf eins hinaus laufen. Ich betrübe mich dennoch nicht, obgleich mein Zustand nicht der beste ist.

Anm. Thannanoh kommt in der Fränkischen Mundart schon um das Jahr 800 vor; etwas später findet man auch dannoch. Es stehet für alsdann noch. Im Theuerdank findet man dafür noch dannocht. Wiewohl derselb per vast groß was Noch dannocht Tewrdank nicht vergaß, Kap. 27. Doch wiewol er hat gelückes vil Noch dannocht ich nicht lassen wil. Von seiner hewt in disem Jar, ebend. Ingleichen das einfache noch. Noch ließ er mit nichte darvon, Kap. 63. S. Noch. Versetzt lautet diese Partikel nochtans, nochtan, und so kommt sie nicht nur bey dem Tatian, sondern auch noch bey den heutigen Niedersachsen vor. Dem Ottfried gilt das thoh, und einem der Schwäb. Dichter je noh so viel als dennoch. Geswigen sint die nahtegal Si hant gelan ir suesses klingen Vnd valwet oben der walt Je noh stet das herze min in ir gewalt, Dietmar von Ast. Im Oberdeutschen lautet diese Partikel dannoch. S. Doch und Jedennoch.


Denydor (W3) [Adelung]


Das Denydor, S. Denidor.


Departement (W3) [Adelung]


Das Departement, (sprich Departemang,) des -s, plur. die -s, das Franz. Departement, der Inbegriff zusammen gehöriger Geschäfte, welche der Aufsicht Einer oder mehrerer Per- sonen anvertrauet sind. Das Kriegs-Departement, See-Departement, Finanz-Departement u. s. f. Besonders wenn gewisse Collegia nach Beschaffenheit der Geschäfte in mehrere Abtheilungen gesondert sind.


Dependent (W3) [Adelung]


* Dependent, adj. et adv. dependiren, verb. reg. neutr. mit haben, und die Dependenz, plur. car. ohne Nutzen und Noth aus dem Lateinischen für abhängig, abhangen, und Abhängigkeit, welche S.


Der,Die,Das (W3) [Adelung]


1. Der, die, das, der bestimmte Artikel, welcher in allen seinen Endungen unbetont ausgesprochen wird. Die Declination dieses Artikels ist folgende. Singul. Plur. Nomin. der, die, das. die. Gen. des, der, des. der. Dat. dem, der, dem. den. Accus. den, die, das. die. Um die eigentliche Beschaffenheit dieses Artikels desto besser kennen zu lernen, muß man bemerken, daß die Substantiva grammatisch betrachtet, auf eine dreyfache Art bestimmet werden. Man bezeichnet entweder nur das Geschlecht oder die Art, oder man bezeichnet ein oder mehrere Individua dieser Art, oder man bestimmet dieses Individuum noch genauer nach gewissen Verhältnissen desselben. Im ersten Falle bekommt das Substantiv im Deutschen entweder gar keinen Artikel, oder in einigen Fällen den Artikel ein; im zweyten Falle bekommt es den bestimmten Artikel der, und die dritte Art der Bestimmung geschiehet unter andern auch durch die Pronomina und die ihnen ähnlichen Adjectiva. Ich höre Musik, oder ich höre eine Musik, zeiget nur überhaupt an, daß man diejenige Harmonie von Tönen höre, welche man Musik nennet; ich höre die Musik, bestimmet sie schon genauer, als ein gewisses Individuum, welches man erwartet, oder von welchem man vorher gesprochen hatte; ich höre die Musik, welches uns zugedacht ist, ich höre unsere Musik u. s. f. bestimmt das Verhältniß dieses Individui noch genauer.Wenn man die Sache genau nehmen will, so sind die zweyte und dritte Art dieser Bestimmungen so ziemlich von einerley Art, und der ganze Unterschied bestehet nur in der geringern oder größern Vollständigkeit des Ausdruckes. Die Fälle, wo der Artikel der vorkommt, enthalten gemeiniglich eine Ellipse, und löset man diese auf, so wird sich der Artikel in ein wahres Pronomen verwandeln. Daher kommt es auch, daß im Oberdeutschen der Artikel der von dem Pronomen der in der Declination nicht verschieden ist, indem beyde wirklich nur ein und eben dasselbe Wort sind.Freylich wird sich dasjenige, was jetzt von dem eigentlichen Amte des Artikels gesagt worden, nicht auf alle Fälle anwendenlassen. Allein man muß bedenken, daß der Unterschied unter diesen Arten der Bestimmung oft sehr fein ist, und daß die Sprachen ein Werk des großen Haufens sind, dessen Gefühl nur in Ansehung der am meisten hervorstechenden Fällen richtig ist, in andern unmerklichern aber sich nicht selten verirret. Über dieß gibt es Fälle, wo es wirklich gleichgültig ist, ob man den Artikel setzet oder nicht, d. i. ob man die Sache als ein Individuum oder nur überhaupt in Ansehung der allgemeinen Art betrachtet. Ich liebe Schönheit, bedeutet, daß man diejenige Vollkommenheit liebe, welche man Schönheit nennet, man möge sie antreffen, wo man wolle. Ich liebe die Schönheit; sagt eben das, betrachtet aber dabey diese ganze Vollkommenheit als ein Concretum. Daher kommt es, daß auch die Abstracta den Artikel der bekommen können, so fern sie nehmlich als Concreta betrachtet werden. In andern Fällen hingegen macht die Gegenwart oder die Abwesenheit des Artikels auch eine merkliche Änderung in der Bedeutung. Z. B. Er verstehet Scherz, bedeutet, er ist fähig, einen Scherz als Scherz ertragen zu können; aber, er verstehet den Scherz, beziehet sich entweder auf einen gewissen vorher gegangenen bestimmten Scherz, oder auch auf die Kunst zu scherzen.Vermittelst dieser leichten Regel, wird man sich ohne Schwierigkeit in diejenigen Fälle finden lernen, in welchen der bestimmte Artikel gebraucht werden muß. Ich verweise in Ansehung derselben auf meine Sprachlehre und das Lehrgebäude derselben, und will hier nur das vornehmste davon in ein Paar Anmerkungen zusammen fassen.1. Der Artikel bestimmt die Individua, ohne ihnen eben die genaueste mögliche Bestimmung zu geben, denn dieses thun unter andern die Pronomina. Hieraus folgt nun, daß der Artikel der nicht gesetzet werden dürfe, wenn eine Sache nicht als ein Individuum bestimmt werden soll. Sie hat Erziehung. Aus Liebe krank seyn. Über Feld gehen. Eine Kugel von Bley. Von Puder glänzt sein lockig Haar, Weiße. Diese Art Menschen, Thiere. Eine Menge Vögel. Ein großer Haufen Sand. Ohne Regel und Ordnung schreiben. Unschuldiges Blut vergießen. Das sind Schriften von Wichtigkeit. Er kommt von Reisen. Aus Menschenliebe, ohne Stolz und Bitterkeit. Zu Bette gehen, sich schlafen legen, ohne nähere Bestimmung des Bettes. Bey Tische sitzen, speisen, ohne daß man eben Willens wäre, den Tisch, an welchem solches geschiehet, als ein besonderes Individuum darzustellen u. s. f. brauchen insgesammt keinen Artikel, weil hier nur eine weitläuftige Bestimmung der Art, nicht aber des Individui Statt findet. Dahin gehöret auch eine Menge adverbischer Redensarten, die der Regel nach den Artikel gar wohl vertragen könnten, ihn aber wegwerfen, weil sie als Adverbia die Gestalt eines Individui verlieren.Beyläufig kann man noch anmerken, daß, wenn in solchen adverbischen Redensarten das Substantiv mit einer Präposition in der dritten Endung ohne Artikel stehet, diese Endung im Singular zugleich ihr e wegwirft, es müßte denn seyn, daß sie solches schon im Nominative hergebracht hätte. Eine Kugel von Bley, mit Fleisch bekleidet, es gehet ihm nach. Wunsch, mit Fleiß, ein Mann von Verdienst, mit Hohn u. s. f. nicht von Bleye, mit Fleische u. s. f. Eine Ausnahme machen diejenige Wörter, welche sich auf b, d, s endigen, welche weiche Mitlauter der Regel nach am Ende hart ausgesprochen werden, daher sie dieses e behalten, um die Aussprache nicht zu verändern. Außer Stande seyn; er thut mir viel zu Leide, mit Sande besprengen, bey Leibe nicht, mit Schimpf und Schande bestehen; zu Hause seyn, von Hause kommen, nach Hause gehen u. s. f. Diesen folgen auch einige andere Wörter, wo diese Ursache nicht Statt findet; z. B. bey Tische seyn, zu Tische sitzen, nach Tische, das Seinige zu Rathe halten u. s. f. Dagegen wird in andern das e wider die Regel verschlungen, mit Weib und Kind, welche R. A. ein Überbleibsel der härtern Oberdeutschen Mundart ist.2. Wörter, welche an und für sich schon Individua bedeuten, können wieder als solche den Artikel entbehren, noch auch im Singular ohne denselben zur Bezeichnung des ganzen Geschlechtes oder eines unbestimmten Theiles desselben gebraucht werden. Mensch, Zunge und Blume sind Ausdrücke, welche Individua bedeuten, und als solche verlangen sie den Artikel der. Ohne Artikel können sie im Singular nicht zur Bezeichnung ihres Geschlechtes gebraucht werden; man kann daher nicht sagen: Zunge ist ein kleines Glied, Mensch ist wie Blume. Sollen sie zu ihrem ganzen Geschlechte erhöhet werden, so müssen ihnen die Artikel der oder ein vorgesetzet werden. Vermittelst des erstern wird das ganze Geschlecht als ein Individuum betrachtet; vermittelst des letztern aber wird Ein Individuum aus der ganzen Menge heraus gehoben und zum Repräsentanten des Ganzen gemacht. Man sagt also ganz richtig, die Zunge ist ein kleines Glied, oder eine Zunge ist ein kleines Glied; der Mensch ist wie die Blume, oder ein Mensch ist wie eine Blume. Im Plural hingegen kann der Artikel ohne Anstoß wegbleiben, weil mehrere Dinge Einer Art schon aufhören, Ein Individuum zu seyn. Zungen und kleine Glieder. Menschen sind wie Blumen. Sey stark genug über Gräber hinaus zu sehen, Dusch. Die adverbischen Redensarten, mit Hand und Mund, mit Haut und Haar, Haus und Hof verkaufen, zu Fuße reisen, zu Schiffe kommen u. s. f. gehören nicht hierher, weil die Substantiva in denselben weder als eigentliche Individua, noch für das ganze Geschlecht stehen, sondern die ganze R. A. figürlich ist.Diese Anmerkung ist wichtig, weil sie zur richtigen Beurtheilung mancher vorgegebenen Schönheiten bey ältern und neuern Dichtern dienet. Man hat den Feind aufs Haupt geschlagen, Doch Fuß hat Haupt hinweg getragen, Logau. Hier sind zwey Individua, die ihren bestimmten Artikel ohne eine merkliche Härte nicht verlieren können. Unter den ältern Dichtern läßt Logau, und unter den neuern Herr Gleim in seinen Kriegsliedern den Artikel der sehr oft weg; allein um der jetzt angezeigten Ursache willen thut diese Weglassung auch oft eine unangenehme Wirkung.Eben dieß gilt auch in solchen Fällen, wo das Substantiv mit einem Adjective verbunden ist, welches dasselbe zu einem Individuo macht, wo der Artikel gleichfalls nicht weggelassen werden kann, es mag nun das Individuum ein Individuum bleiben, oder zur Bedeutung des Geschlechtes erhöhet werden. Alten Freund für neuen wandeln, Logau. Der Morgen brachte großen Tag, Gleim. Dahin gehören aber nicht die Fälle, wo der Artikel an das Vor- oder Nebenwort angehänget wird, im härtesten Winter, im besten Wohl. Als ich urplötzlich einen Drachen Aus blauer Tiefe steigen sah, Raml. Die besten Schriftsteller alter und neuer Zeit. Wo der Artikel, obgleich in einer andern Gestalt, wirklich vorhanden ist.Freylich gibt es auch hier Fälle, wo die Individua ihren Artikel wegwerfen können. Denn außer den vorhin gedachten adverbischen Redensarten, gehören dahin viele sprichwörtliche Ausdrücke, die aber nur in die niedrigen Sprecharten gehören, ingleichen solche Fälle, wo die Individua gehäuft werden. Mann, Weib, Knecht, Magd, alles im ganzen Hause ist krank.Hingegen können und müssen alle diejenigen Substantive, welche keine eigentlichen Individua bezeichnen, sondern Abstracta sind, den Artikel entbehren, so oft sie nicht als Individua angesehen werden. Ich thue es aus Liebe. Haß und Eifersucht quälen ihn. Schönheit ist vergänglich. Er hat Verstand. Leide mit Geduld.3. Wenn ein Individuum schon genauer bestimmt ist, als es durch den Artikel geschehen kann, so wird dieser überflüssig. Folglich findet derselbe von den eigenthümlichen Nahmen eigentlich keine Statt; ob es gleich auch hier nicht an Ausnahmen fehlet, die man in der Sprachlehre finden kann. Auch Appellativa werfen denselben weg, wenn sie durch andere Wörter, wohin besonders die Pronomina gehören, genauer bestimmt sind, als durch den Artikel geschehen kann. Unsere Güter. Mein und dein Vermögen. Alle Einwohner. Keine Seele. Viele Menschen. Wenig Häuser. Sechs Bürger.4. Ein anderer wichtiger Umstand ist die Zusammenziehung des bestimmten Artikels mit Präpositionen. S. Am, Auf und die übrigen Präpositionen, ingleichen Ein.Aus dem, was bisher gesaget worden, erhellet zugleich, wie unbillig es ist, wenn man den Artikel im Deutschen das Geschlechtswort nennet, als wenn die Bezeichnung des grammatischen Geschlechtes der Substantive seine eigentliche Beschäftigung wäre, da doch solches nur eine zufällige Verrichtung ist, eben so zufällig, als an den Adjectiven, wenn sie mit ihrem Substantive in einerley Geschlechte stehen. Eher könnte man noch auf die Gedanken gerathen, daß der Artikel in manchen Fällen bloß zur Bezeichnung des Casus des Substantives diene, weil diejenigen Wörter, die ihn in dem Nominative entbehren können, ihn in den Casibus obliquis haben müssen. So erfordern ihn in den jetzt gedachten Casibus die eigenthümlichen Nahmen, wenn sie am Ende nicht decliniret werden. Die Weisheit des Salomo. Die Tugend des David. Die Grausamkeit des Nero. Ingleichen die Appellativa. Die Vergänglichkeit der Schönheit, ob man gleich sagen kann, Schönheit ist vergänglich; befleißige dich der Tugend, ob man gleich sagt, Tugend währet am längsten. Aber man siehet leicht, daß diese Casus eine genauere Bestimmung des Individui und seiner Verhältnisse mit sich führen, die den bestimmten Artikel nothwendig machen. Nur alsdann kann derselbe wegbleiben, wenn der Genitiv voran gesetzet wird, in welchem Falle aber auch der eigenthümliche Nahme auf eine oder die andere Art decliniret werden muß. Salomonis Weisheit. Davids Tugend. Neros Grausamkeit. Der Tugend Lohn, für der Lohn der Tugend. Der Schönheit Vergänglichkeit. Das ist ohne Zweifel noch ein Überbleibsel einer alten noch in der Schwedischen Sprache üblichen Gewohnheit, da man den bestimmten Artikel, so oft er bey seinem Hauptworte stehet, an dasselbe anhänget. Z. B. im Schwedischen ist Ande Geist, der Geist heißt Anden; Gud ist Gott, Guden der Gott; Hjerta Herz, das Herz, Hjertat. Im Deutschen geschiehet solches bey den Adjectiven noch auf eine merkliche Art. In bestem Wohl, für in dem besten Wohl. Aus blauer Tiefe, aus der blauen Tiefe. Folgendes Tages, des folgenden Tages.

Anm. In der Fränkischen und Alemannischen Mundart lautet dieser Artikel ther, thiu, thaz, bey dem Isidor dher, dhiu, dhatz, im Nieders. im Mascul. und Fämin. de, im Neutro dak. Er ist ein Erbtheil der ältesten bekannten Sprachen, und findet sich schon in dem Hebräischen, nur daß diese und andere alte Sprachen sparsamer damit umgingen, und ihn nicht als einen Artikel, sondern nur als ein Pronomen gebrauchten. S. das folgende in der Anmerkung. Die meisten nördlichen und westlichen Mundarten gaben diesem Worte eine weitere Ausdehnung als die Mor- gen ländern, und gebrauchten es überall da, wo ein Individuum angezeiget werden sollte, d. i. in der Gestalt eines Artikels; ob sie gleich bey dem rauhen und unbearbeiteten Zustande ihrer Denkungskräfte in der Anwendung freylich sehr oft fehlen mußten. Bey den ältesten Franken und Alemannen war in der Declination des Artikels und der folgenden Pronominum kein Unterschied. Der Artikel gehet bey dem Ottfried so: Singul. Plur. Nom. ther, thia, (thio, thiu,) thaz. thie, thiu Gen. thes, thera, thes. thero. Dat. themo, thera, themo. then. Acc. then, thia, thaz. thie. Abl. fon themo, theru, themo fon then. Eben so gehet bey ihm und andern auch das Pronomen, es mag nun Demonstrativum oder Relativum seyn, und noch die heutigen Oberdeutschen decliniren den Artikel so, wie das folgende Pronomen, nur mit dem Unterschiede, daß sie selbigen im Genit. und Dat. Plur. verlängern, derer, denen. Es scheinet, daß die Hochdeutschen die verkürzte Declination des Artikels von den Niedersachsen beybehalten haben; aber bey diesen ist auch das Pronomen de einsylbig, und dem Artikel in der Declination gleich. Von dem Genit. Plural. ist noch unser Dero ein Überbleibsel; Siehe dieses Wort. Die gemeinen Mundarten pflegen von dem Neutro das die beyden ersten Buchstaben gern zu verbeißen, 's Fleisch, 's Gut, welches auch die Niedersachsen und Holländer mit ihrem dat thun, 't Huus, 't Huys. Da diese Unart vermuthlich schon alt ist, so ist glaublich, daß, als man angefangen, das Deutsche zu schreiben, dieses s aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit vielen Wörtern angehänget worden, mit denen es nun unzertrennlich verbunden ist. Siehe S.


Der,Die,Das (W3) [Adelung]


2. Der, die, das, Pronomen demonstrativum, demonstrativo-relativ. und relat. welches in doppelter Gestalt vorkommt.I. In Verbindung mit seinem Substantive, da es in der Declination von dem Artikel nicht unterschieden ist, nur daß es in allen seinen Endungen mit einem etwas schärfern Tone ausgesprochen wird. Es ist,1. Ein Demonstrativum, da es einen Gegenstand bezeichnet, auf welchen man gleichsam mit Fingern zeiget, und für dieser, diese, dieses stehet. Der Mann da hat es gethan. Er ist den Augenblick gestorben, für diesen Augenblick. Ich kann ihn noch die Stunde nicht dazu bringen. Die Jahre her hatte ich viel zu thun, Gottsch. Das Mahl, für dieses Mahl. Der Acker ist nicht unser, er gehöret den Leuten da, für diesen. In der im gemeinen Leben üblichen R. A. von Stund an, wird es auch ausgelassen.2. Ein Demonstrativo-Relativum, wo es den Gegenstand vermittelst eines nachfolgenden Satzes bestimmet, und sich auf ein Relativum beziehet, für derjenige, diejenige, dasjenige. Er ist der Mann der (derjenigen) Frau, welche wir gestern sahen. Ich gab es dem (demjenigen) Bedienten, welchen du gestern zu mir schicktest. Das ist nicht der (derjenige) Ort, wo ich mich lange aufzuhalten wünschte. Es gehöret den Männern, welche wir gestern sahen. Die Häuser der Bürger, welche abgebrannt sind. Die (diejenigen) zehen Worte, die der Herr zu euch redete, 5 Mos. 10, 4. Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, Marc. 12, 10.In vielen Fällen ist dieses Pronomen von dem Artikel fast gar nicht unterschieden, zumahl wenn der folgende relative Satz mehr eine Beschreibung, als beziehende Bestimmung enthält; z. B. da traten die Sadducäer zu ihm, die da halten, es sey keine Auferstehung, Marc. 12, 18. Sie sind nicht der erste, welcher mir das sagt. Ich legte die Tafeln in die Lade, die ich ge-macht hatte, 5 Mos. 10, 5. Als ich von dem Berge ging, der mit Feuer brannte, Kap. 9, 15. Die Natur thut nirgends einen Sprung, auch in den Sprachen nicht. Der Übergang von einem Theile der Rede, von einem Falle, von einer Regel, von einer Bedeutung zur andern, geschiehet alle Mahl durch sehr unmerkliche Grade. In den Sprachlehren bemerkt man gemeiniglich nur die am meisten hervorstehenden Fälle, und übergehet die, welche am wenigsten merklich sind, und verursachet dadurch oft Verlegenheit. Man wird diese Anmerkung so wohl in der Deutschen, als in andern Sprachen sehr oft mit Nutzen anwenden können.Hieraus erhellet zugleich, daß es unbillig, und einem Hochdeutschen Ohre äußerst unangenehm ist, wenn man dieses Pronomen in Verbindung mit seinem Substantive im Genit. und Dat. Pluralis derer und denen spricht und schreibt. Schwerlich wird man zur Behauptung dieses Satzes etwas anders, als die Oberdeutsche Gewohnheit anführen können, welche so wohl den Artikel als auch die Pronomina der auf die folgende verlängerte Art decliniret.II. Allein und ohne Hauptwort, da es auf folgende Art decliniret wird. Sing. Plur. Nom. der, die, das. die. Gen. dessen (deß), deren(der), dessen (deß). derer, (der). Dat. dem, der, dem. denen (den). Acc. den, die, das. die. dieses Pronomen ist wiederum,1. Ein Demonstrativum, da es für das Absolutum dieser, diese, dieses stehet. Der Reiche nicht, denn wie sollte der Unrecht haben können! Das wissen nur Dichter, und was wissen die nicht! Das will ich nicht hoffen. Wessen ist das Haus? Antw. dessen da, oder deß da, d. i. dieses Mannes da; oder deren da, der da, d. i. dieser Frau da. Dem sey, wie ihm wolle. Wenn dem also ist. Es ist an dem, es ist nicht an dem, es ist wahr, es ist nicht wahr. Wenn das alles dein Ernst ist. Mein größter Kummer ist der, daß ich von dir entfernt bin. Was spricht Herr Damis? Hat auch der eine Freude über deine Erbschaft? Gell. Ihr könnt zum Gärtner gehn, der will euch Blumen geben, Weiße. Jetzt habe ich sechzehn Frühlinge gesehen; doch keiner war so schön wie der, Geßn.An dem, in dem oder indem, nachdem, zu dem, von dem, mit dem, werden oft figürlich gebraucht. Es ist an dem, es ist wahr. Es war an dem, daß er zu mir kommen wollte, er war im Begriffe, zu mir zu kommen. Indem und nachdem kommen auch in Gestalt einer Conjunction vor, S. diese Wörter. Mit alle dem, oder bey dem allen, ungeachtet alles dieses. Von dem, vor diesem, ehedem. Der selber mich vor dem zur Tugend auferzogen, Schleg. Zu dem im gemeinen Leben für über dieß. Zu dem, was hast du zu befahren? Hall. Wenn dieses Pronomen in zwey auf einander folgenden Sätzen verdoppelt wird, so stehet es oft für dieser und jener. Das Geschick, Das stets den Wechsel liebt, Den glücklich macht, den plagt, Gottsch. Zuweilen auch nur für dieser allein. Man trägt sich zwar mit der und jener Sage, Mich. Ingleichen für jener. Man denkt an dieß und an das, wenn man allein ist. O wie flattert er umher, Bald zu dieser, bald zu der! Weiße. Das Neutrum das kann auch absolute für alle Geschlechter und Zahlen gebraucht werden. Ist das deine Freude? Ist das deine Frau? Das sind die Männer, die uns Weisheit lehren wollen. Kinder und Bücher, das sind sein ganzer Reichthum.Wenn dieses Pronomen zu Anfange eines Satzes stehet, so hat es das Verbum gleich nach sich, und der Nominativ der Person, wenn einer vorhanden ist, tritt hinter dasselbe; dagegen das Relativum das Verbum bis an das Ende der Rede verschiebet. Den habe ich niemahls gesehen; aber, der Mann, den ich niemahls gesehen habe.2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches wieder von gedoppelter Art ist.1) Es beziehet sich auf ein nachfolgendes Relativum, doch so, daß die demonstrative Bedeutung die herrschende ist, und alsdann stehet es für derjenige, diejenige, dasjenige. Sollte der nicht mein Freund seyn, welcher mir meine Fehler aufdeckt? Ohne die Kräfte der Seele würde der Mensch ein Raub alles dessen (oder deß) seyn, was ihm jetzt gehorchen muß. Dusch. Die Tochter deß, der einst ein Bundesgenosse Der Römer war, Schleg. Urtheile daraus von dem Geiste derer, welche uns als Abtrünnige betrachten, Mosh. Warum sollte ich den Verlust derer beweinen, die nicht gestorben sind? Das sind die Nahmen derer, die ihm zu Jerusalem geboren sind, 2 Sam. 5, 14. Da war die Zahl derer, die geleckt hatten u. s. f. Richt. 7, 6. Und derer, die vor ihm gewesen sind, ist keine Zahl, Hiob. 21, 33. Ich bin dein Mitknecht und deiner Brüder der Propheten, und derer, die da halten die Worte dieses Buches, Offenb. 22, 9. Das ist aber der Wille deß, der mich gesandt hat, Joh. 6, 40.Der zusammen gezogene Genit. Sing. für dessen ist hier sehr häufig, und stehet selbst der höhern Schreibart nicht übel. Das Fämin. deren möchte wohl nicht leicht vorkommen, noch weniger aber in das zusammen gezogen. Man sagt nicht, sie ist die Tochter deren, oder der, welche wir gestern sahen, sondern der Frau, ob man gleich ohne Bedenken im Masculino sagen kann, sie ist die Tochter dessen, oder deß, welchen u. s. f. Der zusammen gezogene Genit. und Dat. Plur. der und den, für derer und denen, wird sich selbst in der vertraulichen Schreibart kaum entschuldigen lassen.Das Neutrum das kann auch hier für alle Geschlechter und Zahlen stehen. Ist nicht Themirens Vater eben das, was du bist?Ein unangenehmer Gallicismus ist es, wenn anstatt der Wiederhohlung eines Substantives, welches einen Genitiv erfordert, zu dem letztern das Demonstrativo-Relativum der oder derjenige gesetzt, und das Substantiv zum zweyten Mahle verschwiegen wird. Die Größe der Sonne übertrifft die, oder diejenige, des Monds. La grandeur du soleii surpasse celle de la lune, für übertrifft die Größe des Mondes. Im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, vermeidet man diesen Fehler durch das Possessivum. Die Größe der Sonne übertrifft des Mondes seine. Allein in der anständigern Schreibart wird die kleine Weitläuftigkeit, welche durch die Wiederholung des Substantives verursachet wird, immer erträglicher seyn, als eines dieser beyden Hülfsmittel.2) Oder es beziehet sich auf ein vorher gegangenes Individuum, doch so, daß die demonstrative Bedeutung sehr merklich hervorsticht; da es denn für das Demonstrativo-Relativum derselbe, dieselbe, dasselbe, stehet. Wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren, Luc. 9, 24. Wer sich aber mein schämet,deß (oder dessen) wird sich des Menschen Sohn auch schämen, V. 26. Wir haben keine Äpfel mehr, aber du hast deren noch. Wie viel hast du deren noch? Die aber gessen hatten, der (deren) waren bey 5000 Mann, Matth. 24, 21. Ich habe dessen genug. Zu dessen Urkunde, haben wir u. s. f. Dieser ist der (deren) einer, Marc. 14, 69. Warlich du bist der einer, V. 70.Nach wer oder was kann es, wenn es das Prädicat anfangen sollte, auch weggelassen werden. Wer reich werden will, fällt in Versuchung, für der fällt u. s. f. Nach den Relativis der und welcher aber darf es niemahls wiederhohlet werden. Der Krieg, der, oder welcher so lange gewüthet hat, neiget sich zum Frieden, nicht, der neiget sich u. s. f. Es müßte denn ein besonderer Nachdruck solches erfordern, aber alsdann ist es auch nicht mehr dieses Pronomen, sondern das Demonstrativum. Der Unwürdige, welchen ich so viele Wohlthaten erwiesen habe, der ist mein Verräther, wo es deutlich genug für dieser und nicht für derselbe stehet.Da sich dieses Pronomen immer mehr der folgenden relativen Bedeutung nähert, so scheinet es auch, daß der Genit. Plur. deren sich für dasselbe besser schicke, als der mehr demonstrative derer. Freylich lehren viele Sprachlehrer ein anderes; allein es hat auch noch keiner dieses ganze Fürwort gehörig aus einander gesetzt. Diese Herren kennen höchstens nur das Demonstrativum und das Relativum der, und übergeben die mittlern Stufen, die diese zwey Extrema verbinden, mit Stillschweigen.Die Deutschen können statt dieses Demonstrativo-Relativi oft das Possessivum Reciprocum gebrauchen, und im gemeinen Leben geschiehet solches mehr als zu oft. Wer Gott liebt, hält seine Gebothe, für dessen Gebothe. In der anständigern Sprechart gebraucht man doch lieber das Relativum, zumahl wenn die Deutlichkeit solches erfordert, und eine Beziehung auf ein entfernteres Substantiv ausgedruckt werden soll. Mein Freund ging mit deinem Bruder auf seinen Acker, beziehet sich auf die Hauptperson, auf meinen Freund. Soll des Bruders Acker angedeutet werden, so muß es dessen heißen. Wie selig, Henzi, ists fürs Vaterland sich grämen, Und sein (besser dessen) verlaßnes Wohl freywillig auf sich nehmen, Less. Hier stehet das Possessivum völlig am unrechten Orte. So auch: Ich seufze nicht ins Leben zurück, um seiner Freuden länger zu genießen, Dusch, für dessen. S. Sein.Ein anderer Gebrauch dieses Demonstrativo-Relativi ist von der neuern Höflichkeit eingeführet worden, und bestehet darin, daß man die Genitive dessen und deren anstatt der Possessiven gebraucht, wenn man mit Personen zu thun hat, für welche man sein und ihr für zu wenig, dero aber für zu viel hält. Guter Freund, dessen Schreiben habe wohl erhalten u. s. f. für sein Schreiben. S. Dero, welches auch nichts anders ist, als der alte Genitiv dieses Pronominis.Eine Oberdeutsche Schönheit ist es, wenn dieses Pronomen zwischen das Substantiv und dessen Adjective gesetzet wird. Dem gesamten Reiche und allen und jeden dessen Ständen, für dessen sämmtlichen Ständen. und in unverhoffter widriger dessen Entstehung, für in dessen unverhoffter u. s. f.3. Ein bloßes Relativum, welches sich auf ein vorher genanntes Individuum beziehet, für das relative welcher, welche, welches, stehet, in der Declination von den obigen darin abweicht, daß es im Genit. Plural. deren, nicht aber derer hat, und in keiner Endung zusammen gezogen werden darf. Er ist derjenige nicht, der er seyn sollte. Die Person, die du liebest. Ein Greis, dessen Seele schon allen ihren Muth ver- loren hat. Ich sage dir solches mit der Freymüthigkeit eines Mannes, der nichts mehr zu fürchten, noch zu hoffen hat. Ist dieser nicht Jesus - des Vater und Mutter wir kennen? Joh. 6, 42. Der Dichter, dessen du erwähnetest. Die Verse, deren Schönheit du so lobtest. Die Vergeltung, deren er in dieser Welt nicht mehr genießen kann. Viele von denjenigen, deren Vorfahren tugendhaft waren. Du, der des Glaubens lacht, du, der der Weisheit fluchet! Kästn. Unglücklicher! der, schon von Hoffnung trunken, Des Oceans Gebiether ist, Raml. Der Staub, den ich jetzt trete, der Staub war ihr Gebein, Dusch. Der Nominativ dieses Fürwortes kann oft zierlich per appositionem bey Fürwörtern der ersten und zweyten Person stehen. Der ich mich deiner so getreulich angenommen habe. Wir, die wir uns selbst nicht kennen. Ich verzehre meine Kräfte in Thränen, und von dem, der ich war, ist kaum der Schatten mehr übrig, Dusch. Der du von Ewigkeit bist. Du, der du die Dinge unter so vielerley Gestalten gesehen hast. Ihr, die ihr im Überflusse geboren worden, die ihr nur leben dürfet, um zu genießen, Sonnenf. O der du über uns mit deinem Vater sitzest, Opitz. Der du mit Allmacht dieses Element beherrschest, Raml. In Ansehung der dritten Person muß das Gehör den Ausschlag geben, ob diese Wortfügung anzurathen ist. Rechtschaffener Mann, der sie mich so großmüthig unterstützt haben, möchte eben nicht einem jeden gefallen.Wenn von einer ungewissen Sache die Rede ist, so verlangt es den Conjunctiv. Da ist keiner, der Gutes thue. Ein Latinismus aber ist es, wenn es für auf daß, und für daß, wenn dieses Bindewort den Conjunctiv erfordert, gesetzet wird. Gott hat seinen Sohn gesandt, der uns erlösete, für daß er uns erlösete.Daß dieses Pronomen das Verbum bis an das Ende der Rede verschiebe, ist bereits oben bemerket worden. Aus den bisher angeführten Beyspielen erhellet zugleich, daß es von dem vorher gehenden Substantive, auf welches es sich beziehet, das Geschlecht und die Zahl, die Endung aber von dem folgenden Zeitworte annimmt.Wenn dieses Relativum auf derjenige oder auf das Demonstrativo-Relativum der folget, so ist es mit welcher einerley, schickt sich aber alsdann besser für die lebhafte und geschwinde Rede der Vertraulichkeit, als für die gesetztere und anständigere Schreibart. Freund, den ich liebe, hat in der vertraulichen Schreibart nichts Verwerfliches; obgleich in der edlern und feyerlichen, Freund, welchen ich liebe, anständiger klingt. Ehedem gebrauchte man es auch für das Absolutum was. Thaz uuir Engil nennen, thaz heizent u. s. f. Ottfr. Thaz thu tuost, tiu sliumor, was du thust, thue bald, ebend. Noch jetzt höret man zuweilen im gemeinen Leben: halte das du hast; für was. Alles, das du hier siehest.

Anm. 1. Wenn man die Sache genau erwäget, so wird man finden, daß der Unterschied dieses dreyfachen Pronominis seinen guten Grund hat. Da derselbe von keinem unserer ältern Sprachlehrer gehörig beobachtet worden, so sind auch die Regeln, welche sie davon geben, voller Widersprüche und Verwirrung. Die meiste Verschiedenheit, betrifft den Genit. Pluralis derer und deren, worüber man so viele Meinung hat, als Sprachlehren vorhanden sind. In Gottscheds Sprachkunst hat auch das Relativum derer, und er selbst schrieb doch niemahls so, sondern gebrauchte für dieses Relativum alle Mahl ganz richtig deren. Diese Ver-schiedenheit betrifft indessen nur die Hochdeutsche Mundart. Die Oberdeutsche decliniret, wie schon gesagt worden, den Artikel und alle Pronomina auf einerley Art. In dieser Mundart hat nun der Genitivus Pluralis auch bey dem Relativo freylich derer, aber so lautet in derselben auch der Genit. Singul. Natur von derer Kraft, Luft, Welt und Himmel sind, Opitz. In andern Oberdeutschen Gegenden lautet der Genitivus und Dativus Singul. des Relativi dero, welches bey uns nur noch als ein Ehrenwort üblich ist; S. dieses Wort. Bey den ältesten Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern findet man die Pronomina der selten anders als mit der abgekürzten Declination. Oba er thez habet ruah, ob er dessen Sorge trage, Ottfr. Den chund ist din nam, denen kund ist dein Nahme, Pewger Pf. 9. Was der (deren) in Steyr waren, Horn. Des (dessen) ward leyder wohl inn, ebend.Da die Hochdeutschen die verlängerte Declination der neuern Alemannen, in Ansehung des Pronominis der, wenn es ohne Substantiv gebraucht wird, angenommen, in Ansehung des Artikels aber es bey dem Alten gelassen haben: so ist nur die Frage, ob der Genitivus Plural. derer oder deren heißen müsse? Das Demonstrativum hat außer allem Streit derer, und das Relativum hat, wenn man wenige Sonderlinge ausnimmt, bey den meisten deren. Das Demonstrativo-Relativum stehet zwischen beyden in der Mitte, und verbindet gleichsam diese beyden Extrema. Es scheinet daher billig zu seyn, daß es in denjenigen Fällen, wo es sich mehr der demonstrativen Bedeutung nähert, d. i. wo es für derjenige stehet, derer, und wo es mehr relatives an sich hat, oder für derselbe stehet, deren habe. Man ziehe ein gutes Gehör zu Rathe, so wird man von der Billigkeit dieser Regel überzeuget werden.

Anm. 2. Von der Zusammenziehung des Demonstrativi und Demonstrativo-Relativi der mit den Präpositionen S. Da II.

Anm. 3. Im gemeinen Leben hat man noch die Gewohnheit, den weiblichen Genitiv des Singulars deren, und den Genitiv. Plural. aller drey Geschlechter derer und deren, so wohl des Demonstrativi als auch des Relativi, mit den Substantiven Halben, Wegen und Willen zusammen zu ziehen, und vermittelst des t euphonici, derenthalben, derentwegen und derentwillen daraus zu bilden. Ich habe es derenthalben, derentwegen, oder um derentwillen gethan, die ich liebe, d. i. um derer willen, die ich liebe, oder auch im Singular, um der Person willen, die ich liebe. Ich weiß nicht, was das für Schwachheiten seyn müssen, derentwegen ihnen mein Herz so wohl gefällt, Less. für um welcher willen, oder um deren willen. Derenthalben findet sich auch schon bey dem Opitz. Eben dieses geschiehet auch mit dem Genitive dessen, in dessentwegen, um dessentwillen, dessenthalben, für deßhalb, deßwegen, um deßwillen. In Ansehung des Relativi der ließe sich diese Form in der vertraulichen Schreibart wohl noch vertheidigen. Nur das Demonstrativum derer sollte nie auf diese Art gebraucht werden, weil es alsdann in der Declination dem Relativo gleich gemacht wird. In der anständigen Schreibart wird man diese ganze Zusammenziehung gern vermeiden. S. T, ingleichen Dein.

Anm. 4. Bey dem Artikel ist bereits angemerket worden, daß sich derselbe, besonders aber das Pronomen der, bereits in den ältesten Sprachen befinde. Bey den Hebräern lautet das Pronomen Demonstrativum - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, sae, su, soth, eben so lautet es im Gothischen sa, so, thata, bey den ältern Schweden und Isländern sa, su, that, bey den Angelsachsen sa, seo, that. Die Vertauschung des Zischlautes mit dem th oder d ist zu allen Zeiten und in allen Sprachen etwas gewöhnliches. Die ältesten Römer sagten für ea gleichfalls sa, und für eum sum. S. Ihre Glossar. Prooem. S. IV, und im Gloss. Th. 2. S. 879 f. Das Pronomen, Demonstrat. der lautet im Schwed. thenne then, im Plural. thesse, im Genitiv. Plur. thera, bey den Doriern - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Das Relativum der heißt im Angels. thaere, bey den Isländern tha, im Schwedischen ther.


Derb (W3) [Adelung]


Derb, -er, -este, oder -ste, adj. et adv. 1. Eigentlich, dessen Theile nahe und fest auf einander liegen, im Gegensatze des locker. Derbes Brot. Derbes Leder. Der Erdboden ist sehr derb. Der höchste Grad des Derben ist die Härte. 2. Figürlich. 1) Im Bergbaue, in fester Gestalt in ein anderes Mineral eingewachsen. Derbes Erz; in weiterer Bedeutung auch nur für reichhaltiges Erz. 2) Im gemeinen Leben, einen hohen Grad einer Handlung auszudrucken, doch nur in einigen Fällen. derb angreifen, derb auftreten. Jemanden derbe Schläge, eine derbe Maulschelle geben, ihn derb abprügeln. Nach einer noch weitern Figur auch von unkörperlichen Empfindungen. Er sagt einem jeden die Wahrheit sehr derb und trocken. Ich werde mir heute einen derben Rausch trinken, Gell. 3) Munter, gesund, rasch. Sie ist ein derbes frisches Mädchen. Nach einer noch weitern Figur wurde dieses Wort ehedem auch für gut, fromm, rechtschaffen gebraucht, besonders in der Zusammensetzung Biderb; S. Bider.

Anm. Es scheinet nicht, daß dieses Wort zu verderben gehöre. Füglicher lässet es sich zu darre, dürre rechnen, weil die derbe Beschaffenheit eines Körpers doch auf einem gewissen Grad der Trockenheit beruhet. Im Dänischen bedeutet diärv so wohl trocken, als auch sehr. S. Dürfen.


Derbheit (W3) [Adelung]


Die Derbheit, plur. car. der Zustand, da etwas derb ist, in allen Bedeutungen.


Dereinst (W3) [Adelung]


Dereinst, adv. temp. für einst, künftig, welches vorzüglich in der edlern und höhern Schreibart üblich ist. Wenn ich dich dereinst wieder sehe. Wenn er dereinst mein Glück machen wird. Dein Glück dereinst zu baun, Gell. O Doris drücke du Mir dort dereinst die Augen weinend zu! Kleist. Wenn dich dereinst die Sorgen des Thrones Aus meinen Armen ziehn, Raml.

Anm. Die höhere Schreibart der Hochdeutschen hat dieses Wort von den Oberdeutschen entlehnet, bey denen es auch dereinsten und dereinstens lautet. Auch das Adjectiv dereinstig ist für künftig im Oberdeutschen nicht selten. Dereinst stehet für dareinst, und bezeichnet eine ungewisse künftige Zeit auf eine schon gewisse Art, so, als wenn man sie vor sich sehe. S. Einst.


Derenthalben (W3) [Adelung]


Derenthalben, derentwegen, derentwillen, S. 2 Der.

Anm. 3.


Dergestalt (W3) [Adelung]


Dergestalt, eine Partikel, welche mit dem Dative des Demonstrativi der und dem Substantive Gestalt zusammen gesetzet ist; für in dieser Gestalt. Es ist, 1. ein vergleichendes Adverbium. 1) Für dergleichen, deßgleichen. Dergestalt sind auch die übrigen Dinge, d. i. von dieser Art. Welcher Gebrauch doch nur Oberdeutsch und im Hochdeutschen wenig üblich ist. 2) Für so. Seine Umstände sind dergestalt böse, daß ihm nicht mehr zu helfen ist. Wir sind dergestalt unglücklich, daß wir uns nicht mehr zu helfen wissen. Auch h er wird man es in der reinen Hochdeutschen Schreibart gern entbehren; noch mehr aber das davon gemachte Oberdeutsche Beywort dergestaltig. 2. Eine bedingende oder einschränkende Conjunction, in welcher Bedeutung es auch im Hochdeutschen nicht unbekannt ist. Du sollst dieses haben, doch dergestalt, daß du es mit deinem Bruder theilest.

Anm. Notker gebraucht schon dien gestalten, für so, dergestalt.


Dergleichen (W3) [Adelung]


Dergleichen, und Deßgleichen, zwey unabänderliche Adjective, welche aus dem Genitive des Pronominis der, nach der verkürzten Declination, und dem unabänderlichen Adjective gleichen zusammen gesetzet sind, für dessen gleichen, deren gleichen, derer gleichen. Sie werden so wohl demonstrative als relative gebraucht. In dem letztern Falle werfen sie das Zeitwort, wie alle Relativa bis an das Ende der Rede. Das ist ein Mann, deßgleichen ist nicht mehr vorhanden; oder relative, deßgleichen nicht mehr vorhanden ist. Dergleichen Sachen habe ich nie gesehen. Dergleichen Thiere gibt es bey uns nicht. Fressen und Saufen und dergleichen, Gal. 5, 21, d. i. und andere ähnliche Laster. S. Desgleichen.

Anm. Deßgleichen sollte sich eigentlich auf den Singular des männlichen und ungewissen Geschlechtes, dergleichen aber nur auf den Singular des Fäminini und auf den Plural aller drey Geschlechter beziehen. Allein im gemeinen Leben nimmt man es selten so genau. Dergleichen groben Mann als dieser ist, muß zwischen Himmel und Erden nicht mehr seyn, Gell. Ich glaube, daß sie sich dergleichen fremden Antrag niemahls vermuthet haben, ebend. wo es billig deßgleichen heißen sollte. Doch gebraucht man das letztere auch im gemeinen Leben nicht leicht, wenn es sich auf einen Plural oder auf einen weiblichen Singular beziehen soll. Im Oberdeutschen lautet dergleichen auch derogleichen; S. Dero. In eben derselben Mundart ist statt dessen auch derley üblich, von dem alten ley, dem Stammworte von gleich.


Derhalben (W3) [Adelung]


Derhalben, eine Conjunction, welche einen Schluß, eine Folge aus dem Vorhergehenden, eine Ursache aus dem Vorigen andeutet, und aus dem verkürzten Demonstrativo der, und dem Hauptworte Halbe zusammen gesetzet ist, für derer halben, daher. Das Gesetz richtet nur Zorn an - derhalben muß die Gerechtigkeit durch den Glauben kommen, Röm. 4, 15, 16. Derohalben müsset ihr auch Schoß geben, Kap. 13, 6. Denn euer Gehorsam ist unter jedermann auskommen; derhalben freue ich mich über euch, Kap. 16, 19. Wenn es, wie hier, zu Anfange eines Satzes stehet, so wirft es den Nominativ hinter das Zeitwort. Aber es kann auch nach einem oder mehrern Worten stehen. Lasset uns derhalben brüderlich gegen einander gesinnet seyn. Indessen fängt diese Conjunction in der anständigern Schreibart an zu veralten. Die Oberdeutsche Form derohalben ist noch ungewöhnlicher. S. Deshalb und Halbe.


Derjenige (W3) [Adelung]


Derjenige, diejenige, dasjenige, pronom. demonstrativo-relativum, welches auf folgende Art decliniret wird.Singul. Plur.Nom. Derjenige, diejenige, dasjenige. Diejenigen.Gen. Desjenigen, derjenigen, desjenigen. Derjenigen.Dat. Demjenigen, derjenigen, demjenigen. Denjenigen.Acc. Denjenigen, diejenige, dasjenige. DiejenigenDieses Pronom zeiget einen gewissen Gegenstand an, von welchem in dem Prädicate etwas gesaget wird; daher es nicht nur die Relativa, welcher, der, oder so nach sich hat, sondern sich auch gewisser Maßen auf selbige beziehet. Derjenige Mensch, von welchem ich dir gesagt habe. Diejenige Tugend ist groß, welche auch in Widerwärtigkeiten die Probe hält. Du mußt einer von denjenigen werden, welche sich durch Verdienste hervorthun. Ich verzeihe es denjenigen, welche Schuld daran sind. Es kann auch zuweilen mit dem Genitive des Hauptwortes verbunden werden. Diejenigen seiner alten Soldaten, welche u. s. f. Zuweilen wird statt dessen auch das Vorwort unter gebraucht. Diejenigen unter seinen alten Soldaten, welche u. s. f. Ein Gallicismus, welcher zuweilen mit diesem Worte begangen wird, ist bereits bey dem ersten Demonstrativo- Relativo, der angezeiget worden. Mit derjenige ist dieser Gallicismus desto widerwärtiger, da dieses Pronomen alle Mahl ein Relativum nach sich haben muß.

Anm. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist das veraltete Beywort jenig, jemand, einer der Zahl nach, welches von jener abstammet, und noch zuweilen im Niedersächsischen gehöret wird. Für jenig war ehedem auch nur jene üblich. Im 14ten Jahrhunderte lautete das Pronomen der jenige, in Niedersachsen der ghenne, im 16ten Jahrhunderte in Obersachsen deryene, und noch Opitz sagt mehrmahls der jene und derjene. Der ist in dieser Zusammensetzung das Demonstrativo-Relativum der nach der verkürzten Declination, welche hier um so viel nothwendiger ist, da jenig die Stelle eines Hauptwortes vertritt, die Hauptwörter aber alle Mahl das verkürzte Fürwort bey sich haben. Die Oberdeutsche Declination im Genit. und Dat. Plur. dererjenigen und denenjenigen ist also im Hochdeutschen wirklich ein Fehler. Ein gewisser Sprachlehrer räth, einen Unterschied unter dem demonstrativen und relativen derjenige zu machen, und das erste verkürzt, das letzte aber verlängert zu decliniren. Allein er hätte erst beweisen sollen, daß dieses Pronomen jemahls bloß relative gebraucht werde. Im Oberdeutschen ist für derjenige auch nur bloß jener, und für alles dasjenige nur all jenes üblich. Wir aber zu diesem Zwecke jenes, was hierbey nützlich ist, veranstalten wollen. Ihm in all jenem, was er vorbringen wird, Glauben beyzumessen.


Derley (W3) [Adelung]


* Derley, S. Dergleichen Anm.


Dermahleinst (W3) [Adelung]


Dermahleinst, ein Nebenwort der Zeit, für dereinst, künftig. Es scheinet, da - es von dem folgenden dermahlen und einst zusammen gesetzet worden. Ungeachtet nun jenes im Hochdeutschen wenig gehöret wird, so ist doch dieses besonders in der höhern Schreibart nicht selten. In der Deutschen Bibel lautet es unrichtig dermaleins; S. Einst.


Dermahlen (W3) [Adelung]


Dermahlen, ein Nebenwort der Zeit, für dieß Mahl, jetzt, oder gegenwärtig, welches im Hochdeutschen veraltet ist, und nur noch von den Kanzelleyen im Andenken erhalten wird. Ein gleiches gilt von dem davon gemachten Neben- und Beyworte,


Dermahlig (W3) [Adelung]


Dermahlig, für jetzig. Die dermahlige Witterung.


Dermaßen (W3) [Adelung]


Dermaßen, ein vergleichendes Nebenwort, für in der Maße, oder in dem Maße. Es hat mir dermaßen gefallen, daß ich mich daran nicht statt sehen konnte. Er wurde dermaßen zugerichtet, daß er gleich darauf starb. So ihr leidet mit Geduld, dermaßen, wie wir leiden, 1 Cor. 1, 6. In dem Theuerdank lautet dieses Nebenwort dermaß, und mit solcher Maß. Aus der Maßen wird auch im gemeinen Leben für außerordentlich, ungewöhnlich gebraucht. Aus der Maßen schön, kalt u. s. f. In eben diesem Verstande sagt schon der Verfasser des Theuerdankes: ein Leo aus dermaßen groß. Und Kap. 80. Schalt sein Knecht aus dermaß übel. Aus dermaßen schön, Ezech. 28, 12.


Dero (W3) [Adelung]


Dero, ein Beziehungswort, welches die heutige höfliche Welt statt aller Endungen des Possessivi Ihr und Ihre, so wohl in der einfachen als mehrern Zahl von vornehmen Personen allerley Geschlechtes gebraucht. Ich bin Dero Diener. Ich habe Dero Meinung vernommen. Se. Majestät haben Dero Minister befohlen u. s. f.

Anm. Dero ist eigentlich der Genitiv des beziehenden Pronominis Der, welcher nach dessen alten Abänderung einsylbig gemacht wurde. Das o wurde sehr oft an das r angehängt, welches auch in dahero, nunmehro u. s. f. geschehen ist. Ungeachtet nun so wohl der Artikel als auch das Pronomen diesen nichts bedeutenden Anhang im Hochdeutschen längst verloren haben: so hat man doch das Dero noch als ein Ehrenwort beybehalten,daher es auch jederzeit mit einem großen D geschrieben wird. S. 2. Der.


Derohalben (W3) [Adelung]


Derohalben, S. Derhalben.


Derowegen (W3) [Adelung]


Derowegen, S. Deswegen.


Derselbe (W3) [Adelung]


Derselbe, dieselbe, dasselbe, pronom. demonstrativo-relat. welches auf folgende Art decliniret wird.Singul. Plur.Nom. Derselbe, dieselbe, dasselbe. Dieselben.Gen. Desselben, derselben, desselben. Derselben.Dat. Demselben, derselben, demselben. Denselben.Acc. Denselben, dieselbe, dasselbe. Dieselben.Dieses Wort beziehet sich,1. Auf einen Nachsatz, welcher ein Relativum an seiner Spitze hat, und alsdann ist die demonstrative Bedeutung die herrschende. Haben sie denselben Mann nicht wieder gesehen, welchen wir gestern sahen? Aber dieser Gebrauch, da derselbe für derjenige gesetzt wird, thut im Hochdeutschen eben nicht die beste Wirkung. Richtiger gebraucht man es mit es in Verbindung mit dem Nebenworte eben. Es ist eben derselbe Mann, welchen wir gestern sahen. Er ist noch eben derselbe, der er sonst war. Oft wird auch der Nachsatz weggelassen, und alsdann dienet eben, derselbe gleichfalls die Unveränderlichkeit des natürlichen Zustandes einer Sache, ingleichen ihre Identität auszudrucken. Er ist immer eben derselbe, er ist sich immer selbst gleich. Hat es vor diesem Menschen gegeben, so kann es auch wohl eben dieselben Fehler gegeben haben, nehmlich, welche jetzt unter ihnen angetroffen werden. Unartig ist es, das und zwischen eben und dem Pronomen einzuschalten, eben und dieselben Fehler, so wie es das Gehör beleidiget, wenn eben weggelassen wird. Die Tage sind verschwistert, alle gleich, Nicht ganz dieselben, Schleg. Im Oberdeutschen sind in diesem Verstande auch der gleiche, der eigene, und der nehmliche üblich. Den eigenen Tag, denselben. Wenn wir nur auch des nehmlichen versichert seyn können. Auf eine subtilere Art, die doch immer die nehmliche ist. Sie steht im gleichen Augenblick Nach mir sich um, Wiel. Wenn ich beständig der gleiche bin, d. i. eben derselbe.2. Oder es beziehet sich auf ein vorher gegangenes Hauptwort, oder auf einen vorher gegangenen Satz, in welchem Falle es mehr relativ, als demonstrativ ist. Das ist ein schönes Haus, wer ist der Besitzer desselben, oder er ist desselben Besitzer? in welcher letztern Wortfügung es bloß relativ ist, und für das Relativum der stehet. Das Unglück ist groß; ich würde vielleicht nicht Muth genug haben, dasselbe zu ertragen. Wer sich seinem Vaterlande widmet, muß dasselbe für unvermögend halten, ihn zu bezahlen, denn was er für dasselbe wagt, ist unschätzbar.Zuweilen wird dieses Pronomen auch für die Possessiva der dritten Person gebraucht, wo aber ein gutes Gehör entscheiden muß, in welchem Falle solches erlaubt ist oder nicht. Die Sprachen sind älter als die Regeln derselben, klingt unangenehmer, als die Sprachen sind älter als ihre Regeln. Im folgenden Satze hingegen stehet es ganz richtig: die Physik beschäftigt sich mit den Körpern; ihre Absicht ist, die Natur derselben, ihre Eigenschaften und Verhältnisse zu entdecken.Noch häufiger wird dieses Pronomen von der heutigen Höflichkeit gegen Vornehmere anstatt des persönlichen Sie gebraucht. Dieselben haben mir befohlen. Und in diesem Falle ist auch der verlängerte Dativ Denenselben eingeführet. Ich habe letzthin die Ehre gehabt, Denenselben zu berichten, daß u. s. f. Wie ich von Denenselben vernommen habe. Auch der Genitiv Deroselben wird nicht selten für das einfache Dero gebraucht. Deroselben Bedienter hat mir solches gesagt. Deroselben Gnade habe ich solches zu verdanken. Welcher Genitiv im Oberdeutschen wohl gar anstatt des Dativi gebraucht wird. Und Deroselben gegenwärtiges zustellen zu lassen. Wenn man mit und von sehr hohen Personen spricht, pflegt man dieses Pronomen noch mit den Wörtern Hoch, Höchst, und Allerhöchst zu erhöhen. Hochdieselben haben befohlen u. s. f. Allerhöchstdieselben geruhen u. s. f.Gegen niedrigere Personen, welche man gewöhnlich Er, und, wenn sie weiblichen Geschlechtes sind, im Singular Sie zu nennen pfleget, ist, wenn man ihnen etwas mehrere Ehre erweisen will, der Singular Derselbe und Dieselbe gleichfalls üblich. Derselbe hat mir gesagt u. s. f.

Anm. Dieses Pronomen mit dem Demonstrativo der und selbe zusammen gesetzt; S. Selbe. Außer dem eben angezeigten Falle wird auch dieses durchgängig nach der verkürzten Declination des Pronominis der abgeändert, weil selbe hier die Stelle eines Hauptwortes vertritt. Dieses Wort ist alt. Bey dem Kero lautet es im Genit. Sing. desselbin, und deruselbun, im Nom. Plur. diuselben, und im Genit. Plur. deroselbono; bey dem Übersetzer Isidors im Nom. Sing. dherselbo und dher selbo; und bey dem Ottfried ther selbo, therselbon, thia selbum. Im Oberdeutschen lautet es auch derselbte, dieselbte, dasselbte, in welcher Gestalt es nicht nur bey dem Opitz und andern Schlesischen Dichtern vorkommt, sondern auch an einigen Hochdeutschen Höfen eingeführet ist. Selbe, selbte und selbiger kommen in eben dieser Mundart vor. Derselbige, dieselbige, dasselbige ist eine andere Oberdeutsche Form, die auch im Hochdeutschen nicht unbekannt ist, und sich bloß durch die müßige Verlängerung der neuern Alemannen von dem vorigen unterscheidet. Im Nieders. lautet dieses Fürwort de sulve, dat sulve.


Derwegen (W3) [Adelung]


Derwegen, S. Deswegen.


Derweile (W3) [Adelung]


* Derweile, oder Derweilen, ein Oberdeutsches Nebenwort der Zeit, für indessen, welches aus dem Pronomine der und Weile zusammen gesetzet, und auch im Niedersächsischen üblich ist, wo es dewyle, terwile lautet. Im Hochdeutschen kommt es nur in den gemeinen Mundarten vor. Ich habe es derweile dahin gelegt, indessen. Die uuila und in thia uuila kommen in eben dieser Bedeutung schon bey dem Notker und Ottfried vor.


Des (W3) [Adelung]


Des, der Genit. Sing. des männlichen und ungewissen Geschlechtes so wohl des Artikels der, als auch des Fürwortes der. S. Der und Deß.


Dese (W3) [Adelung]


Die Dese, eine Art hölzernen Gefäßes. S. Döse.


Desfalls (W3) [Adelung]


Desfalls, richtiger Deßfalls, adv. für deßwegen, welches nur im gem. Leben üblich, und aus dem Pronomine der und dem Hauptworte Fall zusammen gesetzet ist, für wegen dieses Falles. Ich habe es deßfalls gethan, damit du dich bessern möchtest. Du darfstdeßfalls nicht erschrecken. Deßfalls bleiben wir doch gute Freunde, d. i. dessen ungeachtet.


Desgleichen (W3) [Adelung]


Desgleichen, richtiger Deßgleichen, ein mit dem Genit. des Pronominis der und dem unabänderlichen Adjective gleichen zusammen gesetztes Wort. Es ist, 1) ein Adjectivum indeclinabile, für dessen gleichen. Das ist ein Mensch, deßgleichen ich noch nie gesehen habe. S. Dergleichen. 2) Eine verknüpfende Conjunction, für ingleichen, wie auch, welche besonders da gute Dienste thut, wenn mehrere Glieder einer Rede verbunden werden sollen. So wohl er, als sie, deßgleichen sein Vater, wie auch seine Schwester. Ihre Priester aber bringen das um, das ihnen gegeben wird, deßgleichen auch ihre Weiber prassen davon, Bar. 6, 27. Die verlängerte Form desselbengleichen oder desselbigen gleichen, welche in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt, ist im Hochdeutschen veraltet. Desselbigen gleichen sagten sie alle, Marc. 14, 31. Desselbigen gleichen auch den Kelch, Luc. 22, 20. S. Deß.


Deshalb (W3) [Adelung]


Deshalb, oder deshalben, richtiger Deßhalb und Deßhalben, eine Partikel, welche auf gedoppelte Art üblich ist. 1) Als ein beziehendes Nebenwort, für wegen dessen, deßwegen. Ich habe es deßhalb gethan, damit du nicht erschrecken möchtest. Eben deßhalb komme ich zu dir. 2) Als eine Conjunction, eine Ursache, eine Folge aus dem vorigen anzudeuten, in welchem Falle aber doch derhalben üblicher ist; S. dieses Wort, ingleichen Halbe und Deß.


Despot (W3) [Adelung]


Der Despot, des -es, plur. die -en, aus dem Griechischen, derjenige, welcher seinen Willen oder Eigensinn andern als das höchste Gesetz aufdringet, besonders ein solcher Regent. Daher der Despotismus, diese Art der Gewalt, wo der Wille eines Einzigen das höchste Gesetz für alle ist; despotisch, -er, -te, darin gegründet. Ein Tyrann ist von einem Despot noch sehr verschieden, S. Tyrann; so wie unumschränkt, welches man zuweilen für despotisch gebraucht, dessen Begriff noch nicht erschöpft.


Deß (W3) [Adelung]


Deß, der verkürzte Genit. Singul. im männlichen und ungewissen Geschlechte des Pronominis der, wenn dasselbe ohne Hauptwort gesetzt wird. Er ist es, deß Richter ich bin. Gemeiniglich schreibt man es in dieser Gestalt nur mit einem kurzen s, des, wie den Artikel, welches aber eben so sehr ein Fehler ist, als wenn man desgleichen, deshalb, deswegen, um deswillen mit einem s schreibet, weil des hier nicht der Artikel, sondern das Pronomen ist, für dessen gleichen, dessen halben, dessen wegen, um dessen willen. S. 2. Der.


Dessenthalben (W3) [Adelung]


Dessenthalben, dessentwegen, dessentwillen, S. 2. Der

Anm. 3.


Destilliren (W3) [Adelung]


Destilliren, verb. reg. act. ein aus dem Latein. destillare gebildetes Wort, die flüssigen und flüchtigen Theile eines Körpers in verschlossenen Gefäßen vermittelst der Wärme absondern; da sich denn dieses Wort so wohl auf denjenigen Körper beziehet, von welchem die Absonderung geschiehet, Kräuter, Essig, Weingeist, Schwefel, Salpeter u. s. f. destilliren, als auch auf denjenigen, der dadurch abgesondert wird, Branntwein, gebrannte Wasser, Weingeist u. s. f. destilliren. Daher die Destillation, der Destillir-Helm, der Destillir-Kolben, der Destillir-Ofen u. s. f.


Desto (W3) [Adelung]


Desto, ein Nebenwort, welches allezeit den Comparativen beygesellet wird, und alsdann ihre Bedeutung nach Maßgebung eines vorher gehenden, zuweilen auch nachfolgenden Subjectes erhöhet. Ich habe es nicht gewußt, daß sie zugegen waren, desto aufrichtiger ist mein Bekenntniß. Wenn er siehet, daß du ohne Eigennutz handelst, so wird er dich desto zärtlicher lieben. Gib es mir her, damit ich es desto besser betrachten könne.Das um ist bey diesem Nebenworte unnöthig, und thut eine unangenehme Wirkung. Ich melde dieses um desto lieber, Gottsch. Dieses ist um desto gewisser, ebend. Das ist schön, daß er nicht schwört; um desto mehr kannst du auf sein Wort bauen, Gell.Oft beziehet sich das desto auch auf ein vorher gehendes je welches vermöge der Inversion auch auf dasselbe folgen kann. Je mehr sie sieht, daß meine Absichten ernstlich sind; desto mehr empfinden wir ihre Vergänglichkeit. Je mehr ich ihr von der Liebe vorsage, desto unempfindlicher wird sie, Gell. Je mehr sich die höchste Gewalt der Tyranney nähert, desto mehr schwächt sie sich selbst, und macht sich von ihren Stützen abhängig. Du mußt dir diese Sache desto mehr angelegen seyn lassen, je mehr sie deine Glückseligkeit befördert. Besonders gebraucht man dieses je - desto, wenn sich zwey Comparative auf einander beziehen, deren jeder sein eigenes Verbum hat, wie aus den obigen Beyspielen erhellet. Haben beyde Comparative nur Ein gemeinschaftliches Verbum, so kann je auch zwey Mahl stehen. Es wird je länger, je schlimmer. Das Toben deiner Widerwärtigen wird je länger, je größer, Pf. 74, 23. Mit den bösen Menschen aber wirds je länger, je ärger, 2 Tim. 3, 13. Welches auch Statt findet, wenn das Verbum gar verschwiegen wird. Je ärger Schelm, je besser Glück. Ja zuweilen auch, wenn gleich jeder Comparativ sein eigenes Verbum hat. Je mehr ihrer wird, je mehr sie wider mich sündigen, Hos. 4, 7. Je höher du bist, je mehr dich demüthige, S. 3, 20. Welches sich allenfalls entschuldigen lässet, wenn die Comparative nahe auf einander folgen.Aber fehlerhaft ist es, das desto zu verdoppeln. Desto größere Noth, desto nähere Hülfe. Ingleichen wenn entweder das je, oder auch das desto durch um so viel ersetzet wird, welches im Oberdeutschen nicht selten ist. Ich liebe ihn desto zärtlicher, um so viel, mehr Ursache er mir dazu gegeben hat; oder ich liebe ihn um so viel zärtlicher, je mehr u. s. f.

Anm. Die erste Hälfte dieses Wortes ist wiederum das verkürzte Pronomen, der, für dessen. Man findet diesen Genitiv deß auch nur allein für desto. So mügt er sy schawen deß daß, Theuerd. Kap. 39. Auch im Dän. Schwed. und Isländ. stehet des, thes, tha, thess, für desto, obgleich die beyden ersten Sprachen auch desto und thesto, die Isländische aber thels at haben. Gemeiniglich glaubt man, daß to hier das Niedersächsische to, zu, ist; allein die Sache ist so ausgemacht noch nicht. Bey dem Ottfried lautet desto thes thiu, thes thiu mer, thes thiu baz, für desto mehr, desto besser, bey dem Notker desse, bey dem Willeram des de, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno desti. Die Alten gebrauchten das Fämin. des Pronominis die, oder vielmehr den Nominat. Plur. oft absolute, wie wir das Neutrum das gebrauchen. Ja bey dem Ottfried ist sogar thiu baz so viel als desto besser. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Nebenwort dester. Diejenigen, welche destomehr und destoweniger als Ein Wort schreiben wollen, irren eben so sehr, als wenn man destogrößer, destobehutsamer u. s. f. schreiben wollte.


Deswegen (W3) [Adelung]


Deswegen, richtiger Deßwegen, eine Partikel, welche aus dessen wegen, oder wegen dessen, zusammen gezogen ist, und theils als ein Nebenwort gebraucht wird, für um dieser Ursache wegen. Ich bitte sie recht sehr, lassen sie deßwegen nichts von ihrer Hochachtung gegen mich fallen, Gell. Ingleichen für damit, dadurch. Ich habe es ihnen zwar geheißen, aber habe ichihnen deßwegen befohlen, daß u. s. f. Theils als eine Conjunction, eine Ursache anzudeuten. Wie? hab' ich denn deßwegen nur Verstand, Um ihn zur Marter zu verschließen? Gell. Habe ich es dir deßwegen gegeben, daß du mir damit schaden sollst?Anm. Deß ist hier das Pronomen dessen, daher die Schreibart deßwegen die richtigere ist. Das Oberdeutsche derowegen ist auf ähnliche Art aus dem Genit. Plur. dero zusammen gesetzet, und wird auch gebraucht, eine Folge, einen Schluß aus dem Vorigen zu begleiten, für daher. Derowegen wollen wir u. s. f. Einige Hochdeutsche, welchen das Oberdeutsche dero in dieser Zusammensetzung anstößig war, haben derwegen einführen wollen; allein man kann sie beyde füglich entbehren.


Deswillen (W3) [Adelung]


Deswillen, richtiger Deßwillen, eine beziehende Partikel, welche nur mit dem Vorworte um gebraucht wird. Um deßwillen, um dessen Willen, deßwegen. Ich habe dich um deßwillen gestraft, damit du dich bessern möchtest.


Deube (W3) [Adelung]


Die Deube, plur. die -n, ein veraltetes Wort, einen Diebstahl anzudeuten, welches nur noch in der Gerichtssprache der Hochdeutschen gebraucht wird. Eine Deube begehen. Sich verschiedener Deuben verdächtig machen. Diusa kommt in dieser Bedeutung schon bey dem Kero und Duve in den ältern Niedersächsischen Mundart vor. S. Dieb und Diebstahl.


Deuchten (W3) [Adelung]


Deuchten, S. Däuchten.


Deul (W3) [Adelung]


Das Deul, in den Eisenhämmern, S. Theil.


Deut (W3) [Adelung]


Das Deut, des -es, plur. die -e, eine Holländische und Niedersächsische Scheidemünze, deren acht auf einen Stüber, 400 aber auf einen Thaler Banco gehen; Holländ. Duyt. In Niedersachsen wird dieses Wort auch, wie Häller oder Pfennig im Hochdeutschen, von einer Kleinigkeit gebraucht. Ich bin ihm nicht einen Deut schuldig, nicht das geringste. S. Dütchen.


Deute (W3) [Adelung]


Die Deute, S. Düte.


Deuteln (W3) [Adelung]


"Deuteln", verb. reg. act. auf eine kindische und gezwungene Art deuten oder auslegen. Daher der "Deutler", des -s, plur. ut nom. sing. ein kindischer, gezwungener Ausleger; die "Deuteley", plur. die -en, eine kindische, abgeschmackte Auslegung. S. "Deuten", und "-eln".


Deuten (W3) [Adelung]


Deuten, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Activum. 1. Eigentlich, zeigen, weisen. Mit den Fingern auf jemanden deuten, auf ihn zeigen. Daß man mit Fingern auf sie deut, Hans Sachs. In dieser im Hochdeutschen seltenen Bedeutung ist es noch im Oberdeutschen gäng und gebe. 2. In weiterer Bedeutung, ein Zeichen geben. Mit den Augen deuten, d. i. winken. Mit der Hand zu schweigen deuten. Winket mit Augen, deutet mit Füßen, zeiget mit Fingern, Sprichw. 6, 13. Wer mit den Augen winket, denket nichts Gutes, und wer mit den Lippen deutet, vollbringet Böses, Kap. 16, 30. Auch diese Bedeutung ist nur noch im Oberdeutschen üblich. 3. Figürlich. 1) Anzeigen, zu erkennen geben. Das sagte er aber, zu deuten, welches Todes er sterben würde, Joh. 12, 33. Damit der heilige Geist deutet, daß u. s. f. Gör. 9, 8. Und er stund auf, und deutete durch den Geist eine große Theurung, Apostelg. 11, 28. Dieser Gebrauch gehöret im Hochdeutschen gleichfalls unter die veralteten. 2) Auslegen, erklären. Einen Traum deuten. Etwas übel, zum Besten deuten. Alles zum Ärgsten deuten. Man hat ihm das für einen Hochmuth, oder als einen Hochmuth gedeutet. Eine Sache auf etwas deuten, sie davon erklären, als eine Vorbedeutung von derselben ansehen. Der viel Sprachen deuten kann, Opitz. Daher die Deutung, die Auslegung, die Erklärung.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1. * Gerichtet seyn; im Oberdeutschen. Der Schweif des Kometen deutet gegen Osten, oder nach Osten. 2. Figürlich, ein Zeichen, ein Vorbild von einer Sache seyn; gleichfalls nur im Oberdeutschen. Im alten Testamente deutete vieles auf Christum. Was rund ist, deutet auf die Vollkommenheit, Gryph. S. Bedeuten.

Anm. In der letzten Bedeutung kommt diudan für bedeuten schon in dem alten Gedichte auf den heil. Anno vor. Für auslegen aber gebraucht bereits Notker diuten. Weil die Oberdeutsche Bedeutung des Zeigens, Weisens, fast allen unsern und fremden Wortforschern unbekannt gewesen ist, so haben sie auch in Ableitung dieses Wortes fast insgesammt den rechten Weg verfehlet. Die Bedeutung, eines körperlichen Zeigens, dergleichen das Zeigen mit dem Finger ist, ist vermuthlich die erste und älteste Bedeutung dieses Wortes, welche auch das Ital. additare, und das veraltete Französ. addicter, haben, wenn man dieses nicht lieber von digitus, ein Finger, herleiten will. Alsdann könnte man es füglich von stoßen, Nieders. stöten, herleiten, welches nicht zu allen Zeiten mit dem Zischlaute ausgesprochen worden, da doch das Zeigen mit dem Finger eine Art des Stoßes ist. Allein es ist glaublicher, daß deuten das Intensivum von einem veralteten Verbo tihen ist, von welchem unser zeihen, zeigen, zeichen abstammen, welches noch in dem Isländischen tia, bedeuten, vorhanden ist, und schon bey dem Ulphilas gateihan, in eben dieser Bedeutung lautet. S. Zeihen, Zeigen und Zeichen. Das Angels. Getheode und das Fränkische Gethiuti wurden auch von der Sprache gebraucht, weil doch diese ein Zeichen der Gedanken ist. Das veraltete Deut, Thiot, Volk, S. Deutsch, scheinet mit diesem Worte eben so wenig Verwandtschaft zu haben, als das Nieders. düten oder tüten, auf einem Horne blasen, welches letztere eine bloße Nachahmung des Schalles ist. Übrigens gehet das Zeitwort im Oberdeutschen irregulär; Imperf. ich ditte, Mittelwort geditten, für gedeutet. Im Schwed. und Isländ. bedeutet tyda und thyda so wohl bedeuten, als auslegen.


Deuter (W3) [Adelung]


Der Deuter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ausleger, welches Wort aber, so wie das Bey- und Nebenwort deutig, nur in den Zusammensetzungen ein Traumdeuter, Zeichendeuter, Sterndeuter u. s. f. ingleichen in gleichdeutig, zweydeutig, vieldeutig u. s. f. üblich ist.


Deutsch (W3) [Adelung]


Deutsch, adj. et adv. den Deutschen eigen oder gemäß, aus dem Lande der Deutschen. 1. Eigentlich. Die Deutsche Tracht. Die Deutsche Sprache. Deutsche Weine, welche in Deutschland gezeuget werden. Der Deutsche Orden, S. Deutschmeister. Eine Deutsche Meile, nach welcher in Deutschland gemessen wird. Die Deutsche Freyheit, die Freyheit Deutschlandes, oder der Deutschen. Die Deutsche Treue, Deutsche Redlichkeit, welcher sich die Deutschen ehedem beflissen. Wo Deutsche Treue sich bey Deutschen Handschlag findet, Haged. Ein Deutscher Michel. S. Michel. 2. In engerer Bedeutung, die Deutsche Sprache und zwar, 1) die gesammte Deutsche Sprache, ohne Rücksicht auf ihre Mundarten. Die Deutsche Bibel. Deutsche Bücher. Reden sie Deutsch, ich verstehe kein Französisch. Es klingt zu albern, wenn ich ihnen auf Deutsch sagen wollte, daß ich sie liebe, Gell. Verstehen sie denn kein Deutsch? Da es denn auch als ein Hauptwort gebraucht wird. Er spricht, er schreibt ein schlechtes Deutsch. Unser Deutsch, unsere Deutsche Sprache, nicht unser Deutsches; sagt man doch nicht das Blaue, das Schwarze, das Rothe, sondern Berliner Blau, Cöllnisches Roth, das Beinschwarz, eine gewisse körperliche Art der Farbe auszudrucken. Altes Deutsch. In dieser Gestalt eines Hauptwortes ist es indeclinabel, wie andere Adverbia, wenn sie ohne Concretion als Substantive gebraucht werden. Die kernhafte Kürze unseres Deutsch, nicht unseres Deutschen. 2) In noch engerer Bedeutung, die Hochdeutsche Mundart, welche man oft allein darunter verstehet, wenn man Ausdrücke rein Deutsch, zierlich Deutsch, und Unterdeutsch nennet. 3. Figürlich. 1) Deutlich, im gemeinen Leben. Ich will dirs fein Deutsch sagen. Diesem schreibt man zu dunkel, jenem gar zu Teutsch, Opitz. 2) Offenherzig, eine bekannte Eigenschaft der ehemahligen Deutschen. Ich will es dir Deutsch sagen, ohne Umschweife, offenherzig. Das ist, Deutsch zu sagen, nicht an dem. Deutsch von der Leber weg sprechen. 3) Redlich, rechtschaffen, unverstellt, nach Art der alten Deutschen, in welcher Bedeutung dieses Wort noch im Oberdeutschen sehr üblich ist. Auf guten Deutschen Glauben. In redlichem Deutschen Vertrauen. Da uns viele vornehme Stände mit Deutschen Herzen und Muth beygetreten sind. Aus wahrem Deutsch-patriotischen Eifer. Ein Deutsches, aufrichtiges, gewisses, Versprechen. Eine Deutsche, aufrichtige, genaue, Einigkeit. Der Irrthum alter Deutscher TreuIst mit der alten Zeit vorbey, Haged. Anm. 1. Deutsch, Oberdeutsch Teutsch, Nieders. düdesk, Holl. duitsch, Schwed. tysk, Dän. tydsk, zeiget durch sein sch am Ende schon, daß es ein Beywort ist, und so viel als Deutsch bedeutet. Das Stammwort ist also Deut. Es würde eine undankbare Arbeit seyn, alle die verschiedenen und zum Theil ungereimten Ableitungen dieses Wortes anzuführen. Die vernünftigsten Wortforscher sind auf das alte Thiod, Volk, gefallen, aber ohne den wahren Sinn dieses Wortes einzusehen. Thot, Dot, ist ein altes, noch nicht ganz veraltetes Wort, welches einen Blutsfreund bedeutet, und mit dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Freund, ein Geliebter, eine mehr als zufällige Verwandtschaft hat. Im Oberdeutschen bedeutet Gediet noch jetzt das Geschlecht, und Dot einen Pathen. Dot, Deut, scheinet als überhaupt einen nahen Verwandten bedeutet zu haben, und wurde nachmahls auch collective von einem Haufen solcher verwandten Personen, von einer Familie, oder einem Volke, denn die ältesten Völker waren doch eigentlich nichts als Familien, gebraucht. Die Gelegenheit, bey welcher die Deutschen diesen Nahmen bekommen, lässet sich aus der bekannten Stelle des Tacitus muthmaßen: Caeterum Germaniae vocabulum recens et nuper auditum: quoniam qui primum Rhenum transgressi Gallos expulerint, nunc Tungri, nunc Germani vocati sunt u. s. f. Aus dieser Stelle erhellet, daß dieser Nahme aus dem Niederrheine entstanden ist, indem die nachmahligen Tungrer, zuerst die Deutische, d. i. die Alliirten, oder die Verbrüderten, genannt worden, weil sie sich auf das genaueste wider die Gallier vereiniget hatten. Vermuthlich bekamen sie diesen Nahmen mehr von den Galliern, als daß sie sich ihn selbst beygeleget hätten, und die Römer, denen dieser Nahme schwer auszusprechen war, übersetzen ihn, und machten Germani, d. i. Brüder, daraus. Ursprünglich, führeten also nur diejenigen Völkerschaften, welche an dem Niederrheine wohneten, den Nahmen der Deutschen, und ihnen ist derselbe noch lange Zeit vorzüglich eigen geblieben, indem man noch zu Ottfrieds Zeiten unter der Deutschen Sprache vorzüglich die Niedersächsische und ihre Tochter die Fränkische verstand. Der Verfasser des alten Gedichtes von dem Kriege Carls des Großen wider die Saracenen, bey dem Schilter, unterscheidet V. 3981 die Deutschen, die er Deusen nennet, sehr genau von den Alemannen; und noch jetzt werden im Engl. unter dem Nahmen Dutch vorzüglich die Niederländer verstanden, dagegen Deutschland in eben dieser Sprache Germany heißt. Da die übrigen in Deutschland wohnenden Völker, den Nutzen solcher Verbindungen sahen, so vereinigten sie sich nach und nach gleichfalls, vornehmlich wider die Römer; und dadurch geschahe es, daß vermuthlich auch sie nachmahls Deutsche genannt wurden, bis endlich diese allgemeine Benennung, wie mehrmahls zu geschehen pflegt, von einem einzelnen Umstande zum eigenthümlichen Nahmen eines ganzen Volkes geworden. Diese Ableitung, welche von einem ungenannten Verfasser in den Hannöver. Anzeigen des Jahres 1750 vorgetragen worden, kommt so wohl mit der Sprache, als auch mit der Geschichte sehr gut überein. Wenigstens ist sie unter allen bisher versuchten die natürlichste und wahrscheinlichste. Was den Nahmen der Deuten oder Teutonen betrifft, welche anfänglich in dem heutigen Dänemark wohneten, und sich schon hundert Jahre vor Christi Geburt bekannt machten, so scheint es, daß ihre Benennung einen ähnlichen Ursprung hat, obgleich nicht zu vermuthen ist, daß der spätere Nahmen der Deutschen von ihnen entstanden sey.

