Etymologie, Etimología, Étymologie, Etimologia, Etymology, (griech.) etymología, (lat.) etymologia, (esper.) etimologio
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XADE_a - Adelung - Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
A
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Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
- A
- Ä
- Aa
- Aal
- Aalbeere
- Aaleidèchse
- Aalen
- Aalfang
- Aalgabel
- Aalhälter
- Aalkasten
- Aalkirsche
- Aalmutter
- Aallège
- Aalpuppe
- Aalquappe
- Aalquast
- Aalraupe
- Aalreuse
- Aalst?cher
- Aalstreif
- Aalwèhr
- Aar
- Aaron
- Aarweihe
- Aas
- Aasblatter
- Aasen
- Aasfliege
- Aasfrèssend
- Aasgeyer
- Aaskäfer
- Aaskopf
- Aaspocke
- Aasseite
- Aaß
- Áb
- Abaasen
- Sich Abächzen
- Abackern
- Abändern
- Abänderlich
- Abänderung
- Abängsten
- Abarbeiten
- Abarbeitung
- Abärgern
- Abärnten
- Ábart
- Ábarten
- Ábartung
- Ábartig
- Ábschern
- Abaßen
- Abästen
- Abäthmen
- Abätzen
- Abäugeln
- Abäußern
- Abba
- Abbacken
- Abbaden
- Abbähen
- Abbaizen
- Abbaken
- 1. Abbalgen
- Abbalgen
- Abbamsen
- Abbannen
- Abbatissinn
- Abbauen
- Abbaumen
- Abbäumen
- Abbêêren
- Abbeißen
- Abbeitzen
- Abbèrsten
- Abberufen
- Abbestèllen
- Abbèthen
- Abbêtteln
- Abbétten
- Abbeugen
- Abbezahlen
- Abbiegen
- Abbiethen
- Abbild
- Abbilden
- Abbildung
- Abbilligen
- Abbinden
- Ábbíß
- Abbitte
- Abbitten
- Abblasen
- Abblatten
- Abblättern
- Abbläuen
- Abblicken
- Abblühen
- Abblüthen
- Abbohren
- Abborgen
- Abbrand
- Abbraten
- Abbrauchen
- Abbräunen
- Abbrausen
- Ábbr?chen
- Ábbr?chung
- Abbreiten
- Abbrênnen
- Abreviiren
- Abbringen
- Abbröckeln
- Ábbrúch
- Abbrühen
- Abbrunsten
- Abbuden
- Abbürsten
- Abbüßen
- Abcirkeln
- Abcopiren
- Abdáchen
- Abdáchung
- Abdämmen
- Abdampfen
- Abdanken
- Abdankung
- Abdankungsrède
- Abdarben
- Abdarren
- Abdêcken
- Abdècker
- Abdèckerey
- Abdêckerlêder
- Abdeichen
- Abdielen
- Abdienen
- Abdingen
- Abdisputiren
- Abdocken
- Abdonnern
- Abdoppeln
- Abdorren
- Abdörren
- Abdraht
- Abdrängen
- Abdräuen
- Abdrechseln
- Abdrèhen
- Ábdr?schen
- Abdringen
- Abdrohen
- Abdruck
- Abdrucken
- Abdrücken
- Abdrucksstange
- Abdunkeln
- Abdunsten
- Abdünsten
- Abêbenen
- Abeifern
- Abelmosch
- Abênd
- Abendandacht
- Abendbesuch
- Abendbrot
- Abenddämmerung
- Abendessen
- Abendgang
- Abendgebèth
- Abendglocke
- Abendjagd
- Abendkost
- Abendland
- Abendländer
- Abendländisch
- Abendlich
- Abendlicht
- Abendlied
- Abendluft
- Abendlust
- Abendmahl
- Abendmahlzeit
- Abendmarkt
- Abend-Musik
- Abendopfer
- Abend-Punct
- Abendrègen
- Abendroth
- Abendröthe
- Abends
- Abendschicht
- Abendsègen
- Abendsègen
- Abendseite
- Abendsonne
- Abendspeise
- Abendständchen
- Abendstèrn
- Abendstillstand
- Abendstunde
- Abendthau
- Abendtísch
- Abenduhr
- Abendviole
- Abendvogel
- Abendvolk
- Abendwärts
- Abendweite
- Abendwind
- Abenteuer
- Abenteuerlich
- Abenteuerlichkeit
- Abenteurer
- Abenteurig
- Aberacht
- Abersche
- Aberglaube
- Abergläubig
- Ab-erkénnen
- Aberklaue
- Abermahl
- Abermahlig
- Ab-èrnten
- Aberraute
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- Aberwitz
- Aberwitzig
- Áb?schern
- Abêssen
- Ábfáchen
- Abfädmen
- Abfahen
- Abfahren
- Abfahrt
- Abfahrtsflagge
- Abfahrtsgèld
- Abfahrtschúß
- Abfall
- Abfallen
- Abfällig
- Abfallsröhre
- Abfalzen
- Abfangen
- Abfärben
- Abfaßen
- Abfassen
- Abfasten
- Abfaulen
- Abfäumen
- Abfèchten
- Abfèdern
- Abfègen
- Abfeilen
- Abfeilicht
- Abfeimen
- Abfèrtigen
- Abfèrtigung
- Abfèsseln
- Abfeuern
- Abfiedeln
- Abfiedern
- Abfinden
- Abfindung
- Abfinnen
- Ábfíschen
- Abfitzen
- Ábfláchen
- Abflammen
- Abflattern
- Abflauen
- Abflècken
- Abflèdern
- Abflègeln
- Abfleischen
- Abflichhêrd
- Abfliegen
- Abfließen
- Abflößen
- Ábflúß
- Abfodern
- Abfolgen
- Abfolgung
- Abfordern
- Abforderung
- Abformen
- Abformiren
- Abfragen
- Abfrèssen
- Abfrieren
- Abfröhnen
- Abfügen
- Abfuhre
- Abführen
- Abführung
- 1. Abfüllen
- 2. Abfüllen
- Abfurchen
- Abfüttern
- Abgabe
- Abgähren
- Abgang
- Abgängig
- Abgärben
- Abgaukeln
- Abgèben
- Abgeboth
- Abgebróchenheit
- Abgehen
- Ábgelêbt
- Abgelègen
- Abgelêgenheit
- Abgeneigt
- Abgeneigtheit
- Abgesandt
- Abgeschiedenheit
- Abgeschirren
- Abgeschmackt
- Abgeschmacktheit
- Abgewähren
- Abgewinnen
- Abgewohnen
- Abgewöhnen
- Abgezogenheit
- Abgießen
- Abgießer
- Abgift
- Abglanz
- Abglätten
- Abgleichen
- Abgleiten
- Abglimmen
- Abglitschen
- Abglühen
- Abgott
- Abgötter
- Abgötterey
- Abgöttisch
- Abgraben
- Abgrämen
- Abgrasen
- Abgreifen
- Abgrund
- Abgründen
- Abgucken
- Abgunst
- Abgünstig
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- Abgürten
- Ábgúß
- Abgüten
- Abhaaren
- Abhacken
- Abhadern
- Abhästen
- Abhageln
- Abhägen
- Abhäkeln
- Abhaken
- Abhalsen
- Abhalten
- Abhaltung
- Abhandeln
- Abhanden
- Abhandlung
- Abhang
- Abhangen
- Abhängen
- Abhängig
- Abhängigkeit
- Abhangung
- Abhängung
- Abhären
- Abhärmen
- Abhärten
- Ábháschen
- Abhaspeln
- Abhauben
- Abhäucheln
- Abhauen
- Abhäuten
- Abhében
- Abhêften
- Abheilen
- Abheischen
- Abhêlfen
- Abhèlflich
- Abhêllen
- Abhênken
- Abherkommen
- Abhètzen
- Abheucheln
- Abheuern
- Abheuern
- Abheulen
- Abhinnen
- Abhobeln
- Abhocken
- Abhohlen
- Abhold
- Abholzen
- Abholzig
- Abhorchen
- Abhören
- Abhub
- Abhucken
- Abhülfen
- Abhungern
- Abhuren
- Abhüten
- Abhütten
- Abjagen
- Äbicht
- Äbichten
- Ábjóchen
- Abirren
- Abirrung
- Abkalben
- Abkämmen
- Abkämpfen
- Abkanten
- Abkanteln
- Abkanzeln
- Abkappen
- Abkargen
- Abkarten
- Abkauf
- Abkaufen
- Abkäufer
- Abkäuflich
- Abkêhlen
- Abkêhr
- Abkèhren
- Abkeifen
- Abkêltern
- Abkètteln
- Abkimmen
- Abkippen
- Abklaffen
- Abklappen
- Abklären
- Abklatschen
- Abklauben
- Abkleiden
- Abkleidung
- Abklèmmen
- Abklopfen
- Abklören
- Abklötzen
- Abknappen
- Abknattern
- Abkneipen
- Abknicken
- Abknöpfen
- Abknüpfen
- Ábkóchen
- Abköhlen
- Abkommen
- Abkommen
- Abkömmling
- Abkömmniß
- Abköpfen
- Abkoppeln
- Abkräften
- Abkramen
- Abkrämpen
- Abkranken
- Abkränken
- Abkratzen
- Abkrauten
- Abkriegen
- Abkröschen
- Abkühlen
- Abkühlfaß
- Abkühlung
- Abkümmern
- Abkündigen
- Abkündigung
- Abkunft
- Abküpfeln
- Abküpfen
- Abkuppen
- Abkürzen
- Abkürzung
- Ábláchen
- Ablactiren
- Abladen
- Ablader
- Ablage
- Ablager
- Abländen
- Ablang
- Ablangen
- Ablängen
- Ábláschen
- Ablaß
- Ablassen
- Ablativ
- Ab-latten
- Ablauben
- Ablauern
- Ablauf
- Ablaufen
- Abläufer
- Ablaugen
- Abläugnen
- Ablauschen
- Abläutern
- Ablèben
- Ablècken
- Ablêdern
- Ablèèren
- Ablègen
- Ablèger
- Ablehnen
- Ablêhnen
- Ableibig
- Ableiben
- Ableiten
- Ableiter
- Ablènden
- Ablenken
- Ablêrnen
- Ablêrschen
- Ablêsen
- Ablèser
- Ableugnen
- Ablieben
- Abliefern
- Abliegen
- Ablisten
- Abloben
- Ablocken
- Ablohnen
- Ablörschen
- Ablöschen
- Ablösen
- Ablöslich
- Ablösung
- Ablöthen
- Abludern
- Ablügen
- Ablugsen
- Ábmáchen
- Abmähen
- 1. Abmahlen
- Abmahlen
- 3. Abmahlen
- Abmahnen
- Abmärgeln
- Abmarken
- Abmarken
- Abmarsch
- Abmarschiren
- Abmartern
- Abmaße
- Abmatten
- Abmehren
- Abmeiern
- Abmeißeln
- Abmèrgeln
- Abmèrken
- Abmèssen
- Abmètzen
- Abmiethen
- Abmisten
- Abmodeln
- Abmoosen
- Abmühen
- Abmüßigen
- Abmutzen
- Abnagen
- Abnähen
- Abnahme
- Abnarben
- Abnärben
- Abnarren
- Ábnáschen
- Abnêhmen
- Abnehmen
- Abnehmer
- Abneigen
- Abneigung
- Abnießeln
- Abnießen
- Abnieten
- Abnöthigen
- Abnützen
- Abnutzen
- Aböden
- Aboliren
- Abolition
- Abominabel
- Abominabel
- Abonniren
- Abordnen
- Abort
- Abörtern
- Abortiren
- Abpachten
- Abpacken
- Abpassen
- Abpeitschen
- Abpêlzen
- Abpfänden
- Abpflöcken
- Abpflücken
- Abpflügen
- Abpinnen
- Abplanschen
- Abplacken
- Abplaggen
- Abplätten
- Abplätzen
- Abplündern
- Ábpóchen
- Abpöhlen
- Abposten
- Abpragen
- Abprallen
- Abprasseln
- Abprellen
- Abprêssen
- Abprotzen
- Abprügeln
- Abpuffen
- Abputzen
- Abquälen
- Abquêrlen
- Abquêtschen
- Abquicken
- Abradeln
- Abraffen
- Abrafft
- Abrahams-Baum
- Abrahmen
- Abráinen
- Abrasen
- 1. Abraspeln
- Abraspeln
- Abraspen
- Abrathen
- Abrauben
- Abrauchen
- Abraufen
- Abraum
- Abräumen
- Abraupen
- Áb r?chen
- Ab-rêchling
- Abrèchnen
- Abrèchnung
- Abrèchte
- Abrèchten
- Abrècken
- Abrède
- Abrèden
- Ábrêgnen
- Abreiben
- Abreichen
- Abreifen
- Abreihen
- Abreise
- Abreisen
- Abreißen
- Abreißer
- Abreiten
- Abrênnen
- Abrichten
- Abriegeln
- Abrieseln
- Abriffeln
- Abrinden
- Abrindig
- Abrinnen
- Abrippen
- Abrispen
- Ábríß
- Abrohren
- Abröhren
- Abrollen
- Abrosten
- Abrotten
- Abrücken
- Abrudern
- Abruf
- Abrufen
- Abrühren
- Abründen
- Abrupfen
- Abrüsten
- Abrutschen
- Abrütteln
- Absäbeln
- Absacken
- Absäen
- Absage
- Absagen
- Absägen
- Absahnen
- Absatteln
- Absatz
- Absätzig
- Absäubern
- Absaufen
- Absäugeln
- Absaugen
- Absäugen
- Abscêß
- Abschaben
- Abschäbsel
- Ábscháchern
- Abschachteln
- Abschaffen
- Abschälen
- Abschalmen
- Abschank
- Abschärfen
- Abscharren
- Abschatten
- Abschauen
- Abschauern
- Abschaufeln
- Abschaum
- Abschäumen
- Abschèèren
- Abscheiden
- Abscheider
- Abschènken
- Abschèren
- Abscheu
- Abscheuern
- Abscheulich
- Abscheulichkeit
- Abscheuren
- Abschichten
- Abschicken
- Abschieben
- Abschied
- Abschiedsbrief
- Abschiefern
- Abschienen
- Abschießen
- Abschiffen
- Abschildern
- Abschinden
- Abschirren
- Abschlachten
- Abschlag
- Abschlagen
- Abschlägig
- Abschläglich
- Abschlämmen
- Abschläudern
- Abschleichen
- 1. Abschleifen
- 2. Abschleifen
- Abschleifsel
- Abschleimen
- Abschleißen
- Abschlendern
- Abschlènkern
- Abschlèppen
- Abschlichten
- Abschließen
- Abschlüpfen
- Abschlürfen
- Ábschlúß
- Abschmack
- Abschmausen
- Abschmècken
- Abschmeicheln
- Abschmeißen
- Abschmèlzen
- Abschmieren
- Abschmützen
- Abschnallen
- Abschnappen
- Abschneiden
- Abschnèllen
- Abschnippen
- Abschnitt
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- Abschnittswinkel
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- Abschöpfen
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- Abschütteln
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- Abschwären
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- Abschwärzen
- Abschwatzen
- Abschwêfeln
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- Abschwêlgen
- Abschwêmmen
- Abschwènden
- Abschwimmen
- Abschwinden
- Abschwingen
- Abschwitzen
- Abschwören
- Absègeln
- Absehen
- Absehen
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- Abseite
- Abseits
- Absènden
- Absèngen
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- Absènker
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- Abseyn
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- Absichtlich
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- Absieden
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- Absolut
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- Abspänen
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- Abstêchen
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- Abstêmmen
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- Abteylich
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- Abtheilung
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- Abthun
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- Äbtlich
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- Abträufeln
- Abtreiben
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- Abtriefen
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- Abtrocknen
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- Abwandeln
- Abwandern
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- 2. Abweichen
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- Abwêtten
- Abwêttern
- Abwêtzen
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- Abwiegen
- Abwinde
- Abwinden
- Abwirken
- Ábwischen
- Abwittern
- Abwölfen
- Ábwúchern
- Abwürdigen
- Abwürgen
- Abwürzen
- Abwüthen
- Abzackern
- Abzahlen
- Abzählen
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- Abzanken
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- Abzèhrung
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- Adjectiv
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- Aerostatik
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- Affenbêêre
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- Anderns
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- Anfall
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- Anfällig
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- Anfühlen
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- Anführer
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- Angelotte
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- Aufegen
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- Aufeisen
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- Aufènthalt
- Aufenthalten
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- Aufräumer
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- Ausdienen
- Ausdingen
- Ausdocken
- Ausdonnern
- Ausdorren
- Ausdörren
- Ausdrängen
- Ausdr?chseln
- Ausdrèhen
- Ausdr?schen
- Ausdruck
- Ausdrucken
- Ausdrücken
- Ausdrücklich
- Ausdrúsch
- Ausduften
- Ausdüften
- Ausdulden
- Ausdunsten
- Ausdünsten
- Ausècken
- Ausegen
- Auseinander
- Auseisen
- Auseisen
- Auseitern
- Auserkiesen
- Auserkören
- Auserlèsen
- Auserschallen
- Ausersehen
- Ausersinnen
- Auserwählen
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- Ausfasen
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- Ausfausten
- Ausfêchten
- Ausfegen
- Ausfèhmen
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- Ausfèrtigen
- Ausfeuern
- Ausfeyern
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- Ausfilzen
- Ausfinden
- Ausfindig
- Ausfíschen
- Ausflammen
- Ausflattern
- Ausflèchten
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- Ausfliegen
- Ausfließen
- 1. Die Ausflucht
- 2. Die Ausflucht
- Ausflug
- Ausflúß
- Ausfluth
- Ausfolgen
- Ausfordern
- Ausfördern
- Ausforschen
- Ausfragen
- Ausfransen
- Ausfrêssen
- Ausfrieren
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- Ausführbar
- Ausfuhre
- Ausführen
- Ausführlich
- Ausführlichkeit
- Ausfüllen
- Ausfündig
- 1. Ausfüttern
- 2. Ausfüttern
- Ausgabe
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- Ausgang
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- Ausgeschênk
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- Auskommen
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- Ausputzer
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- Ausquètschen
- Ausräden
- Ausraiden
- Ausradiren
- Ausrahmen
- Ausrahmen
- Ausrammeln
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- Ausrasten
- Ausrauchen
- Ausrauchern
- Ausraufen
- Ausräumen
- Ausräuspern
- Ausrêchnen
- Ausrêcken
- Ausrède
- Ausrêden
- Ausregnen
- Ausrehden
- Ausreiben
- Ausreichen
- Ausreisen
- Ausreißen
- Ausreißer
- Ausreiten
- Ausreiter
- Ausreitern
- Ausrenken
- Ausreuten
- Ausrichten
- Ausrichter
- Ausrichtig
- Ausrichtung
- Ausrieseln
- Ausringen
- Ausrinnen
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- Ausritt
- Ausroden
- Ausrohren
- Ausröhren
- Ausrollen
- Ausrotten
- Ausrucken
- Ausruf
- Ausrufen
- Ausrufer
- Ausruhen
- Ausrühren
- Ausründen
- Ausrupfen
- Ausrüsten
- Ausrütteln
- Aussaat
- Aussacken
- Aussäen
- Aussage
- Aussagen
- Aussägen
- Aussatz
- Aussätzig
- Aussäubern
- Aussaufen
- Aussaugen
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- Aussauger
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- Ausschaufeln
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- Ausscheiden
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- Ausschênken
- Ausscheren
- Ausscheuern
- Ausschicken
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- Ausschieren
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- Ausschiffen
- Ausschimpfen
- Ausschinden
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- Ausschlagen
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- 2. Ausschleifen
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- Ausschmieden
- Ausschmieren
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- Ausschmücken
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- Ausschnauben
- Ausschnäutzen
- Ausschneiden
- Ausschneiteln
- Ausschnieben
- Ausschnitt
- Ausschnittling
- Ausschnitzen
- Ausschnüren
- Ausschnupfen
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- Ausschossen
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- Ausschramm
- Ausschrauben
- Ausschreiben
- Ausschreiten
- Ausschreyen
- Ausschroten
- Ausschuhen
- Ausschuppen
- Ausschüren
- Ausschürfen
- Ausschuß
- Ausschütteln
- Ausschütten
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- Ausschwänken
- Ausschwären
- Ausschwärmen
- Ausschwatzen
- Ausschwêfeln
- Ausschweif
- Ausschweifen
- Ausschweifung
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- Ausschwêlgen
- Ausschwèmmen
- Ausschwènken
- Ausschwingen
- Ausschwitzen
- Aussêgeln
- Aussehen
- Ausseigern
- Ausseihen
- Ausseimen
- Außen
- Aussènden
- Außengraben
- Außenland
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- Außenschein
- Außenseite
- Außenstand
- Außentheil
- Außenwand
- Außenwêrk
- Außer
- Außerdèm
- Äußere
- Außergerichtlich
- Außerhalb
- Äußerlich
- Äußern
- Außerordentlich
- Äußerst
- Außerwèsentlich
- Aussètzen
- Ausseyn
- Aussichern
- Aussicht
- Aussieben
- Aussiechen
- Aussiechen
- Aussieden
- Aussiekern
- Aussingen
- Aussinnen
- Aussitzen
- Aussöhnen
- Aussömmern
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- Aussoren
- Aussortiren
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- Ausspannen
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- Ausspaziren
- Ausspeisen
- Ausspènden
- Ausspèrren
- Ausspeyen
- Ausspielen
- Ausspinnen
- Ausspintisiren
- Ausspioniren
- Ausspotten
- Aussprache
- Ausspr?chen
- Aussprêchlich
- Ausspreiten
- Aussprengen
- Ausspreuen
- Aussprießen
- Ausspringen
- Ausspritzen
- Aussprossen
- Aussprößling
- Aussprúch
- Aussprühen
- Ausspucken
- Ausspülen
- Ausspünden
- Ausspüren
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- Ausstallen
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- Ausstand
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- Ausstäubern
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- Ausstehen
- Aussteifen
- Aussteigen
- Ausstèllen
- Ausstêmmen
- Ausste?rben
- Aussteuer
- Aussteuern
- Aussticken
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- Ausstochern
- Ausstocken
- Ausstollen
- Ausstopfen
- Ausstören
- Ausstoß
- Ausstoßen
- Ausstrècken
- Ausstreichen
- Ausstreifen
- Ausstreiten
- Ausstreuen
- Ausstrich
- Ausströmen
- Ausstückeln
- Ausstudiren
- Ausstumpeln
- Ausstürmen
- Ausstürzen
- Ausstützen
- Aussuchen
- Aussüßen
- Aust
- Austäfeln
- Austanzen
- Austapeziren
- Austauschen
- Auster
- Austerbank
- Austermann
- Austernèssel
- Austernschaber
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- Austunken
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- Auswählen
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- Auswèhen
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- 2. Ausweichen
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- Ausweisen
- Ausweißagen
- Ausweißen
- Ausweiten
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- Auswickeln
- Auswiegen
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- Auszêhren
- Auszeichnen
- Auszèrren
- Ausziehen
- Auszieren
- Auszimmern
- Auszinnen
- Auszipfeln
- Auszirkeln
- Auszíschen
- Auszug
- Auszupfen
- Auszürnen
- Auszwicken
- Auszwicken
- Autor
- Autorisiren
- Autoritat
- Auxiliar-Truppen
- Avánce
- Avarey
- Avis-Brief
- Avthenticitat
- Avtomat
- Axe
- Axiom
- Axt
- Axthèlm
- Ay
- Azerol-Birn
- Azur
Erstellt: 2021-01
A
Adelung, Johann Christoph
Hochdeutsches Wörterbuch
Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart,
mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten,
besonders aber der Oberdeutschen
(E?)(L?) http://www.bastisoft.de/misc/adelung/
Zu den Daten
Hier finden Sie den vollständigen Text des "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen" von Johann Christoph Adelung. Er entspricht der Ausgabe von 1811, die vom Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek eingescannt und mit einem Texterkennungsprogramm in Textform überführt wurde. Text und Bilder hat die sogenannte Digitale Bibliothek auf Ihrem Web-Server verfügbar gemacht, jedoch nicht als fortlaufenden Text. Das ist die Lücke, die diese Datei füllen soll.
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Der Text unterliegt keinem urheberrechtlichen Schutz, da dieser nach deutschem Recht nur Werken gewährt wird, deren Urheber noch lebt oder höchstens seit 70 Jahren tot ist.
Sebastian Koppehel
Erstellt: 2010-02
a (W3) [Adelung]
a, ein Vocal, und zugleich der erste Buchstab des Deutschen
Alphabetes, welcher unter allen Vocalen für die Aussprache der
einfachste und leichteste ist, er mit der weitesten Öffnung des Mundes
gebildet wird, daher er auch der erste vernehmliche Ton ist, welchen
die Natur in den neugebornen Kindern von sich gibt. Sprichw. Wer A
sagt muß auch B sagen, wer sich einmahl in etwas eingelassen hat, muß
darin fortfahren.Bey den Hochdeutschen hat dieses a nur einen einzigen
Laut, welcher entweder gedehnt ist, wie in da, Gabe, laben, oder
geschärft, wie in was, raffen, Pallast. Allein in den verschiedenen
Mundarten wird es fast durch alle Schattirungen der Aussprache
hindurch geführet; wovon man, was die Oberdeutschen Provinzen
betrifft, Popowitschens Untersuchung vom Meere S. 89, 288 f. nachsehen
kann. Am häufigsten nähert man es daselbst dem o, da es denn dem
Schwedischen u sehr ähnlich wird. Oft wird das a von dem o gänzlich
verdränget, und es gibt auch noch Hochdeutsche, welche Odem für Athem
sprechen und schreiben. In manchen Provinzen verwandelt man es in den
unangenehmen Doppellaut oa, z. B. foahren, troan, für fahren, tragen,
und in noch andern läßt man ein u hinter her schleichen, wie jau für
ja, oder fetzet wohl gar das u an dessen Stelle, wie hust du, für hast
du, ju für ja, Klufter für Klafter. Von der Bezeichnung des gedehntem
a, S. Orthogr. Th. I, S. 248. In der Ableitung und der Wörter wird
dieses a sehr oft in ä verwandelt; als Anfang, anfänglich; Zahl,
zählen; Pfalz, Pfälzer; Hand, Hände; Mangel, Mängel; ich dachte, ich
dächte; ich schlage, du schlägst, er schlägt; wovon die Regeln, wenn
anders welche davon gegeben werden können, in der Sprachlehre gesucht
werden müssen.Das a privativum, welches einige in den alten Deutschen
Mundarten angetroffen haben wollen, ist nichts anders, als eine
verkürzte Aussprache des heutigen un oder ohn; z. B. adeilon,
untheilhaft, ateilig, verlustig, Achusti, Untugend, Amalia, die
Unbefleckte, von Mail.Auf gleiche Art sprechen einige Niedersachsen
noch heut zu Tage Amacht, amächtig, awiesig, Awiesigkeit u. s. f. für
Ohnmacht, ohnmächtig, unweise oder läppisch u. s. f. Eben diese
Bewandtniß hat es auch mit Wachters so genanntem a positivo, welches
wohl auch nichts anders, als der durch eine geschwinde Aussprache
verkürzte unbestimmte Artikel ein ist, Statt dessen nicht nur viele
Deutsche Provinzen im geschwinden Reden, sondern auch die Engländer
allemahl, ein a oder ä, und wenn ein Vocal darauf folgt, an
gebrauchen; z. B. a Finger, a Fisch, a Gürtel, a Glas, än, oder an
Altar, an Ofen, an Arm, an Ochs und s. f. und Engl. a finger, a fish,
a girdle, a glass, an altar, an oven, an arm, an ox, u. s. f. welcher
Artikel denn nachmahls mit vielen Hauptwörtern auf eine nunmehr
unzertrennliche Art zusammen geschmolzen seyn kann. S. Ein, und Ameise. Das a drucket, wie in den meisten Sprachen, so auch in der
Deutschen, fast alle Bewegungen und Leidenschaften der Seele aus, und
um den Ausdruck zu verstärken, hat man demselben von den ältesten
Zeiten an noch die Hauchlaute ch und h beygefüget. S. Ach und Ha.Am
Ende vieler heutigen eigenthümlichen Nahmen der Flüsse und Örter ist a
aus acha, aha, oder ach, d. i. Wasser, zusammen gezogen. S. Ach.
Ä (W3) [Adelung]
Ä ein einfacher Vocal, welcher einen Mittellaut zwischen dem a und
hohen e hat, und so, wie das a, bald gedehnt, bald aber auch geschärft
ausgesprochen wird. Die meisten Sprachlehrer haben diesen Buchstaben
für einen wahren Doppellaut ausgegeben; andere haben solches
geläugnet, und Gründe für ihre Meinung angeführet, die aber größten
Theils wenig oder gar nichts beweisen. Indessen ist doch der Streit
sehr leicht zu entscheiden, wenn man nur den Laut selbst von dem
Zeichen des Lautes unterscheidet. Der Laut an und für sich selbst,
wird mit einer eben so einfachen Öffnung des Mundes hervor gebracht,
und läßt so wenig doppeltes oder zusammen gesetztes hören, als die
Laute a, e, i, o und u; und wenn er gleich ein Mittellaut zwi dem a
und e ist, so folgt daraus noch nicht, daß er aus diesen beyden
Vocalen
zusammen geflossen ist. In allen Sprachen sind die Vocale nur
stufenweise von einander unterschieden, und wenn man die Mundarten mit
in Anschlag bringt, so werden diese Stufen unmerklich. Im Deutschen
würde es nicht schwer fallen, zwanzig solche Vocalen anzugeben, deren
Unterschied dem Gehöre noch immer merklich genug ist; S. Lamberts
neues Organon Th. 2, S. 47. Warum sollen aber alle diejenigen
Doppellaute heissen, die sich von den fünf am meisten hervorstechenden
Vocalen mehr oder weniger entfernen? Noch eins, welches besonders das
ä betrifft. Es hat eben denselben Laut, den das erste e in Besen,
lesen, Wesen und hundert andern Wörtern hat. Machte der Laut einen
Buchstaben zum Doppellaute, so müßte man dieses e auch einen
Doppellaut nennen, welches doch noch niemanden eingefallen ist.Aber
nun zu dem Zeichen. Gemeiniglich schreibt man die Laute ä, ö, ü, durch
Ae, Oe und Ue, und in der kleinen Schrift durch ae, oe, ue und sind
nun freylich doppelte Buchstaben, die aber darum keine Doppellaute
machen. Als die Deutschen die Lateinischen Buchstaben annahmen, so
finden sie in denselben für die Vocale nur fünf Zeichen, und sie
hatten doch deren mehr nöthig. Sie halfen sich also dadurch, daß die
theils diese Zeichen zusammen setzen, theils den am meisten verwandten
Lauten einerley Zeichen gaben. Unwissenheit, Verschiedenheit der
Meinungen und vielleicht auch der Mundarten, und die nur nach und nach
geschehene Annahme des Lateinischen Alphabetes machten, daß man dabey
nicht gleichförmig zu Werke ging; und daher kam es, daß man besonders
den Laut ä in einigen Fällen durch das Zeichen a, in andern aber durch
ein bloßes e ausdruckte. Die Sprachlehrer, welche selten
philosophische Köpfe haben, blieben bey dem Zeichen stehen, und so
wurden aus ae, oe, und ue Doppellaute, da man sie höchstens
Doppelbuchstaben hätte nennen können. In der größern oder so genannten
Versal-Schrift machte man es in den Druckereyen noch ärger, und setzte
den andern Vocal aus Armuth an Schriftzeichen gar daneben, Ae, Oe, Ue.
Wie viele Schwierigkeiten solche Kindern und Ausländern in Erlernung
des Lesens macht, und wie viele Verwirrung solches in einem
Wörterbuche nach alphabetischer Ordnung anrichtet, ist leicht
einzusehen. Man hat daher in diesem Wörterbuche für die drey
Selbstlaute ä, ö, und ü, sowohl in der größern als kleinern Schrift,
besondere Zeichen gewählet, die der Natur der Sache hoffentlich mehr
angemessen, und nicht so vielen Mißdeutungen unterworfen seyn werden.
Man muß daher auch diejenigen Wörter, welche sich mit diesen drey
Selbstlautern anfangen, nicht in Ae, Oe und Ue, sondern nach Maßgebung
des darauf folgenden Consonanten aufsuchen. Von dem Gebrauche dieses
Vocals S. Orthogr. Th. 1, S. 140.
Aa (W3) [Adelung]
Aa, das Zeichen eines gedehnten a, welches erst in den spätern
Zeiten, aber nur in einigen wenigen Fällen eingeführet worden, wovon
ich die Ursachen in der Orthogr. 1, S. 240 entwickelt habe.
Diejenigen, welche die Laute mit ihren Zeichen verwechseln, rechnen
auch dieses a unter die Doppellaute. Siehet man aber, wie doch billig
ist, bloß auf den Laut, so lässet es sich so wenig unter die
Diphthongen zählen, als das ah und alle übrige gedehnte Vocale. Einige
haben es wieder abschaffen wollen, weil man dessen Gebrauch in den
ältesten Zeiten nicht findet; allein da es heut zu Tage in einigen
Wörtern, als Aal, Aas, Aar, Haar, Paar, Schaar, Quaal, Saal u. s. f.
überall angenommen ist, und das Alterthum an und für sich nirgends
weniger Richter seyn kann, als in der Sprache: so würde solches eine
so vergebliche als unnöthige Neuerung seyn. In der Verlängerung des
Wortes wird dieses aa oft in ein gedehntes ä verwandelt, als Äser,
quälen, Älchen, Härchen, Pärchen u. s. f. In andern aber bleibt es,
als die Aale, die Haare, haarig, paaren, u. s. f. In denausländischen
Wörtern macht es zwey Sylben aus, als Aaron, Baal.
Aal (W3) [Adelung]
Der Aal, des -es, plur. die Aale, Diminut. das Älchen. 1) Eigentlich
ein bekannter Fisch mit einem langen und schlüpfrigen Körper, wovon
die gewöhnlichste eßbare Art in süßen Wassern lebt; Muraena Anguilla,
L. Seine Schlüpfrigkeit hat einige sprichwörtliche Redensarten
veranlasset, welche aber nur im gemeinen Leben üblich sind. 2)
Figürlich, in den Küchen, ein Gebackenes aus Butterteige in Gestalt
eines Aales. Bey den Tucharbeitern die falschen Brücke, welche bey dem
Walken in den Tüchern entstehen. Älchen nennet man auch die kleinen
länglichen Würmer in dem Sauerteige, Essige und andern sauren Körpern,
welche lebendige Jungen zur Welt bringen; auch Essigaale,
Kleisteraale.
Anm. 1) Wachters Ableitung ist zu gezwungen. Frisch
hingegen hat die Übereinstimmung der Deutschen Benennung mit dem
Nahmen dieses Fisches in der übrigen Europäischen und der Hebräischen
Sprache glücklicher gezeiget. Nach ihm liegt der Grund der Benennung
in der Schlüpfrigkeit; worin ihm auch Herr Ihre beypflichtet. Man
könnte ihn aber auch aus der Länge und geringen Dicke dieses Fisches
herleiten; denn es scheint, daß Al oder El in den ältesten Sprachen
einen jeden langen, dünnen und spitzigen Körper bedeutet habe. S. Ahl
und Elle.2) In einigen Oberdeutschen Gegenden declinirt man der Aal,
des Aalen, u. s. w., und im Plur. die Aalen. In andern Gegenden ist es
weiblichen Geschlechts, die Aal, und in der Schweiz macht man den
Plur. Äle.3) Die großen Aale werden in und um Bremen Pann-ale, die
mittlern aber Pinnken genannt. Eine Art mit einem dicken Kopfe heißt
im Lauenburgischen Klauskopf. Aale, die in trüben Wassern leben,
werden in Holland schlechthin Aale, in Deutschland aber Mooraale
genannt, dagegen die Aale aus frischen Wassern in Holland Paaling
heißen.
Aalbeere (W3) [Adelung]
Aalbeere, S. Alantbeere.
Aaleidechse (W3) [Adelung]
Die Aaleidechse, plur. die -n, eine Art ausländischer Eidechsen mit
einem langen aalförmigen Körper, Lacerta anguina, L.
Aalen (W3) [Adelung]
+ Aalen, fangen, ist nur in gemeinen Sprecharten üblich.
Aalfang (W3) [Adelung]
Der Aalfang, des -es, plur. die -änge. 1) Der Fang oder das Fangen
der Aale und dessen Art und Weise. 2) Die Zeit, wenn dieser Fisch am
bequemsten zu fangen ist; und 3) der Ort, wo solches geschiehet. Der
Plur. ist nur in dieser letztern Bedeutung üblich.
Aalgabel (W3) [Adelung]
Die Aalgabel, plur. die -n, eine eiserne Gabel mit drey Zacken,
welche mit Widerhaken versehen sind, die Aale damit auf dem Grunde
anzuspitzen. Sie heißt auch das Aaleisen, der Aalstecher, der
Aalstachel, ingleichen der Dreystachel.
Aalhälter (W3) [Adelung]
Der Aalhälter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ort, wo die gefangenen
Aale im Wasser aufbehalten werden.
Aalkasten (W3) [Adelung]
Der Aalkasten, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art des Aalfanges,
welche in einem Gebäude an solchen Wassern bestehet, die einen Fall
haben, in welchen der Aal zu gewissen Zeiten häufig gefangen wird.
Aalkirsche (W3) [Adelung]
Aalkirsche, S. Ahlkirsche.
Aalmutter (W3) [Adelung]
Die Aalmutter, plur. die -ütter, eine Art Meergroppen, welche keinen
Kamm auf dem Kopfe trägt, und lebendige Jungen gebieret, Blennius
Mustela vivipara, L. Bey einigen auch Aalfrau, in Schweden Tannlacke.
Von einigen wird auch die Aalraupe mit diesem Nahmen belegt.
Aallege (W3) [Adelung]
Die Aallege, S. Aalwehr.
Aalquappe (W3) [Adelung]
Die Aalquappe, S. Aalraupe.
Aalquast,Aalquaße (W3) [Adelung]
Der Aalquast, des -es, plur. die -e, oder, die Aalquaße, plur. die
-n, ( S. Quast,) ein Bündel grüner Reiser, welches man an eine lange
Stange steckt, und unter das Wasser stellt, da sich denn die Aale und
Weißfische häufig darauf setzen.
Aalraupe (W3) [Adelung]
Die Aalraupe, plur. die -n, ein Fisch in süßen Wassern, welcher an
der glatten Haut dem Aale gleicht, oder einen großen Kopf und dicken
Bauch hat. Gadus Lota, L. Der Nahme Aalraupe, oder Aalraupe, wie er
auch gefunden wird, ist ohne Zweifel von rauben, weil er ein Raubfisch
ist, und dabey dem Aale gleicht. In der Schweiz heißt er Raubaal, am
Rheine verderbt Ruffelß, Ruffolk, in andern Gegenden Ruppe, in
Österreich die Rutte, in Baiern der Rutten. Sein Holländischer und
Niedersächsischer Nahme ist Quappe, auch wohl Aalquappe, Aalquabbe,
Dän. Quabbe, Engl. Quab, von dem Niedersächsischen Quapp, ein Beutel,
Wamme, oder Schlauch, wegen seines dicken Bauches. In einigen
Oberdeutschen Gegenden wird er auch Trusch, Trusche, Trüsche, genannt.
Mit der Niedersächsischen Benennung kommt die Griechische K - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - und die daraus gemachte
Lateinische Gobio überein; obgleich Wachter die beyden letztern von
Kopf oder Caput herleitet, wegen des dicken Kopfes dieses Fisches.
Aalreuse (W3) [Adelung]
Die Aalreuse, plur. die -n, Reusen, so fern sie zum Aalfange
gebraucht werden.
Aalstecher (W3) [Adelung]
Der Aalstecher, des -s, plur. ut. nomin. sing. S. Aalgabel.
Aalstreif (W3) [Adelung]
Der Aalstreif, des -es, plur. die -e, ein schwarzer Streif, welchen
besonders fahle Pferde auf dem Rücken haben; weil die Aale mit einem
ähnlichen dunkeln Streife gezeichnet sind. Auch der Aalstrich.
Aalwehr (W3) [Adelung]
Das Aalwehr, des -es, plur. die -e, ein durch Zäune oder Pfähle
verengter Ort in einem Flusse, vor welchen man Hamen oder Fischkörbe
stellet, Fische und besonders Aale darein zu fangen, Nieders, Aallege,
von Lage, Nachstellung.
Aar (W3) [Adelung]
Der Aar, des -en, plur. die -en, (nicht Aare), eine sehr alte
Benennung aller großen Raubvögel, und besonders des Adlers, welche
heut zu Tage noch am meisten in Niedersachsen üblich ist. So wie der
Aar das Huhn, der Hecht die Gründel frißt. Opitz. Bald werdet ihr im
Meer der Hayen, am Gestade. Der Aaren Beute seyn. Raml.
Anm. Frisch
und Wachter haben die Übereinstimmung dieses Nahmens in den ältern und
neuern Sprachen sehr gut gezeiget, daher ich hier weiter nichts hinzu
setzen will, als das er noch jetzt in Bretagne einen Adler bedeutet,
und daß die erste Hälfte des Latein. Aruspex vermuthlich auch hierher
gehöret, so wie die letzte Hälfte zu dem Geschlechte des alten spähen
gerechnet werden kann.
Aaron (W3) [Adelung]
Aaron, eine Pflanze, S. Arum.
Aarweihe (W3) [Adelung]
Die Aarweihe, plur. die -n, eine Art Weihen oder Geyer, welche dem
Aaren oder Adler ähnlich ist; eine Benennung, welche größten Theils
nur in Niedersachsen vorkommt. In einigen Gegenden gebraucht man es,
so wie das einfache Weihe, männlich, der Aarweihe.
Aas (W3) [Adelung]
Das Aas, des Aases, plur. die Äser. 1 In die Fäulniß gegangenes
Fleisch eines gefallenen Thieres; ohne Plural. Es stinkt wie Aas. S.
auch Luder. Luthers Aas vom eßbaren Fleische geschlachteter Thiere ist
veraltet, und gehöret vermuthlich auch zu Aß. 2. Ein riechender todter
Körper, mit dem Plural; eigentlich nur von Thieren, im verächtlichen
Verstande auch von Menschen. Auf jeder Küste liegen Äser von Barden.
Ebert. Im gemeinen Leben im verächtlichsten Verstande auch von
lebendigen Personen, besonders weiblichen Geschlechtes.
Anm. Dieses
Wort ist mit dem folgenden Aß, von essen, nicht zu verwechseln, von
welchem es sich auch in der gelindern Aussprache des s in der
Verlängerung des Wortes unterscheidet. Es lautet schon im 10ten Jahrh.
As und Az, bald darauf aber Aweis und Auwesel, von welchen letztern
Formen doch noch ungewiß ist, ob sie bloße Verlängerung der ersten
sind. 1477 lautete der Plural in Schwaben Osse und in Luthers Bibel
die Aase. Der Stammbegriff scheint Fäulniß, Schmutz zu seyn; daher ist
noch im Niedersächsischen asig, schmutzig, naß, asen, schmutzige
Arbeit verrichten, ingleichen, auf eine ekelhafte Art in etwas herum
wühlen, sich zuasen, sich beschmieren.
Aasblatter (W3) [Adelung]
Die Aasblatter, plur. die -n, bösartige, schwarze, stinkende
Blattern; in Niedersachsen Aaspocken.
Aasen (W3) [Adelung]
Aasen, verb. reg. act. nur bey den Gärbern, das Aas oder Fleisch auf
der linken Seite der Felle abschaben, sie abaasen; wofür die Kürschner
fleischen gebrauchen.
Aasfliege (W3) [Adelung]
Die Aasfliege, plur. die -n, eine Art gemeiner großer Fliegen, welche
sich gern bey dem Aase aushält; die Fleischfliege, Schmeißfliege,
Musca cadaverina, L.
Aasfressend (W3) [Adelung]
Aasfressend, adj. ein Beywort solcher Thiere, welche sich von dem
Aase nähren, und von den fleischfressenden noch unterschieden werden
können; im gemeinen Leben aasfressig.
Aasgeyer (W3) [Adelung]
Der Aasgeyer, des -s, plur. ut. nom. sing. eine allgemeine Benennung
aller derjenigen Geyer, welche nicht auf den Raub ausgehe, sondern
sich von Äsern nähen; Roßgeyer, weil sie den gefallenen Pferden
nachgehen; bey den ältern Schriftstellern Reibgeyer, von dem
veralteten Reib, Aas. Martini in dem Schaupl. der Natur und andere
hingegen, nennen den Hasengeyer oder Gänseaar, die größte Art unter
den Raubgayern, den Aasgeyer.
Aaskäfer (W3) [Adelung]
Der Aaskäfer, des -s, plur. ut. nom. sing. eine Art Käfer, welche
sich im Aase aufhalten, und daher sehr stinken; Silpha, L. S. Gräber
und Todtengräber.
Aaskopf (W3) [Adelung]
Der Aaskopf, des -es, plur. die -köpfe, in der Baukunst, ein Zierath
der Dorischen Ordnung, besonders in den Friesen und Zwischentiefen,
welcher dem Kopfe eines todten und von der Haut entblößten
Opferthieres gleicht.
Aaspocke (W3) [Adelung]
Die Aaspocke, plur. die -n, S. Aasblatter.
Aasseite (W3) [Adelung]
Die Aasseite, plur. die -n, bey den Lederarbeitern, diejenige Seite
des Leders, welche auf dem Fleische gewesen ist; edler die
Fleischseite.
Aaß (W3) [Adelung]
Das Aaß, Nahrung, Speise, Aaßen, fressen, S. Aß und Aßen.
Ab (W3) [Adelung]
Ab, eine Partikel, welche in gedoppelter Gestalt vorkommt.I. Für sich
allein, und als ein eigenes Wort. 1. Als ein Umstandswort, (a) eine
Trennung, Absonderung zu bezeichnen; doch nur im gemeinen Leben. Der
Kopf ist ab. Kopf ab! Hand ab! (b) Für hinab, und figürlich, eine
Entfernung zu bezeichnen, in Verbindung mit auf. Den Berg auf und ab
fahren, gehen, reiten, d. i. bald hinauf, bald hinab, und figürlich
sich bald nähern, bald entfernen. Nach einer noch weitern Figur ist
auf und ab im gemeinen Leben so viel als ungefähr: zehn Thaler auf und
ab. c. Als eine Präposition, für von, an vor und aus; in welcher
Gestalt es im Hochdeutschen völlig veraltet ist, aber noch im
Oberdeutschen lebt: ab dem Wege kommen, ab den Augen gehen, einen
Gräuel ab den Götze haben. Daher auch die gleichfalls nur
Oberdeutschen Zusammensetzungen, abhinnen, von hinnen, bevorab,
zumahl, hierab, hiervon, hieraus, worab, woraus, abhanden, ( S. dieses
Wort.) u. s. f.II. In der Zusammensetzung, in welcher Gestalt es im
Hochdeutschen am üblichsten ist, und am häufigsten mit Verbis
gebraucht wird. Es vertritt alsdann die Stelle des Vorwortes von, mit
welchem keine Verba zusammen gesetzet werden können, und bezeichnet
überhaupt eine Trennung und Absonderung, deren besondere Art durch das
beigefügte Zweitwort näher bestimmt wird. Insbesondere aber,1) eine
Entfernung von einem nähern Orte nach einem niedrigern, in welcher
Bedeutung es für hinab, oder herab steht, wie in abfallen, abfließen,
abhangen, abhängig, abklappen, abnehmen, für herab, nehmen, absteigen
u. s. f. Und hierher gehören auch die Umstandswörter bergab, herab,
hinab und abwärts.2) Eine Entfernung von einem Orte, so wohl in
eigentlicher als uneigentlicher Bedeutung, für weg, oder hinweg; als
abgeben, abtreten, abreisen, abfahren, abstehen, abziehen u. s. f. in
welchem Falle der terminus a quo als ein höher gelegener Ort voraus
gesetzet wird. Hiermit ist,3) der Begriff der Trennung oder
Absonderung verbunden, wie in abbeißen, abblasen, abpflücken,
abbürsten, abstreifen, abschneiden u. s. f. wobey sich die Partikel ab
so wohl auf diejenige Sache beziehet, welche angesondert wird, als
auch metonymisch auf die, von welcher die Absonderung geschieht. Denn
man sagt so wohl, den Staub abbürsten, (nehmlich von dem Kleide) als
auch das Kleid abbürsten; die Federn abrupfen, (nehmlich der Gans) und
die Gans abrupfen u. s. f. Doch läßt sich diese letztere Wortfügung
nicht in allen Fällen gebrauchen, sondern nur da, wo der Gebrauch sie,
um der Kürze willen, eingeführet hat. Ingleichen, 4) der Begriff der
Erreichung, wie in abgehen, ablangen, absehen, abspannen, u. s. f.
durch gehen, langen, sehen, spannen, erreichen. Aus diesen vier
Bedeutungen, welche man als die eigentlichen ansehen kann, fließen
folgende figürlichere: 5) des Verminderns und Tilgens, wie in abbüßen,
abarbeiten, abdienen, absitzen u. s. f. das ist, eine Schuld oder
Strafe durch Buße, Dienste, Arbeit, Verhaft u. s. f. vermindern und
bezahlen; ingleichen, 6) des Entkräftens und Schwächens, als
abängsten, abtreiben, (ein Vieh), sich abseufzen, sich abweinen u. s.
f. Die meisten Zeitwörter dieser Art sind niedrig, und nur dem
gemeinen Gebrauche zu überlassen. 7) Der Nachbildung, der Übertragung
der Gestalt einer Sache auf die andere, wie in abbilden, abmahlen,
abschreiben, abzeichnen u. s. f. 8) Der Vollendung, weil man von
demjenigen abzulassen, oder sich zu entfernen pfleget, was seine
Endschaft und Vollkommenheit erreicht hat, wie abfüttern, abkochen,
abbrauen, absieden, abspeisen neutr. das Ableben u. s. f. Auch von
diesen Zeitwörtern sind viele niedrig und nur im gemeinen Leben
üblich. In andern ist der Begriff der Vollendung etwas versteckter,
und da dienet das ab,9) zum Theil die Bedeutung des folgenden
Zeitwortes zu verstärken, wie in abglühen, abprügeln, abscheiden,
Abschied, abschließen (eine Rechnung), absondern, absterben, abwägen
u. s. f. obgleich auch bey vielen dieser der Begriff der Entfernung,
Vollendung u. s. f. Statt findet. Endlich 10) bezeichnet es auch vor
einigen Wörtern, die nicht von Verbis bekommen, so viel als das
Gegentheil dessen, womit es verbunden ist; wie in Abgott, Abgrund,
Abgunst, abhold, abgeschmackt, wo die Bedeutung gleichfalls eine Figur
der Entfernung ist.
Anm. 1) In Ansehung der Conjugation gehöret ab zu
den trennbaren Partikeln, weil es sehr oft von seinem Verbo getrennt
wird; ich messe ab, maß ab, nicht ich abmesse, abmaß. Es hat daher
auch allemahl den Hauptton: abbringen, Abart, Ab-bruch, obgleich in
solchen Fällen, wo auf das ab noch eine Partikel folgt, um der Länge
des Wortes willen, das Verbum einen merklichern Nebenton bekommt als
in andern Fällen: aberkennen, abgewinnen, abverdienen. 2) Ab, Nieders.
Holl. Goth. Schwed. und Dän. af, Angels. und Engl. of, Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image -, und Latein: ab, abs, ist ein sehr altes
Stammwörtchen, welches in den meisten Sprachen angetroffen wird. Wenn
es so viel als hinab bedeutet, so gebrauchen die Niedersachsen dafür
ihr daal; als daalbreken, daalriten u. s. f für abbrechen, abreißen.
Luthers abe, welches in der Deutschen Bibel häufig vorkommt, ist
veraltet.
Abaasen (W3) [Adelung]
+ Abaasen, verb. reg. act. bey den Gärbern, die Häute auf der
Fleischseite abschaben; S. Aasen.
Sich (W3) [Adelung]
+ Sich Abächzen, verb. reg. recipr. sich durch Seufzen oder Ächzen
entkräften; im gemeinen Leben.
Abackern (W3) [Adelung]
Abackern, verb. reg. act. durch ackern oder pflügen absondern,
entziehen. Einem eine Furche, ein Stück Feldes abackern, abpflügen.
Abändern (W3) [Adelung]
Abändern, verb. reg. act. 1) Eigentlich, ein wenig ändern, d. i. in
Nebenumständen anders bestimmen. Ein Kleid abändern, ein wenig ändern.
Besonders zur Vermeidung der Einförmigkeit. Pope hat seine Perioden
ungemein abgeändert. Dusch. Seine Schreibart abändern. Den Unterschied
von ändern, umändern und verändern, S. in diesen Wörtern. 2) Bey
einigen neuern Sprachlehrern bedeutet es so viel, als decliniren, d.
i. durch Casus verändern; wo doch das Wort den Begriff nicht
erschöpft. 3) Im Kanzelley-Style ist abändern so viel als ändern
überhaupt. Einen Mißbrauch abändern, ihn aufheben, wegschaffen, einen
Befehl abändern, ihn widerrufen.
Abänderlich (W3) [Adelung]
Abänderlich, adj. et. adv. was abgeändert werden kann oder darf, in
allen Bedeutungen des Verbi.
Abänderung (W3) [Adelung]
Die Abänderung, plur. die -en. 1) Eine geringe Änderung, andere
Bestimmung in Nebendingen. Einförmige Perioden ohne alle Abänderung.
In der Naturlehre ist daher Abänderung so viel als Spielart, Varietas,
d. i. die zufällige Abweichung von andern Körpern. Einer Art, und
dieser Körper selbst. 2) Bei einigen Sprachlehrern, die Declination.
3) In den Kanzelleyen, die Änderung, Aufhebung.
Abängsten (W3) [Adelung]
+ Abängsten, und dessen Frequentat. Abängstigen, verb. reg. act. et
recipr. sehr ängsten oder ängstigen, durch Angst entkräften; im
gemeinen Leben. Einen abängsten, sich abängsten.
Abarbeiten (W3) [Adelung]
Abarbeiten, verb. reg. act. 1) Durch Arbeit wegschaffen. Einen Ast
abarbeiten. Daher ist bey einigen Handwerkern abarbeiten, durch
Wegschaffung des Unebenen glatt machen, und der Abarbeiter, der
solches verrichtet. 2) Durch Arbeit von etwas los machen. Ein Schiff
arbeitet sich ab, von der Sandbank, oder von dem, der es geentert hat.
3) Durch vieles Arbeiten abnützen. Und die Schneiden an den Sensen und
Hauen - waren abgearbeitet, 1. Sam. 13, 21. 4) Durch vieles Arbeiten
entkräften. Süß ist der Trost, der den matten abgearbeiteten Sclaven
erquicket, wenn er sich unschuldig weiß. Am häufigsten als ein
Reciprocum, sich abarbeiten. 5) Eine Schuld mit seiner Arbeit
bezahlen. Den Vorschuß abarbeiten. 6) Bey den Tuch- und Zeugmachern,
ein Stück Zeug mit der Arbeit zu Ende bringen; auch abwirken.
Abarbeitung (W3) [Adelung]
Die Abarbeitung, plur. inusit. in den vorigen Bedeutungen.
Abärgern (W3) [Adelung]
+ Abärgern, verb. reg. act. et recipr. durch Ärgerniß entkräften, bis
zur Ermattung ärgern. Jemanden abärgern, sich sehr abärgern.
Abärnten (W3) [Adelung]
Abärnten, S. Abernten.
Abart (W3) [Adelung]
Die Abart, plur. die -en, die Abweichung von der ursprünglichen Art,
ohne Plural; und ein solches abweichendes Ding, mit
dem Plural. Der Rheinwein ist eine Abart des Ungarischen Weines. Der
Pudel, der Spitz, der Windhund u. s. f. sind lauter Abarten des
Schäferhundes. Da es denn in der Naturlehre oft für Spielart gebraucht
wird. In engerer Bedeutung, eine von der besseren ursprünglichen Art
abgewichene Art, ein ausgeartetes Ding. Den kaum nach langer Zeit der
Enkel Abart löscht, Hall. Von Tadel freye Herden, Noch lange nicht,
wie wir zur Abart so vermocht, Withof; wo es in dem letzten Falle das
Abstractum ist.
Abarten (W3) [Adelung]
Abarten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt,
von der ursprünglichen Art abweichen. Der Sohn ist von den Tugenden
des Vaters abgeartet. Weiße Menschen arten in heißen Ländern nach und
nach in braune ab. Abarten bezeichnet eine geringere, ausarten oder
eine größere Abweichung von der eigentlichen Art.
Abartung (W3) [Adelung]
Die Abartung, plur. die -en, 1) Der Zustand des Abartens; ohne
Plural. 2) Ein Ding, dessen gewöhnliche Art zufälliger Weise verändert
worden; wie Abart.
Abartig (W3) [Adelung]
Abartig, -er, -ste, adj. et adv. abgeartet, abartend. Abartige
Bienen, abgeartete.
Abäschern (W3) [Adelung]
Abäschern, verb. reg. act. in den Küchen, schleimige Fische mit
heißer Asche abreiben. Ein anderes dem Klange nach gleiches Wort S. in
Abeschern.
Abaßen (W3) [Adelung]
+ Abaßen, verb. reg. act. welches aber nur noch bey den Jägern üblich
ist, und so viel als abfressen bedeutet. Es wird indessen nur von den
Hirschen und dem Wildpret gesagt, wenn es das junge Holz oder die
Ähren abbeißt. S. Aß. Wenn es das Gras abbeißt, so wird solches
abrasen genannt.
Abästen (W3) [Adelung]
Abästen, verb. reg. act. der Äste berauben. Einen Baum abästen.
Abäthmen (W3) [Adelung]
Abäthmen, verb. reg. act. bey verschiedenen Metallarbeitern, eine
Kapelle oder andern Körper ausglühen, um alle in den Poris befindliche
Luft zu vertreiben. S. Athem. Daher die Abäthmung.
Abätzen (W3) [Adelung]
Abätzen, verb. reg. act. durch ätzende Mittel wegschaffen, abbeitzen. Daher die Abätzung.
Abäugeln (W3) [Adelung]
+ Abäugeln, verb. reg. act. bey den Jägern, die Spur bloß mit den
Augen, ohne Hund, suchen.
Abäußern (W3) [Adelung]
* Abäußern, verb. reg. act. an einigen Orten, einen Leibeigenen oder
Unterthan von dem Gute, welches er besessen, treiben. Am Niederrheine
wird solches auch abmeiern genannt. Daher die Abäußerung.
Abba (W3) [Adelung]
Abba, ein Syrisches Wort, welches durch die Übersetzung des neuen
Testamentes in die biblische Schreibart gekommen ist, und so viel als
Vater bedeutet, aber nur von Gott gebraucht wird. Es ist so wie Aba,
Appa, Ba, Baba, Papa, Atta und andere, das erste Stammeln unmündiger
Kinder, und ein Wort, welches die Natur sie gewisser Maßen selbst
lehret; daher sich dasselbe auch in den meisten ältern und neuern
Sprachen ähnlich geblieben ist.
Abbacken (W3) [Adelung]
Abbacken, verb. irreg. S. Backen. 1) Als ein Neutrum mit seyn. Das
Brot ist abgebacken, wenn die Rinde im Backen von der Krume abgelöset
wird. Ausgewachsenes Getreide macht, daß das Brot abbäckt. 2) Als ein
Activum, (1) das Backen des Brotes vollenden oder zu Ende bringen. Der
Bäcker hat bereits abgebacken. (2) Durch jähe Hitze das Brot abbacken
machen.
Abbaden (W3) [Adelung]
Abbaden, verb. reg. act. 1) Völlig rein baden, oder im Bade
ab-waschen. Ein Kind abbaden. Ingleichen durch Baden wegschaffen. 2)
Das Baden zu Ende bringen.
Abbähen (W3) [Adelung]
Abbähen, verb. reg. act. gehörig bähen. Brot und Semmel abbähen.
Abbaizen (W3) [Adelung]
Abbaizen, S. Abbeitzen.
Abbaken (W3) [Adelung]
* Abbaken, verb. reg. act. in der Schifffahrt, mit Baken bezeichnen.
Das Fahrwaffer abbaken.
Abbalgen (W3) [Adelung]
1. Abbalgen, (von Balg,) verb. reg. act. einem Thiere den Balg
abstreifen. Einen Fuchs abbalgen.
Abbalgen (W3) [Adelung]
2. + Abbalgen, (von balgen,) verb. reg. recipr. Sich abbalgen, im
gemeinen Leben, sich durch Balgen oder Kaufen ermüden.
Abbamsen (W3) [Adelung]
+ Abbamsen, verb. reg. act. bey den Weißgärbern und Pergamentern so
viel, als abpelzen, d. i. die Felle gehörig durchklopfen. S. Bams.
Abbannen (W3) [Adelung]
* Abbannen, S. Abfinden, in der Anmerkung.
Abbatissinn (W3) [Adelung]
Abbatissinn, S. Äbtissinn.
Abbauen (W3) [Adelung]
Abbauen, verb. reg. act. 1) Mit dem Ertrage des Bergbaues bezahlen.
Den Receß abbauen, die Zubuße von dem gewonnenen Erze bezahlen. 2)
gleichfalls nur im Bergbaue, zu Ende bauen, d. i wegen der großen
Tiefe der Arbeit nicht weiter fortbauen können. So sagt man z. B. die
Zeche ist abgebauet. 3) Eben daselbst. Die in den Firsten übrig
gebliebenen Anbrüche abbauen, d. i. wegbrechen. 4) Die zufließenden
Tagewasser abbauen, ebendaselbst, durch geführte Grubengebäude
wegschaffen. 5) Ein Gebäude ganz oder zum Theil wegnehmen, in der
Baukunst. Einen Ärker abbauen. Besonders von leichten Holzgebäuden.
Eine Bude abbauen. So auch das Abbauen, seltener die Abbauung.
Abbaumen (W3) [Adelung]
+ Abbaumen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, von einem
Baume nieder fliegen, nur bey den Jägern, und auch hier nur von dem
großen Geflügel oder den Raubvögeln. Ingleichen von Thieren, von einem
Baume niedersteigen, wie abholzen.
Abbäumen (W3) [Adelung]
Abbäumen, verb. reg. act. bey den Webern, das fertige Gewebe von dem
Baume nehmen. S. Baum.
Abbeeren (W3) [Adelung]
Abbeeren, verb. reg. act. die Beeren abbrechen. Ingleichen, der
Beeren berauben. Einen Strauch abbeeren.
Abbeißen (W3) [Adelung]
Abbeißen, verb. irreg. act. ( S. Beißen,) durch Beißen absondern.
Daher die sprichwörtliche R. A. sich vor Angst die Nägel abbeißen;
sich vor Lachen fast die Zunge abbeißen.
Abbeitzen (W3) [Adelung]
Abbeitzen, verb. regul. act. 1) Mit Beitzen oder einer beißenden
Schärfe wegbringen; abätzen. Die Haare abbeitzen, bey den Gärbern und
Lederbereitern. Ein Fell abbeitzen,die Haare von demselben abbeitzen.
Abgebeitzte Wolle, welche mit Kalk von den Schaffellen abgebeitzet
worden, Beitzwolle. 2) Gehörig beitzen, durch Beitzen gar machen, bey
den Weitzgärben. So auch die Abbeitzung.
Abbersten (W3) [Adelung]
Abbersten, verb irreg. neutr. ( S. Bersten,) mit haben, bersten und
abfallen, abspringen. Der Kalk ist überall abgeborsten.
Abberufen (W3) [Adelung]
Abberufen, verb. irreg. act. ( S. Rufen,) von einem Orte weg berufen,
feyerlich abrufen. Der Gesandte ist bereits abberufen worden. Daher
die Abberufung, das Abberufungsschreiben.
Abbestellen (W3) [Adelung]
+ Abbestellen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, eine bestellte
Sache wieder absagen. Ein Kleid, einen Tagelöhner abbestellen.
Abbethen (W3) [Adelung]
Abbethen, verb. reg. act. 1) Eine bestimmte Anzahl von Gebethen
hersagen. Den Rosenkranz abbethen. Gewisse Mannspersonen haben ihren
Vorrath von Lobsprüchen, den sie immer abbethen. 2) + Durch Bethen
abwenden. Ein Unglück abbethen.
Abbetteln (W3) [Adelung]
Abbetteln, verb. reg. act. durch Betteln oder vieles Bitten erhalten.
Einem etwas abbetteln. Man muß ihm alle Worte abbetteln.
Abbetten (W3) [Adelung]
+ Abbetten, verb. reg. act. Sich von einem abbetten, sein, Bette von
des andern seinem entfernen, nicht mehr bey ihm schlafen. Sich von der
Wand abbetten, das Bett von der Wand rücken.
Abbeugen (W3) [Adelung]
Abbeugen, verb. reg. act. S. Abbiegen.
Abbezahlen (W3) [Adelung]
+ Abbezahlen, verb. reg. act. nur im gemeinen Leben. 1) Völlig
bezahlen, besonders eine Schuld. 2) Einen Theil davon bezahlen.
Abbiegen (W3) [Adelung]
Abbiegen, verb. irreg. act. ( S. Biegen,) durch Biegen entfernen oder
absondern. Die Sprößlinge der Nelken zum verpflanzen abbiegen. Daher
die Abbiegung.
Anm. Die vollere Alemannische Mundart sagt für abbiegen,
abbeugen, und hierin folgt ihr die erhabene, dichterische Schreibart
der Hochdeutschen, weil abbeugen wegen des breiten Doppellautes den
Mund mehr füllet. S. Beugen und Biegen.
Abbiethen (W3) [Adelung]
Abbiethen, verb. irreg. act. ( S. Biethen.) + Einen abbiethen, mehr
biethen, als ein anderer, und ihn dadurch vertreiben; edler, ihn
überbiethen. In einigen Gegenden auch wie aufbiethen, proclamiren, da
denn Abgeboth so viel wie Aufgeboth ist.
Abbild (W3) [Adelung]
Das Abbild, des -es, plur. die -er, ein im Hochdeutschen seltenes
Wort für Bildniß. Wie angenehm ist doch die Liebe!Erregt ihr Abbild
zarte Triebe; Was wird das Urbild selber seyn: Hall. Ingleichen in
weiterm Verstande, das was einem andern Dinge ähnlich ist. Die Sonne
quoll hervor, wie Kuh aus Güte quillt, Sie, Gottes Abbild selbst,
verließ ihr Ebenbild.In die vor Dankbarkeit mir abgefloßne Zähre,
Withof. In einer Urkunde Königs Johann von Böhmen von 1334 bedeutet
dieses Wort so viel als ein Beyspiel: darum, daß andere Leuthe dar
Abbilde nehmen.
Abbilden (W3) [Adelung]
Abbilden, verb. reg. act. 1) Eigentlich die Gestalt einer Sache, auf
sinnliche Art nachahmen, ein Bild von einem Dinge machen. Einen Garten
abbilden. Eine Frucht in Wachs abbilden. Gott unter menschlicher
Gestalt abbilden. 2) Figürl. überhaupt so viel, als lebhaft
vorstellen, wofür doch schildern edler und üblicher ist. 3) Ein
Vorbild einer Sache seyn. Moses bildete Christum ab.
Abbildung (W3) [Adelung]
Die Abbildung, 1) Die Handlung des Abbildens; plur. inusit. 2) Das
dadurch entstandene Bild, oder die dadurch entstandene Vorstellung
selbst; wofür doch Bild, Bildniß, Nachbild u. s. f. üblicher sind.
Plur. die -en.
Abbilligen (W3) [Adelung]
* Abbilligen, verb. reg. act. welches nur noch in dem Kanzelley-Style
einiger Gegenden üblich ist, gerichtlich absprechen, aberkennen; wie
zubilligen, zuerkennen. Von dem veralteten Bill, Recht, S. Billig.
Abbinden (W3) [Adelung]
Abbinden, verb. irreg. act. ( S. Binden.) 1) Was angebunden war,
durch Auflösung des Bandes los machen. Den Mantelsack abbinden. Den
Wein im Herbste abbinden. 2) In einer Entfernung von dem andern
anbinden; daher in der Landwirthschaft, ein Kalb abbinden, figürlich
so viel als es entwöhnen, weil es alsdann besonders angebunden und
allein gestellet wird. 3) Durch Binden, oder durch ein angelegtes Band
absondern. Eine Warze, eine Ader, ein Fleischgewächs, ein Glied
abbinden; bey den Wundärzten. 4) Die Verbindung einer Sache zu Stande
bringen, völlig fertig binden. So heißt bey den Zimmerleuten, ein
Gebäude abbinden, so viel, als alle Säulen, Bänder, Riegel, Schwellen
u. s. f. gehörig mit einander verbinde; ingleichen bey den Faßbindern,
ein Faß abbinden, es mit allen gehörigenReifen oder Bändern versehen.
Daher die Abbindung, in allen obigen Bedeutungen.
Abbiß (W3) [Adelung]
Der Abbiß, des -sses plur. die -sse, überhaupt die Handlung des
Abbeißens, ohne Plural; der Ort, wo etwas abgebissen worden, und das
abgebissene Stück selbst, mit dem Plurale. Besonders, 1) bey den
Jägern, der Ort, wo das Wildpret das junge Laubholz, Getreide u. s. f.
abgebissen hat. 2) Abbiß, oder Teufelsabbiß, eine Pflanze, welche zu
den Scabiosen gehöret, Scabiosa succisa, L. Den Nahmen hat sie daher,
weil ihre Herzwurzel kurz abgebissen zu seyn scheinet, welches der
Aberglaube dem Teufel zuschrieb, und sich daher dieser Pflanze wider
vorgegebene Bezauberungen bediente. Engl. Devilsbit.
Abbitte (W3) [Adelung]
Die Abbitte, plur. inusit. die Bitte um Vergebung eines begangenen
Fehlers oder Verbrechens. Abbitte thun. Einem Abbitte thun. Eine
gerichtliche Abbitte, welche vor Gerichte geschiehet. Die R. A.
kniende Abbitte thun, rühret aus der Oberdeutschen Mundart her, wo man
den Particip. Activ. wenn sie adverbialiter stehen, ein e anzuhängen
pfleget; richtiger kniend Abbitte thun.
Abbitten (W3) [Adelung]
Abbitten, verb. irreg. act. ( S. Bitten,) durch Bitten gleichsam
tilgen oder auslöschen, einer Vergehung wegen um Vergebung bitten.
Einem etwas abbitten. Dagegen etwas abbitten ohne Dativ nicht so
gewöhnlich ist. Denn er kam nicht, um Fehler abzubitten. Gieseke.
Abblasen (W3) [Adelung]
Abblasen, verb. irreg. ( S. Blasen.) 1) Activum. (a) Durch Blasen
wegbringen, den Staub abblasen; und dann auch metonymisch, das Buch
abblasen, den Staub von dem Buche blasen. (b) Ein Lied abblasen,
dessen Melodie von einem höhern Orte, z. B. einem Thurme, blasen. (c)
Durch das Blasen auf einem Instrumente von einem höhern Orte
verkündigen. Der Wächter bläst die Stunden ab. Ein Fest abblasen. (d)
Das Ende einer Zeit oder Handlung durch Blasen verkündigen. So wird in
Schweden der Reichstag von dem Thurme abgeblasen.2) Neutrum, mit
haben. (a) Zum Abzuge blasen. Der Obergott war froh, befahl, nun
abzublasen, Opitz. Auf gleiche Art bedeutet es bey den Jägern, das
Ende der Jagd durch das Hifthorn verkündigen. (b) Zum letzten Mahle
blasen. Der Wächter bläst ab. (c) Aufhören zu blasen. Daher das
Abblasen, seltener die Abblasung, und dieses nur zuweilen in den
thätigen Bedeutungen.
Abblatten (W3) [Adelung]
+ Abblatten, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, die Blätter
eines Baumes oder einer Pflanze abbrechen, welches besonders bey dem
Weine, Tabak und Kohl geschiehet. Den Wein abblatten, in der Schweiz
falchen. Bey den Jägern ist abblatten, wenn das Wild von dem grünen
Laube frißt.
Abblättern (W3) [Adelung]
Abblättern, verb. reg. act. wie das vorige, nur daß es von
allgemeinerm und zum Theil auch edlerm Gebrauche ist. Man sagt auch
sich abblättern, von manchen Körpern, wenn sich ihre Theile in Gestalt
einzelner Blätter von einander geben. Der Kuchen, der Stein u. s. f.
hat sich ganz abgeblättert. Daher die Abblätterung.
Abbläuen (W3) [Adelung]
Abbläuen, verb. reg. 1) + Activum von bläuen, schlagen, im gemeinen
Leben, sehr schlagen. Und sorgte, ihr mit jedem Tage Den Rücken
zehnmal abzubläuen. Weiße. 2) Neutrum, mit haben, von blau, die blaue
Farbe fahren lassen. Das Tuch bläuet sehr ab.
Abblicken (W3) [Adelung]
Abblicken, verb. regul. neutr. welches das Hülfswort haben,
erfordert, und auf den Schmelzhütten und bey den Probirern so viel,
als gehörig blicken, zum Zeichen der völligen Reinigkeit blicken,
bedeutet. Daher das Abblicken.
Abblühen (W3) [Adelung]
Abblühen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, das
Blühen vollenden. Bis der Weinberg, oder der Weinstock abgeblühet hat.
Das Getreide hat noch nicht abgeblühet. Mir dem Hülfsworte seyn,
aufhören zu blühen, für verblühen, ist es im Hochdeutschen
ungewöhnlich, wenigstens unedel: die Rosen sind abgeblühet, besser
verblühet.
Abblüthen (W3) [Adelung]
Abblüthen, verb. reg. act. an einigen Orten, der Blüthen berauben.
Die Orangenbäume abblüthen.
Abborgen (W3) [Adelung]
Abborgen, verb. reg. act. von einem borgen, entlehnen. Welchem
Collins haben sie diesen armseligen Einwurf abgeborgt: Less. So auch
die Abborgung.
Abbrand (W3) [Adelung]
Der Abbrand, des -es, plur. inus. in den Schmelzhütten dasjenige, was
dem Blicksilber im Brennen, oder in der Reinigung, am Gewichte
abgehet.
Abbraten (W3) [Adelung]
Abbraten, verb. irreg. act. ( S. Braten,) fertig braten, in den
Küchen. Eine Gans, ein Huhn abbraten, wenn sie kalt gegessen werden
sollen.
Abbrauchen (W3) [Adelung]
* Abbrauchen, verb. reg. act. durch den Gebrauch verderben, abnützen;
ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Verbum, welches aber bey dem Opitz
vorkommt. Dein Rock ist abgebraucht. Und figürlich. Das Grauseyn
schleicht herbey. Dein Stolz ist abgebraucht.
Abbräunen (W3) [Adelung]
Abbräunen, verb. reg. act. in den Küchen, gehörig braun machen. Einen
Braten abbräunen.
Abbrausen (W3) [Adelung]
Abbrausen, verb. reg. neutr. mit haben, das Brausen, d. i. Gähren,
vollenden. Der Most hat abgebrauset.
Abbrechen (W3) [Adelung]
Abbrechen, verb. irreg. ( S. Brechen.) Es ist:I) Ein Activum. (1)
Durch Brechen absondern, und zwar a) in der eigentlichen Bedeutung, z.
B. Blumen, Früchte abbrechen. Der Wind hat den Baum gerade über der
Wurzel abgebrochen. Daher auch die sprichwörtlichen R. A. + etwas über
das Knie abbrechen, oder, eine Sache zu grün abbrechen, d. i. sich
dabey übereilen, nicht die rechte Zeit erwarten, sie obenhin
verrichten. + Eine Ursache vom Zaune brechen, oder abbrechen, einen
leeren Vorwand anführen. Ingleichen so viel, als mit einiger Gewalt
abnehmen, los machen. Die Hunde abbrechen, wenn sie sich verbissen
haben. Dem Pferde die Hufeisen abbrechen, ein Schloß abbrechen u. s.
f. Die Glieder abbrechen, bey den Soldaten, lange Glieder in mehrere
kurze theilen. In dem Brauwesen ist, das Bier abbrechen, das mit dem
Hopfen gekochte Bier in den Kühlfässern mit langen Stangen, welche
vorn durchlöcherte Breter haben, fleißig umrühren. b) Figürlich. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Abziehen, entziehen, doch
mit dem Nebenbegriffe mehrerer Gewalt. Einem etwas an dem Lohne
abbrechen. Ich habe ihm nichts abgebrochen, nehmlich an dem Preise, an
der Bezahlung u. s. f. Können sie sich denn nicht eine Stunde von
ihrer Ruhe abbrechen? Ich habe mir schon vieles an meiner Zeit
abgebrochen. Er bricht sich nicht ab, d. i. versaget seinem Körper
nichts, was zur Nothdurft und zum Vergnügen gehöret. Sich den Wein
abbrechen, keinen Wein mehr trinken. - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - ) Plötzlich unvollender endigen, besonders von Wörtern,
Ausdrücken u. s. f. in welchem Falle aber nur das Particip. passiv.
üblich ist. Abgebrochene Wörter. Er antwortete mir mit nichts, als mit
Thränen und abgebrochenen Seufzern. S. Abgebrochenheit. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Den Fortgang einer Sache
plötzlich hemmen, ihr plötzlich ein Ende machen. Die Unterhandlungen
abbrechen. Wir wollen unser Gespräch abbrechen. (2) Niederbrechen,
einreißen. Ein Gebäude, ein Haus, ein Dach, eine Mauer u. s. f.
abbrechen. Den Zeug abbrechen, bey den Jägern, den gestelltenZeug
wegnehmen. Hingegen ein Jagen abbrechen, eben daselbst, den Jagdbogen
enger fassen. (3) Mit dem Begriffe der Vollendung ist es in den
Blechhämmern üblich, wo die Bleche abgebrochen werden, wenn man sie
zum letzten Mahle glühet und glatt klopfet.II) Ein Neutrum (1) mit dem
Hülfsworte seyn, abgebrochen werden, in der ersten eigentlichen
Bedeutung. Das Messer bricht ab, die Nadel ist abgebrochen. (2) Mit
haben, nicht weiter fortfahren, aufhören. Mit dem zweyten Bande brach
er ab. Lassen sie uns davon abbrechen. Du brichst mit Fleiß ab,
(hörest auf davon zu reden), weil du dich fühlst, Gell. Mit einem
abbrechen, die bisherige Verbindung mit ihm aufheben.
Anm. Abbrechen,
mit Auslassung des Accusativs, für Abbruch thun, ist im Hochdeutschen
veraltet, war aber sonst üblich; z. B. den veindten abbrechen,
Theuerd. Kap. 93. Seiner Seele abbrechen, Pred. Sal. 4, 8. Warum
dürften wir dem Leibe abbrechen: Opitz Die poetische R. A. eines Tage
abbrechen, gewaltsam verkürzen, ist alt. Schon Stricker sang im 13ten
oder 14ten Jahrhunderte: Herre dueselber dein rich (Gericht) Brich ihm
sein tage abe. In Oberdeutschland bedeutet, das Licht abbrechen, so
viel, als dasselbe putzen; daher bezeichnet Abbreche daselbst auch
eine Lichtputze.
Abbrechung (W3) [Adelung]
Die Abbrechung, plur. inusit. die Handlung des Abbrechens in den
eigentlichen Bedeutungen des Activi. S. auch Abbruch.
Abbreiten (W3) [Adelung]
Abbreiten, verb. reg. act. ein Kunstwort der Kupferhämmer für breit
machen,oder schlagen; besonders von dem gegossenen Kupfer, wenn es
unter dem Breithammer zu breiten Scheiben geschlagen wird; auch
abpochen. Daher die Abbreitung.
Abbrennen (W3) [Adelung]
Abbrennen, verb. irreg. ( S. Brennen,) welches auf gedoppelte Art
üblich ist.I) Als ein Activum, da es auch zum Theil schon regelmäßig
conjugiret wird, ich brennete ab, abgebrennet, obgleich die irreguläre
Form, brannte ab, abgebrannt, noch die gewöhnlichste ist. (1) Durch
Feuer absondern. Die Haare abbrennen. Eine Warze mit einem glühenden
Eisen abbrennen. (2) Durch Feuer zerstören, in die Asche legen, von
großen Massen. Die Feinde haben die Stadt, das Haus, das Dorf u. s. f.
abgebrannt oder abgebrennt. Einen Wald abbrennen, um Acker daraus zu
machen, welches auch abschwenden heißt; ingleichen metonymisch, den
Acker abbrennen, d. i. das Gras, oder die Stoppeln auf demselben
abbrennen. (3) Anzünden, losbrennen, besonders von Feuerwerken und
Schießgewehren. Ein Gewehr, eine Kanone abbrennen. Das Feuerwerk wird
bald abgebrennet werden. In der Chymie bedeutet es, Weingeist über
gewisse Körper verbrennen lassen. Ingleichen, entzündbare, besonders
mineralische Körper in einem glühenden Schmelztiegel plötzlich
entzünden. Geschiehet dieses mit einem merklichen Knalle, so heißt es
verpuffen. (4) Das Brennen einer Sache vollenden, ingleichen, einem
Körper durch das Feuer die gehörige Vollkommenheit geben, und auf
diese Art wird das Zeitwort in verschiedenen Künsten und Handwerken
gebraucht. So bedeutet es z. B. bey den Ziegelstreichern und
Kalkbrennern so viel, als dem Ofen mit Reisholze die letzte Hitze
geben, welches auch ausbrennen genannt wird. Bey den Töpfern, die
getrockneten Gefäße gehörig brennen. In der Schmelzkunst heißt
abbrennen, das Blicksilber durch das Feuer von aller Unart reinigen;
wo aber auch der Begriff der Verminderung Statt finden kann. S.
Abbrand. Bey den Gelbgießern ist abbrennen auf eine sehr uneigentliche
Art, die Farbe des Messinges mit Scheidewasser erhö-
hen, indem man es damit bestreicht und es alsdann schnell in kaltes
Wasser steckt, damit das Messing von dem Scheidewasser nicht zu sehr
angegriffen werde. Auf ähnliche Art bezeichnet es bey den
Eisenarbeitern die Härtung des Eisens und Stahles, wenn solches durch
Ausglühung und nachmahlige Ablöschung geschiehet. Auf den Blechhütten
hingegen ist abbrennen so viel, als die Eisenbleche zum ersten Mahle
in das flüssige Zinn tauchen, um sie dadurch zu verzinnen; bey welchen
Arten des Gebrauches der Grund der Benennung zuweilen freylich etwas
dunkel ist. So auch die Abbrennung, in allen Bedeutungen des
Activi.II) Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt,
und allemahl irregulär conjugiret wird. (1) Niederbrennen, durch Feuer
verwüstet werden, von Gebäuden, Wäldern und hohen Massen. Das Haus
brannte ab. Die Stadt ist abgebrannt. Ingleichen seine Wohnung durch
Feuer verlieren. Unsere Freunde sind abgebrannt. Ein abgebrannter
Mann, der das Seinige in einer Feuersbrunst verloren hat. (2)
Entzündet werden. Das Gewehr muß schnell abbrennen. (3) Durch Feuer
abgesondert werden. Der Ast ist abgebrannt. (4) In der
Feuerwerkskunst, sich fruchtlos entzünden, versagen. Das Zündkraut ist
abgebrannt.
Anm. Der Unterschied in der Conjugation zwischen dem Activo
und dem Neutro hat seinen guten Grund, ob er gleich noch von den
wenigsten beobachtet wird; S. Brennen. In einigen Fällen ist es
gleichgültig, ob man das Activum oder Neutrum gebraucht. So kann man
sagen ein abgebrennetes Haus, und ein abgebranntes Haus; weil hier
beyde Bedeutungen Statt finden können. Einen abbrennen, für, sein Haus
und Vermögen in die Asche legen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. In
Österreich heißt Abbranntler, einer der für abgebrannte Kirchen
sammelt.
Abbreviiren (W3) [Adelung]
Abbreviiren, verb. reg. act. aus dem mittlern Lat. abbreviare, doch
nur in der Grammatik. Ein Wort abbreviiren, es abkürzen. Daher die
Abbreviatur, plur. die -en, die Abkürzung, ein abgekürztes Wort.
Abbringen (W3) [Adelung]
Abbringen, verb. irreg. act. ( S. Bringen.) 1) Eigentlich wegbringen,
wegschaffen. Ich kann den Schmutz nicht abbringen. In der
Landwirthschaft bringt man das Heu, das Getreide ab, wenn man es
abmähet, oder abschneidet. 2) Figürlich. a) Entfernen. Einen von dem
rechten Wege abbringen. Ich bin dadurch ganz von meinem Gegenstande
abgebracht worden. b) Bewegen, etwas fahren zu lassen. Einen von
seiner Meinung, von seinem Sinne, von seinem Vorhaben abbringen.
Nichts konnte ihn von dem Müßiggange abbringen. c) Aufhören machen,
von Gebräuchen und Gewohnheiten. Eine Gewohnheit, ein Recht, eine Mode
abbringen; besonders wenn solches nach und nach, durch bloße
Unterlassung der Ausübung geschiehet. Geschiehet es durch einen
Befehl, so heißt es eigentlich abschaffen, obgleich dieses im gemeinen
Leben auch abbringen genannt wird. Daher die Abbringung in den obigen
Bedeutungen.
Abbröckeln (W3) [Adelung]
Abbröckeln, verb. reg. act. in Gestalt kleiner Brocken abbrechen. Den
Kalk von der Mauer abbröckeln. Sich abbröckeln, in kleinen Brocken
herab fallen. So auch die Abbröckelung.
Abbruch (W3) [Adelung]
Der Abbruch, des -es, plur. die -üche, von dem Verbo abbrechen, in
einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Die Handlung des Abbrechens, so
wohl in der eigentlichen Bedeutung, besonders in den Bergwerken, als
auch in den uneigentlichen des Abzuges am Preise, am Gelde; ohne
Plural. Ich muß ohne Abbruch bezahlet werden. Sich Abbruch thun, sich
an der Nothdurft und am Vergnügen etwas abbrechen. In den
Marschländern bedeutet Abbruch, Nieders. Afbrake, Afdrang,
dasWegspühlen eines angesetzten Landes oder Ufers durch die Wellen
oder den Strom. 2) Dasjenige was abgebrochen ist, besonders in den
Bergwerken, ingleichen in den Marschländern, ein von dem Wasser wieder
weggespühltes angesetztes Land; mit dem Plural. Bey den Schriftgießern
ist Abbruch das überflüssige Metall, welches über der Form stehen
bleibt, und abgebrochen wird. Am häufigsten aber 3) in figürlicher
Bedeutung, für Verminderung des Vermögens, des Ansehens, des Rechtes,
der Würde, wofür auch das sich weiter erstreckende Nachtheil gebraucht
wird; ohne Plural. Einem Abbruch thun. Abbruch an seiner Ehre, an
seinem guten Nahmen, an seinem Vermögen leiden. Dadurch geschiehet
seinem Ansehen Abbruch. Den Gesetzen Abbruch thun. Zuweilen auch für
Schaden, Nachtheil überhaupt. Dem Feinde vielen Abbruch thun. Im
Bergbaue ist dem harten Gesteine Abbruch thun, es durch geschickte
Mittel brechen.
Anm. Das Beywort abbrüchig, könnte allenfalls etwas
bedeuten, das sich leicht abbrechen läßt. Allein, wenn es einige für
nachtheilig gebrauchen, so ist das völlig wider die Natur der
Beywörter auf -ig. Eben dieses gilt auch von unabbrüchig.
Abbrühen (W3) [Adelung]
Abbrühen, verb. reg. act. 1) Mit heißem Wasser wegbringen. Die
Federn, die Haare abbrühen; und dann auch metonymisch, ein Huhn, ein
Schwein abbrühen, demselben die Federn, die Haare abbrühen. 2) Gehörig
brühen. Das Kraut wohl abbrühen.
Abbrunften (W3) [Adelung]
Abbrunften, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bey den
Jägern, die Brunsthitze abgekühlet haben, aufhören zu brunsten. S.
Brunst.
Abbuden (W3) [Adelung]
+ Abbuden, verb. reg. neutr. mit haben, die Buden abbrechen, im
gemeinen Leben.
Abbürsten (W3) [Adelung]
Abbürsten, verb. reg. act. mit der Bürste wegschaffen; den Staub
abbürsten. Ingleichen metonymisch, mit der Bürste reinigen; den Hut,
das Kleid u. s. f. abbürsten.
Abbüßen (W3) [Adelung]
Abbüßen, verb. reg. act. durch Buße, d. i. Reue, Strafe, oder
Genugthuung tilgen. Seine Sünden abbüßen. Ein Verbrechen mit Gelde
abbüßen. Daher die Abbüßung.
Abcirkeln (W3) [Adelung]
Abcirkeln, S. Abzirkeln.
Abcopiren (W3) [Adelung]
Abcopiren, verb. reg. act. etwas, es copiren, eine Copie davon
nehmen, in manchen Bedeutungen abschreiben, abzeichnen, u. s. f.
Ehedem abcopeyen. S. Copie.
Abdachen (W3) [Adelung]
Abdachen, verb. reg. act. 1) Des Daches berauben. Ein Haus abdachen.
2) Abhängig wie ein Dach machen; besonders in der Kriegsbaukunst und
dem Gartenbaue. S. das folgende. Im Deichbaue abflachen.
Abdachung (W3) [Adelung]
Die Abdachung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abdachens; ohne
Plural. 2) Eine solche abhängig gemachte Fläche, welche mit dem
Horizonte einen spitzigen Winkel macht; mit dem Plural. In der
Kriegsbaukunst unterscheidet man Böschung (Franz. Talut,) und
Abdachung, Franz. Pente.) Diese steiget allmählich, jene aber steiler
in die Höhe. Das Glacis hat die Abdachung nach dem Felde, die Böschung
aber nach dem Graben zu. Der Wall hat oben eine Abdachung; unten aber
eine gedoppelte Böschung, die eine inwendig und die andere auswendig.
S. auch Abhang.
Abdämmen (W3) [Adelung]
Abdämmen, verb. reg. act. durch einen Damm absondern, abhalten, oder
ableiten. Das Wasser abdämmen. Daher die Abdämmung.
Abdampfen (W3) [Adelung]
Abdampfen, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, bey den
Scheidekünstlern, sich im Dämpfe auflösen und verfliegen, evaporiren.
Alle Feuchtigkeiten abdampfen lassen. 2. Activum, abdampfen lassen.
Substanzen bis zur Trockenheit abdampfen. Daher die Abdampfung. S.
Dampfen.
Abdanken (W3) [Adelung]
Abdanken, verb. reg. 1. Activum, der bisherigen Dienste entlassen.
Seine Bedienten abdanken. Soldaten abdanken. Ein abgedankter Soldat,
Officier. Der König von Frankreich hat die Parlaments - Räthe
abgedankt. Bey der Reformation wurden die meisten katholischen
Geistlichen abgedankt. Einen Minister abdanken. Nach geendigter Jagd
werden die Treiber und Jäger abgedankt, wenn man sie aus einander
gehen läßt. Ja alsdann dankt man auch wohl den Hund ab, wenn man ihm
für seine Dienste schmeichelt, welches auch ablieben genannt wird. Und
dann auch figürlich. Scherz und Lachen werden abgedankt, man nimmt ein
ernsthaftes Gesicht an. Der abgedankte Schild, Günth. Ein abgedanktes
Kleid, ein abgelegtes. Pferde und Wagen abdanken, abschaffen.2,
Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. a) Ein Amt, einen Dienst
niederlegen. Der Minister hat abgedanket. Alle seine Leute danken ab.
Pitt dankte aus einem unwürdigen Verdrusse ab, daher erstaunte ganz
Europa über seine Abdankung. Man sagt zwar auch, von einem Amte
abdanken; aber am häufigsten bedienet man sich doch dieses Zeitwortes
absolute, und ohne Beyfügung eines Substantives. b) Abschied nehmen,
im weitesten Verstande; doch im Hochdeutschen nur noch von dem
Nachtwächter, wenn er mit anbrechendem Morgen zum letzten Mahle
abruft. Ehedem war es in weiterer Bedeutung üblich. Der Lazar wird
erweckt, und dankt den Würmern ab, Scultet. c) Eine Versammlung mit
Dank für ihre Gegenwart entlassen, ohne Accusativ. Bey einer Leiche
abdanken, die Abdankung thun, welches vermittelt einer kurzen Rede
geschiehet. Im Oberdeutschen sagt man, einer Leiche abdanken.
Anm.
Abdanken in der thätigen Bedeutung des Entlassens führet eigentlich
nichts Beleidigendes bey sich, so wie absetzen, welches allemahl ein
Vergehen voraus setzet, und denn auch nur von Würden und Ehrenstellen
gebraucht wird; dagegen abdanken von viel weiterm Umfange der
Bedeutung ist. Man kann auch eben nichts sagen, daß es niedrig wäre;
indessen wird es doch nur von geringern Bedienten, von höhern aber nur
höchstens in der mittlern Schreibart gebraucht. In der höhern, und von
angesehenen Personen wird man allemahl lieber entlassen, und in der
neutralen Bedeutung, sein Amt, seine Stelle niederlegen gebrau-chen.
Was die Etymologie betrifft, so bringt sich der Begriff des Dankes
gleichsam von selbst auf, und in manchen Bedeutungen, z. B. in der
letztern neutralen, ist er unläugbar. Da indessen danken ehedem in
mehrern längst veralteten Bedeutungen vorkam, so kann sich auch eine
derselben noch in diesem Worte erhalten haben. So bedeutete es auch
sprechen und sagen, wie die Latein. dicere und dicare, und so könnte
abdanken wohl nach dem Lat. abdicare gebildet seyn. Wenigstens ist der
Begriff des Dankes für geleistete Dienste, oder für das anvertrauete
Amt, in den meisten Bedeutungen so erloschen, daß der bloße Begriff
der Entlassung oder Niederlegung übrig geblieben ist. Hier in Dresden
heißt das äußerste Ende der Ränitz-Gasse der Abdankeplatz, weil ehedem
die Missethäter bis dahin den Staupbesen bekamen, und dann entlassen
wurden.
Abdankung (W3) [Adelung]
Die Abdankung, plur. die -en. 1) Die Entlassung eines andern aus
seinen Diensten. 2) Die eigene Niederlegung eines Amtes; in beyden
Fällen ohne Plural. 3) Die Rede, worin den Leichenbegleitern für die
Begleitung gedankt wird. Die Abdankung thun. Eine Abdankung halten.
Ingleichen die Danksagungsrede eines Schauspielers an die Zuhörer,
nach geendigtem Schauspiele.
Abdankungsrede (W3) [Adelung]
Die Abdankungsrede, plur. die -n, wie das vorige in der letzten
Bedeutung. Es muß diese Rede nicht mit der Standrede oder Parentation
verwechselt werden.
Abdarben (W3) [Adelung]
Abdarben, verb. reg. act. et reciproc. bis zu dem Grade des Darbens
oder Nothleidens entziehen. Ich darbe es meinem Leibe, ja meiner Seele
selbst ab, Gell. Sie darbten sich oft das frische Wasser ab, Ebend.
Ich habe meinem eigenen Maule den Bissen abgedarbt, Ebend. Es ist
eigentlich ein Reciprocum. Gebraucht man es ja als ein Activum, so
kann es doch nur von den Theilen dessen gebraucht werden, der sich
etwas abdarbet, wie aus obigen Beyspielen erhellet. Einem andern etwas
abdarben, ist nicht gebräuchlich.
Abdarren (W3) [Adelung]
Abdarren, S. Abdörren.
Abdecken (W3) [Adelung]
Abdecken, verb. reg. act. 1) Die Decke einer Sache, und was deren
Stelle vertritt, wegnehmen. Das Dach abdecken. Noch mehr aber
metonymisch, eine Sache ihrer Decke berauben. Den Tisch abdecken. Das
Haus abdecken. Der Wind hat das ganze Haus abgedeckt. 2) Figürlich
deckt der Jäger das Wild ab, wenn er es auswirft: im Oberd. ihm die
Decke abnehmen. Ferner wird es in der anständigern Sprechart für das
niedrige schinden gebraucht, d. i. dem umgefallenen Viehe die Haut
abziehen. So auch die Abdeckung. 3) Derb ausprügeln, im gemeinen
Leben, so wie zudecken; wo es wohl eigentlich nicht zu Decke gehöret,
sondern eine unmittelbare Onomatopöie ist, wie das bekannte tax, tax
erit in tergo tuo.
Abdeckerey (W3) [Adelung]
Die Abdeckerey, plur. die -en; 1) das Amt eines Abdeckers, und 2)
dessen Wohnung.
Abdeckerleder (W3) [Adelung]
Das Abdeckerleder, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut. nom.
sing. dasjenige Leder, welches von dem Abdecker dem gefallenen Viehe
abgezogen worden; im Gegensatze dessen, was die Fleischer abziehen.
Abdeichen (W3) [Adelung]
Abdeichen, verb. reg. act. in den Marschländern, vermittelst eines
Deiches absondern, einschließen. S. Deich. Daher die Abdeichung.
Abdielen (W3) [Adelung]
Abdielen, verb. reg. act. 1) Mit Dielen oder Bretern absondern. Eine
Kammer abdielen. 2) Mit den gehörigen Dielen versehen; dielen,
bedielen. Den Fußboden, ein Zimmer, abdielen.
Abdienen (W3) [Adelung]
Abdienen, verb. reg. act. 1) + Durch persönliche Dienste bezahlen; im
gemeinen Leben. Der Knecht dienet eines Schuld, der Sol-
dat einen Vorschuß ab. Abdienen gehet mehr auf die persönlichen
Dienste selbst, das gleichfalls niedrige abverdienen aber auf den
Verdienst oder den Werth des Dienstes nach Gelde berechnet. 2) An
einigen Oberdeutschen Höfen heißt es so viel, als die Speisen von der
Tafel tragen, so wie aufdienen daselbst, die Tafel damit besetzen,
bedeutet.
Abdingen (W3) [Adelung]
Abdingen, verb. irreg. act. ( S. Dingen) einen Nachlaß an dem
geforderten Kaufpreise durch Dingen erhalten; edler abhandeln. Ich
habe ihm fünf Thaler abgedungen. Er läßt sich nichts abdingen.
Anm.
Ehedem bedeutete dieses Zeitwort auch so viel als abspänstig machen;
wovon man ein Beyspiel beym Haltaus h. v. sehen kann. Im Oberdeutschen
sagt man für abdingen auch abmarkten.
Abdisputiren (W3) [Adelung]
+ Abdisputiren, verb. reg. act. einem etwas, es ihm abstreiten; im
gemeinen Leben.
Abdocken (W3) [Adelung]
Abdocken, verb. reg. act. abwickeln, bey den Jägern, von Leinen,
Seilen und Archen. S. Docke und Docken.
Abdonnern (W3) [Adelung]
+ Abdonnern, verb. reg. imperf. mit haben. Es hat abgedonnert, im
gemeinen Leben, es höret auf zu donnern.
Abdoppeln (W3) [Adelung]
Abdoppeln, verb. reg. act. bey den Schustern, die Rahmen an den
Weiberschuhen mit einem gedoppelten Faden durchnähen, welches bey den
Männerschuhen durchnähen heißt. Weiß abdoppeln.
Abdorren (W3) [Adelung]
"Abdorren", verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt.
1) Durch Austrocknen abgesondert werden, dürre werden und absterben oder abfallen. Die Warze dorret ab. Der Aussatz ist ausgedorret. Die Blumen sind abgedorret. Das Holz dorret ab, wenn es auf dem Stamme dürre wird, welches auch abstehen, und abfliegen genannt wird.
2) Sehr dürre werden, für ausdorren. Der abgedorrte Leib, Gryph.
Abdörren (W3) [Adelung]
Abdörren, verb. reg. act. 1) Durch Austrocknen absondern. 2) Zur
Gnüge dörren, gehörig dürre machen. Getreide abdörren. Malz abdörren,
wofür man auch wohl abdarren sagt; S. Darre. Figürlich auf den
Bergwerken, das in den Kienstöcken noch befindliche Silber oder Bley
völlig heraus schmelzen. Daher die Abdörrung.
Abdraht (W3) [Adelung]
Der Abdraht, des -es, plur. inus. bey den Zinngießern, die Späne,
welche bey dem Drehen oder Drechseln des Zinnes abgehen.
Abdrängen (W3) [Adelung]
Abdrängen, verb. reg. act. durch Drängen absondern, oder wegdrängen,
welches aber wenig gebräuchlich ist. S. Abdringen.
Abdräuen (W3) [Adelung]
Abdräuen, verb, reg. act. durch Drohungen erpressen, gewöhnlicher
abdrohen. S. Dräuen. Ein Beyspiel aus dem 14ten oder 15ten
Jahrhunderte stehet im Haltaus h. v.
Abdrechseln (W3) [Adelung]
Abdrechseln, verb. regul. act. 1) Durch Drechseln absondern. 2)
Völlig fertig drechseln. Eine Kugel abdrechseln.
Abdrehen (W3) [Adelung]
Abdrehen, verb. reg. act. 1) Durch Umdrehen absondern. Einem die
Knöpfe abdrehen, d. i. von dem Rocke. Einem Vogel den Kopf abdrehen.
2) Wie abdrechseln in beyden Bedeutungen; da denn abdrehen mehr bey
den Künstlern, abdrechseln aber mehr im gemeinen Leben üblich ist.
Abdreschen (W3) [Adelung]
Abdreschen, verb. irreg. act. S. Dreschen. 1) Eigentlich. a) Durch
Dreschen absondern, oder bekommen. Man hat dießmahl aus einem Schocke
nicht so viel abgedroschen, als ehedem; für ausdreschen.
Abgedroschenes Stroh, leeres. b) Das Getreide abdreschen, das
vorräthige Getreide, oder eine bestimmte Quantität desselben
ausdreschen. c) Das Dreschen beschließen, als ein Neutrum, doch auch
mit haben. Wir werden bald abgedroschen haben. d) Durch Dreschen
bezahlen. Eine Schuld abdreschen. 2) Figürlich, a) + für abprügeln,
aber nur in niedrigen Redensarten. Man drasch ihn weidlich ab, Bernh.
b) Im Partic. Passiv. ist abgedroschen, etwas das schon oft gesagt,
oder oft wiederhohlet worden. Das ist lauter abgedroschenes Zeug, d.
i. ein schon oft wiederhohltes Geschwätz. Abgedroschene (längst
bekannte) Wahrheiten mit aufgeblasenen Backen predigen. Und mit dieser
abgedroschenen Ausflucht denken, sie durchzukommen. Less. c) Heimlich
verabreden, in verächtlicher Bedeutung. Das haben sie längst mit
einander abgedroschen. Ein abgedroschener Handel.
Abdringen (W3) [Adelung]
Abdringen, verb. irreg. act. ( S. Dringen.) durch Dringen, ungestümes
Anhalten, Dröhen, oder sonst eine Art von Gewalt von einem erhalten;
ungefähr wie abdrücken. Einem Geld, einen Eid, ein Versprechen, eine
Erklärung abdringen. Er hat mir zehn Thaler abgedrungen, d. i. von mir
erbettelt. Von allem, was das Glück den Fürsten übergeben, Ist das
betrübteste, das Recht auf Tod und Leben, Es dringt uns Strafen ab.
Schleg.
Abdrohen (W3) [Adelung]
Abdrohen, verb. reg. act. durch Drohungen erhalten. Einem etwas
abdrohen. Im Oberdeutschen abdräuen.
Abdruck (W3) [Adelung]
Der Abdruck, des -es, plur. die -ücke.
1) Die Handlung des Abdruckens und Abdrückens; ohne Plural. Der Abdruck eines Gewehres, eines Buches, einer Pflanze, einer Figur in Wachs, in Thon, in Zinne, in Gyps u. s. f. Hieher gehöret auch die figürliche Bedeutung für den letzten Athem eines Sterbenden, welche aber niedrig ist, wenn gleich Canitz singt: Wenn mich die Zeit wegnimmt, Die du zum Abdruck mir bestimmt.
2) Das durch Abdrücken und Abdrucken entstandene Bild. Der Abdruck einer Pflanze, eines Siegels, einer Münze, eines Kupferstiches. Der erste, der zweyte Abdruck u. s. f. einen Abdruck von etwas machen oder nehmen. Auch bedeutet Abdruck in diesem Verstande so viel, als das Lateinische Exemplar, wenn von einem Buche die Rede ist, die Abdrücke der ersten Auflage u. s. f. In der Naturgeschichte sind Abdrücke, oder Spursteine, solche Steine, an welchen ein ehemahliger thierischer oder vegetabilischer Körper seine äußere Gestalt zurückgelassen hat. Figürlich kommt Abdruck auch für ein Ebenbild überhaupt vor. Er ist der Abdruck seines Vaters, d. i. er ist ihm sehr ähnlich. Alle Werke der Natur sind Abdrücke der Gottheit, Gell.
3) An den Schießgewehren, die kleine bewegliche Zunge, vermittelst deren sie abgedruckt werden; auch der Abzug.
Abdrucken (W3) [Adelung]
Abdrucken, verb. reg. act. 1. Activum, durch Drücken nachahmen oder
abbilden; und zwar, (1) durch das Drücken in einen weichen Körper. Ein
Siegel in Wachs, eine Statue in Thon, eine Münze in Zinn abdrucken u.
s. f. Ingleichen metonymisch, ein Buch abdrucken, bey den Buchbindern,
mit dem Stämpel Figuren auf das Buch drucken. Und dann auch figürlich.
Diese Züge, in denen sich die Verzweifelung und das Bild des Todes
abdruckt. (2) Durch das Drucken mit Farben auf die Oberfläche eines
andern Körpers. Einen Kupferstich abdrucken. Ein Buch abdrucken. Der
Bogen ist noch nicht abgedruckt; in welcher Bedeutung es auch den
Begriff der Vollendung mit in sich schließet. 2. Ein Neutrum mit
haben, die aufgedruckte Farbe fahren lassen.
Abdrücken (W3) [Adelung]
Abdrücken, verb. reg. act.
1) Durch Drücken absondern, besonders in den im gemeinen Leben üblichen sprichwörtlichen R. A. Die Angst will das Herz abdrücken. Es würde ihm das Herz abgedrückt haben, wenn er es nicht ausgeplaudert hätte. Ingleichen figürlich für abdringen, doch mit dem Nebenbegriffe mehrern Nachtheiles von Seiten des andern. Einem eine Waare abdrücken. Noch einen neuen Schmuck den Männern abzudrücken, Gell.
2) Durch Drücken los machen, von Handgewehren, Schlössern u. s. f. die vermittelst einer Feder gespannt sind. Ein Gewehr abdrücken. Den Pfeil, den Bogen abdrücken. Drauf drückte sie die Schlösser selber ab, Rost. Daher die Abdrückung in beyden Bedeutungen.
Anm. Abdrücken, als ein Neutrum, für sterben, er wird bald abdrücken, ist niedrig. Von dem Unterschiede zwischen drucken und drücken. S. diese Wörter.
Abdrucksstange (W3) [Adelung]
Die Abdrucksstange, plur. die -n, in dem Schlosse eines Gewehres,
eine kleine Stange, welche in die Nuß einspringt, damit das Gewehr
nicht losgehe.
Abdunkeln (W3) [Adelung]
Abdunkeln, verb. reg. act. bey den Färbern, eine helle Farbe in dem
Färben in eine dunklere verwandeln.
Abdunsten (W3) [Adelung]
Abdunsten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich in Dünste
auflösen und verstiegen wie abdampfen. Einen flüssigen Körper
abdunsten lassen. Daher die Abdunstung.
Abdünsten (W3) [Adelung]
Abdünsten, verb. reg. act. in Gestalt der Dünste vertreiben, das
Abdunsten eines flüssigen Körpers zuwege bringen. Wasser, Wein u. s.
f. abdünsten. Daher die Abdünstung.
Abebenen (W3) [Adelung]
Abebenen, verb. reg. act. völlig eben machen. Einen Garten, ein Feld
abebenen. Einen Pelz abebenen, ihn am Rande gerade schneiden. Daher
die Abebenung.
Abeifern (W3) [Adelung]
+ Abeifern, verb. reg. recipr. sich abeifern, sich durch Eifern oder
Zürnen abmatten.
Abelmosch (W3) [Adelung]
Abelmosch, S. Bisamkorn.
Abend (W3) [Adelung]
Der Abend, des -es, oder -s, plur. die -e. 1) Die Zeit zwischen Tag
und Nacht, oder kurz vor und nach dem Untergange der Sonne. Es wird
Abend. Es gehet gegen den Abend. Der Abend überfiel uns. Der Abend
brach an, da ich ihn verließ. Diesen Abend will ich zu dir kommen. Auf
den Abend sehe ich dich. Gegen Abend. Mit dem Abend (d. i. bey Anbruch
des Abends) in die Stadt kommen. Zu Abend essen, im gemeinen Leben, d.
i. die Abendmahlzeit halten. Guten Abend! der gemeine Abendgruß;
daher, einem einen guten Abend wünschen, sagen oder biethen. Sprw. Ein
feuriger Abend bedeutet einen heitern Morgen. Es ist noch nicht aller
Tage Abend, omnium dierum sol nondum occidit, Liv. In figürlicher
Bedeutung, besonders in biblischen R. A. bezeichnet Abend das Ende
einer gewissen bestimmten Zeit. Am Abend der jüdischen Cärimonien. Um
den Abend wirds Licht seyn, Zach. 14, 7. So auch in der poetischen
Schreibart für das Ende des Lebens, oder das Alter.Mein Abend kommt
heran, jetzt sollen Thränen rinnen, Can. 2) Der Tag vor einem Feste,
mit Beyfügung des Wortes heilig, oder auch des Nahmens Festes. Der
heilige Abend, der Pfingstabend, der Osterabend. So auch Fastenabend,
der Tag vor dem ersten Tage in der Fasten; Sonnabend, der Tag vor dem
Sonntage, u. s. f. In Oberdeutschland heißt der Tag vor einem Feste
auch der Vorabend. 3) Die Gegend am Himmel, wo die Sonne im Äquinoctio
unterzugehen scheint, Westen. Gegen Abend liegen. Der Wind kommt aus
oder von Abend. In dieser Bedeutung hat das Wort keinen Plural, wird
auch nur mit den Präpositionen aus, gegen, gen und von, ohne Artikel,
ja ohne alle Abänderung gebraucht. Nur die Dichter erlauben sich auch
hier zuweilen Ausnahmen; so saget z. B. Dusch: die letzten Inseln des
Abends.
Anm. 1) Nichts ist gewöhnlicher, als daß in der Declination
dieses Wortes im Singular das e in der letzten Sylbe verbissen wird;
am Abend für am Abende, des Abends für des Abendes. Allein da es im
Plural ohne alle Ausnahme ein e bekommt, so sollte es dasselbe auch im
Singular haben; weil es sonst eine Ausnahme von der Regel machen
würde. Einige der Alten sindhierin genauer. Ottfried sagt am Abande,
und der Vers des Rythm. de S. Annone: Einis abindis.2) Von der
biblischen R. A. zwischen Abends S. das Adv. Abends.3) Abend, beym
Kero Abunt, beym Notker Habant, beym Ottfried und Tatian Aband und
Abant, Nieders. Avend, Holl. Avent, Angels. Aefen, Engl. Even,
Evening, ist bisher von dem alten in der Hochdeutschen Mundart nicht
mehr üblichen Zeitworte aben, absteigen, abnehmen, abgeleitet worden,
dessen Stammwort wiederum die Partikel ab ist. Weil aber die
nordischen Mundarten in diesem Worte wider ihre Gewohnheit härtere Mitlauter haben, indem Abend bey den Isländern Apton, bey den Schweden
Affton, und bey den Dänen Aften heißt: so nimmt Herr Ihre mit nicht
geringer Wahrscheinlichkeit das Isl. aptan, Goth. aftana, und Angels.
aeftana, nach, für das Stammwort an; so daß Abend eigentlich den
letzten Theil des Tages bedeuten würde. Von Abend hatte man ehedem
auch das unpersönliche Zeitwort abenden für Abend werden, so wie man
von Tag saget, es taget; Is abandet, beym Tatian. Die Holländer und
gemeinen Deutschen Mundarten haben es auch noch jetzt. Wachter hat
schon angemerket, daß Abend in der Bedeutung einer Himmelsgegend
neueren Ursprunges ist. Die Gothen nannten diese Gegend Saithqua, von
Saitgan, ponere; die Angelsachsen Westdael; die nordischen Völker
Sol-biorg, gleichsam die Schlafstätte der Sonne; die Franken und
Alemannen aber Sedelgang d. i. Niedergang.
Abendandacht (W3) [Adelung]
Die Abendandacht, plur. die -en. 1. Die andächtige Gemüthsfassung am
Abend; ohne Plural. Seine Abendandacht halten. 2. Eine erbauliche
Betrachtung am Abend, ingleichen das Abendgebeth.
Abendbesuch (W3) [Adelung]
Der Abendbesuch, des -es, plur. die -e. 1. Der Besuch, welchen man am
Abend macht oder bekommt. 2. Die besuchenden Personen.
Abendbrot (W3) [Adelung]
+ Das Abendbrot, des -es, plur. inusit. eine besonders in
Niedersachsen übliche Benennung des Abendessens, vornehmlich, wenn von
geringen Personen die Rede ist.
Anm. In denjenigen Provinzen, wo das
Landvolk des Tages sehr oft und gemeiniglich sechsmahl isset, hat man
ein gedoppeltes Abendbrot. Das erste, welches Nachmittags um drey Uhr
gegessen wird, heißt in Niedersachsen das kleine Abendbrot,
Halbabendbrot, ingleichen Vesperbrot, im Hannöverischen des Veremahl
oder Verigermahl, in Oberdeutschland aber Jausen ingleichen
Unteressen, und Abendzehr. Das zweyte wird schlechthin Abendbrot, in
Westphalen Nachtmisse, im Chur-Braunschw. Nagtsen und in Oberdeutschl.
Nachtimbiß und Nachtessen genannt.
Abenddämmerung (W3) [Adelung]
Die Abenddämmerung, plur. inus. die schwache Erleuchtung des
Erdbodens durch die Refraction der Sonnenstrahlen, wenn sich die Sonne
unter dem Horizonte verborgen hat. Angels. Aefenglomung. In Nieders.
de Uhlenflucht, weil die Eulen alsdann auszufliegen anfangen.
Abendessen (W3) [Adelung]
Das Abendessen, des -s, plur. ut nomin. sing. 1. Eine Speise, welche
man Abends, vor dem Schlafengehen zu sich nimmt, die Abendspeise.
Schinken ist kein gutes Abendessen. 2. Das Speisen zur Abendzeit, die
Abendmahlzeit; ohne Plural. Jemanden zum Abendessen rufen.
Anm. Die
Alten, welche dieses zusammen gesetzte Wort nicht hatten, sagten dafür
Abantcaumo und Abandmuas, und etwas später Nachtmahl, Nachtessen. Bey
dem Ulphilas findet man Nahtamatz, und bey den Scandiern Nattord. Von
Abandmuas hatten die Franken und Alemannen auch das Verbum
abandmuasen, zu Abend essen.
Abendgang (W3) [Adelung]
Der Abendgang, des -es, plur. die -gänge, im Bergbaue, ein Gang,
welcher nach Abend zu streicht.
Abendgebeth (W3) [Adelung]
Das Abendgebeth, des -es, plur. die -e. 1. Das Gebeth, in welchem man
sich Abends vor Schlafengehen dem Schutze der Vorsehung empfiehlet; im
gemeinen Leben der Abendsegen. 2. In einigen Gegenden, z. B. in
Schlesien, ist es eine Bethstunde, welche Abends in der Kirche
gehalten wird.
Abendglocke (W3) [Adelung]
Die Abendglocke, plur. inus. der Klang der Glocke, so fern er den
Abend, oder die Zeit des Abendgebethes ankündiget.
Abendjagd (W3) [Adelung]
Die Abendjagd, plur. die -en, eine Jagd, welche bey der Nacht,
vermittelst angezündeter Strohfackeln gehalten wird; auch die
Fackeljagd.
Abendkost (W3) [Adelung]
+ Die Abendkost, plur. car. Das Abendessen, im gemeinen Leben,
besonders in Niedersachsen. Zum süßen Schluß der Abendkost, Haged.
Abendland (W3) [Adelung]
Das Abendland, des -es, plur. die -länder, ein Land, welches gegen
Abend liegt; am häufigsten im Plural.
Abendländer (W3) [Adelung]
Der Abendländer, des -s, plur. ut. nom. sing. der Einwohner eines
gegen Abend gelegenen Landes.
Abendländisch (W3) [Adelung]
Abendländisch, adj. aus einem gegen Abend gelegenen Lande, oder dazu
gehörig. Abendländische Sitten, Gewächse u. s. f.
Abendlich (W3) [Adelung]
Abendlich, adj. 1. Was zum Abende gehöret, oder am Abende geschiehet.
Ein abendlicher Schmaus, Uz. Die abendliche Sonne warf noch die
letzten ihrer Strahlen auf uns, ehe sie unterging, Dusch; die
Abendsonne. 2. Gegen Abend gelegen, westlich; im Hochdeutschen nur
selten.
Anm. Schon bey dem Kero findet man Abuntlih. Frisch sagt,
dieses Beywort habe keine Analogie, daher man es habe veralten lassen.
So viel ist gewiß, daß sich dessen die Dichter noch am häufigsten
bedienen. Aber was die Analogie betrifft, so haben wir ja nächtlich
und mitternächtlich in ähnlicher Bedeutung.
Abendlicht (W3) [Adelung]
Das Abendlicht, des -es, plur. car. 1. Figürlich bey den Dichtern,
der Abendstern, der Abend. Komm du schönes Abendlicht, Das der Lieb
Erfüllung giebet, Nachtstern komm und säume nicht. Opitz. 2. Das Zodiakal-Licht, wenn es sich im Frühlinge Abends zeiget.
Abendlied (W3) [Adelung]
Das Abendlied, des -es, plur. die -er, ein geistlicher Gesang, der
Abends beym Schlafengehen gesungen wird.
Abendluft (W3) [Adelung]
Die Abendluft, plur. die -lüfte. 1) Die Luft oder ein gelinder Wind,
der aus Abend kommt. 2) Die kühle Luft Abends nach Untergang der
Sonne; ohne Plural. Die kühle Abendluft genießen.
Abendlust (W3) [Adelung]
Die Abendlust, plur. car. ein Vergnügen, welches man Abends genießet.
Abendmahl (W3) [Adelung]
Das Abendmahl, des -es, plur. car. 1) Ehedem das Abendessen, die
Abendmahlzeit, in welcher nun veralteten Bedeutung, welche noch Joh.
12, 2, und Marc. 6, 21. vorkommt, auch der Plural üblich war. Die
Schweden sagen noch jetzt Aftonmal. 2) Jetzt bedeutet das Abendmahl,
das heilige Abendmahl, oder das Abendmahl des Herrn, in den
protestantischen Kirchen noch den sacramentlichen Genuß des Leibes und
Blutes Christi, welcher sonst auch das Sacrament des Altares, der
Tisch des Herrn, die Communion, im gemeinen Leben das Nachtmahl und
Gottestisch genannt wird, und hier ist der Plural nicht gebräuchlich.
Das heilige Abendmahl halten, austheilen. Das Abendmahl empfangen,
genießen. Zum heiligen Abendmahle gehen. Einem das Abendmahl
reichen.
Anm. Wachter merket an, daß dieses Wort in beyden Bedeutungen
den Alten unbekannt gewesen. Von der ersten Bedeutung S. Abendessen.
Die Angelsachsen, Gothen und Scandierbedienten sich Statt desselben in
der zweyten Bedeutung des Wortes Husl, Hunsl und Hust, Opfer, und die
Franken des Wortes Wizzod, Gesetz, Beobachtung. Die unter dem gemeinen
Volke noch übliche Betheuerung: ich will das heilige Abendmahl darauf
nehmen, ist ein Überbleibsel der ehemahligen purgationis per
eucharistiam, wovon Gericken ad Schottel. S. 197 und Grupens Observat.
S. 63 nachgesehen werden können.
Abendmahlzeit (W3) [Adelung]
Die Abendmahlzeit, plur. die -en, die Mahlzeit, die man Abends hält,
das Abendessen, in anständigen Ausdrücken von vornehmen Personen.
Abendmarkt (W3) [Adelung]
Der Abendmarkt, des -es, plur. die -märkte, an einigen Orten, eine
Art von Vormarkt, welcher jeden Abend vor den Wochenmärkten gehalten
wird.
Abend-Musik (W3) [Adelung]
Die Abend-Musik, plur. die -en, eine Musik, die man jemanden zu Ehren
Abends veranstaltet. Einem eine Abend-Musik bringen. Ital. Serenata.
Bringt man sie unter dem Fenster, so heißt sie ein Abendständchen.
Abendopfer (W3) [Adelung]
Das Abendopfer, des -s, plur. ut nom. sing. Bey den ältern Juden,
dasjenige Brandopfer, welches Abends angezündet wurde, und die ganze
Nacht durch brennen mußte. Schon bey dem Notker Abentopher.
Abend-Punct (W3) [Adelung]
Der Abend-Punct, des -es, plur. die -e; in der Astronomie, derjenige
Punct, in welchem die Sonne untergehet, wenn sie im Äquator stehet,
der wahre und eigentliche Abend.
Abendregen (W3) [Adelung]
Der Abendregen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eigentlich ein Regen,
der Abends fällt. 2) In einigen Stellen von Luthers Bibelübersetzung,
z. B. Jac. 5, 7. bedeutet es so viel, als der gleichfalls biblische
Ausdruck Spatregen, wodurch diejenige Regenzeit angedeutet wird,
welche in den Morgenländern kurz vor der Ernte im Aprill einfällt, im
Gegensatze des Frühregens oder Morgenregens, der zur Saatzeit im
October oder November fällt. Alle diese Benennungen sind freylich
unbequem und bloß nach dem Hebräischen und Griechischen gebildet.
Daher der Herr Hofrath Michaelis allerdings Beyfall verdienet, daß er
in seiner Übersetzung für Spat- und Abendregen den Ausdruck
Frühlingsregen gewählet hat.
Abendroth (W3) [Adelung]
Das Abendroth, des -es, plur. car. die Abendröthe. O laßt uns den
Glanz des Abendrothes und den sanften Schimmer des Mondes betrachten!
Gesn. froh bin ich, wenn das Abendroth am Himmel mich bescheinet,
ebend. Dieses Wort kommt schon unter den Schwäbischen Kaisern, aber im
männlichen Geschlechte vor. Si bran uf schone Sam der abend rot, singt
Rudolph von Rottenburg. Bey dem gemeinen Manne, besonders in
Niedersachsen ist dieses Wort üblicher, als Abendröthe; außerdem wird
es in der Kürze willen am häufigsten in der höhern Schreibart
gebraucht.
Abendröthe (W3) [Adelung]
Die Abendröthe, plur. die -n, 1) Der rothe Schein, der gleich nach
dem Untergange der Sonne am Horizonte gesehen wird, und von der
Refraction der Sonnenstrahlen in der Luft herrühret. 2) Die durch
diese Strahlen gefärbten Wolken. In dieser Bedeutung sagt der
Landmann: die Abendröthe ziehe über Land, wenn die solcher Gestalt
erleuchteten Wolken gegen Osten fort ziehen, worauf den andern Tag
heiteres Wetter zu erfolgen pfleget. Der Plural, die Abendröthen, ist
wenig gebräuchlich, kommt aber doch zuweilen bey den Naturlehrern und
Dichtern vor.
Abends (W3) [Adelung]
Abends, adv. am Abende, auf den Abend. Gestern Abends. Heute Abends.
Abends zuvor. Ich werde erst Abends spät wieder kommen. Ich kann ihn
vor Abends nicht sprechen. Den neunten Abends.
Anm. Eigentlich ist
dieses Wort, so wie die verwandten Morgens, Mittags, Montags, Dinstags
u. s. f. der verkürzte Genitiv des Substantives Abend, für Abendes,
welches
daraus erhellet, daß man auch mit Artikel des Abends, des Morgens
sagt. Etwas mehr sticht die adverbische Beschaffenheit vor, wenn es
mit der Präposition vor verbunden wird, die doch sonst keinen Genitiv
regieret, vor Abends. Allein da dessen ungeachtet, der Begriff eines
Substantives immer noch der merklichste ist, so schreibt man es am
richtigsten mit einem großen Buchstaben. S. Orthogr. Theil 1, S. 351.
Abendschicht (W3) [Adelung]
Die Abendschicht, plur. die -en, in den Berg- und Hüttenwerken, die
Schicht oder Arbeitszeit, welche Abends ihren Anfang nimmt, und an
einigen Orten auch die Nachtschicht genannt wird, an andern aber von
ihr noch verschieden ist.
Abendsegen (W3) [Adelung]
+ Der Abendsegen, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben so
viel als das Abendgebeth. Den Abendsegen bethen.
Abendseite (W3) [Adelung]
Die Abendseite, plur. die -n, die gegen Abend gelegene Seite eines
Landes, Feldes, Berges, Gebäudes u. s. f.
Abendsonne (W3) [Adelung]
Die Abendsonne, plur. die -n, bey den Dichtern, der Glanz der
untergehenden Sonne. Und Abendsonnen kühlten sich zögernder im Meer,
Mich. Fig. auch der Abend. Wir arbeiten von der Morgensonne bis zu der
Abendsonne, und was haben wir denn gewonnen? Gesn.
Abendspeise (W3) [Adelung]
Die Abendspeise, plur. die -n, eine Speise, so fern sie Abends
genossen wird, wie Abendessen 1.
Abendständchen (W3) [Adelung]
Das Abendständchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Abend-Musik.
Abendstern (W3) [Adelung]
Der Abendstern, des -es, plur inusit, die Venus, wenn sie der Sonne
nachgeht, und also bey ihrem Untergange in Westen sichtbar wird. Für
stillere Stunden in der Dämmerung, wenn der Abendstern über mir
wandelt, sparete ich die Thränen um dich, Dusch. Der Abendstern winkt
unsrer Erde, Die Ruh am Horizont herauf. Zach. Opitz nennt ihn auch
den Vesperstern.
Abendstillstand (W3) [Adelung]
Der Abendstillstand, des -es, plur. inusit. bey den Astronomen, wenn
ein Planet Abends in einem Puncte des Thierkreises einige Tage stille
zu stehen scheint; Statio vespertina.
Abendstunde (W3) [Adelung]
Die Abendstunde, plur. die -n, eine der Stunden des Abends.
Figürlich, der Abend, die abendliche Zeit. Wie glücklich werden wir
daselbst die stillen Abendstunden finden, Dusch.
Abendthau (W3) [Adelung]
Der Abendthau, des -es, plur. car. Der Thau, der zur Abendzeit aus
der Luft fällt, und aus den Dünsten entsteht, welche den Tag über in
die Luft aufgestiegen sind.
Abendtisch (W3) [Adelung]
Der Abendtisch, des -es, plur. inus. die gewöhnliche Abendmahlzeit,
doch nur collective. Ich habe den Abendtisch bey ihm, speise alle
Abende bey ihm. Er bezahlet für den Abendtisch wöchentlich zwey
Gulden. Einem den Abendtisch geben.
Abenduhr (W3) [Adelung]
Die Abenduhr, plur. die -en, in der Gnomonik, eine Sonnenuhr, die auf
einer Fläche beschrieben wird, welche gerade gegen Abend liegt, und
also nur die Nachmittagsstunden zeiget.
Abendviole (W3) [Adelung]
Die Abendviole, S. Nachtviole.
Abendvogel (W3) [Adelung]
Der Abendvogel, des -s, plur. die -vögel, eine Art Schmetterlinge,
welche nur Morgens und Abends in der Dämmerung herum flieget, auch der
Dämmerungsvogel, Sphinx, L.
Abendvolk (W3) [Adelung]
Das Abendvolk, des -es, plur. die -völker, ein Volk, welches gegen
Westen oder Abend wohnet; am häufigsten im Plural.
Abendwärts (W3) [Adelung]
Abendwärts, adv. gegen Abend, der Himmelsgegend nach, nach Westen zu.
Abendwärts gehen, schiffen, wohnen u. s. f.
Anm. Abendwärts mit der
zweyten Endung des Hauptwortes zu verbinden, z. B. abendwärts der
Stadt, ist eben so ungewöhnlich, als die biblischen R. A. gegen
abendwärts, Joh. 8, 9, 12. Kap. 16. 3. zum abendwärts, Kap. 19. 11.
und von abendwärts der Stadt, 2 Chron. 32. 30.
Abendweite (W3) [Adelung]
Die Abendweite, plur. die -n, in der Astronomie, der
Abstanddesjenigen Punctes, in welchem ein Stern untergehet, von dem
Abend-Puncte, Amplitudo occidua.
Abendwind (W3) [Adelung]
Der Abendwind, des -es, plur. die -e, 1) Ein Wind, der aus Abend,
oder Westen kommt; der West, Westwind. 2) Ein Wind, der am Abende
wehet. O daß die kühlen Abendwinde dir nicht schaden, und der feuchte
Thau! Gesn.
Abenteuer (W3) [Adelung]
Das Abenteuer, des -s, plur. ut nom sing. 1) Ein ungefährer Zufall,
woran das Glück mehr Theil hat, als der Vorbedacht. In dieser
Bedeutung ist das Wort noch bey den Handwerkern üblich, wo Abenteuer
erwarten, oder sein Handwerk auf Abenteuer treiben, so viel heißt, als
auf bestellte Arbeit warten, ingleichen Arbeit auf den Kauf
verfertigen. In beyden Fällen bedeutet es so viel, als auf gut Glück
arbeiten. 2) Ein seltsamer, wunderbarer oder gefährlicher Zufall, doch
mehrentheils nur noch in scherzhaftem und verächtlichem Sinne. Ein
Abenteuer wagen. Ein Abenteuer bestehen, jetzt nur noch im Scherze,
eine gefährliche, oder doch seltsame Handlung unternehmen. Auf
Abenteuer ausgehen, eine lächerliche, mißliche Sache unternehmen.
Anm.
1. Ehedem bedeutete Abenteuer auch, 1) eine herzhafte, männliche That;
in welcher Bedeutung es sehr oft im Theuerdank vorkommt. Z. B. Kap.
115. Darumb sol ein yeder Man Sich kheiner abenthewer understan Aus
Hochfart und eyteler eer. Und Kap. 57. Noch so wil ich mein
abenthewerVersuchen gegen dem Held werth. Ingleichen die Erzählung
einer wunderbaren Begebenheit. Conrad von Würzburg nennet sein Gedicht
von Troja, eine Aventure. Der häufige Gebrauch, den die alten
Romanenschreiber von diesem Worte machten, hat ihm endlich einen
verächtlichen Nebenbegriff gegeben. 2) Die Begebung in die Gefahr
eines Verlustes, und diese Gefahr selbst. So heißt es z. B. in der
Würtenbergischen Landesordnung Tit. 11. so wird er darum seine
Abentheuer und Gefahr stehen müssen. Und in einer Sächsischen
Verordnung von 1482 wird gesaget, daß man den Gastwirthen für ihre
Sorge, Abenteuer und Mühe einen ziemlichen Gewinn gönnen sollte. 3)
Eine seltsame, wunderbare Erscheinung. So heißt bey dem Opitz
Ebentheuer so viel als ein Wunderthier, und Gryphius nennet die
Irrlichter ein Abentheuer der Nacht. Noch einige andere gleichfalls
veraltete Bedeutungen führet Frisch h. v. an.2. Abenteuer, in der
Oberd. Mundart um 1377 Aventäwer, Nieders. Eventür, Dän. Eventyr und
Aventyr, Schwed. Äfwentyr, beym Berel. Acsintyr, kommt seit mehrern
Jahrhunderten in den Deutschen und Nordischen Mundarten vor. Die
Abstammung dieses Wortes hat die Sprachforscher von jeher sehr
gemartert und sie oft auf abenteuerliche Muthmaßungen geführet, wovon
man die vornehmsten beym Ihre angeführet findet. Wachter nimmt für
drey verschiedene Bedeutungen dieses Wortes auch drey verschiedene
Ableitungen an. Wenn er es in der Bedeutung einer tapfern That von dem
Goth. Aba, ein Mann, und dürren, wagen, herleitet: so scheint ihm das
zu Statten zu kommen, daß im Theuerdank und dessen Zeitgenossen theuer
und theuerlich beständig so viel als tapfer, und eine theuerliche
Gethat, so viel als eine herzhafte That bedeuten. Allein Herr Ihre
zeigt v. Äfwentyr, daß Wachter in Ansehung des Aba sehr unrecht daran
ist. Das natürlichste ist also wohl, daß man es von dem Franz.
Avanture, und dieß von dem Lat. Adventus oder Eventus herleitet, wovon
adventura, eventura, adventurarius, eventurare u. s. f. im mittlern
Lateine in allen obigen Bedeutungen häu-
fig vorkommen. Dadurch läßt sich alsdann auch die Schreibart Abenteuer
rechtfertigen, welche in einigen Mundarten gewöhnlich ist. Allein das
th, welches gemeiniglich in der dritten Sylbe geschrieben wird, läßt
sich mit nichts vertheidigen. In den mittlern Zeiten sagte man bald
die Abenteuer, bald das Abenteuer, und in Oberdeutschland ist es noch
mehrentheils weiblichen Geschlechts; vermuthlich nach dem Muster des
Franz. Avanture. Das Verbum abenteuern, wagen, sich mit jemanden
abenteuern, mit ihm kämpfen, u. s. f. ist in der Hochdeutschen Mundart
veraltet.
Abenteuerlich (W3) [Adelung]
Abenteuerlich, -er, -ste, adj. 1) Wunderbar ohne alle
Wahrscheinlichkeit, seltsam, thöricht. Eine abenteuerliche,
(unglaubliche, fabelhafte) Geschichte. Ein abenteuerlicher Mensch,
Einfall, Gedanke u. s. f. Und wird nicht wunderbar nur abenteuerlich.
Uz. 2. Fürchterlich, voll unerwarteter Auftritte. Es schien, als wenn
sich die Natur hier eine besondere Mühe gegeben, diese ganze Gegend
recht schwarz, traurig und abenteuerlich zu machen, Zach. Ehedem
bedeutete es auch gefährlich, und ein abenteuerlicher Gesell, war ein
Mensch, der weit gereiset war, viel erfahren hatte.
Abenteuerlichkeit (W3) [Adelung]
Die Abenteuerlichkeit, plur. die -en. 1) Die abenteuerliche
Beschaffenheit einer Sache; ohne Plural. 2) Eine abenteuerliche Sache
selbst; mit dem Plural.
Abenteurer (W3) [Adelung]
Der Abenteurer, des -s, plur. ut nom. sing. der auf Abenteuer, oder
thörichte Glücksfälle ausgeht, keine bestimmte und vernünftige
Lebensart hat. Ehedem bedeutete es einen jeden, der etwas wage, auch
in einem guten Verstande, z. B. einen Freywilligen im Kriege, einen
Gewerken im Bergbaue, einen Kaufmann, und im Engl. ist Adventurer noch
jetzt ein Kaufmann, der über See handelt.
Abenteurig (W3) [Adelung]
* Abenteurig, adj. für abenteuerlich, welches aber wenig mehr gehöret
wird.
Aber (W3) [Adelung]
Aber, eine Partikel, welche in gedoppelter Gestalt vorkommt.I. * Als
ein Nebenwort der Zeit, für wiederum. Im Hochdeutschen ist es bis auf
einige zusammen gesetzte Wörter, als abermahl, Aberacht, Abersaat, u.
s. f. völlig veraltet, ob es gleich in Luthers Bibelübersetzung noch
oft vorkommt und in Oberschwaben auch noch jetzt üblich ist. Die im
gemeinen Leben übliche R. A. ich habe es tausend- und aber tausendmahl
gesagt; ingleichen, seyn sie tausendmahl willkommen, und aber
tausendmahl willkommen, Less. O Geitz und aber Geitz! Opitz, sind auch
noch ein Überbleibsel davon.In einigen andern zusammen gesetzten
Wörtern ist es aus after entstanden, und deutet alsdann eine unächte
Beschaffenheit desjenigen Begriffes an, mit welchem es verbunden ist;
wie z. B. in Aberknoblauch, Aberäsche u. s. f. besonders aber in den
veralteten Aberkönig, Aberpapst u. s. f. für Afterkönig, Afterpapst.Es
scheint, daß dieses Nebenwort, welches bey dem Kero und andern ältern
Schriftstellern Auur, Abur, geschrieben wird, besonders der
Alemannischen Mundart eigen gewesen. Doch kommen auch das Isl. aptur,
das Goth. aftra. das Angels. eft, und das Schwed. ater, in eben dieser
Bedeutung vor. Bis zu Ende des 15ten Jahrhunderts war es als ein
Nebenwort der Zeit sehr gebräuchlich; z. B. Nu sint die liehten langen
sumer tage Mir aber ane froeide hingescheiden, Markgraf Heinrich von Weißen. Allein nachmahls fing es an, nach und nach zu veralten, bis es
von dem gleichbedeutenden wiederum völlig verdränget wurde, und dessen
meisten Composita, z. B. Aberung, Wiederhohlung, Abirburt,
Wiedergeburt, aburfangan, wiederhohlen, Aberene,Urgroßvater, Aberthat,
Ausschweifung u. s. f. haben kein besseres Schicksal gehabt. Andere,
wie z. B. Aberwille für Unwillen, sind noch in der Schweiz und andern
Oberdeutschen Gegenden üblich.II. Als ein Bindewort, dessen
Bedeutungen mit allen ihren Schattirungen eben nicht leicht zu
bestimmen sind. Vielleicht werden sich die meisten derselben unter
folgende Fälle bringen lassen. Es steht,1. Im Nachsatze, wo es dessen
Verhältniß gegen den Vordersatz andeutet, und bezeichnet alsdann:(1)
Die Ursache, warum der Ausspruch im Vordersatze nicht Statt findet. Er
könnte gesund seyn, aber andere hetzen ihn auf. Ich hätte es gethan;
aber, ach! es ist mein Vater. Ich hätte dir vergeben; nun aber, da du
so frech bist u. s. f. Es wäre möglich, aber es ist verbothen, oder,
so aber ist es verbothen.(2) Einen völligen Gegensatz dessen, was im
vorher gehenden gesaget worden, und kann alsdann oft auch durch
hingegen oder im Gegentheile ersetzet werden. Die Männer wissen von
nichts als von Feuer und Schwerte; wir aber haben gelindere Mittel,
uns zu rächen. Das sind Fehler der Sitten, nicht aber des Alters. Ich
dachte immer, die Kälte oder die Hitze würde ihm die Gedanken
schwächen; aber nein! er blieb artig, ohne Unterlaß witzig, Gell. Die
schöne Morgenröthe hatte ihm sonst Lieder abgelocket; aber jetzt sang
er nichts, Gesner. O, sage was du willst, du liebst ihn doch im
Stillen, Ich aber lieb ihn nicht, Gell. (3) Eine nähere Bestimmung in
Gestalt eines Gegensatzes, ingleichen eine Ersetzung ode Compensation
dessen, was im Vordersatze war behauptet oder geläugnet worden. Ihre
Schönheit blendet zwar nicht; aber sie gehet an das Herz. Du bist
freylich nicht die schönste; aber du wirst gewiß versorgt werden,
Gell. Da denn der Vordersatz nicht eben gerade eine Verneinung
enthalten darf. Sie hat jetzt Besuch bey sich; sie wird aber auf den
Abend die Ehre haben, ihnen ihre Visite zu geben, Gell. Die stille
Gegend hat ihn bisher aufgehalten; aber jetzt kam er zurück, Gesner.
Zwar kommen donnernde Wolken im segenvollen Sommer; aber murre nicht,
wenn Zeus unter deine Hand voll Tage auch trübe Stunden mischet,
Gesn.(4) Eine Einschränkung des Vordersatzes, für allein; und zwar, a)
eine Vernichtung oder Entkräftung dessen, was im Vordersatze war
gesaget worden, oder doch der Wirkung desselben. Ich suchte ihn; aber
er war nicht da. Ich wartete auf ihn; aber er kam nicht. Sie hatte
sich recht schön, sehr schön geputzt; aber, es ist alles eitel, Gell.
Sie wissen, ich kann ihnen nichts abschlagen; aber ich bin gar zu
krank, Gell. Wir sehen weit hinaus auf fremde Gefilde von Glück; aber
Labyrinthe versperren den Zugang, Gesn. Ich wollte wünschen, daß es
meine Kräfte zuließen; so aber muß ich mich noch heute auf den Weg
machen, Less. Eh Sylvia noch kam, so hatt ich vielen Muth; Kaum aber
sah ich sie, so wich bey ihrem Blicke, Mein erst so dreistes Herz
schon ganz beschämt zurücke, Gell. b) Einen Einwurf; besonders wenn
derselbe fragweise vorgetragen wird; ingleichen einen möglichen Fall
in Gestalt eines Einwurfes. Die Natur ist hier schön; wird sie es aber
auch für mich seyn? Ach, wenn ich ihn fände! - - Aber, ich träume. Sie
sagen, sie liebten mich; aber wie kann ich glauben, ihnen zu gefallen?
c) Eine Bedingung oder Ermahnung, in Gestalt eines Gegensatzes. Morgen
erwarte ich sie; aber daß sie mir den Daphnis nicht vergessen.
Vielleicht wird mir diese Pflicht
künftig nicht schwer fallen; aber entziehen sie mir dabey ihre Hülfe
nicht. Der Doctor hat mir befohlen, mich aus einem Zimmer in das
andere zu begeben; aber wenn er mir erst Kräfte eingegeben hätte,
Gell. d) Eine Einschränkung, oder Erläuterung des vorigen, Beyfügung
eines Nebenumstandes u. s. f. Ach Phillis, wie schön bist du! Aber
nicht nur deine Schönheit hat mich zur Liebe gereitzet, Gesn. Was?
eines Mords wegen? Antw. Ja, aber eines honneten Mords, Less.
Fürstenkinder haben Freude; Aber lange nicht, wie wir, Weiße. Denn
unsrer Jugend gönnt die Liebe Viel Unschuld; aber nicht zu viel,
Haged. Wenn die Einschränkung nachtheilig oder bedenklich ist, so wird
der Nachlaß auch wohl verschwiegen, und das aber wiederhohlet; z. B.
Es kann noch etwas aus ihm werden; aber, aber - - - Und in diesem
Verstande kann aber auch als ein Substantiv gebraucht werden; z. B.
die Sache hat ein Aber, eine bedenkliche Einschränkung, oder, sie ist
nur unter gewissen Bedingungen wahr. Es ist nichts so schön, es ist
ein Aber dabey. Das Aber eines Kenners ist schmeichelhafter, als alle
Ausrufungen des Pöbels.In den meisten der obigen Fälle gehet die
Partikel zwar entweder ausdrücklich, oder doch dem Verstande nach
vorher. Das Semicolon ist das gewöhnlichste Zeichen, welches zwey mit
aber verbundene Sätze unterscheidet, es müßte denn wegen der Kürze des
Vordersatzes ein Komma hinlänglich seyn, oder ein Ausrufungs- oder
Fragezeichen dessen Stelle einnehmen. Wenn Ausdrücke vorkommen, in
welchen das aber im Nachsatze sich unter keinen der vorigen Fälle
bringen läßt: so steht es daselbst wohl nicht an seinem rechten Orte.
Z. B. Scherz ich, so ertönet mir Ein scherzhaftes Lied von dir; Will
ich aber traurig seyn, Klagend stimmst du mit mir ein. Hier sollten
beyde Sätze durch das einfache und mit einander verbunden seyn.Aber
dienet oft auch, die Bedeutung verschiedener anderer Bindewörter zu
verstärken; z. B. doch aber, jedoch aber, dennoch aber. Auf ähnliche
Art sagten auch die Römer sed contra, sed enim u. s. f. Nur nach oder
und vor allein, oder aber, aber allein, z. B. er muß mich bezahlen,
oder aber ich verklage ihn, ist es völlig überflüssig. Indessen kommt
doch dieser Pleonasmus zuweilen bey dem Opitz vor. Z. B. Das Best aus
zweyen ist, gar nie gebohren werden, Nie, oder aber doch bald scheiden
von der Erden. Auf der andern Seite wird auch die Bedeutung des aber
zuweilen sehr schön durch andere Partikeln schattiret. Z. B. Sie
lachen über mich, daß ich mich bey solchen Kleinigkeiten aufhalten
kann. - - Ja wohl Kleinigkeiten! Wenn man denn nun aber u. s. f. Less.
Wenn man denn nun aber einen Mann vor sich hat, der sich auf solche
Kleinigkeiten brüstet, ebend. Nur hüte man sich vor dem unartigen
Pleonasmus der Kanzelleyen, den noch aber und dieweil, u. s. f.2. Am
Anfange einer Rede oder Periode, gleichsam einen Gegensatz des vorher
gegangenen anzukündigen. Oft aber dienet es bloß dazu, einen Übergang
von einer Sache auf die andere zu machen, wenn gleich beyde keine
begreifliche Verbindung mit einander haben. Dieses geschieht
besonders, (1) In affectvollen Ausdrücken, in Fragen, Ausrufungen u.
s. f. Aber sehen sie einmahl, ihr Diener steht noch da, Less. Aber,
was hat Amyntas zu dem Körbchen gesagt? Gesn. Aber wieder auf deinen
Bruder zu kommen. Besonders wird aber gebraucht, wenn ein unerwarteter
Umstand, oder eine schleunige Veränderung des Ent-schlusses der
angefangenen Rede Einhalt thut. In melancholischen Gängen von Laub
will ich irren. - - Aber, Himmel! was entdeckt mein Auge am Ufer im
Sande? Ebend.(2) Im Umgange, wo oft die Einbildungskraft Dinge
zusammen bringt, die keinen andern Zusammenhang unter sich haben, als
daß sie uns gelegentlich in den Sinn kommen. Alsdann deutet das
Französische a propos und das Deutsche aber eine solche gelegentliche
Verknüpfung zweyer ganz verschiedener Gegenstände an, und es ist
nichts seltenes, daß vermittelst solcher Aber endlich die ganze Welt
durch die Musterung gehet, und man zuletzt fragen muß, wo das Gespräch
angefangen hat.
Anm. Der biblische Gebrauch dieses Bindewortes, da es
nicht nur in Luthers, sondern auch in den meisten ältern Übersetzungen
das Hebr. 7 und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
fast beständig ausdrücken muß, z. B. Die Geburt Christi war aber also;
Jesus aber antwortete und sprach u. s. f. ist wider die Natur der
Deutschen Sprache. Es war daher nicht zu billigen, daß einige
besonders Schweizerische und hexametrische Dichter vor einiger Zeit
diesen Mißbrauch des aber allgemein zu machen suchten. So bath der
Redliche, und Palämon ward gesund. Aber Amyntas sah den mächtigen
Segen in seiner Herde, Gesn. In der komischen Schreibart hingegen thut
dieser Gebrauch eine desto bessere Wirkung. Z. B. - So drangen die
Knaben Jauchzend aus ihrem dumpfigen Kerker und liefen zum Schauplatz.
Aber der Küster steckte die Fasces des wichtigen Lehramts, Seine
birkene Ruth und den Stock an das schwitzende Fenster. Zach. Also
sprach er prahlend und stolz, und drohte noch dreymal Mit dem knotigen
Stock dem schon verblichenen Cyper. Aber das Fräulein weinte laut.
Ebend. Aber kann so wohl zu Anfange eines Satzes, als auch nach einem
oder mehrern Wörtern stehen. man kann sagen: aber hat er es noch?
oder, hat aber er es noch? und, hat er es aber noch? da denn die
Stelle bloß von dem Nachdrucke abhänget, welchen man auf das aber,
oder auf ein anderes Wort leget. Übrigens verändert dieses Bindewort
die natürliche Wortfügung nicht.Dieses Bindewort kommt zwar schon bey
den ältesten Deutschen Schriftstellern, als dem Kero, dem Übersetzer
des Isidor, dem Ottfried, Notker und andern, aber doch nur sehr selten
vor. Die Niedersachsen sagen zwar auch aver und averst; allein sie
bedienen sich Statt dessen eben so oft ihres man, wofür die Holländer
und Dänen men und mar sagen. Da das Nieders. man ehedem auch me und
meh geschrieben und gesprochen wurde, so scheinet es von mehr
abzustammen, so wie das Franz. mais, das Ital. ma und Span. mas von
magis. Dieß macht es wahrscheinlich, daß auch so wohl das Bindewort,
als das Nebenwort aber, von ober oder über herkommt, obgleich andere
dasselbe von ab herleiten wollen.
Aberacht (W3) [Adelung]
* Die Aberacht, plur. inusit, ehedem, 1) eine wiederhohlte Acht oder
Achtserklärung; von aber, wiederum. 2) So viel als Oberacht, eine
Achtserklärung, welche im Nahmen des Königes oder Kaisers geschiehet;
im Gegensatze der Unteracht, welche von einem Unterrichter herrühret,
und sich nur über eine gewisse Gegend erstreckt. In beyden Bedeutungen
ist das Wort veraltet, und nur noch bey den Schriftstellern der
mittlern Zeiten üblich. S. Haltaus v. Oberacht.
Aberäsche (W3) [Adelung]
Die Aberäsche, S. Eberäsche.
Aberglaube (W3) [Adelung]
Der Aberglaube, des -ns, plur. car. 1) Derjenige Zustand
des Gemüthes, da man äußern Handlungen und Erscheinungen mehr Kraft
beylegt, als ihrer eigentlichen Beschaffenheit gemäß ist. In engerer
Bedeutung der Glaube an eingebildete unsichtbare wirkende Ursachen,
die Neigung, natürlichen Dingen übernatürliche Kräfte beyzulegen. 2)
In der höhern Schreibart, auch figürlich für abergläubige Menschen.
Wie manche Scepter hat der Aberglaube nicht zerbrochen, wie viel
Thronen hat er nicht umgestürzt, wie viele gütige Monarchen hat er
nicht der Wuth eines aufgebrachten Pöbels Preis gegeben! Der
Aberglaube zürnt im Dunkel heiliger Wetter Und schleudert Fluch und
Bann auf Denken mehr als Spötter. Dusch
Anm. Aberglaube ist ohne
Zweifel nach dem Lateinischen Superstitio gebildet worden, daher Aber
hier nicht so wohl after, als vielmehr über bedeutet; Overglivinghe,
in einem alten geschriebenen Wörterbuche. Dieses Wort, welches neuern
Ursprunges ist, war den ältern Jahrhunderten unbekannt. Der alte
Übersetzer des Isidor braucht dafür Dhrugida, spätere Schriftsteller
aber Apostüzlerey, Beyglaube u. s. f. Biglove ist auch noch bey den
Niedersachsen üblich.
Abergläubig (W3) [Adelung]
Abergläubig, -er, -ste, adject. et adv. Aberglauben habend oder
enthaltend, darin gegründet. Ein abergläubiger Mensch. Abergläubige
Gebräuche. Daher die Abergläubigkeit, wenn man es nöthig finden
sollte, den Zustand oder die Fertigkeit als ein Abstractum, von dem
Aberglauben selbst, als einem Concreto, zu unterscheiden.
Anm. So wie
man gläubig, kleingläubig und ungläubig sagt; so sollte man doch
abergläubig und nicht abergläubisch sagen, obgleich solches von den
meisten geschiehet. Abergläubisch ist wie viele andere Beywörter auf
isch, wenigstens gemein und niedrig.
Ab-erkennen (W3) [Adelung]
Ab-erkennen, verb. irreg. act. ( S. Erkennen.) Einem etwas
aberkennen, es ihm durch ein Erkenntniß, oder förmliches Urtheil
absprechen. - - Es mag der Leute Wahn Mir immerhin die Klugheit
aberkennen, Haged. In der Schweiz bedeutet abkennen, durch ein Urtheil
abschaffen, aufheben.
Aberklaue (W3) [Adelung]
Die Aberklaue, S. Afterklaue.
Abermahl (W3) [Adelung]
Abermahl, adverb. temp. noch einmahl, wieder einmahl, von neuen. Er
ist abermahl in die Stadt gegangen. Man rufte mich abermahl bey
Seite.
Anm. Abermahl von aber, wiederum, ist erst in den mittlern
Zeiten entstanden, und es scheinet, als wenn dieses Nebenwort im
Hochdeutschen nach und nach veralten würde. Viele sprechen und
schreiben abermahle; allein da in einmahl, zweymahl, dreymahl u. s. f.
allemahl, diesmahl, und andern, welche eine bestimmte Zeit bezeichnen,
kein s angetroffen wird, so ist es auch hier überflüssig. S. Mahl die
Anm. Abermahl ist das Himmelreich gleich, Math. 13. für ferner, ist
veraltet.
Abermahlig (W3) [Adelung]
Abermahlig, adject. von neuen, noch einmahl geschehend. Ein
abermahliges Verlangen. Eine abermahlige Bitte. Es verstattet der
Bedeutung wegen keine Steigerung.
Abernten (W3) [Adelung]
Abernten, verb. reg. act. 1. Die Erntenfrüchte völlig abschneiden
oder abhauen. Das Getreide abernten. Ingleichen das Feld von den
Früchten leer machen. Das Feld der Verwandlung ist für Werke, welche
das Gepräge unserer Zeit haben, schonvöllig abgeerntet, Dusch. 2. Die
Erntearbeit vollenden; als ein Neutrum, mit haben.
Aberraute (W3) [Adelung]
Die Aberraute, plur. car. ein Nahme, welchen einige der Stadtwurz
geben; ohne Zweifel von dem Griechischen und Lateinischen - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, Abrotonum, woraus andere auch
Abraute, Ebenraute, Alpraute, und Affrusch, die Dänen aber Abred
machen.
Abersaat (W3) [Adelung]
* Die Abersaat, plur. von mehrern Arten, die -en, nur in einigen
Gegenden, was auf einem bereits abgeernteten Felde gesäet wird, von
aber, wiederum; in andern Gegenden die Schmalsaat.
Aberwitz (W3) [Adelung]
Der Aberwitz, des -es, plur. car. 1) Die Thorheit, welche aus allzu
vielem Wissen entstehet. 2) Die Einbildung eines großen Verstandes bey
augenscheinlichem Mangel desselben. 3) Die völlige Abwesenheit des
Verstandes. In Aberwitz gerathen, verfallen.
Anm. Aber scheint in den
beyden ersten Fällen so viel als über zu bedeuten; obgleich auch die
Bedeutung des Unächten hier Statt finden kann. Uparwizzo kommt bey dem
Raban Maurus in der guten Bedeutung eines Philosophen vor, oder eines,
der mehr weiß, als andere Leute. In den spätern Zeiten findet man für
Aberwitz auch Hinterwitz und Nachwitz.
Aberwitzig (W3) [Adelung]
Aberwitzig, -er, -ste, adject. von Aberwitze befallen, in Aberwitz
gerathen, darin gegründet. Ein aberwitziger Mensch. Aberwitziges Zeug
vorbringen. Er ist aberwitzig geworden.
Abeschern (W3) [Adelung]
+ Abeschern, verb. reg. act. et recipr. sich durch eine heftige
Bewegung in Schweiß und außer Athem bringen; ein Wort, welches nur an
einigen Orten in Ober- und Niedersachsen im gemeinen Leben üblich ist.
Er ist ganz abgeeschert, Weiße. Er hatte sich ganz abgeeschert.
Anm.
Das einfache eschern ist, so viel ich weiß, nicht üblich. Es ist ohne
Zweifel eine Nachahmung des feichenden Lautes, den man in solchen
Umständen von sich gibt. Da es nun mit dem Zeitworte äschern von Asche
nichts gemein hat, obgleich einige es auf eine höchst gezwungene und
unwahrscheinliche Art von dem Bestreuen mit Asche an der "Aschermittwoche" herleiten wollen: so ist auch nicht nöthig, es in der
ersten Sylbe mit einem ä zu schreiben. Nahe verwandt ist damit das
gleichfalls gemeine äspern, welches S.
Abessen (W3) [Adelung]
Abessen, verb. irreg. S. Essen. Es ist 1. ein Activum. (1) Durch
Essen wegschaffen. Die Kirschen von dem Baume abessen. Das Fleisch von
dem Knochen abessen. Und dann auch durch Essen lehr machen. Einen
Knochen abessen. (2) Eine Forderung, die man an einen andern hat,
durch Essen vermindern oder tilgen. Ich habe meinen Vorschuß bey ihm
abgegessen. (3) + Ich habe dir nichts abgegessen, habe nichts von dir
genossen, nichts von dem Deinigen verzehret. 2. Ein Neutrum mit haben,
aufhören bey Tische zu essen, die Mahlzeit vollenden.Sie haben noch
nicht abgegessen. Von Vornehmen sagt man dafür abspeisen, und von noch
Höhern, von der Tafel aufstehen, die Tafel aufheben.
Abfachen (W3) [Adelung]
Abfachen, verb. reg. act. in Fächer theilen. Daher die Abfachung.
Abfädmen (W3) [Adelung]
Abfädmen, verb. reg. act. Die Schoten abfädmen, die so genannten
Fäden an den Schoten der Erbsen, Bohnen, u. s. f. abziehen.
Abfahen (W3) [Adelung]
Abfahen, S. Abfangen.
Abfahren (W3) [Adelung]
Abfahren, verb. irreg. S. Fahren. Es ist1. Ein Activum, und bedeutet:
(1) Durch Fahren, oder im Fahren absondern. Ein Stück von der Mauer
abfahren. Die Schienen von den Rädern abfahren. Einem einen Arm, einen
Fuß abfahren. (2) Das Zugvieh durch vieles Fahren abmatten. Die Pferde
sind ganz abgefahren worden. (3) Einen Weg abfahren, ihn durch
mehrmahliges Fahren machen; ingleichen ihn durch ein Fuhrwerk
abmessen. (4) Eine Forderung oder Schuld durch Fahren vermindern oder
tilgen. So kann der Kutscher einen erhaltenen Vorschuß abfahren. (5)
Heu und Grummet abfahren, von dem Acker.
2. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt. (1) Sich mit
einem Fuhrwerke von einem Orte entfernen. Die Post ist schon
abgefahren. Der Schiffer wird bald abfahren. Wir sind von dem rechten
Wege abgefahren. Auch wohl in weiterer Bedeutung überhaupt so viel als
abreisen, wenn solches gleich zu Fuße geschiehet. (2) * Hinab fahren,
herab fahren; im Hochdeutschen ungewöhnlich. Da, (nehmlich auf dem
Rheine) kömmt das edle Maß auf Dordrecht abgefahren, Das Niederland
erfreut, Opitz. (3) Fig. von andern schnellen Bewegungen lebloser
Dinge von einem Orte. Der Hammer, die Axt ist abgefahren, nehmlich von
dem Stiele. Das Messer fuhr im Schneiden ab. (4) Im verächtlichen
Sinne von dem Tode eines Menschen. Auch er ist abgefahren.
Abfahrt (W3) [Adelung]
Die Abfahrt, plur. inusit. 1) Das Abreisen von einem Orte vermittelst
eines Fuhrwerks oder Schiffes. 2) In weiterer Bedeutung, besonders in
den Rechten, ein jeder Abzug von einem Orte; ja auch wohl das
Abzugsgeld. 3) Die Abfahrt aus diesem Leben, fig. der Tod; auch wohl
in guter Bedeutung.
Abfahrtsflagge (W3) [Adelung]
Die Abfahrtsflagge, plur. die -n, in der Schifffahrt, die Flagge,
welche auf das Hintertheil des Schiffes gesteckt wird, ein Zeichen zur
Abfahrt damit zu geben.
Abfahrtsgeld (W3) [Adelung]
Das Abfahrtsgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) In
den Rechten an einigen Orten, so viel als Abzugsgeld, oder das Geld,
welches Unterthanen, die aus einem Lande oder Gerichte abziehen, von
ihrem Vermögen der Obrigkeit entrichten müssen. 2) Bey den
Handwerkern, ein Reisegeld, welches die Gesellen zuweilen bekommen,
wenn sie zum ersten Mahle auswandern.
Abfahrtsschuß (W3) [Adelung]
Der Abfahrtsschuß, des -sses, plur. die -schüsse, in der Schifffahrt,
der Kanonenschuß, der zum Zeichen der Abfahrt eines Schiffes dient.
Abfall (W3) [Adelung]
Der Abfall, des -es, plur. die -fälle; bedeutet nach Maßgebung des
verschiedenen Gebrauches des Zeitwortes abfallen, 1) im physischen
Sinne. (1) Das Fallen von einem höhern Orte, nach einem niedrigern;
ohne Plural. Der Abfall der Blätter von den Bäumen. Der Abfall des
Wassers. (2) Der Ort, durch welchen dieses Fallen geschiehet,
besonders vom Wasser; ingleichen figürlich die abschüssige Lage des
Bodens, der Fall. Einem Damme oder Pflas=ter den gehörigen Abfall
geben. (3) Dasjenige, was von einer andern Sache abfällt oder abgehet,
besonders in figürlicher Bedeutung. So heißen bey verschiedenenen
Handwerkern die Abgänge von ihrer Arbeit auch Abfall oder Abfälle; z.
B. bey den Fleischern verschiedene Nebentheile der geschlachteten
Thiere, als Kopf, Füße, Leber u. s. f. welche in Osnabrück Potthast,
in Hamburg Hüßputt, im Hannöv. Reßelse, an andern Orten die Zulage,
das Kleine, letzteres mit Vorsetzung des Nahmens des Thieres, von
welchem es ist, z. B. Hasenklein u. s. f. heißt. So auch der Abfall
von dem Getreide, oder Spreukorn, im Hannöv. Reß von ressen, abfallen.
In Wasserwerken und Wasserkünsten wird das überflüssige Wasser,
welches abgeleitet, oder an andere überlassen wird, gleichfalls der
Abfall genannt, welchen Nahmen auch wohl die Röhre führet, durch
welche dieses Wasser abgeführet wird. In dieser Bedeutung des Abganges
sagen einige auch wohl das Abfall.2) In moralischer Bedeutung. (1) Die
bösliche Verlassung eines rechtmäßigen Herrn oder einer Religion. Der
Abfall von einem Herrn, vom Glauben, von der Religion. Der Abfall zu
dem Feinde. Einen zum Abfalle bewegen, verleiten, verführen. Der Stolz
ist nach der Vernunft ein Abfall von der Wahrheit, Gell. (2) + Die
Verschlimmerung seines häuslichenZustandes; im gemeinen Leben. In
Abfall der Nahrung kommen oder gerathen, für Verfall. So auch in den
Bergwerken, die Abnahme des innern Gehaltes der Erze. (3) Die
zufällige Abweichung von der gewöhnlichen Beschaffenheit, die
Verschiedenheit in Nebendingen. Eigentlich von der schwächern
Beschaffenheit. In einem etwanigen Abfalle von Farben in Ansehung
ihrer Lebhaftigkeit und Reinigkeit mochte die ganze Luft-Perspectiv
des Polignotus bestehen, Less. In weiterer Bedeutung aber auch eine
solche Abweichung überhaupt. Es gibt so viele Schattirungen der
Empfindungen, als Abfälle zwischen einer Habichts- und Stumpfnase,
Göthe. Wo doch wegen der Vieldeutigkeit dieses Wortes Abänderung,
Abstufung u. s. f. klärer und deutlicher sind. (4) Einschränkung,
Verminderung desjenigen, was vorher war behauptet worden. Das ist ein
großer Abfall, kommt mit der davon gemachten Hoffnung, Versicherung,
u. s. f. nicht überein. Das leidet einen starken Abfall, ist einer
großen Einschränkung unterworfen. In dieser Bedeutung findet man auch
wohl den Plural. Diese Regel leidet große Abfälle, Gottsch. (5) Bey
einigen auch so viel als Contrast. Es ist unbeschreiblich, welchen
Abfall ihr Betragen gegen ihre Kleidung machte, wie sehr es dagegen
abstach. (6) Einige Sprachlehrer haben auch die Casus der Nennwörter
Abfälle nennen wollen, aber damit wenig Beyfall erhalten.
Abfallen (W3) [Adelung]
Abfallen, verb. irreg. S. fallen. Es ist,1. Ein Activum, durch
Fallen, oder im Fallen absondern. Ein Stück von der Wand abfallen. Er
hat sich die Nase abgefallen. Am häufigsten aber,2. Ein Neutrum,
welches das Hülfswort seyn erfordert. (1) In physischer Bedeutung. a)
Von einem höhern Orte abgesondert werden und herunterfallen. Die
Blätter, Früchte u. s. f. sind abgefallen. Die eingebildete
Glückseligkeit der Jugend ist eine unfruchtbare Blüthe, welche nach
dem Frühlinge abfällt, ohne eine Frucht zu setzen, Dusch. So auch, der
Kalk fällt ab, von der Mauer. Der Hut ist ihm abgefallen. Ingleichen
das Wasser fällt ab, es nimmt ab, wird vermindert. Bey den Jägern
bedeutet abfallen, von den großen Geflügel, von dem Baume fliegen,
welches auch abbaumen, abstehen genannt wird. b) Abgesondert werden,
besonders von demjenigen, was in der Arbeit, als minder brauchbar,
abgehet, bey verschiedenen Handwerkern und Arbeitern. Im Bergbaue
fällt ein Gang ab, wenn er sich von einem andern Gange absondert. (2)
Im moralischen Verstande. a) Einen Herrn oder eine erkannte Wahrheit
böslich verlassen. Von einem abfallen, seine Partey verlassen. Von dem
Glauben, von der Religion abfallen. So auch, von der Tugend abfallen.
Ein Abgefallener, ein Apostat. b) Eine Verminderung, Ausnahme,
Einschränkung leiden, verschieden seyn. Das fällt gar sehr ab. Es
fällt viel ab von ihrem Willen, Logau. So auch von den Farben. Diese
Farbe fällt von der andern gar sehr ab, ist von ihr sehr verschieden;
und in den Bergwerken, die Erze fallen ab, d. i. werden ärmer, am
innern Gehalte schlechter. Bey den Jägern ist abfallen, schmal, mager
werden.
Anm. Die im gemeinen Leben übliche Redensart, er ist vom
Fleische abgefallen, oder, er fällt am ganzen Leibe ab, für, er nimmt
ab, wird mager, ist eben so unrichtig und wider den Sprachgebrauch,
als die Redensart, einer Meinung abfallen, d. i. anderer Meinung seyn.
Die Bäume fallen ab, für, das Laub fällt von den Bäumen, ist eine
ungewöhnliche Metonymie. Der biblische Gebrauch für fliehen, z. B. Ps.
78, 9. die Kinder Ephraim fielen ab zur Zeit des Streites, ist
ungewöhnlich und veraltet.