Anm. 2. Eine andere Frage ist, ob dieses Wort vorn mit einem D oder mit einem T geschrieben werden müsse. Richey, Fabricius und Gottsched haben in den neuern Zeiten eigene Schriften darüber heraus gegeben. Richey ist der einzige, der diese Frage aus dem rechten Gesichtspuncte angesehen und beantwortet hat; allein er wurde überschrien. Die Niedersachsen, bey welchen dieser Nahme entstanden ist, schreiben und sprechen düdsch, düdest. Die Oberdeutschen, die das d in den meisten Fällen in t verändern, haben teutsch, im Schwabenspiegel tutsch, bey dem Hornegk tewtzsch, bey den Schwäbischen Dichtern tuitsch. Die Franken, deren Mundart eine Vermischung des Niederdeutschen und Alemannischen ist, wähleten ein th, das Mittel zwischen dem d und t. Die Hochdeutschen schrieben nach dem Muster der Oberdeutschen lange ein t, bis durch Luthern und andere Niedersachsen in Obersachsen das d üblicher wurde, welches sich auch daselbst erhalten hat. Das verwandte Wort Deut, Diet, Volk, wird selbst im Oberdeutschen nicht leicht mit einem T gefunden werden. Bey dem Kero lautet es Deota, im Salischen Gesetze Theada, bey dem Übersetzer Isidors Dheod, bey dem Ulphilas Thiuda,im Angels. Theod, bey dem Ottfried Thiet, Thiot, bey dem Notker Diet, im Schwed. Thiod.


Deutsche (W3) [Adelung]


Der Deutsche, des -n, plur. die -n, Fämin. die Deutsche, der -n, plur. die -n, der, oder die aus Deutschland gebürtig ist, das vorige Beywort, als ein Hauptwort gebraucht. Er ist ein Deutscher. Sie ist eine Deutsche. Die Deutschen sind von Natur ein wenig träge. Er ist ein alter ehrlicher Deutscher, ein ehrlicher Mann, nach Art der alten Deutschen.


Deutscher (W3) [Adelung]


Der Deutscher, in einigen niedrigen Mundarten, besonders Niedersachsens, eine versteckte Benennung des Teufels, welche hier nur um der Abstammung willen bemerket wird, weil sie das alte nordische Thusse, Tusse, ein böser Geist, ein Dämon, im Andenken erhält.


Deutschherrig (W3) [Adelung]


Deutschherrig, adj. et adv. S. Deutschmeister.


Deutschland (W3) [Adelung]


Deutschland, gen. -es, oder -s, plur. car. das Land des Deutschen, ohne den bestimmten Artikel, außer wenn es ein Beywort vor sich hat. Das arme Deutschland ist sehr oft ein Opfer seiner innern Unruhen geworden. Er ist ein Mann, der Deutschland Ehre macht, nicht Deutschlande, weil das e im Dativo wegfällt, so bald der bestimmte Artikel fehlet. Die ältern Schriftsteller schrieben dieses Wort getheilet: diutsche land, in dem Gedichte auf den heil. Anno; zu tewtzschen Landen, Hornegk.


Deutschmeister (W3) [Adelung]


Der Deutschmeister, des -s, plur. ut nom. sing. der Meister, oder das Haupt des Deutschen Ordens, dessen Würde nunmehr, nachdem die Hochmeister in Preußen eingegangen sind, mit dem Hochmeisterthum verbunden ist. Er wird daher der Hoch- und Deutschmeister, dessen Würde und Gebieth aber das Hoch- und Deutschmeisterthum genannt. Der Deutsche Orden wurde zu Ende des zwölften Jahrhundertes von einigen Deutschen im gelobten Lande zu Beschützung derer gestiftet, welche nach dem heiligen Grabe wallfahrteten; und 1226 nach Preußen gerufen. S. Hochmeister, ingleichen Kreuzherr. Die Glieder dieses Ordens werden auch Deutsche Herren genannt, daher das im gemeinen Leben übliche Bey- und Nebenwort, Deutschherrig, oder Deutschherrisch, dem Deutschen Orden gehörig.


Deutung (W3) [Adelung]


Die Deutung, S. Deuten I.


Diadem (W3) [Adelung]


Das Diadem, des -es, plur. die -e, aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Kopfbinde, besonders eine königliche Kopfbinde, welche vor Einführung der Kronen das Kennzeichen der königlichen Würde war. Diadem wird noch jetzt in der höhern Schreibart, so wohl von der Krone, als auch von der dadurch bezeichneten höchsten Würde gebraucht. Des Zepters GoldDas Diadem mit Sternen übersät, Can.


Diamant (W3) [Adelung]


Der Diamant, des -es, plur. die -en, der schwereste, festeste und durchsichtigste Edelstein, welcher daher auch für den kostbarsten unter allen gehalten wird, gemeiniglich ohne alle Farbe, wie helles Wasser ist, zuweilen aber doch in alle übrige Farben spielet. Der Böhmische, unechte oder occidentalische Diamant, im Gegensatze des echten, oder orientalischen, ist nichts anders als ein harter, wasserheller, durchsichtiger Quarz oder Kiesel. Nach der verschiedenen Art ihn zu schleifen, bekommt er verschiedene besondere Nahmen. S. Brillant, Dickstein, Tafelstein, Kantenstein und Rosenstein.

Anm. Dieses Wort ist aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, aus welchem die Deutschen, Franzosen, Holländer, Pohlen, Ungarn und Böhmen, mit Wegwerfung des a, Diamant gemacht haben. Vor Alters sagte man im Deutschen auch Ademant, wovon noch Demant hin und wieder üblich ist. In einigen Mundarten lautet der Plural auch die Diamante, oder die Demante.


Diamantbort (W3) [Adelung]


Das Diamantbort, des -es, plur. inus. ein unreiner Diamant, besonders wenn er gepülvert ist, da denn dieses Pulver zum Schleifen des reinen Diamantes gebraucht wird. Die letzte Hälfte scheinet das Nieders. Bord, Rand, zu seyn, weil dieser unreine Diamant von vielen für die Mutter des reinen gehalten wird, das Wort selbst aber aus Holland herstammet.


Diamantdruse (W3) [Adelung]


Die Diamantdruse, oder Demantdruse, plur. die -n, bey den Liebhabern des Mineralreiches, eine abgestümpfte Quarzdruse, wo die Quarze keine Spitzen haben, und bald stehen, bald liegen; von einiger Ähnlichkeit mit den Diamanten.


Diamanten (W3) [Adelung]


Diamanten, oder Demanten, adj. et adv. von Diamanten, oder mit Diamanten besetzt. Ein diamantenes Kreuz. Diamantene Halsbänder. Ein diamantener Ring. Figürlich, in der höhern Schreibart, glänzend, ingleichen sehr hart, unverletzlich. Er (der Winter) deckt den donnernden Strom mit diamantenem Schilde, Raml.


Diamantengewicht (W3) [Adelung]


Das Diamantengewicht, des -es, plur. inus. eine Art des Gewichtes, welches in dem Edelsteinhandel gebraucht wird, und wo vier Gran ein Karat machen.


Diamantgrube (W3) [Adelung]


Die Diamantgrube, oder Demantgrube, plur. die -n, ein Flötz, in welchem echte Diamanten gebrochen werden.


Diamantkugel (W3) [Adelung]


Die Diamantkugel, oder Demantkugel, die -n, bey den Liebhabern des Mineralreiches, eine Art runder hohler Steine, welche inwendig mit klaren Krystallen, welche den Diamanten gleichen, besetzt sind.


Diamantmutter (W3) [Adelung]


Die Diamantmutter, oder Demantmutter, plur. die -mütter, eine Steinart, welche inwendig echte oder unechte Diamanten enthält.


Diamantschneider (W3) [Adelung]


Der Diamantschneider, oder Demantschneider, des -s, plur. ut nom. sing. ein Steinschneider, welcher vornehmlich Diamanten bearbeitet.


Diane (W3) [Adelung]


Die Diane, plur. inus. in dem Kriegswesen einiger Provinzen der Trommelschlag bey anbrechendem Tage, welcher am häufigsten die Reveille genannt wird; aus dem Französischen und Spanischen Diane, Diana, und dieß von dem Span. Dia, der Tag, dies.


Dianen-Baum (W3) [Adelung]


Der Dianen-Baum, des -es, plur. die -bäume, ein chymisches Product, da man durch ein in Salpeter-Säure aufgelösetes und durch Quecksilber niedergeschlagenes Silber eine baumförmige Zusammenfügung der Silbertheile erhält; von Diane, so ferne dieses Wort bey den Chymisten so viel als Silber bedeutet, der Silberbaum.


Dich (W3) [Adelung]


Dich, der Accus. Singul. des persönlichen Fürwortes du; S. Du.


Dicht (W3) [Adelung]


Dicht, -er, -este, adj. et adv. 1) Eigentlich, dessen Theile genau mit einander verbunden sind. Ein dichter, d. i. fester, Zeug. Eine dichte, derbe Leinwand. Ein dichter Zaun. Dichtes Holz, welches fest und nicht wurmstichig ist. Das Faß ist nicht dicht, hat Ritzen. Hier will ich die Zweige der Linden zu einer dichten Laube zusammen flechten, Dusch. 2) In weiterer Bedeutung, viele und nahe bey einander befindliche Theile habend. Ein dichter Wald, der aus vielen nahe bey einander stehenden Bäumen bestehet. Unter dem Schatten dichter Bäume, Dusch. Bey frühem Morgen kam der arme Amyntas aus dem dichten Hain, Geßn. Dichtes Haar. Ein dichtes Haufen Leute. O du, dessen Wort aus der dichten Finsterniß einen Funken heraus schlug! Ebert. Die dichte Nacht, Dusch. Die Fremden besser zu erfreuen, Umsteckt der milde Wirth den Tisch mit dichten Meyen, Haged. Des Lebens Purpur steht, und jeder Saft wird dicht, Hall. Im gemeinen Leben ist dafür dick gebräuchlich. Für dichtes Gold, dichtes Silber, 2. Mos. 25, 36. 4 Mos. 10, 2, ist jetzt gediegenes Gold, gediegenes Silber üblicher. 3) Nahe, als ein Nebenwort; doch nur in der Niedersächsischen Mundart. Dicht an dem Rande, Dusch. Einzelne Plagen sind selten, sie folgen einander dicht auf dem Fuße nach, Ebert. Der Leichenweg ging dicht an einer Hecke hin, Gell. Im Hochdeutschen klingt dieser Gebrauch unangenehm. 4) Figürlich, sehr, in der niedrigen Sprechart. Sich einen dichten Rausch trinken. Jemanden dicht abprügeln.

Anm. Dicht, dick, gedeihen und gediegen, sind in Ansehung der Abstammung und Bedeutung genau mit einander verwandt. Das Stammwort ist vermuthlich das Goth. thaijan und Angels. thean, aufschwellen, aufquellen, wovon im Nieders. noch dijen in eben derselben Bedeutung üblich ist. In dem Fragmente eines alten Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug, bey dem Schilter, kommt thich für dick vor. Im Engl. lautet dicht tight, im Dän. digt, im Schwed. taet, und im Finnischen tihcu. S. Dick.


Dichte (W3) [Adelung]


Die Dichte, plur. inus. ein wenig gebräuchliches Hauptwort, die dichte Beschaffenheit eines Körpers, oder den genauen Zusammenhang seiner Theile zu bezeichnen. Die Dichtheit hat mehr Analogie für sich, Dichtigkeit aber ist niedrig.


Dichten (W3) [Adelung]


1. Dichten, verb. reg. act. im gemeinen Leben, dicht machen. Ein Faß dichten, die Ritzen in demselben verstopfen, oder auch die Dauben näher an einander treiben.


Dichten (W3) [Adelung]


2. Dichten, verb. reg. neutr. welches mit dem Hülfsworte haben abgewandelt wird, aber in einigen Fällen auch als ein Activum üblich ist. Es bedeutet,1. * Nachdenken, im Nachdenken begriffen seyn, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen völlig veraltet ist, obgleich noch Schlegel sagt: Gewiß er dichtet hier auf etwas Böses. Das Tichten und Trachten des menschlichen Herzens, 1 Mos. 6, 5. Rufet laut, denn er ist ein Gott, er dichtet, oder hat zu schaffen, 1 Kön. 18, 27. Das Herz des Gerechten dichtet, was zu antworten ist, Sprichw. 15, 18. Unfallo auf mer schalkheit dicht, Theuerd. Kap 34. Denn er stets auf mein schaden dicht, Kap. 69. Jedoch vergeß ich nimmer den Gebrauch, Daß ich bey mir auf deine Satzung tichte, Opitz. Die so Tag als Nacht auf krumme Ränke dichten, Günth. In gleicher Bedeutung kommt schon bey dem Ottfried ih dihton für meditor, und thes tihtonnes für meditationis vor. Im Schwedischen ist dickta gleichfalls nachdenken.2. * Nachdenken, ein Verlangen zu befriedigen, auf Mittel und Wege denken, eine Absicht zu erreichen, welche Bedeutung im Hochdeutschen gleichfalls veraltet ist. Ihr Tichten wider mich täglich, Klagel. 3, 62. Deins Herzen Dichten ward nichts guts, Hans Sachs. Segne meiner Sinnen Tichten, Gryph. Lenk wie du willst mein Dichten und Beginnen, Can. Entfernt man sich von dem, dem man zu schaden dichtet? Schleg. Auch im Böhmischen bedeutet Duchtenj das Verlangen, duchteti verlangen, und dychteti streben, welches aber wohl zunächst von dem Slavon. Duch, der Athem, der Geist, und dychati, athemen, herkommt.3. * Erdichten, in der Einbildungskraft zusammen setzen, was man nicht also empfunden hat; eine Bedeutung, welche im Hochdeutschen gleichfalls nicht mehr üblich ist. Lügen dichten. Wer mag wohl dem von uns was dichten, Der Herz und Nieren prüfen kann! Günth. In engerem Verstande bedeutet es bey den neuern Philosophen zuweilen die Theile eines vorher in Gedanken zergliederten Dinges willkürlich wieder zusammen setzen. Das Schwed. dickta hat diese Bedeutung gleichfalls.4. Hervor bringen, von verschiedenen Handlungen, welche mit Nachdenken verbunden ist. 1) * Überhaupt hervor bringen, verfertigen. In dieser Bedeutung kommt dihtan, im Angels. tihten bey dem Stryker, und dight noch jetzt im Englischen für zubereiten vor. Daß das Buch ein ander Geticht sey, daß es verändert sey, im Buche Belial von 1472. Was Fleisch und Blut dichtet, das ist ja bös Ding, Sir. 17, 30. 2) * Vermittelst der Sprache hervor bringen. Eure Zunge dichtet Unrechtes, Es. 59, 3. 3) * Schreiben. Themo dihton ih thiz Buach, dem schreibe ich dieß Buch, Ottfr. Um das Jahr 1369 kommt Ticht von der Schreibart vor. 4) * Beschreiben. Ob ich euch wolt berichtenund vollikleich tichten Des Tempels Form und Geschaft, ein alter ungenannter handschriftlicher Dichter bey dem Pez im Glossario. Alle diese Bedeutungen sind im Hochdeutschen gleichfalls fremd, in welcher Mundart dichten nur noch, 5) von der Verfertigung eines Gedichtes oder einer vollkommen lebhaften Rede vorkommt. Singet, spielet und dichtet ihm von allen seinen Wundern, 1 Chron. 17, 9. Ein fein Lied dichten, Ps. 45, 2. In dieser Bedeutung kommt tichten schon um das Jahr 1240, ingleichen bey dem Hornegk vor. Das mittlere Latein. dictare, eine Schrift, einen Brief, ein Gedicht verfertigen, Dictamen, ein Gedicht, und Dictator, ein Dichter, scheinen aus dem Deutschen gebildet zu seyn. Obgleich nach unsern heutigen Begriffen von der Dichtkunst und einem Gedichte, das Wesen desselben in der Erdichtung, oder vielmehr in dem höchsten Grade der Lebhaftigkeit bestehet, so haben doch die Alten, da sie diese Beschäftigung dichten nannten, darauf wohl nicht gesehen, sondern sich mehr nach dem Griech. und Latein. Poeta, Poema gerichtet, welche von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, machen, hervor bringen, herkommen; zumahl da aus dem vorigen erhellet, daß dichten, von mehrern Arbeiten des Geistes gebraucht wird. S. Dichter und Dichtung.

Anm. Dichten gehöret ohne Zweifel zu dachten, oder dachen, welches noch in däuchten, und in einigen Temporibus des Zeitwortes denken übrig ist. In unsern alten Denkmählern finden sich noch einige ähnliche Verba, welche gleichfalls hierher zu gehören scheinen. Dergleichen sind, dichan, digan und thigan, bitten bey dem Kero, Ottfried und in den Monseeischen Glossen; diccan, anbethen, in den letztern; thiggen, geloben, wünschen, Githig, Verlangen, Wunsch, bey dem Ottfried, ( S. Geitz,) und andere mehr. Ja das Latein. dicere, scheinet aus eben der Quelle herzustammen, zumahl da dihtan im Angels. auch für dictiren, in der Feder sagen, vorkommt. Im Oberdeutschen lautet dieses Zeitwort tichten, welche Schreibart sich auch in einigen Stellen der Deutschen Bibel eingeschlichen hat, vermuthlich weil Luther und seine Gehülfen es in ältern Oberdeutschen Übersetzungen so geschrieben fanden.


Dichter (W3) [Adelung]


Der Dichter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Dichterinn, plur. die -en, eine Person, welche die Fertigkeit besitzet, ein Gedicht zu machen; für das verächtlich gewordene Poet. Indieser Bedeutung findet sich das Wort schon seit den Zeiten des Hans Sachs. Und war weiser, denn alle Menschen, auch weiser denn die Tichter, 1 Kön. 4, 31. Opitz gebraucht dieses Wort gleichfalls, obgleich noch selten, für einen Poeten, Logau aber als eine Zweydeutigkeit, und im Gegensatze eines Poeten: Doch pflegen insgemein, Wo viel Poeten sind, viel Dichter auch zu seyn.

Anm. Dieses Wort ist ohne Zweifel nach dem Muster des Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gebildet, welches von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, machen, hervor bringen, erfinden, abstammet. Die meisten Völker haben ihre Dichter auf ähnliche Art benannt. Unter den ersten Fränkischen Königen hießen sie in Frankreich Fatisten, von faire. Nachmahls ward in der Provence der Nahme Troubadours üblich, von trouver, finden, erfinden.


Dichterey (W3) [Adelung]


* Die Dichterey, plur. die -en, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, welches bey den Schlesischen Dichtern des vorigen Jahrhunderts so wohl von der Fertigkeit Gedichte zu machen, als auch von einem Gedichte selbst, vorkommt. Einige Neuere haben es wieder einzuführen gesucht, obgleich, wie es scheinet, mit schlechtem Glücke. Und aller Dichterey auf ewig abzusagen, Can. Der Beyfall seiner Zeit und nicht die Dichterey Legt dem, der es verdient, das Lob der Nachwelt bey, Bernh. Drum send ich dir die ZeilenDie meine Dichterey zu deiner Lust entwarf, Haged. Daß meine Dichterey dem Reim noch dienstbar ist, ebend. S. Dichtung und Dichtkunst.


Dichterglut (W3) [Adelung]


Die Dichterglut, plur. car. in der poetischen Schreibart, die Begeisterung. Umsonst, daß Dichterglut in einem Sinne brennet, Der nicht des Staatsmanns Welt, die Welt des Weisen kennet, Kästn.


Dichterisch (W3) [Adelung]


Dichterisch, adj. et adv. welches in den neuern Zeiten für poetisch eingeführet worden. Die dichterische Schreibart. Ein dichterisches Genie, Dusch. In dichterischen Stunden, Haged. die der Muse günstig sind, wo man zur Poesie aufgelegt ist. Mich nennt der durstige Hircan Recht dichterisch den Dichterschwan, Haged.- Drauf wandelt er fort im dichterischen Tiefsinn, Zachar. Mich rufet der Nachtigall Lied nicht mehr in den dichtrischen Hain, Cron.


Dichterling (W3) [Adelung]


Der Dichterling, des -es, plur. die -e, ein schlechter, niedriger Dichter, im verächtlichen Verstande. Der gemeine Haufe der Dichterlinge. S. Ling.


Dichtheit (W3) [Adelung]


Die Dichtheit, S. Dichte.


Dichtigkeit (W3) [Adelung]


Die Dichtigkeit, S. Dichte.


Dichtkunst (W3) [Adelung]


Die Dichtkunst, plur. car. 1. In der weitesten Bedeutung, die Kunst zu dichten, d. i. die Kunst, die Theile eines vorher in Gedanken zergliederten Dinges willkürlich wieder zusammen zu setzen; in welchem Verstande die Dichtkunst alle schönen und bildenden Künste unter sich begreift. 2. In engerer und gewöhnlicher Bedeutung. 1) Die Fertigkeit ein Gedicht zu verfertigen, d. i. seinen Gedanken den höchsten Grad der Lebhaftigkeit zu geben; die Poesie, in dem vorigen Jahrhunderte die Dichterey, die Poeterey, bey den Neuern auch die Dichtung. 2) Der Inbegriff aller Regeln, die dabey zu beobachten sind, und deren Vortrag; die Poetik, bey dem Opitz gleichfalls die Poeterey, die Dichterey.


Dichtung (W3) [Adelung]


Die Dichtung, plur. die -en, das Hauptwort des Verbi dichten. 1. Die Fertigkeit zu dichten; ohne Plural, und zwar, 1) in der weitesten Bedeutung, wie Dichtkunst 1. Daher die Dichtungskraft, oder das Dichtungsvermögen, die Kraft, die Theile eines in Gedanken zergliederten Dinges willkürlich wieder zusammen zu setzen; oder die Kraft, Dinge in der Einbildung zusammen zu setzen, die man nicht also empfunden hat. 2) In engerer Bedeutung, die Fertigkeit, ein Gedicht zu verfertigen; ehedem die Dichterey. Der Dichtung kühner Schwung. Begeistert von der Dichtung, Dusch. 2. Eine erdichtete Vorstellung, eine Erdichtung. Verschiede Gedanken und Tichtungen sinnreicher Geister, Opitz. Besonders, in edlerer Bedeutung, eine poetische Erdichtung. Er mag sich der Dichtungen bedienen, sein Gemählde zu erheben, Dusch.


Dichtwerg (W3) [Adelung]


Das Dichtwerg oder Dichtwerk, des -es, plur. car. bey den Schiffern, das Werg von den ausgezupften alten Tauen, womit die Schiffe gedichtet, d. i. kalfatert und verstopfet werden. S. 1. Dichten.


Dick (W3) [Adelung]


Dick, -er, -este, adj. et adv. welches eine Art der körperlichen Ausdehnung im Gegensatze der Länge und Breite ausdruckt; und zwar,1. Eigentlich, da dieses Wort, 1) diese Ausdehnung überhaupt andeutet, ohne Rücksicht auf ihren Umfang. Mit dem Worte dick betrachtet man alsdann die Theile, welche einen Körper ausmachen, nicht wie sie an und neben einander, sondern wie sie über einander liegen. Es ist in dieser Bedeutung nur als ein Nebenwort in Gesellschaft solcher Ausdrücke üblich, wodurch das Maß dieser Ausdehnung bestimmt wird. Der Baum ist drey Fuß dick. Eines Fingers, oder einen Finger dick. Eines Messerrückens dick. Obgleich der Genitiv, besonders im Oberdeutschen, im Sing. häufig vorkommt, so findet im Plural doch nur allein der Accusativ Statt. Die Mauer ist viele Ellen dick, nicht vieler Ellen. Er ist so dick, als er lang ist. Dieser Baum ist dicker, als jener da. Dick in dieser Bedeutung als ein Beywort zu gebrauchen, z. B. ein vier Zoll dickes Bret, für ein Bret, welches vier Zoll dick ist, klingt unangenehm. Nur der Superlativ kann füglich als ein Beywort gebraucht werden. Das dickste Bret unter allen. 2) Eine beträchtliche Dicke habend, sehr dick, wegen der Menge der über einander befindlichen Theile einen großen Raum einnehmend; als ein Bey- und Nebenwort. (a) Eigentlich. Ein dickes Brot. Ein dickes Buch. Ein dicker Bauch. Das dicke Bein, S. Dickbein. Der dicke Darm, der Dickdarm, der große Darm in den thierischen Körpern, von welchem der blinde Darm, der Grimmdarm und der Mastdarm Theile sind. (b) Figürlich, so wohl für geschwollen, im gemeinen Leben. Ein dickes Bein haben, ein geschwollenes. Einen dicken Backen haben. Als auch für unempfindlich, gleichfalls nur im gemeinen Leben. Ein dickes Fell haben, gegen die Züchtigungen abgehärtet seyn. S. Dickhäutig. Dicke Ohren haben, Es. 6, 10, gegen alle Vorstellungen unempfindlich seyn. Ja Ps. 119, 70 kommt auch ein dickes, d. i. fühlloses, Herz vor.2. Figürlich. 1) Aus vielen und nahe an einander befindlichen Theilen bestehend. Ein dicker Wald. Eine dicke Wolke. Eine dicke Finsterniß, 2 Mos. 10, 22. Der Lärm der Unruhe verfolgt die Freunde des Friedens durch die dicksten Schatten. Eine dicke Luft. Die Luft ist hier sehr dick. Die Bäume stehen hier sehr dick, sehr nahe an einander. Das Getreide wird dicke stehen, Ps. 72, 16. S. Dicht. Besonders, 2) wegen Menge der über einander befindlichen Theile einen größern Zusammenhang habend; vornehmlich von flüssigen Körpern, im Gegensatze des dünn oder flüssig. Dickes Blut haben. Dickes Bier. Die Tinte ist sehr dick. Der Saft wird dick. Dicke,d. i. geronnene, Milch; in Niedersachsen Plundermilch, Plumpermilch, in einigen Oberdeutschen Gegenden Schlocken. S. Milch und Käse. Durch dick und dünn, im gemeinen Leben, durch Sümpfe und Moräste. Besonders wird das Neutrum als ein Hauptwort oft von dem Bodensatze flüssiger Körper gebraucht. Das Dicke des Bieres, des Kaffees, der Tinte u. s. f.3. Oft, als ein Adverbium. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen völlig veraltet, aber nicht in den Oberdeutschen Kanzelleyen, wo dickbemeldt, dickbesagt, dickmahls u. s. f. für oft gemeldet, oft besagt, oftmahls noch häufig vorkommen. Ottfried, Willeram, Notker, und alle Oberdeutsche Schriftsteller der ältern Zeiten gebrauchen thiko, diccho, thicco, und dikke sehr häufig für oft. Das Schwed. tikla hat gleiche Bedeutung. Densius bedeutete bey den Römern in den ältern Zeiten gleichfalls oft; in den barbarischen Jahrhunderten kommt spissus in eben diesem Sinne vor, wovon auch die Italiäner ihr spesso haben.

Anm. Dick, Nieders. dick, lautet bey den ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern thicco, thicko, im Angels. dicce, im Holländ. dick, im Dän. tyck, im Schwed. tjock, im Engl. thick, im Isländ. thicke, und im Bretagnischen teo, tew. Wachter hält das Gothische taken, in den folgenden Jahrhunderten im Oberdeutschen dichten, berühren, tangere, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, für das Stammwort. So wahrscheinlich diese Ableitung ist, so scheinet doch das noch im Nieders. befindliche Zeitwort dijen, aufschwellen, ausgedehnet werden, noch mehrern Anspruch auf die Verwandtschaft mit diesem Worte zu haben. S. Gedeihen, Dicht. Dick kann im gemeinen Leben mit vielen Haupt- und Beywörtern zusammen gesetzet worden, wenn ihre dicke Beschaffenheit bezeichnet werden soll. Dickfüßig, dickbäckig, dickblütig, dickköpfig, dickbeinig, dicköhrig, dickschalig, der Dickkopf, der einen dicken Kopf hat, der Dickbauch u. s. f.


Dickbein (W3) [Adelung]


Das Dickbein, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, das dicke Bein, d. i. der obere dickere Theil des Fußes bis an das Knie, welcher auch der Schenkel, im gemeinen Leben aber auch die Lende genannt wird. Ehedem wurde dieser Theil der Diech, bey dem Raban Maurus Deoh, bey dem Isidor Dhech, bey dem Willeram Tiehe, Diehe, im Angels. Thio genannt; welches Wort noch in dem Oberdeutschen Deich oder Diech, in dem Nieders. Dee, in dem Holländ. Dige, Dije, und in dem Engl. Thigh, alle in der Bedeutung des Schenkels, übrig ist, aber im Hochdeutschen nicht mehr gehöret wird.


Dickblatt (W3) [Adelung]


Das Dickblatt, des -es, plur. inus. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, der Nahme einer Äthiopischen Pflanze mit fünf Staubfäden, fünf Staubwegen, und dicken Blättern; Crassula, L.


Dickdarm (W3) [Adelung]


Der Dickdarm, des -es, plur. die -därme. S. Dick 1. 2).


Dicke (W3) [Adelung]


Die Dicke, plur. car. das Hauptwort von dem Bey- und Nebenworte dick, in dessen sämmtlichen Bedeutungen. 1) Von der Ausdehnung eines Körpers, so fern sie durch neben einander liegende Theile verursacht wird. Die Dicke eines Baumes messen. Der Baum wächset in die Dicke. Die Dicke der Mauer. Das Faß hält acht Ellen in der Dicke. 2) Von der Menge und Nähe der Theile. Die Dicke des Waldes. Die Dicke der Haare. 3) Von dem dadurch verursachten Zusammenhange der Theile. Die Dicke der Safte, des Blutes, der Milch. Da dieses Wort nicht allein die Analogie sondern auch den Gebrauch für sich hat, so kann man die von andern dafür versuchten Dickheit und Dickigkeit sehr wohl entbehren.


Dickhäutig (W3) [Adelung]


Dickhäutig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich, eine dicke Haut oder eine dicke Schale habend. Dickhäutige Erbsen, Bohnen u. s. f. Wofür doch dickschälig üblicher ist. 2) Figürlich, im gemeinen Leben, unempfindlich, gegen alle Züchtigungen abgehärtet. Ein dickhäutiger Mensch.


Dickicht (W3) [Adelung]


Das Dickicht, des -es, plur. die -e, im Jagd- und Forstwesen, eine dichte oder dicke Stelle in einem Walde, welche stark mit Unterholze bewachsen ist; Die Dickung, im Oberdeutschen das Dicket. Das Wildbret hat sich in das Dickicht gezogen. Selber die Rudel liegen gestreckt im kühlesten Dickicht, Zachar. Ein Haseldickicht, Büchendickicht u. s. f. Ingleichen auch von andern dick stehenden Gewächsen; ein Rohrdickicht. Dicki bedeutet schon in den Monseeischen Glossen einen dicken Wald, das Engl. Thicket, und das spätere Latein. Densetum haben gleiche Bedeutung. Da ein solches Dickicht im mittlern Lateine auch Coopertum, und im Französischen Couvert heißet, so scheinet es, daß man dieses Wort ehedem von Decke, decken abgeleitet habe. Von der Endsylbe S. -icht.


Dickkopf (W3) [Adelung]


Der Dickkopf, des -es, plur. die -köpfe. 1) Im gemeinen Leben, aus Verachtung, ein Mensch mit einem dicken Kopfe. 2) Bey den neuern Schriftstellern des Thierreiches, eine Art Mexikanischer Hänflinge mit einem ungewöhnlichen dicken Kopfe; Linaria Mexicana, L.


Dicklich (W3) [Adelung]


Dicklich, -er, -ste, adj. et adv. ein wenig dick. Ein dicklicher Mensch.


Dickmaß (W3) [Adelung]


Das Dickmaß, des -es, plur. inus. bey den Jägern, der Bast oder das rauche Häutchen, welches dem Hirsche oder Rehbock um das neue Gehörn wächset, besonders nachdem er dasselbe abgeschlagen hat, das Gefege.


Dickmünze (W3) [Adelung]


Die Dickmünze, plur. die -n, eine ehemahlige Benennung aller Münzarten, welche eine beträchtliche Dicke hatten, zum Unterschiede von den dünnen Blechmünzen, oder Bracteaten; ehedem auch ein Dickpfennig.


Dickrübe (W3) [Adelung]


Die Dickrübe, plur. die -n, eine Spielart der gemeinen Beete, welche sich durch ihre vorzügliche Größe und Dicke von andern unterscheidet, und unter dem Nahmen der Runkelrüben, am bekanntesten ist.


Dickschälig (W3) [Adelung]


Dickschälig, -er, -ste, adj. et adv. dicke Schalen habend. Dickschälige Nüsse. Dickschäliges Obst. S. Dickhäutig 1.


Dickschnabel (W3) [Adelung]


Der Dickschnabel, des -s, plur. die -schnäbel, oder der Dickschnäbler, des -s, plur. ut nom. sing. bey den neuern Schriftstellern des Thierreiches, z. B. dem Klein, eine allgemeine Benennung aller derjenigen Vögel, welche dicke kreiselförmige Schnäbel haben; Coccothraustes. Besonders wird der braune Steinbeißer oder der Kirschfink der Dickschnabel genannt.


Dickstein (W3) [Adelung]


Der Dickstein, des -es, plur. die -e, ein Diamant, welcher nur auf der obern Hälfte brillantiret worden.


Dickthaler (W3) [Adelung]


Der Dickthaler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme einer harten Spanischen Silbermünze, welche fünf Kopfstücke oder 27 bis 30 gute Groschen gilt, sonst aber auch Königsthaler, Philippsthaler genannt wird.


Dickung (W3) [Adelung]


Die Dickung, plur. die -en, S. Dickicht.


Dickzirkel (W3) [Adelung]


Der Dickzirkel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Zirkel, den Durchmesser der Kugeln, ingleichen die Dicke anderer runden Körper damit zu messen. Der Hohlzirkel, Taster und einige andere Werkzeuge sind Arten desselben.


Dictam (W3) [Adelung]


Dictam, S. Diptam.


Die (W3) [Adelung]


Die, S. Der.


Dieb (W3) [Adelung]


Der Dieb, des -es, plur. die -e, Fämin. die Diebinn, plur. die -en, der oder die einem das Seinige heimlich und boßhafter Weise entwendet. Sprichw. Gelegenheit macht Diebe. Figürlich, ein brennender Nebendocht an einem Lichte, der auch ein Wolf, ingleichen ein Räuber, im Schwed. aber gleichfalls Tiuf genannt wird.

Anm. Dieb, Nieders. Deef, lautet bey dem Ottfried und Tatian Thiob, bey dem Notker Dieb, bey dem Ulphilas Thiubs, im Angels. Diof, im Engl. Thief, im Holl. Dief, im Dän. Tiuff, im Schwed. Tiuf, im Wendis. Tat. Wachter und die meisten Wortforscher behaupten, daß Dieb anfänglich einen Knecht bedeutet habe, und erst nachmahls wegen der Untreue dieser Art Leute in dem heutigen Verstande üblich geworden, welches Schicksal auch das Latein. Fur gehabt. Gewiß ist es, daß Theowe im Angels. einen Knecht, Thiuuui aber bey dem Ottfried, Notker und Tatian, eine Magd bedeuten. Eben diese Bedeutung hat auch das Schwed. Thyr, im Fämin. Thy ( S. Dirn,) das Böhmische Dewka, eine Magd, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Knecht, eine Magd, S. Dienen. Ihre bestreitet diese Abstammung, weil das Goth. Thiubs, ein Dieb, und Thius, ein Knecht, zu kurz sind, als daß eines von dem andern herkommen könne. Ihm zu Folge stammet Dieb, servus, von dienen, Dieb, fur, aber von einem unbekannten Verbo her, welches verbergen bedeutet hat, von welchem thiubjo bey dem Ulphilas für heimlich vorkommt; so wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gebildet ist. Im Pohlnischen bedeutet dybie schleichen, lauern; in eben dieser Sprache aber ist Dyba auch der Ort, wo man die Leibeigenen verkauft, ingleichen das Halseisen. In einigen Oberdeutschen Gegenden hat Dieb im Genit. das Dieben und im Plur. die Dieben. Ehedem hatte man auch das Verbum dieben, bey dem Ottfried thiuben, im Angels. deofian, im Engl. to thieve, für stehlen. Die Zusammensetzung Diebsauge, ein diebisches, betriegliches Auge, Diebsbande, Diebsfinger, eine zum Stehlen fertige Hand, Diebsgenoß, Diebsgesell, Diebsgesindel, Diebshöhle, Diebsränke, Diebswirth, der Diebe heget oder beherberget, u. s. f. sind theils niedrig, theils leicht zu verstehen.


Diebe (W3) [Adelung]


Der Diebe, S. Döbel.


Dieberey (W3) [Adelung]


Die Dieberey, plur. die -en, mehrmahlige Diebstähle, wiederhohlte Handlungen des Stehlens, als ein Ganzes betrachtet. Er ist der Dieberey wegen, oder Dieberey wegen in Verhaft genommen worden. Es gehen viele Diebereyen vor.


Diebinn (W3) [Adelung]


Die Diebinn, plur. die -en, S. Dieb.


Diebisch (W3) [Adelung]


Diebisch, -er, -te, adj. et adv. 1) Nach Art der Diebe. Diebisch handeln. Er ist diebisch mit mir umgegangen. Etwas diebischer Weise entwenden. Er schleicht mit scheuem Blicke Und mehr als diebscher Furcht zurücke, Haged. 2) Zum Stehlen geneigt, zum Stehlen gewöhnt. Von diebischer Art seyn. Diebisches Volk. Wo er mit diebscher Faust das Gold von Pillen schabt, Can.

Anm. Der Comparativ kommt als ein Adverbium zuweilen, als ein Adjectiv aber niemahls vor, so wenig als der Superlativ. Ehedem war dieblich für diebisch üblich; dagegen diebig, im Schwabenspiegel diubig, gestohlen bedeutete.


Diebsglück (W3) [Adelung]


Das Diebsglück, des -es, plur. car. ein unverdientes Glück, deßgleichen oft die Diebe bey ihren lasterhaften Unternehmungen haben.


Diebsgruß (W3) [Adelung]


Der Diebsgruß, des -es, plur. die -grüße. 1) Der unter den Dieben übliche Gruß, woran sie sich erkennen. 2) In den Gerichten ehedem, die Formel, mit welcher ein Dieb vor Gerichte angeklaget werden mußte.


Diebsrotte (W3) [Adelung]


Die Diebsrotte, plur. die -n, eine Rotte von Dieben, d. i. ein Haufen mehrerer mit einander verbundener Diebe; ingleichen, ein Haufen diebischer liederlicher Leute, in dem verächtlichsten Verstande.


Diebsschlüssel (W3) [Adelung]


Der Diebsschlüssel, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein Nachschlüssel, dergleichen die Diebe zu führen pflegen, S. Dieterich. Im Schwabenspiegel Diubsluzzel.


Diebstahl (W3) [Adelung]


Der Diebstahl, des -es, plur. die -stähle. 1) Die Handlung des Stehlens, oder die heimliche Entwendung des Eigenthumes eines andern; als ein Abstractum, ohne Plural. Der Diebstahl ist verbothen. 2) Im Concreto, die wirkliche heimliche Entwendung fremden Eigenthumes. Einen Diebstahl begehen. Sich eines Diebstahles schuldig machen. Er hat sich vieler Diebstähle verdächtig gemacht. Ein gewaltsamer Diebstahl, der mit Erbrechen und andern Gewaltthätigkeiten verbunden ist. Ein offenbarer Diebstahl, wo der Dieb auf frischer That ergriffen worden, im Gegensatze des heimlichen, wo solches nicht geschiehet. 3) Figürlich, gestohlenes Gut, in welcher Bedeutung dieses Wort nur zuweilen im gemeinen Leben vorkommt. Findet man aber bey ihm den Diebstahl lebendig, u. s. f. 2. Mos. 22, 4.

Anm. Dieses Wort kommt schon seit dem 13ten Jahrhunderte vor. In dem Schwabenspiegel lautet es Diubstal, und in dem alten Augsburg. Stadtbuche von 1276 gleichfalls Diupstal. Die letzte Hälfte ist unstreitig von stehlen, denn Ottfried gebraucht auch das einfache stal für einen Diebstahl. Dieb scheinet in dieser Zusammensetzung ein Bey- und Nebenwort zu seyn, und noch seine eigentliche Bedeutung des Heimlichen, des Verborgenen zu haben, weil sonst dieses Wort eine ungewöhnliche Tavtologie enthalten würde. S. Dieb. Die Alten gebrauchten für dieses Wort theils Deube, im Nieders. Duve, im Angelsächs. Theofde, im Engl. Theft, ( S. Deube,) theils Diebheit, bey dem Ulphilas Thiubheit, Thiubja, im Schwabensp. Diepheit.


Diele (W3) [Adelung]


1. Die Diele, plur. die -n, ein nur in den gemeinen Mundarten in Oberdeutschland und Niedersachsen übliches Wort, ein aus einem Baume geschnittenes Bret in gewöhnlicher Länge auszudrucken, wofür im Hochdeutschen Bret bekannter ist. Daher, der Dielenhandel, der Brethandel, der Dielenhändler, der Brethändler, der Dielensäger, der Bretschneider, das Dielenwerk, eine Arbeit, ein Gerüst aus Bretern oder Dielen u. s. f.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort Dele, im Holländ. Deyle und Deele, im Angels. Dael, Dille, im Engl. Deal, im Schwed. Tilja; alle von theilen, Niedersächs. delen, Schwed. taelja, Franz. tailler, Ital. tagliare, schneiden, zerschneiden. Im Böhmischen bedeutet Dil gleichfalls einen Theil. S. Theil. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Tafel, das Lat. Talea, ein Bret, und taleare, zerschneiden, das Franz. Tillac, das Verdeck, scheinen mit diesem Worte verwandt zu seyn. In dem Schwabenspiegel Tit. 124 bedeutet Getulle, die Pallisaden oder Planken um eine Stadt. Das ie, welches das Zeichen eines gedehnten i ist, macht das h in diesem Worte völlig unnöthig.


Diele (W3) [Adelung]


2. Die Diele, plur. die -n, ein gleichfalls nur in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, übliches Wort. 1) Der feste von Lehm geschlagene Fußboden eines Zimmers, oder einer Scheuer. Die Scheundiele, die Scheuntenne. 2) Derjenige Theil des Hauses, der gemeiniglich mit einem solchen Fußboden versehen ist, der Hausflur, das Vorhaus. 3) Der feste Erdboden unter der Dammerde, in dem Ackerbaue, in welcher Bedeutung dieses Wort in der Lausitz vorkommt. 4) Die Decke eines Zimmers, welcher Gebrauch besonders in Schwaben üblich ist.

Anm. In diesen Bedeutungen, in welchen das Wort im Nieders. Dele, Dale lautet, scheinet es von dem Nieders. daal, niedrig, abzustammen, weil doch der Begriff des Niedrigen, desFußbodens, in demselben der herrschende ist. S. Thal. Selbst die vierte Bedeutung läßt sich daraus erklären, weil auch das Wort Boden auf ähnliche Art gebraucht wird.


Dielen (W3) [Adelung]


Dielen, verb. reg. act. mit Dielen, d. i. Bretern belegen. Ein Zimmer dielen. Der in Kammern Pflas=ter setzt und nur die Säle dielet, Haged.


Dielenkopf (W3) [Adelung]


Der Dielenkopf, des -es, plur. die -köpfe, in der Dorischen Ordnung der Baukunst, eine Tafel unter dem Kranzleisten, welche dem Kopfe, d. i. dem hervor ragenden Stücke einer Diele gleicht, und unten mit Zapfen versehen ist; Pseudomutulus, Franz. Mutule, Ital. Modiglione.


Diene (W3) [Adelung]


Die Diene, S. Tiene.


Dienen (W3) [Adelung]


Dienen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und mit der dritten Endung des Hauptwortes verbunden wird. Es bedeutet,1. Eigentlich, überhaupt, jemanden unterwürfig, von ihm abhängig seyn, und diese Abhängigkeit durch die That beweisen; in welcher im Hochdeutschen veralteten Bedeutung es noch häufig in der Deutschen Bibel vorkommt. Der Größere wird dem Kleinern dienen, 1 Mos. 25, 23. Daß wir hinfort der Sünde nicht dienen, Röm. 6, 6. Daß sie innen werden, was es sey, den Königreichen im Lande dienen, 2 Chron. 12, 8. Gehorcht ihnen nicht, sondern dienet dem König zu Babel, Jer. 27, 17. Erlöse die, so den Heiden dienen müssen, 2 Macc. 1, 27.2. In engerer Bedeutung, diese Abhängigkeit thätig erweisen; und zwar, 1) durch gottesdienstliche Verehrung, welcher gleichfalls bloß biblische Gebrauch noch in der theologischen Schreibart üblich ist. Laß die Leute ziehen, daß sie dem Herren, ihrem Gott dienen, 2 Mos. 10, 7. Dienet dem Herren mit Furcht, Ps. 2, 11. Daß sie andern Göttern dienen, 5 Mos. 7, 4. Schämen müssen sich alle, die den Bildern dienen, Ps. 97, 7. 2) Durch niedrige körperliche Arbeiten, welche, (a) aus der Leibeigenschaft herfließen; für fröhnen. Zu Hofe dienen, im gemeinen Leben. Höre auf und laß uns den Egyptern dienen, 2 Mos. 14, 12. Oder, (b) um Lohn geschehen, in welcher Bedeutung man besonders von dem Gesinde saget, daß es diene. S. Dienstbothe. Bey einem dienen, sich jemanden zu solchen Arbeiten um einen gewissen Lohn verpflichtet haben. Als ein Koch, als ein Knecht, als eine Magd dienen; im gemeinen Leben, für einen Koch u. s. f. dienen. Ich will dir sieben Jahr um Rahel, deine jüngste Tochter, dienen, 1 Mos. 29, 18. 20, 30. Aber einen Dienst dienen, V. 27. ist völlig ungebräuchlich. Zu Tische dienen, bey Tische aufwarten, im gemeinen Leben, so wohl Ober- als Niederdeutschlandes. S. Abdienen und Aufdienen. 3) In edlerem Verstande, eines andern Geschäfte ausrichten, eines andern Nutzen befördern, so wohl gegen eine gewisse Vergeltung, als auch aus andern Verbindlichkeiten. So dienet der Advocat seinem Clienten. Wer dienet ihnen in dieser Sache? Ich habe ihm redlich gedienet. Diene einem Narren in seiner Sache nicht, Sir. 4, 31. S. Bedienen. Besonders von Kriegsdiensten, wo dieses Verbum so wohl von gemeinen Soldaten, als auch von den Befehlshabern gebraucht wird. Zu Fuße dienen, zu Pferde dienen, ein Soldat zu Fuße oder zu Pferde seyn. Er hat lange unter mir gedienet. Von unten auf dienen. Laß dir nicht einkommen, daß du dem Staate um besonderer Vortheile willen dienen wolltest. Wie wenig Tugend muß der besitzen, der seinem Vaterlande um eben das Geld dienet, um welches er eben so willig verrathen würde, Dusch. Ingleichen von Civil-Diensten. Wir dienen alle einem Herren. Er hat dem Könige und dem Vaterlande viele Jahre neu gedienet. Der Kirche dienen, ein kirchliches Amt verwalten. 3. Figürlich. 1) Eines andern Vortheile, eines andern Vergnügen, auch ohne Lohn, aus Höflichkeit, aus Gefälligkeit. Wer mir dient, dem diene ich wieder. Durch die Liebe diene einer dem andern, Gal. 5, 13. Womit kann ich ihnen dienen? Kann ich ihnen mit Gelde dienen? Damit ist mir nicht gedienet, das befördert meinen Nutzen, mein Vergnügen nicht. Mit Balgen und mit Kaufen Wird keinem was gedient, Opitz, welche Wortfügung mit dem Zeitworte werden, und mit dem was aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Wozu dienet dieser Unrath? Matth. 26, 8. Das dienet, hülft oder nützet, zu nichts. 2) Das Mittel einer Wirkung, der Erreichung einer Absicht seyn, gereichen. Das sollte zu deinen Besten dienen. Das dienet zu seinem Ruhme. Der Berg dienet der Stadt zur Beschützung. Dieser Umstand dienet ihm zur Vertheidigung. Das laß dir zur Warnung dienen. Dieses Gebäude hat meinen Vorfahren zu einem Jagdhause gedienet. Oft dient ein wilder Muth sich selbst zum Hinderniß, Schleg. 3) Sich schicken, im gemeinen Leben. Das dienet nicht zur Sache. Er dient nach Hofe, schickt sich nicht an den Hof. Kluge. und Narren dienen nicht zusammen. 4) Zur Antwort ertheilen, antworten, ingleichen belehren, erklären, welche veraltete Formel der Höflichkeit nur noch unter dem großen Haufen üblich ist. Da dieselben gefragt - so diene hierauf u. s. f. Mein Herr lasse sich dienen, d. i. belehren. Wenn jemand ferner sagt - Darauf dient wiederum u. s. f. Opitz, nehmlich, zur Antwort. Dahin auch die Formel, ihnen zu dienen; ja, zu dienen u. s. f. gehöret, womit die Höflichkeit der niedrigsten Classe fast jede Antwort zu begleiten pflegt.

Anm. Im Niedersächsischen lautet dieses Zeitwort denen, im Angels. thenian, bey dem Ulphilas tiuna, tiona, thia, bey dem Kero deonon, bey dem Isidor dheonan, bey dem Ottfried thionan, im Schwed. tjana, im Isländ. thiona, thiena, thena. Die Abstammung ist noch ungewiß. Wachter hält das Wallisische Dyn, ein Mann, für das Stammwort, welches freylich ein wenig weit hergehohlet ist. Ihre schlägt zwey andere Ableitungen vor, entweder von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, arbeiten, wovon auch - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Knecht, abstammet, oder das Isländ. thia, demüthigen, bezwingen. Der erste Vorschlag wird dadurch unterstützt, weil thena im Isländischen auch arbeiten bedeutet, und dienen in verdienen einem ähnlichen Sinn hat, nehmlich durch Arbeit erwerben. Ja auch das einfache dienen war ehedem für verdienen üblich. Wie hab ich gedienet das? Rudolph von Rotenburg. In dem alten Fragmente von Carls des Großen Feldzug wider die Saracenen kommt es in dieser Bedeutung mehrmahls vor. So wahrscheinlich diese Ableitung auch ist, so scheint doch die andere noch mehr für sich zu haben. Deo, deon bedeutete ehedem niedrig, ( S. Donlege,) und figürlich demüthig, daher kommt deolih und Deoheit bey dem Kero so oft für humilis und Humilitas vor, S. Demuth. Dienen bedeutete also eigentlich sich demüthigen, sich unterwerfen, welches in den letzten Zeiten der rauhen Einfalt nicht anders als durch persönliche körperliche Dienste, oder durch Frohnen geschehen konnte. In Kero gebraucht theonan wirklich für bezwingen, demüthigen, dienstbar machen, und das Isländische thia von welcher Form dienen das Intensivum seyn kann, hat noch eben diese Bedeutung. Merkwürdig ist auch, daß dienen im Österreichischen auch von den Vögeln gebraucht wird, und Eyer legen bedeutete; dienen kann auch hier eben so gut von don, niedrig, unten, abstammen, als legen vonlag, leg, niedrig. S. Donlege. Wer indessen die Ableitung von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, arbeiten, für glücklicher hält, der muß freylich die Bedeutungen dieses Zeitwortes anders ordnen.


Diener (W3) [Adelung]


Der Diener, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Dienerinn, plur. die -en, der oder die einem andern dienet, doch nur in einigen Bedeutungen des Verbi. 1) Ein Diener Gottes, ein Verehrer desselben. Ein Götzendiener, der Götzen verehret. Ein Baalsdiener. 2) Der einem andern zu häuslichen Diensten um Lohn verpflichtet ist. Ein Diener, wofür doch jetzt Bedienter üblicher ist. Ein Kammerdiener, Rathsdiener, Gerichtsdiener u. s. f. 3) Der von einem andern mit einem Amte bekleidet ist. Ein Diener des Staates, Diener der Gerechtigkeit, welche die Gerechtigkeit handhaben. Die Obrigkeit ist Gottes Dienerinn, Röm. 13, 4. Ein Diener des göttlichen Wortes, ein Prediger in der evangelischen Kirche. In dieser Bedeutung kommt es, den letzten Fall ausgenommen, nur noch in der höhern Schreibart vor. Im gemeinen Leben ist auch hier Bedienter üblicher. 4) Der eines andern Vortheile befördert, in welchem Sinne Diener ein Wort ist, welches man sich aus Bescheidenheit oder Demuth beyleget. Ich bin ein alter treuer Diener ihres Hauses gewesen. Oft ist es auch nur ein bloßer Ausdruck der modischen Höflichkeit, wobey man nichts denket. Ich bin ihr ergebener, gehorsamer u. s. f. Diener. Ihre unterthänige Dienerinn.

Anm. In der ersten allgemeinsten Bedeutung des Verbi ist das Substantiv im Hochdeutschen nicht mehr üblich, ob es gleich in der Deutschen Bibel noch einige Mahl in derselben vorkommt. So heißt Christus Apostelg. 10, 45 ein Diener der Beschneidung, weil er sich derselben unterworfen hatte, und Matth. 22, 16 und an andern Orten werden die Anhänger Herodis, die Herodianer, Diener Herodis genannt.


Dienerschaft (W3) [Adelung]


* Die Dienerschaft, plur. inus. ein nur in der Oberdeutschen Mundart und dem Kanzelley-Style übliches Wort, die sämmtlichen Beamten oder zu anständigern Diensten verbundenen Personen eines Landes oder eines Herrn, als ein Ganzes betrachtet, anzudeuten. Die sämmtliche fürstliche Dienerschaft, die sämmtlichen Hof- und Civil-Beamten. Das Haus Sachsen hat eine ansehnliche Dienerschaft. Ehedem druckte man mit diesem Worte besonders die Ministeriales, oder Dienstleute höherer Art, aus.


Dienlich (W3) [Adelung]


Dienlich, -er, -ste, adj. et adv. welches nur in den zwey ersten figürlichen Bedeutungen des Zeitwortes dienen gebraucht wird, eines Nutzen. eines Absichten befördernd. Ein dienliches Hülfsmittel erfinden, d. i. ein nützliches, ein bequemes. Dieses ist euch nicht dienlich, nicht heilsam, nicht gesund. Ich dächte, dieß Mittel wäre in dieser Sache das dienlichste. So auch die Dienlichkeit.


Diensam (W3) [Adelung]


Diensam, -er, -ste, adj. et adv. welches aber in der anständigen Hochdeutschen Schreibart zu veralten anfängt, wie dienlich. Das ist euch nicht diensam. Was einem diensam (heilsam, nützlich, gesund) ist, kann dem andern gefährlich seyn. In Oberdeutschen wird dieses Beywort sehr häufig gebraucht; z. B. wir wollen unserer Seits alles diensame willig dazu beytragen; ihr wollet dessen Inhalt diensamer Orten kund machen.


Dienst (W3) [Adelung]


Der Dienst, des -es, plur. die -e, das Hauptwort des Zeitwortes dienen. Es bedeutet,1. Einzelne Handlungen, vermittelst welcher man dienet; und zwar, 1) in der weitesten Bedeutung, einzelne Handlungen, womit man seine Abhängigkeit von jemanden beweiset; in welcher Bedeutung aber dieses Wort nicht mehr üblich ist. 2) Niedrige körperliche Handlungen, wodurch man die Abhängigkeit entweder seiner Person oder seiner Güter von einen andern an den Tag leget, in welcher Bedeutung dieses Wort häufig für Frohndienst oder Hofdienst gebraucht wird. An den Dienst gehen. Gemessene, d. i. bestimmte, Dienste. Angemessene, außerordentliche, unbestimmte, Dienste. Spann- oder Pferdedienste, welche mit Pferden und Wagen, Handdienste, welche mit der Hand geleistet werden. S. Frohne, Scharwerk, Robat. Und er satzte Frohnvögte über sie, die sie mit schweren Diensten drücken sollten, 2 Mos. 1, 11. In weiterer Bedeutung werden zuweilen auch alle daraus herfließende Zinsen, Abgaben u. s. f. Dienste genannt. 3) In edlerem Verstande, einzelne Handlungen, wodurch man eines andern Geschäfte ausrichtet, oder dessen Nutzen und Vergnügen befördert. Er hat mir viele Jahre treue Dienste geleistet. Einem einen wichtigen Dienst leisten. Damit hat man mir einen schlechten Dienst gethan. Ingleichen figürlich, ein guter Dienst, Nutzen, Gefallen, Vergnügen. Sie hat mir durch ihr Versehen einen Dienst, d. i. einen Gefallen, gethan. Sie meinen, sie thun Gott einen Dienst daran. Dahin gehören auch die höflichen Ausdrücke des gesellschaftlichen Umganges. Was stehet zu ihren Diensten? womit kann man ihr Vergnügen befördern, was verlangen sie? Alles was ich habe, stehet zu ihren Diensten, oder stehet ihnen zu Dienste.2. Der ganze Umfang aller dieser Handlungen, so wohl in Beziehung auf den, der sie leistet, als auf den, der sie empfängt; da denn dieses Wort theils im Singular allein, theils im Plural allein gebraucht wird. 1) In der weitesten Bedeutung, der ganze Umfang aller derjenigen Handlungen, womit man seine Abhängigkeit von einem andern an den Tag leget; ohne Plural. Der Dienst Gottes, die Verebrung des göttlichen Wesens; obgleich das zusammen gesetzte Gottesdienst mehr von der äußerlichen gemeinschaftlichen Verehrung gebraucht wird. Von dem unsern werden wir nehmen zum Dienst unseres Gottes, 2 Mos. 10, 26. Der Götzendienst, die Verehrung der Götzen. Der Bilderdienst, die Verehrung der Bilder. In der Deutschen Bibel wird das Wort Dienst oft absolute mit Auslassung des Genitivs für Gottesdienst gebraucht, welches aber nicht mehr üblich ist. Und wenn ihr ins Land kommt - so haltet diesen Dienst, 2 Mos. 12, 25. Und wenn eure Kinder werden zu euch sagen? was habt ihr da für einen Dienst? V. 26. Ich weiß deine Werke und deine Liebe und deinen Dienst, Offenb. 2, 19. 2) Der ganze Umfang aller niedrigen körperlichen Dienste, so wohl der Leibeigenen. An den Dienst gehen. Zum Dienst verbunden seyn. Als auch des Gesindes, und niedriger häuslicher Bedienten; da dieses Wort so wohl als ein Singulare, als auch als ein Plurale gebraucht wird. Sich in den Dienst, oder in einen Dienst begeben, sich als Knecht oder Magd zu dienen verpflichten. In Diensten bey einem stehen. Dienste bey jemanden nehmen. Jemanden in seinen Dienst, oder in seine Dienste nehmen. Auch an Höfen ist dieses Wort von denjenigen höhern Bedienten üblich, welche zur persönlichen Bedienung eines Fürsten bestimmt sind. Den Dienst haben, in der Reihe der zu dessen persönlichen Bedienung bestimmten Personen, wirklich aufwarten. Der Dienst habende Kammerherr. 3) Der ganze Umfang edlerer Dienste. In Dienste treten. Kriegesdienste nehmen. Der Dienst des Königes, der Dienst meines Herren erfordert es. Es hat jemand diesen Ausdruck getadelt, weil der König oder der Herr hier nicht die wirkende Ursache, sondern der Gegenstand sey. Aber wer hat denn gesagt, daß der Genitiv nur allein die erstere ausdrucken könne? Gottesdienst, Bilderdienst, die Ehre Gottes, der Nutzen des Königes und tausend ähnliche Ausdrücke beweisen das Gegentheil.3. Das daraus fließende Verhältniß, die damit verbundene Würde, der Stand, das Amt eines Dienenden. 1) Eines Dienenden von der niedrigern Art. Einen Dienst suchen, d. i. als Knecht oder Magd dienen wollen. Aus dem Dienste gehen. Einem den Dienst aufsagen. 2) In edlerer Bedeutung, ein Amt, eine Bedienung, doch nur im gemeinen Leben. Ein ruhiger, ein einträglicher Dienst. Einem einen Dienst antragen, anvertrauen. Einen Dienst bekommen. Um einen Dienst anhalten, einen Dienst suchen. Außer Dienste leben. Ein Kirchendienst, ein kirchliches Amt, ein Schuldienst, ein Amt an einer Schule. In dieser Bedeutung eines Amtes ist das Wort in einigen Gegenden nicht nur ungewissen Geschlechtes, das Dienst, sondern man hat auch im gemeinen Leben das Diminutivum das Dienstchen, im Oberdeutschen Dienstlein.4. * Derjenige, welcher Dienste leistet; in welcher Bedeutung dieses Wort nur noch in einigen gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes für Dienstbothe üblich ist. Eine Stuben darin die Dienst speisen, so der Fuhr und Pferden abwarten, Bluntschli. In dieser Bedeutung kommt Deonost schon bey dem Kero für einen Diener vor. Ich was ie der dienest din, ich war jeder Zeit dein Diener, Reinmar der Alte.

Anm. Dienst, Nieders. Deenst, lautet bey dem Kero Deonost, bey dem Ottfried und Tatian Thionost, im Schwed. Tjanst. Tatian gebraucht es auch für Gehorsam. Die in der niedrigen Sprechart übliche R. A. einem auf den Dienst warten oder lauern, ihm hinterlistig nachstellen, wurde ehedem in guter Bedeutung für aufwarten gebraucht.


Dienstadel (W3) [Adelung]


Der Dienstadel, des -s, plur. car. diejenige adelige Würde, welche gewisse Bedienungen oder Stellen gewähren, dergleichen z. B. gewiße Officiers-Stellen sind; zum Unterschiede von dem Geburtsadel und Briefadel.


Dienstag (W3) [Adelung]


Der Dienstag, S. Dinstag.


Dienstarbeit (W3) [Adelung]


* Die Dienstarbeit, plur. die -en, ein im Hochdeutschen ungebräuchliches Wort, welches nur in der Deutschen Bibel gebraucht wird, allerley Berufsgeschäfte anzudeuten. Der erste Tag soll heilig unter euch seyn, - da sollt ihr keine Dienstarbeit thun, 3 Mos. 7, 8, 21. f.


Dienstbar (W3) [Adelung]


Dienstbar, -er, -ste, adj. et adv. 1) Zu dienen verbunden, vornehmlich von niedrigen körperlichen Diensten, als eine Folge der Leibeigenschaft. Dieses Haus, dieses Gut ist mir dienstbar, ist nach Meuselwitz dienstbar. Dein Same wird ein Fremdling seyn in fremden Landen, und sie werden ihn dienstbar, machen, Apostelg. 7, 6. Ingleichen in der Rechten, in weiterer Bedeutung, verpflichtet etwas zu thun oder zu leiden. S. Dienstbarkeit 2. In edlerer Bedeutung werden Ebr. 1, 14, die Engel dienstbare Geister genannt. 2) Zu dienen bereit, dienstfertig; welche Bedeutung doch im Hochdeutschen ungewöhnlich ist.


Dienstbarkeit (W3) [Adelung]


Die Dienstbarkeit, plur. die -en. 1) Der Zustand, da man jemanden zu körperlichen Diensten verpflichtet ist, ohne Plural, die Leibeigenschaft. In Dienstbarkeit gerathen, in der Dienstbarkeit stecken. Jemanden aus der Dienstbarkeit erlösen. Außer der biblischen Schreibart wird es in diesem Verstande wenig mehr gebraucht. 2) In den Rechten ist die Dienstbarkeit, oder Servitut, nicht nur eine Verbindlichkeit etwas zu thun, sondern auch zu leiden, und alsdann werden auch diejenigen Dinge selbst, welche man zu thun oder zu leiden verbunden ist, Dienstbarkeiten genannt. Es haftet eine Dienstbarkeit auf dem Hause. Eine Dienstbarkeit ausüben, abkaufen, erwerben u. s. f. So fern die Dienstbarkeit auch im Leiden bestehet, werden die Fußsteige, Triften, Wege u. s. f. unter die Dienstbarkeiten des Feldes gerechnet.


Dienstbeflissen (W3) [Adelung]


Dienstbeflissen, -er, -ste, adj. et adv. beflissen oder bemühet, einem andern zu dienen, d. i. ihm Gefälligkeiten zu erweisen. Ein dienstbefliessener Mensch. Am häufigsten gebraucht man dieses Wort noch in den Unterschriften der Briefe, gegen geringere Personen. Ich bin ihr dienstbeflissener Diener. Im Oberdeutschen auch dienstgeflissen.


Dienstbeflissenheit (W3) [Adelung]


Die Dienstbeflissenheit, plur. car. die Beflissenheit, oder sorgfältige Bemühung, andern zu dienen, oder ihnen gefällig zu werden.


Dienstbothe (W3) [Adelung]


Der Dienstbothe, des -n, plur. die -n, eine Person männlichen oder weiblichen Geschlechtes, welche sich gegen Kost und Lohn zu niedrigen häuslichen Diensten verpflichtet. Er ist mein Dienstbothe, sie ist mein Dienstbothe. Die Dienstbothen, das Gesinde, Nieders. Deenstbade, Deenstbar. Es scheinet, daß man mit diesem Worte eigentlich auf die Verbindlichkeit dieser Personen gesehen, sich von ihrer Herrschaft verschicken zu lassen.


Dienstbrief (W3) [Adelung]


Der Dienstbrief, des -es, plur. die -e. 1) Bey einigen Handwerken, ein schriftliches Zeugniß, daß ein Gesell wirklich bey einem Meister gedienet, oder gearbeitet habe; die Kundschaft. 2) Im gemeinen Leben zuweilen auch eine Bestellung oder Urkunde, worin jemanden ein Dienst, d. i. ein Amt, versprochen wird.


Dienstdrescher (W3) [Adelung]


Der Dienstdrescher, des -s, plur. ut nom. sing. auf dem Lande einiger Gegenden, ein Drescher, welcher dem Gutsherrn zur Frohne dreschen muß.


Diensteifer (W3) [Adelung]


Der Diensteifer, des -s, plur. car. der Eifer, seinem Dienste, d. i. seinem Amte; nach seinen Obliegenheiten ein Genüge zu thun. Zuweilen auch der Eifer, andern zu dienen, d. i. ihnen Gefälligkeiten zu erweisen.


Dienstergeben (W3) [Adelung]


Dienstergeben, -er, -ste, adj. et adv. welches nur zuweilen in den Unterschriften der Briefe an Geringere gebraucht wird, geneigt zu dienen. Ich bin ihr dienstergebener, oder dienstergebenster Diener.


Dienstfertig (W3) [Adelung]


Dienstfertig, -er, -ste, adj. et adv. fertig, d. i. bereit und geneigt, andern zu dienen, d. i. ihnen auch mit eigner Mühe und Beschwerde Gefälligkeiten zu erweisen. Ein dienstfertiger Mensch. Er hat ein dienstfertiges Gemüth.


Dienstfertigkeit (W3) [Adelung]


Die Dienstfertigkeit, plur. car. die Bereitwilligkeit, andern auch ohne Vergeltung Gefälligkeiten zu erweisen.


Dienstfreundlich (W3) [Adelung]


* Dienstfreundlich, adj. et adv. ein widersinnig zusammen gesetztes Wort, welches auch nur von der niedrigen Höflichkeit im gemeinen Leben gebraucht wird. Mein Bruder lässet dich dienstfreundlich grüßen, freundlich mit Erbiethung seiner Dienste.


Dienstfrey (W3) [Adelung]


Dienstfrey, adj. et adv. von gewissen Diensten befreyet. Ein dienstfreyes Gut, welche keine Frohn- und Hofdienste zu leisten hat.


Dienstgeflissen (W3) [Adelung]


Dienstgeflissen, adj. et adv. S. Dienstbeflissen.


Dienstgeld (W3) [Adelung]


Das Dienstgeld, des -es, plur. von mehreren Summen, die -er, an einigen Orten dasjenige Geld, welches die Bauern anstatt der zu leistenden Frohndienste an die Grundherrschaft bezahlen. In den Churbraunschweigischen Landen führet auch dasjenige Geld, welches die Juden den geschlossenen adeligen Gerichten für den Schutz entrichten müssen, diesen Nahmen.


Dienstgenoß (W3) [Adelung]


Der Dienstgenoß, des -ssen, plur. die -ssen, der mit einem andern zu gleichen Diensten, besonders zu gleichen Frohndiensten verbunden ist.


Dienstgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Dienstgerechtigkeit, plur. inus. das Recht, gewisse Dienste von einem andern zu fordern; das Dienstrecht.


Diensthaft (W3) [Adelung]


* Diensthaft, -er, -este, adj. et adv. welches besonders im Oberdeutschen üblich ist, wo es so wohl dienstpflichtig, d. i. zu gewissen Diensten verpflichtet, als auch dienstfertig, zu dienen bereit, bedeutet, im Hochdeutschen aber seltener gehöret wird. Eben dieses gilt auch von dem verlängerten Beyworte diensthaftig und dem Hauptworte Diensthaftigkeit.


Diensthaus (W3) [Adelung]


* Das Diensthaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, in welchem man zu dienen gezwungen ist; ein ungewöhnliches Wort, welches nur in der Deutschen Bibel vorkommt, wo Ägypten mehrmahls das Diensthaus der Israeliten genannt wird; z. B. 2 Mos. 13, 3, 14. Jos. 24, 17. Mich. 6, 4 u. s. f.


Dienstherr (W3) [Adelung]


Der Dienstherr, des -en, plur. die -en, in einigen Gegenden, derjenige, dem ein Unterthan Frohndienste leisten muß, und der oft noch von dem Gutsherren verschieden ist, Ingleichen der Hausherr, im Gegensatze seines Gesindes.


Diensthufe (W3) [Adelung]


Die Diensthufe, plur. die -n, eine zu Frohndiensten verpflichtete Hufe, oder eine Hufe, deren Besitzer Frohndienste leisten muß, im Gegensatze einer Freyhufe.


Dienstknecht (W3) [Adelung]


Der Dienstknecht, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Knecht, der um Lohn dienet; vermuthlich im Gegensatze des Wortes Knecht, so fern es ehedem auch einen jeden freyen jungen Menschen bedeutet. S. Dienstmagd.


Dienstleistung (W3) [Adelung]


Die Dienstleistung, plur. die -en, die Leistung so wohl gezwungener Dienste, als auch gewisser Höflichkeitsdienste.


Dienstleute (W3) [Adelung]


Die Dienstleute, singul. inus. S. Dienstmann.


Dienstlich (W3) [Adelung]


* Dienstlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Heilsam, nützlich, tauglich, welche Bedeutung doch nur noch im Oberdeutschen üblich ist, indem die Hochdeutsche Mundart dafür dienlich gebraucht. Dieß Wasser ist den Augen nicht allermaßen dienstlich, Opitz. Die zum Kriege und Frieden dienstliche Handwerke, ebend. Durch Wärme dienstlich seyn, und durch beeisten Frost, ebend. 2) Dienstbeflissen, eifrig; eine im Hochdeutschen gleichfalls veraltete Bedeutung. Derselben Leid, die mich so dienstlich ehren, Opitz. Man muß förderlich und dienstlich seyn, d. i. dienstfertig. Im Hochdeutschen ist dieses Wort nur noch als ein höflicher Ausdruck unter dem großen Haufen üblich, wenn derselbe dienstlich grüßen lässet, oder seinen dienstlichen Gruß vermeidet. Das freunddienstlich, unterdienstlich und andere ähnliche Zusammensetzungen gehören theils in eben diese Classe, theils in die veralternde Beredsamkeit der Kanzelleyen.


Dienstlohn (W3) [Adelung]


Der Dienstlohn, des -es, plur. car. der Lohn des Gesindes; der Gesindelohn, in Obersachsen auch der oder das Liedlohn, S. Lohn.


Dienstlos (W3) [Adelung]


Dienstlos, adj. et adv. außer Diensten, keinen Dienst habend. Ein dienstloser Knecht, eine dienstlose Magd. Ingleichen in edlerer Bedeutung, ohne Bedienung. Dienstlos seyn, kein Amt bekleiden.


Dienstmagd (W3) [Adelung]


Die Dienstmagd, plur. die -mägde, eine Magd, welche sich zu niedrigen Hausdiensten verbunden hat, im Gegensatze des Wortes Magd, so fern es ehedem eine jede junge unverheirathete Person des andern Geschlechtes bedeutete.


Dienstpfennig (W3) [Adelung]


Der Dienstpfennig, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, so viel als das Miethgeld, Miethpfennig.


Dienstpferd (W3) [Adelung]


Das Dienstpferd, des -es, plur. die -e, ein Pferd, so fern es zum Dienste anderer gebraucht wird. So werden die Pferde, womit die Dienstleute fröhnen müssen, ingleichen die Pferde der Reiterey, mehrmahls Dienstpferde genannt.


Dienstpflicht (W3) [Adelung]


Die Dienstpflicht, plur. inus. 1) Die Verbindlichkeit zu gewissen Diensten aller Art, in welcher Bedeutung aber dieses Wort wenig vorkommt. 2) Die Verbindlichkeit zu Hofdiensten im Gegensatze der Lehenspflicht, welche eigentlich nur auf Kriegsdienste gerichtet war. 3) An einigen Orten, derjenige Eid, welchen ein Bedienter seinem Herren, und der Unterthan seiner Grundherrschaft ablegen muß, und worinn er sich besonders zur treuen Leistung der schuldigen Dienste verpflichtet.


Dienstpflichtig (W3) [Adelung]


Dienstpflichtig, adj. et adv. zu gewissen Diensten verpflichtet, besonders zu Frohndiensten verpflichtet. Ein dienstpflichtiges Gut, ein dienstpflichtiger Bauer. So auch die Dienstpflichtigkeit, plur. car.


Dienstrecht (W3) [Adelung]


Das Dienstrecht, des -es, plur. inus. das Recht, von einem andern gewisse Dienste zu fordern. Besonders in Niedersachsen, das Recht, gewisse Zwang- oder Frohndienste von den Leibeigenen zu fordern; die Dienstgerechtigkeit. S. Dienstzwang.


Dienstschuldig (W3) [Adelung]


Dienstschuldig, adj. et adv. welches mit dienstpflichtig einerley Bedeutung hat, aber nur noch zuweilen in den Unterschriften der Briefe zwischen Personen gleichen Ranges gebraucht wird. Ich bin ihr dienstschuldiger, oder im Superlativ, dienstschuldigster Diener.


Diensttag (W3) [Adelung]


Der Diensttag, S. Dinstag.


Dienstverwandt (W3) [Adelung]


Dienstverwandt, adj. et adv. im gemeinen Leben, zu gewissen Diensten verwandt, d. i. verbunden. Ein Dienstverwandter, ein Leibeigener, ein Dienstmann, Fröhner.


Dienstwillig (W3) [Adelung]


Dienstwillig, -er, -ste, adj. et adv. willig, die Dienste, zu welchen man verbunden ist, zu leisten. Ingleichen, willig einem andern allerley Dienste der Höflichkeit zu leisten, dienstfertig; in welcher Bedeutung dieses Wort noch am häufigsten in den Unterschriften der Briefe von Vornehmern an Geringere gebraucht wird. Ich bin ihr dienstwilliger, oder im Superlativo dienstwilligster Diener. Das zusammen gesetzte Unterdienstwilligster, welches Opitz in der Zuschrift von Grotii Buch von der Wahrheit der christlichen Religion an den Hauptmann und die Rathmänner der Stadt Breslau gebraucht, ist im Hochdeutschen veraltet. S. Unter. Daher die Dienstwilligkeit.


Dienstzaum (W3) [Adelung]


* Der Dienstzaum, ein ungewöhnliches Wort, welches nur 2 Sam. 8, 1, vorkommt, wo die Stadt Gath diesen Nahmen führet, weil sie an der Grenze der benachbarten Länder lag, welche dadurch im Zaume gehalten, und zum Dienste gezwungen werden konnten.


Dienstzwang (W3) [Adelung]


Der Dienstzwang, des -es, plur. car. das Recht, gewisse Dienste, besonders Frohndienste, von dem andern zu fordern, und ihn dazu zu zwingen, oder anzuhalten, und die Ausübung dieses Rechtes selbst. Den Dienstzwang haben, besitzen, ausüben. S. Bauernzwang. Besonders an einigen Orten, das Recht der Herrschaften, vermöge dessen ihre Unterthanen gegen einen geringen Lohn in ihre Dienste treten müssen.


Dies (W3) [Adelung]


Dies, S. Dieser.


Diesemnach (W3) [Adelung]


* Diesemnach, ein im Hochdeutschen veraltetes Bindewort, welches auch nach diesem zusammen gesetzt ist, und einen Schluß aus einem kurz vorher gegangenen Satze begleitet. Es wird auf eben die Art gebraucht wie demnach, und ist im Oberdeutschen am üblichsten.


Dieser (W3) [Adelung]


Dieser, diese, dieses, pronom. demonstrat. welches auf folgende Art decliniret wird. Singul. Plur. Nom. Dieser, diese, dieses. zusammengez. dieß, oder dies. Diese. Gen. Dieses, dieser, dieses. Dieser. Dat. Diesem, dieser, diesem. Diesen. Accus. Diesen, diese, dieses, zusammen gez. dieß, oder dies. Diese. Es bestimmet einen genannten Gegenstand so genau, als wenn man gleichsam mit Fingern auf ihn wiese. Dieser Mann ist es, welchen ich meine. Ich meine dieses Haus. Zuweilen wird es auch figürlich von der Zeit für gegenwärtig gebraucht. Zu dieser Zeit. In diesen Tagen, oder dieser Tage. In diesem Jahre. Allein in andern Fällen, z. B. zu Anfange dieser Regierung, ist doch gegenwärtig besser.Wenn dieses Pronomen sein Hauptwort bey sich hat, und noch ein Adjectiv vorhanden ist, so stehet dieses, wie bey allen Pronominibus, zwischen dem Pronomine und dem Hauptworte. Diese schöne Blume. Dieses gehet zuweilen auch mit ganzen Sätzen an, wenn sie die Stelle eines Adjectives vertreten. Ich ehre in dir diese, einer andern Belohnung würdige Tugend. Nur nicht mit dem Genitive eines andern Hauptwortes, obgleich solches im Oberdeutschen häufig geschiehet; z. B. diese der Sachen wahre Beschaffenheit.Zuweilen wird auch das Hauptwort verschwiegen. Dieser ist es, von welchem ich sprach. Welches besonders im gemeinen Leben mit gewissen sehr bekannten Hauptwörtern geschiehet. Den vierten dieses, d. i. dieses Monathes. Vorzeiger dieses, d. i. dieses Briefes, dieser Schrift. In andern Fällen klingt solches sehr hart, zumahl mit dem Genitive. Dieser Thorheit ist er- träglicher, als jener Weisheit. Dieses (nehmlich Menschen) Schwachheiten sind endlich noch zu ertragen.Am häufigsten hat dieser, wenn es ohne Hauptwort stehet, zugleich eine beziehende Bedeutung, indem es auf ein kurz vorher genanntes Hauptwort zurück weiset. Befleißige dich der Tugend, denn diese wird dich nie verlassen. Wenn die Pronomina dieser und jener sich auf beziehen, so gehet dieser auf die nähere oder zuletzt genannte, jener aber auf die entferntere oder zuerst genannte Person oder Sache. Befleißige dich der Geduld und eines guten Gewissens; denn jene lehret dich, die Widerwärtigkeiten ertragen, dieses aber ihnen Trotz biethen. Zuweilen gehet dieser auf das Gegenwärtige, jener aber auf das Vergangene oder Zukünftige. Deine Tugend wird nicht allein in diesem, sondern auch in jenem Leben vergolten werden. Daß dich dieser und jener! gehöret unter die sinnlosen Flüche des Pöbels. Auf ähnliche Art wird in der Deutschen Bibel dieß und das, für dieses und jenes gebraucht. Gott thue mir dieß und das, wo du mir etwas verschweigest, 1 Sam. 3, 17.Das ungewisse Geschlecht dieses Pronominis stehet, so wie das, oft absolute für alle Geschlechter und Zahlen. Dieses oder dieß ist meine Frau. Sind dieß die Männer, die uns Weisheit lehren sollen? Glaube nicht, daß dieses der erste Brief ist, den ich an dich schreibe. Zuweilen kann das Pronomen auch in dem Geschlechte stehen, welches das Hauptwort, auf welches es sich beziehet, erfordert. Glaube nicht, daß dieser der erste Brief ist; den ich an dich schreibe, Dusch. So sagte schon Pewger bey dem Pez im Gloss. v. Ee: Dihu ist diu Ee, dieses ist das Gesetz. Indessen ist doch das Neutrum für das Gehör in den meisten Fällen, als ein anderes Geschlechte.Besonders dienet das Neutrum, verschiedene adverbische R. A. zu bilden. Ohne dieß, über dieses oder über dieß, vor diesem, d. i. vor dieser Zeit, ehedem. Ich habe heute ohne dieß eine angenehme Nachricht vom Hofe erhalten, Gell.In den meisten dieser Fälle kann dieses Neutrum im Nominative und Accusative auch verkürzt werden, wenn es ohne Hauptwort absolute stehet. Nur ist die Frage, wie es nach dieser Verkürzung geschrieben werden müsse; indem es einige dieß, andere dies, diß oder dis, geschrieben wissen wollen. Die gewöhnlichste Art der Verkürzung eines Wortes geschiehet durch Auswerfung des kurzen e, und so wird aus dieses, dieß, welche Schreibart wohl die richtigste ist. Indessen finden sich doch auch Beyspiele, wo nebst diesem e noch ein Mitlauter weggeworfen wird, und so möchte sich auch dies vertheidigen lassen. Welche diß und dis schreiben, gründen sich auf die Aussprache, welche nach dieser Verkürzung freylich ein kurzes i hören lässet, dagegen ie das Zeichen eines langen i ist. Übrigens findet diese Zusammenziehung nur in der gesellschaftlichen und vertraulichen Sprechart Statt. In den höhern Schreibarten pflegt man sie lieber zu vermeiden. Die Zusammensetzungen diesfalls, diesseitig und diesseits gehören nicht hierher; denn hier ist dies nicht das Neutrum, sondern das verkürzte Mascul. und Fämin. für dieser, diese.Sehr unangenehm klingt es, wenn dieses Pronomen hinter das Hauptwort in Gestalt eines Nebenwortes gesetzt wird. Die Geschichte ist diese, für dieß ist die Geschichte, oder die Geschichte lautet so. Die Sache ist diese.Wenn auf dieses Pronomen ein Adjectiv folget, so wird dasselbe am richtigsten so decliniret, als wenn statt des Pronominis der Artikel vorhanden wäre. Diese neuen Empfindungen. Dieser ehrliche Mann. Dieses gute Kind. Findet man gleich häufige Bespiele von dem Gegentheile, so sind selbige doch nicht nachzuahmen; z. B. diese wenige Worte, Mosh. für wenigen;dieser todter Hund, 2 Sam. 16, 9. dieser böser Haman, Ezech. 7, 6. zu aller dieser mächtiger Hand, 1 Petr. 2, 13, wofür doch andere Ausgaben richtiger todte, böse, und mächtigen haben.