Abfällig (W3) [Adelung]
+ Abfällig, adj. et adv. von Abfall, welches nach Art aller solcher
Adjectiven auf ig etwas anzeigen würde, was gewöhnlicher Weise
abfällt, z. B. Blätter, Blumen, u. s. f. Allein in dieser Bedeu-
tung scheint es nur in Oberdeutschland üblich zu seyn. So saget zum
Beyspiel Bluntschli, ein Zürchischer Geschichtsschreiber: das Laub
blieb an den Bäumen, so daß weder Reifen noch Schnee selbiges mögen
abfällig machen. Am häufigsten wird dieses Beywort in der figürlichen
Bedeutung, und auch hier oft sehr unrichtig gebraucht. Z. B. ein
Abfälliger in der Religion, von einem, der wirklich abgefallen ist,
besser ein Abgefallener. Abfällig werden, für abfallen, und abfällig
machen, für zum Abfalle bewegen, möchten sich noch eher vertheidigen
lassen. Luthers Wortfügungen, einem abfällig werden oder machen, für
von einem, 5. Mos. 2, 4. Es. 36, 7. und die noch ungewöhnlichere,
Judas machte viel Volks abfällig ihm nach, Apg. 5, 37. taugen nichts.
Abfällige leere Entschuldigungen, für ungegründete, die von sich
selbst dahin fallen, kann man den Kanzeleyen überlassen.
Abfallsröhre (W3) [Adelung]
Die Abfallsröhre, plur. die -n, in den Wasserwerken und
Wasserkünsten, diejenige Röhre, welche das überflüssige Wasser wieder
abführet. S. Abfall.
Abfalzen (W3) [Adelung]
Abfalzen, verb. reg. act. 1) Bey den Gärbern, mit dem Falzmesser
wegnehmen oder reinigen. Das Fleisch von der Aasseite abfalzen. Ein
Fell abfalzen; eine Arbeit, welche sonst auch abaasen, bey den
Sattlern aber abfleischen genannt wird. 2) Bey den Tischlern und
Zimmerleuten ist abfalzen oder abfälzen, Falze mit den Gesimshobeln in
Säulen und an Bretern machen; welches auch ausfalzen, ingleichen
fälzen schlechthin genannt wird.
Anm. Frisch leitet dieses Zeitwort in
der ersten Bedeutung von Fell her. In der zweyten stammet es ohne
Zweifel von Falte ab. S. Falz.
Abfangen (W3) [Adelung]
Abfangen, verb. irreg. act. S. Fangen. 1) Durch Fangen seinem
rechtmäßigen Herren entziehen. Einem die Tauben, dem Nachbar das Wild
abfangen. So auch figürlich, einem das Wasser abfangen, heimlich
entziehen und auf seinen Grund und Boden leiten. 2) In den Bergwerken,
das Gestein oder Erdreich mit Hölzern oder Balken stützen, oder
einfassen, damit es nicht einfalle. Den Sand mit Zimmerwerk abfangen,
bey Absinkung eines Schachtes. 3) Bey den Jägern, einen Hirsch
abfangen, ihm den Fang geben, oder ihn mit dem Hirschfänger tödten. So
auch die Abfangung.
Abfärben (W3) [Adelung]
Abfärben, verb. reg. 1) Ein Activum, bey den Gärbern, dem Leder die
gehörige Farbe geben. 2) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben,
farbige Theile fahren lassen. Das Tuch färbt ab. Die Wand hat
abgefärbt.
Abfaßen (W3) [Adelung]
Abfaßen, verb. reg. act. von dem Franz. Face, bey den Tischlern eine
scharfe Ecke mit dem Hobel abstoßen, welches auch brechen genannt
wird.
Abfassen (W3) [Adelung]
Abfassen, verb. reg. act. Könnte 1) eigentlich so viel bedeuten, als
durch Fassen absondern oder vollenden, ingleichen aufhören zu fassen,
welche Bedeutungen aber nicht üblich sind. Doch ist bey den Huf- und
Waffenschmieden abfassen so viel, als ein Stück Eisen auf dem Amboße
umschlagen; und bey den Jägern bedeutet es abwickeln, wie abdocken.
Bey den Material-Krämern bedeutet es abtheilen, d. i. trockne Sachen
zum voraus lothweise u. s. f. abwägen und einwickeln, damit es bey dem
einzelnen Verkaufe nicht so viele Zeit wegnehme. 2) Figürlich, die
Worte und Sätze einer Rede oder Schrift ordnen. Einen Bericht, einen
Satz, eine Bittschrift, eine Klage, ein Urtheil, eine Schrift
abfassen. Etwas schriftlich abfassen, aufsetzen, verfassen. Ab hat
hier den Begriff der Vollendung, gleichsam gehörig fassen. Abfassen
wird nur von kürzern, verfassen aber von längern Aufsätzen gebraucht.
Ein Buch abfassen sagt man nicht, aber wohl verfassen. Daher die
Abfassung, in beyden Bedeutungen.
Abfasten (W3) [Adelung]
+ Abfasten, verb. reg. act. 1) Sich abfasten, sich durch Fasten
entkräften. 2) Durch Fasten büßen. Eine Sünde, eine Vergehung
abfasten. Beydes im gemeinen Leben.
Abfaulen (W3) [Adelung]
Abfaulen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, durch Faulen
abgesondert werden. Die Wurzel fault ab, ist abgefault. Von einem
edlen Baum ein abgefaulter Ast, Can.
Abfäumen (W3) [Adelung]
Abfäumen, verb. reg. act. von Faum, folglich nicht abfeimen. 1)
Eigentlich, den Faum oder Schaum abschöpfen, von dem Schaume befreyen.
Honig, Talg u. s. f. abfäumen, abschäumen. 2) Figürlich in der
Redensart, ein abgefäumter Schalk, der Ausbund von allen Schälken, ein
listiger, durchtriebener Mensch, der zu allen Schelmereyen gleichsam
verfeinert ist. Ich weiß, daß er ein abgefäumter Schlangenkopf ist,
Weiße.
Abfechten (W3) [Adelung]
+ Abfechten, verb. irreg. act. S. Fechten. 1) Einem etwas abfechten,
durch Fechten von ihm erhalten. 2) Sich abfechten, sich durch Fechten
ermüden.
Abfedern (W3) [Adelung]
Abfedern, verb. reg. act. an einigen Orten, der Federn berauben. Eine
Gans, ein Huhn abfedern, rupfen.
Abfegen (W3) [Adelung]
Abfegen, verb. reg. act. durch Fegen absondern, oder wegschaffen. Den
Staub, Unrath abfegen. Ingleichen durch Fegen reinigen. Den Tisch, die
Bücher abfegen. Abfegende Mittel heißen bey einigen Ärzten auch
diejenigen Arzeneyen, welche die Schärfe des Geblütes durch Ausführen
lindern, abstergentia, abluentia. Daher die Abfegung, in den obigen
Bedeutungen.
Abfeilen (W3) [Adelung]
Abfeilen, verb. reg. act. 1) Mit der Feile wegnehmen, absondern. Das
Gröbste abfeilen. Ein Stück von einem Nagel abfeilen. Ingleichen durch
Feilen verkürzen oder kleiner machen. Einen Nagel abfeilen. 2) Mit der
Feile zur Vollkommenheit bringen, völlig fertig feilen. Einen
Schlüssel abfeilen.
Abfeilicht (W3) [Adelung]
+ Das Abfeilicht, des -es; plur. car. bey einigen Eisenarbeitern, so
viel als Feilstaub, oder Feilspäne.
Abfeimen (W3) [Adelung]
Abfeimen, S. Abfäumen.
Abfertigen (W3) [Adelung]
Abfertigen, verb. reg. act. 1) Fertig machen, und fortschicken; so
wohl von Personen als Sachen. Einen Brief, einen Bothen, ein Schiff
abfertigen. Einen Courier an jemanden abfertigen, abschicken. 2) Die
schuldige Bezahlung, verlangte Antwort u. s. f. geben, und damit gehen
lassen, nach vollendetem Geschäfte gehen lassen. Ich bin bald
abgefertiget worden. 3) Figürlich. Einen kurz oder kahl abfertigen,
ihm eine herbe Antwort geben und damit gehen lassen. So siehet er ihn
kaum halb über Achsel an, Und fertigt ihn kahl ab, Opitz. So auch:
jemanden schimpflich abfertigen, ihn mit einer Tracht Schläge
abfertigen.
Abfertigung (W3) [Adelung]
Die Abfertigung, plur. die -en. 1) Das Absenden eines Bothen oder
einer Sache; ohne Plural. Der Bothe wartet auf eine Abfertigung. 2)
Die Bezahlung, Antwort, Entschließung, u. s. f. damit jemand gehe. Die
Leute bekommen ihre Abfertigung aus der Kriegskasse, ihre Bezahlung.
3) Eine herbe oder unerwartete Antwort, womit jemand entlassen wird.
Da hast du deine Abfertigung.
Abfesseln (W3) [Adelung]
Abfesseln, verb. reg. act. Einen abfesseln, ihn der Fessel
entledigen, ihm die Fessel abnehmen; edler entfesseln.
Abfeuern (W3) [Adelung]
Abfeuern, verb. reg. act. 1) Bey den Feuergewehren so viel als
abbrennen. Ein Gewehr, eine Kanone, eine Flinte abfeuern. Unter
Abfeuerung der Kanonen. 2) In den Schmelzhütten das Feuer abgehen
lassen, das Feuern beschließen. Daher die Abfeuerung, in beyden
Bedeutungen.
Abfiedeln (W3) [Adelung]
+ Abfiedeln, verb. reg. act. 1) Durch Fiedeln; d. i. hin und her
reiben, absondern; im gemeinen Leben. 2) In den Schmelzhütten auf dem
Oberharze, den groben Abstrich, der nicht zergangen ist, mit einem
Eisen abziehen.
Abfiedern (W3) [Adelung]
Abfiedern, verb. reg. act. bey den Glasern an einigen Orten, die
überflüssigen Theile des Glases mit dem Fiedermesser oder Fügeeisen
abkneipen; eine Arbeit, welche bey den meisten Glasern auch abfügen
genannt wird.
Abfinden (W3) [Adelung]
Abfinden, verb. irreg. act. S. Finden. Einen abfinden, ihn wegen
seiner Ansprüche befriedigen, ihm geben, was ihm gehöret, und damit
gehen lassen. Seine Gläubiger abfinden, oder sich mit ihnen abfinden.
Doch gabst du ihr aus eitlem Sinn Den besten Kern des Lebens hin, Gott
ward mit Hülsen abgefunden, Can. Besonders in den Rechten, jemanden
durch ein Äquivalent von allen Ansprüchen auf eine Erbschaft
ausschließen. Einen Prinzen abfinden, ihm seinen Unterhalt auswerfen,
damit er auf die Länder keinen weitern Anspruch machen dürfe. Ein
abgefundener oder apanagirter Herr. In gleicher Bedeutung saget man
auch, sich mit einem wegen einer Sache abfinden, sich durch Abtretung
des schuldigen Theiles mit ihm vergleichen. Sie werden sich schon mit
mir abfinden, Gell.
Anm. Ein Urtheil finden, bedeutete ehedem so viel,
als ein Urtheil sprechen, und abfinden, durch Urtheil und Recht
entscheiden. Daher sind die Abfinder in den Holsteinischen
Landgerichten das, was in andern Gegenden die Beysitzer und Schöppen
sind. Vermuthlich stammt die heutige Bedeutung des Zeitwortes abfinden
daher. Abfinden und abgüten werden in dem gemeinen Rechte oft als
Synonyma gebraucht. In andern Gegenden, z. B. im Jülichischen, wird
abgüten nur von den Töchtern gebraucht, wenn sie vermittelst einer
Mitgabe von der Erbschaft ausgeschlossen werden. In dem Deutschen
Staatsrechte findet noch ein anderer Unterschied Statt. Abgefundene
Töchter sind diejenigen, welche vermittelst einer erhöheten Mitgabe
nach Ausgang des männlichen Geschlechtes ihrer Linie durch die
entfernten Stammvettern von der Erbschaft zwar ausgeschlossen worden,
aber doch nach Erlöschung des ganzen männlichen Stammes ihren Regreß
darauf behalten; abgegütete Töchter aber diejenigen, welche durch eine
ansehnliche Erhöhung des Heirathsgutes auf immer davon ausgeschlossen
worden. Für abfinden, apanagiren, war ehedem auch abbannen üblich, von
Bann, Gericht, gerichtliche Entscheidung; Abgebannte Brüder,
abgefundene. Und es ist die Frage, ob sich das mittlere Lat. apanare,
Franz. apanager; davon nicht schicklicher würde herleiten lassen, als
von panis, wie gemeiniglich geschiehet. Eine Bemerkung, welche ich dem
Hrn. Diac. Rinderling in Kalbe zu danken habe.
Abfindung (W3) [Adelung]
Die Abfindung, plur. die -en, die Befriedigung eines andern wegen
seiner Ansprüche; besonders in Erbschaftssachen, der Vergleich über
den Theil, den der andere zu fordern berechtiget ist, und auch wohl
dieser Theil selbst. Abfindungsgelder sind daher solche Gelder, welche
von den Lehnsfolgern oder Landerben, zur Befreyung des Lehnes,
bezahlet werden müssen.
Abfinnen (W3) [Adelung]
Abfinnen, verb. reg. act. 1) Bey den Grobschmieden und Schlossern,
das Eisen mit der Finne, oder dem dünnen Ende des Hammers, dünner
schlagen. 2) Bey den Klämpenern, mit der Finne des Hammers Ecken in
das Blech treiben. Gemeiniglich sprechen die Klämpener dieses Zeitwort
abpinnen aus, welches denn dem Niedersächsischen afpinnen näher kommt.
S. Finne 2.
Abfischen (W3) [Adelung]
Abfischen, verb. reg. act. 1) Ausfischen. Einen Teich abfischen, alle
Fische aus demselben fangen. 2) Das Fischen zu Ende bringen. 3) +
Abschöpfen; im gemeinen Leben. Das Fett abfischen, das Beste von einer
Sache an sich nehmen. Daher die Abfischung in den obigen Bedeutungen.
Abfitzen (W3) [Adelung]
Abfitzen, verb. reg. act. bey den Mäurern, eine mit Kalk be-worfene
und ausgestrichene Mauer mit dem Sprengpinsel glatt machen. S. Fitzen
2.
Abflachen (W3) [Adelung]
Abflachen, verb. reg. act. im Deichwesen, so viel als abdachen. Daher
die Abflachung, die Abdachung.
Abflammen (W3) [Adelung]
Abflammen, verb. reg. act. bey den Gärbern, Leder mit Talg tränken,
und diesen über einem Kohlfeuer einziehen lassen.
Abflattern (W3) [Adelung]
Abflattern, verb. reg. 1) Ein Reciprocum, sich abflattern, sich durch
Flattern abmatten, von Vögeln und dem Federviehe. 2) Ein Neutrum, mit
dem Hülfsw, seyn, von dem Geflügel, sich flatternd entfernen.
Figürlich aber auch von der flüchtigen Entfernung einer leichtsinnigen
Person. Er ist schon wieder abgeflattert.
Abflauen (W3) [Adelung]
+ Abflauen, verb. reg. act. in fließendem Wasser abspülen; nur noch
in einigen Fällen. So bedeutet es 1) in den Bergwerken, die gepochten
Erze abwaschen; welches so wohl in Abflaufässern, als auch auf
Abflauherden geschiehet, welche aus Unwissenheit auch wohl
Abflachherde und Abflichherde genannt werden. 2) In Oberdeutschland
aber, die mit Seife und Lauge gewaschene Wäsche in kaltem Wasser
abspülen; welches man in Ober- und Niedersachsen spülen nennt. S.
Flauen.
Abflecken (W3) [Adelung]
Abflecken, verb. reg. neutr. mit haben, Theile fahren lassen, und
dadurch Flecken verursachen. Nasse Farbe fleckt ab.
Abfledern (W3) [Adelung]
Abfledern, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, das ausgedroschene
Getreide mit einem Flederwische an einer langen Stange abkehren, es
dadurch von den Ähren zu reinigen.
Abflegeln (W3) [Adelung]
Abflegeln, verb. reg. act. bey einigen Landwirthen, Früchte von
verschiedener Art und Länge, wie z. B. Weitzen und Linsen, welche
unter einander gebauet worden, vermittelst des Flegels, d. i. durch
Dreschen, von einander absondern.
Abfleischen (W3) [Adelung]
Abfleischen, verb. reg. act. 1) Bey den Sattlern und Kürschnern, das
noch an den Fellen befindliche Fleisch abschaben, welches bey den
letztern auch abziehen, bey den Gärbern aber abaasen heißt. Es
geschieht solches bey ihnen mit krummen scharfen Messern, welche daher
Abzieheisen oder Abfleischeisen genannt werden. S. auch Abfalzen. 2) *
Für zerfleischen, bey dem Flemming; aber im Hochdeutschen
ungewöhnlich.
Abflichherd (W3) [Adelung]
Der Abflichherd, S. Abflauen.
Abfliegen (W3) [Adelung]
Abfliegen, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, S. Fliegen,
1) Eigentlich sich fliegend entfernen, hinweg fliegen, von Vögeln und
dem Federviehe. 2) Figürlich auch von andern schnellen und
unerwarteten Bewegungen lebloser Dinge. Der Pfeil ist von der Sehne
abgeflogen. Er stieß sich, daß ihm der Hut abflog. 3) Im Forstwesen
flieget das Holz ab, wenn es auf dem Stamme dürre wird und abstirbt;
welches auch abdorren und abstehen heißt.
Abfließen (W3) [Adelung]
Abfließen, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, S. Fließen.
1) * Von einer Höhe hinunter fließen, hinab fließen; im Hochdeutschen
ungewöhnlich. - Wie fleußt der Thränen Bach Die bleichen Wangen ab,
Opitz. 2) Hinweg fließen, wobey doch der erste Begriff mit zum Grunde
liegt. Das Wasser fließt durch die Röhre ab. Als die Wasser der
Sündfluth abgeflossen waren. Der abgeflossene Strom kehret nicht
wieder zu seiner Quelle zurück, Dusch. Daher das Abfließen. S. auch
Abfluß.
Abflößen (W3) [Adelung]
Abflößen, verb. reg. act. abfließend machen, so wohl von einer Höhe
hinab, als auch von einem Orte hinweg. Holz abflößen, auf dem Flusse.
Daher die Abflößung.
Abfluß (W3) [Adelung]
Der Abfluß, des -sses, plur. die -üsse, 1) Das Abfließen des Wassers;
ohne Plural. Der Ab- und Zufluß des Meeres, die Ebbe und Fluth. 2) Der
Ort, durch welchen ein flüssiger Körper abfließt.
Abfodern (W3) [Adelung]
Abfodern, S. Abfordern.
Abfolgen (W3) [Adelung]
Abfolgen, verb. reg. neutr. welches aber nur im Infinitiv mit dem
Zeitworte lassen üblich ist, eine Person oder Sache einem andern auf
sein Verlangen aushändigen. Einen Gefangenen abfolgen lassen. Er will
mir das Meinige nicht abfolgen lassen. Wenn einige dafür verabfolgen
sagen, so ist solches eine unnöthige Verlängerung. In Oberdeutschland
gebraucht man dieses Zeitwort auch als ein thätiges. So heißt es z. B.
bey dem Bluntschli: daß den Armen Korn abgefolget werden möge.
Abfolgung (W3) [Adelung]
Die Abfolgung, plur. inusit: die Aushändigung oder Zurücksendung
dessen, was man von einem andern in seiner Gewalt hat. Man hat um die
Abfolgung des Gefangenen angehalten.
Abfordern (W3) [Adelung]
Abfordern, verb. reg. act.
1) Eine Person oder Sache von einem Orte wegrufen. Man hat ihn von dem Rathause abgefordert, weggerufen. Am häufigsten, wenn man über die Person oder Sache ein Recht hat. Einen abfordern, ihn aus eines andern Dienst oder Gewalt zurück berufen. Der König hat die Sache von dem Gerichte abgefordert. Von der Welt abgefordert werden, figürlich für sterben. Wenn der Tag kommt, da der Herr des Lebens mich abfordern wird.
2) Einem etwas abfordern, es von ihm fordern. Wer nichts hat, dem kann man nichts abfordern. Man forderte uns kein Geld für den Einlaß ab. Einem Gefangenen den Degen abfordern. Die Kleider von dem Schneider abfordern. Von der unbilligen Auslassung des r in diesem Zeitworte, S. Fordern.
Abforderung (W3) [Adelung]
Die Abforderung, plur. die -en. 1) In der Bedeutung des Verbi
überhaupt. Abforderungsbriefe, Avocatoria. 2) Das Recht, flüchtige
Unterthanen zurück zu fordern, welches auch das Abforderungsrecht, das
Besatzungsrecht, ingleichen das Satzrecht genannt wird.
Abformen (W3) [Adelung]
Abformen, verb. reg. act. 1) Bey verschiedenen Künstlern und
Handwerkern, die Gestalt einer Sache in einen weichen Körper drücken,
um hierin den Abdruck oder Abguß zu verfertigen. Eine Bildsäule, eine
Glocke u. s. f. abformen. 2) Das Modell zu einem Kunstwerke aus einem
weichen Körper formen. 3) Bey den Schustern, den Schuh wieder von dem
Leisten herunter schlagen. Daher die Abformung. In Oberdeutschland,
besonders in Baiern, bedeutet abfürmen figürlich jemand anschwärzen,
einen nachtheiligen Begriff von ihm erwecken.
Abformiren (W3) [Adelung]
Abformiren, verb. reg. act. bey den Buchbindern, ein aus dem
Lateinischen entlehntes Kunstwort, den angesetzten Deckeln der Bücher
ihre völlige Gestalt geben.
Abfragen (W3) [Adelung]
Abfragen, verb. reg. act. S. Fragen, durch Fragen von einem heraus
bringen. Einem etwas abfragen. Er läßt sich alles abfragen, man kann
alles von ihm heraus bringen. Und wer sie nicht beym Trunk entdecken
kann, Sucht sie umsonst den Schönen abzufragen, singt Hagedorn von der
Wahrheit. + So fraget man den Bauern die Künste ab, so pflegt man die
Dummen auszufragen, ist eine niedrige sprichwörtliche Redensart. Noch
niedriger und zugleich possierlich ist die R. A. der Niedersachsen: er
sollte wohl der Kuh das Kalb abfragen, d. i. er hat die Gabe einen auf
das genaueste auszufragen.
Abfressen (W3) [Adelung]
Abfressen, verb. irreg. act. S. Fressen. 1) Eigentlich von Thieren,
durch Fressen absondern oder verzehren. Die Raupen haben die Blätter
abgefressen. Die Käfer fressen die Knospen ab. Ingleichen durch
Fressen leer machen, verwüsten. Das Vieh hat die Äcker abgefressen.
Die Schnecken fressen die Weinstöcke ab. Wenn dieses Zeitwort in
dieser und andern Bedeutungen des Abessens auch von Menschen gebraucht
wird, so geschiehet solches nur in sehr niedrigen Redensarten. 2)
Figürlich auch von leblosen Dingen, für verzehren. Der Gram frißt ihm
das Herz ab, verkürzet seyn Leben. Wenn einige dafür sagen,er frißt
sich das Herz ab, nehmlich durch Gram, so ist die Figur ein wenig zu
hart und unedel.
Abfrieren (W3) [Adelung]
Abfrieren, verb. irreg. neutr. mit seyn, S. Frieren. 1) Durch Frost
abgesondert werden. Die Nase ist ihm abgefroren, wofür man in einigen
Gegenden sehr unrichtig sagt, er hat sich die Nase abgefroren. 2) Sehr
frieren. Er ist tüchtig abgefroren.
Abfröhnen (W3) [Adelung]
Abfröhnen, verb. reg. act. 1) Durch Frohn- oder Handdienste bezahlen.
Eine Schuld, einen Vorschuß abfröhnen. 2) Die schuldigen Frohndienste
leisten. Die Hoftage abfröhnen. Daher die Abfröhnung.
Abfügen (W3) [Adelung]
Abfügen, verb. reg. act. 1) Bey den Glasern die überflüssigen
Glastheile oder auch die Zacken, die der Diamant an den Glasscheiben
stehen gelassen, mit dem Fügeeisen abkneipen. S. auch Abfiedern. 2)
Bey den Tischlern, Breter, welche zusammen geleimet werden sollen, mit
dem Fügehobel glatt hobeln.
Abfuhre (W3) [Adelung]
Die Abfuhre, plur. inusit. das Wegschaffen einer Sache von einem Orte
vermittelst des Fuhrwerkes, in der eigentlichen Bedeutung des Verbi
abführen. Die Abfuhre des Holzes, der Lebensmittel, des Getreides, u.
s. f. das Wegführen desselben, die Wegschaffung.
Abführung (W3) [Adelung]
Die Abführung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abführens, in den
meisten Bedeutungen des Zeitwortes; ohne Plural. 1) Bey den Ärzten,
ein abführendes Arzeneymittel. Eine Abführung einnehmen.
Abfüllen (W3) [Adelung]
1. Abfüllen, (von voll,) verb. reg. act. durch Schöpfen oben wegnehmen.
Ein Maß Wasser, Bier, u. s. f. abfüllen, von dem Fasse. Ingleichen
metonymisch, die Fülle eines flüssigen Körpers vermindern. Den Wein
abfüllen. Das Faß, (den Wein, Bier u. s. f. in dem Fasse,) abfüllen.
Daher die Abfüllung.
Abfüllen (W3) [Adelung]
2. Abfüllen, (von Füllen, pullus,) verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte
haben, in den Stutereyen, ein Füllen werfen. Daher die Abfüllung.
Abfurchen (W3) [Adelung]
Abfurchen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft. 1) Durch Furchen
abtheilen. 2) Furchenweise abpflügen.
Abfüttern (W3) [Adelung]
Abfüttern, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, das Vieh gehörig
satt füttern, besonders demselben gegen die Nacht das letzte Futter
geben. Daher Abfütterung.
Abgabe (W3) [Adelung]
Die Abgabe, plur. die -n. 1) Die Handlung des Abgebens in den
eigentlichen Bedeutungen des Zeitwortes; ohne Plural. Die Abgabe eines
Briefes, eines Buches u. s. f. 2) Dasjenige, was einem andern
abgegeben wird; besonders, was Unterthanen von ihrem liegenden und
fahrenden Vermögen der Obrigkeit entrichten. Die Abgaben einfordern.
Seine Abgaben entrichten, berichtigen. Eine Abgabe auf den Wein legen.
Die Abgabe von dem Weine, Biere u. s. f. Ein Land, das mit vielen
Abgaben beschweret ist. Abgabe ist zwar keine ganz allgemeine
Benennung alles dessen, was Unterthanen der Obrigkeit zu entrichten
haben; indessen schließet es doch mehrere besondere Arten in sich,
dergleichen z. B. Steuer, Accise, Kopfgeld u. s. f. sind. S. auch
Auflage.
Abgähren (W3) [Adelung]
Abgähren, verb. irreg. neutr. ( S. Gähren,) mit haben, bis zu Ende
gähren, völlig ausgähren. Das Bier hat bereits abgegohren.
Abgang (W3) [Adelung]
Der Abgang, des -es, plur. die -gänge.
1) Die Handlung des Abgehens von einem Orte, ohne Plural; und zwar,
(1) in engerer Bedeutung, vermittelst der Füße. Der Abgang des Bothen. Abgang nehmen, bedeutet in den Seifenwerken so viel als Schicht machen, von der Arbeit abgehen.
(2) In weiterer Bedeutung, fast eine jede Entfernung von einem Orte. Der Abgang der Post, des Briefes, des Schiffes, der Gelegenheit, nehmlich eine Sache oder Person fortzuschaffen. Mit Abgang der Post. Vor Abgang des Briefes.
(3) Figürlich.
(a) Der Vertrieb der Waaren. Diese Waare hat guten Abgang, findet viele Käufer, hat schlechten oder gar keinen Abgang. Der Kaufmann hat guten Abgang, an Waaren.
(b) Die Unterlassung der Ausübung, des Gebrauches einer Sache. Dieser Gebrauch kommt in Abgang, ist schon lange in Abgang gerathen. Etwas in Abgang bringen. In Abgang gekommene (besserveraltete) Moden.
(c) Die Abnahme, nachtheilige Verminderung. Ich spüre noch keinen Abgang an meinen Kräften. Sein Hauswesen kommt in Abgang. In Abgang der Nahrung gerathen, kommen. Jemanden in den Abgang der Nahrung bringen. Die Schäferey leidet durch die Pocken dieses Jahr großen Abgang.
(d) Zuweilen auch Mangel, der Zustand, da eine Sache abgegangen ist. Der Abgang des Wassers, oder an Wasser. Der Abgang an Lebensmitteln. Man spüret keinen Abgang daran.
(e) Das Absterben. Der Abgang aus diesem Leben. Der tödtliche Abgang. Nach Abgang des männlichen Geschlechtes, der weiblichen Linie.
2) Was von einer Sache abgehet.
(1) In körperlicher Bedeutung, was bey ihrer Verfertigung, als minder brauchbar abgesondert wird; als ein Collectivum, so wohl im Singular, als im Plural allein. Bey verschiedenen Arbeitern haben diese Abgänge besondere Nahmen. Bey den Metallarbeitern heißen sie mehrentheils Krätz, oder Gekrätz, bey den Goldschlägern die Schabine, bey den Fleischern Abfall, im Forstwesen Afterschlag und Abraum, bey den Böttchern Miesel, u. s. f. In dieser Bedeutung ist im gemeinen Leben auch das Verkleinerungswort im Plur. die Abgänglein, und das abgeleitete die Abgängsel üblich.
(2) Was einer Sache in der Bearbeitung oder Behandlung an Zahl, Maß oder Gewicht abgehet; ohne Plural. Dieses Erz hat auf hundert Pfund sechzig Pfund Abgang, d. i. ein Zentner Erz gibt nur vierzig Pfund reines Metall. Der Abgang bey dem Getreide durch Mäusefraß, der Verlust. Der Abgang an der Casse, der Defect.
Abgängig (W3) [Adelung]
+ Abgängig, adj. et adv. Abgang habend, in den mehresten Bedeutungen
des Zeitwortes abgehen. Eine abgängige Waare, welche gut abgehet. Eine
abgängige Post, welche im Begriffe ist, abzugehen, besser die
abgehende. Abgängige Stücke Holz, welche von etwas abgehen. Einige
gebrauchen dafür abgänglich; allein beyde Beywörter sind nur den
niedrigen Sprecharten eigen.
Abgärben (W3) [Adelung]
+ Abgärben, verb. reg. act. im niedrigen Scherze, so viel als
abprügeln.
Abgaukeln (W3) [Adelung]
Abgaukeln, verb. reg. act. Einem etwas, es durch Gaukeley, Blendwerk
von ihm erhalten.
Abgeben (W3) [Adelung]
Abgeben, verb. irreg. act. S. Geben.1) In eigentlicher Bedeutung. (1)
Von sich geben, einem andern übergeben, besonders von Dingen, welche
uns anvertrauet worden, oder von uns andern anvertrauet werden. Der
Brief ist richtig abgegeben worden. Wo ist der Brief abzugeben? Ich
habe etwas an dich abzugeben. Ich habe das Buch an euren Bruder
abgegeben. Er hat die Sache abgegeben, einem andern übertragen. Das
Commando abgeben. Seinen Degen abgeben. Im Kartenspiele, die Blätter
im Spiele von sich geben, häufiger ablegen. Von den Pferden gebraucht,
heißt abgeben, vermuthlich als ein Neutrum, so viel als schieben, d.
i. die Zähne verlieren.2) Einen Theil von etwas an einen andern geben.
(1) Eigentlich. Er hat mir nichts davon abgegeben. Jedes Regiment soll
hundert Mann abgeben. (2) In engerer Bedeutung, einen Theil seiner
Habe oder seines Erwerbes an die Obrigkeit geben. Zoll von etwas
abgeben. Von dieser Waare muß man viel abgeben, oder diese Waare gibt
viel ab. (3) + Die unpersönliche figürliche Redensart, es wird nicht
viel abgeben, es ist wenig Gewinn dabey zu hoffen, kann man immer dem
großen Haufen überlassen. (4) + Einem etwas abgeben, so wohl ihm eine
derbe, bittere Antwort, als auch einen Schlag geben. (5) +
Verursachen. Es wird etwas abgeben, nehmlich Verdruß,
Zank, Schläge. Das wird einen rechten Lärm abgeben. Es gibt Schläge
ab, es setzt Schläge.3). Sich mit jemanden abgeben, sich mit ihm
einlassen, Umgang, Unterredung, Gemeinschaft mit ihm haben, mit einem
schwachen verächtlichen Nebenbegriffe. Gib dich mit dem Thoren nicht
ab. Sich mit den Kindern abgeben, sich mit ihnen zu thun machen. Sich
mit einer Sache abgeben, Theil daran nehmen, sich mit ihr
beschäftigen.4) Sich mit einer Sache abgeben, sich damit als mit einer
Nebensache beschäftigen, ohne sie gründlich zu verstehen. Sich mit dem
Griechischen abgeben. Er gibt sich mit Verse Machen, mit Curiren u. s.
f. ab. Gottsched nannte diesen Gebrauch des Zeitwortes abgeben einen
häßlichen Mißbrauch; aber er sagte nicht warum. Genug diese Art zu
reden ist alt und im gemeinen und gesellschaftlichen Leben
allgemein.5) Zu etwas gebraucht werden, sich zu etwas gebrauchen
lassen, so wohl von Personen, als von Sachen, zu etwas dienen, ohne
dazu bestimmt zu seyn. Dieser Stock sollte einen guten Spazierstock
abgeben. Das kann einen Mantel abgeben. Er gibt einen Dollmetscher,
Mahler, Arzt u. s. f. ab. Er würde einen guten Soldaten abgeben. Oft
auch überhaupt zu etwas dienen, dessen Stelle vertreten. Wie freue ich
mich, daß ich heute einen Zeugen ihres Vergnügens abgeben soll! Gell.
Die Empfindungen können keinen Bestimmungsgrund dessen, was recht oder
unrecht ist, abgeben. Aber ein Mißbrauch ist es, wenn dieses Wort von
der pflichtmäßigen Bekleidung eines Amtes oder Verwaltung einer Stelle
gebraucht wird. So heißt es im Jöcherschen Gel. Lex. immer, er gab
einen Professor, einen Advocaten u. s. f. ab, für er war ein Professor
u. s. f. weil sich da der Begriff der Nebenbeschäftigung immer mit
einschleicht.
Anm. In dieser letzten Bedeutung findet man bey dem Opitz
häufig das einfache geben. Z. B. er hat einen artlichen Poeten
gegeben. Ferner, Ach daß ich einen Fremdling gebe, Und bey den
Mesechitern lebe! Ingleichen, Ich will um meines Gottes Thor Viel
lieber einen Hüter geben.
Abgeboth (W3) [Adelung]
Das Abgeboth, des -es, die -e, S. Abbiethen.
Abgebrochenheit (W3) [Adelung]
Die Abgebrochenheit, plur. car. von abgebrochen und abbrechen,
diejenige Eigenschaft einer Rede, wenn sie aus mehrern unverbundenen
Hauptbegriffen bestehet, dergleichen besonders heftigen
Gemüthsbewegungen eigen ist; eine fortgesetzte Ellipse.
Abgehen (W3) [Adelung]
Abgehen, verb. irreg. S. Gehen. Es ist:
I. Ein Activum, und bedeutet alsdann,
(1) durch Gehen oder im Gehen absondern, abnützen. Die Absätze an den Schuhen abgehen.
(2) Durch Gehen oder mit Schritten abmessen. Einen Platz, einen Weg abgehen. Wir haben die ganze Wiese abgegangen.
(3) + Sich abgehen, als ein Reciprocum, sich durch vieles Gehen ermüden; im gemeinen Leben.
II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, und den Begriff der Entfernung, der Absonderung, der Verminderung und des Aufhörens durch alle Schattirungen der eigentlichen und uneigentlichen Bedeutungen ausdrucket.
1. Der Entfernung, und zwar theils,
(a) im eigentlichen Verstande, vermittelst der Füße, für von einem Orte gehen. Der Bothe ist abgegangen. Einen Bothen abgehen lassen. Von dem rechten Wege abgehen. Abgehen, von der Schaubühne abtreten. Lisette ging betrübt zu der Gesandtschaft ab, Zach. Theils aber auch
(b) auf jede andere Art, als ein allgemeiner Ausdruck für die besondern abreiten, abfahren, absegeln u. s. f.Die Post geht ab. Einen Brief, eine Waare abgehen lassen, absenden. Der Courier ist bereits abgegangen, abgeritten, abgefahren. Ich werde morgen nach Berlin abgehen, abreisen. Mit der Post abgehen.
(c) Sich entfernen überhaupt, in einigen Fällen. Hier gehet die Straße ab. Von seinem Texte, von der Materie abgehen, ausschweifen.
(d) Käufer finden, gesuchet werden, besonders von Waaren. Das Buch will nicht abgehen. Die Waare geht stark ab. Der Wein gehet gut ab. Der im gemeinen Leben von einer solchen Waare übliche Ausdruck: sie geht reißend ab, ist eine falsche Ellipse, die so viel sagen soll, daß man sich gleichsam um sie reiße, welches aber durch das thätige Mittelwort reißend nicht ausgedruckt wird. + Die Kinder gehen ihm gut ab, so wohl sie werden schnell versorgt, als auch im Scherze, sie sterben ihm schnell dahin.
(e) Sich mit dem Gemüthe entfernen, anderer Meinung seyn. Von einem abgehen, so wohl seine Partey verlassen; als auch anderer Meinung seyn. Von eines Meinung abgehen. In dieser Sache muß ich von dir abgehen. Hierin gehen sie von einander ab.
(f) Nachgeben, von seinen Forderungen nachlassen. Hiervon kann ich nicht abgehen. Und überhaupt, anderes Sinnes werden. Von seinem Vorhaben, von seiner Entschließung abgehen. Er geht nicht ab, er bleibt standhaft dabey.
(g) Die Verbindung mit jemanden aufheben. Von einem Kaufmanne, Künstler, Handwerker u. s. f. abgehen, nichts mehr von ihm kaufen, nicht mehr bey ihm arbeiten lassen. Von seinem Advocaten, Beichtvater, Arzte abgehen.
(h) Einen Dienst, oder ein Amt niederlegen, auch wenn es der Ordnung zu Folge auf eine Zeit geschiehet. Von einem Amte abgehen. Der regierende Bürgermeister geht morgen ab. So sagt man auch an einigen Orten von dem Gesinde, daß es abgehe, wenn es abzieht.
(i) Sterben, so wohl von dem Viehe: es sind ihm in diesem Jahre viele Schafe abgegangen; als auch in edlerer Bedeutung von dem Menschen, wo es vielleicht eine Anspielung auf das Abgehen des Schauspielers von der Schaubühne ist. Mit Tode abgehen, und auch nur schlechthin, abgehen. Wann aber er schleicht zu den Vätern hin Und gehet ab - - Opitz. Geht wo ein Schulregent in einem Flecken ab, Mein Gott, wie rasen nicht die Dichter um sein Grab! Can. Diese Bedeutung ist nicht neu. In dem 1514 gedruckten Deutschen Livius kommt schon die R. A. mit Tode abgehen vor, und in einem andern zu Mainz 1518 gedruckten Buche lieset man: er ist todtshalben abgegangen. Ingleichen im Theuerdank: Von der ich gehört hab Wie yetzt ir Vater ab Mit tode sey gegangen.
2. Der Absonderung.
(a) Abgesondert werden. Von dem Holze wird im Behauen noch viel abgehen. Die Farbe gehet ab, der gefärbte Körper läßt färbende Theile fahren. Im Schmelzen geht von dem Bleye viel ab.
(b) Abgesondert und geschieden werden. Das Silber geht auf der Kapelle ab, im Hüttenwesen, es wird von allem Zusatze geschieden. Der Nagel geht mir ab. Der Urin gehet blutig ab. Es ist ihm ein Wurm abgegangen. Es ist ihr ein Kind abgegangen, und das Abgehen der Leibesfrucht hat den Begriff des allzu frühen Abganges einer unzeitigen Geburt bey sich, daher auch einige Abgängling für eine solche abgegangene unzeitige Leibesfrucht gebrauchen.
3. Der Verminderung und des Mangels, und zwar
(a) vermindert werden, Abzug leiden. Von dieser Summe muß noch viel abgehen. Es geht kein Heller ab. + Was abgeht, geht an Gelde ab.
(b) Mangeln, fehlen. Das Geld gehet ihm ab. Einer schlechten Haushaltung gehet immer etwas ab. Damit ihr auch auf jenen Tag besteht, So will er das, was eurer Lieb abgeht, Von seiner Liebe geben. Opitz. Es ging auch dieses Mahl nichts der Bewirthung ab, Haged. Wenn Theben einst Athen der Mundart Vorzug gab, Was ging Böotien an seiner Freyheit ab, Kästn. Es geht ihm nichts ab, er leidet keinen Mangel. So auch, er läßt sich nichts abgehen, er thut seinem Leibe gütlich. Oft schließt abgehen in dieser Bedeutung auch das Gewahrwerden, die lebhafte Empfindung des Verlustes oder Mangels ein, in welcher Bedeutung es in Oberdeutschland sehr üblich ist, und alsdann so viel als das mehr Niedersächsische vermissen bedeutet; z. B. es gehen mir zehn Thaler ab, nicht bloß, sie fehlen mir, sondern, ich empfinde es, daß ich sie verloren habe.
4. Des Aufhörens, und zwar,
(a) nach und nach aufhören. Das Feuer abgehen lassen. Eine Gewohnheit abgehen lassen. In Oberdeutschland sagt man auch ein abgegangenes, d. i. verfallenes, eingegangenes, Schloß.
(b) Einen Ausgang gewinnen, mit Beyfügung der Art und Weise; wie ablaufen. Wir wollen sehen, wie es abgeht. Die Sache ist schlecht, gut, nach Wunsche abgegangen. Es wird ohne Blutvergießen, ohne Thränen nicht abgehen.
Abgelebt (W3) [Adelung]
Abgelebt, partic. pass. von dem veralteten Verbo ableben. 1) Vor
Alter matt und kraftlos. Ein abgelebtes Alter, Dusch. Das Alter beugte
schon den abgelebten Rücken. Zach. 2) Im figürlichen Scherze,
veraltet: Die schlummert auf bestäubtem Boden Bey andern abgelebten
Moden, Uz. 3) * Verstorben; in dieser Bedeutung ist abgeleibt im
Hochdeutschen unbekannt, in Oberdeutschland aber sehr häufig, wo man
oft höret. Se. abgeleibte kaiserl. Majestät, die abgeleibten Seelen,
die Seelen der Verstorbenen. S. Leib.
Abgelegen (W3) [Adelung]
Abgelegen, -er, -ste, das Partic. Präter. des in dieser Bedeutung
ungewöhnlichen Verbi abliegen. 1) Entfernt, von der Erdfläche und den
darauf befindlichen Gegenständen; edler entlegen. Sehr weit abgelegene
Länder. Weit von dem Meere abgelegen seyn. 2) In engerer Bedeutung, in
einer entfernten und dabey unbequemen Gegend gelegen. Ein abgelegener
Ort. So abgelegen die Gegend auch ist. Die Stadt ist zu sehr
abgelegen, in Rücksicht auf einen andern Handelsort, eine Straße, u.
s. f.
Abgelegenheit (W3) [Adelung]
Die Abgelegenheit, plur. inusit. die entfernte und unbequeme Lage
eines Ortes.
Abgeneigt (W3) [Adelung]
Abgeneigt, part. pass. des ungewöhnlichen Verbi abneigen; nicht bloß
einen Mangel der Neigung, wie ungeneigt, sondern vermöge der
Präposition ab, schon einen gewissen Grad der gegenseitigen Neigung
empfindend; am häufigsten als ein Adverbium. Einem abgeneigt, nicht
günstig, seyn. Er ist mir nicht abgeneigt, ist mir so ziemlich
günstig. Ich bin nicht abgeneigt, es zu thun.
Abgeneigtheit (W3) [Adelung]
Die Abgeneigtheit, plur. car. der Gegensatz der Geneigtheit, der
thätige Mangel der Neigung; ein neues Wort, das Abstractum der
Abneigung zu bezeichnen. Die Abgeneigtheit vom Guten, der Zustand, die
Fertigkeit der Abneigung.
Abgesandt (W3) [Adelung]
Abgesandt, partic. pass. von absenden, welches aber vornehmlich als
ein Substantiv üblich ist, und jemanden bezeichnet, der von einem
Staate oder Fürsten an den andern in öffentlichen Angelegenheiten
geschickt wird. Einige Lehrer des Staatsrechts habeneinen Unterschied
unter einen Gesandten und Abgesandten machen, und behaupten wollen,
daß jener nur von souverainen Monarchen, dieser aber nur von Ständen
und Unterthanen geschickt werde. Allein dieser Unterschied ist weder
in der Abstammung noch in dem Gebrauche gegründet, und Abgesandter
scheint eine bloß, der Oberdeutschen Mundart nicht ungewöhnliche
Verlängerung des gleich viel bedeutenden Gesandter zu seyn. Die
Abgesandtinn ist die Gemahlinn eines Abgesandten; eine solche
abgeschickte Person weiblichen Geschlechtes aber würde eine Abgesandte
heißen. S. Gesandter.
Abgeschiedenheit (W3) [Adelung]
Die Abgeschiedenheit, plur. inus. 1) Der Zustand der Absonderung von
einer Sache, im moralischen Verstande. Die friedliche Abgeschiedenheit
von der Welt, in den Klöstern; da denn auch wohl ein hoher Grad der
Einsamkeit mit diesem Nahmen belegt wird. 2) Bey den Mystikern, der
Zustand der Unterdrückung aller Empfindungen und ihres Bewußtseyns,
mit einem Griechischen Kunstworte, die Apathie; sonst auch die
Abgezogenheit. Wie süß ist doch ein freyer Wandel,In voller
Abgezogenheit, Arnold.
[Adelung]
Abgeschmackt (W3) [Adelung]
Abgeschmackt, -er, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich ungeschmack,
entweder gar keinen, oder doch einen widerlichen Geschmack habend,
besonders wegen Mangel des Salzes. Kann man das abgeschmackte
ungesalzene genießen? Hiob 6, 6. nach des Herrn Hofr. Michaelis
Übersetzung. Das sind, gerechter Gott! die abgeschmackten Früchte,
Gryph. 2) Figürlich, der allgemeinen Empfindung des Schicklichen, der
gesunden Vernunft, in einem hohen Grade zuwider laufend, thöricht,
ungereimt, im gemeinen Leben absurd. Ein abgeschmacktes Gedicht. Ein
abgeschmackter Mensch; wie bey den Römern insipiens von sapere in eben
der Bedeutung üblich war. Ein abgeschmackter Einfall. Sich auf eine
sehr abgeschmackte Art betragen.
Anm. 1. Ab bedeutet hier so viel als
un. Das Wort ist eigentlich das Particip. Passiv. von abschmecken, so
fern es ehedem irregulär conjugiret wurde, es schmackte ab,
abgeschmackt; stehet aber, freylich wider alle Analogie, an Statt des
Partic. Activi abschmeckend. Indessen ist es doch schon sehr alt, und
wird durch den allgemeinen Gebrauch unterstützet. Frisch, der nicht
sahe, daß es das Particip. Passiv. ist, wußte sich in das t am Ende
nicht zu finden, hielt es für einen fehlerhaften Zusatz und wollte
abgeschmack geschrieben wissen; worin ihm denn auch manche andere
nachfolgten. Im Niedersächsischen bedeutet Abschmack, einen
unangenehmen Nebengeschmack, und in einigen Gegenden ist auch das
Verbum abschmecken, für, einen solchen Nebengeschmack haben, üblich.
2. In den Ober- und Niederdeutschen Provinzen hat man noch
verschiedene andere Wörter, den verdorbenen Geschmack, oder Mangel des
gehörigen Geschmackes der flüssigen und festen Körper auszudrucken.
Dergleichen sind die Niedersächsischen liflaf, sulwassen, fade, abel,
flakk und flau, und das Oberdeutsche laff; obgleich jedes derselben
seine eigene Nebenbedeutung hat.
Abgeschmacktheit (W3) [Adelung]
Die Abgeschmacktheit, plur. die -en. 1) Der Zustand, da etwas
abgeschmackt ist; ohne Plural. 2) Eine abgeschmackte Sache mit
demselben.
Abgewähren (W3) [Adelung]
Abgewähren, verb. reg. act. in den Bergwerken so viel, als
abschreiben, im Gegensatze des zugewähren oder zuschreiben. Daher ein
Abgewährzettel oder eine Bescheinigung, daß die Gewähr in das
Gegenbuch eingetragen worden. S. Gewähr.
Abgewinnen (W3) [Adelung]
Abgewinnen, verb. irreg. act. S. Gewinnen. Durch glückliche Bemühung,
durch Bemühung verbunden mit Glück von einem andern erhalten. Zunächst
im Spiele. Einem sein Geld abgewinnen. In weiterer Bedeutung auf
andere Art, woran das Glück seinen Theil hat, von einem bekommen.
Einem den Vorzug abgewinnen. Dem Feinde eine Schlacht abgewinnen.
Glauben sie, daß dieß der Weg ist, einer Frau ihre Liebe abzugewinnen?
Weiße. In noch weiterer Bedeutung, auf jede mühsame Art von einer
Person oder Sache erhalten. Ich, der ich mir noch nie einen reimlosen
Vers habe abgewinnen können, Less. Er sahe kein Mittel, der Natur
diese Veränderung abzugewinnen, ebend. Einer Sache Geschmack
abgewinnen, eigentlich, ihren wahren Geschmack empfinden; figürlich
Geschmack an derselben bekommen, Gefallen daran finden.
Anm. Abgewinnen
bedeutete ehedem auch durch Urtheil und Recht erhalten. Der Gebrauch
dieses Zeitwortes mit Auslassung der vierten Endung der Sache ist im
Hochdeutschen ungewöhnlich, obgleich Günther singt: Die Jugend war an
nichts, als der Gestalt zu schauen, Die in dem Sarge noch der
Schönsten abgewinnt.
Abgewohnen (W3) [Adelung]
* Abgewohnen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, durch die
Gewohnheit verlieren; sehr ungewöhnlich, besser entwöhnen.
Abgewöhnen (W3) [Adelung]
Abgewöhnen, verb. reg. act. 1) Durch Gewohnheit oder öftere Übung
verlieren machen. Einem das Spielen abgewöhnen. Sich das Fluchen
abgewöhnen. Die Wortfügung, einen oder sich von etwas abgewöhnen, die
man auch zuweilen findet, ist wenigstens ungewöhnlich. 2) Ein Kind
abgewöhnen; besser entwöhnen, es von der mütterlichen Brust zu andern
Speisen gewöhnen. - Ein Kind, Das von der Milch wird abgewöhnt, Opitz.
Abgezogenheit (W3) [Adelung]
Die Abgezogenheit, plur. car. S. Abgeschiedenheit.
Abgießen (W3) [Adelung]
Abgießen, verb. irreg. act. S. Gießen. 1) Den oben befindlichen
flüssigen Körper durch Gießen von dem übrigen Theile absondern. Das
Fett von der Brühe abgießen. Das Gefäß ist zu voll, man muß etwas
abgießen. Alles Wasser abgießen. 2) Durch Gießen abbilden, Einen Kopf
in Bley, eine Frucht in Wachs, eine Münze in Gyps abgießen. So auch
die Abgießung. S. auch Abguß.
Abgießer (W3) [Adelung]
Der Abgießer, des -s, plur. ut. Nom. sing. der etwas durch Gießen
abbildet. Ehedem pflegte man die falschen Münzer so zu nennen, weil
sie die guten Münzen abgossen.
Abgift (W3) [Adelung]
* Die Abgift, plur. die -en, ein veraltetes und nur noch bey den
Rechtslehrern übliches Wort, für Abgabe. S. Gift.
Abglanz (W3) [Adelung]
Der Abglanz, des -es, plur. car. eigentlich das glänzende Bild einer
Sache, und dann auch ein glänzendes Ebenbild, doch nur von Gott
gebraucht. Schon lernten beßre Menschen in einer Welt, so schön, So
reich und so harmonisch den Abglanz Gottes sehn, Dusch. Ab hat hier
den Begriff der Nachbildung. Indeß ist doch dieser Ausdruck unbequem,
und kann heterodoxe Mißdeutungen veranlassen, besonders, wenn Christus
der Abglanz seines Vaters genannt wird.
Abglätten (W3) [Adelung]
Abglätten, verb. regul. act. völlig glatt machen; besonders bey den
Buchbindern, die Lederbände gehörig glätten. Daher die Abglättung.
Abgleichen (W3) [Adelung]
Abgleichen, verb. reg. act. daher Imperf. ich gleichte ab, und im
Part. Pass. abgegleicht, S. Gleichen völlig gleich machen, bey
verschiedenen Handwerkern, z. B. bey den Uhrmachern, dieFeder
abgleichen, ihr überall eine gleiche Stärke geben; auf den
Blechhämmern, das Eisenblech bis zur Hälfte ausdehnen und dünn
schlagen. Auch in Rechnungssachen, wo es auch ausgleichen, abrechnen,
und mit einem ausländischen Worte scontriren und rescontriren genannt
wird. Daher die Abgleichung, die Abrechnung, der Scontro, Rescontro.
Abgleiten (W3) [Adelung]
Abgleiten, verb. irreg. neutr. ( S. Gleiten,) welches das Hülfswort
seyn zu sich nimmt, durch Gleiten von etwas abkommen. Von der Leiter,
von der Treppe, von einem Steine abgleiten; und dann auch wohl
figürlich, von dem rechten Wege abgleiten, unmerklich in einen Irrthum
gerathen. In den niedrigen Mundarten ist auch das Frequentat.
abglitschen üblich. - Doch glitschen ihre Augen Sogleich von Gruppen
ab, die nicht für Mädchen taugen, Wiel. In eben diesen Mundarten sind
auch die gleich bedeutenden Wörter abrutschen, abhutschen und
abschurren bekannt, welche insgesammt den Schall nachahmen, der mit
dem Abgleiten verbunden ist, und daher, so wie abglitschen, in einem
hohen Grade niedrig sind.
Abglimmen (W3) [Adelung]
Abglimmen, verb. irreg. und regul. neutr. ( S. Glimmen,) welches das
Hülfswort seyn erfordert, zu Ende glimmen, nach und nach aufhören zu
glimmen. Die Kohlen sind schon abgeglommen, oder abgeglimmet.
Abglitschen (W3) [Adelung]
+ Abglitschen, S. Abgleiten.
Abglühen (W3) [Adelung]
Abglühen, verb. regul. act. 1) Durch und durch glühen, und dadurch
geschmeidig machen, ausglühen; ein Zeitwort, welches bey den
Metallarbeitern üblich ist. 2) Den Wein abglühen, Wein mit Gewürzen
gehörig kochen, oder warm werden lassen. S. Glühen. So auch die
Abglühung.
Abgott (W3) [Adelung]
Der Abgott, des -es, plur. die -götter, ein endliches oder
erdichtetes Wesen, welchem man göttliche Ehre erweiset. So ist die
Sonne der Abgott der Sabier. Am häufigsten von einer körperlichen
Abbildung einer solchen vorgegebenen Gottheit, welche mit einem
verächtlichen Ausdrucke auch ein Götze, ein Götzenbild genannt wird.
Am häufigsten von beyden Geschlechtern; indem die Abgöttinn in diesem
eigentlichen Verstande nicht üblich ist. Figürlich, der Gegenstand
einer sehr hohen, einer übertriebenen Verehrung oder Liebe. Einen
Abgott aus etwas machen. In welcher Bedeutung auch wohl das Fämininum
gebraucht wird. Abgöttinn meiner Seele!Anm. Angels. und Nieders.
Afgod, Dänisch und Schwedisch Afgud, und bey den ältesten Fränkischen
Schriftstellern Afgot, Abkot, und Abgud. Ab hat in dieser
Zusammensetzung allein Ansehen nach die Bedeutung der Nachbildung, ob
es gleich auch den Begriff des Unechten verstattet.
Abgötter (W3) [Adelung]
Der Abgötter, des -s, plur. ut. nom. sing. von beyden Geschlechtern,
eine Person, welche erdichtete göttliche Wesen verehret, noch mehr
aber, welche körperlichen Dingen oder Bildern göttliche Ehre erweiset,
und welche in einem härtern und verächtlichen Verstande ein
Götzendiener, eine Götzendienerinn genannt wird.
Abgötterey (W3) [Adelung]
Die Abgötterey, plur. die -en. 1) Eigentlich die Verehrung einer
falschen Gottheit; ohne Plural. 2) Figürlich, die übertriebene
Verehrung auch anderer Gegenstände; ohne Plural. Abgötterey mit etwas
treiben. 3) Einzelne abgöttische Handlungen; mit dem Plural.
Abgöttisch (W3) [Adelung]
Abgöttisch, -er -te, adj. et adv. der Abgötterey ähnlich, in
derselben gegründet. Eine abgöttische Handlung. Einen abgöttisch
verehren. Eine abgöttische Meinung von sich selbst.
Abgraben (W3) [Adelung]
Abgraben, verb. irreg. act. S. Graben. 1) Durch Graben niedriger
machen. Einen Hügel, Berg abgraben. 2) Durch
Graben wegnehmen, entziehen. Einem etwas von seinem Acker abgraben. 3)
Vermittelst eines Grabens absondern. Einen Acker, ein Stück Feldes
abgraben, mit einem Graben einschließen. Einen Weg abgraben, dessen
Gebrauch durch einen vorgezogenen Graben untersagen. Das Feuer in
einem Walde abgraben, dessen Ausbreitung durch einen gezogenen Graben
hindern. 4) Durch einen Graben ableiten. Einen Fluß, einen Teich
abgraben. Einer Stadt das Wasser abgraben. So auch die Abgrabung.
Abgrämen (W3) [Adelung]
Abgrämen, verb. reg. recipr. sich abgrämen, sich durch Gram
entkräften, abzehren. Ein jeder sehne sich nach dem fatalen Glück, Zu
ihren Füßen sich zum Schatten abzugrämen, Wiel. Etwas ungewöhnliches
ist es, wenn Günther dieses Zeitwort als ein thätiges gebraucht: Grämt
euch den Purpur ab, bis wir so bleich erscheinen, Als dieses
Leichentuch, das eure Schwester nimmt.
Abgrasen (W3) [Adelung]
Abgrasen, verb. reg. act. das Gras abfressen, wofür die Jäger abrasen
sagen. Ingleichen das Gras abmähen, nur von Angern. Einen Hain, oder
Anger abgrasen. An einigen Orten wird es auch für schrepfen gebraucht.
Die junge Saat abgrasen. Daher die Abgrasung.
Abgreifen (W3) [Adelung]
Abgreifen, verb. irreg. act. ( S. Greifen,) durch vieles Angreifen
oder Begreifen abreiben, abnützen. Ein abgegriffener Hut.
Abgrund (W3) [Adelung]
Der Abgrund, des -es, plur. die -gründe. 1) Eigentlich im Gegensatze
des Grundes, ein Ort der keinen Grund hat, oder sich doch schwer
ergründen läßt, eine sehr große Tiefe, so wohl auf dem festen Lande,
als in dem Wasser. Der Abgrund des Meeres, in einem Berge. Der Abgrund
zwischen zwey Bergen, eine große Tiefe. 2) Figürlich. (a) Eine jede
große Entfernung. Meine Seele war, trotz der Abgrunde, die uns
trenneten, stets bey dir, Weiße. (b) Eine unbegreifliche Sache, bey
welcher sich der Verstand im Nachdenken verlieret. So reden die
Gottesgelehrten von einem Abgrunde der Güte und Liebe Gottes. (c) Eine
fürchterliche Gefahr, ein augenscheinliches Verderben. An welchem
Abgrunde stand ich! Dusch. Ich schaudre, ja es liegt vor uns der
Abgrund offen, Weiß.
Anm. Abgrund, Nieders. Dän. und Schwed. Afgrund,
beym Ulphilas Afgrunditha, beym Kero, Ottfried und Notker Abcrunt und
Abgrund, ist schon von den ältesten Zeiten an in der Bedeutung eines
unergründlichen Ortes üblich gewesen.
Abgründen (W3) [Adelung]
Abgründen, verb. reg. act. 1) Ergründen, obgleich seltener. 2) Bey
den Tischlern, die Vertiefung, wohin eine Einschiebeleiste kommen
soll, mit dem Grundhobel aushobeln, welches auch ausgründen genannt
wird.
Abgucken (W3) [Adelung]
Abgucken, verb. reg. act. einem etwas, es ihm verstohlner Weise
absehen; in der vertraulichen Sprechart.
Abgunst (W3) [Adelung]
+ Die Abgunst, plur. car. die Gemüthsbeschaffenheit, da man andern
das Gute, welches sie besitzen, nicht gönnet; am häufigsten im
gemeinen Leben für das edlere Mißgunst.
Anm. Abgunst ist von Ab und
Anst, Wohlwollen, wofür man nachmahls mit dem vorgesetzten Ge, Geanst,
und noch später Gunst sagte. Abanst kommt bey den Kero, Abjunst aber
schon bey dem Tatian vor. Ab hat hier die Bedeutung des Verneinens;
Abgunst sollte also so viel als Ungunst, oder Abneigung anzeigen. Es
hat diese Bedeutung auch wirklich gehabt; indessen ist es doch auch
schon sehr frühe für Mißgunst und Neid gebraucht worden.Es haben
einige zwischen Neid, Mißgunst und Abgunst einen Unterschied in der
Bedeutung annehmen wollen. Neid kann allenfalls den höchsten Grad der
Mißgunst bezeichnen; allein Mißgunst und Abgunst scheinen völlig
gleich bedeutend zu seyn, und hier eigenmächtig etwas festsetzen
wollen, würde keinen Nutzen haben. Der wahre Unterschied ist der, daß
Abgunst heut zu Tage mehr in Niederdeutschland und im gemeinen Leben,
Mißgunst aber am meisten in Oberdeutschland und der anständigern
Sprechart üblich ist. Das Schwed. Afund und Dän. Avind ist dem ersten
Ursprunge getreuer geblieben; doch sagt man in Dänemark auch, wie in
Niedersachsen, Afgunst. Ehedem war auch das Zeitwort abansten für
mißgönnen üblich, wofür die Schweden noch jetzt afunna sagen. S. auch
Gönnen.
Abgünstig (W3) [Adelung]
Abgünstig, -er, -ste. et adv. 1. + Abgeneigt, in welcher Bedeutung
das Substantivum nicht üblich ist; im gemeinen Leben. Einem abgünstig
seyn. 2. Für das edlere mißgünstig. Auf eines Lob abgünstig seyn.
Abgurgeln (W3) [Adelung]
Abgurgeln, verb. reg. act. an einigen Orten im gemeinen Leben so
viel, als die Gurgel abschneiden. S. auch Abhalsen.
Abgürten (W3) [Adelung]
Abgürten, verb. reg. act. den Gurt auflösen, und was damit befestigt
war, abnehmen. Sich den Degen abgürten. Dem Pferde den Sattel
abgürten. Ingleichen metonymisch, das Pferd abgürten. So auch die
Abgürtung.
Abguß (W3) [Adelung]
Der Abguß, des -sses, plur. die -güsse, von Abgießen. 1) Die Handlung
des Abgießens, so wohl in der Bedeutung der Verminderung, als der
Nachahmung eines andern Körpers; ohne Plural. 2) Das durch Abgießen in
der letzten Bedeutung entstandene Bild. Der Abguß einer Münze, einer
Statue u. s. f.
Abgüten (W3) [Adelung]
* Abgüten, verb. reg. act. vermittelst Ertheilung eines Gutes,
besonders eines Heurathsgutes von den Ansprüchen an etwas
ausschließen; ein Wort, welches vornehmlich in den Rheinischen
Provinzen in Erbfolgssachen üblich ist. Von dem Unterschiede unter
abfinden und abgüten, S. Abfinden. Daher die Abgütung, in eben dieser
Bedeutung.
Abhaaren (W3) [Adelung]
Abhaaren, verb. reg. 1. + Neutrum mit haben, die Haare fahren lassen,
im gemeinen Leben. Der Pelz haaret ab. 2. Activum, bey den Lohgärbern,
die Haare mit dem Haareisen wegnehmen; auch abhären und abpöhlen.
Daher die Abhaarung.
Abhacken (W3) [Adelung]
+ Abhacken, verb. reg. act. durch Hacken oder Hauen absondern, im
gemeinen Leben. Einem den Kopf, die Hand abhacken. Daher die
Abhackung.
Abhadern (W3) [Adelung]
Abhadern, verb. reg. act. durch Hader, d. i. Zank und unnöthige
Rechtshändel von einem erzwingen. Einem ein Haus, einen Garten, eine
Summe Geldes abhadern.
Abhäften (W3) [Adelung]
Abhäften, verb. reg. act. was angehäftet war, los machen. Daher die
Abhäftung.
Abhageln (W3) [Adelung]
+ Abhageln, verb. reg. imperson. aufhören zu hageln, im gemeinen
Leben. Es hat abgehagelt.
Abhägen (W3) [Adelung]
Abhägen, verb. reg. act. vermittelst eines Hages oder Zaunes
absondern, einschließen. Ein Stück Feldes, einen Acker zur Wiese
abhägen. Daher die Abhägung.
Abhäkeln (W3) [Adelung]
Abhäkeln, verb. reg. act. was mit Häkeln oder kleinen Haken befestigt
ist, los machen.
Abhaken (W3) [Adelung]
Abhaken, verb. reg. act. 1) Was mit Haken befestiget ist, los machen.
2) Wo man den Acker Statt des Pfluges mit dem Haken bearbeitet, da ist
abhaken, vermittelst des Hakens von dem Grunde eines andern wegnehmen.
Abhalsen (W3) [Adelung]
Abhalsen, verb. reg. act. 1) Den Hals, die Kehle abschneiden; im
gemeinen Leben einiger Gegenden, wie abkehlen und abgurgeln. 2) Den
Leithund abhalsen, bey den Jägern, ihm die Halse, oder das Halsband
abnehmen. So auch die Abhalsung.
Abhalten (W3) [Adelung]
Abhalten, verb. irreg. S. Halten. 1. Activum. (1) Eigent-
lich, etwas in einer Entfernung von einer andern Sache halten. So
heißt z. B. besonders in Niedersachsen, die kleinen Kinder abhalten,
sie so von sich halten, daß sie ihre Nothdurft verrichten können. (2)
Figürlich. (a) Die Annäherung einer Person oder Sache hindern, es
geschehe auf welche Art es wolle. Das Wasser abhalten. Den Feind von
der Stadt abhalten. Den Hund mit dem Stocke abhalten. Kann wohl deine
Leibwache den unsichtbaren Kummer abhalten, der dir überall
nachschleicht Dusch. (b) An Vollbringung einer Sache hindern, auch in
sehr weitem Verstande, es geschehe durch körperliche Gewalt, physische
Hindernisse, Bewegungsgründe, u. s. f. Einen von der Flucht, von einer
schändlichen That, von seiner Arbeit abhalten. Jemanden von dem Essen,
von der Kirche abhalten. Es soll mich nichts abhalten, dir zu dienen.
Neutrum mit haben, nur in der Seefahrt, so steuern,daß das Schiff von
dem Winde abkomme, ihn in den Rücken bekomme. Unsere Flotte segelte
nahe am Winde, hielt hierauf von ihm ab, und ging auf den Feind los.
Abhaltung (W3) [Adelung]
Die Abhaltung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abhaltens in allen
obigen Bedeutungen; ohne Plural. 2) Dasjenige, was uns an der
Verrichtung einer Sache hindert, davon abhält. Diese Abhaltungen
haben.
Abhandeln (W3) [Adelung]
Abhandeln, verb reg. act. 1) Von Handeln, mercari, (a) durch Handel,
d. i. Kauf oder Tausch, von einem andern an sich bringen. Einem ein
Haus, einen Garten, ein Stück Waare abhandeln. (b) An dem geforderten
Kaufpreise durch Handeln, d. i. Biethen und Wiederbiethen, einen Erlaß
erhalten, vulg. abdingen. Wir haben noch zehn Thaler abgehandelt.2)
Von handeln, thun, verrichten, in so fern es von den Verrichtungen des
Geistes gebraucht wird. (a) * Durch sorgfältige Bemühung, durch
gegenseitige Überlegung, durch Erwägung der Gründe und Gegengründe zu
Stande zu bringen suchen. Einen Frieden, einen Vergleich abhandeln,
unterhandeln. (b) * In den Rechten ist abhandeln oft so viel, als eine
Sache schlichten, durch einen Ausspruch abthun. (c) Mündlich oder
schriftlich nach allen Gründen und Umständen ausführen. Einen Satz,
ein Thema, abhandeln. Eine Sache schriftlich abhandeln. Die Lehre von
der Tugend in einer Rede abhandeln.
Abhanden (W3) [Adelung]
+ Abhanden, adv. welches nur von Sachen, und auch hier nur mit den
Zeitwörtern seyn und kommen üblich ist. Abhanden seyn, nicht bey den
der Hand, abwesend seyn; abhanden kommen, verlegt oder verloren
werden.
Anm. Abhanden, oder wie es richtiger geschrieben wird, ab
Handen, ist eine Oberdeutsche Redensart, die sich aber auch im
Hochdeutschen erhalten hat, ob man gleich daselbst reinere Ausdrücke
für diesen Begriff hat, und gebrauchen sollte. Ab ist das alte Vorwort
von, und handen ist der Oberdeutsche Dativ. Plur. von Hand. Ein
Hochdeutscher würde dafür sagen müssen, von Händen kommen oder seyn.
Man sieht hieraus, was man von dem Ausspruche Gottscheds zu halten
hat, wenn er sagte, abhanden sey von einem Halb-Lateiner gemacht
worden, der gewußt, daß ab im Lateinischen von heiße. Wenn einige
Hochdeutsche von abhanden sagen, so geschieht es freylich nur von
solchen, denen die Bedeutung des Oberdeutschen Wortes ab unbekannt
ist. Das Beywort abhändig, für abwesend, flüchtig, und das Zeitwort
abhändigen, veräußern, entreißen, sind nicht nur in Oberdeutschland,
sondern auch im Niedersächsischen, Schwedischen und Dänischen üblich.
Ältere Beyspiele von abhändig führet Haltaus h. v. an.
Abhandlung (W3) [Adelung]
Die Abhandlung, plur. die -en, von der zweyten Bedeutung des
Zeitwortes. 1) Die Unterhandlung und Vollendung eines Geschäftes; ohne
Plural. Die Abhandlung eines Vertra-ges, eines Friedens u. s. f. 2)
Die mündliche oder schriftliche Ausführung eines Satzes oder einer
Materie. Eine Abhandlung schreiben, drucken lassen u. s. f.
Abhang (W3) [Adelung]
Der Abhang, des -es, plur. die -änge, von dem Neutro abhangen. 1) Die
abhängige Seite einer Fläche, besonders eines Berges. Ein sanfter
Abhang, wenn die Höhe unvermerkt abnimmt. Ein starker, jäher Abhang,
wenn die Abnahme sehr merklich ist. Sein sanfter Abhang glänzt von
reifendem Getreide, Hall. Ingleichen die Neigung, welche eine
abhängige Fläche gegen den Horizont hat. Der Garten hat drey Fuß
Abhang; ein Umstand, den man bey dem Wasser den Fall nennet. 2) Das
Abhangen von einem andern, in figürlicher Bedeutung und ohne Plural,
der Zustand, da ein Ding seinem Wesen oder auch nur seinen Umständen
nach, in einem andern gegründet ist; noch häufiger die
Abhängigkeit.
Anm. Der Plural ist schon in der ersten Bedeutung selten,
in der zweiten aber ist er es noch mehr. Es ist daher nicht
nachzuahmen, wenn Kleist singt: Sieh Wesen ohne Gestalten, merk ihre
Abhäng und Kräfte. Die abhängige Seite eines Berges wird sonst auch
die Berglehne, die Thalhänge, und wenn sie sehr steil ist, die
Bergwand, in Oberdeutschland der Hang, die Laiten, der Abstieg, die
Abseite, die Berghalde, im Bergbaue das Gehänge, in den
Niederdeutschen Marschländern die Glöyung, und im Garten- und
Festungsbaue die Abdachung, Böschung genannt; ohne dabey auf den
schwachen oder starken Abhang zu sehen, welche in vielen Fällen wieder
ihre eigene Benennungen haben.
Abhangen (W3) [Adelung]
Abhangen, verb. reg. neutr. ( S. Hangen,) welches mit haben verbunden
wird.1. In eigentlicher Bedeutung (a) + Von etwas herunter hangen,
wofür man noch richtiger und edler herab hangen sagt. (b) Von
körperlichen Flächen, sich neigen; mit dem Horizonte einen spitzigen
Winkel machen. Der Fußboden hangt etwas ab; in welcher Bedeutung das
Zeitwort doch nicht so üblich ist, als die abgeleiteten Abhang und
abhängig. (c) In einer Entfernung von etwas hangen. Der Mantel hängt
noch ziemlich weit von der Wand ab. Noch mehr aber2. In figürlicher
Bedeutung, in einem andern Dinge seinem Wesen, oder seinen Umständen
nach gegründet seyn. Von einem abhangen, ihm unterworfen, Gehorsam
schuldig seyn. Dieß hängt ganz allein von mir ab, steht allein in
meinem Willen, in meiner Gewalt. Die Stärke und Schwäche des Geistes
hangen sehr von der Art ab, wie man die Dinge ansteht. Wie viel hängt
von einem Augenblicke ab! Dusch. Alle zufällige Dinge hangen von Gott
ab, haben ihm ihr Daseyn und alle ihre Bestimmungen zu verdanken.
Hängt denn die Wahrheit von dem Munde desjenigen ab, der sie vorträgt?
Less. bekommt sie ihren Werth von ihm? Von des Siegers Gnade
abhangen.
Anm. Opitz gebraucht in dieser Bedeutung auch das einfache
Hangen: der, von welchem alles hanget.
Abhängen (W3) [Adelung]
Abhängen, verb. reg. act. dasjenige, was angehänget war, abnehmen,
herab hängen. Die Gewichte einer Uhr abhängen. Die Blasebälge
abhängen, in den Schmelz- und Hammerwerken, damit sie nicht mehr
gehen.
Abhängig (W3) [Adelung]
Abhängig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich, herab hangend, doch
nur von den Flächen, mit dem Horizonte einen spitzigen Winkel machend.
Die abhängige Seite des Berges. Ein abhängiger Ort. 2) Figürlich, zu
einem andern Dinge gehörig, seinen Grund in demselben habend,
demselben unterworfen.
Diese Sache ist von jener abhängig. Die ganze Natur ist von Gott
abhängig.
Anm. Abhängig, kommt von dem Neutro abhangen; das ä in der
zweyten Sylbe ist das bloße Zeichen der Ableitung. Statt dessen findet
man auch, obwohl nur selten, mit einer andern Endsylbe, das unedlere
abhänglich. Abheng für abhängig in der ersten Bedeutung kommt im
Theuerdank vor.
Abhängigkeit (W3) [Adelung]
Die Abhängigkeit, plur. inusit. das Abhangen von einem andern in der
figürlichen Bedeutung, der Zustand, da ein Ding in dem andern
gegründet ist; in der höhern Schreibart der Abhang, in der niedrigern,
die Abhänglichkeit. In der Abhängigkeit leben.
Abhangung (W3) [Adelung]
Die Abhangung, plur. inusit. von dem Neutro abhangen. 1) * Das
Herabhangen von einem Orte; sehr ungewöhnlich. 2) Die Abhängigkeit,
Dependenz.
Abhängung (W3) [Adelung]
Die Abhängung, plur. inusit. von dem Activo abhängen, die Handlung
des Abhängens.
Abhären (W3) [Adelung]
Abhären, S. Abhaaren.
Abhärmen (W3) [Adelung]
Abhärmen, verb. reg. recipr. sich abhärmen, sich durch Harm
entkräften, verzehren; im gemeinen Leben abgrämen. Blaß, wie ein
Eremit stand er hier abgehärmt, Zach. Der ungezäumte Neid, der sonst
nach allem geitzt, Verlieret hier die abgehärmten Blicke, Rost.
Abhärten (W3) [Adelung]
Abhärten, verb. reg. act. gehörig hart machen, so wohl in der
eigentlichen, als figürlichen Bedeutung. Den Stahl abhärten. Ein
abgehärtetes Volk. Er ist gegen alle Unbequemlichkeiten der Witterung
abgehärtet. Durch Arbeit abgehärtet werden. Der Winter härtet ab und
macht die Geister munter, Günth. Sein Gemüth ist gegen alles Mitleiden
abgehärtet. Daher die Abhärtung.
Abhaschen (W3) [Adelung]
+ Abhaschen, verb. reg. act. einem etwas, es von ihm erhaschen.
Abhaspeln (W3) [Adelung]
Abhaspeln, verb. reg. act. Fäden oder Stricke durch Haspeln von etwas
herunter bringen. Daher die Abhaspelung.
Abhauben (W3) [Adelung]
Abhauben, verb. reg. act. bey den Jägern, dem Falken die Haube
abnehmen. Einen Falken abhauben. So auch die Abhaubung.
Abhäucheln (W3) [Adelung]
Abhäucheln, verb reg. act. durch Häucheln von einem erhalten. Einem
etwas abhäucheln. Gott läßt sich nichts abhäucheln. Daher die
Abhäuchelung.
Abhauen (W3) [Adelung]
Abhauen, verb. irreg. act. ( S. Hauen,) durch Hauen oder mit Hieben
absondern. Einen Baum, Getreide, Gras abhauen. Einen den Kopf abhauen.
Das Getreide mit der Sense abhauen. Daher die Abhauung. Beym Tatian
kommt für abhauen abafurhouuan vor.
Abhäuten (W3) [Adelung]
Abhäuten, verb. reg. 1 Activum, der Haut berauben, die Haut abziehen.
Bey den Jägern, von dem Bären für auswirken. Auch außer dem in der
anständigern Sprechart für abdecken, ab ziehen oder schinden. In den
Küchen, der zarten Haut unter dem Felle berauben. Einen Kälberstoß,
einen Hasen abhäuten. 2. Neutrum mit haben, das Häuten oder Ablegen
der Haut vollenden, von solchen Insecten, welche sich zu häuten
pflegen. Wenn der Seidenwurm abgehäutet hat, fängt er an zu spinnen.
So auch die Abhäutung.
Abheben (W3) [Adelung]
Abheben, verb. irreg. act. S. Heben, herab heben, durch Heben von
etwas wegnehmen. Ein Tischblatt abheben. Den Kessel abheben, von dem
Feuer. Die Speisen abheben, von der Tafel, S. Abhub. Die Karten
abheben, im Kartenspiele. So. auch das Abheben, seltener die Abhebung.
Abheften (W3) [Adelung]
Abheften, S. Abhäften.
Abheilen (W3) [Adelung]
Abheilen, verb. reg. 1. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, durch
Heilen abgesondert werden, heilen und abfallen. Der Ausschlag heilet
ab. Die Blattern sind abgeheilet. 2 Activum, durch Beförderung des
Heilens zum Abfallen bringen. Dieses Pflas=ter wird die Blattern schon
abheilen. Daher die Abheilung.
Abheischen (W3) [Adelung]
* Abheischen, verb. reg. act. fordern, abfordern, S. Heischen. Die
Schuld wird abgeheischt, Opitz. In der Hochdeutschen Mundart ist
dieses Zeitwort nicht üblich, wohl aber in der Oberdeutschen.
Abhelfen (W3) [Adelung]
Abhelfen, verb. irreg. act. S. Helfen. 1) + Eigentlich, von einem
höhern Orte herunter helfen; im gemeinen Leben. Einem abhelfen, von
dem Wagen, oder einem anderen erhöheten Orte, besser herab helfen.
Helfen sie mir den Sack ab. 2) Figürl. mit dem Dative der Sache, einer
Sache abhelfen, sie als ein Übel aufhören machen. Der Sache ist noch
abzuhelfen. Dem Dinge ist leicht abzuhelfen. Einem Fehler abhelfen.
Wenn dieses das Lächerliche allein an mir ist, so kann ich ihm bald
abhelfen. Raben Der Krankheit abzuhelfen suchen. - Ach möchte sich
begeben Daß doch ein grimmes Thier abhülfe meinem Leben, Opitz. Welche
letztere R. A. doch ungewöhnlich ist. Mit dem Accusative der Person,
einen von der Mühe abhelfen, ihn davon befreyen, ist undeutsch, so wie
die R. A. einen abhelfen, ihn aus der Welt schaffen, ihn von dem Brote
helfen, niedrig. Daher die Abhelfung, in der eigentlichen Bedeutung.
Abhelflich (W3) [Adelung]
* Abhelflich, adj. welches aber nur in den Kanzelleyen in der R. A.
üblich ist, einer Sache abhelfliche Maße geben oder verschaffen, d. i.
ihr abhelfen, sie aufhören machen.
Abhellen (W3) [Adelung]
Abhellen, verb. reg. act. von hell; gehörig hell machen, eigentlich
nur von flüssigen Körpern, das Helle derselben von dem trüben
Bodensatze abgießen, abklären. Den Wein abhellen.
Abhenken (W3) [Adelung]
Abhenken, verb. reg. act. welches eigentlich das Intensivum von
abhängen ist, aber mit demselben gleich bedeutend gebraucht wird, ob
es gleich seltener vorkommt, das angehenkte abnehmen, S. Henken.
Abherkommen (W3) [Adelung]
* Abherkommen, ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Verbum für herab
kommen. Die abherkommen waren von Jerusalem, Marc. 3, 22. In der
Oberdeutschen Mundart ist es nichts seltenes, daß man die mit her und
hin zusammen gesetzten Nebenwörter umkehret. So heißt es z. B. im
Theuerdank Kap. 95.Gebt uns den fremden Man außer, für heraus.So auch
abhin, für hinab. Luther hat mehrere dergleichen Oberdeutsche Wörter
aus der ältern Schriftsprache beybehalten.
Abhetzen (W3) [Adelung]
Abhetzen, verb. reg. act. durch Hetzen oder Jagen entkräften. Die
Hunde abhetzen. Einen Hirsch oder anderes Wild abhetzen, so daß dessen
Fleisch zur Speise untüchtig wird.
Abheucheln (W3) [Adelung]
Abheucheln, S. Abhäucheln.
Abheulen (W3) [Adelung]
+ Abheulen, verb. reg. recipr. sich abheulen, sich durch Heulen
abmatten, entkräften; im gemeinen Leben.
Abhinnen (W3) [Adelung]
* Abhinnen, eine veraltete Oberdeutsche Partikel, für von hier, und
in einigen Fällen von hinnen, S. Hinnen.
Abhobeln (W3) [Adelung]
Abhobeln, verb. reg. act. 1) Eigentlich mit dem Hobel wegschaffen.
Einen Ast, eine Ungleichheit abhobeln. Ingleichen mit dem Hobel
gehörig glatt machen. Ein Bret abhobeln. Bey den Weißgärbern werden
die Felle abgehobelt, wenn sie mit dem Schlichtmonden auf der
Fleischseite bearbeitet werden. 2) + Fi-
gürlich, gesittet machen, ein niedriger Ausdruck, so noch ein
Überbleibsel der ehemahligen Pennal-Gebräuche ist. Daher die
Abhobelung.
Abhocken (W3) [Adelung]
+ Abhocken, verb. reg. act. eine Last durch Niederhocken von den
Schultern ablegen, im Gegensatze des Aufhockens. In den niedrigen
Sprecharten abhucken.