Anm. Dieses Pronomen lautet im Nomin. Sing. dheser, bey dem Übersetzer Isidors, im Fämin. desiu, bey dem Kero, im Neutro thiez, thiz, bey dem Ottfried diez, ditz, in den spätern Zeiten; im Genit. Mascul. bey dem Ottfried thesses; im Dat. Mascul. bey dem Kero dessemu; im Accus. Mascul. bey dem Kero desan, im Fränkischen um das Jahr 942 tesan; im Dat. Mase, bey dem Ottfried fon thesemo, und im Fämin. bey dem Kero deseru. Im Nieders. lautet es im Mascul. und Fämin. disse oder düsse, und im Neutro dit, im Angels. dis, des, deos, thaes, im Engl. this, these, im Schwed. thenne, im Plural thesse, im Dän. denne, im Neutro dette, bey dem Ulphilas thamma. Es scheinet aus dem Neutro des bestimmten Artikels daß und den persönlichen Fürwörtern er, sie, und es, im Niedersächsischen it, zusammen gesetzet zu seyn. Ehedem war für dieser, so wohl im männlichen Nomin. Singul. als auch im weiblichen Genit. und Dat. und im Genit. Plur. auch dirre, und zusammen gezogen dir, üblich. Ja schon Ottfried sagt therer, gleichsam der er, für dieser. Wol mich dirre stunde, der Schenk von Limpurg. In einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. der Schweiz, wird dieser nochmals mit er, sie, es zusammen gesetzet, und da lautet es dieserer, diesere, dieseres; Genit. dieseres, dieserer, dieseres; Dat. dieserem, dieserer, dieserem; Accus. dieseren, diesere, dieseres, und auch so im Plural. Die Dießheit einiger neuern Philosophen ist eben so barbarisch als das Latein. Haecceitas, welches dadurch ausgedruckt werden soll. Das unabänderliche Beywort dieserley für von dieser Art, ist Oberdeutsch, dieserthalben, diesertwegen, dieserwegen für daher, aber ist nur in einigen gemeinen Mundarten üblich.


Diesfalls (W3) [Adelung]


Diesfalls, adv. auf diesen Fall, in diesem Falle. Sie haben von seiner Rachgier nichts zu befürchten, es sind diesfalls schon alle nöthigen Maßregeln genommen worden. Im Oberdeutschen hat man davon auch das Beywort diesfallsig.


Diesjährig (W3) [Adelung]


Diesjährig, adj. Dies diesjährige Witterung, die Witterung, welche wir in dem gegenwärtigen Jahre haben. Der diesjährige Wein.


Diesmahl (W3) [Adelung]


Diesmahl, richtiger Dieß Mahl, adv. temp. für dieses Mahl, jetzt, gegenwärtig. Dieß Mahl soll es geschehen, aber gewiß nicht wieder. O Muse stimme noch für dießmahl meine Lieder! Cron. Da das Pronomen der, die, das, oft die Stelle des Fürwortes dieser vertritt, so sagt man für dießmahl auch dasmahl. Die davon gemachten Beywörter dießmahlig und dasmahlig aber sind nur im Oberdeutschen gebräuchlich. Da die erste Sylbe hier das verkürzte Neutrum dieß ist, so ist auch die Schreibart mit dem ß die richtigste.


Diesseitig (W3) [Adelung]


Diesseitig, adj. welches aus dem folgenden Nebenworte gebildet ist, sich auf dieser Seite befindend, im Gegensatze des jenseitig. Das diesseitige Ufer der Donau. Das diesseitige Frankreich, welches auf dieser Seite des Rheines lieget. Figürlich gebraucht man dieses Wort auch, doch größten Theils nur im Oberdeutschen, von denjenigen, was an dem - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wo man sich befindet, geschiehet. Die diesseitigen Anstalten zum Kriege. Die diesseitigen Bemühungen zum Frieden.


Diesseits (W3) [Adelung]


Diesseits, adv. des Ortes, auf dieser Seite, im Gegensatze des jenseits. Diesseits des Flusses, des Gebirges. Im Hochdeutschen verbindet man es am liebsten mit dem Genitive. Opitz gebraucht es auch mit dem Dative, und Luther in der Deutschen Bibel nach dem Muster der Oberdeutschen mit dem Accusative. Figürlich bezeichnet es auch, doch nur am häufigsten im Oberdeutschen, den Ort, wo man sich befindet. Weil man sonst diesseits (d. i. von dieser, oder von unserer Seite) genöthiget seyn würde, härtere Mittel vorzukehren.

Anm. Die letzte Hälfte ist da Hauptwort Seite, welches vermittelst des angehängten s zu einem Nebenworte gemacht worden; welches auch in abseits, anderseits, allerseits, beyderseits u. s. f. geschiehet. Man siehet hieraus zugleich, daß diesseits dem Hochdeutschen Sprachgebrauche gemäßer ist, als das Oberdeutsche diesseit, welches mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt. S. Jenseits. Für diesseits ist in einigen Oberdeutschen Gegenden auch herhalb und ennet, so wie für jenseits, genhalb und aftert üblich.


Diete (W3) [Adelung]


Die Diete, S. Düte.


Dieterich (W3) [Adelung]


1. Dieterich, Gem. Dieterichs, ein eigenthümlicher Mannsnahme, welcher zu dem alten Wort Thiod, Deod, gehöret, welches unter andern auch Volk bedeutete, in diesem Nahmen aber eine andere Bedeutung zu haben scheinet; S. Deutsch. Frisch glaubt, daß die zwey letzten Sylben bloß die männlichen Endungen er und ich sind, welche nach und nach an das Wort Diet angehängt worden, so daß erst Dieter und hernach Dieterich daraus geworden. Allein es scheinet vielmehr dieser Zusatz das Wort Reich, ein Regierer, zu seyn, denn in der alten Fränkischen Mundart bedeutet Tioderik wirklich einen Regierer des Volks. Von den alten Formen und Verkürzungen dieses Wortes hat Frisch eine große Menge gesammelt. Im Nieders. lautet dieser Nahme Dierk, und im Latein. Theodoricus.


Dieterich (W3) [Adelung]


2. Der Dieterich, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Nachschlüssel, ein Werkzeug, welches einem Schlüssel gleichet, mehrere Schlösser damit zu öffnen; bey den Schlössern ein Haken.

Anm. Im Nieders. heißt ein solcher Schlüssel Dierker, im Dän. Dirik, im Schwed. Dyrck, Dirck, im Pohln. Wytrych. Wachter glaubt, diese Benennung stamme unmittelbar von Diet, Tioth, Volk oder gemein, her, und bedeutet daher einen allgemeinen Schlüssel. Ihre, der dieses Wort bey dem Wachter nicht finden könne, leitet es von dem mittlern Latein. Directarius her, welches einen Dieb bedeutet, der seinen Diebstahl vermittelst heimlicher Eröffnung der Thüre verrichtet. Allein, da ein solcher Nachschlüssel auch im Nieders. Peterken heißt, die gleichfalls Nieders. Benennung Dierker aber mit dem Nahmen Dierk, Dieterich einerley ist; so ist wohl glaublicher, daß dieses Werkzeug nach gewissen Personen, die dasselbe erfunden, oder zuerst zum Diebstahle gebraucht, benannt worden.


Diethaufe (W3) [Adelung]


Der "Diethaufe", des -n, plur. die -n, ein in Oberdeutschland, besonders in Nürnberg, übliches Getreidemaß, deren vier eine Metze, zwey und dreißig aber ein "Malter" machen. Ein Diethaufe hält wiederum zwey Diethäuflein, oder vier Maß.


Dieweil (W3) [Adelung]


Dieweil, 1) Ein Oberdeutsches Bindewort für weil, welches im Hochdeutschen größten Theils veraltet ist, und nur noch von den Kanzelleyen im Andenken erhalten wird. Dieweil du hast gehorchet der Stimme, 1 Mos. 3, 17. Dieweil er ein göttlich Leben führete, Kap. 5, 24. Ingleichen für da doch. Wie könnt ihr gutes reden, dieweil ihr böse seyd? Matth. 12, 34. Die Oberdeutschen setzen oft noch ihr verlängerndes all vor dieses Wort, alldieweil. 2) Ein Nebenwort der Zeit für so lange als. Dieweil Mose seine Hände empor hielt, 2 Mos. 17, 11. Dieweil du lebest, Sir. 33, 21. Kap. 39, 15. Ingleichen für indessen, indessen daß. Ehud war entrunnen, dieweil sie verzogen, Richt. 3, 26. Dieweil sie so redete, schaueten sie sie an, Judith. 10, 15. Was habe ich dieweil? Sir. 11, 24. Ingleichen für da, indem. Dieweil du noch bey ihm auf dem Wege bist, Matth. 5, 25. In allen diesen adverbischen Bedeu-tungen ist es im Hochdeutschen nur noch in den gemeinen Mundarten üblich.

Anm. In dem alten Gedichte auf den H. Anne bedeutet al die wili damahls. Für so lange als; kommt die uuile auch im Schwabenspiegel vor. Nach dem Muster des Oberdeutschen alldieweil gebrauchen auch die heutigen Schweden allthenstund für weil.


Dille (W3) [Adelung]


1. Die Dille, plur. car. eine Pflanze, welche in Portugall und Spanien wild, bey uns aber nur in den Gärten wächset; an einigen Orten das Dillkraut, Hochkraut, in Schwaben um das Jahr 1479 Anetraut, nach dem Latein. Anethum. Daher der Dillsame, das Dillöhl, das Dillwasser u. s. f.

Anm. Der Nahme dieser Pflanze lautet in den Monseeischen Glossen Tili, Tilli, im Angels. Dile, im Engl. Dill, im Holl. und Nieders. Dille, im Dänischen Dill, Dild, im Schwed. Dill. Martinius leitet ihn von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, umbella, her, wegen der Gestalt der Blumen, Frisch aber von der letzten Hälfte des Wortes Anthyllis, Salzkraut, welches ehedem für eine Art der Dille gehalten wurde. Da aber diese Pflanze in einigen Gegenden auch Hochkraut genannt wird, so wird mit diesem Nahmen wohl auf ihren hohen Wachsthum gesehen. Im Holländ. und Nieders. bedeutet tillen noch jetzt aufheben, und Till die Aufhebung. S. auch Dolde. Des Lat. und Griech. Nahme Anethum scheinet einen ähnlichen Ursprung zu haben, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, aufwärts, in die Höhe. Übrigens ist dieses Wort im Oberdeutschen auch ungewissen Geschlechtes, das Dill, dagegen es bey einigen Niedersachsen und Hochdeutschen als ein Masculinum üblich ist, der Dill.


Dille (W3) [Adelung]


2. Die Dille, plur. die -n, an verschiedenen Werkzeugen, eine kurze Röhre, etwas hinein zu stecken. Die Dille an einem Leuchter, worein das Licht gesteckt wird. Die Dille an einer Lampe, das Behältniß des Dochtes, u. s. f. Das Franz. Douille, und Oberdeutsche Dol, Dohle, ein Canal, scheinen mit diesem Worte genau verwandt zu seyn; S. Dohle 1. In den gröbern Mundarten lautet dieses Wort Tülle.


Dille (W3) [Adelung]


3. Die Dille, plur. die -n, bey den Schlössern, ein flaches Stück Eisen, welches das Eingerichte bedeckt, und durch welches das Schlüsselloch gehet. In dieser Bedeutung scheinet das Wort zu Diele, im Schwed. Tilja, ein Bret, zu gehören.


Dillkraut (W3) [Adelung]


Das Dillkraut, des -es, plur. inus. S. 1. Dille.


Dillraupe (W3) [Adelung]


Die Dillraupe, plur. die -n, eine Art grüner Raupen mit schwarzen Zirkeln, welche sich auf der Dille aufhält.


Ding (W3) [Adelung]


1. * Das Ding, des -es, plur. die -e, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, welches aber ehedem von einem großen Umfange war, und noch in verschiedenen Provinzen so wohl Ober- als Niederdeutschlandes üblich ist, daher dessen Bedeutungen ein wenig genauer erwogen werden müssen. Es bedeutete,1. Eine Rede, ein Gespräch. Daß dieser Gebrauch im Deutschen der erste und ursprüngliche sey, behauptet Wachter, mit vieler Wahrscheinlichkeit, worin ihm auch Ihre beypflichtet. Von dieser nunmehr ganz veralteten Bedeutung finden sich in den ältern Denkmahlen noch häufige Beyspiele. Zelit thir iz LucasVuas iro thing thar tho uuss, Lucas erzählet dir, was damahls ihr Gespräch war, Ottfried B. 3, Kap. 13, V. 105. Ein Dinch Gotes Fater Daz Dinch noli ieo ana uuas, daz ift sin Sun. Das Wort Gottes des Vaters. Dieses Wort war im Anfange das ist sein Sohn, Notker Pf. 21, V. 7. Vntar uuorton managen Joh thingon filu hebigen, unter mancherley Worten und wichtigen Gesprächen, Ottfr. B. 3, Kap. V. 2. Manota er sie tho alles Thes ererin thinges, da erinnerte er sie an das ganze vorige Gespräch, B. 5, K. 11, V. 90. Und so an andern Orten mehr. S. Dingen 1.2. Besonders, ein feyerliches Gespräch, und die Versammlung zu demselben, und in weiterer Bedeutung eine jede Zusammenkunft. So wohl, 1) eigentlich, von welcher Bedeutung sich so wohl in den mittlern, als auch spätern Zeiten gleichfalls häufige Beyspiele finden. Brahten sia in thaz thing, stelleten sie in die Versammlung, Ottfr. B. 3, Kap. 17, V. 17 u. Kap. 20. V. 108, nennet er das Synedrium der Juden ein Thing. Concilio populorum communi, quod ab ipsis (Sueonibus) Worph, anobis Thinc vocatur; Adam von Bremen. Als auch 2) figürlich, was in einer solchen feyerlichen Unterredung beschlossen wird, eine Bedingung, ein Vertrag, in welcher Bedeutung so wohl Ding, als auch Geding, selbst von besondern Arten der Verträge, z. B. einem Heirathsvertrag, einer Leihe, Lehnung, Miethe, Schenkung, Anwartschaft u. s. f. sehr häufig war. Omne Thinx, quod est donatio, heißt es in dem Longobardischen Gesetze.3. Ein Gespräch, in welchem man streitet, ein Wortwechsel, besonders ein Wortwechsel vor Gerichte, und figürlich auch eine streitige Sache, eine Rechtssache, ein Prozeß. Auch von diesem veralteten Gebrauche finden sich in den ältern und mittlern Zeiten häufige Beyspiele. In den Monseeischen Glossen ist Dinch eine Rechtssache, und Notker gebraucht Dingstrit in eben dem Verstande. Im Angels. ist Thing gleichfalls ein jeder Streit, besonders ein gerichtlicher.4. Eine gerichtliche Versammlung, ein Gericht, und der Ort, wo dasselbe gehalten wird. Diese Bedeutung findet sich von den ältesten Zeiten an. Schon in dem Galischen Gesetze ist Thenca ein Gericht. Ottfried nennet ein Blut- oder Criminal-Gericht notlich Thing, und das jüngste Gericht Thing filu hebigas. Gebothen Ding ist in den spätern Zeiten eine ordentliche, ungebothen Ding aber eine außerordentliche Gerichtsversammlung. S. Bothding. Obgleich im Hochdeutschen auch diese Bedeutung veraltet ist, so ist sie doch in vielen Provinzen hin und wieder gänge und gebe. Zu Breslau theilen sich die Stadtgerichte in das große und in das kleine Ding, d. i. in das Ober- und Untergericht. Daher die noch hin und wieder übliche Redensart, das Ding hegen, Gericht halten. Sich vor gehegtem Dinge und an gewöhnlicher Gerichtsstelle einfinden. Am häufigsten kommt dieses Wort noch in einigen Niedersächsischen Gegenden, z. B. in Schleßwig, Hollstein u. s. f. vor, wo das Ding, oder das Ding und Recht, das Gericht in bürgerlichen Sachen ausdruckt. In diesen und andern Gegenden sind zum Theil auch noch die Zusammensetzungen Bürgerding, Vogtding, Dreyding, Meierding, Freyding u. s. f. üblich, besondere Arten der bürgerlichen Gerichte auszudrucken. S. auch die folgenden Zusammensetzungen, welche im Hochdeutschen gleichfalls veraltet, in einigen Provinzen aber noch jetzt üblich sind. Das Angelsächs. Ding, das Holländ. Ding, das Schwedische Ting, und das Dänische Thing haben gleichfalls die Bedeutung eines Gerichtes.

Anm. Sollte Ding in dieser letzten Bedeutung eine mehr als zufällige Verwandtschaft mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Gericht, und dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, richten, vor Gericht streuen, dingen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Rechtshandel, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein Richter, haben? so würde es eines der ältesten Wörter in der Deutschen Sprache seyn. Bey dem Ottfried und dessen Zeitgenossen kommt Ding und Geding auch häufig für Hoffnung, und dingen für hoffen vor; eine Bedeutung, derenVerwandtschaft mit den vorigen ein wenig schwer zu entwickeln seyn möchte.


Ding (W3) [Adelung]


2. Das Ding, des -es, plur. die -e, und in einigen Fällen auch die -er, ein Wort, welches heut zu Tage noch einen weiten Umfang der Bedeutung hat. Es bedeutet,1. * Eigentlich, Hausrath, Werkzeug, ein körperliches Hülfsmittel, etwas zu verrichten. Daß diese Bedeutung die erste und eigentliche sey, ist indessen nur noch eine bloße Muthmaßung, die Wachter zuerst gewaget, Ihre aber aus dem Isländischen und alten Schwedischen bestätiget hat. Das Latein. res wurde gleichfalls von dem Hausrathe gebraucht. Merkwürdig ist auch, daß im Alt-Französ. Afferi, Affri, Ackerpferde, Affare und Affarium im mittlern Lateinischen eine Meierey bedeutete, wovon hernach Affaire nicht allein die allgemeine Bedeutung eines jeden Eigenthums, sondern auch überhaupt einer jeden Sache bekommen hat, welches Schicksal es mit unsern Deutschen Worte Ding gemein hat.2. * Eine Arbeit, ein Geschäft. Sven der Bischof heim ist, swes er danne bidarf zu sinem Bade, zu der Kuchinen, zu der Schenken Ding, in dem Straßburg. Stadtrechte bey dem Schilter. Noch jetzt sagt man im Plural im gemeinen Leben, ich will meine Dinge schon machen, was mir zu thun oblieget. Sechs Tage sollt du arbeiten, und alle deine Dinge beschicken, 2 Mos. 20, 9. Bey dem Ottfried kommt githingen, das Zeitwort, mehrmahls für bestreben, sich bemühen, tendere, contendere, vor.3. In weiterer Bedeutung, eine Sache, im Gegensatze einer Person. Diese Bedeutung kommt nur noch zuweilen in den Rechten vor, das Latein. Res ausdrucken. S. auch Dinglich.4. In noch weiterem Verstande, ein Individuum, als die allgemeinste Benennung, wo man dieses Wort häufig gebraucht, wenn man die eigentliche Benennung eines Individui nicht weiß, oder nicht gebrauchen will. Was ist das für ein Ding? Das ist doch ein artiges Ding. Wissen sie nicht wie das Ding heißet? Ja, ja, die Liebe ist nun so ein wunderlich Ding, Weiße. An einigerley Ding, das von Fellen gemacht ist, 3 Mos. 13, 49. Das Salz ist ein gut Ding, Luc. 14, 34. In dieser Bedeutung hat der Plural die Dinger. Es ist in derselben auch das Diminutivum Dingelchen und im Plural Dingerchen üblich. Sie haben von mir wissen wollen, was Anakreontische und Sapphische Oden für Dinger sind, Kästn. Wie heißen die kleinen Dingerchen, die so in den Sonnenstrahlen herumfliegen? Less. Das sind große Weinbeeren; es sind ja Dinger wie Pflaumen. Ich glaube, die Herren Richter werden aus Höflichkeit die Dinger gar eingehen lassen, sagt der Jude bey Lessing von den Galgen. Im Niedersächsischen sagt man in dieser Bedeutung, obgleich mit einiger Verachtung, im Plural gleichfalls Dingerjes. In den gemeinen Mundarten werden die Mitesser an den Kindern auch die bösen Dinger genannt. An andern Orten heißt der Wurm am Finger das böse, und die Rose das heilige Ding. In eben diesem Verstande gebraucht man das Wort Ding im gemeinen Leben und in der vertraulichen Sprechart auch von Personen, und vornehmlich von jungen Personen des andern Geschlechtes, da es denn im Plural gleichfalls Dinger hat. Es ist ein artiges, ein leichtfertiges Ding. Das kleine lose Ding hat Lust mich noch zu schrauben. Hören sie doch, was ihre Minna für ein eingebildetes albernes Ding war, Less. Je nun, meine Tochter ist kein uneben Ding, Weiße. Wenn alle Mädchen so sind, wie ich mich jetzt fühle, so sind wir sonderbare Dinger, Less. Ein leichtsinniger Bube, der ein halb Schock arme junge Dinger verführet hat, Weiße. Wenns aufs Heirathen ankommt, wollt ihr Dinge immer klüger seyn, als eure Großväter, ebend. Zuweilen auch von Personen männlichen Geschlechtes. Wir haben über unsere Anbether gezankt, ich will die Dinger immer so nennen, Less. Freylich schleicht sich in diese Benennung etwas von Verachtung mit ein; aber in Preußen und einigen Niedersächsischen Gegenden ist sie der herrschende Begriff, denn da gebraucht man das Wort Ding nur von berüchtigten Weibespersonen. Hierher gehöret auch der Oberdeutsche Gebrauch dieses Wortes, eine Person zu bezeichnen, die man nicht zu nennen weiß, und alsdann gebraucht man es so wohl im männlichen, als weiblichen Geschlechte. Wie heißt der Ding? der Mann. Wo wohnet doch die Ding von der wir gestern sprachen? Etwas Ähnliches hat auch die Schwedische Sprache, wo das Wort Ting auch zuweilen im männlichen Geschlechte gebraucht wird.5. In noch weiterer Bedeutung, alles was wirklich vorhanden ist, ohne es als Individua zu betrachten, in welcher Bedeutung besonders der Plural die Dinge üblich ist. Gott ist der Schöpfer aller Dinge. Das Ende aller Dinge.6. In der weitesten Bedeutung, alles wovon einen Begriff haben kann, es sey nun wirklich oder nur bloß möglich, es sey nun eine Substanz, oder nur eine Eigenschaft, eine Beschaffenheit derselben, in welchem Verstande es im Plural gleichfalls Dinge hat, und nicht nur bey den Philosophen üblich ist, das Lat. Ens auszudrucken, sondern auch im gemeinen Leben häufig ist. Er gehet mit großen Dingen schwanger, macht große Entwürfe. Vor allen Dingen. Aller guten Dinge sind drey. Das gehet nicht mit rechten Dingen zu. Besonders in den vertraulichen Sprecharten. Das Ding, die Sache, der Vorschlag u. s. f. gefällt mir. Laß mir das Ding bleiben. Wie gehet das Ding zu? Das Ding siehet sehr bunt aus, die Sache sieht verwirrt aus. Das Ding begreife ich nicht. Ich weiß das Ding lange, die Sache. Ich habe das Ding lange gemerkt. Darüber ward er empfindlich, und sagte mir die unverschämtesten Dinge, Gell. Ich habe dem Dinge reiflich nachgedacht. Machen sie dem Dinge ein Ende, wenn wir Freunde bleiben sollen, ebend. In der anständigern Schreibart bedienet man sich in den meisten dieser Fälle lieber des Wortes Sache. Hierher gehören,7. Auch verschiedene adverbische Redensarten, in welchen diese allgemeine Bedeutung des Wortes Ding zum Grunde lieget. Guter Dinge seyn, aufgeräumt, sorgenlos seyn; welcher Ausdruck doch im Hochdeutschen wenig mehr vorkommt. Die Oberdeutsche Mundart ist vorzüglich reich an solchen adverbischen Ausdrücken. Platter Dingen, platterdings; schlechter Dingen, schlechterdings; befindenden Dingen nach, nach Befinden der Umstände; daß er sich in Ansehung der Miethe billiger Dinge bequeme; bewandten Dingen nach; neuer Dingen, für neulich; gestallten Dingen nach; unmöglichen Dingen, unmöglich; allthunlicher Dingen nach; keiner Dinger, keinesweges; befugter Dingen, mit Recht; wiederhohlter Dingen, nochmahls; er wollte es nicht so leichter Dingen fahren lassen, und hundert andere Ausdrücke mehr, die den Hochdeutschen unbekannt sind.

Anm. 1. Obgleich das Wort Ding in den meisten Fällen, besonders aber in der weitesten Bedeutung nur den gemeinen Sprecharten eigen ist, so lässet es sich doch auch in diesen nicht überall gebrauchen, wo man es wohl ehedem gebrauchen konnte. Ich thue ein Ding in Israel, daß wer das hören wird, u. s. f. 1 Sam. 3, 11. Denn es nutzet nicht - weil es ein eitel Ding ist, Kap. 12, 21. Wo Neid und Zank ist, da ist Unordnung und eitel bös Ding, Jac. 3, 16 u. s. f. sind noch Überbleibsel derOberdeutschen Mundart, in welcher dieses Wort häufiger gebraucht wird, als in der Hochdeutschen.

Anm. 2. Wachter leitet dieses Wort von thun her; eine Ableitung, die viele Wahrscheinlichkeit hat, aber freylich nur noch eine Muthmaßung ist, und worauf sich die gleichfalls nur muthmaßliche erste Bedeutung eines Werkzeuges gründet. Aber es wird überhaupt schwer fallen, von dem Ursprunge dieses so alten Wortes etwas mehr als Muthmaßungen anzugeben. Eben um deßwillen ist es auch unbekannt, ob Ding, so fern es ein Gespräch und Gericht bedeutet, von Ding, eine Sache verschieden ist, oder ob solches nur verschiedene Bedeutungen eines und eben desselben Wortes sind. Soweit wir beyden Wörter heut zu Tage kennen, lassen sich ihre Bedeutungen ohne Gewaltthätigkeit nicht wohl mit einander vereinigen. Aber es ist möglich, daß verschiedene Bedeutungen verloren gegangen sind, die die Sprossen einer Leiter ausgemacht haben, von welcher uns jetzt nur noch die zwey äußersten Enden übrig sind. In einigen Gegenden, z. B. der Pfalz, hat dieses Wort, auch wenn es nicht bloß ein Individuum bedeutet, im Plural die Dinger. Als es der Natur der Dinger (der Dinge) eben kommt, d. i. gemäß ist, heißt es auch in dem 1483 zu Ausburg gedruckten Buche der Natur. Als Wolf die Philosophie von den unnützen Grillen der Scholastiker säuberte, und sich dadurch dem Spotte der Thoren aussetzte, nannte Gottfried Zeidler die Ontologie aus Verachtung die Dingerlehre, womit er auf eine schmutzige Bedeutung es Wortes Ding unter dem Pöbel anspielete. Zu verwundern ist es daher, wie ein gewisser Schriftsteller noch vor wenig Jahren die Ontologie in allem Ernste mit diesem längst vergessenen niedrigen Nahmen belegen können.


Dingbank (W3) [Adelung]


* Die Dingbank, plur. die -bänke, an einigen Orten noch die Gerichtsbank, die Gerichtsstätte.


Dingebrief (W3) [Adelung]


Der Dingebrief, des -es, plur. die -e, unter den Handwerkern einiger Gegenden, ein schriftlicher Vertrag, besonders wenn darin eine Arbeit, oder eine Lieferung bedungen wird. S. das folgende.


Dingen (W3) [Adelung]


Dingen, verb. irreg. act. Imperf. ich dung, Mittelwort gedungen; welches ehedem in eben so vielfachen Bedeutungen üblich war, als 1 Ding. Es bedeutet, 1. * Reden, sprechen. Vnz er thingota mit in, so lange er mit ihnen redete, Ottfried. Besonders von verschiedenen Verrichtungen, welche durch Worte geschehen. 1) Zu sich berufen, vorfordern, in welchem Verstande es in den ältern und mittlern Zeiten häufig ist. 2) Geloben, eine gleichfalls veraltete Bedeutung. 3) Appelliren. Hier er nicht an den Chaiser gedingt, Pewger bey dem Pez im Glossar. Diese Bedeutung soll noch in Baiern üblich seyn. 4) Unterhandeln, in welchem Verstande dieses Wort noch im gemeinen Leben, von der Unterhandlung über den Preis einer Sache gebraucht wird. Er dinget sehr genau. Im Oberdeutschen feilschen, märkeln, im Nieders. filen, im Hochdeutschen auch handeln. S. Bedingen. 2. Einen Vertrag machen, S. die Zusammensetzungen, Aufdingen, Ausdingen, Eindingen; von welcher Bedeutung, die ehedem einen sehr weiten Umfang hatte, dieses Wort nur noch von derjenigen Art des Vertrages gebraucht wird, wo man einen andern durch einen verheißenen Lohn zu etwas beweget, miethen. Arbeiter dingen. Einen Fuhrmann dingen. Ein gedungener Mörder. Ein gedungener Lobredner, der um einen Lohn lobet. Eine gedungene Feder. Sich auf ein Schiff dingen. Ja dinget nur die halbe Welt zusammen, Und raset wilder Einen Mann, Raml. 3. * Prozessiren, eine Sache vor Gericht führen, ingleichen richten, urtheilen, von welchen längst veralteten Bedeutungen in Schilters Glossario Beyspiele vorkommen. S. 1 Ding.

Anm. Bey den ältern und neuern Oberdeutschen gehet dieses Verbum regulär, ich dingte, gedingt; welche Conjugation noch sehr oft in der Deutschen Bibel vorkommt. Z. B. 2 Mos. 22, 15. 5 Mos. 23, 4 Richt. 18, 4. Matth. 20, 7, u. s. f. Eben diese reguläre Conjugation hatte es, wenn es hoffen bedeutete. Vnsere forderen dington an dih, unde du lostost si, Notker. S. Bedingen.


Dingepfennig (W3) [Adelung]


* Der Dingepfennig, des -es, plur. die -e, S. Angabe.


Dingflüchtig (W3) [Adelung]


* Dingflüchtig, adj. et adv. in den Rechten zuweilen noch, den Gerichten entflohen. Er ist dingflüchtig geworden, ist den Gerichten entflohen. Ein Dingflüchtiger. Das Hauptwort die Dingflucht war ehedem gleichfalls üblich. S. 1 Ding.


Dingfrieden (W3) [Adelung]


* Der Dingfrieden, des -s, plur. car. in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, zuweilen noch die Unverletzlichkeit der Gerichtsstellen. Den Dingfrieden brechen. S. 1 Ding.


Dinggericht (W3) [Adelung]


* Das Dinggericht, des -es, plur. die -e, an einigen Orten, ein Dorf- oder Bauerngericht, worin besonders die Rügen angebracht werden. S. Feldgericht. Gericht scheinet in dieser Zusammensetzung bloß eine Erklärung des unbekannt gewordenen Wortes Ding zu seyn.


Dinggräf (W3) [Adelung]


* Der Dinggräf, des -en, plur. die -en, in den obigen Gegenden, der Vorsteher, oder Richter in einem Dinggerichte, der an andern Orten auch ein Bauermeister heißt.


Dinghof (W3) [Adelung]


* Der Dinghof, des -es, plur. die -höfe. 1) Ein Ort, wo der Gerichtsherr den Landleuten das Recht spricht, an einigen Orten; von Ding, das Gericht. Daher der Dinghofsherr, der Besitzer eines solchen Gerichtes; der Dinghofsmann, dessen Beysitzer, welche in Schleßwig Dinghörer, an andern Orten auch Dingmänner genannt werden. 2) Ein Hof, der einem Lehnsmanne mit der Bedingung verliehen wird, etwas bestimmtes davon zu leisten, oder sich widrigen Falls einer gewissen Strafe zu unterwerfen; Curia dominicalis, von Ding, ein Vertrag. In der Schweiz, Elsaß und am Niederrheine sind dergleichen Höfe noch sehr häufig. Besonders führen daselbst diesen Nahmen diejenigen Höfe, auf welchen die so genannten Kutscherzinsen haften. Am Niederrheine wird oft eine jede Meierey, ein jeder leibeigener Hof, ein Dinghof genannt.


Dinghörer (W3) [Adelung]


* Der Dinghörer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Dinghof 1.


Dingkauf (W3) [Adelung]


* Der Dingkauf, des -es, plur. die -käufe, an einigen Orten, ein außerordentliches Gericht, welches auf Kosten des Klägers gehalten und dadurch gleichsam gekaufet wird; S. 1 Ding.


Dinglich (W3) [Adelung]


1. * Dinglich, adj. et adv. gerichtlich, zum Gericht gehörig, ein Wort, welches im Hochdeutschen völlig veraltet ist; S. 1 Ding.


Dinglich (W3) [Adelung]


2. Dinglich, adj. et adv. von Ding, so fern es eine Sache, im Gegensatze einer Person ausdruckt, in den Rechten, was einem Dinge oder einer Sache zukömmt, im Gegensatze des Persönlichen. Das dingliche Recht, jus reale. Einige Sprachlehrer haben auch das ungewisse Geschlecht das dingliche nennen wollen. Allein da die Voraussetzung sehr unrichtig war, so haben sie auch wenig Beyfall damit gefunden.


Dingmann (W3) [Adelung]


* Der Dingmann, des -es, plur. die -leute, S. Dinghof 1.


Dingpfennig (W3) [Adelung]


* Der Dingpfennig, des -es, plur. die -e, S. Angabe und Handgeld.


Dingpflichtig (W3) [Adelung]


* Dingpflichtig, adj. et adv. einem Dinge oder Untergerichte unterworfen, in einigen Gegenden, z. B. im Schlesischen. S. 1 Ding und Dingstellig.


Dingstag (W3) [Adelung]


Dingstag, S. Dinstag.


Dingstatt (W3) [Adelung]


* Die Dingstatt, plur. die -stätte, oder die Dingstätte, plur. die -n, an einigen Orten, der Ort, wo ein Ding, oder Untergericht gehalten wird; die Dingstelle, der Dingstuhl.


Dingstelle (W3) [Adelung]


* Die Dingstelle, plur. die -n, S. das vorige.


Dingstellig (W3) [Adelung]


* Dingstellig, adj. et adv. an einigen Orten, wie dingpflichtig.


Dingstuhl (W3) [Adelung]


* Der Dingstuhl, des -es, plur. die -stühle, S. Dingstatt.


Dingvogt (W3) [Adelung]


* Der Dingvogt, des -es, plur. die -vögte, in dem Hollsteinischen, der Richter in dem Dinge und Rechte.


Dinkel (W3) [Adelung]


Der Dinkel, des -s, plur. car. eine Getreideart, welche nach dem Linne eine Art des Weizens ist, vierblüthige abgestumpfte Kelche und Blüthen hat; Triticum spelta, L. Dinkel ist der Oberdeutsche Nahme dieses Gewächses, im Nieders. wird es Spelt, ingleichen Quälkorn genannt. Nach andern sind Dinkel und Spelt oder Spelz noch verschieden, indem der Dinkel nur Ein Korn in Einem Balge ( S. Einkorn,) der Spelt deren aber zwey haben soll. Wenn die Körner aus den Hülsen sind, heißen sie im Oberdeutschen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Kern; so lange sie aber noch in den Hülsen stecken, werden sie daselbst Vessen, Vesen, Fasen, genannt, welchen Nahmen auch wohl das ganze Gewächsführer. Amelkorn ist ein anderer Oberdeutscher Nahme, der vermuthlich daher rühret, weil das Amelmehl ehedem aus dessen Körnern verfertiget wurde; S. dieses Wort, ingleichen Spelz. Der Nahme Dinkel soll aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - vererbt seyn, weil es gleichsam gespalten ist, so daß auf jeder Seite der Ähre zwey Körner neben einander stehen. S. Einkorn.


Dinkelgerste (W3) [Adelung]


Die Dinkelgerste, plur. car. eine Art Gerste, welche vierzeilig, und nackt ist, und auch Himmelskorn, Davidskorn, ingleichen Ägyptisches Korn genannt wird.


Dinstag (W3) [Adelung]


Der Dinstag, richtiger Dinstag, des -es, plur. die -e, der dritte Tag in der Woche. Auf den Dinstag will ich zu dir kommen. Ich sahe ihn Dinstags früh.

Anm. Im Nieders. heißt Tag Dingsdag, im Holländ. Dijnsdagh, Dyensdagh, Dyssendagh, im Dän. Tijsdag, im Schwed. Tisdag. im Angels. Tuesdaeg, Tiwesdaeg, im Engl. Tuesday, im Isländ. Tyrsdaeg. Über den Ursprung dieser Benennung hat man allerley, zum Theil sehr verschiedene Muthmaßungen gehabt. Einige haben sie durch Dingstag erkläret, wil die Alten an diesem Tag Ding oder Gericht zu halten pflegten; andere haben sie dagegen von Dienst ableiten wollen, weil die Dienste, d. i. die Zinsen und Gülten, an diesem Tage bezahlet werden müssen. Allein daß beyde Verrichtungen vorzüglich diesem Tage eigen gewesen, ist noch unerwiesen. Da alle übrige Wochentage nach dem Beyspiele der Latein. Benennungen von den Planeten entlehnet sind, der Dinstag aber im Lateinischen von dem Mars benannt worden, so ist sehr wahrscheinlich, daß auch der Deutsche Nahme eben dieselbe Bedeutung habe. Über dieß hat Ihre sehr deutlich gewiesen, daß der Mars bey den alten Angelsachsen Tuu und Tug, im Genit. Tuues geheißen habe. Eigentlich sollte dieser Tag im Deutschen Distag oder Duestag heißen; allein man hat noch andere Beyspiele, da das n vor dem s bloß von der nieselnden Mundart eingeschaltet worden. Was diese Ableitung bestätiget, ist, daß der Nahme Dinstag ehedem nur dem nördlichen Deutschlande eigen war. Im Oberdeutschen hieß dieser Tag Erichtag, Ertag, und in einigen Gegenden führet er diesen Nahmen noch. Erich ist aber auch nichts anders als der Oberdeutsche Nahme des Kriegesgottes Mars. In Oberschwaben wird dieser Tag auch der Aftermontag genannt. Die Schreibart Dienstag gründet sich bloß auf die unrichtige Ableitung von dem Worte Dienst. Die Aussprache erfordert deutlich genug ein kurzes, und kein langes i.


Dinte (W3) [Adelung]


Die Dinte, S. Tinte.


Diptam (W3) [Adelung]


Der Diptam, des -s, plur. car. ein Nahme, der verschiedenen Pflanzen beygeleget wird. 1) Der eigentliche oder so genannte weiße Diptam gehöret zu den Pflanzen mit zehen Staubfäden und einem Staubwege; Dictamnus, L. woraus auch der Deutsche Nahme entstanden ist. Er wächset in Deutschland, Frankreich und Italien wild, und wird noch jetzt für eines der wirksamsten Gegengifte gehalten. S. auch Aschwurz. 2) Der falsche oder unrechte Diptam, ist eine Art des Andorns, und wächst auf der Insel Kreta; Marrubium Pseudo-Dictamnus, L. 3) Der Kretische Diptam hingegen Origanum Dictamnus, L. ist eigentlich eine Art des Dostens, wächset auf der Insel Kreta auf dem Berge Ida, und ist gleichfalls als ein gutes Gegengift bekannt.


Dir (W3) [Adelung]


Dir, der Dat. Sing. des persönlichen Fürwortes der zweyten Person; S. Du.


Dirne (W3) [Adelung]


Die Dirne, plur. die -n. 1) Eine junge unverheirathete Person des andern Geschlechtes. In dieser Bedeutung war dieses Wort ehedem in edlem Verstande üblich, indem nicht nur die Nonnen, sondern auch die Jungfrau Maria damit beleget wurden. Heut zu Tage ist es in derselben im Hochdeutschen beynahe veraltet, und man nennet in Niedersachsen nur noch die ledigen Weibespersonen gemeiner Leute Dirnen. Wie manche frische Dirne Schminkt sich aus jenem Bach, Haged. Denn oft die Natur auf eine de blühenden Dirnen Ihre glücklichsten Reize verschüttet, Zachar. 2) Eine Magd, welche Bedeutung gleichfalls nur noch im Niedersächsischen angetroffen wird.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort in beyden Bedeutungen Deren. Thiarna, Thierna, ist schon bey dem Ottfried und Willeram eine Jungfrau und Thiarnaduam bey dem ersten die Jungfrauschaft. Eben derselbe gebraucht Thiarna auch für eine Kindbetterinn. Bey den Schwäbischen Dichtern ist Diuren so viel als ein Mädchen, und Älfrik braucht Dyrna für eine Hure. Wachter glaubt, daß dieses Wort aus Thienerne, eine Dienerinn, zusammen gezogen sey. Allein die Bedeutung einer Magd ist neuer, wenigstens kommt sie bey den ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern bey weitem nicht so häufig vor. Das Schwed. Taerna, und Isländ. Therna bedeuten gleichfalls eine Magd, und in der erstern Sprache ist Thyr ein Knecht.


Discant (W3) [Adelung]


Der Discant, des -es, plur. inus. aus dem mittlern Latein. Discantus, die höchste Stimme in der Musik; die Oberstimme, nach dem Ital. Soprano. Daher die Discant-Stimme, plur. die -n, diejenige Stimme, welche den Discant singet; die Discant-Flöte, plur. die -n, eine Flöte, welche eine Quarte oder Quinte niedriger gehet als das Flageolet, und eine Quinte höher als die Alt- und Basset-Flöte. Der Discantist, des -en, plur. die -en, der den Discant singet.


Dissident (W3) [Adelung]


Der Dissident, des -en, plur. die -en, aus dem Latein. dissidere, eine allgemeine Benennung, mit welcher in Pohlen die von der herrschenden Kirche abweichenden Lutheraner, Reformirten und Griechen beleget wurden.


Distel (W3) [Adelung]


Die Distel, plur. die -n. 1) Überhaupt ein jeder stacheliger Blumenkopf einer Pflanze, und die Pflanze selbst, welche solche trägt. Da es mehrere Arten solcher Gewächse gibt, so sind auch viele mit Distel zusammen gesetzte Benennungen entstanden, dergleichen Gewächse von andern zu unterscheiden. Daher die Bergdistel, Brachdistel, Gänsedistel, Gartendistel, Haferdistel u. s. f. 2) In engerer Bedeutung, eine Pflanze, deren eyförmiger Kelch aus stacheligen Schuppen bestehet, welche wie Dachziegel über einander liegen; Carduus, L. Die Speerdistel, Carduus lanceolatus, die krause Distel, Carduus crispus, die Sumpf-distel, Carduus palustris, die knollige Distel, Carduus tuberosus, die Sterndistel, Carduus stellatus, die Mariendistel oder Frauendistel, Carduus Mariae, und andere mehr, sind Unterarten derselben.

Anm. Tatian nennt ein solches Gewächs schon Thistilo. Im Nieders. Holländ. und Angels. lautet dieses Nahme gleichfalls Distel, im Dän. und Norweg. Tidsel, im Schwed. Tistel, im Isländ. Thistil, im Engl. Thistle. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Benennung von dem Angels. thydan, stechen, abstammet. S. Deichsel. Die Hochdeutsche Mundart spricht das i in diesem Worte gern kurz aus, dagegen die gemeinen Mundarten es gemeiniglich dehnen, als wenn es Diestel geschrieben wäre.


Distelkopf (W3) [Adelung]


Der Distelkopf, des -es, plur. die -köpfe, die Blume, nebst dem runden Samenbehältnisse einer Distel, welche auch nur schlechtweg die Distel genannt werden.


Distellaus (W3) [Adelung]


Die Distellaus, plur. die -läuse, eine Art Blattläuse, welche sich auf den Blättern der Disteln aufhalten; Aphis cardui, L.


Distel-Melone (W3) [Adelung]


Die Distel-Melone, plur. die -n, die Frucht eines Amerikanischen Gewächses und dieses Gewächs selbst. Sie gleicht einer Melone, nur das sie mit krummen Stacheln besetzt ist.


Distelorden (W3) [Adelung]


Der Distelorden, des -s, plur. ut nom. sing. S. Andreas-Orden.


Distelpfennig (W3) [Adelung]


Der Distelpfennig, S. Deichselpfennig.


District (W3) [Adelung]


Der District, des -es, plur. die -e, ein Bezirk, eine Gegend, welche unter einem gewissen Gerichtszwange, oder unter eines Gebiethe stehet. Es ist aus dem mittlern Lateinischen Districtus, welches so wohl die Ausübung des Gerichtszwanges und einer jeden oberherrschaftlichen Gewalt, als auch den Bezirk derselben bedeutete. S. des du Fresne Glossar. v. Distringere.


Ditchen (W3) [Adelung]


Das Ditchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Brachvogel.


Dithyrambe (W3) [Adelung]


Die Dithyrambe, plur. die -n, bey den alten Griechen, eigentlich ein Gedicht, welches zum Lobe des Bachus an seinen Festen gesungen wurde. Hernach auch in weiterer Bedeutung, eine jede Ode, in welcher eben derselbe erhabene und kühne Schwung herrschet, welcher den eigentlichen Dithyramben eigen war. S. Cicero de opt. gen dic.


Diwan (W3) [Adelung]


Der Diwan, des -s, plur. inus. der Staatsrath des Türkischen Kaisers, in welchem der Groß-Wessir den Vorsitz hat. Vollständig heißet dieser Nahme im Türkischen Gälebe Diwan.


Dobber (W3) [Adelung]


* Der Dobber, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in Niedersachsen übliches Wort, in der Schiffahrt ein Holz anzudeuten, welches über dem Anker schwimmt, und die Stelle zeiget, wo derselbe lieget. S. 2 Döbel. Gemeiniglich wird dieses Zeichen auch eine Boje genannt; S. dieses Wort.


Döbel (W3) [Adelung]


1. Der Döbel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art eßbarer Weißfisch mit einem dicken Kopfe und breiten silberfarbenen Schuppen; Cyprinus Dobula, L. S. Alant. In Meißen und Brandenburg lautet dieser Nahme mehrentheils Diebel. An einigen Orten heißt dieser Fisch auch Mauser oder Mäuser, weil er Mäuse essen soll, an andern Dickkopf, Bratfisch. Sein Böhmischer Nahme ist Tlausst.


Döbel (W3) [Adelung]


2. Der Döbel, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein Zapfen, ein Pflock. So nennen die Mäurer und andere Arbeitsleute den hölzernen Pflock, welcher in die Mauer getrieben wird, etwas darin zu befestigen, einen Döbel. Bey den Faßbindern sind es stumpfe hölzerne Nägel, womit die Bodenstücke an einander gefüget werden, bey den Steinmetzen eiserne Bolzen, mit welchen auf ähnliche Art die Steine an einander gefüget werden, bey den Wagnern hölzerne Pflöcke, die Felgen eines Rades an einander zu befestigen, bey den Schlössern, ähnliche eiserne Zapfen, welche durch zwey Stücke gehen, die man mit einander vereinigen will, u. s. f. In den gemeinen Mundarten wird dieses Wort Debel, bald Diebel, bald aber auch Dobbel ausgesprochen. Vermuthlich gehöret dieses Wort zu einem alten Stamme, der ehedem schlagen bedeutet hat, wie das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und von welchem dupfen, und tüpfen, stopfen, Fußstapfen u. a. m. noch als Intensiva übrig sind. S. auch Dubhammer, Dobber und Daube. Das Nieders. Tappen, im Hoch- und Oberdeutschen ein Zapfen, scheinet gleichfalls hierher zu gehören, und auch ein Intensivum von dobben, dubben, stechen, stoßen, schlagen, zu seyn.


Döbel (W3) [Adelung]


3. Der, oder das Döbel, des -s, plur. car. bey den Landleuten in Obersachsen, eine Art Unkrautes, welches unter dem Getreide, besonders aber unter der Gerste und dem Hafer wächset, und einem dünnen Halm mit einer zweyzeiligen langen Ähre hat.


Döbelboden (W3) [Adelung]


Der Döbelboden, des -s, plur. die -böden, im gemeinen Leben, der Fußboden zwischen zwey Stockwerken, wo der Raum zwischen zwey Hauptbalken mit dicht an einander gelegten Balken ausgefüllet ist, welche mit zur Seite eingebohrten Döbeln verbunden werden. So fern ein solcher Boden dem untern Zimmer zur Decke dienet, heißt er auch eine Döbeldecke.


Döbeln (W3) [Adelung]


Döbeln, verb. reg. act. mit Döbeln verbinden. Ein Faß, oder den Boden eines Fasses döbeln, bey den Faßbindern, die Bodenstücke durch Döbel an einander fügen.


Doberig (W3) [Adelung]


* Doberig, adj. et adv. ein Meißnisches Provinzial-Wort, welches von einer dicken, warmen und haben windstillen Luft gebraucht wird, un so viel als das Hochdeutsche schwühl ist. Doberiges Wetter. Die Abstammung ist mir unbekannt; vielleicht ist es nach ein Überbleibsel der Slavisch-Sorbischen Mundart, dergleichen es in den untern Classen in Meißen mehrere gibt.


Doch (W3) [Adelung]


Doch, ein Partikel, welche eigentlich für den Nachsatz gehöret, und überhaupt betrachtet, eine Bejahung andeutet, obgleich diese Bejahung gemeiniglich mit allerley Nebenbegriffen verbunden ist. In den sieben ersten Bedeutungen hat sie die Gestalt eines Bindewortes; allein in der letzten kann sie zuweilen für ein bloßes Nebenwort gelten. Sie dienet,1. Einem Satze zu Begleiten, welcher dem Vordersatze zu Folge eigentlich nicht Statt finden sollte, wie dennoch. Ob du mir gleich viel vorgeplaudert hast, so habe ich doch nichts verstanden. Ungeachtet er mich sahe, so redete er mich doch nicht an. Wenn der Vordersatz sich mit keinem Bindeworte anfänget, so stehet doch am liebsten hinter dem Verbo finito, so daß dieses den Nominativ vor sich hat. Zanken sie immer; ich weiß doch, daß sie mich lieb haben. Gehen sie immer sauer aus; sie meinen es doch gut mit mir. Man beleidiget mich täglich; aber ich werde doch nicht müde, Gutes zu thun. Ich verboth es ihm; aber er that es doch. Du redest fast so klug, wie mein Bruder, und hast doch nicht studiret, Gell. Im gemeinen Leben läßt man das doch den Nachsatz zuweilen anfangen; alsdann tritt der Nominativ hinter das Zeitwort. Die Sache war richtig; doch wollten sie nicht daran. Minder hart klingt es, wenn und vorher gehet. Die Sache war richtig, und doch wollten sie nicht daran. Zuweilen ist der Satz, wor-auf sich doch beziehet, versteckt, und weit vorher zu suchen. Gutes Kind, du wirst doch denken, daß ich ihn zu deinem Vergnügen habe herbitten lassen, Gell. Es ist doch ein unertraglicher Stolz, daß er mich verläßt, ebend. Zuweilen wird er auch in dem Nachsatze eingeschaltet. Dieß kann ich, so alt ich bin, doch wohl leiden, ebend. S. Dennoch.2. Bezeichnet sie auch einen Gegensatz dessen, was im Vorhergehenden gesagt worden, wie aber; da sie denn den Nachsatz alle Mahl anfängt. Du polterst und drohest nur immer; doch ich habe gelindere Mittel. Er hatte versprochen zu kommen; doch er kam nicht.3. eine Compensation dessen, was in dem Vordersatze war gesagt worden, da sie denn gleichfalls für aber, und auch zu Anfange eines Nachsatzes stehet. Er spricht schlecht; doch er schreibt gut. Du hättest alles erhalten, wo nicht mit Gewalt, doch mit Güte. Leicht läßt sich die Vernunft, doch schwer das Herz betriegen, Gell. 4. Eine Einschränkung des Vordersatzes, auch wie aber; da es gleichfalls den Nachsatz anfängt. Ich erlaube dir viel, doch nicht zu viel. Zwar lehren wir und lernen beyde; Doch unsre Wissenschaft ist Freude, Und unsre Kunst Gefälligkeit, Haged. Apoll vergaß bey muntern Chören, Wenn ihm ein holder Mund gefiel, Die stolze Harmonie der Sphären; Doch nicht sein sanftes Saitenspiel, ebend. 5. Einen Einwurf; immer noch wie aber, und auch zu Anfange des Satzes. Es ist freylich nicht erlaubt; doch er kann nicht gewußt haben, daß es verbothen ist. Die Natur ist hier schön; doch wird sie es auch für mich seyn?6. Eine Bedingung, in der vertraulichen Sprechart. Morgen erwarte ich sie; doch daß sie mir das Bewußte mitbringen. Ich will es ihnen sagen; doch müssen sie mir versprechen, daß sie mich nicht verrathen wollen. auch hier kann es durch das Bindewort aber ersetzet werden.7. Oft dienet es bloß, eine vorher angefangene Rede abzubrechen, welchen Gebrauch es mit dem aber gleichfalls gemein hat. Es wäre viel davon zu sagen; doch wir wollen hier keine Untersuchungen anstellen. Es ist freylich nicht recht; doch wir wollen davon abbrechen.8. Noch öfter werden die bisher bemerkten Bedeutungen, und die Beziehung auf das Vorhergehende unkenntlich, und da hat diese Partikel eine intensive Kraft, durch ihre bejahende Bedeutung den Nachdruck zu erhöhen, oder doch wenigstens die Vollständigkeit und die Ründe der Rede zu befördern. Sie stehet in diesem Falle alle Mahl hinter einem oder mehreren Worten. Sie begleitet alsdann, 1) eine einfache Bejahung oder Verneinung. Ja doch! Nein doch! Nicht bloß! wo die Partikel zugleich einigen Unwillen verräth. 2) Einen bejahenden Satz. Auf diese Art weiß man doch, worauf man sich zu verlassen hat, Gell. wir müssen doch mit ihr reden. Ich möchte doch wissen, was sie mir zu sagen hätte, ebend. Die Alte sollte sich doch schämen, Die Mannsperson mir zu entziehn, ebend. Zuweilen kann durch eine Inversion, welche in der vertraulichen Sprechart ihre Anmuth hat, der Nominativ hinter das Zeitwort gesetzt werden. Bricht mir doch der Angstschweiß darüber aus, für es bricht mir doch u. s. f. Ist mirs doch recht lieb, daß ich sie hier sehe. Wäre ich doch vorhin bald eben so leichtgläubig gewesen. Hätte ich doch nicht gedacht, daß du so verliebt wärest! Gell. Sieht sie doch so freundlich aus, als wenn u. s. f. Verlier ich doch, so mächtig ich auch bin, An dir den Ruhm der größten Zauberinn, Gell. Hast du mich doch erschreckt, daß ich beynahe die Blumen verschüttet habe! Weiße. 3) Einen Imperativ, wo doch oft einigen Unwillen verkündet. Wirf mir doch das nicht vor. Laß mich doch zufrieden. So höre doch. Ach gehe doch. Oft hat es auch nur die Gestalt einer Bitte. Sage mir es doch. Folgen sie mir doch. Wo ist er denn? O, zeiget mir ihn doch, Gell. Aber auch in dieser letzten Gestalt setzt es Vertraulichkeit voraus, daher man es in dieser Bedeutung gegen Personen, denen man Ehrerbiethung schuldig ist, nicht gebrauchen darf. 4) Eine Frage. Sie haben es doch? Es ist doch wohl nichts Böses? Sie wird doch nicht Tag und Nacht bethen? Das will ich nicht hoffen, Gell. Camilla? - doch wohl nicht die Schwester des Lälio? Es ist doch Weiberlehn? Seht, was ich fand, ihr habts doch wohl verloren? Gell. Auch wenn diese Frage einen Verweis, einen Unwillen enthält. Was reden sie doch? Du wirst doch nicht schon wieder sitzen? Wie könne sie sich doch ohne Noth traurig machen? Gell. Du wirst doch wissen, ob du ihm gut bist? Sie werden mir doch nicht zumuthen, daß ich in ihre Seele reden soll? 5) Einen Ausruf, einen Wunsch. O, daß doch meine Vater käme! O, könnte er doch nur lieben! Ingleichen eine Klage. Die Zeiten sind doch gar zu schlecht! O, daß ihr Leute doch allenthalben Widersprüche findet!Anm. Im Nieders. lautet diese Partikel doch, bog, bey dem Ulphilas thau, bey dem Ottfried thoh, bey dem Willeram doh, im Angels. deah, im Holländ. doch, im Engl. though, Dän. dog, im Schwed. dock. Sie scheinet aus da auch zusammen gesetzet zu seyn, welches wenigstens mit ihren Bedeutungen sehr gut überein kommt. Die Alten gebrauchten sie auch im Vordersatze für obgleich, und so gebraucht schon Kero sein dohdoh. S. Dennoch und Jedoch.


Docht (W3) [Adelung]


Der Docht, des -es, plur. die -e, derjenige brennbare Körper in einem Lichte oder einer Lampe, welcher das Fett oder Öhl zuführet, so die Flamme eigentlich unterhalten muß. Des Lebens Docht, eine schon sehr abgenutzte Figur, das Leben zu benennen.

Anm. Man leitet dieses Wort von ziehen, Nieders. tehen her, und da ist die Oberdeutsche Mundart, welche dieses Wort Tocht und Tacht spricht und schreibet, der Abstammung freylich getreuer geblieben, als die Hochdeutsche. Indessen findet sich schon bey dem Opitz Docht. In der Niedersächsischen und gemeinen Obersächsischen Mundart lautet dieses Wort Dacht. Im Oberdeutschen ist es zugleich ungewissen Geschlechtes, das Tocht, welches auch in der Deutschen Bibel beybehalten worden? ein glimmendes Tocht.


Dochtbank (W3) [Adelung]


Die Dochtbank, plur. die -bänke, bey den Lichtziehern, eine Bank, auf welcher die Dochte zu den Lichtern verfertiget werden.


Dochtgarn (W3) [Adelung]


Das Dochtgarn, des -es, plur. inus. das Garn, aus welchem die Dochte zubereitet werden; Lichtgarn.


Docke (W3) [Adelung]


1. Die Docke, plur. die -n, eine Art großer Hetzhunde, dergleichen besonders diejenigen sind, welche aus England und Irland zu uns kommen. Eine Englische Docke. Der Nahme ist aus dem Englischen Dog, ein Hund, wovon die Franzosen auch ihr Dogue, und die Dänen ihr Dogge entlehnet haben. Im Hannöverischen bedeutet Tacche eine jede Hündinn. S. Petze, ingleichen Zauche. Freylich sollte dieses Wort billig Doggegeschrieben werden; aber da die Hochdeutschen das ck sehr deutlich hören lassen, so wird es auch gemeiniglich mit demselben geschrieben.


Docke (W3) [Adelung]


2. Die Docke, plur. die -n, in den Seestädten, ein besonderer Ort in den Häfen oder an dem Ufer des Meeres, wo neue Schiffe gebauet und alte ausgebessert werden. Er hat einen mit Schleusen versehenen Canal, darein das Schiff mit der Fluth gebraucht wird, und sich bey der Ebbe, wenn das Wasser wieder abläuft, auf die Lagerhölzer setzt, da denn die Schleusen verschlossen werden. An einigen Orten, die Dockforme, von dem Franz. Forme, eine Docke.

Anm. In dieser Bedeutung lautet es im Engl. Dock, im Dän. Dakke, im Schwed. Docka. Junius leitet es von den Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Behältniß, Casaubonus aber von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Kasten, Schrank, her; Ableitungen, die man nur anführen darf, um ihre Unschicklichkeit zu zeigen. Die neuern Sprachforscher, Ihre selbst nicht ausgenommen, wissen indessen keine besseren. Da der Canal da Hauptstück einer Docke ist, so hätte man doch leicht auf das Angels. dican, graben, fallen können, von welchem auch Deich und Teich herstammen; S. beyde Wörter. Im mittlern Lateine bedeuten Doccia, Doga, Doha, Dugaria, sowohl einen Graben, als auch ein Trinkgefäß. Im Ital. ist Doccia noch jetzt ein Canal.


Docke (W3) [Adelung]


3. Die Docke, plur. die -n, Diminut. das Döckchen, Oberd. das Döcklein, überhaupt eine jede kurze dicke Säule. 1. Eigentlich, da dieses Wort in verschiedenen Handwerken und Lebensarten sehr häufig gebraucht wird, gewisse kurze dicke Säulen zu benennen, sie mögen nun viereckt, oder gedrechselt seyn. So werden in den Bergwerken diejenigen Hölzer, welche an beyden Seiten des Baumes hängen, der quer durch die Spindel geht, bey den Tuchmachern die kleinen Säulen an dem Spinnrade, worin die Spindel gehet, bey den Tischlern die starken Stücke Holz zu den Seiten der Gestühle, bey den Drechslern die kurzen Säulen, zwischen welchen das Holz, welches gedrechselt werden soll, eingespannet wird, ( S. auch Hohldocke,) in den Fischteichen die Zapfen oder Schlägel, in den Schmelzhütten die zwey hölzernen Säulen, zwischen welchen der Schämel des Blasebalges auf und nieder beweget werden kann, an den Wagen an einigen Orten die Rungen oder Bockhölzer, in der Baukunst kleine Säulen, Stollen oder Figuren an den Geländern, Docken genannt. Bey den Messerschmieden ist die Docke ein dünnes vierseitiges Eisen in dem Amboßklotze, mit einem Loche, die Messerklingen einzunehmen, wenn man den Absatz daran schlagen will. Die Schlösser nennen diejenigen Stücke gestähltes Eisen von allerley Gestalt, welche sie in den Schraubstock spannen, allerley Zierathen darauf auszutiefen, nicht nur Untersätze, sondern auch Docken. 2. Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit, 1) ein zusammen gelegtes Bund Schnüre, oder anderer biegsamer Körper. So heißt bey den Jägern ein zusammen gesetztes Bund Schnüre, Leinen u. s. f. eine Docke. S. Aufdocken und Ausdocken. Im gemeinen Leben führen diesen Nahmen kleine zusammen gedrehte Bündel Seide oder Garn. Die kleinen Bündlein Stroh, welche zuweilen zwischen die Fugen der Dachziegel oder Schindeln gesteckt werden, das Regenwasser abzuhalten, werden gleichfalls Docken genannt. In den Tobaksfabriken führen diesen Nahmen zusammen gebundene Bündel getrockneter Tobaksblätter, welche etwa ein halbes Pfund am Gewichte halten. 2) Eine Puppe; doch mehr im Oberdeutschen und Niedersächsischen, als im Hochdeutschen. Das Kind spielt noch mit der Docke. Sie aht sich geputzt, wie eine Docke. Daher der Dockenmacher, der Docken und andere Spielsachen für Kinder verfertiget, die Dockenwaare, der Dockenkrämer, der Dockenschrank u. s. f. 3) Eine Art des Kopfputzes des andern Geschlechtes.

Anm. Auch dieses Wort ist von den Sprachforschern bisher sehr vernachlässiget worden. Die meisten sehen die Bedeutung einer Puppe als die erste eigentliche an, und fallen daher entweder auf das Holländ. tocken, spielen, so doch erst von Docke abstammet, oder mit Wachtern auf das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ich schmücke, bereite zu. So fern dieses Wort eine Puppe bedeutet, lautet es im Oberdeutschen Tocke, im Niedersächsischen Dokke, im Schwedischen Docka. Es ist sehr glaublich, daß diese Bedeutung nur eine Figur von der Bedeutung einer kurzen Säule ist, und da kommt dieses Wort sehr genau mit Stock überein, welches bloß vermittelst des vorgesetzten Zischlautes aus Docke geworden, S. Stock. Wird doch Stock im gemeinen Leben auch sehr häufig gebraucht, einen kurzen, dicken Körper auszudrucken; z. B. der Stock eines abgehauenen Baumes, der Stock, d. i. der Rumpf, eines Hemdes u. s. f. Das mittlere Latein. Docarium und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Balken, gehören gleichfalls hierher.


Docke (W3) [Adelung]


4. Die Docke, plur. die -n, an den Clavieren, ein Tangent, S. Tocke.


Docken (W3) [Adelung]


Docken, verb. reg. 1. Activum, so fern Docke ein zusammen gelegtes Bund Schnüre u. s. f. bedeutet, zu einer Docke machen, aufwickeln; doch nur in den Zusammensetzungen aufdocken, ausdocken, S. diese Wörter. 2. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, mit der Puppe spielen, Puppen machen. Das Kind will docken. Nieders. dokken, Oberd. tocken, Holländ. tocken.


Dockengeländer (W3) [Adelung]


Das Dockengeländer, des -s, plur. ut nom. sing. in der Baukunst, ein Geländer, welches aus Docken, d. i. kurzen, meisten Theils gedrechselten Säulen, bestehet.


Dockenstämpel (W3) [Adelung]


Der Dockenstämpel, des -s, plur. ut nom. sing. in den Stampfmühlen, ein Stämpel, etwas damit zu zerstampfen, oder zu zerstoßen.


Dockenstock (W3) [Adelung]


Der Dockenstock, des -es, plur. die -stöcke, bey den Drechslern, ein Stock, d. i. hölzerne Docke, worin die eiserne Docke befindlich ist, und die wie ein Reitstock beweglich ist.


Dockforme (W3) [Adelung]


Die Dockforme, plur. die -n, S. 2 Docke.


Doctor (W3) [Adelung]


Der Doctor, des -s, plur. die Doctores, oder Doctoren, aus dem Latein. Doctor, ein Lehrer, ein Ehrennahme dessen, der die höchste Würde in der Theologie, Rechtsgelehrsamkeit, Arzeneykunde und Weltweisheit erhalten hat. Daher die Doctor-Würde, das Doctor-Diplom, der Doctor-Hut u. s. f. Im gemeinen Leben wird ein mit dieser Würde begabter Arzt nur - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein Doctor genannt, und in weiterer Bedeutung gibt hernach der Pöbel auch einem jeden, der sich berufen oder unberufen, mit Heilung menschlicher Gebrechen abgibt, diesen Nahmen.


Dod (W3) [Adelung]


* Der Dod, des -en, plur. die -en, die Fämin. die Dod, plur. die -en, ein nur im Oberdeutschen übliches, im Hochdeutschen aber völlig unbekanntes Wort, einen Pathen oder eine Pathe zu bezeichnen, in allen Bedeutungen dieses Wortes. In Schwaben lautet dieses Wort in dem weiblichen Geschlechte Toda. In andern gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes ist Tata bey den Kindern noch jetzt so viel als Vater, oder Mutter. Im Böhmischen bedeutet Ded den Großvater. S. Deutsch, Atte und Vater.


Dogge (W3) [Adelung]


Die Dogge, ein Hund, S. 1 Docke.


Dohle (W3) [Adelung]


1. * Die Dohle, plur. die -n, ein im Hochdeutschen unbekanntes, in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes aber sehr häufiges Wort, einen Canal, einen Graben, zur Ableitung des Wassers und anderer Feuchtigkeiten, eine Abzucht, anzudeuten. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort Dole, Dolle, Tole. In den Monseeis. Glossen wird Dolun durch cloacas erkläret. Im Niders. ist Dole eine kleine Grube, welche als ein Merk-mahl auf den Äckern aufgeworfen wird. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist dieses Wort männlichen Geschlechtes, der Dohl. Im Wallisischen ist Twll, ein Loch, eine Grube, welche Bedeutung auch das Goth. Daly, das Schwed. Tull, das Pohln. Dol, das Böhm. Dulek, und das Engl. Till hat. S. Dille. Im mittlern Lateine kommt Dola für einen niedrigen am Wasser gelegenen Acker vor, und auf dem Lande um Leipzig und in Meißen ist Dölle oder Tölle, eine niedrige Stelle in einem Acker, in welcher sich in nassen Jahren das Wasser stammet; S. Thal und Teller. Du Fresne führet bey dem Worte Dolium folgende Stelle aus einer Urkunde von 1191 an: Decretum est quod Domini de Vico habeant in perpetuum medietatem pulmenti, et quod Praepositio et ecclesiae Magalonensi remaneat salvum in perpetuum totum pulmentum, seu usaticum dolii Gradus; quod dolium ita interpretatur, quantum durant undique littora maris, id est, quantum durat canalis a mari usque ad stagnum. Er weiß dabey nicht, was er aus dem Worte dolium hier machen soll, und möchte es gern für einen Fehler des Abschreibers halten, der dolium für Dnium, d. i. Dominium, gelesen. Allein es ist deutlich genug, daß es unser Wort Dohle ist.


Dohle (W3) [Adelung]


2. Die Dohle, plur. die -n, ein Waldvogel, mit einem zusammen gedrückten und gewölbten Schnabel, welcher zu den Krähen gehöret, und vorn drey und hinten Eine Zehe, einen grünen Hinterkopf, eine schwarze Stirn, schwarze Flügel und einen schwarzen Schwanz hat.

Anm. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Wort Dahle, Duhle, Thole, welches ohne Zweifel eine Nachahmung seines natürlichen Geschreyes ist, womit auch die letzte Hälfte des Latein. Nahmens Monedula überein kommt. In Liefland und andern Gegenden ist das Diminut. Thalken üblich. In dem 1501 zu Rom gedruckten Deutsch-Ital. Vocabulario wird das Ital. Tatula durch Tul erkläret. Von seinem Geschreye hat dieser Vogel so wohl im Deutschen als in den fremden Sprachen noch verschiedene andere Nahmen bekommen. In den Graubünden heißt er Been; in der Schweiz Alprabe, Alpkachle; in Steiermark Däche; in Wien Dächer; in Schwaben Dule; in andern Oberdeutschen Gegenden Gauch, Jacke, Schneegäcke; im Nieders. Gakke, Älke; im Engl. Chough, Jay, Daw, Jackdaw: im Französ. Gay, Choucas; um Osnabrück Kae, um Bremen Kalkkreie, an andern Orten Kayken; im Dän. Kaae, Aileke; im Holländ. Kaw, Kae; in der Mark Brandenburg Krucke, Klas, Kläs; im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ; im Russischen Galka, Pliza; im Böhmischen Kawka, Wrana; im Norweg. Allike, Kaa, Kaye, Raage.


Dohnenfang (W3) [Adelung]


Der Dohnenfang, des -es, plur. inus. der Vogelfang vermittelst der Dohnen, und das Recht, Dohnen legen zu dürfen; ohne Plural.


Dohnenstrich (W3) [Adelung]


Der Dohnenstrich, des -es, plur. die -e, die Reihe der in einem Walde aufgestellten Dohnen; der Dohnensteig, im Oberdeutschen das Schnaid, oder Schnaat, S. Schneide.


Dolch (W3) [Adelung]


Der Dolch, des -es, plur. die -e, die kürzeste Art der Stoßdegen, welche in Italien sehr häufig, bey uns aber selten gebräuchlich ist. Die Hand eines Freundes drückte ihm den Dolch in die Brust. Die Worte sind in meiner Seele Dolche, Schleg. Nenne mir diesen Nahmen nicht; er ist ein Dolch in meiner Seele. Oft mit Dolchen bewehrt, Zachar.

Anm. Dieses Werkzeug lautet im Dän. Dolk, im Schwed. Dolk, im Pohln. und Böhm. Tulich. Es scheinet eine Ableitung von einem Worte Dol, oder Tol zu seyn. Das Latein. Telum war wirklich eine allgemeine Benennung aller solcher tödtlichen Werkzeuge; ja bey den Römern kommt schon Dolo, und bey den Griechen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - in der Bedeutung eines kleinen, in einem Stabe verborgenen Degens vor; S. Ihre Glossar. v. Dölja. Der gelehrte Schwede hält das Schwed. dölja, Angels. digelan, verbergen, für das Stammwort. In unsern alten Deutschen Denkmählern kommt Dolch in der heutigen Bedeutung nicht vor; desto häufiger aber findet sich Dolg, Dolk, Tolc, von den Zeiten des Kero an, für eine Wunde, so wie auch das Angels. tholigen, für tödten, ermorden, bekannt ist; daher dieses Wort eine bequemere Abstammung an die Hand gibt, als dölja, verbergen. Die Niedersachsen nennen einen Dolch theils Steekmest, Stechmesser, Schwed. Stekametz, theils Pook, welches mit dem Holländ. Pook, und Latein. Pugio überein kommt, und von pooken, stecken, abstammt. Pook bedeutet aber gleichfalls einen Stich, eine Wunde.


Dolde (W3) [Adelung]


Die Dolde, plur. die -n, ein im Hochdeutschen beynahe veraltetes Wort, welches den Gipfel einer jeden Sache, besonders aber den Gipfel eines Baumes, ingleichen den büschelartigen Gipfel einer Pflanze bedeutet. Einige neuere Schriftsteller des Pflanzenreiches haben dieses Wort wieder eingeführet, diejenigen Arten der Blüthen zu bezeichnen, deren Stängel aus einem gemeinschaftlichen Mittelpuncte, wie Linien aus der Spitze eines stumpfen Kegels, entspringen; dergleichen Blüthen z. B. die Dille hat. Im Latein. heißt eine solche Blume Umbella.

Anm. Dieses Wort ist so wohl im Oberdeutschen, als im Niedersächsischen üblich. In der erstern Mundart ist es männlichen Geschlechtes, der Dold, Tolder, oder Dolle, in der letztern lautet es gleichfalls Dolle. In der Paraen. Tyrolis kommt der Tolden schon für den Gipfel eines Baumes vor. Das Schwed. Tull hat gleiche Bedeutung. Ihre ziehet auch das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Ende, hierher. In Preußen ist Tolle, ein kleiner Quast.


Doldenblume (W3) [Adelung]


Die Doldenblume, plur. die -n, eine Blume in Gestalt einer Dolde, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches.


Doldenerbse (W3) [Adelung]


Die Doldenerbse, plur. die -n, eine Abänderung der gewöhnlichen Erbsen, welche auch Rosenerbse genannt wird; Pisum umbellatum, L. weil ihre Blüthen in Gestalt der Dolden entspringen.


Dolden-Isopp (W3) [Adelung]


Der Dolden-Isopp, des -es, plur. inus. in den Gewächshäusern, eine Art Isoppes, dessen Blätter an dem Gipfel in der Gestalt einer Dolde nahe zusammen stehen.


Doll (W3) [Adelung]


Doll, S. Toll.


Dölle (W3) [Adelung]


Dölle, plur. die -n, eine niedrige Stelle in einem Acker, S. 1 Dohle.


Dolmetsch (W3) [Adelung]


Der Dolmetsch, des -en, plur. die -en, S. Dolmetscher.


Dolmetschen (W3) [Adelung]


Dolmetschen, verb. reg. act. aus einer unbekannten Sprache in eine bekannte übersetzen. Daher die Dolmetschung, so wohl für die Berrichtung des Dolmetschers, als auch für die Übersetzung,oder Erklärung einer unbekannten Sprache in einer bekanntern. S. das folgende.

Anm. Ich habe dieses Wort zuerst bey dem Heinrich Frauenlob zu Anfange des 14ten Jahrh. in der Manessischen Sammlung Th. 2, S. 215, gefunden, wo es heißt: Tolmetsch vernims will tu uns Tiutsch verdolchen u. s. f. wo auch verdolchen sö viel als verdolmetschen ist. Bey dem Hornegk heißt ein Dolmetscher Tulmach. Die Abstammung dieses Wortes ist noch ungewiß. Frisch läßt es von dem veralteten Tale, die Sprache, und miscere, mixtus, oder mischen, abstammen, welches wenigstens in Ansehung der letzten Hälfte des Wortes unwahrscheinlich ist. Wachters Vermuthung, der es aus dem Pohlnischen tlumatcze, in der gemeinen Sprache erklären, ableitet, würde daher immer noch die wahrscheinliche bleiben, wenn sich erweisen ließe. daß dieses Wort an den morgenländischen Höfen und besonders an dem Türkischen zuerst üblich geworden, wo dergleichen Dolmetschen und Dolmetscher am nöthigsten gewesen, und es auch noch sind. Das Ital. Turcimanno, und Franz. Trucheman, ein Dolmetscher, sind von dem vermuthlich Türkischen Drogeman. Die Niedersachsen nennen einen Dolmetscher Tolke, die Dänen Tolke, die Schweden Tolk, die Isländer Tulkr, die Russen Tolk, und dolmetschen heißt im Nieders. tolken, vertolken, und im Schwed. tolka. Dieses stammet ohne Zweifel von dem gedachten Worte Tal, die Sprache, ab, von welchem bey den Engl. noch jetzt to talk und to tell für sprechen, und Tale, eine Rede, Erzählung, üblich ist; und es kann seyn, daß die erste Hälfte des Wortes Dol auch dahin gehöret. Im Holländ. heißt ein Dolmetscher Taelmann, Taelspreker.


Dolmetscher (W3) [Adelung]


Der Dolmetscher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Dolmetscherinn, plur. die -en, ein Wort, welches gleichfalls nur noch von denjenigen Personen gebraucht wird, welche in den fremden Ländern eine in einer unbekannten Sprache vorgetragene Rede mündlich in eine bekanntere übersetzen. Ehedem gebrauchte man es von einem jeden Übersetzer. Zuweilen kommt es auch figürlich vor. Ich habe mir einen Vorwurf zu machen, daß ich ihn zum Dolmetscher meiner Absichten gemacht, Weiße. Ehedem lautete dieses Wort nur der Dolmetsch, des -en plur. die -en, welche Form aber veraltet ist. S. das vorige.


Dom (W3) [Adelung]


Der Dom, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, eine Art eines runden, hohen Daches, welches man noch häufiger eine Kuppel zu nennen pfleget, S. dieses Wort. Eine Kirche mit einem prächtigen Dome. Diese Bedeutung ist zwar im Hochdeutschen selten, allein im Oberdeutschen kommt sie noch zuweilen vor. 2) Figürlich, eine Kirche mit einem Dome, und weil nur die bischöflichen Kirchen ehedem auf diese Art gebauet wurden, eine Kirche, an welcher sich ein Hochstift befindet, eine Kathedral-Kirche, oder die Hauptkirche eines Erzbischofes oder Bischofes; eine Domkirche. In dieser Bedeutung ist das Wort heut zu Tage, besonders im Hochdeutschen, noch am üblichsten. In weiterer Bedeutung wird zuweilen im gemeinen Leben auch eine jede Stiftskirche, eine Collegial-Kirche, ein Dom, oder eine Domkirche genannt, wie z. B. von dem Dome zu Erfurt bekannt ist, obgleich auch dieser anfänglich zu einer bischöflichen Kirche gestiftet worden.

Anm. Im Deutschen kommt dieses Wort wohl am ersten in den Monseeischen Glossen vor, wo Tuom, durch matrix, d. i. eine Mutterkirche, oder Kathedral-Kirche, erkläret wird. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort noch jetzt Thum. Der Mangel der Kenntniß der eigentlichen Bedeutung hat Wachtern und viele andere verführet, dieses Wort von dem veralteten Duom, Thuomo, Gericht, Gewalt, abzuleiten, S. Thum, welcher Ableitung selbst ein sonst so scharfsichtiger Ihre beypflichtet, welcher glaubet, die Domkirchen hätten von der mit denselben verbundenen geistlichen Gerichtsbarkeit den Nahmen. Allein - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, in dem mittlern Lateine Doma, bedeutete anfänglich einen Altan, hernach eine Kuppel, welche Bedeutung das Franz. Dome noch jetzt hat. S. du Fresne Gloss. v. Doma, Domo, Duomo, ist im Ital. gleichfalls eine Kathedral-Kirche, und es ist glaublich, daß die Deutschen das Wort aus tiefer Sprache entlehnet haben. Wäre diese Ableitung nicht vorzüglich wahrscheinlich, so würde das Lat. Domus alle Mahl eine bessere Abstammung an die Hand geben, als das veraltete Duom, Gericht; indem die Kirchen in den mittlern Zeiten sehr oft ein Haus, domus, desjenigen Heiligen genannt werden, zu dessen Ehre sie gestiftet waren. S. auch Münster.


Domäne (W3) [Adelung]


Die Domäne, plur. die -n, oder das Domänen-Gut, des -es, plur. die -Güter, aus dem Franz. Domaine, und dieß aus dem mittlern Latein. Domanium, ein Gut, welches zu dem Unterhalte des Landesfürsten und dessen Familie, und andern landesfürstlichen Ausgaben gewidmet ist; ein Kammergut, Tafelgut, Krongut, wenn der Landesfürst eine Krone träget. Daher die Domänen-Kammer, ein Collegium, welches die höchste Aufsicht über die Verwaltung der Domänen hat, und zuweilen auch nur schlechthin die Kammer genannt wird, der Domainen-Rath u. s. f.


Domback (W3) [Adelung]


Der Domback, des -es, plur. inusit. außer wenn mehrere Arten dieses Metalles angedeutet werden sollen, die -e, ein durch die Kunst gemachtes Metall, welches am häufigsten aus Kupfer und einem Zusatze von Zink, oder Galmey, sonst aber auch aus andern Mineralien verfertiget wird, und wenn es sein ist, dem Golde nicht unähnlich siehet. Es soll den Nahmen von einem Engländer Nahmens Domback haben, der es am ersten als eine Waare in den Gang gebracht, denn schon lange vor ihm hatte man es unter dem Nahmen des Auri sophistici gekannt. Allein da Tombago im Malayischen Kupfer bedeutet, und das feinste Kupfer von dieser Halbinsel kommt, so stehet es dahin, ob es nicht vielmehr von diesem Worte den Nahmen hat. Alsdann aber würde auch die Schreibart mit einem T die richtigere seyn.


Dom-Capitel (W3) [Adelung]


Das Dom-Capitel, des -s, plur. ut nom. sing. alle an einer Domkirche befindliche Domherren, als ein Ganzes betrachtet; ingleichen deren Versammlung, und der Ort, wo sie sich versammeln; ehedem die Thumerey. S. Capitel 3.


Dom-Dechant (W3) [Adelung]


Der Dom-Dechant, des -es, plur. die -e, der Dechant eines Domstiftes, oder in dem Capitel an einer Domkirche. S. Dechant.


Domfrau (W3) [Adelung]


Die Domfrau, plur. die -en, an einigen Orten so viel als eine Canonissin oder Chorfrau. Dom wird in dieser Zusammensetzung in weiterer Bedeutung genommen, in welcher zuweilen auch eine Collegial-Kirche ein Dom genannt wird.


Domherr (W3) [Adelung]


Der Domherr, des -en, plur. die -en, eigentlich ein Chor- oder Capitelsherr an einer Domkirche, oder an einer Kirche, an welcher sich ein Erzbischof oder Bischof befindet. In weiterer Bedeutung zuweilen auch ein Chor- oder Stiftsherr an einer Collegial-Kirche, ein Canonicus. Daher domherrlich oder domherrisch, adj. et den Domherren gehörig. Domherrliche oder domherrische Güter. S. auch Dompfaff, ingleichen Canonicus.


Domicellar (W3) [Adelung]


Der Domicellar, des -en, plur. die -en, oder der Domicellar-Herr, des -en, plur. die -en, an einigen hohem Domstiften die jungen Chorherren, welche noch nicht Sitz und Stimme in den Capitel haben, zum Unterschiede von den Capitular- oder eigentlichen Domherren; aus dem Latein. Domicellus, ein junger Herr.


Dominicaner (W3) [Adelung]


Der Dominicaner, des -s, plur. ut nom. sing. oder der Dominicaner-Mönch, Fämin. die Dominicanerinn, plur. die -en, oder die Dominicaner-Nonne, ein Mönch, oder eine Nonne von dem Orden des heil. Dominicus, der 1225 gestiftet worden, und theils der Regel des heil. Augustini, theils auch den Vorschriften seines Stifters folget. Zu Paris hießen die Jacobiner, im Deutschen aber auch Predigermönche. Daher der Dominicaner-Orden, das Dominicaner-Kloster u. s. f.


Domino (W3) [Adelung]


Der Domino, subst. indecl. ein lustiger Masken-Habit, welcher bis auf die Knöchel gehet. Ehedem war es eine Fracht der Geistlichen im Winter, welche den Kopf und das Gesicht vor der Witterung bedeckte, und nur bis über die Schultern ging; daher sie von den geistlichen Herren im Ital. und Franz. auch den Nahmen Domino bekam. S. des du Fresne Glossar. v. Domino.


Domkirche (W3) [Adelung]


Die Domkirche, plur. die -n, eigentlich eine Kirche mit einem Dome, d. i. einer Kuppel; doch nur noch figürlich, eine Kirche, an welcher sich ein Bischof oder Erzbischof befindet. S. Dom.


Dompfaff (W3) [Adelung]


Der Dompfaff, des -en, plur. die -en. 1) In den niedrigsten Mundarten, ein Domherr, Nieders. Dompape. 2) Figürlich, besonders in Niedersachsen, ein Gangvogel, welchen Klein zu den Dickschnäblern, andere aber zu den Finken rechnen, und der im Hoch- und Oberdeutschen unter dem Nahmen Gimpel am bekanntesten ist; Pyrrhula, L. Den Nahmen eines Dompfaffen, oder Domherren hat er seinem schwarzen Scheitel zu danken, welcher ihm das Ansehen einer schwarzen Kappe gibt. Wegen der rothen Brust, die das Männchen hat, wird er auch Blutfink, Goldfink, Rothfink, Rothschlägel, Rothgimpel, Rothvogel, wegen seines Geschreyes im Oberdeutschen auch Hahle und Quetsch, sonst aber auch Lohfink, Lüch, Laubfink, vielleicht, weil er streicht, wenn das Laub abfällt, im Engl. Bullfinch, Alp oder Nope, im Franz. Pivoine, genannt.


Dompropst (W3) [Adelung]


Der Dompropst, des -es, plur. die -pröpste, der Propst an einem Domstifte. S. Propst.


Domschnepfe (W3) [Adelung]


Die Domschnepfe, plur. die -n, eine Art Schnepfen mit einem flachen und am Ende niedergebogenen Schnabel; Falcinellus, L. Dän. Ryle.


Domstift (W3) [Adelung]


Das Domstift, des -es, plur. die -e, eine Domkirche mit allem ihrem Zubehör. Ingleichen ein Dom-Capitel und dessen Bischof oder Erzbischof, als ein Ganzes betrachtet. S. Stift.


Donat (W3) [Adelung]


Der Donat, des -es, plur. die -e, eine Lateinische Sprachlehre für Schulen, von dem Aelius Donatus, einem Sprachlehrer des 4ten Jahrhundertes, dessen Grammatik viele Jahrhunderte hindurch in den Schulen üblich war. Daher der Donat-Schnitzer, ein Fehler wider die Lateinische Sprachlehre.


Donbret (W3) [Adelung]


Das Donbret, des -es, plur. die -er, im Bergbaue, Breter, welche in einem donlegen Schachte die Länge nach auf das Liegende befestiget, und auf die Donhölzer angenagelt werden. S. Donholz und Donlege.


Done (W3) [Adelung]


Die Done, S. Dohne.


Donfach (W3) [Adelung]


Das Donfach, des -es, plur. die -fächer, in dem Bergbaue, die Weite zwischen einem Donholze zu dem andern in donlegen Schächten. S. das folgende, ingleichen Donlege.


Donholz (W3) [Adelung]


Das Donholz, des -es, plur. die -hölzer. 1) Diejenigen Hölzer, welche in donlegen Schächten quer auf das Liegende befestiget werden, die Donbreter oder Donlatten darauf anzunageln. 2) In den Schmelzhütten sind es starke Zimmerhölzer auf dem Pfalbaume und unter Rahmstücke, worauf die Bälge liegen und fallen. Sie gehen donlege, d. i. allmählig schräge nieder, und werden in der gemeinen Mundart der Bergleute auch Dombhölzer, Domhölzer genannt.


Donlage (W3) [Adelung]


Die Donlage, plur. die -n. 1) In dem Bergbaue, die abhängige Richtung eines Ganges oder einer andern Fläche; ohne Plural. S. Donlege. 2) Eine abhängige Fläche selbst.


Donlatte (W3) [Adelung]


Die Donlatte, plur. die -n, in dem Bergbaue, Latten, welche in donlegen Schächten der Länge nach auf die Donhölzer angenagelt werden, damit vermittelst derselben die Kübel desto leichter herauf gezogen werden können. S. das folgende.


Donlege (W3) [Adelung]


Donlege, oder donlegig, adj. et adv. welches nur im Bergbaue üblich ist, abhängig, schief, mit dem Horizonte einen spitzigen Winkel machend, nicht nach der Bley- oder Wasserwage, sondern nach der Diagonal-Linie gehend. Ein donleger, oder donlegiger Schacht, Gang u. s. f. Einige machen noch einen Unterschied zwischen donlegen und flachen Gängen. Die ersten sind alsdann diejenigen, welche 50 Grad von dem Horizonte, und 10 Grad von dem Scheitel abstehen, die letzten aber, deren Fallen von der Horizontal-Linie zwischen 50 und 20 Grad beträgt. Allein die meisten Schriftsteller weichen in dieser Bestimmung sehr von einander ab, daher der ganze Unterschied von andern gar verworfen wird.

Anm. Die erste Hälfte dieses Wortes ist das veraltete Don, abhängig, von welchem ehedem auch das Verbum donen, abhängig seyn, und figürlich neigen, geneigt seyn, üblich war. Frisch führet von dem letzten folgende Stelle aus dem Jeroschin, einem alten Dichter aus dem 14ten Jahrhunderte, an; Der Tuvil schunte, Die Dit erklich Daz si abir donteUf dez Ungelouben spor, der Teufel reitzte die Leute arger Weise, daß sie sich wiederum neigten zu des Unglaubens Spur. Im Hannöverischen bedeutet döns, und im Engl. down, noch jetzt unten, niederwärts. Im Schwed. bedeutet dunsa fallen, welches Ihre von Dunt, ein Schlag, ableitet. Ob das alte Dun, ein Hügel, wegen der abhängigen Seiten, auch hierher gehöret, lässet sich nicht mit Gewißheit behaupten. Nur Unwissende haben dieses und vorher gehenden Wörter von den Tonnen ableiten können, welche in donlegen Gegenden auf dem Liegenden aufliegen. Was die letzte Hälfte des Wortes donlege betrifft, so bedeutet zwar leeg, noch jetzt in Niedersachsen niedrig, und figürlich auch böse, schlimm, lasterhaft, womit auch das Schwedische laeg, das Isländ. lagr, überein kommt. Allein weil dieses Wort alsdann eine ungewöhnliche Tavtologie enthalten würde, so scheinet lege und Lage hier überhaupt die Richtung zu bedeuten. S. Lage und liegen.


Donner (W3) [Adelung]


Der Donner, des -s, plur. ut nom. sing. der Knall von der Entzündung des Blitzes in der Luft, besonders wenn man diesen Knall in einiger Entfernung und langsam tönend höret. 1. Eigentlich. Ich höre den Donner über mir. Demnach brüllet der Donner- und wenn sein Donner gehöret wird kann mans nicht aufhalten, Hiob 37, 4. Der Donner rollt schon fürchterlich umher, Weiße. Im gemeinen Leben ist dieses Wort nur in der einfachen Zahl üblich; allein in der höhern und poetischen Schreibart gebraucht man es auch in der mehrern. Wie reden so laut die Donner herunter! Klopst. Den Donnern der Mitternacht gleich, Zachar. Ihr sollt hier sicherlich die Schwersten Donner fühlen, Gryph. Und schon hör ich entfernt die lauten Donner rollen, Weiße. Im Oberdeutschen kommt es auch von einzelnen Donnerschlägen, oder von einzelnen Tönen des Donners vor. Ich höre einen Donner, wo ein Hochdeutscher sagen würde, ich höre donnern,oder ich höre einen Donnerschlag. Nennen sie mich nicht ihren Freund; dieser Nahme ist ein Donner in meinen Ohren, d. i. ein Donnerschlag. Dahin gehören auch die biblischen Ausdrücke, die Stimme eines großen Donners, Offenb. 14, 2, und eines starken Donners, Kap. 19, 6. 2. Figürlich. 1) Die Ursache des Donners, der Blitz. Daher die im gemeinen Leben übliche R. A. von dem Donner gerühret, erschlagen, getroffen werden. Der Donner hat in dieses Haus eingeschlagen. Vulcan mußte dem Jupiter seine Donner; d. i. seine Donnerkeile, seine Blitze, schmieden. 2) Ein Gewitter, eine Gewitterwolke. Du wirst heimgesucht werden, mit Wetter- und großem Donner, Es. 29, 6. 3) Andere Arten des Getöses, welche dem Donner gleichen. Der Donner des Geschützes. Besonders bey den Dichtern. Vom wilden Donner des Hammers Schallt ein lautes vermischtes Gebrüll in die hohen Gebirge, Zachar.Wagen auf Wagen rollen heraus mit donnernden Rädern Über die rasselnden Brücken, die unter dem Donner erheben, ebend. 4) In einigen Zusammensetzungen, besonders in der höhern Schreibart, bedeutet dieses Wort so viel als dem Gehöre schrecklich, fürchterlich. Donnertöne, Donnerworte, schreckliche Töne, Worte. Eine Donnerstimme, eine furchtbare Stimme.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort Dunner, im Holländ. Donder, im Engl. Thunder, im Angels. Thunor, bey dem Tatian Thonar, bey dem Notker Tonner, in dem alten Gedichte auf den h. Anno Dunnir, im Franz. Tonnerre, im Pers. Tounder, im Latein. Tonitru. Es gehöret zu dem Zeitworte tönen, und im Schwed. bedeutet Dunder ein jedes dumpfiges rollendes Getöse, welches dem Donner gleichet. So fern der Donner ehedem dem Thor oder dem Jupiter zugeschrieben wurde, wurde derselbe im Schwed, auch Tordön, und im Dän. Torden, genannt, d. i. Thors Getöne. Die Niedersachsen haben noch ein anderes Wort, den Donner zu benennen, welches gleichfalls eine Nachahmung seines Schalles ist, und Grummel lautet, womit das Pohlnische und Russische Grom, das Böhmische Hrom, und das Krainerische Germy, alle in der Bedeutung des Donners, überein kommen. In dem heidnischen Alterthume wurde auch der Thor, der dem Jupiter der Griechen und Römer sehr ähnlich war, der Donner, Thunder, genannt. S. Donnerbart und Donnerstag.


Donneraxt (W3) [Adelung]


Die Donneraxt, plur. die -äxte, S. Donnerkeil.


Donnerbart (W3) [Adelung]


Der Donnerbart, des -es, plur. inus. eine nur in einigen Gegenden übliche Benennung der gemeinen oder großen Hauswurz, welche im Latein, auch Barba Jovis, im Franz. aber Joubarbe genannt wird, weil man ehedem glaubte, der Blitz schlage in ein Haus nicht, auf welches dieses Kraut gepflanzet sey. S. Hauswurz. Daß Donner zuweilen auch den Thor der alten Nordländer bedeutet, erhellet unter andern auch aus dem Nahmen Donnerstag.


Donnerbesen (W3) [Adelung]


Der Donnerbesen, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben, die Benennung eines strandigen Gewächses, welches einem Neste gleichet, und zuweilen auf den Ästen der Bäume, besonders aber des Tangelholzes angetroffen wird. Der große Haufe bildet sich ein, daß es von dem Blitze erzeuget werde.


Donnerbohne (W3) [Adelung]


Die Donnerbohne, plur. inus. eine an einigen Orten übliche Benennung des Knabenkrautes, oder der fetten Henne, Sedum, L. S. diese Wörter. Es wird auch Donnerkraut genannt.


Donnerbüchse (W3) [Adelung]


Die Donnerbüchse, plur. die -n, eine veraltete Benennung einer eben so ungewöhnlich gewordenen Art sehr großer und kurzer Kanonen? welche von ihrem heftigen Knalle so genannt wurden. Sie waren das erste Geschütz, welches man nach der Erfindung des Schießpulvers einführete, werden aber jetzt nur noch zuweilen in den Zeughäusern angetroffen.


Donnerflug (W3) [Adelung]


Der Donnerflug, des -es, plur. inus. im gemeinen Leben einiger Gegenden, ein Nahme der Holzwurzel, oder des Knolligen Erbrauches; Fumaria bulbosa, L. welches auch Tonitruifuga genannt wird, weil das Kraut verwelkt und sich verlieret, so bald es donnert.


Donnerkeil (W3) [Adelung]


Der Donnerkeil, des -es, plur. die -e. 1) Im gemeinen Leben, der Blitz, doch nur so fern derselbe in Gestalt zackiger Strahlen dem Jupiter, in dessen Abbildungen in die Hand gegeben wird. 2) Ein zugespitzter keilförmiger Stein, welcher zuweilen in der Erde gefunden wird, und von welchem die Einfalt des großen Haufens glaubt, daß er mit dem Blitze auf die Erde falle. Einige solcher Steine, besonders diejenigen, welche rund und zugespitzt sind, sind versteinerte Belemniten, S. dieses Wort. Andere sind steinerne Streitäxte, deren sich das Alterthum bedienete, und diese werden im gemeinen Leben Donneräxte genannt. Beyde Arten heißen bey dem großen Haufen auch Donnersteine, Strahlsteine, Donnerpfeile, Schoßsteine, Alpschosse, Pfeilsteine u. s. f.


Donnerkraut (W3) [Adelung]


Das Donnerkraut, des -es, plur. inus. S. Donnerbohne.


Donnern (W3) [Adelung]


Donnern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und so wohl unpersönlich, als auch persönlich gebraucht wird. 1. Unpersönlich ist dieses Wort im gemeinen Leben am üblichsten, da es denn eigentlich von demjenigen langsamen dumpfigen Getöse gebraucht wird, welches man nach der Entzündung eines Blitzes in der Luft höret. Es donnert. Es hat gedonnert. Es wird bald donnern. Und der Herr ließ donnern und hageln, 2 Mos. 9, 23. 2. Persönlich ist es der höhern Schreibart vorzüglich eigen, und wird alsdann, 1) so wohl eigentlich gebraucht, den Donner hervor bringen. Die Wolken donnerten, Ps. 77, 28. Zwar kommen donnernde Wolken im segenvollen Sommer, Geßn. Der Herr donnert vom Himmel, 2 Sam. 22, 14. Gott donnerte, da floh der Feind, Gleim. Als auch, 2) figürlich. (a) Einen fürchterlichen, dem Donner ähnlichen Schall von sich geben. Fallende Häuser donnern hier über unsern Häuptern, Dusch. Das wüste Geschrey des erschrockenen Pöbels läuft durch die Gassen und donnert gen Himmel, ebend. Eine donnernde Stimme. Weil noch der Freyheit Ruf nicht in ihr Ohr Gedonnert hat, Weiße. Vom donnernden Lärm erbebte das Zimmer, Zach. Die Kanonen donnern. (b) Mit Eifer und Nachdruck reden. Wider jemanden donnern, Less. d. i. fürchterlich eifern. Hier hat Demosthenes gedonnert und geblitzt, Opitz. Der arme Liebling stand wie angedonnert da, Wiel. Anm. Im Nieders. lautet dieses Zeitwort dunnern, bey dem Notker toneron, in Schlesien donnern, im Dän. dundre, im Engl. thunder, im Holländ. dondern, im Franz. tonner, im Latein. tonare, im Angels. dunnan. Es ist unstreitig ein Intensivum oder Iterativum von tönen, und ahmet besonders den erschütternden Schall des Donners nach. Die Franken und Schwaben haben dafür ein anderes Zeitwort, welches thurnen, thornen, doren, lautet, und gleichfalls eine Nachahmung des Schalles ist, aber auch vermuthlich zu der Benennung des Gottes Thor in dem heidnischen Alterthume Gelegenheit gegeben hat. Grummeln, grommen, grommeln, ist ein Nieders. Verbum, welches gleichfalls donnern bedeutet, und mit dem Wendischen grame überein kommt. S. Donner. Das Hauptwort der Donnerer wird zuweilen von den Dichtern für den Jupiter gebraucht.


Donnernelke (W3) [Adelung]


Die Donnernelke, plur. die -n, eine Art wilder Nelken, welche auf den Wiesen Europens wächset, und einzelne Blumen mit zwey lanzettförmigen Kelchschuppen und gekerbten Kronenblättern hat; Dianthus deltoides, L. Weil sie roth aussieht, wird sie auch Blutnelke oder Blutnägelein, sonst aber auch Steinnelke genannt.


Donnerschlag (W3) [Adelung]


Der Donnerschlag, des -es, plur. die -schläge, der laute Knall eines entzündeten Blitzes. Es geschahe ein Donnerschlag. Donnerschläge krachten von jeder Gegend des Himmels siebenfach wieder, Dusch. Das war ein rechter Donnerschlag in seinen Ohren, eine fürchterliche, schreckliche Nachricht. Ach, ich Unglückliche, das wäre ein Donnerschlag für mich! Ach, welch ein schrecklicher Donnerschlag wird einst diese Verblendung zerstreuen!Anm. Donnerslag kommt schon bey dem Stryker, und Durnschlag, um das Jahr 1477 in Schwaben vor. Außerdem ist in Oberdeutschland auch Donnerklapf in eben dieser Bedeutung üblich.


Donnerstag (W3) [Adelung]


Der Donnerstag, des -es, plur. die -e, der fünfte Tag in der Woche, der nach dem Muster der Lateiner, die ihn nach dem Jupiter benannt hatten, dem nordischen Jupiter, dem Thor, zu Ehren benannt worden, welcher von einer seiner merklichsten Wirkungen auch der Donnerer, Donner, Thunder genannt wurde. S. Donner. Der grüne Donnerstag, der Donnerstag in der Charwoche, im Oberdeutschen der große, der hohe Donnerstag, im Nieders. der gute Donnerstag. Grün soll in dieser Benennung aus careme, quadragesima, entstanden seyn, welches ehedem caren, karin ausgesprochen worden; S. Grün. Im Oberdeutschen heißt grüne Donnerstag der Antlaßtag, oder Antlaßpfingsttag, S. Ablaß, im Schwed. aber Skärdorstag, von skära, reinigen. S. Char. In der Römischen Kirche ist auch der feiste Donnerstag, Französ. Jeudi gras, bekannt, welches der Donnerstag nach dem "Aschermittwoch" ist, wo noch Kuchen und Butter zu essen erlaubt ist.

Anm. Im Nieders. lautet der Donnerstag, Donnerdag, Dunnerdag, bey dem Notker Toniristac, im Oberdeutschen auch Dornstag, im Engl. Thursday, im Schwed. Torsdag. In einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. im Österreichischen heißt der Donnerstag noch jetzt Pfinztag, Pfinsttag, welche Benennung schon alt ist, und dem Dieterich von Stade zu Folge, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, fünf, abstammen soll, weil dieser Tag der fünfte in der Woche ist, daher die Russen ihn auch Poeatnik nennen; oder wie Cluver, Leibnitz, und Eckard wollen, von dem alten Gotte Pen, Pennin, der bey den südlichen Deutschen die Stelle des Jupiters oder Thors vertreten haben soll.


Donnerstein (W3) [Adelung]


Der Donnerstein, des -es, plur. die -e, S. Donnerkeil. Auch der Echinit wird zuweilen von dem großen Haufen mit diesem Nahmen belegt, weil er bey einem Gewitter unter dem Hagel mit vom Himmel fallen soll.


Donnerstimme (W3) [Adelung]


Die Donnerstimme, plur. -n, figürlich, eine fürchterliche, schreckliche Stimme.


Donnerstrahl (W3) [Adelung]


Der Donnerstrahl, des -es, plur. die -en, der Blitzstrahl, so fern er von einem lauten Donner begleitet wird.


Donnerwache (W3) [Adelung]


Die Donnerwache, plur. die -n, bey den Truppen, eine Wache, welche sich bey einem Gewitter in den Hause des Hauptmannes und Obersten einfinden muß, die Montirungs-Kammer und Fahnen im Nothfalle zu retten.


Donnerwetter (W3) [Adelung]


Das Donnerwetter, des -es, plur. ut nom. sing. ein Gewitter, im Gegensatze des Hagelwetters, Sturmwetters u. s. f. Es kommt ein Donnerwetter. Im Oberdeutschen ein Strahlwetter.


Donnerwolke (W3) [Adelung]


Die Donnerwolke, plur. die -n, eine Gewitterwolke, eine mit entzündbaren Dünsten und elektrischer Materie angefüllete Wolke. Im Osnabrückischen Grummelthoren.


Donnerwort (W3) [Adelung]


Das Donnerwort, des -es, plur. die -e, figürlich, ein schreckliches Wort, eine furchtbare Rede. Der Schatz versinkt auf dieses Donnerwort, Haged. Ich hörete Donnerworte des Fluches.


Döpel (W3) [Adelung]


Döpel, S. Döbel.


Doppeladler (W3) [Adelung]


Der Doppeladler, des -s, plur. ut nom. sing. für doppelter Adler, den zweyköpfigen Adler zu bezeichnen, welcher unter andern auch das Wapen des Deutschen Reiches ist. Im Handel und Mandel werden oft verschiedene Waaren von dem angehängten bleyernen Zeichnen mit diesem Nahmen belegt. Dahin gehöret z. B. die zweyte Art der Baumseide, oder des baumseidenen Zeuges, der Güte und Feinheit nach, welche gemeiniglich nur Doppeladler genannt wird. Der verschlagenen Doppeladler ist die dritte, der einfache Adler aber die vierte Sorte. Die erste und feinste Sorte wird Cyper genannt; S. dieses Wort.


Doppelband (W3) [Adelung]


Das Doppelband, des -es, plur. die -bänder. 1) Doppeltes, oder auf beyden Seiten rechts gewirktes Band. 2). Ein Thürband mit zwey Flügeln, im Gegensatze eines einfachen Bandes. S. Band.


Doppelbecher (W3) [Adelung]


Der Doppelbecher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Becher zum Doppeln, oder Würfeln; S. Doppeln.


Doppelbier (W3) [Adelung]


Das Doppelbier, des -es, plur. inus. außer wenn mehrere Arten angezeiget werden sollen, die -e, stärkeres Bier, welches zwey Mahl gekocht worden, im Gegensatze des einfachen.


Doppelblech (W3) [Adelung]


Das Doppelblech, des -es, plur. die -e, auf den Blechhämmern, eine Sorte Blech, welche schwächer die Kreuzbleche, und stärker als die Senklerbleche ist.


Doppeldach (W3) [Adelung]


Das Doppeldach, des -es, plur. die -dächer, ein Dach, welches mit einer doppelten Reihe Ziegel beleget wird, so daß ein oberer Ziegel über eine Fuge zweyer untern kommt.


Doppeldraht (W3) [Adelung]


Der Doppeldraht, des -es, plur. inus. bey den Schustern, ein starker Pechdraht, die Sohle damit aufzunähen.


Doppeleisen (W3) [Adelung]


Das Doppeleisen, des -s, plur. inus. auf den Eisenhämmern, eine Sorte Stäbe, deren noch ein Mahl, oder doch halb so viel auf eine Wage, oder auf ein Bund gehen, als gewöhnlich; dergleichen schwache Stäbe für verschiedene Handwerksleute brauchbarer sind. Doppel geht hier auf die Zahl und nicht auf die innere Stärke.


Doppel-Fagott (W3) [Adelung]


Der Doppel-Fagott, des -es, plur. die -e, ein Fagott, der noch unter das tiefste C gehet, im Gegensatze des Chor-Fagottes, oder Choristen-Fagottes. Gehet er eine Quinte tiefer, oder bis in das F, so heißt er ein Quint-Fagott; gehet er aber nur bis in das G unter dem großen C, so wird er ein Quart-Fagott genannt.


Doppelflinte (W3) [Adelung]


Die Doppelflinte, plur. die -n, eine Flinte mit zwey Läufen.


Doppelfuge (W3) [Adelung]


Die Doppelfuge, plur. die -n, in der Musik, eine Fuge, in welcher noch ein anderer schicklicher Satz mit dem Hauptsatze verbunden wird.


Doppelgeige (W3) [Adelung]


Die Doppelgeige, plur. die -n, ein Nahme, welchen zuweilen die Viole d'amour im Deutschen führet.


Doppelgold (W3) [Adelung]


Das Doppelgold, des -es, plur. car. bey den Goldschlägern, eine Sorte sehr starker Goldblätter, messingene und eiserne Arbeiten damit über dem Feuer zu vergolden.


Doppelhaken (W3) [Adelung]


Der Doppelhaken, des -s, plur. ut nom. sing. eine größten Theils veraltete Art schwerer Feuerröhre mit einem Luntenschlosse,welche bis 8 Loth Bley schießen. Sie werden bey dem Abfeuern durch eine Gabel unterstützt, und in der gehörigen Lage erhalten. Sie führen diesen Nahmen zum Unterschiede von den Hakenbüchsen, welche nur 4 Loth schießen. S. Haken. Nieders. Duppelhake, Böhm. Tuplhak.


Doppelharfe (W3) [Adelung]


Die Doppelharfe, plur. die -n, eine Art großer Harfen, welche bis 43 starke messingene Saiten hat.


Doppelhäuer (W3) [Adelung]


Der Doppelhäuer, des -s, plur. ut nom. sing. im Bergbaue, ein Häuer, welcher anstatt vier Stunden, sechs bis acht Stunden an der Arbeit ist, und 27 Groschen Lohn bekommt. S. Häuer.


Doppelherzig (W3) [Adelung]


Doppelherzig, adj. et adv. für falsch; ein Wort, welches nur selten gebraucht wird, so wie das davon gemachte Hauptwort die Doppelherzigkeit, plur. inus.


Doppellaut (W3) [Adelung]


Der Doppellaut, des -es, plur. die -e, in der Sprachkunst, ein doppelter Laut, ein Diphthong, d. i. ein Laut, der aus zwey Selbstlauten entstehet, wenn sie mit Einer Öffnung des Mundes ausgesprochen werden, und gleichsam in Einen Laut zusammen fließen. Dergleichen Doppellaute sind ai, ay, au, äu, ei, ey, eu, weil beyde Selbstlaute deutlich gehöret werden, aber doch in Einen Laut zusammen schmelzen. Nach diesem Begriffe fallen also nicht nur aa, ee, und ie aus der Zahl der Doppellaute weg, weil sie, so wie ah, eh, Zeichen gedehnter Selbstlaute sind, sondern auch ä, ö und ü, weil sie wahre einfache Laute sind. S. Aa, Ü und Je.


Doppellauter (W3) [Adelung]


Der Doppellauter, des -s, plur. ut nom. sing. das Zeichen eines Doppellautes, dergleichen ai, ay, au u. s. f. sind, so fern sie als Zeichen betrachtet werden. S. Laut und Lauter.


Doppellerche (W3) [Adelung]


Die Doppellerche, plur. die -n, eine Art großer Lerchen mit gelben Bauche und einem breiten schwarzen und krummen Streife, der einem Hufeisen gleichet.


Doppeln (W3) [Adelung]


1. Doppeln, verb. reg. act. doppelt nehmen, doppelt machen, verdoppeln. Sie (die Ewigkeit) ruft die Strafen ganz zusammen, Und doppelt ihre grimme Flammen. Opitz. In der anständigen Sprechart der Hochdeutschen ist dieses Zeitwort von dem zusammen gesetzten verdoppeln verdränget worden. Es ist daher nur noch hin und wieder im gemeinen Leben üblich. Bey den Schustern heißt doppeln noch mit doppelten Drähten, d. i. mit zwey Drähten, welche gegen einander gezogen werden, nähen. Im Oberdeutschen hingegen ist die Schuhe doppeln, so viel als besohlen. Die Schneider doppeln die Kleider, wenn sie die Wand derselben von außen und innen mit Leinen belegen, und die Kleider doppeln eine Wand, wenn sie selbige von beyden Seiten auskleiben. Ein Schiff doppeln, demselben eine doppelte Verkleidung geben. So auch die Doppelung. S. Doppelt. Im Dänischen lautet dieses Zeitwort doble, im Böhm. tuplowati, und im Franz. doubler.


Doppeln (W3) [Adelung]


2. Doppeln, verb. reg. act. welches nur in den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes üblich ist, und mit Würfeln in dem Brete spielen bedeutet. Daher das Doppelspiel, das Bretspiel; ein Doppelstein, so wohl ein Würfel, als auch ein Damstein; verdoppeln, verspielen u. s. f. In weiterer Bedeutung wird es aber auch von dem Spielen mit Karten, besonders von hohen Glücksspielen gebraucht. In beyden Fällen aber hat es gern einen verhaßten Nebenbegriff, und bedeutet, aus dem Spiele eine Leidenschaft machen, ingleichen im Spiele betriegen; daher ein Doppeler oft für einen Betrieger, und Doppelung für Betrug vorkommen.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort dobbeln, dabeln, däbbeln, im Oberdeutschen toppeln, topeln, im Engl. to double, im Schwed. dubbla, dobbla. Es scheinet ein altes Wort zu seyn, wo es nicht gar so alt ist, als die Deutsche Neigung zu dem Spiele selbst, die schon Tacitus mit Verwunderung beschreibet. Gut ritterschaft ist topel spil, heißt es in Winsbecks Paraen. Str. 20 Das luoder und topelspil Karten und verzeren vil, Eschelbach. Die Abstammung dieses Wortes ist so ausgemacht noch nicht, obgleich einige nicht unwahrscheinliche Muthmaßungen vorhanden sind. Weil das Bretspiel sonst auch Tafl, Tapl genannt wird, daher täfla im Schwedischen auch im Brete spielen bedeutet, so vermuthet Wachter, daß es von dem Wallisischen taflu, werfen, herkomme, worin ihm auch Ihre beypflichtet.


Doppelohrt (W3) [Adelung]


Der Doppelohrt, des -es, plur. die -e, bey den Schustern, ein Ohrt zum Doppeln.


Doppelpunct (W3) [Adelung]


Der Doppelpunct, des -es, plur. die -e, ein Ausdruck, welchen einige Sprachlehrer für das Griechische Kolon einzuführen gesucht. S. Punct.


Doppelsalz (W3) [Adelung]


Das Doppelsalz, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, in der Chymie, ein vitriolisirter Weinstein, welchen man aus dem Rückbleibsel von destillirtem Salpetergeist mit Vitriol-Säure erhält; Lat. Arcanum duplicatum.


Doppelsammet (W3) [Adelung]


Der Doppelsammet, des -es, plur. inus. außer von mehrern Arten, die -e, eine Art Sammet, welche auf der andern Seite Fälbel ist.


Doppelschattig (W3) [Adelung]


Doppelschattig, adj. et adv. einen doppelten Schatten werfend. In der Erdbeschreibung werden diejenigen Völker, welche zwischen den beyden Wendekreisen wohnen, doppelschattige oder zweyschattige, Biumbres, Amphiscii, genannt, weil ihre Körper außer, den beyden Nachtgleichen den Schatten bald gegen Mittag, bald gegen Mitternacht werfen. S. Einschattig.


Doppelschild (W3) [Adelung]


Das Doppelschild, des -es, plur. inus. in der Kräuterkunde der Neuern, eine Pflanze mit vier langen und zwey kurzen Staubfäden, mit Schötchen, welche oben und unten zweytheilig sind; Biscutella, L. Sie wächset in Deutschland, Italien und Frankreich.


Doppelschlag (W3) [Adelung]


Der Doppelschlag, des -es, plur. die -schläge, in der Musik, ein doppelter Schlag, d. i. ein doppeltes Zeitmaß; S. Schlag.


Doppelschnepfe (W3) [Adelung]


Die Doppelschnepfe, plur. die -n, die größte Art unter den Moorschnepfen, die aber kleiner ist, als die Waldschnepfe. Sie hat einen weißen Kopf mit schwarzen Puncten, eine aschgraue Brust und Bauch, einen schwarzbunten, gelben und schuppenförmigen Rumpf, und einen röthlichen Schwanz mit schwarzen Querstrichen.


Doppelsinn (W3) [Adelung]


Der Doppelsinn, des -es, plur. inus. der doppelte Verstand einer Schrift oder Rede, die Zweydeutigkeit; ein im Hochdeutschen wenig gebräuchliches Wort, so wie das Bey- und Nebenwort doppelsinnig, für zweydeutig.


Doppelspath (W3) [Adelung]


Der Doppelspath, des -es, plur. mehrern Arten, die -e, Isländischer Krystall, welcher die Gegenstände doppelt darstellet.


Doppelspiel (W3) [Adelung]


Das Doppelspiel, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, das Würfel- oder Kartenspiel. S. 2 Doppeln.


Doppelspritze (W3) [Adelung]


Die Doppelspritze, plur. die -n, eine Art kleiner Handspritzen, mit einem Druckschwengel.


Doppelstein (W3) [Adelung]


Der Doppelstein, des -es, plur. die -e, S. 2 Doppeln.


Doppelt (W3) [Adelung]


Doppelt, adj. et adv. zweyfach, zwey Mahl genommen. 1. Eigentlich. Doppelten Gold bekommen, noch Ein Mahl so viel als gewöhnlich. Lege es doppelt. Ich habe dieses Buch doppelt, zwey Mahl. Eine doppelte Mauer. Er muß doppelt bezahlen. Jede Freude wird doppelt empfunden, wenn sie mitgetheilet wird, Dusch. Ingleichen, ein gewisses bestimmtes Individuum zwey Mahl in sich enthaltend. Ein doppelter Ducaten oder Doppel-Ducaten, eine Geldmünze, welche zwey Ducaten gilt. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) Woranein oder mehrere Theile sich zwey Mahl befinden. Der doppelte Adler, der Adler mit zwey Köpfen. Eine doppelte Flinte, oder Doppelflinte, welche zwey Läufe hat. 2) Was mehr Güte und Stärke hat, als ein anderes von gleicher Art, besonders in den Zusammensetzungen, Doppelbier, Doppeltaffet. Ingleichen, was größer ist, als andere Dinge seiner Art, wie in den Zusammensetzungen Doppellerche, Doppelschnepfe. 3) Gefüllt, von Blumen, im gemeinen Leben. Doppelte Narzissen, Levkojen u. s. f. 4) Mehr, sehr, als ein bloßes Bey- und Nebenwort der Vergrößerung. Deine Briefe haben mich doppelt vergnügt. O, sie entschuldigen ihn? So hat er doppelt Unrecht, daß er ihnen nichts gesagt hat, Schleg. Der Rundtrunk muß der Stimmen Bund beleben; So schmeckt der Wein uns doppelt schön, Haged. 5) Zuweilen wird es auch für Wahl, fältig, fach, gebraucht. Daher höret man im gemeinen Leben oft dreydoppelt, vierdoppelt u. s. f. für dreyfach, vierfach u. s. f. welches aber fehlerhaft ist, weil dreydoppelt der Schärfe nach sechsfach, und vierdoppelt achtfach bedeuten würde. In dem dreydoppeln Amt, Opitz.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. dubbelt, im Dän. dobbelt, im Schwed. dubbel, im Engl. und Franz. double, im Wallis. dubl, dyblyg, im Ital. doppio, im Latein. duplus, und im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, zweyfach. Da die Deutsche Mundart fast die einzige ist, welche in diesem Worte ein t hat, so scheinet es, daß dieses ein bloßes t euphonicum sey, zumahl da es in den Zusammensetzungen wegfällt, und auch einige Oberdeutsche doppel für doppelt sagen, wie aus der vorhin angeführte Stelle aus dem Opitz erhellet. Doppelt kann in den oben angeführten Bedeutungen mit allen Hauptwörtern zusammen gesetzet werden, die deren nur fähig sind. Man hat auch wirklich eine große Menge Zusammensetzungen, die hier nicht alle einzeln angeführet werden können. Aus den wenigen, die im vorhergehenden und nachfolgenden beygebracht sind, siehet man schon, wie man sie erklären müsse. S. auch Gedoppelt.


Doppeltaffet (W3) [Adelung]


Der Doppeltaffet, des -s, plur. von mehrern Arten, die -e, ein doppelter Taffet, d. i. der stärker ist und fleißiger gearbeitet worden, als der gewöhnliche.


Doppelzüngig (W3) [Adelung]


Doppelzüngig, adj. et adv. eine gedoppelte Zunge habend, d. i. nicht bey einerley Rede bleibend, sich gern widersprechend. Daher die Doppelzüngigkeit. Logau hat auch das Hauptwort ein Doppelzüngler.


Dorant (W3) [Adelung]


Der Dorant, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, eine Benennung derjenigen Pflanze, welche sonst auch Hundskopf, Löwenmaul u. s. f. genannt wird; Antirrhinum, L. S. diese Wörter. Frisch glaubet, daß der Deutsche Nahme aus dem jetzt gedachten Lateinischen oder vielmehr Griechischen Nahmen verderbt worden. Im Norwegischen heißt der Dorant Thorskaflab. S. auch Grant. Für Dorant ist in einigen gemeinen Mundarten auch Dragut üblich.


Dorf (W3) [Adelung]


Das Dorf, des -es, plur. die Dörfer, Diminut. das Dörfchen, Oberdeutsch das Dörflein, eine Sammlung mehrerer Häuser bey einander, ohne Ringmauern und Stadtrecht, welche von Ackerleuten oder Bauern bewohnet wird. Von Dorf zu Dorfe gehen, von einem Dorfe zu dem andern. Ein Kirchdorf, in welchem sich eine Kirche befindet. Ein Pfarrdorf, in welchem ein Pfarrer wohnet, u. s. f. Das sind ihm Böhmische Dörfer, sagt man, wenn jemanden eine Sache fremd, sonderbar vorkommt, vielleicht von den Nahmen der Böhmischen Dörfer, welche einem Deutschen seltsam und ungewöhnlich klingen. Das schmeckt nach dem Dorfe, nach der ungekünstelten Einfalt, die sich noch auf den Dörfern erhalten hat. Die Frau schmeckt gewiß nach dem Dorfe, die ihrem Manne treu bleibt, Weiße. Oft bedeutet Dorf auch so viel als das Land, im Gegensatze der Stadt. Auf dem Dorfe wohnen, d. i. auf dem Lande. Wird ein individuelles Dorf verstanden, so wohnet man in dem Dorfe.

Anm. Dorf lautet bey dem Tatian Thorp und Thorf, bey dem Ottfried Thorf, bey dem Willeram Dorf, im Nieders. Dörp, im Dän. Dorp, im Angels. Dorpe, im Altengl. Thorpe, im Schwed. Torp, im Isländ. Thorp. Unter den vielen Ableitungen, welche man versucht hat, ist diejenige noch immer die wahrscheinlichste, die es von Trupp, ein Haufe, eine Sammlung mehrerer Dinge Einer Art abstammen lässet. Das Schwedische Torp hat diese Bedeutung gleichfalls gehabt; im Isländischen bedeutet Thyrpa eine Vereinigung, und thyrpast versammeln, und im Wallisischen ist Torf eine Menge, womit auch das Lat. Turba und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein kommen. In Westphalen bedeutet Dorf ein mit einer Kirche versehenes Dorf, ein Kirchdorf, dagegen ein Dorf ohne Kirche daselbst eine Bauerschaft heißt. Das Hauptwort der Dörfer, ist nur in den zusammen gesetzten eigenthümlichen Nahmen üblich. Ein Hermannsdörfer, der aus Hermannsdorf gebürtig ist. Im Schwedischen hingegen bedeutet Torpare einen jeden Einwohner eines Dorfes. Man hat viele Zusammensetzungen mit diesem Worte. Diejenigen, welche ohne Mühe verstanden werden können, wie Dorfpfarrer, Dorfgeistlicher, Dorfprediger, Dorfküster, Dorfschulmeister, Dorfbäcker, Dorffleischer, u. s. f. habe ich übergehen zu können geglaubt, und nur einige eingeführet, deren Bedeutung nicht gleich bey dem ersten Anblicke in die Augen fällt.


Dörfen (W3) [Adelung]


Dörfen, S. Dürfen.


Dorfflur (W3) [Adelung]


Die Dorfflur, plur. die -en, der Umfang des zu einem Dorfe, gehörigen Grundes und Bodens; die Dorfmarkt. S. Flur.


Dorfgalgen (W3) [Adelung]


Der Dorfgalgen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Galgen von zwey oder drey starken Pfosten, dergleichen auf den Dörfern üblich sind, im Gegensatze eines beständigen Hochgerichtes.


Dorfhube (W3) [Adelung]


Die Dorfhube, plur. die -n, in Pommern, eine Hufe, welche dreyßig Morgen hält; zum Unterschiede von den Hakenhufen, welche deren funfzehen, von den Tripelhufen, welche fünf und vierzig, und von den Hegerhufen, welche sechzig Morgen haben.


Dorfjunker (W3) [Adelung]


Der Dorfjunker, des -s, plur. ut nom. sing. im verächtlichen Verstande, ein Edelmann, welcher auf dem Dorfe oder auf seinem Gute wohnet.


Dorflieger (W3) [Adelung]


Der Dorflieger, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, z. B. in Pommern, der Einwohner eines Dorfes.


Dorfmark (W3) [Adelung]


Die Dorfmark, plur. die -en, der Bezirk eines Dorfes mit seinem ganzen Zubehör an Ackern, Wäldern u. s. f. die Dorfflur, S. Mark.


Dorfmeister (W3) [Adelung]


Der Dorfmeister, des -s, plur. ut nom. sing. 1) An einigen Orten, besonders in Reichsdörfern, so viel als Schuldheiß, Bauermeister. S. Meister. 2) Ein Handwerksmann, der als Meister auf dem Dorfe wohnen und arbeiten darf; im Gegensatze der Stadtmeister.


Dorfordnung (W3) [Adelung]


Die Dorfordnung, plur. die -en, die Ordnung, welche zur Handhabung der Polizey und öffentlichen Sicherheit in einem Dorfe und für dasselbe gemacht wird.


Dorfrecht (W3) [Adelung]


Das Dorfrecht, des -es, plur. inus. der ganze Umfang aller Rechte und Freyheiten, welche ein Dorf und dessen Einwohner genießen; ehedem das Gaurecht. Dorfrecht genießen.


Dorfrichter (W3) [Adelung]


Der Dorfrichter, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, z. B. in Sachsen, der Richter in einem Dorfe, der Schuldheiß.


Dorfschaft (W3) [Adelung]


Die Dorfschaft, plur. die -en, 1) So viel wie Dorf. Die adeligen Dorfschaften in Sachsen. 2) Die sämmtlichen Einwohner eines Dorfes, als ein Ganzes betrachtet. Nun stellt sich die Dorfschaft in Reihen, Haged.


Dorfschöppe (W3) [Adelung]


Der Dorfschöppe, des -n, plur. die -n, der Schöppe oder Beysitzer eines Gerichtes auf dem Dorfe.


Dorfschuldheiß (W3) [Adelung]


Der Dorfschuldheiß, des -en, plur. die -en, im gemeinen Leben, Dorfschulze, des -n, plur. die -n, der Schuldheiß oder Schulze auf einem Dorfe, zum Unterschiede von den an einigen Orten üblichen Stadtschuldheißen.


Dörling (W3) [Adelung]


* Der Dörling, des -es, plur. die -e, in Preußen, diejenige Nachtigal, welche bey Tage singt, und an andern Orten der Rothvogel, oder Tageschläger genannt wird.


Dorn (W3) [Adelung]


1. Der Dorn, des -es, plur. die Dörner und die Dornen. Es bedeutet,1. Eigentlich, einen jeden Stachel, oder einem Stachel ähnlichen vorn spitzig zulaufenden Körper. Diminutiv. Dörnchen, im Oberdeutschen Dörnlein. In dieser Bedeutung hat es im Plural die Dörner, wird aber nur in einigen besondern Fällen gebraucht. 1) Von den scharfen Spitzen an manchen Gewächsen, welche aus einem schwammigen Wesen bestehen, und mit einer harten Rinde umgeben sind. In engerer Bedeutung führen nur diejenigen Spitzen den Nahmen der Dörner, spinae, welche aus dem Holze durch die Rinde hervorragen, dagegen diejenigen, welche sich bloß an der Rinde befinden, selbst im gemeinen Leben, am häufigsten Stacheln, aculei, genannt werden. Sich einen Dorn in den Fuß treten. Einem den Dorn aus dem Fuße ziehen, auch figürlich, im gemeinen Leben, ihn von einem geheimen Schmerzen befreyen. Das ist ihm ein Dorn im Auge, das ist ihm eine unerträgliche Sache, er siehet sie mit einigem geheimen Neide an. Auf eben diese Art sang schon Stryker: Vnd ist seinen vianden In den ougen ein dorn. Wo eine Rose blüht, da sieht ein Dorn dabey, Opitz. Der Plural die Dörner, ist selbst in dieser Bedeutung eines Individui nur im gemeinen Leben üblich, vermuthlich weil er ursprünglich aus der Sächsischen Mundart herstammet, welche den Plural auf -er, vorzüglich liebt. In der edlern und höhern Schreibart gebrauchen gute Schriftsteller auch hier lieber den Oberdeutschen Plural die Dornen. Werdet ihr aber die Einwohner des Landes nicht vertreiben, so werden sie, so ihr überbleiben lasset, zu Dornen werden, in euren Augen, 4 Mos. 33, 35. Ehe eure Dornen reif werden am Dornstrauch, Ps. 58, 10. Wie aber die schönsten Blumen niemahls ohne Dornen sind, Gryph. O, die Rose ist ausgefallen, und die Dornen sind geblieben! Weiße. Ich will durch die Freundschaft glücklich seyn, hier finde ich Rosen ohne Dornen, ebend. Vielleicht wird das Geheimnis dein Herz mit Dornen zerreißen, wenn du es dem meinigen entziehest, ebend. Jedoch der Tugend Lohn kömmt euch zu traurig für; Die Dornen schrecken euch, die Thoren fürchtet ihr, Cron. Die Rose blühet schön; allein, Sie kann nicht ohne Dornen seyn, ebend. Zwar findet man auch Beyspiele von dem Gegentheile. Eh als noch eure Dörner stechen, Die um die Hagenbutten stehn, Opitz, Ps. 58. Als wie ein Rosenkranz von Dörnern ist umringt, ebend. Wie der güldnen Rosen Zier Unter scharfen Dörnern blühet, ebend. Obgleich die Dörner anfangs stechen So will ich doch noch Rosen brechen, Günth. Wie leicht vergißt, wer still beym nähen Ziele sitzt, Die Dörner, die vielleicht ihn auf dem Weg geritzt, Cron. Allein ein gutes Gehör wird sich wohl nicht leicht für diese Beyspiele erklären. Über dieß wird aus dem folgenden erhellen, daß Opitz und andere Schlesische Dichter den Plural Dörner sehr häufig gebrauchen, wenn gleich von dem Gebüsche, oder einem Zweige desselben die Rede ist. Die alten Alemannischen und Fränkischen Schriftsteller kannten den Plural auf -er in diesem Worte gar nicht. Bey dem Tatian heißt er Thorna, bey dem Kero Dorno, bey dem Notker Dorna, obgleich aus dem Zusammenhange erhellet, daß sie Stacheln und nicht das Gebüsche gemeinet. 2) Im gemeinen Leben führen diesen Nahmen verschiedene Stacheln, und selbst nur einiger Maßen spitzige Werkzeuge, wenn sie gleich nicht zum Stechen bestimmt noch tüchtig sind. Ehedem wurden die Stecknadeln Dörner genannt. Noch jetzt führet diesen Nahmen der bewegliche Stachel in den Schnallen. Bey verschiedenen Metallarbeitern sind die Dörner runde, dreyeckige, viereckige, ovale, vorn etwas spitz zulaufende Werkzeuge, gebohrte Löcher größer zu machen, oder auch nur Röhren von diesen verschiedenen Figuren darauf zu schmieden. Bey andern heißet ein Weißel, oder Durchschlag, Löcher damit glühendes Eisen zu schlagen, ein Dorn. Bey den Schlössern ist es theils ein kleiner eiserner Draht, fast wie eine Nadel ohne Kopf; theils der längliche Cylinder in den Schlössern, der in die Schlüsselröhre geht; theils aber auch an den Vorhängeschlössern ein bewegliches Blech über das Schlüsselloch. Bey diesem letztern ist der Grund der Benennung dunkel, daher es noch dahin stehet, ob es hier nicht vielmehr aus dem Franz. tourner, entstanden. Die Büchsenschmiede nennen den eisernen Cylinder, worüber die Platten zu den Feuerröhren zusammen geschweißet werden, gleichfalls einen Dorn, und diesen Nahmen führet auch die Angel, oder der senkrechte Arm einer Haspe, um welchen sich das Thürband mit seinem Ohre beweget, ingleichen diejenigen Cylinder, worüber die Raketen geschlagen werden, u. s. f. Da das Wort in dieser Bedeutung nicht leicht anders als im gemeinen Leben vorkommt, so hat es hier auch im Plural beständig Dörner.2. Figürlich, da es außer der Zusammensetzung nur im Plural üblich ist, und alsdann die Dornen hat. 1) Ein jeder Strauch, dessen Rinde mit Dörnern bekleidet ist. Da es deren sehr viele Arten gibt, so werden selbige durch allerley zusammen gesetzte Nahmen unterschieden, welche Zusammensetzungen auch im Singular üblich sind; z. B. Buchdorn, Kreuzdorn, Hagedorn, Schleedorn u. s. f. Wenn man aber das Wort im Plural, ingleichen die zusammen gesetzten Dornbusch, Dornstrauch, ohne nähere Bestimmung gebraucht, so werden dadurch die gemeinsten Arten dieser mit Dörnern besetzten Sträuche verstanden. Dornen und Disteln soll er (der Acker) dir tragen, 1 Mos. 3, 18. So wachsen mir Disteln für Weitzen, und Dornen für Gersten, Hiob 31, 40. Wie eine Rose unter den Dornen, so ist meine Freundinn unter den Töchtern, Hohel. 2, 2. Etliches fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen auf und ersticktens, Matth. 13, 7. 2) Zweige von einem Dornen tragenden Gewächse, gleichfalls nur im Plural. So will ich euer Fleisch mit Dornen aus der Wüsten zerdreschen, Richt. 8, 7. Christus wurde mit Dornen gekrönet; S. Christdorn. In beyden figürlichen Bedeutungen hat dieses Wort im Hochdeutschen ohne alle Ausnahme im Plural die Dornen. Nur bey den Schlesischen Dichtern findet sich häufig der Niedersächsische Plural. Die Stirn ist voll Wunden von den Dörnen, Opitz. Das Haupt ist mit Dörnen verletzt worden, ebend. Rosen geben durch die DörnerIhren angenehmen Schein, ebend. Doch wurden sie hinweg gerafft Wie Dörnerglut, ebend. Ps. 118, 6 Der König aller Welt ließ sich mit Dörnern krönen ebend. Die dörnervollen Kreuzesstege, Gryph. Bis daß die Hand, die uns hier Dörner flicht, Die Myrthen bricht, Günth.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Kero und Notker Dorn, bey dem Ottfried Thorn. So Lilia untar thornon, B. 1, Kap. 16, V. 46. Corono thero thorno, ebend. Si fluhtun thorna zi samane, ebend. Im Nieders. Dorn, im Engl. Thorn, im Angels. Deorn, im Dän. und Schwed. Torn, im Holländischen Doorne, Deurne, bey dem Ulphilas Thaurnus, im Isländ. Thorn, Thyrner, im Böhm. Trn, im Pohlnischen, Tarn, im Russischen Tirne. In Boxhorns Glossen wird Dhorn durch stirpes, und Stecko Dhorn durch sudes, ein Pfahl, erkläret. Im Angels. bedeutet taeran, Engl. to tear, zerreißen. Siehe Sehr, Versehren, Zehren, Zorn, denn der Übergang aus dem D und T in den Zischlaut ist in allen Sprachen etwas gemeines.


Dorn (W3) [Adelung]


2. Der Dorn, des -es, plur. die Dörner, in den Schmelzhütten, dasjenige, was bey dem Seigern und Darren des Kupfers in den Seigerhütten zurück bleibt. Es scheinet, daß das Wort in dieser Bedeutung von Darren herkomme, weil diese Dörner auch Darrlinge, und den Oberdeutschen Bergwerken Darndl, Därdl genannt werden. S. Darren und Darrling.


Dornapfel (W3) [Adelung]


Der Dornapfel, S. Stechapfel.


Dornbaum (W3) [Adelung]


Der Dornbaum, des -es, plur. die -bäume, ein großer Phaseolen-Baum, dessen Stamm mit starken Dornen besitzt ist. Weil die Bohnen den Korallen gleichen, so wird er auch der Korallenbaum genannt. S. dieses Wort.


Dornbusch (W3) [Adelung]


Der Dornbusch, des -e, plur. die -büsche, ein Busch, d. i. Strauch, dessen Rinde mit Dornen besetzt ist, ein Dornstrauch, besonders die gemeinsten Sträuche dieser Art. Da sprachen alle Baume zum Dornbusch: komm du, und sey unser König, Richt. 9, 14 f. Auf allen ihren Wegen und Stegen werden Dornbüsche wachsen, 4 Esr. 16, 33.


Dorndreher (W3) [Adelung]


Der Dorndreher, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner Raubvögel mit fast geradem Schnabel, welcher auf kleine Vögel und Insecten stößt. Die letzten soll er, ehe er sie verzehret, auf die Spitzen der Dornen stecken, daher er auch den Nahmen hat; Lanius, L. Er wird auch Dorndrechsler, Dornkratzer, Neuntödter, Würger, Bergälster u. s. f. genannt. S. Neuntödter.


Dorren (W3) [Adelung]


Dorren, adj. et adv. aus Zweigen von Dornen zubereitet, welches aber wenig gebraucht wird. Eine dornene Krone, Matth. 27, 29. Joh. 19, 5. Indessen kommt doch schon bey dem Ulphilas thaurnina waip, im Angels. thyrnenne helm, bey dem Ottfried thurnina ring, alles in der Bedeutung einer dornenen Krone vor. In einigen gemeinen Mundarten lautet dieses Wort dörnern. Die dörnerne Krone, Gryph.


Dornenkrone (W3) [Adelung]


Die Dornenkrone, plur. die -n, eine Krone oder ein Kranz von Dornenästen, besonders diejenige, mit welcher Christus gekrönet worden. Und flochten eine Dornenkrone, Marc. 15, 17. S. das vorige, ingleichen Christdorn.


Dornhecke (W3) [Adelung]


Die Dornhecke, plur. die -n, eine Hecke von Dornen, d. i. von solchen Sträuchen, welche mit Dörnern bekleidet sind.


Dornicht (W3) [Adelung]


Dornicht, adj. et adv. den Dörnern oder den Dornen gleich, ähnlich. Im gemeinen Leben wird dasjenige Zinn dörnicht genannt, worunter viel Eisen gekommen ist, welches sich von den Pocheisen abgenützet hat. S. das folgende.


Dornig (W3) [Adelung]


Dornig, -er, -ste, adj. et adv. viele Dörner oder Dornen habend. Der dornige Rosenbusch, der mit Dörnern oder Stacheln besetzt ist. Ein dorniger Acker, Weg, der mit Dornen bewachsen ist. Dieses und das vorige Beywort werden sehr häufig verwechselt, obgleich die Endsylbe icht und ig wesentlich unterschieden sind. Ja einige schreiben gar dornigt, ungeachtet es für die Bey- und Nebenwörter gar keine Endung auf igt gibt. Ein dornichter Weg, Sprichw. 15, 19. für dornig. Indem er vor sich hin die dornigte (dornige) Bahn übersiehet, die er noch gehen muß, Dusch. Mit frohem Geklapper Hebt sich der Storch vom dornichten Nest, Zachar.


Dornkarpfen (W3) [Adelung]


Der Dornkarpfen, S. Stachelkarpfen.


Dornkönig (W3) [Adelung]


Der Dornkönig, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden ein Nahme des Zaunköniges, w. s.


Dornkratzer (W3) [Adelung]


Der Dornkratzer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Dorndreher.


Dörnleinbaum (W3) [Adelung]


Der Dörnleinbaum, des -es, plur. die -bäume, in einigen Gegenden, der Kornelbaum, S. dieses Wort, weil er mit Dörnlein, oder kleinen Dörnern besetzt ist.


Dörnling (W3) [Adelung]


Der Dörnling, des -s, plur. die -e, im Österreichischen, eine Art eßbarer Schwämme; Fungus divi Georgii Clus. S. Dornschwamm.


Dorn-Myrthe (W3) [Adelung]


Die Dorn-Myrthe, S. Mäusedorn.


Dornreich (W3) [Adelung]


Der Dornreich, des -es, plur. die -e, ein Geschlechtsnahme verschiedener Vögel, welche in den Dornen hecken und singen. Gemeiniglich rechnet man dahin, den gemeinen Dornreich, die Mönchsmeise mit ihren Unterarten, den braunköpfigen Mönch, den Schilfdornreich, den Dornreich mit einem weißen Plättchen, und den mit dem weißen Bauche. Vermuthlich gehören sie insgesammt zu den Meisen. Klein hat nur zwey Dornreiche, die er aber gleichfalls zu den Meisen rechnet.


Dornrose (W3) [Adelung]


Die Dornrose, plur. die -n, 1) Ein blumiger Auswuchs an den Dornen, welcher einiger Maßen einer Rose gleicht, von einem Insecte herrühret, und von eben der Art ist, als die so genannte Weidenrose. S. dieses Wort. 2) S. auch Weinrose.


Dornschere (W3) [Adelung]


Die Dornschere, plur. die -n, bey den Gärtnern, eine Schere, die Hecken damit zu beschneiden.


Dornschwamm (W3) [Adelung]


Der Dornschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Art Schwämme, welche vielleicht mit dem Dörnlinge einerley ist. In einem 1482 zu Augsburg gedruckten Vocabulario heißt es: Dornschwamm, Kresseling, Pfifferling, boletus.


Dornschwein (W3) [Adelung]


Das Dornschwein, des -es, plur. die -e, in einigen Oberdeutschen Gegenden, das Stachelschwein.


Dornstrauch (W3) [Adelung]


Der Dornstrauch, des -es, plur. die -sträuche, ein Strauch, dessen Rinde mit Dornen besetzt ist, besonders die gemeinste Art derselben; im gemeinen Leben ein Dornbusch.


Dorothea (W3) [Adelung]


Dorothea, ein Nahme des andern Geschlechtes, welcher aus dem Griechischen entlehnet ist, und Gottes Gabe bedeutet. Im gemeinen Leben wird dieser Nahme in Dore, Dorchen, Dortchen, im Oberdeutschen in Dorel, in Preußen aber in Tusch zusammen gezogen. Die Liebe, besonders die poetische Liebe, sagt Doris.


Dörr (W3) [Adelung]


Dörr, S. Dürr.


Dörrbalken (W3) [Adelung]


Der Dörrbalken, S. Darrbalken.


Dörrband (W3) [Adelung]


Das Dörrband, des -es, plur. die -bänder, bey einigen Ärzten, ein Pflas=ter an den Armen und Füßen mit einem Verbande, wilder die Dörrsucht.


Dörrblech (W3) [Adelung]


Das Dörrblech, Dörrbret, S. Darrblech, Darrbret.


Dörre (W3) [Adelung]


Die Dörre, S. Darre.


Dorren (W3) [Adelung]


Dorren, verb. reg. neutr. welches mit dem Hülfsworte seyn, abgewandelt wird, dürre werden. Als Heu auf den Dächern, welches dorret, ehe denn es reif wird, Es. 37, 27. Auch Logau gebraucht dieses Wort für verdorren; indessen kommt es imHochdeutschen wenig mehr vor, obgleich die zusammen gesetzten abdorren, ausdorren, eindorren und verdorren noch überall gebräuchlich sind.

Anm. Bey dem Ulphilas lautet dieses Neutrum gathaursnian, bey dem Ottfried thorren, bey dem Notker torren, im Isländ. thorna, im Schwed. torka. S. Trocknen und Dürre.


Dörren (W3) [Adelung]


Dörren, verb. reg. act. dürre machen. Obst, Malz dörren. Gedörrete Pflaumen. Das Heu, das Getreide an der Sonne dörren. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Zeitwort in den meisten Fällen darren. S. dieses Wort.

Anm. Dörren lautet bey dem Ulphilas thaursjan, bey dem Ottfried tharan, im Nieders. daren, im Franz. tarir, im Isländ. thaerra, im Latein. torrere, im Schwed. torka. S. Dürre.


Dörrkraut (W3) [Adelung]


Das Dörrkraut, des -es, plur. inus. S. Dürrwurz.


Dörrsucht (W3) [Adelung]


Die Dörrsucht, plur. inus. S. Darrsucht und Dürrsucht


Dörrwarze (W3) [Adelung]


Die Dörrwarze, plur. die -n, im gemeinen Leben, gewisse Warzen, welche den Pferden in dem Maule wachsen, und das Gedeihen derselben verhindern, weil sie davor nicht fressen können.


Dörrwurz (W3) [Adelung]


Die Dörrwurz, S. Dürrwurz.


Dorsch (W3) [Adelung]


Der Dorsch, des -es, plur. die -e, eine Art des Schellfisches, welcher bunt von Farbe ist, und einen ungetheilten Schwanz hat; Gadus Callarius, L. Er wird häufig in der Ostsee und den nördlichen Gewässern gefangen, und so wohl frisch, als gedörret und eingesalzen gegessen. In Preußen und Pohlen wird der Dorsch Pomuchel, und im Franz. Merluche genannt. Die kleinste Art des getrockneten Dorsches heißt in Niedersachsen Tietling. S. Schellfisch.

Anm. Der Fisch, welcher bey dem du Fresne unter dem Nahmen Dursus vorkommt, ist vermuthlich unser Dorsch. Übrigens heißt er im Dänischen Torsk, Taretorsk, im Schwed. Torsk, und im Isländ. Thoskr. Die Abstammung dieses Wortes ist ungewiß, indessen kann es seyn, daß es, wie du Fresne glaubt, von dürre herkommt, weil dieser Fisch am häufigsten gedörret verführet wird. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort der Dorsche und der Dorschen.


Dort (W3) [Adelung]


Der Dort, des -es, oder der Dorten, plur. inus. eine, vermuthlich Oberdeutsche Benennung derjenigen Grasart, welche häufig als ein Unkraut unter dem Getreide wächset und in Obersachsen Trespe, an andern Orten aber auch Dotter, Lolch, Lulch, Twalch, Durt u. s. f. genannt wird. S. Trespe.


Dort (W3) [Adelung]


Dort, ein Nebenwort des Ortes, welches sich auf einen Ort beziehet, der in Ansehung unserer entfernt, und gemeiniglich entfernter ist, als derjenige, welchen das da ausdruckt. Es bezeichnet sich alsdann sehr häufig auf das Nebenwort hier. Hier standen wir, dort stand der Feind. Ich bin hier und er ist dort. Kaum heb' ich meine Hand empor, So steigt hier ein Pallast, und dort ein Thron hervor, Gell. Dort hätte sie gelauscht, hier hätt' ich lauschen wollen, ebend. Dort duften Blum und Gras; hier grünen Berg' und Flächen, Haged. Eben so oft beziehet es sich auf einen vorher genannten Ort, und stehet alsdann für daselbst. Tritt bey dem Brandopfer, ich will dort warten, 4 Mos. 23, 15. Ich höre, er ist zu Paris; was mag er dort machen wollen? Ich will nach Rom reisen und etliche Monathe dort bleiben. Oft stehet es auch absolute für da. Dort, wo der schwarze Tannenwald steht, dort rieselt ein Bach aus Stauden hervor, Geßn. Zuweilen wird durch den entfernten Ort, welchen dieses Nebenwort bezeichnet, der Zustand nach diesem Leben verstanden. So wirst du hier und dort glücklich seyn.

Anm. Bey dem Ottfried lautet dieses Nebenwort thorot, bey dem Notker doret, und in dem alten Gedicht auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter thort. Die Niedersachsen und die mit ihnen verwandten Mundarten kennen dieses Wort nicht; die ersten gebrauchen dafür dar, aus welchem auch das Oberdeutsche dort entstanden zu seyn scheinet, ingleichen gunnen, gunt, jenne, S. Gen. Dorten, alldort oder alldorten sind müßige Verlängerungen der neuern Alemannen.


Dorten (W3) [Adelung]


Dorten, 1) Nebenwort des Ortes, S. das vorige. 2) Eine Grasart, S. der Dort.


Dorther (W3) [Adelung]


Dorther, adv. loci, dort her, von jenem Orte her; im Nieders. gunther, gunter. Daß sie mitten unter Israel kamen von dorther und von hierher, Jos. 8, 22. Wir reisen nicht nach Dresden; wir kommen eben dorther, im gemeinen Leben, von dorther. So auch in den Zusammensetzungen dortheraus, dortherein, dortherum, dortherauf u. s. f. welche doch richtiger getheilt, dort heraus, dort herein u. s. f. geschrieben werden.


Dorthin (W3) [Adelung]


Dorthin, adv. loci, dort hin, an jeden Ort hin; Nieders. gunthen, gunten. Wo der sanfte Silberbach rauchte, dorthin trieb Daphnis oft seine Herde. Stelle dich dorthin. Der eine ging dahin, der andere dorthin. So auch in den Zusammensetzungen, dorthinab, dorthinauf, dorthinaus u. s. f. richtiger getheilt dort hinab, dort hinauf, dort hinaus.


Dortig (W3) [Adelung]


Dortig, adj. et adv. dort befindlich. Ich will nach Berlin reisen und meine dortigen Freunde besuchen.


Dortwärts (W3) [Adelung]


Dortwärts, adv. loci, welches wenig mehr gebraucht wird, nach dort hin, in der dortigen Gegend. Siehe die Pfeile liegen dortwärts vor dir, 1 Sam. 20, 22, 37.


Dose (W3) [Adelung]


Die Dose, plur. die -n, eine Büchse, doch nur von denjenigen zierlich gearbeiteten Büchsen, welche man zur Verwahrung des Rauch- und Schnupftobaks gebraucht. Eine Dose, eine Tobaksdose, eine Rauchtobaksdose, Schnupftobaksdose. Zunächst ist dieses Wort aus dem Franz. Dose entlehnet, von welchem auch die Engländer ihr Dose, die Schweden ihr Dosa, die Isländer ihr Dos, Taus, und die Niedersachsen ihr Döse haben, alle in der jetzt gedachten Bedeutung. Indessen ist es sehr wahrscheinlich, daß das folgende Döse das Stammwort des Französischen ist.


Döse (W3) [Adelung]


Die Döse, plur. die -n, in den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes, eine Art eines runden hölzernen Gefäßes, welches gemeiniglich auf drey verlängerten Dauben stehet und unten etwas weiter als oben ist. Nach der Verschiedenheit seines Gebrauches entstehen die zusammengesetzten Benennungen Backdöse, Waschdöse u. s. f. An einigen Orten hat man auch in den Brauhäusern Kühldösen, das Bier darin abkühlen zu lassen, welche nicht nur keine Füße haben, sondern auch oben weiter als unten sind. In einigen nach der alten Art gebaueten Salzkothen, wo das Dach auf der einen Seite bis auf die Erde gehet, heißt der Boden, auf welchem die Salzstücke getrocknet werden, eine Tehse, welches Wort Frisch sehr gezwungen von Dach ableitet.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort Teuse, Teusse, im Nieders. aber Döse, Dese. Im Böhmischen bedeutet Dize, so wohl einen Milchkübel, als auch einen Handkorb, eine Mulde. In Zürch ist die Tause eine Butte worin der Communion-Wein zur Kirche getragen wird.


Dosenbaum (W3) [Adelung]


Der Dosenbaum, des -es, plur. die -bäume, S. Alpenkiefer und Fichte.


Dosenstück (W3) [Adelung]


Das Dosenstück, des -es, plur. die -e, im gemeinen Leben, ein Gemählde in einer Schnupftobaksdose. Wenn ihr Gesichtgleich mehr so schön ist, so verdient es doch, ein Dosenstück abzugeben, Gell.


Dost (W3) [Adelung]


Der Dost, des -es, oder der Dosten, plur. inus. eine Pflanze, Origanum, L. Linne rechnet den Kretischen Diptam, den Spanischen Hopfen, den gemeinen Wohlgemuth und den Majoran zu dem Geschlechte des Dosten. Im gemeinen Leben wird nur der Wohlgemuth, Origanum vulgare, L. mit diesem Nahmen belegt. Der Hirschklee, Eupatorium, L. wird in einigen Gegenden auch Wasserdost und Dostenkraut genannt. Im Dänischen und Norwegischen heißt der Dost gleichfalls Tost.


Dostenkraut (W3) [Adelung]


Das Dostenkraut, des -es, plur. inus. S. das vorige.


Dotter (W3) [Adelung]


1. Der Dotter, des -s, plur. inus an einigen Orten, ein Nahme der Trespe, welcher vermuthlich aus Dort oder Dorten verderbt ist. S. der Dort.


Dotter (W3) [Adelung]


2. Der Dotter, des -s, plur. inus. in einigen gemeinen Mundarten, ein Nahme des Stechapfels, der unstreitig aus der Lateinischen Benennung dieser Pflanze Datura gemacht ist. S. Stechapfel.


Dotter (W3) [Adelung]


3. Der Dotter, des -s, plur. inus. in einigen Gegenden, diejenige Pflanze, welche am häufigsten Flachsseide, Cuscuta, L. sonst aber auch Flachsdotter, Leindotter, Filzkraut genannt wird. S. Flachskraut. Da sie einen gelben Samen hat, welcher der Farbe des Eydotters gleicht, so haben einige behaupten wollen, daß diese Ähnlichkeit Anlaß zu der Benennung gegeben. Skinner leitet hingegen den Nahmen von dem Holländischen touteren, zittern, her, weil diese schwache Pflanze von jedem Lüftchen beweget wird. Im Englischen heißt sie gleichfalls Dodder und Dodder grass. S. das folgende.


Dotter (W3) [Adelung]


4. Der Dotter, des -s, plur. ut nom. sing. das Gelbe in einem Eye, welches bestimmter ein Eydotter genannt wird.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort Totter, Toter, im Ital. aber Tourto, welches Ferrarius auf eine sehr unwahrscheinliche Art von Toralus, der Kern des Holzes, ableitet. Den meisten Niedersachsen ist dieses Wort unbekannt. Der Dotter heißt bey ihnen Döl. Beyder Abstammung ist ungewiß. Da im Schwed. taet, und im Isländ. thiettr, dicht, thietta in der letztern Sprache aber verdicken, und Thiette dicke Milch, coagulum, bedeutet, so stehet es dahin, ob nicht der Dotter davon benannt worden, da er doch in Vergleichung mit dem Weißen, ein coagulum ist. In den niedrigsten Sprecharten wird auch der verdickte Auswurf aus der Nase ein Dotter genannt. Da das Labkraut, Galium, L. im Schwedischen Taetgraes heißt, weil es die Milch gerinnen macht, so würde dieses Wort alsdann auch eine bequeme Ableitung für den Deutschen Nahmen der Cuscuta an die Hand gehen, wenn nur ihre coagulirende Kraft erst erweislich wäre. S. 3. Dotter.


Dotterblume (W3) [Adelung]


Die Dotterblume, plur. die -n, ein Nahme, welchen vornehmlich zwey Arten gelber Blumen haben, und die Pflanzen, die sie hervorbringen. 1) Die Caltha palustris, L. welche auch Wiesenblume, Bachblume, Kühblume, Mattenblume, Ringelblume, Butterblume, Schmalzblume u. s. f. genannt wird. 2) Das Leontodon Taraxacum, L. welches sonst auch Löwenzahn, Mönchskopf, Butterblume, Schmalzblume genannt wird. Beyde Pflanzen haben wohl von ihren gelben Blumen, die der Farbe des Eydotters gleich kommen, den Nahmen.


Dotterbrot (W3) [Adelung]


Das Dotterbrot, des -es, plur. die -n eine Art Zuckergebackenes, welches aus Zucker und Eydottern verfertiget wird.


Dottergelb (W3) [Adelung]


Dottergelb, adj. et adv. der gelben Farbe des Eydotters gleich.


Dotterkraut (W3) [Adelung]


Das Dotterkraut, des -es, plur. inus an einigen Orten eine Benennung des wilden Senfes. S. Senf.


Dotterweide (W3) [Adelung]


Die Dotterweide, plur. die -n, eine Art Weiden, welche sich durch ihre orange-gelbe Rinde von allen übrigen Arten unterschei- det, daher sie auch die gelbe Weide, ingleichen die Goldweide genannt wird; Salix, vitellina, L.


Drache (W3) [Adelung]


1. Der Drache, des -n, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme des Änterichs. Man hat verschiedene Spuren, daß dieses Wort ehedem nicht nur das männliche Geschlecht der Thiere, sondern auch überhaupt einen Mann, und besonders einen tapfern Mann bedeutet habe. S. Änterich, ingleichen Ihre Gloss. v. Drake. In dem Salischen Gesetze ist Drace ein junges Schwein.


Drache (W3) [Adelung]


2. Der "Drache", des -n, plur. die -n, in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden, eine Art kleiner Anker mit vier oder fünf Armen, deren man sich auf der Elbe und andern Flüssen bedienet, und welche auch "Drachenanker" genannt werden. Im Nieders. ist "Dragge", und im Engl. "Drag", ein "Haken", etwas damit anzugreifen und an sich zu ziehen; vermuthlich von dem Angels. "dragan", Engl. "drag", Isländ. "draga", Dän. "drage", "ziehen", "trahere", wovon das Nieders. "trekken", "ziehen", das Frequentativum ist.


Drache (W3) [Adelung]


3. Der Drache, des -n, plur. die -n. 1. Eigentlich, eine ungeheure Schlange, mit Flügeln, welche mit der Zeit eine ungewöhnliche Größe erlangt, Feuer aus ihrem schrecklichen Schlunde speyet, und mit ihrem tödlichen Athem ganze Gegenden vergiftet. So haben wenigstens die ältern Naturkundigen dieses Ungeheuer geschildert, und der leichtgläubige Pöbel hat noch eben dieselben Begriffe von demselben. Aus der Wurzel der Schlangen wird ein Basilisk kommen und ihre Frucht wird ein feuriger fliegender Drache seyn, Es. 15, 29. Da Löwen und Löwinnen sind; ja Ottern und feurige fliegende Drachen, Kap. 30, 6. Und so in andern Stellen mehr. Indessen ist doch dieses ganze Thier mit allen seinen fürchterlichen Eigenschaften ein Hirngespinst. Die neuern Naturkundigen haben indessen diesen Nahmen noch beybehalten, und ihn theils einer Art großer morgenländischer Schlangen beygelegt, theils einer Art Eidechsen mit vier Füßen und Ohren, welche an der Seite eine Haut hat, die ihr zum Fliegen dienet, übrigens aber den Menschen unschädlich ist, und in Indien und Afrika angetroffen wird. Michaelis hat bewiesen, daß das Ungeheuer, dessen in der heil. Schrift unter dem Nahmen des Drachen Meldung geschiehet, die gehörnte Schlange, Cerastes, L. ist, die aber doch bey weiten nicht so fürchterlich ist, als sie vorgestellet wird.2. Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit mit dem Drachen der Einbildung. 1) Ein Gestirn von zwey und dreyßig Sternen nahe am Nordpole, welchem schon die Alten den Nahmen des Drachen gegeben haben, daher es schon Ottfried then Drachon nennet. 2) Wenn sich gewisse öhlige oder harzige Dünste in der mittlern Region der Luft versammeln, sich entzünden, und im Brennen einen langen feurigen Schweif hinter sich herziehen, so wird diese Erscheinung von dem großen Haufen der fliegende Drache genannt, von welchem der Aberglaube eine Menge thörichter Mährchen zu erzählen weiß. 3) Eine veraltete Art des groben Geschützes, welche zwey und dreyßig bis vierzig Pfund Eisen schoß, und sieben tausend Pfund wog. 4) Der Teufel, doch nur in der biblischen Schreibart, wo er mehrmals der große, der alte Drache genannt wird. 5) In den niedrigen Sprecharten, eine Benennung einer zornigen, zänkischen Person. 6) Ein langer Streifen Papier, welchen die Kinder in der Luft fliegen lassen. 7) Eine Art Fische, S. Drachenfisch.

Anm. Bey dem Ottfried lautet dieses Wort Draccho, bey dem Notker Traccho, bey dem Stryker Track, im Nieders. Drake, im Angels. Draca, im Engl. Dragon, im Wallisischen Draig, im Dän. Drage, im Schwed. Drake, im Böhmischen Drak, im Russ. Drakon, im Franz. Dragon, im Ital. Dracone,welche, wie es scheinet, insgesammt von dem Latein. Draco und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - abstammen.


Drachenanker (W3) [Adelung]


Der Drachenanker, des -s, plur. ut nom. sing. S. 2 Drache.


Drachenbauch (W3) [Adelung]


Der Drachenbauch, des -es, plur. inus. in der Sternkunde, die Grenze, so weit der Mond von der Ekliptik abweicht; Venter Draconis.


Drachenbaum (W3) [Adelung]


Der Drachenbaum, des -es, plur. die -bäume, eine Benennung verschiedener Arten von Bäumen. 1) Des Vogelkirschenbaumes, Prunus Padus, L. dessen Frucht auch die Hohlkirsche oder Traubenkirsche genannt wird. S. Vogelkirsche. 2) Des Elsebeerbaumes, Crataegus torminalis, L. mit dessen Zweigen am Walpurgistage allerley Aberglauben getrieben wird. 3) Besonders führen diesen Nahmen einige Indische und Amerikanische Bäume, aus welchen das Drachenblut schwitzt, obgleich die meisten dieser Bäume noch sehr unbekannt sind, man auch noch nicht zuverlässig weiß, welchem Baume das wahre Drachenblut zugehöret. Derjenige Drachenbaum, welchen Crantz nach einem in dem kaiserlich-königlichen Garten zu Schönbrunn befindlichen Originale beschrieben hat, gehöret zu den Pflanzen mit sechs Staubfäden und einem Staubwege; Dracaena Draco, L. Er gehöret aber mehr zu den baumartigen Pflanzen, als zu den eigentlichen Bäumen, und trägt eine saftige Beere, welche mit drey Furchen gezeichnet ist, und die Größe einer Kirsche hat. Er wächset in beyden Indien, und gibt im Frühlinge ein häufiges und zähes blutrothes Gummi von sich. Außer diesem werden auch der Pterocarpus, L. oder die Flügelfrucht, welcher Baum gleichfalls in Indien wächset, und wenn man ihn ritzet, ein dunkelrothes Gummi gibt, ingleichen der Drachen-Rotang, Calamus Palmiuncus Draco, der auch eine Art Drachenblutes gibt, von einigen für die wahren Drachenbäume gehalten. S. Drachenpflanze.