Abhohlen (W3) [Adelung]
Abhohlen, verb. reg. act. 1) Von einem Orte hohlen. Einen Übelthäter,
einen Brief u. s. f. abhohlen. Jemanden aus einer Gesellschaft
abhohlen, abrufen und begleiten. Der Wagen wird mich abhohlen. 2) Bey
den Kattundruckern werden die gedrückten Zeuge abgehohlet, wenn man
sie mit Weitzenkleye auskochet, das Gummi und die Stärke der Farbe
wieder wegzuschaffen. So auch die Abhohlung.
Abhold (W3) [Adelung]
* Abhold, adv. welches noch aus der Oberdeutschen Mundart übrig, aber
größten Theils veraltet ist, für ungünstig, abgeneigt. Einem abhold
seyn.
Abholzig (W3) [Adelung]
* Abholzig, -er, -ste, adj. et adv. im Forstwesen, ein abholziger
Baum, der über dem Stamme zu schwach ausfällt, und folglich zu Bauholz
unbrauchbar ist, und auch abschüssig genannt wird.
Abhorchen (W3) [Adelung]
Abhorchen, verb. reg. act. nach dem Muster des Zeitwortes abhören,
durch Horchen erfahren oder lernen. Sie hat uns alle unsere
Geheimnisse abgehorcht, Weiße. O wenn die frohen Lieder dir gefielen,
die meine Muse oft den Hirten abhorcht! Gesn.
Abhören (W3) [Adelung]
Abhören, verb. reg. act. 1) In den Rechten, einen Zeugen seine
Aussage gehörig thun lassen. Einen Zeugen abhören. Man hat ihn noch
nicht abgehöret. Daher die Abhörung. 2) Durch das Gehör von einem
anderen erfahren, erlernen. Was hörest du dir davon ab? Less. Daran
wüßte ich mir nun nichts abzuhören, ebend.
Abhub (W3) [Adelung]
Der Abhub, des -es, plur. car. von abheben, dasjenige, was abgehoben
wird, besonders in den Bergwerken, die Unart, welche in der Wäsche von
den Erzen abgehoben wird, welches vermittelst der Abhubkiste
geschiehet. An einigen Höfen nennet man die Speisen, welche von der
herrschaftlichen Tafel abgetragen werden, den Abhub.
Abhucken (W3) [Adelung]
Abhucken, S. Abhocken.
Abhülsen (W3) [Adelung]
Abhülsen, verb. reg. act. von der Hülse befreyen. Die Mandeln
abhülsen.
Abhungern (W3) [Adelung]
Abhungern, verb. reg. recipr. durch Hunger entkräften. Sich
abhungern.
Abhuren (W3) [Adelung]
+ Abhuren, verb reg. recipr. Sich abhuren, sich durch Hurerey
entkräften; ein niedriges Wort, welches Luther indessen doch in der
Bibelübersetzung mit aufgenommen hat.
Abhüten (W3) [Adelung]
Abhüten, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, von dem weidenden
Viehe abfressen lassen, abweiden. Die Saat, das Gras abhüten.
Ingleichen metonymisch, einen Acker, ein Stück Feldes, eine Wiese
abhüten. So auch die Abhütung.
Abhütten (W3) [Adelung]
* Abhütten, verb. reg. act. im Bergbaue, eine Grube oder Zeche aus
Nachlässigkeit oder Muthwillen verderben, und zu Grunde richten,
welches auch abköhlen genannt wird. Vermuthlich von Hütte, so fern es
ehedem alles Zimmerwerk bedeutete, und bey den Bergleuten zum Theil
noch bedeutet. Daher die Abhüttung.
Abjagen (W3) [Adelung]
Abjagen, verb reg. act 1) + Durch Jagen ermüden. Ein Pferd abjagen.
Sich abjagen. 2) Bey den Jägern, einer großen Jagd ein Ende machen,
und zwar durch Erlegung alles eingestellten Wildes, welches auch
abschießen genannt wird. Ein Abjagen halten. Daher die
Abjagungsflügel, die zunächst an dem Laufe durchgehauenen Wege, woraus
das Abjagen gehalten wird. 3) Durch Jagen von einem andern erhalten,
ihm unversehens und mit Gewalt abnehmen. Dem Feinde den Raub abjagen.
- Ein Lamm das er dem Wolf erst abgejaget, Opitz. 4) + Plötzlich
verursachen, doch nur in einigen meisten Theils niedrigen R. A. Einem
eine Angst, einen Schrecken abjagen. So auch die Abjagung.
Äbicht (W3) [Adelung]
* Äbicht, adj. et adv. welches noch in einigen Provinzen, z. B. in
Schlesien, auch im Hochdeutschen bey einigen Handwerkern, z. B. den
Hutmachern, Tuchmachern u. s. f. üblich ist, und so viel als umgekehrt
bedeutet. Die äbichte Seite des Tuches, die linke, umgekehrte. + Einem
eine Äbichte geben, eine Maulschelle mit verwandter Hand.
Anm. Äbicht,
oder wie es in einigen Provinzen auch geschrieben wird, eiwig, ist ein
altes und in Oberdeutschland noch überall gebräuchliches Wort. Abahe
beym Kero, aboha beym Isidor, und abaho beym Ottfried, bedeuten nicht
allein im physischen, sondern auch im moralischen und figürlichen
Sinne, so viel als verkehrt, falsch; wovon Schilters Gloss. v. Abahe
nachzusehen ist. Das Schwed. afwig hat noch eben dieselben
Bedeutungen, S. Ihre h. v.
Äbichten (W3) [Adelung]
Äbichten, verb. reg. act. bey den Tuchmachern, ein Tuch auf der
linken Seite karten. S. das vorige.
Abjochen (W3) [Adelung]
Abjochen, verb. reg. act. das Joch abnehmen. Die Ochsen abjochen.
Abirren (W3) [Adelung]
Abirren, verb reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, durch Irrthum von
etwas abkommen. Von dem rechten Wege abirren.
Abirrung (W3) [Adelung]
Die Abirrung, plur. die -en. 1) Das Abirren, ohne Plural. Die
Abirrung des Lichts oder der Firsterne, in der Astronomie, die
scheinbare Veränderung ihrer Stellen am Himmel. 2) Irrige Abweichungen
von etwas, mit dem Plural.
Abkalben (W3) [Adelung]
Abkalben, verb. reg. neutr. mit haben, das Kalben vollenden, in der
Landwirthschaft, gehörig kalben. Die Kühe haben nach und nach
abgekalbet.
Abkämmen (W3) [Adelung]
Abkämmen, verb reg. act. 1) Von Kamm, pecten, mit dem Kamme herab
bringen, ingleichen, mit dem Kamme reinigen. Abgekämmte Wolle. 2) Von
Kamm, die Spitze, das Obertheil, in der Kriegsbaukunst, den obern Rand
der Wolle und Brustwehren abschießen, gleichsam den Kamm abnehmen. So
auch die Abkämmung.
Abkämpfen (W3) [Adelung]
Abkämpfen, verb. reg. act. kämpfend abtreiben, ein Zeitwort, welches
besonders bey den Jägern von den Hirschen gebraucht wird, wenn einer
den andern in der Brunstzeit abtreibet.
Abkanten (W3) [Adelung]
+ Abkanten, Abkanteln, verb. reg. act. der Kanten berauben. Ein Bret
abkanten, bey den Holzarbeitern, die scharfe Ecke abnehmen. Einen Zeug
abkanten, die Kante oder Einfassung abschneiden.
Abkanzeln (W3) [Adelung]
+ Abkanzeln, verb. reg. act. Jemanden abkanzeln, eigentlich seine
Vergehungen von der Kanzel bekannt machen.
Abkappen (W3) [Adelung]
Abkappen, verb. reg. act. 1) Von Kappe, die Kappe abnehmen, bey den
Falkenieren. den Falken abkappen, ihn abhauben. Hierher gehöret auch
wohl die figürliche Bedeutung, wenn im gemeinen Leben, einen abkappen,
so viel ist, als ihm einen unerwarteten derben Verweis, eine herbe
Antwort geben. Er ist weidlich abgekappet worden. 2) Von kappen,
hauen, schneiden, so viel als abhauen: Das Ankertau, ingleichen den
Anker abkappen. Einen Mast abkappen. Die Bäume abkappen, ihre Gipfel
oder Zweige abhauen. In dieser Bedeutung ist das Zeitwort am
häufigsten in Niedersachsen üblich, und wird in einigen Gegenden auch
abkoppen, abküppen ausgesprochen. So auch die Abkappung.
Abkargen (W3) [Adelung]
Abkargen, verb. reg. act. durch Kargheit oder niedrige Sparsamkeit
entziehen. Sie kargt ihrem Manne sogar die Nothdurft ab.
Abkarten (W3) [Adelung]
Abkarten, verb. reg. act. nur in der figürlichen von dem Kartenspiele
hergenommenen Bedeutung, etwas Böses heimlich verabreden. Er hatte es
schon so mit ihr abgekartet. Ein abgekartetes Spiel. Ein abgekarteter
Handel.
Abkauf (W3) [Adelung]
Der Abkauf, gen. des -es, plur. doch seltener die -käufe, die
Handlung des Abkaufens, und zuweilen auch wohl die abgekaufte Sache
selbst.
Abkaufen (W3) [Adelung]
Abkaufen, verb. reg. act 1) Käuflich von einem andern an sich
bringen. Einem etwas abkaufen. 2) Eine Sache durch Geld hindern, sich
durch Geld von etwas befreyen. Eine Strafe abkaufen. Die Bürger haben
die Plünderung abgekauft, oder auch, haben sich von der Plünderung
abgekauft. Ich habe die Beschwerden von meinem Hause abgekauft. Man
verläßt oft die Welt aus Begierde alte Sünden abzukaufen, Zimmerm. So
auch die Abkaufung in beyden Bedeutungen.
Abkäufer (W3) [Adelung]
Der Abkäufer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, eine
Person, welche einem andern etwas abkauft, der Käufer, zum
Unterschiede von dem Verkäufer.
Abkäuflich (W3) [Adelung]
Abkäuflich, adv. vermittelst des Abkaufes, als ein Abkauf. Etwas
abkäuflich von jemanden erhalten.
Abkehlen (W3) [Adelung]
Abkehlen, verb. reg. act. 1) Die Kehle abstechen, bey den Fleischern.
Ein Kalb, einen Ochsen abkehlen. 2) Bey den Tischlern, mit den
gehörigen Kehlen versehen.
Abkehr (W3) [Adelung]
* Die Abkehr, plur. car. die Abneigung, ingleichen die Aufhebung der
Gemeinschaft mit einer Person oder Sache; ein seltenes Wort, für
Abkehrung. Die Abkehr von Gott, von der Sünde. Es ist besonders in
Niedersachsen für Widerwillen und Abscheu üblich, wo auch abkehrig,
abgeneigt, abwendig bedeutet.
Abkehren (W3) [Adelung]
Abkehren, verb. reg. Es ist 1) * ein Neutrum, welches das Hülfswort
seyn zu sich nimmt, sich entfernen, die Verbindung mit etwas aufheben;
eine Bedeutung, welche noch in den Bergwerken üblich ist, wo man von
einem Arbeiter, der nicht mehr an einem Orte arbeiten, oder von einem
Gewerken, der nicht mehr bauen will, saget: er kehret ab.2) Ein
Activum, und zwar, (a) von kehren, wenden, so viel als von etwas
wegwenden, in der eigentlichen und figürlichen Bedeutung. Sein Gesicht
von etwas abkehren. Eine Gefahr, ein Unglück abkehren, besser
abwenden. Sich von der Welt abkehren, alle Gemeinschaft mit ihr
aufheben. (b) Von kehren, bürsten, mit der Bürste oder dem Besen
wegschaffen. Den Staub von dem Kleide, von der Wand abkehren.
Ingleichen metonymisch, mit der Bürste reinigen. Den Hut, das Kleid,
die Wand abkehren. So auch die Abkehrung in allen obigen Bedeutungen,
besonders der figürlichen.
Abkeifen (W3) [Adelung]
+ Abkeifen, verb. irreg. act. S. Keifen. Einem etwas abkeifen, durch
Keifen oder Zanken von ihm erhalten.
Abkeltern (W3) [Adelung]
Abkeltern, verb. reg. act. 1) In der Kelter gehörig auspressen. Die
Beeren abkeltern. 2) Das Keltern des Weines zu Ende bringen; als ein
Neutrum. Wir haben bereits abgekeltert.
Abketteln (W3) [Adelung]
Abketteln, verb. reg. act. bey den Strumpfwirkern, die Maschen bey
dem Abnehmen mit der Kettelnadel gehörig befestigen.
Abkimmen (W3) [Adelung]
Abkimmen, verb. reg. act. bey den Böttchern, die Kimme einer Daube
abschneiden. S. Kimme. Daher die Abkimmung.
Abkippen (W3) [Adelung]
Abkippen, verb. reg. neutr. mit seyn, auf der Kippe stehend
abgleiten. Das Bret kippte ab.
Abklaffen (W3) [Adelung]
* Abklaffen, verb. reg. neutr. mit haben, ein nur in den
Oberdeutschen Mundarten übliches Zeitwort, für abstehen, in der
eigentlichsten Bedeutung. Die Thür klaffet ab, schließt nicht genau.
S. Klaffen.
Abklappen (W3) [Adelung]
Abklappen, verb. reg. act. eine Klappe, oder was ihr ähnlich ist,
niederlassen. Ingleichen metonymisch, einen Tisch abklappen.
Abklären (W3) [Adelung]
Abklären, verb. reg. act. gehörig klar machen. Dieses geschieht
theils, indem man das Klare eines flüssigen Körpers von dem Trüben
abgießt, den Kaffe, einen Liquor abklären; theils auch, wenn man die
Unreinigkeiten, welche das Klarwerden hindern, wegschaffet. So saget
man den Zucker abklären, d. i. abschäumen. Sich abklären, von dem
Himmel, besser aufklären. S. auch die Abklärung. Abklären bey den
Färbern, S. Abklören.
Abklatschen (W3) [Adelung]
+ Abklatschen, verb. reg. act. bey einigen Metallarbeitern, in Holz
geschnittene Formen in flüssiges Metall abdrücken, welches auch
abplanschen, noch besser aber abschlagen genannt wird, weil es
wirklich vermittelst eines Schlages geschieht.
Abklauben (W3) [Adelung]
Abklauben, verb. reg. act. mit den Fingern nach und nach abnehmen.
Den Kalk von der Mauer abklauben. Die verdorreten Blattern abklauben.
Ingleichen mit andern Werkzeugen. Das Fleisch von einem Knochen
abklauben, und einen Knochen abklauben, mit den Zähnen.
Abkleiden (W3) [Adelung]
Abkleiden, verb. reg. act. 1) + Die Kleider ablegen, auskleiden,
entkleiden. Sich abkleiden. 2) Mit einer Zwischenmauer oder einer
Scheidewand abtheilen. Ein Zimmer abkleiden. Kleid bedeutet in den
ältesten Mundarten alles, was die Härte der Witterung abhält, dasher
wird es auch in mehreren Fällen von Holzarbeiten gebraucht. So auch
Bekleiden.
Abkleidung (W3) [Adelung]
Die Abkleidung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abkleidens in
beyden Bedeutungen; ohne Plural. 2) Ein abgekleideter Platz, und die
Scheidewand selbst, wodurch ein Ort abgekleidet wird.
Abklemmen (W3) [Adelung]
Abklemmen, verb. reg. act. durch Klemmen absondern. Sich einen Finger
abklemmen. Daher die Abklemmung.
Abklopfen (W3) [Adelung]
Abklopfen, verb. reg. act. 1) Durch Klopfen wegbringen. Den Staub von
dem Hute abklopfen. Ingleichen durch Klopfen reinigen. Den Hut
abklopfen 2) Zur Gnüge klopfen oder schlagen. Eyer abklopfen. Und dann
auch im Scherze, einen abklopfen, ihn wacker ausprügeln. So auch die
Abklopfung.
Abklören (W3) [Adelung]
+ Abklören, verb reg act. ein Kunstwort der Färber, die Farbe aus
einer gefärbten Waare wieder heraus bringen, welches edler abziehen,
absieden genannt wird. Dieses Zeitwort kommt von dem Franz. Couleur,
und stammet vermuthlich aus Niedersachsen her, wo sich dieses
Französische Wort in mehrere Wörter eingeschlichen hat, z. B. Klöre,
die Farbe, verklören, die Farbe verlieren, verschießen.
Abklötzen (W3) [Adelung]
Abklötzen, verb reg. act. Einen Sägeblock abklötzen, an dessen
Stammende, so weit als der Kerb gehet, der bey dem Abhauen gemacht
worden, einen Klotz abhauen, damit der Block gerade werde.
Abknappen (W3) [Adelung]
+ Abknappen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, besonders in
Niedersachsen von knapp. 1) Eigentlich in kleinen Stücken abbrechen,
in welcher Bedeutung es aber nicht üblich ist, außer daß die Bergleute
davon das Frequentat. abknapsen haben, das Abschlagen eines Stückes
von dem Stufwerke damit anzudeuten. 2) Figürlich, unbilliger Weise
abziehen, abkürzen, abzwacken. Sich etwas abknappen, abdarben. Dem
Gesinde etwas an seinem Lohne abknappen. S. Knapp.
Abknattern (W3) [Adelung]
Abknattern, verb. reg. act. bis zu Ende knattern lassen, von
verschiedenen Metallen und Mineralien, welche so lange mit Kochsalz
über Kohlen geröstet werden, bis sie nicht mehr knattern oder
prasseln. Auch Abprasseln.
Abkneipen (W3) [Adelung]
Abkneipen, verb. irreg. act. S. Kneipen, mit den Fingern, den Nägeln
oder einer Zange, absondern, abzwicken. Ein Stück von einem Nagel mit
der Zange abkneipen. Bringt sie (die Tauben) dem Priester, der soll
die erste zum Sündopfer machen, und ihr den Kopf abkneipen hinter dem
Genicke, und nicht abbrechen, 3 Mos. 5, 8. So auch Kap. 1, 15. In den
niedrigen Sprecharten abknirpsen.
Abknicken (W3) [Adelung]
Abknicken, verb. reg. act. 1) Einknicken und abbrechen. 2) Bey den
Jägern, von Genick, das Genick abstechen, welches bey dem Rothwilde
mit dem Genickfänger, bey dem Geflügel aber mit einer Feder
geschiehet. Eben daselbst wird es auch als ein Neutrum von dem Wilde
gebraucht, wenn es im Jagen todt niederfällt.
Abknöpfen (W3) [Adelung]
Abknöpfen, verb. reg. act. aufknöpfen und herunter nehmen.
Abknüpfen (W3) [Adelung]
Abknüpfen, verb. reg. act. durch Auflösung eines Knotens, herab
nehmen. Ein Band, ein Seil abknüpfen. Einen Gehenkten wieder
abknüpfen.
Abkochen (W3) [Adelung]
Abkochen, verb. reg. act. 1) Zur Gnüge kochen, gar kochen. Einen
Fisch abkochen. Abgekochtes Wasser, ein abgekochter Trank. Besonders
gewisse Speisen zum künftigen Gebrauche kochen. Milch, Fleisch
abkochen. 2) Bey den Färbern auch so viel als absieden, welches S.
Abköhlen (W3) [Adelung]
* Abköhlen, verb. reg. act. in den Bergwerken, so viel als abhütten,
welches S.
Abkommen (W3) [Adelung]
Abkommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) mit dem Hülfsworte seyn.
1) Eigentlich von einem Orte oder einer Sache entfernet werden, doch
mit verschiedenen Nebenbegriffen. Von dem rechten Wege abkommen, sich
verirren. Ich konnte aus der Gesellschaft nicht abkommen, konnte oder
durfte sie nicht verlassen. Er kann ganz wohl abkommen, er wird durch
keine Geschäfte abgehalten zu kommen. + Er kann abkommen, man kann
seiner entbehren. Von seiner Rede, von seinem Vorhaben, von seinem
Zwecke abkommen, davon entfernet werden. Um kurz von der Sache
abzukommen, sie kurz zu endigen. Um von dem Menschen abzukommen, um
seiner los zu werden, nicht um des Menschen abzukommen. + Ich konnte
nicht wohlfeiler abkommen, aus der Sache kommen. 2) Figürlich, aus dem
Gebrauche kommen, sich aus dem Gebrauche verlieren, abgebracht werden.
Eine Gewohnheit abkommen lassen. Das ist bey uns ganz abgekommen. Ein
abgekommener Gebrauch.
Anm. Zu den im Hochdeutschen entweder gar nicht,
oder doch nur selten üblichen Bedeutungen dieses Zeitwortes, welche
aber in Oberdeutschland noch sehr gewöhnlich sind, gehören vornehmlich
folgende. (a) Herstammen; davon haben wir indessen noch die
Hauptwörter, der Abkömmling und die Abkunft. (b) Mit einem abkommen,
sich mit ihm vergleichen, S. den folgenden Artikel. (c) Von einem Amte
abkommen, dessen entsetzet werden. (d) Einer Sache abkommen, sie nach
und nach verlieren, darum kommen. Von dem Viehe abkommen. Ob wir sein
dadurch kommen ab, Theuerd. Kap. 66. ob wir dadurch seiner los werden
können. Was trauren wir denn viel, daß der und jener stirbt, Und kömmt
der Sorgen ab, Opitz. Eben diese Wortfügung hat auch Luther in seiner
Bibelübersetzung mit aufgenommen. (e) Am Verstande, an Kräften, an
Leibes-Gestalt abnehmen. Er kommt am Leibe ab, Steinb. Er kommt wegen
vieler Arbeit ab, ebend. Siehe, wie ich ab sey kommen, Wie mir alle
Kraft genommen, Opitz.
Abkommen (W3) [Adelung]
Das Abkommen, des -s, plur. car. bedeutet außer den Bedeutungen des
Verbi auch den Vergleich in einer streitigen Sache. Ein gütliches
Abkommen mit einem treffen. Ist denn kein Abkommen zu treffen? Diese
Bedeutung ist durch die Kanzelleyen aus Oberdeutschland zu uns
gekommen, wo das Verbum in dieser Bedeutung nicht ungewöhnlich ist.
Für das Abkommen in diesem Verstande findet man bey einigen auch wohl
die Abkommung.
Abkömmling (W3) [Adelung]
Der Abkömmling, des -es, plur. die -e, einer aus den Nachkommen einer
Person oder eines Geschlechtes, ein Substantiv, welches bey uns nach
und nach zu veralten scheint, so wie die ähnliche Bedeutung des
Zeitwortes schon veraltet ist.
Abkömmniß (W3) [Adelung]
+ Die Abkömmniß, plur. die -e, bey den Bergleuten, so viel als das
Abkommen, oder die Entfernung eines Trumms von dem Hauptgange, und ein
solcher abgekommener Trumm selbst. Die Bergleute verunstalten dieses
Wort, indem sie es gemeiniglich Abkenniß aussprechen. Komniß von
kommen ist in der Oberdeutschen Mundart auch noch in Überkomniß und
Vorkomniß üblich, welche beyde einen Vertrag bedeuten.
Abköpfen (W3) [Adelung]
Abköpfen, verb. reg. act. das Frequentat. von abkappen, abschneiden,
abhauen, welches einige Mundarten abkoppen aussprechen, oder auch von
Kopf, welches zuweilen einen jeden Gipfel bedeutet. Die Spitze einer
Sache abbrechen, besonders in der Landwirthschaft von Pflanzen; in
einigen Gegenden abküpfeln. Den Tabak abköpfen, die Gipfel an den
Stängeln abbrechen. Die Bäume abköpfen, welches an einigen Orten auch
abmutzen genannt wird, den ganzen Gipfel abhauen. Daher die Abköpfung.
Abköpfen für köpfen oder enthaupten, ist noch in Oberdeutschland
üblich.
Abkoppeln (W3) [Adelung]
Abkoppeln, verb. reg. act. von der Koppel los machen. Die Pferde, die
Jagdhunde abkoppeln.
Abkräften (W3) [Adelung]
* Abkräften, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen für
entkräften üblich ist.
Abkramen (W3) [Adelung]
+ Abkramen, verb. reg. act. nur im gemeinen Leben, für abräumen.
Abkrämpen (W3) [Adelung]
Abkrämpen, verb. reg. act. die Krämpe an einem Dinge niederlassen.
Den Hut abkrämpen.
Abkranken (W3) [Adelung]
* Abkranken, verb. reg. neutr. mit seyn, welches bey den Dichtern des
vorigen Jahrhunderts, und noch jetzt in Oberdeutschland nicht
ungewöhnlich ist, durch eine langwierige Krankheit entkräftet werden.
Der abgekrankte Leib, Gryph. S. Krank und Kranken.
Abkränken (W3) [Adelung]
+ Abkränken, verb. reg. act. et reciproc. durch Gram entkräften. Sich
abkränken. Das Herz ist mühsam abgekränket, Opitz. Kommt ihr
abgekränkte Herzen, Gryph. Ein höher Wesen stärkt den abgekränkten
Geist, Ebend.
Abkratzen (W3) [Adelung]
Abkratzen, verb. reg. act. durch Kratzen herunter bringen. Den
Salpeter von den Wänden abkratzen. Ingleichen durch Kratzen leer
machen, reinigen. Eine Wand abkratzen.
Abkrauten (W3) [Adelung]
Abkrauten, verb. reg. act. von dem Unkraute gehörig reinigen, bey den
Winzern, wo es auch nur krauten genannt wird. Einen Weinberg
abkrauten.
Abkriegen (W3) [Adelung]
+ Abkriegen, verb. reg. act. 1) Von kriegen, bekommen. (a) Herab
bringen. Ich kann es nicht abkriegen. (b) Zugleich mit andern
bekommen. Er kriegt von unsern Gütern nichts ab. (c) Figürlich, etwas
Nachtheiliges davon tragen, einen Verweis, eine Strafe bekommen, einen
Verlust leiden. Warte, für die kleine Bosheit mußt du eins abkriegen,
Weiße. Er ruhet nicht ehe, bis er etwas abkriegt, bis ihm etwas Übels
widerfähret. So wie das einfache kriegen in der guten Sprech- und
Schreibart veraltet ist, so gilt solches auch von dessen
Zusammensetzungen; außer daß abkriegen in der zweyten figürlichen
Bedeutung, noch zuweilen in der vertraulichen und scherzhaften Sprache
gehöret wird. 2) Von Krieg, bellum. Einem etwas abkriegen, es ihm im
Kriege entreißen; ganz ungewöhnlich.
Abkröschen (W3) [Adelung]
Abkröschen, verb. reg. act. bis zum Ende kröschen lassen. So kröschen
die Buchdrucker das Leinöhl ab, wenn sie es mit einem Stücke Brotes
sieden, und dadurch reinigen.
Abkühlen (W3) [Adelung]
Abkühlen, verb. reg. act. gehörig kühl oder kalt machen. Eisen in
Wasser, Stahl in Milch abkühlen, ablöschen, wenn beyde vorher glühend
gemacht worden. In den Schmelzhütten hat man so wohl Abkühltröge,
etwas darin abzukühlen, als auch Abkühlrinnen, Wasser auf das
verblickte Silber zu leiten, es abzukühlen. Sich abkühlen. Der Regen
kühlt die Luft ab. Die Weste kühlten sich an Silberbächen ab, Wiel.
Das Wetter kühlt sich ab, ist ein gemeiner Ausdruck des Landmannes,
wenn weit entfernte Blitze, deren Donner man nicht hören kann, einen
Wiederschein in den Wolken machen.
Abkühlfaß (W3) [Adelung]
Das Abkühlfaß, S. Kühlfaß.
Abkühlung (W3) [Adelung]
Die Abkühlung, plur. die -en, die Handlung des Abkühlens, und auch
wohl ein flüssiger Körper, womit etwas abgekühlet wird.
Abkümmern (W3) [Adelung]
+ Abkümmern, verb. reg. recipr. Sich abkümmern, sich durch Kummer
verzehren.
Abkündigen (W3) [Adelung]
Abkündigen, verb. reg. act. welches das Frequentat. von dem im
Hochdeutschen ungebräuchlichen abkünden ist. 1) Eigentlich, von einem
erhabenen Orte bekannt machen; besonders von der Kanzel. Einen
Verstorbenen abkündigen. Am häufigsten, die bevorstehende eheliche
Verbindung zweyer Personen von der Kanzel bekannt machen, welches in
Obersachsen gemeiniglich aufbiethen, in einigen Gegenden abbiethen, in
Oberdeutschland aber verkünden, sonst aber auch mit einem Lateinischen
Ausdrucke proclamiren genannt wird. 2) * In den Rechten sich von einer
Sache los sagen, auf dieselbe Verzicht leisten.
Abkündigung (W3) [Adelung]
Die Abkündigung, plur. die -en, 1) Die Bekanntmachung von einem
erhabenen Orte, besonders verlobter Personen; ein Kirchengebrauch,
welcher in Obersachsen auch das Aufgeboth, oder Aufboth, in manchen
Gegenden das Abgeboth, die Proclamation, in Oberdeutschland die
Verkündigung, im Jülichischen der Kirchenruf, und in Ostfriesland die
Kirchensprache genannt wird. Ehedem hieß er auch der Bann, wovon die
Abkündigung im Franz. noch jetzt Ban de mariage genannt wird. 2) * Die
Lossagung von einer Sache, die Verzicht auf dieselbe.
Abkunft (W3) [Adelung]
Die Abkunft, plur. car. 1) Die Abstammung, die Herkunft. Er ist von
guter Abkunft. Ein Mensch von schlechter Abkunft. Völker von deutscher
Abkunft. 2) Der Vergleich, das Abkommen. Eine Abkunft mit jemanden
treffen, sich mit ihm vergleichen. Beyde Bedeutungen sind von zwey im
Hochdeutschen veralteten Bedeutungen des Zeitwortes abkommen.
Abküpfeln (W3) [Adelung]
+ Abküpfeln, verb. irreg. act. welches das Diminutivum des folgenden,
und größten Theils nur in Franken üblich ist, wo es so viel als
beschneiden bedeutet, und vornehmlich von dem Beschneiden des Weines
gebraucht wird.
Abküpfen (W3) [Adelung]
Abküpfen, + Abküpfen, verb. reg. act. Intensiva von abkuppen, die
Spitze abschneiden. Ich will nur meine Feder erst abküpfen, Less.
Abkuppen (W3) [Adelung]
Abkuppen, verb. reg. act. an einigen Orten so viel als abkappen, d.
i. die Kuppe, oder Spitze von etwas abschneiden oder abbrechen.
Abkürzen (W3) [Adelung]
Abkürzen, verb. reg. act. 1) Eigentlich kürzer machen. Wörter
abkürzen, abbreviiren. Eine Predigt, eine Rede, eine Schrift abkürzen,
sie enger zusammen ziehen und dadurch kürzer machen. Sich das Leben
abkürzen. 2) Von etwas abziehen; am häu-figsten mit dem Nebenbegriffe
der unbilligen Verminderung. Einem etwas an der Bezahlung abkürzen.
Einem den Lohn abkürzen. Etwas seinem Leibe abkürzen. Die Alten
brauchten das einfache Kürzen in beyden Bedeutungen.
Abkürzung (W3) [Adelung]
Die Abkürzung, plur. die -en, die Handlung des Abkürzens; ingleichen
eine abgekürzte Sache, besonders ein abgekürztes Wort, eine
Abbreviatur. Jemanden ohne Abkürzung bezahlen, ohne ihm etwas
abzuziehen.
Ablachen (W3) [Adelung]
+ Ablachen, verb. reg. recipr. sich ablachen, bis zur Ermattung
lachen.
Ablactiren (W3) [Adelung]
+ Ablactiren, verb. reg. act. ein aus dem Lateinischen ablactare
entlehntes Kunstwort der Gärtner, eine Art des Pfropfens, einen Zweig
ohne ihn abzuschneiden, auf einen andern Stamm pfropfen, welches auch
absäugeln und absäugen genannt wird, welches S.
Abladen (W3) [Adelung]
Abladen, verb. irreg. act. ( S. Laden,) eine aufgeladene Last
herunter heben. Die Fracht, das Holz, Steine abladen, sie von dem
Wagen heben. Ingleichen von einer aufgeladenen Last befreyen. Den
Wagen, einen Esel abladen. Daher die Abladung.
Ablader (W3) [Adelung]
Der Ablader, des -s, plur. ut nom. singul. ein Arbeiter, der sich in
den Städten zum Abladen der Waaren und Güter gebrauchen läßt, und auch
Auflader genannt wird; an einigen Orten Wagenlader, Schröter, in
Hamburg Litzenbrüder, in Böhmen Baumträger und Maskupträger, in Zürich
und Strasburg Spänner u. s. f. Der im gemeinen Leben übliche Plural
Abläder, mit der Umendung des a in ä, ist ein Überbleibsel der
ehemahligen irregulären Conjugation des Verbi, ich lade, du lädst, er
lädt. Da man es jetzt regulär gebraucht, so bleibt auch in den
Abgeleiteten die Form billig regulär.
Ablage (W3) [Adelung]
Die Ablage, plur. die -n, 1) Die Handlung des Ablegens, ohne Plural,
und das was abgelegt wird. Besonders in den Rechten, eine Handlung
zwischen Ältern und Kindern, da jene diese durch eine Aussteuer von
aller künftigen Erbschaft auschließen; da denn auch wohl das, was
Kinder auf diese Art bekommen, die Ablage genannt wird. Die Abtheilung
ist davon noch verschieden. S. Ablegen. 2) Im Forstwesen, ein Ort am
Wasser, wo man die Bäume, welche abgeflößet werden sollen,
niederleget. 3) * Die Ablage, von Lage, die Entfernung; im
Hochdeutschen ungewöhnlich.
Ablager (W3) [Adelung]
* Das Ablager, des -s, plur. die -läger, bedeutete ehedem, 1) ein
jedes Einkehren auf der Reise, und der Ort, wo solches geschahe. Daher
sagte man, ein Ablager halten, sein Ablager an einem Orte nehmen, wenn
Reisende, besonders vornehme Personen, die mit einem großen Gefolge
reisen, an einem Orte einkehren. 2) Besonders das Recht, welches ein
Schutz und Landesherr hat, in den Klöstern und bey seinen Vasallen und
Schutzverwandten einzukehren, und sich von ihnen verpflegen zu lassen;
ein Recht, welches auch die Ausspann, die Atz, die Atzung, das
Atzungsrecht, und im barbarischen Latein Albergaria genannt wird. S.
Abliegen, ingleichen Haltaus v. Ablager und Lager.
Abländen (W3) [Adelung]
Abländen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, in der Seefahrt,
vom Lande abfahren, im Gegensatze des Anländens. Daher die Abländung.
Ablang (W3) [Adelung]
+ Ablang, adj. et. adv. länglich, was mehr Länge als Breite hat. Es
scheinet, daß dieses Wort erst in den neuern Zeiten, aus dem
Lateinischen oblongus gebildet worden, daher es auch nicht überall
aufgenommen ist. Eine ablange Vierung. Logau gebrauchte schon ablangs
rund, und eine ablange Kundung, für ein Oval, sagte I. C. Sturm um
1670.
Ablangen (W3) [Adelung]
+ Ablangen, verb. reg. act. im gemeinen Leben. 1) Mit ausgestrecktem
Arme erlangen. Es stehet zu weit, ich kann es nicht
ablangen, kann nicht bis dahin langen. 2) Mit ausgestrecktem Arme
herab langen oder hohlen, und dann auch überhaupt so viel als
abhohlen. Einen Brief ablangen. - Aus Rache fiel mir ein, Ein
überflüssiges Huhn zu Zeiten abzulangen, sind Worte des Fuchses beym
Hagedorn. S. Langen, reichen.
Ablängen (W3) [Adelung]
Ablängen, verb. reg. act. 1) In den Bergwerken, in die Länge graben
oder bauen. Eine Strecke ablängen. 2) Bey den Zimmerleuten, nach der
gehörigen Länge abhauen oder abschneiden. Einen Stamm zu einer Röhre
ablängen.
Ablaschen (W3) [Adelung]
Ablaschen, verb. reg. act. im Forstwesen, einen Weg durch einen Wald
an den Bäumen bezeichnen; weil es durch Laschen geschiehet. S. dieses
Wort.
Ablaß (W3) [Adelung]
Der Ablaß, des -sses, plur. -ässe. 1) Die Handlung des Ablassens
eines flüssigen Körpers; ohne Plural. Der Ablaß eines Teiches. + Ohne
Ablaß, besser ohne abzulassen, oder unablässig. 2) Der Ort, durch
welchen das Wasser abgelassen wird, im Gegensatze des Einlasses. 3) In
der Römischen Kirche eigentlich die Erlassung oder Milderung der
kirchlichen Strafe der Sünde, Indulgenz; ob es gleich auch sehr häufig
von der Vergebung der Sünde selbst gebraucht worden, und zum Theil
noch jetzt gebraucht wird. Ablaß geben, ertheilen, bekommen, predigen.
Daher der Ablaßbrief, diejenige Urkunde, worin dieser Ablaß ertheilet
wird; der Ablaßprediger, der den Ablaß bey feyerlichen Gelegenheiten
öffentlich verkündiget; das Ablaßjahr, ein Jubeljahr, dessen Feuer in
Rom mit vorzüglichem Ablasse versehen ist; die Ablaßkirche, eine
Kirche, welche mit vorzüglichem Ablasse versehen ist; der Ablaßkram,
der unerlaubte Handel mit dem Ablasse; der Ablaßkrämer, der ihn
treibt; die Ablaßwoche, die Frohnleichnamswoche, u. s. f. 4) Weil in
der Römischen Kirche gewisse Tage, z. B. die Kirchweihe mit
vorzüglichen Ablässen versehen sind, so werden an verschiedenen Orten
auch die an solchen Tagen angestellten weltlichen Feyerlichkeiten
Ablaß genannt. So heißt z. B. zu Grünstadt in Thüringen der Jahrmarkt
der Ablaß, und auf vielen Dörfern werden die ländlichen Feste, welche
nach der Ernte und gemeiniglich bey der Kirchweihe angestellet werden,
auch Ablässe genannt.
Anm. Ablaß von der Vergebung der Sünde gebraucht,
ist ein altes Wort, welches bey unsern ältesten Schriftstellern
vorkommt. Ablazi, Ottfr. Dar du mir ablaz hebest, in tempore
misericordiae, Notk. Ps. 118, 149. Goth. Ableta und Schwed. Ablata.
Antlaß, gleichsam Entlaß, bedeutet in der Alemannischen Mundart eben
dasselbe. Antlaz, Kero; Antlaz sunton, Vergebung der Sünden, Notk. ein
Wort, welches noch jetzt in Oberdeutschland üblich ist, wo der
Frohnleichnamstag auch der Antlaßtag, die Woche, worein derselbe
fällt, die Antlaßwoche, und der grüne Donnerstag der Antlaßpfingsttag
genannt wird; weil diese Zeiten vorzüglich mit Ablaß versehen sind.
Ablassen (W3) [Adelung]
Ablassen, verb. irreg. S. Lassen, welches in seinen meisten
Bedeutungen elliptisch ist, und ein anderes ausgelassenes Zeitwort
voraus setzet. Es ist aberI. Ein Activum, und bedeutet alsdann
überhaupt, einen Körper seiner natürlichen Bewegung überlassen.
Besonders, 1) was zurück gehalten war, seiner Schnellkraft überlassen.
Den gespannten Bogen ablassen. Ein Schloß ablassen, dessen Feder
abgehen lassen, im gemeinen Leben, es abschnappen. Ein Schiff
ablassen, es vom Stapel laufen lassen. Einen Teich, einen Fluß
ablassen, das Wasser in demselben abfließen lassen. Ein Faß Wein, (den
Wein im Fasse,) ablassen, abzapfen. Den Ofen ablassen, in den
Schmelzhütten, das flüssige Metall aus demselben abfließen lassen,
welches auch abstechen genannt wird. 2) Je-manden eine Sache ablassen,
abtreten, sie ihm überlassen. 3) Abschicken, absenden. Einen Brief,
ein Schreiben an jemanden ablassen, erlassen. Er hat versprochen,
einige Zeilen an mich abzulassen. 4) Etwas am Preise ablassen,
nachlassen, eine Verminderung des geforderten Preises bewilligen. Ich
kann von den zehn Thalern nichts ablassen. 5) Die Sohlen ablassen, bey
den Schustern, bedeutet so viel, als sie am Rande abhängig schneiden,
dünner machen, welches vermittelst eines gegen die Spitze des Messers
gehaltenen Hornes geschiehet, welches daher das Ablaßhorn genannt
wird.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich nimmt,
aufhören etwas zu thun, Gemeinschaft damit zu haben, darnach zu
streben, eine Sache nicht weiter fortsetzen; doch nur mit einem
Substantive und der Präposition von. Von der Arbeit ablassen. Vom
Bösen ablassen. Von seinem Vorsatze, von einem Prozesse ablassen. Von
einer Person ablassen, die Liebe zu ihr fahren lassen. Sind sie denn
nicht selbst Schuld, daß er von ihr ablässet? Gell. Von einem
ablassen, so wohl ihm seine Hülfe versagen, als auch aufhören, ihn zu
strafen, kommt in Luthers Bibelübersetzung zwar oft, außerdem aber
fast gar nicht mehr vor. Eben so unangenehm klingen im Hochdeutschen
die Oberdeutschen R. A. ablassen zu zürnen, zu weinen, zu bauen u. s.
f. für aufhören. Überhaupt fängt es in dieser ganzen neutralen
Bedeutung an zu veralten, und wird daher nur noch am häufigsten im
gemeinen Leben und in der biblischen Schreibart gebraucht. Daher die
Ablassung in allen obigen Bedeutungen, besonders des Activi.
Anm.
Ablassen, war in der vierten thätigen Bedeutung ehedem von weiterm
Umfange, wie man aus einigen Beyspielen beym Haltaus h. v. sehen kann.
Und von dieser Bedeutung kommt vermuthlich auch das Hauptwort Ablaß in
der kirchlichen Bedeutung her.
Ablativ (W3) [Adelung]
Der Ablativ, des -es, die -e, aus dem Lat. Ablativus, die sechste
Endung in der Declination der Nennwörter der Lateinischen Sprache;
dagegen die Deutschen deren nur vier haben. Die von einigen
Sprachlehrern versuchten Deutschen Nahmen Nehmendung und Nehmfall sind
bloße buchstäbliche Übersetzungen des Lateinischen, welche den Begriff
keines Weges erschöpfen; also als Kunstwörter fehlerhaft sind.
Ab-latten (W3) [Adelung]
Ab-latten, verb. reg. act. der Latten berauben. Ein Dach ablatten,
die Latten davon abbrechen.
Ablauben (W3) [Adelung]
Ablauben, verb. reg. act. von Laub, des Laubes berauben. Einen Baum,
einen Ast ablauben.
Ablauern (W3) [Adelung]
Ablauern, nicht Ablauren, verb. reg. act. durch Lauern ersehen,
erhalten, in verächtlichem Verstande, wofür man in der vertraulichen
Sprechart ablauschen sagt. Eine Gelegenheit, einen Vortheil ablauern.
Einem etwas ablauern, es ihm heimlich absehen. Einem einen Kunstgriff
ablauern.
Ablauf (W3) [Adelung]
Der Ablauf, des -es, plur. die -läufe, von dem folgenden, ob es
gleich nicht in allen Bedeutungen desselben üblich ist. 1) Die
Handlung des Ablaufens, in den eigentlichen Bedeutungen des Verbi, so
fern es ein Neutrum ist; ohne Plural. Der Ablauf des Meeres, die Ebbe.
Das Wasser muß seinen Ablauf haben. Der Ablauf der Post, eines Briefes
u. s. f. der Abgang. 2) Das Ende einer gewissen bestimmten Zeit; doch
am häufigsten nur mit gewissen Vorwörtern ohne Artikel, und ohne
Plural. Von Ablauf des Jahres. Mit Ablauf des Monathes, der Woche, des
Winters, u. s. f. Der Ablauf eines Wechsels, dessen Verfallzeit. 3)
Der Ort, durch welchen das Wasser abläuft. Der Ablauf eines Teiches,
welcher auch wohl ein Teichfenster heißt. 4) Bey verschiedenen
Künstlern die unmerkliche Vereinigung zweyer ungleicher Flächen
vermittelst einer
eingebogenen, und diese letztere Fläche selbst. So ist in der Baukunst
Ablauf ein Glied, welches aus einem eingebogenen Viertel-Zirkel
besteht, und ein vorspringendes oberes Glied mit dem untern verbindet,
zum Unterschiede von dem Anlaufe.
Ablaufen (W3) [Adelung]
Ablaufen, verb. irreg. S. Laufen, welches theils als ein Neutrum,
theils aber auch als ein Activum üblich ist.I. Als ein Neutrum,
welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird.1) Von einem höhern
Orte laufen und sich entfernen. (a) Eigentlich. Die Dächer müssen
abhängig seyn, damit das Wasser ablaufen könne. Die Fluth läuft ab,
und ruft mich von dem Lande, Dusch. Ein Schiff ablaufen lassen, es von
dem Stapel laufen lassen. Die Fläche läuft allmählich ab, senkt sich.
(b) Von vorragenden Flächen, wenn sie sich unmerklich niederwärts oder
zurück ziehen. So ist bey den Tischlern und andern Holzarbeitern
ablaufen lassen, so viel als die obere vorragende Fläche vermittelst
eines Viertel-Zirkels mit der untern vereinigen, S. Ablauf. (c) Auf
dem Fechtboden bezeichnet die R. A. seinen Gegner ablaufen lassen,
eine Art zu pariren, da man dessen Klinge an der seinigen fruchtlos
hinab gleiten lässet. Hiervon ist auch die figürliche R. A.
entstanden, einen ablaufen lassen, d. i. seine Beleidigung verächtlich
abweisen. (d) Sich schnell von einem Orte entfernen, wie abgehen. Die
Post wird bald ablaufen, abfahren, abgehen. Einen Brief ablaufen
lassen, fortschicken.2) Völlig zu Ende laufen, und daher aufhören. a)
In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Die Uhr ist abgelaufen, die
Schnur, woran die Gewichte hängen, ist abgewickelt und zu Ende. Die
Spulen sind abgelaufen, bey den Webern. b) Figürlich, von der Zeit, zu
Ende gehen. Bis die Zeit der Prüfung abgelaufen seyn wird, Mosh. Seine
Jahre mit Schrecken ablaufen sehen. Der Wechsel ist noch nicht
abgelaufen, noch nicht verfallen. Ein abgelaufener Wechsel. c) Sich
endigen, mit Bemerkung der Art und Weise. Die Sache ist wohl, übel,
nach Wunsch abgelaufen. Wir wollen sehen, wie der Krieg, das Vorhaben,
der Anschlag u. s. f. ablaufen wird. Die Person, und zuweilen auch die
Sache bekommen mit. Wie wird es noch mit mir ablaufen. Es mag mit uns
ablaufen, wie es will.II. Als ein Activum.1) Durch Laufen, oder
schnelles Bewegen abnutzen. Sich die Sohlen, die Schuhe ablaufen. Sich
bald die Füße ablaufen. Der Mühlstein hat sich ganz abgelaufen, ist
stumpf geworden. Sich die Hörner ablaufen, oder auch die Hörner
ablaufen, figürlich im gemeinen Leben, seinen Ungestüm durch Schaden
verlieren, durch Erfahrung klüger werden. + Das habe ich längst an den
Schuhen abgelaufen, das weiß ich schon von meiner Kindheit an. + Sich
ablaufen, bis zur Ermattung laufen.2) Im Besitze eines Dinges durch
Laufen zuvor kommen, mit dem Dative der Person; besonders in
Wettläufen und Rennspielen. Einem den Preis, das Kleinod ablaufen. Und
dann auch figürlich, einem durch Hurtigkeit oder List in einer Sache
zuvor kommen. Einem den Weg ablaufen. Er hat mir den Rang, den
Vortheil abgelaufen. Er wird ihm nicht viel ablaufen. Einem kleine
Ränke ablaufen, sie durch Gegenränke vereiteln.3) Von einem Orte
wegschaffen, besonders in den Bergwerken, wo das Erz ablaufen, die
Fortbringung nach den Förderschächten bezeichnet; weil laufen daselbst
überhaupt so viel bedeutet, als mit dem Karren fortschaffen.4) Durch
Laufen erreichen. + Man kann es mit dem nassen Finger ablaufen, im
Scherze, es ist sehr nahe.
Abläufer (W3) [Adelung]
Der Abläufer, des -s, plur. ut. nom. sing. was abläuft und abgelaufen
ist, besonders, 1) bey den Tuchmachern, die abgelaufen und also leer
gewordenen großen Spulen. 2) Bey den Webern, ein Fehler, der daraus
entstehet, wenn sie die Fäden unrecht in das Sieb, oder aus einem
Gange in den andern ziehen.
Ablaugen (W3) [Adelung]
Ablaugen, verb. reg. act. bey den Färbern, die Lauge aus dem Garne
heraus waschen. Daher die Ablaugung.
Ablauren (W3) [Adelung]
Ablauren, S. Ablauern.
Ablauschen (W3) [Adelung]
Ablauschen, verb. reg. act. in der vertraulichen Sprechart, durch
Lauschen ersehen, erhalten. Der Beyfall, den er uns abgelauschet hat,
Less. S. Ablauern.
Abläutern (W3) [Adelung]
Abläutern, verb. reg. act. einen flüssigen oder flüssig gemachten
Körper völlig lauter oder klar machen, es geschehe nun, durch einen
Zuschlag, oder durch Abschäumen, oder durch das Setzen lassen, oder
auf andere Art. Ein Metall abläutern. Zucker abläutern. Ein
abgeläuterter Wein. In den Bergwerken wird abläutern so wohl von dem
Waschen der Erze, als auch von dem Durchrädern derselben in Wasser
gesagt. Das letzte geschiehet in dem Abläuterfasse; das erste aber
vermittelst der Abläuterkiste, von den Abläuterjungen. Daher die
Abläuterung.
Ableben (W3) [Adelung]
Das Ableben, des -s, plur. car. eigentlich der Infinitiv des veralteten Verbi ableben für sterben, doch so, daß das Unangenehme und Widrige, was man gemeiniglich mit dem Worte Tod verbindet, durch diesen Ausdruck gemildert wird. Nach meinem Ableben. Nach meines Vaters Ableben.
Anm. Ableben, in Oberdeutschland ableiben, kommt zunächst von Lyb, das Leben, nicht aber von Leib, corpus, her. Es war ehedem sehr gebräuchlich für sterben, ist aber außer dem aus dem Infinitive gemachten Hauptworte und dem Partic. Pass. abgelebt, wenigstens im Hochdeutschen nicht mehr üblich, obgleich Frisch das Zeitwort ableben, noch in der Bedeutung des Überlebens und des Erlebens anführet. Eben so ungebräuchlich ist das Oberdeutsche ableibig werden, und das alte Niedersächsische aflivig werden, für sterben. Im Suidas - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .
Ablecken (W3) [Adelung]
Ablecken, verb. reg. act. durch Lecken wegschaffen. Den Zucker
ablecken. Ingleichen mit der Zunge reinigen. Den Teller, die Finger
ablecken.
Abledern (W3) [Adelung]
+ Abledern, verb. reg. act. nur in den niedrigen Sprecharten. 1) Die
Haut, das Leder abziehen, wie abdecken. 2) Derb abprügeln:
Ableeren (W3) [Adelung]
Ableeren, verb. reg. act. abräumen und leer machen. Ein Bret, den
Tisch ableeren. Daher die Ableerung.
Ablegen (W3) [Adelung]
Ablegen, verb. reg. welches sowohl in der thätigen, als in der Mittelgattung üblich ist.
I. Das Activum bedeutet,
1. Herab legen, von einem höhern Orte legen, nur in einigen Fällen. So sagt man, ein Geschütz ablegen, es von den Laveten legen.
2. Aus einander legen, auch in einigen Fällen. Die Schriften ablegen, oder ablegen schlechthin, in den Buchdruckereyen, sie aus einander nehmen, und wieder in ihre Kästen legen.
3. Von sich weglegen, eine Bedeutung von weitem Umfange.
a) Eigentlich, in vielen Fällen. Die Kleider, die Schuhe, den Mantel, den Degen, den Hut, die Trauer ablegen; im Gegensatze des Anlegen. Legen sie ab, eine höfliche Einladung, den Hut und andere entbehrliche Kleidungsstücke von sich wegzulegen. Eine Last ablegen. Den Skat ablegen, im Tarok-Spiele, die überflüssigen Karten von sich legen. Den Skis ablegen, eben daselbst, ihn von sich legen, und dafür ein anderes Blatt nehmen.
(b) Figürlich mit allerley Nebenbedeutungen und Figuren.
(1) Sich einer lästigen Sache entledigen; nur in einigen Fällen. Eine Schuld ablegen, ein Capital ablegen, es bezahlen. Hierher gehöret auch die in den Rechten übliche Bedeutung, wo ein Kind ablegen, so viel ist, als es in Ansehung der künftigen Erbschaft abfinden, so daß es keinen Anspruch mehr daran hat. S. auch Abfinden und Abtheilen. * Einen Erben ablegen, ihn abfinden, befriedigen. Aus einigen beym Haltaus v. Ablegen angeführten Beyspielen erhellet, daß dieses Zeitwort ehedem in mehrern Fällen in der Bedeutung des Bezahlens gebraucht worden.
(2) Bezahlen und seiner Dienste entlassen. So sagt man im Bergbaue, dem Forstwesen u. s. f. die Arbeiter ablegen, sie ihrer Arbeit entlassen; im Gegensatze des Anlegens.
(3) Sich eines Geschäftes entledigen, in vielen einzelnen Fällen. Eine Rede, eine Predigt ablegen, wofür man doch lieber halten sagt. Einen Gruß von jemanden ablegen, überbringen. Ein Bekenntniß, ein Zeugniß, eine Probe, einen Besuch ablegen. Eine Rechnung ablegen, Rechnung thun. Einen Eid ablegen. + Seine Pflicht, seine Schuldigkeit ablegen, besser thun.
(4) Kleidungsstücke oder ähnliche zum täglichen Gebrauche bestimmte Dinge auf immer von sich weglegen, in einigen Gegenden absetzen. Ein Kleid, ein Paar Schuhe ablegen, sie als minder brauchbar nicht mehr tragen wollen. Ein abgelegtes Kleid. + Die Kinderschuhe ablegen, die Kinderjahre verlassen. Die Sterblichkeit ablegen, sterben.
(5) Sich nachtheiliger oder tadelhafter Dinge entwöhnen. Sorgen, Thorheiten, Laster, eine Gewohnheit ablegen. Legen sie doch die Vorurtheile des Pöbels ab. Die Furcht, den Neid ablegen.
(6) Durch Legen und Entfernen von dem Mutterstamme fortpflanzen, im Gartenbaue. Baumreiser, Pflanzen, Nelken ablegen, einen Zweig davon umbiegen und mit Erde beschütten, damit er Wurzel schlage, und zu einer eigenen Pflanze werde; welches man auch absenken, senken, legen, einlegen nennet. S. Ableger. In den neuern Zeiten hat man auch angefangen, auf ähnliche Art Bienenstöcke abzulegen.
4) + Etwas mit einem andern ablegen, heimlich verabreden, im gemeinen Leben. Ein abgelegter Handel. S. auch Abkarten.
II. Das Neutrum, mit dem Hülfsworte haben.
1) Entbunden werden. Besonders gebraucht man es in Niedersachsen von dem Kalben der Kühe. Sie hat abgelegt, sagt man auch wohl aus Beachtung von einer unverheiratheten Person, wenn sie heimlich entbunden werden.
2) In der Schifffahrt bedeutet, mit dem Schiffe ablegen, so viel als vom Lande absegeln, sich aus dem Hafen auf die Rhede legen, so wie anlegen, sich dem Lande nähern.
3) + Das Gesicht legt ihm ab, die Kräfte legen ihm ab, verlassen ihn, im gemeinen Leben. + Er legt sehr ab, nimmt an Gestalt und Kräften ab.
4) + Einem ablegen, dessen Partey verlassen, ingleichen ihm Unrecht geben. + Er wird ihm niemahls ablegen, wird nie etwas auf ihn kommen lassen. + Der Ungerechtigkeit ablegen, Raben entsagen. + Er legt niemanden ab, stimmt einem jeden bey. Daher das Ablegen und die Ablegung, letzteres in den eigentlichen Bedeutungen des Activi. S. auch Ablage.
Ableger (W3) [Adelung]
Der Ableger, des -s, plur. ut. nom. sing. eigentlich im Gartenbaue,
derjenige Zweig einer Pflanze oder eines Baumes, welcher zur künftigen
Fortpflanzung abgeleget worden; ein Senker, Absenker. Ingleichen ein
abgelegter Bienenstock. Im Tarok-Spiele heißt der Skis zuweilen auch
der Ableger, weil er abgeleget wird.
Ablehnen (W3) [Adelung]
Ablehnen, mit dem hohen e, verb. reg. act. als ein Darlehn von
jemanden bekommen. Einem Geld, ein Pferd, ein Buchu. s. f. ablehnen.
In der höhern Schreibart ableihen. Daher die Ablehnung. S. auch
Ableihen.
Ablehnen (W3) [Adelung]
Ablehnen, (mit dem tiefen e, verb. reg. act. 1) Eigentlich, einen
Körper von einem Orte weglehnen. Das Bret von der Wand ablehnen. 2)
Figürlich, mit Glimpf von sich abwenden. Einen Verdacht von sich
ablehnen. Einwürfe ablehnen, entkräften. Einen Antrag, eine
Gevatterschaft, eine Ehre ablehnen, auf eine glimpfliche Art
ausschlagen. In den Kanzelleyen ist davon das Beywort unablehnlich
üblich, für unwiderleglich. In Oberdeutschland wird dieses Zeitwort
ableinen gesprochen und zuweilen auch geschrieben, und an andern Orten
findet man auch ablenden dafür: Wann dann es Gott beliebt, die Stäbe
zu verwenden, Kein Rathschalg noch Gewalt vermag es abzulenden, Opitz.
Welches aber auch von lenken hergeleitet werden kann, S. Haltaus v.
Lenden. Das Hauptwort die Ablehnung ist am meisten in der figürlichen
Bedeutung üblich.
Ableibig (W3) [Adelung]
Ableibig, adv. S. Ableben die Anm.
Ableihen (W3) [Adelung]
Ableihen, verb. irreg. act. S. Leihen, so viel als ablehnen, als ein
Darlehn erhalten, in der höhern Schreibart. Einem eine Summe Geldes,
ein Buch, ein Pferd ableihen. So auch die Ableihung.
Anm. Ablehnen und
ableihen, sind so wie die einfachen lehnen und leihen bloß in der
Mundart unterschieden, indem jenes mehr Nieder-dieses aber mehr
Oberdeutsch ist. Man hält daher auch ableihen für edler und
anständiger als ablehnen, weil es durch den allgemeinen Gebrauch im
Hochdeutschen nicht so verunedelt worden, als das letztere.
Ableiten (W3) [Adelung]
Ableiten, verb. reg. act. 1) Eigentlich, von einem Ort hinab
wegleiten; am häufigsten von flüssigen Körpern. Das Wasser ableiten.
Einen Fluß, einen Teich, einen See ableiten, den Blitz ableiten. 2)
Figürlich. (a) Durch Bewegungsgründe von etwas abbringen. Jemanden von
dem rechten Wege ableiten. Einen von seinem Vorhaben, von der Tugend
ableiten. (b) Herleiten, die Abstammung von etwas behaupten. Ein
Geschlecht von Carln dem Großen ableiten. Ein Wort aus dem
Griechischen, von einem andern ableiten, dessen Abstammung darthun.
Ingleichen, ein Wort durch Veränderung, oder Beyfügung einer Sylbe
(welche daher die Ableitungssylbe heißt,) aus einem andern bilden. So
ist z. B. günstig ein abgeleitetes Wort von Gunst, und ig die
Ableitungssylbe. Daher die Ableitung in allen obigen Bedeutungen.
Ableiter (W3) [Adelung]
Der Ableiter, des -s, plur. ut nomin. sing. ein Werkzeug, eine
Anstalt, den Blitz von einem Gebäude abzuleiten; der Blitzableiter.
Ablenden (W3) [Adelung]
* Ablenden, S. Ablehnen.
Ablenken (W3) [Adelung]
Ablenken, verb. reg. act. 1) Von einer Sache weglenken, in
eigentlicher Bedeutung. Die Pferde von dem Wege ablenken, 2)
Figürlich. (a) Das Gespräch von etwas ablenken, von einem Gegenstande
weglenken. (b) Wie ablehnen in der figürlichen Bedeutung. Einen
Verdacht von sich ablenken, Less. Daher die Ablenkung.
Ablernen (W3) [Adelung]
Ablernen, verb. reg. act. durch Zeichen oder Beobachten von einem
andern erlernen. Einem eine Kunst, einen Handgriff ablernen. Die Luft,
vom Wahn mich zu entfernen,Und deinem Flaccus abzulernen, Wie man
durch ächten Witz gefällt, Haged.
Ablerschen (W3) [Adelung]
Ablerschen, S. Ablörschen.
Ablesen (W3) [Adelung]
Ablesen, verb. irreg. act. S. Lesen.1) Von lesen, colligere, einzeln
herab oder wegnehmen. Die Blüthen von den Baume, die Steine von dem
Acker ablesen. Die Weintrauben, die Raupen ablesen. Ingleichen durch
ein solches Ablesen reinigen. Einen Acker ablesen., die Steine auf
demselben; einen Weinberg ablesen, die Weintrauben in demselben
abbrechen und einsammeln; ingleichen, einen Baum ablesen, die Raupen,
Blüthen u. f. f. auf demselben einzeln abnehmen.2) Von lesen, legere,
etwas Geschriebenes oder Gedrucktes laut oder öffentlich herlesen.
Einen Brief, einen obrigkeitlichen Befehl ablesen. Jemanden ablesen,
dessen Nahmen herlesen. Daher die Ablesung, besonders in der letzten
Bedeutung.
Ableser (W3) [Adelung]
Der Ableser, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, der oder
die das Ablesen besonders der Weintrauben verrichtet; der Leser.
Ablieben (W3) [Adelung]
+ Ablieben, verb. reg. act. ein Kunstwort der Jäger. Einen Leithund
ablieben, einen Hund, den man abrichten will, unter allerley
Liebkosungen von der Fährte abrufen, damit er solche wieder finden
lerne. Ingleichen ihn zur Belehrung gehörig liebkosen.
Anm. Die letzte
Hälfte dieses Wortes ist wohl nicht das Zeitwort lieben, amare,
sondern das veraltete Kleiben, Angels. clypian, rufen, dessen
Stammwort noch in der Wallisischen Sprache übrig ist, wo Clef, die
Stimme bedeutet. Ablieben würde also abrufen bedeuten, so wie zulieben
2. Sam. 22, 42. nach Luthers Übersetzung, zurufen bedeutet. S. auch
Klaffen. Ablieben, für abschmeicheln, durch Liebkosungen von einem
erhalten, welches bey dem Logau vorkommt, ist von lieben, amare, wird
aber von ihm nur im Scherze gebraucht.
Abliefern (W3) [Adelung]
Abliefern, verb. reg. act. 1) In eines andern Gewahrsame liefern.
Getreide, Soldaten, Geld, einen Gefangenen abliefern. 2) Gehörig oder
völlig liefern. Die Bauern haben das ausgeschriebene Getreide noch
nicht abgeliefert. Daher die Ablieferung, so wohl die Handlung des
Ablieferns, als auch was geliefert wird.
Abliegen (W3) [Adelung]
Abliegen, verb. irreg. act. S. Liegen. Es ist 1. Ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte seyn, entfernt liegen, welches aber nur zuweilen im
gemeinen Leben gehört wird. Üblicher und edler ist das Particip.
abgelegen, S. dasselbe. 2. Ein Activum. (a) Durch Liegen absondern, im
Liegen abdrücken. Das Pferd hat sich die Haare abgelegen. (b) Durch
Liegen, d. i. im Gefängnisse, büßen oder bezahlen. Eine Schuld im
Gefängnisse abliegen, wofür man doch lieber absitzen sagt. (c) Zur
Genüge liegen. So sagt man, das Bier, der Wein muß erst abliegen, ehe
man ihn trinken kann. Ein abgelegenes Bier. (d) + Sich abliegen, durch
langes Liegen entkräften, ist niedrig.
Anm. Abliegen bedeutete ehedem
auch so viel, als auf der Reise an einem Orte einkehren, so wie man
jetzt absteigen in dieser Bedeutung gebraucht. Und davon ist noch das
Hauptwort Ablager übrig, welches S.
Ablisten (W3) [Adelung]
Ablisten, verb. reg. act. Einem etwas ablisten, es durch List von ihm
erhalten. Daher die Ablistung.
Abloben (W3) [Adelung]
+ Abloben, verb. reg. act. geloben, etwas zu unterlassen. Das Fluchen
abloben.
Ablocken (W3) [Adelung]
Ablocken, verb. reg. act. 1) Eigentlich, von einem anderen zu sich
locken. Einem einen Hund, die Tauben ablocken. 2) Figürlich. (a) Durch
List oder Schmeicheley von jemanden erhalten. Einem sein Geld
ablocken, wofür man im gemeinen Leben auch wohl das niedrige Frequent.
ablockern gebraucht. Einem sein Geheimniß ablocken. Aus allzu
jungfräulicher Bedenklichkeit wagte sie es nicht, dir ein Bekenntniß
abzulocken. Weiße.(b) Durch angenehme oder rührende Empfindungen
entstehen machen. Das wird ihm Thränen ablocken. Ich will ihm damit
noch Zähren ablocken. Wüßte sie, wie viele wehmüthige Thränen ihm dein
Unglück abgelockt hat, von Brawe. Die schöne Morgenröthe hatte ihm
sonst Lieder abgelockt, Gesn. Aber wenn Günther sagt: Die Schmähsucht
läßt sich durch den Eifer nicht bekehren, Den ein gerechter Schmerz
der Unschuld abgelockt, so stehet das Zeitwort ablocken hier wohl
nicht an seinem rechten Orte., So auch die Ablockung.
Ablohnen (W3) [Adelung]
Ablohnen, verb. reg. act. den völligen verdienten Lohn geben;
ingleichen, mit Reichung des bedungenen Lohnes verabschieden. Gesinde
ablohnen. Zimmerleute, Mäurer, Handlanger ablohnen. Einen Gesellen
ablohnen, bey einigen Handwerkern. So auch die Ablohnung.
Ablörschen (W3) [Adelung]
* Ablörschen, oder ablerschen, verb. reg. act. welches nur im
Bergbaue üblich ist; in eine geringe Tiefe graben, zum Unterschiede
von absinken; ein Wort von unbekannter, wenigstens ungewisser
Abstammung. S. auch Gelörsche.
Ablöschen (W3) [Adelung]
Ablöschen, verb. reg. act. 1) Gehörig kalt oder kühl machen,
besonders einen glühenden oder heißen Körper mit einem flüssigen
gehörig oder völlig abkühlen. Ein glühendes Eisen in Wasser, in Öhl
ablöschen. Ingleichen, völlig auslöschen; die Kohlen, das Feuer
ablöschen. Und dann figürlich, den Durst ablöschen, besser löschen. 2)
Von etwas wegwischen, besonders was mit Kreide oder auf ähnliche Art
angeschrieben war. Eine Rechnung, eine Schuld, von der Tafel
ablöschen. So auch die Ablöschung.
Ablösen (W3) [Adelung]
Ablösen, verb. reg. act. überhaupt so viel als los machen, doch mit
verschiedenen Nebenbegriffen. Es bedeutet aber,1) In den eigentlichern
Bedeutungen; (a) was an- oder aufgebunden, oder auf ähnliche Art
befestiget war, los machen. Den Mantelsack ablösen. Angebundene
Gewächse von dem Stocke ablösen. (b) Behutsam abschneiden; vornehmlich
bey den Jägern und Wundärzten. Das Fleisch von den Beinen ablösen. Ein
Glied, ein Fleischgewächs ablösen. Wenn dieses Ablösen vermittelst
einer Säge geschiehet, so nennen die Wundärzte es lieber absetzen. (c)
Los machen auf mancherley andere Art. So heißen bey den Ärzten,
ablösende Mittel, besonders diejenigen, welche den zähen Schleim auf
der Brust auflösen und abführen. (d) Das Reciproc. sich ablösen, für
losgehen, sich absondern, wird gleichfalls von mancherley Arten der
eigenen Ablösung gebraucht. Das Fleisch löset sich von den Zähnen ab.
Der Schleim löset sich ab. Der Gang löset sich ab, in den Bergwerken,
er hängt mit dem Gestein nicht unmittelbar zusammen. Der Kalk hatte
sich abgelöset.2) In figürlichern Bedeutungen. (a) Für losschießen,
besonders von dem groben Geschütze, besser lösen. Ein Geschütz, eine
Kanone ablösen, losbrennen; wo die Figur vermuthlich von den alten
Rüstwerken hergenommen ist, welche mit mancherley Arten von Federn
gespannet waren. (b) Absondern, abscheiden. So sagt man z. B. in den
Bergwerken: Die Gänge werden an den Saalbändern durch den Besteg von
dem Gesteine abgelöset, geschieden. (c) In noch figürlicherer
Bedeutung, eine Sache durch Erstattung des Werthes, der Gebühr, oder
der Kosten an sich bringen. Ein Pfand, ein verpfändetes Gut ablösen,
einlösen. So auch in den Gerichten, einen Bericht, ein Urtheil u. s.
f. ablösen, mit Bezahlung der Gerichtsgebühren zu sich nehmen.
Ingleichen, einen Zins, Zehenten u. s. f. ablösen, abkaufen. Daß man
im 14ten Jahrhundert in der Niedersächsischen Mundart auch gesagt,
einem ein Pfand ablösen, erhellet aus dem
Bremisch-Nieders. Wörterbuche v. Los. (d) Jemanden ablösen, dessen
Stelle entweder selbst, oder durch einen andern ersetzen, und ihn
dadurch von seiner Verrichtung, oder von einer Verbindlichkeit los
machen. Einen von der Arbeit ablösen. Die Wache ablösen. Ingleichen,
einen von der Wache ablösen. Es löset immer einer den andern ab. Ein
abgelöseter Deich, heißt in den Marschländern, ein Deich, vor welchem
ein neuer weiter hinaus gelegt ist. In Oberdeutschland sagt man in
einem noch weitern Umfange der Bedeutung, mit etwas ablösen,
abwechseln, dessen Stelle ersetzen. Entzückung löst mit Wehmuth ab,
Hall. Allein im Hochdeutschen ist diese Wortfügung nicht üblich.
Ablöslich (W3) [Adelung]
Ablöslich, adj. was sich ablösen lässet, besonders in den Rechten,
ablösliche Zinsen, welche gegen Erlegung des Kapitals wieder aufhören,
und welche in einigen Mundarten auch ablösige Zinsen genannt werden.
Ablösung (W3) [Adelung]
Die Ablösung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Ablösens in allen
Bedeutungen des Zeitwortes. 2) In den Rechten auch das Geld, mit
welchem ein Bericht, ein Urtheil u. s. f. abgelöset wird. 3) In den
Bergwerken, dasjenige, was den Gang von dem Gesteine ablöset, der Raum
zwischen dem Gange und dem Gesteine, welcher auch das Besteg genannt
wird.
Ablöthen (W3) [Adelung]
Ablöthen, verb. reg. act. was angelöthet ist, durch Schmelzung des
Lothes wieder abnehmen.
Abludern (W3) [Adelung]
+ Abludern, verb. reg. act. welches nur in der niedrigsten Sprechart
üblich ist, für das etwas anständigere abdecken.
Ablügen (W3) [Adelung]
+ Ablügen, verb. irreg. act. S. Lügen. Einem etwas ablügen, im
gemeinen Leben, es vermittelt einer Lüge von ihm erhalten. Oft wird
dieses Zeitwort auch irrig mit abläugnen verwechselt.
Ablugsen (W3) [Adelung]
+ Ablugsen, verb. reg. act. in niedrigen Ausdrücken. 1) Ablauern.
Einem etwas ablugsen, heimlich absehen. 2) Durch List und Ränke von
einem erhalten. Einem Geld ablugsen.
Anm. Wachter leitet das verwandte
belugsen von Luchs, lynx, her, und schreibt es folglich mit einem ch.
Das Bremisch-Nieders. Wörterbuch hält das Wort Luke, eine Öffnung,
Fallthüre, für das Stammwort, und schreibt es abluksen. Allein da eben
daselbst hinzu gesetzt wird, daß es im Hannöverischen so viel bedeute,
als verborgen auflauern, so kann man den Begriff des Lauerns
figürlicher als den Hauptbegriff ansehen, und das Wort für das
Frequentat. des noch im Oberdeutschen gangbaren lugen, sehen, lauern,
halten, woraus vermittelst der sehr gewöhnlichen frequent.
Ableitungssylbe -sen, lugsen gebildet worden. S. Lugen.
Abmachen (W3) [Adelung]
+ Abmachen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, und im gemeinen Leben so
viel als absondern, los machen, ohne Bestimmung der Art und Weise. Das
Pferd abmachen, los binden. Ein Bret abmachen, abbrechen. 2) Völlig
fertig machen, die letzte Zubereitung geben. Ein Gericht Essen
abmachen. Ein Stück Leinwand, Zeug abmachen, bey den Webern. 3)
Figürlich, eine streitige Sache zu Ende bringen; edler abthun. Es sind
noch wichtige Sachen abzumachen. Ich glaubte, sie hätten eine wichtige
Sache mit einander abzumachen. S. Machen.
Abmähen (W3) [Adelung]
Abmähen, verb. reg. act. mit der Sense abbauen. Das Getreide, das
Gras abmähen. Metonymisch, die Wiese, den Acker abmähen. Die Nieders.
und gemeine Oberdeutsche Mundart spricht dieses Zeitwort abmeihen aus.
Was wir haben ausgestreut, Wird von andern abgemeyt, Opitz. Schon bey
dem Ulphilas kommt afmaitan für abschneiden vor, S. Mähen. Wenn einige
neuere Schriftsteller in der poetischen Schreibart von dem Viehe
sagen, daß es die Pflanzen mit denZähnen oder der Zunge abmähe, so ist
solches eine Figur, welche in das Possierliche fällt.
Abmahlen (W3) [Adelung]
1. Abmahlen, (von mahlen, molere,) verb. reg. act. außer daß das Partic.
Pass. abgemahlen heißt, ( S. Mahlen,) das auf die Mühle gebrachte
Getreide, oder so viel, als auf einmahl aufgeschüttet wird, völlig
fertig mahlen. Wenn ich meinen Steinen etwas aufzuschütten habe, so
mahle ich es ab, Less.
Abmahlen (W3) [Adelung]
2. * Abmahlen, (von Mahl, signum,) verb. reg. act. durch Zeichen
bestimmen; nur an einigen Orten. Ein Feld abmahlen, wie abmarken.
Einen Fluß abmahlen, die tiefen oder seichten Stellen mit Zeichen
bemerken.3.
Abmahlen (W3) [Adelung]
Abmahlen, (von mahlen, pingere,) verb. reg. act. 1) Eigentlich, die
Gestalt einer Sache durch Mahlen abbilden. Eine Stadt, eine
Landschaft, eine Person abmahlen. 2) + Figürlich, lebhaft beschreiben,
gemeiniglich mit den Nebenwörtern übel, häßlich u. s. f. Einen übel
abmahlen. Er ist sehr häßlich bey mir abgemahlet worden, oder er ist
mir sehr häßlich abgemahlet worden.
Abmahnen (W3) [Adelung]
Abmahnen, verb. reg. act. ermahnen, etwas zu unterlassen, oder zu
meiden. Einen von Bösen, von einem Laster, von einer Handlung
abmahnen. Daher die Abmahnung.
Abmärgeln (W3) [Adelung]
Abmärgeln, verb. reg. act. in einem hohen Grade entkräften, besonders
durch schwere Arbeit von Kräften bringen. Ein Vieh abmärgeln. Ein
abgemärgeltes Pferd. Sich abmärgeln. Die Krankheit hat ihn sehr
abgemärgelt. Daher die Abmärgelung.
Anm. Es stammet von Mark, medulla,
her, in welchem verschiedene ältere Mundarten Statt des k ein g haben,
und bedeutet eigentlich, gleichsam das Mark aus den Beinen pressen;
man müßte es denn als ein zusammen gezogenes Diminutivum von dem
Niedersächsischen marachen, abmarachen, ansehen, welches eben das
bedeutet, und welches man gemeiniglich von dem alten Mar, Marach, ein
Pferd, herleitet. S. auch Ausmärgeln. In beyden Fällen wird es
richtiger mit einem ä als e geschrieben. In Oberdeutschland ist in
dieser Bedeutung auch abkräften, und abkräftigen üblich.
Abmarken (W3) [Adelung]
Abmarken, verb. reg. act. von Mark, limes, mit Marken oder Gränzen
bezeichnen und dadurch absondern. Ein Feld, einen Acker, eine Flur
abmarken. Daher die Abmarkung.
Abmarkten (W3) [Adelung]
* Abmarkten, S. Abdingen.
Abmarsch (W3) [Adelung]
Der Abmarsch, des -es, plur. inusit. der Abzug der Soldaten von einem
Orte. Zum Abmarsche blasen. Den Abmarsch nehmen. Von dem Franz.
Marche.
Abmarschiren (W3) [Adelung]
Abmarschiren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, eigentlich
ein Französisches Zeitwort, mit einem Deutschen Vorworte. Es wird nur
von Soldaten gebraucht, wenn deren mehrere von einem Orte wegziehen,
besonders wenn solches in geschlossener Ordnung geschiehet. Die Wache
marschiret ab. Das Regiment ist bereits abmarschiret. Im gemeinen
Leben auch für fortgehen überhaupt. Wenn du nicht gleich
abmarschirest.
Abmartern (W3) [Adelung]
+ Abmartern, verb. reg. act. sehr martern, in figürlicher Bedeutung.
Einen mit etwas abmartern. Sich abmartern.
Abmaße (W3) [Adelung]
* Die Abmaße, plur. inusit. ein sehr ungewöhnliches Wort von
abmessen. Die Abmaße nach etwas nehmen, die Sache darnach bestimmen.
Abmatten (W3) [Adelung]
Abmatten, verb. reg. act. matt machen; und zwar, 1) Matt und kraftlos
machen. Sich durch Arbeit abmatten. Die große Hitze mattete die
Soldaten ab. Durch Hunger abgemattet. 2) Matt, d. i. glanzlos machen,
ohne Glanz lassen, besonders von dem Golde. Das Gold abmatten, bey
verschiedenen Metallarbeitern, es nach der Vergoldung so lassen, wie
es ist, ohne es zu poliren; bey denen aber, welche mit Wasserfarbe
vergolden, es mit einer schwachen Zinnoberfarbe bestreichen. 3)
Abgemattetes
Kohl, Kohlenstaub, im Hüttenbaue. So auch die Abmattung in beyden
Bedeutungen.
Abmehren (W3) [Adelung]
* Abmehren, verb. reg. act. welches nur allein im Oberdeutschen
üblich ist. 1. Von mehren, theilen, abtheilen, S. Abfinden und Mehren.
2. Von mehr, plus, durch die meisten Stimmen abschaffen. Ein Gesetz
abmehren.
Abmeiern (W3) [Adelung]
* Abmeiern, verb. reg. act. S. Meier, in verschiedenen Oberdeutschen
und Niedersächsischen Gegenden, einen Meier oder Pachter, eines Gutes
entsetzen, von dem Gute vertreiben. Daher die Abmeierung.
Abmeißeln (W3) [Adelung]
Abmeißeln, verb. reg. act. mit dem Meißel absondern, wegschaffen.
Einen Ast abmeißeln. Eine Ungleichheit auf dem Steine abmeißeln.
Ingleichen vermittelst des Meißels eben und glatt machen. Einen Stein
abmeißeln. Daher die Abmeißelung.
Abmergeln (W3) [Adelung]
Abmergeln, S. Abmärgeln.
Abmerken (W3) [Adelung]
Abmerken, verb. reg. act. durch Aufmerksamkeit von einem erlernen,
oder zu erkennen suchen, absehen. Einem einen Handgriff abmerken. Er
thut alles, was er mir nur an den Augen abmerken kann.
Anm. In den
Schriften der vorigen Jahrhunderte findet man dieses Zeitwort auch mit
der vierten Endung allein, für das einfache merken. Nicht lang darnach
es sich begab Das Unfall ward merkhen ab Ein künftigs Wetter,
Theuerdank Kap. 43.
Abmessen (W3) [Adelung]
Abmessen, verb. irreg. act. S. Messen. Es bedeutet1) Eigentlich. (a)
Das Maß einer Sache genau bestimmen. Einen Thurm, einen Acker
abmessen. Etwas mit der Schnur, mit der Ruthe, mit Schuhen abmessen.
Er gehet mit stolzen abgemessenen Schritten einher, in figürlicher
Bedeutung. Verse, Sylben abmessen. Besonders (b) zur Erreichung eines
gewissen Endzweckes messen. Einen Ort zum Lager, einen Platz zum Hause
abmessen. Einen Garten abmessen, das Maß seiner künftigen Größe
bestimmen. Sechs Ellen von einem Stücke Zeuges abmessen, um sie
abzuschneiden.2) Figürlich. (a) Das Verhältniß einer Sache nach einer
andern einrichten und genau bestimmen. Die Strafe nach dem Verbrechen
abmessen. Eine übel abgemessene Handlung. Ein weises Wesen hat alle
unsere Pflichten nach unsern Kräften abgemessen. Wer für sein
Vaterland keine Liebe empfindet, wird alle seine Dienste nach seinen
eigenen Vortheilen abmessen, Dusch. Wer sein Betragen nach den
Urtheilen des großen Haufens abmisset, ist seiner selbst niemahls
sicher. (b) Nach dem Maße oder Verhältnisse eines andern Dinges
beurtheilen. Andere nach sich abmessen. Die Glückseligkeit nach dem
Reichthume abmessen. So auch die Abmessung in allen obigen
Bedeutungen.
Abmetzen (W3) [Adelung]
Abmetzen, verb. reg. act. bey den Müllern, die für das Mahllohn
gesetzte Metze von etwas nehmen. Daher die Abmetzung.
Abmiethen (W3) [Adelung]
Abmiethen, verb. reg. act. zur Miethe von jemanden nehmen, oder den
Gebrauch einer Sache von jemanden gegen einen gewissen Miethzins
erhalten. Einem ein Pferd, ein Haus, einen Garten, ein Zimmer
abmiethen. Nieders. abheuern. Daher die Abmiethung, ingleichen der
Abmiether, Fämin. die Abmietherinn, im Gegensatze des Vermiethers.
Abmisten (W3) [Adelung]
Abmisten, verb. reg. act. in der Landwirthschaft. 1) Den Mist völlig
wegschaffen. 2) Vom Miste reinigen. Einen Stall abmisten. Das Vieh
abmisten. Daher die Abmistung.
Abmodeln (W3) [Adelung]
Abmodeln, verb. reg. act. das Modell von etwas nehmen.
Abmühen (W3) [Adelung]
* Abmühen, verb. reg. act. sehr bemühen, ermüden, ein im
Hochdeutschen ungewöhnliches Zeitwort, welches noch bey dem Opitz
vorkommt; - Durch Unverstand der Heiden abgemüht.