Drachenblut (W3) [Adelung]


Das Drachenblut, des -es, plur. car. 1) Ein natürliches harziges dunkelrothes Gummi, welches sich leicht zerreiben, aber nur allein im Weingeiste auflösen lässet. Es hat keinen besondern Geruch und Geschmack, und wird theils in kleinen runden Stücken, theils in Tafeln zu uns gebracht, welche letztere Art aber die schlechteste ist. Von den Mahlern wird es häufiger als von den Ärzten gebraucht. S. das vorige. Seinen Nahmen hat es einem Mährchen der Alten zu danken, welche vorgaben, daß der Drache mit dem Elephanten streite und demselben alles Blut aussauge, aber dafür vom diesem im Umfallen erdrückt würde. Beyder Blut gebe unser Drachenblut. 2) An einigen Orten wird auch die rothe Mengelwurz, deren Blätter einen blutrothen Saft von sich geben, Drachenblut genannt.


Drachenfänger (W3) [Adelung]


Der Drachenfänger, des -s, plur. ut nom. sing. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Ostindische und Amerikanische Pflanze; Barleria, L.


Drachenfisch (W3) [Adelung]


Der Drachenfisch, des -es, plur. die -e, ein Seefisch, welcher in den nördlichen Gewässern gefangen wird, und einem jungen Haye gleicht, aber an den Ohren und auf den Rücken giftige Stacheln hat; der Drache, Meerdrache, Seedrache, Holländ. Pietermann. Er scheinet eben derselbe Fisch zu seyn, welchen man sonst auch den fliegenden Bars nennet, der bey dem Linne Trachinus Draco heißt.


Drachenkopf (W3) [Adelung]


Der Drachenkopf, des -es, plur. die -köpfe, eigentlich, der Kopf desjenigen Ungeheuers, welches unter dem Nahmen des Drachen bekannt ist. Figürlich, 1) in der Baukunst, Röhren, welche aus den Dachrinnen hervorragen, am Ende einem Drachenkopfe gleichen, und das Wasser, welches sich in den Dachrinnen gesammelt hat, ausspeyen. 2) In der Sternkunde, derjenige Punct, wo der Mond in seinem Laufe die Ekliptik durchschneidet, wenn er in die Vorderbreite tritt; Caput Draconis, oder No- dus lunae ascendens, welcher bey den andern Planeten aufsteigende Knoten genannt wird. 3) Eine Pflanze, welche so wohl in Amerika, als Sibirien und Österreich wächset, und diesen Nahmen vielleicht wegen des aufgeblasenen Schlundes der Krone hat, der einem Drachenkopfe nicht unähnlich siehet; Dracocephalum, L.


Drachenkraut (W3) [Adelung]


Das Drachenkraut, des -es, plur. inus. ein Nahme, welchen an einigen Orten auch die Agrimone oder Obermennige, Agrimonia Eupatoria, L. führet. S. Agrimone.


Drachenpfennig (W3) [Adelung]


Der Drachenpfennig, des -es, plur. die -e, ehemahlige Curländische Pfennige, mit einem erhabenen Drachen auf der einen Seite. Die Rückseite ist hohl.


Drachenpflanze (W3) [Adelung]


Die Drachenpflanze, plur. die -n, bey neuern Schriftstellen des Pflanzenreiches, ein Geschlechtsnahme verschiedener ausländischer Pflanzen, welche dasjenige rothe Gummi geben, welches im gemeinen Leben unter dem Nahmen des Drachenblutes bekannt ist; Dracaena, L. Der vorhin gedachte Drachenbaum gehöret dahin. Außer demselben rechnet Linne noch dahin, die Dracaenam ferream, Eisenbaum, die Dracaenam terminalem, und die Dracaenam ensifoliam, welche insgesammt in Ostindien und China zu Hause sind.


Drachen-Rotang (W3) [Adelung]


Der Drachen-Rotang, des -es, plur. inus. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Ostindische Art Rotangs, welche gleichfalls einen blutrothen, dem Drachenblute ähnlichen Saft von sich gibt; Calamus Palmiuncus Draco, L.


Drachenschlange (W3) [Adelung]


Die Drachenschlange, plur. die -n, in der Wapenkunst, ein geflügelter Drache ohne Füße; Franz. Serpent aile.


Drachenschwanz (W3) [Adelung]


Der Drachenschwanz, des -es, plur. inus. in der Sternkunde, derjenige Punct, wo der Mond in seinem Laufe die Ekliptik durchschneidet, wenn er in die Süder Breite tritt; Cauda Draconis, Nodus lunae descendens; welcher Punct bey andern Planeten der absteigende Knoten genannt wird.


Drachenstein (W3) [Adelung]


Der Drachenstein, des -es, plur. die -e, ein fabelhafter Stein, welcher in den Köpfen der Drachen gefunden werden soll. Einige Unwissende belegen auch die Ammonshörner mit diesem Nahmen.


Drachenzahn (W3) [Adelung]


Der Drachenzahn, des -es, plur. die -zähne, bey dem großen Haufen zuweilen eine Benennung der gegrabenen Knochen, welche die Unwissenheit der Drachen hält.


Drachma (W3) [Adelung]


Das Drachma, plur. die Drachmen. 1) Ein Gewicht, welches der vierte Theil eines Lothes, oder so viel als ein Quentchen ist, und wieder in drey Scrupel getheilet wird; aus dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . 2) In der Deutschen Bibel, 2 Marc. 4, 19. Kap. 12, 43, ist es eine Münze der ehemahligen Juden, welche ungefähr drey Groschen nach unserm Gelde machte.


Dragoner (W3) [Adelung]


Der Dragoner, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Art leichter Reiter, welche ihrer ersten Bestimmung nach so wohl zu Pferde, als zu Fuße dienen müssen, und mit einer Flinte, Pistolen, einem Ballasch und Bajonette bewaffnet sind. 2) In der Geschützkunst, werden die Pflas=tersteine, welche zuweilen im Falle der Noth aus Mörsern geworfen werden, vielleicht nur im Scherze, Dragoner genannt.

Anm. Es scheinet, daß wir dieses Wort, so wie mehrere zum Kriegswesen gehörige Benennungen, aus Frankreich bekommen haben. Das Franz. Dragon, und Ital. Dragone haben mit dem Deutschen wenigstens einerley Bedeutung. Indessen ist dochso wohl die eigentliche Bedeutung dieses Wortes, als der wahre Ursprung der Dragoner selbst noch ungewiß. Was das Wort betrifft, so leiten einige dasselbe von den Draconariis des Vegetii her, welche ihren Nahmen von einem Feldzeichen hatten, welches einen Drachen vorstellete; S. du Fresne Glossar v. Draco. Andere, wie Furetiere, von dem Deutschen Worte tragen, weil ehedem ein jeder Dragoner im Falle der Noth einen Musketier hinten aufsitzen lassen mußte; welche Ableitungen freylich sehr weit gesucht sind. Was die mit diesem Worte bezeichnete Miliz betrifft, so scheinet sie, wenigstens unter diesem Nahmen, so gar alt nicht zu seyn, und man glaubt gemeiniglich, daß Graf Ernst von Mansfeld sie erfunden habe; vielleicht hat er sie nur in Deutschland eingeführet. Als König Wilhelm III. da er noch Statthalter von Holland war, im Jahre 1672, von dem Herzoge Friedrich Casimir von Curland unter andern auch ein Regiment Dragoner in Sold nahm, so war dieser Nahme in den Niederlanden ganz etwas neues, und man blätterte alle Geographien und Landkarten durch, das Land der Dragoner zu finden; ja die Obrigkeiten in den Dorfschaften, wo sie einquartieret wurden, erstauneten, daß diese Dragoner wie andere Menschen aßen, da sie geglaubt hatten, daß sie mit Heu vorlieb nehmen würden. Reflexions crit. sur divers sujets. A Mons 1757 S. 39. Indessen ist die Art bald zu Pferde, bald zu Fuße zu fechten, welches eine wesentliche Eigenschaft der Dragoner ist, schon alt, und Spelman erzählet unter andern in dem Leben Alfreds S. 12, daß schon im 9ten Jahrhunderte die Deutschen wegen dieser Art zu fechten in England berühmt gewesen. Da im Französischen und Italiänischen wenigstens in einigen Gegenden, die Achselbänder, welche noch jetzt die Dragoner tragen, Dragons und Dragoni genannt werden, so wäre zu untersuchen, ob diese den Nahmen von den Dragonern, oder die Dragoner von diesen Achselbändern bekommen haben. Drague bedeutet im Französischen noch ein starkes Tau. Die Achselbänder waren ursprünglich zum Tragen oder fest halten der ehemahligen Scherpen bestimmt, welche über beyde Schultern kreuzweise geschlungen wurden.


Draht (W3) [Adelung]


Der Draht, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, ein im Spinnen zusammen gedreheter Faden; in welcher Bedeutung dieses Wort hauptsächlich von den gedreheten Fäden, deren sich die Schuster bedienen, gebraucht wird, für Pechdraht. Daher die bey ihnen üblichen Zusammensetzungen Absatzdraht, Bestechdraht, Einstechdraht, Doppeldraht u. s. f. Doch pflegen auch die Strumpfweber die gedreheten Fäden Wolle oder Seide mit diesem Nahmen zu belegen, wenigstens sind daraus die Zusammensetzungen eindrähtig, zweydrähtig, dreydrähtig entstanden. 2) Ein von Metall gezogener Faden. Golddraht, Silberdraht. Messingdraht, Kupferdraht, Eisendraht u. s. f. 3) Ein Band von zusammen gedrehtem Stroh, woraus z. B. die Bienenkörbe geflochten werden. Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort Traat, und in einigen Gegenden das Draht. Das Nieders. Draad bedeutet so wie das Schwed. Trad, Dän. Traad, Angels. Thraed, und Engl. Thread, einen jeden Faden. Daher ist im Nieders. draden, draen und indraen, einfädeln. Der Plural, der nur von einzelnen Fäden oder Stücken Drahtes, ingleichen von mehreren Arten Drahtes üblich ist, lautet in den gemeinen Mundarten bald Drahte, bald Drähte, bald auch Drähter. Dieses Wort stammet von drehen her, welches ehedem auch irregulär ging, ich draht, für ich drehete. Um deßwillen schreibt man es auch richtiger Draht, als Drath. Ehedem hieß der Draht auch Vinster, gleichsam Winster, von winden, drehen, und im Nieders. ist auch Wire, Engl. Wire, üblich, von wiren, drehen. Das Pohlnische Dratwa, Schusterdraht, ist wohl aus dem Deutschen entlehnet, Tatian gebraucht Trado auch von einem Saume; allein es ist noch nicht ausgemacht, daß dieses Wort eben hierher gehöret.


Drahtbohrer (W3) [Adelung]


Der Drahtbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleiner Bohrer, Löcher damit zu bohren, durch welche ein Draht gesteckt werden soll; z. B. zu den Drahtbauern, d. i. den Vogelbauern von Draht.


Drähtern (W3) [Adelung]


Drähtern, adj. et adv. welches aber nur im gemeinen Leben üblich ist, von Draht. Ein drähternes Gitter, ein drähternes Bauer u. s. f. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort auch drähten.


Drahtfenster (W3) [Adelung]


Das Drahtfenster, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fenster, welches mit einem Gitter von Eisendrahte versehen ist.


Drahtgitter (W3) [Adelung]


Das Drahtgitter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Gitter von Draht.


Drahtkugel (W3) [Adelung]


Die Drahtkugel, plur. die -n, in der Geschützkunst, zwey Kugeln von Bley, welche vermittelst eines eisernen Drahtes an einander befestiget werden.


Drahtleuchter (W3) [Adelung]


Der Drahtleuchter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Leuchter von Draht mit einem hölzernen Fuße.


Drahtmaß (W3) [Adelung]


Das Drahtmaß, des -es, plur. die -e, bey den Nadlern, ein Werkzeug, die Stärke des Drahtes zu messen, welches auch die Schießklinge genannt wird.


Drahtplatten (W3) [Adelung]


Das Drahtplatten, des -s, plur. car. diejenige Arbeit, da der Gold- und Silberdraht geplattet, d. i. auf die Plattmühle zum Lahn gewalzet wird, damit er zu Treffen und andern Arbeiten bequem werde, welches von besondern Arbeitern geschiehet, die daher auch Drahtplattner, Drahtplatter, Platter oder Plattner genannt werden.


Drahtrichter (W3) [Adelung]


Der Drahtrichter, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Nadlern, ein Arbeiter, der den Draht, welcher verarbeitet werden soll, durch das Richtholz ziehet, und ihn dadurch gerade richtet; Franz. le Dresseur.


Drahtsaite (W3) [Adelung]


Die Drahtsaite, plur. die -n, eine Saite von Draht auf einem musikalischen Instrumente, im Gegensatze der Darmsaiten.


Drahtschere (W3) [Adelung]


Die Drahtschere, plur. die -n, eine große Schere der Nadler, den Messingdraht zu den Schäften der Nadeln damit zu durchschneiden.


Drahtschleife (W3) [Adelung]


Die Drahtschleife, oder Drahtschlinge, plur. die -n, Schleifen oder Schlingen von Draht. Man gebrauchte sie zu Kleidung, kleine Haken von Draht darein zu befestigen, da sie denn auch Öhre, im Nieders. Öse genannt werden. Drahtschleifen, oder Drahtschlingen von anderer Art gebrauchen die Jäger, Hasen, Füchse und andere Thiere darein zu fangen.


Drahtschneider (W3) [Adelung]


Der Drahtschneider, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Nadlern, ein Arbeiter, der den Draht zu den Schäften der Nadeln zerschneidet; Franz. le Rogneur.


Drahtsieb (W3) [Adelung]


Das Drahtsieb, des -es, plur. die -e, ein Sieb von Draht.


Drahtsilber (W3) [Adelung]


Das Drahtsilber, des -s, plur. inus. im Bergbaue, gewachsenes oder gediegenes Silber in Fäden, welches in Gestalt eines zarten Drahtes auf dem Gesteine lieget.


Drahtspindel (W3) [Adelung]


Die Drahtspindel, vulg. Drahtspille, plur. die -n, bey den Nadlern, der zu den Knöpfen der Stecknadeln aufgesponnene Draht, ehe derselbe zerschnitten worden; die Spindel oder Spille. S. dieses Wort. Auch derjenige gerade Draht, auf welchem der Knopfdraht von dem Knopfspinner aufgesponnen wird, führet diesen Nahmen.


Drahtspinnen (W3) [Adelung]


Das Drahtspinnen, plur. car. diejenige Arbeit, da der geplattete und zu Lahn gemachte Draht um Seide geschlagen und auf solche Art zu Fäden gesponnen wird, welches von besondern Drahtspinnern geschiehet.


Drahtwerk (W3) [Adelung]


Das Drahtwerk, des -es, plur. die -e, überhaupt ein jedes aus Draht verfertigtes Werkzeug, ohne Plural. Besonders aus Draht geflochtene Gehäuse in großen Hühner- und Vogelhäusern.


Drahtzange (W3) [Adelung]


Die Drahtzange, plur. die -n, ein kleine spitzige und vorn runde Zange, den Draht damit zu biegen und ihm allerley Gestalten zu geben.


Drahtzug (W3) [Adelung]


Der Drahtzug, des -es, plur. die -züge, diejenige Anstalt, wo das Metall zu Draht gezogen wird.


Drall (W3) [Adelung]


Der Drall, des -es, plur. dir -e, oder die Dralle, plur. die -n, bey den Büchsenmachern, die krummen oder geraden Reifen oder Vertiefungen in einer Büchse, welche, wenn sie krumm oder gewunden sind, einer Schnecken- oder Schraubenlinie gleichen. Da diese Züge auch giralle Linien genannt werden, so scheint es, daß das erstere Wort aus dem letztern entstanden, und würde es zu dem Latein. Gyrus, ein Kreis, gehören, von welchem auch die Ital. Giro, ein Kreis, girare, im Kreise herum drehen, Girello, ein kleiner Kreis, und girellare, herum drehen, abstammen. Daß aber dieses Wort den alten Deutschen auch nicht ganz unbekannt gewesen, erhellet aus dem noch in Dithmarsen üblichen krellen, drehen, und verkrellen, verdrehen, und dem Hochdeutschen drillen, S. dieses Wort. Im Niedersächsischen ist drall hart und fest zusammen gedrehet, und figürlich hurtig, munter; daher alle Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, daß auch dieses Wort von drehen herkommt. S. auch Drell.


Dram (W3) [Adelung]


Dram, S. Tram.


Dran (W3) [Adelung]


Dran, S. Daran,

Anm. 3.


Drang (W3) [Adelung]


Der Drang, des -es, plur. car. 1) * Von dem Verbo drängen, der Zustand, da man gedränget wird, für Gedränge, so wohl im eigentlichen als figürlichen Verstande; ein jetzt veralteter Gebrauch. Du vergissest unsers Elendes und Dranges, unserer Drangsale, Ps. 44, 25. Gleich einer harten Last und schwerer Bürden Drang, Opitz. Als der Held merkhen kundt und sach Das im Drang vom klein Geschütz geschach, Theuerd, Kap, 79. 2) Von dem Verbo dringen, der Zustand, da man gedrungen, heftig gereitzet oder angetrieben wird. Der Drang des Embryo zur Geburt im Augenblick seiner Reife. Die Metapher war anfänglich innerer Drang zu sprechen. Er bath mich mit einem Drange, welchem ich nichts abschlagen konnte, Sonnenf.


Drängen (W3) [Adelung]


Drängen, verb. reg. act. drücken, doch gemeiniglich nur, so fern der Druck von der Seite geschiehet, den Ort eines andern Körpers von der Seite einzunehmen suchen. 1. Eigentlich, da es am häufigsten von lebendigen Geschöpfen gebraucht wird. Jemanden an die Wand drängen. Das Pferd drängte mich an die Mauer. Wir wurden sehr gedrängt, von den umstehenden Personen gedrückt. S. Gedränge. So auch das Reciprocum, sich drängen. Da die Eselinn den Engel des Herren sahe, drängte sie sich an die Wand, 4 Mos. 22, 25. Sich durch das Volk drängen. Wie die Rose, wenn sie aus der Knospe sich drängt, Geßn. 2. Figürlich. 1) Einen Ort einzunehmen sich bestreben. Er drängt sich in alle Vorzimmer. Wenn der innere Kummer sich bis zu den verschlossenen Lippen drängt, Dusch. 2) Besonders in Rücksicht auf die Menge der drängenden Theile, in der höhern Schreibart. In diesem Augenblicke drängten sich tausend Gedanken in ihrem Herzen. Das Meer tobete, eine Welle drängte die andere. Gedrängte Reihen von Zuschauern. 3) Bedrücken, drücken, in der figürlichen Bedeutung dieser Wörter. Sie werden euch drängen auf dem Land, da ihr innen wohnet, 4 Mos. 33, 35. Warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget? Ps. 42, 10. Da es seine Feinde allenthalben drängte, Sir. 46, 6. In dieser Bedeutung ist in der höhern Schreibart nur noch das Mittelwort gedrängt üblich. Unser volles gedrängtes Herz will indeß zerspringen, Dusch. Jede Klage scheint mein gedrängtes Herz zu entlasten, ebend.

Anm. Dieses Zeitwort lautet bey dem Ottfried thrangon, im Nieders. dringen, im Schwed. tranga, bey dem Ulphilas thraihan, im Isländ. threingia, im Engl. throng. Es gehöret ohne Zweifel zu drücken, denn die Kehlbuchstaben lassen in vielen Mundarten gern ein n vor sich herschleichen. Daß jetzt gedachte Gothische thraihan hat dieses n noch nicht. Indessen ist drängen doch jetzt nur noch von Einer Art des Drückens üblich. Es ist eigentlich das Activum von dringen, und da dieses in einigen Zeiten seiner irregulären Conjugation ein a hat, so ist die Schreibart drängen richtiger als drengen, wie auch aus dem Hauptworte Drang erhellet. Das Activum von trinken lautet gleichfalls tränken, und nicht trenken. Das Hauptwort der Dränger, in der dritten figürlichen Bedeutung des Verbi, die Stimme des Drängers nicht hören, Hiob, 3, 12, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. S. Dringen.


Drangsal (W3) [Adelung]


Das Drangsal, des -es, plur. die -e, Bedrückung, Bedrängung, in der figürlichen Bedeutung. Er hat mir viele Drangsale angethan. Ingleichen die dadurch verursachte schmerzhafte Empfindung. Er war ein großes Drangsal für mich, meine Freunde sterben zu sehen.

Anm. In beyden Bedeutungen fängt dieses Wort an zu veralten; am meisten aber in der letzten. Im Oberdeutschen ist es weiblichen Geschlechtes. S. Sal. Im Schwedischen lautet es Trangsel, aber die Niedersachsen sagen dafür Drenginge. In den mittlern Zeiten sagte man im Oberdeutschen auch Pharantsal, Prangsal, Frantsal, so wie man für drängen auch phrengen, gleichsam verengen, gebrauchte. Im gemeinen Leben einiger Gegenden gebraucht man es noch für Gedränge. Es ist des Mahlens halber so viel Drangsal, daß die Mahlgäste nicht gefördert werden können.


Drängwasser (W3) [Adelung]


Das Drängwasser, des -s, plur. inus. S. Grundwasser.


Dräsekammer (W3) [Adelung]


Die Dräsekammer, S. Tresekammer.


Drath (W3) [Adelung]


Der Drath, S. Draht.


Dräuen (W3) [Adelung]


Dräuen, S. Drohen.


Drauf (W3) [Adelung]


Drauf, S. Darauf.


Draus (W3) [Adelung]


Draus, S. Daraus.


Dräuschen (W3) [Adelung]


Dräuschen, verb. reg. neutr. welches das Hilfswort haben erfordert, aber nur im gemeinen Leben üblich ist, wo es besonders von dem Schalle gebraucht wird, den ein starker Regen verursacht, welcher Schall durch dieses Wort nur nachgeahmet wird. Es regnet, daß es dräuscht. Die niedrigen Mundarten gebrauchen dieses Wort auch von dem durch Plaudern gemachten unangenehmen Geräusche, und da lautet es zuweilen auch traschen, draschen, dröschen, dreschen. Der Drasch, das Gedrasch, bedeutet daher an einigen Orten so viel als das Plaudern, ein Geschwätz. Die letzte Hälfte in dem Worte Zungendrescher gehöret gleichfalls hierher. S. Dreschen, Geräusch und Rauschen; welche ähnliche Nachahmungen des Schalles sind.


Draußen (W3) [Adelung]


Draußen, ein Nebenwort des Ortes, welches aus dar außen zusammen gezogen ist, und den Ort außerhalb des Ortes, wo wir uns befinden, besonders außerhalb des Hauses, andeutet. Er ist nicht in dem Hause, er ist draußen, außerhalb des Hauses. Sagte ers seinen beyden draußen, 1 Mos. 9, 29, die sich draußen außerhalb des Gezeltes befanden, nach einer ziemlich harten Figur. In der Deutschen Bibel wird dieses Wort oft figürlich, für in der Fremde, außerhalb unserer bürgerlichen oder kirchlichen Gemeinschaft, gebraucht, welche Figur aber im Hochdeutschen nicht üblich ist. Deiner Mutter Tochter, daheim oder draußen geboren, 3 Mos. 18, 9. Denn was gehen mich die draußen an? 1. Cor. 5, 12. Wandelt weislich gegen die, die draußen sind, Col. 4, 5.

Anm. Bey dem Ottfried lautet dieses Nebenwort tharuze, und einige Jahrhunderte nach ihm da ußen. Man hat dieses Wort getadelt, so wie droben, drunten u. s. f. Allein in dem täglichen Umgange ist es doch unentbehrlich. Die vollständige Form daraußen ist im Hochdeutschen nicht üblich. S. auch Haußen.


Drechselbank (W3) [Adelung]


Die Drechselbank, plur. die -bänke, der Arbeitstisch eines Drechslers; die Drehbank, im Nieders. Dreistell, Drehstelle.


Drechselmühle (W3) [Adelung]


Die Drechselmühle, plur. die -n ein Mühlwerk, dessen sich die Rothschmiddrechsler bedienen, starke Stücke aus Messing zu drechseln; daher sie selbst auch zuweilen Drechselmüller genannt werden.


Drechseln (W3) [Adelung]


Drechseln, verb. reg. act. allerley Körpern vermittelst des Umdrehens eine künstliche runde Gestalt geben; im gemeinen Leben auch drehen. In Holz, Bernstein, Elfenbein u. s. f. drechseln Becher, Teller u. s. f. drechseln, auf solche Art hervor bringen.

Anm. Drechseln, im Nieders. dresseln, ist das Frequentativum von drehen, aber doch nur in dieser eingeschränkten Bedeutung üblich. Schon bey dem Willeram kommt Drahsel von einem Drechsler vor. S. Drehen. Das ch wird in diesem Worte und in allen seinen Ableitungen und Zusammensetzungen wie ein k ausgesprochen.


Drechseler (W3) [Adelung]


Der Drechseler, zusammen gezogen Drechsler, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Handwerker oder Künstler, welcher vermittelst Umdrehens allerley künstliche Arbeit zu verfertigen weiß. Gemeiniglich verstehet man unter dem einfachen Worte Drechsler eine solchen Handwerker, der in und aus Holz drechselt, zum Unterschiede von den Bein- oder Horndrechslern, Bernsteindrechslern, Messingdrechslern u. s. f. Daher das Drechslerhandwerk, die Drechslerarbeit u. s. f. 2) Figürlich werden auch die Rebensticher im gemeinen Leben zuweilen Drechsler, und nach einer verderbten Aussprache Dreschlein, genannt, weil sie die Blätter, in welche sie ihre Eyer legen, sehr schön rund zusammen zu vollen wissen.

Anm. Statt dieses Wortes, welches im Nieders. Dreßler lautet, ist in den gemeinen Mundarten auch Dreher, Nieders. Dreier, Dän. Dreyer üblich. Ehedem hießen die Drechsler von ihrer vornehmsten Arbeit nur Becherer.


Dreck (W3) [Adelung]


Der Dreck, des -es, plur. inus. 1) Eigentlich, in den gröbern Mundarten und im gemeinen Leben, der Koth, er bestehe nun in Excrementen oder in andern Unreinigkeiten. 2) Figürlich, doch auch nur in den niedrigen Sprecharten, aus Verachtung, eine schlechte nichts werthe Sache, da man denn auch wohl im Plural die Drecke oder Drecker von mehrern nichtswürdigen Dingen höret.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort Treck, im Nieders. Dreck, im Dän. Dräk, im Schwed. Traeck, im Isländ. Threck. Die Abstammung ist noch ungewiß; denn die Ableitungen von stercus, oder von dem Nieders. trecken, ziehen, scheinen wenig Beyfall zu verdienen. Im Englischen sind Dregs die Hefen, im Deutschen Triester, Trester, Angels. Dresten. S. Drusen. Die Niedersachsen nennen den Koth auch Driete, Strunt und Tünt. Das erste kommt mit dem Engl. Dirt, dem Schottischen Drit, dem Isländ. und. Angels. Drit, Koth, Dreck, überein. Dreckkalt bedeutet in den niedrigen Mundarten eine Kälte, bey welcher es nicht frieret, wofür die Preußen mottkalt sagen, von Mott, Gassenkoth. Haar und Hor ist gleichfalls ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, den Koth anzudeuten. S. Hornung.


Dreckbaum (W3) [Adelung]


Der Dreckbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum auf der Insel Java, welcher im Maleiischen Cnyudey heißt, so groß wie ein Eichbaum wird, und fast wie Menschenkoth stinkt.


Dreckig (W3) [Adelung]


Dreckig, -er, -ste, adj. et adv. in den niedrigen Sprecharten, mit Koth besudelt; ingleichen schmutzig, unsauber, Nieders. drekkerig.


Dreckkäfer (W3) [Adelung]


Der Dreckkäfer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Käfer, welche sich aus den Excrementen Pillen macht, und daselbst ihre Eyer leget; Scarabaeus pillularius.


Drecklilie (W3) [Adelung]


Die Drecklilie, plur. die -n, S. Asphodill-Lilie.


Dreckstein (W3) [Adelung]


Der Dreckstein, des -es, plur. die -e, S. Stinkstein.


Dreckvogel (W3) [Adelung]


Der Dreckvogel, des -s, plur. die -vögel. 1) Ein Afrikanischer Vogel, welcher fast dem Adler gleicht, aber einen Kopf wie ein Wälscher Hahn hat, beständig im Kothe wühlet, und daher sehr stinket. 2) Ein nordischer Vogel, Stercorarius, L. S. Struntjäger.


Drehbahn (W3) [Adelung]


Die Drehbahn, plur. die -en, an einigen Orten, die Bahn, oder der lange ebene Platz, wo die Seiler ihre Seile drehen und schlagen; die Seilerbahn, im Nieders. Reperbaan.


Drehbank (W3) [Adelung]


Die Drehbank, plur. die -bänke, im gemeinen Leben, die Drechselbank. In weiterer Bedeutung, ein jeder mit einem Drehrade versehener Werktisch, andere Körper umzudrehen, und im Umdrehen zu bearbeiten, dergleichen Drehbänke unter andernauch die Metallarbeiter haben. Bey den Zinngießern heißt sie die Drehlade, bey den Uhrmachern der Drehstuhl, bey den Gürtlern der Drehtisch.


Drehbaum (W3) [Adelung]


Der Drehbaum, des -es, plur. die -bäume, ein horizontal liegender Baum, welcher auf einem Pfahle beweglich ist, vermittelst dessen die Wege für die Pferde und Wagen versperret, und nur für Fußgänger gangbar gelassen werden. Hat dieser Baum die Gestalt eines Kreuzes, so heißt er ein Drehkreuz; Niedersächs. Rullboom.


Drehbrücke (W3) [Adelung]


Die Drehbrücke, plur. die -n, eine Brücke, deren Joche auf Rollen stehen, und welche sich der Länge nach halb aus einander thut, so daß sich jede Hälfte an die innere Seite des Grabens anlegen lässet. Ingleichen eine Brücke in der Mitte einer andern, welche in der Mitte auf einem Nagel ruhet, und sich vermittelst desselben umdrehen lässet, daß ihre Enden in die Quere zu stehen kommen, Schiffen den Durchgang zu verstatten.


Drehdocke (W3) [Adelung]


Die Drehdocke, plur. die -n, in den Bohrmühlen, ein Docke, welche den Bohrer einschließet, der sich in derselben herum drehet.


Dreheisen (W3) [Adelung]


Das Dreheisen, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes eisernes Werkzeug, dessen sich die Drechsler, besonders die Holzdrechsler zum Drehen oder Drechseln bedienen, den Körpern die verlangte Gestalt zu geben. Bey den Kunst- und Metalldrechslern heißen sie Drehstähle.


Drehen (W3) [Adelung]


Drehen, verb. reg. act. 1. In einem Kreise, oder um einen Mittelpunct bewegen. 1) Eigentlich. Das Rad drehen, in eine kreisförmige Bewegung setzen. Die Erdkugel drehet sich um ihre Achse. Einem den Degen aus der Hand drehen, winden. Wie, wenn die Erde kreißt, zerberstet, Dampf und Flammen,In Wirbeln sich gen Himmel drehen, Weiße. In den Zusammensetzungen umdrehen und herum drehen ist diese Bedeutung noch häufiger. 2) Figürlich, vermittelst einer solchen Bewegung verfertigen. Ein Seil drehen. Fäden zusammen drehen. Kränze drehen. In dir kann Flora nach Begehren Sich tausendfache Kränze drehn, Raml. Wofür doch sonst in der edlern Sprechart winden und flechten üblicher sind. Besonders gebraucht man dieses Wort in gemeinen Leben für drechseln, dem Holze und andern harten Körpern vermittelst des Umdrehens eine verlangte runde Gestalt geben. Vorzüglich ist es in diesem Verstande von denjenigen Künstlern üblich, welche in härtere Körper drehen, als das Holz ist. Becher, Teller, Kegel u. s. f. drehen. In Holz, in Bernstein, in Metall drehen. Ein Schachspiel aus Elfenbein drehen. Dahin gehört auch die im gemeinen Leben übliche figürliche R. A. einem eine Nase drehen, dessen Leichtgläubigkeit mißbrauchen, ihn bewegen, ein Unwahrheit zu glauben. Der Einfalt Nasen drehn, den Schwachen hintergehn, Opitz. Ich wollt mir, hör ich wohl, ein kleines Näschen drehn, Wiel. 2. In weiterer und zum Theil figürlicher Bedeutung. 1) Hin und her bewegen. Die Augen und den Hals drehen. S. Wendehals. 2) Wenden, umwenden, eine andere Richtung geben. Der Wind hat sich gedrehet. Sein Glück hat sich gedrehet. Sein Glück drehet sich wunderlich. Einem den Rücken drehen, d. i. zukehren. Die Feinde dreheten sich gegen den linken Flügel. Sich drehen und wenden, figürlich, sich auf allerley Art und Weise von einer Verlegenheit zu befreyen suchen. Er drehet die Sache wie er will, er gibt ihr jede Gestalt, welche er will. Das Recht drehen, aus Recht Unrecht, und aus Unrecht Recht machen, das Recht zu seinem Vortheile mißbrauchen. S. auch Verdrehen. 3) Im gemeinen Leben wird das Mittelwort drehend auch häufig für schwindelig, der Wirkung des Umdrehens im Kreise, gebraucht. Drehend werden, schwindelig werden. Die Freude macht drehend, wirblicht, Less. Bey den Schafen ist es eine besondere Krankheit, welche sich durch den Schwindel und ein beständiges Umdrehen des Kopfes äußert, dergleichen Schafe im gemeinen Leben auch Dreher, und im Thüringen Drehlinge, genannt werden. S. Ringelig, ingleichen Schwindel.

Anm. Schon bey dem Willeram kommt gedrat für gedrechselt vor. Daß dieses Wort ehedem irregulär gewesen seyn müsse, erhellet aus dem Hauptworte Draht. Im Nieders. lautet dieses Zeitwort dreien, im Holländ. draien, im Dän. dreye, im Angels. thrawan, im Engl. to throw. Im Hochdeutschen spricht man drehen mit einem tiefen e aus, als wenn es drähen geschrieben wäre. Andere Mundarten lassen ein hohes e hören. Das Frequentativum von drehen ist drillen. S. dieses Wort.


Dreher (W3) [Adelung]


Der Dreher, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Derjenige, der einen andern Körper herum drehet, Fämin. die Dreherinn, plur. die -en, Besonders werden die Drechsler im gemeinen Leben Dreher genannt, doch am häufigsten in den Zusammensetzungen Bernsteindreher, Horndreher, Beindreher, Kunstdreher u. s. f. 2) Im gemeinen Leben werden verschiedene Werkzeuge oder deren Theile, welche sich umdrehen, oder zur Umdrehung anderer Theile dienen, Dreher genannt. An den Thorwegen auf dem Lande ist es das gerade stehende Stück Holz, vermittelst dessen sich der Thorweg umdrehet, und welches unten in eine Pfanne oben aber in eine Angel gehet, und auch der Laufer genannt wird. An de Weberbäumen ist es das Kreuz, welches auch der Drehling, Drieling oder Drilling heißt. In der Anatomie werden die zwey Fortsätze des obern Theiles des Schenkelbeines, welches die Spannadern der Schenkelmäuslein aufnehmen, und im Latein. Trochanter maior und minor heißen, im Deutschen auch Dreher oder Wender genannt. 3) Ein drehendes oder Schwindeliges Schaf, S. Drehen.


Drehhals (W3) [Adelung]


Der Drehhals, S. Wendehals.


Drehkraut (W3) [Adelung]


Das Drehkraut, des -es, plur. inus. bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, eine Pflanze, Tordylium, L. Die meisten Unterarten dieses Geschlechtes werden nur in Asien und dem wärmern Europa angetroffen.


Drehkreuz (W3) [Adelung]


Das Drehkreuz, des -es, plur. die -e, S. Drehbaum.


Drehlade (W3) [Adelung]


Die Drehlade, plur. die -n, die Drehbank der Zinngießer, wo das zu drehende Zinn vermittelst eines Drehrades umgedrehet wird.


Drehling (W3) [Adelung]


Der Drehling, des -es, plur. die -e, 1) Im gemeinen Leben, verschiedene Werkzeuge und deren Theile, andere Theile dadurch in Bewegung zu setzen. So wird der Arm an einem Spulrade, an einem Schleifsteine u. s. f. vermittelst dessen diese Werkzeuge umgedrehet werden, ein Drehling, oder Dreher genannt, da er sonst auch der Triebel, von treiben, und die Kurbel, so fern er gekrümmet ist, heißt. S. Drilling. 2) Ein mit dem Schwindel behaftetes Schaf; S. Drehen.


Drehrad (W3) [Adelung]


Das Drehrad, des -es, plur. die -räder, ein Rad, andere Körper vermittelst einer um dasselbe befestigten Schnur herum zu drehen, dergleichen das Drehrad an der Drehlade der Zinngießer u. s. f. ist. Ingleichen, ein Rad, viele Fäden zu einem einzigen zusammen zu drehen, dergleichen die Knopfmacher haben. An einigen Orten führet diesen Nahmen auch der Kreisel der Kinder.


Drehstahl (W3) [Adelung]


Der Drehstahl, des -es, plur. die -stähle, bey den Kunst- und Metalldrechslern, Dreheisen mit einer herab gehenden rautigen Spitze, harte Körper, als Horn, Elfenbein, Metall damit abzudrehen.


Drehstift (W3) [Adelung]


Der Drehstift, des -es, plur. die -e, bey den Uhrmachern, eine eiserne Spindel, auf welche die Uhrräder, welche sie abdrehen wollen, gesteckt werden.


Drehstuhl (W3) [Adelung]


Der Drehstuhl, des -es, plur. die -stühle. 1) Ein Stuhl, dessen Sitz auf einer runden Scheibe beweglich ist, damit sich der Sitzende mit demselben herum drehen könne. 2) Verschiedene Arbeiter, z. B. die Uhrmacher, nennen ihre Dreh- oder Drechselbank einen Drehstuhl.


Drehtisch (W3) [Adelung]


Der Drehtisch, des -es, plur. die -e, die Dreh- oder Drechselbank der Gürtler.


Drehzange (W3) [Adelung]


Die Drehzange, plur. die -n, in den Glashütten, eine Zange, das noch weiche Glas vermittelst derselben auszudehnen, und zusammen zu drehen.


Drein (W3) [Adelung]


Drein, S. Darein.


Drell (W3) [Adelung]


* Drell, -er, -este, adj. et adv. welches nur im Niedersächsischen üblich ist, munter lebhaft. Ein Frauenzimmer mit ein Paar kleinen dreisten Augen, Danz. Briefe. Eine drelle Dirne, ein derbes munteres Mädchen. S. Drall.


Drell (W3) [Adelung]


Der Drell, des -es, plur. inus. S. Drillich und Dreydraht.


Drellbohrer (W3) [Adelung]


Der Drellbohrer, S. Drillbohrer.


Dreschen (W3) [Adelung]


Dreschen, verb. irreg. act. ich dresche, du drischest, er drischet, oder drischt; Imperf. drosch, an einigen Orten, ich drasch; Mittelw. gedroschen; Imperat. drisch; die Körner der Feldfürchte vermittelst des Flegels aus den Ähren schlagen. Korn, Weitzen, Erbsen dreschen. Leeres Stroh dreschen, figürlich, vergebliche Arbeit thun. Ingleichen, für schlagen überhaupt, doch nur in den niedrigen Sprecharten; ingleichen für plaudern, S. Dräuschen.

Anm. Dieses Zeitwort lautet schon bey dem Ulphilas thraskan, und Gathrask ist bey eben demselben eine Dreschtenne. Bey dem Notker heißt es drasecan, im Nieders. drosken, im Angels. threscan, im Engl. thresh, im Schwed. tröska, im Dalmat. trassti, im Böhm. trasti, im Pohln. trzasc, im Wend. drashem. Ihre und andere sehen dieses Wort als das Frequentativum von treten an, weil die älteste Art des Dreschens im Austreten der Körner bestand, daher dieses Austreten im Deutschen und in andern Sprechen gleichfalls dreschen genannt wurde; z. B. du sollst dem Ochsen der da drischet u. s. f. Allein dreschen scheinet doch zunächst eine Nachahmung des damit verbundenen Schalles zu seyn, und überhaupt schlagen zu bedeuten, so wie dräuschen der Ausdruck eines andern ähnlichen Schalles ist. Treten selbst ist nichts anders als eine Onomatopöie, und eine Art des Schlagens, S. Treten. Einige Mundarten verschlucken das r, wie die Bremer, Hannoveraner und Westphalen in ihrem dasken, dosken und döschen, welches denn mit dem veralteten Dos, ein Getöse, und dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , dreschen, überein kommt. Andere versetzen das r, wie das Angels. derskan, dearscan, Dän. torske, Holländ. dorschen, und Wend. dyrciz, und diese haben das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , treten, auf ihrer Seite. Im Oberdeutschen gehet dieses Zeitwort, wenigstens in einigen Gegenden, auch regulär. Da oft ein Arm gedrescht, Hall. Selbst in der Deutschen Bibel lautet der Imperativ einige Wahl dresche, für drisch.


Drescher (W3) [Adelung]


Der Drescher, des -s, plur. ut nom. sing. der die Kornfrüchte durch Dreschen aus dem Getreide bringt; Nieders. Drosker, Döscher, Angels. Daerskere.


Drescherhaus (W3) [Adelung]


Das Drescherhaus, des -es, plur. die -häuser, das Wohnhaus eines Dreschers. Zuweilen in eigener Bedeutung, ein Haus, dessen Besitzer dem Grundherren um einen geringern Lohn zu dreschen verbunden ist.


Drescherhebe (W3) [Adelung]


Die Drescherhebe, plur. die -n, S. das folgende.


Drescherlohn (W3) [Adelung]


Der Drescherlohn, des -es, plur. car. was den Dreschern für ihre Arbeit gegeben wird. Bekommen sie statt dieses Lohnes einen gewissen Theil der ausgedroschenen Früchte, so wird selbiger an einigen Orten, z. B. der Lausitz, auch die Drescherhebe genannt. S. Hebe.


Drescherstaub (W3) [Adelung]


* Der Drescherstaub, des -es, plur. car. der Staub von dem ausgedroschenen Getreide, die Spreu; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort, welches nur 2 Kön. 12, 7, vorkommt.


Dreschflegel (W3) [Adelung]


Der Dreschflegel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Flegel, die Körner aus den Ähren und Hülfen damit zu schlagen, welcher auch nur schlechthin der Flegel, um Bremen der Flogger, im Oberdeutschen der Drischel, in den Monseeischen Glossen Drischilun, ingleichen der Ackerbolz genannt wird.


Dreschknoten (W3) [Adelung]


Der Dreschknoten, des -s, plur. ut nom. sing. in Thüringen und Obersachsen, die Knoten oder Samenköpfe des männlichen Flachses, weil sie ausgedroschen werden; zum Unterschiede von den Klenge- oder Klingeknoten, den Samenköpfen des weiblichen Flachses, welche nicht gedroschen, sondern so lange an die Sonne gelegt werden, bis sie mit einer Art von Klingen von selbst aufspringen. Jene werden im gemeinen Leben auch Drasch und Draschknoten genannt.


Dreschlein (W3) [Adelung]


Das Dreschlein, des -es, plur. ut nom. sing. S. Drechsler.


Dreschmaschine (W3) [Adelung]


Die Dreschmaschine, plur. die -n, eine jede Maschine, das Korn mit leichterer Mühe auszudreschen. Die bekannteste bestehet aus einer Walze, vermittelst deren das Getreide ausgewalzet wird.


Dreschtenne (W3) [Adelung]


Die Dreschtenne, plur. die -n, eine Tenne, d. i. ein fester Platz zum Dreschen, so wohl auf dem Felde, als in einer Scheuer; Nieders. Droske.


Dreschwagen (W3) [Adelung]


Der Dreschwagen, des -s, plur. ut nom. sing. ein schwerer Wagen, dessen man sich ehedem bediente, das Getreide aus den Ähren zu bringen, Es. 41, 15.


Dreschzehente (W3) [Adelung]


Der Dreschzehente, des -n, plur. die -n, derjenige Zehente, welcher von ausgedroschenem Getreide wird; der Sackzehente, im Gegensatze des Garbenzehenten.


Dreschzeit (W3) [Adelung]


Die Dreschzeit, plur. inus. in der Landwirthschaft, die gewöhnliche Zeit, in welcher das Getreide gedroschen wird.


Dresekammer (W3) [Adelung]


Die Dresekammer, S. die Tresekammer.


Dresse (W3) [Adelung]


1. Die Dresse, plur. die -n, S. Tresse.


Dresse (W3) [Adelung]


2. Die Dresse, plur. die -n, aus dem Franz. Dresse, bey den Perrückenmachern, die auf seidene Fäden dressirten Haare, woraus die Perrücke zusammen gesetzet wird; die Haarschnur. S. das folgende.


Dressiren (W3) [Adelung]


Dressiren, verb. reg. act. welches aus dem Franz. dresser entlehnet ist, und im gemeinen Leben in verschiedenen Fällen für zubereiten, zurichten, zu einem gewissen Gebrauche bequem machen, gebraucht wird. Hunde und Pferde werden dressiret, wenn sie an der Dressir-Leine mit Gewalt abgerichtet werden. Die Perrückenmacher dressiren die Haare, wenn sie solche zwischen drey Seidenfäden einflechten, daß sie so fest als am Kopfe selbst zu sitzen scheinen. Die Fäden sind dabey an den Dressir-Stöcken befestiget, welche aus zwey hölzernen Stangen bestehen, die an den Tisch geschraubet werden.


Dreuschen (W3) [Adelung]


Dreuschen, S. Dräuschen.


Driebrachen (W3) [Adelung]


Driebrachen, verb. reg. act. welches nur in der Landwirthschaft üblich ist, einen Brachacker zum dritten Mahle pflügen, so wie zwiebrachen, ihn zum zweyten Mahle pflügen bedeutet. Drie bedeutet im Niedersächsischen drey Mahl, und auch im Oberdeutschen ist drier für drey Mahl so ganz unbekannt nicht. S. Zwier. In einigen Gegenden ist dafür drittarten üblich. S. Ären und Art.


Driesch (W3) [Adelung]


* Driesch, adj. et adv. ein eigentliches Niedersächsisches Wort, welches eigentlich ungepflügt, brach, bedeutet. Ein Feld driesch liegen lassen, brach. Daher drieschen, einen Brachacker zum ersten Mahle pflügen, brachen, welches auch wendeldrieschen genannt wird. Der Drieschhafer, welcher in ein neu gebrochenes und nur Ein Mahl gepflügtes Grasland gesäet wird.


Driesel (W3) [Adelung]


Der Driesel, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen gemeinen Mundarten, besonders der Niedersächsischen, eine Scheide, eine Rolle, dergleichen die Rolle in einem Kloben ist, ein Kreisel, der Wirbel im Meere, und figürlich auch der Schwindel. S. das folgende.


Drieseln (W3) [Adelung]


Drieseln, verb. reg. act. drehen, im Kreise herum bewegen, in den vorhin gedachten gemeinen Mundarten. Aufdrieseln ist auch im Hochdeutschen so gar unbekannt nicht, einen Strick, gezwirnte Fäden u. s. f. aufdrehen, wofür die Oberdeutschen aufdrieseln, auftrosseln sagen.

Anm. Unstreitig ist dieses Wort, so wie das folgende drillen nur eine besondere Form von drehen. Das Schwed. Trissa bedeutet gleichfalls eine bewegliche Scheibe, eine Rolle, ingleichen einen Kreisel. Tryß war im Niedersächsischen ehedem der Nahme einer Winde, und aufdriesen bedeutet in dieser Mundart noch jetzt vermittelst einer solchen beweglichen Scheibe in die Höhe winden.


Drießen (W3) [Adelung]


Drießen, S. Verdrießen.


Driet (W3) [Adelung]


Das Driet, des -es, plur. die -e, bey den Sammelmachern, eine eingeniethete Messerklinge an den Sammetstühlen, vermittelst welcher die Fäden der Kette aufgeschlitzet werden, und welche auch das Dregett, der Hobel, ingleichen das Schlitzeisen heißt.


Drillbohrer (W3) [Adelung]


Der Drillbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Stein- und Metallarbeitern, ein Bohrer, welcher vermittelst einer Schnur, die entweder an einem Vagen, oder an einem an der Spindel beweglichen Läufer befestiget ist, in eine schnelle kreisförmige Bewegung versetzet wird, Löcher damit in Steine, Metall, und andere harte Körper zu bohren. Einige machen einen Unterschied zwischen dem Drillbohrer, der vermittelst eines Bogens, und der Rennspindel, welche vermittelst des an der Spindel auf- und absteigenden Läufers beweget wird. Allein die meisten gebrauchen doch beyde Ausdrücke ohne allen Unterschied, obgleich die Benennung der Rennspindel auf den Bohrer, der durch einen Bogen umgedrehet wird, nicht passet. Andere nennen diese Art Bohrer den Kreiselbohrer, den Stoßtreil, den Geigenbohrer, die Bogenbrille, den Scheibenbohrer, Zugbohrer, die Mundärzte aber den Trepan, nach dem Franz. Trepan. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Wort bald Drellbohrer, bald Drollbohrer, bald nur Drell, oder Treil. S. das folgende.


Drillen (W3) [Adelung]


Drillen, verb. reg. act. 1. Eigentlich, im Kreise herum drehen. An einigen Orten hat man für gewisse leichte Verbrechen anstatt des Prangers besondere Drillhäuschen, welche auf einem Zapfen beweglich sind, worein man den Verbrecher sperret, da er denn von den Gassenknaben gedrillet, d. i. beständig im Kreise herum getrieben, wird. 2. Figürlich. 1) Bohren, bey verschiedenen Arbeitern. Ein Loch drillen, oder eindrillen, vermittelst des Drillbohrers einbohren. 2) Plagen, beschwerlich fallen, besonders in den Niedersächsischen Mundart. Jemanden drillen, ihn durch ungestümes Bitten u. s. f. plagen.

Anm. Es ist das Frequentativum von drehen, für drehelen, zumahl da einige Mundarten wirklich drehlen, drielen sprechen; obgleich Frisch und andere es von treiben ableiten. Im Schwed. bedeutet drilla, im Dän. drille, im Angels. thirlian, im Holl. drillen, im Engl. drill, und im Ital. trivellare, drehen und bohren; Dyrl und Dyrel aber ist im Angels. ein Loch, und im Schwed. bedeutet trilla rollen, walzen. Das Nieders. drillen für plagen, kommt ein Mahl bey Hagedorn vor: Doch ich bin Herr, mich muß man so nicht trillen, wo es nach Oberdeutscher Art mit einem t geschrieben worden. Drillen, so fern es zur Strafe geschahe, heißt im mittlern Lateine corlare, im Ital. corlare, Französ. tourner. S. auch Dralle und Drilling.


Dringen (W3) [Adelung]


Dringen, verb. irreg. Ich dringe, du dringest, er dringet; Imperf. ich drang oder drung; Conj. ich dränge oder drünge; Mittelwort gedrungen; Imperat. dringe. Es ist in doppelter Gattung üblich.I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, durch Drücken von der Seite einen Raum einzunehmen suchen. 1. Eigentlich. Das Volk drang in den Saal. Alles dringet herzu. Obgleich diese und andere R. A. nichts Tadelhaftes an sich haben, so ist doch in dieser eigentlichen Bedeutung das Reciprocum sich drängen im Hochdeutschen beynahe üblicher. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung, mit Überwindung eines Widerstandes an und in einen Ort gelangen. Die Feinde sind haufenweise in die Stadt gedrungen. Er drang mit gewaffneter Hand durch das Volk. Das Wasser dringet durch das Dach. Die Fluth dringt in die Gassen. Wohin kann nicht ein goldner Regen bringen? Wiel. Das Gift drang ihm stark an das Herz. Seine Klagen drungen in das Herz, Gell. Es dringt mir durch Mark und Bein, verursacht mir sehr lebhafte Empfindungen. Der Arzt, dem dieses Wort durch Mark und Beine dringet, Can. Der Frevler, sollt' er wohl in mein Geheimniß dringen? Weiße. II. Als ein Activum, welches folglich das Hülfswort haben erfordert. 1. In der weitesten Bedeutung, für drücken, in einen engen Raum bringen. In dieser Bedeutung sagt man nur im gemeinen Leben, gedrungen voll, für gedrängt, gepfropft voll. 2. In engerer Bedeutung, von der Seite drücken, von lebendigen Geschöpfen, wie drängen. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen nicht, wohl aber im Oberdeutschen üblich. Thrank in, drängte ihn, Ottfr. Thih thringit man, dich dränget jemand, ebend. Zwar er drang mich auf dem Wege, Daß ich fast kein Glied mehr rege, Opitz Ps. 102.Der Sturm gedrungener Wellen, Hall. für gedrängter. 3. Figürlich. 1) Etwas mit einer Art von Gewalt zu erhalten suchen, als ein Reciprocum. Sich in ein Amt dringen. Er dringt sich überall zu. Wo doch im Hochdeutschen sich drängen beynahe üblicher ist. 2) Durch moralische Bewegungsgründe zu etwas antreiben. So wohl absolute. Die Zeit dringet mich. Die Liebe Christi dringet uns also, 2 Cor. 5, 14. Da aber Silas - kamen, drang Paulum der Geist, Apostelg. 18, 5. Als auch mit Benennung des Gegenstandes. Die Noth hat mich dazu gedrungen. Daher, eine dringende Noth, welche keinen Aufschub leidet. Das würde ich auch in der dringendsten Noth nicht thun. Und die Egypter drungen das Volk, daß sie es eilend aus dem Lande trieben, 2 Mos. 12, 33. In jemanden dringen, ihn durch Worte und Bewegungsgründe in Verlegenheit bringen. Dringen sie nicht so in mich. Sie dringt in ihren Vater, daß er die Verlobung beschleunigen soll, Gell. Auf etwas dringen, es durch Bewegungsgründe, auch wohl befehlsweise, zu erhalten suchen. Der Gegentheil drang auf den Beweis. Darauf drang er am meisten. Er dringt darauf, daß du gehorchen sollst.

Anm. Dringen lautet im Niedersächsischen gleichfalls dringen, bey dem Ottfried thringan. Freylich wäre es bequem, wenn drängen und dringen so unterschieden wären, wie wänken und trinken, senken und sinken u. s. f. das ist, wenn jenes das Activum, dieses aber bloß das Neutrum wäre. Allein aus den oben angeführten Beyspielen erhellet schon, daß dringen eben so oft active gebraucht wird als drängen. Der ganze Unterschied scheint daher in den Mundarten zu liegen. Im Hochdeutschen findet noch der Unterschied Statt, daß dringen, wenn es ein Activum ist, mehr figürlich, drängen aber mehr eigentlich gebraucht wird. Was die Conjugation betrifft, so sagt man im Imperf. eben so oft drung als drang; indessen scheinet doch die letzterer Form bey den Neuern die Oberhand zu bekommen. S. Drücken, welches von diesem Worte das Intensivum ist.


Drischel (W3) [Adelung]


Der Drischel, des -s, plur. ut nom. sing. S. Dreschflegel.


Drischelkürbs (W3) [Adelung]


Der Drischelkürbs, des -es, plur. die -e, eine Art langer Kürbse in Gestalt des dickern Theiles eines Dreschflegels.


Drittarten (W3) [Adelung]


Drittarten, S. Dribrachen.


Dritte (W3) [Adelung]


Dritte, adj. welches die Ordnungszahl von drey ist. Zum dritten Mahle. Der dritte Tag. Wir haben heute den dritten, d. i. den dritten Tag dieses Monaths. Die dritte Stunde. Das dritte Jahr. Selbdritte kommen, mit zweyen kommen, so daß man der dritte ist. S. Selb. Sehr oft bedeutet dieses Zahlwort nur eine andere Person oder Sache außer zweyen. An einem dritten Orte zusammen kommen, an einem Orte außer den Behausungen der zwey zusammen kommenden. In weiterer Bedeutung gebraucht man dieses Wort auch, wenn derer, die zusammen kommen, mehr als zwey sind. Wir wollen uns vergleichen, aber ohne Nachtheil eines dritten. Damit er es nicht von einem dritten erfahre. So züchtig sind zu aller Zeit, So unerbittlich viele Schönen, Die doch den Wahn der GrausamkeitIn eines dritten Arm verhöhnen, Haged. Der dritte Mann, der dritte, bedeutet oft auch einen Schiedsrichter, den zwey streitige Parteyen freywillig erwählen; ein Obmann, in den gemeinen Mundarten ein Drittmann. So daß er, wenn er will, kann geben (abgeben) Dritte-Mann, Opitz. Dort war vertraulich seyn der Drittmann unsrer Herzen, Günth.

Anm. Bey dem Ulphilas lautet dieses Zahlwort thridja, bey dem Kero dritta, dritto, bey dem Ottfried thritta, thritto, im Angels. dridda, im Nieders. drüdde, darbe, im Holländ. derde, dryde, im Engl. third, im Wallis. thryttyd, im Schwed. tredje, im Isländ. thridie, im Latein. tertius, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Dieses Wort ist, wie die meisten Ordnungszahlen, im Plural nicht gebräuchlich.


Drittel (W3) [Adelung]


Das Drittel, des -s, plur. ut nom. sing. der dritte Theil eines Ganzen, für Drittheil. Ein Drittel einer Elle. Ein Drittel bedeutet oft den dritten Theil eines Thalers, so fern derselbe aus einer einzigen Münze bestehet. Sächsische, Brandenburgische Drittel, d. i. Dreyßigkreuzerstücke. Im gemeinen Leben hat man mit diesem Worte verschiedene Zusammensetzungen. Ein Drittelgut, welches nur den dritten Theil eines Bauerngutes ausmacht. Ein Drittelbauer oder Drittler, der ein solches Gut besitzet. Ein Drittelstück, ein Drittelsthaler, ein Dreyßigkreuzerstück u. s. f. Die Drittelmenge, eine Metze im Hannöverschen, deren drey auf einen Hinten gehen, zum Unterschiede von den Viertelmetzen, deren vier einen Hinten machen. S. auch Dreydrittel.


Drittens (W3) [Adelung]


Drittens, adv. im gemeinen Leben, zum dritten.


Dritterne (W3) [Adelung]


Die Dritterne, plur. die -n, bey den Buchdruckern, drey in einander gesteckte Bogen, welche zusammen mit Einem Buchstaben des Alphabetes bezeichnet werden; wie Duerne, nach dessen Muster dieses Wort gebildet ist, zwey solche Bogen andeutet.


Dritthalb (W3) [Adelung]


Dritthalb, adj. indecl. zwey und ein halb. Dritthalb Tage. Dritthalb Ellen. Dritthalb Jahre.


Drittheil (W3) [Adelung]


Das Drittheil, des -es, plur. die -e. der dritte Theil eines Ganzen. S. Drittel, welches gewöhnlicher ist.


Drittler (W3) [Adelung]


Der Drittler, des -s, plur. ut nom. sing. S. Drittel.


Drittmann (W3) [Adelung]


Der Drittmann, des -es, plur. die -männer, S. Dritte.


Drob (W3) [Adelung]


Drob, S. Darob.


Droben (W3) [Adelung]


Droben, ein beziehendes Nebenwort des Ortes, für da oben oder dort oben, welches aber nur im gemeinen Leben und in den vertraulichen Sprecharten üblich ist. Es ist nicht hier unten, es ist droben, d. i. auf dem obern Zimmer, auf dem Boden. Gehe hinauf und warte droben. Ihr steiget erst den Berg hinauf, und wir sind schon droben. Droben im Himmel, Job. 22, 12. Droben in der Höhe, ebend. Figürlich, im Vorhergehenden, von einer Schrift. Wir haben droben bewiesen, daß u. s. f. Röm. 3, 9. Denn ich habe droben zuvor gesagt, daß u. s. f. 2 Cor. 7, 3.


Droguett (W3) [Adelung]


Der Droguett, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, eine Art Zeuges, welches ursprünglich halb von Leinen und halb von Wolle, bald gestreift bald ungestreift war, jetzt aber auch ganz aus Wolle, ja wohl gar aus Seide verfertiget wird. Aus dem Franz. Droguet, dessen Abstammung noch sehr dunkel ist. Im mittlern Latein. bedeutet Troccus und Trogulus, im Schwed. Tröja, und im Isländ. Treya, eine Art der Kleidung. Es wäre zu untersuchen, ob beyde Wörter nicht einen gemeinschaftlichen Stamm haben.


Drohen (W3) [Adelung]


Drohen, verb. reg. neutr. welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, und die dritte Endung der Person erfordert, zu erkennen geben, daß man jemanden Übels zufügen wolle. 1. Eigentlich, mit der Hand und mit den Mienen. Einem mit aufgehobener Hand drohen. Sprichw. Wer drohet, der schlägt nicht. Drohende Mienen. 2. In weiterer Bedeutung, mit Worten. Einem den Tod drohen. Er drohete mir mit einer Klage. Sie droheten, die Gefängnisse aufzudecken. Der Feind drohete der Stadt mit Feuer und Schwert. Auch figürlich und im Scherze von Dingen, welche uns eben nicht zum Schaden gereichen. Wenn sie mir mit neuer Güte drohen, so werde ich sie allein lassen. 3. Figürlich. 1) Durch seine Anstalten, Vorbereitungen, zu erkennen geben, daß man jemanden schaden wolle. Der Feind drohet uns mit einem Überfalle. Man drohet der Stadt mit einer Belagerung. 2) Auch von leblosen Dingen, welche uns zufälliger Weise schädlich werden können. Das Haus drohet alle Augenblicke den Einfall, oder drohet alle Augenblicke, einzufallen. Sein durch Gram vergiftetes Leben drohet einen langsamen Tod. Was für ein finsterer Sturm droht meiner Zärtlichkeit! Weiße. Daher die Drohung, plur. die -en, so wohl von der Handlung des Drohens, ohne Plural, als auch von drohenden Worten, von einer Rede, in welcher man drohet. Deine Drohungen schrecken mich nicht. Er ließ schreckliche Drohungen von sich hören.

Anm. Dieses Zeitwort lautet in dem alten Gedichte auf den heil. Anno dron. Ältere Oberdeutsche Schriftsteller gebrauchen dafür dräuen, Kero dreuuan, Ottfr. threuuen, welche Form noch oft in der Deutschen Bibel vorkommt, im Hochdeutschen aber veraltet ist. Im Angels. lautet dieses Wort dreatian, threatan, threan, im Nieders. brauen, im Engl. threaten. Die Abstammung ist dunkel. Kero gebraucht es für schelten, einen Verweis geben. Im Schwed. lautet truga, so wohl drücken, in figürlicher Bedeutung, als auch drohen; und dieß bewegte Hen. Ihre, auch dieses Zeitwort zu drucken, Schwed. trycka, zu rechnen. Allein unser Deutsches drohen würde sich wohl ohne gar zu großen Zwang nicht von drucken ableiten lassen. Das Hauptwort die Drohung, lautet bey dem Kero Drouua, bey dem Ottfried Thrau, Thrauua, in den spätern Zeiten Dro, und noch im Nieders. Drau. Opitz nennet ein Mahl einen Kometen den Dräuer, welches Wort aber sonst nicht üblich ist.


Drohn (W3) [Adelung]


Das Drohn, des -es, plur. die -e, im Hannöverschen, ein Raum von drey Viertel Morgen Landes.


Drohne (W3) [Adelung]


Die Drohne, plur. die -n, die Brutbiene, S. Thräne, obgleich Drohne der Abstammung nach richtiger ist.


Drohwort (W3) [Adelung]


Das Drohwort, des -es, plur. die -e, eine drohende Rede, eine Rede, welche eine Drohung enthält. Seine Drohworte schrecken mich nicht.


Drollig (W3) [Adelung]


Drollig, -er, -ste, adj. et adv. einen merklichen Grad Lachen erregend, possierlich. Das ist drollig. Ein drolliger Mensch. Ein drolliger Spaß. Ein drolliger Einfall. Das Drollige ist ungefähr die Grenze, wo sich edle Komische von dem niedern Komischen scheidet.

Anm. dieses Wort stammet zunächst aus dem Niedersächsischen her, wo es drullig lautet, und woher auch die Holländer ihr drol, die Engländer ihr droll, und die Franzosen ihr drosle, drole haben. Die Abstammung ist noch ungewiß, obgleich einige das Zeitwort trollen, im Nieders. trulen, trullen, rollen, wälzen, andere das alte Nordische trolla, zaubern, hexen, Troll, ein Gespenst, Dämon, Menage, aber drauculus, das Diminut. von draucus, für das Stammwort ansehen; anderer Ableitungen zu geschweigen. In Oberschwaben und Baiern ist Droll, Trolle ein Schimpfwort eines faulen nichtswerthen Menschen, in der Schweiz bedeutet Tröler, einen bösen Buben, und Trülle ist bey dem Pictorius eine liederliche Weibsperson, prostibulum. Für drollig gebrauchen die Niedersachsen auch putzig, schnurrig und schnakisch.


Dromedar (W3) [Adelung]


Das Dromedar, des -es, plur. die -e, eine allgemeine Benennung aller geschwinden Kamehle, besonders der kleinern Art, welche nur Einen Höcker, aber einen sehr flüchtigen Gang hat; von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . In der Deutschen Bibel werden diese flüchtigen Kamehle an einigen Orten Läufer genannt.


Drommete (W3) [Adelung]


Drommete, Drommeten, S. Trompete, Trompeten.


Drommeten (W3) [Adelung]


Drommeten, S. Drommete


Drömt (W3) [Adelung]


Das "Drömt", des -es, plur. die -e, ein nur in Niedersachsen übliches Getreidemaß, welches zwölf Scheffel hält, und den Obersächsischen und Oberdeutschen "Maltern" gleicht. Zwey Drömt machen einen Wispel, acht Drömt aber eine Last. Frisch leitet es von dem Latein. "Trimodius" ab.


Drönen (W3) [Adelung]


Drönen, verb. reg. neutr. welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, aber gleichfalls nur im Niedersächsischen einheimisch ist, einen erschütternden Ton von sich geben. So drönen die Fenster bey dem Donner, ingleichen wenn ein schwerer Wagen vorbey fähret. Eine drönende, zitternde, Stimme. Es möchten einem die Ohren davon drönen, gällen. Unter mir dronet der Grund, und einsame Gräber erzittern Von dem belebenden Schalle begrüßt, Zachar. Im Niedersächsischen drönen, dreunen, im Holländ. dreunen, im Ital. tronare.


Dröschen (W3) [Adelung]


Dröschen, S. Dräuschen.


[Adelung]

Drost (W3) [Adelung]


Der Drost, des -en, plur. die -en, in Westphalen, am Niederrheine und in den Niederlanden, eine obrigkeitliche Person auf dem Lande, welche ungefähr das ist, was in Obersachsen die Amtshauptleute sind, S. dieses Wort. Ist der Drost nicht bloß einem Amte, sondern einer ganzen Gegend oder Provinz vorgesetzt, so heißt er Landdrost, und ist alsdann das, was an andern Orten ein Landeshauptmann oder Landvogt ist; S. diese Wörter. Heut zu Tage, wenigstens in Westphalen, ist die Würde größten Theils nur ein Ehrentitel, der mit keiner Arbeit verbunden ist. Daher das Drostenamt, oder Drostamt, des -es, plur. die -ämter, die Würde und das Amt eines Drosten; die Drostey, plur. die -en, das Gebieth, dem ein Drost vorgesetzt ist u. s. f.

Anm. Man hat von diesem noch dunkeln Worte viele Ableitungen. Boxhorns Ableitung von dem Persischen Nahmen Darius möchte wohl viele zum Lachen bewegen. Schilter leitet es von Traut, Druit, her, weil die alten Drosten, vertraute Räthe des Landesfürsten waren, Frisch von Truchseß, Ihre aber mit mehrerm Rechte von dem alten Drott, ein Herr. In den mittlern Zeiten wurde dieses Wort Drottset, Drozet, Drozt, geschrieben, im mittlern Latein. Drossardus, Drossatus. S. Ihre Gloss. v. Drott und Drottsaet, wo weitläufig so wohl von der Abstammung dieses Wortes, als auch von der dadurch bezeichneten Würde gehandelt wird.


Drüben (W3) [Adelung]


Drüben, ein Nebenwort des Ortes, für auf jener Seite, da oder dort drüben, welches aber nur im gemeinen Leben üblich ist. Er ist drüben, auf jener Seite. Aber, o sieh, was drüben im Dunkeln wild mit Flammen herauf zieht, Klopst. Das im Hoch- deutschen veraltete Nebenwort üben, auf jener Seite, ist noch in einigen gemeinen Mundarten üblich.


Drüber (W3) [Adelung]


Drüber, S. Darüber.


Druck (W3) [Adelung]


Der Druck, des -es, plur. die -e, das Hauptwort von dem Verbo drucken. 1. Die Handlung des Drückens so wohl, als des Druckens, und zwar, 1) des Drückens, ohne Plural. (a) Eigentlich, die Bemühung, die Theile eines Körpers in einen engern Raum zu bringen. Ein Druck mit der Hand. Ein sanfter Druck macht oft das ganze Herz bekannt, Rost. Einem einen Druck geben, figürlich, ihm einen heimtückischen Streich spielen. Ihm den letzten Druck geben, sein Unglück vollenden. Zuweilen wird dieses Wort auch in weiterer Bedeutung von der Bemühung gebraucht, einen Körper aus seiner Stelle zu bringen. Der Druck der Gewichte, d. i. der Zug. Der Druck der Feder in einer Uhr. (b) Figürlich, Bedrückung. Seinen Schmerz unter dem Drucke der Übel zu mäßigen wissen. Die Unterthanen seufzten unter dem Drucke schwerer Auflagen. 2) Des Druckens, besonders des Buchdruckens mit allen dahin gehörigen Nebenarbeiten. Ein Buch im den Druck geben, es drucken lassen. Eine Schrift zum Drucken geben, zum Drucke befördern. Ein Buch im Drucke ausgehen lassen, es durch den Druck bekannt machen, ist eine in der anständigern Schreibart veraltete Redensart. Der erste Druck, die erste Auflage eines Buches. Der zweyte Druck, u. s. f. Zuweilen deutet dieses Wort auch die Art und Weise des Druckes an. Ein zierlicher, ein reiner, ein leserlicher Druck. In dieser ganzen Bedeutung ist, wie bey andern Abstractis, der Plural nicht üblich, obgleich einige derselben in der eigentlichen Bedeutung des Drückens von einem wiederhohlten Drucke gewagt haben. 2. Dasjenige, was gedruckt, oder durch den Druck hervor gebracht wird. So wohl für die dadurch hervor gebrachte Schrift. Wenn der Druck noch neu ist, so ziehet er sich im Schlagen der Bücher gerne ab. Als auch für gedruckte Bücher. Alte Deutsche Drucke. Im Oberdeutschen wird dieses Wort zuweilen auch von gekeltertem Weine, gepreßtem Öhle u. s. f. gebraucht. Der erste Druck, Most, der durch die erste Arbeit der Kelterns erhalten wird.

Anm. Dieses Hauptwort lautet schon bey dem Notker Druch. In der figürlichen Bedeutung für Angst, Kummer, kommt bey dem Tatian Thrucnessi vor.


Druckelpumpe (W3) [Adelung]


Die Druckelpumpe, S. Druckpumpe.


Drücken (W3) [Adelung]


Drücken, verb. reg. act. die Theile eines Körpers in einen engern Raum zu bringen suchen. 1. Eigentlich. Butter in den Topf drücken. Etwas in der Hand fest zusammen drücken. Einem die Hand drücken, als ein Merkmahl des alten Deutschen Wohlwollens. Den Huth in das Gesicht drücken. Der Alp hat ihn gedrückt, S. Alp. Er hatte seinen Mund auf meine Hand gedrückt, Gell. Jemanden an seine Brust drücken, als ein Merkmahl lebhafter Zärtlichkeit. Drücke auch diese zwey Unschuldigen an deine Brust. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) Einen Körper aus jener Stelle zu bringen suchen. So schreibt man oft dem Zuge der Gewichte einer Uhr, der Wirkung der stählernen Feder, ein Drücken zu. 2) Durch Drücken Schmerzen verursachen, wund drücken. Die Schuhe drücken mich. Da drückt uns der Schuh, figürlich, im gemeinen Leben, das ist der geheime Schmerz, der uns quält. Der Sattel hat das Pferd gedrückt, hat dasselbe wund gedrückt. 3) Ingleichen von gewissen Empfindungen, welche der durch Drücken verursachten Empfindung gleichen. Es drückt mich auf der Brust. Ich fühle ein schmerzhaftes Drücken im Unterleibe. 4) Durch drücken befestigen. Das Siegel auf eine Urkunde drücken. 5) In der Mahlereybedeutet drücken oder drucken, die Schatten dunkeler machen, weil solches vermittelst eines stärkeren Druckes mit dem Pinsel geschiehet; im Gegensatze des Blickens. 6) Sich drücken, im gemeinen Leben, einen moralisch engern Raum einzunehmen suchen. Man muß sich schmiegen und drücken, wenn man mit Ehren durch die Welt kommen will. Wer sehr pranget, der verdirbt darüber, wer sich aber drücket, der kommt empor, Sir. 20, 11. 7) Zaudern, gleichfalls nur im gemeinen Leben. Was drückst du lange, gib her, was du hast. In den niedrigen Sprecharten ist dafür ein neues Frequentativum drucksen üblich. 8) Beschwerde, Kummer, Gram verursachen. Die drückende Last der Geschäfte. Von Mangel und Armuth gedrückt werden. Die Unterthanen mit Abgaben drücken. Hier drückt ein mächtiges Unrecht die Unschuld. Die Tugend wird gedrückt, aber nicht unterdrückt. Die Noth drückt mich. Ich fühle, daß mich ihre Seufzer unter allen meinen übrigen Lasten am meisten drücken. S. das folgende.


Drucken (W3) [Adelung]


Drucken, verb. reg. act. welches die Oberdeutsche Form des vorigen ist, und daher im Oberdeutschen auch in allen Bedeutungen des vorigen üblich ist. Es drucket mich, o Herr, sehr schweres Leid, Opitz Ps. 119. Sie drucken dir dein liebes Erbe, ebend. Ps. 94. Eh, als ich noch gedruckt ward, irret ich, ebend. Ps. 119. Der uns aus der Noth geruckt,Als man heftig uns gedruckt, ebend. Ps. 136. Welche Form auch Luther in vielen Stellen der Deutschen Bibel beybehalten hat. Und man sagte Fronvögte über sie, die sie mit schweren Diensten drucken sollten, 2 Mos. 1, 11, 12. Wie werden gedruckt und geplagt, Klagel. 3, 47. Des Narren Rede druckt, wie eine Last auf dem Wege, Sir. 20, 10 u. s. f. Im Hochdeutschen hat man dieses Zeitwort nur von derjenigen Arbeit beybehalten, da man vermittelst gewisser Formen und Farben Züge und Bilder durch Drücken auf andere Körper überträgt. Figuren auf Leinwand, auf Zeug in Kattun drucken, durch ein solches Drucken einen Zeug in Kattun verwandeln. Gedrucktes Papier, gedruckte Zeuge, welche auf solche Art mit allerley Figuren verstehen worden. Besonders von dem Drucke der Bücher. Ein Buch drucken lassen. Es wird noch an dem Buche gedruckt. Er lügt, als wenns gedruckt wäre, gemeinen Leben.

Anm. 1. Drucken und drücken sind bloß der Mundart nach unterschieden. Die Oberdeutschen gebrauchen in allen Fällen ohne Ausnahme drucken, die Niedersachsen aber drücken. Selbst das Drucken der Zeuge und Bücher heißt im Niedersächsischen drücken, welche Form selbst ein Mahl bey dem Opitz vorkommt. Die Hochdeutschen haben in dieser letztern Bedeutung das Oberdeutsche drucken beybehalten, weil die Erfindung der Sache selbst Oberdeutsch ist, und durch die ersten Oberdeutschen Drucker in Sachsen eingeführet worden. Eben dieses gilt auch von den Zusammensetzungen abdrucken und abdrücken, andrucken und andrücken, aufdrucken und aufdrücken, ausdrucken und ausdrücken, bedrucken und bedrücken, eindrucken und eindrücken u. s. f.

Anm. 2. Bey dem Kero und Notker lautet dieses Wort drucchen, bey dem Tatian thrucken, im Angels. thriccan, im Schwed. trycka, im Ital. vermittelst des voran gesetzten Zischlautes struccare, im Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es ist, so wie bücken von biegen, zucken von ziehen u. s. f. das Iterativum oder Intensivum von einem Zeitworte, welches bey dem Ulphilas threihan, im Angels. treagan, im Schwed. truga, und die Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - lautet, und gleichfalls reiben, drucken, beunruhigen bedeutet. Unser Deutsches drängen und bringen scheinen von diesem einfachen Zeitworte bloß durch das eingeschaltete n einer nieselnden Mundart verschieden zu seyn. S. auch Tragen. Im Oberdeutschen wird drucken auch für rucken, rücken gebraucht. Das ersach sein geselschaft werd Trückten im nach mit aller macht, Theuerd. Kap. 82, So will ich mit dem andern Zeug Nachdrucken, Kap. 91. Alle Reben so nicht erfroren, singen erst so spät an zu drucken, Bluntschli, d. i. auszuschlagen, heraus zu rücken.


Drücker (W3) [Adelung]


Der Drücker, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes Werkzeug zum Drücken. Besonders die Handhabe an den Schlössern; womit die Schnalle der Klinke aufgedrücket wird; im Oberdeutschen der Drucker. In den Münzen ist der Drücker ein stählerner Kegel mit einem scharfen Rande, die Münze auszustückeln, d. i. aus den geplätteten Schienen die runden Scheiden zu der künftigen Münze auszuschneiden.


Drucker (W3) [Adelung]


Der Drucker, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Druckerinn, plur. die -en. 1) Überhaupt eine jede Person, welche vermittelst gewisser Formen und Farben allerley Bilder und Züge auf andere Körper druckt. Daher der Kartendrucker, Buchdrucker, Kupferdrucker, Kattundrucker, Leinwanddrucker u. s. f. 2) Besonders bey den Buchdruckern, derjenige Arbeiter, welcher die Farben auf die gesetzten Formen trägt, und abdruckt; zum Unterschiede von dem Setzer.


Druckerballen (W3) [Adelung]


Der Druckerballen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ballen, mit welchem die Drucker die Farben auf die Formen tragen; dergleichen Ballen sich besonders die Buch- und Kupferdrucker bedienen.


Druckerey (W3) [Adelung]


Die Druckerey, plur. die -en. 1) Die Kunst, die Geschicklichkeit zu drucken, ohne Plural. Die Druckerey mit bunten Farben. Besonders, die Kunst Bücher und Schriften zu drucken. Die Druckerey verstehen. S. Buchdruckerey. 2) Die Werkstätte eines jeden Druckers; besonders eines Buchdruckers.


Druckerfarbe (W3) [Adelung]


Die Druckerfarbe, plur. die -n, eine jede Farbe, deren sich die Drucker aller Arten bedienen. Die schwarze Farbe der Buch- und Kupferdrucker wird am häufigsten Druckerschwärze genannt.


Druckerlohn (W3) [Adelung]


Der Druckerlohn, des -es, plur. car. der Lohn, welchen ein Drucker für seine Arbeit bekommt. Besonders dasjenige Geld, welches einem Buchdrucker für den Druck einer Schrift ober eines Buches gebühret.


Druckerschwärze (W3) [Adelung]


Die Druckerschwärze, plur. car. S. Druckerfarbe.


Druckfehler (W3) [Adelung]


Der Druckfehler, des -s, plur. ut nom. sing. ein Fehler, welcher bey dem Abdrucke eines Buches von dem Setzer im Setzen gemacht wird.


Druckform (W3) [Adelung]


Die Druckform, plur. die -en, eine jede Form, vermittelst welcher Züge und Bilder auf andere Körper gedruckt werden.


Druckhebel (W3) [Adelung]


Der Druckhebel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Hebel, welcher niederdrückt; im Gegensatze des Tragehebels, wo die Last durch die Aufhebung des Hebels gehoben wird.


Druckjahr (W3) [Adelung]


Das Druckjahr, des -es, plur. die -e, das Jahr, in welchem ein Buch gedruckt worden. So auch der Druckort, die Druckkosten u. s. f.


Druckpapier (W3) [Adelung]


Das Druckpapier, des -es, plur. von mehrern Arten die -e, ungeleimtes Papier, so wie es gemeiniglich zum Drucke der Bücher gebraucht wird; im Gegensatze des Schreibpapieres.


Druckpumpe (W3) [Adelung]


Die Druckpumpe, im gemeinen Leben, Druckelpumpe, plur. die -n, eine Pumpe, welche man niederdrücken muß, besonders in den Bergwerken.


Druckschrift (W3) [Adelung]


Die Druckschrift, plur. die -en, in einigen gemeinen Mundarten, besonders Oberdeutschlandes, eine gedruckte Schrift; im Gegensatze der Handschriften.


Drucksen (W3) [Adelung]


Drucksen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. S. Drücken. 2. 7).


Druckspiel (W3) [Adelung]


Das Druckspiel, des -es, plur. inus. S. Drucktafel.


Druckstämpel (W3) [Adelung]


Der Druckstämpel, des -s, plur. ut nom. sing. in den Wasserkünsten, ein Stämpel, durch dessen Niederdrücken das Wasser in die Höhe getrieben wird. S. Druckwerk.


Drucktafel (W3) [Adelung]


Die Drucktafel, plur. die -n, die Oberdeutsche Benennung derjenigen Tafel, welche in Niedersachsen Beilketafel genannt wird; ingleichen die Art des Spieles, welches auf dieser Tafel gespielet wird, das Druckspiel, in dieser letzten Bedeutung aber ohne Plural. In den gemeinen Mundarten Trocktafel, Trockspiel. S. Beilketafel.


Druckwerk (W3) [Adelung]


Das Druckwerk, des -es, plur. die -e, überhaupt eine jede Maschine, welche durch den Druck eine gewisse Wirkung hervor bringet. Besonders eine Maschine, das Wasser vermittelst eines Druckes in die Höhe zu treiben. Eine solche Maschine bestehet aus zwey Stiefelröhren, in welche das Wasser durch das Aufziehen des Druckstämpels gezogen, und durch dessen Niederdrücken in die Höhe getrieben wird.


Druckzange (W3) [Adelung]


Die Druckzange, plur. die -n, in den Schmelzhütten, eine Zange, vermittelst welcher die Körner aus der Kapelle gehoben werden, und welche auch die Probierzange, ingleichen die Kornzange heißt.


Drud (W3) [Adelung]


Der Drud, des -en, plur. die -en, Fämin. die Drude, plur. die -n, ein nur noch unter dem großen Haufen Oberdeutschlandes übliches Wort, theils einen Hexenmeister und eine Hexe, theils einen schädlichen Geist, einen Kobold, ein Gespenst, theils aber auch den so genannten Alp auszudrucken, welcher letztere daher auch das Druddrücken, der Nachttrutten, der Trutte oder Trutten genannt wird. S. Alp. Gemeiniglich glaubt man, daß dieses Wort von dem folgenden Druide abstamme. Allein es ist sehr wahrscheinlich, daß es von demselben völlig verschieden ist. Bey dem Ulphilas ist thriutan, im Schwed. tryta, abmatten, Beschwerde, Verdruß verursachen, welches Wort selbst hierher gehöret, und sich bloß durch den Oberdeutschen Zischlaut unterscheidet. Im Nieders. bedeutet Drus den Teufel, und in einigen Gegenden auch eine Hexe.


Drudenbaum (W3) [Adelung]


Der Drudenbaum, des -es, plur. die -bäume, unter dem großen Haufen, besonders Oberdeutschlandes, eine Benennung verschiedener Bäume, besonders verschiedener großer Eichbäume, die dem Aberglauben merkwürdig sind, weil die Druden oder Hexen ihre Zusammenkünfte unter denselben halten sollen.


Drudenbusch (W3) [Adelung]


Der Drudenbusch, des -es, plur. die -büsche, bey dem Oberdeutschen Pöbel, verwickelte in einander gewachsene Zweige eines Baumes oder Strauches, mit welchem man ehedem allerley Aberglauben getrieben; in andern Gegenden Alpruthen, im Nieders. Marentakken. S. Alpruthe.


Drudenfuß (W3) [Adelung]


Der Drudenfuß, des -es, plur. die -füße. 1) Eine fünf- oder sechseckige Figur, welche sonst auch Alpfuß genannt wird; S. dieses Wort. 2) Im gemeinen Leben einiger Gegenden, eine Benennung des Bärlappes, Lycopodium, L. weil es auch zu allerley Aberglauben gemißbraucht wird. S. Bärlapp.


Drudenstück (W3) [Adelung]


Das Drudenstück, des -es, plur. die -e, bey den Fleischern, ein gewisses Stück Fleisch an dem untern Buge eines Ochsen.


Druide (W3) [Adelung]


Der Druide, des -n, plur. die -n, in dem ehemahligen heidnischen Europa, besonders in dem alten Gallien, eine Benennung der Priester. Da über diese Priester und ihre Benennung so viel geschrieben worden, so ist es unnöthig, solches hier zu wiederhohlen, zumahl da man von der Abstammung eines so alten Wortes nichts anders als Muthmaßungen beybringen kann. Die wahrscheinlichste ist immer noch die, welche dieses Wort von dem alten Drott, Druth, Herr, ableitet, welches mit der Ehrfurcht, welche die alten Deutschen und nordischen Einwohner für ihre Priester hatten, gar wohl überein kommt, zumahl da der gemeine Mann, besonders in katholischen Ländern, seine Geistlichen noch jetzt - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Herren zu nennen pfleget. S. Ihre Gloss. v. Drott. Eine minder wahrscheinliche, aber doch sehr gemeine Meinung, leitet dieses Wort von dem alten Dru, Deru, im Wend. Drewo, Drewko, das Holz, ein Baum, und besonders ein Eichbaum, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ab, weil die Druiden ihren Gottesdienst nicht in Tempeln, sondern unter geheiligten Bäumen verrichteten.


Drum (W3) [Adelung]


Drum, S. Darum.


Drumm (W3) [Adelung]


Der Drumm, die Drümmer, S. in T.


Drumpelbeere (W3) [Adelung]


Die Drumpelbeere, S. Heidelbeere 2.


Drunten (W3) [Adelung]


Drunten, adv. loci, im gemeinen Leben, für da unten, dort unten. Er ist nicht hier oben, er ist drunten, in dem untern Stocke. Der Midianiter Herr lag drunten, Richt. 7, 8. Die Hölle drunten erzittert, Es. 14, 9.


Drunter (W3) [Adelung]


Drunter, S. Darunter.


Drüschling (W3) [Adelung]


Der Drüschling, des -es, plur. die -e, in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, ein eßbarer Schwamm, der unter dem Französischen Nahmen Champignon im Hochdeutschen am bekanntesten ist; Agaricus campestris, L. Um Regensburg wird er Ögartling, in Böhmen Herrenschwamm, in Österreich und Steyermark die Kuckenmucken, von den Deutsch redenden Ungarn Angerling, an andern Orten aber Feldschwamm, Brachmännlein genannt.


Druse (W3) [Adelung]


2. Die Druse, plur. die -n, im Bergbaue, ein verwittertes und im Mulm verwandeltes Erz, welches daher löcherig ist. Im Böhmischen bedeutet drazowity löcherig. Im Nieders. ist drusen fallen, bey dem Ulphilas driusan, im Schwed. drossa, im Angels. dreosan, welches auch figürlich vergänglich bedeutet. Ob es aber an der Verwandtschaft mit Druse Theil habe, weiß ich nicht. S. Drüse.


Druse (W3) [Adelung]


3. Die Druse, plur. car. ein bekannte Krankheit der Pferde, bey welcher eine weiße, und oft gelbliche Materie aus der Nase und dem Munde fließet; Franz. la Gourme. Die gutartige Druse, bey welcher sich der Ausfluß aus der Nase nach dem neunten Tage verlieret. Von der Druse, mit der Druse befallen werden. Das Pferd wirft die Druse ab, wenn die Materie dicker wird, welches ein Kennzeichen des bevor stehenden Endes dieser Krankheit ist. Die falsche Druse, die bösartige Druse, bey welcher das Geblüt in ein größeres Verderben übergehet, und die sich gemeiniglich in den Rotz verwandelt. In den gröbern Sprecharten wird auch der Schnupfen bey dem Menschen zuweilen die Druse genannt.

Anm. Es scheinet, daß dieses Wort von dem vorhin gedachten Zeitwort drusen, fallen, abstamme, weil das Wesen der Druse in dem Ausflusse der Feuchtigkeiten bestehet. Da aber die Druse bey den Pferden gemeiniglich mit Drüsen oder verhärteten Bäulen zwischen den Ganaschen verbunden ist, die Krankheit selbst auch von einigen die Drüse genannt wird, so kann es seyn, daßdieses Wort den nächsten Anspruch auf die Benennung dieser Krankheit hat.


Drusen (W3) [Adelung]


Die Drusen, singul. inus. in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, die Hefen; ingleichen der Überrest von den ausgekelterten Weintrauben, oder den ausgepreßten Oliven, in einigen Gegenden die Triester. Dieses Wort lautet im Holländ. Droessem, im Angels. Dros, Dresten, bey dem Notker Truosen, im Engl. Dregs, im Schwed. Draegg, im Isländ. Dreggiar, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im mittlern Latein. Drascus.


Drusenasche (W3) [Adelung]


Die Drusenasche, plur. car. die Asche von gebrannten Weinhefen; oft auch nur die getrockneten Weinhefen, wenn sie gleich nicht gebrennet worden.


Drüsenblume (W3) [Adelung]


Die Drüsenblume, plur. die -n, bey den neuern Schriftstellern des Pflanzenreiches, der Nahme einer Ostindischen Pflanze, welche an der äußern Spitze der Staubbeutel kugelrunde Drüsen hat; Adenanthera, L.


Drusenkobalt (W3) [Adelung]


Der Drusenkobalt, des -es, plur. inus. im Bergbaue eine Art Kobaltes, welcher auf der Oberfläche mit vielen kleinen Erhöhungen, gleich einer Quarzdruse, besäet ist.


Drusicht (W3) [Adelung]


Drusicht, adj. et adv. nach Art der Drusen, so wohl auf der Oberfläche mit kleinen Anschüssen versehen, als auch hohl, ausgefressen; S. 1 und 2 Druse.


Drusig (W3) [Adelung]


Drusig, adj. et adv. mit Drusen versehen, oder mit der Druse behaftet. Ein drusiger Gang, der mit verwittertem Erze angefüllet ist. S. 2 Druse. Ein drusiges Pferd, welches mit der Druse behaftet ist. S. 3 Druse.


Drüsig (W3) [Adelung]


Drüsig, -er, -ste, adj. et adv. Drüsen habend. Drüsiges Fleisch. Drüsicht würde nur bedeuten, Drüsen ähnlich.


Dt (W3) [Adelung]


Dt . S. D.


Du (W3) [Adelung]


Du, das persönliche Pronomen der zweyten Person, welches um Singular folgender Gestalt abgeändert wird:Nom. Du.Genit. Deiner.Dat. Dir.Accus. Dich.Für den Plural dieses Pronomens wird gemeiniglich das Ihr gehalten. Da diese aber von einem ganz andern Stamme herkommt, so ist es schicklicher, dasselbe an seinem Orte besonders abzuhandeln. Der Genitiv deiner wird in einigen Mundarten, besonders im Oberdeutschen, gern in dein zusammen gezogen, welches denn auch die Dichtkunst um des Sylbenmaßes willen oft beybehält. Er spottet dein. S. 2 Deiner.Eigentlich sollte man mit diesem Fürworte alle einzelne Personen außer uns anreden. So gebrauchten auch die ältern Völker und Sprachen dieses Wort, so gebrauchen es noch viele auswärtige Nationen, und so bedienten sich dessen auch ehedem die alten Deutschen. Allein die Mode und die gesellschaftliche Höflichkeit haben hierin schon seit mehrern Jahrhunderten eine Änderung getroffen, und heut zu Tage ist dieses Wort nur ein Zeichen theils der Vertraulichkeit, theils der Unterwerfung, theils auch der Verachtung. Jemanden du nennen. S. Dutzen.Was die Vertraulichkeit betrifft, so pflegen sich Geschwister, Eheleute, und genaue Freunde, besonders solche, welche sich beym vertraulichen Trunke brüderliche Treue zugesagt, du zu nennen. Schon unter den Schwäbischen Kaisern war dieses Wort der vertraulichen, aufrichtigen Liebe eigen. Einer fraget lihte nu Warumbe ich dich heisse du Das von rehter liebe frowe sprich Hab ich daraniender missesprochen Das las ungerochen, der Schenke von Limpurg. In Ansehung der Unterwerfung werden Kinder von ihren Ältern und Vorgesetzten, niedrige Bediente und Leibeigene von ihren Herrschaften sehr oft nur du genannt. Der Kanzelleystyl des Hauses Österreich und vieler Oberdeutschen Höfe dutzet alle seine Minister und Beamten. S. Ihr.Nur die Dichtkunst hat die Gewohnheit der Alten beybehalten, und redet alle Personen, die höchsten nicht ausgenommen, mit du an. Auch das höchste Wesen, Verstorbene, und alle unsichtbare und abstracte Dinge, wenn sie als Personen angesehen und eingeführet werden, sind von der Tyrannen der modischen Höflichkeit gleichfalls ausgenommen, und heißen auch in Prosa du.Du gehöret zu denjenigen Pronominen, welcher gewisser Maßen Hauptwörter sind, und daher kein anderes Hauptwort neben sich leiden, außer wenn solches in Gestalt einer Apposition vorhanden ist. So hört man oft im gemeinen Leben, du Bruder, du Carl u. s. f. welche Ausdrücke elliptisch sind, für: du, der du mein Bruder bist; du, der Carl heißt. Wenn es hinter dem Verbo stehet, und sich dieses mit st endiget, wird es im gemeinen Leben oft an dasselbe angehänget. Willstu, kommstu, für willst du, kommst du; doch pflegt man nicht gern so zu schreiben. Eben so oft ziehet die vertrauliche Sprechart dasselbe mit es zusammen. Mußt dus nicht selbst gestehn? für: mußt du es nicht selbst gestehn?Die gemeine geschwinde Sprechart lässet dieses Pronomen zuweilen vor den Verbis weg. Logau und einige neuere Dichter haben dieses in der vertraulichen und scherzhaften Dichtung nachzuahmen gesucht. Welch ein Jammer, o Sperling! armer Sperling! Haft gemacht, daß mein trautes Mädchen ihreLieben Äugelein sich ganz roth geweint hat, Raml. in der Übersetzung des bekannten Gedichtes aus dem Catull. Allein, es ist zu wünschen, daß diese Ellipse nicht zu stark gebraucht werde, weil sie der Natur der Deutschen Sprache völlig zuwider ist, und dem Gehöre gewiß wenig Anmuth verursacht.Der Dativ dir wird in der niedrigen vertraulichen Sprechart, besonders wenn man etwas mit Verwunderung erzählet, von Personen, welche sich du zu nennen pflegen, sehr oft überflüssig gesetzt. Das ist dir eine Kunst, Rost. Das war dir selbst Damöt, der hatte sich verkleidet, Rost. Es ließ dir auch recht frey, ebend. Er weiß dir alle Mahl was neues anzugeben, ebend.

Anm. Dieses Pronomen ist sich in allen Europäischen Mundarten ähnlich geblieben. Bey dem Ulphilas lautet es thu, bey dem Kero, Isidor und Ottfried du, thu, und im Accus. dih, dhih, im Angels. thu, im Engl. thou, im Holländ. Nieders. Dän. und Schwed. du, im Isländ. thu, im Wallis. ti, im Bretagnischen te, im Slavon. ty, im Latein. tu, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und bey den Doriern - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, im Franz. toi, im Pers. tu u. s. f. Nigidius, ein Römischer Sprachlehrer, behauptete schon, dem Gellius B. 10, Kap. 4 zu Folge, die Fürwörter ego, nos, tu, vos, wären natürliche, der Sache selbst angemessene Töne. Bey den beyden ersten ziehe man den Athem und die Lippen in sich selbst, sein eigenes Individuum dadurch anzudeuten; bey den beyden letztern aber bewege man beydes gegen den, mit welchem man spreche.


Dubhammer (W3) [Adelung]


Der Dubhammer, des -s, plur. die -hämmer, auf den Kupferhämmer, ein langer vorn zugespitzter Hammer, der etwa 11/2 Zentner schwer ist, von dem Wasser getrieben wird, und zum Abteufen der Kessel dienet. Daher die Dubhammergabel, ein Eisen, auf welchem die Kessel liegen, wenn sie von dem Dubhammer geschlagen werden. Frisch glaubet, daß die erste Hälfte dieses Wortes von tief, Nieders. deep, im Goth. diub, abstamme. Allein im Nieders. bedeutet dubben schlagen, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, S. Tupfen. Wem diese Ableitung nicht gefällt, dem wird das Wort 2 Döbel vielleicht eine bessere an die Hand geben, zumahl da die lange zugespitzte Gestalt dieses Hammers einigen Anspruch darauf zu machen scheinet.


Dublette (W3) [Adelung]


Die Dublette, plur. die -n, aus dem Franz. Doublet. 1) Etwas, das man doppelt hat. 2) Ein falscher Edelstein von Krystall, welcher doppelt liegt, und zwischen beyden Hälften eine Folie hat, welche ihm das Ansehen eines echten gibt. 3) In dem Bretspiele, zwey geworfene Würfel, welche auf der Oberfläche einerley Anzahl Augen weisen.


Dublone (W3) [Adelung]


Die Dublone, plur. die -n, eine ehemahlige Französische Goldmünze, welche so viel als ein Doppelducaten war, und gemeiniglich 5 Rthlr. gilt; eine Pistole, ein Louisd'or, welche Münzen nachmahls an ihre Stelle getreten sind. Aus dem Franz. Doublon, Ital. Dobbla, Doppia.


Ducaten (W3) [Adelung]


Der Ducaten, plur. ut nom. sing. eine Gold- und Silbermünze, welche seit ihrem Ursprunge einen verschiedenen Werth gehabt hat, in Deutschland jetzt eine Goldmünze ist, welche gemeiniglich 2 Rthlr. 18 bis 20 Gr. gilt; dagegen man in Italien und Spanien auch silberne Ducaten hat, welche von weit geringerm Werthe sind. Sie hat den Nahmen von dem Latein. Worte Ducatus, weil ein Herzog von Ferrara sie im sechsten Jahrhunderte zuerst schlagen lassen. S. Hist. de Venise par Laugier. Wenigstens sind sie unter diesem Nahmen in Italien weit älter als die Apulischen und Venetianischen Ducaten aus dem 13ten Jahrhunderte, welche du Fresne für die ersten hält. Die Italiänischen Ducaten von Gold heißen heut zu Tage am häufigsten Zechinen, S. dieses Wort; dagegen die Italiäner die ausländischen Ducaten Ungari zu nennen pflegen. In der Schweiz heißen die Ducaten auch Schildfranken. S. auch Goldgülden. Daher das Ducaten-Gold, seines Gold, wie es zu den Ducaten genommen wird; das Ducaten-Äßchen, ein kleines Gewicht, womit an einigen Orten die goldenen und silbernen Münzen gewogen werden, und deren 15 einen Gran, 64 aber einen Ducaten machen; das Ducaten-Röschen, ein Nahme des Mauseöhrchen, wegen der goldgelben Blumen, u. s. f.


Ducken (W3) [Adelung]


Ducken, verb. reg. act. welches ehedem niederdrücken, niederbeugen bedeutete, jetzt aber nur noch in den gemeinen Mundarten als ein Reciprocum in einer doppelten Bedeutung üblich ist. 1) Sich ducken, niederducken, den Kopf und Vorderleib niederwärts, zur Erde beugen. Geduckt gehen, mit gebogenem Rücken, krumm einher gehen, in den niedrigen Mundarten ducknackig gehen. In Preußen ist ducknasig gehen, mit niedergebeugtem Gesichte traurig einher gehen. Der Heldt hort den knall sich tuckhet Und seinen Kopf an sich zuckhet, Theuerd. Kap. 78. Es was im not das er sich duckh Sonnst so het sein Leben ein endt, Kap. 55. 2) Figürlich, doch auch nur im gemeinen Leben, sich ducken, sich in die Umstände, in die Zeiten schicken. Man muß sich ducken und schmiegen, wenn man durch die Welt kommen will.

Anm. Dieses Zeitwort lautet im Oberdeutschen tucken, im Nieders. duken, im Holländ. duiken, im Engl. to duck, im Schwed. duka, im Angels. thycgan. Es ist das Intensivum von rauchen, bey dem Notker duchen, wie bücken von biegen, drücken von dragen, zucken von ziehen u. s. f. S. Tauchen, Stauchen und Tücke. Ze loch tucken, bedeutet bey einem der Schwäbischen Dichter, sich in einen geheimen Ort verbergen, und dukkern im Nieders. mit gebeugtem Haupte davon schleichen, bey dem Pictorius dichen.


Duckmäuser (W3) [Adelung]


Der Duckmäuser, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, eine verächtliche Benennung eines listigen verschlagenen Menschen, der seine Schalkheit zu verbergen weiß. Zuweilen auch eines Menschen, der nicht frey aus den Augen siehet.

Anm. Bey dem Kaisersberg und andern Oberdeutschen Schriftstellern lautet dieses Wort Duckelmäuser, Tugkenmäußler, Tockmäuser, im Nieders. Tuckmüser. Ein dockmeußeter Mensch hat im Oberdeutschen eben dieselbe Bedeutung. Die erste Hälfte dieses Wortes gehöret unstreitig zu dem vorigen Worte ducken, zumahl da Dichter bey dem Altensteig auch von einem verschlagenen hinterlistigen Menschen gebraucht wird. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist vermuthlich von dem veralteten musen, nachsinnen, so daß Duckmäuser eigentlich einen Menschen bedeutet, der heimlich auf allerley Tücke und Ränke sinnet; S. Tücke und Kalmäuser.


Duckstein (W3) [Adelung]


Der Duckstein, des -es, plur. inus. 1) Eine, besonders Niedersächsische Benennung derjenigen Steinart, welche im Hochdeutschen unter dem Nahmen des Tophes bekannt ist; S. dieses Wort. 2) Ein Weißbier, welches zu Königslutter in dem Herzogthume Braunschweig gebrauet wird, und seinen Nahmen daher hat, weil die Lutter, an welcher dieser Ort liegt, und aus welcher das Wasser zu diesem Biere genommen wird, aus einem Ducksteine oder Tophe entspringet, und geraume Zeit auf einer solchen Steinart fort fließet.

Anm. Vermuthlich hat diese löcherige poröse Steinart den Nahmen von dem alten Worte Dock, eine Röhre, Canal. S. 2 Docke.


Ducktaube (W3) [Adelung]


Die Ducktaube, plur. die -n, ein Grönländischer Wasservogel mit Patschfüßen, welcher auch die Grönländische Taube genannt wird, wie eine junge Taube pfeift, und den Nahmen von dem Untertauchen hat. S. Ducken.


Dudeln (W3) [Adelung]


Dudeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und nur in den niedrigen Mundarten üblich ist, auf der Flöte stümpern, ingleichen auf dem Dudelsacke spielen. Es scheinet das Diminut. des Zeitwortes düten, und mit demselben eine Nachahmung der dadurch hervor gebrachten Töne zu seyn. S. Düten.


Duerne (W3) [Adelung]


Die Duerne, plur. die -n, in den Buchdruckereyen, ein Heft, wo zwey Bogen in einander gesteckt, und beyde nur mit einem Buchstaben des Alphabetes signiret werden; aus dem mittlern Latein. Duernus. Das Buch bestehet aus Duernen.


Duett (W3) [Adelung]


Das Duett, des -es, plur. die -e, in der Musik, eine Arie mit zwey Singestimmen; aus dem Ital. Duetto.


Duft (W3) [Adelung]


Der Duft, des -es, plur. die Düfte, Diminut. das Düftchen. 1) Überhaupt ein jeder Duft, feuchter Duft oder Nebel, besonders wenn er im Winter sich in Gestalt eines Reifes an die Körper anhänget. Ich muos klagen das diu zit Sich so gar verkeret hat Secht wie heid und anger lit Vnd wie der walt in tuften stat. - - Winters grimmeTuot si (die Vögel) swigen uberall, Graf Wernher von Honberg. In dieser Bedeutung ist es nur noch in einigen gemeinen Mundarten üblich. S. Duftbruch. 2) Die zarte Ausdünstung, besonders wohl riechender Körper; in welcher Bedeutung dieses Wort besonders der poetischen und höhern Schreibart eigen ist. Der süße Duft der Blumen. Die schönsten Rosen sollen dir die ersten Düfte des Morgens und die letzten des Abends entgegen düften, Dusch. Der Welt im Rosengebüsch bläst süße Düfte zur Flur, Kleist.

Anm. Im Nieders. wird Duff, duffig, und im Holländ. dof, in allen Bedeutungen des Wortes dumpfig gebraucht. Im Dänischen bedeutet Duft so wohl die gelinde Bewegung der Luft, als auch den Staub. Das Ital. Tuffo bezeichnet gleichfalls einen dumpfigen Geruch. Es scheinet daher, daß Duft und dumpfig von Einem Stamme herkommen. S. Dumpfig und Staub. Im Oberdeutschen und Niedersächsischen ist dieses Wort überall männlichen Geschlechtes; nur einige Meißner gebrauchen es in dem weiblichen, die Duft.


Duftbruch (W3) [Adelung]


Der Duftbruch, des -es, plur. die -brüche, im Forstwesen, der Bruch eines Baumes, oder seiner Äste, welcher von dem Schnee, Dufte, oder Glatteise herrühret, wenn sich solches zu häufig in den Giebel setzet, oder an die Äste anhänget. S. Duft 1, ingleichen Giebelbruch.


Duften (W3) [Adelung]


Duften, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1) In Gestalt eines Duftes ansteigen, oder sich verbreiten, besonders in der höhern Schreibart. Es duftet ein angenehmer Geruch aus den Blumen. S. das folgende. 2) Gelinde ausdünsten. Im Bette liegen und duften.


Düften (W3) [Adelung]


Düften, verb. reg. act. in Gestalt eines Duftes von sich geben, ausdünsten. 1) Nässe ausdünsten. So sagt man im gemeinen Leben, die Wände düften, wenn sie schwitzen, oder mit einer nassen Feuchtigkeit überzogen werden. 2) Besonders eine angenehmen Geruch von sich geben, in der höhern Schreibart. Die Blumen sind erblasset, matt, und düften nicht mehr. Um deren vollen Busen Die frischen Rosen düften, Uz. Ihm düften frühe Violen,Ihm grünt der Erde beschatteter Schooß, ebend. Seine (des Mayes) Kindheit hauchte Freude, Freude düftet sein Alter dereinst, Raml.

Anm. Im Oberdeutschen hat man von diesem Zeitworte das Iterativ. oder Diminut. düfteln, nässeln, mit Nässe überzogen werden. Das Dänische dufte bedeutet so wohl düften, als stäuben. Im Oberdeutschen lautet so wohl das Neutrum als Activum duften, welches auch einige Hochdeutsche nachahmen. Dort duften Blum und Gras, hier grünen Berg und Fläche, Haged. Dagegen heißen bey den Niedersachsen, wenn sie Hochdeutsch schreiben, beyde Verba gewöhnlich düften. Im Hochdeutschen pflegt man diese verschiedenen Mundarten auch in mehrern Verbis sehr geschickt zu Unterschreibung des Activi und Neutrius anzuwenden, wie in dampfen und dämpfen, dunsten und dünsten u. s. f.


Duftig (W3) [Adelung]


Duftig, -er, -ste, adj. et adv. Duft enthaltend, Duft von sich gebend. Euch will ich besingen, ihr duftigen Hügel, Kleist.


Dulcian (W3) [Adelung]


Der Dulcian, des -es, plur. die -e, eine Art veralteter Flöten; aus dem mittlern Lat. Dulciana. In alten Orgelwerken hat man noch ein Register, welches gleichfalls diesen Nahmen führet.


Dulden (W3) [Adelung]


Dulden, verb. reg. act. 1) Überhaupt, mit Gelassenheit leiden oder ertragen. Er duldet alles Unglück willig und gern. Man verfolget uns, so dulden wir, 1 Cor. 4, 12. Besonders Widerwärtigkeiten mit Gelassenheit ertragen. Dulden wir, so werden wir mit herrschen, 2 Tim. 2, 12. S. Erdulden. 2) Mit Nachsicht bestehen oder fortdauern lassen. Das sollte nicht geduldet werden. Der ist noch weit von der Tugend entfernt, der Schwachheiten in sich duldet, die ihn verführen können, Dusch. Die Juden werden im Römischen Reiche geduldet, sie werden nicht als Juden bestraft. S. Duldung. 3) An sich haben. Die hellesten Augen dulden ihre Finsternisse, Mosh. In welcher Bedeutung es doch wenig mehr vorkommt.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort dulten, bey dem Ottfried thulten. Es ist das Intensivum von einem veralteten Zeitworte dolen, welches von des Ulphilas Zeiten an bis auf die Schwäb. Dichter vorkommt, und ehedem einen weit größern Umfang der Bedeutung hatte, als dessen heutiges Intensivum. Es bedeutete, 1) leiden, ertragen, wie unser dulden; in welcher Bedeutung doleen, kedolen, und fardolen schon bey dem Kero vorkommen. Die mich dur die rechten minne lange pine doln liet, Heinrich von Veldig. In der dienste ich her vil manigen langen strengen kummer dol, Jac. v. Warte. Von schulden ich den kumber dol, Reinmar der Alte. In der Schweiz soll dieses einfache Verbum noch jetzt üblich seyn. Eben diese Bedeutung hat thulan bey dem Ulphilas, tholian im Angelsächsischen, tola im Schwedischen, dol im Isländischen, taale im Dänischen, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - im Griechischen. Auch in der ältesten Sprache der Römer muß sich dieses Wort befunden ha-ben, wie aus dem Frequentativo tolero, der vergangenen Zeit tuli des Zeitwortes ferre, und den Wörtern indulgere, dolere, und dolor, zumahl da Dol in der Bedeutung des Schmerzens bey den Alten gleichfalls nicht selten ist, erhellet. 2) Erlauben; eine figürliche Bedeutung der vorigen, in welcher dolan bey dem Willeram vorkommt. 3) Zaubern, säumen, warten. In dieser Bedeutung kommt dualan sehr oft bey dem Ottfried vor. Man könnte dieses für ein eigenes besonderes Wort halten; allein da das Schwed. tola gleichfalls warten und zaubern bedeutet, so scheinet es gleichfalls hierher zu gehören. S. Geduld und Gedulden. 4) Thun. Diese Bedeutung findet sich nur in den Monseeischen Glossen, wo tuldun durch egerint, und tuldet durch agite erkläret wird. S. Stelle und Stellen. 5) Besonders ein Fest begehen, feyern. So gebraucht Kero schon kitulden. S. Dult.


Dulder (W3) [Adelung]


Der Dulder, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Dulderinn, ein von einigen neuern Schriftstellern versuchtes Wort, Personen zu bezeichnen, welche ihre Widerwärtigkeiten mit Gelassenheit ertragen. Ein frommer Dulder. Eine liebenswürdige Dulderinn.


Duldsam (W3) [Adelung]


Duldsam, -er, -ste, adj. et adv. 1) Geneigt und bereit, Widerwärtigkeiten mit Gelassenheit zu ertragen. Noch häufiger aber, 2) geneigt und bereit, Fehler oder Meinungen an andern mit Nachsicht zu ertragen; mit einem aus dem Franz. entlehnten Worte, tolerant. Daher die Duldsamkeit; mit einem fremden Worte die Toleranz.


Duldung (W3) [Adelung]


Die Duldung, plur. inus. das Dulden, in allen Bedeutungen des vorigen dulden. Besonders diejenigen Nachsicht, mit welcher man Fehler oder Meinungen an andern ungeahndet erträgt; die Toleranz. Die Duldung fremder Religionsverwandten, so fern es in vielen Ländern ein Gesetz ist, keiner andern als der herrschenden Religion den Aufenthalt in derselben zu verstatten; welche Duldung denn die freye Religionsübung noch nicht alle Mahl in sich schließt.


Dult (W3) [Adelung]


* Der Dult, des -es, plur. die -e, ein größten Theils veraltetes Wort, welches nur noch in einigen Oberdeutschen Städten, besonders in München, üblich ist, wo es den Jahrmarkt bedeutet. Es ist ein sehr altes Wort, welches von den frühesten Zeiten an ein Fest, eine Feyerlichkeit, bedeutet; von tulden, feyern, begehen. S. Dulden. Diesen Sinn hat Dulths bey dem Ulphilas, Tuld bey dem Kero, Dultetag, Tultetag, ein Festtag, bey dem Notker, und Stilt bey den Schweden. Tultlih bedeutet daher bey dem Kero, und stolt im Schwedischen, feyerlich; S. Stolz. Allein, da unser Dult im Oberdeutschen auch Indult lautet, so scheinet es doch wohl mehr von dem Latein. Indultus, als von dem jetzt gedachten Stammworte herzukommen; zumahl da mehrere Beyspiele vorhanden sind, daß Jahrmärkte von gottesdienstlichen Handlungen den Nahmen haben, indem jene durch die Kirchenfeste eigentlich veranlasset worden. S. Ablaß und Messe.


Dumm (W3) [Adelung]


Dumm, dümmer, dümmste, adj. et adv. 1. * Eigentlich, der Sprache oder des Gehöres beraubet. Diese im Hochdeutschen veraltete Bedeutung kommt nur noch in den alten Denkmählern und in einigen Oberdeutschen Gegenden vor. 1) Der Sprache beraubt, stumm, welches Wort bloß durch den vorgesetzten Zischlaut von dumm unterschieden ist. So gebraucht schon Kero ertumben für verstummen. Das Schwed. dum bedeutet gleichfalls stumm, und im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - schweigen. 2) Taub, im Oberdeutschen. Ein Mann der stumm und dumm von Mutterleibe war, aber rechnen, schreiben und mahlen, auch lesen konnte; Bluntschli S. 446. In Cramers Deutsch-Italiänischem Wörterbuche stehet dumm gleichfalls für taub, wobey er den Oberdeutschen Ausdruck anführet: glaubt ihr ich wäre dumm?2. Figürlich. 1) Von Natur Mangel am Verstande habend; in welcher Bedeutung dieses Wort zu den harten Ausdrücken gehöret. Ein dummer Mensch. Er ist außerordentlich dumm. So dumm, wie ein Bund Stroh, im gemeinen Leben, in welchen man noch eine Menge anderer Ausdrücke hat, einen dummen Menschen zu benennen, z. B. ein dummer Teufel, eine dumme Gans, eine dumme Kuh u. s. f. In der anständigen Sprechart bedient man sich statt dieses harten Beywortes lieber gelinderer Ausdrücke, blöden Verstandes seyn u. s. f. S. Stumpf. 2) In einigen Fällen, Mangel an der nöthigen Beurtheilungskraft verrathend; gleichfalls nur im gemeinen Leben. So wohl für unbesonnen. Ein dummer Streich. Ein dummes Betragen. Als auch für unwissend. Er ist in dieser Sache so dumm, wie ein Kind. Ingleichen für ungeschickt. Stelle dich nicht so dumm an. 3) Der Empfindungen und nöthigen Verstandeskräfte durch äußerer Zufälle auf kurze Zeit beraubt. So sagt man, daß ein großes Getöse, ein geschwefelter Wein, ein verfälschtes Bier, den Kopf dumm mache. Wenn die Schafe anfangen schwindelig zu werden, im Kreise herum gehen, abnehmen und sterben, so sagt man im gemeinen Leben gleichfalls, daß sie dumm werden. An andern Orten nennt man solche Schafe Dreher, Drehlinge und Segler. S. diese Wörter. Verwandt ist das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, stupor. 4) Seiner gewöhnlichen Kräfte beraubt, von leblosen Dingen; in welcher Bedeutung doch dieses Wort im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht wird. Wo nun das Salz dumm wird, womit soll man salzen? Matth. 5, 13. In Niedersachsen nennet man den Wein stumm, wenn er zu stark geschwefelt ist, und daher seine Schärfe und sein Feuer verloren hat.

Anm. Im Oberdeutschen lautet diese Wort tumm, bey dem Tatian tumb, bey dem Ottfried dumb, dumpmuate, bey dem Stryker und den Schwäb. Dichtern tumb. Ehedem wurde es sehr häufig auch für thöricht, und ein Tumber für einen Thoren gebraucht. Notker hat auch das Beywort tumplih für thöricht. Dummen und verdummen bedeuten im Niedersächsischen dumm werden. Im Dänischen heißt dum dunkel, und dumme blenden; woraus erhellet, daß dieses Wort ehedem auch von dem Mangel des Gesichtes gebraucht worden. Dumm, stumpf und taub scheinen übrigens sehr nahe verwandt zu seyn. S. auch Dunkel.


Dummheit (W3) [Adelung]


Die Dummheit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, nach welcher man dumm ist, in allen Bedeutungen des Bey- und Nebenwortes, am häufigsten aber in den zwey ersten figürlichen Bedeutungen, Mangel der natürlichen Fähigkeiten des Verstandes, oder doch ihres Gebrauches, Unbesonnenheit, Unwissenheit; ohne Plural. 2) Eine dumme Handlung, ein dummes Betragen. Eine Dummheit begehen. In beyden Fällen nur in harten Ausdrücken. Dumpheit findet sich bereits bey dem Ottfried, und Tumphait in dem Schwabenspiegel.


Dummkopf (W3) [Adelung]


Der Dummkopf, des -es, plur. die -köpfe, ein hartes Scheltwort, einen dummen Menschen zu bezeichnen; in Niedersachsenein Dummerjan, eigentlich ein dummer Jan oder Johann, bey einigen Hochdeutschen in etwas gelinderm Verstande, ein Dümmling. Mein unbekanntes Lob soll hier kein Dummkopf hören. Cron. Jeder Dummkopf unsrer ZeitenWill ein Held im Schreiben seyn, Kästn.


Dummkühn (W3) [Adelung]


Dummkühn, -er, -ste, adj. et adv. kühn ohne Klugheit, auf eine dumme, unbesonnene Art kühn, tollkühn. S. Kühn. Daher die Dummkühnheit, plur. inus. Kühnheit mit Dummheit, Mangel des Verstandes verbunden, Tollkühnheit.


Dumpf (W3) [Adelung]


Dumpf, -er, -este, adj. et adv. für dumpfig. 1) Dem Schalle nach, welches im Oberdeutschen einheimisch ist, aber um des Sylbenmaßes willen auch von einigen Hochdeutschen Dichtern gebraucht worden. Ich höre dumpfes Geräusch, Klopst. Hier das dumpfe Geheul des wiedertönenden Abgrunds, ebend. Wie, wenn im krummen Thal ein dumpfes Ungewitter Von ferne braust, Wiel.Er klagt mit dumpfer Bangigkeit, Gleim. 2) Feuchtigkeit durch den Geruch verrathend. Dumpfe Lehrstuben.


Dümpfel (W3) [Adelung]


Der Dümpfel, des -s, plur. ut nom. sing. in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes, eine tiefe Stelle in einem Flusse oder See; zuweilen auch eine jede tiefe Pfütze, im Nieders. Tümpel. Im Nieders. ist dumpeln von den Wellen hin und her geworfen werden, und im Holländ. dompelen untertauchen. S. Rohrdommel.


Dumpfen (W3) [Adelung]


Der Dumpfen, des -s, plur. inus. im gemeinen Leben, Engbrüstigkeit mit Reichen verbunden, so wohl bey Menschen als Thieren; Der Dumpf, Dampf, Dampfen. S. Dampf 2.


Dumpfig (W3) [Adelung]


1. Dumpfig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Feucht, naß; doch nur so fern sich die Feuchtigkeit durch den Geruch verräth. Der Keller, das Zimmer ist dumpfig. Ein dumpfiges Haus, ein dumpfiges Gewölbe. Im Nieders. dumpig, dumstig, dumpstig, duff, duffig, im Oberdeutschen auch spuricht, spuren, dumpfig seyn. 2) Von der Nässen verderbt, und dieses Verderben durch den Geruch und Geschmack verrathend. Das Mehl riecht dumpfig. Das Brot schmeckt dumpfig.

Anm. Dieses Wort ist mit Dampf, Dunst und Duft genau verwandt; S. diese Wörter.


Dumpfig (W3) [Adelung]


2. Dumpfig, -er, -ste, adj. et adv. eine Art eines heisern, hohlen Schalles auszudrucken. Ein dumpfiger Ton. Es klingt dumpfig.

Anm. In dieser Bedeutung ist es ohne Zweifel eine Nachahmung dieses Schalles. Im Engl. bedeutet Thumb und im Ital. Thumbo, Thombo, einen lauten Schlag mit der Faust oder einem Stocke. S. Stampfen. In Baiern ist für dumpfig, wenn es von dem Schalle gebraucht wird, dumbar, und in Niedersachsen auch duff, duffig üblich.


Dumplachter (W3) [Adelung]


Die Dumplachter, plur. die -n, im Bergbaue, ein Längenmaß, welches vier Prager Ellen hält; im Böhm. Dumploch.


Düne (W3) [Adelung]


Die Düne, plur. die -n, eigentlich ein Hügel; doch nur in eingeschränkter Bedeutung, ein Sandhügel an der Küste des Meeres, dergleichen besonders an der Niederländischen und Engländischen Küste häufig sind; daher eine mit solchen Sandhügeln verwahrte Küste auch im Plural die Dünen genannt wird. Hier wo der Belt - mit Dünen sein Gestad' durchzieht, Raml.

Anm. Dun ist ein altes Wort, welches schon in der ältesten Gallischen Mundart angetroffen wird, wie so viele eigenthümliche Nahmen beweisen, welche sich ehedem auf dunum endigten. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Haufe, kommt damit sehr deutlich überein. Im Angels. ist Dun, Dune ein Berg. Das Engl. Downs, das Franz. Dunes, und Holländ. Duynen, kommen mit dem Deutschen überein, welches über dieß nur aus dem Holländischen entlehnet zu seyn scheinet. So alt dieses Wort auch ist, so scheinet es doch zu dem Nieders. Neutro dunen, aufschwellen, zu gehören; S. Dehnen und Dunst.


Dünengras (W3) [Adelung]


Das Dünengras, des -es, plur. inus. eine Art des Wollgrases mit runden Halmen, flachen Blättern und gestielten Blüthenähren, welches häufig auf den Dünen wächset; Eriophorum polystachion, L.


Dünenhelm (W3) [Adelung]


Der Dünenhelm, des -es, plur. inus. S. Sandschilf.


Dung (W3) [Adelung]


Der Dung, des -es, plur. inus. S. Dünger.


Düngen (W3) [Adelung]


Düngen, verb. reg. act. mit Dünger fruchtbar machen. Den Acker düngen. Daher die Düngung, so wohl von der Handlung des Düngens, als auch von dem Dünger selbst.

Anm. S. das folgende. Das Düngen nennt man in Schwaben bessern, in einigen Niedersächsischen Gegenden begeilen, in andern misten. Im Angels. bedeutet dyngan stercorare.


Dünger (W3) [Adelung]


Der Dünger, des -s, plur. von mehrern Arten, ut nom. sing. 1) Alles, wodurch ein Acker gedünget oder fruchtbar gemacht wird. In diesem Verstande werden Märgel, Asche, Salze, Horn u. s. f. mit unter dem Nahmen des Düngers verstanden. 2) In engerer Bedeutung, die mit Stroh oder Laub vermischten Auswürfe der Thiere; im gemeinen Leben der Mist.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort der Dung, und in einigen Gegenden die Dünge. Das Engl. Dung, Angels. Dinca, Schwed. Dynga, Finnländ. Tungio, kommen mit dem Deutschen in der zweyten Bedeutung überein. Da Dyng, Dynga im Schwedischen und Dänischen auch einen Haufen bedeutet, so glaubt Ihre, daß die Benennung des Dunges oder Düngers daher rühre, weil man denselben gemeiniglich in Haufen aufzuschütten pflege; eine Ableitung, die dieses sonst so scharfsinnigen Wortforschers nicht würdig ist. Dung scheinet vielmehr ursprünglich den natürlichen thierischen Auswurf zu bedeuten. Dyngan bedeutet im Angels. diesen Auswurf von sich geben, und bedung im Engl. mit Koth besudeln. S. Stinken, welches bloß durch den Zischlaut von diesem Worte unterschieden zu seyn scheinet. Übrigens wird der Dünger oder Mist im Nieders. auch die Gaare, von dem alten Gor, Hor, Koth, ( S. Hornung,) die Geile, der Scheren, Scharn, Angels. scearn, Schwed. und Isländ. skarn, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , genannt.


Dünkel (W3) [Adelung]


1. Der Dünkel, eine Art Getreides, S. Dinkel.


Dünkel (W3) [Adelung]


2. Der Dünkel, des -s, plur. car. von dem Verbo dünken. 1) Das Gutdünken, eine jede Meinung, besonders eine ungegründete Meinung, ein Vorurtheil. In London kann ein jeder ohne Einschränkung nach seinem eigenen Dünkel leben. So habe ich sie gelassen in ihres Herzens Dünkel, daß sie wandeln nach ihrem Rath, Ps. 81, 13. Allen, die nach ihres Herzens Dünkel wandeln, Jer. 33, 17. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen wenig mehr gebräuchlich. 2) Die stolze Einbildung von seinen Fähigkeiten, von seinem Werthe. Aber ruchloser Dünkel ist ferne von Gott, Weish. 1, 3. Er wird nicht bestehen, denn er ist in seinem eiteln Dünkel betrogen, Hiob 15, 31. Er besitzt einen unerträglichen Dünkel. Sein Dünkel ist unausstehlich. S. Eigendünkel. Figürlich auch wohl Personen, welche einen großen Dünkel besitzen. Der Dünkel meistre dich; es mag die Thorheit richten, Haged. S. Dünken.


Dunkel (W3) [Adelung]


1. Dunkel, adv. welches nur im Bergbaue üblich. Eine Zeche dunkel hauen, sie einfallen, zu Grunde gehen lassen, alle Strossen und Bergfesten weghauen, und die Strecken und Schächtenicht mit der gehörigen Zimmerung versehen. Die Bergleute sprechen dieses Wort auch türkel aus; allein beyder Ursprung und eigentliche Bedeutung ist dunkel. Im Nieders. bedeutet dungeln, und im Engl. dangle, schwebend herab hangen, welches sich wenigstens für solche Gänge und Strecken schicken würde, welche ihrer Bergfesten beraubet werden. In andern niedrigen Mundarten ist torkeln taumeln. Doch die Abstammung mag seyn welche sie will, so wird sich dieses bergmännische dunkel wohl nicht ohne großen Zwang von dem folgenden ableiten lassen.


Dunkel (W3) [Adelung]


2. Dunkel, -er, -ste, adj. und adv. 1. Eigentlich, schwärzlich, ein wenig schwarz. In dieser längst veralteten Bedeutung wird es nur noch von den Farben gebraucht, im Gegensatze des hell. Eine dunkele Farbe. Die Farbe ist sehr dunkel. Der Zeug ist für mich zu dunkel. So auch in den Zusammensetzungen dunkelblau, dunkelgelb, dunkelroth, dunkelgrün. Die Gemählde werden mit der Zeit dunkel, wenn ihre Farben dunkeler werden; S. Nachdunkeln. Dunkel halten, bey den Mahlern, eine dunklere Farbe geben; Franz. rembrunir. 2. Figürlich. 1) Des Lichtes beraubt, finster. Ein dunkeles Zimmer. Ein Zimmer dunkel machen. Ich sitze nicht gerne im Dunkeln. Wie ein Blinder tappet im Dunkeln, 5 Mos. 28, 29. Oft auch nur in so weit des Lichtes beraubet, daß man die Gegenstände nicht gehörig unterscheiden kann. Es fängt an, dunkel zu werden. Ein dunkeler Wald. Eine dunkele Wolke. Dunkele Schatten. Ein dunkeler Körper, welcher nur durch Hülfe leuchtender Körper gesehen werden kann. 2) Trübe, von solchen Gegenständen, welche den Lichtstrahlen den freyen Durchgang verhindern. Dunkeles Wetter. Ein dunkeler Tag. Ein dunkeles Glas. Isaacs Augen wurden dunkel, 1 Mos 27, 1, sie ließen nicht Lichtstrahlen genug durch, daher auch seine Kraft zu sehen geschwächt wurde. 3) Unkenntlich. Meine Gestalt ist dunkel worden für Trauren, Hiob 17, 7, welche Bedeutung doch ungewöhnlich ist. 4) Unbekannt. Er öffnet die finstere Gründe und bringet heraus das Dunkel an das Licht, Hiob 12, 22. Seine Abkunft ist sehr dunkel. Ein Mensch von dunklem Herkommen. Ingleichen ungewiß. Das Gegenwärtige sehen wir wohl, aber die Zukunft ist uns dunkel. Der Erfolg ist noch sehr dunkel. 5) Der nöthigen Klarheit beraubt. Dunkele Worte, eine dunkele Rede, deren Sinn uns unverständlich ist, in welcher wir das Mannigfaltige nicht gehörig unterscheiden können. Ein dunkeler Begriff, der nicht hinreicht, die Sache von allen andern zu unterscheiden; im Gegensatze des klaren. Er schreibt sehr dunkel. Das Räthsel ist mir zu dunkel. Aus einer dunkelen Ahndung flossen meine Thränen. 6) Unberühmt. Im Dunkeln leben. Hier in dieser einsamen Wüste soll mein dunkeles Leben ungesehen dahin fließen. Ohne über die Hütte zu seufzen, worein dich dein dunkeles Schicksal gesteckt, Dusch. Wenn unsre Thaten uns nicht aus dem Dunkeln heben, Was für ein Unterschied ist leben und nicht leben? Schleg. 7) Einige Sprachlehrer haben auch das hohe e, das e ferme der Franzosen, wie es in der ersten Sylbe der Wörter gehen, stehen, ausgesprochen wird, ein dunkeles e genannt, obgleich nicht abzusehen ist, aus was für einem Grunde. Andere belegen das tiefe e oder e ouvert der Franzosen, welches in der Aussprache dem ä gleicht, wie es in den ersten Sylben der Wörter leben, geben, lautet, mit diesem Nahmen, und diese haben noch einigen Grund für sich, weil dunkel auch von einem Tone gebraucht werden könnte, den man nicht hinlänglich von andern Tönen unterscheiden kann. S. E. Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort, bey dem Ottfried dunkal, bey dem Notker tunchel, in dem Fragmente eines Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter tunker, im Dän. und Schwed. dunkel. Das n ist der gewöhnliche Begleiter der Kehlbuchstaben in den nieselnden Mundarten. Dunkel ist daher einerley mit dem alten Fränkischen doggen, dougen, bey dem Tatian dougli, im Angels. doc, dunkel, finster, und figürlich heimlich, verborgen. Tökn bedeutet im Schwedischen, wie Taage im Dänischen, und Thoku im Isländischen den Nebel, Dunst. Daß dieses Wort anfänglich vermuthlich schwarz bedeutet habe, erhellet aus dem Isländ, daukr, schwarz, dokna, schwarz werden, und aus dem Wallis. du, schwarz. S. Finster und Düster.


Dunkel (W3) [Adelung]


Das Dunkel, subst. indecl. plur. car. das vorige Beywort, in der adverbischen Gestalt, als ein Hauptwort gebraucht, die Dunkelheit. Es wird am häufigsten ohne Artikel gebraucht. Und war da Finsterniß, Wolken und Dunkel, 5 Mos. 5, 11. Finsterniß und Dunkel müssen ihn überwältigen, Hiob 3, 5. Ich kleide den Himmel mit Dunkel, Es. 50, 3. Dunkel war unter seinen Füßen, Ps. 18, 10. Zuweilen aber auch mit dem Artikel. Ihr seyd nicht kommen zu dem Dunkel und Finsterniß, Ebr. 12, 18. Die Nacht müsse ein Dunkel einnehmen, Hiob 3, 6. Im Hochdeutschen wird dieses Hauptwort wenig mehr gebraucht. Nur die Dichter erhalten es noch zuweilen im Andenken. O, welch GeheimnißUnd welches Dunkel herrscht rings um uns her! Schleg. Man verwechsele es nicht mit dem Neutro des Adjectivs, wenn dieses substantive gebraucht wird, das Dunkele.


Dunkelheit (W3) [Adelung]


Die Dunkelheit, plur. die -en. 1. Der Zustand, nach welchem eine Sache dunkel ist; ohne Plural. 1) Die Abwesenheit des Lichtes. Die Dunkelheit der Nacht. Es war eine fürchterliche Dunkelheit. 2) Derjenige Zustand durchsichtiger Körper, in welchem sie nicht allen Lichtstrahlen den Durchgang verstatten. Die Dunkelheit der Witterung, eines Glases. Die Dunkelheit der Augen. 3) Ungewißheit. Das Schicksal der zukünft'gen Zeit Umhüllet Gott mit Dunkelheit, Giseke. 4) Abwesenheit der Klarheit und Verständlichkeit. Die Dunkelheit einer Rede, eines Ausspruches, eines Satzes, diejenige Beschaffenheit derselben, da man das Mannigfaltige in denselben nicht gehörig unterscheiden kann. Die Dunkelheit eines Begriffes. 5) Ein unberühmter Zustand. In der Dunkelheit leben. Ich und du hätten uns in der Dunkelheit von unserm Fleiße genähret, Weiße. Wenn man König gewesen ist, und es nicht mehr ist, so kann man durch nichts als Ruhe und Dunkelheit entschädiget werden. 2. Eine dunkele, d. i. unverständliche, undeutliche Sache. Ich habe viele Dunkelheiten in dieser Schrift gefunden, viele dunkele Stellen. Klären sie die fürchterlichen Dunkelheiten auf.


Dunkeln (W3) [Adelung]


Dunkeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, aber im Hochdeutschen wenig gebräuchlich ist, dunkel werden. Die Sonne geht unter, und es fängt an zu dunkeln. Nicht lange wird mein dunkelnder Blick euch Gefilde durchirren, Geßn. Ehedem war dieses Verbum, bey dem Notker und Tatian tunchelen, auch in der thätigen Form üblich. Allein dafür ist nun verdunkeln eingeführet; S. dieses Wort.


Dünken (W3) [Adelung]


Dünken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, oft aber auch unpersönlich gebraucht wird. Es bedeutet, 1. * Denken; von welcher längst veralteten Bedeutung noch in ältern Schriften einige Spuren vorkommen. Ingleichen erinnern. Es dünkt mich ja noch gut der ersten Kinder Spiele, Günth. d. i. ich erinnere mich ihrer noch gar wohl. Auch dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen fremd. 2. Den äußern Sinnen vorkommen, ein Urtheil der äußern Sinne veranlassen, scheinen. 1) Als ein persönliches Zeitwort. Er thunket uzen gruone, er scheinet von außen grün, in dem Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter. Wan mich das sehen dunket also guot, Rudolph von Niuwenburg. Die Blumen dünken mich schöner, sie riechen lieblicher, die ich in meinen Körbchen trage, Geßn. Er sah mich und ich dünkt' ihm schön, Weiße. 2) Als ein unpersönliches Zeitwort, mit der vierten Endung der Person. Mich dünkt, ich sehe ihn kommen. Es dünket dich nur so. Dann dünkts mich, ich sehe die Schatten vorüber gleiten, Dusch. 3) Ein muthmaßliches Urtheil veranlassen, auch nach den innern Sinnen, gleichfalls für scheinen. 1) Persönlich. Die in dunchen sollten, Notker. Thaz thunkit mih girati, das scheinet mir rathsam, Ottfried. Je doch so weis ich einen man Den ouch die selben frowen dunkent guot, Heinrich von Morunge. Ingleichen mit dem Verbo lassen. Und ließ sich wohl dünken, es bedeutete nichts Gutes, 2 Macc. 14, 30. Oder lasset ihr euch dünken, die Schrift sage umsonst u. s. f. Jac. 4, 5. Laß dichs nicht schwer dünken, daß du ihn frey los giebest, 5 Mos. 15, 18. Noch häufiger gebraucht man es in dieser Bedeutung, 2) unpersönlich. Thaz mih ni thunkit, Ottfr. Waz inan thesses thunke, was ihn davon dünkte, ebend. Was tunchet iu umbe Christ? was dünket euch von Christo? ebend. Eben so heißt es auch in Luthers Übersetzung, Matth. 22, 42: Wie dünket euch um Christo? Es dunket mich Unselicheit Das ich, u. s. f. Reinmar der Alte. Es dunket mich wol tusent iarDas ich an liebes arme lag, Dietmar von Ast. Es dünket mich unmöglich. Was dünket euch hiervon? Aber es wird sie solch Wahrsagen falsch dünken, Ezech. 21, 23. 4. Dafür halten, aus wahrscheinlichen Gründen urtheilen. Ich dunch mich niht ir selben wert, Graf Wernher von Honberg. Es gehet mir wohl, wie es mein Herz dünkt, 5. Mos. 29, 19. Die Menschenliebe versaget ihre Hülfe auch denen nicht, von denen wir uns beleidiget dünken, Dusch. Wenn es in diesem Verstande unpersönlich gebraucht wird, so gehöret es zur vorigen Bedeutung. Zuweilen wird auch der Infinitiv als ein Hauptwort gebraucht. Daß ihr nicht eures Herzens Dünken nach richtet, 4 Mos. 15, 39. Jene haben uns gezüchtiget nach ihrem Dünken, Ebr. 12, 10. Doch man muß nach meinem Dünken jetzt auch lustig seyn, Haged. Im Hochdeutschen kommt dieses Hauptwort nur selten vor. S. auch Bedünken. 5. Am häufigsten gebraucht man dieses Wort von der Meinung, welche man von sich selbst, von seinen eigenen Vorzügen hat. Ein Fauler dünket sich weiser, denn sieben, die da Sitten lehren, Sprichw. 26, 16. Die zu Theman, die sich klug dünken, Bar. 3, 22, die sich selbst klug scheinen, sich für klug halten. Muß er sich nicht von besserm Stoffe dünken, als die andern? Du dünkest dich unglücklich, Dusch. Jeder dünkst sich ein eigener König einer kleinen Welt, ebend. wo der Nominativ, ein König, ganz richtig ist, weil zu seyn ausgelassen worden. Es ist daher ein Fehler, wenn eben derselbe in einer andern Stelle sagt: Der Thor, der sich einen König dünkte, ist ein Sclav geworden. Er dünkt sich recht klug zu seyn, Gell. Ich dünke mich hierüber verständlichere Dinge gesagt zu haben, als irgend ein Schriftsteller, Less. Ob es gleich in der ersten Person seltener gebraucht wird. Und weil er fühllos ist, dünkt er sich groß zu seyn, Gieseke. Die dünken sich kein schlechtes Vieh, Haged. Ingleichen mit dem Verbo lassen. Laß dich klug dünken, Sir. 6, 2. Er läßt sich etwas dünken, er hat eine große Meinung von sich selbst.Dünken läßt zwar den Grund und Ungrund der Meinung, die man von sich hat, eigentlich unentschieden; allein es hat doch in dieser Bedeutung in den meisten Fällen den Nebenbegriff einer ungegründeten, wenigstens übertriebenen Meinung; S. Dünkel, in welchem Worte dieser Nebenbegriff der herrschende ist.

Anm. 1. Wenn dieses Zeitwort den Infinitiv nach sich hat, so bekommt dieser im Hochdeutschen das Wörtchen zu. Das dünket mich theuer zu seyn. Allein im Oberdeutschen lässet man dieses zu häufig weg. Ir dünkt mich nit fast witzig seyn, H. Sachs. Welches auch Luther mehrmahls nachgeahmet hat. Dünket euch das ein geringes seyn? 1 Sam. 18, 23. Ists nicht also, es dünket euch nichts seyn? Hagg. 2, 4. Dünket sie solches unmöglich seyn? Zachar. 8, 6. Die Glieder des Leibes, die uns dünken die schwächsten seyn 1 Cor. 12, 22. Das dünkt mich gar viel besser seyn, Opitz. Indessen ist die ganze Wortfügung mit dem Infinitive im Hochdeutschen, wenigstens in der edlern und anständigern Sprechart, ungewöhnlich.

Anm. 2. Aus den bisher angeführten Beyspielen erhellet, daß dieses Wort am häufigsten mit der vierten Endung der Person gebraucht werde. Indessen gibt es doch auch Beyspiele mit der dritten. So imo rat thunkit, sagt selbst Ottfried ein Mahl, der es doch sonst jederzeit mit dem Accusative verbindet. Thaz dunchet dir, Notker. Vnde mir diz fure nieht ne dunke, ebend. Sie dunket mir glich, Willeram. Den twen dunket, in einer Nieders. Urkunde von 1377. Einem jeglichen dünket seine Wege rein seyn, Sprichw. 16, 2. Kap. 21, 2. Ein jeglicher, was ihm recht dünket, 5. Mos. 12, 8. Hier dünket es einem gelehrten Manne, sagt selbst Gottsched, der doch dünken nie anders als mit dem Accusative wollte verbunden wissen. Die Versicherung wird dir parteyisch dünken, Dusch. Wie lange dünken die achtzehen Sommer? ebend. Dünkt dir die Zeit so lange? ebend. Vielleicht rühret dieser Dativ aus eben der Ursache her, aus welcher auch däuchten zuweilen mit dieser Endung gefunden wird; nehmlich weil die Schriftsteller durch das Latein. videtur mihi dazu verleitet worden.

Anm. 3. Bey dem Verbo däuchten ist bereits angemerket worden, daß dünken bloß der Mundart nach von diesem Worte verschieden ist. Das n schleicht in mehrern Wörtern sehr gerne vor den Kehl- und Hauptbuchstaben her, wie in dunkel. Im Schwedischen lautet dieses Wort noch jetzt tycka, welches mit dünken alle Bedeutungen gemein hat. S. Däuchten und Denken.


Dünn (W3) [Adelung]


Dünn, -er, -este, adj. et adv. welches von einer Art der körperlichen Ausdehnung gebraucht, und dem, was dick ist, entgegen gesetzet wird. 1. Eigentlich, eine geringe Dicke habend, aus wenig über einander befindlichen Theilen bestehend, folglich auch in dieser Art der Ausdehnung einen kleinen Raum einnehmend. Ein dünnes Bret. Ein dünner Draht. Der Faden ist sehr dünn. Dünne Ohren haben, leise hören, ist eben so niedrig, als eine dünne Nase, einen feinen Geruch, haben. 2. Figürlich. 1) Abgetragen, im gemeinen Leben. Die Leinwand, das Zeug wird sehr dünn. 2) Aus wenig und weit von einander entfernten Theilen bestehend; gleichfalls im Gegensatze des dick und dicht. Luft ist dünner als Wasser, weil sie in einerley Raum weniger Materie enthält. Sehr dünne Haare haben.Doch wird es hier am häufigsten als ein Adverbium gebraucht. Der Wald ist sehr dünn geworden. Das Gras, das Getreide stehet hier sehr dünn. Die Vorzüge sind bey ihnen sehr dünn gesäet. Wir sind fast dünne worden, Ps. 79, 8. Ich mache die Gottlosen dünne, wo sie sind, Hiob 40, 7, ich vermindere sie, mache sie selten. Besonders, 3) wegen der geringern Menge der über einander befindlichen Theile einen geringern Zusammenhang habend. Eine dünne Leinwand, welche locker gewebt ist. Besonders, 4) von flüssigen Körpern. Dünnes Blut. Dünnes Bier. Die Milch, die Tinte ist zu dünn. Dünne Lust. Ein dünner Nebel lag wie durchsichtiger Flor über der stillen Fläche, Dusch. * Durch dick und dünn, durch Sümpfe und Moräste.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. dunn, bey dem Kero dunna, im Schwabensp. dunn, im Angels. thyn, im Engl. thin, im Isländ. thunnur, im Schwed. tunn, im Wallis. tene, im Bretagn. tanao, im Irländ. tana, im Pers. tend, im Slavon. tenky, im Latein. tenuis, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es gehöret ohne Zweifel zu dehnen, und dessen Neutro, dem noch im Nieders. üblichen Zeitworte dunen, aufschwellen. S. Dunst und Aufdunsen. Ehedem hatte man auch das Zeitwort dunnen, dünn werden, welches bloß das Intensivum von dunen ist. Dünne, mit dem angehängten e, ist unnöthig, ungeachtet solches oft in der Deutschen Bibel vorkommt. Im Oberdeutschen ist dünn auch niedrig, seicht. Das Wasser des Flusses ist so dünn, d. i. seicht, Bluntschli. Übrigens wird dieses Wort im gemeinen Leben mit vielen Bey- und Nebenwörtern zusammen gesetzet, ihre dünne Beschaffenheit anzuzeigen, die hier nicht alle angeführet werden dürfen; z. B. dünnbärtig, dünnleibig, dünnfüßig, dünnstämmig, dünnbäuchig, u. s. f.


Dünne (W3) [Adelung]


Die Dünne, plur. die -n, das Hauptwort des vorigen Beywortes. 1) Die dünne Beschaffenheit eines Körpers, ohne Plural; in den Monseeischen Glossen Thunni, in welcher Bedeutung es aber wenig vorkommt, doch vielleicht noch öfter, als die von andern statt dessen gewagten Dünnheit und Dünnigkeit. 2) Gewisse dünnere Theile des menschlichen und thierischen Körpers. So werden die Schläfe am Haupte in einigen Gegenden die Dünnen, in andern aber die Dünnungen, Dünningen, genannt, welche schon bey dem Raban Maurus die Thunuuengin, die Dünnwangen, im Schwed. aber Tinning heißen. Andere, doch auch nur gemeine Mundarten, nennen den dünnern und weichern Theil zu beyden Seiten des Leibes unter den Rippen an Menschen und einigen Thieren, welcher im gemeinen Leben auch die Weichen, an den Pferden die Flanken, und bey den Jägern die Flähmen heißt, die Dünne, oder Dünnung, wofür Opitz das Dünne gebraucht. Dem hast du seinen Leib am Dünnen aufgerissen, Opitz.


Dünneisen (W3) [Adelung]


Das Dünneisen, des -s, plur. von mehrern Arten ut nom. sing. in den Blechhämmern, die schwächste und dünnste Art Bleche, welche meisten Theils verzinnet, und von den Klempenern verarbeitet werden. Man rechnet dahin das Kreuzblech, Federblech und Senklerblech.


Dünnöhl (W3) [Adelung]


Das Dünnöhl, des -es, plur. car. bey den Kupferdruckern, das flüssigere Nußöhl, welches das dickere Nußöhl, womit die Schwärze angemacht wird, verdünnen muß.


Dünnscheibe (W3) [Adelung]


Die Dünnscheibe, plur. die -n, bey den Mäurern, dasjenige dünne viereckte Bret, unten mit einem Stiele, auf welches sie den Kalk zu ihrem Gebrauche legen.


Dünnstein (W3) [Adelung]


Der Dünnstein, des -es, plur. die -e, 1) Im Handel und Wandel, ein dünner Demant, der unten flach ist, oben aber mit einer Tafel und vier Flächen angeschliffen, und auch Tafelstein genannt wird. 2) In den Mannsfeldischen Schmelzhütten führet auch der Spurstein den Nahmen des Dünnsteines. S. Spurstein.


Dünnung (W3) [Adelung]


Die Dünnung, plur. die -en, S. Dünne.


Duns (W3) [Adelung]


Der Duns, des -es, plur. die -e, ein in den neuern Zeiten aus dem Engl. Dunce eingeführtes Wort, welches überhaupt einen dummen Menschen, einen Dummkopf bedeutet, im Deutschen aber vornehmlich von einem schwachköpfigen, blödsinnigen Gelehrten gebraucht wird. Die Dunse unsrer Zeiten, Haged. Das Englische Dunce, welches auch Dunstar lautet, stammet mit dem Deutschen Dunst ohne Zweifel aus einerley Quelle.


Dunsen (W3) [Adelung]


Dunsen, verb. irreg. neutr. von welchem aber nur das Participium gedunsen, für aufgeblasen, geschwollen, üblich ist. Ganz gedunsen im Gesichte aussehen. Indessen ist auch hier das zusammen gesetzte aufdunsen üblicher; S. dieses Wort.

Anm. Dunsen, im Nieders. dunsen, im Holländ. donsen, ist das Intensivum des noch im Nieders. üblichen Verbi dunen, aufschwellen, welches wiederum das Neutrum von dehnen ist. S. Dehnen und das folgende.


Dunst (W3) [Adelung]


Der Dunst, des -es, plur. die Dünste. 1. Eigentlich alle kleine Theilchen, welche sich von den größern Körpern absondern, sich in der Luft aufhalten und flüssige Körper ausmachen können. In dieser weitesten Bedeutung wird es wenig mehr gebraucht. 2. In engerer Bedeutung, welche im Hochdeutschen die üblichste ist, die kleinen Theilchen, welche sich von dem Wasser oder von dem Erdboden absondern, und in der Luft in die Höhe steigen. So fern man auf die Mehrheit dieser kleinen Theilchen siehet, gebraucht man den Plural. die Dünste; so fern man aber alle diese Theilchen als ein Ganzes betrachtet, nur den Singular. Der Dunst von gekochtem Wasser. Die Luft ist voller Dünste. Das Wasser ist in Dünste verflogen, hat sich in Dünste aufgelöset. Im Frühlinge steigen allerley schädliche Dünste aus der Erde auf. S. Dampf,

Anm. 2. Jemanden einen blauen Dunst vor den Augen machen, im gemeinen Leben, ihn einer Unwahrheit überreden wollen, wo blauer Dunst eigentlich Nebel bedeuten soll; S. Blau. 3. Figürlich. 1) Bey den Jägern wird die kleinste Art des Schrotes, womit kleine Vögel geschossen werden, Dunst genannt, und in dieser Bedeutung ist der Plural nicht üblich. 2) In einigen Gegenden ist das ganz feine Mehl, welches gleich einem Staube in die Höhe steigt; ja in Niedersachsen wird jeder feine Staub Dust genannt. 3) In der Geschützkunst bedeutet eine Bombe aus dem Dunste werfen, sie auf eine solche Art abfeuern, daß das Zündkraut des Mörsers zugleich die Brandröhre der Bombe zündet, welches auch mit Einem Feuer werfen genannt wird, im Gegensatze des Werfens mit zwey Feuern, wo erst der Bombe und gleich darauf dem Mörser Feuer gegeben wird.

Anm. Dunst, im Niedersächs. Dän. und Schwed. gleichfalls Dunst, scheinet von dem vorhin angeführten Zeitworte dunsen abzustammen, so daß damit vornehmlich auf die Ausdehnung des Dunstes gesehen wird. In Baiern ist für Dunst auch Dusam üblich. In einigen Mundarten ist dieses Wort weiblichen Geschlechts, die Dunst. Bey den Alten kommt Dunst in dieser Bedeutung nicht vor, dagegen ist Tunist, Dunist, Duneste, für Sturm, Ungewitter, bey dem Notker und andern desto häufiger, selbst in der figürlichen Bedeutung. Die duniste dirro uuerlte, turbines seculi, Notk. Noch im Theuerdank Kap. 78 wird der Tunst von einer abgeschossenen Kanonenkugel für den dadurch verursachten Wind, die dadurch verursachte Erschütterung gebraucht. Dieses Dunst scheinet aber von dem unsrigen unterschieden zu seyn. Vielleicht gehöret es zu tönen, Getöse.


Dunstbad (W3) [Adelung]


Das Dunstbad, des -es, plur. die -bäder, wie Dampfbad, welches S.


Dunsten (W3) [Adelung]


Dunsten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) In Gestalt eines Dunstes aufsteigen; in welcher seltenen Be-deutung man allenfalls unpersönlich sagen könnte, es dunstet. S. Aufdunsten und Ausdunsten. 2) Dunst von sich geben. Das Wasser dunstet. Der Kranke dunstet beständig, liegt beständig in einem gelinden Schweiße.


Dünsten (W3) [Adelung]


Dünsten, verb. reg. act. dunsten machen. In dieser Bedeutung sagt man nur, das Fleisch dünsten, wenn man es in einem verschlossenen Gefäße bey einem gelinden Feuer langsam kochen lässet, welches auch dämpfen genannt wird. In den übrigen Fällen sind die Zusammensetzungen abdünsten und ausdünsten üblicher.


Dunstig (W3) [Adelung]


Dunstig, er -ste, adj. et adv. mit Dünsten angefüllet, voller Dünste; welches aber wenig vorkommt. So fern Dunst ehedem Sturm, Ungewitter bedeutete, kommen bey dem Notker auch dunestige uuinda für stürmische Winde vor.


Dunstkreis (W3) [Adelung]


Der Dunstkreis, des -es, plur. die -e, ein mit Dünsten angefüllter Kreis. Besonders diejenige Gegend der Luft, die einen Himmelskörper zunächst umgibt, und mit Dünsten angefüllet ist, der Luftkreis, so weit sich die Dünste in demselben erheben; die Dunstkugel. S. Atmosphäre.


Dunstkugel (W3) [Adelung]


Die Dunstkugel, plur. die -n. 1) S. das vorige. 2) In der Geschützkunst werden alle diejenigen Kugeln, deren Satz einen dicken Rauch verursacht, so wohl Dampfkugeln und Rauchkugeln, als auch Dunstkugeln genannt.


Duodez (W3) [Adelung]


Das Duodez, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. duodecim. 1) Dasjenige Format eines Buches, da ein Bogen in zwölf Blätter getheilet wird, wo der Plural allenfalls von mehrern Arten gebraucht wird. Dieses Duodez ist größer als jenes. Ein Buch in Duodez. 2) Zuweilen auch ein Buch in diesem Formate.


Dupfen (W3) [Adelung]


Dupfen, verb. reg. act. mit einem stumpfen oder weichen Körper leicht anstoßen oder berühren. Mit angefeuchteter Baumwolle auf eine Wunde dupfen. Den Beinfraß mit Scheidewasser bedupfen. Ist der Körper, womit solches geschiehet, härter, oder der Stoß stärker, so heißt es tupfen und tüpfen. S. dieses Wort.


Duplik (W3) [Adelung]


Die Duplik, plur. die -en, aus dem Latein. Duplica, in den Gerichten, eine Schrift, welche zur Ablehnung oder Widerlegung der Replik eingebracht wird. Daher Dupliciren, auf die Replik antworten.


Duplone (W3) [Adelung]


Die Duplone, S. Dublone.


Durch (W3) [Adelung]


Durch, eine Partikel, welche in doppelter Gestalt üblich ist.I. Als eine Präposition, welche mit der vierten Endung des Hauptwortes verbunden wird, und überhaupt eine Bewegung andeutet, welche die Bestandtheile eines Körpers von dem einen Ende bis zum andern trennet, aber sich doch längs der innern Theile eines schon getrennten Ganzen erstrecket.1. Eigentlich, eine Bewegung zu bezeichnen, welche die Bestandtheile eines Körpers von einem Ende bis zum andern trennet. Ein Loch durch das Bret bohren. Durch das Papier stechen. Der Schuß ist durch den Küraß gegangen. Die Kugel fuhr durch die Mauer. Die Sonnenstrahlen dringen durch den Nebel. Durch den Strom schwimmen. Durch das Wasser waten. Das Wasser bricht durch den Damm. Das gehet mir durchs Herz, oder das gehet mir durch Mark und Bein, das rührt mich auf das empfindlichste. Einem durch den Sinn fahren, etwas seines Widerstandes ungeachtet thun. Einen Strich durch die Rechnung machen, jemandes Hoffnung, Erwartung vereiteln.2. In weiterer Bedeutung, eine Bewegung längs der innern Theile eines schon getrennten Ganzen. Durch die Thüre gehen. Durch das Fenster, durch das Gitter sehen. Durch die Brille lesen, so fern das Glas den Lichtstrahlen den Durchgang verstattet. Durch die Finger sehen, Nachsicht gebrauchen, etwas stillschweigend verstatten, es ungehindert lassen. Durch das Haus gehen. Durch die Stadt, durch die Gassen fahren. Durch ein Land reisen. Durch den Wald gehen. Es gehet alles durch seine Hände. Haller gebraucht durch in dieser Bedeutung ein Mahl für über: Zeuch Hannibal vom heißen Calpe Durch Pennins nie bestiegne Alpe. Vermuthlich hat ihn das Sylbenmaß dazu genöthiget; denn hier stehet es völlig an einem unrechten Orte. Die Präposition in dieser und der vorigen Bedeutung hinter ihr Hauptwort zu setzen, das Wasser bricht den Damm durch, es fuhr die Stadt durch, der Stier trabet die Fluren durch, ist ungewöhnlich. S. die

Anm. In beyden Bedeutungen wird durch zuweilen von seinem Casu verlassen, obgleich diese Ellipsis nur im gemeinen Leben üblich ist. Ich bin noch nicht durch, d. i. durch das Bret, durch den Fluß u. s. f. Die Post ist noch nicht durch, durch die Stadt.3. Figürlich. 1) Von der Zeitdauer. Gott hat seine Kirche durch alle Jahrhunderte erhalten. Der Kalender bestimmt die Feste durch das ganze Jahr. Zuweilen kann es in dieser Bedeutung hinter dem Hauptworte stehen. Das ganze Jahr durch. Alle Jahrhunderte durch. Ja in einigen Fällen muß es diese Stelle nothwendig haben. Ich habe die ganze Nacht durch gemacht. Wo er den Tag durch herum irret. Wo sich die Präposition ihrem Hauptworte nicht vorsetzen lässet. Allein, da man in dieser Bedeutung für durch auch hindurch sagen kann, so scheinet es hier mehr ein Adverbium, als eine wahre Präposition zu seyn. 2) Das Mittel, eine Wirkung hervor zu bringen. Durch Geld richtet man alles aus. Das ist nicht das Mittel, durch welches du deinen Endzweck erreichen wirst. Sie machen mich durch ihre Güte unruhig. Die Natur scheint mir durch ihn erst recht schön zu seyn. Durch langen Gebrauch abgenutzt werden. Athen blühete durch gerechte Gesetze, und durch unbändige Freyheit zerfiel die Republik. Wie gern möchte ich dich durch deine bisher unbefriedigte Leidenschaft zur Tugend zurück führen! Dusch. Ich will durch niemanden glücklich werden, als durch sie, Gell. Wie mancher siegt durch eine freye Miene, Der blöder ist, als Holz und Stein! Gell. Auch, obgleich seltener, wenn dieses Mittel zugleich den Gegenstand ausmacht. Durch das unterirdische Reich verstehet man u. s. f. Was verstehet er dadurch? Zuweilen wird dieses Wort gebraucht, wo doch mit schicklicher wäre. Ich weiß ihre Großmuth durch nichts als durch die empfindlichsten Thränen zu belohnen, Gell. besser mit. Ich unterbreche dich Durch gar kein Wort, bevor du selbst wirst schweigen, Haged. S. Mit. 3) Eine wirkende Ursache. Durch ihn bin ich glücklich geworden. Besonders bey den neuern Dichtern. Durch ihn trabet der Stier sicher die Fluren durch, Raml. wo das erste durch hierher gehöret. Durch dich schmückt die Hand des Frühlings mit Tapeten unsre Grenzen, Durch dich muß das Gold der Ähren in der Trauben Purpur glänzen, singt Kleist von Gott. Allein da dieser Gebraucht leicht eine Mißdeutung verursachen kann, indem der Begriff des Mittels sich gern mit einschleicht, wie in beyden Beyspielen unläugbar ist, so erfordert derselbe eine behuthsame Anwendung. 4) Für unter, doch nur in dem Ausdrucke durch einander. Alles durch einander mengen, mischen, werfen.II. Als ein Adverbium. 1. Für zerrissen, durchlöchert, im gemeinen Leben. Die Schuhe sind schon durch. 2. Durch und durch bedeutet in der gemeinen und vertraulichen Sprechart, vom Anfange bis zu Ende, von einem Ende bis zum andern. Jemanden durch und durch stoßen. Ich bin durch und durch naß. Von oben an gewürkt durch und durch, Joh. 19, 32. Gott heilige euch durch und durch, 1 Thess. 5, 27. In vielen Fällen kann man dafür in der edlern Schreibart mit durchzusammen gesetzte Verba gebrauchen; durchstoßen, durchnetzt, durchwirkt, die alsdann den Ton auf dem Verbo haben.