Abmüßigen (W3) [Adelung]
Abmüßigen, verb. reg. act. 1) Als das Frequentativum des
ungewöhnlichen abmüßen, Muße machen, von etwas abhalten, größten
Theils aber nur als ein Reciprocum. Sich von etwas abmüßigen, die
Verrichtung desselben aufschieben. Wenn sie sich hiervon abmüßigen
können. Ich habe mich hiervon nicht gern abgemüßiget. Einen abmüßigen,
ihn von einer Arbeit abhalten, ist nicht so gewöhnlich. 2) * Von
müssen, ist abmüßigen in den Kanzelleyen oft so viel als abnöthigen,
abdringen. Jemanden eine Erklärung abmüßigen. Daher die Abmüßigung.
Abmutzen (W3) [Adelung]
+ Abmutzen, verb. reg. act. stutzen, abstutzen, im gemeinen Leben
einiger Gegenden. Ein Thier abmutzen, ihm den Schwanz abhauen. Bäume
abmutzen, sie stutzen.
Abnagen (W3) [Adelung]
Abnagen, verb. reg. act. durch Nagen absondern. Das Fleisch abnagen,
nehmlich von dem Knochen. Sich die Nägel abnagen. Metonymisch. Einen
Knochen abnagen. Figürlich sagt man auch: der Kummer nagt ihm das Herz
ab, er wird von heimlichen Kummer verzehret; ingleichen, aber nicht
auf die beste Art, sich das Herz abnagen, durch Kummer. Daher die
Abnagung, doch nur im eigentlichsten Verstande.
Abnähen (W3) [Adelung]
Abnähen, verb. reg. act. 1) Durch Nähen absondern, abtheilen. So
heißt bey den Nähterinnen, einen Rock abnähen, durchgenähete Felder
machen, daß die unter dem Oberzeuge gelegte Wolle nicht auf und nieder
rücken könne. 2) Durch Nähen abbilden. Einen Baum, eine Landschaft
abnähen. 3) Durch Nähen vermindern, tilgen. Eine Schuld abnähen.
Abnahme (W3) [Adelung]
Die Abnahme, plur. inusit. 1) Das Abnehmen in einigen Bedeutungen des
Neutrius, der Zustand der Verminderung an innerer Stärke. Die Abnahme
des Gedächtnisses, des Gesichtes. Die Abnahme der Kräfte, und an
Kräften. Die Abnahme am Fleiße, an Tugend. Er ist in Abnahme gerathen,
in Verfall der Nahrung. Die Abnahme (der Verfall) der Handlung. Dieser
Gebrauch ist ganz in Abnahme gerathen, ist nicht mehr üblich. Die
Natur hat seit ihrem ersten Anfange eine sehr merkliche Abnahme aller
ihrer Kräfte erlitten. Der Anwachs und die Abnahme alter und neuer
Reiche. Von der Verminderung der Größe, der Dauer u. s. f. gebraucht
man lieber den Infinitiv, z. B. das Abnehmen des Mondes, des Tages,
der Nacht u. s. f.2) Die Handlung des Abnehmens in einigen wenigen
eigentlichen Bedeutungen des Activi. Denn so sagt man zwar, die
Abnahme einer Rechnung, die Abnahme des Eides; aber nicht die Abnahme
des Hutes, der Bäume, des Bartes u. s. f. in welchen Fällen man sich
entweder des Infinitivs oder des Hauptwortes, die Abnehmung, bedienet.
Verschiedene gebrauchen es auch für den Abgang einer Waare, z. B. die
reißende Abnahme ihrer Werke, Gottsch. Dieser Kaufmann hat keine
Abnahme, seine Waaren gehen nicht ab. Allein dieser Gebrauch ist gewiß
nicht der beste, besonders da Abnahme hier wider die Analogie den
Zustand bedeuten soll, da einem eine Waare abgenommen oder abgekaufet
wird.3) * Die Entlassung eines abgelebten Leibeigenen von dem Gute, S.
Abschied.
Abnarben (W3) [Adelung]
Abnarben und Abnärben, verb. reg. act. 1) Bey den Lederbereitern und
Pergamentern, die Haare von der äußern Seite abstoßen; welche Seite
alsdann narbig aussiehet, und daher die Narbenseite genannt wird, im
Gegensatze der Aas- oder Fleischseite. In dieser Bedeutung lautet es
gemeiniglich abnärben. 2) Bey andern Lederarbeitern ist abnarben, die
Narbe, d. i. die-
Oberhaut der Felle abnehmen. 3) In Niederdeutschland ist abnarben,
eine Heide abmähen. S. Narbe. Daher die Abnärbung und Abnarbung.
Abnarren (W3) [Adelung]
+ Abnarren, verb. reg. act. im gemeinen Leben, durch Possen, durch
leere Vorspiegelungen, von jemanden erhalten. Die Gaukler wissen einem
sein Geld artig abzunarren.
Abnaschen (W3) [Adelung]
Abnaschen, verb. reg. act. durch Naschen von etwas nehmen. Den Rahm
von der Milch abnaschen.
Abnehmen (W3) [Adelung]
Abnehmen, verb. irreg. S. Nehmen, welches auf zweyerley Art üblich
ist.I. Als ein Activum, wo es überhaupt den Begriff des Herabnehmens
und der Absonderung ausdruckt, so daß nehmen als ein allgemeines
Zeitwort verschiedene besondere Arten des Nehmens begreift, und zwar1.
In eigentlicher Bedeutung. (a) Von einem höhern Orte, oder von der
Oberfläche eines Dinges herab nehmen. Den Hut abnehmen, ihn von dem
Kopfe ziehen. Die Früchte abnehmen, sie von dem Baume brechen oder
pflücken. Abnehmen, im Kartenspiele, die obern Karten abheben. (b) Von
einer Person oder Sache nehmen, mit verschiedenen Nebenbedeutungen.
Den Gefangenen das Gewehr abnehmen, es sie ablegen lassen. Einem ein
Buch, Hut und Stock abnehmen, aus seiner Hand nehmen. Einem eine Last,
eine Bürde abnehmen, in eigentlicher, noch mehr aber in uneigentlicher
Bedeutung. Den Rahm abnehmen, von der Milch, ingleichen metonymisch,
die Milch abnehmen, den Rahm von der Milch abschöpfen. (c) Vermittelst
des Messers, der Schere, der Säge oder ähnlicher Werkzeuge wegnehmen,
in der anständigern Schreib- und Sprechart. Einem ein Glied abnehmen,
abschneiden. Sich die Haare, den Bart abnehmen, abscheren lassen. Den
Schafen die Wolle abnehmen. Noch etwas abnehmen, abschneiden, abhauen,
absägen u. s. f. (d) Im Stricken bedeutet abnehmen, die Maschen
vermindern, damit ein Strumpf enger werde, welches vermittelst des
Abstrickens zweyer Maschen auf einmahl geschiehet. In Niedersachsen
abkanteln, mindern.2) Figürlich. (a) Ein Kalb abnehmen, in der
Landwirthschaft, es von der Kuh trennen, und dadurch entwöhnen; auch
abbinden. (b) Abkaufen. Einem eine Waare abnehmen. (c) Von einer Sache
befreyen, derselben entledigen. Einem eine Last, eine Bürde abnehmen,
in figürlicher Bedeutung. Bedauerst du mich, daß der Tod mir diese
Bürde abnimmt?. Dusch. So auch, einem ein Amt abnehmen. (d) Ablegen
lassen. Einem einen Eid, eine Rechnung abnehmen. Das Gedinge abnehmen,
im Bergbaue, die verdingte Arbeit besichtigen. (e) Mit List oder
Gewalt einer Sache berauben. Dem Feinde den Raub abnehmen. Einem sein
Geld abnehmen, im Spiele abgewinnen. (f) Aus etwas erkennen,
urtheilen. Die Sache, woraus man es erkennet, bekommt an, oft auch
aus. Es läßt sich dieses leicht daraus oder daran abnehmen, schließen.
So viel ich abnehmen kann. Ich konnte es leicht an deinem Gesichte
abnehmen. Die Stunde eines Ganges abnehmen, im Bergbaue, dessen
Streichen nach dem Compasse wahrnehmen, messen. Kommt, nehmet ab an
mir, ob jemahls euer Herz, Empfunden solche Pein, Opitz. Im
Oberdeutschen entnehmen.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort
haben zu sich nimmt, bedeutet es so wohl an körperlicher Größe, als
auch an Dauer, an Kräften und innerer Güte nach und nach vermindert
werden. (a) An körperlicher oder doch scheinbarer Größe. Der Mond
nimmt ab. Das Abnehmen des Mondes. Im abnehmendem Monde, wofür man im
Osnabrückischen im Wannen sagt. Der Mond ist im Abnehmen. (b) An
Anzahl und Menge.Die Soldaten nehmen ab, es werden ihrer immer
weniger. Die Heiligen haben abgenommen. Das Geld nimmt ab. (c) An
Leibesgestalt und Kräften. Er hat sehr abgenommen, ist mager geworden.
Er nimmt zusehends ab. Am Leibe, an Kräften abnehmen. (d) An Vermögen
und Ansehen. Dieses Haus hat gar sehr abgenommen. Dieses Geschlecht
kommt, geräth ins Abnehmen, ist in Abnehmen gerathen. (e) An Dauer.
Die Tage nehmen ab. Die Nächte haben abgenommen. (f) An innerer
Stärke. Die Hitze, die Kälte nimmt ab. Mein Gesicht, Gedächtniß hat
gar sehr abgenommen. Die Krankheit nahm ab. Die Lust zum Studiren wird
bey ihm bald abnehmen.
Anm. Abnehmen, beym Notker abanemen, hatte in
der thätigen Gattung ehedem noch verschiedene andere Bedeutungen, die
man bey dem Haltaus h. v. finden kann.
Abnehmen (W3) [Adelung]
Das Abnehmen, des -s, plur. car. der Infinitiv des vorigen, welcher
in allen Bedeutungen desselben gebraucht werden kann. So wohl in den
thätigen, wo auch Abnehmung üblich ist, als auch, und zwar am
häufigsten, in den neutralen. In beyden wird in einigen Fällen auch
Abnahme gebraucht.
Abnehmer (W3) [Adelung]
Der Abnehmer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, eine
Person, welche einem andern etwas abnimmt, doch nur in der Bedeutung
des Abkaufens. So nennen die Kramer und Handwerker diejenigen, die
ihnen Waare in Menge abnehmen, ihre Abnehmer. Viele Abnehmer haben.
Eine gute Waare findet leicht Abnehmer.
Anm. Dieses Wort scheint ehedem
einen weiteren Umfang der Bedeutung gehabt zu haben. Abanemare
bedeutet bey dem Notker einen jeden, der etwas wegnimmt. Ein Paar
andere, im Hochdeutschen gleichfalls nicht mehr übliche Bedeutungen,
kommen bey dem Haltaus h. v. vor.
Abneigen (W3) [Adelung]
* Abneigen, verb. reg. act. von etwas wegneigen, und figürlich, sich
von etwas abneigen, demselben ungünstig werden. Beyde Bedeutungen sind
jetzt ungewöhnlich. In der letztern aber ist noch das Mittelwort
abgeneigt übrig, welches S.
Abneigung (W3) [Adelung]
Die Abneigung, plur. inus. 1) Die Neigung von etwas hinweg, in
eigentlicher Bedeutung. 2) In der figürlichen, Entfernung des Gemüthes
von einer Person oder Sache, als ein gemilderter Ausdruck für
Widerwillen; im Gegensatze der Zuneigung. Abneigung gegen einen, oder
gegen eine Sache haben, bey sich empfinden. Die natürliche Abneigung,
die Antipathie. S. auch Abgeneigtheit.
Abnießeln (W3) [Adelung]
+ Abnießeln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden
ist, und im Bergbaue so viel bedeutet, als abnutzen. Die Bergeisen
abnießeln. Nicht so richtig abnießeln.
Abnießen (W3) [Adelung]
* Abnießen, verb. irreg. act. S. Genießen, welches nur noch in den
Rechten üblich ist, wo es so viel bedeutet, als eine Sache nützen oder
brauchen, den Genuß, Nießbrauch einer Sache haben. Daher die
Abnießung, der Nießbrauch. Ältere Beyspiele von beyden Wörtern kommen
bey dem Haltaus vor.
Abnieten (W3) [Adelung]
Abnieten, verb. reg. act. bey den Schlössern, was angenietet war,
durch Abfeilung des Nietes abnehmen.
Abnöthigen (W3) [Adelung]
Abnöthigen, verb. reg. act. durch Nöthigen, durch unwiderstehliche
Bewegungsgründe, von einem erhalten. Ich wundere mich nicht, daß der
heutige Tag dir einige Unruhe abnöthiget, Gell. Mein Entschluß kostet
mir eine Verläugnung, die mir stille Zähren abnöthiget, Dusch. So auch
durch höfliche Worte von jemanden erhalten. Daher die Abnöthigung.
Abnützen (W3) [Adelung]
Abnützen, Abnutzen, verb. reg. act. 1) Bey den Rechtslehrern, als ein
Überbleibsel der Oberdeutschen Mundart, die Nutzung oder den Genuß
einer Sache haben, wie abnießen. Ein Gut abnützen.
2) Durch Gebrauch schlechter, unbrauchbarer machen, besonders von
Werkzeugen. Ein Messer abnützen. Der Stein nützt sich durch langes
Schleifen ab. Ein abgenütztes Beil. Bey den Bergleuten abnießeln. Alle
geschaffene Dinge werden durch die Zeit und den Gebrauch abgenützt.
Ein Trinkgeschirr, das noch nicht abgenützt, Haged. Daher die
Abnützung in beyden Bedeutungen.
Anm. Die Oberdeutschen lieben in
diesem Zeitworte das breite u, abnutzen, die Obersachsen aber das
rundere ü. Es wäre zu wünschen, daß nutzen und nützen so unterschieden
würden, wie trinken und tränken, sinken und senken, und hundert
andere, so daß nutzen das Neutrum, nützen aber das Activum ausdrückte;
alsdann würde abnützen dem abnutzen in allen Fällen vorzuziehen seyn,
weil es sich schicklicher von dem Activo nützen, als von dem Neutro
nutzen ableiten lässet. Für Abnützung in der ersten Bedeutung findet
man auch Abnutz, S. Haltaus h. v.
Aböden (W3) [Adelung]
Aböden, verb. reg. act. im Forstwesen, völlig öde machen. Einen Wald
aböden, ihn durch Ausbauung der Bäume öde machen. So auch die Abödung.
In einigen Gegenden ist auch das Frequentativum abödigen und die
Abödigung üblich. S. auch Abräumen.
Aboliren (W3) [Adelung]
+ Aboliren, verb. reg. act. aus dem Lateinischen abolere, aufheben,
abschaffen. Ein Gesetz aboliren.
Abolition (W3) [Adelung]
Die Abolition, plur. die -en, aus dem Lateinischen abolitio. 1) + Die
Aufhebung, Abschaffung. 2) Besonders in den Rechten, die Aufhebung der
Schuld und Strafe aus landesherrlicher Macht.
Abominabel (W3) [Adelung]
+ Abominabel, adj. et. adv. aus dem Franz. abominable, abscheulich.
Abonniren (W3) [Adelung]
+ Abonniren, verb. reg. recipr. aus dem Franz. abonner. Sich oder
sich zu etwas abonniren, sich als ein Theilnehmer zu einem Geschäfte
unterschreiben; mit einem Lat. Ausdrucke subscribiren. Daher der
Abonnent, des -en, plur. die -en, der sich als Theilnehmer
unterschrieben hat, der Subscribent.
Abordnen (W3) [Adelung]
Abordnen, verb. reg. act. mit einem Befehle oder mit Vollmacht
abschicken. Einen Bevollmächtigten, einen Bothen abordnen. Ein
Abgeordneter, der von einem Höhern zwar mit Vollmacht, aber ohne einen
bestimmten öffentlichen Charakter abgeschicket worden, mit einem Lat.
Worte ein Deputirter. Vermuthlich mehr von dem Franz. Ordre, Befehl,
als vom Lat. ordo, Ordnung. Daher die Abordnung.
Abort (W3) [Adelung]
* Der Abort, des -es, plur. die -e, ein abgelegener Ort, nur in
Niedersachsen.
Abörtern (W3) [Adelung]
* Abörtern, verb. reg. act. 1) Von Ort, das Ende; bey den Tischlern,
das abgehobelte Holz nach der wahren Länge absägen. 2) In den Rechten
durch gerichtliches Erkenntniß entscheiden, aburtheilen. S. Erörtern.
Abortiren (W3) [Adelung]
Abortiren, verb. reg. neutr. mit haben, zu früh gebären; ein
Zeitwort, welches ohne Roth aus dem Lat. abortire aufgenommen worden,
weil es unsern Vorfahren an guten Deutschen Ausdrücken nicht fehlte.
Das gebräuchlichste war mißgebären, dessen sich noch Opitz bedienet,
und wovon wir das Hauptwort die Mißgeburt haben, welches aber jetzt
ganz etwas anders ausdruckt, als ehedem, da es weiter nichts als eine
unzeitige Leibesfrucht bedeutete. In diesem letztern Sinne findet man
bey dem Opitz auch Frühgeburt, und bey andern Mißfall, Abgängling, und
für abortiren, einen Mißfall haben.
Abpachten (W3) [Adelung]
Abpachten, verb. reg. act. pachtweise von jemanden erhalten; im
Gegensatze des verpachten. Einem ein Gut, dem Landesherren die Zölle
abpachten. Daher der Abpachter, Fämin. die -inn, und die Abpachtung.
Abpacken (W3) [Adelung]
Abpacken, verb. reg. act. was aufgepackt war, herab nehmen. Waaren,
einen Koffer abpacken. Ingleichen des Gepäckes entledigen. Einen
Wagen, ein Pferd, einen Esel abpacken. So auch die Abpackung.
Abpassen (W3) [Adelung]
+ Abpassen, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist.
1) Mit dem Zirkel abmessen, besonders in Niedersachsen, wo Paß den
Zirkel bedeutet. 2) Figürlich, die bequemste Zeit oder Gelegenheit mit
Vorsicht abwartin. Eine Gelegenheit, eine bequeme Zeit zu etwas
abpassen. Ach sie hätten es in der Welt nicht besser abpassen können!
Weiße. Passe es ab, wenn der König vorbey reitet. Und hätte nur Sejan
den Vortheil abgepaßt, Canitz. S. Passen.
Abpeitschen (W3) [Adelung]
Abpeitschen, verb. reg. act. 1) Mit der Peitsche absondern. Eine
Blume abpeitschen. 2) + Sehr peitschen. Einen wacker abpeitschen.
Abpelzen (W3) [Adelung]
Abpelzen, verb. reg. act. 1) Bey den Weißgärbern und Pergamentern,
ein Fell gehörig durchklopfen, welches auch abbamsen genannt wird. 2)
+ Im gemeinen Leben, für abprügeln.
Abpfählen (W3) [Adelung]
Abpfählen, verb. reg. act. mit eingesteckten Pfählen bemerken, oder
absondern. Einen Acker, ein Stück Feldes, eine Wiese abpfählen. Die
Gränzen abpfählen. Daher die Abpfählung.
Abpfänden (W3) [Adelung]
Abpfänden, verb. reg. act. mit Gewalt zum Pfande nehmen. Einem ein
Pferd, sein Hausgeräth abpfänden. Daher die Abpfändung.
Abpflöcken (W3) [Adelung]
Abpflöcken, verb. reg. act. mit Pflöcken, d. i. kleinen Pfählen
bezeichnen.
Abpflücken (W3) [Adelung]
Abpflücken, verb. reg. act. mit den zwey vordersten Fingern der Hand
abbrechen. Eine Blume, eine Pflanze, unreifes Obst abpflücken.
Ingleichen durch Pflücken, d. i. Rupfen, kahl machen; eine Gans, ein
Huhn abpflücken, welche letztere Bedeutung aber mehr Niedersächsisch
ist.
Abpflügen (W3) [Adelung]
Abpflügen, verb. reg. act. 1) Mit dem Pfluge absondern, Einem Baume
die Wurzeln abpflügen. Den Rand eines Ackers abpflügen. 2) Durch
Pflügen entziehen. Einem eine Furche, ein Stück Acker abpflügen,
welches man an einigen Orten abzackern nennet.
Abpinnen (W3) [Adelung]
+ Abpinnen, S. Absinnen.
Abplanschen (W3) [Adelung]
+ Abplanschen, S. Abklatschen und Planschen.
Abplacken (W3) [Adelung]
+ Abplacken, verb. reg. recipr. Sich abplacken, sich bis zur
Ermattung plagen, sich durch schwere Arbeit abmatten.
Abplaggen (W3) [Adelung]
* Abplaggen, (nicht abplacken,) verb. reg. act. von dem
Niedersächsischen Plagge, Rasen; in Niedersachsen, den Rasen
abstechen. Ingleichen die kleinen Erhöhungen in einem abgelassenen
Bruche abhauen, um das Bruch zu ebenen.
Abplätten (W3) [Adelung]
Abplätten, verb. reg. act. völlig glatt und eben plätten. Manschetten
abplätten. Ein Hemd abplätten. Einen Draht abplätten, in den Gold- und
Silber-Fabriken. Ingleichen das Plätten vollenden.
Abplätzen (W3) [Adelung]
Abplätzen, verb. reg. act. 1) Im Forstwesen, die verkauften Bäume mit
dem Waldhammer zeichnen; und daher auch, 2) bey den Böttchern und
Zimmerleuten, einen geschlossenen Holzkauf vollziehen. S. auch
Anplätzen. 3) Bey den Kupferschmieden ist abplätzen so viel als
ablöschen, welches in dem Plätzfasse geschiehet.
Anm. Frisch leitet
dieses Wort von Platz, locus, her, weil vorher ein kleines Plätzchen
an dem Baume abgehauen wird, damit man ihn daselbst mit dem Waldhammer
zeichnen könne. Allein schicklicher nimmt man plätzen, einen kleinen
Schlag geben, welches das Activum von plagen, und das Frequentativum
von dem Angels. plaetan, schlagen, ist, für das Stammwort an. S.
Plätzen und Plätzer.
Abplündern (W3) [Adelung]
Abplündern, verb. reg. act. bey den Täschnern, einen Stuhl
abplündern, dasjenige, womit er bezogen ist, abnehmen. S. Plündern.
Abpochen (W3) [Adelung]
Abpochen, verb. reg. act. 1) Von pochen, schlagen, durch Pochen oder
Stoßen absondern; ingleichen das Pochen oder Schlagen vollenden; wie
auch sehr pochen und schlagen. So werden auf den Kupferhämmern die
Schrote zu Scheiben abgepachet, wenn sie zu breiten runden Scheiben
geschlagen werden, welches auch abbreiten heißt. 2) Von pochen,
minari, durch Pochen oder heftiges Drohen erhalten. Einem etwas
abpochen. Daher die Abpochung, in der ersten Bedeutung.
Abpöhlen (W3) [Adelung]
+ Abpöhlen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Gärber, für abhaaren,
die Haare abstoßen, welches ohne Noth aus dem Franz. poile, das Haar,
gebildet ist.
Abposten (W3) [Adelung]
Abposten, verb. reg. act. in gewissen Posten oder Summen abzählen,
ein Zeitwort, welches nur im Forstwesen üblich ist, wo es so viel
bedeutet, als das verkaufte Holz dem Käufer in gewissen Posten
zuzählen. Daher die Abpostung.
Abprägen (W3) [Adelung]
Abprägen, verb. reg. act. 1) Völlig ausprägen. Eine Münze, ein
Schaustück abprägen. 2) Die Gestalt einer Sache durch das Gepräge
abbilden, so wohl in eigentlicher, als auch in figürlicher
Bedeutung.So wird in uns die Welt in Bildern abgeprägt, Dusch. Daher
die Abprägung, in der eigentlichen Bedeutung.
Abprallen (W3) [Adelung]
Abprallen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, an
oder von etwas herab prallen, ingleichen wegprallen. Die Art prallte
an dem Aste ab. Der Ball ist von der Mauer abgeprallt.
Abprasseln (W3) [Adelung]
Abprasseln, S. Abknattern.
Abprellen (W3) [Adelung]
Abprellen, verb. reg. das Activum von abprallen, von etwas herab oder
hinweg prallen machen.
Abpressen (W3) [Adelung]
Abpressen, verb. reg. act. 1) Durch Pressen absondern. 2) Zur Genüge
pressen, und daher aus der Presse nehmen, bey den Buchbindern. Ein
Buch abpressen. Bey den Strumpfwirkern bedeutet abpressen, die
gemachten Maschen auf den Nadeln des Stuhles vermittelst der
Nadelpresse vereinigen. 3) Figürl. durch Pressen, d. i. unerlaubte
Zwangsmittel, von jemanden erhalten. Einem Geld, seine Einwilligung,
ein Geständniß abpressen. So auch die Abpressung.
Abprotzen (W3) [Adelung]
Abprotzen, verb. reg. act. in der Geschützkunst, von dem Protzwagen
heben; im Gegensatze des aufprotzen. Ein Stück, eine Kanone abprotzen.
Abprügeln (W3) [Adelung]
Abprügeln, verb. reg. act. gehörig, nach Verdienst prügeln. Einen
abprügeln, ihn derb, wacker abprügeln.
Abpuffen (W3) [Adelung]
+ Abpuffen, verb. reg. act. 1) Durch Püffe, d. i. dumpfig klingende
Schläge, absondern. So nennen verschiedene Handwerksleute das Abziehen
des todten Viehes, abpuffen. Einem Aase die Haut abpuffen, ingleichen,
ein umgefallenes Stück Vieh abpuffen. 2) Mit der Faust wacker
schlagen. Einen wacker abpuffen; palmis depuvire, Lucil. 3) In der
Chymie, so viel als verpuffen, welches üblicher ist. S. dasselbe.
Abputzen (W3) [Adelung]
Abputzen, verb. reg. act. überhaupt, den Putzen und die hervor
ragende Unreinigkeit wegschaffen. Besonders, 1) den Putzen an dem
Lichte wegnehmen. Das Licht abputzen, oder putzen. 2) Glatt, eben
machen; so heißt bey den Mäurern abputzen, den angeworfenen Kalk mit
dem Reibebrete gleich aus einander streichen. 3) In noch weiterm
Umfange der Bedeutung, als unrein, untauglich wegschaffen. Die
Unreinigkeiten abputzen. Noch mehr aber metonymisch, gehörig reinigen,
säubern. Die Weinstöcke abputzen. Ein Gefäß abputzen. Die Wurzeln
eines Baumes umher abputzen. 4) + Figürlich, einen wacker abputzen,
ihm einen derben Verweis geben, im gemeinen Leben. S. auch Ausputzer.
Abquälen (W3) [Adelung]
+ Abquälen, verb. reg. act. 1) Im gemeinen Leben, durch Quälen,
ingleichen durch unverschämtes Bitten, von einem erhalten. Einem etwas
abquälen. 2) Sehr quälen. Drum hab ich auch zu weinen angefangen, Und
meinen Geist mit Fasten abgequält, Opitz.
Abquerlen (W3) [Adelung]
Abquerlen, verb. reg. act. gehörig querlen. Die Suppe mit einem Eye
abquerlen, in den Küchen.
Abquetschen (W3) [Adelung]
Abquetschen, verb. reg. act. durch Quetschen absondern. Sich den
Finger abquetschen. Daher die Abquetschung.
Abquicken (W3) [Adelung]
Abquicken, verb. reg. act. welches nur in den Hüttenwerken und der
Scheidekunst üblich ist. 1) Golderz abquicken, es durch Quecksilber
von andern Mineralien scheiden, welches in dem Abquickbeutel von Leder
oder Parchent geschiehet. 2) Das abgetriebene Silber auf dem Herde mit
Wasser abkühlen. S. Quick. Daher die Abquickung in beyden Bedeutungen.
Abrädeln (W3) [Adelung]
Abrädeln, verb. reg. act. vermittelst eines kleinen Rades absondern.
Den Teig rings herum abrädeln, in den Küchen und bey den
Pasteten-Bäckern.
Abraffen (W3) [Adelung]
Abraffen, verb. reg. act. 1. Durch Raffen oben abnehmen, besonders in
den Mühlen. Die Müller raffen von vier Säcken oft ein Viertel ab. 2)
In der Landwirthschaft, das gehauene Getreide auf dem Felde zusammen
raffen, um es in Garben zu binden, welches von den Abraffern
geschiehet.
Abrafft (W3) [Adelung]
+ Das Abrafft, des -es, plur. inusit. dasjenige was abgeraffet wird,
besonders in den Mühlen, was an Korn, Schrot und Mehl oben in dem
Laufe bleibt, und von den Müllern zur Ungebühr heimlich weggeraffet
wird, daher es auch nur Raps oder Räps heißet.
Abrahams-Baum (W3) [Adelung]
Der Abrahams-Baum, des -es, plur. die -Bäume, ein Nahmen des
Keuschbaumes, der in Italien und Frankreich wild, in Deutschland aber
in den Gärten wächst. S. Keuschbaum.
Abrahmen (W3) [Adelung]
Abrahmen, verb. reg. act. den Rahm oder die Sahne von der Milch
nehmen; auch abfahnen. Die Milch abrahmen. In einigen Mundarten, z. B.
der Lausitzischen, auch Niedersächsisch abrohmen, ingleichen abflöten.
Abrainen (W3) [Adelung]
* Abrainen, verb. reg. act. an einigen Orten, mit Rainen, d. i.
Grenzen, absondern, abmarken. Ein Feld abrainen. Daher die Abrainung.
Abrasen (W3) [Adelung]
Abrasen, verb. reg. act. das Gras auf den Wiesen und Rasenflecken
abfressen; ein Wort, welches größten Theils nur bey den Jägern gehöret
wird.
Abraspeln (W3) [Adelung]
1. Abraspeln, verb. reg. act. mit der Raspel wegnehmen. Einen Ast, eine
Ecke abraspeln. Ingleichen mit der Raspel eben machen. Ein Bret, ein
Stück Holz abraspeln.
Abraspeln (W3) [Adelung]
2. + Abraspeln, ausfallen, von dem Getreide, S. Abrispeln.
Abraspen (W3) [Adelung]
Abraspen, S. Abrispen.
Abrathen (W3) [Adelung]
Abrathen, verb. irreg. act. S. Rathen. Durch guten Rath von einer
Sache abzuhalten suchen. Einen abrathen. Ingleichen, einen von etwas
abrathen, wie auch, einem eine Sache abrathen. Daher die Abrathung.
Abrathen bedeutet eigentlich durch guten Rath von einem Gegenstande
entfernen; daher ist es fehlerhaft, wenn man die Person, so fern sie
die Stelle der Sache vertritt, in der dritten Endung setzt, einem von
etwas abrathen. Wohl aber stehet die Person im Dative, wenn die Sache
im Accusative beygefüget wird: einem etwas abrathen.
Abrauben (W3) [Adelung]
* Abrauben, verb. reg. act. als einen Raub entziehen. Einem etwas
abrauben; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Zeitwort, welches aber
im Opitz vorkommt. Abgeraubtes Gut.
Abrauchen (W3) [Adelung]
Abrauchen, verb. reg. act. et neutr. im letztern Falle mit seyn, in
der Scheidekunst, so wohl abdampfen, sich in Rauch auflösen, als
abdampfen machen. Einen flüssigen Körper in der Wärme abrauchen, oder
abrauchen lassen.
Abraufen (W3) [Adelung]
Abraufen, verb. reg. act. durch Raufen ab- oder wegnehmen. Die Wolle
von einem Felle abraufen. Abgeraufte Wolle, welche auch Raufwolle
heißt.
Abraum (W3) [Adelung]
Der Abraum, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des Abräumens,
doch nur in einigen wenigen Fällen. So bedeutet das Wort im
Forstwesen, so wohl die Abführung, des einem Käufer angewiesenen und
gefälleten Holzes, als auch die Abödung eines Waldes, d. i. die
völlige Ausrottung des Holzes mit Stamm und Wurzeln. 2) Was ab- oder
weggeräumt wird. So bezeichnet es im gemeinen Leben alles, was von
einer Sache nach der daran verrichteten Arbeit übrig bleibt, und
weggeräumt wird. Ingleichen im Forstwesen, die kleinen Äste und Zweige
eines gefälleten Baumes, welche nicht zu Lager- und Klafterholz
taugen, und welche an einigen Orten auch der Afterschlag, Abschlag, in
der Schweiz das Abholz, und in Sachsen der Schoppen, der
Schuppenschlag genannt werden, von Schopf, der Wipfel. Im Bergbaue,
die Dammerde, welche eine Erzader, oder einen Steinbruch bedecket, und
abgeräumt werden muß. Im Bauwesen, den Schutt u. s. f.
Abräumen (W3) [Adelung]
Abräumen, verb. reg. act. von einem Raume oder Platze wegschaffen,
wegschaffen um Raum zu machen. Die Schüffeln, Töpfe, Bücher abräumen,
von dem Tische schaffen. Ingleichen, leer machen. Den Tisch, die Bank,
den Stuhl abräumen. Besonders im Forstwesen, so wohl, die gefälleten
Bäume aus dem Walde schaffen; als auch, das Holz in einem Walde
ausrotten, aböden, ausstocken. Einen Gang abräumen, im Bergbaue, die
darüber liegende Dammerde wegschaffen.
Anm. Die Oberdeutsche Mundart
liebet, wie in andern Fällen, also auch hier, in der zweyten Sylbe das
a, daher man auch bey den meisten Förstern dieses Wort abraumen
aussprechen höret.
Abraupen (W3) [Adelung]
Abraupen, verb. reg. act. die Raupen ablesen, wegschaffen. Einen Baum
abraupen, ihn von den Raupen befreyen.
Ab-rechen (W3) [Adelung]
Ab-rechen, verb. reg. act. mit dem Rechen abnehmen. Besonders in der
Landwirthschaft, die durch das Dreschen abgeschlagenen Ähren und
Stürzel mit dem Rechen wegnehmen.
Ab-rechling (W3) [Adelung]
+ Das Ab-rechling, des -es, plur. inusit. eben diese Ähren und
Stürzel, welche von einigen Landleuten auch das Grobe, das Afterig,
und das Kleine genannt werden.
Abrechnen (W3) [Adelung]
Abrechnen, verb. reg. act. 1) Durch Rechnen absondern, abziehen.
Diese zehn Thaler müssen von der Summe abgerechnet werden. 2) Mit
einem abrechnen, zusammen rechnen, und die Rechnung schließen.
Abrechnung (W3) [Adelung]
Die Abrechnung, plur. die -en. 1) Die Absonderung durch Rechnen, oder
der Abzug von der Rechnung; ohne Plural. Einem etwas auf Abrechnung
geben, auf Abschlag, damit es abgerechnet werde. 2) Die
Zusammenrechnung mit jemanden. Abrechnung mit einem halten.
Abrechte (W3) [Adelung]
* Die Abrechte, plur. die -n, ein nur bey den Tuchbereitern übliches
Wort, die linke Seite eines Tuches zu bezeichnen, von recht, und ab,
un. Daher ist bey ihnen abrechten, die groben Haare auf der linken
Seite der Tücher wegkratzen.
Abrechten (W3) [Adelung]
Abrechten, verb. reg. act. durch einen Rechtshandel von einem
erhalten. Einem etwas abrechten.
Abrecken (W3) [Adelung]
Abrecken, verb. reg. act. gehörig recken, nur auf den Blechhämmern,
wo die erste Ausdehnung des zu Blech bestimmten Eisens abrecken
genannt wird.
Abrede (W3) [Adelung]
Die Abrede, plur. die -n. 1) Eine vollendete gemeinschaftliche
Unterredung über etwas, Verabredung. Abrede mit einem nehmen. Abrede
wegen einer Sache nehmen. Genommener Abrede nach. Der genommenen
Abrede nachkommen. 2) Die Verneinung einer Sache; doch nur in der R.
A. nicht in Abrede seyn. Ich bin es nicht in Abrede, läugne es nicht.
Ichbin nicht in Abrede, daß nicht mancher Fehler dabey sollte
vorgegangen seyn. Er ist nichts in Abrede, Less. Bejahender Weise ist
dieses Wort nicht gebräuchlich.
Anm. Ab druckt in der ersten Bedeutung
ein Vollenden, in der zweyten aber den Gegensatz aus. Der Plural ist
in der ersten Bedeutung selten, in der zweyten aber ganz ungewöhnlich.
Abreden (W3) [Adelung]
Abreden, verb. reg. 1. Activum a) Sich wegen einer Sache hinlänglich
unterreden, sich über etwas bereden. Etwas mit einem abreden. Es ist
eine abgeredete Sache. Abgeredeter Maßen. Reden sie das Nöthige mit
ihm ab, Less. b) + Sich abreden, durch vieles Reden ermüden. 2. *
Neutrum, mit haben, aberwitzig reden, besonders in hitzigen
Krankheiten; welche Bedeutung im Hochdeutschen aber eben so
ungewöhnlich ist, als die Bedeutung des Abrathens, welche letztere nur
Steinbach anführet.
Anm. In Oberdeutschland ist auch das Nebenwort
abredig, in der zweyten Bedeutung des Hauptwortes Abrede üblich; etwas
abredig seyn, es verneinen. Allein im Hochdeutschen kennet man es
nicht.
Abregnen (W3) [Adelung]
+ Abregnen, verb. imperf. reg. im gemeinen Leben, bis zur Erschöpfung
regnen, völlig ausregnen. Es hat schon abgeregnet.
Abreiben (W3) [Adelung]
Abreiben, verb. irreg. act. S. Reiben. 1) Durch Reiben wegschaffen.
Den Roth abreiben, von dem Kleide reiben. Den Rost abreiben.
Ingleichen durch Reiben gehörig reinigen, glätten. Die Kleider
abreiben. Ein Gewehr mit Bimsstein, eine Fläche mit Schachtelhalm
abreiben. 2) Durch Reiben abnützen. Die Schuhe abreiben. Das Geld
reibt sich durch vieles Ausgeben ab. 3) Durch Reiben zur
Vollkommenheit bringen. Die Farben abreiben, gehörig, zur Genüge
reiben. Einen Wetzstein abreiben, ihm durch Reiben die gehörige
Gestalt geben. So auch die Abreibung.
Abreichen (W3) [Adelung]
Abreichen, verb. reg. act. 1) Mit ausgestrecktem Arme erreichen,
daran reichen. Ich kann es kaum abreichen, kann daran reichen. 2) + Im
gemeinen Leben auch wohl so viel, als abgeben, einen Brief abreichen.
Abreifen (W3) [Adelung]
Abreifen, verb. reg. 1. * Neutrum, mit seyn, von reif, maturus,
völlig reif werden; im Hochdeutschen sehr ungewöhnlich.Ihr abgereifter
Witz beschämte tausend Frauen, Günth.2. Activum, von Reif, circulus,
den Reif oder Rand einer Sache wegnehmen. So bedeutet reifen oder
abreifen bey den Schlössern, an der groben geschwärzten
Schlösserarbeit mit dem Reifkolben die scharfen Ecken abstoßen.
Ingleichen in der Holstein. Landgerichtsordnung, einem von seinem
Acker etwas abreifen, abzwacken. Daher die Abreifung in der Bedeutung
des Activi.
Abreihen (W3) [Adelung]
Abreihen, verb. reg. act. was aufgereihet ist, aus einander nehmen.
Perlen, Äpfel abreihen.
Abreise (W3) [Adelung]
Die Abreise, plur. inusit. die Reise von einem Orte. Am Tage vor
meiner Abreise. Unsere Abreise ist auf morgen festgesetzet. Seine
Abreise beschleunigen.
Abreisen (W3) [Adelung]
Abreisen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt,
von einem Orte reisen. Wann werden sie abreisen? + Über Hals und Kopf
abreisen, in der größten Eil. Der König ist bereits von Berlin
abgereiset.
Abreißen (W3) [Adelung]
Abreißen, verb. irreg. S. Reißen.1) Als ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte seyn, schnell und mit Gewalt abgehen, abgerissen werden.
Der Strick riß ab. Der Knopf ist abgerissen. Die Kleider sind
abgerissen, durch langen Gebrauch zerrissen.2) Als ein Activum. (a)
Durch Reißen absondern, so wohl in der eigentlichen Bedeutung,
vermittelst eines Risses absondern. Ein Stück von einem Kleide, von
einem Zeuge, von einem Papiere abreißen. Das Pferd hat sich
abgerissen, hat die
Halfter zerrissen. Als auch in uneigentlicherer, mit Gewalt absondern.
Einer Taube den Kopf abreißen. Das Siegel abreißen. Ein Schloß
abreißen. Ich riß ihr armes Häuschen ab, Weiße. Sein frischer Lorber
ward ihm vom Tode abgerissen, Dusch. Und in figürlicher. Sich von
einem, oder von einer Gesellschaft abreißen, sich ungern, mit einer
Art von Zwange von derselben trennen. (b) Durch den Gebrauch
zerreißen, abnützen, besonders von Kleidungsstücken. Er reißt viel
Kleider ab. Ein abgerissener (zerrissener) Rock; wofür die
Oberdeutschen abschleißen, verschleißen, sagen. Ein abgerissener
Mensch, der in zerrissenen Kleidern einher gehet. (c) Durch Reißen, d.
i. Zeichnen, abbilden. Eine Person, ein Gebäude, eine Gegend abreißen.
Daher die Abreißung, in der ersten und zweyten Bedeutung des Activi.
Abreißer (W3) [Adelung]
Der Abreißer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug zum Abreißen,
d. i. Figuren, oder Linien zu reißen, bey verschiedenen Handwerkern.
Bey den Holzarbeitern ist es ein Pfriemen, Linien damit vorzureißen;
bey den Gärtnern, ein mit Eisen beschlagener Stab, die Figuren in den
Lustgärten damit abzureißen.
Abreiten (W3) [Adelung]
Abreiten, verb. irreg. S. Reiten. Es ist:1. Ein Neutrum, mit seyn,
von einem Orte wegreiten. Wir sind gestern von Hause, von Dresden, aus
Berlin abgeritten.2. Ein Activum. (a) Durch Reiten, oder im Reiten
absondern. Er hat dem Pferde beyde Hufeisen abgeritten. (b) Durch
vieles Reiten entkräften. Sich abreiten, ein Pferd abreiten, ein
abgerittenes Pferd. (c) Gehörig zureiten. Ein Pferd abreiten. Ein auf
der Schule abgerittenes Pferd.
Abrennen (W3) [Adelung]
Abrennen, verb. irreg. S. Rennen, welches auf gedoppelte Art üblich
ist.1. Als ein Neutrum, mit seyn, von einem Orte hinweg rennen. Sie
sind von hier abgerannt. Die Pferde rannten von dem Wege ab.2. Als ein
Activum, da es billig regulär conjugiret werden sollte, obgleich es
noch von den wenigsten geschiehet. (a) Durch Rennen oder im Rennen
absondern. Einem den Hut abrennen. Ingleichen, sich die Hörner
abrennen, in figürlichem Verstande, wie sie ablaufen, durch
nachtheilige Erfahrung klüger werden.Der sich bereits schon längst die
Hörner abgerannt, Rost.(b) Durch Rennen einer Sache berauben, im
Rennen zuvor kommen, so wohl in eigentlicher als figürlicher
Bedeutung, wie ablaufen. Einem den Rang, den Vortheil abrennen.Dem
Heere, so ihr naht, das Vortheil abzurennen, Opitz. S. Rennen.
Abrichten (W3) [Adelung]
Abrichten, verb. reg. act. einer Sache die gehörige Richtung geben,
doch mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) Im eigentlichsten Verstande.
So bedeutet auf den Eisenhämmern, das Stabeisen abrichten, es völlig
gerade richten, welches vermittelst des Abrichthammers auf dem
Abrichtstabe oder Abrichtstocke, einer Art eines Amboßes, geschiehet.
Die Schienen abrichten, ihnen die gehörige Krümme geben. Bey den
Tischlern richtet man ein Bret ab, wenn es so wohl in der Länge als
Breite gerade abgehobelt wird. Bey den Böttchern richtet man den Boden
ab, wenn man ihn rings herum eben macht. 2) In weiterer Bedeutung,
einer Sache die gehörige Richtung zur völligen Bearbeitung geben,
besonders durch richtige Abmessung. Dahin gehöret das Abrichten oder
Formiren der Buchbinder, wenn nach dem Ansetzen die gehörige Größe der
Schalen eines Buches bestimmt wird; ingleichen abrichten in den
Bergwerken, das Bühnloch und den Anfall, worein der Stämpel gelegt
wird, richtig abmessen. Auch bey den Mäurern wird eine Mauer
abgerichtet, wenn sie mit der Setzwage abgewäget wird, damit sie
überall wasserrecht bleibe. 3) In figürlicher Bedeutung, die gehörige
Fertigkeit beybringen,durch beygebrachte Fertigkeiten geschickt
machen, so wohl von Thieren. Einen Jagdhund abrichten. Einen Hund zur
wilden Schweinsjagd abrichten. Ein Pferd zur Jagd, einen Vogel zur
Beitze abrichten. Als auch von Menschen. Einen Bedienten, einen
Lehrling abrichten. Er ist auf seinen Nutzen vortrefflich abgerichtet.
Seine Kinder auf das Stehlen, oder zum Stehlen abrichten. Er ist zu
aller Bosheit abgerichtet. Daher die Abrichtung in allen obigen
Bedeutungen.
Anm. Abrichten gehet in der dritten Bedeutung mehr auf die
Fertigkeit, so wie unterrichten mehr auf die Erkenntniß. Abrichten,
durch Urtheil und Recht absprechen, von richten, judicare, ist
veraltet, so wie verschiedene andere Bedeutungen dieses Zeitwortes,
welche beym Haltaus h. v. nachgesehen werden können. Abrichten
bedeutet in Preußen auch so viel als beschmutzen, so wie in andern
Niedersächsischen Gegenden zurichten.
Abriegeln (W3) [Adelung]
Abriegeln, verb. reg. act. durch Vorschiebung des Riegels
verschließen. Eine Stube abriegeln.
Abrieseln (W3) [Adelung]
Abrieseln, verb. reg. neutr. mit seyn, los gehen und herunter
rieseln, sich in kleinen festen Theilchen absondern, wofür in einigen
Gegenden abröhren üblich ist. Der Kalk ist von der Mauer abgerieselt.
Der Sand rieselte von dem Berge ab. S. Rieseln.
Abriffeln (W3) [Adelung]
+ Abriffeln, verb. reg. act. welches ein Intensivum von abreiben und
abraufen ist, S. Riffeln. Den Flachs abriffeln, oder riffeln, die
Samenkapseln vermittelst der Raufe oder Riffel absondern.
Abrinden (W3) [Adelung]
+ Abrinden, verb. reg. act. der Rinde berauben. Einen Baum abrinden,
die Rinde abschälen. Das Brot abrinden.
Abrindig (W3) [Adelung]
Abrindig, -er, -ste, adj. et adv. Abrindiges Brot, abgebackenes, wenn
die Rinde von der Krume abstehet. + Sich abrindig sitzen oder gehen,
im Scherze, sich durch vieles Sitzen oder Gehen Blasen verursachen.
Abrinnen (W3) [Adelung]
+ Abrinnen, verb. irreg. neutr. S. Rinnen, welches das Hülfswort seyn
erfordert, hinab rinnen. Das Wasser ist von dem Berge abgeronnen, doch
nur in der niedrigen Sprechart.
Abrippen (W3) [Adelung]
Abrippen, verb. reg. act. von welchem doch nur das Particip. Pass. im
gemeinen Leben üblich ist. Ein gut abgeripptes Pferd, welches einen
guten Bau der Rippen hat.
Abrispen (W3) [Adelung]
+ Abrispen, verb. reg. neutr. mit seyn, in der Landwirthschaft. Der
Hafer rispet ab, wenn er bey dem Aufharken aus der Rispe fällt; in
manchen Gegenden abraspen, abraspeln.
Abriß (W3) [Adelung]
Der Abriß, des -sses, plur. die -sse, von abreißen, in der dritten
Bedeutung des Activi, die Abbildung einer Sache nach ihren
wesentlichen Theilen, der Riß, Entwurf. Der Abriß eines Hauses, einer
Festung. Einen Abriß von etwas machen oder nehmen. Einen Abriß lesen,
oder nennen, bey den Webern, den Arbeitern stückweise sagen, was für
Fäden vermöge des Abrisses gehoben werden müssen.
Abrohren (W3) [Adelung]
Abrohren, verb. reg. act. mit dem gehörigen Rohre versehen. So wird
von den Mäurern eine Decke oder Wand abgerohret, wenn sie gehörig mit
Rohr beschlagen wird.
Abröhren (W3) [Adelung]
* Abröhren, S. Abrieseln.
Abrollen (W3) [Adelung]
Abrollen, verb. reg. 1. Ein Neutrum. (a) + Mit seyn, rollend herab
fallen. Es rollten Steine von dem Berge ab. Die Thränen rollten hier
von ihren Wangen ab, Rost. (b) Mit haben, das Rollen der Wäsche
vollbringen. Die Wäscherinnen haben abgerollet. In einigen Gegenden
abmangeln.2. Ein Activum. (a) + Hinab rollen. Einen Stein von dem
Berge abrollen. (b) Was zusammen gerollet war, völlig aus einander
rollen. Ein Stück Zeuges abrollen. (c) Bey den Buchbindern, die
krausen Einfassungen der Bücher mit dem Rolleisen völlig abdrucken.
Geschiehet es mit Stämpeln, so heißt es abstämpeln. (d) Mit der
Wäschrolle zur Genüge glätten. Ein Stück Zeuges abrollen.
Abrosten (W3) [Adelung]
Abrosten, verb. reg. neutr. mit seyn, durch Rost abgesondert werden.
Der Knopf ist von der Stange abgerostet.
Abrotten (W3) [Adelung]
+ Abrotten, verb. reg. neutr. mit seyn, durch Fäulniß abgesondert
werden, besonders in Niedersachsen. So sagt man von dem Getreide, daß
es abrotte, wenn es zu lange auf dem Schwade liegen bleibt, so daß es
ausfällt.
Abrücken (W3) [Adelung]
Abrücken, verb. reg. act. von etwas hinweg rücken. Den Tisch
abrücken. Den Stuhl von der Wand abrücken. Die Zeilen abrücken,
absetzen, neue anfangen. Daher die Abrückung.
Abrudern (W3) [Adelung]
Abrudern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, vermittelst der
Ruder sich von einem Orte entfernen. Von dem Lande abrudern.
Abruf (W3) [Adelung]
Der Abruf, des -es, plur. inusit. von dem folgenden. 1) Die
Verkündigung von einem höhern Orte. 2) Die Abforderung oder das
Abrufen eines Vasallen aus einem fremden Dienste.
Abrufen (W3) [Adelung]
Abrufen, verb. irreg. act. S. Rufen. 1) Von einem erhabenen Orte mit
lauter Stimme verkündigen. Der Nachtwächter hat schon zehen abgerufen,
weil solches ehedem von einem erhöheten Orte geschah. 2) Zum letzten
Mahle rufen. Der Wächter ruft ab, hat schon abgerufen, ruft gegen
Morgen zum letzten Mahle ab. 3) Von einem Orte wegrufen. Jemanden aus
der Kirche, aus der Komödie abrufen. Einen von seinen Geschäften
abrufen. Einem die Kunden, die Kaufleute abrufen, eine gewöhnliche
Unart der kramenden Handwerker, wenn sie nicht weit von einander feil
haben. Besonders in fremden Diensten befindliche Vasallen zu sich
rufen, mit einem Lateinischen Worte avociren. S. auch Abberufen. 4)
Durch Rufen erreichen. Er ist bereits so weit, daß man ihn nicht mehr
abrufen kann. 5) + Sich abrufen, sich matt und müde rufen, ist
niedrig. Daher die Abrufung.
Anm. Geld abrufen, wird in Oberdeutschland
auch für verrufen gesaget; ingleichen der Abruf des Geldes.
Abrühren (W3) [Adelung]
Abrühren, verb. reg. act. 1) Zur Genüge rühren, zu einem Breye
rühren. Das Mehl, die Eyer abrühren, in den Küchen. Die Suppe mit
einem Eye abrühren, wie abquerlen. 2) Durch Rühren absondern. Pflaumen
abrühren, sie im Sieden durch Umrühren von den Kernen absondern.
Abründen (W3) [Adelung]
Abründen, oder Abrunden, verb. reg. act. gehörig rund machen. Ein
Brett, ein Stück Metall abründen. So auch die Abründung oder
Abrundung.
Abrupfen (W3) [Adelung]
Abrupfen, verb. reg. act. durch Rupfen absondern, wegschaffen.
Blätter von einem Baume abrupfen. Der Gans die Federn abrupfen.
Ingleichen, durch Rupfen kahl machen. Eine Gans, ein Huhn abrupfen.
Daher die Abrupfung.
Anm. Die figürliche Bedeutung, in welcher Opitz
sang: Wenn nachmahls uns der kurzen Rast Gewinn Wird abgerupft, so
fliegen wir dahin, ist im Hochdeutschen nicht gebräuchlich.
Abrüsten (W3) [Adelung]
Abrüsten, verb. reg. neutr. mit haben, ein Gerüst abbrechen, im
Gegensatze des aufrüsten.
Abrutschen (W3) [Adelung]
+ Abrutschen, verb. reg. neutr. mit seyn, in den niedrigsten
Sprecharten für abgleiten.
Abrütteln (W3) [Adelung]
Abrütteln, verb. reg. act. durch Rütteln absondern, wegschaffen.
Absäbeln (W3) [Adelung]
Absäbeln, verb. reg. act. mit dem Säbel abhauen. Einem den Kopf,
einen Arm absäbeln. S. Säbel.
Absacken (W3) [Adelung]
Absacken, verb. reg. act. 1) Eigentlich, eine in einem Sacke
befindliche Last abnehmen. Einen Esel absacken. 2) + Figürlich, doch
nur im niedrigen Scherze, einen des Seinigen berauben. Einem sein
Geld, eine gemachte Beute absacken.
Anm. Absacken in der Bedeutung des
Abpflügens, wird richtiger abzacken und abzackern geschrieben. S. das
letzte.
Absäen (W3) [Adelung]
Absäen, verb. reg. act. 1) Bey den Fell- und Lederbereitern, dieFelle
inwendig vor dem Beitzen mit Schrot von Getreide gehörig bestreuen. S.
auch Ansäen. 2) Abgesäeter Lein, in Schlesien, der durch wiederhohlte
Aussaat schlechter geworden ist, im Gegensatze des frischen Samens. 3)
Ein abgesäeter Acker, der durch fortgesetzte Bestellung entkräftet
worden, dem man keine Brache oder Ruhe verstattet hat.
Absage (W3) [Adelung]
Die Absage, plur. die -n, von dem folgenden. 1) Die Aufkündigung oder
Widerrufung einer vorher bedungenen oder bestellten Sache; die
Aufsagung. Besonders, 2) * die ehedem so übliche Aufkündigung der
Freundschaft, und damit verbundene Ankündigung thätlicher
Feindseligkeiten. Einem Absage thun. Ingleichen die Schrift, worin
solches geschahe, welche auch ein Absagebrief, oder Fehdebrief, und im
Nieders. Entsagebrief genannt wurde. 3) * Die Begebung eines Rechts,
die Verzicht. In allen drey Bedeutungen kommt dieses Wort heut zu Tage
wenig mehr vor.
Absagen (W3) [Adelung]
Absagen, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum. 1) Eine getroffene Abrede
widerrufen, eine bestellte Sache aufsagen. Eine bestellte Arbeit
absagen. Einen Besuch absagen lassen. Die Versammlung absagen. 2) +
Einem etwas absagen; es ihm absprechen, nur im gemeinen Leben.II. Ein
Neutrum, mit haben, und dem Dative der Person. 1) * Einem absagen, ihm
thätliche Feindseligkeiten ankündigen. Diese Bedeutung ist mit den
ehemahligen Formalien der Sache selbst veraltet, und nur noch der
Ausdruck, ein abgesagter, d. i. öffentlicher, erklärter Feind, davon
übrig. 2) Sich einer Person oder Sache förmlich begeben, erklären, daß
man keinen Theil an derselben, keine Verbindung mit ihr haben wolle;
edler ihr entsagen. Einem Knechte, einer Sache, einer Person absagen.
Dem unordentlichen Leben absagen. Sind diese Ergetzungen es werth, daß
man ihnen zu Gefallen der Vernunft und der Gottheit absaget? Kästn.
Und sie, sie selbst sagen Climenen ab? Cron. So auch die Absagung, in
allen obigen Bedeutungen.
Anm. Einem etwas absagen, für abschlagen, im
Gegensatze des Zusagens, und, einem das Leben absagen, bey dem Opitz,
Ps. 109, 31. für absprechen, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. Der
Unterschied, welcher in den Rechten zwischen Absage in der zweyten
Bedeutung und Fehde gemacht wird, ist eine bloße Grille der neuern
Rechtslehrer. Wachter leitet absagen in der zweyten Bedeutung nicht
von sagen, dicere, sondern von dem alten sachan, litem contestari,
her; aber ohne Roth und ohne Anführung hinlänglicher Beweisgründe. S.
auch Entsagen, ingleichen Sache.
Absägen (W3) [Adelung]
Absägen, verb. reg. act. mit der Säge absondern. Einen Ast, einen
Baum, ein Glied absägen. Daher die Absägung.
Absahnen (W3) [Adelung]
Absahnen, verb. reg. act. die Milch absahnen, die Sahne davon nehmen,
wie Abrahmen.
Absatteln (W3) [Adelung]
Absatteln, verb. reg. act. den Sattel abnehmen. Ein Pferd absatteln.
Absatz (W3) [Adelung]
Der Absatz, des -es, plur. die -sätze, von absetzen, doch nur in
einigen Bedeutungen. 1) Die Handlung des Absetzens, ohne Plural; nur
in einigen wenigen Fällen. Der Absatz einer Münzsorte, besser die
Abwürdigung, Verrufung derselben. Ein Glas ohne Absatz austrinken,
ohne es von dem Munde abzusetzen. + Zuweilen auch in weiterer
Bedeutung, die Unterbrechung einer Handlung. Ohne Absatz laufen,
welches aber zweydeutig ist. 2) Der Zustand, da etwas abgesetzet wird;
auch ohne Plural, und gleichfalls nur in einigen figürlichen
Bedeutungen. (1) Der Vertrieb, Verkauf einer oder mehreren Waaren.
Vielen Absatz haben, viele Waaren verkaufen. Ein Kaufmann hat starken,
schlechten Absatz wenn er viel, wenig verkauft. Ich verspreche mir von
dieser Waare einen guten Absatz. In dieser Be-
deutung sagt man im Oberdeutschen Verschließ oder Verschluß, in
Westphalen Slett, Slette, und in andern Niedersächsischen Gegenden
Bedrief, (2) * Der Zustand merklicher Unähnlichkeit bey erwarteter
Ähnlichkeit. Einen Absatz gegen etwas machen, einen Contrast, dagegen
abstechen. Es ist unbeschreiblich, welchen rührenden Absatz ihr
Betragen gegen ihre Kleidung machte. Die Liebe macht in den Augen
eines Menschen, der ihr Gegenstand nicht ist, einen Absatz, der diesem
letztern nachtheilig werden kann, Hermes. In dieser Bedeutung ist es
von einigen Neuern versucht worden, das ausländische Contrast zu
ersetzen, wozu es aber wegen seiner Vieldeutigkeit eben nicht sehr
geschickt ist. S. Absetzen, auch Abstich und Abstechen.3) Dasjenige,
was abgesetzet wird, oder abgesetzet worden, mit dem Plural; in
verschiedenen Bedeutungen des Zeitwortes. Besonders der Ort, wo eine
gerade Linie oder Fläche, und in weiterer Bedeutung, wo eine Handlung
in ihrem Fortgange unterbrochen wird. Der Absatz eines Berges, wo er
in seiner geraden Höhe unterbrochen wird. Der Absatz an einem Kohre
oder Halme, welcher auch der Knoten, und in Oberdeutschland das
Gleich, d. i. Gelenk, genannt wird. Der Absatz in der Baukunst, die
Glieder des Säulenfußes zwischen dem Grundsteine und dem Würfel. Der
Absatz in den Gärten, ein eingefaßtes Blumenbeet längs den Gängen und
Wänden. Der Absatz einer Treppe. Der Absatz an einem Fahrschachte, in
den Bergwerken, so auch ein Abtritt, ingleichen eine Wechselbühne
genannt wird. Der Absatz eines Ganges, wenn der Gang von seinem
Streichen absetzet oder abweichet. Der Absatz in einer Schrift, wenn
eine neue Zeile vorne angefangen wird, und in weiterer Bedeutung, oft
eine jede Abtheilung in derselben. Der Absatz in einem Liede, die
Strophe. Der Absatz an den Schuhen, der erhöhete Theil unter der
Ferse. Daher bey den Schuhmachern der Absatzdraht, womit die Absätze
vermittelst des Absatzortes und der Absatzwecken angenähet werden; der
Absatzschneider, der die hölzernen Absätze für die Schuhmacher
schneidet.
Absätzig (W3) [Adelung]
+ Absätzig, adj. et adv. welches nur in den Bergwerken üblich ist.
Ein absätziger Ort, dessen Beschaffenheit eine Abänderung leidet; wenn
sich z. B. in einem geschmeidigen Steine eine Bergfeste zeiget.
Absäubern (W3) [Adelung]
Absäubern, verb. reg. act. sauber machen, von Unreinigkeiten
befreyen. Einen Topf, ein Geschirr absäubern. Das Erz absäubern, in
den Bergwerken. Daher die Absäuberung.
Absaufen (W3) [Adelung]
+ Absaufen, verb. irreg. act. S. Saufen. 1) Durch Saufen wegnehmen.
Etwas oben absaufen. 2) Sich durch Saufen in Ansehung einer
Schuldforderung bezahlt machen. Eine Schuldforderung absaufen. 3)
Durch Saufen einer Sache berauben, ein dem gelehrten Pöbel auf
Universitäten hinlänglich bekannter Gebrauch. Und Leipzigs Krone ward
dem Feigen abgesoffen, Zach. 4) Sich absaufen, durch unmäßiges Trinken
entkräften. In allen diesen Bedeutungen gehöret es, so wie das
einfache saufen, in die niedrigste Schreib- und Sprechart.
Absäugeln (W3) [Adelung]
Absäugeln, verb. reg. act. welches das Diminutivum von absäugen ist,
und von den Gärtnern auch in dessen Bedeutung gebraucht wird.
Absaugen (W3) [Adelung]
Absaugen, verb. irreg. act. S. Saugen. 1) Das Äußere einer Sache
durch Saugen wegnehmen. 2) Durch vieles Saugen entkräften. Das Kind
hat die Amme ganz abgesogen.
Absäugen (W3) [Adelung]
Absäugen, verb. reg. act. 1) Zur Genüge säugen. Ein Kind absäugen, es
bis zur Sättigung säugen. 2) * Entwöhnen, im Hochdeutschen
ungewöhnlich. Als er ist abgeseuget vonsiner muter, heißtes in einem
alten Psalter von 1503. 3) Durch Säugen absondern, besonders im
Gartenbaue, einen Zweig eines Baumes, ohne ihn abzuschneiden, auf
einen andern Stamm pfropfen; welche Verrichtung auch absäugeln und
ablactiren genannt, und irrig mit dem Ablegen verwechselt wird. Daher
die Absäugung.
Absceß (W3) [Adelung]
Der Absceß, des -sses, plur. die -sse, aus dem Lateinischen
abscessus, bey den Mundärzten, ein Geschwür, eine Eiterbeule.
Abschaben (W3) [Adelung]
Abschaben, verb. reg. act. durch Schaben wegschaffen. Den Koth von
dem Kleide, das Moos von den Bäumen abschaben. Ingleichen durch
Schaben reinigen. Das Kleid, den Baum abschaben. Wie auch durch
Schaben glatt machen, beschaben. Ein Holz mit Glas abschaben.
Abschäbsel (W3) [Adelung]
+ Das Abschäbsel, des -s, plur. inus. was von einer Sache abgeschabet
worden, das Schabsel.
Abschachteln (W3) [Adelung]
Abschachteln, verb. reg. act. bey verschiedenen Künstlern, mit
Schachtelhalm abreiben, oder glatt machen. Einen Tisch, ein Kästchen
abschachteln.
Abschaffen (W3) [Adelung]
Abschaffen, verb. reg. act. von schaffen, befehlen. 1) Was man
gewöhnlich um sich hatte, zu seinem Dienste hatte, wegschaffen, von
Menschen und Thieren. Einen Bedienten abschaffen. Sein Gesinde
abschaffen. Pferde und Wagen abschaffen. Einen Hund, eine Katze, das
Federvieh abschaffen. 2) Durch einen Befehl aufhören machen, aufheben.
Ein Gesetz, einen Gebrauch, eine Gewohnheit abschaffen. Die vielen
Feyertage sind in den meisten Ländern abgeschaffet worden. Dieser
Mißbrauch ist längst abgeschaffet worden. So auch die Abschaffung.
Anm.
Die Sache, welche abgeschaffet wird, wird in beyden Fällen als
nachtheilig, wenigstens als überflüssig voraus gesetzt; daher dieses
Zeitwort allemahl einen harten Nebenbegriff hat. In der ersten
Bedeutung wird es im Hochdeutschen außer den angeführten Fällen nicht
leicht gebraucht. Allein in Oberdeutschland bedeutet es überhaupt so
viel, als sich einer Person entledigen, und man sagt daselbst so wohl,
einen Bettler abschaffen, einen mit Ungestüm abschaffen, d. i.
abweisen, als auch, einen aus der Gesellschaft abschaffen.
Abschälen (W3) [Adelung]
Abschälen, verb. reg. act. der Schale berauben, als Schale absondern,
schälen. Obst abschälen, abgeschälte Äpfel. Einen Baum abschälen. Die
Rinde abschälen. Sich abschälen, als Schale, blätterweise abgehen; in
den gemeinen Sprecharten abschelfern. Einen wilden Boden abschälen,
den Rasen mit dem Schälpfluge wegnehmen, ihn entrasen. Daher die
Abschälung.
Abschalmen (W3) [Adelung]
+ Abschalmen, verb. reg. act. welches in der Niedersächsischen
Mundart, besonders in der Mark Brandenburg, im Forstwesen üblich, und
eigentlich mit abschälen einerley ist. Besonders bedeutet es daselbst,
1) die Bäume im Walde vermittelst des Anschälens zeichnen; und dann,
2) figürlich, einen Theil der Weide in den Wäldern absondern, welches
vermittelst eines solchen Anschälens der Bäume geschiehet. S. Schalm
und Schalmen.
Abschank (W3) [Adelung]
* Der Abschank, des -es, plur. car. S. Abschenken.
Abschärfen (W3) [Adelung]
Abschärfen, verb. reg. act. 1) Der Schärfe, besonders der scharfen
Ecken berauben. So wird bey den Buchbindern und Schustern das Leder
abgeschärft, wenn es am Rande dünner geschnitten wird. In eben
demselben Verstande gebrauchen es auch die Holz- und Metallarbeiter.
2) Bey den Jägern so viel als ablösen oder abschneiden. Daher die
Abschärfung.
Abscharren (W3) [Adelung]
Abscharren, verb. reg. act. durch Scharren wegbringen. Den Ruß, den
Teig abscharren. Den Kalk von der Wand abschar-
ren. Ingleichen durch Scharren gehörig reinigen. Den Trog, die Wand
abscharren. Die Hauptwörter Abscharrsel und Abscharricht, für
dasjenige, was abgescharret wird, sind nur im Oberdeutschen üblich.
Abschatten (W3) [Adelung]
Abschatten, verb. reg. act. einen Schattenriß von etwas machen;
Franz. silhouetter. Eine Person abschatten. So auch die Abschattung.
Abschauen (W3) [Adelung]
* Abschauen, verb. reg. act. Einem etwas, nur im Oberdeutschen, für,
es ihm absehen.
Abschauern (W3) [Adelung]
+ Abschauern, verb. reg. act. vermittelst einer Scheidewand
absondern, nur in einigen Gegenden. In Niedersachsen abscheren. S.
auch Abkleiden.
Abschaufeln (W3) [Adelung]
Abschaufeln, verb. reg. act. mit der Schaufel von etwas wegschaffen.
Den Schnee abschaufeln, von dem Dache. Ingleichen, auf diese Art
reinigen. Das Dach abschaufeln.
Abschaum (W3) [Adelung]
Der Abschaum, des -es, plur. car. 1) Eigentlich, was abgeschäumet
worden, eine abgeschäumte Unreinigkeit; welche Bedeutung doch selten
ist. 2) Figürlich, das schlechteste, schändlichste seiner Art. Der
Abschaum des Witzes eines Zotenreißers. Er ist der Abschaum von allen
bösen Buben. Der Abschaum des menschlichen Geschlechts, Faex
perditorum sentina et purgamenta reipublicae.
Abschäumen (W3) [Adelung]
Abschäumen, verb. reg. act. in Gestalt des Schaumes wegschaffen. Die
Unreinigkeiten abschäumen. Ingleichen, von dem Schaume befreyen, der
in Gestalt des Schaumes vorhandenen Unreinigkeiten entledigen. Das
Fleisch, den Honig, den Zucker abschäumen. Daher die Abschäumung.
Abscheeren (W3) [Adelung]
Abscheeren, S. Abscheren.
Abscheiden (W3) [Adelung]
Abscheiden, verb. irreg. ( S. Scheiden,) welches auf gedoppelte Art üblich ist.1. Als ein Activum, von andern Dingen scheiden.
a) In der Chymie, Körper, die mit einander vermischt sind, von einander sondern. Gold von dem Silber abscheiden, wo aber das einfache Scheiden üblicher ist. In den Hüttenwerken nennet man besonders das Scheiden des Goldes von dem Silber vermittelst des Scheidewassers, abscheiden.
b) In den Rechten an einigen Orten, Kindern ihren Antheil an der künftigen Erbschaft geben, und sie dadurch von allen künftigen Ansprüchen ausschließen, welches an einigen Orten auch absondern, abtheilen, abschichten, und ablegen genannt wird. Abgeschiedene Kinder.
c) * Den Abschied geben, verabschieden, welche Bedeutung aber veraltet ist, und unter andern nur noch in Luthers Übersetzung der Bibel vorkommt, wo man Matth. 5, 32. Kap. 19, 9. Luc. 16, 18. das Partic. Pass. eine Abgescheidete findet. S. Scheiden.
d) Von der Verbindung mit andern Menschen absondern, in welcher Bedeutung doch nur das Particip. abgeschieden üblich ist. Ein abgeschiedenes Leben führen, ein
einsames. In den Klöstern sollte man von der Welt abgeschieden seyn, abgesondert. S. auch Abgeschiedenheit.
2. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich von einem Orte entfernen, aber jetzt nur noch als ein gemilderter Ausdruck des Sterbens. Aus dieser Welt, oder von der Welt abscheiden. Er ist bereits abgeschieden, d. i. verstorben; wofür man auch verscheiden saget. Ich habe Lust abzuscheiden und bey Christo zu seyn, Phil. 1, 27. Die abgeschiedenen Seelen, die Seelen der Verstorbenen.So auch die Abscheidung in der thätigen Bedeutung, das Abscheiden, besonders in der neutralen, und der Abschied in beyden.
Anm. Abscheiden für abreisen, Goth. afskaida, war ehedem sehr gebräuchlich.Die Kunigin im ein urlaub gab, Mit solchem da schid der pot ab, Thruerb. Unfalo vom Heldan abschid, ebend. Und in Oberdeutschland kommt diese Bedeutung noch vor. S. Abschied.
Abscheider (W3) [Adelung]
Der Abscheider, des -s, plur. ut. nom. sing. in den Hüttenwerken
derjenige, welcher das Gold vermittelst des Scheidewassers von dem
Silber scheidet.
Abschenken (W3) [Adelung]
* Abschenken, verb. reg. act. das bestimmte Maß Getränkes austheilen.
Besonders an einigen Höfen, den Cavaliers, welche dem Hofe folgen, auf
Reisen etwas zum Schlaftrunke reichen, welches der Abschank genannt
wird.
Abscheren (W3) [Adelung]
Abscheren, verb. irreg. act. S. Scheren. 1) Mit dem Schermesser
wegnehmen. Die Haare, den Bart abscheren. Ingleichen auf solche Art
reinigen; glatt machen. Das Haupt abscheren. 2) * Mit einer,
Scheidewand absondern, abtheilen, in einigen Gegenden abschauern, in
andern abkleiden.
Abscheu (W3) [Adelung]
Der Abscheu, des -es, plur. car. 1) Der höchste Grad der Abneigung
der Empfindungen von einem Gegenstande. Einen Abscheu vor etwas haben,
oder tragen, ist besser, als an etwas. Einem einen Abscheu vor etwas
beybringen. Ich empfinde bey mir einen gewissen Abscheu vor diesem
Gedanken, Dusch. 2) Figürlich, der Gegenstand des Abscheues. Diese
Sache ist mir ein Abscheu. Er ist ein Abscheu in jedermanns Augen. Es
ist ein Abscheu von einem Menschen, Gell.
Anm. In einigen Gegenden ist
es im weiblichen Geschlechte üblich, die Abscheu. S. Scheu.
Abscheuern (W3) [Adelung]
Abscheuern, (nicht abscheuren, S. Scheuern,) verb. reg. act. 1) Durch
Scheuern wegbringen. Den Schmutz abscheuern. Ingleichen, durch
Scheuern gehörig reinigen. Einen Kessel, ein Gefäß abscheuern. 2) +
Jemanden abscheuern, ihm einen derben Verweis geben.
Abscheulich (W3) [Adelung]
Abscheulich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Abscheu erweckend. Ein
abscheulicher Mensch, ein abscheuliches Gesicht, abscheuliche Bilder,
ein abscheulicher Gestank, ein abscheuliches Laster, eine abscheuliche
That. Das ist abscheulich. Ich war mir selbst abscheulich, Dusch. Je
näher ich dem Abscheulichen komme, desto abscheulicher wird er mir,
Weiße. 2) + Sehr groß, sehr heftig, doch nur im gemeinen Leben und in
niedrigen Ausdrücken. Abscheuliche Summen, abscheuliche Unkosten. Nun
juckt mir das Schienbein abscheulich, Gell. Abscheulich reich,
abscheulich schön u. s. f. sind noch widersinniger.
Abscheulichkeit (W3) [Adelung]
Die Abscheulichkeit, plur. die -en, 1) Die Eigenschaft, Abscheu zu
erregen; ohne Plural. Kein Wort vermag, die Abscheulichkeit dieses
Anschlages auszudrucken. 2) Eine abscheuliche Sache, mit dem Plural.
Abscheuren (W3) [Adelung]
Abscheuren, S. Abscheuern.
Abschichten (W3) [Adelung]
+ Abschichten, verb. reg. act. für abtheilen; besonders in den
Rechten an einigen Orten, so viel, als abfinden, abscheiden,
abtheilen, d. i. mit einem Theile des Vermögens von der künftigen
Erbschaft ausschließen.
Abschicken (W3) [Adelung]
Abschicken, verb. reg. act. 1) Von einem Orte wegschicken, absenden.
Einen Bothen, einen Brief, Waare abschicken, wofür man in der höhern
Schreib- und Sprechart absenden saget. 2) Sein Gebeth zu Gott
abschicken, Seufzer zu dem Himmel, fromme Wünsche zur Vorsicht
abschicken, in figürlicher Bedeutung. Daher die Abschickung.
Abschieben (W3) [Adelung]
Abschieben, verb. irreg. S. Schieben.1) Ein Activum. (a) Durch
Schieben von einem Orte entfernen, von etwas hinweg schieben. Den
Tisch, einen Schrank abschieben, von der Wand. Und zuweilen im
gemeinen Leben auch
figürlich, eine Schuld, ein Verbrechen von sich abschieben. (b)
Jemanden abschieben, im Kegelspiele, wenn auf die meisten geschoben
wird, mehr schieben, als er. (c) Was zu viel war, abschieben, eben
daselbst, durch Schieben vermindern. Das Verlorne abschieben, es
wieder gewinnen.2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, nur in der
Landwirthschaft, wo es von den Pferden, dem Horn- und Schafviehe
gebraucht wird, und die letzten Füllen-Kalbs- oder Lammeszähne
verlieren, bedeutet, welches bey den Schafen im fünften oder sechsten
Jahre geschiehet. Die Kuh hat noch nicht abgeschoben. Abgeschobenes
Vieh, welches abgeschoben hat.
Abschied (W3) [Adelung]
Der Abschied, des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte abscheiden. Es führet überhaupt den Begriff der Absonderung und Abtheilung bey sich, wird aber nur in den figürlichen Bedeutungen des Verbi gebraucht. Es bezeichnet,
1) Nach Maßgebung des Activi abscheiden.
(a) Die Entlassung eines andern aus seinen Diensten; ohne Plural. Einem seinen Abschied geben, auch ihn verabschieden, so wohl in gutem als bösem Verstande; ersteres nur im gemeinen Leben, und wenn man ohne Achtung spricht. Einem Bedienten, einem Soldaten, einem Gesellen seinen Abschied geben. Den Abschied verlangen, fordern. Seinen Abschied nehmen, einen Dienst verlassen. Hiermit hast du deinen Abschied. Ingleichen das schriftliche Zeugniß, das man einem solchen bey seiner Entlassung gibt. Figürlich sagt man: den Sünden, den Lastern Abschied geben, sie verlassen, sie ablegen. Der Welt Abschied geben, so wohl sich der Verbindung mit der Welt und allen irdischen Dingen entziehen, als auch sterben.
(b) Was bey dem Schlusse einer gerichtlichen oder andern feyerlichen Versammlung beschlossen und ausgesprochen wird. So bedeutet Abschied in den Rechten die gerichtliche Entscheidung einer Sache, und die Schrift, welche solche enthält. So auch ein Landtagsabschied, ein Reichstagsabschied, oder Reichsabschied, ein Schluß, der bey dem Abschiede der Reichs- oder Landstände bekannt gemacht wird. (c) In einigen Niedersächsischen Gegenden, die Entlassung eines abgelebten Leibeigenen von dem Gute, da man ihn in einem Häuschen zur Ruhe setzet, die Abnahme. Der ihm zu seinem Unterhalte ausgesetzte Theil wird alsdann das Altentheil genannt.
2) Von dem Neutro, die Abreise von einem Orte, oder die Entfernung aus einer Gesellschaft, ohne Plural. Noch mehr aber die feyerlichen Umstände, welche die Höflichkeit in solchen Fällen eingeführet hat. Abschied von jemanden nehmen. Hinter der Thür Abschied nehmen, ohne Abschied zu nehmen fortgehen oder fortreisen. Der Abschied aus diesem Leben, der tödtliche Hintritt. Daher die Abschieds-Audienz eines Gesandten oder anderer vornehmen Personen; der Abschiedsbrief, der Abschiedsbesuch, das Abschieds-Compliment, die Abschiedsrede, das Abschiedsgedicht, der Abschiedsschmaus u. s. f.
Anm. Würde der Unterschied in der Conjugation zwischen dem Activo Scheiden und dem Neutro Scheiden beobachtet, so müßte auch dieses Hauptwort, so fern es von dem Imperfecto des Activi gebildet ist, Abscheid geschrieben und gesprochen werden, so wie man Halbscheid, und zuweilen auch Unterscheid findet. Einige Mundarten sagen auch wirklich Abscheid. Allein im Hochdeutschen ist Abschied allgemein. Der Plural, die Abschiede, kann nur von schriftlichen Zeugnissen der Entlassung, ingleichen von gerichtlichen Abschieden und den Abschieden der Land- und Reichstage gebraucht werden. Abschied ist in dieser Bedeutung vermuthlich nach dem mittlern Lateinischen Recessus gebildet worden, und beziehet sich zunächst auf das Auseinandergehen einer Versammlung. Von Reichsabschieden kommt dieses Wort zuerst unter dem Kaiser Friedrich dem Vierten vor. Die Rechtslehrer sindnicht einig, wie Abschied, Bescheid, und Urtheil von einander unterschieden sind. So viel ist gewiß, daß unter diesen drey Wörtern oft gar kein Unterschied beobachtet wird, zumahl da die Gewohnheit jedes Ortes bald dieses bald jenes von den gedachten drey Wörtern angenommen hat. Siehet man auf die Abstammung, so wird man denen beypflichten müssen, die eine sogenannte Sententiam interlocutoriam, oder den Ausspruch eines Richters über einen Nebenpunct, ingleichen den Ausspruch des Richters auf einseitiges Ansuchen einer Partey einen Bescheid, das Endurtheil aber, wodurch die Hauptsache entschieden wird, einen Abschied nennen, obgleich in den meisten Gerichten dafür das Wort Urtheil üblich ist. In den Graubünden wird auch der schriftliche Vortrag einer wichtigen Sache, welche an die ganze Versammlung gebracht wird, ein Abschied genannt. Daß Abschied ehedem auch einen bestimmten Theil von Gütern oder Einkünften, womit jemand abgeschieden wurde, bedeutet habe, erhellet aus dem Haltaus h. v.
Abschiedsbrief (W3) [Adelung]
Der Abschiedsbrief, des -es, plur. die -e, 1) Ein Brief, worin man
von jemanden Abschied nimmt. 2) In den Rechten an einigen Orten ein
Schreiben oder Bericht, welchen der Unterrichter nach geschehener
Appellation an den Oberrichter ertheilet, Apostoli, Litterae
dimissoriae. Ingleichen, ein schriftliches Zeugniß, welches man
jemanden bey seinem Abschiede gibt.
Abschiefern (W3) [Adelung]
Abschiefern, verb. reg. act. nach Art des Schiefers, d. i. in dünnen
Blättern, absondern. Sich abschiefern, sich auf solche Art ablösen.
Die Wasserfarben schiefern sich durch vieles Reiben ab. Daher die
Abschieferung.
Abschienen (W3) [Adelung]
Abschienen, verb. reg. act. 1) Mit den gehörigen Schienen versehen.
2) Die Schienen abnehmen. 3) In dem Bergbaue einiger Gegenden, eine
Grube abziehen oder abmessen. Daher wird in den Ungarischen Bergwerken
der Markscheider Abschiener genannt.
Abschießen (W3) [Adelung]
Abschießen, verb. irreg. S. Schießen, welches in gedoppelter Gattung
üblich ist.1. Als ein Activum (a) Durch eine schnelle sausende
Bewegung herab oder forttreiben. Einen Pfeil, einen Bolzen abschießen.
Dann aber auch metonymisch, von allerley Schießgewehren. Einen Bogen,
eine Armbrust, eine Flinte, eine Büchse, eine Kanone abschießen. (b)
Vermittelst eines Schusses absondern. Einen Vogel abschießen, von der
Stange. Einem eine Hand, den Fuß, den Arm u. s. f. abschießen. (c) Im
Jagdwesen, alles eingestellte Wild niederschießen, und dadurch einer
großen Jagd ein Ende machen; abschießen, ein Abschießen halten,
welches auch abjagen, und ausschießen genannt wird. (d) Einen
abschießen, näher am Ziele treffen als er, und ihn dadurch des Preises
berauben.2. Als ein Neutrum. (a) Mit dem Hülfsworte seyn. (1) Mit
einer schnellen schießenden Bewegung herab fallen, besonders von dem
Wasser. Das Dach muß abhängig seyn, damit das Wasser abschießen könne.
(2) Figürlich von den Farben, sein erstes Ansehen verlieren, an der
Luft lichter werden, verschießen. Die Farbe ist sehr abgeschossen.
Diese Farbe wird nicht so leicht abschießen. (b) Mit dem Hülfsworte
haben, zum letzten Mahle schießen; bey den Schützen-Compagnien.Daher
die Abschießung in den Bedeutungen des Activi.
Abschiffen (W3) [Adelung]
Abschiffen, verb. reg. 1. Activum, zu Schiffe fortbringen. Güter,
Waaren abschiffen. Daher die Abschiffung. 2. Neutrum, mit dem
Hülfsworte seyn, zu Schiffe von einem Orte wegfahren, absegeln. Vom
Lande abschiffen. Sie waren schon aus dem Hafen abgeschiffet.
Abschildern (W3) [Adelung]
Abschildern, verb. reg. act. 1) Eigentlich, so viel als abmahlen.
Eine Person, eine Blume abschildern. Noch mehr aber, 2) figür-
lich, in der edlern und höhern Schreibart, sinnlich abbilden. Mit
einem Gesichte, auf dem alle Furien abgeschildert sind. Diese Thräne,
diese Seufzer, diese Sprache der Natur, wo sich die empfindlichste
Seele mit so vieler Aufrichtigkeit abschildert, Weiße. Ingleichen
lebhaft beschreiben. Ach laß mich die traurige Scene meines Jammers
abschildern! Dusch. So auch die Abschilderung.
Abschinden (W3) [Adelung]
+ Abschinden, verb. irreg. act. S. Schinden, in gemeinen und
niedrigen Ausdrücken, schneidend abziehen. Einem Stücke Vieh die Haut,
das Fell abschinden. Dem Baume die Rinde abschinden. Und dann
metonymisch, ein todtes Vieh, einen Baum abschinden.
[Adelung]
Abschlachten (W3) [Adelung]
Abschlachten, verb. reg. act. 1) Gehörig schlachten. Ein Schwein, ein
Kalb, eine Kuh abschlachten. 2) Ohne Beysatz des Accusativs, das
jährliche Schlachten des Mastviehes vollenden. Wir haben bereits
abgeschlachtet. Daher die Abschlachtung.
Abschlag (W3) [Adelung]
Der Abschlag, des -es, plur. die -äge bedeutet:I. Nach Maßgebung der
thätigen Bedeutung des Zeitwortes abschlagen. 1) Dasjenige, was
abgeschlagen wird. So nennet man, (a) an einigen Orten den
Tannenabschlag, Lichenabschlag u. s. f. dasjenige, was bey dem Fällen
der Bäume und bey dem Schlagen des Klafterholzes an Ästen, Zweigen u.
s. f. abgehet, und auch der Afterschlag, Schuppenschlag, der Abraum
heißt. (b) Was durch Schlagen abgebildet worden; z. B. bey den
Schriftgießern, die so genannte Matrize, welche entstehet, wenn der in
Stahl geschnittene Stämpel in ein weicheres Metall geschlagen und
dadurch abgebildet wird, daher eine solche Matrize auch der Abschlag
heißt. 2) Die Handlung des Abschlagens, doch nur in einigen wenigen
Fällen. Besonders die künstige Abrechnung, von dem veralteten
abschlagen, abrechnen; doch nur mit der Präposition auf und einem
Verbo. Einem etwas auf Abschlag geben oder bezahlen, einen Theil einer
Summe bezahlen, der von derselben abgerechnet werden soll. Ich will es
auf Abschlag nehmen. 3) Der Ort, wodurch das Wasser abgeschlagen, d.
i. abgeleitet, wird. So werden in dem Teichwesen, diejenigen Abläufe,
durch welche das überflüssige Wasser eines Teiches seitwärts
abgeleitet wird, auch Abschläge genannt.II. Von dem Neutro des
Zeitwortes, der Zustand, da etwas abschlägt, d. i. schnell vermindert
wird. (a) Die schnelle Verminderung des Preises. Der Abschlag der
Waare. In Abschlag kommen oder gerathen, wohlfeiler werden. (b) Wenn
jemand von demjenigen, was er vorher behauptet oder gefordert hatte,
bald darauf viel nachläßt, so pflegt man gleichfalls zu sagen: das ist
ein großer Abschlag; wofür auch Abfall üblich ist. (c) Der Abschlag
der Kälte, ihre plötzliche Abnahme.
Anm. Der Plural ist nur in den
Bedeutungen des Activi üblich, wo es ein körperliches Individuum
ausdrückt. Abschlag für eine abschlägige Antwort:- Bey mir findt ir
kein Abschlag, Theuerd. Kap. 82.ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.
Abschlagen (W3) [Adelung]
Abschlagen, verb. irreg. S. Schlagen, welches in gedoppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum, da es denn so, wie das einfache
schlagen verschiedene Bedeutungen hat. (a) Durch Schlagen absondern,
und zwar so wohl eigentlich. Früchte, Nässe, Äpfel, Birnen abschlagen.
Ein Stück von einem Steine abschlagen. Einem den Hut abschlagen. Einem
Pferde ein Hufeisen abschlagen. Den Reif von einem Fasse abschlagen.
Abschlagen bey den Jä-gern, wenn die Hirsche und Rehböcke die Haut von
ihrem Gehörne an den Bäumen abstoßen und abreiben. Als auch in weitern
Bedeutungen, für abhauen, abhacken, abbrechen, abziehen u. s. f. Einem
den Kopf, die Hand abschlagen, abhauen. Ein Schloß abschlagen,
abbrechen. Den Mist abschlagen, in der Landwirthschaft, ihn mit
Misthaken von dem Wagen ziehen. Bey den Köhlern bedeutet abschlagen,
an einem angezündeten Meiler die untern Plätze zumachen, und um und um
eine Hand breit niederstechen. Bey den Kürschnern ist es so viel, als
ein Stück von einem Pelze abschneiden. (b) Mit Hammerschlägen aus
einander treiben, niederbrechen, im Gegensatze des Aufschlagens. Ein
Bettgestell, eine Bude, eine Bühne abschlagen, ein Gezelt abschlagen.
(c) Durch einen Schlag abwenden. Einen Streich, einen Stoß abschlagen,
in der Fechtkunst, wofür man jetzt lieber pariren sagt. Noch mehr
aber, (d) mit Schlägen in figürlicher Bedeutung abtreiben. Den Feind
abschlagen. Den Sturm, d. i. den stürmenden Feind, abschlagen. (e)
Vermittelst eines Schlages nachbilden oder abbilden. Einen Stämpel in
Kupfer oder Messing abschlagen, bey den Schriftgießern und
Stämpelschneidern. Eine Münze in Bley abschlagen, S. Abklatschen. In
engerm Verstande sind abgeschlagene Münzen solche, wo das in die
Platte geschlagene Gepräge sich auf der einen Seite rechts, und auf
der andern links darstellet, nummi incusi. (f) Gehörig schlagen. Das
Eyweiß mit einem Querl abschlagen. Ingleichen sehr schlagen. Einen
wacker abschlagen. Er ist tüchtig abgeschlagen worden. (g) Ableiten,
von flüssigen Dingen. Einen Fluß abschlagen, ihm einen andern Lauf
geben. Einen Teich abschlagen, ablassen. An einigen Orten sagt man
auch, das Bier abschlagen, für abziehen. So auch, sein Wasser
abschlagen, seinen Urin fließen lassen. (h) Sich entfernen. Sich von
dem Wege abschlagen. Sich von dem Wildpret, oder den wilden Sauen
abschlagen, bey den Jägern, wenn ein Thier die übrigen seiner Art
verläßt, und sich allein begibt. Im Wald mich von der Straß abschlug,
Hans Sachs. (i) Durch Schlagen ein Zeichen zum Abzuge geben. So wird
bey den Soldaten die Wache abgeschlagen, wenn der Tambour nach
abgelöseter Wache einige Schläge auf der Trommel thut, worauf die
Soldaten aus einander gehen, welches auch abtruppen genannt wird. (k)
Vorsagen. Einem etwas abschlagen. Ich bath ihn zu mir, allein er
schlug es ab. Er hat uns unsere Bitte rund abgeschlagen. Einen Besuch
abschlagen. Diese Bedeutung stammet entweder durch eine Figur von der
Bedeutung des Abtreibens her, oder auch von dem alten Gebrauche, da,
wenn ein Betrag von einem Obern aufgehoben werden sollte, derselbe die
Hände der Contrahenden aus einander schlug.II. Als ein Neutrum,
welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt. 1) Schnell vermindert
werden, schnell abnehmen, besonders von dem Preise der Waaren, im
Gegensatze des Aufschlegens. Das Getreide schlägt ab, wird wohlfeiler.
Diese Waare ist gar sehr abgeschlagen. In dem barbarischen Latein
sagte man in dieser Bedeutung ehedem auch abatere. Auf eine ähnliche
Art sagt man auch, die Kälte, das Wetter schlägt ab, es wird gelinder;
und in Westphalen schlägt die Kuh ab, wenn sich ihre Milch vermindert.
2) Von seiner Richtung schnell abweichen, nur in einigen Fällen. So
sagt man, eine Kugel schlägt ab, wenn sie nicht gerade nach dem Ziele
fliegt. Das Gewehr schlägt ab, wenn es die Kugel abschlagen macht. Die
Niederdeutschen gebrauchen dieses Neutrum häufig mit dem Hülfsworte
haben, das Korn, die Kälte hat abgeschlagen. Allein in der ersten
Bedeutung wenigstens ist seyn analogischer und auch im Hochdeutschen
üblicher. S. Schlagen.
Anm. Das Hauptwort die Abschlagung, ist nur in den eigentlichen
Bedeutungen des Activi üblich. Das Neutrum wird mit dem zweyten
Hauptworte Abschlag ausgedruckt. Abschlagen, bedeutete ehedem auch
abziehen, abkürzen; z. B. dez lones abslahen, im Schwadenspiegel.
Mehrere Beyspiele haben Haltaus h. v. und das
Bremisch-Niedersächsische Wörterbuch Th. 4. S. 807. Allein von dieser
Bedeutung ist nur noch das Neutrum, vermindert werden, und das
Hauptwort Abschlag, für Verminderung übrig; obgleich noch jetzt einige
sagen, eine Münze abschlagen, abwürdigen; das Brot abschlagen, den
Preis desselben herunter setzen.
Abschlägig (W3) [Adelung]
Abschlägig, adj. et. adv. von dem Hauptworte Abschlag, einen
Abschlag, d. i. Verneinung, in sich fassend. Es ist größten Theils nur
in der R. A. üblich, einem eine abschlägige Antwort geben, oder
ertheilen. Eine abschlägige Antwort bekommen, erhalten, davon tragen.
Man verwechselt dieses Beywort sehr oft, obgleich irrig, mit dem
folgenden, und saget dafür eine abschlägliche Antwort.
Abschläglich (W3) [Adelung]
Abschläglich, adj. et. adv. von dem Zeitworte abschlagen, was
abgeschlagen, d. i. abgerechnet, werden soll. Eine abschlägliche
Bezahlung, die auf Abschlag geschieht. Einen abschläglich bezahlen.
Abschlämmen (W3) [Adelung]
Abschlämmen, verb. reg. act. 1) Vom Schlamme reinigen. Einen Teich,
einen Graben abschlämmen. 2) Durch zugegossenes und wieder
abgegossenes Wasser von Unreinigkeiten gehörig reinigen. So auch die
Abschlämmung. Die breitere Oberdeutsche Mundart behält auch in diesem
Zeitworte das a, abschlammen.
Abschläudern (W3) [Adelung]
Abschläudern, verb. reg. 1. Activum, mit der Schläuder forttreiben.
Einen Stein abschläudern. Daher die Abschläuderung. 2. Neutrum, mit
seyn, schläudernd abfahren. So schläudern, bey den Zeugwirkern die
Spulen ab, wenn sie unter dem Spulen ab- und ausspringen.
Abschleichen (W3) [Adelung]
+ Abschleichen, verb. irreg. recipr. S. Schleichen. Sich
abschleichen, sich wegschleichen, heimlich fortgehen. Sie haben sich
von der Gesellschaft abgeschlichen, Cron.
Abschleifen (W3) [Adelung]
1. Abschleifen, verb. irreg. act. S. Schleifen, polire. 1) Durch
Schleifen wegbringen. Eine Spitze von dem Messer abschleifen. Den Rost
abschleifen. Eine Kupferplatte abschleifen, die darauf gestochenen
Figuren abschleifen. 2) Zur Genüge schleifen, einem Körper durch
Schleifen seine gehörige Gestalt geben. Eine marmorne Tafel
abschleifen. Eine Klinge abschleifen. In den Spiegel-Fabriken ist der
Abschleifer derjenige, der die Glastafeln glatt schleift. Daher die
Abschleifung.
Abschleifen (W3) [Adelung]
2. Abschleifen, verb. reg. act. von schleifen, schleppen. 1) Durch
vieles Schleifen, oder Schleppen abnutzen. Die Schuhe abschleifen. 2)
Auf der Schleife abführen. Güter, Waaren abschleifen. Das Faß ist
schon abgeschleifet worden. So auch die Abschleifung.
Abschleiffel (W3) [Adelung]
+ Das Abschleiffel, des -s, plur. inusit. was im Schleifen oder
Poliren von einem Körper abgeht, und auch der Schliff genannt wird,
Schleifspäne.
Abschleimen (W3) [Adelung]
Abschleimen, verb. reg. act. des Schleimes berauben. Zucker
abschleimen. Teichfische in fließendem Wasser abschleimen. Daher die
Abschleimung.
Abschleißen (W3) [Adelung]
Abschleißen, verb. irreg. S. Schleißen. Es ist vornehmlich im
Oberdeutschen üblich; und zwar:I. Als ein Activum, und da bedeutet es,
(a) durch den Gebrauch abnützen, von Kleidungsstücken. Die Kleider,
die Schuhe abschleißen. Ein abgeschlissenes, abgetragenes, Tuch. (b)
Abreißen, schleifen. Das Thürmlein auf dem Kloster war abgeschlissen,
Bluntschli. Daher die Abschleißung. (c) Abspalten.II. Ein Neutrum, mit
dem Hülfsworte seyn, abgenützet werden. Die Schuhe schleißen ab. Die
Kleider sind abgeschlissen.
Abschlendern (W3) [Adelung]
Abschlendern, verb. reg. neutr. mit seyn, mit langsamen, trägen
Schritten abgehen. Er ist eben abgeschlendert. S. Schlendern.
Abschlenkern (W3) [Adelung]
Abschlenkern, verb. reg. act. schlenkernd fortschaffen, abschläudern.
Den Koth von der Hand abschlenkern. S. Schlenkern.
Abschleppen (W3) [Adelung]
+ Abschleppen, verb. reg. act. 1) Heimlich entwenden und forttragen,
im verächtlichen Verstande. Die Köchinnen haben Abschlepper, welche
das Essen abschleppen. 2) Figürlich, durch Schleppen, d. i. vieles
Tragen, abnützen. Die Kleider, die Schuhe abschleppen.
Abschlichten (W3) [Adelung]
Abschlichten, verb. reg. act. völlig glatt machen, in verschiedenen
Fällen des gemeinen Lebens. Bey den Weißgärbern, die Felle
abschlichten, sie mit dem Schlichtmonden reinigen. Ein Bret
abschlichten, bey den Tischlern, es mit dem Schlichthobel glatt
hobeln. Getriebene Arbeit abschlichten, bey den Klempenern, sie mit
dem Abschlichthammer glätten. Die Kernstange abschlichten, bey den
Stückgießern, den auf dieselbe getragenen Kernlehm mit Schlichte
überziehen.
Abschließen (W3) [Adelung]
Abschließen, verb. irreg. act. S. Schließen. 1) Eigentlich. (a) Was
angeschlossen war, los schließen. Einen Übelthäter abschließen. (b)
Die Feder eines Schlosses ablassen. Ein Schloß abschließen.
Ingleichen, die Thür, das Zimmer, das Haus abschließen. 2) Figürlich,
den Schluß einer Sache machen, sie völlig zu Ende bringen, besonders
von Rechnungen und Verträgen. Eine Rechnung abschließen. Die
Handelsbücher abschließen, die Hauptsumme von der Einnahme und Ausgabe
ziehen. Wir haben mit einander abgeschlossen, völlig abgerechnet.
Einen Vertrag abschließen. Ein abgeschlossener, völlig zu Stande
gebrachter, Handel. So auch die Abschließung, in allen obigen
Bedeutungen.
Abschlüpfen (W3) [Adelung]
Abschlüpfen, verb. reg. neutr. mit seyn, von etwas hinweg schlüpfen,
unvermerkt abgleiten. Damit das Band nicht abschlüpfe.
Abschlürfen (W3) [Adelung]
Abschlürfen, verb. reg. act. schlürfend abtrinken. Die Sahne von der
Milch, das Fett von der Brühe abschlürfen.
Abschluß (W3) [Adelung]
Der Abschluß, des -sses, plur. doch seltener, die -schlüsse, von der
figürlichen Bedeutung des Verbi abschließen, die Endigung,
Berichtigung, der Schluß einer Sache, besonders einer Rechnung, oder
eines Vertrages. Der Abschluß einer Rechnung, eines Handelsbuches,
eines Geschäftes, eines Vertrages. Damit wir zum Abschlusse kommen.
Abschmack (W3) [Adelung]
* Der Abschmack, des -es, plur. car. ein verdorbener Geschmack; ein
im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort. S. Abschmecken.
Abschmausen (W3) [Adelung]
Abschmausen, verb. reg. act. durch Schmausen berauben. Einem sein
Vermögen abschmausen.
Abschmecken (W3) [Adelung]
* Abschmecken, verb. reg. neutr. mit haben, welches im Hochdeutschen
nur selten gehöret wird, einen verdorbenen Geschmack haben. Wenn eine
Speise lange stehet, so wird sie abschmeckend. Üblicher sind
Abgeschmackt und Abgeschmacktheit, welche S.
Abschmeicheln (W3) [Adelung]
Abschmeicheln, verb. reg. act. durch Schmeicheln von jemanden
erhalten. Einem etwas abschmeicheln. Und mein Kind selbst hat er mir
abgeschmeichelt, Weiße. Daher die Abschmeichelung.
Abschmeißen (W3) [Adelung]
+ Abschmeißen, verb. irreg. act. S. Schmeißen, schmeißend, durch
Werfen, absondern. Die Äpfel von den Bäumen abschmeißen. Ingleichen
herunter schmeißen. Das Pferd hat seinen Reiter abgeschmissen. Einem
den Kopf abschmeißen, abschlagen.
Die Hände sind entzwey, der Kopf ist abgeschmissen, Gryph. Anm.
Abschmeißen für abwerfen ist mit dem einfachen schmeißen und allen
dessen Zusammensetzungen nur noch in den niedrigen Sprecharten üblich.
Abschmelzen (W3) [Adelung]
Abschmelzen, verb. irreg. S. Schmelzen.I. Als ein Activum, wo es
zuweilen regulär conjugiret wird. Imperf. ich schmelzte ab, Partic.
abgeschmelzt. (a) Durch Schmelzen absondern, abschmelzen lassen. Er
hat den Knopf von dem Becher, den Deckel von der Kanne abgeschmelzt.
Das Bley von dem Silber abschmelzen, wofür man in den Hüttenwerken
kunstmäßiger abtreiben sagt. Etwas von einem Dinge abschmelzen, es
kleiner zu machen. (b) Zur Genüge schmelzen, durch Schmelzen reinigen.
Butter abschmelzen. Abgeschmelzte Butter, Schmelzbutter.II. Als ein
Neutrum. 1) Mit dem Hülfsworte seyn, abgeschmelzet werden, schmelzen
und abfallen. Der Fuß von dem Leuchter ist abgeschmolzen. 2) Mit
haben, das Schmelzen beschließen; wofür im Hüttenbaue Schicht machen
üblicher ist.
Abschmieren (W3) [Adelung]
Abschmieren, verb. reg. Es ist, 1. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte
haben, das Schmer oder Fett fahren lassen. Das Leder schmiert ab. 2.
Ein Activum. (a) Geschwinde und nachlässig abschreiben, im
verächtlichen Sinne. Etwas abschmieren. (b) + Derb abprügeln, in
niedrigen Ausdrücken. Einen wacker abschmieren.
Abschmutzen (W3) [Adelung]
Abschmutzen, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, den
Schmutz fahren lassen. Die Stiefeln schmutzen ab, die Wand schmutzet
ab. 2. Activum, schmutzig machen, am häufigsten im Oberdeutschen.
Viele Wäsche abschmutzen. Die Hochdeutschen sagen dafür lieber
einschmutzen.
Abschnallen (W3) [Adelung]
Abschnallen, verb. reg. act. mit Öffnung der Schnalle abnehmen. Den
Mantelsack abschnallen. Sich das Degengehenk abschnallen. Er schnallt
den Harnisch ab, legt Helm und Lanze nieder, Wiel.
Abschnappen (W3) [Adelung]
Abschnappen, verb. regul. welches in gedoppelter Gattung gebraucht wird.
I. Als ein Neutrum.
(a) Mit dem Hülfsworte seyn, mit einem schnappenden Schalle schnell abfahren, von Schlössern und ähnlichen Dingen. Der Hahn am Schlosse, das Schloß ist abgeschnappt. Die Thür schnappte ab. + Figürlich, doch nur in den niedrigen Sprecharten, sterben. Er ist abgeschnappt.
(b) + Mit dem Hülfsworte haben, im Reden oder Schreiben plötzlich abbrechen. Wir glaubten noch mehr zu hören, aber er schnappte plötzlich ab, brach ab. In weiterer Bedeutung, plötzlich aufhören überhaupt. Die Tändelwoche schnappt kurz ab, wie der neumodische Styl.II. Als ein Activum, abschnappen machen, in der ersten Bedeutung. Das Schloß, die Thür abschnappen. Schnappe die Thür ab, daß uns niemand störe.
Abschnellen (W3) [Adelung]
Abschnellen, verb. regul. 1. Activum, mit einer Schnellkraft abfahren
machen. In Obersachsen im gemeinen Leben auch abschnicken. 2. Neutrum
mit seyn, mit einer Schnellkraft abfahren.
Abschnippen (W3) [Adelung]
+ Abschnippen, verb. reg. act. die Spitze eines Dinges abschneiden.
Die Haare, die Wolle abschnippen, bey den Tuchmachern. Daher die
Abschnipperlinge, singul. inusit. bey den Tuchmachern, die Abgänge der
Wolle damit zu bezeichnen, vom Nieders. snippern, snippeln, in kleine
Stücke zerschneiden. S. auch Beschnippen.
Abschnittlein (W3) [Adelung]
+ Das Abschnittlein, des -s, plur. ut nom. sing. das
Verkleinerungswort des vorigen, ein kleiner abgeschnittener Theil;
besonders was bey der Bearbeitung als unnütz abgeschnitten wird. So
heißen in den Blech-Fabriken und bey den Klempenern die Abgänge von
dem Bleche Abschnittlein. Andere Handwerker nennen solche kleine
Abgänge, welche im Schneiden von dem Leder, Pergamente, Tuche u. s. f.
abgehen, Abschnitzlein, und Abschnitsel.
Abschnittswinkel (W3) [Adelung]
Der Abschnittswinkel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geometrie,
derjenige Winkel, welchen eine Linie, die den Zirkel berühret,
daselbst mit dessen Sehne machet, Angulus Segmenti.
Abschnitzen (W3) [Adelung]
Abschnitzen, verb. reg. act. welches das Iterativum von abschneiden
ist. 1) Mit mehrern behutsamen und kleinen Schnitten absondern. 2)
Durch kleine behutsame Schnitte nachahmen. Eine Figur, eine Gestalt
abschnitzen. Im gemeinen Leben macht man von diesem Verbo ein
Diminutivum abschnitzeln.
Abschnüren (W3) [Adelung]
Abschnüren, verb. reg. act. 1) Nach aufgelöseter Schnur abnehmen. 2)
Mit einer Schnur abmessen, bey den Zimmerleuten, Markscheidern,
Gärtnern u. s. f. Ein Beet im Garten, einen Gang abschnüren, dessen
Gestalt mit der Meßschnur bestimmen. 3) Mit einer Schnur absondern.
Eine Warze abschnüren, abbinden. Wenn der Henker dem Diebe die
Gurgeladern abschnüret.
Abschöpfen (W3) [Adelung]
Abschöpfen, verb. reg. act. 1) Durch Schöpfen oben abnehmen. Das Fett
von der Brühe, den Schaum von dem Zucker, den Rahm von der Milch
abschöpfen. 2) Auf solche Art einer andern Sache berauben. Die Milch
abschöpfen, die Sahne von derselben abnehmen. Wie auch, durch
Abschöpfen von einer Unreinigkeit reinigen. Den Zucker, das Wachs, den
Honig abschöpfen, wofür man doch lieber und besser abschäumen sagt. So
auch die Abschöpfung.
Abschoß (W3) [Adelung]
Der Abschoß, des -sses, plur. doch nur von mehrern Arten, die -sse,
in den Rechten, so wohl dasjenige Geld, welches Personen, wenn sie aus
einem Lande, oder aus einem Gerichte in das andere ziehen, von ihrem
Vermögen der Landes- oder Gerichtsobrigkeit bezahlen müssen, und
welches auch das Abfahrtsgeld, die Nachsteuer u. s. f. genannt wird;
als auch, was von Erbschaften und andern ähnlichen Geldern in solchen
Fällen gegeben wird, das Abzugsgeld, der Abzug. In Sachsen ist es nur
in der ersten Bedeutung üblich.
Abschräpfen (W3) [Adelung]
Abschräpfen, S. Abschröpfen.
Abschrauben (W3) [Adelung]
Abschrauben, verb. reg. act. los schrauben und abnehmen. Ein Schloß,
den Hahn von der Flinte abschrauben. Daher das Abschrauben.
Abschrecken (W3) [Adelung]
Abschrecken, verb. reg. act. 1) Durch Schrecken von etwas entfernen,
abhalten. Das Wild abschrecken, es des Nachts erschrecken, und dadurch
von dem Felde in das Gehölz jagen. Jemanden von seinem Vorhaben
abschrecken. Er läßt sich durch nichts abschrecken. Ihre Geschichte
ist so abschreckend (von dem Laster,) daß ich nichts gelesen habe, das
so warnend wäre. 2) In verschiedenen Fällen, einen erhitzten Körper
mäßig mitWasser besprengen. Einen Fisch mit Essig abschrecken, damit
er blau anlaufe, in den Küchen. 3) * Einem etwas abschrecken, durch
Schrecken von ihm erzwingen, ist im Oberdeutschen üblicher als im
Hochdeutschen. Ir etwan groß geld abschrecken, H. Sachs. So auch die
Abschreckung.
Abschreiben (W3) [Adelung]
Abschreiben, verb. irreg. act. S. Schreiben. 1) Durch vieles
Schreiben abnützen. Eine Feder abschreiben. Ich habe mir bald die
Finger abgeschrieben. 2) Eine Schrift durch Schreiben auf etwas anders
übertragen, copiren. Ein Buch, ein Stück aus einem Buche, ein Gedicht,
abschreiben. 3) Durch Schreiben wegnehmen, besonders in
Rechnungssachen, im Gegensatze des An- und Zuschreibens. Eine Summe in
einer Rechnung, in Banco abschreiben. Einem eine Summe, oder etwas
abschreiben, es auf seiner Rechnung auslöschen. Einem ein Bergtheil,
ein Haus, ein Stück Acker abschreiben, es unter seinem Nahmen
auslöschen. 4) Schriftlich absagen. Einem etwas abschreiben. Einen
Besuch, eine bestellte Arbeit, einen bestimmten Tag abschreiben. 5)
Durch Schreiben bezahlen. Eine Schuld bey jemanden abschreiben. Daher
das Abschreiben, und in einigen Fällen die Abschreibung. S. auch
Abschrift.
Abschreiber (W3) [Adelung]
Der Abschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämininum die -inn, von
Abschreiben, eine Person, welche etwas abschreibt, ein Copist.
Abschreiten (W3) [Adelung]
Abschreiten, verb. irreg. S. Schreiten. Es ist:I. Ein Neutrum,
welches das Hülfswort seyn erfordert, aber nur in der figürlichen
Bedeutung des Entfernens üblich ist. Von seinem Vorhaben abschreiten.
Er ist von dem Wege der Tugend abgeschritten.II. Ein Activum, mit
Schritten abmessen. Einen Garten, ein Feld, einen Platz zu einem
Gebäude abschreiten. Daher die Abschreitung in dieser thätigen
Bedeutung.
Abschreyen (W3) [Adelung]
Abschreyen, verb. irreg. act. S. Schreyen. 1) Mit einem Geschreye
verkündigen. Etwas abschreyen. Der Wächter schreyet ab, rufet ab. 2)
Mit einem Geschreye absprechen. - Viel stolze Kluge schreyen Dem armen
Sterblichen des Willens Freyheit ab, Haged. 3) + Sich abschreyen, sich
durch vieles Schreyen abmatten.
Abschrift (W3) [Adelung]
Die Abschrift, plur. die -en, eine abgeschriebene Schrift, eine
Copie, im Gegensatze des Originals, oder der Urschrift. Eine Abschrift
von etwas nehmen, oder verfertigen. Einem eine Abschrift von etwas
geben.
Abschriftlich (W3) [Adelung]
Abschriftlich, adj. et adv. in Gestalt einer Abschrift. Ein
abschriftlicher Beyschluß. Die verlangte Urkunde folget abschriftlich
hierbey.
Abschröpfen (W3) [Adelung]
Abschröpfen, nicht so richtig abschräpfen, ( S. Schröpfen,) verb.
reg. act. in der Landwirthschaft, der Spitzen mit der Sichel berauben.
Den Weitzen, das Korn abschröpfen, auch nur schröpfen schlechthin.
Daher die Abschröpfung.
Abschrote (W3) [Adelung]
Die Abschrote, plur. die -n, bey den Schlössern, ein kleiner Meißel
in dem Amboße, kleine Stücken Eisen darauf abzuschroten. Der
Schrotmeißel, Blockmeißel.
Abschroten (W3) [Adelung]
Abschroten, verb. reg. act. außer daß es im Partic. Pass.
abgeschroten hat. Es ist nur noch in einigen seiner ehemahligen
vielfachen Bedeutungen, besonders im gemeinen Leben üblich. 1) Von
schroten, wälzen, hinab wälzen. Ein Faß Bier, ein Faß Wein abschroten,
es von dem Wagen wälzen. 2) Von schroten, in die Quere theilen, es mag
nun durch Schneiden, Sägen oder Hauen geschehen, bey verschiedenen
Handwerkern. Ein Stück von einem Klotze abschroten, mit der Schrotsäge
absägen. Den Draht abschroten, bey den Nadlern, ihn mit der
Schrotschere abschneiden. Ein Stück Eisen abschroten, bey den
Schmieden und Schlössern, es mit dem Schrotmeißel abhauen. 3) Das
Getreide abschroten, bey den Müllern, es gehörig schroten, d. i. grob
mahlen. 4) Einen Graben abschroten, ihm die gehörige Abdachung geben.
5) Eine Quelle abschroten, sie versetzen, ihren Lauf unterbrechen. Die
Quelle ist abgeschroten.
Anm. Dieses alte Zeitwort wird, so wie das
einfache schroten, größten Theils nur noch von einigen Handwerkern und
Lebensarten aufbehalten. Ehedem war es gebräuchlicher. Min lib ist aba
gescroten, mein Leben ist abgeschnitten, heißt es bey dem Notker. Das
Niedersächsische afschraden bedeutet schräge abschneiden, einen
schmalen Streif nach der Länge abschneiden, welches dem ersten
Begriffe des einfachen Zeitwortes am nächsten kommt. S. Schroten.
Abschultern (W3) [Adelung]
Abschultern, verb. reg. act. von der Schulter nehmen oder legen.
Besonders bey den Soldaten, das Gewehr von der Schulter in die rechte
Hand nehmen.
Abschuppen (W3) [Adelung]
Abschuppen, verb. reg. act. der Schuppen berauben. Einen Fisch
abschuppen.
Abschuß (W3) [Adelung]
Der Abschuß, des -sses, plur. die -schüsse, von dem Neutro
abschießen. 1) Das Herabschießen des Wassers, dessen schneller Abfluß
von einem abhängigen Orte; ohne Plural. Der Abschuß des Wassers, des
Stromes. 2) Der Ort, wo das Wasser schnell abfließen kann, der Abfluß;
im Hochdeutschen selten. Man muß dem Strome mehr Abschüsse
verschaffen. 3) Eine jede stark abhängige Fläche. Der Abschuß des
Daches, des Hügels, des Berges, des Ufers.
Abschüssig (W3) [Adelung]
Abschüssig, -er, -ste, adj. et adv. einen Abschuß habend, stark
abhängig. Ein abschüssiges Ufer. Die abschüssige Seite eines Berges.
Der Berg ist hoch und abschüssig. In dem Forstwesen nennt man einen
Baum abschüssig, wenn er über dem Stammende zu schnell an Dicke
abnimmt und spitzig wird, welches auch abholzig heißt.
Abschüssigkeit (W3) [Adelung]
Die Abschüssigkeit, plur. inusit. der Zustand, da eine Fläche
abschüssig ist.
Abschütteln (W3) [Adelung]
Abschütteln, verb. reg. act. welches das Iterativum des folgenden
ist. 1) Durch Schütteln herab bringen. Den Staub abschütteln. Früchte
von einem Baume abschütteln. Bald wird der kalte Nordwind den Schmuck
der Bäume abschütteln. + Er schüttelt alles wieder ab, Ermahnungen,
Verweise, Strafen, machen bey ihm keinen Eindruck, werden sogleich
wieder vergessen. Ingleichen auch wohl, einen Baum abschütteln, durch
Schütteln seiner Früchte berauben. Das Joch abschütteln, figürlich,
sich von einer Sclaverey, einer Unterdrückung befreyen. 2) Heftig
schütteln. Das Fieber hat mich wacker abgeschüttelt.
Abschütten (W3) [Adelung]
Abschütten, verb. reg. act. durch Schütten von einem Körper oben
wegnehmen. Das Gefäß ist zu voll, schütte etwas ab; besser abgießen.
Es ist zu viel Mehl in dem Gefäße, schütte etwas ab. In
Oberdeutschland sagt man auch, das Joch abschütten, wofür im
Hochdeutschen abschütteln häufiger ist. Daher die Abschüttung.
Abschützen (W3) [Adelung]
Abschützen, verb. reg. act. 1) Den Lauf des Wassers vermittelst des
Schutzbretes hemmen. Einen Bach, einen Teich abschützen. Dann auch
figürlich im Berg- und Hüttenbaue, die Bälge, das Kunstgezeug
abschützen, ihre Bewegung durch Hemmung des Wassers aufhalten, sie
abhängen. 2) Durch Aufziehung des Schutzbretes ablassen. So sagt man
auch, einen Teich, einen Fluß abschützen. Daher die Abschützung.
Abschwämmen (W3) [Adelung]
Abschwämmen, S. Abschwemmen.
Abschwären (W3) [Adelung]
Abschwären, verb. irreg. neutr. ( S. Schwären,) mit dem Hülfsworte
seyn, durch ein Geschwür abgesondert werden. Der Nagel ist ihm
abgeschworen.
Abschwärmen (W3) [Adelung]
Abschwärmen, verb. reg. neutr. mit haben, von den Bienen, das
Schwärmen vollenden. Der Stock hat bereits abgeschwärmt.
Abschwarten (W3) [Adelung]
+ Abschwarten, verb. reg. act. bey den Fleischern, die Schwarte oder
Haut abziehen. Einen Kalbskopf abschwarten. Auf den Bretmühlen
schwartet man einen Bretblock ab, wenn man die so genannten Schwarten,
oder die äußersten Breter absäget.
Abschwärzen (W3) [Adelung]
Abschwärzen, verb. reg. Ist 1. ein Activum, völlig schwarz machen,
welche Bedeutung aber nur selten vorkommt. Denn abschwärzen, für
einschwärzen, in der R. A. viele Wäsche abschwärzen, und für
anschwärzen in dem Ausdrucke, einen abschwärzen, sind Oberdeutsch. 2.
Ein Neutrum, mit haben, die Schwärze fahren lassen. Der Hut schwärzet
ab, die Stiefeln schwärzen ab.
Abschwatzen (W3) [Adelung]
Abschwatzen, verb. reg. act. 1) Durch Schwatzen, d. i. gute oder
listige Worte, von einem erhalten. Einem Geld, seine Einwilligung u.
s. f. abschwatzen. 2) Durch leeres Geschwätz absprechen. Der
Offenbarung Würde und Faßlichkeit abschwatzen, Herd.
Abschwefeln (W3) [Adelung]
Abschwefeln, verb. reg. act. von dem beygemischten Schwefel befreyen.
Den Rieß, die Steinkohlen abschwefeln. Daher die Abschwefelung.
Abschweifen (W3) [Adelung]
Abschweifen, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum. 1) Im Wasser abspülen.
Fische, Garn, Wäsche abschweifen. Bey der Zubereitung der rohen Seide
heißt abschweifen oder absieden auch, die rohen Seidenhäuschen in
warmes Wasser einweichen. - So soll der Thränensee Auch schweifen von
mir ab die Flecken meiner Sünden, Opitz. 2) Bey den Tischlern, mit der
Schweifsäge krumm ausschneiden, ausschweifen.II. Ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte seyn, sich weit von einem Gute entfernen; nur selten. Von
dem Wege der Tugend, von der Wahrheit abschweifen. Im Oberdeutschen
bedeutet es auch, sich in einem Vortrage von seinem Gegenstande
entfernen, ausschweifen, eine Digression machen; in welchem Verstande
es aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. So auch die Abschweifung in
beyden Bedeutungen.
Anm. Aus dem Haltaus erhellet, daß Abschweif und
das Beywort abschweifig ehedem auch in der Bedeutung der Abweichung
von der schuldigen Treue gebraucht worden.
Abschwelgen (W3) [Adelung]
Abschwelgen, verb. reg. recipr. Sich abschwelgen, sich durch
Schwelgerey entkräften, bis zur Entkräftung schwelgen.
Abschwemmen (W3) [Adelung]
Abschwemmen, verb. reg. welches das Activum von abschwimmen ist,
abschwimmen machen, wegschwemmen. 1) Holz abschwemmen, wofür man doch
lieber abflößen sagt. 2) Vermittelst vielen Wassers wegschaffen. Den
Koth von etwas abschwemmen. Ingleichen auf solche Art reinigen. Die
Pferde abschwemmen, oder nur schwemmen. 3) Der Platzregen hat die
Felder abgeschwemmet, die obere Erde weggespület. Der Fluß schwemmet
das Ufer ab, spület Erde davon ab. So auch die Abschwemmung.
Abschwenden (W3) [Adelung]
* Abschwenden, verb. reg. welches das Activum von abschwinden ist,
verschwinden machen, und dadurch veröden oder verwüsten. Dieses
Zeitwort wird nur noch in einigen, besonders nördlichen Gegenden von
dem Abbrennen der Wälder gebraucht: einen Wald abschwenden, welches
man in Liefland röden, und in Preußen pösern nennet. Einen Acker
abschwenden, bedeutet auch in ei-
nigen Gegenden, z. B. in Pommern, das alte Gras auf demselben
abbrennen. S. Schwenden. Daher die Abschwendung.
Abschwimmen (W3) [Adelung]
Abschwimmen, verb. irreg. neutr. ( S. Schwimmen,) mit dem Hülfsworte
seyn, von etwas wegschwimmen. Von dem Ufer abschwimmen. Er ist von dem
Lande abgeschwommen.
Abschwinden (W3) [Adelung]
* Abschwinden, verb. irreg. neutr. ( S. Schwinden,) mit dem
Hülfsworte seyn, abnehmen, abzehren; ein im Hochdeutschen
ungewöhnliches Zeitwort. Von der Pein die ich empfunden,Ist mein
Antlitz abgeschwunden, Opitz.
Abschwingen (W3) [Adelung]
Abschwingen, verb. irreg. act. S. Schwingen. 1) Durch Schwingen
absondern. Den Staub von einem Tuche abschwingen. 2) Durch Schwingen
reinigen, zur Genüge schwingen. Ein Tuch abschwingen. Den Flachs
abschwingen, in der Landwirthschaft, wo es auch die gehörige
Bearbeitung durch Schwingen, ingleichen die Vollendung des Schwingens
andeuten kann. 3) Sich abschwingen, sich mit einer schnellen
schwingenden Bewegung herablassen. Sich von dem Pferde abschwingen.
Daher die Abschwingung in den beyden ersten Bedeutungen.
Abschwitzen (W3) [Adelung]
Abschwitzen, verb. reg. act. 1) Durch Schwitzen wegschaffen, und
metonymisch durch Schwitzen reinigen. So nennen die Gärber, die Felle
abschwitzen, wenn sie die Haare von denselben mit Salz wegbeißen, weil
das Salz in denselben gleichsam ein Schwitzen hervor bringt.
Abgeschwitztes Leder, welches auf solche Art zubereitet worden. 2)
Durch Schwitzen büßen. Seine Sünden im Fegefeuer abschwitzen, im
Scherze. 3) + Sich abschwitzen, durch vieles Schwitzen entkräften.
Daher die Abschwitzung, besonders in der ersten Bedeutung.
Abschwören (W3) [Adelung]
Abschwören, verb. irreg. act. S. Schwören. 1) Einen Eid abschwören,
ihn ablegen, die Eides-Formel feyerlich nachsprechen. 2) Sich eidlich
von etwas los sagen, es verschwören. Seine Religion, eines Dienste,
einen Irrthum abschwören. 3) Eine Sache eidlich, mit einem feyerlichen
Schwure läugnen. Einen Diebstahl, ein empfangenes Darlehn, einen
Wechsel, eine Schuld, seine Hand, seine Unterschrift u. s. f.
abschwören. Hierher gehöret wohl auch die niedrige R. A. da man von
einem in Ansehung der Eide leichtsinnigen Menschen sagt: er sollte dem
Teufel wohl ein Bein abschwören. Daher die Abschwörung in allen obigen
Bedeutungen.
Absegeln (W3) [Adelung]
Absegeln, verb. reg. Es ist,1. Ein Neutrum, welches mit dem
Hülfsworte seyn verbunden wird, von einem Orte wegsegeln. Das Schiff
ist bereits abgesegelt. Der Schiffer wird bald absegeln.2. Ein
Activum, die Segel einziehen, in welcher Bedeutung es doch nur bey den
Holländischen Windmühlen in Deutschland üblich ist, wo man die Ruthen
absegelt, wenn man die Segel an denselben zusammen wickelt.
Absehen (W3) [Adelung]
Absehen, verb. irreg. act. S. Sehen. 1) Von etwas hinweg sehen, das
Gesicht davon abwenden, und zwar so wohl in eigentlicher als
figürlicher Bedeutung. Lasset uns von diesem Gegenstande absehen. Wenn
ich auch davon absehe, es nicht in Betrachtung ziehe, davon
abstrahire.2) Zu Ende sehen, das Ende einer Sache mit dem Gesichte
erreichen. (a) In eigentlicher Bedeutung. Ich kann diese Fläche nicht
absehen. Ein Garten, dessen Länge nicht abzusehen ist, unabsehbar ist.
(b) Figürlich, den Endzweck, die Folgen einer Sache mit den Augen des
Verstandes erreichen. Ich kann nicht absehen, wozu dieses dienen soll.
Ich kann das Ende davon nicht absehen. Ich sehe nicht ab, was dir
dieses nutzen soll. Es ist schwerlich abzusehen, warum er das nicht
thun wollte. Less.3) Abwarten und sich zu Nutze machen. Seinen
Vortheil absehen, ersehen. Er sahe die Gelegenheit ab. Der ober paur
nam eben war Und sahs zuvor mit Fleys ab gar, Das er die stein mit maß
abließ, Theuerd. Kap. 69. 4) Nach etwas zielen; etwas absehen, noch
mehr aber, auf etwas absehen. Den Bogen spannen und sein Ziel So
absehen, als der schießen will, Opitz. Besonders in der figürlichen
Bedeutung, zur Absicht, zum Endzwecke haben, in welcher Bedeutung der
Ausdruck abgesehen seyn, sehr häufig ist. Ich weiß nicht, worauf es
damit abgesehen seyn muß, was die Absicht dabey seyn muß. Es muß doch
auf etwas abgesehen seyn. Es war damit auf dein Bestes, auf unsern
Untergang, auf euern Vortheil abgesehen.5) Durch Zusehen erlernen.
Einem einen Handgriff absehen. Er hat es mir abgesehen. Ingleichen
durch Aufmerksamkeit aus jemandes Mienen erkennen. Ich that alles, was
ich ihm nur an den Augen absehen konnte.
Absehen (W3) [Adelung]
Das Absehen, des -s, plur. ut nom. sing. der Infinitiv des vorigen
Zeitwortes, substantive gebraucht. Es bedeutet:1) Die Handlung des
Absehens in allen Bedeutungen des Verbi, besonders in dessen vierten,
die Bemühung nach einem gewissen Endzwecke; ohne Plural. Ich habe es
in dem Absehen gethan daß u. s. f. Sein Absehen gehet dahin, oder ist
darauf gerichtet. Ihr Absehn geht allein auf eine holde Dame, Zach.
Ein Absehen auf etwas haben, dessen Besitz zu erlangen suchen. Es ist
mir lieb, daß sie ein ehrliches Absehen auf meine Tochter haben, Gell.
Absehen druckt als der Infinitiv mehr die Bemühung nach einem gewissen
Endzwecke, Absicht aber mehr den Endzweck selbst aus, obgleich beyde
häufig verwechselt werden.2) Dasjenige, wovon man auf etwas absiehet,
oder zielet. So heißt an einigen Schießgewehren, besonders an den
Kugelbüchsen, das Stückchen Metall auf deselben, wodurch man zielet,
das Absehen, ingleichen die Absicht, oder das Gesicht, das Vister. Auf
geometrischen und astronomischen Meß-Instrumenten ist das Absehen,
oder die Diopter, ein senkrecht stehendes Blech oder Bretchen, mit
einer Öffnung, wodurch man nach den verlangten Puncten siehet. In
dieser Bedeutung allein ist der Plural gebräuchlich.
Abseide (W3) [Adelung]
Die Abseide, plur. inusit. im Seidenbauk, eigentlich diejenige Seide,
die der Haspeler mit der Ruthe von den Seidenbälglein abziehet, wenn
er den reinen Faden sucht, und dann auch alle Arten der Floret-Seide.
Abseifen (W3) [Adelung]
Abseifen, verb. reg. act. der Seife berauben, besonders bey den
Seidenbereitern, die Seife, mit welcher die rohe Seide abgekocht
worden, abspülen. Daher die Abseifung.
Abseigen (W3) [Adelung]
Abseigen, S. Abseihen.
Abseigern (W3) [Adelung]
Abseigern, verb. reg. act. 1) In den Bergwerken, die Tiefe eines
Schachtes mit einer Schnur, oder einem Senibleye abmessen; von seiger,
welches in den Bergwerken so viel als senkrecht bedeutet. 2) In den
Hüttenwerken, das Seigern, d. i. das Scheiden des Silbers von dem
Kupfer vollenden, zu Ende bringen. In dieser Bedeutung kommt es von
seigern her, welches das Frequentativum von seihen ist. So auch die
Abseigerung in beyden Bedeutungen.
Abseihen (W3) [Adelung]
Abseihen, verb. reg. act. 1) Durch Seihen absondern, wegschaffen. Das
Wasser von den Erbsen, von der Grütze abseihen. 2) Metonymisch,
durchseihen und dadurch reinigen. Die Milch abseihen. Wasser, Wein
abseihen. Daher die Abseihung.
Abseite (W3) [Adelung]
Die Abseite, plur. die -n, in der Baukunst, alles dasjenige, was sich
als Nebengebäude zur Seite eines Hauptgebäudes befindet.
Besonders die gewölbten Gänge zur Seite des Schiffes einer Kirche.
Auch wohl, obgleich seltener, die Flügel, oder Nebengebäude an
weltlichen Gebäuden. In Meißen, selbst auf dem Lande, bedeutet es
alles, was hinter einem Wohnhause angebauet ist.
Anm. Dieses Wort
bedeutet im Oberdeutschen auch die abhängige Seite eines Berges,
Daches oder einer andern Fläche. In dem Buche der Natur, welches 1483
gedruckt worden, wird auch der Abseiten nach (unter) der Brust des
menschlichen Körpers gedacht. Abseite, im barbarischen Latein Absidis,
Absida, kommt von Gebäuden in den mittlern Zeiten sehr oft vor. Es ist
aber noch nicht ausgemacht, ob es in dieser Bedeutung Deutschen
Ursprunges ist, oder vielmehr von dem Griechischen - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Gewölbe, Bogen, herkomme.
Mehrere Bedeutungen des Latein. Ausdrucks haben Spelmann und du Fresne
gesammelt.
Abseits (W3) [Adelung]
* Abseits, ein im Hochdeutschen veraltetes Nebenwort des Ortes,
welches noch hin und wieder im Oberdeutschen vorkommt, für beyseit.
Abseits gehen, sitzen, stehen. Hiervon ist noch ein anderer
Oberdeutscher Ausdruck, abseiten, oder richtiger ab Seiten, zu
unterscheiden, für von Seiten; ab Seiten meiner, von meiner Seite, wo
ab das Alemannische Vorwort für von ist.
Absenden (W3) [Adelung]
Absenden, verb. irreg. act. S. Senden, in der höhern Schreibart, so
viel als abschicken. Einen Bothen, einen Brief, Waaren absenden. Daher
die Absendung und ein Abgesandter; S. das letztere an seinem Orte.
Absengen (W3) [Adelung]
Absengen, verb. reg. act. 1) Durch Sengen wegbringen. Sich die Haare,
einem Vogel die Federn absengen. Ingleichen durch Sengen reinigen.
Eine Gans, ein Huhn, ein geschlachtetes Schwein absengen, es nach dem
Rupfen oder Abbrühen durch Sengen von den noch übrig gebliebenen
Federn oder Haaren befreyen; eine Verrichtung, welche man in einigen
Oberdeutschen Gegenden auch flämen nennet, ohne Zweifel von Flamme.
Daher die Absengung.
Absenken (W3) [Adelung]
Absenken, verb. reg. welches das Activum von absinken ist. 1) Im
Gartenbaue, durch Senken fortpflanzen. Bäume, Weinstöcke, Pflanzen
absenken, einen Zweig derselben, woran sich eine Knospe befindet,
niederbeugen, und mit Erde bedecken, damit die Wurzeln des Auges sich
entwickeln und anwachsen können, wie ablegen. 2) Im Bergbaue, die
Tiefe hinab arbeiten, abteufen. Einen Schacht absenken, graben. Ein
Luftloch oder einen Tageschacht auf den Stollen absenken. Ohne Zweifel
ist es ein Mißbrauch, wenn die Bergleute dieses Zeitwort absinken
aussprechen, und es auch irregulär abwandeln. S. Senken und Sinken.
Daher die Absenkung.
Absenker (W3) [Adelung]
Der Absenker, des -s, plur. ut nom. sing. im Gartenbaue, dasjenige
Reis eines Gewächses, welches zur Fortpflanzung abgesenket wird, der
Ableger, Senker, das Senkreis.
Absetzen (W3) [Adelung]
Absetzen, verb. regul. welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I.
Als ein Activum, und da bedeutet es,1. Herab setzen, von einem höhern
oder obern Orte herunter setzen, niedersetzen, und zwar,1) Eigentlich,
eine Last absetzen. Ingleichen etwas aus der Hand setzen. Die Speisen
absetzen, sie, ehe sie auf die Tafel kommen, in der Nähe auf den
Absetztisch setzen. In dieser eigentlichen Bedeutung kommt es nur
wenig vor, desto häufiger aber,2) In der weitern, in welcher es auf
mancherley Art gebraucht wird. (a) Schnell und auf kurze Zeit von
etwas entfernen. Das Gewehr absetzen, es, nachdem es an den Backen
gelegt war, abnehmen. So auch, im Trinken absetzen. Austrinken, ohne
abzusetzen. (b) Für abwerfen. Das Pferd hat ihn abgesetzet,
abgeworfen. Ingleichen bey dem Opitz, von dem Pferde schießen. Jetzt
setzt ein kahler Troß, der in dem Vortheil liegt, Den besten Helden
ab. (c) Für abschneiden, bey den Wundärzten. Ein Glied absetzen. Eine
Brust absetzen. Einen Kopf absetzen, bedeutet in der Kunstsprache der
Nachrichter so viel, als ihn abhauen. (d) Für abschlagen, besonders im
Bergbaue. Ein Stück von einer Stufe, von dem Gesteine absetzen. (e)
Für abziehen. Besonders in den Schmelzhütten, wenn bey dem Bley- und
Kupfersteine der Stich geschehen ist, das was sich oben auf dem Werke
gesetzet hat, abziehen. (f) Für abstreichen. Besonders bey den
Tuchscherern, die ausgeschornen Tücher mit der Bürste auf dem
Schertische streichen, welches auch zustreichen genannt wird. Der
Tisch, worauf solches geschiehet, heißt daher der Absetztisch. (g) Für
aussetzen und zurück lassen. Einen Koffer bey einem absetzen. Der
Bothe hat ein Päktchen Waare bey uns abgesetzet. Einen Reisenden an
einem Orte absetzen, von Kutschern, Fuhrleuten u. s. f. ihn daselbst
zurück lassen. (h) * Kleider absetzen, wofür doch im Hochdeutschen
ablegen üblicher ist, welches S. (i) + Zur Folge haben, nur im
gemeinen Leben, und ohne Passivum. Es wird Schläge absetzen. Es setzte
viele Thränen ab, es wurden viele Thränen dabey vergossen. Es setzte
schon wunderliche Reden ab, als er so früh starb.3) In der
figürlichen. (a) In Menge verkaufen, doch nur von eigentlich so
genannten Waaren. Waaren absetzen. Wir haben diese Messe nicht viel
abgesetzet. S. Absatz. (b) Für abwürdigen, des äußern Werthes
berauben. Eine Münze absetzen, verrufen. (c) Noch mehr aber, jemanden
wegen eines Vergehens der ihm aufgetragenen Würde berauben. Einen
Beamten absetzen. Er ist abgesetzet, oder von seinem Amte abgesetzet
worden. Einen König, Bischof, Priester, Civilbedienten u. s. f.
absetzen. In der edlern Schreibart entsetzen. Da Absetzen in dieser
Bedeutung den Begriff der Entfernung von einem höhern Orte hat, so
führet es auch theils den Begriff einer Würde, theils eines wahren
oder voraus gesetzten Vergehens bey sich, wodurch es sich von
abdanken, entlassen und andern ähnlichen hinlänglich unterscheidet. In
einigen Gegenden sagt man auch, einen Bauer absetzen, ihn von dem Gute
setzen, im Gegensatze des Aufsetzens.2. Wegsetzen, setzend entfernen.
Und zwar,1) Eigentlich. + Den Stuhl von der Wand, den Tisch von der
Mauer absetzen. Nur im gemeinen Leben.2) In weiterer Bedeutung, den
geraden Fortgang einer Sache unterbrechen, einen Absatz machen. Im
Schreiben die Zeilen absetzen. Bey den Schmieden bedeutet absetzen,
das Eisen an die Schärfe des Amboßes halten, damit es daselbst von den
Schlägen nicht getroffen werde, sondern einen Absatz bekomme.3) In
figürlicher Bedeutung. (a) * Entwöhnen. Ein Kind absetzen, welche R.
A. in Schlesten sehr gewöhnlich, im Hochdeutschen aber nicht üblich
ist. Desto häufiger gebraucht man absetzen in dieser Bedeutung in
Obersachsen von dem zahmen Viehe. Lämmer, Kälber, Ferkel, Füllen
absetzen, von der Muttermilch abgewöhnen. Absetzkälber, Absetzferkel,
Absetzlämmer, sind daher solche junge Thiere, die man von den Müttern
entfernet, um sie dadurch zu entwöhnen. (b) Abstechen machen,
vornehmlich bey den Mahlern. Einen Schrank grün absetzen, das
Leistenwerk u. s. f. grün anstreichen, wenn das übrige von einer
andern Farbe ist. Dann aber auch in weiterer Bedeutung, einen
Gegenstand durch einen unähnlichen oder entgegen gesetzten mehr heben
oder hervor stechen machen. Die Farben absetzen, dunklere Farben neben
den lichtern auftragen. So wenig eine Landschaft ohne Mannigfaltigkeit
das Auge lange
vergnüget, wenn das Schöne nicht hier gegen einen unfruchtbaren Hügel,
dort gegen ein Sandfeld, dort wiederum gegen, wilde Dornstauden
abgesetzet ist, Dusch. Schönheiten, die alle von einer, oder doch von
nahe verwandter Art, und nicht genugsam gegen andere abgesetzet sind,
ebend. Was wir an andern am meisten bewundern, Schönheit und Reitz,
sind in ihr nur die Schatten, ein größeres Licht dagegen abzusetzen,
Less. Sie wird die zärtlichen Stellen nicht verderben; sie wird sie
noch genug absetzen, ebend. S. auch das Neutrum.3. Völlig zu Ende
setzen, das Setzen einer Sache vollenden, besonders in den
Buchdruckereyen. Eine Columne, einen Bogen absetzen. Ingleichen,4.
Durch Setzen mit Schriften copiren. Eine Handschrift, ein Manuscript
absetzen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1)
Unterbrochen werden, seine Richtung und Beschaffenheit verändern.
Besonders in den Bergwerken, der Gang setzt ab, fällt aus seiner
Stunde, ingleichen verliert sich. Das Gestein setzt ab, wird
brüchiger. 2) Verschieden seyn, und dadurch einander heben, einander
mehr hervor stechen machen. Zunächst von Farben. Je lebhafter die
Farben im Achat-Onyx sind, je stärker sie absetzen, desto höher wird
der Stein geschätzt. Aber auch in andern Fällen, wie abstechen, in
Vergleichung mit einem andern Dinge lebhaft empfunden werden. Der alte
Hut setzt gegen das neue Kleid schlecht ab. Im Hochdeutschen in dieser
Bedeutung nur selten. 3) + Von einem absetzen, ihn verlassen. Alles
was ich hochgeschätzet, Hat jetzt von mir abgesetzet, Gryph. Im
Hochdeutschen nur im gemeinen Leben.
Anm. Das Verbale die Absetzung,
wird am häufigsten von dem Absetzen von einem Amte, und von dem
Absetzen, d. i. Entwöhnen, des Viehes gebraucht. S. auch Absatz.
Abseufzen (W3) [Adelung]
+ Abseufzen, verb. reg. recipr. sich abseufzen, sich durch Seufzen
oder Gram entkräften.
Abseyn (W3) [Adelung]
+ Abseyn, verb. irreg. neutr. ( S. Seyn,) welches sehr elliptisch
ist, und daher im Hochdeutschen entweder gar nicht mehr gehöret wird,
oder doch nur im gemeinen Leben vorkommt. Es bedeutet, 1) abgesondert
seyn. Der Nagel ist ab, abgebrochen. Dem Bilde ist der Kopf ab,
abgestoßen. Da Holoferni der Kopf ab war, abgehauen war, Richt. 15. 2)
Abgelaufen seyn. Die Spule ist ab, ich will eine andere hohlen. 3)
Abgeschaffet, aufgehoben, entkräftet seyn. Die Verheißung ist abe,
Röm. 4, 14. Auf eben diese Art sagt man noch in den Rechten, besonders
in den Reichskanzelleyen: dieses soll nichtig, todt und ab seyn,
abgeschaffet seyn.
Anm. Weil dieses Zeitwort sehr elliptisch ist, so
schreibt man es lieber getheilet, ab seyn. In Oberdeutschland bedeutet
es auch so viel als entstehen, unterlassen. Z. B. die wir nicht abseyn
werden.
Abseyn (W3) [Adelung]
+ Das Abseyn, des -s, plur. car. die Abwesenheit. In meinem Abseyn.
Während meines Abseyns. - Wer den, der ihn liebt, In seinem Abseyn
läßt bey ihm vergessen werden, Opitz. Mit Recht, sagt ihre Nachbarinn,
Liegt dessen Abseyn dir im Sinn, Haged.
Absicht (W3) [Adelung]
Die Absicht, plur. die -en, von dem Verbo absehen.1) Die Handlung des
Absehens in uneigentlicher Bedeutung, und ohne Plural. (1) Die
Beziehung auf einen gewissen Gegenstand, auf ein gewisses Verhältniß,
wie Rücksicht. Die Erkenntniß der Sünde in Absicht auf Gott, so wohl
nach seinem Urtheile, als auch in Erwägung der Folgen in unsern
Verhält-nissen gegen Gott. In Absicht auf die strenge Kälte. Wenn ich
sie gleich den vierten nenne, so ist sie doch in aller Absicht die
erste, Less. In dieser Bedeutung wird es ohne Artikel, und nur mit dem
Vorworte in gebraucht. (2) Die Bemühung nach einem gewissen Endzwecke,
wie das Absehen. Meine Absicht ist darauf gerichtet. Ich habe es in
guter Absicht gethan. Er hat eine Absicht auf die junge Witwe hier im
Hause.2) Dasjenige, worauf man absiehet; mit dem Plural. (1)
Eigentlich, an den Schießgewehren das Stückchen Metall auf dem Rohre,
wodurch man zielet, um den Zweck zu treffen, das Absehen, das Vister.
Ingleichen an einigen geometrischen und astronomischen Instrumenten,
die Dioptern, die Absehen, wodurch man siehet. Noch mehr (2) im
figürlichen Verstande, dasjenige, was man bey einer Handlung mit
Bewußtseyn und deutlicher Erkenntniß will, durch dieselbe zu erreichen
sucht. Seine Absicht erreichen. Traurig, daß ihm seine Absicht fehl
geschlagen war. Ihre Verwandelung hat bloß dein Glück zur Absicht.
Unsere Absicht mit dem Briefe schlägt leider fehl, Gell. Die Natur
erschuf den Menschen zu größern Absichten, als zu bloßer Betrachtung,
Dusch. Sollte er wohl unerlaubte Absichten haben? Da es denn zuweilen
auch für Ursache gebraucht wird. Gut, das ist auch die Absicht, warum
ich nicht will erkannt werden, Weiße.
Anm. Absicht setzt vermöge der
eigentlichen Bedeutung des Verbi absehen, allemahl ein vernünftiges
Wesen voraus; Zweck und Endzweck aber können auch unvernünftigen und
leblosen Dingen beygeleget werden. Der Endzweck einer Schrift, der
Endzweck der Welt; aber, die Absicht Gottes, die Absicht der Natur, so
fern der Schöpfer darunter verstanden wird, die Absicht eines
Menschen. Die Besserung der Zuhörer ist die Absicht des Predigers,
aber der Zweck oder Endzweck seiner Predigt.
Absichten (W3) [Adelung]
+ Absichten, verb. reg. act. nur im Niedersächsischen für absieben.
S. Sichten.
Absichtlich (W3) [Adelung]
Absichtlich, adj. et adv. mit ausdrücklicher Absicht, in einer
bestimmten Absicht gegründet. Leser, welche absichtlich lesen, mit
klarem Bewußtseyn, warum sie lesen. Eine absichtliche Beleidigung, in
der Absicht zu beleidigen. Er hat es absichtlich gethan.
Absieben (W3) [Adelung]
Absieben, verb. reg. act. vermittelst des Siebes absondern. Die Spreu
von dem Getreide absieben. Ingleichen vermittelst des Siebes reinigen.
Das Getreide absieben. Niedersächsisch absichten.
Absieden (W3) [Adelung]
Absieden, verb. irreg. act. S. Sieden. 1) Gehörig sieden. Einen Fisch
absieden. Seide absieden, mit guter Seife kochen und dadurch
zubereiten. S. auch Absud. 2) Durch Sieden reinigen. Ein Stück Zeuges
absieden, die Farbe heraus sieden. 3) Zum künstigen Gebrauche sieden.
Milch absieden.
Absingen (W3) [Adelung]
Absingen, verb. irreg. act. S. Singen, hersingen, singend hersagen.
Ein Lied auf der Gasse absingen. Das Evangelium, die Epistel vor dem
Altare absingen. Daher die Absingung.
Absinken (W3) [Adelung]
* Absinken, verb. irreg. neutr. ( S. Sinken,) welches das Hülfswort
seyn erfordern, und herab sinken, und niedersinken bedeuten würde,
wenn es üblich wäre. Daß die Bergleute dieses Zeitwort für das thätige
absenken gebrauchen, ist schon oben bemerket worden.
Absitzen (W3) [Adelung]
Absitzen, verb. irreg. ( S. Sitzen,) welches in gedoppelter Gartung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, von dem Pferde
steigen, absteigen. Von dem Pferde absitzen. Man ließ die Dragoner
absitzen. Das Pferd bringt den Reiter zum Absitzen, setzt, wirft ihn
ab. Von dem Wagen absitzen, wie man ehedem auch sagte, ist jetzt nicht
mehr üblich.
II. Als ein Activum. 1) Durch Sitzen vermindern. So sagt man, so wohl
eine Schuld absitzen, von einem Schuldner, wenn er aus Unvermögen zu
bezahlen, dafür in dem Gefängnisse büßen muß; als auch, einen
Vorschuß, eine Forderung absitzen, von dem Gläubiger, wenn er sich
durch den Besitz des Nießbrauches eines Gutes oder Hauses bezahlt
macht. 2) + Bey den Tuchmachern wird es für absetzen, oder abnehmen
gebraucht. Das Tuch von dem Rahmen absitzen, abnehmen. 3) + Bis zu
Ende der bestimmten Zeit sitzen. Die Miethzeit absitzen, im gemeinen
Leben. 4) + Sich absitzen, sich durch langes Sitzen entkräften,
besonders von brütendem Federviehe.
Anm. Absitzen, als ein Neutrum für
entfernt wohnen, weit abgesessene Leute, Opitz, ist im Hochdeutschen
ungewöhnlich.
Absocken (W3) [Adelung]
* Absocken, verb. reg. neutr. mit seyn, nur in den Salzhütten, für
abtröpfeln. Die Salzstücke absocken lassen, abtröpfeln. S. Socken.
Absod (W3) [Adelung]
Der Absod, S. Absud.
Absohlen (W3) [Adelung]
* Absohlen, verb. reg. act. in den Bergwerken, so viel als abnützen,
doch nur von den Bergseilen. Die Bergseile absohlen. Es scheinet, daß
dieses Zeitwort, welches außer dem Bergbaue nicht gehöret wird, von
Seil herkomme, weil es nur allein von den Seilen gebraucht wird.
Absolviren (W3) [Adelung]
+ Absolviren, verb. reg. act. von dem Lat. absolvere. 1) Von der
Schuld und Strafe eines Schuld gegebenen Verbrechens frey sprechen,
los sprechen; im gerichtlichen Verstande. 2) Die Vergebung der Sünde
im Beichtstuhle ankündigen; im kirchlichen Verstande. 3) Zu Ende, zu
Stande bringen; in den niedrigen Sprecharten.
Absolut (W3) [Adelung]
+ Absolut, adj. et. adv. von dem Lat. absolutus. 1) An und für sich
betrachtet, ohne Beziehung auf ein anderes Ding, im Gegensatze des
relativ; im philosophischen Style. 2) Ohne Bedingung, unbedingt,
schlechterdings. Ich will es absolut. Ein absoluter Herr, ein
unumschränkter.
Absolution (W3) [Adelung]
+ Die Absolution, plur. die -en, von dem Lat. absolutio. 1) In den
Rechten, die gerichtliche Lossprechung von der Schuld und Strafe eines
Verbrechens, dessen jemand beschuldiget worden. 2) In der Theologie,
die Ankündigung der Vergebung der Sünden nach der Beichte.
Absonderlich (W3) [Adelung]
+ Absonderlich, adj. et adv. was abgesondert werden kann, von andern
abgesondert zu werden verdienet, und wirklich abgesondert ist, so wohl
1) in der eigentlichen Bedeutung, als auch 2) in der uneigentlichen,
besonders in Rücksicht auf die verschiedenen Ursachen der Absonderung.
(a) Für eigen, besonder. Dieses erfordert ein absonderliches Buch. Ein
absonderliches Zimmer. (b) Für allein, einsam. Absonderlich wohnen,
schlafen, essen. Mit einem absonderlich, (allein) reden. Welche
Nothwendigkeit leget dir auf, die Zeit dermaßen absonderlich zu
verschleißen, und in solcher Einsamkeit herum zu wandern? Opitz. (c)
Für einzeln. Jemanden über einen absonderlichen Umstand befragen. Die
absonderlichen Umstände erzählen. Insgemein und absonderlich. (d) Für
vor andern, insonderheit. Dieß ist überall üblich, absonderlich aber
in Franken. Alles wird jetzt theurer, absonderlich das Getreide. (e)
Vorzüglich. Eine absonderliche Klugheit, Schönheit, Gnade. Ich bin
ihnen absonderlich Dank schuldig. Es ist nichts absonderliches daran.
(f) Seltsam, sonderbar. Ein absonderlicher Mensch.
Anm. In allen obigen
Bedeutungen ist dieses Wort nur noch in einigen Kanzelleyen und den
Oberdeutschen Mundarten üblich. In der anständigern Schreib- und
Sprechart bedienet man sich dafür der Wörter besonder und besonders.
Absondern (W3) [Adelung]
Absondern, verb. reg. act. von einem andern Dinge sondern oder
trennen, als ein allgemeiner Ausdruck, der die besondere Art und Weise
unbestimmt läßt. 1) Eigentlich, dem Orte nach. Ein räudiges Schaf von
der Herde, die Lämmer von den Schafen absondern. Die Gefangenen von
dem Regimente absondern. Ein großer Fluß sonderte uns von einander ab.
Er lebt von allen Menschen abgesondert. Ein abgesonderter Ort. Man
sondere den Begriff der Tugend von der Freundschaft ab, so
verschwindet ihr Werth und ihr heiliger Glanz, Gell. Fleisch, Muskeln,
Drüsen, Häute, sind in den thierischen Körpern lauter Maschinen,
welche theils salzige, theils öhlige, theils geistige, theils
wässerige Theile aus dem Blute absondern; so lange diese Absonderungen
(Secretiones) gehörig von Statten gehen, befindet sich der Mensch in
seinem natürlichen gesunden Zustande. 2) In Gedanken absondern, eine
Sache deutlicher als eine andere denken, abstrahiren, wofür einige das
unbequeme abziehen einführen wollen. Sich Merkmahle von etwas
absondern, abstrahiren. Daher die Absonderung, die "Abstraction", und
das Absonderungsvermögen, die Kraft der Seele, Dinge von einander
abzusondern. 3) Der Verbindung, dem Zusammenhange, der Gemeinschaft
nach. Sich von einer Gesellschaft absondern. Sich von der Welt
absondern. So auch in den Rechten, besonders in Niedersachsen, mit
Reichung eines Theils seines Vermögens von allen künftigen Ausprüchen
auf seine Verlassenschaft abfinden. Ein Kind absondern. Abgesonderte
Kinder, Brüder, Schwestern. Man pflegt diese Handlung auch abfinden,
ablegen, abtheilen und in Soest abschichten zu nennen. Doch wird zu
der Absonderung besonders erfordert, theils daß solche von den Ältern
bey ihren Lebzeiten, theils aber auch mit Einwilligung der Kinder
geschiehet. Das Hauptwort, die Absonderung, kann in allen obigen
Bedeutungen gebraucht werden.
Anm. Angels. asyndrian, Schwed. assindra,
Holl. afzonderen.
Absonnig (W3) [Adelung]
+ Absonnig, absönnig, adj. et adv. im gemeinen Leben von den Strahlen
der Sonne entfernt. Ein absonniger (schattiger) Ort. Ein absönniges
Gebirge, bey den Bergleuten, welches von der Sonne nicht beschienen
wird.
Absorgen (W3) [Adelung]
+ Absorgen, verb. reg. recipr. Sich absorgen, im gemeinen Leben, sich
durch vieles Sorgen entkräften.
Abspalten (W3) [Adelung]
Abspalten, verb. reg. act. außer daß es im Partic. Pass. abgespalten
hat, ( S. Spalten,) vermittelst eines Spaltes absondern. Ein Stück von
einem Brete abspalten. So auch, sich abspalten, sich vermittelst eines
Spaltes ablösen. Daher die Abspaltung.
Abspänen (W3) [Adelung]
+ Abspänen, verb. reg. act. welches in den gemeinen Mundarten so wohl
in Ober- als Niederdeutschland üblich ist, so viel als entwöhnen
bedeutet, und so wohl von Menschen als Thieren gebraucht wird.
Niedersächsisch afspeinen, afspönen, speinen, spenen, spennen.
Anm. Das
Stammwort ist das Angels. Spana, Schwed. Spena, Isl. Spini, Holl.
Spene, Sponne, Alem. Spune, Spunne, welches so wohl die Brust an den
Weibern der Menschen und Thiere, als auch die Milch bedeutet. In
Österreich heißet die Spän und in Schwaben das Gespind noch jetzt die
Milch. In Westphalen bedeutet Spunner, das Kuheiter, und in Dithmarsen
Spön die Zitzen daran. Das Zeitwort spänen bedeutete ehedem eben so
wohl säugen, als auch abspänen, d. i. abgewöhnen. Frisch bemerket ganz
richtig, daß die erste und eigentliche Bedeutung dieses Wortes noch in
dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ziehen,
aufbehalten wird. Für abspänen gebrauchen die Hochdeutschen von
Kindern lieber abgewöhnen, und in noch edlerer Schreib- und Sprechart
entwöhnen. Von Thieren, besonders von Kälbern, ist in Obersachsen und
an-
dern Gegenden, abbinden, absetzen, abstoßen, und von Ferkeln, an
einigen Orten auch abstecken üblich. S. auch Spanferkel.
Abspannen (W3) [Adelung]
1. * Abspannen, verb. reg. act. durch Bereden, Locken oder Körnen
abwendig machen. Einem sein Gesinde, sein Vieh, seine Kunden, seine
Arbeit abspannen. Daher die Abspannung. S. auch Abspänstig.
Anm. Dieses
Zeitwort ist im Hochdeutschen wenig mehr üblich, und kommt nur in
Luthers Katechismo und in den Rechten an einigen Orten vor. Es kommt
von dem alten spanen, Angels. Sponan, Schwed. Spana, bereden, reißen,
locken, her, dessen erste Bedeutung gleichfalls ziehen gewesen seyn
mag, so wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - beyde Bedeutungen
hat, und von welchem es das Intensivum seyn kann, wie aus dem
verdoppelten n erhellet. Das einfache spanan, bereden, kommt in unsern
ältesten Alemannischen und Fränkischen Schriftstellern sehr häufig
vor.
Abspannen (W3) [Adelung]
2. Abspannen, verb. reg. act. von Spannen, was gespannet, oder
angespannet war, los machen. Den Hahn an einem Feuergewehre, die Sehne
am Bogen abspannen. Die Pferde, die Ochsen abspannen, sie von dem
Wagen, Pfluge los spannen. Ingleichen metonymisch, den Wagen
abspannen. Daher die Abspannung.
Abspännig (W3) [Adelung]
+ Abspännig, adj. et adv. bey den Bergleuten und in einigen gemeinen
Mundarten, so viel als abspänstig. Einem einen Arbeiter, sein Gesinde
abspännig machen.
Abspänstig (W3) [Adelung]
Abspänstig, adj. et adv. ungetreu, abgeneigt, so fern man durch
Beredung oder Reißung dazu verleitet worden. Einem sein Gesinde
abspänstig machen. Einem abspänstig werden.
Anm. Abspänstig ist von 1.
Abspannen so fern es durch Bereden abwendig machen bedeutet. Das st
ist in den von spannen, bereden, abgeleiteten Wörtern nichts seltenes.
Spenst, Gispuans, Kespanst, kommen bey dem Ottfried und Kero für
Beredung vor, und Notker gebraucht Ps. 67, 31. spenstige und
ferleitige Meniscen, für Menschen, die sich leicht bereden und
verführen lassen.
Absparen (W3) [Adelung]
Absparen, verb. reg. act. durch Sparsamkeit entziehen. Er hat es
sich, seinem Munde, seinem Leibe abgesparet.
Abspeisen (W3) [Adelung]
Abspeisen, verb. reg. Es ist:I. Ein Neutrum, welches das Hülfswort
haben zu sich nimmt, aufhören zu speisen, Mahlzeit zu halten, von
vornehmen Personen. Sie haben abgespeiset, werden bald abgespeiset
haben.II. Ein Activum. (a) Mit Speise sättigen, die gehörige Speise
reichen. Sein Gesinde abspeisen. Er hat täglich viele Leute
abzuspeisen. An den Höfen heißt der abspeisende Marschall, der diesen
Tag das Abspeisen, die Abspeisung hat, d. i. die Speisen für den Hof
besorget. (b) + Einen abspeisen, im gemeinen Leben, ihm das Abendmahl
reichen. Sich privatim abspeisen lassen. (c) Figürlich, mit solchen
Dingen zu befriedigen suchen, die dem Verlangen des andern keine
Genüge thun. Jemanden mit leerer Hoffnung, mit guten Worten, mit
eiteln Versprechungen abspeisen. - Die Hoffnung beßrer Zeiten. Speist
mein Verlangen nur mit faulen Fischen ab, Günth.- Wenn Schmeichler
preisen, Das Ohr der Eitelkeit mit Lügen abzuspeisen, Dusch.
Abspiegeln (W3) [Adelung]
Abspiegeln, verb. reg. act. die Gestalt eines Dinges in einem
Spiegel, oder gleichsam als in einem Spiegel abbilden. Wenn der sanfte
Fluß zwischen den lispelnden Röhren dahin gleitete, und die lieben
Wolken abspiegelte, Werth. Leid.
Abspinnen (W3) [Adelung]
Abspinnen, verb. irreg. act. S. Spinnen. 1) Durch Spinnen leer
machen. Den Rocken abspinnen. 2) Durch Spinnen bezahlen. Eine Schuld,
einen erhaltenen Vorschuß abspinnen. Daher die Abspinnung.
Abspitzen (W3) [Adelung]
Abspitzen, verb. reg. act. 1) Mit einer Spitze abnehmen. So spitzen
die Mäurer einen hervor ragenden Stein ab, wenn sie ihn mit der
Zweyspitze abhauen. 2) Der Spitze berauben. 3) Gehörig spitz machen.
So auch die Abspitzung.
Absplittern (W3) [Adelung]
Absplittern, verb. reg. 1) Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich in
Gestalt eines Splitters ablösen. 2) Activum, in Gestalt der Splitter
absondern. Daher die Absplitterung.
Absprechen (W3) [Adelung]
Absprechen, verb. irreg. act. S. Sprechen.
1) Durch einen förmlichen Spruch, d. i. gerichtliches Urtheil, einer Sache berauben. Einem den Besitz eines Gutes absprechen. Der Richter hat ihm das Leben abgesprochen.
2) In weiterer Bedeutung, die Erlangung eines künstigen Gutes verneinen. Die Ärzte haben ihm das Leben abgesprochen, haben versichert, daß er an dieser Krankheit werde sterben müssen. Man spricht mir alle Hoffnung ab, den Gegenstand der Hoffnung, die gehoffte Sache. Ich will ihm sein Glück nicht absprechen.
3) Jemanden die Anwesenheit einer Eigenschaft verneinen. Man spricht ihm alles Verdienst, alle Gelehrsamkeit ab. Ich will ihm diesen Vorzug nicht absprechen. Daher die Absprechung in der ersten Bedeutung.
Anm. In verschiedenen Provinzen hat dieses Verbum noch einige andere Bedeutungen, die man auch wohl in das Hochdeutsche einzuführen versucht hat.
(a) Unrecht geben. Wir können ihm nicht ganz absprechen.
(b) Abschaffen. Die Kaiser haben selbst den Irrthum abgesprochen,Den Mißbrauch hingethan, die Bilder weggebrochen, Opitz.
(c) Verabreden, besonders in Niedersachsen. Etwas mit einander absprechen. Daher Absprache daselbst auch Abrede bedeutet.
Abspreitzen (W3) [Adelung]
Abspreitzen, verb. reg. act. in dem Bergbaue, mit den gehörigen
Spreitzen, d. i. Stützen, versehen. Einen Schacht, einen Gang
abspreitzen. Daher die Abspreitzung.
Absprengen (W3) [Adelung]
Absprengen, verb. reg. act. abspringen machen. Eine Saite absprengen.
Ein Stück von einer Maner mit Pulver absprengen. Dem Pferde im Reiten
ein Hufeisen absprengen. Gläser und Kolben mit dem Abnehmeisen
absprengen, bey den Scheidekünstlern. Die Krebse pflegen sich die
Scheren abzusprengen. Daher die Absprengung. In dem Ausdrucke, die
Gasse auf und ab sprengen, ist es, wie in andern ähnlichen, kein
Compositum.
Absprießen (W3) [Adelung]
Absprießen, verb. irreg. neutr. ( S. Sprießen,) mit dem Hülfsworte
seyn, welches in der höhern Schreibart in figürlicher Bedeutung für
abstammen, gebraucht wird, aber größten Theils nur in der
Oberdeutschen Mundart üblich ist. S. auch Absprossen.
Abspringen (W3) [Adelung]
Abspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) mit dem Hülfsworte
seyn. 1) In der eigentlichsten Bedeutung, sich mit einem Sprunge von
etwas entfernen. Der Hase ist von dem Wege abgesprungen. Ingleichen
hinab springen. Von dem Pferde, von dem Wagen abspringen. So gleich
springt Raufbold ab, d. i. von dem Pferde, Zachar. 2) In weiterer
Bedeutung, schnell von etwas entfernet werden, für absprallen. Die Art
springt von dem Aste ab. Die Rugel sprang von der Wand ab. Besonders,
wenn solches mit einem Zerbrechen verbunden ist. Die Farbe, der Leim
springt ab. Die Saite ist abgesprungen. 3) Figürlich, sich mit dem
Gemüthe plötzlich von etwas entfernen, schnell anderes Sinnes werden.
Von einer Meinung, von einer Partey, von einer Religion abspringen. So
auch absolute, er will wieder abspringen. Auf gleiche Art bedeutet
dieses Zeitwort in den Bergwerken, sein Vorhaben ändern, besonders
wenn ein Muther einen aufgenommenen Ort verläßt, und einen andern
wählet. Ingleichen 4) starken Abfall,
oder starke Einschränkung leiden. Man vergleiche beyde, so wird man
sehen, wie sehr dieses gegen jenes abspringt.
Absprossen (W3) [Adelung]
Absprossen, verb. reg. neutr. welches aber im Partic. Pass.
abgesprossen hat, und mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird, in der
edlern und dichterischen Schreibart so viel als abstammen. Er ist von
Helden abgesprossen, noch edler entsprossen.
Anm. Absprießen und
absprossen sind, so wie die einfachen Zeitwörter sprießen und
sprossen, bloß in der Mundart unterschieden, jenes ist in Ober- dieses
aber in Niederdeutschland üblich. Beyde aber werden nur in der höhern
Schreibart gebraucht.
Absprößling (W3) [Adelung]
Der Absprößling, des -es plur. die -e, in der höhern Schreibart, eine
Person, zuweilen auch eine Sache, welche von einer andern abgesprossen
ist, ein Abkömmling.
Absprung (W3) [Adelung]
Der Absprung, des -es, plur. die -ünge. 1) Das Abspringen in der
ersten, eigentlichen Bedeutung des Zeitwortes. Der Hase macht einen
großen Absprung, springt weit von der Fährte ab, bey den Jägern. 2)
Das Abspringen in der dritten figürlichen Bedeutung des Verbi. Der
Absprung von der Religion, von einer Partey, von einer Meinung.
Ingleichen die plötzliche Entfernung von einer Materie. Weil ihr von
der Hauptsache einen abermahligen Absprung nehmet, in den Kanzelleyen.