Anm. 1. Die mit dieser Präposition zusammen gesetzten Verba haben den Ton bald auf durch, bald aber auf dem Verbo; doch mit einem merklichen Unterschiede in der Conjugation und der Bedeutung.1) Ist durch ein untrennbares Vorwort, welches seine Stelle vor dem Verbo durch die ganze Conjugation nie verlässet, so lieget der Ton auf dem Verbo. Die Verba dieser Art haben das mit andern, welche untrennbare Partikeln vor sich haben, gemein, daß sie in der vergangenen Zeit das ge nicht bekommen, und daß im Infinitive das zu seinen Platz vor der ganzen Zusammensetzung nimmt. Wir durchreisen fremde Länder. Er hat das ganze Land durchreiset. Er brennet vor Begierde, fremde Länder zu durchreisen.Viele Verba dieser Art sind schon lange im gemeinen Gebrauche üblich gewesen, wie durchdringen, durchtrieben, durchwachsen, u. s. f. Allein die neuern Dichter haben ihre Anzahl gar sehr vermehret, und daher kommt es, daß die meisten derselben nur in der höhern Schreibart üblich sind. Man gebraucht sie alsdann, wenn das Verbum einfach stehen, und das Substantiv nebst der Präposition durch bey sich haben sollte, d. i. wenn der Accusativ unmittelbar von der Präposition und nicht von dem Verbo regieret wird. Der Nord durchbraust die Fluren, für: der Nord braust durch die Fluren. Ein fröhlicher Ton durchrauscht die zitternden Saiten, für: rauscht durch die zitternden Saiten.Hieraus erhellet zugleich, daß dergleichen Zusammensetzungen nicht gewaget werden dürfen, wenn sich der ganze Ausdruck nicht mit der Präposition durch auflösen lässet; ein Fehler, welchen man mit zahlreichen Beyspielen aus unsern neuern Dichtern belegen könnte.Ein anderer Fehler, den ich aber, weil er so oft begangen wird, wohl kaum einen Fehler nennen darf, ist aber, wenn durch in solchen Verbis als eine trennbare Partikel behandelt, und hinter das Verbum geworfen wird. O schnitten wir mit gleichem Fluge Die Lüfte durch, zur Ewigkeit! Less. für: durchschnitten wir. Und ihre Regung drang die Wolken durch, Kleist. Wie manche Nachtigall am Elbestrome singt, Streicht Thal und Wälder durch, Opitz. Selinde wandelte verdrießlich und allein Den langen Garten durch, Zachar. Sonst rauscht ein fröhlicher Ton, wie er in Opern entzückt, Die Saiten durch, ebend. Wohin auch gehöret, wenn man diesen Verbis das Augmentum ge gibt, und das zu versetzt. In durchgewachten Nächten, Hall. für durchwachten. Ich war schon bereit, mein Leben einsam und traurig durch zu seufzen, Cron. für zu durchseufzen. Der Eremite, der die Nacht Im Kerker ungewiß und sorgend durchgewacht, Less. Es werden jetzt Die Völker durchgesucht, Schleg. Denn ob man gleich im gemeinen Leben durchsuchen auf diese Art gebraucht, so hat doch der Dichter dieses für die Poesie zu niedrige Wort wohl gewiß nicht gebrauchen wollen.Was die Bedeutung, der auf diese Art zusammensetzten Zeitwörter betrifft, so haben sie, (a) die erste und zweyte Bedeutung der Präposition durch. Ein Papier durchstechen. Seinen Freund durchbohren. Die Luft durchfliegen. Ein Land durchreisen. (b) Werden sie auch in der engsten figürlichen Bedeutung, nehmlich einer Zeitdauer, gebraucht. Die Nacht durchwachen. (c) Deuten sie auch an, daß sich die Handlung über alle Theile des Gegenstandes erstrecket. Das ganze Haus durchsuchen. Reiche, die Satan durchherrscht, Klopst. Ein mehreres wird bey jedem Verbo ins besondere angemerket werden. Es ist dieses Vorwort aber,2) Auch eine trennbare Partikel, welche in der Conjugation hinter das Verbum tritt, das letztere seines Augmentes nicht beraubet, und im Infinitive das zu zwischen sich und dem Verbo hat. In diesen Verbis lieget der Ton auf der Präposition, und sie behält denselben, sie mag auch eine Stelle bekommen, welche sie will. Wir werden uns nicht aufhalten, wir werden nur durchreisen. Er ist nur durchgereiset. Er bringet sein ganzes Vermögen durch. Es war unmöglich durchzukommen.Diese Zusammensetzung findet Statt, (a) in der ersten und zweyten Bedeutung der Präposition, und gemeiniglich nur alsdann, wenn kein Accusativ vorhanden ist. Hast du durchgestochen? Er hält sich nicht auf, er reiset nur durch. Das Gedränge ist zu groß, ich kann nicht durchkommen. Ist aber ein Accusativ da, so wird die Präposition zuweilen wiederhohlet. Bohre durch das Bret durch. Stich durch das Papier durch. Wir sind durch den Fluß durchgegangen. Aber es gibt auch Fälle, wo Zusammensetzungen dieser Art den einfachen Accusativ der Sache bey sich haben, welcher aber alsdann nicht von der Präposition, sondern unmittelbar von dem Verbo regieret wird, so daß die Präposition hier ein bloßes Adverbium ist. Grabe den Damm durch. Er hat die Schuhe durchgegangen. Sich die Hände durchreiben, wund reiben. Soll sich der Accusativ unmittelbar auf die Präposition beziehen, so muß es heißen: durchgrabe den Damm. Wie auch, wenn durch in diesen Zusammensetzungen, (b) bloß die Bedeutung verstärket, und die Handlung über alle Theile des Ganzen ausdehnet. Jemanden durchprügeln. Ein Buch durchblättern. Eine Sache durchdenken u. s. f.Man siehet hieraus, daß einerley Wort in einerley Bedeutung, auf beyderley Art zusammen gesetzt seyn kann. Der ganze Unterschied bestehet oft bloß in der größern oder geringern Würde des Ausdruckes. Denn diejenigen Verba, wo der Ton auf der Präposition lieget, sind mehr der gewöhnlichen Sprechart eigen, dagegen die, welche den Ton auf dem Verbo haben, dem größten Theile nach für die höhere Schreibart gehören. Die mit um, unter und über zusammen gesetzten Verba, werden auf eben dieselbe gedoppelte Art gebraucht.

Anm. 2. Dieses Wort lautet bey dem Kero duruh und durich, bey dem Übersetzer Isidors dhurah, bey dem Ottfried thuruh, in dem alten Gesetze Ludwigs und Lothars von 840 thuruhe, bey dem Willeram durh, bey dem Tatian thurah, im Angelsächsischen thurch, im Engl. through. Es ist allem Ansehen nach ein zusammen gesetztes Wort, welches am Ende die Sylbe ich bekommen hat. Das alte Gothische thair, das Holländ. deur, und Nieders. dör haben diesen Anhang nicht. Es scheinet zu dem Worte Thor, Thür zu gehören, welches sich bereits in den aller-ältesten Sprache befindet. Auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, durchbohren, das Latein. tero, Schwed. taera, durchdringen, scheinen dahin zu hören. Wenigstens kommt die Bedeutung beyder Wörter mit dieser Ableitung sehr gut überein. Ehedem gebrauchte man dieses Vorwort auch für um, wegen und mir. Sie tho luto irharetun Thuruh thia suarum forahtun, da schrien sie laut wegen ihrer schweren Furcht, Ottfr. Thuruh reht, um des Rechtes willen, Tat. Der boesen has und ouch ir nitIch gerne dulden wil Dur die diu mir so nahe liet, um der willen u. s. f. Wernher von Tuifen. Und so in andern Stellen mehr.


Durchackern (W3) [Adelung]


Durchackern, verb. reg. act.Durchackern. Ich ackere durch, durchgeackert. 1) Hindurch ackern, d. i. pflügen. Man muß durchackern. 2) Locker, mürbe pflügen. Ein Feld recht durchackern. Daher die Durchackerung.Durchackern. Ich durchackere, durchackert. Figürlich, durchstreichen, obgleich nur selten. Mit richtrisch scharfem Kiel durch ackert seine Lieder Gargil, Less.


Durchängsten (W3) [Adelung]


Durchängsten, verb. reg. act. Ich durchängste, durchängstet. Durch und durch Angst erwecken, sehr ängsten, in der poetischen Schreibart. Die Schreckenbilder - durchängsten mich, Weiße. Ingleichen als ein Reciprocum. Mein Sinn durchängstet sich, Opitz.


Durcharbeiten (W3) [Adelung]


Durcharbeiten, verb. reg. act. Ich arbeite durch, durchgearbeitet. 1) Sich durcharbeiten, vermittelst vieler Arbeit durch einen Ort zu kommen suchen. Sich durch das Wasser durcharbeiten. Ich mußte mich noch durch eine Menge von Bedienten durcharbeiten. Wie arbeiten uns durch eine nicht zu übersehende Menge Widerwärtigkeiten durch. Es ist noch viel Gutes in ihm verborgen, welches sich mit den Jahren schon durcharbeiten wird. 2) Alle Theile eines Körpers gehörig bearbeiten. Den Teig recht durcharbeiten. Daher die Durcharbeitung.Durcharbeiten. Ich durcharbeite, durcharbeitet; in der letzten Bedeutung der vorigen Form, welche aber wenig vorkommt. Also wollen wir auch thun, und den, der zum ersten die Historien geschrieben hat, dafür sorgen lassen, wie er - alle Stücke mit Fleiß durcharbeitet habe, 2 Macc. 2, 31.


Durchaus (W3) [Adelung]


Durchaus, adv. 1) Völlig, gänzlich, durch und durch. Die Ufer des Baches bestehen durchaus aus Sand. Ich bin durchaus naß. Mars lebt durchaus in diesem Bilde, Gell. Er verstehet durchaus nichts, nicht das geringste. 2) Schlechterdings, ohne alle Einwendung. Er wollte es durchaus haben. Das soll durchaus nicht geschehen.


Durchbacken (W3) [Adelung]


Durchbacken, verb. irreg. neutr. ( S. Backen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich backe durch, durchgebacken; von der Backhitze durchdrungen werden. Das Brod ist nicht durchgebacken.


Durchbeben (W3) [Adelung]


Durchbeben, verb. reg. act. ich durchbebe, durchbebt; alle Theile eines Körpers in eine bebende Bewegung setzen, in der höhern Schreibart. Ein ehrfurchtsvoller Schauer durchbebe deine Seele.


Durchbeißen (W3) [Adelung]


Durchbeißen, verb. irreg. act. S. Beißen.Durchbeißen. Ich beiße durch, durchgebissen. 1) Beißend hindurch dringen. Es ist zu dick, ich kann nicht durchbeißen. In gleichen figürlich, durch und durch eine schmerzhafte Empfindung erregen im gemeinen Leben. Die Schläge sollen schon durchbeißen. 2) Sich durchbeißen, sich beißend den Weg bahnen. Die Maus hat sich durchgebissen, in der Falle. Der Hund wird sich durchbeißen. Ingleichen figürlich, im gemeinen Leben. Er wird sich schon durchbeißen, er wird sich mit seinem losen Maule schon durchhelfen. Er kann sich mit seinem Maule allenthalben durchbeißen.Durchbeißen. Ich durchbeiße, durchbissen; beißend durchdringen. Der Hund hat ihm den Finger durchbissen.


Durchbeitzen (W3) [Adelung]


Durchbeitzen, verb. reg. Ich beitze durch, durchgebeitzet. 1) Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, von einem beitzenden Körper überall durchdrungen werden. Das Leder ist noch nicht durchgebeitzet. 2) Activum, als ein beitzender Körper durchdringen. Der Essig, das Scheidewasser wird schon durchbeitzen. So auch die Durchbeitzung, in der letzten Gattung.


Durchbethen (W3) [Adelung]


Durchbethen, verb. reg. act.Durchbethen. Ich bethe durch, durchgebethet; alle Gebethe einer Art herbethen, im gemeinen Leben. Er hat schon sein ganzes Gebethbuch durchgebethet.Durchbethen. Ich durchbethe, durchbethet; mit Bethen zubringen, in der höhern Schreibart. Wir, wir deine Priester, gestreckt zu dem Altar, durchbetheten die ganze Nacht, Weiße.


Durchbetteln (W3) [Adelung]


Durchbetteln, verb. reg. act.Durchbetteln. Ich bettele durch, durchgebettelt. Sich durchbetteln, sich bettelnd forthelfen. Er wird sich schon durchbetteln.Durchbetteln. Ich durchbettele, durchbettelt; bettelnd durchstreichen, in der höhern Schreibart. Der ganze Länder durchbettelt.


Durchbeuteln (W3) [Adelung]


Durchbeuteln, verb. reg. act. Ich beutele durch, durchgebeutelt; durch den Beutel d. i. das Sieb in den Mühlen, treiben. Mehl durchbeuteln. Durchgebeuteltes Mehl.


Durchblasen (W3) [Adelung]


Durchblasen, verb. irreg. act. S. Blasen.Durchblasen. Ich blase durch, durchgeblasen. 1) Hindurch blasen. Ich sehe kein Loch, wo ich durchblasen könnte. 2) Blasend zertheilen. Es ist so dünn, daß man es durchblasen könnte. 3) Blasend nach allen Theilen durchdringen. Der Wind hat mich recht durchgeblasen, im gemeinen Leben.Durchblasen. Ich durchblase, durchblasen; sich blasend durch einen Ort bewegen, in der höhern Schreibart. Die Winde durchblasen den Hain.


Durchblättern (W3) [Adelung]


Durchblättern, verb. reg. act.Durchblättern. Ich blättere durch, durchgeblättert; vom Anfange bis zu Ende in einem Buche blättern. Ich habe das ganze Buch durchgeblättert. Daher die Durchblätterung. Ingleichen flüchtig durchlesen. Wenn man die Geschichte durchblättert.Durchblättern. Ich durchblättere, durchblättert; wie das vorige, nur daß es vorzüglich der höhern Schreibart eigen ist. Durchblättere die Bücher des Schicksals.


Durchblicken (W3) [Adelung]


Durchblicken, verb. reg.Durchblicken, Neutrum, mit haben. Ich blicke durch, durchgeblickt; hindurch blicken, mit seinem Blicke durch etwas sichtbar werden. Der Nebel ist zu dick, die Sonne kann nicht durchblicken.Durchblicken, Activum. Ich durchblicke, durchblickt; wie das vorige, in der höhern Schreibart. Durchblicke, o Sonne, den Nebel. Seltene Disteln durchblicken die Fenster hier nicht, Kleist.


Durchbraten (W3) [Adelung]


Durchbraten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn; von der Brathitze durchdrungen werden. Der Schlägel ist nicht recht durchgebraten.


Durchbrausen (W3) [Adelung]


Durchbrausen, verb. reg. act.Durchbrausen. Ich brause durch, durchgebraust; brausend durchdringen, im gemeinen Leben. Der Wind hat uns recht durchgebraust.Durchbrausen. Ich durchbrause, durchbrauset; durch einen Ort brausen, in der höhern Schreibart. Ein stürm'scher Nord durchbraust die traurigen Gefilde, Cron.


Durchbrechen (W3) [Adelung]


Durchbrechen, verb. irreg. S. Brechen.Durchbrechen. Ich breche durch, durchgebrochen. Es ist, 1) ein Activum. Brechend einen Weg durch einen Körper öffnen. Durch eine Mauer, durch eine Wand durchbrechen. Man mußte durchbrechen, damit man löschen konnte, d. i. eine Öffnung in die Mauer oder Wand machen. So auch als ein Reciprocum. Der Dieb hat sich durchgebrochen, hat sich mit Erbrechung einen Weg aus dem Gefängnisse gebahnet. 2) Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, gleichfalls in der Bedeutung der gewaltsamen Öffnung eines Weges. Der Dieb ist im Gefängnisse durchgebrochen. Hier brach das Wasser durch, durch den Damm. Die Reiterey suchte durchzubrechen, durch den Feind.Durchbrechen, welches nur als ein Activum üblich ist. Ich durchbreche, durchbrochen. 1) Gezeichnete Figuren in Blech, Holz u. s. f. ausschneiden, in welchem Verstande nur das Mittelwort durchbrochen üblich ist. Durchbrochene Arbeit, die auf solche Art ausgeschnitten, ausgefeilet oder ausgenähet ist. S. Durchbruch. 2) In der höhern Schreibart, sich mit Überwindung aller Hindernisse einen Weg aus einem Orte bahnen. Der Strom durchbrach den Damm. Wenn die Rose die Knospe durchbricht, Raml. So auch die Durchbrechung. S. auch Durchbruch.

Anm. Schon in dem alten Gedichte auf den heil. Anno lautet dieses Zeitwort durchbrechen, und bey dem Stryker kommt es bereits mit dem Accusative und dem Tone auf dem Zeitworte vor. Das Hauptwort Durchbrecher; es wird ein Durchbrecher vor ihnen herauf fahren, sie werden durchbrechen und zum Thor aus- und einziehen, Micha 2, 3, ist ungewöhnlich.


Durchbrennen (W3) [Adelung]


Durchbrennen, verb. irreg. neutr. ( S. Brennen,) mit dem Hülfsworte haben, brennend durch etwas dringen. Das Feuer brennt durch. Es hat durchgebrannt.


Durchbringen (W3) [Adelung]


Durchbringen, verb. irreg. act. S. Bringen. 1) Mit Überwindung der Hindernisse durch einen Ort bringen. Das Öhr ist zu enge, ich kann den Faden nicht durchbringen. Ingleichen, 2) figürlich. Pflanzen, Gewächse, Vieh durchbringen, d. i. durch den Winter. Sich ehrlich durchbringen, d. i. durch die Welt, sich ehrlich nähren. Er sucht sich so gut durchzubringen als er kann. 3) Verschwenden. Er bringt das Seinige mit Schwelgen durch. Er hat schon sein ganzes Vermögen durchgebracht.So auch die Durchbringung. Auch das Hauptwort der Durchbringer wird oft für einen Verschwender gebraucht.


Durchbruch (W3) [Adelung]


Der Durchbruch, des -es, plur. die -brüche. 1) Die Handlung des Durchbrechens, so wohl des Activi als auch des Neutrius, aber ohne Plural. Der Durchbruch des Wassers. Der Durchbruch der Zähne, bey den Kindern. Der Durchbruch des Feindes, durch die Glieder. Im gemeinen Leben wird Durchbruch oft für Durchfall, Ruhr, gebraucht. Bey der Nähterinnen ist der Durchbruch eine Art des Ausnähens, welche durchbrochene Arbeit vorstellet, wozu sie eigene Durchbruchsnadeln haben, welche am Kopfe spitzig geschlissen sind, die Durchbruchsstiche desto bequemer damit zu verfertigen. Zu der durchbrochenen Arbeit in Blech haben die Klemper Klempener besondere Durchbruchsmeißel. S. Durchbrechen. 2) Der Ort, wo ein Körper durchbrochen worden. Der Durchbruch eines Deiches oder Dammes, der beschädigte Ort; außer welchem Falle es in dieser Bedeutung wohl nur wenig vorkommen dürste dürfte 3) Eine Pflanze, S. Durchswachs. 4) In der mystischen Theologie ist es die Bekehrung oder der vornehmste Theil derselben.


Durchbrüllen (W3) [Adelung]


Durchbrüllen, verb. reg. act. Ich durchbrülle, durchbrüllt; in der höhern Schreibart, mit brüllendem Geschreye erfüllen. Damit er die krummen Thäler durchbrülle.


Durchdampfen (W3) [Adelung]


Durchdampfen, verb. reg. act. Ich durchdampfe, durchdampft; in der höhern Schreibart, mit Dampf erfüllen. Der schönste "Weihrauch" soll mein heiteres Zimmer durchdampfen, Zachar.


Durchdenken (W3) [Adelung]


Durchdenken, verb. irreg. act. S. Denken.Durchdenken. Ich denke durch, durchgedacht; nach allen Theilen und Umständen bedenken. Ich habe die Sache reiflich durchgedacht. Ein wohl durchgedachter Entwurf. Wir Gott die Ewigkeit erst einsam durchgedacht, Hall. Durchdenken. Ich durchdenke, durchdacht; in der vorigen Bedeutung, nur daß es vorzüglich der höhern Schreibart eigen ist. Wenn wir die goldene Zukunft durchdachten. Kein muot es niemer me durh denket noch vol saget, König Wenzel.


Durchdrängen (W3) [Adelung]


Durchdrängen, verb. reg. act. Ich dränge durch, durchgedrängt; drängend durch einen Ort bringen. Ich mußte mich mit aller Gewalt durchdrängen. Daher die Durchdrängung.


Durchdringen (W3) [Adelung]


Durchdringen, verb. irreg, S. Dringen.Durchdringen. Ich dringe durch, durchgedrungen; ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) Dringend durch einen Ort zu kommen suchen. Das Volk stand zu dick, ich konnte nicht durchdringen. Das Wasser dringet überall durch. Der Tod ist zu allen Menschen durchgedrungen, Röm. 5, 12. 2) In weiterer Bedeutung, mit Überwindung der Hindernisse seine Absicht erreichen. Er widersetzt sich noch immer; aber ich hoffe doch noch durchzudringen. Damit wirst du nicht durchdringen. 3) Durch alle Theile des Körpers dringen. Die Schläge werden schon durchdringen. Denn es wird die Ruthe ganz durchdringen und wohl treffen, Es. 30, 32.Durchdringen. Ich durchdringe, durchdrungen; ein Activum. 1) Durch alle Theile eines Körpers dringen. Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig - und durchdringet, bis das es scheidet u. s. f. Ebr. 4, 12. Im täglichen Umgange ist von dieser Form nur das Mittelwort durchdringend üblich.Eine durchdringende Stimme. Es war eine durchdringende Kälte. Ein durchdringender Schmerz. Er besitzt durchdringende Einsichten. Allein in der höhern Schreibart gebraucht man auch die übrigen Arten. Er wurde von Scham und Reue durchdrungen. Von Bewunderung durchdrungen. Der Schrecken durchdringt mir alle Glieder. Von jenem Auge durchdrungen, welches mich, welches alles stehet. Ein Herz, das von allen gesellschaftlichen Tugenden so durchdrungen ist, Dusch. 2) Durch einen Ort dringen. Und ihre Regung drang die Wolken durch, Kleist; wo es durchdrang die Wolken, heißen sollte. So auch die Durchdringung.

Anm. Das letzte Zeitwort, welches den Ton auf der zweyten Sylbe hat, kommt schon in dem Fragmente eines alten Gedichtes auf Carln den Großen vor: thurhthrungen sie.


Durchdringlich (W3) [Adelung]


Durchdringlich, adj. et adv. fähig von andern Körpern durchdrungen zu werden, d. i. andere Körper durch seine Zwischenräume durchzulassen. So auch die Durchdringlichkeit.


Durchdrücken (W3) [Adelung]


Durchdrücken, verb. reg. act. Ich drücke durch, durchgedrückt. 1) Drückend durch etwas zu bringen suchen. Einen Saft durchdrücken, durch ein Tuch. 2) Mund drücken. Ein Pferd durchdrücken. So auch die Durchdrückung.


Durcheilen (W3) [Adelung]


Durcheilen, 1) Durcheilen, verb. reg. neutr. mit seyn, sich eilfertig durch einen Ort bewegen. Wir sind nur durchgeeilet, durch die Stadt.2) Durcheilen, verb. reg. act. in der vorigen Bedeutung und in der höhern Schreibart. Wir haben die Stadt durcheilet.


Durchfahren (W3) [Adelung]


Durchfahren, verb. irreg. S. Fahren.Durchfahren. Ach fahre durch, durchgefahren. 1. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) Sich vermittelst des Fuhrwerkes durch einen Ort bewegen. Er hat sich nicht aufgehalten, er ist nur durchgefahren. Hier kann ein Wagen mit Heu durchfahren. 2) In weiterer und figürlicher Bedeutung, sich schnell durch einen Ort bewegen. So fahren die Bergleute durch, wenn sie sich von einer Grube zur andern, von einem Stollen oder Orte andern begeben. S. Fahren. Er will überall mit dem Kopfe durchfahren, er will alles mit Gewalt zwingen. 2. Ein Activum. Einen Weg durchfahren, durch vieles Fahren uneben machen, verderben.Durchfahren. Ich durchfahre, durchfahren; ein Activum, in der höhern Schreibart, sich schnell durch einen Ort bewegen. Sein Riesenwurf durchfährt der Lampe gläsern Haus, Zachar. Wie im Herbste der Nord die gelb gewordenen Blätter Brausend durchfährt, ebend.

Anm. Durhfahren, in der ersten Form, findet sich schon bey dem Notker.


Durchfahrt (W3) [Adelung]


Die Durchfahrt, plur. die -en, 1) Die Handlung des Durchfahrens, in der ersten eigentlichen Bedeutung ohne Plural. Hier ist keine Durchfahrt möglich, hier kann man nicht durchfahren. Ich sprach ihn bey meiner Durchfahrt, als ich durchfuhr. 2) Der Ort, wo man durchfahren kann. Die Durchfahrt in einem Hause, der Thorweg. Die Durchfahrt durch einen Fluß.


Durchfall (W3) [Adelung]


Der Durchfall, des -es, plur. die -fälle. 1) Das Durchfallen, obgleich selten, und ohne Plural. 2) Eine Krankheit bey Menschen und Thieren, wenn die Excremente öfter und flüssiger abgehen, als gewöhnlich ist; wo man auch wohl von mehrern Arten dieser Krankheit, oder von ihrer Anwesenheit bey mehrern Individuis den Plural zu gebrauchen pflegt. Den Durchfall haben. Durchfall oder Durchlauf, bey einigen auch Durchbruch, und im Oberdeutschen das Abweichen, bezeichnen die gelindeste Art dieser Krankheit, wo die Excremente mit keinen fremden Theilen vermischet sind. Sind sie mit Blut vermischt, so heißen sie die Ruhr oder rothe Ruhr, und wenn unverdauete Speise mit abgehet, die Speiseruhr, der Bauchfluß.


Durchfallen (W3) [Adelung]


Durchfallen, verb. irreg. neutr. ( S. Fallen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich falle durch, durchgefallen; durch eine Öffnung fallen. Ingleichen figürlich, er ist durchgefallen, er ist bey der Wahl übergegangen worden; welche R. A. vermuthlich auf eine ehedem übliche Art der Wahl anspielet.


Durchfalten (W3) [Adelung]


Durchfalten, verb. reg. act. Ich durchfalte, durchfaltet; überall in Falten legen, in der höhern Schreibart. Starr mit glühender Stirn, die der Grimm durchfaltete, Klopst.


Durchfaulen (W3) [Adelung]


Durchfaulen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich faule durch, durchgefaulet; von der Fäulniß durchlöchert werden. Das Bret, der Huf des Pferdes ist durchgefaulet. Auch dem Hornviehe faulet zuweilen das Horn an den Füßen durch, welche Krankheit im gemeinen Leben Fick genannt wird. S. dieses Wort.


Durchfechten (W3) [Adelung]


Durchfechten, verb. irreg. act. S. Fechten. Ich fechte durch, durchgefochten; nur in einigen figürlichen Bedeutungen des Wortes fechten. Sich durchfechten, sich vermittelst seiner streitbaren Zunge durchhelfen. Eine Sache durchfechten, sie mit Worten und Gründen durchsetzen.


Durchfeilen (W3) [Adelung]


Durchfeilen, verb. reg. act. Ich feile durch, durchgefeilet; mit der Feile theilen, durchlöchern. Ein Stück Eisen durchfeilen. Ganz durchfeilen.


Durchfeuchten (W3) [Adelung]


Durchfeuchten, verb. reg. act. Ich durchfeuchte, durchfeuchtet; durch und durch befeuchten, in der höhern Schreibart.


Durchfeuern (W3) [Adelung]


Durchfeuern, verb. reg. act.Durchfeuern. Ich feuere durch, durchgefeuert. 1) Durch und durch in Hitze setzen. Einen Ofen recht durchfeuern. 2) Durch ein Loch feuern, d. i. schießen.Durchfeuern. Ich durchfeuere, durchfeuert; durch und durch in Hitze setzen, in der höhern Schreibart.


Durchflattern (W3) [Adelung]


Durchflattern, verb. reg.Durchflattern. Ich flattere durch, durchgeflattert; ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert. Er ist nur durchgeflattert.Durchflattern. Ich durchflattere, durchflattert; ein Activum, durch einen Ort flattern. Die Pfeile des Gottes der Liebe durchflattern die Lüfte eben so oft aus Rache, als aus Gefälligkeit.


Durchflechten (W3) [Adelung]


Durchflechten, verb. irreg. act. ( S. Flechten,) Ich durchflechte, durchflochten; überall oder auch nur hin und wieder mit Flechtwerk versehen, in der höhern Schreibart. Einen Kranz mit Ähren und Epheu durchflechten. Ein Band durchflocht ihr braunes Haar, Rost.


Durchfliegen (W3) [Adelung]


Durchfliegen, verb. irreg. S. Fliegen.Durchfliegen. Ich fliege durch, durchgeflogen; ein Neutrum, welches mit dem Hülfswort seyn verbunden wird, durch einen Ort fliegen. Hier ist der Vogel durchgeflogen.Durchfliegen. Ich durchfliege, durchflogen; ein Activum, durch einen Ort fliegen, in der höhern Schreibart. Und da der Ruf Von beyder Brüder "Zwist" die Welt durchflog, Can.


Durchfliehen (W3) [Adelung]


Durchfliehen, verb. irreg. act. ( S. Fliehen,) Ich durchfliehe, durchflohen; durch einen Ort fliehen, in der höhern Schreibart. Durchfleuch erst die blauen Gefilde, Kleist.


Durchfließen (W3) [Adelung]


Durchfließen, verb. irreg. S. Fließen.Durchfließen. Ich fließe durch, durchgeflossen; ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, durch einen Ort fließen. Hier kann kein Wasser durchfließen.Durchfließen. Ich durchfließe, durchflossen; ein Activum in der vorigen Bedeutung, aber nur in der höhern Schreibart. Der Strom durchfloß die Stadt. Ingleichen, sich über alle Theile eines Ganzen verbreiten, figürlich. Ein majestätischer Schimmer durchfloß den ganzen Raum um ihn her. Welch süßes Entzücken durchfließt mich bey seinem Anblicke!


Durchflößen (W3) [Adelung]


Durchflößen, verb. reg. act. Ich flöße durch, durchgeflößet; durch einen Ort flößen. Das Holz bleibet nicht hier, es wird nur durchgeflößet. Daher die Durchflößung.


Durchfluß (W3) [Adelung]


Der Durchfluß, des -sses, plur. inus. der Fluß des Wassers durch einen Ort.


Durchforschen (W3) [Adelung]


Durchforschen, verb. reg. act. Ich durchforsche, durchforscht; eine Sache nach allen ihren Theilen erforschen, in der höhern Schreibart. Er will alles genau durchforschen. Das Herz des Lasterhaften ist oft leicht zu durchforschen. Durchforschet, Sterbliche, des Lebens kurzen Raum, Was kommen soll ist Nacht, was hin ist, ist ein Traum, Less. So auch die Durchforschung.


Durchfressen (W3) [Adelung]


Durchfressen, verb. irreg. act. S. Fressen.Durchfressen. Ich fresse durch, durchgefressen. 1) Fressend durchlöchern. Die Mäuse haben den Käse durchgefressen. 2) Sich durchfressen, in der niedrigen Sprechart, figürlich, sich den nöthigen Unterhalt durch Schmarotzen verschaffen. Er frißt sich noch immer so durch.Durchfressen. Ich durchfresse, durchfressen; fressend durchlöchern, in der höhern Schreibart. Das Scheidewasser durchfrißt das Metall.


Durchfrieren (W3) [Adelung]


Durchfrieren, verb. irreg. neutr. ( S. Frieren,) welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich friere durch, durchgefroren; von dem Froste durchdrungen werden. Die Witterung ist zu gelinde, es kann nicht durchfrieren. Ingleichen, von Kälte durchdrungen werden. Ich bin ganz durchgefroren.


Durchfuhre (W3) [Adelung]


Die Durchfuhre, plur. inus. das Fahren oder Führen durch einen Ort. Manche Waaren müssen auch bey der Durchfuhre verzollet werden.


Durchführen (W3) [Adelung]


Durchführen, verb. reg. act. Ich führe durch, durchgeführet; durch einen Ort führen. Jemanden durchführen, durch einen Fluß, durch eine Stadt u. s. f. Die Waaren bleiben nicht hier, sie werden nur durchgeführet. In den Blechhütten werden diejenigen Bleche, welche verzinnet werden sollen, durchgeführet, wenn sie in das flüssige Zinn legt, und bald darauf heraus ziehet. S. auch die Durchführung.


Durchfüttern (W3) [Adelung]


Durchfüttern, verb. reg. act. Ich füttere durch, durchgefüttert; den Winter hindurch füttern, d. i. erhalten, in der Landwirthschaft. Er hat sein Vieh insgesammt durchgefüttert.


Durchgähnen (W3) [Adelung]


Durchgähnen, verb. reg. act. Ich durchgähne, durchgähnt; mit Gähnen zubringen, in der poetischen Schreibart. Der jede Mitternacht Am trägen Spiel durchgähnt.


Durchgällen (W3) [Adelung]


Durchgällen, verb. reg. act. Ich durchgälle, durchgällt; allen seinen Theilen nach bitter machen, in der höhern Schreibart. Das größte Glück des Gottlosen ist unsicher und mit Furcht vor dem Zukünftigen durchgällt, Sonnenf.


Durchgang (W3) [Adelung]


Der Durchgang, des -es, plur. die -gänge. 1) Die Handlung des Durchgehens, oder des Gehens durch einen Ort, ohne Plural. Die Waaren werden auch bey dem Durchgang ver- zollet. Der Durchgang der Venus durch die Sonne. Einem den Durchgang verwehren. O was hat meine Seele nicht noch in diesem Durchgange durch das Leben zu dulden! Dusch. 2) Ein Ort, wo man durchgehet, oder durchgehen kann. Eine Gasse ohne Durchgang. Das Haus hat einen Durchgang, man kann durch dasselbe in die andere Gasse gehen; dergleichen Häuser im gemeinen Leben oft nur Durchhäuser genannt werden.


Durchgängig (W3) [Adelung]


Durchgängig, adj. et adv. 1) Einen Durchgang habend, im gemeinen Leben; besonders Oberdeutschlandes. Ein durchgängiges Haus. Der Wald ist nicht durchgängig, man kann nicht durchgehen. 2) Ohne Unterschied, eines wie das andere, insgesammt, überall. Eine durchgängige Gewohnheit, welche überall üblich ist. Noch mehr aber, und vielleicht am besten, wie ein Nebenwort. Hier herrscht durchgängig noch die alte Gewohnheit. Wir großen Thiere haben durchgängig eine gewisse kleine Schwachheit an uns, Less. S. Durchgehends.


Durchgärben (W3) [Adelung]


Durchgärben, verb. reg. act. Ich gärbe durch, durchgegärbt; eigentlich, alle Theile einer Haut gehörig gärben; im niedrigen Scherze, durchprügeln.


Durchgehen (W3) [Adelung]


Durchgehen, verb. irreg. S. Gehen.Durchgehen. Ich gehe durch, durchgegangen; welches theils ein Neutrum, theils ein Activum ist, und daher theils mit dem Hülfswort seyn, theils mit haben verbunden wird.1. Ein Neutrum, mit seyn. 1) Durch einen Ort gehen, in eigentlicher, weiterer und figürlicher Bedeutung. Das Wasser ist nicht tief, man kann füglich durchgehen. Der Thorweg ist zu enge, der Wagen gehet nicht durch. Ich habe mich in der Stadt nicht aufgehalten, ich bin nur durchgegangen. Durchgehende Waaren, welche nur durchgehen, d. i. durchgeführet werden. Die Kugel war bey der Schulter durchgegangen. In allen Sachen gerade durchgehen, figürlich, unbedeckt, offenbar, offenherzig handeln. Besonders, 2) von einem Ende bis zum andern gehen. Der Stich ist nicht durchgegangen. Der Hieb, der Schuß gehet durch. Das Wasser gehet durch, dringet durch. Durchgehende Säulen, in der Baukunst, welche an einem Gebäude von unten bis oben durchgehen, und bis an das Gebälke reichen; Franz. Colonnes passantes. 3) Flüchtig werden. Die Pferde gingen mit uns durch. Die Pferde sind durchgegangen. Der Schuldner ist durchgegangen, ist ausgetreten, flüchtig geworden. 4) Bewilliget werden, in einer Versammlung von mehrern. Die Sache, der Vorschlag ist auf dem Landtage nicht durchgegangen. Er ist mit allen Stimmen durchgegangen, einmüthig erwählet worden.2. Ein Activum, welches die vierte Endung der Sache bey sich hat. 1) Von einem Ende bis zum andern gehen. (a) Eigentlich. Einen Garten, eine Wiese durchgehen. (b) Figürlich, flüchtig durchlesen. Ich habe das Buch ein wenig durchgegangen. Ingleichen untersuchen. Wir wollen die Rechnungen durchgehen. Wenn ich meine Lebensgeschichte durchgehe. Gehe in Gedanken die zahllosen Geschlechter der Geschichte durch, und erstaune über ihre Verschiedenheit, Dusch. 2) Wund gehen, im gemeinen Leben. Er hat die Füße durchgegangen, oder er hat sich die Füße durchgegangen. Ingleichen, durch vieles Gehen zerreißen. Die Schuhe, die Sohlen durchgehen.Durchgehen. Ich durchgehe, durchgangen; welches ein Activum ist, und nur in der höhern Schreibart gebraucht wird. 1) Von einem Ende zum andern gehen. Durchgehet hin und wieder von einem Thore bis zum andern im Lager, 2 Mos. 32, 27; wo aber die Ersetzung des Accusativs durch das Vorwort inim Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Richtiger heißt es: durchgehet das Lager. 2) Durchdringen. Bist kommen ohne Kleid in diesen strengen Tagen Durchgangen von dem Wind, Opitz. 3) Untersuchen. Durchgehe alle menschliche Erkenntniß.


Durchgehends (W3) [Adelung]


Durchgehends, adv. welches nur in der vertraulichen Sprechart üblich ist, ohne Unterschied, insgesammt, ohne Ausnahme, überall. Die Sache ist durchgehends beschwerlich. Man glaubt durchgehends, das Gerücht sey ungegründet. S. Durchgängig.


Durchgerben (W3) [Adelung]


Durchgerben, S. Durchgärben.


Durchgießen (W3) [Adelung]


Durchgießen, verb. irreg. act. ( S. Gießen,) Ich gieße durch, durchgegossen; durch eine Öffnung gießen. Wein, Bier, Wasser durchgießen, durch den Trichter, Durchschlag u. s. f. Daher die Durchgießung. S. auch Durchguß.


Durchglühen (W3) [Adelung]


Durchglühen, verb. reg. act.Durchglühen. Ich glühe durch, durchgeglühet; durchaus glühend machen. Eine Stange Eisen durchglühen. Daher die Durchglühung.Durchglühen. Ich durchglühe, durchglühet; wie das vorige, doch nur in der figürlichen Bedeutung und in der höhern Schreibart. Von dem grausamsten Schmerzen durchglühet. Von Scham durchglühet.


Durchgraben (W3) [Adelung]


Durchgraben, verb. irreg. act. S. Graben.Durchgraben. Ich grabe durch, durchgegraben. 1) Von einem Ende bis zum andern durch Graben öffnen. Einen Damm durchgraben. 2) Sich durchgraben, sich durch Graben einen Weg bahnen. Sie mußten sich durch den Berg durchgraben.Durchgraben. Ich durchgrabe, durchgraben; wie das vorige in der ersten Bedeutung, in der höhern Schreibart. Einen Berg durchgraben. Ingleichen figürlich, durchlöchern. Sie haben meine Hände und Füße durchgraben, Ps. 22, 17.


Durchgreifen (W3) [Adelung]


Durchgreifen, verb. irreg. neutr. ( S. Greifen,) welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird. Ich greife durch, durchgegriffen; mit der Hand durch eine Öffnung greifen. Ingleichen figürlich, zufahren, ohne Umschweife handeln, sein Ansehen brauchen. Man klagte, daß er zu säuberlich verführe und nicht durchgriffe.


Durchgrübeln (W3) [Adelung]


Durchgrübeln, verb. reg. act.Durchgrübeln. Ich grüble durch, durchgegrübelt; alle Theile einer Sache durch Grübeln zu erforschen suchen. Er will alles durchgrübeln.Durchgrübeln. Ich durchgrüble, durchgrübelt; wie das vorige, in der höhern Schreibart.


Durchgründen (W3) [Adelung]


Durchgründen, verb. reg. act. Ich durchgründe, durchgründet; ergründen, doch mehr im Oberdeutschen als Hochdeutschen. Diese Kunst sey immer zu durchgründen, Opitz.


Durchgucken (W3) [Adelung]


Durchgucken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. Ich gucke durch, durchgeguckt; im gemeinen Leben, für durchsehen, durchschauen, in allen Bedeutungen dieser Zeitwörter. Die bloße Haut guckt durch die Kleider durch. S. Gucken.


Durchguß (W3) [Adelung]


Der Durchguß, des -sses, plur. die -güsse. 1) Die Handlung des Durchgießens, ohne Plural. 2) Ein Ort, wo man etwas durchgießt. So wird an einigen Orten auch der Ausguß, Gußstein, ein Durchguß genannt. Ingleichen ein Werkzeug, flüssige Körper durch dasselbe zu gießen. Daher heißt der Durchschlag in den Küchen oft ein Durchguß.


Durchhalftern (W3) [Adelung]


Durchhalftern, verb. reg. recipr. Sich mühsam durchhalftern, sich mit vieler Mühe von einer Verlegenheit befreyen.


Durchhauen (W3) [Adelung]


Durchhauen, verb. irreg. act. S. Hauen.Durchhauen. Ich haue durch, durchgehauen. 1) Durch etwas hauen. Den Baum ganz durchhauen. 2) Sich hauend einen Weg bahnen. Sich durch die Feinde durchhauen. Sich durch einen Wald durchhauen, sich durch Niederhauen der Bäume einen Weg machen.Durchhauen. Ich durchhaue, durchhauen; wie das vorige in der ersten Bedeutung, in der höhern Schreibart. Durchhaue den Baum.


Durchhaus (W3) [Adelung]


Das Durchhaus, des -es, plur. die -häuser, S. Durchgang.


Durchheitzen (W3) [Adelung]


Durchheitzen, verb. reg. act. Ich heitze durch, durchgeheitzet; durchaus heiß machen. Das Zimmer ist noch nicht durchgeheitzet. Daher die Durchheitzung.


Durchhelfen (W3) [Adelung]


Durchhelfen, verb. irreg. act. S. Helfen. Ich helfe durch, durchgeholfen; durch einen Ort helfen. Das Wasser ist zu tief, man muß ihm durchhelfen. Einem Ausreißer durchhelfen, ihm zu seiner Flucht beförderlich seyn. Ingleichen, aus einer Verlegenheit helfen. Du hast mir durchgeholfen.


Durchhellen (W3) [Adelung]


Durchhellen, verb. reg. act. Ich durchhelle, durchhellt; mit seinem Lichte hell machen, in der höhern Schreibart. Wenn der Wetterstrahl die Schatten der Nacht durchhellt.


Durchherrschen (W3) [Adelung]


Durchherrschen, verb. reg. act. Ich durchherrsche, durchherrscht; nach allen Theilen beherrschen, in der höhern Dichtung der Neuern. Reiche, die Satan durchherrscht, Klopst.


Durchheulen (W3) [Adelung]


Durchheulen, verb. reg. act. Ich durchheule, durchheult; mit seinem Geheule erfüllen, in der höhern Schreibart. Der Nordwind, der die Flur durchheulte.


Durchhin (W3) [Adelung]


Durchhin, ein im Oberdeutschen übliches, im Hochdeutschen aber ungewöhnliches Nebenwort des Ortes, für hindurch. Und sollt die Riegel mitten an den Bretern durchhin stoßen, 2 Mos. 26, 28. Kap. 36, 38. Das grüne Gras, an dem fürüber fleust Das Wasser und durchhin mit stillem Rauschen fleust, Opitz. Er ist durchhin, bedeutet in Niedersachsen, er ist ganz aus der Art geschlagen, alle Hoffnung zu seiner Besserung ist vergebens.


Durchhitzen (W3) [Adelung]


Durchhitzen, verb. reg. act.Durchhitzen. Ich hitze durch, durchgehitzt; wie durchheitzen. Das Zimmer noch nicht durchgehitzt.Durchhitzen. Ich durchhitze, durchhitzt; eben so, in der höhern Schreibart. Die Sonne durchhitzt die Erde.


Durchhohlen (W3) [Adelung]


Durchhohlen, verb. reg. act. Ich hohle durch, durchgehohlt; figürlich, in den gemeinen Mundarten, besonders Niedersachsens, durchdringen. Der Wind hat uns recht durchgehohlet. Jemanden durchhohlen, ihn durchprügeln.


Durchhöhlen (W3) [Adelung]


Durchhöhlen, verb. reg. act.Durchhöhlen. Ich höhle durch, durchgehöhlt; durchaus hohl machen. Einen Berg durchhöhlen.Durchhöhlen. Ich durchhöhle, durchhöhlt; in eben dieser Bedeutung, in der höhern Schreibart.


Durchhöhnen (W3) [Adelung]


Durchhöhnen, verb. reg. act. Ich höhne durch, durchgehöhnt. Jemandes Betragen durchhöhnen, es nach allen einzelnen Umständen verhöhnen. Daher die Durchhöhnung.


Durchjagen (W3) [Adelung]


Durchjagen, verb. reg. act.Durchjagen. Ich jage durch, durchgejagt; durch einen Ort jagen. Zünde ein Feuer an, und jage das Vieh durch. Ingleichen, auf der Jagd durch einen Ort ziehen. Hier darf man nicht durchjagen.Durchjagen. Ich durchjage, durchjagt; sich schnell durch einen Ort bewegen. Die das weite Meer durchjagt, Opitz. Ingleichen, in allen Theilen eines Raumes jagen. Den ganzen Wald durchjagen.


Durchirren (W3) [Adelung]


Durchirren, verb. reg. act. Ich durchirre, durchirrt; durch einen Ort irren, ihn durchreisen, in der höhern Schreibart. Warum durchirrt nach Gut und Geld Der Mensch die fernsten Meere? Weiße. Mein Gedanke durchirret das Vergangene. Ingleichen figürlich. Schlanke Kräuter durchirren das Gras mit zarten Ästen und mannigfaltigem Laube, Geßn.


Durchkäuen (W3) [Adelung]


Durchkäuen, verb. reg. act. Ich käue durch, durchgekäuet; alle Theile einer Speise käuen. Die Speise recht durchkäuen. Ingleichen figürlich. Ist an dem kleinen Gedanken noch wohl etwas Gesundes geblieben, nachdem er durchgekäuet worden? Dusch.


Durchklopfen (W3) [Adelung]


Durchklopfen, verb. reg. act. Ich klopfe durch, durchgeklopft. 1) Klopfend durch eine Öffnung treiben. Den Pflock durchklopfen. 2) Mit Klopfen durchbringen. Den Stockfisch gehörig durchklopfen. Ingleichen, im gemeinen Leben, für durchprügeln.


Durchkneten (W3) [Adelung]


Durchkneten, verb. reg. act. Ich knete durch, durchgeknetet; nach allen Theilen kneten. Den Teig gehörig durchkneten, bey den Bäckern, durchwirken. Geschiehet selbiges zum letzten Mahle, so heißet es durchknöbeln und ausstoßen.


Durchkommen (W3) [Adelung]


Durchkommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) welches das Hülfswort seyn erfordert; ich komme durch, durchgekommen. 1) Durch einen Ort kommen, d. i. mit Überwindung der Hindernisse durch denselben gelangen. Die Wege sind so böse, daß man nicht durchkommen kann. Das Wasser ist zu tief, sie werden nicht glücklich durchkommen. Ingleichen, aus einer Verlegenheit kommen. Mit der Entschuldigung wirst du nicht durchkommen.

Anm. Bey dem Kero lautet dieses Wort duruhqhuueman. Im gemeinen Leben lässet man kommen oft aus, und verbindet durch unmittelbar mit können, besonders in der eigentlichen Bedeutung. Ich kann nicht durch. Du wirst hier nicht durchkönnen, d. i. durchkommen können.


Durchkosten (W3) [Adelung]


Durchkosten, verb. reg. act. Ich koste durch, durchgekostet; eines nach dem andern kosten. Weinproben durchkosten.


Durchkränken (W3) [Adelung]


Durchkränken, verb. reg. act. Ich durchkränke, durchkränkt; sehr kränken, ein Zeitwort, welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Ich durchkränke mich im Herzen Mit den Schmerzen, Opitz. Es durchkränket mich im Herzen, Wenn ich dich muß lassen scherzen, ebend.


Durchkratzen (W3) [Adelung]


Durchkratzen, verb. reg. act. Ich kratze durch, durchgekratzet; wund kratzen. Die Haut durchkratzen. Sich durchkratzen.


Durchkreuzen (W3) [Adelung]


Durchkreuzen, verb. reg. act. Ich durchkreuze, durchkreuzt; kreuzweise durchschneiden. So durchkreuzen sich die Linien in der Wapenkunst und Mathematik, wenn sie sich in Gestalt eines Kreuzes durchschneiden. Figürlich, ohne einen gewissen Weg durchreisen, durchirren. Die See durchkreuzen. Und was denke man denn, wenn sich in einem Augenblicke tausend Gedanken durchkreuzen? Less. Oder wenn die schwarzen Zäune von Dornstauden die weiße Ebene durchkreuzen, Geßn.


Durchkriechen (W3) [Adelung]


Durchkriechen, verb. irreg. S. Kriechen.Durchkriechen. Ich krieche durch, durchgekrochen; ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, durch eine Öffnung kriechen. Das Loch ist zu klein, es kann keine Maus durchkriechen. Sie ist schon durchgekrochen.Durchkriechen. Ich durchkrieche, durchkrochen; ein Activum. Alle Winkel durchkriechen, in alle Winkel kriechen. Er hat alles durchkrochen, in einer niedrigen Figur, er hat alles durchsucht, alles durchgrübelt.


Durchlachen (W3) [Adelung]


Durchlachen, verb. reg. act. Ich durchlache, durchlacht; in der poetischen Schreibart, mit Lachen hinbringen. Die Zeit durchlachen, Zachar.


Durchlängen (W3) [Adelung]


Durchlängen, verb. reg. act. Ich länge durch, durchgelängt; im Bergbaue, der Länge nach durchhöhlen. Ein Feld mit Örtern durchlängen, nach vorliegenden Gängen arbeiten. So auch die Durchlängung.


Durchlaß (W3) [Adelung]


Der Durchlaß, des -sses, plur. die -lässe. 1) Die Handlung des Durchlassens, ohne Plural. Noch mehr aber, 2) verschiedene Maschinen, andere Körper durch dieselben laufen zu lassen, und sie dadurch entweder zu reinigen, oder auf andere Art zu bearbeiten. So wird im gemeinen Leben auch das schräge stehende Sieb, Getreide, Sand, Erde u. s. f. dadurch zu werfen, ein Durchlaß genannt. In den Pochwerken ist der Durchlaß ein länglicher Kasten, der oben ein Gefälle hat, das Erz in demselben zu saubern, ingleichen das Grobe von dem Kleinen zu scheiden. In den Münzen ist es eine Maschine, die Silberzaine dünner zu walzen, welches auch das Streckwerk genannt wird.


Durchlassen (W3) [Adelung]


Durchlassen, verb. irreg. act. ( S. Lassen,) Ich lasse durch, durchgelassen; durch gehen lassen, durchlaufen lassen, durchfließen lassen. 1) So fern lassen bloß verstatten bedeutet. Das Thor war verschlossen, und man wollte uns nicht durchlassen. Hier wird niemand durchgelassen. Leder läßt keine Feuchtigkeit durch, d. i. durchfließen. 2) So fern lassen eine mehrere Thätigkeit mit einschließet. Erze durchlassen, in den Schmelzhütten, sie durch den Ofen gehen lassen, d. i. sie ausschmelzen. Auf ähnliche Art sagt schon Opitz:Vor alles Gold, so fein und durchgelassen, Ps. 119, V. 64; obgleich dieses Zeitwort von dem Golde nicht gebräuchlich ist. Getreide, Sand durchlassen, es durch den Durchlaß werfen, um es zu reinigen. Silberzaine durchlassen, in den Münzen, sie in dem Durchlaß dünner walzen. So auch die Durchlassung.


Durchlaucht (W3) [Adelung]


Durchlaucht, das Abstractum des folgenden Adjectives, welches von chur- und fürstlichen Personen ohne Artikel gebraucht wird. Se. Churfürstliche Durchlaucht haben befohlen u. s. f. oder des Churfürsten von Baiern Durchlaucht haben befohlen u. s. f. Ew. Herzogliche Durchlaucht geruhen u. s. f. Ihre Durchlaucht, die Herzoginn. Von mehrern durchlauchtigen Personen gebraucht man auch den Plural, Durchlauchten. Der Herzoge von Sachsen Durchlauchten. Ihre Durchlauchten die Herzoge von Sachsen. Im Oberdeutschen ist statt dieses Wortes auch Durchlauchtigkeit üblich, welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich klinget, ob es gleich manchen Hochdeutschen Kanzelleyen so fremd eben nicht ist.


Durchlauchtig (W3) [Adelung]


Durchlauchtig, adj. 1) * Glänzend einen durchdringenden Glanz habend; welche Bedeutung aber längst veraltet ist. Owe suesser mund durlühtig rot, Gottfr. v. Nisen.Ir durlühtig rotermund, Markgr. Otto v. Brandenb. 2) * Berühmt, eine gleichfalls veraltete Bedeutung. Dieß durchlauchtigost Werk der ganczen heyligen geschrifft genandt die Bibel, u. s. f. heißt es noch in der Nachschrift zweyer zwischen den Jahren 1470 und 1477 zu Augsburg gedruckten Deutschen Bibeln. 3) Gegenwärtig ist dieses Wort nur noch ein Ehrentitel fürstlicher Personen, welchen sie sowohl von höhern, als auch von ihres Gleichen und niedrigern Personen erhalten. Der Durchlauchtige oder Durchlauchtigste Fürst. Durchlauchtigster Her-zog. Durchlauchtigste Churfürstinn. Die Durchlauchtigsten Prinzen.Unterthanen und Privatpersonen gebrauchen das Adjectiv Durchlauchtig nur noch gegen neufürstliche Personen, obgleich auch diese, wenigstens von ihren Unterthanen, gemeiniglich den Superlativ Durchlauchtigst bekommen. Churfürsten, Herzoge und altfürstliche Personen werden von Geringern jederzeit im Superlativo, Könige und Kaiser aber mit Allerdurchlauchtigst angeredet.Was den Gebrauch dieses Titels von Höhern gegen Fürsten, und von diesen gegen einander selbst betrifft, so ist derselbe in dem Deutschen Reiche größten Theils durch Verträge oder durch das Herkommen festgesetzet. Der Kaiser, die Könige Europens, und die Churfürsten geben den meisten Reichsfürsten den Titel Durchlauchtig; nur der König von Preußen nennt die alten Fürsten kraft eines besondern Vertrages Durchlauchtigst. Die neuen Fürsten erhalten von den altfürstlichen Häusern gleichfalls nur den Titel Durchlauchtig.Den Superlativ Durchlauchtigst geben der Kaiser, die Churfürsten, und einige alte Fürsten den Königen; die Könige, und seit der Capitulation von 1711 auch der Kaiser, den weltlichen Churfürsten, ingleichen denjenigen geistlichen Churfürsten und Fürsten, welche geborne Fürsten sind. Die Reichsfürsten unter, sich geben sich diesen Titel gleichfalls.In der ehrerbiethigen Schreibart werden Durchlauchtig und Durchlauchtigst zuweilen für fürstlich gebraucht. Es waren bey dieser Feyerlichkeit viele durchlauchtige Personen zugegen. Durchlauchtig für durchsichtig, ein durchlauchtiges Haus, ist ein niedriger Scherz.

Anm. Dieser Titel ist nach dem Muster des Latein. Illustris und Illustrissimus gebildet, der so wie der Deutsche ehedem ein Beywort der Kaiser und Könige war; dagegen Fürsten nur Hochgeborne hießen. Erst 1659 geboth der Herzog von Meklenburg-Schwerin seinen Unterthanen, ihn nicht mehr Hochgeboren, sondern Durchlauchtigst zu nennen. Ehe Durchlauchtig und Durchlaucht durch den Gebrauch mit Ausschließung anderer Ausdrücke eingeführet wurden, waren dafür auch klar und lauter, und im Abstracto Klarheit und Lauterkeit üblich, nach dem Muster des Lat. Serenus, Serenissimus und Serenitas. So wird in der im Jahre 1384 unterzeichneten Vorrede des Deutschen Nationale Erzherzog Albert III. von Österreich von dem Verfasser Ewr Clarhait und Ewr Lauterchait angeredet. S. auch Erlaucht. Durchläuchtig und Durchleuchtig kommen zwar der Abstammung von durchleuchten näher, sind auch in einigen Gegenden wirklich üblich; allein in den Kanzelleyen und in den meisten Hochdeutschen Schriften hat doch die alte Oberdeutsche Form noch immer den Vorzug behalten.


Durchlauchtigkeit (W3) [Adelung]


Durchlauchtigkeit, S. Durchlaucht.


Durchlauf (W3) [Adelung]


Der Durchlauf, des -es, plur. die -läufe. 1) Der Zustand, da ein Körper, besonders ein flüssiger Körper, durch einen Ort, durch eine Öffnung läuft; ohne Plural. Besonders diejenige Krankheit, welche auch der Durchfall genannt wird; S. dieses Wort. Im gemeinen Leben beleget man zuweilen auch die gefährlicheren Arten derselben, dergleichen die Ruhr ist, mit diesem Nahmen. Schon 1479 wird in Oberdeutschland Rür durch Durchlauf erkläret. In Niedersachsen heißt der Durchlauf Loop, Lauf, böse Flete, böser Fluß, und im Scherze schnelle Katherine, 2) Zuweilen auch der Ort, durch welchen ein Körper läuft.


Durchlaufen (W3) [Adelung]


Durchlaufen, verb. irreg. S. Laufen.Durchlaufen, ich laufe durch, durchgelaufen. Es ist, 1. ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, durch einen Ort laufen. Er hielt sich nicht auf, er lief nur durch. Das Wasser läuft unter der Brücke durch. 2. Ein Activum. 1) Durch vieles Laufen zerreißen. Er hat die Schuhe ganz durchgelaufen. 2) Von einem Ende bis zum andern laufen. Er liefe wohl die ganze Welt durch. Ingleichen figürlich, flüchtig in Gedanken nach allen einzelnen Theilen betrachten. Ein Buch, eine Rechnung durchlaufen, flüchtig durchlesen.Durchlaufen. Ich durchlaufe, durchlaufen; ein Activum, welches der höhern Schreibart eigen ist. 1) Von einem Ende bis zum andern laufen. Auf den Befehl ihres Schöpfers durchlaufen die Himmelskörper die ihnen bestimmten Kreise. Ingleichen, 2) figürlich, mit flüchtigem Blicke betrachten. Dürre Reiser brannten vor ihm in hellen Flammen, indeß, daß er einsam ins Gras gestrecket, mit irrenden Blicken den Himmel durchlief, Geßn. Ich kann mit meinen Gedanken alle Geschichten aller Jahrhunderte durchlaufen. Ohne das schwarze Register meiner Beleidigungen zu durchlaufen, Dusch. Aber, lauf einmahl dein Leben durch, wie eben derselbe an einem andern Orte sagt, für durchlauf einmahl dein Leben, ist für die edlere Schreibart zu niedrig. 3) Durch etwas laufen. Der Fluß durchläuft die Stadt. Erbeben durchlief die Natur. Der Schrecken, welcher mich mit kalter Angst durchläuft, Weiße.


Durchläutern (W3) [Adelung]


Durchläutern, verb. reg. act. Ich durchläutere, durchläutert; durch und durch läutern, in der höhern Schreibart. Die Rede des Herren ist lauter, wie durchläutert Silber, Ps. 12, 7. Gold, das mit Feuer durchläutert ist, Offenb. 3, 18.


Durchleben (W3) [Adelung]


Durchleben, verb. reg. act.Durchleben. Ich lebe durch, durchgelebt; lebend zurück legen. Wie glücklich sind wir, daß wir nach dem ordentlichen Laufe der Natur den größten Theil unserer Jahre schon durchgelebt haben! Raml. Gebeugt vom Schnee viel durchgelebter Jahre, Schleg. Durchleben. Ich durchlebe, durchlebt; in der vorigen Bedeutung, nur in der höhern Schreibart. Dieß ist der Tag, die Zier der Zeit, Wohlan, den lasset uns durchleben, Mit Lust und voller Fröhlichkeit, Opitz Ps. 118. Einsam in Zimmern, zufrieden mit sich, durchlebte sie Tage, Nicht vom Neide getrübt, Zachar.


Durchlesen (W3) [Adelung]


Durchlesen, verb. irreg. act. S. Lesen.Durchlesen. Ich lese durch, durchgelesen; von einem Ende bis zum andern lesen. Einen Brief, ein Buch durchlesen. Daher die Durchlesung.Durchlesen. Ich durchlese, durchlesen; wie das vorige, in der höhern Schreibart. Seufzend durchlas er den Brief.


Durchleuchten (W3) [Adelung]


Durchleuchten, verb. reg.Durchleuchten. Ich leuchte durch, durchgeleuchtet. 1) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, sein Licht durch etwas scheinen lassen, durchscheinen, doch nur in figürlicher Bedeutung, deutlich erkannt werden. Die Schmeicheley war zu plump, und die erkünstelte Miene leuchtete überall durch. Überall leuchten Eitelkeit und Selbstruhm durch. 2) Ein Activum, mit Vorhaltung des Lichtes durch einen Ort begleiten. Ich will sie durchleuchten, durch den Gang u. s. f.Durchleuchten. Ich durchleuchte, durchleuchtet; ein Activum, durch und durch erleuchten, alle Theile helle machen, in der höhern Schreibart. Diu minnekliche Min herzeuf durh liuhtet, Kristan von Hamle.


Durchleuchtig (W3) [Adelung]


Durchleuchtig, S. Durchlauchtig.


Durchliegen (W3) [Adelung]


Durchliegen, verb. irreg. act. ( S. Liegen,) Ich liege durch, durchgelegen; wund liegen, im gemeinen Leben. Der Kranke hat sich ganz durchgelegen.


Durchlochen (W3) [Adelung]


Durchlochen, verb. reg. act. Ich loche durch, durchgelochet; bey den Eisen- und Metallarbeitern, mit einem Eisen ein Loch durch ein Metall schlagen, im Gegensatze des Durchbohrens. Daher die Durchlochung.


Durchlöchern (W3) [Adelung]


Durchlöchern, verb. reg. act. Ich durchlöchere, durchlöchert; mit Löchern versehen, so wohl eigentlich, als figürlich. Ein Blech, ein Bret durchlöchern. Die Kleider sind schon ganz durchlöchert, zerrissen. Der ewige Friede ist längst durchlöchert worden.


Durchlügen (W3) [Adelung]


Durchlügen, verb. irreg. act. S. Lügen. Ich lüge durch, durchgelogen; mit Lügen forthelfen. Er wird sich schon durchlügen. Er hat sich glücklich durchgelogen.


Durchmarsch (W3) [Adelung]


Der Durchmarsch, des -es, plur. die -märsche, der Marsch durch einen Ort. Viele Durchmärsche haben, wenn Truppen zu vielen Mahlen durch einen Ort marschiren. S. Marsch.


Durchmarschiren (W3) [Adelung]


Durchmarschiren, verb. reg. neutr. mit seyn, durch einen Ort marschiren. Die Truppen bleiben nicht liegen, sie marschiren nur durch.


Durchmengen (W3) [Adelung]


Durchmengen, verb. reg. act.Durchmengen. Ich menge durch, durchgemengt; alle Theile eines Körpers gehörig mengen. Das Mehl wohl durchmengen. Daher die Durchmengung.Durchmengen. Ich durchmenge, durchmengt; vermengen, in der höhern Schreibart. Mit wie vielen Bitterkeiten ist nicht unser Leben durchmengt!


Durchmischen (W3) [Adelung]


Durchmischen, verb. reg. act.Durchmischen. Ich mische durch, durchgemischt; wie durchmengen. Daher die Durchmischung.Durchmischen. Ich durchmische, durchmischt; wie durchmengen, in der höhern Schreibart.


Durchmüssen (W3) [Adelung]


Durchmüssen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, nur im gemeinen Leben üblich ist, und alle Mahl ein anders ausgelassenes Verbum voraus setzt. Der Fluß ist zwar tief, allein ich muß doch durch, durchfahren, durchreiten u. s. f. Der Pflock ist zwar ein wenig dick, allein er muß doch durch.


Durchmustern (W3) [Adelung]


Durchmustern, verb. reg. act. Ich mustere durch, durchgemustert; im gemeinen Leben, stückweise betrachten, genau untersuchen. Zeuge, Früchte u. s. f. durchmustern. Er muß alle Leute durchmustern, sich über alle Leute aufhalten. Daher die Durchmusterung. S. Mustern.


Durchnagen (W3) [Adelung]


Durchnagen, verb. reg. act.Durchnagen. Ich nage durch, durchgenagt; entzwey nagen. Die Mäuse haben die Schnur durchgenagt.Durchnagen. Ich durchnage, durchnagt; wie das vorige, in der höhern Schreibart. Zerstörte Schlösser durchnagt vom Zahn der Fäulniß, Kleist.


Durchnähen (W3) [Adelung]


Durchnähen, verb. reg. act. Ich durchnähe, durchnäht; durch und durch benähen. Ein durchnäheter Rock. Die Absätze weiß durchnähen, bey den Schustern, weiches bey den weiblichen Schuhen abdoppeln heißt.


Durchnässen (W3) [Adelung]


Durchnässen, verb. reg. act.Durchnässen. Ich nässe durch, durchgenässet; durchaus naß machen. Ich bin ganz durchgenässet.Durchnässen. Ich durchnässe, durchnässet; wie das vorige, in der edlern Sprechart. Wir sind ganz durchnässet.


Durchnetzen (W3) [Adelung]


Durchnetzen, und durchnetzen, verb. reg. act. welche wie das vorige gebraucht werden. S. Nässen und Netzen.


Durchpassiren (W3) [Adelung]


Durchpassiren, verb. reg. neutr. mit seyn, welches nur im gemeinen Leben üblich ist, durch einen Ort kommen, gehen oder reisen. S. Passiren.


Durchpflügen (W3) [Adelung]


Durchpflügen, verb. reg. act.Durchpflügen. Ich pflüge durch, durchgepflügt; durch etwas pflügen; ingleichen alle Theile eines Ackers mit dem Pfluge gehörig bearbeiten.Durchpflügen. Ich durchpflüge, durchpflügt; in der höhern Schreibart, figürlich. Die Wellen durchpflügen, mühsam durch sie hin segeln. Sie durchpflügen die Winterwellen und ernten Verzweifelung ein.


Durchpressen (W3) [Adelung]


Durchpressen, verb. reg. act. Ich presse durch, durchgepreßt; vermittelst der Presse durch einen andern Körper treiben. Gekochten Honig durchpressen, durch den Beutel. Daher die Durchpressung.


Durchprügeln (W3) [Adelung]


Durchprügeln, verb. reg. act. Ich prügele durch, durchgeprügelt; derb prügeln. Jemanden durchprügeln.


Durchrädern (W3) [Adelung]


Durchrädern, verb. reg. act. Ich rädere durch, durchgerädert; durch den Räder, d. i. ein stehendes Sieb, laufen lassen, um es zu reinigen, durchsieben. Sand, Getreide durchrädern. In einigen Mundarten durchräutern. S. Rädern.


Durchräuchern (W3) [Adelung]


Durchräuchern, verb. reg. act.Durchräuchern. Ich räuchere durch, durchgeräuchert; durch und durch beräuchern. Ein Zimmer durchräuchern. Die Schinken sind nicht durchgeräuchert, nicht überall von dem Rauche durchdrungen.Durchräuchern. Ich durchräuchere, durchräuchert; wie das vorige, in der edlern Schreibart.


Durchrauschen (W3) [Adelung]


Durchrauschen, verb. reg. act. Ich durchrausche, durchrauscht; in der dichterischen Schreibart, mit seinem Geräusche durchdringen, sich rauschend durch einen Körper bewegen. Welch ein heiliger Schauer durchrauscht den Wipfel der Ceder! Schleg. Aber: Sonst rauscht ein fröhlicher Ton, wie er in Opern entzückt, Die Saiten durch, Zachar. für durchrauscht, ist wider die Natur dieser Zeitwörter.


Durchrechnen (W3) [Adelung]


Durchrechnen, verb. reg. act.Durchrechnen. Ich rechne durch, durchgerechnet; von Anfang bis zu Ende berechnen. Ein aufgegebenes Exempel durchrechnen.Durchrechnen. Ich durchrechne, durchrechnet; nach allen Theilen berechnen, in der edlern Schreibart. Sein Geld durchrechnen. Ingleichen, rechnend zubringen. Lange Tage traurig durchrechnen.


Durchregnen (W3) [Adelung]


Durchregnen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur unpersönlich gebraucht wird. Es regnet durch, durchgeregnet; durchdringen, von dem Regen. Das Dach ist baufällig, daher regnet es durch. Das Dach ist fest, es kann nicht durchregnen.


Durchreiben (W3) [Adelung]


Durchreiben, verb. irreg. act. ( S. Reiben,) Ich reibe durch, durchgerieben; reibend durch einen andern Körper bringen. Ingleichen wund reiben. Er hat sich die Hände durchgerieben.


Durchreichen (W3) [Adelung]


Durchreichen, verb. reg. Ich reiche durch, durchgereicht. Es ist, 1) ein Activum, durch eine Öffnung reichen, d. i. lan-gen. Jemanden etwas durchreichen, durch das Fenster u. s. f. Daher die Durchreichung. 2) Ein Neutrum, mit haben, lang genug seyn, um durch eine Öffnung zu reichen. Der Strick ist zu kurz, er reicht nicht durch.


Durchreise (W3) [Adelung]


Die Durchreise, plur. die -n, die Reise durch eine Ort. Ich hoffe ihn bey meiner Durchreise zu sprechen.


Durchreisen (W3) [Adelung]


Durchreisen, verb. reg.Durchreisen. Ich reise durch, durchgereiset; ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, durch einen Ort reisen. Wir halten uns nicht auf, wir reisen nur durch.Durchreisen. Ich durchreise, durchreiset; ein Activum, von Anfang bis zu Ende eines Ortes oder Landes reisen. Er hat viele Länder durchreiset. Wir haben schon ganz Deutschland durchreiset.


Durchreißen (W3) [Adelung]


Durchreißen, verb. irreg. S. Reißen.Durchreißen. Ich reiße durch, durchgerissen. Es ist, 1) ein Activum, von einem Ende bis zum andern zerreißen. Ein Stück Zeuges, ein Blatt Papier durchreißen. 2) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, durchgerissen werden. Es hält nicht, es reißt durch.Durchreißen. Ich durchreiße, durchrissen; wie das vorige Activum, in der edlern Schreibart.


Durchreiten (W3) [Adelung]


Durchreiten, verb. irreg. S. Reiten.Durchreiten. Ich reite durch, durchgeritten. 1) Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, durch eine Ort reiten. Das Wasser ist zu tief, man kann nicht durchreiten. Wir sind dennoch durchgeritten. Ich bleibe nicht hier, ich reite nur durch. 2) Ein Activum, wund reiten. Er hat sich durchgeritten. Ein Pferd durchreiten.Durchreiten. Ich durchreite, durchritten; ein Activum, von einem Ende bis zum andern reiten. Eine Stadt, die ganze Gegend durchreiten. Von den Motten durchrittene Bücher.


Durchrennen (W3) [Adelung]


Durchrennen, verb. reg. et irreg. S. Rennen.Durchrennen. Ich renne durch, durchgerennet und durchgerannt. 1. Ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation und dem Hülfsworte seyn, durch einen Ort rennen. Er rannte sehr geschwinde durch, durch das Zimmer. 2. Ein Activum, schon häufig mit regulärer Conjugation. 1) Jemanden durchrennen, ihn rennend durchstechen. Er wurde mit dem Spieße durchgerennet. 2) Von einem Ende bis zum andern rennen. Ich habe die ganze Stadt nach ihm durchgerennet; nicht, wie es bey Lessing heißt: ich bin bereits die ganze Stadt nach ihm durchgerannt. Denn wenn sich gleich die irreguläre Conjugation vertheidigen ließe, so findet doch hier das Hülfswort seyn nicht Statt, weil der beygefügte Accusativ die active Bedeutung zur Genüge anzeiget.Durchrennen. Ich durchrenne, durchrennet; ein Activum, mit regulärer Conjugation, von Anfang bis zu Ende eines Ortes rennen, in der höhern Schreibart. Vergebens haben wir die ganze Stadt durchrennet.


Durchrieseln (W3) [Adelung]


Durchrieseln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich riesele durch, durchgerieselt; rieselnd durchfallen. Der Sand rieselt durch, durch die Spalte. In einigen Gegenden ist dafür durchröhren üblich. S. Röhren.


Durchrinnen (W3) [Adelung]


Durchrinnen, verb. irreg. neutr. ( S. Rinnen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich rinne durch, durchgeronnen, durch eine Öffnung rinnen. Das Wasser rinnet durch. Das Gefäß ist dicht, es kann nichts durchrinnen.


Durchröhren (W3) [Adelung]


Durchröhren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, S. Durchrieseln.


Durchröschen (W3) [Adelung]


Durchröschen, verb. reg. act. Ich rösche durch, durchgeröschet; im Bergbaue, mit Stöllen und Röschen durchfahren. Ein Gebirge durchröschen. S. Rösche.


Durchrühren (W3) [Adelung]


Durchrühren, verb. reg. act. Ich rühre durch, durchgerühret; alle Theile einer Sache durch einander rühren. Das Mehl durchrühren.


Durchrütteln (W3) [Adelung]


Durchrütteln, verb. reg. act. Ich rüttele durch, durchgerüttelt; alle Theile einer Sache rütteln. Das Stroh wohl durchrütteln.


Durchsäen (W3) [Adelung]


Durchsäen, verb. reg. act. Ich durchsäe, durchsäet; in der dichterischen Schreibart, durchaus besäen. Der die blauen Gefilde Mit Sonnen und Erden durchsät, Kleist.


Durchsägen (W3) [Adelung]


Durchsägen, verb. reg. act.Durchsägen. Ich säge durch, durchgesägt; mit der Säge völlig trennen. Ein Bret durchsägen. Säge es vollends durch.Durchsägen. Ich durchsäge, durchsägt; wie das vorige, in der edlern Schreibart.


Durchsalzen (W3) [Adelung]


Durchsalzen, verb. reg. act. ( S. Salzen,) Ich salze durch, durchgesalzen; mit Salze durchdringen. Das Fleisch ist nicht recht durchgesalzen.


Durchsäuern (W3) [Adelung]


Durchsäuern, verb. reg.Durchsäuern. Ich säuere durch, durchgesäuert. 1) Ein Activum, durchaus sauer machen. Das Brot ist nicht recht durchgesäuert. 2) Ein Neutrum, mit haben, durchaus von der Säure durchdrungen werden, welches aber wenig gebraucht wird. Und lässet den Teig durchsäuern und aufgehen, Hos. 7, 4.Durchsäuern. Ich durchsäuere, durchsäuert; wie das vorige Activum. Bis daß er (der Teig) gar durchsäuert ward, Matth. 13, 33.


Durchschaben (W3) [Adelung]


Durchschaben, verb. reg. act. Ich schabe durch, durchgeschabt; einen Körper mit Schaben durchdringen.


Durchschallen (W3) [Adelung]


Durchschallen, verb. reg.Durchschallen. Ich schalle durch, durchgeschallt; mit seinem Schalle durchdringen, als ein Neutrum, mit haben. Der Lärm ist zu groß, die Musik kann nicht durchschallen.Durchschallen. Ich durchschalle, durchschallt; durch alle Theile schallen, als ein Activum, in der höhern Schreibart. Die Musik durchschallt den prächtigen Saal.


Durchschauen (W3) [Adelung]


Durchschauen, verb. reg.Durchschauen. Ich schaue durch, durchgeschauet. 1) Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, aber größten Theils Oberdeutsch ist, durch eine Öffnung schauen. Das Fenster ist offen, schaue durch. Wer aber durchschauet in das vollkommene Gesetz der Freyheit, Jac. 1, 25. 2) Ein Activum, stückweise beschauen, auch nur im Oberdeutschen, durchsehen.Durchschauen. Ich durchschaue, durchschauet; ein Activum, in der höhern Schreibart, stückweise betrachten. Durchschaue die weite Natur bis in die Ordnung der Planeten, Dusch. Ingleichen, mit scharfem Blicke durchdringen. Da wir die Reihe der Zeiten durchschauen, Klopst. Nur er und der Vater durchschauten den Inhalt, ebend. In Wäldern, die kein Tag durchschaut, Weiße.


Durchschauern (W3) [Adelung]


Durchschauern, verb. reg. act. Ich durchschauere, durchschauert; in Gestalt eines Schauers durchdringen, in der höhern Schreibart. Ein heftiger Frost durchschauerte seine Gebeine. Ein majestätisches Entzücken durchschauert es, (mein Herz,) Weiße. Als wenn das Schrecken nie ihr Blut durchschauert hätte, Zachar.


Durchscheinen (W3) [Adelung]


Durchscheinen, verb. irreg. S. Scheinen.Durchscheinen. Ich scheine durch, durchgeschienen; ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, mit seinem Scheine durchdringen. Der Nebel ist zu dick, die Sonne kann nicht durchscheinen. Durchscheinend wird auch von solchen Körpern gebraucht, welche einige Lichtstrahlen; obgleich nicht alle, durchlassen, zum Unterschiede von durchsichtig. Feines Porzellan, dünn gearbeitetes Horn ist durchscheinend. Oft stehet es auch für durchsichtig. Ein durchscheinendes Glas, Offenb. 21, 21.Durchscheinen. Ich durchscheine, durchschienen; ein Activum, mit seinem Scheine durchdringen, erfüllen, in der dichterischen Schreibart. Sein Blitz durchscheint das Feld, Opitz. Der Gott, so von der Himmels Bahn Mit seiner Strahlen Kraft die ganze Welt durchscheint, Opitz.


Durchscherzen (W3) [Adelung]


Durchscherzen, verb. reg. act. Ich durchscherze, durchscherzt; mit Scherz hinbringen, in der poetischen Schreibart. Bis nach durchscherzter Nacht, Uz.


Durchschieben (W3) [Adelung]


Durchschieben, verb. irreg. act. ( S. Schieben,) Ich schiebe durch, durchgeschoben; durch eine Öffnung schieben. Wenn man durchschiebt, fallen keine Regel.


Durchschießen (W3) [Adelung]


Durchschießen, verb. irreg. act. S. Schießen.Durchschießen. Ich schieße durch, durchgeschossen. 1) Mit einem Schusse durchdringen. Das Bret ist zu dick, du wirst nicht durchschießen. 2) Wurfweise durchzählen. Sein Geld durchschießen. Zwey Stunden waren fast verflossen, Daß Veit sein schönes Geld nicht Ein Mahl durchgeschossen, Bernh. Durchschießen. Ich durchschieße, durchschossen. 1) Mit einem Schusse durchdringen, in der höhern Schreibart. Der eherne Bogen durchschießt ihn rückwärts, Hiob 20, 24, nach Michaelis Übersetzung. 2) Ein Buch durchschießen, mit Papier durchschießen, zwischen jeden zwey Blättern eines Buches ein weißes Blatt Papier häften.


Durchschiffen (W3) [Adelung]


Durchschiffen, verb. reg.Durchschiffen. Ich schiffe durch, durchgeschifft. 1) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, durch etwas schiffen, obgleich selten. 2) Ein Activum, von einem Ende zum andern schiffen. Er hat schon viele weite Meere durchgeschifft.Durchschiffen. Ich durchschiffe, durchschifft; in der letzten Bedeutung der vorigen Form, in der höhern Schreibart. Und du, o göttliche Tugend, durch dich nur können wir freudig. Das Meer des Lebens durchschiffen, Kleist.


Durchschimmern (W3) [Adelung]


Durchschimmern, verb. reg.Durchschimmern, ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert. Ich schimmere durch, durchgeschimmert; mit seinem Schimmer durchdringen. Die Sonne schimmert durch die Wolken durch.Durchschimmern. Ich durchschimmere, durchschimmert; ein Activum, wie das vorige, in der poetischen Schreibart. Der Blitz durchschimmert die Wolken.


Durchschlafen (W3) [Adelung]


Durchschlafen, verb. irreg. act. ( S. Schlafen,) Ich durchschlafe, durchschlafen; mit Schlafen hinbringen, in der höhern Schreibart. Achill und Hannibal muß die Nacht des Todes durchschlafen, Kleist.


Durchschlag (W3) [Adelung]


Der Durchschlag, des -es, plur. die -schläge, von dem folgenden Verbo. 1) Die Handlung des Durchschlagens, in einigen wenigen Fällen des Verbi, auch hier vielleicht nur selten, und ohne Plural. Einen Durchschlag machen, einen Ort an einer Stelle durchschlagen, damit man durch die Öffnung in einen andern kommen könne; auch im Bergbaue. 2) Was durchgeschlagen wird, oder durchschlagen worden; auch nur in einigen Fällen. So wird diejenige Öffnung, welche durch Einschlagen einer Stelle in einem abgetheilten Orte gemacht wird, im gemeinen Leben ein Durchschlag genannt. Auf eben dieselbe Art ist in dem Bergbaue der Durchschlag die Öffnung, welche aus einem Orte oder Gebäude in den andern gemacht wird; in welcher Bedeutung das Latein. Dorslagus schon in einer Urkunde von 1208 in Spergs Tyrol. Bergwerksgeschichte vorkommt. Etwas mit offenen Durchschlägen beweisen, das Recht auf einen Gang durch Einschlagung in das Gebäude des jüngern Nachbars beweisen. In einigen Oberdeutschen Gegenden, wo durchschlagen als ein Neutrum für ausschlagen üblich ist, bedeutet Durchschlag auch den Ausschlag an der Haut, und die Durchschlechten Finnen an der Haut. 3) Ein Werkzeug, womit etwas durchgeschlagen wird. In diesem Verstande ist der Durchschlag bey den Zimmerleuten oft so viel als ein Stämmeisen, Löcher damit in und durch das Holz zu schlagen. Bey den Schmieden und Schlössern ist es ein spitziger eiserner Hammer, das Eisen vermittelst eines darauf gethanen Schlages damit zu durchlochen. Bey den Feuerwerkern führet diesen Nahmen ein spitziger Pfriemen, die Kunstfeuer damit zu öffnen. In etwas anderm Verstande hat man Durchschläge, gewisse Körper durch dieselben zu schlagen, um sie von gröbern Körpern abzusondern. In den Küchen ist der Durchschlag ein bekanntes blechernes rundes Werkzeug, mit einem durchlöcherten Boden, Wasser und andere Feuchtigkeiten dadurch von gröbern Körpern abzusondern; welches Werkzeug sonst auch ein Seiher, in Niedersachsen ein Stortvat, Stürzfaß, genannt wird. In den Pochwerken verstehet man unter Durchschlag oder Durchwurf ein von Draht geflochtenes Gitter, das gepochte Erz durch dasselbe zu rädern.