3) Der Abfall, die beträchtliche Einschränkung des Gesagten oder
Geforderten. Das ist ein großer Absprung, Abfall. 4) * In einigen
Gegenden, die Begebung eines Rechtes oder eines Anspruches. Einem zehn
Thaler für den Absprung geben, für den Abtritt. Da es denn auch wohl
die Schadloshaltung für diesen Abtritt bedeutet.
Anm. In der zweyten
Bedeutung des Zeitwortes gebraucht man lieber den Infinitiv, das
Abspringen, als dieses Hauptwort.
Abspülen (W3) [Adelung]
Abspülen, verb. reg. act. 1) Durch Spülen wegschaffen. Den Roth von
den Pferden, von einem Gefäße abspülen. 2) Metonymisch, durch Spülen
von außen reinigen. Die Pferde, den Wagen, ein Gefäß, das Garn, die
Häringe abspülen. Ingleichen von dem Wasser, vermindern, erniedrigen.
Das Wasser spület die Berge ab. Der Fluß hat das Ufer abgespület.
Daher die Abspülung.
Abspulen (W3) [Adelung]
Abspulen, verb. reg. act. von der Spule abwinden. Garn, Seide, Wolle
abspulen, bey den Webern und in den Spinnereyen. Ingleichen das Garn
von den Schläuchen abspulen, große Spulen auf kleinere Spulen oder
Pfeifen treiben, bey den Tuchmachern und andern Webern. Daher der
Abspuler, und im Fämin. die Abspulerinn, diejenige Person, welche
solches verrichtet.
Abstählen (W3) [Adelung]
Abstählen, verb. reg. act. 1) Bey den Färben, die Brühe in der
Blauküpe probiren, welches dadurch geschiehet, daß man ein in dieselbe
getunktes Läppchen in den so genannten Stahl steckt, und es an die
Luft setzt. 2) In einem hohen Grade abhärten. Ein abgestählter Mensch.
Abstammen (W3) [Adelung]
Abstammen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
herkommen, dem Geschlechte nach, herstammen. Er stammt von hohen Ahnen
ab. Wir stammen alle von Adam ab. Ingleichen von Wörtern. Dieß Wort
stammet von keinem andern ab. Daher die Abstammung in beyden Fällen.
Abstämmling, für Abkömmling, Absprößling, ist ungewöhnlich und
unnöthig.
Abstämmen (W3) [Adelung]
Abstämmen, verb. reg. act. 1) Im Forstwesen, von dem Stamme sondern,
d. i. abhauen. Einen Baum abstämmen. 2) Mit dem Stömmeisen wegnehmen,
absondern, bey den Tischlern. Daher die Abstämmung. In einigen
Mundarten lautet dieses Zeitwort auch abstammen.
Abstämpeln (W3) [Adelung]
Abstämpeln, verb. reg. act. bey den Buchbindern, mit den gehörigen
Stämpelzierathen versehen. Ein Buch abstämpeln.
Abstampfen (W3) [Adelung]
Abstampfen, verb. reg. act. 1) Durch Stampfen absondern. 2) Durch
Stampfen abnützen. 3) Gehörig stampfen. 4) Das Stampfen vollenden.
Abstand (W3) [Adelung]
Der Abstand, des -es, plur. die -ände, von abstehen. 1) Das Abstehen,
in so fern die Entfernung eines Ortes von dem andern dadurch
angedeutet wird. Der Abstand eines Hauses von dem andern. Der Abstand
eines Sternes von dem andern. Der Abstand der Sonne von der Erde. In
allen diesen Fällen nur von solchen Dingen, welchen man ein Stehen
beylegt. 2) Figürlich, die Entfernung, so wohl der Zeit nach. Das wird
erst in beträchtlichen Abständen der Zeit merklich. Als auch der Macht
und Würde nach. Siehe deinen Abstand von mir an, du bist reich, ich
habe nichts, Weiße. Wie blind oder eitel müßte ich nicht seyn, wenn
ich den großen Abstand zwischen ihm und mir nicht sehen sollte! Dusch.
Ach, der Abstand zwischen dir und mir ist zu weit, zu unendlich!
ebend. 3) In den Rechten, das Abstehen von einem Rechte, oder die
Begebung desselben; ohne Plural. Ich habe ihm fünfzig Thaler für den
Abstand gegeben. In Niedersachsen sagt man in dieser Bedeutung,
Abstand thun, welches aber im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist.
Abständer (W3) [Adelung]
+ Der Abständer, des -s, plur. ut nom. sing. im Forstwesen, ein
abgestandener Baum.
Abständig (W3) [Adelung]
+ Abständig, adj. et adv. welches nur im Forstwesen üblich ist, und
von dem Holze gebraucht wird, wenn es abgestanden, oder auf dem Stamme
verdorret ist. Abständiges Holz. Das Holz ist abständig geworden.
Abstatten (W3) [Adelung]
Abstatten, verb. reg. act. 1) In den Rechten, mit Ertheilung der
gehörigen Mitgabe verheirathen. Eine Tochter, eine Jungfrau abstatten,
wofür aber ausstatten gebräuchlicher ist. 2) * Entrichten, nur in
einigen Gegenden. Die Unkosten abstatten, erstatten. Die Gebühren
abstatten, entrichten. 3) In der edlern und feyerlichern Schreibart,
so viel als ertheilen, leisten, geben, ablegen. Einen Besuch bey
jemanden abstatten, ablegen. Einen Gruß von jemanden abstatten,
ablegen. Ein Zeugniß abstatten, ablegen. Einem die letzte Ehre
abstatten, erweisen. Dank abstatten, sagen. Schon wollte ich ihm den
feurigsten Dank abstatten. Daher die Abstattung in beyden
Bedeutungen.
Anm. Das einfache statten bedeutete in den Nordischen
Mundarten ehedem auch so viel als geben und schenken, und hiervon
leitet Ihre beyde Bedeutungen des Deutschen abstatten ab. Es läßt sich
hören; es hat aber auch die Ableitung von Statt, locus und statten,
den gehörigen Platz anweisen, stellen, nichts unwahrscheinliches. Denn
wenn eine Tochter abgestattet wird, so verläßt sie die Stätte oder
Wohnung ihres Vaters und bekommt ihre eigene. Auf gleiche Art sagten
die Lateiner von locus, locare, und elocare, wovon das Deutsche
abstatten und ausstatten eine bloße Übersetzung ist, welches von
mehrern, besonders gerichtlichen Ausdrücken gilt.
Abstäuben (W3) [Adelung]
Abstäuben, verb. reg. act. den Staub wegschaffen, noch mehr aber
metonymisch, von dem Staube reinigen. Ein Buch, den Tisch, die Schuhe,
die Wand abstäuben. Daher die Abstäubung. In den gemeinen Mundarten
sind auch die Frequentativa abstäubern, abstöbern und abstöpern,
üblich.
Abstäupen (W3) [Adelung]
Abstäupen, verb. reg. act. gehörig oder nach Verdienst stäupen. Ein
Kind abstäupen.
Abstechen (W3) [Adelung]
Abstechen, verb. irreg. S. Stechen. Es ist:I. Ein Activum, und
bedeutet:1) Herab stechen, mit Stichen von einem höhern Orte herunter
bringen. Seinen Gegner von dem Pferde abstechen. So auch, ein Fuder
Heu, Stroh, Garben abstechen, in der Landwirthschaft, es mit der Gabel
abladen, Nieders abstaken.
2) Mit einem Stiche absondern. Einem Thiere die Kehle, sich die Gurgel
abstechen. Rasen abstechen. Ein abgestochener Rasen. Bey den
Drechslern ist abstechen mit dem umgekehrten Meißel abnehmen. Von
dieser Art des Abstechens hat bey den Zinngießern ein gewisses
Dreheisen den Nahmen des Abstecheisens. Ingleichen metonymisch, mit
einem Stiche in die Gurgel tödten. Ein Schwein, ein Kalb, ein Schaf,
eine Gans, ein Huhn abstechen.3) Im Stechen übertreffen, so wohl, (a)
eigentlich in den Ritterspielen, einen abstechen, den Ring oder
aufgesteckten Preis mit der Lanze eher erreichen als er; als auch (b)
uneigentlich, in jeder andern Sache den Vorzug abgewinnen,
übertreffen. So sagt man im Kartenspiele, einen abstechen, ihn durch
eine höhere Karte des Stiches berauben. Ingleichen im
Scheibenschießen, näher als ein anderer zum Ziele treffen. Ferner: Der
Tauben Atlas stach Dianens Silber ab, Günth. Dieser Blumen Jaspis kann
Sarder und Schmaragd abstechen, Gryph. 4) Mit Stechen ableiten. Das
Wasser abstechen, abgraben. Ingleichen, einen Fluß, Teich, Sumpf
abstechen. Den Wein abstechen, abzapfen, in einigen Gegenden. So auch
in den Hüttenwerken, das geschmolzene Erz abstechen, es vermittelst
eines Stiches durch das Auge in die Abstechgrube oder den Abstechherd
ableiten. Auf den hohen Öfen wird das Eisen mit dem Abstechstachel
gleichfalls abgestochen.5) Mit Stechen oder Graben nachbilden. Eine
Zeichnung, ein Gemählde, ein Kupfer abstechen, mit dem Grabstichel
nachstechen. Ein Muster abstechen, bey den Nähterinnen, ein Muster
nach allen Zügen mit Nadeln durchstechen, und dadurch auf ein
untergelegtes Papier abbilden. Ein Lager, einen Garten, einen Platz zu
einem Hause abstechen, durch ausgestochene oder ausgegrabene Erde
bezeichnen. Geschiehet solches durch eingeschlagene Stäbe, so heißt es
abstecken.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, als
verschieden lebhaft empfunden werden, und zwar in Vergleichung mit
einem andern Dinge, welches alsdann die Vorwörter gegen und von,
seltener und nicht so richtig mit bekommt. Diese Farbe sticht gut,
schlecht gegen jene ab. Der alte Hut sticht schlecht gegen das neue
Kleid ab. Ihre fröhlichen Entzückungen stechen mit den gründlichen
Eigenschaften ihrer Schwester vortrefflich ab, Less. Sie überlegen
nie, daß die Stickerey von dem Grunde abstechen muß, Ebend. Man wird
durch das Abstechende beyderseitiger Gedanken ungemein gerühret
werden. Alberts gelassene Außenseite sticht gegen die Unruhe meines
Charakters sehr lebhaft ab, Werth. Leid. Das Perfect und Plusquamperf.
sind von diesem Neutro wenig üblich.
Anm. Das Hauptwort das Abstechen
kann in allen Bedeutungen der thätigen so wohl, als Mittelgattung, die
Abstechung aber nur in den eigentlichen Bedeutungen der ersten
gebraucht werden. Doch kommt das letztere auch zuweilen in der
neutralen Bedeutung vor. Lessing hat (in der Minna von Barnhelm) die
Abstechung seiner Personen aus den Verstößungen ihrer Charaktere
heraus zu hohlen gewagt, Sonnenf. für Contrast. Die Charaktere, welche
zur Abstechung gegen die Hauptfigur geordnet worden, ebenders. S. auch
Abstich.
Abstecken (W3) [Adelung]
Abstecken, verb. reg. act. 1) Was mit Nadeln angesteckt war, los
stecken. Das Halstuch, eine Schleife abstecken, wofür man in
Oberdeutschland abhäfteln und abspäneln sagt. 2) Durch Stecken
bezeichnen. Ein Lager, einen Garten, den Lauf einer Jagd abstecken,
mit eingesteckten Pfählen, welches vermittelst des Absteckeisens,
ingleichen der Absteckschnur oder Abstecklinie geschiehet.Doch diese
Dunkelheit hat abgesteckte Schranken, Opitz.3) * Abgesondert stecken
oder stellen. In diesem Verstande bedeutet abstecken, von den Ferkeln
gebraucht, an einigen Orten so viel als absetzen, d. i. entwöhnen. So
auch die Absteckung in allen obigen Bedeutungen.
Anm. Von dem
Unterschiede zwischen abstechen und abstecken, der so oft
vernachlässiget wird, S. Stechen und Stecken.
Abstehen (W3) [Adelung]
Abstehen, verb. irreg. ( S. Stehen,) welches auf gedoppelte Art üblich ist.
I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn.
1) Von etwas entfernt oder abgesondert stehen. Der Tisch stehet weit von der Wand ab. Der Schrank stehet nicht weit genug ab, von der Mauer. Der Stuhl muß noch weiter abstehen. S. Abstand.
2) Sich in der stehenden Stellung entfernen.
(a) Eigentlich, nur in einigen wenigen Fällen. Der
Jäger stehet ab, wenn er den Anstand vergebens verläßt. Das große
Geflügel stehet bey den Jägern ab, wenn es von einem Baume fliegt,
welches auch abbaumen genannt wird. (b) Figürlich. (1) Ablassen, nicht
fortsetzen. Von dem Schreiben, Bauen abstehen. Von einem Kaufe, von
einer Klage, von einer Forderung, von seinem Vorhaben, seiner Meinung
abstehen. Er ist von seinem Rechte, von seinen Ansprüchen abgestanden,
hat sich derselben begeben. Die Wortfügung einer Sache abstehen, z. B.
Noch wollt er dennoch nichtSeiner poßheit absteen, Theuerd. Kap. 25.
ist Oberdeutsch. (2) Verderben, besonders von flüssigen Dingen. Der
Wein, der Essig, das Bier ist abgestanden. Abgestandener Essig.
Ingleichen von den Bäumen, wie abdorren und abfliegen. Der Baum wird
bald abstehen. Ein abgestandener Baum. Wie auch von den Fischen,
sterben. Die Fische sind abgestanden. Ein abgestandener Aal. Wenn es
den Fischen im Winter an Luft mangelt, oder das Wasser in den Teichen
verdorben ist, so pflegen sie aus ihrem Lager in der Tiefe herauf und
an die Muhnen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - zu kommen,
und dieses heißt aufstehen. Leistet man ihnen nicht schleunige Hülfe,
so sterben sie, und dieß heißt im eigentlichsten Verstande abstehen,
weil sie alsdann in einiger Entfernung von dem Ufer stille stehen.
Vielleicht ist der Ausdruck von diesem Umstande entlehnet, und hernach
auf die Bäume und flüssigen Dinge übergetragen worden.II. Als ein
Activum. 1) Einem etwas abstehen, abtreten, es ihm überlassen; am
häufigsten in Niedersachsen. 2) * Eben daselbst sagt man auch ein Amt
abstehen, es niederlegen, ein abgestandener (abgegangener)
Bürgermeister, bey welcher R. A. man nur nicht an einen abgestandenen
Fisch denken muß. Schon die Griechen sagten in dieser Bedeutung, -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein obrigkeitliches Amt
niederlegen. 3) + Sich abstehen, als ein Reciprocum, sich müde stehen,
von vielem Stehen Schaden leiden. Das Pferd hat sich in dem Stalle
ganz abgestanden.
Anm. Abstehen, Goth. afstandan, Schwed. afsta, wird
in den Provinzen noch auf verschiedene andere Arten gebraucht, die
aber im Hochdeutschen unbekannt sind. (a) Einem abstehen, seine Partey
verlassen, ist so wohl in Oberdeutschland, als in Niedersachsen
gebräuchlich, aber im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich, als die R.
A. von einem abstehen, in gleicher Bedeutung. (b) Abschlagen, z. B.
Theuerd. Kap. 105. (c) Absteigen, aussteigen, wovon im Theuerdank
häufige Beyspiele vorkommen, z. B. Als er nun abgestanden was Vom
scheff, Kap. 43.- Herr steet ab drat Zu Füßen von eurem pferdt, Kap.
38.
Und Kap. 64. An das Land abstehen. (d) Stille stehen. Die Mühlen
stunden mehrentheils ab, Bluntschli, ein Zürchischer
Geschichtschreiber.
Abstehlen (W3) [Adelung]
Abstehlen, verb. irreg. act. S. Stehlen. 1) Eigentlich, verstohlner
Weise entwenden. Dem lieben Gott die Tage abstehlen, Gell. Ich stahl
ihr schnell ein Mäulchen ab, Gerstenb. Durch ein verdreht Gesicht,
durch ein verwirrt Erzählen Glückt es dem Zänker nicht, ihm Beyfall
abzustehlen, Kästn. 2) In weiterer Bedeutung, heimlich ablernen,
verstohlner Weise absehen. Einem eine Kunst, einen Handgriff
abstehlen.
Absteifen (W3) [Adelung]
Absteifen, verb. reg. act. 1) Gehörig steif machen. 2) Einen Schacht
absteifen, im Bergbaue, ihn inwendig mit den gehörigen Steifen oder
Spreitzen versehen, damit er nicht einfalle; welches auch abspreitzen
genannt wird.
Absteigen (W3) [Adelung]
Absteigen, verb. irreg. neutr. ( S. Steigen,) welches mit dem
Hülfsworte seyn verbunden wird. 1) Herab steigen. Von dem Pferde, von
dem Wagen absteigen, oder auch absolute, absteigen. 2) In weiterer
Bedeutung, auf der Reise einkehren. Wir sind unter Weges in keinem
Gasthofe abgestiegen. Bey einem absteigen. Daher das
Absteige-Quartier, wo man gewöhnlich abzusteigen pflegt. 3) Figürlich,
in den Geschlechtsregistern, die absteigende Linie, diejenigen
Personen, welche in gerader Linie von einem angenommenen Stammvater
herkommen; im Gegensatze der aufsteigenden Linie.
Absteinen (W3) [Adelung]
+ Absteinen, verb. reg. act. 1) Durch Grenzsteine absondern. Einen
Acker absteinen. 2) Mit den gehörigen Grenzsteinen versehen. Eine Flur
absteinen. Beydes im gemeinen Leben.
Abstellen (W3) [Adelung]
Abstellen, verb. reg. act. 1) * Eigentlich, der Stelle berauben, in
welcher Bedeutung aber dieses Zeitwort nicht üblich ist. 2) Figürlich,
als schädlich abschaffen, aufhören machen. Eine übele Gewohnheit
abstellen. Dieser Mißbrauch muß abgestellet werden. Daher die
Abstellung.
Abstemmen (W3) [Adelung]
Abstemmen, S. Abstämmen.
Abstempeln (W3) [Adelung]
Abstempeln, S. Abstämpeln.
Absteppen (W3) [Adelung]
Absteppen, verb. reg. act. Einen Rock absteppen, bey den Nähterinnen,
ihn gehörig durchnähen.
Absterben (W3) [Adelung]
Absterben, verb. irreg. neutr. ( S. Sterben,) welches das Hülfswort
seyn erfordert. Es bedeutet:1) So viel als das einfache sterben, indem
die Partikel nur die Bedeutung verstärkt, versterben; und zwar, (a)
eigentlich, wo aber nur der Infinitiv als ein Hauptwort üblich ist,
und Statt des härtern Wortes Tod gebraucht wird. Vor meinem Absterben.
Es ist die Pflicht unserer Freunde, bey unserm Absterben Thränen zu
vergießen. (b) Figürlich, von den Gliedern und Theilen des
menschlichen Leibes, fühllos werden, alle Empfindung verlieren, zum
animalischen Leben nach und nach unbrauchbar werden. Der Aussatz nimmt
den Gliedern mit der Zeit das Gefühl, bis sie endlich gar absterben.
Ein abgestorbenes Glied. Der Unglückliche, dessen Leben unter einer
schleichenden Krankheit allmählich abstirbt, Götze. Ingleichen von den
Bäumen, verdorren, abstehen. Der Baum stirbt auf dem Stamme ab. Ein
abgestorbener Baum. Wie auch in den Bergwerken von den Erzen. Die Erze
sterben ab, nehmen ab, werden geringer. Ferner, alle Lebhaftigkeit
verlieren. Handel und Wandel, alles ist abgestorben.2) Durch den Tod
aller seiner Individuen beraubet werden, aussterben. Ein Kloster
absterben lassen, die Mönche in dem Kloster. Dieses Haus wird bald
absterben. Ein längst abgestorbenes Geschlecht. Ingleichen figürlich.
Ein abgestorbener Wald. Schon lange grünt uns nicht mehr der
abgestorbene Wald, Der in die süßen Schatten uns rief, Zachar. 3)
Durch den Tod von etwas getrennet werden, und zwar a) in eigentlicher
Bedeutung. Seine Ältern sind ihm sehr früh abgestorben. Es ist mir an
ihm ein sehr guter Freund abgestorben. b) Figürlich, sich auf immer
von etwas trennen, im moralischen und theologischen Verstande, keine
Empfindung mehr von und gegen etwas haben. Der Sünde, der Welt, den
Wollüsten abgestorben seyn. Der Eitelkeit absterben. Welcher Mensch
ist so sehr verloren, daß er schon aller Reue abgestorben sey: Dusch.
Absteuer (W3) [Adelung]
* Die Absteuer, plur. die -n, an einigen Orten z. B. in der Mark
Brandenburg, eine Art des Abschosses oder des Abfahrtsgeldes, welches
ein Unterthan bey seinem Abzuge aus einer Gerichtsbarkeit erleget. So
heißt es in der Märkischen Amtsordnung N. 68. Ein Hüfner gibt einen
Thaler Abfahrtsgeld, ein Coffäte einen halben Thaler Absteuer. S.
Abzug.
Absteuern (W3) [Adelung]
Absteuern, verb. reg. act. in der Schifffahrt, so viel als ablenken,
abstoßen. Das Schiff von dem Lande absteuern.
Abstich (W3) [Adelung]
Der Abstich, des -es, plur. die -e, von abstechen. 1) Alles
dasjenige, was abgestochen worden. Besonders in den Hüttenwerken, die
durch das Stichauge in den Tiegel oder Stichherd geflossene Materie.
Ingleichen bey den Nähterinnen, was nach einem Muster zum Ausnähen
abgestochen ist. 2) * Bey einigen, obgleich nur selten, die
Abstechung, der Contrast. Das machte mit seiner gewöhnlichen
Heiterkeit einen Abstich, besser, stach dagegen ab, fiel dagegen auf.
Abstimmen (W3) [Adelung]
Abstimmen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert.
1) * Eigentlich, nicht zusammen stimmen, von den Tönen in der Musik.
2) * Figürlich, anderer Meinung seyn. Von einem abstimmen. Beyde
Bedeutungen sind, so wie das Bey- und Nebenwort abstimmig in der
letztern, im Hochdeutschen wenig, im Oberdeutschen aber desto mehr
bekannt. 3) Einen abstimmen, dessen Stimme oder Votum durch die
folgenden Vota verwerfen; für das ausländische abvotiren.
Abstoßen (W3) [Adelung]
Abstoßen, verb. irreg. act. S. Stoßen. Es ist:I. Ein Activum, und
bedeutet:1. Mit einem Stoße absondern, und zwar 1) eigentlich. Ein
Stück von der Mauer abstoßen. Dem Ochsen sind die Hörner abgestoßen
worden, und er hat sich die Hörner abgestoßen. Daher die
sprichwörtliche R. A. sich die Hörner abstoßen, durch gefundenen
Widerstand behutsamer, nachgebender werden, S. auch Ablaufen. Einem
zum Galgen verurtheilten das Genick, einem zum Rade verurtheilten das
Herz abstoßen. + Die Angst will ihm das Herz abstoßen, tödten. Daher
die sprichwörtliche R. A. er mußte es ausplaudern, sonst hätte es ihm
das Herz abgestoßen. Es wird dir das Herz nicht abstoßen, nehmlich,
wenn du es verschweigest. 2) In weiterer Bedeutung, drückt es
verschiedene, mit einem Stoße verbundene Arten der Absonderung aus. So
bedeutet z. B. abstoßen bey den Tischlern so viel als abhobeln. Das
Rauhe am Holze mit dem Hobel abstoßen, und metonymisch, ein Bret
abstoßen, ihm die Ungleichheiten mit dem Hobel benehmen. Bey den
Weißgärbern und Pergamentern bedeutet, die Haare abstoßen, ingleichen
metonymisch, ein Fell abstoßen, die Haare von dem noch nassen Felle
auf dem Streich- oder Abstoßbaume, mit dem Abstoßmesser abschaben. Bey
den Mäurern und Zimmerleuten ist abstoßen, die scharfen Ecken an einem
Steine oder Stücke Bauholz abhauen.
2. Mit einem Stoße entfernen. 1) Eigentlich. Den Kahn abstoßen, von
dem Ufer. Den Stuhl von der Wand abstoßen. 2) In weiterer Bedeutung,
a) an einigen Orten, besonders in Oberdeutschland, so viel als
entwöhnen, von Thieren. Kälber, Füllen, Lämmer abstoßen. b) In der
Landwirthschaft, von dem Rindviehe, die Kälberzähne abstoßen, sie
verlieren, welches bey den Pferden abschieben und schieben, und bey
den Rindern abzahnen und zahnen genannt wird. c) Bey den Treibejagden,
denjenigen Treibeleuten, welche aus der Linie gekommen sind und zurück
bleiben, fortzugehen befehlen, bis sie mit den übrigen eine Linie
machen. d) In der Landwirthschaft stößet man die Bienen ab, wenn man
sie tödtet, und ihnen den Honig nimmt. 3) Figürlich. Eine Schuld
abstoßen, bezahlen, im gemeinen Leben.3. Mit Stoßen zur Vollkommenheit
bringen, durch Stöße die gehörige Gestalt geben. So heißt in den
Hüttenwerken, eine Höhle oder Grube abstoßen, sie mit Gestübe oder
Asche ausfüllen, und selbige fest einstampfen.4. Sich abstoßen, durch
vieles Anstoßen abgenützet werden. Die Kleider stoßen sich ab. Die
Schuhe haben sich abgestoßen.II. Ein Neutrum. 1. Mit dem Hülfsworte
seyn. Von dem Lande abstoßen, mit dem Schiffe oder Kahne von dem Lande
abfahren. Wir sind gestern früh vom Lande abgestoßen. 2. Mit haben,
nur bey den Jägern, so viel als abblasen, d. i. das Ende der Jagd
durch einen Stoß in das Hifthorn verkündigen.
Anm. Das Hauptwort die
Abstoßung kann in allen eigentlichen Bedeutungen des Activi gebraucht
werden. In Oberdeutschland bedeutet abstoßen, von Waaren gebraucht,
auch so viel als absetzen, d. i. verkaufen, und der Abstoß, so viel
als Absatz oder Verkauf.
Abstract (W3) [Adelung]
"Abstract", adj. et adv. von dem Lat. "abstractus".
1) An einem andern Dinge befindlich, aber von demselben abgesondert gedacht; im Gegensatze des concret. Die Tugend ist ein abstracter Begriff, ein abgesonderter, allgemeiner, bey einigen auch wohl, aber nicht so schicklich, ein abgezogener; weil sie nicht für sich bestehet, sondern immer an einem andern Dinge befindlich ist, S. "Abstrahiren".
2) Ein abstracter Kopf, der Fertigkeit besitzet, abstracte Begriffe zu bilden.
3) Durch allzu starke "Abstraction" dunkel, schwer zu verstehen.
4) + Zerstreut, unaufmerksam. Ein abstracter Mensch.
Abstrafen (W3) [Adelung]
Abstrafen, verb. reg. act. gehörig strafen, mit der verdienten Strafe
belegen, doch nur von leichten Strafen. Einen seiner Vergehen wegen
abstrafen. Ein Kind mit Worten, mit der Ruthe abstrafen. Sich
abstrafen lassen, sich der verdienten Strafe unterwerfen. Daher die
Abstrafung.
Abstrahiren (W3) [Adelung]
Abstrahiren, verb. reg. act. von dem Lat. "abstrahere". 1. In Gedanken absondern, besonders unselbstständige Begriffe von selbstständigen Dingen absondern; bey einigen, obgleich nicht so schicklich, "abziehen". Sich Merkmahle "abstrahiren". 2. + "Von etwas abstrahiren", als ein Neutrum, mit haben, davon abstehen, die Hoffnung dazu, und das Bemühen darnach aufgeben.
Abstreifen (W3) [Adelung]
Abstreifen, verb. reg. act. durch Streifen absondern. Die Blätter
eines Zweiges abstreifen, und metonymisch, einen Zweig abstreifen.
Ingleichen bey den Jägern, einem Thiere die Haut abziehen, ohne solche
am Bauche zu öffnen, welche Haut alsdann ein Balg genannt wird. Einem
Wolfe, Luchse, Fuchse, Hasen, Biber, Marder, einer Otter, Katze den
Balg abstreifen; ingleichen metonymisch, einen Wolf, Luchs, Fuchs,
Hasen abstreifen. So auch, einen Aal, eine Schlange abstreifen. Daher
die Abstreifung.
Abstreiten (W3) [Adelung]
Abstreiten, verb. irreg. act. S. Streiten. 1) Durch einen
Rechtshandel entziehen, abrechten. Er hat mir einen Garten, ein Haus
abgestritten. Noch mehr aber, 2) streitig machen, durch Gründe und
Gegengründe zu entziehen suchen. Einem seinen Grund und Boden
abstreiten. Ein Kind sucht Kindern oft den Apfel abzustreiten, Haged.
3) Mit Gründen gegen geäußerte Gegengründe absprechen, dessen Besitz
verneinen. Man will uns alle Vorzüge abstreiten. 4) Durch Gründe gegen
eines andern Gegengründe verneinen. Das lasse ich mir nicht
abstreiten.
Abstrich (W3) [Adelung]
Der Abstrich, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des
Abstreichens, in manchen einzelnen Fällen. 2) Was abgestrichen wird.
Besonders in den Hüttenwerken, die Unart, welche sich bey dem
Abtreiben des Silbers auf dem Treibeherde in die Höhe begibt, und
abgestrichen wird. In den Zinnwäschen wird die taube Schlacke, welche
in dem Siebe abgehoben wird, gleichfalls der Abstrich genannt.
Abstricken (W3) [Adelung]
Abstricken, verb. reg. act. 1) Von stricken, acu texere. (a) Durch
Stricken leer machen. Eine Nadel abstricken. (b) Durch Stricken
bezahlen. Eine Schuld abstricken. 2) * Von Strick, laqueus, gewaltsam
berauben. Einem sein Vermögen abstricken, verkümmern. Einem Lande die
Zufuhre, die Lebensmittel abstricken, abschneiden. Hast alle Weg und
Bahn Den Bothen abgestrickt, daß niemand für dich kann, Opitz. Ich
besorgte, daß durch solche Ankunft anderer mir meine Einsamkeit möchte
abgestrickt werden, ebend. Eben derselbe übersetzt auch die Worte
Grotii, Votaque mors rumpit, durch der Tod strickt alles ab. Daher die
Abstrickung.
Anm. In dieser zweyten Bedeutung ist das Wort vornehmlich in
Oberdeutschland üblich; allein es kommt in der Bedeutung des
Verkümmerns auch zuweilen in der gerichtlichen Sprache anderer
Gegenden vor. Haltaus hielt es für das Niedersächsische abstrecken,
abziehen; allein es läßt sich ganz füglich von Strick ableiten. S.
Strick und Verstricken.
Abströmen (W3) [Adelung]
Abströmen, verb. reg. 1. Activum. (a) Auf einem Strome hinab fließen
machen. Holz abströmen. (b) Durch Strömen abreißen, absondern. Der
Rhein strömet immer viel von seinem Ufer ab. 2. Ein Neutrum, mit seyn,
(a) In der Schifffahrt, durch den Strom in den See abgetrieben werden.
(b) Heftig abfließen.
Abstrossen (W3) [Adelung]
Abstrossen, verb. reg. act. in den Bergwerken, strossenweise
gewinnen, oder abhauen. Das Erz, einen Gang abstrossen.
Abstufen (W3) [Adelung]
Abstufen, verb. reg. act. 1) Von Stufe, ein Stück, im Bergbaue,
stufen- oder stückweise abhauen. Erz abstufen. 2) * Von Stufe, gradus,
stufenweise verschieden machen; ein nur von einigen Schriftstellern
gewagtes Wort, welches so wie das Substantiv, die Abstufung, doch
wenig Beyfall gefunden hat. Der Dichter muß seine Charaktere gehörig
abzustufen wissen. Welche Mannigfaltigkeit in der Abstufung seiner
Charaktere! Alle kleine Verflößungen der Leidenschaften,
Schattirungen, und Abstufungen. Wo Abänderung wohl eben das würde
gesagt haben.
Abstülpen (W3) [Adelung]
Abstülpen, verb. reg. act. die Stulpe oder Krämpe niederlassen. Den
Hut abstülpen, die Krämpe an demselben niederlassen. Niedersächsisch
abstulpen, wo es überhaupt den Deckel abnehmen bedeutet.
Abstümpfen (W3) [Adelung]
Abstümpfen, und abstumpfen, verb. reg. act. 1) * Stumpf machen. Das
Beil; den Degen abstümpfen; im Hochdeutschen ungewöhnlich. Besonders
2) der Spitze oder der scharfen Ecke berauben. Ein abgestümpfter
Kegel, conustruncatus. Ingleichen im Bergbaue, einen Stein abstümpfen,
die scharfen Ecken an demselben abschlagen.
Absturz (W3) [Adelung]
Der Absturz, des -es, plur. die -stürze, die jähe Seite eines Berges
oder Felsens, S. Sturz. - So zeigen sich Hier enge Pfade, dort ein
steiler Absturz, Schleg.
Abstürzen (W3) [Adelung]
Abstürzen, verb. reg. act. 1) Hinab stürzen, vornehmlich in der
Oberdeutschen Mundart. Sie werden oftermahls ganz plötzlich
abgestürzet, Von ihrer Majestät, Opitz.- Er hat die Herrlichkeit Und
Ansehn Israels, den Ruhm der alten Zeit Vom Himmel abgestürzt, ebend.
2) In weiterer Bedeutung, so viel als abladen, abwerfen. Ein Fuder
Kohlen abstürzen, im Bergbaue und dem Forstwesen. 3) Im Stürzen
absondern. Sich den Hals abstürzen. Daher die Abstürzung.
Abstutzen (W3) [Adelung]
Abstutzen, verb. reg. act. abschneiden oder abhauen und kürzer
machen. Sich die Haare abstutzen. Einem Pferde die Ohren, den Schwanz
abstutzen. Den Buchsbaum abstutzen. Bey den Tuchscherern bedeutet,
wollene Zeuge abstutzen, sie zum ersten Mahle scheren. Daher die
Abstutzung.
Absuchen (W3) [Adelung]
Absuchen, verb. reg. act. 1) Suchen und abnehmen. Die Raupen von
einem Baume absuchen. 2) Gehörig durchsuchen. So suchen die Jäger ein
Stück Feld, eine Wiese, ein Revier ab, wenn sie solche sorgfältig
durchgehen, und den Hund fleißig suchen lassen. So auch die Absuchung.
Absud (W3) [Adelung]
Der Absud, des -es, plur. inus. von absieden. 1) Die Handlung des
Absiedens. In der Münze wird die Reinigung der Münzen vor dem Prägen
durch Sieden, der Absud oder Weißsud genannt. Bey den Färbern ist der
Absud oder Absod, die Probe der ächten Beschaffenheit der Farbe in
einem wollenen Tuche, indem man dasselbe mit Alaun, Seife oder
Weinstein absiedet. 2) Dasjenige, was abgesotten ist. So ist der Absud
in den Apotheken, ein flüssiger Körper, welcher die Kräfte eines
andern durch Sieden in sich genommen hat; mit einem Lat. Worte, ein
Decoct. Ein Absud von Lorberblättern.
Absurd (W3) [Adelung]
+ Absurd, -er, -este, adj. et. adv. von dem Lat. absurdus, der
gesunden Vernunft zuwider, ungereimt, abgeschmuckt.
Absurdität (W3) [Adelung]
+ Die Absurdität, plur. die -en, von dem vorigen. 1. Der Zustand, da
etwas absurd ist, ohne Plural; die Ungereimtheit, Abgeschmacktheit. 2.
Eine ungereimte Sache, eine Ungereimtheit, Abgeschmacktheit.
Absüßen (W3) [Adelung]
Absüßen, verb. reg. act. 1) Gehörig süß machen, wofür doch süßen oder
versüßen üblicher sind. Eine Arzeney absüßen. 2) In der Scheidekunst
und dem Hüttenwesen bedeutet absüßen, die salzigen und sauern Theile
von einem in Säuren aufgelöseten Körper abwaschen. Gold oder
Silberkalk absüßen. In den Hüttenwerken geschieht solches in dem
kupfernen Absüßkessel. In mehr uneigentlicher Bedeutung ist absüßen
bey den Stärkmachern, in dem getretenen Weitzen die reine Stärke durch
hinzu gegossenes Wasser von den Hülsen absondern, welches in der
Absüßwanne oder dem Absüßbottiche geschiehet. So auch die Absüßung.
Abt (W3) [Adelung]
Der Abt, des -es, plur. die Äbte, ein Prälat, der einer Abtey
vorgesetzet ist. Ein insulirter Abt, der bischöfliche Ehrenzeichen und
Vorrechte hat. Ein gefürsteter Abt, im Deutschen Reiche, der zugleich
die fürstliche Würde besitzet. Sprichwort: Wie der Abt so die Mönche.
Wenn der Abt die Würfel auflegt, hat das Convent Macht zu spielen. Den
Abt reiten lassen, sich ohne Zwang lustig machen; Und drauf lassen wir
den Abt Auf dein Wohlergehen reiten, Can. ist eine sprichwörtliche R.
A. welche vermuthlich von einem ernsthaften Abte entstanden, den man
in Gesellschaften nicht gerne gesehen, und ihn daher auch nicht da zu
bleiben genöthiget. Von dem Fämin. S. Äbtissinn.
Anm. Abt, Latein.
Abbas, Angels. Abbad, Dän. Abbed, Schwed. Abbot, ist ein Syrisches
Wort, welches einen Vater bedeutet, und zugleich mit der bezeichneten
Sache aus den Morgenländern in die Abendländer gebracht worden. S.
Abba.
Abtafeln (W3) [Adelung]
+ Abtafeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur
im Scherze im gemeinen Leben üblich ist, von der Tafel aufstehen,
aufhören zu speisen.
Abtäfeln (W3) [Adelung]
Abtäfeln, verb. reg. act. mit dem gehörigen Täfelwerke versehen. Ein
Zimmer abtäfeln. Daher die Abtäfelung.
Anm. In Oberdeutschland
bedeutet, einen abtäfeln, ihn gleichsam mit lebendigen Farben
abmahlen, nach allen seinen Fehlern schildern, und hier ist es von dem
Lat. tabula, ein Gemählde, entlehnet.
Abtakeln (W3) [Adelung]
Abtakeln, verb. reg. act. der Takel oder Schiffsseile berauben, in
der Sprache der Seefahrer. Ein Schiff abtakeln, das Tauwerk aus dem
Schiffe nehmen und verwahren. Daher die Abtakelung.
Abtanzen (W3) [Adelung]
Abtanzen, verb. reg. act. 1) Durch Tanzen, oder im Tanzen entziehen.
Einem ein Frauenzimmer abtanzen. 2) Tanzend abnehmen. Einer Braut den
Kranz abtanzen. 3) Durch Tanzen absondern. Sich die Absätze von den
Schuhen abtanzen. 4) + Sich abtanzen, sich durch vieles Tanzen
entkräften.
Abtauschen (W3) [Adelung]
Abtauschen, verb. reg. act. durch Tausch von jemanden erhalten,
tauschweise an sich bringen. Ich habe ihm ein Buch, seinen Garten
abgetauschet. Daher die Abtauschung.
Abteufen (W3) [Adelung]
* Abteufen, verb. reg. act. bey den Bergleuten, in die Teufe, das ist
Tiefe, arbeiten, für abtiefen. Einen Schacht abteufen, graben,
absinken. Daher die Abteufung.
Abtey (W3) [Adelung]
Die Abtey, plur. die -en. 1) Ein zu einer Prälatur erhobenes Kloster,
dessen Vorgesetzter ein Abt ist. 2) Die Pfründe, Würde, das Amt eines
Abtes. Eine einträgliche Abtey erhalten. 3) Das Gebieth eines solchen
Klosters oder Abtes. 4) Die Wohnung eines Abtes. In der Abtey wohnen.
Abteylich (W3) [Adelung]
Abteylich, adj. et adv. zur Abtey gehörig. Abtheyliche Zinsen, Güter
u. s. f.
Abtheilen (W3) [Adelung]
Abtheilen, verb. reg. act. 1) Theilen, d. i. in Theile zerlegen, und
diese Theile merklich machen, welcher letztere Begriff in der Partikel
ab liegt; dagegen eintheilen mehr auf die bestimmte Anzahl der Theile
siehet. Die Grade auf dem Quadranten abtheilen. Ein Feld, eine Fläche,
ein Zimmer, ein Kriegsheer, ein Buch abtheilen. Ein Ganzes in seine
Theile abtheilen. Den Tag in zwölf Stunden abtheilen.Wie theilt der
Sonnenlauf so schnell die Zeiten ab, Can. Wörter abtheilen, oder auch
nur theilen, welches vermittelst des Abtheilungszeichens (-) oder auch
nur Theilungszeichens geschiehet. 2) Mit einem Theile eines
gemeinschaftlichen Vermögens abfinden, absondern. Seine Rinder
abtheilen. Abgetheilte Rinder. Nachgeborne Prinzen abtheilen. Ein
abgetheilter Herr oder Prinz, den man mit einem ausländischen Worte
gemeiniglich einen apanagirten Prinzen nennet. Diese Art des
Abtheilens wird in den besondern Rechten verschiedener Orte auch
abfinden, ablegen, abmehren, absondern, abscheiden u. s. f. genannt.
S. diese Wörter.
Abtheilung (W3) [Adelung]
Die Abtheilung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abtheilens, in
beyden Bedeutungen. 2) Einer derjenigen merklich gemachten Theile,
worin, ein Ganzes abgetheilet worden. Die erste, zweyte Abtheilung
eines Buches, einer Schrift, eines Gartens, eines Gebäudes u. s. f.
Abthon (W3) [Adelung]
Der Abthon, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der an einigen Orten,
besonders Oberdeutschlandes, dem so genannten Frauenhaare gegeben
wird, und ohne Zweifel aus der Lat. Benennung Adiantum verunstaltet
ist. S. Frauenhaar.
Abthun (W3) [Adelung]
Abthun, verb. irreg. act. S. Thun.1. Herab thun, wegthun, d. i.
ablegen, abziehen, von sich legen, und zwar, 1) in eigentlicher
Bedeutung. Den Hut abthun, abnehmen, ingleichen von sich legen. Den Mantel, die Schürze, den Ring abthun. Den Unflath am Fleische abthun.
Die Hand von einem abthun, besser abziehen, verlassen, sich seiner
nicht mehr annehmen. 2) In figürlicher Bedeutung. (a) Abschaffen,
abstellen. Eine Gewohnheit, einen Mißbrauch abthun. Den Unterschied
abthun, Opitz. In beyden Bedeutungen kommt dieses Zeitwort im
Hochdeutschen wenig mehr, im Oberdeutschen aber desto häufiger vor,
aus welcher Mundart es auch Luther in seine Bibelübersetzung
aufgenommen hat. (b) Zu Stande bringen, beylegen, weil eine Sache
alsdann gleichsam weggethan wird. Eine Rechnung, einen Streit abthun.
Wir haben noch viel mit einander abzuthun. Das ist eine längst
abgethane Sache. Die Schuld ist abgethan.2. Hinrichten, schlachten.
Einen Übelthäter abthun, im verächtlichen Verstande. Besonders
gebraucht man es in den Küchen von dem Federviehe. Ein Huhn, eine
Gans, ein Paar Tauben abthun. In Oberdeutschland wird es in der
Bedeutung des Schlachtens und Hinrichtens häufiger gebraucht. Wozu
wird so viel Vieh von euch doch abgethan? Opitz. Wie, daß man dir den
Hund zum Opfer abgethan! Ebend. Der Knabe ward gestürzt, die Jungfrau
abgethan, Ebend.
Anm. 1. In Oberdeutschland höret man dieses Verbum
auch sehr häufig mit der zweyten Endung des Substantives, für, sich
einer Sache begeben, sich ihrer entschlagen, Verzicht darauf leisten.
Sich der Welt, eines Amtes, eines Gebrauches abthun. Ingleichen mit
der dritten, einer Sache abgethan, ihr abgestorben seyn. Wer aber ganz
dem Leib ist abgethan, Und nimmt sich nur der Himmels Sorgen an,
Opitz. Bis ich der Sterblichkeit inkünftig abgethan, Ebend. Mehrere
Beyspiele führet Haltaus h. v. an.
Anm. 2. Abthun, Niedersächsisch
afdoen, in der dritten Bedeutung des Tödtens, wird gemeiniglich zu
thun, facere, gerechnet. Allein es scheint vielmehr, daß es von tödten
abstamme, welches die Niedersachsen mit Auslassung des mittlern dt,
doen schreiben und sprechen. Vielleicht haben die Oberdeutschen, die
dieses Zeitwort von den Niedersachsen entlehnet, dessen wahre
Bedeutung nicht gewußt, und es daher nicht nur zu thun (Nieders. doon)
gerechnet, sondern es auch auf gleiche Art conjugiret. Was diese
Vermuthung bestätiget, ist dieses, daß statt dessen bey einigen
Oberdeutschen Schriftstellern wirklich abtödten gefunden wird, welches
denn dem Goth. afdauthjan näher kommt.
Abtiefen (W3) [Adelung]
Abtiefen, S. Abteufen.
Abtilgen (W3) [Adelung]
* Abtilgen, verb. reg. act. welches nur in Oberdeutschland üblich
ist, und tilgen und abschaffen bedeutet, aber doch 2. Macc. 4, 4.
vorkommt: und tilgete die alten ehrlichen Gesetze ab.
Äbtissinn (W3) [Adelung]
Die Äbtissinn, plur. die -en, die Vorsteherinn einer weiblichen
Abtey, im Schwabenspiegel Abtissa, vom Lat. Abbatissa, daher das Wort
in Titulaturen auch oft noch Abbatissinn lautet. Von der Gattinn eines
protestantischen Abtes hingegen, gebraucht man das Wort Äbtinn.
Äbtlich (W3) [Adelung]
Äbtlich, adj. et. adv. dem Abte gehörig, in dessen Würde gegründet.
Die äbtliche Würde, äbtliche Ehrenzeichen, Truppen, u. s. f. Äbtisch,
welches ehedem in dieser Bedeutung sehr üblich war, ist veraltet. Um
das Jahr 1385 findet sich auch abtig, in gleicher Bedeutung: Unser
abtige Ingesiegel.
Abtoben (W3) [Adelung]
Abtoben, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben zu sich nimmt,
aufhören zu toben. Seine Wuth wird bald abgetobet haben. Der Sturm hat
abgetobet.
Abtraben (W3) [Adelung]
Abtraben, verb. reg. neutr. mit seyn, wegtraben, d. i. fortgehen, im
verächtlichen Verstande. Er mußte leer abtraben.
Abtrag (W3) [Adelung]
Der Abtrag, des -es, plur. car. die Handlung des Abtragens, doch nur
1) in der figürlichen Bedeutung der Bezahlung. Der Abtrag einer
Schuld, der obrigkeitlichen Gefälle. Ingleichen 2) in den Rechten,
Schadloshaltung, Vergütung, Ersatz eines zugefügten Schadens, so wohl
an Vermögen, als auch an der Ehre. Einem einer Beleidigung wegen Abtrag thun oder machen. Damit ihnen Abtrag geschehe. Abtrag begehren,
verlangen. In dieser Bedeutung wird das Wort mehrentheils ohne Artikel
gebraucht.
Abtragen (W3) [Adelung]
Abtragen, verb. irreg. act. S. Tragen.1. Herab tragen, doch nur, (a)
in metonymischer Bedeutung, durch Tragen niedriger machen, nach und
nach einreißen. Ein Gebäude, einen Berg, eine Mauer, einen Wall, ein
Dach abtragen. Poch- und Kunsträder, eine Radstube abtragen, in den
Bergwerken. (b) In figürlicher Bedeutung bey den Feldmessern, einen
Riß abtragen, oder auf das Feld abtragen, den-
selben nach dem wahren Maße auf das Feld übertragen, nach einer
Zeichnung auf dem Papiere eine ähnliche Figur auf dem Felde machen.
Ingleichen gewisse Maße von dem Maßstabe mit dem Zirkel abnehmen und
auf das Papier tragen.2. Wegtragen, und zwar, a) in eigentlicher
Bedeutung. Die Speisen abtragen, von dem Tische, und nach einer
gewöhnlichen Metonymie auch, den Tisch abtragen. Das Getreide von der
Tenne abtragen. Einen Leithund abtragen, bey den Jägern, ihn, wenn man
ihn abrichtet, von der Fährte tragen, damit er sie wieder finden
lerne. b) Figürlich, für bezahlen. Seine Schuld abtragen. Zoll,
Steuern und Gaben abtragen. Die Zinsen auf den bestimmten Tag
abtragen. Hierher gehöret, c) auch die veraltete Bedeutung des
Ersetzens, oder Vergütens, wovon Haltaus Beyspiele anführet, und wofür
man jetzt lieber sagt, Abtrag thun. Wachter glaubt, daß mit dieser
gerichtlichen Bedeutung auf die ehemahlige Strafe der Ehebrecher
angespielet werde, welche in einigen nördlichen Gegenden einen Stein
tragen mußten. Allein wenn man sich erinnert, daß in den ältesten
Zeiten alle Bezahlung, folglich auch der gerichtliche Ersatz mit
Feldfrüchten oder Viehe geschahe, so wird man den Begriff des
Abtragens in der eigentlichsten Bedeutung hier wahrscheinlicher
finden, als eine so gezwungene Anspielung.3. Durch langes Tragen
abnützen. Ein Kleid abtragen. Ein abgetragener Hut. Ein Paar Schuhe
trägt sich bald ab. Ingleichen, + sich abtragen, sich durch vieles
Tragen, d. i. lange Fruchtbarkeit entkräften, von Fruchtbäumen.4.
Durch Tragen zur Vollkommenheit bringen. So heißt bey den Jägern,
einen Falken abtragen, ihn so lange tragen, bis er zahm und
abgerichtet wird.Daher die Abtragung in allen obigen Bedeutungen. In
der Schweiz bedeutet es auch so viel als eintragen, und da ist denn
auch Abtrag für Ertrag üblich.
Abträufeln (W3) [Adelung]
Abträufeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfswort seyn, welches
eigentlich das Frequentativum und Diminutivum von dem ungewöhnlichen
abtraufen ist, wofür man im Hochdeutschen abtriefen sagt; in Gestalt
kleiner Tropfen herab fallen. Das Wasser abträufeln lassen.
Abtreiben (W3) [Adelung]
Abtreiben, verb. irreg. S. Treiben, welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum.1. Hinweg treiben, in welcher Bedeutung
treiben von weitem Umfange ist, und mancherley, von einander oft sehr
verschiedene Mittel in sich fasset. So sagt man, den Feind abtreiben
oder ihn von der Stadt, von den Festungswerken abtreiben, Gewalt mit
Gewalt abtreiben. Die Bienen abtreiben, S. Abtrommeln. Ingleichen in
den Rechten. Einen von seinem Besitze, von einem Gute abtreiben. Einen
von einem Kaufe abtreiben, so wohl durch ein höheres Geboth, als auch
durch das Einstandsrecht. Ferner, einem Kinde die Würmer abtreiben,
durch Arzneymittel. Sich ein Kind abtreiben, dessen unzeitige Geburt
durch Arzneymittel verursachen. Abtreibende Mittel, in der
Arzneykunst. Wie auch in dem Bergbaue, das Gestein abtreiben, locker
gewordenes Gestein völlig los brechen. In Forstwesen, Holz abtreiben,
ein Revier, einen Wald abtreiben, alle darin befindliche Bäume fällen
und wegschaffen. So auch nach einer bey den mit ab zusammen gesetzten
Zeitwörtern sehr gewöhnlichen Metonymie, in den Hüttenwerken, Gold und
Silber abtreiben, alle Unreinigkeiten vermittelst des Bleyes von
demselben wegtreiben. Derjenige Schmelzer, welcher solches verrichtet,
wird daher der Abtreiber genannt, der nebst seinen Gehülfen einen
gesetzten Abtreibelohn, und zum Trinkgelde ein so genanntes
Abtreibebier erhält. Ferner beyden Jägern, einen Ort, ein Dickicht
abtreiben, alles Wildbret aus demselben treiben. Ingleichen bey den
Papiermachern, das Papier abtreiben, das gemachte Papier an den Enden
mit einem großen Reibeisen abreiben.2. Durch vieles Treiben
entkräften, von dem Zug- und Lastviehe. Das Zugvieh abtreiben, ein
abgetriebenes Pferd.II. Als ein Neutrum, mit seyn, nur in der
Schifffahrt. Ein Schiff treibet ab, wenn es von seiner Fahrt
abgebracht wird. Daher die Abtreibung in den activen Bedeutungen.
Abtrennen (W3) [Adelung]
Abtrennen, verb. reg. act. was an eine andere Sache befestiget ist,
mit einiger Gewalt absondern. Besonders bey den Nähterinnen, was auf-
oder angenähet ist, mit einem schneidenden Werkzeuge nach und nach
ablösen. Einen Ärmel von dem Hemde, die Spitzen von einer Haube
abtrennen. Daher die Abtrennung. In den übrigen Fällen bedienet man
sich lieber des einfachen Trennen. Für abtrennlich ist trennbar edler
und üblicher.
Abtreten (W3) [Adelung]
Abtreten, verb. irreg. S. Treten. Es ist:I. Ein Activum, und
bedeutet: 1) Durch Treten, oder im Treten absondern. Einen Nagel, ein
Stück von einer Mauer abtreten. Den Absatz abtreten. Ingleichen
metonymisch, durch vieles Treten oder Gehen abnutzen. Die Schuhe
abtreten. Ein abgetretener Absatz. 2) Durch Treten bezeichnen. Ein
Beet, einen Weg im Garten abtreten. 3) Durch Treten zur Vollkommenheit
bringen. Einen Weg abtreten, fest treten. Den Lehmen, den Thon wohl
abtreten, ihn zur Genüge treten, bey den Töpfern. 4) Überlassen. Einem
sein Recht, sein Haus, seine Güter, sein Amt, die Regierung abtreten.
Er mußte seinen Gläubigern Haus und Hof abtreten. Gern will ich dem,
der nach mir kommt, den Besitz alles dessen abtreten, was ich noch das
Meinige nenne, Dusch. Ich trete dir den Sieg ab, erkenne mich für
überwunden. Es ist dieses ohne Zweifel die figürliche Bedeutung der
folgenden zweyten der Mittelgattung, in welcher das Zeitwort wegen der
damit verbundenen Thätigkeit zu einem Activo gemacht worden.II. Ein
Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt. 1) Herab treten,
vornehmlich in der weitern Bedeutung des Einkehrens. Bey einem
abtreten, nemlich von dem Wagen, d. i. auf kurze Zeit einkehren. Es
wird heute ein guter Freund bey mir abtreten. Wir sind in keinem
Gasthofe abgetreten. 2) Wegtreten, sich entfernen, und zwar, (1)
eigentlich, einen Abtritt nehmen. Von der Schaubühne abtreten. Der
Richter befahl den Parteyen, daß sie abtreten sollten. (2) Figürlich.
a) Sich seines Rechtes, seiner Ansprüche begeben. Ich trete gern von
meinem Rechte ab, Dusch. Valer mußte abtreten. b) Von einem abtreten,
seine Partey verlassen. Von einer Gesellschaft abtreten, die
Verbindung mit derselben aufheben. So auch, von einem geschlossenen
Kaufe abtreten, abgehen. Von seiner Religion, von seiner Meinung
abtreten, dieselbe verlassen. Tretet ab von der Ungerechtigkeit,
Luth.
Anm. Die Abtretung läßt sich in allen Bedeutungen des Activi
gebrauchen, dagegen in den Bedeutungen des Neutrius das Hauptwort der
Abtritt üblich ist.
Abtrieb (W3) [Adelung]
Der Abtrieb, des -es, plur. inusit. die Handlung des Abtreibens, doch
nur in folgenden beyden Fällen. 1) Im Forstwesen, der Abtrieb des
Holzes, eines Waldes, das Fällen und Wegschaffen der Bäume in
demselben. 2) In den Rechten, das Abtreiben eines Käufers von dem
Kaufe einer Sache, vermittelst des Einstands- oder Näherrechts,
welches Recht an einigen Orten gleichfalls der Abtrieb genannt wird.
Abtriefen (W3) [Adelung]
Abtriefen, verb. reg. neutr. ( S. Triefen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, tropfenweise abfallen, herab triefen. Das
Fett trieft ab. Den Braten mit dem abtriefenden Fette begießen. Es
wird etwas für mich abtriefen, figürlich, ich werde einigen Gewinn bey
der Sache haben. Der Ausdruck, der Himmel trieft ab, für es regnet,
dessen sich Opitz Pf. 68, 4. bedienet, ist im Hochdeutschen
ungewöhnlich.
Abtrift (W3) [Adelung]
Die Abtrift, plur. inus. das Recht, seine Schafe auf fremde Felder zu
treiben, und von ihnen abweiden zu lassen. S. Trift.
Abtrinken (W3) [Adelung]
Abtrinken, verb. irreg. act. S. Trinken. 1) Das Obere eines flüssigen
Körpers herab trinken. Das Glas ist zu voll, man muß etwas abtrinken.
Den Schaum abtrinken. Der Wein im Fasse ist schon bis auf die Hälfte
abgetrunken. 2) Durch Trinken des aufgegossenen flüssigen Körpers
schwächen, kraftlos machen. Der Thee ist schon abgetrunken, hat durch
aufgegossenes und getrunkenes Wasser bereits alle Kraft verloren. Den
abgetrunkenen Kaffee wieder aufkochen. Die (zum Bischof gebrauchten)
Pomeranzen sind schon abgetrunken. 3) Durch stärkeres Trinken von
einem andern erhalten. Einem seine Schöne abtrinken, S. Absaufen. 4) +
Sich durch Trinken wegen einer Forderung bezahlt machen. Eine Schuld,
eine Rechnung bey einem Weinschenken abtrinken.
Abtritt (W3) [Adelung]
Der Abtritt, des -es, plur. die -e, von dem Verbo abtreten.1) Die
Handlung des Abtretens, so fern dieses Zeitwort ein Neutrum ist; ohne
Plural. (1) Die Einkehr auf der Reise. Einen Abtritt bey einem nehmen,
bey ihm abtreten. 2) Die Entfernung an einen nahe gelegenen Ort. Einen
Abtritt nehmen, abtreten. Der Richter befahl den Parteyen, einen
Abtritt zu nehmen, sich auf kurze Zeit zu entfernen. 3) Die Begebung
eines Rechtes. Wir mußten ihm hundert Thaler für den Abtritt geben.
(4) Die Verlassung einer Partey oder Sache, am meisten in
Oberdeutschland. Der Abtritt von einem, von einer Gesellschaft, von
einer Religion, von einer Meinung u. s. f.2) Ein Ort, auf welchen man
von einem höhern Orte niedertritt, der Absatz. Der Abtritt vor einer
Thür. Falle nicht, hier ist ein Abtritt.3) Ein Ort, an welchen man
sich bey Seite begibt. (1) In den Bergwerken, kleine Sitze in den
Schächten zum Ausruhen, welche auch Absätze, und Wechselbühnen genannt
werden. (2) Im gemeinen Leben, ein abgesonderter Ort zur Erleichterung
des Leibes. Da es der Wohlstand nothwendig gemacht hat, manche Dinge
nicht bey ihrem rechten Nahmen zu nennen, so hat man auch diesem Orte
schon in den mittlern Zeiten verschiedene, theils allgemeine, theils
mildere Nahmen gegeben, den damit verbundenen schmutzigen Begriff zu
verstecken. So nannte man ihn z. B. ehedem das Läublein, von Laube,
den Gang, Ausgang, das Sprachhaus u. s. f. Und an manchen Orten führet
er noch jetzt die Nahmen das Häuschen, die Gelegenheit u. s. f. S.
auch Privet und Secret. Abtritt ist eine ähnliche Benennung, welche
anfänglich auch dem strengsten Wohlstande nicht anstößig scheinen
konnte, aber durch den immer gemeiner gewordenen Gebrauch auch schon
niedrig zu werden anfängt, daher sich viele Statt derselben lieber des
Ausdruckes heimliches Gemach bedienen.4) Dasjenige, was abgetreten
worden, in der ersten Bedeutung des Activi. So nennen die Jäger
dasjenige junge Getreide oder Gras, welches der Hirsch mit seinen
Schalen abgetreten hat, den Abtritt.
Abtrocknen (W3) [Adelung]
Abtrocknen, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum. 1) Die Nässe von einem
andern Körper wegschaffen, in der niedrigen Sprechart abwischen. Sich
den Schweiß abtrocknen. Die Thränen abtrocknen. Aber ach,verlorne
Thränen, seine Hand trocknet euch nicht ab! Less. Ingleichen, der
Nässe berauben, trocken machen. Sich die Augen, die Hände, das Gesicht
mit einem Tuche abtrocknen. Sich abtrocknen. Den Tisch abtrocknen. 2)
Völlig trocken machen, vermittelst der Wärme oder Luft. Obst im Ofen
abtrocknen. Die Wäsche abtrocknen. Daher die Abtrocknung.II. Ein
Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, trocken werden und
abfallen. Die Blattern sind bereits völlig abgetrocknet.
Abtrollen (W3) [Adelung]
+ Abtrollen, verb. reg. neutr. mit seyn, abgehen, fortgehen, im
verächtlichen Verstande. S. Trollen.
Abtrommeln (W3) [Adelung]
Abtrommeln, verb. reg. act. durch Trommeln vertreiben; ein Ausdruck,
welcher besonders von den Bienen gebraucht wird, wenn man ihnen den
Honig nimmt, ohne sie zu tödten, indem man sie mit angebranntem
Schwefel betäubet, hierauf einen leeren Stock unter einen vollen hält,
und mit den Händen auf den ersten trommelt, da sie denn in den untern
fallen; welches auch abtreiben genannt wird.
Abtröpfeln (W3) [Adelung]
Abtröpfeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, welches das
Diminutivum von dem folgenden ist, in kleinen Tropfen herab fallen.
Abtropfen (W3) [Adelung]
Abtropfen, verb. reg. neutr. gleichfalls mit dem Hülfsworte seyn,
tropfenweise herab fallen.
Abtrotzen (W3) [Adelung]
Abtrotzen, verb. reg. act. durch Trotzen von einem erzwingen. Er
würde mich nie ansehen können, ohne mich heimlich anzuklagen, wie viel
ich ihm abzutrotzen, mich unterstanden, Less. Wer trotzte Waffen oder
WeisheitIhr (nehmlich der Natur) oder ihrem Schöpfer ab? Gleim.
Abtrumpfen (W3) [Adelung]
+ Abtrumpfen, verb. reg. act. Einen abtrumpfen, eigentlich, ihn im
Kartenspiele mit einem Trumpfe abstechen. Figürlich, ihn mit einer
derben Gegenrede abfertigen. Er ist wacker abgetrumpfet worden.
Abtrünnig (W3) [Adelung]
Abtrünnig, adj. et adv. den bisherigen Verbindungen untreu. Von
seinem rechtmäßigen Herrn abtrünnig werden. Ein Abtrünniger in oder
von der Religion. Die Abtrünnigen, d. i. Anführer, zum Gehorsam
bringen.
Anm. Abtrünnig, oder wie es auch hieß, trunnig und trünnig,
bedeutete ehedem eigentlich einen Überläufer von dem Kriegesheere, und
hernach einen jeden Entrunnenen, wie aus dem Haltaus h. v. erhellet.
Es scheint zunächst nicht so wohl von dem Zeitworte abtrennen, als
vielmehr von dem damit genau verwandten, aber längst veralteten
Hauptworte Trunn herzukommen. Wenigstens ist in dem Verbo das u und i
ehedem so selten nicht gewesen, wie Frisch zeiget. Ein Abtrünniger
hieß ehedem auch ein Abtrünner und Abtrünnling. Antrunnigi, apostasia,
in Gloss. Pez. ist wohl von rennen, und der Partikel ant, oder ent
zusammen gesetzt, gleichsam Entrennung. Indessen ist Abtrünnig heut zu
Tage im Hochdeutschen nicht mehr so sehr üblich, als in
Oberdeutschland, wo man auch das Hauptwort die Abtrünnigkeit, Abfall
von der Religion oder von seinem Herrn, hat.
Abtruppen (W3) [Adelung]
Abtruppen, verb. reg. 1. + Neutrum, mit seyn, truppweise abgehen, von
mehrern Personen. Sie sind schon abgetruppt. 2. Activum. Die Wache
abtruppen, bey den Soldaten, nach abgelöseter Wache mit der Trommel
das Zeichen zum Auseinandergehen geben, welches auch abschlagen
genannt wird.
Abtuschen (W3) [Adelung]
Abtuschen, verb. reg. act. 1. Mit Tusche nachbilden. Eine Zeichnung
abtuschen. 2. + Wacker abprügeln, in der niedrigen Sprechart, von
tuschen, schlagen.
Aburtheilen (W3) [Adelung]
Aburtheilen, verb. reg. act. in den Rechten, 1) durch Urtheil und
Recht aberkennen. Einem etwas aburtheilen. 2) Mit
einem Endurtheile entscheiden. Einen abgeurtheilten Rechtshandel
wieder auf die Bahn bringen.
Abverdienen (W3) [Adelung]
+ Abverdienen, verb. reg. act. 1) Durch Dienste von einem andern an
sich bringen. Einem viel Geld abverdienen. 2) Durch Dienste und deren
Werth bezahlen. So kann der Handwerker einen Vorschuß, eine Schuld
abverdienen, wenn er sich selbige an dem verdienten Arbeitslohne
abziehen läßt. S. auch Abdienen.
Abvieren (W3) [Adelung]
Abvieren, verb. reg. act. ins Gevierte bringen, viereckt,
würfelförmig machen, und zwar, 1) in der eigentlichen Bedeutung. Einen
Stein, einen Klotz abvieren, zu einem Würfel hauen. 2) In der
figürlichen, in welcher aber nur das Partic. Pass. abgeviert üblich
ist, gesetzt, auf alle Fälle gefaßt, verschlagen. Ein abgevierter, d.
i. gewandter, Mann, der sich in alles zu schicken weiß. Eine stolze
abgeführte Dame, denn so nennen sie unsere Aufwärter, Opitz. Die Römer
wußten schon, was hier sey zu erlangen, Das abgeführte Volk hat wohl
das Land durchgangen, Eben.
Anm. Abgeviert in der figürlichen
Bedeutung ist am meisten in Oberdeutschland üblich. Es ist bloß der
Unwissenheit zuzuschreiben, daß man es größten Theils so schreibt und
spricht, als wenn es von abführen herkäme, wie schon Frisch v. Vier
gezeiget hat. Vieren, gevieren und abvieren in der eigentlichen
Bedeutung sind alte und bekannte Zeitwörter. Gisiarun bedeutete aber
auch schon zu Ottfrieds Zeiten so viel als zubereiten, tüchtig machen,
einrichten, wie aus den beym Schilter v. Fiar angeführten Beyspielen
erhellet. Einige Alte wußten die wahre Abstammung schon, wie man aus
einem von Frisch angeführten Beyspiele sehen kann, und das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Lat. vir quadratus, ein
weiser, standhafter, unbeweglicher Mann, haben wohl eine mehr als bloß
zufällige Ähnlichkeit damit, ob sie gleich in der Bedeutung einige
Verschiedenheit haben.
Abvisiren (W3) [Adelung]
Abvisiren, verb. reg. act. welches in Ansehung seiner zweyten Hälfte
aus dem Lat. visus, oder vielmehr dem Ital. visiera gemacht worden,
durch Visiren abmessen. Besonders im Forstwesen, die Länge eines
Baumes, ehe er gefället wird, auf solche Art messen.
Abvotiren (W3) [Adelung]
+ Abvotiren, verb. reg. act. von votiren und dem Lat. votare.
Jemanden abvotiren, dessen Meinung oder Stimme durch die folgenden
mehrern Vota verwerfen; auch abstimmen.
Abwachen (W3) [Adelung]
+ Abwachen, verb. reg. recipr. sich abwachen, sich durch vieles
Wachen entkräften.
Abwage (W3) [Adelung]
Die Abwage, plur. inusit. ein neu gemachtes Wort einiger neuen
Meßkünstler. 1) Der Unterschied, welchen eine Tiefe gegen eine Höhe,
und diese gegen jene hat. 2) In der Mechanik, die Entfernung so wohl
der Last als der Kraft, von dem Ruhepunkte, der Abstand.
Abwägen (W3) [Adelung]
Abwägen, verb. reg. am häufigsten irreg. act. S. Wägen.1. Das Gewicht
einer Sache gehörig bestimmen. 1) Eigentlich. Die Güter abwägen
lassen. Ehedem zählte man das Geld nicht ab, sondern man wägte es ab.
2) In weiterer Bedeutung, das Gefälle eines Flusses, den Abhang eines
Erdreiches, und überhaupt die horizontale Lage eines Ortes gegen den
andern durch die Grund- oder Wasserwage bestimmen, nivelliren. Eine
Fläche abwägen. Den Fall des Wassers mit der Wasserwage abwägen,
welches in der Abwägungskunst gelehret wird. So auch, den Mahlpfahl
abwägen, bey den Mühlen. Schächte abwägen, im Bergbaue, anweisen, wie
solche von unten und oben gehörig zusammen treffen. 3) Figürlich, das
Verhältniß einer Sache gegen die andere genau bestimmen. Alle seine
Worte auf der Goldwage abwägen. Die Bewegungsgründe müssen auf das
genaueste gegen einander abgewäget werden. Wäg unser Schicksal ab,
sprich, welches heischt mehr Zähren, Weiße. Der Freund der stets sein
Glück nach meinem abgewogen, Ebend. 2. Nach dem Gewichte abtheilen.
Den Soldaten das Brot abwägen. Wäget mir von dieser Waare zehn Pfund
ab. So auch die Abwägung.
Anm. Abwägen wird von den meisten eben so
irregulär conjugiret als wiegen. Allein es wäre zu wünschen, daß man
den Unterschied zwischen den Activis und Neutris in der Conjugation
überall so genau beobachtete, als in senken und sinken, tränken und
trinken, sprengen und springen, setzen und sitzen und andern
geschiehet. Wägen würde alsdann mit allen seinen Compositis regulär
gehen, und bloß die thätige Bedeutung haben, so wie wiegen mit seinen
Compositis und mit seiner irregulären Conjugation allein die
Mittelgattung ausdrücken würde. Aber alsdann würde abwiegen, welches
einige für abwägen gebrauchen, gar keine Bedeutung haben. S. Wägen und
Wiegen.
Abwälzen (W3) [Adelung]
Abwälzen, verb. reg. act. 1) Herab wälzen. Steine von dem Berge,
Klötze von der Mauer abwälzen. Auf deine Seele wälzt mein unbegrenzt
Vertrauen Die schwerste meiner Sorgen ab, Wiel. 2) Wegwälzen. Und
wurden gewahr, daß der Stein abgewälzet war, Marc. 16. Alles von sich
abwälzen, in figürlichem Verstande, alles Beschwerliche von sich
abzuwenden suchen. Daher die Abwälzung.
Abwandeln (W3) [Adelung]
Abwandeln, verb. reg. act. 1) Von wandeln, wenden, bey einigen neuern
Sprachlehrern so viel als conjugiren, oder ein Verbum durch seine
Zeiten und Personen verändern. Daher die Abwandelung, wofür einige
Zeitwandelung einführen wollen, weil sie auch die Declination mit
jenem Nahmen belegt hatten. Da man von neuen Kunstwörtern mit Recht
fordert, daß sie nicht allein den Begriff erschöpfen, sondern ihn auch
klar und bestimmt ausdrucken sollen, dieses aber von abwandeln nicht
gesagt werden kann, so ist das fremde conjugiren ihm immer noch
vorzuziehen. Zeitwandeln ist noch schlechter, weil die Composition
sich auf eine ungewöhnliche Ellipse gründet. 2) * Von dem veralteten
Wandel, Buße, Ersetzung, für ersetzen, büßen. Und Fehler -Durch
strenge Bußen abzuwandeln, Wiel. In dieser Bedeutung ist das Zeitwort
nur in Oberdeutschland üblich.
Abwandern (W3) [Adelung]
Abwandern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich wandernd
entfernen, wegwandern. Zum unsterblichen Leben abwandern.
Abwärmen (W3) [Adelung]
Abwärmen, verb. reg. act. zur Genüge wärmen, durch die gehörige Wärme
zu einem gewissen Gebrauche geschickt machen. So werden in den
Hüttenwerken die Öfen, Schmelzherde und Kapellen abgewärmet, d. i.
erhitzet und ausgeglühet, ehe sie gebraucht werden. So auch die
Abwärmung.
Abwarten (W3) [Adelung]
Abwarten, verb. reg. act. 1) Von warten, expectare, warten bis jemand
komme, bis etwas erfolge, erwarten. Wir wollen ihn hier abwarten,
erwarten. Ich will es schon abwarten. Ich kann seine Ankunft nicht
abwarten. Es will abgewartet seyn, man muß darauf warten. Besonders,
das Ende einer Sache erwarten. Den Gottesdienst abwarten. Er wollte
die Schlacht erst abwarten. 2) Von warten, curare, die gehörige Zeit
und Sorgfalt auf etwas wenden. Einen Termin abwarten, sich zur
bestimmten Zeit einfinden. Sein Amt, seine Geschäfte, seine Arbeit
abwarten, sie mit dem gehörigen Fleiße verrichten. Ich kann es nicht
abwarten, kann nicht die gehörige Zeit darauf wenden. Die Sache will
abgewartet, d. i. mit Sorgfalt
gewartet, seyn. Den Schweiß abwarten. Daher die Abwartung.
Anm. Die
Oberdeutsche Mundart gebraucht dieses Zeitwort in der ersten Bedeutung
mit der zweyten Endung des Nennwortes, der Zeit, des Gottesdienstes
abwarten, und in der zweyten Bedeutung so wohl mit der zweyten als
dritten Endung, seinen Geschäften abwarten, eines Dinges und einem
Dinge abwarten; worin manche Hochdeutsche es ihr nach thun.
Abwärts (W3) [Adelung]
Abwärts, ein Nebenwort des Ortes, welches aus dem alten Hauptworte
Wart und dem Vorworte ab zusammen gesetzet ist. 1) Hinabwärts, von
oben nach unten zu. Alles Wasser fließt abwärts. Abwärts gehen,
schiffen. 2) Seitwärts, in einiger Entfernung. Es führte sie abwärts
an das Fenster. Oft reichte Mars ein volles Glas, Wenn ihr Vulcan nur
abwärts saß, Der himmlisch lächelnden Cythere, Haged. In dieser
Bedeutung gebraucht schon Ottfried abuuertaz für abwesend.
Anm. Abwärts
mit der zweyten Endung des Substantives, z. B. abwärts des Berges, ist
nur den Oberdeutschen Mundarten eigen.
Abwaschen (W3) [Adelung]
Abwaschen, verb. irreg. act. S. Waschen. 1) Eigentlich durch Waschen
wegbringen. Den Koth, den Wust von etwas abwaschen. Das Abwaschen des Unflathes vom Fleische. Ingleichen metonymisch, durch Waschen gehörig
reinigen. Sich die Hände, das Gesicht abwaschen. Sich abwaschen. Eine
Leiche abwaschen. Das Geschirr abwaschen. 2) In weiterer Bedeutung,
wegspülen, wegschwemmen. Der Regen wäscht den Lehm von der Wand ab.
Der Fluß hat alle Erde von dem Ufer abgewaschen. Ingleichen
metonymisch. Der Regen wäscht die Berge ab. Der Fluß hat das Ufer
abgewaschen. 3) Durch Waschen bezahlen. Eine Schuld bey jemanden
abwaschen. So auch die Abwaschung.
Abwässern (W3) [Adelung]
Abwässern, verb. reg. act. 1) * Von dem überflüssigen Wasser
befreyen; nur in einigen Gegenden. Die Wiesen abwässern, Den Feldern
eine Abwässerung verschaffen. 2) Gehörig wässern. Den Stockfisch
abwässern.
Abweben (W3) [Adelung]
Abweben, verb. reg. act. ein Gewebe zu Ende bringen, das Weben
vollenden. Ein Stück Tuch abweben; auch abwirken,
Abwechseln (W3) [Adelung]
Abwechseln, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum, und bedeutet,1) Durch
Wechsel, d. i. Tausch, an sich bringen, doch nur von dem Gelde. Einem
ein Goldstück abwechseln. Ich habe meinem Freunde sein altes
Silbergeld abgewechselt. Ehedem gebrauchte man es auch von einem jeden
Tausche, für abtauschen.2) Wechselweise auf einander folgen lassen,
und zwar, (a) gleichgültige Sachen für einander setzen, ablösen. Ein
Regiment abwechseln, ein anderes an dessen Stelle setzen. Es wechselt
immer einer den andern ab. Diese Bedeutung ist in Oberdeutschland am
häufigsten, wo man auch sagt, die Wache abwechseln, d. i. ablösen. (b)
In weiterer Bedeutung, abändern, Dinge von verschiedener Art auf
einander folgen lassen. Mit den Speisen abwechseln. Ingleichen, die
Speisen abwechseln. Gott hat seine Einrichtungen in dem Reiche der
Natur unendlich abgewechselt.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort
haben zu sich nimmt, wechselsweise auf einander folgen. Glück und
Unglück wechseln immer mit einander ab. Ein abwechselndes Glück. Das
Fieber wechselt ab. Ein abwechselndes Fieber. Alle Dinge wechseln in
der Welt ab, folgen wechselsweise auf einander.
Abwechselung (W3) [Adelung]
Die Abwechselung, plur. die -en, in allen obigen Bedeutungen, so wohl
der thätigen als Mittelgattung, besonders in der Bedeutung der
Veränderung. Die Abwechselung lieben. Esgeschiehet bloß um der
Abwechselung willen. Die Abwechselungen, welche mit allen erschaffenen
Dingen vorgehen, belehren uns, daß sie einmahl einen Anfang gehabt
haben, und daß der, von dem sie entstanden sind, keinen Abwechselungen
unterworfen seyn müsse. In Oberdeutschland ist in dieser Bedeutung
auch das Hauptwort der Abwechsel üblich.
Abweg (W3) [Adelung]
Der Abweg, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, ein Weg, der von dem
rechten Wege abführet; ingleichen, ein Nebenweg, Umweg, wie auch ein
Schleifweg. Die Straße hat viele Abwege. Durch Abwege entkommen, Einen
Abweg nehmen, fahren, reiten. 2) Figürlich, was der Tugend, der
Rechtschaffenheit u. s. f. entgegen gesetzt ist. Der junge Mensch ist
auf Abwege gerathen, auf Ausschweifungen. Abwege suchen, leere
Ausflüchte.
Anm. Von Abweg, beym Ottfried auuigg, hatte man ehedem auch
ein Beywort, welches böse, verderbt bedeutete. Auuekkiu Slahta,
gebraucht Notker für ein verderbtes Geschlecht, und bey dem Berelio
bedeutet afvega, verborgen, geheim. Man findet in der Oberdeutschen
Mundart auch das Nebenwort abwegs, welches aber im Hochdeutschen
unbekannt ist.
Abwegsam (W3) [Adelung]
Abwegsam, adj. et adv. außer dem Wege gelegen. Ein abwegsamer Ort.
Abwehen (W3) [Adelung]
Abwehen, verb. reg. act. 1) Herab wehen. Der Wind hat alles Obst von
den Bäumen abgewehet. Der Wind wehete die Ziegel von den Dächern ab.
2) Wegwehen. Die Weste wehen auf schnellen Flügeln meine Seufzer von
Themiren ab. Von der Aussprache des ersten e in diesem Zeitworte, S.
Wehen.
Abwehren (W3) [Adelung]
Abwehren, verb. reg. act. 1) Die Annäherung einer Sache hindern, sie
mit Nachdruck abhalten, mit der vierten Endung des Nennwortes. Das
Vieh von der Saat abwehren. Der Pelz wehret die Kälte ab. Einem die
Fliegen abwehren. Es ist nicht mehr abzuwehren. Die Sorgfalt -Mit der
ich mich bemüht, dein Unglück abzuwehren, Gell. 2) In weiterer
Bedeutung, an etwas hindern, oft mit der dritten Endung der Person. Er
läßt sich nicht abwehren. Sie sucht den Kindern abzuwehren, Michael.
3) Einem Übel abhelfen, gleichfalls mit der dritten Endung; obgleich
diese Bedeutung und Construction im Hochdeutschen eben nicht die
gewöhnliche ist. Der aus Sicilien der Theurung abgewehrt, Gell. 1.
Abweichen, ver. reg. von weich, mollis. Es ist 1) ein Activum, durch
Erweichen absondern. Ein Pflas=ter abweichen. Daher die Abweichung. 2)
Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, weich werden und abfallen. Das
Pflas=ter ist abgeweichet. Vermuthlich gehöret hierher auch das
Oberdeutsche das Abweichen, die Diarrhöe, der Durchfall. Das Abweichen
haben.2. Abweichen, verb. irreg. neutr. ( S. Weichen,) welches das
Hülfswort seyn zu sich nimmt, sich nach und nach und unvermerkt von
etwas entfernen, und zwar, 1) eigentlich, dem Orte nach. Von dem
rechten Wege abweichen. Abweichen von der Magnetnadel, wird gebraucht,
wenn sie nicht gerade nach Norden zeigt, sondern sich auf einer oder
der andern Seite davon entfernet. Eine abweichende Sonnenuhr ist eine
Vertical-Uhr, welche nicht gerade nach einer der vier Weltgegenden
siehet, sondern davon abweicht. Daher das Abweichungs-Instrument,
instrumentum declinatorium, in der Gnomonik, ein Instrument, die
Abweichung einer jeden Fläche von einer der vier Hauptgegenden zu
finden. In der Astronomie bedeutet abweichen, von den Sternen
gebraucht, sich von dem Äquator nach einem der beyden Pole
entfernen, welche Abweichung vermittelst des Abweichungszirkels, des
circuli declinationum, den man in Gedanken durch die Weltpole und den
gegebenen Stern ziehet, gemessen wird. 2) Figürlich. (a) Der Zeit
nach. In dieser Bedeutung ist besonders das Participium abgewichen für
verwichen, verflossen, vergangen, üblich. Im abgewichenen Jahre, in
der abgewichenen Woche, in dem abgewichenen Monathe, in abgewichener
Nacht; wofür die Niedersachsen ehedem bigeweken, jetzt aber verleden
und verschenen, gebrauchen. (b) Der Beschaffenheit nach. (1)
Verschieden seyn. Die Menschen weichen bloß nach Maßgabe ihrer
Erziehung von einander ab. (2) Sich von etwas entfernen, im
moralischen Verstande. Von den Sitten der Vorfahren, von den
Gebräuchen der Alten, von seinem Lehrer, von der allgemeinen
Gewohnheit abweichen. Oft mit einer nachtheiligen Nebenbedeutung,
welche in dem Begriffe der Heimlichkeit, des Unvermerkten, welchen das
Verbum weichen hat, gegründet zu seyn scheinet. Von dem Wege der
Tugend, von der Wahrheit, von seiner Religion, von seinen Grundsätzen
abweichen. Daher die Abweichung in allen obigen Bedeutungen.
Abweifen (W3) [Adelung]
Abweifen, verb. reg. act. vermittelst der Weife abnehmen, abhaspeln.
Das Garn von der Spule oder Spindel abweifen, und metonymisch, die
Spule oder Spindel abweifen. Daher die Abweifung.