Durchschlagen (W3) [Adelung]


Durchschlagen, verb. irreg. S. Schlagen.Durchschlagen. Ich schlage durch, durchgeschlagen. Es ist, 1. ein Activum. 1) Vermittelst des Schlagens eine Öffnung durch etwas machen. Man muß die Wand hier durchschlagen, oder absolute, man muß hier durchschlagen. Eben so bedeutet im Bergbaue durchschlagen, in des Nachbars Gang durchgraben. 2) Durch ein Sieb oder andern Körper treiben, gröbere Theile von feinern abzusondern. Die Brühe mit gestoßenen Krebsen durchschlagen, sie vermittelst des Durchschlages von den gestoßenen Krebsen abseihen. Erbsen, Linsen durchschlagen, sie vermittelst eines Durchschlages, oder auch eines Siebes, von den Hülsen absondern. Flüssiges Wachs durch ein Tuch durchschlagen, durchpressen. Den Honig durchschlagen, ihn durch einen Beutel pressen. 3) Jemanden durchschlagen, im gemeinen Leben, ihn sehr schlagen. 4) Sich durchschlagen, sich durch Schlagen, d. i. Fechten, den Weg durch etwas öffnen. Das Regiment wurde von dem Feinde umringt, allein es schlug sich glücklich durch. Die Besatzung hat sich durchgeschlagen, durch die Belagerer. Bey den Jägern schlagen sich die Hirsche oder wilden Schweine durch, wenn sie durch Öffnung des Jagdzeuges entkommen. So auch die Durchschlagung, in den zwey ersten Bedeutungen. 2. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, durchdringen. Der Regen schlägt durch. Die Pillen haben durchgeschlagen, haben die verlangte Wirkung hervor gebracht. Die Tinte schlägt durch, dringt durch das Papier. Ingleichen, durchschlagen oder durchdringen lassen. Das Papier schlägt durch, läßt die Tinte durchdringen.Durchschlagen. Ich durchschlage, durchschlagen. 1) In der ersten Bedeutung des vorigen Activi, in der edlern Schreibart. Eine Wand durchschlagen. Zuweilen auch, 2) in dessendritter Bedeutung. Er ist ganz durchschlagen worden, von Schlägen ganz durchdrungen worden.


Durchschlägig (W3) [Adelung]


Durchschlägig, adj. et adv. welches nur im Bergbaue üblich ist. Durchschlägig werden, in eine andere Zeche durchschlagen, mit der Arbeit in eine fremde Zeche kommen. Ein durchschlägiger Gang, in welchem ein Durchschlag gemacht worden.


Durchschlängeln (W3) [Adelung]


Durchschlängeln, verb. reg. act. Ich durchschlängele, durchschlängelt; mit krummen Schlangenlinien sich durch etwas erstrecken, in der höhern Schreibart. Ein klarer Bach durchschlängelt die grasreiche Wiese.


Durchschleichen (W3) [Adelung]


Durchschleichen, verb. irreg. ( S. Schleichen,) Ich schleiche durch, durchgeschlichen. Es ist entweder als ein Neutrum üblich, mit dem Hülfsworte seyn, er ist durchgeschlichen; oder, und zwar am häufigsten, als ein Reciprocum, er hat sich durchgeschlichen, er ist schleichend durchgekommen. Der Dieb wurde von der Wache umringt, allein er schlich sich durch.


Durchschleifen (W3) [Adelung]


1. Durchschleifen, verb. irreg. act. ( S. Schleifen,) Ich schleife durch, durchgeschliffen; durch vieles Schleifen durchlöchern. Das Glas, das Messer ist auf einer Stelle beynahe durchgeschliffen.


Durchschleifen (W3) [Adelung]


2. Durchschleifen, verb. reg. act. Ich schleife durch, durchgeschleifet; auf einer Schleife durch einen Ort führen. Waaren durchschleifen. In Niedersachsen, wo durchschleifen für durchschleichen active gebraucht wird, ist Durchschleifer ein Schiffer, der verbothene Waaren heimlich in einen Ort bringet.


Durchschliefen (W3) [Adelung]


Durchschliefen, verb. irreg. ( S. Schliefen,) welches im Oberdeutschen am üblichsten ist.Durchschliefen. Ich schliefe durch, durchgeschloffen; ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn bekommt, durchkriechen. durchschlüpfen. Das Loch ist zu klein, es kann niemand durchschliefen. Die Schale des Eyes ist zu hart, das Küchlein kann nicht durchschliefen.Durchschliefen. Ich durchschliefe, durchschloffen; wie das vorige, in der thätigen Bedeutung. Er hat alle Löcher durchschloffen.


Durchschlüpfen (W3) [Adelung]


Durchschlüpfen, verb. reg.Durchschlüpfen. Ich schlüpfe durch, durchgeschlüpft; ein Neutrum, welches das Intensivum des vorigen ist, im Hochdeutschen statt dessen gebraucht wird, und gleichfalls das Hülfswort seyn bekommt. Das Loch war zwar klein, allein er schlüpfte dennoch durch.Durchschlüpfen. Ich durchschlüpfe, durchschlüpft; wie durchschliefen. Alle Löcher durchschlüpfen. So oft ein Eidechs die Stauden durchschlüpft, Gieseke. Dort rauscht das frische Laub, durchschlüpft vom jungen Winde, Im heilig stolzen Hain, Cron.


Durchschmettern (W3) [Adelung]


Durchschmettern, verb. reg. act. Ich durchschmettere, durchschmettert; mit schmetterndem Tone durchdringen, in der höhern Schreibart. Der Kriegsposaune Donnerstimme Durchschmetterte die Luft noch nicht, Cron.


Durchschneiden (W3) [Adelung]


Durchschneiden, verb. irreg. act. S. Schneiden.Durchschneiden. Ich schneide durch, durchgeschnitten. 1) Von einander schneiden. Durch den Zeug durchschneiden. Ein Stück Zeug ganz durchschneiden. Hier muß man durchschneiden. 2) Sich durchschneiden, sich durch Schneiden eine Öffnung durch einen Ort bahnen. So schneiden sich bey den Jägern die Wölfe und Luchse durch, wenn sie Öffnungen in den Jagdzeug beißen, und durch dieselben entkommen.Durchschneiden. Ich durchschneide, durchschnitten; wie das vorige, in der ersten Bedeutung und anständigern Schreibart. Ein Blatt Papier durchschneiden. Ingleichen figürlich, in zwey Theile theilen, auch von Linien. Die Linie durchschneiden den Triangel. Ein durchschnittener Schild, in der Wapenkunst, wenn er von einer Diagonal-Linie in zwey Theile getheilet wird. Die Luft durchschneiden, poetisch für fliegen. O schnitten wir mit gleichem Fluge Die Lüfte durch, zur Ewigkeit! Less. richtiger: durchschnitten wir u. s. f.


Durchschnitt (W3) [Adelung]


Der Durchschnitt, des -es, plur. die -e, das Hauptwort des vorigen. 1) Die Handlung des Durchschneidens, in der ersten Bedeutung, und ohne Plural. Der Durchschnitt eines Stückes Zeug, eines Bogens Papier u. s. f. Ingleichen figürlich, die Handlung des Theilens, die Theilung. So wird z. B. in der Rechenkunst ein Durchschnitt gefunden, wenn man alle gegebene Zahlen addiret, und die Summe durch eine Anzahl dieser Zahlen dividiret. Im Durchschnitte, bedeutet daher so viel, als eine in das andere gerechnet. 2) Was durchgeschnitten worden, die Stelle, wo solches geschehen, und die dadurch gemachte Öffnung. Der Durchschnitt eines Dammes, wo er durchgegraben worden. In der Baukunst ist der Durchschnitt ein Riß, der ein von oben gleichsam gespaltenes Gebäude mit seinen inwendigen Gemächern vorstellet; ein Profil. 3) Ein Werkzeug, etwas durchzuschneiden. So ist der Durchschnitt in den Münzen eine Maschine, die Zaine durchzuschneiden.


Durchschneien (W3) [Adelung]


Durchschneien, verb. reg. welches nur unpersönlich üblich ist. Es schneiet durch, es hat durchgeschneiet, der Schnee dringet durch, ist durchgedrungen.


Durchschreyen (W3) [Adelung]


Durchschreyen, verb. irreg. neutr. ( S. Schreyen,) welches das Hülfswort haben erfordert. Ich schreye durch, durchgeschrien; mit seinem Geschreye durchdringen. Das Getöse war zu stark, man konnte nicht durchschreyen.


Durchschütteln (W3) [Adelung]


Durchschütteln, verb. reg. act. Ich schüttele durch, durchgeschüttelt; allen Theilen nach schütteln. Das Stroh recht durchschütteln, im gemeinen Leben.


Durchschwimmen (W3) [Adelung]


Durchschwimmen, verb. irreg. S. Schwimmen.Durchschwimmen. Ich schwimme durch, durchgeschwommen; ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, durch einen flüssigen Körper schwimmen. Das Wasser ist nicht so gefährlich, man kann sicher durchschwimmen. Die Pferde sind durchgeschwommen.Durchschwimmen. Ich durchschwimme, durchschwommen; ein Activum, welches nur in der höhern Schreibart gebraucht wird. Die See durchschwimmen, Gell.


Durchsegeln (W3) [Adelung]


Durchsegeln, verb. reg.Durchsegeln. Ich segele durch, durchgesegelt; ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, durch ein Gewässer segeln, welches aber wenig gebraucht wird.Durchsegeln. Ich durchsegele, durchsegelt; ein Activum, in der vorigen Bedeutung, und dichterischen Schreibart. Entlegene Meere durchsegeln. Die Lüfte durchsegeln, für durch fliegen, Zachar.


Durchsehen (W3) [Adelung]


Durchsehen, verb. irreg. S. Sehen.Durchsehen. Ich sehe durch, durchgesehen. Es ist, 1. ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert; durch eine Öffnung, oder durch einen durchsichtigen Körper sehen. Das Glas ist zu trübe, die Luft ist zu dick, man kann nicht durchsehen. 2. Ein Activum. 1) Mit dem Gesichte durchdringen. Er stehet mich so scharf an, als wenn er mich durchsehen wollte. 2) Stückweise oder nach allen Theilen besehen. Die Soldaten durchsehen. Wir wollen die Rechnung ein wenig durchsehen. Wir haben alles durchgesehen, aber nichts gefunden.Durchsehen. Ich durchsehe, durchsehen; mit scharfem Blicke durchdringen, in der höhern Schreibart. Den ganzen Inbegriff der Wahrheit durchzusehen, Dusch; wo es aber richtiger zu durchsehen heißen würde.


Durchseihen (W3) [Adelung]


Durchseihen, verb. reg. act. Ich seihe durch, durchgeseihet; durch den Seiher laufen lassen. Milch, eine Brühe durchseihen. Daher die Durchseihung; ingleichen der Durchseiher, in einigen Gegenden, ein Werkzeug, flüssige Körper durchzuseihen, ein Durchschlag.


Durchsenken (W3) [Adelung]


Durchsenken, S. Durchsinken 2.


Durchsetzen (W3) [Adelung]


Durchsetzen, verb. reg. act.Durchsetzen. Ich setze durch, durchgesetzet. 1) Eine Sache durchsetzen, figürlich, seine Absicht bey derselben, ungeachtet aller Hindernisse, erreichen. Was kann man nicht durchsetzen, wenn man schlechterdings will! 2) Durchlaufen lassen. Gepochtes Erz durchsetzen, im Bergbaue, es durchsieben, durchschlagen. In einem etwas andern Verstande bedeutet Erz durchsetzen, es durch den Ofen gehen lassen, d. i. es ausschmelzen. 3) Durchsetzen, von den Pferden gebraucht, bedeutet muthig durch etwas gehen. Der Fluß war tief, der Morast war breit, aber das Pferd setze dennoch durch. So auch figürlich von dem Reiter. Es war ein Fluß dazwischen, aber die Cavallerie setzte herzhaft durch.Durchsetzen. Ich durchsetzt. Eine Steinart heißt im Bergbaue mit einem andern Mineral oder Erze durchsetzt, wenn eine oder mehrere aufgelösete Bergarten unterbrochen, und ohne bestimmte Figur durch dieselbe gehen.


Durchseufzen (W3) [Adelung]


Durchseufzen, verb. reg. act. Ich durchseufze, durchseufzt; mit Seufzen zubringen, in der höhern Schreibart. In ängstlich durchseufzten Mitternächten. Ich war schon bereit, mein Leben einsam und traurig durchzuseufzen, Cron. besser: zu durchseufzen.


Durchsicht (W3) [Adelung]


Die Durchsicht, plur. car. von dem Verbo durchsehen. 1) Das Sehen durch eine Öffnung, oder durch einen Ort. Einem die Durchsicht hindern, oder benehmen. 2) Die Besichtigung, Beurtheilung. Einem ein Buch, eine Schrift, zur Durchsicht übergeben.


Durchsichtig (W3) [Adelung]


Durchsichtig, -er, -ste, adj. et adv. was die Durchsicht verstattet, durch welches man durchsehen kann. So ist ein Haus durchsichtig, wenn man von außen durch dessen ganze Tiefe sehen kann. Luft, Glas u. s. f. sind durchsichtig, wenn sie den Lichtstrahlen den Durchgang verstatten. Verstatten solche Körper nur einigen Lichtstrahlen den Durchgang, so heißen sie durchscheinend. In weiterer Bedeutung nennt man auch Edelsteine, Krystalle und andere Körper durchsichtig, wenn man eine Helle in denselben erblicket, ob man gleich nicht durch sie hin sehen kann.

Anm. Notker gebraucht durhsihtig active von der Beurtheilungskraft, für scharfsichtig, durchdringend.


Durchsichtigkeit (W3) [Adelung]


Die Durchsichtigkeit, plur. car. die Eigenschaft eines Körpers, nach welcher er durchsichtig ist.


Durchsieben (W3) [Adelung]


Durchsieben, verb. reg. act. Ich siebe durch, durchgesiebt; durch das Sieb laufen lassen. Sand, Kalk, Mehl durchsieben. Durchgesiebtes Mehl. Im Niedersächsischen durchsichten, im Bergbaue durchsetzen.


Durchsiekern (W3) [Adelung]


Durchsiekern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich siekere durch, durchgesiekert; unvermerkt durchrinnen, von dem Wasser und andern flüssigen Körpern. Der Tropfstein entstehet von kalkartigem Wasser, welches in den Höhlen durchsiekert. S. Durchsintern, welches in der anständigern Sprechart üblicher ist, ingleichen Siekern. Im Nieders. lautet dieses Wort durchsieken, durchsacken, wovon durchsiekern das Frequentativum ist; alle drey aber sind das Neutrum von durchseihen.


Durchsinken (W3) [Adelung]


Durchsinken, verb. irreg. ( S. Sinken,) Ich sinke durch, durchgesunken. Es ist, 1) ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, durch einen andern Körper sinken. 2) Ein Activum, welches nur in dem Bergbaue üblich ist, senkrecht etwas in die Teufe arbeiten. Einen Schacht durchsinken. In dieser thätigen Bedeutung sollte es, dem Hochdeutschen Herkommen nach, billig durchsenken heißen. S. Senken und Sinken.


Durchsintern (W3) [Adelung]


Durchsintern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich sintere durch, durchgesintert; wie durchsiekern, nur daß durchsintern mehr im Bergbaue und in der anständigern Schreibart üblich ist. S. Sinter und Sintern.


Durchsitzen (W3) [Adelung]


Durchsitzen, verb. irreg. act. ( S. Sitzen,) Ich sitze durch, durchgesessen. 1) Durch vieles Sitzen verwunden, durchlöchern. Die Kleider durchsitzen. Einen Stuhl durchsitzen. 2) Mit Sitzen zubringen. Ganze Nächte bey dem Spiele durchsitzen.


Durchspähen (W3) [Adelung]


Durchspähen, verb. reg. act.Durchspähen. Ich spähe durch, durchgespähet; aufmerksam durchsuchen, mit forschendem Blicke durchsehen, doch mehr im Oberdeutschen als Hochdeutschen.Durchspähen. Ich durchspähe, durchspähet; wie das vorige, in der höhern Schreibart. Zuvor muß ich genau Longinens Herz durchspähn, Weiße.


Durchspicken (W3) [Adelung]


Durchspicken, verb. reg. act.Durchspicken. Ich spicke durch, durchgespickt; überall spicken. Einen Hasen durchspicken.Durchspicken. Ich durchspicke, durchspickt; in der vorigen Bedeutung, und figürlich. Seine Rede war mit lauter Griechischen und Lateinischen Sentenzen durchspickt.


Durchspielen (W3) [Adelung]


Durchspielen, verb. reg. act. Ich durchspiele, durchspielt; spielend durchdringen, in der höhern Schreibart. Wo nur der West das Laub durchspielet, Cron. Aber ein musikalisches Stück durchspielen, durchgespielt, es vom Anfange bis zu Ende spielen, um es zu versuchen.


Durchspießen (W3) [Adelung]


Durchspießen, verb. reg. act.Durchspießen. Ich spieße durch, durchgespießet; mit einem Spieße, oder andern spitzigen Körper durch und durch stechen.Durchspießen. Ich durchspieße, durchspießet; in der vorigen Bedeutung, und in der edlern Schreibart.


Durchsprengen (W3) [Adelung]


Durchsprengen, verb. reg.Durchsprengen. Ich sprenge durch, durchgesprengt; ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. Mit dem Pferde durchsprengen, in vollem Galoppe durchreiten. Er wurde von Feinden umringt, aber er sprengte durch sie durch. S. Sprengen.Durchsprengen. Ich durchsprenge, durchsprengt; ein Activum, im Innern besprengen. Mit Gold durchsprengtes Glas kommt ihr nicht gleich, Hiob 28, 17, nach Michaelis Übersetzung.


Durchspringen (W3) [Adelung]


Durchspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich springe durch, durchgesprungen; durch eine Öffnung springen. der Reif war zu klein, daher konnte das Pferd nicht durchspringen.


Durchstänkern (W3) [Adelung]


Durchstänkern, verb. reg. act. Ich stänkere durch, durchgestänkert. 1) Mit Gestank erfüllen, im gemeinen Leben. Das ganze Zimmer durchstänkern. 2) Genau durchsuchen, in den niedrigen Sprecharten, nach einer von den Hunden entlehnten Figur; auch durchstankern, im Oberdeutschen durchstochern,durchstreunen, im Niedersächsischen durchstakern, durchschnauben, durchschnuppern, durchschnippern, durchnustern.

Anm. Freylich ist die Figur ein wenig hart, wenn man das Wort in der letzten Bedeutung von Gestank ableitet. In Preußen bedeutet stankern in die Höhe steigen, klettern, im Nieders. aber ist stakern so viel als stochern, stören. Durchstänkern, oder wie es in Preußen lautet, durchstankern, könnte also eigentlich bedeuten überall herum klettern, um etwas zu suchen, oder auch durchstören.


Durchstauben (W3) [Adelung]


Durchstauben, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. Ich staube durch, durchgestaubt; in Gestalt eines Staubes durchdringen. Das Mehl staubt durch, durch den Beutel.


Durchstäuben (W3) [Adelung]


Durchstäuben, verb. reg. act. Ich stäube durch, durchgestäubt; in Gestalt eines Staubes durchtreiben. Besonders verstehet man unter diesem Worte ein Hülfsmittel der Zeichner, da man Kohlenstaub, gepülverte Kreide u. s. f. durch ein durchstochenes Papier auf einen unten liegenden Körper stäubet, und die dadurch bezeichnete Figur mit Wasser, Bley oder Röthel nachzeichnet.


Durchstäubern (W3) [Adelung]


Durchstäubern, S. Durchstöbern.


Durchstechen (W3) [Adelung]


Durchstechen, verb. irreg. act. et neutr. S. Stechen.Durchstechen. Ich steche durch, durchgestochen. 1) Durch einen Körper stechen. Das Leder ist zu hart, ich kann nicht durchstechen. 2) Figürlich, durchgraben. Einen Damm oder Deich durchstechen, eine Öffnung durch denselben machen. 3) Das Getreide durchstechen, es mit der Schaufel durch einander werfen, damit es nicht verderbe; S. Stechen. 4) Mit jemanden durchstechen, heimlich etwas Böses mit ihm verabreden, betreiben; eine vornehmlich in Niedersächs. übliche R. A. Sie haben die Sache mit einander durchgestochen, gekartet, verabredet. Sie stechen mit einander durch, sie liegen unter Einer Decke, haben ein heimliches Verständniß. Daher die Durchstecherey, plur. die -en, auch am häufigsten in Niedersachsen, ein geheimes Verständniß in einer verbothenen Sache. Vermuthlich ist diese ganze Bedeutung aus der Handlung entlehnet, denn es scheinet, daß durchstechen an einigen Orten auch Waaren gegen andere vertauschen bedeutet. S. Verstechen und Stechen. In der Preußischen Kammer-Ordnung von 1648 bey dem Frisch heißt es: Die Beamten sollen mit niemand Nothschaft oder Gesellschaft halten, noch einigerley Durchstich treiben mit Hanthieren oder Gewerb.Durchstechen. Ich durchsteche, durchstochen; in der ersten Bedeutung der vorigen Form, in der edlern Schreibart. Jemanden mit einem Spieße, mit einem Degen durchstechen.


Durchstecherey (W3) [Adelung]


Die Durchstecherey, S. das vorige.


Durchstecken (W3) [Adelung]


Durchstecken, verb. reg. act. Ich stecke durch, durchgestecket; durch eine Öffnung stecken. Stecke die Schnur durch, durch das Loch.


Durchstehlen (W3) [Adelung]


Durchstehlen, verb. irreg. act. ( S. Stehlen,) welches nur als ein Reciprocum üblich ist. Sich durchstehlen, sich heimlich, verstohlner Weise durchschleichen. Er stahl sich zwischen uns durch.


Durchsteigen (W3) [Adelung]


Durchsteigen, verb. irreg. neutr. ( S. Steigen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich steige durch, durchgestiegen; durch eine Öffnung steigen. Das Fenster stehet offen, es könnte leicht ein Dieb durchsteigen.


Durchstellen (W3) [Adelung]


Durchstellen, verb. reg. act. Ich stelle durch, durchgestellet; bey den Jägern, die Tücher und Garne auf einem ausgeräumten Stellflügel von einem Orte zu dem andern stellen.


Durchstich (W3) [Adelung]


Der Durchstich, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des Durchstechens, in einigen Fällen, und ohne Plural. Der Durchstich eines Grabens, des Getreides. 2) Der Ort, wo ein Damm durchgestochen worden, und die dadurch gemachte Öffnung. S. auch Durchstechen.


Durchstöbern (W3) [Adelung]


Durchstöbern, im Oberdeutschen durchstäubern, verb. reg. act. Ich stöbere durch, durchgestöbert; in den gemeinen Sprecharten, vorwitzig durchsuchen, eine von den Stäuber- oder Stöberhunden entlehnte Figur. Er muß alles durchstöbern. S. Durchstänkern.


Durchstochern (W3) [Adelung]


Durchstochern, verb. reg. act. Ich stochere durch, durchgestochert; vorwitzig durchsuchen, wie das vorige, gleichfalls im gemeinen Leben. Alles durchstochern wollen. S. Durchstören und Stochern.


Durchstopfen (W3) [Adelung]


Durchstopfen, verb. reg. act. Ich stopfe durch, durchgestopft; durch eine Öffnung stopfen.


Durchstören (W3) [Adelung]


Durchstören, verb. reg. act. Ich störe durch, durchgestört; vorwitzig durchsuchen, im gemeinen Leben. Er ließ nichts unberühret; alles wurde von ihm durchgestöret.


Durchstoßen (W3) [Adelung]


Durchstoßen, verb. irreg. act. S. Stoßen.Durchstoßen. Ich stoße durch, durchgestoßen; durch eine Öffnung stoßen. Ingleichen in weiterer Bedeutung, bey einigen Handwerkern, mit einem Stoße durch eine Öffnung stecken und in derselben befestigen. Eine Klinge durchstoßen, sie mit der Angel in dem Gesäße oder Griffe befestigen.Durchstoßen. Ich durchstoße, durchstoßen; durch und durch stoßen, d. i. stechen. Jemanden mit dem Schwerte, ein Thier mit dem Spieße durchstoßen.


Durchstrahlen (W3) [Adelung]


Durchstrahlen, verb. reg.Durchstrahlen. Ich strahle durch, durchgestrahlt; mit seinen Strahlen durchdringen, als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. Der Nebel ist zu dick, die Sonne kann nicht durchstrahlen. Wenn es aber bey dem Hrn. von Haller active heißt: Augen, Die den zu breiten Kreis nicht durchzustrahlen taugen, so stehet es hier, vermuthlich um des Sylbenmaßes willen, für das folgende zu durchstrahlen.Durchstrahlen. Ich durchstrahle, durchstrahlt; überall mit seinen Strahlen durchdringen, als ein Activum, in der höhern Schreibart. Was seh' ich? welches Licht durchstrahlt die öde Höhle? Cron. Der Gottheit helles Licht Durchstrahlt den dunkeln Dunst verblendter Weisheit nicht, Hall.


Durchstreichen (W3) [Adelung]


Durchstreichen, verb. irreg. S. Streichen.Durchstreichen. Ich streiche durch, durchgestrichen. Es ist 1. ein Activum. 1) Einen Strich durch etwas machen. Etwas Geschriebenes durchstreichen. Er hat die ganze Rechnung durchgestrichen. 2) Flüchtig durchwandern, in verächtlichem Verstande, nach Art der Landstreicher; nur im gemeinen Leben für das folgende. Er hat das ganze Land durchgestrichen, Einige Dichter haben auch dieses Wort in der edlern Schreibart und in gutem Verstande gebraucht. Wie manche Nachtigall am Elbestrome singt, Streicht Thal und Wälder durch, Opitz. Wie oft hab ich nach dir die Fluren durchgestrichen! Gell. Allein in der letztern Stelle ist das Sylbenmaß Schuld daran. 2. Ein Neutrum, mit seyn, sich flüchtig durch einen Ort bewegen. So streicht der Wind in den Orgeln durch, wenn er von einer Cancelle zur andern, oder neben den Registern wegstreicht.Durchstreichen. Ich durchstreiche, durchstrichen; ein Activum, 1) Einen Strich durch etwas machen, in der anständigern Schreibart. Er durchstrich die ganze Rechnung. 2) Flüchtig durchwandern. Wie ein muthiges Roß, das ohne Reiter zügellos weite Gefilde, durchstreiche, Dusch. Wie ängstlich ward von mir der ganze Hain durchstrichen! Wiel. Auch in verächtlichen Verstande, nach Art der Landstreicher. Dann durchstreiche als ein elender Landstreicher die Welt, Dusch.

Anm. Durstrichen und durchstreichen kommt schon bey dem Notker und Willeram in gutem Verstande für durchwandern, durchreisen vor. S. Streichen.


Durchstreifen (W3) [Adelung]


Durchstreifen, verb. reg. act.Durchstreifen. Ich streife durch, durchgestreifet; in alle Theile einer Gegend streifen, von Soldaten. Die Husaren haben die ganze Gegend durchgestreift.Durchstreifen. Ich durchstreife, durchstreift; wie das vorige; in der edlern Schreibart. Sie durchstreifen das ganze Land. S. Steifen.


Durchstreuen (W3) [Adelung]


Durchstreuen, verb. reg. act. Ich streue durch, durchgestreuet; durch eine Öffnung streuen.


Durchstrich (W3) [Adelung]


Der Durchstrich, des -es, plur. inus. ein Strich, welcher durch eine Schrift gemacht wird. Ingleichen, der Durchzug der Zugvögel im Herbste durch eine Gegend.


Durchströmen (W3) [Adelung]


Durchströmen, verb. reg.Durchströmen. Ich ströme durch, durchgeströmet; ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, in Gestalt eines Stromes durch einen Ort fließen. Der Fluß strömt unter der Brücke durch.Durchströmen. Ich durchströme, durchströmet; ein Activum. 1) Wie das vorige, in der edlern Schreibart. Der Fluß durchströmt die Stadt. 2) Sich stromweise durch alle Theile verbreiten, besonders figürlich. O was für Freude durchströmt mich! Geßn.


Durchstürmen (W3) [Adelung]


Durchstürmen, verb. reg. act. Ich durchstürme, durchstürmt; alle Theile bestürmen, sich stürmend durch einen Raum verbreiten, in der dichterischen Schreibart. Die See durchstürmt ein wildes Sausen, Cron. Ingleichen figürlich. Wenn Schmerz, Reue und Verzweifelung seine Seele gleich aufrührischen Wogen durchstürmen. Ganz außer mir; ward ich von Empfindungen, die allen Ausdruck übersteigen, durchstürmt, Sonnenf.


Durchstürzen (W3) [Adelung]


Durchstürzen, verb. reg.Durchstürzen. Ich stürze durch, durchgestürzt. 1) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, plötzlich durch eine Öffnung fallen. Die Fallthüre war offen und das Kind stürzte durch. 2) Activum, durch eine Öffnung stürzen, oder plötzlich stoßen.Durchstürzen. Ich durchstürze, durchstürzt; sich stürzend durch einen Raum bewegen, als ein Activum, in der dichterischen Schreibart. Ergriffene Bäre durchstürzten Das Anfangs seichte Gewässer voll Wuth, Kleist.


Durchsuchen (W3) [Adelung]


Durchsuchen, verb. reg. act.Durchsuchen. Ich suche durch, durchgesucht; nach allen Theilen untersuchen, um etwas zu finden. Wir haben schon das ganze Haus durchgesucht. Alles ward auf das genaueste durchgesucht, Rab. Suchen sie nur alle Schränke durch, Gell. Ich habe jetzt Briefe durchgesucht, ebend.Durchsuchen. Ich durchsuche, durchsucht; wie das vorige in der edlern Schreibart. Zur selbigen Zeit will ich Jerusalem mit Laternen durchsuchen, Zeph. 1, 12. Ich habe alles durchsucht, und nichts gefunden.So auch die Durchsuchung und Durchsuchung.

Anm. Durhsuochen findet sich schon bey dem Willeram. Ehedem gebrauchte man es auch für durchdringen, durchwühlen. Dauon lide ich senden schmerzen Das durhsuochet mir die sinne Beide usserthalb und inne, Graf Rud. v. Niuwenburg.


Durchsüßen (W3) [Adelung]


Durchsüßen, verb. reg. act. Ich durchsüße, durchsüßt; durch und durch süß machen, so wohl eigentlich als figürlich.


Durchtanzen (W3) [Adelung]


Durchtanzen, verb. reg. act.Durchtanzen. Ich tanze durch, durchgetanzt. 1) Durch vieles Tanzen durchlöchern. Ein Paar Sohlen will ich mir durchtanzen, Weiße. 2) Vom Anfange bis zu Ende tanzen. Die ganze Menuet durchtanzen.Durchtanzen. Ich durchtanze, durchtanzt; mit Tanzen zubringen, in der edlern Schreibart. Lange Nächte durchtanzen.


Durchtasten (W3) [Adelung]


Durchtasten, verb. reg.Durchtasten. Ich taste durch, durchgetastet; durch etwas tasten, oder greisen, als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. Ingleichen, nach allen Theilen betasten, als ein Activum. In beyden Bedeutungen im Hochdeutschen nur selten.Durchtasten. Ich durchtaste, durchtastet; nach allen Theilen betasten, als ein Activum. Wir wollen alles finden, Durchtasten deinen Grund, der gar nicht zu ergründen, Opitz.


Durchtaumeln (W3) [Adelung]


Durchtaumeln, verb. reg. act. Ich durchtaumele, durchtaumelt; sich taumelnd durch einen Raum bewegen, in der höhern Schreibart. Die Riesen des Wassers Durchtaumeln - die unabsehbare Fläche, Kleist. Gespenstern gleich durchtaumeln deine Bürger Die Stadt nach Hülf' und fallen auf der Flucht, Weiße.


Durchthauen (W3) [Adelung]


Durchthauen, verb. reg. act. welches nur unpersönlich üblich ist, thauend durchdringen. Es hat noch nicht durchgethauet. Das Eis ist zu dick, es kann nicht durchthauen.


Durchtönen (W3) [Adelung]


Durchtönen, verb. reg. act. Ich durchtöne, durchtönet; mit seinem Tone durchdringen in der höhern Schreibart. Der Trommeln Schlag, der Cymbeln Klang Durchtönt den Jubel der Mänaden, Haged.


Durchtragen (W3) [Adelung]


Durchtragen, verb. irreg. act. ( S. Tragen,) Ich trage durch, durchtragen; durch etwas tragen. Das Wasser ist tief, laß dich durchtragen.


Durchträumen (W3) [Adelung]


Durchträumen, verb. reg. act. Ich durchträume, durchträumt; träumend zubringen. Lange Nächte durchträumen. Zuletzt bringt uns die Zeit nach durchgeträumten Jahren. Zu unsern Ahnen hin, Cron. besser durchträumten.


Durchtreiben (W3) [Adelung]


Durchtreiben, verb. irreg. act. S. Treiben.Durchtreiben. Ich treibe durch, durchgetrieben. 1) Durch einen Ort oder Raum treiben, d. i. zu gehen zwingen. Ungeachtet der Fluß tief war, so wurde das Vieh dennoch durchgetrieben. Einen Pflock durchtreiben, durch ein Loch. Erbsen durchtreiben, sie zerdrücken und in Gestalt eines Breyes durch den Durchschlag treiben. 2) Figürlich. Eine Sache durchtreiben, seine Absicht dabey, ungeachtet aller Hindernisse, erreichen, sie durchsetzen. Ich hoffe es schon noch durchzutreiben.Durchtreiben, von welchem nur das Mittelwort durchtrieben üblich ist. 1) * Für durchdrungen; in welcher im Hochdeut-schen unbekannten Bedeutung dieses Wort nur 2 Pet. 2, 14 vorkommt: Haben ein Herz durchtrieben mit Geitz. 2) * Geschickt, geübt, erfahren. Hugo Grotius, dessen Verstand und in allen dem, was Wissenschaft heißt, durchtriebene Geschicklichkeit meines Lobes nicht bedürfend ist, Opitz. Die, welche in der Theologie, Philosophie und Historie nicht allerdings durchtrieben sind, ebend. So bist du in aller Zeiten Historien dermaßen durchtrieben u. s. f. ebend. Der nicht minder in der Gelehrsamkeit als Regierungssachen durchtriebene Herr von Zulichem, Gryph. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen fremd, wo man dieses Wort, 3) nur im vertraulichen Umgange und gemeinen Leben für verschlagen, listig, in allen Leichtfertigkeiten erfahren, gebraucht. Ein durchtriebener Gast, ein durchtriebener Schalk, ein durchtriebener Vogel u. s. f. einen verschlagenen, leichtfertigen und listigen Menschen zu bezeichnen. Daher die Durchtriebenheit, welches Wort zuweilen für Verschlagenheit, List gebraucht wird. Das Nieders. bedreven bedeutet so wohl geübt, erfahren, als verschlagen, listig. Das Nieders. dordreven und Dänische durchdreven kommen mit dem Hochdeutschen überein. Dörbakken, dörtagen, durchgezogen, und dörtrappt, eigentlich, der wie ein listiger Fuchs schon manchen Fallstricken entgangen ist, haben bey den Niedersachsen eben dieselbe Bedeutung. Diese haben aber noch ein anderes Wort, eben denselben Begriff auszudrucken, welches drehharig lautet, und im Hochdeutschen gemeiniglich durch dreyhärig gegeben wird. Allein, es scheinet, daß die erste Sylbe vielmehr zu dem Zeitworte drehen als zu dem Zahlworte drey gehöret. Das Hauptwort ein Drehhaar, und das Beywort drehhaarig, würden alsdann eine buchstäbliche Übersetzung des Latein. intricatus seyn, welches gleichfalls von trica, verwickelte, ungelämmte Haare, abstammet. Das oben gedachte Nieders. dörtagen, verschlagen, listig, bedeutet eigentlich auch verwickelt.


Durchtreten (W3) [Adelung]


Durchtreten, verb. irreg. act. ( S. Treten,) Ich trete durch, durchtreten. 1) Durch vieles Treten durchlöchern. Sie haben den Fußboden ganz durchgetreten. 2) Vermittelst des Tretens durch eine Öffnung treiben. 3) Gehörig, nach allen Theilen treten. Bey dem Pumpernickel wird der Teig mit den Füßen durchgetreten.


Durchtrieb (W3) [Adelung]


Der Durchtrieb, des -es, plur. inus. in einigen Gegenden, das Treiben des Viehes durch und über den Grund und Boden eines andern, und das Recht dazu; der Trieb die Durchfahrt. Den Durchtrieb haben, das Recht, über des andern Grund und Boden zu treiben.


Durchtrieben (W3) [Adelung]


Durchtrieben, Durchtriebenheit, S. Durchtreiben.


Durchtriebenheit (W3) [Adelung]


Durchtriebenheit, S. Durchtrieben


Durchtriefen (W3) [Adelung]


Durchtriefen, verb. reg. neut. ( S. Triefen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. Ich triefe durch, durchgetriefet; tropfenweise durch einen Körper dringen. Das Wasser triefet durch. Durchtröpfeln und Durchtropfen könnten in eben diesem Verstande gebraucht werden.


Durchwachen (W3) [Adelung]


Durchwachen, verb. reg. act.Durchwachen. Ich wache durch, durchgewacht; mit Wachen zubringen. In durchgewachten Nächten, Hall. Der Eremite, der die Nacht Im Kerker ungewiß und sorgend durchgewacht, Less. In beyden Stellen würde das folgende durchwacht der edlern Schreibart angemessener gewesen seyn.Durchwachen. Ich durchwache, durchwacht; wie das vorige, in der höhern Schreibart. In durchwachten Mitternächten.


Durchwachs (W3) [Adelung]


Das Durchwachs, des -es, plur. inus. ein Nahme, besonders dreyer Pflanzen, deren Blätter den Stiel so genau umgeben, daß es scheinet, als wenn derselbe durch sie durchgewachsen wäre. 1) Des Bupleurum rotundifolium, L. welches auf den Europäischen Äckern unter dem Getreide wächset, unter die Mundkräuter gerechnet wird, und in einigen Gegenden auch Bruchkraut, Stopfsloch u. s. f. heißt. 2) Der Lonicera Periclymenum caprifolium, L. welche auch Wälsche Specklilie, Geißblatt, Rose von Jericho, Je länger je lieber genannt wird, und in dem mittägigen Europa einheimisch ist. 3) Der Vinca, L. welche auch Sinngrün und Bärwinkel genannt wird. S. diese Wörter. 4) Auch das Zweyblatt, Ophrys, L. kommt zuweilen unter dem Nahmen des wilden Durchwachses vor.


Durchwachsen (W3) [Adelung]


Durchwachsen, verb. irreg. S. Wachsen.Durchwachsen. Ich wachse durch, durchgewachsen; ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, durch eine Öffnung, oder durch einen andern Körper wachsen. S. das vorige.Durchwachsen. Ich durchwachse, durchwachsen; ein Activum, durch oder unter etwas wachsen, in der poetischen Schreibart. Der Schläfe Rosenkranz durchwuchs ein Myrthenlaub, Günth. Von dieser Form ist auch das Mittelwort durchwachsen im gemeinen Leben üblich. Durchwachsenes Fleisch, wo Fett und Mageres mit einander abwechseln, in abwechselnden Lagen gewachsen sind. Das Fleisch ist schön durchwachsen.


Durchwagen (W3) [Adelung]


Durchwagen, verb. reg. act. welches nur als ein Reciprocum üblich ist. Sich durchwagen, sich hindurch wagen, sich durch eine Gefahr wagen. Der Strom war sehr reißend, daher wollte sich niemand durchwagen.


Durchwalken (W3) [Adelung]


Durchwalken, verb. reg. act. Ich walke durch, durchgewalkt; allen Theilen nach walken. Das Tuch gehörig durchwalken. Figürlich auch in den niedrigen Sprecharten, durchprügeln.


Durchwallen (W3) [Adelung]


Durchwallen, verb. reg. act. Ich durchwalle, durchwallt; sich wallend durch einen Raum bewegen, in der höhern Schreibart. Welches Entzücken durchwallt meine Adern! Klopst.


Durchwandeln (W3) [Adelung]


Durchwandeln, verb. reg. act. Ich durchwandele, durchwandelt; zu Fuße durch einen Ort reisen. Das Land, das wir durchwandelt haben, 4 Mos. 14, 7. Daß Paulus durchwandelte die obern Länder, Apostelg. 19, 1. So durchwandelt er dürre Stätte, Matth. 12, 43. Luc. 11, 24. Im Hochdeutschen wird dieses Wort nur noch in der höhern Schreibart gebraucht. S. Wandeln. Lange schon seh' ichs, wie dein Blick die herbstliche Gegend durchwandelt, Geßn. Aber wenn es bey Zachariä heißt: Selinde wandelt verdrüßlich und allein Den langen Garten durch, für durchwandelt, so ist das ein Mißklang, der ohne Zweifel durch das Sylbenmaß verursachet worden.


Durchwandern (W3) [Adelung]


Durchwandern, verb. reg.Durchwandern. Ich wandere durch, durchgewandert. 1) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, durch einen Ort wandern, d. i. zu Fuße reisen. Ich habe mich nicht aufgehalten, ich bin nur durchgewandert. S. Wandern. 2) Ein Activum, vom Anfang bis zu Ende durch eine Gegend wandern. Er hat ganz Deutschland durchgewandert.Durchwandern. Ich durchwandere, durchwandert; wie das vorige, in der zweyten Bedeutung und in der höhern Schreibart. Und durchwanderte nach einander das Galatische Land, Apostg. 18, 23. Er durchwanderte mit seinen Blicken die Gegend. Alle diese Scenen durchwanderst du in Gedanken, Dusch. Denn tiefe Nacht deckt vor uns her die Tage, Die jeder noch durchwandern wird, Uz.


Durchwärmen (W3) [Adelung]


Durchwärmen, verb. reg. act.Durchwärmen. Ich wärme durch, durchgewärmt; durchaus warm machen. Ein Eisen durchwärmen. Sich durchwärmen.Durchwärmen. Ich durchwärme, durchwärmt; wie das vorige, in der dichterischen Schreibart. Die Sonne durchwärmet den Erdboden.


Durchwässern (W3) [Adelung]


Durchwässern, verb. reg. act.Durchwässern. Ich wässere durch, durchgewässert; durchaus wässern.Durchwässern. Ich durchwässere, durchwässert; wie das vorige, in figürlicher Bedeutung. Ein durchwässertes Lied, Zachar. das mit wässerigen, d. i. matten Stellen und Gedanken angesüllet ist. S. Wässern.


Durchwaten (W3) [Adelung]


Durchwaten, verb. reg.Durchwaten. Ich wate durch, durchgewatet; ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, durch einen flüssigen Körper waten. Der Fluß war tief, aber er watete dennoch durch.Durchwaten. Ich durchwate, durchwatet; wie das vorige, in der anständigern Schreibart, und als ein Activum. Und kindisch Schnee und Eis durchwaden, (durchwaten) Gell. Das Imperf. durhuuuot findet sich schon bey dem Notker.


Durchweben (W3) [Adelung]


Durchweben, verb. reg. act. Ich durchwebe, durchwebt; eigentlich, durch das ganze Gewebe mit einweben. Ein mit goldenen Blumen durchwebter Zeug. In der höhern Schreibart auch figürlich, vermischen; doch nur in solchen Fällen, die mit einem Gewebe verglichen werden können. Seine Tage sind mit tausend Widerwärtigkeiten durchwebt. Aber der Himmel hat ja dein philosophisches Leben Auch mit dem Glücke durchwebt, und mit der Freude gefärbet, Zachar.


Durchwehen (W3) [Adelung]


Durchwehen, verb. reg.Durchwehen. Ich wehe durch, durchgewehet. 1) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, durch einen Ort, durch einem Raum wehen. Die Fenster sind baufällig, der Wind weher überall durch. 2) Ein Activum, wehend durchdringen. Der Wind hat uns ganz durchwehet.Durchwehen. Ich durchwehe, durchwehet; wie das vorige, in der letzten Form und in der höhern Schreibart. So lange Fächer noch die heiße Luft durchwehen, Zach. Schon Willeram gebraucht das zusammen gesetzte durhuuaien.


Durchweichen (W3) [Adelung]


Durchweichen, verb. reg.Durchweichen. Ich weiche durch, durchgeweicht. 1) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, durch und durch weich werden. Der Kalk an der Mauer ist ganz durchgeweicht. 2) Ein Activum, durch und durch weich machen. Der Regen hat den Kalk ganz durchgeweicht.Durchweichen. Ich durchweiche, durchweicht; wie das vorige, in der thätigen Gestalt, und in der edlern Schreibart. Der Regen hat die Erde durchweicht.


Durchweinen (W3) [Adelung]


Durchweinen, verb. reg. act. Ich durchweine, durchweinet; mit Weinen zubringen. Lange Nächte durchweinen. Bis wir im stillen Ernst des Lebens Rest durchweint, Cron.


Durchwerfen (W3) [Adelung]


Durchwerfen, verb. irreg. act. ( S. Werfen,) Ich werfe durch, durchgeworfen; durch eine Öffnung werfen. Ingleichen, durch ein Sieb, oder durch einen Räder werfen, und auf diese Art reinigen. Getreide, Sand u. s. f. durchwerfen. S. Durchwurf.


Durchwetzen (W3) [Adelung]


Durchwetzen, verb. reg. act. Ich wetze durch, durchgewetzt; durch vieles Wetzen durchlöchern. Das Messer ist ganz durchgewetzt.


Durchwinden (W3) [Adelung]


Durchwinden, verb. irreg. act. S. Winden.Durchwinden. Ich winde durch, durchgewunden. 1) Durch eine Öffnung winden. 2) Sich durchwinden, sich mit Mühe aus einer Verlegenheit, sich mühsam durch die Welt helfen. Er muß sich kümmerlich durchwinden. Wenn sie sich noch Jahre lang durchwinden, so sind sie doch immer wieder auf dem Puncte, wo sie jetzt stehen, Weiße.


Durchwinden (W3) [Adelung]


Durchwinden, Ich durchwinde, durchwunden; im Winden, d. i. Flechten, mit Theilen anderer Art vermischen, in der höhern Schreibart: Mit Blumen will ich ihn durchwinden, Den schönen Kranz von Ähren voll, Weiße.


Durchwintern (W3) [Adelung]


Durchwintern, verb. reg. act. Ich wintere durch, durchgewintert; wohl behalten durch den Winter bringen. Nelken durchwintern.


Durchwirbeln (W3) [Adelung]


Durchwirbeln, verb. reg. act. Ich durchwirbele, durchwirbelt; sich wirbelnd durch einen Raum bewegen, in der dichterischen Schreibart. Sie (die Töne) sollen hell den Himmel Ausoniens Durchwirbeln, Raml.


Durchwirken (W3) [Adelung]


Durchwirken, verb. reg. act.Durchwirken. Ich wirke durch, durchgewirkt; nach allen Theilen wirken, d. i. kneten, bey den Bäckern. Den Teig gehörig durchwirken.Durchwirken. Ich durchwirke, durchwirkt; im Wirken mit Theilen anderer Art vermischen. Ein mit Gold durchwirkter Zeug.


Durchwischen (W3) [Adelung]


Durchwischen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn. Ich wische durch, durchgewischt; unbemerkt entkommen, im gemeinen Leben. Ingleichen figürlich, ungeahndet bleiben. Er mag dieß Mahl so damit durchwischen, Litt. Briefe. S. Wischen.


Durchwittern (W3) [Adelung]


Durchwittern, verb. reg. act. Ich durchwittere, durchwittert; mit aufgelöseten Bergarten durch und durch vermischen, in der Naturgeschichte des Mineralreiches, wo besonders das Mittelwort in diesem Verstande üblich ist. Ein Gestein, welches mit Kies durchwittert ist. S. Wittern.


Durchwühlen (W3) [Adelung]


Durchwühlen, verb. reg. act.Durchwühlen. Ich wühle durch, durchgewühlet; im Innern einer Sache wühlen. So auch die Durchwühlung.Durchwühlen. Ich durchwühle, durchwühlet; wie das vorige, in der anständigern Sprechart. Ingleichen, in allen Theilen einer Sache wühlen. Die Schweine haben den ganzen Garten durchwühlet. Wie ein sanfter Wind auf einem Teiche Wellen vor sich herjagt, so durchwühlen die Zephyre das rauschende Gras, Geßn.


Durchwurf (W3) [Adelung]


Der Durchwurf, des -es, plur. die -würfe, ein Werkzeug, andere Körper durch dasselbe zu werfen, und dadurch von gröbern Theilen abzusondern. So wird in dem Bergbaue und im gemeinen Leben ein vierecktes stehendes Sieb, durch welches gepochtes Erz, Sand, Erde u. s. f. geworfen wird, gemeiniglich ein Durchwurf, ein Durchlaß genannt. Dienet dieser Durchwurf zur Reinigung des Getreides, so heißt er auch eine Kornfege, Kornrolle u. s. f. S. Räder und Durchwerfen.


Durchwürgen (W3) [Adelung]


Durchwürgen, verb. reg. act. Ich durch würge, durchwürget; überall in einem Raume würgen, in der höhern Schreibart. Der Tod, der ganze Geschlechter der Menschen durchwürget, Klopst.


Durchwürzen (W3) [Adelung]


Durchwürzen, verb. reg. act. Ich durchwürze, durchwürzet; allen Theilen nach würzen. Auch figürlich. Einen Vortrag mit rednerischen Blumen durchwürzen.


Durchzählen (W3) [Adelung]


Durchzählen, verb. reg. act. Ich zähle durch, durchgezählet; alle Individua einer Sache zählen. Sein Geld, eine Herde Schafe u. s. f. durchzählen. Sie zählt ihr Silberwerk, ihr Geschmeide und ihre Pfänder durch, Gell.


Durchzeichnen (W3) [Adelung]


Durchzeichnen, verb. reg. act. Ich zeichne durch, durchgezeichnet: eine Figur auf ein darauf gelegtes durchscheinendes Papier nachzeichnen.


Durchzischen (W3) [Adelung]


Durchzischen, verb. reg. act. Ich durchzische, durchzischt; durch einen Raum zischen, in der höhern Schreibart. Wie wenn von Amors Bogen ein Pfeil die Luft durchzischt, Wiel.


Durchzoll (W3) [Adelung]


Der Durchzoll, des -es, plur. die -zölle, im gemeinen Leben, der Zoll, welcher von durchgehenden Waaren gegeben wird.


Durchzug (W3) [Adelung]


Der Durchzug, des -es, plur. die -züge, von dem Verbo durchziehen. 1) Die Handlung des Durchziehens, in der ersten eigentlichen Bedeutung, ohne Plural. Auch so fern durchziehen, als ein Neutrum, für durchreisen gebraucht wird, die Durchreise mehrerer, besonders von Soldaten und Truppen. Einem Kriegesheere den Durchzug verstatten, verwehren. In dieser Bedeutung findet auch der Plural Statt. Das Land hat bey den Durchzügen der Truppen vieles gelitten. Daher das Durchzugsrecht, das Recht, vermöge dessen jemand durch des andern Gebieth durchziehen kann. 2) Was durchgezogen wird. So wird in der Zimmermannskunst der Hauptbalken oder Träger auch der Durchzug genannt, weil er durch das ganze Gebäude durchgezogen wird. 3) Dasjenige, durch welches ein anderer Körper gezogen wird. So nennen die Goldschmiede ein aus Weinstein, Schwefel, Salz und Arsenik zubereitetes Wasser, durch welches sie vergoldete Arbeiten ziehen, ihnen eine hohe Goldfarbe zu geben, den Durchzug.


Durchzwängen (W3) [Adelung]


Durchzwängen, verb. reg. act. Ich zwänge durch, durchgezwängt; durch eine Öffnung zwängen, mit Zwang durch eine Öffnung bringen. Sich durch das Volk durchzwängen. Daher die Durchzwängung.


Dürfen (W3) [Adelung]


Dürfen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. Ich darf, du darfst, er darf, wir dürfen, ihr dürfet oder dürft, sie dürfen; Conjunct. ich dürfe. Imperf. ich durfte; Conjunct. ich dürfte. Mittelwort gedurft.1. Sich erkühnen, sich unterstehen, mit dem Infinitive, ohne zu. Wie darfst du denn sagen? Jer. 2, 23. Warum darfst du weissagen? Kap. 26, 9. Wer ist dieser, der solches sagen darf? Judith 5, 25. Noch blähen sie sich auf und dörfen sich erheben Als jeder, gebe Gott, müßt ihrer Gnade Leben, Opitz. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung größten Theils veraltet; doch sagt man noch hin und wieder: und du darfst dich noch verantworten? Wer bist du, daß du mir solche Dinge sagen darfst? u. s. f. Er verlästert alle Sachen, Die nicht sein Gehirn gebiert, Und darf selbst darüber lachen, Wie dein Arm den Scepter führt, Can. Besonders kommt diese Bedeutung bey dem Hagedorn sehr oft vor, vermuthlich, weil dieses Wort bey seiner Kürze für die Dichtkunst bequemer ist, als die längern Ausdrücke, sich erkühnen, es wagen u. s. f. Das Lob nährt seinen Stolz, so wie sein Grimm die Noth;Mit beyden durfte nur die kühne Mücke scherzen, Haged. Ich sahe jüngst das Glück, und durft' ihm kühnlich sagen:Bereue deinen falschen Tand, ebend. Was du am Morgen kaum verliehen, Darfst du am Abend schon entziehen, ebend. Diese Bedeutung scheinet die älteste des Wortes dürfen zu seyn. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , das Ulphilanische dauran, das Fränk. und Alemann. durren und thorren, und noch bey dem Hornegk geturren, das Angels. dyrran, dearran, das Schwed. töras, das Isländ. thora, das Engl. dare, das Schottländ. daren, haben eben dieselbe Bedeutung. Im Imperf. und in einigen Ableitungen nahm dieses Wort ein st an; daher heißt das Imperf. bey dem Ulphilas gadaursta, im Angels. dorste, im Engl. durst, und im Fränk. und Alem. gidorste. S. Durstig. Im Wallis. ist dewr kühn, und im Isländ. Thör die Kühnheit. S. Theuer. Das f ist spätern Ursprunges, kommt aber doch in den folgenden Bedeutungen frühe genug vor. Die Niedersachsen versetzen das r, und brauchen dräfen, dröven, für dürfen.2. Macht, Erlaubniß haben, gleichfalls mit dem Infinitive des folgenden Verbi, ohne zu. Esaias aber darf wohl sagen, Röm. 10, 20. Oder wie darfst du sagen zu deinem Bruder, halt, ich will dir den Splitter aus deinen Augen ziehen, Matth. 7, 4. Mache doch, daß er mitgehen darf. Darf ich fragen, wer er ist? Ein Vater darf wohl wissen, was seiner Tochter Kummer macht. Am häufigsten aber mit einer Verneinung. Darf ich nicht wissen wer du bist? Es ist wohl wahr, aber man darf es nur nicht sagen. Daran durften wir nicht einmahl denken. Oft wird auch der folgende Infinitiv verschwiegen. Ich wollte wohl, aber ich darf nicht. Sie darf vor der Mutter nicht. Er darf nicht in das Haus. Kein Fremder darf ohne Paß in die Stadt. Wenn er nur Ein Mahl ja sagt, so darf er nicht wieder zurück. In dieser Bedeutung kommt so wohl gidurran, als auch thurfan, schon bey dem Ottfried vor.3. Nöthig haben. 1) Mit einem Nennworte, so daß dürfen die zweyte oder vierte Endung des Hauptwortes regieret. Bithiu ni durafun thera sun, daher durften sie keiner Versöhnung, Ottfr. Uueiz iuuar Fater uuas ir thurftist, euer Vater weiß, was ihr dürfet, Tatian. Darzu dorfft er ewr hilff und stewr, Theuerd. Daß sie keiner Hülfe dazu durften, Hiob 30, 13. Wer sie gern bald hätte, darf nicht viel Mühe, Weish. 6, 15. Die Gesunden dürfen des Arztes nicht, Luc. 5, 31. Was dürfen wir weiter Zeugniß? Kap. 22, 71. Was darf Gott eines Starken, Hiob 22, 2. Ich bin reich und habe gar satt und darf nichts, Offenb. 3, 17. Der Mensch liebt Gold so sehr,Und darf der Luft noch mehr; Der Dieb, der dieß bedenkt, Wird selten aufgehenkt, Logau. In dieser Verbindung ist es im Hochdeutschen veraltet, seit dem Bedürfen üblicher geworden, S. dieses Wort. Nur im Oberdeutschen wird es häufig noch so gebraucht. 2) Mit dem Infinitive, ohne zu; in welcher Verbindung es, in weiterer Bedeutung, auch im Hochdeutschen überall üblich ist. Du darfst es mir ja nur sagen; d. i. es ist weiter nichts nöthig, als daß du mir es sagest. Man wird ihn nur besser berichten dürfen. Man darf nur sein Vaterland lieben, um die Widerwärtigkeiten mit ihm zu theilen, Sonnenf. Sie dürfen nur befehlen. Ich habe, gottlob, so viel, daß ich niemanden ein gutes Wort geben darf. Ich durfte nur erröthen, so vergabest du mir, durfte nur wünschen, so war mein Wunsch erhöret, Dusch. Daß ich ihn doch nimmermehr wieder sehen dürfte! Less. In dieser dritten Bedeutung findet sich thaurban schon bey dem Ulphilas, der in der zweyten Person auch tharft für du darfst gebraucht. Thes mera ih sagen nu nit tharf, Ottfr. Das Schwed. töra bedeutet gleichfalls bedürfen. Darben ist mit diesem dürfen genau verwandt, und scheinet bloß nach einer andern Mundart gemodelt zu seyn, ob es gleich nur noch in der engsten Bedeutung von dem Mangel an der Nothdurft üblich ist. Bey dem Kero kommt auch duruftigan, als Frequentativum von dürfen, für darben, Mangel leiden, vor. S. auch Dürftig.4. Ursache haben, gleichfalls mit dem Infinitive, oder das Wörtchen zu. Darf ich mich auf dich verlassen? Du darfst dich nicht fürchten. Dürfen wir uns wundern, unglückliche Männer und Greise zu sehen, wenn die Jünglinge nicht glücklich waren? Dusch. Er darf sich eben nicht über Überfluß an Vernunft beklagen. Das hättet ihr eben nicht thun dürfen.5. Wird dieses Verbum auch gebraucht, wenn ein wahrscheinlicher Erfolg, eine vermuthliche Begebenheit ausgedruckt werden soll, in welchem Falle es aber nur im Imperfecto Conjunctivi üblich ist. Man vermuthet, daß dieses erst morgen geschehen dürfte. Es dürfte ein leichtes seyn, ihn hierher zu bringen. Ich dürfte nicht König seyn, ich ließe keinen einzigen am Leben. Ich dürfte bald das Loos nicht verkaufen, weil die Tugend darauf stehet, Gell. Ich dürfte es bald selbst glauben, ebend. Ich dürfte es bald nicht annehmen, ebend. Thie ie geboren thorften werthen, heißt es schon in dem alten Fragmente eines Gedichtes auf den Spanischen Krieg bey dem Schilter. Die Schweden gebrauchen ihr töra auf eben die Art. Hantör komma, es ist möglich, daß er kommt. Über die Figur, welche an dieser Bedeutung Schuld ist, darf man sich eben so wenig wundern, als daß mögen, können, sollen, auf eine eben so ungewisse Art gebraucht werden, ungeachtet ihre eigentliche Bedeutung sehr positiv und bestimmt ist.

Anm. 1. Es ist doch merkwürdig, daß diese Wart im Hochdeutschen nicht in allen den Verbindungen mehr üblich ist, in welchen man es im Oberdeutschen gebraucht. Auch der Imperativ ist von demselben eben so ungewöhnlich, als das Participium der gegenwärtigen Zeit dürfend, obgleich bedürfen dasselbe hat. Die alte Form darren, durren, ist noch nicht ganz veraltet. In Preußen sagt man jetzt dären für dürfen, und ich därr für ich darf. In den ersten Ausgaben von Luthers Deutscher Bibel schrieb er noch beständig ich tar, für ich darf.

Anm. 2. In den meisten Oberdeutschen Gegenden gehet dieses Wort auf folgende Art: ich darf, du darfst, er darf, wir dörfen, ihr dörfet, sie dörfen, in Schwaben wir darfen u. s. f. Conj. ich dörfe. Imperf. ich dorfte; Conj. ich dörfte. Ein sonderbarer Ein fall war es wohl, als sich jemand einfallen ließ, diese Conjugation auch in das Hochdeutsche einzuführen.

Anm. 3. Da dürfen das Zeitwort jederzeit im Infinitive ohne zu bey sich hat, so verwandelt es in den zusammen gesetzten Zeiten sein Mittelwort selbst in den Infinitiv. Du hättest es mir nur sagen dürfen, für sagen gedurft. Er hat es nicht thun dürfen. Wenn wir nur die Wahrheit hätten schreiben dürfen. Zwar heißt es ein Mahl bey dem Opitz: Da keiner sich gedurft des Judenthumes schämen; allein das ist vermuthlich auf Verleitung des Sylbenmaßes geschehen. Wenn aber der Infinitiv durch eine Ellipse ausgelassen wird, so tritt auch gedurft in seine alten Rechte wieder ein. Er wäre gern gekommen, allein er hat nicht gedurft. Dürfen hat dieses mit wollen, sollen, mögen, können, hören, sehen, lernen, lassen und noch einigen andern gemein, welche gleichfalls den bloßen Infinitiv nach sich haben; aber wie man es um deßwillen für ein Hülfswort ausgeben können, wie von einigen Sprachlehrern wirklich geschehen, ist nicht zu begreifen.


Dürftig (W3) [Adelung]


Dürftig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich, an irgend einer Sache Mangel leidend, bedürftig. Gott hat den Leid also vermenget, und dem dürftigen Glied am meisten Ehre gegeben, 1 Cor. 12, 24. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo es, 2) nur noch in engerer Bedeutung gebraucht wird, an der Nothdurft, an den zum Unterhalte unentbehrlichsten Dingen Mangel leidend. Ein dürftiger Mensch. Ein Dürftiger. Er ist sehr dürftig. Tugend strahlet unter dem Schmutze eines dürftigen Lebens, wie unter dem Staube ein Demant, hervor, Dusch. Ingleichen, 3) figürlich, an der nöthigen Vollkommenheit, Kraft, Mangel leidend. Gal. 4, 9 werden die Jüdischen Ceremonial-Gesetze schwache und dürftige Satzungen genannt. Dürftige Zierathen, bey welchen zu viel Sparsamkeit mit schlechtem Geschmacke verbunden ist. Eine dürftige Manier, in den schönen Künsten. Ein dürftiger Geschmack, eine dürftige Ausflucht u. s. f.

Anm. Schon im achten Jahrhunderte leutet dieses Wort im Fränkischen durfdig, durftig. Das Hauptwort die Durft, von welchem dieses Beywort gebildet ist, kommt bey dem Kero und Ottfried häufig vor. S. auch Nothdurft. Es ist von der dritten Bedeutung des Verbi dürfen.


Dürftigkeit (W3) [Adelung]


Die Dürftigkeit, plur. car. der Zustand, da man dürftig ist, in allen Bedeutung dieses Wortes.


Dürre (W3) [Adelung]


Dürre, -r, -ste, adj. et adv. aller nöthigen Feuchtigkeit im Innern beraubt, besonders so fern selbiges durch die Wärme geschiehet. 1. Eigentlich, 1) in leidender Bedeutung allein. Dürre, d. i. gedörrete, Feigen, Äpfel, Pflaumen, Blumen, Kräuter u. s. f. Dürres Obst. Der Boden ist bey der langen Hitze außerordentlich dürre geworden. Wie eine Wurzel aus dürrem Erdreiche, Jes. 53, 2. In einem trocknen und dürren Lande, da kein Wasser ist, Ps. 63, 2. Besonders, der zum Leben und Wachsthum nöthigen Feuchtigkeit beraubt. Sieben dürre Ähren, dünne und versengt, 1 Mos. 41, 23. Ein dürrer, verdorreter, Baum. Ein dürres Jahr, ein dürrer Sommer, dem es an aller nöthigen Feuchtigkeit mangelt. Die dürrsten Anger werden bunt, Hall. Einen hohen Grad der dürren Beschaffenheit mancher Körper auszudrucken, gebraucht man im gemeinen Leben auch die zusammen gesetzten Ausdrücke beindürre, knochendürre, scherbendürre, klapperdürre, u. s. f. 2) In leidender und thätiger Bedeutung zugleich, dörrend, dürre machend. Ein dürrer Wind, der nicht nur selbst dürre ist, sondern auch den Erdboden ausdörret. Es kommt ein dürrer Wind über dem Gebürg her, Jer. 4, 11. Ein dürrer Ostwind, Jon. 4, 8. 2. Figürlich. 1) Wegen Mangel der nöthigen Feuchtigkeit unfruchtbar. Eine dürre Einöde, 5 Mos. 32, 10. 2) Mager,mit wenig Fett und Fleisch versehen. Ein dürrer Mensch. 3) Alles Schmuckes beraubt, von Worten, Ausdrücken. Etwas mit dürren Worten sagen, gerade heraus, ohne Umschweife und Einkleidung. Und sagte dürre heraus, 2 Macc. 6, 23. Jemanden die dürre Wahrheit sagen. Ein Schulfuchs sucht mit dürren Gründen Den Beyfall aller Welt zu finden, Haged.

Anm. Dieses Wort, welches den meisten Niedersachsen unbekannt ist, lautet bey dem Ulphilas thaursus, bey dem Ottfr. thurr, bey dem Notker durri, in dem Fragmente eines Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter thuorre, im Angels. dyrre, im Holländ. dorre, im Schwed. torr, im Isländ. thorr. Ursprünglich hat es wohl heiß bedeutet, indem die Dürre eine Wirkung der Hitze ist. Dem Festus zu Folge sagten auch die ältesten Lateiner torrus für dürre, daher man das Latein. torrere, torridus, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, trocknen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , wärmen, aus keiner andern Quelle leiten kann. Selbst im Hebr. ist - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - torruit. S. Trocken. Nach einer sehr gewöhnlicher Verwechselung des s und d, ist aus diesem Worte das Nieders. sor, dürre, saftlos, entstanden. Ein sorer Ast, ein sorer Baum, ein dürrer Ast, ein dürrer Baum. Ein sorer Wind, ein dürrer Wind, der das Land aussoret; woraus einige Hochdeutsche sauer und aussauern gemacht haben. Mit diesem sor und soren kommt das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - sehr deutlich überein.


Dürre (W3) [Adelung]


Die Dürre, plur. car. die dürre Beschaffenheit einer Sache, in den meisten Bedeutungen des vorigen Beywortes. Die Dürre des Bodens. Die Zweige brechen für (vor) Dürre, Es. 27, 11. Ich spüre eine Dürre in dem Halse. Ingleichen die Beschaffenheit der Witterung, ein dürres Jahr. Mit Dürre schlagen, 5 Mos. 28, 22. Die Dürre verzehrt das Schneewasser, Hiob 24, 19. Ströme auf die Dürre gießen, Es. 44, 3, für einen dürren Ort, ist im Hochdeutschen, wenigstens in der gewöhnlichen Sprechart, nicht gebräuchlich.


Dürrmaden (W3) [Adelung]


Die Dürrmaden, sing. inus. im gemeinen Leben, eine Benennung einer gewissen Krankheit an Kindern und Thieren, welche in Maden oder Würmern bestehen soll, und mit einer Ausdörrung oder Auszehrung verbunden ist, sonst aber auch die Darre genannt wird. So heißen die so genannten Mitesser bey den Kindern, bey einigen Dürrmaden. Bey dem Rindviehe bestehet diese Krankheit in kleinen rothen Würmern auf der Zunge, welche sich mit Honig sollen vertreiben lassen. Auch die Darre der Vögel ist unter diesem Nahmen bekannt. S. Darre.


Dürrsucht (W3) [Adelung]


Die Dürrsucht, plur. inus. im gemeinen Leben, eine Benennung der Schwindsucht oder Auszehrung, welche auch Darrsucht, ingleichen Dörrsucht genannt wird.


Dürrwurz (W3) [Adelung]


Die Dürrwurz, oder das Dürrkraut, des -es, plur. inus. eine im gemeinen Leben übliche Benennung verschiedener Wurzeln und ihrer Pflanzen, welche theils an dürren, trockenen Orten wachsen, theils von dem großen Haufen für kräftige Mittel wider die Dürrsucht, gehalten werden. Besonders kennet man unter diesem Nahmen eine Art des Flöhkrautes mit lanzett-förmigen spitzigen Blättern, welche in den trockenen Gegenden Europens wächset; Conyzasquarrosa, L. S. Flöhpfeffer.


Durst (W3) [Adelung]


1. Der Durst, des -es, plur. car. die unangenehme Empfindung der Dürre in der Speiseröhre, und das dadurch erregte Verlangen nach einem Getränke. 1) Eigentlich. Durst haben. Durst empfinden. Durst leiden. Ein brennender Durst. Seinen Durst stillen, löschen. 2) Figürlich, ein heftiges Verlangen, eine brennende Begierde. Schon brennet meine Seele von einem heißen Durste darnach, Weiße. Sättige den Durst deiner Seele nach Erkenntniß der Wahrheit, Dusch. Anm. Durst, bey dem Ottfried Thurst, bey dem Notker Durste; im Angels. Durst, Thyrst, im Engl. Thirst, im Schwed. und Dän. Torst, im Holländ. Dorst, im Nieders. Dorst, Dost, ist von dem vorigen Worte, dürre, weil der Durst wirklich in einer Dürre und deren Empfindung bestehet.


Durst (W3) [Adelung]


2. * Die Durst, plur. car. ein im Hochdeutschen völlig veraltetes Wort, für Kühnheit, Verwegenheit. Was wüßten wir von Helden Und ihrer Thurst zu melden? Logau. Dieses Wort stammt von dürfen, sich unterstehen, sich erkühnen, ab, welches vor Alters im Imperfecte in mehrern Sprachen ein st annahm. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Vertrauen, Zuversicht, Muth, kommt damit genau überein. S. Dürfen, ingleichen 2 Durstig.


Dursten (W3) [Adelung]


Dursten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, Durst empfinden, S. Durst. 1. Eigentlich, da es auf gedoppelte Art gebraucht wird. 1) Als ein unpersönliches Verbum, mit der vierten Endung der Person. Mich durstet, oder es durstet mich. Uns durstete, oder es durstete uns. Es hat sie gedurstet, oder sie hat gedurstet. Da aber das Volk daselbst dürstete, 2 Mos. 17, 3. Gabst ihnen Wasser, da sie dürstete, Nehem. 9, 15. 2) Als ein persönliches Verbum, mit der ersten Endung des Hauptwortes, ich durste. Er hat gedurstet. In welcher Gestalt doch dieses Wort im gemeinen Leben nur selten, desto häufiger aber in der höhern Schreibart und in der folgenden figürlichen Bedeutung gebraucht wird. 2. Figürlich, ein heftiges Verlangen empfinden. 1) Unpersönlich. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, Matth. 5, 6. Es dürstet meine Seele nach dir, Ps. 60, 2. Im Besitze derselben hoffet er die Zufriedenheit zu finden, wornach die unsterbliche Seele durstet, Dusch. Noch mehr aber, 2) persönlich. Er durstet nach Blut. Der Krieger dürstet nach Ehre, Weiße. In der höhern Schreibart der Neuern wird statt des Vorwortes nach auch zuweilen der bloße Accusativ der Sache gesetzt, da denn das Zeitwort das Ansehen eines Activi bekommt. Dein Rachen dürstet Blut, Weiße. Wir sahn den Feind mit Mordbegier, Wir dursteten sein Blut, Gleim.

Anm. Dieses Wort kommt schon bey dem Tatian persönlich vor, der ih thrustu für mich durstet gebraucht. Im Angels. lautet es dyrstan, im Engl. to thirst, im Holländ. und Dän. dorsten, im Nieders. dösten, im Schwed. torsta, im Isländ. thista, bey dem Ulphilas thaursjan. Dursten ist der Oberdeutschen, dürsten aber der Niedersächsischen Mundart gemäßer. Die Hochdeutschen gebrauchen beyde Formen; doch ist die erste der höhern Schreibart angemessener als die letztere.


Durstig (W3) [Adelung]


1. Durstig, -er, -ste, adj. et adv. Durst empfindend. 1. Eigentlich. Durstig seyn. Wir sind hungrig und durstig. Die Durstigen tränken. 2. Figürlich. 1) Ein heftiges Verlangen habend; doch mehr in Gestalt eines Adverbii, als eines Adjectives. Seine Seele ist nach Ehre durstig. 2) Dürre, nach Feuchtigkeit verlangend. In der Wüsten in einem dürren und durstigen Lande, Ezech. 19, 13.

Anm. Schon im achten Jahrhunderte lautet dieses Wort in der Fränkischen Mundart durstac und dursdag. Notker gebraucht dursteg auch mit dem Genitive der Sache. Im Holländischen lautet dieses Wort dorstigh, und im Nieders. döstig. S. 1 Durst und Dursten.


Durstig (W3) [Adelung]


2. * Durstig, -er, -ste, adj. et adv. muthig, kühn, herzhaft, verwegen. Durstig in ritterlicher that, Theuerd. Kap. 75. Der Strick wird seine Fersen halten, und die Durstigen, kühne Räuber, werden ihn erhaschen, Hiob 18, 9. Im Abwesen aberbin ich durstig gegen euch, 2 Cor. 10. 1; wo andere Ausgaben kühn haben. Ich bitte aber, daß mir nicht Noth sey, gegenwärtig durstiglich zu handeln, V. 2; in andern Ausgaben kühne. Und viel Brüder desto durstiger worden sind, Phil. 1, 14; in andern Ausgaben kühner. Und so in vielen andern Stellen mehr.

Anm. Dieses Wort ist mit Durstigkeit, Kühnheit, und allen übrigen Ableitungen im Hochdeutschen veraltet. Allein im Oberdeutschen scheinet es noch hin und wieder üblich zu seyn. Um das Jahr 1500 lautete es in Schwaben auch torsch. S. Dürfen, Dreist, und 2 Durst.


Durt (W3) [Adelung]


Der Durt, oder Durten, S. der Dort.


Dusack (W3) [Adelung]


Der Dusack, des -es, plur. die -e, der Nahme eines kurzen breiten Schwertes, welches wie ein Säbel gekrümmet ist, und statt des Griffes eine große Öffnung hat, durch welche man mit der Hand greift. Die Klopffechter bedienten sich ehedem dieser Art von Schwertern. Da diese aber abgekommen sind, so ist auch der Nahme verschwunden, der nur noch hin und wieder an den Slavonischen Grenzen üblich ist. Denn das Wort selbst ist Slavonisch, wo es Tusak lautet, und gleichfalls diese Art von Gewehr bezeichnet.


Dusel (W3) [Adelung]


Die Dusel, plur. die -n, bey den Jägern, eine Benennung des Weibchens aller kleinern Wald- und Feldvögel, von dem Ziemer an bis zu dem Weidenzeisige; im gemeinen Leben die Siecke. Das Weibchen der größern Vögel wird von den Jägern ein Huhn genannt.

Anm. Die Abstammung dieses Wortes ist unbekannt. Duus, im mittlern Lat. Dusa, bedeutet im Nieders. den Teufel; der Dusel ist in eben dieser Mundart der Schwindel, und Dussel bedeutet den beweglichen geraden Baum in den Bauerhäusern, an welchem die bey den Flügel der Hauptthüre zusammen schlagen. Bey dem Pictorius bedeutet Düssel eine Bäule, und düsseln schleichen, auf den Zehen gehen. Doch alle diese Wörter geben hier kein Licht. Von dem Nieders. Dusel, der Schwindel, hat man auch das Adverbium duselig, schwindelig, und betäubt, als wenn man schwindelig wäre. In manchen Gegenden ist die Dusel eine Maulschelle.


Düster (W3) [Adelung]


Düster, -er, -ste, adj. et adv. welches nur in den gemeinen Mundarten, besonders Ober- und Niedersachsens, für dunkel, finster, gebraucht wird. Es wird düster. Eine düstere Nacht. Wir sind im Düstern wie die Todten, Es. 59, 10. Leuchte mir durch düstre Höhlen, Gryph. Ingleichen figürlich, mürrisch, verdrießlich. Durch den Umgang mit Büchern wird sie todt und düster, Gell.

Anm. Dieses ursprünglich Niedersächsische Wort lautet im Angels. dyrstre, thyster, im Engl. dusky, im Schwed. dyster. Man leitet es von dem alten du, schwarz, her, und ist diese Ableitung richtig, so ist es mit dunkel nur der Endsylbe und Mundart nach verschieden, mit welchem es auch in der Bedeutung, wenigstens in der eigentlichen, überein kommt. Es ist wahr, daß auch einige sonst gute Schriftsteller dieses Wort selbst in der höhern Schreibart gebraucht haben; allein, eben so gewiß ist es auch, daß nicht alles, was gute Schriftsteller irgend ein Mahl gebrauchen, dadurch sogleich geadelt wird, weil es, unter andern, sonst auch keine Sprachfehler geben würde. Düster ist der edlern und höhern Schreibart unwürdig, zumahl da es vor dunkel, finster, u. s. f. in keinem Stücke etwas voraus hat. Eben das gilt von dem Substantive die Düsternheit, für welches Gryphius die Düsterniß gebraucht.


Dütchen (W3) [Adelung]


Das Dütchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme verschiedener Münzen am Niederrheine, in Westphalen und den Niederlanden. 1) Einer Münze von achtzehn Pfennigen, oder drey Schillingen, deren sechzehn auf einen Reichsthaler gehen; Nieders. Düt- jen. In andern selbst Oberdeutschen Provinzen war ein Dütchen ehedem so viel als ein Doppelgroschen, oder zwey Groschen. 2) Der geringsten Scheidemünze, deren acht auf einen Stüber, 400 aber auf einen Thaler Banco gehen; ein Deut, S. dieses Wort.

Anm. Dütchen ist das Diminut. von Deut, Holländ. Duyt. Frisch glaubt; daß diese Münze von dem Franz. tete, Kopf, ihren Nahmen habe, wegen des darauf geprägten Kopfes, von welchem Umstande auch die Kopfstücke ihren Nahmen bekommen haben.


Düte (W3) [Adelung]


Die Düte, plur. die -n, Diminut. das Dütchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein in Gestalt eines spitzigen Kegels zusammen gerolltes, und an der Spitze zugedrehetes Papier, etwas darin aufzubehalten. Eine Düte machen. Eine Zuckerdüte, Pfefferdüte u. s. f.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort Tute oder Tüte, im Oberdeutschen Deute, Teute, und in der gezierten Obersächsischen Mundart Diete. Vermuthlich hat dieses Behältniß seinen Nahmen von seiner Ähnlichkeit mit einem Horne erhalten; denn Teute, Tuyte, Tote, bedeutete in der alten Niederdeutschen Mundart ein Horn. Dieses Wort würde uns zugleich auf das Zeitwort stoßen, im Nieders. stöten, führen, welches sich von diesem Worte bloß durch den Zischlaut unterscheidet. Im Schwedischen ist Tut der Schnabel, und Tutkanna, Holländ. Tuytkan, Nieders. Teute, eine hölzerne Kanne mit einem langen Schnabel. S. Zitze. Schon das Chald. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bedeutete ein Horn, das Slavonische duty aber ist hohl. Im Oberdeutschen wird eine Düte auch ein Scharmützel, ingleichen Rogl, d. i. Rolle, genannt. S. diese Wörter.


Düteln (W3) [Adelung]


Düteln, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden, besonders Obersachsens, üblich ist. Die Manschetten düteln, sie in Gestalt der Düten fälteln, welches vermittelst eines erhitzten Werkzeuges geschiehet, welches man daher das Düdeleisen, und in andern Gegenden die Glocke nennt.


Düten (W3) [Adelung]


Düten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, auf einem Horne blasen, im gemeinen Leben. So düten die Hirten auf dem Lande, und die Nachtwächter in einigen Städten.

Anm. Im Nieders. tuten, teuten, von Teute, ein Blasehorn, im Holländ. tuyten, im Engl. to toot, im Schwed. tuta, tönen überhaupt, im Angels. thutan, heulen; entweder von dem vorigen Düte, ein Horn, oder, welches noch wahrscheinlicher ist, als eine Nachahmung des Tones der dadurch hervor gebracht wird.


Dutenschnecke (W3) [Adelung]


Dutenschnecke, S. Kegelschnecke.


Dutzbruder (W3) [Adelung]


Der Dutzbruder, des -s, plur. die -brüder, in den niedrigen Sprecharten, eine Person männlichen Geschlechtes, welche man aus Vertraulichkeit du nennet, wenn man gleich nicht durch die Bande des Blutes mit ihr verbunden ist; in der anständigern Sprechart des vorigen Jahrhundertes ein Dutzgenoß. Er ist mein Dutzbruder. Sie sind Dutzbruder. Im Nieders. Dutzbroor, im Dän. Duusbroder. So auch die Dutzschwester, eine solche Person weiblichen Geschlechtes.


Dutzen (W3) [Adelung]


Dutzen, verb. reg. act. du nennen, du zu jemanden sagen, im gemeinen Leben und in der niedrigen Sprechart. Jemanden dutzen. Sich mit einem dutzen.

Anm. Bey dem Hornegk lautet dieses Wort tugezen, duazen, im Dän. dutte, im Ital. tizzare, im mittlern Lat. tuissare, im Franz. tutoyer. S. Du und -Zen.


Duwock (W3) [Adelung]


Der Duwock, des -es, plur. inus. die Niedersächsische Benennung einer Art Unkrautes, welches sich in marastigen Gegenden sehr ausbreitet, und im Hochdeutschen auch unter dem Nahmen Kannenkraut bekannt ist: Equisetum arvense, L.


Dynast (W3) [Adelung]


Der Dynast, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Dynasta, einer vom hohen Adel, welcher keine Reichswürde und gewisse kleinere Regalien hat; daher die Dynasten die unterste und letzte Classe des hohen Adels ausmachen. Ehedem wurden sie in engerer Bedeutung Herren genannt, und in Schlesien heißen sie noch jetzt Standesherren. Daher die Dynastie, die Herrschaft, Standesherrschaft. Unsere jetzigen Freyherren stellen etwas von den Dynasten vor, aber auch nur etwas.


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