Abweinen (W3) [Adelung]
Abweinen, verb. reg. act. 1) Durch Thränen erhalten, ein
ungewöhnliches Verbum, welches aber doch dem Sprachgebrauche gemäß
ist, und von Günthern gebraucht wird. - Ein Kaiser,Den Sehnsucht und
Gebeth dem Himmel abgeweint. 2) + Sich abweinen, durch viel Weinen
abmatten. 3) Durch Thränen tilgen, büßen. O, daß du vergeben könntest!
daß ich zu deinen Füßen das alles abweinen könnte! Göthe.
Abweisen (W3) [Adelung]
Abweisen, verb. irreg. act. S. Weisen. 1) Eigentlich, mit der Hand
ein Zeichen geben, sich zu entfernen. Einen abweisen. 2) In
figürlicher Bedeutung. (a) Jemandes Bitten, Verlangen, Anbringen nicht
annehmen wollen, ihn mit seinem Anbringen von sich wegweisen; mit
einem verächtlichen Nebenbegriffe. Einen Bettler abweisen. Er will
sich nicht abweisen lassen. Er ist mit seinem Gesuche abgewiesen
worden. Er wurde mit seiner Klage abgewiesen. Auch mit dem Accusativ
der Sache. Eine Bitte abweisen, eigentlich von sich wegweisen. (b) In
den Rechten, besonders der mittlern Zeiten, durch gerichtliches
Urtheil des Besitzes einer Sache berauben, wovon beym Haltaus
Beyspiele zu finden sind. (c) Die Feinde sind mit blutigen Köpfen
abgewiesen worden, abgetrieben. Einen mit Schlägen abweisen. Daher die
Abweisung.
Abweißen (W3) [Adelung]
Abweißen, verb. reg. 1. Ein Activum, völlig weiß machen, gehörig
tünchen. Ein Zimmer abweißen. 2. Ein Neutrum mit haben, die weiße
Farbe fahren lassen. Die Wand weißet ab. Daher die Abweißung in der
ersten Bedeutung.
Abweite (W3) [Adelung]
* Die Abweite, plur. die -n, die Entfernung; ein im Hochdeutschen
ungewöhnliches Wort. Landkarten, die auf kleine Abweiten gerichtet
sind.
Abwelken (W3) [Adelung]
Abwelken, verb. reg. 1. Activum, völlig oder gehörig welk machen.
Obst in einem Ofen, Pflaumen an der Sonne abwelken. 2. Neutrum, mit
seyn, welk werden und abfallen.Die Blumen sind bereits abgewelket.
Daher die Abwelkung in der thätigen Bedeutung.
Abwenden (W3) [Adelung]
Abwenden, verb. reg. et irreg. act. et recipr. S. Wenden. 1) Die
horizontale Richtung von etwas wenden. Die Augen abwenden, von etwas.
Mit abgewandtem Gesichte reden. Ein Schiff vom Lande abwenden. Einen
Hieb, einen Streich von sich abwenden; und figürlich, der Himmel hat
den Streich abgewendet, der mein qualvolles Leben endigen sollte,
Dusch. 2) Figürlich, die Annäherung eines Übels hindern. Die Gefahr
abwenden. Ein Unglück von dem Staate abwenden. Das wolle Gott
abwenden! Ehedem nur wenden. Wende Schaden und Verdruß, Can. 3) Mit
dem Gemüthe, der Neigung, von etwas entfernen. Einen andern von seinem
Vorhaben abwenden, sein Vorhaben zu ändern bewegen. Sich von seinem
Vorhaben abwenden, sich anders entschließen. Sein Gemüth von dem
Kummer, sein Herz von der Liebe abwenden, dem Kummer, der Liebe
entsagen. Bleibt ihr Herz so, wie ihre Augen, von mir abgewandt?
Weiße, mir abgeneigt. Sich von einem abwenden, so wohl alle Verbindung
mit ihm aufheben, als auch ihm abgeneigt werden. Daher die Abwendung.
Abwendig (W3) [Adelung]
Abwendig, adv. welches von dem vorher gehenden Zeitworte gemacht
worden, so fern dasselbe eine Abneigung von etwas beybringen bedeutet.
1) Anderes Sinnes. Einen von seinem Vorhaben abwendig machen. Er läßt
sich durch nichts abwendig machen, von seiner Entschließung abbringen.
Besonders, 2) ungetreu, abgeneigt, ein gemilderter Ausdruck dessen,
was man sonst abtrünnig, treulos nennet; wie abspänstig. Abwendig von
einem werden. Du machst meine Bedienten von mir abwendig. Er hat ihm
seine Gattinn abwendig gemacht. Die Gemüther abwendig machen.
Anm. Im
Niedersächsischen abkehrig. Die Oberdeutsche Mundart gebraucht auch
für dieses Nebenwort das einfache wendig. Du hast nicht verstatten
wollen, Daß der Feind dein Eigenthum, Von dir wendig machen sollen,
Gryph. Die meisten Sprachlehrer rechnen abwendig unter diejenigen
Adjective, welche indeclinabel sind, und nur in der ersten und vierten
Endung gebraucht werden. Aber warum nennet man es nicht lieber
geradezu ein Adverbium, da es nie mit Substantiven, sondern jederzeit
mit Verbis, und unter diesen nur allein mit werden und machen
verbunden wird?
Abwerfen (W3) [Adelung]
Abwerfen, verb. irreg. S. Werfen. Es ist:I. Ein Activum, welches ein
anständigerer Ausdruck für das niedrige abschmeißen ist. 1) Mit einem
Wurfe absondern. (a) Eigentlich. Äpfel, Birnen abwerfen. Einer
Bildfäule den Arm abwerfen, vermittelst eines darnach geworfenen
andern Körpers. (b) Figürlich. Einen abwerfen, im Würfelspiele, mehr
Augen werfen als er. 2) Von einem höhern Orte herunter werfen, und
zwar, (a) eigentlich. Das Pferd hat den Reiter abgeworfen. Das Joch
abwerfen, besonders in der figürlichen Bedeutung, sich einer
unangenehmen Verbindlichkeit mit Gewalt entziehen. (b) In weiterer
Bedeutung, verschiedene besondere Arten der Absonderung, die mit
einiger Gewalt verbunden sind. So sagt man, eine Brücke abwerfen, sie
abbrechen oder abtragen. Bey den Jägern wird, das Gehörn abwerfen, und
auch nur schlechthin abwerfen, von den Hirschen und Rehböcken, gesagt,
wenn sie ein neues Gehörn bekommen, indem sie alsdann das alte an
einem Baume abzustoßen pflegen, welches in Ansehung des neuen
Gehörnes, auch aufsetzen genannt wird. Außerdem bedeutet abwerfen auch
in dem Jagdwesen, theils das Jagdzeug von den Stellstangen abnehmen,
theils die aufgestrickten Maschen von dem
Strickholze herunter thun. Auf den hohen Ofen werden die Schlacken mit
der Abwerfgabel von dem Herde abgeworfen, d. i. abgezogen. In den
Blechhämmern bedeutet abwerfen, das überflüssige Zinn von den
verzinnten Blechen in dem Abwerfpfännchen abschmelzen. Wenn im
Weinbaue den jungen Weinstöcken im dritten Jahre alles Holz über der
Erde abgeschnitten wird, so heißt solches an einigen Orten, besonders
in Franken, gleichfalls abwerfen, oder reißen. (c) Figürlich,
eintragen. Es wirft die Kosten einer neuen Reise nicht ab. Dieses Gut
wirft jährlich ein Ansehnliches ab. Eine Arbeit, welche wenig abwirft.
(b) * Sich mit einem abwerfen, entzweyen; wofür doch überwerfen
üblicher ist.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich
nimmt. 1) Bey den Jägern, von den Hirschen und Rehböcken, das Gehörn
völlig verlieren, wenn nehmlich abwerfen absolute, ohne den Accusativ,
gebraucht wird. 2) Von den Hunden, Katzen und einigen andern Thieren,
und bey den Jägern von den Wölfen und Füchsen, so viel als das
einfache werfen, Junge werfen. Die Hündinn, die Wölfinn hat
abgeworfen, ihre Jungen geboren. 3) Das Werfen vollenden, keine Jungen
mehr werfen, von Thieren. Die Hündinn hat bereits abgeworfen.
Abwesen (W3) [Adelung]
Das Abwesen, des -s, plur. car. ist eigentlich der Infinitiv des im
Hochdeutschen längst veralteten Zeitwortes abwesen, entfernt seyn. Es
ist in meinem Abwesen geschehen. Auch dieses Hauptwort ist im
Hochdeutschen ziemlich ungewöhnlich, seitdem es von dem daraus
gebildeten Abwesenheit verdränget worden. Indessen kommt es noch in
Luthers Übersetzung 2. Cor. 10, 1. 11. Kap. 13, 2. Pf. 2, 12. vor. S.
Wesen.
Abwesend (W3) [Adelung]
Abwesend, das Particip. des vorhin gedachten Zeitwortes abwesen,
welches als ein Bey- und Nebenwort üblich ist, im Gegensatze des
anwesend. Er ist abwesend, nicht gegenwärtig. Ich bin lange Zeit von
Hause, aus der Stadt, aus meinem Vaterlande abwesend gewesen. Ein
Abwesender, der nicht zugegen ist. In figürlicher Bedeutung heißt
abwesend seyn, zerstreut, mit seinen Gedanken abwesend seyn. So auch,
ein verstörtes und abwesendes, zerstreutes, Gesicht.
Abwesenheit (W3) [Adelung]
Die Abwesenheit, plur. die -en, der Mangel der Gegenwart einer Person
oder Sache, im Gegensatze der Anwesenheit. In seiner Abwesenheit. Es
geschahe in meiner Abwesenheit. In Abwesenheit des Königes.
Dergleichen häufige Abwesenheiten sind dem Rufe eines jungen Mädchens
nachtheilig. Die Abwesenheit einer Bestimmung durch das Gesetz.
Abwesenheiten des Geistes haben, zerstreut seyn. In Abwesenheit
meiner, seiner u. s. f. wie einige zu reden pflegen, ist ein
Überbleibsel der Oberdeutschen Mundart.
Abwetten (W3) [Adelung]
Abwetten, verb. reg. act. durch Wetten von jemanden erhalten. Einem
zehn Thaler abwetten.
Abwettern (W3) [Adelung]
Abwettern, verb. reg. 1. + Neutrum mit haben, aufhören zu wettern, d.
i. zu donnern und blitzen. Es hat endlich abgewettert. Üblicher ist
abwittern. 2. * Activum. Eine Schwelle abwettern, bey den
Zimmerleuten, sie schräge hauen, wie an den Treibhäusern, damit das
Wetter, d. i. das Wasser, ablaufen könne.
Abwetzen (W3) [Adelung]
Abwetzen, verb. reg. act. 1) Durch Wetzen wegschaffen. Die Spitze von
einem Messer, den Rost von einer Klinge abwetzen. Ingleichen, 2)
metonymisch durch Wetzen dünner machen, abnützen. Das Messer abwetzen,
durch zu vieles Wetzen dünn machen. Das Geld wird durch vieles
Ausgeben abgewetzt, oder wetzt sich durch vieles Ausgeben ab, reibt
sich ab. Ein abgewetzter Wetzstein, der durch vieles Wetzen abgenützt
worden. Daher die Abwetzung.
Abwichsen (W3) [Adelung]
+ Abwichsen, verb. reg. act. abprügeln; in den niedrigen Sprecharten.
S. Wichsen.
Abwickeln (W3) [Adelung]
Abwickeln, verb. reg. act. was aufgewickelt war, durch Wickeln
abnehmen. Garn, Seide, Wolle, abwickeln. Ingleichen metonymisch, einen
Knauel abwickeln. Daher die Abwickelung.
Abwiegen (W3) [Adelung]
Abwiegen, S. Abwägen, in der Anmerkung.
Abwinde (W3) [Adelung]
Die Abwinde, plur. die -n, ein Werkzeug der Weber und Nähterinnen,
Seide, Wolle, und leinen Garn darauf abzuwinden, welches auch nur
schlechthin die Winde heißt.
Abwinden (W3) [Adelung]
Abwinden, verb. irreg. act. S. Winden. Durch Winden abnehmen. Garn,
Seide, Wolle, abwinden. Ingleichen metonymisch, einen Knauel Garn,
eine Spule abwinden. So auch ein Seil abwinden, ein über eine Welle
gewickeltes Seil herab winden. Daher die Abwindung.
Abwirken (W3) [Adelung]
Abwirken, verb. reg. act. welches nach Maßgebung des einfachen
Zeitwortes wirken verschiedene Bedeutungen hat. 1) Durch Wirken
absondern. Besonders bey den Jägern, für abziehen. Einem Thiere die
Haut abwirken, und metonymisch, einen Hirsch, einen Gäms, ein Schwein
abwirken, mit Aufschneidung des Felles am Bauche die Haut abziehen, im
Gegensatze des Abstreifens. 2) Zur Genüge wirken. So heißt bey den
Bäckern, den Teig wohl abwirken, so viel als ihn gehörig durchkneten.
3) Aufhören zu wirken, zu Ende wirken, besonders in den
Salzsiedereyen, aufhören zu sieden. Ingleichen, das Wirken oder Weben
vollenden, wie abweben. So auch die Abwirkung.
Anm. Abwirken, für
abbrechen oder zerstören, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Indessen
sang doch Opitz: Die There sind versenkt, die Riegel ganz zerbrochen,
Und sämmtlich abgewirkt.
Abwischen (W3) [Adelung]
Abwischen, verb. reg. act. 1) Durch Wischen wegbringen. Den Staub von
dem Tische, den Schweiß von dem Gesichte, das Blut von den Händen
abwischen. Der Wangen Lilien und Rosen lagen nun In Tüchern
abgewischt, Zachar. In welchem letztern Beyspiele zugleich der Begriff
der übertragenen Farbe mit Statt findet. Sich die Thränen abwischen.
Einem die Thränen abwischen, figürlich dessen Kummer lindern. Thränen,
die wir nicht abwischen, wenn wir können, sind so gut als Thränen, die
wir erzwingen, Dusch. Ingleichen, abwischen und auslöschen, mit Kreide
geschriebene Buchstaben abwischen. Eine Rechnung abwischen, von der
Tafel. 2) Metonymisch, durch Abwischen reinigen. Den Tisch, die
Fenster, die Hände, das Gesicht abwischen.
Abwittern (W3) [Adelung]
Abwittern, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu wittern, wie
abwettern 1. Es hat endlich abgewittert.
Abwölfen (W3) [Adelung]
Abwölfen, verb. reg. neutr. mit haben, das Wölfen, oder Gebären
vollenden, nicht mehr Junge werfen, besonders bey den Jägern von den
Hündinnen. S. Wolf.
Abwuchern (W3) [Adelung]
Abwuchern, verb. reg. act. Einem etwas abwuchern, durch Wucher von
ihm erhalten.
Abwürdigen (W3) [Adelung]
Abwürdigen, verb. reg. act. seiner Würde berauben. Das wird ihn in
jedermanns Augen zu einem Scheusal der Natur abwürdigen. Besonders von
Münzen. Eine Münze, eine Geldsorte abwürdigen, sie ihres scheinbaren
Werthes berauben, sie absetzen, verrufen. Daher die Abwürdigung.
Abwürgen (W3) [Adelung]
Abwürgen, verb. reg. act. völlig würgen, schlachten, umbringen,
eigentlich von dem Geflügel. Tauben, Hühner, Gänse, Enten abwürgen. In
der höhern Schreibart zuweilen überhaupt für schlachten, tödten.
Und würgten wir ihm gleich auf jedes TagelichtDrey hundert Ochsen ab,
Opitz.- Hier hat man dich geehrt, Die Opfer abgewürgt, Ebend. Daher
die Abwürgung.
Abwürzen (W3) [Adelung]
Abwürzen, verb. reg. act. mit dem gehörigen Gewürze versehen. Eine
Speise abwürzen. Die Speisen wohl abwürzen. Und im niedrigen Scherze,
einen abwürzen, mit einer bittern Antwort, einem derben Verweise
abfertigen. So auch die Abwürzung.
Abwüthen (W3) [Adelung]
Abwüthen, verb. reg. 1. Recipr. sich abwüthen, bis zur Entkräftung
wüthen. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu wüthen.
Abzackern (W3) [Adelung]
* Abzackern, verb. reg. act. an einigen Orten, besonders in Franken,
so viel als abackern, abpflügen. Vielleicht von dem Zacken am Pfluge,
und dem ungewöhnlichen Zeitworte zacken, wovon zackern das
Frequentativum ist. S. Zackern. + Einem etwas abzäckern, ihm in
kleinen Summen ablocken, ist nur in einigen niedrigen Sprecharten
üblich.
Abzahlen (W3) [Adelung]
Abzahlen, verb. reg. act. völlig bezahlen, durch Bezahlen tilgen.
Eine Schuld, eine Rechnung abzahlen. Ingleichen mit Bezahlung einer
Schuld abfinden, abfertigen. Einen abzahlen. Ich habe ihn längst
abgezahlt. Und im gemeinen Scherze, einen abzahlen, ihm nach
Verdienste höhnisch oder mit Verweisen begegnen; ingleichen sich an
einem rächen. In den niedrigen Sprecharten abbezahlen. So auch die
Abzahlung.
Abzählen (W3) [Adelung]
Abzählen, verb. reg. act. 1) Zählend wegnehmen, von einer größern
Summe eine kleinere wegzählen. Ich habe von diesen hundert Thalern
fünfzig abgezählet. 2) Herzählen, genau nach einer gegebenen Zahl
bestimmen. Geld abzählen. Das Geld ist schon abgezählt. Die Garben in
dem Felde, die Mandeln nach Schocken abzählen. Etwas an den Fingern
abzählen, herzählen; und in figürlicher Bedeutung, das kann ich mir an
den Fingern abzählen, davon kann ich mich sehr leicht überzeugen, das
kann ich leicht begreifen. So auch die Abzählung.
Abzahnen (W3) [Adelung]
Abzahnen, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, die
letzten Kinderzähne verlieren. Das Kind hat schon abgezahnt, im
gemeinen Leben. 2. Activum, bey den Tischlern, mit dem Zahnhobel
abhobeln. Daher die Abzahnung.
Abzanken (W3) [Adelung]
Abzanken, verb. reg. act. durch Zank von jemanden erhalten. Einem
etwas abzanken.
Abzapfen (W3) [Adelung]
Abzapfen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, einen flüssigen Körper
vermittelst des Zapfens ablaufen lassen. Wein, Bier, Essig abzapfen.
Ingleichen metonymisch, ein Faß Bier abzapfen. 2) In weiterer
Bedeutung, durch eine Röhre ablaufen lassen. Das Wasser eines Teiches,
und einen Teich abzapfen. Einem Wassersüchtigen das Wasser abzapfen.
Sich Blut abzapfen lassen, im Scherze, für, sich die Ader schlagen
lassen. So auch die Abzapfung.
Abzäumen (W3) [Adelung]
Abzäumen, verb. reg. act. von dem Zaume befreyen. Ein Pferd abzäumen.
Daher die Abzäumung.
Abzäunen (W3) [Adelung]
Abzäunen, verb. reg. act. 1) Mit einem Zaune absondern, einschließen.
Ein Stück Feldes, eine Wiese abzäunen. 2) Vermittelst des Zaunes
entziehen. Einem ein Stück Acker, ein Stück von dem Garten abzäunen,
seinen Zaun zu weit in dessen Acker oder Garten machen. Daher die
Abzäunung.
Abzehenten (W3) [Adelung]
Abzehenten, verb. reg. act. im gemeinen Leben an einigen Orten, 1)
den Zehenten von etwas völlig entrichten, absolute und ohne Nennwort.
2) Mit Ertheilung des Zehenten abfinden. Die Drescher, die Schnitter,
den Pfarrer abzehenten. So auch die Abzehentung.
Abzehren (W3) [Adelung]
Abzehren, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum, durch Zehren vermindern,
absondern, und zwar, 1) + im gemeinen Leben, eine Summe, die man zu
fordern hat, durch Zehrung, d. i. durch Essen und Trinken, vermindern
und tilgen. Seine Forderung bey einem abzehren. 2) Nach und nach
entkräften, mager machen. Die langwierige Krankheit hat ihn ganz
abgezehret. Eine abzehrende Krankheit, die den Körper nach und nach
abzehret. Sich abzehren, oder abgezehret werden, mager, kraftlos
werden. Ein abgezehrter Leib. Ein abgezehrter Wolf, Haged. Mein Gebein
wird abgezehret, Opitz. Sich durch Sorgen, durch Gram abzehren.II. Ein
Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, abgezehret werden, in
der Bedeutung, des mager, kraftlos werden. Er zehrt zusehends ab.
Abzehrung (W3) [Adelung]
Die Abzehrung, plur. inusit. 1) Die Handlung des Abzehrens in den
Bedeutungen des Activi. 2) Eine abzehrende Krankheit, wie Auszehrung.
Abzeichen (W3) [Adelung]
Das Abzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. am häufigsten in den
gemeinen Mundarten, ein natürliches Zeichen, besonders, wodurch eine
Person oder ein Thier von dem andern unterschieden wird. Ein Abzeichen
an sich tragen. Abzeichen und Kennzeichen unterscheiden sich durch die
vorgesetzten Bestimmungswörter: das erste siehet zunächst auf den
Unterschied von andern, dieses auf die Erkenntniß. Überdieß hat der
Gebrauch jenes auf natürliche Zeichen eingeschränkt, dagegen dieses
auch von künstlichen und willkürlichen gebraucht wird.
Abzeichnen (W3) [Adelung]
Abzeichnen, verb. reg. act. 1) Die Gestalt einer Sache durch Zeichen
bemerken. Ein Lager abzeichnen, abstecken. Einen Platz zu einem
Gebäude, zu einem Garten u. s. f. abzeichnen. 2) Durch Zeichen, d. i.
Linien und Striche, abbilden. Ein Lager, einen Garten, ein Gebäude,
eine Blume abzeichnen. Eine Person mit Kohlen, mit Röthel abzeichnen.
Abzeichnung (W3) [Adelung]
Die Abzeichnung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abzeichnens; ohne
Plural. 2) Ein durch Abzeichnen entstandenes Bild einer Sache.
Abzielen (W3) [Adelung]
Abzielen, verb. reg. 1. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu
sich nimmt, und so viel bedeutet, als das einfache zielen, nur mit
einigem Nachdrucke, gleichsam von sich wegzielen. Am häufigsten
figürlich, zum Endzwecke haben. Auf etwas abzielen. Sein Vorhaben
zielet auf lauter Unglück ab. Alle meine Bemühungen zielen auf dein
Bestes ab. 2. Ein Activum, mit der vierten Endung des Nennwortes, ob
es gleich in dieser Gattung nur selten vorkommt. Etwas abzielen. Zum
mindsten wird bey dieser Art von Liebe nichts körperliches abgezielt,
Wiel.
Abzirkeln (W3) [Adelung]
Abzirkeln, verb. reg. act. mit dem Zirkel abmessen. Eine Figur
abzirkeln. Ingleichen figürlich, aber nur in der vertraulichen
Sprechart, genau bestimmen. Wer kann alle Worte so genau abzirkeln.
Daher die Abzirkelung.
Abzucht (W3) [Adelung]
Die Abzucht, plur. die -züchte, von abziehen, der Ort, durch welchen
ein flüssiger Körper abgezogen, d. i. abgeleitet wird. Besonders in
den Hüttenwerken, die kreuzweise geführten Canäle unter den Öfen und
Herden, die Feuchtigkeiten abzuleiten, welche, in so fern sie diese an
sich ziehen, auch Anzüchte genannt werden. Ingleichen in Oberdeutschland, eine Cloak, oder ein Graben, den Unflath
abzuführen.
Anm. Abzucht ist ein gutes, aber in der Büchersprache der
Hochdeutschen wenig bekanntes Wort. S. auch Canal.
Abzug (W3) [Adelung]
Der Abzug, des -es, plur. die -züge, von abziehen.1. Die Handlung des
Abziehens. 1) Von dem Activo. Seine Karte gleich in den ersten Abzügen
verlieren. Nach Abzug aller Unkosten. Am häufigsten 2) in den
Bedeutungen der Mittelgattung. (a) Der Abzug des Feindes, einer Armee.
Zum Abzuge blasen. Sich zum Abzuge rüsten. Die Besatzung bedung sich
einen freyen Abzug. (b) Der Abzug des Gesindes, aus einem Dienste,
oder eines Unterthanen aus einer Gerichtsbarkeit. Daher die
Abzugszeit, die Zeit, da das Gesinde gewöhnlich abzuziehen pfleget.
Ingleichen der Abzugsbrief, an einigen Orten, ein Schein, womit ein
Leibeigener beweisen muß, daß er mit Bewilligung seines Herrn
abgezogen ist. (c) Die Entfernung einer jeden andern Person aus einer
Gegend, die Abreise. Sein Abzug geht mir herzlich nah, Haged. In
diesen Bedeutungen ist der Plural selten.2. Dasjenige, was abgezogen
wird. (a) In Rechnungssachen, was von einer Summe abgezogen wird. Ich
muß ohne Abzug bezahlet werden. Bey der Verwechselung einer Geldsorte
wird dasjenige, was von der bessern abgezogen wird, der Abzug, und in
Ansehung des schlechtern Geldes Aufgeld genannt. So auch, (b) in den
Rechten, dasjenige Geld, welches von einer Erbschaft, die einem
Fremden zufällt, abgezogen, und auch das Abzugsgeld, ingleichen der
Erbgulden genannt wird. Daher das Abzugsrecht, das Recht, dergleichen
Abzug zu fordern, welches zuweilen auch wohl schlechthin der Abzug
heißt. An einigen Orten wird auch die Nachsteuer, welche ein
Einwohner, wenn er in eine fremde Gerichtsbarkeit ziehet, von seinem
unbeweglichen Vermögen entrichten muß, der Abzug genannt. S. Abschoß,
Absteuer. (c) In den Hüttenwerken, Schlacken und andere Unarten,
welche sich auf das flüssige Metall setzen, und abgezogen werden.
Dasjenige Kupfer, welches aus solchem Abzuge geschmelzet wird, wird
daher am Unterharze das Abzugskupfer, an andern Orten Königskupfer
genannt. In der Schweiz heißet dasjenige schäumige Wesen, welches sich
auf der mit Lab geschiedenen Milch setzet, gleichfalls der Abzug. (d)
Im Weinbaue werden diejenigen Enden der Weinstöcke, welche abgezogen,
d. i. nicht so tief, als die Senker in die Erde gelegt werden, Abzüge
genannt. In den drey ersten Fällen ist der Plural gleichfalls nicht
gebräuchlich.3. Das Werkzeug, welches zum Abziehen dienet. So führet
in den Hüttenwerken das eiserne Instrument, womit die Unart von dem
flüssigen Metalle abgezogen wird, den Nahmen des Abzuges; und an den
Schießgewehren wird der kleine eiserne Griff unter dem Schlosse, womit
das aufgezogene Gewehr abgedrückt wird, und welcher in dem
Abzugsbleche geht, gleichfalls der Abzug genannt. S. auch Abdruck.4)
Der Ort, durch welchen ein flüssiger Körper abgezogen, d. i.
abgeleitet, wird. So werden so wohl die Abläufe des Wassers aus den
Teichen, als auch die Gräben auf dem Acker, die Canäle in den
Hüttenwerken, und zur Abführung des Unrathes in den Städten, welche
sonst Abzüchte, Schleusen, u. s. f. heißen, auch Abzüge genannt. In
weiterer Bedeutung führet auch der Fall des Wassers, wodurch dessen
Ab-fluß befördert wird, diesen Nahmen. Daher sagt man, das Wasser hat
keinen Abzug, dem Wasser einen Abzug geben.
Abzupfen (W3) [Adelung]
Abzupfen, verb. reg. act. durch Zupfen absondern. Seide abzupfen. Die
Blätter von den Bäumen abzupfen. Ingleichen metonymisch, Rosen, Blumen
abzupfen. Daher die Abzupfung.
Abzwacken (W3) [Adelung]
Abzwacken, verb. reg. act. 1) Eigentlich, durch Zwacken, d. i. mit
den zwey Vorderfingern, oder einem den Fingern ähnlichen Werkzeuge, z.
B. einer Zange, wegnehmen, in welcher Bedeutung aber jetzt abzwicken
üblich ist. 2) Figürlich, unter dem Scheine Rechtens und in kleinen
Theilen abdringen. Ein Geiziger zwackt überall etwas ab. Man zwackte
mir hier und da etwas ab. Einem das Seinige abzwacken. Daher die
Abzwackung.
Abzwecken (W3) [Adelung]
Abzwecken, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, so viel
als abzielen, in der Mittelgattung. Dieß zwecket darauf ab, der
Endzweck hiervon ist. 2. * Activum, sich zum Endzwecke setzen; sehr
ungewöhnlich und hart. Der von mir abgezweckte Erfolg. Daher die
Abzweckung.
Abzwicken (W3) [Adelung]
Abzwicken, verb. reg. act. welches mit abzwacken einerley Ursprung
und Bedeutung hat, nur daß abzwicken allein in der eigentlichen,
abzwacken aber mehr in der figürlichen Bedeutung üblich ist. Einen
Nagel abzwicken, mit der Zange abkneipen. Bey den Schustern hingegen
bedeutet abzwicken, die Aufziehzwecken heraus ziehen und dadurch
abnehmen; im Gegensatze des Aufzwickens. Daher die Abzwickung.
Abzwingen (W3) [Adelung]
Abzwingen, verb. irreg. act. S. Zwingen, durch Zwang von jemanden
erhalten. Die Furcht zwingt oft den Bösen das Bekenntniß ihrer
Unthaten ab, Dusch.
Acacie (W3) [Adelung]
Acacie, S. Schotendorn.
Academie (W3) [Adelung]
Die Academie, S. Akademie.
Accent (W3) [Adelung]
Der Accent, des -es, plur. die -e, von dem Lat. Accentus. 1) In der
Sprachlehre, überhaupt die Abänderung der Stimme in der Aussprache der
Wörter, Sylben und Vocale; ohne Plural. Allein da es mehrere Arten
dieser Abänderung gibt, welche man ohne Unterschied Accent oder Ton zu
nennen pflegt, so hat solches zu allen Zeiten viele Verwirrungen in
den Sprachlehren verursacht. Im Deutschen unterscheidet man die drey
vornehmsten Abänderungen der Stimme durch die Nahmen Ton, Accent und
Quantität oder Zeitmaß am richtigsten so. (a) Der Ton ist die
merkliche Erhebung der Stimme, mit welcher eine Sylbe vor der andern
ausgesprochen und dadurch gleichsam heraus gehoben wird. So wird in
den Wörtern gehen, der Abfall, die erste, in verwesen und verlassen
aber die mittelste Sylbe mit einer vorzüglichen Erhebung der Stimme
vorgetragen. Das nennet man fast in allen Sprachen den Accent, im
Deutschen aber am richtigsten den Ton. S. dieses Wort. (b) Der Accent
ist alsdann die längere oder kürzere Verweilung der Stimme auf einem
Vocale, und theilet sich folglich in den geschärften Accent, wenn die
Stimme schnell über den Vocal wegeilet, wie in ab, ob, mit und den
ersten Sylben der Wörter treffen, fallen, binden; und in den
gedehnten, wenn die Stimme länger darauf verweilet, wie in da, gar,
her und in den ersten Sylben der Wörter gehen, stehen, lieben. In
verstehen haben die erste und letzte Sylbe den geschärften, die
mittelste aber den gedehnten Accent. Daraus erhellet, daß der Accent
mit dem Tone zwar oft zusammen trifft, aber nichts weniger als
einerley mit demselben ist. Hiervon ist (c) noch die Quantität, das
Zeitmaß, oder die prosodische Länge und Kürze der Sylben,
unterschieden, welche im Deutschen zwar ganz von dem Tone abhängt,
aber mit demselben wieder nicht einerley ist. Alles was den Haupt-
oder ganzen Ton hat, ist in der Prosodie lang; was den halben oder
Nebenton hat, ist gleichzeitig, d. i. es kann lang oder kurz gebraucht
werden; was aber
tonlos ist, ist kurz. S. davon mit mehrern die Sprachlehre. 2) Das
Zeichen des Accentes. Wo man Accent für Ton gebraucht, da pflegt man
auch die Tonzeichen mit dem Nahmen der Accente zu belegen. Allein im
Deutschen nennet man nur diejenigen Zeichen Accente oder
Accent-Zeichen, womit man die Schärfung oder Dehnung eines Vocales
bezeichnet, und welche (´) und (`) sind; z. B. da, ab. Daher
accentuiren, die Sylben mit diesen Accent-Zeichen versehen, in andern
Sprachen aber, sie mit den gehörigen Tonzeichen versehen. 3) Bey
einigen der neuern Dichter oft so viel, als die Stimme, Worte, Töne,
wo es eine unnöthige Nachahmung des Franz. Accent ist, welches gleiche
Bedeutung hat. Alsdann aber wird es nur im Plural gebraucht. Die
Nachtigall schwieg und horchte die zärtlichen Accente; Gesn. 4) In der
Musik, nach dem Ital. Accento, eine Art zu singen, oder zu spielen, da
man, ehe die vorgeschriebene Note ausgedruckt wird, schon die darüber
oder darunter stehende hören läßt, der Vorschlag.
Acceptiren (W3) [Adelung]
+ Acceptiren, verb. reg. act. aus dem Lateinischen accipere,
barbarisch Lat. acceptare, annehmen. Besonders in der Handlung, einen
Wechsel acceptiren, sich zu dessen Bezahlung verbindlich machen. Daher
der Acceptant, des -en, plur. die -en, der sich zur Bezahlung eines
Wechsels verbindlich macht.
Acceß (W3) [Adelung]
Der Acceß, des -sses, plur. inusit. von dem Lat. Accessus; bey
verschiedenen Gerichtshöfen und Collegiis, die Freyheit, Theil an
ihren Verhandlungen zu nehmen, ohne ein förmliches Glied von ihnen zu
seyn, der Zutritt; womit zuweilen die nächste Anwartschaft auf
diejenige Stelle, welche in einem solchen Collegio am ersten erlediget
wird, verbunden ist. Daher der Accessist, des -en, plur. die -en, der
einen solchen Zutritt hat.
Accidenz (W3) [Adelung]
Das Accidenz, des -es, plur. die Accidenzien, die mit einem Amte
verbundenen zufälligen und ungewissen Einkünfte, im Gegensatze des
gewissen Gehaltes, zufällige Amtsgebühren, Sporteln. Vom Lateinischen
Accidens und Accidentia.
Accise (W3) [Adelung]
Die Accise, plur. inusit. 1) Überhaupt eine obrigkeitliche Auflage
auf Lebensmittel und solche Waaren, welche sich durch den Gebrauch
abnützen lassen, wenn sie in ein Land, oder in eine Stadt eingeführet
werden. Besonders, so wohl die Abgabe von den von außen in ein Land
eingeführten Waaren, welche in Sachsen die Land-Accise genannt, und
Churfürst Johann Georg des Ersten Verordnung von 1615 zu Folge, für
die Sicherheit der Landstraßen gegeben wird; als auch die Abgabe von
den Nahrungsmitteln, welche von dem Lande zum Verkaufe in die Stadt
geführet werden, welche in Sachsen den Nahmen der Consumtions-Accise,
ingleichen der General-Accise führet, weil von deren Erlegung niemand
ausgenommen ist. Accise von etwas geben. Diese Waare gibt viel, wenig
Accise. Accise auf etwas legen. Ingleichen, die zusammen gesetzten
Wörter, accisbar, der Accise unterworfen, die Accisbarkeit; accisfrey,
von Erlegung derselben befreyet, die Accisfreyheit; das
Accis-Collegium, welches die oberste Aussicht über alles, was zur
Accise gehöret, und in Sachsen besonders über die General-Accise hat;
die Accis-Kammer, das Gemach, wo die Accise entrichtet wird; der
Accise-Zettel, ein Schein, daß die Accise entrichtet worden; der
Accise-Bediente, Accis-Einnehmer u. s. f. 2) Im gemeinen Leben, auch
der Ort, wo sich die Accise-Bedienten versammeln, und wo die Accise
entrichtet wird. Auf die Accise gehen.
Anm. Da Accise, Niedersächsisch
Zise, heut zu Tage nur von solchen Auflagen gebraucht wird, die von
den im Handel und Wandel umlaufenden Waaren gehoben werden, und
wodurch von dem Gewinne des Käufers wirklich etwas abgekürzet und
gleichsam abgeschnitten wird; so glaubt man gemeiniglich, daß dieses
Wort von accidere, beschneiden, herstamme. Diese Ableitung istschon
alt, indem an einigen Orten der Schweiz, besonders in Graubünden, eine
solche Abgabe im Deutschen der Schnitz, der Landschnitz, im Franz.
Taille, im mittlern Lat. aber Incisio, Incisura, genannt wird. Allein
in des du Cange Glossar. v. Assisa, der neuesten Ausgabe, wird
gezeiget, daß es vielmehr von Assisa abstamme, welches Wort in den
mittlern Zeiten nicht allein eine Versammlung der Reichs- und
Landstände, sondern auch die von denselben bewilligten Abgaben
bedeutete. Es wäre also ursprünglich eine allgemeine Benennung aller
Abgaben, die nachmahls bloß auf die umlaufenden Waaren eingeschränkt
worden, und mit der Sache selbst aus Frankreich und den Niederlanden
nach Deutschland gekommen ist. Das Niedersächsische Zise findet sich
schon im Magdeburgischen um das Jahr 1314, wo es Syse geschrieben
wird; welches des du Cange Ableitung zu bestätigen scheinet. Nach der
Verschiedenheit der Waaren und Lebensmittel, ingleichen der Absicht,
um welcher willen diese Abgabe gehoben wird, bekommt sie wieder
allerley besondere Benennungen, die aber fast in jedem Lande
verschieden sind.
Accord (W3) [Adelung]
Der Accord, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, und zwar in der
Musik, (a) der Zusammenklang mehrerer Töne, und diese Töne selbst.
Gemeiniglich werden zu einem Accorde drey Töne erfordert, der
Grundton, dessen Tertie und dessen Quinte. (b) Der Zusammenklang
mehrerer Instrumente, besonders bey den Orgelbauern, ein ganzes
Stimmwerk von allerley Pfeifen, welche zu einander gehören. 2)
Figürlich, ein Vertrag, besonders, (a) im Kriege, der Vertrag zwischen
den Belagerern und Belagerten wegen der Übergabe eines Ortes. Eine
Festung mit Accord einnehmen. Einen Accord treffen, schließen. Die
Besatzung hat den Accord angenommen. (b) Im gemeinen Leben, fast ein
jeder Vertrag wegen einer zu liefernden Arbeit und Waare. Einen Accord
mit einem machen. Wie auch der Vertrag eines bösen Schuldners mit
seinen Gläubigern, etwas für das Ganze zu nehmen.
Anm. Dieses Wort ist
aus dem Franz. und Ital. Accord und Accordo zu uns gekommen, welche
wieder aus dem barbarischen Latein Accordium entstanden sind; S. du
Cange Gloss. h. v.
Accordiren (W3) [Adelung]
Accordiren, verb. regul. Es ist:I. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte
haben, und bedeutet alsdann, 1) eigentlich, zusammen klingen, von
Tönen und musikalischen Instrumenten. Diese Töne, diese Instrumente
accordiren nicht mit einander. 2) Figürlich. (a) + Überein stimmen,
sich schicken. Seine Worte accordiren nicht mit seinen Handlungen,
besser, stimmen nicht damit überein. (b) Unterhandeln, besonders im
Kriege, wegen der Übergabe eines Ortes unterhandeln. Die Besatzung
verlangte zu accordiren. Ingleichen, von einem bösen Schuldner, wenn
derselbe mit seinen Gläubigern handelt, daß sie für ihre ganze
Forderung etwas nehmen sollen. Er hat accordirt. Er verlangt zu
accordiren. + Ferner im gemeinen Leben, wegen einer Sache
unterhandeln, und wirklich einig werden. Wegen einer Arbeit, wegen
einer Lieferung von Waaren mit jemanden accordiren.II. Ein Activum. 1)
Eigentlich, zusammen klingend machen, in der Musik. Töne, Instrumente
accordiren. 2) Figürlich. (a) Überein stimmend machen, so wohl bey den
Kaufleuten, wo die Rechnungen accordiren, so viel bedeutet, als sie
gegen einander halten, ob sie zusammen treffen; als auch bey den
Mahlern, die Farben accordiren, sie verschmelzen, damit das Harte
vermieden werde. Ein Gemählde accordiren, die Übereinstimmung der
Farben hinein bringen. (b) + Bewilligen, doch nur im gemeinen Leben.
Ich habe es ihm noch nicht accordiret, zugestanden.
Anm. Man könnte dieses aus dem Französischen und mit demselben aus dem
barbarisch Lateinischen accordare erborgte Zeitwort gar füglich
entbehren. Wenigstens sollte man es aus dem gesellschaftlichen Leben
völlig verbannen, weil nicht die geringste Nothwendigkeit vorhanden
ist, es beyzubehalten.
Accurat (W3) [Adelung]
+ Accurat, -er, -este, adj. et adv. aus dem Lateinischen accurratus.
1) Objective, genau, richtig, der Sache, dem Ebenmaße, dem Vorbilde in
allen Theilen gemäß. 2) Subjective, Fertigkeit besitzend, sich der
Genauigkeit, Richtigkeit in allen Stücken zu befleißigen. Ein sehr
accurater Mann. In beyden Bedeutungen ist es im Deutschen überflüssig.
Accusativ (W3) [Adelung]
Der Accusativ, des -es, plur. die -e, in der Sprachlehre, die vierte
Endung in der Declination. Die Deutschen Sprachlehren haben seit
Schottels Zeit dafür Klagendung oder Klagefall einzuführen gesucht,
welches aber eine bloße buchstäbliche Übersetzung des Lateinischen
Ausdruckes ist, und von den vielen Fällen, worin dieser Casus
gebraucht wird, nur einen einzigen, und noch dazu sehr
eingeschränkten, bezeichnet.
Ach (W3) [Adelung]
1. * Ach, eines der ältesten Wörter der Nordischen Mundarten, welches
Wasser, und besonders fließendes Wasser bedeutete. Im Deutschen ist
dasselbe nur noch als ein eigenthümlicher Nahme vieler Bäche und
Flüsse, und in den Nahmen noch mehrerer Städte und Dörfer übrig,
welche an solchen fließender Wassern liegen. In allen Provinzen findet
man kleinere Flüsse, welche Acha, Aha, Ach, oder nur schlechthin A
heißen, und in Fulda, Gotha, Conna, und hundert anderen Nahmen gehöret
das letzte a gleichfalls hierher, welches augenscheinlicher wird, wenn
man ihre ältere Schreibart betrachtet, wo sie Fuldaha, Gotaha, Connaha
lauten. Bey den Angelsachsen hieß Ea ein jedes Wasser, womit auch das
Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey dem
Hesychius, das heutige Französische Eau, Wasser, das Dänische Aa und
Schwedische A ein Fluß, und das Deutsche Aue, überein kommen. Die
Alemannen und andere noch ältere Völker setzten ihren gewöhnlichen
Hauchlaut hinein, und da ward Aha, Acha, Ach, bey den älteren Griechen
- hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bey den Gothen Ahwa,
und bey den Lateinern Aqua, daraus. Ein mehreres von diesem Worte
haben Frisch, v. Ach, Schilter, v. Ach, und Ihre in Gloss. v. A
angeführet.
Ach (W3) [Adelung]
2. Ach, eine Interjection, welche der natürliche Ausdruck nicht nur
aller Leidenschaften, mit allen ihren Schattirungen, sondern auch
aller Gemüthsbewegungen und lebhaften Vorstellungen überhaupt ist. Es
ist also, und zwar 1) eigentlich und zunächst, der Ausdruck des
Schmerzens, und zwar nach allen seinen Stufen und Abänderungen. Ach,
ich Unglücklicher! Ach, wie schmerzet diese Wunde! Ach und weh! Daher
die gemeine Redensart, Ach und weh schreyen. In dieser Bedeutung wird
Ach! auch zuweilen als ein Substantiv gebraucht, welches indeclinabel
ist, und alsdann bedeutet es so wohl den Ausbruch der schmerzhaften
Empfindung durch Seufzer, als auch den Schmerz selbst. Mein Ach ist
deine Freude. Das Ach, das ihn mitleidig machen soll, Gell. Manich
achFueget mir dü reine, sang Werner von Teusen, unter den Schwäbischen
Dichtern. 2) Der Angst. Ach, wie beklemmt es mir das Herz! Ach, wie
schlägt mir das Herz! Ach, ach, ich bin des Todes! 3) Der Furcht. Ach,
was wird dieses Anzeichen bedeuten! 4) Des Schreckens. Ach, ein Geist!
ein Geist! Ach, mein ganzes Geblüt starret mir in den Adern! Ach, das
ist ja erschrecklich! 5) Des Unwillens. Ach, daß ich jetzt nicht Zeit
habe, dich nach Verdienst zu strafen! Ach, daß du kalt wärest! Ach,
wir brauchen deiner Hülfe nicht! Ach, denken sie mir nur nicht wieder
daran! Ach, warum wird er dich dennnicht haben wollen! 6) Des
Mitleidens, der Bedaurung. Ach, das ist ewig Schade! Ach, daß der gute
Mann gestorben ist! Ach, du armes Kind! 7) Der Wehmuth, des Grames.
Ach, liebstes Kind, Julchen wird glücklicher, weit glücklicher, als
sie! Gell. Ach, wenn ihr wüßtet, was das gute Kind ausgestanden hat!
Weiße. Besonders des zärtlichen Kummers, indem mit seinem Ach und O
niemand verschwenderischer umgeht, als die Verliebten. Ach, ich
Unglücklicher, wie gut wäre es für mich, wenn ich sie weniger liebte!
Ach, werden sie es denn niemahls glauben, wie zärtlich ich sie liebe?
8) Der Klage. Ach, bin ich doch so müde! Ach, die Haussorgen nehmen
einen gar sehr mit! 9) Der Sehnsucht, des Verlangens, des Wunsches.
Ach, wollte doch der Himmel, daß ich etwas zu ihrer Beruhigung
beytragen könnte! Ach, warum kann nicht die ganze Welt ihrer Großmuth
zusehen! Ach, hätte ich diese unglückliche Entdeckung doch nie
gemacht! Ach, lassen sie mich es doch sehen! Ach ja, thun sie es doch!
10) Des Beyfalls, des Vergnügens, der Freude, der Entzückung. Ach, das
ist schön! Ach, wie entzücken sie mich durch ihre Güte! Ach, hören sie
doch, was für ein Glück und bevor steht! Ach, wie froh bin ich, daß
ich ihn nicht gesehen habe! Ach, was ist der Umgang mit großen Herzen für eine Wollust? Gell. 11) Der Bewunderung. Ach, was für ein
vortrefflicher Mann er nicht ist! Ach, das ist ja etwas Englisches!
Ach, Himmel! mit welcher Annehmlichkeit, mit welcher Unschuld sagt sie
dieß! Gell. 12) Endlich begleitet dieses Wörtchen oft auch weit
schwächere Empfindungen, und da dienet es der folgenden Rede gleichsam
zum Eingange, anzudeuten, daß das Herz seinen Antheil daran habe. Ich
habe ihnen recht viel zu sagen, ach viel. Ach, es hat nichts zu sagen.
Ach, wenn sie so hübsch ist, wie ihr seyd, so muß das ein artiges
Pärchen werden, Weiße. Indessen ist nicht zu läugnen, daß es oft sehr
übel angebracht wird, und besonders im gesellschaftlichen Umgange von
manchen Personen, auch an solchen Stellen eingeflickt wird, wo kein
begreiflicher Antheil des Herzens vorhanden ist, wohin denn das so
gemeine ach ja! ach nein! ach freylich! und andere Kernausdrücke der
gezierten Sprechart, in den meisten Fällen gehören.
Anm. 1. Ach ist der
Schall, den der von einer beängstigten Brust ausgestoßene Athem
verursacht. Es ist die natürliche Sprache des Herzens, und daher ist
es sich auch, so wie dieses, unter allen Himmelsstrichen und in allen
Sprachen gleich. Der Hebräer seufzete - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der
Grieche - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
ohne Hauchlaut, der Lateiner Aha, Ah, der Perser Ah. S. auch Ächzen.
Einige Deutsche gröbere Mundarten haben ihr och! und die Niedersachsen
ihr o! außer wenn es einen Beyfall, eine Bewunderung ausdrücken soll,
welche Empfindungen sie lieber mit aa! an den Tag legen.2. So wie sich
die Leidenschaft keiner Regel unterwirft, so bindet sich auch dieses
Wörtchen an keine bestimmte Wortfügung. Wenn es ein Nennwort bey sich
hat, so steht dieses am häufigsten in der ersten Endung. Ach, ich
armer Mann! Etwas seltener findet man es mit der zweyten. Ach miner not, klagt Heinrich von Framenberg, einer von den Schwäbischen
Dichtern. Ach meines Jammers und Herzeleides! Jer. 10, 19. Wenn man es
mit der dritten Endung findet, so rühret diese von dem ausgelassenen
weh her, welches oft mit ach verbunden wird. Mit der vierten Endung,
z. B. ach mich armen! ist es wohl eine Nachahmung des Lateinischen,
obgleich schon Notker, vermuthlich durch die Vulgata verleitet, ah
mih! hat.3. Gemeiniglich stehet ach zu Anfange des Satzes, der die
Empfindung entwickelt; aber es kann seinen Platz auch hinter
einem oder mehrern Worten finden; ein Umstand, der besonders den
Dichtern wohl zu Statten kommt. Mitleidig, ach! verweilte, Ich keinen
Augenblick, Weiße. Gnug, Hannchen war für mich geboren, Und, ach! sie
ist verloren, Ebend. 4. Wenn die Empfindung, welche dieses Wörtchen
ankündiget, so stark ist, daß sie sich durch einen wahren Ausruf
äußert, so erfordert es auch das Ausrufungszeichen; nur daß dieses zu
Ende des ganzen Satzes, der den Ausruf enthält, gesetzet, das ach aber
bloß mit einem Komma begleitet wird: ach, welch ein Schmerz! Macht
dieses Wörtchen aber einen Ausruf allein aus, wie in den oben
angeführten Stellen, so bekommt es dieses Zeichen auch unmittelbar
nach sich. S. die Orthogr.
Achat (W3) [Adelung]
Der Achat, des -es, plur. die -e, bey den neuern Naturkennern, ein
Geschlechtsnahme aller feinen Hornsteine, welche verschiedene, so wohl
einfache als vermischte Farben haben, eine feine Politur annehmen, und
daher unter die Halbedelsteine gerechnet werden. Der Deutsche Nahme
rühret aus dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image
- her, welches der Nahme eines Flusses in Sicilien war, der jetzt
Drillo heißt, und an welchem die ersten Achate gefunden worden.
Hieraus erhellet, daß die Schreibarten Agat und Agath unrichtig sind,
wozu die Verwechselung mit dem Agtsteine und dem Gagat wohl auch das
ihrige mag beygetragen haben.
Achat-Galle (W3) [Adelung]
Die Achat-Galle, plur. die -n, eine fremdartige Materie, welche
zuweilen den Achat wie ein Saalband umgibt, und sich, wie die
Glasgalle von dem Glase, von ihm trennen läßt.
Achat-Kiesel (W3) [Adelung]
Der Achat-Kiesel, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen Neuern ein
Nahme eines bräunlichen Achates, mit gelblichen, braunen,
schwärzlichen und grauen Streifen, welcher in Ägypten einheimisch ist,
daher er von einigen auch nur der Ägyptische Stein genannt wird.
Achat-Kugel (W3) [Adelung]
Die Achat-Kugel, plur. die -n, ein rohes Stück Achat in rundlicher
Gestalt, welches auch eine Achat-Niere genannt wird.
Achat-Muschel (W3) [Adelung]
Die Achat-Muschel, plur. die -n, eine jede Muschelart, welche bey
ihrer glänzenden Politur und schönen Farben einem polirten Achate
gleicht, deren es bey den Liebhabern mehrere Arten gibt. Von eben der
Art sind auch die Achat-Schnecken.
Achat-Onyx (W3) [Adelung]
Der Achat-Onyx, des -es, plur. die -e, eine Steinart, welche aus
einer Vermischung des Achates mit dem Onyx bestehet.
Achel (W3) [Adelung]
Die Achel, am Getreide, S. Age.
Achse (W3) [Adelung]
Die Achse, (sprich Akse,) plur. die -n, 1) Eigentlich, dasjenige
Querholz, auf welchem der Obertheil eines Wagens oder Karrens ruhet,
und um welches sich die Räder bewegen. Die vordere Achse, oder
Vorderachse, die hintere Achse, oder Hinterachse. In metonymischer
Bedeutung auch wohl der Wagen selbst, doch nur in der R. A. etwas auf
der Achse herzu führen, eine Waare auf der Achse kommen lassen,
fortbringen, im Gegensatze der Fortbringung derselben zu Wasser. 2) In
weiterer Bedeutung ein jeder langer, runder Körper, um welchen sich
ein anderer herum drehet. Ingleichen, 3) in der Mathematik, eine jede
gerade Linie, welche durch den Mittelpunct eines Körpers gehet oder
gedacht wird. Daher die Erdachse, die Weltachse, die Achse des
Thierkreises, die Sehachse u. s. f. In der höhern Geometrie führet
diejenige Linie, welche alle gerade, innerhalb einer krummen, parallel
gezogene Linien, in zwey gleiche Theile theilet, und mit ihnen einen
rechten Winkel macht, gleichfalls diesen Nahmen. 4) In der Anatomie,
das dritte, oder vielmehr das zweyte Wirbelbein des Halses, weil das
erste Wirbelbein sich auf demselben, wie um eine Achse drehet;
Epistrophus.
Anm. Achse, Alem. Ahsa, Angels. Eax, Nieders. Asse, Dän.
Ax, Russ. Oss, Engl. Axel tree, Schwed. Axel, Ital. Asse,haben mit dem
Lateinischen und Griechischen Axis und - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - einerley Ursprung. Es ist aus der Wurzel Ach, Ack, und
der Ableitungssylbe -se gebildet, Ach-se, oder auch aus Achs und der
Endsylbe -e. Aber welches der Stammbegriff ist, wird sich bey dem
hohen Alter dieser Wörter wohl schwerlich entscheiden lassen.
Wahrscheinlich ist es die lange, spitzige Gestalt, so daß es als ein
Verwandter von Ecke, Age, (Niedersächsisch Achel,) Igel, dem Lat.
Acus, und hundert andern dieser Art anzusehen ist. S. auch das
folgende. Da in der Aussprache zwischen dem chs und x kein Unterschied
ist, so wäre es in dieser Rücksicht gleichgültig, mit welchem
Buchstaben man es schreibt. Im Hochdeutschen ist das ch am
gebräuchlichsten und richtigsten, weil es den Bau des Wortes Ach-se
unverstümmelt darstellt, welchen Axe nur verdunkeln würde; zumahl, da
es mit dem Lat. axis zwar verwandt, aber nicht aus demselben entlehnet
ist. Aber wenn es den Theil eines Wagens bedeutet, Achse, und wenn es
von einen Weltkörper gebraucht wird, Axe schreiben zu wollen, ist eine
Grille, indem solches bloße Abänderungen einer und eben derselben
Bedeutung sind.
Achsel (W3) [Adelung]
Die Achsel, plur. die -n. 1) Eigentlich, der oberste Theil des Armes,
wo er in das Schulterblatt gefüget ist, und der zum Tragen dienet.
Etwas auf die Achsel nehmen. Figürliche R. A. sind: Jemanden über die
Achsel ansehen, ihm einen verächtlichen Seitenblick zuwerfen, ihn
verachten, geringe schätzen. Die Achsel ziehen oder zucken, zum
Zeichen, daß man Bedenklichkeiten bey einer Sache habe, die man nicht
gern sagen wolle, oder daß man das geduldig leiden müsse, was man
nicht ändern kann, Nieders. mit einem eigenen Worte tuckschuldern,
gleichsam zuckschultern. Daher, das Achselzucken. Ich antwortete ihm
mit einem beredten Achselzucken, Raben. In Schwaben sagt man dafür die
Achseln schupfen, oder schmucken. Auf beyden Achseln tragen, zwey
widrig gesinnten Herren dienen, häucheln. + Etwas auf die leichte
Achsel nehmen, sich eine schwere Sache als sehr leicht vorstellen, ist
eine harte und ungewöhnliche Figur. 2) In weiterer Bedeutung, führet
bey einigen Zergliederern auch wohl das ganze Armbein den Nahmen der
Achsel oder des Achselbeines.
Anm. Die letzte Sylbe ist die
Ableitungssylbe -El, welche ein Werkzeug, Ding, Subject bezeichnet, S.
-el, und in dieser Gestalt ist es schon alt, wie aus dem Ahsalo des
Kero, dem Ahsela des Notker, dem Lat. axilla, dem Angels. Ehsle,
Eaxle, und dem Wallisischen Asgell erhellet. Dieses letztere bedeutet
einen Flügel; daher Wachter und Ihre glauben, daß das Stammwort
gleiche Bedeutung gehabt, und erst nachmahls auf den obersten Theil
des Armes übergetragen worden, so wie die Lateiner aus ala das
Diminutivum axilla gemacht hätten. Allein es ist ungegründet, daß
axilla das Diminutivum von ala ist; -illa ist vielmehr mit der
Deutschen Ableitungssylbe -el gleich bedeutend, daher es hier nur auf
die Wurzelsylbe Achs ankommt, welche gleichfalls das vorige Ack, Eck,
mit dem Begriffe der Höhe, der Schärfe, der hervor ragenden
Beschaffenheit zu seyn scheinet. S. auch Axt, Hacke, Age, Igel, Ecke.
In Baiern bedeutet die Uchse und Yexe, mit drey Sylben, in Schwaben
Weichse und Uchse, bey dem Rabanus Maurus Oahchasa, die Höhle unter
dem Arme, für welche die Hochdeutschen keinen eigenen Nahmen haben. -
Thewrdank dem Ritter gab ein Stich Unnder den Uchsen zum Herzen ein,
Theuerd. Kap. 77. Rabanus Maurus unterscheidet Uchse und Achsel sehr
genau; jene heißt bey ihm, wie schon gedacht, Oahchasa, diese aber
Ahsala. Achsel und Schulter werden im gemeinen Leben oft für gleich
bedeutend gehalten. Allein dieses bedeutet eigentlich den obersten
Theil des Rückens an den Achseln, und jenes den Theil zwischen dem
obersten Ende des Armes und dem Halse.
Achselader (W3) [Adelung]
Die Achselader, plur. die -n, eine Ader, die nach der Achsel zu
gehet, Vena axillaris. Bey dem Verheyn heißt besonders die
Milchbrustader, Ductus thoracicus, die Achselader.
Achselband (W3) [Adelung]
Das Achselband, des -es, plur. die -bänder, ein zierliches Band, oder
eine Bandschleife, welche noch in einigen Fällen von Soldaten und
Livree-Bedienten auf der rechten Achsel getragen wird, und ehedem dazu
diente, die doppelten über beyde Schultern kreuzweise geschlungenen
Scherpen der Soldaten damit anzubinden; die Achselschnur, wenn es eine
runde Schnur ist.
Achselbein (W3) [Adelung]
Das Achselbein, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welcher von einigen
Zergliederern dem Schulterblatte, von andern aber dem darein gefügten
Armbeine gegeben wird. Irrig aber ist es, wenn einige die
Schlüsselbeine, claviculas, mit diesem Nahmen belegen.
Achselfleck (W3) [Adelung]
Der Achselfleck, des -es, plur. die -e, oder im Diminut. das
Achselfleckchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein schmaler Streifen an
den Hemden, der sich von dem Halsbunde bis zum Anfange des Ärmels
erstrecket; das Achselstück.
Achselhemd (W3) [Adelung]
Das Achselhemd, des -es, plur. die -en, ein grobes Weiberhemd des
Gesindes auf dem Lande, ohne Ärmel. In manchen Gegenden auch ein
halbes Hemd der Mannspersonen, gleichfalls ohne Ärmel.
Achselschnur (W3) [Adelung]
Die Achselschnur, plur. die -schnüre, S. Achselband.
Achselseil (W3) [Adelung]
Das Achselseil, des -es, plur. die -e, ein Band oder Seil, welches
über die Achsel gehänget wird, wenn man eine Last auf der Trage trägt,
oder auf dem Schiebebocke fortschiebet; das Trageseil, Trageband, in
Schlesien die Schande.
Achselstück (W3) [Adelung]
Das Achselstück, S. Achselfleck.
Achselträger (W3) [Adelung]
+ Der Achselträger, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Munde des
großen Haufens, einer, der auf beyden Achseln trägt, ein Häuchler. Das
Unschickliche in diesem zusammen gesetzten Worte, welches eigentlich
einen bedeuten müßte, der Achseln trägt, hat schon Frisch bemerket.
Die Niedersachsen nennen einen solchen Menschen Hoikenträger, von
Hoiken, einer veralteten Art Mäntel, und der R. A. den Hoiken auf
beyden Schultern tragen. Die Oberdeutschen druckten den Begriff eines
solchen Häuchlers ehedem durch Paidenthalbner, eigentlich
Beidenhalbner, aus, der auf beyden Halben, d. i. Seiten, trägt, oder
auch, der es mit jedem von beyden Theilen halb hält; welches aber eben
so sprachwidrig gebildet ist.
Achsenblech (W3) [Adelung]
Das Achsenblech, des -es, plur. die -e, die eisernen Schienen, welche
oben und unten an die Achse angenagelt werden, damit sie sich nicht
abreibe; das Achseisen oder Achseneisen, die Achsenschiene.
Achseneisen (W3) [Adelung]
Das Achseneisen, S. das vorige.
Achsengeld (W3) [Adelung]
Das Achsengeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er,
an einigen Orten eine Abgabe, welche von dem Fuhrwerke entrichtet
wird.
Achsennagel (W3) [Adelung]
Der Achsennagel, des -s, plur. die -nägel, ein starker eiserner
Nagel, der vor das Rad in die Achse gesteckt wird, damit es nicht
herab laufe. In den gemeinen Mundarten hat dieser Nagel verschiedene
andere Nahmen, worunter Lünse der vornehmste ist, der auch Lunse,
Lunze, Lönse, Linse, Lünsch, Lehne, Leine, Lyn u. s. f. ausgesprochen
wird, und von Lehnen abstammt.
Achsenriegel (W3) [Adelung]
Der Achsenriegel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geschützkunst,
der vorderste von den zwey hölzernen Riegeln, wodurch die
Laveten-Wände vorn zusammen gehalten werden.
Achsenring (W3) [Adelung]
Der Achsenring, des -es, plur. die -e, ein Ring an der Achse, das
Spalten derselben zu verhüten, und deren an einer Achse mehrere sind.
Achsenschiene (W3) [Adelung]
Die Achsenschiene, S. das Achsenblech.
Achsenstoß (W3) [Adelung]
Der Achsenstoß, des -es, plur. die -stöße, der Stoßring an der Achse,
S. dieses Wort.1. Acht, eine Haupt- oder Grundzahl, welche ihren Platz
zwischen der Sieben und Neun hat, und in gedoppelter Gestalt üblich
ist.1. Als ein Adjectivum, welches in allen Endungen und Geschlechtern
unveränderlich ist. Acht Männer, acht Städte, acht Kinder. Der
Besitzer dieser acht Häuser. Ein Vater von acht Kindern. Acht Tage, d.
i. eine Woche, so wie man lieber vierzehen Tage, als zwey Wochen,
sagt. Heut über acht Tage, oder wie man auch im gemeinen Leben mit
Auslassung des Vorwortes saget, heut acht Tage werden wir abreisen. So
auch, gestern acht Tage waren wir beysammen, gestern vor acht Tagen.
Die Glocke schlägt acht. Alle acht gingen zugleich fort. Es waren der
Männer acht, es waren acht Männer. Es kamen ihrer acht, es kamen acht
von ihnen. Acht und zwanzig, acht und dreyßig, acht und vierzig u. s.
f. nicht zusammen gezogen achtundzwanzig, weil zwey mit und verbundene
Wörter keine Composita machen können; außer wenn Zeitzahlen als
Substantiva gebraucht werden, wo die gemeinschaftliche Ableitungssylbe
die Zusammenziehung entschuldigt: ein Achtundzwanziger, ein
Achtunddreyßiger, ein Mann von acht und zwanzig, von acht und dreyßig
Jahren. Ein Achtundvierziger, ein Wein von dem Jahre 1748. Eine
Achtundfunfzigerinn, eine Frau von acht und funfzig Jahren u. s. f.2.
Als ein Hauptwort, eine Zahlfigur zu bezeichnen. Die Acht, plur. die
-en. Eine Römische Acht, eine Arabische Acht. Die Acht oder eine Acht,
ein Blatt von acht Augen, in dem Kartenspiele. Zwey Achten, zwey
Blätter von acht Augen u. s. f.
Anm. 1. Von der Übereinstimmung dieses
Deutschen Zahlwortes mit dessen Benennung in andern Sprachen kann man
den Frisch nachsehen. Es bleibt in allen Fällen unverändert; außer
wenn es ohne Substantiv mit solchen Präpositionen verbunden wird,
welche die dritte Endung regieren, da es denn, wie alle übrige
Hauptzahlen noch ein en am Ende annimmt, den Casum zu bezeichnen.
Wähle dir aus den achten eins. Er fähret mit achten, mit acht Pferden.
Ich komme nach achten, nach acht Uhr. Ich sahe ihn vor achten, vor
acht Uhr. Die beyden letztern Fälle sind nur im gemeinen Leben üblich,
und nicht völlig richtig, weil hier kein Dativ zu bezeichnen ist.
Richtiger spricht man vollständig, vor, nach acht Uhr. Hierher gehöret
auch die Spanische Münzsorte, welche im Deutschen ein Stück von achten
genannt wird, weil sie acht Reales de Plata hält, gleichsam ein Stück
von acht Realen.2. Acht kann, wie andere Zahlwörter, mit allen
Adjectiven zusammen gesetzet werden, zu denen es sich nur dem
Verstande nach schickt. Besonders hält es sich gern zu den Adjectiven
auf ig: Achtseitig, achtfüßig, achtbeinig, achteckig, achtäugig u. s.
f. Diese Wörter verstehen sich größten Theils von selbst, und bedürfen
keiner weitern Erklärung. Aber achtmahl, achthundert, achttausend sind
keine wahren Zusammensetzungen, sondern müssen acht Mahl, acht
hundert, acht tausend geschrieben werden, wenn gleich die Ableitungen
achtmahlig, der achthundertste, achttausendste um der
gemeinschaftlichen Ableitungssylbe willen die Zusammenziehung fordern.
S. die Orthogr. ingleichen Mahl.2. Die Acht, ein Substantiv, welches
nur im Singular, und zwar größten Theils ohne Artikel, auch nur mit
den Verbis haben, nehmen, geben, lassen und fallen üblich ist. Es
bedeutet,1. Wahrnehmung mit Bewußtseyn. Etwas an einem in Acht nehmen,
gewahr werden. Ohne, daß es jemand in Acht nahm, bemerkte. Das würde
auch ein Blinder in Acht nehmen, sehen.
Ich hatt' es nicht in Acht genommen, Haged. Diese Bedeutung fängt an,
selten zu werden, und wird nur noch zuweilen im gesellschaftlichen
Umgange gehöret.2. Aufmerksamkeit, sorgfältige Beobachtung. Auf etwas
Acht haben oder geben. Gib genau Acht. Nehmt meine Worte wohl in Acht,
merkt genau darauf. Ein jeder habe Acht auf mich. Ich habe es aus der
Acht oder außer Acht gelassen, ich habe nicht darauf gemerket, nicht
mehr daran gedacht, und im gemeinen Leben auch wohl, es ist mir aus
der Acht gefallen, ich habe es wieder vergessen.3. Sorgfalt, Anwendung
der Aufmerksamkeit, so wohl ein Gut zu bewahren, als ein Übel zu
vermeiden. Eine Sache in Acht nehmen, sie sorgfältig vor Schaden
bewahren. Nimm das Deine wohl in Acht, suche es zu erhalten. Er nimmt
seine Gesundheit außerordentlich in Acht. Er nimmt sich gar nicht in
Acht, ist in seinem Betragen sehr unvorsichtig; ingleichen, hegt nicht
die gehörige Sorgfalt für seine Gesundheit. Sich vor einem in Acht
nehmen, sich vor ihm hüthen, alle Verbindung mit ihm zu vermeiden
suchen, ingleichen, sich vor allem Schaden von seiner Seite zu
bewahren suchen. Nimm dich in Acht, daß du ihm nicht zu nahe kommst,
hüthe dich. Man hat sich wohl mit ihm in Acht zu nehmen, Less. man muß
in dem Umgange mit ihm beständig auf seiner Huth seyn.
Anm. 1. In der
Ableitung dieses Wortes und des dazu gehörigen Verbi achten, sind die
Wortforscher verschiedener Meinung. Wachters Einfall, der das neue
Holländische Wort achter, nach, als das Stammwort ansiehet, ist wohl
der unwahrscheinlichste unter allen. Frisch fällt auf das Griechische
- hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und behauptet, daß der
Begriff des Verfolgens, des Treibens, der Hauptbegriff sey, der in dem
Worte Acht, proscriptio, noch der herrschende sey, und durch eine
gewöhnliche Figur auf die Verfolgung mit den Kräften des Geistes
angewendet worden. Ihre findet viele Ähnlichkeiten mit dem
Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich denke,
und nach ihm ist denken die erste und eigentliche Bedeutung dieses
Zeitwortes. Alle kommen darin überein, daß Acht von dem Verbo achten
herkomme. Mir ist es wahrscheinlicher, daß dieses von jenem abstamme.
Acht aber kann füglich von einem Verbo herkommen, welches ehedem sehen
bedeutet, und zu Auge gehöret hat; S. dieses und Achten. Daß das t in
achten nicht wesentlich ist, und daß Acht auch mit einem u nach dem A
gefunden wird, erhellet aus dem Frisch. Die Bildung hat auch nichts
Ungewöhnliches, denn die Gothen machten aus auchjan, ahjan, sehen, in
einer andern Bedeutung Auhode, so daß das t der Ableitungslaut -de,
oder auch -t seyn kann, welcher gebraucht wurde, Abstracta aus Verbis
zu bilden; wie Sicht, Flucht, Sucht u. s. f. von sehen, fliehen,
siechen. Der Begriff des Sehens würde also der Stammbegriff in diesem
Worte seyn.2. Dieses Substantiv war ehedem mit dem Artikel nicht so
selten, als heut zu Tage. Ni nemen in thia ahta Manno scalk slahta,
singt Ottfried B. 3. K. 3. V. 31. Und in Stryckers Rhythm. kommt die
ahte für Beobachtung, Aufmerksamkeit vor. Sie suln mih finden in der
acht, sie sollen mich auf der Huth finden, bey der Winsbeckinn.
Hieraus erhellet zugleich, daß diejenigen irren, welche es für ein
Adverbium halten, und daher mit einem kleinen a schreiben. Es ist
vielmehr ein wahres Substantiv, welches aber auf dem Wege ist, völlig abzusterben, daher sein Gebrauch jetzt nur noch so eingeschränkt ist.
In allen drey Bedeutungen wurde es ehedem sehr häufig mit der zweyten
Endung verbunden. So nam sy (die wilde Sau) ires Jägers acht, Und lief
an in mit solcher macht, Theuerd. Kap. 61.Habe doch des Erden Kreises
acht, Wie er ihn wüst und öde macht, Opitz. Seiner Wirthschaft, der
Nahrung Acht haben, kommen bey eben demselben vor. In Oberdeutschland
ist diese Wortfügung noch jetzt gebräuchlich, aber die Hochdeutschen
haben sie veralten lassen. Verschiedene jetzt nicht mehr übliche
Bedeutungen dieses Wortes haben Wachter, Frisch und Haltaus
gesammelt.3. Die Acht, plur. car. die Verfolgung und Gefangennehmung
eines Übelthäters auf richterlichen Ausspruch. Die Aberacht oder
Oberacht, Unteracht, Reichsacht, Stadtacht, S. diese Wörter. Jemanden
in die Acht thun, erklären, erkennen. Mit der Acht wider jemanden
verfahren, ihn mit der Acht belegen. Einen der Acht entbinden, von der
Acht befreyen.
Anm. Frisch und Wachter halten in diesem Worte verfolgen
für den Hauptbegriff, und da würde es ein Verwandter von jagen, dem
Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, dem Lat.
agere, treiben, u. s. f. seyn. Es kann aber auch der Begriff des
Hasses der Stammbegriff seyn, weil Reichsacht von den Schriftstellern
der mittlern Zeiten oft durch des Reiches Haß umschrieben wird, auch
das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich
hasse, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Haß, und -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Feind, damit verwandt
zu seyn scheinen. Übrigens gehöret dieses Wort mit seinen
Zusammensetzungen unter diejenigen, welche mit der Sache selbst
größten Theils aus der Übung gekommen sind; indem man von der Acht,
dem Achts-Processe und der Achtserklärung nur noch zuweilen bey den
Reichsgerichten reden höret. Daß zu Aachen die Gerichtsstube noch
jetzt die Acht genannt wird, wird niemanden befremden, der da weiß,
daß dieses Wort ehedem auch so viel als Berathschlagung, und den Ort,
wo solche angestellet wurde, bedeutet hat. Für Acht findet man in den
mittlern Zeiten auch Verfehmung, Veste, Urpön u. s. f. Von dem
Unterschiede zwischen Acht und Bann, S. Bann.
Ächt (W3) [Adelung]
Ächt, S. Echt.
Achtbar (W3) [Adelung]
* Achtbar, -er, -ste, adj. et adv. Acht, d. i. Achtung, Ansehen
habend, Achtung verdienend; ein Wort, welches nur noch in den großen
Theils auch schon veralteten Titeln achtbar, großachtbar, hochachtbar
und vorachtbar gebraucht wird. Ehedem war auch das einfache achtbar,
ein Titel, der sogar fürstlichen und andern Standespersonen beygeleget
wurde. Bey der nach und nach erfolgten Abwürdigung der Titel, fiel er
auf die Ritter von dem fünften Schilde, auf Rathsherren bürgerlichen
Standes, auf Doctores und andere Gelehrte. Heut zu Tage wird er nur
gemeinen Bürgern gegeben, und auch hier am häufigsten noch in den
Reichsstädten. Das Hauptwort, die Achtbarkeit, für Ansehen, Ehre,
Würde, ist noch mehr veraltet.
Achtbätzner (W3) [Adelung]
Der Achtbätzner, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden im
Reiche, eine Münzsorte von acht Batzen, d. i. ein halber Gulden, weil
der Gulden daselbst sechzehn Batzen hält.
Achtdraht (W3) [Adelung]
Der Achtdraht, des -es, plur. inusit. von dem Zahlworte acht, in
einigen Gegenden der Nahme eines groben Landtuches.
Achte (W3) [Adelung]
Achte, die Ordnungszahl von acht, octo, welche wegen des in der
Hauptzahl schon vorhandenen t Statt der Sylbe te, wie andere Zahlen,
nur ein bloßes e am Ende bekommt. Der achte Tag, die achte Stunde, das
achte Jahr.
Anm. Bey dem Ulphilas heißt diese Ordnungszahl ahtaude, im
Angels. eathode, bey dem Kero ahtodo, in den spätern Zeiten auch
achteste, achtente, und achtete.
Achteck (W3) [Adelung]
Das Achteck, des -es, plur. die -e, ein Körper, welcher acht Ecken
hat. Daher das Adjectiv achteckig.
Achtel (W3) [Adelung]
Das "Achtel", des -s, plur. ut nom. sing. ein von der Ordnungszahl "der achte" abgeleitetes Substantiv, den achten Theil eines größern Maßes, zuweilen auch wohl, ein größeres Maß, welches acht kleinere in sich begreift, zu bezeichnen. Besonders kommt dieses Wort in den Künsten und im gemeinen Leben in verschiedenen Fällen vor.
1) Als ein Maß fester und flüssiger Körper. In Preußen ist ein Achtel Holz, ein Haufen Scheitholz, der neun Schuh hoch und acht Schuh breit ist. Im Würtembergischen ist Achtel ein Getreidemaß; 4 Achtel machen daselbst einen Vierling, oder eine Unze, 16 Achtel aber ein Simri, und 128 Achtel einen Scheffel. In Frankfurt am Main hingegen ist ein Achtel so viel als ein "Malter", indem es daselbst 4 Simri oder acht Metzen hält. In Ansehung flüssiger Dinge ist dieses Wort besonders in Augsburg üblich, wo ein Achtele der achte Theil eines Maßes, der vierte Theil eines Seidels, und die Hälfte eines Quärtels ist. An andern Orten ist Achtel der achte Theil einer Tonne, daher man daselbst ein Achtel Butter, ein Achtel Bier u. s. f. höret.
2) In den Bergwerken ist Achtel der vierte Theil einer Schicht, welche acht Kuxe in sich begreift.
3) In der Markscheidekunst führet diesen Nahmen der achte Theil einer Stunde, oder eines von den vier und zwanzig Theilen, worin daselbst der Zirkel Statt der Grade eingetheilet wird. Eben daselbst ist es aber auch der achte Theil eines Lachters, da es denn 10 Zoll hält.
4) In der Musik ist das Achtel eine ein Mahl geschwänzte Note, oder der achte Theil eines Tactes.
5) Ein Achtelsthaler ist an einigen Orten so viel als der achte Theil eines Thalers, d. i. drey Groschen.
Anm. Daß dieses Wort nicht so wohl aus achte Theil zusammen gezogen, sondern vermittelst der Ableitungssylbe "-el", von der Ordnungszahl achte gebildet worden, werde ich bey "-El" zu zeigen suchen. Man hat von diesem Worte in einigen Gegenden auch das Verbum "achteln", in acht Theile theilen, welches aber nicht überall gebräuchlich ist.
Achten (W3) [Adelung]
Achten, verb. reg. act. 1) Aufmerksam anhören, aufmerksam beobachten;
am häufigsten mit der Präposition auf, seltener und vornehmlich im
Oberdeutschen, mit der zweyten Endung. Ein Miethling achtet der Schafe
nicht. Man achtet meiner Worte nicht, man höret nicht darauf. Kein
einziger achtet auf deinen Kummer, und die meisten spotten desselben,
Dusch.2) Mit einem Urtheile beobachten, dafür halten. Etwas für
Gewinn, für Schaden achten. Etwas für eine Schande, für eine Ehre
achten. Ich habe es für gut geachtet. Sich weit von dem Unglücke
achten. In dieser Bedeutung fängt es im Hochdeutschen an zu veralten,
indem halten und in manchen Fällen glauben dafür üblicher sind. Die
Wortfügung mit der vierten Endung ohne Präposition, ich achte ihn
treu, halte ihn für treu, ist Oberdeutsch. Besonders,3) Mit Bestimmung
des Werthes dafür halten, für schätzen, mit den Adverbiis, hoch,
geringe, werth, u. s. f. oder andern Vergleichungswörtern. Etwas dem
Golde gleich achten. Eine Sache für nichts achten. Ich achte mich
dieser Gnade unwürdig. Wüßten sie, wie hoch ich sie im Herzen achte.
Ich werde mein Leben für nichts achten, wenn ich dich verlieren soll,
Dusch. Auch hier ist im Hochdeutschen schätzen üblicher und edler. In
noch eingeschränkterer Bedeutung,4) Für wichtig halten und sich
darnach bestimmen. Das muß ein Soldat nicht achten, daraus muß er sich
nichts machen. Es macht mir zwar viele Kosten, aber das achte ich
nicht. Kein Ansehen der Person achten. Was acht ich es, wenn über
mirKanonen-Donner brüllt, Gleim. In Oberdeutschland ist auch in dieser
Bedeutung die zweyte Endung nicht selten, die auch zuweilen im
Hochdeutschen vorkommt: Entheiligt die Altäre vor Gottes Angesicht Und
achtet seiner Qualen und seines Zornes nicht, Dusch. Des Lebens nicht
achten, der Schande nicht achten. Ingleichen hoch, werth halten. Er
wird geachtet. Er ist sehr geachtet. Man achtet ihn nicht. Die zweyte
Endung, man achtet seiner nicht, sie achtet ihres Mannes nicht, ist im
Oberdeutschen üblicher, als im Hochdeutschen.5) Mit dem Vorsatze zu
folgen beobachten. Auf Träume, auf Vögelgeschrey achten, sie nicht nur
beobachten, sondern sie auch als eine Vorschrift seines Verhaltens
ansehen. Im Hochdeutschen ist auch diese Bedeutung ungangbar geworden,
außer daß der Ausdruck: wornach man sich zu achten, noch eine
gewöhnliche Schlußformel obrigkeitlicher Befehle ist.
Anm. In den
ältesten Mundarten hatte dieses Zeitwort kein t. Bey den Gothen hieß
es ahgan, ahjan, und bey einigen der ältesten Alemannischen
Schriftsteller ahon. Das t ist entweder das Merkmahl eines Intensivi,
oder auch der unmittelbaren Abstammung von dem vorigen 2 Acht. Ohne
Zweifel bedeutete es anfänglich sehen, wahrnehmen, welche Bedeutung
noch in Acht übrig ist, und war also mit Auge genau verwandt. S.
dieses. Die Übertragung von dem körperlichen Sehen auf die Wirkungen
des Verstandes ist eine in allen Sprachen sehr gewöhnliche Figur. Das
Verbale Achtung, S. hernach besonders.
Ächten (W3) [Adelung]
Ächten, verb. reg. act. gerichtlich verfolgen, in die Acht erklären.
Einen Friedbrüchigen ächten. Ein Geächteter.
Anm. Das Fränkische und
Alemannische ahton und echton, bedeutete unter andern auch bedrücken
und verfolgen, und hernach in engerer Bedeutung, gerichtlich
verfolgen; Angels. ehtan, Niedersächsisch echten. In der Oberdeutschen
Mundart findet man auch achten mit dem breiten - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, ingleichen das Frequentativum
ächtigen. S. 3. Acht.
Achtens (W3) [Adelung]
Achtens, ein Nebenwort der Zahl, zum achten.
Achter (W3) [Adelung]
Der Achter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Zahl von achten, ein
Ganzes, das aus acht bestimmten Theilen bestehet, acht Theile enthält.
Besonders in Thüringen und Franken eine Münze von acht Pfennigen, ein
halber Batzen, welche auch ein Achtpfenniger heißt. An andern Orten
ein Achtgroschenstück oder halber Gulden. Hierher gehöret auch das
Schweizerische Diminutiv. Achterli, welches in Bern ein Fruchtmaß ist,
welches acht Sechzehnerli hält. Ingleichen das Österreichische Weinmaß
ein Achtering, welches so viel als ein Maß, oder 1 2/3 Köpf, oder 4 Seidel ist. Vierzig solche Achtering machen einen Eimer. Bey den
Jägern ist ein Achter, ein Hirsch von acht Enden. 2) Ein Glied aus
einem Collegio von acht Personen. 3) Ein Achter, könnte auch einen
Wein bedeuten, der im Jahre 1708 gewachsen ist. Von einer noch andern
Bedeutung des Wortes Achter, S. Achtsmann.
Ächter (W3) [Adelung]
Der Ächter, des -s, plur. ut nom. sing. einer der geächtet, oder in
die Acht erkläret worden. Dieses Wort kommt nicht unmittelbar von dem
Verbo ächten her, weil es sonst jemanden bedeuten müßte, der einen
andern in die Acht thut, in welcher Bedeutung ein Feind, Verfolger bey
den Franken Ahtor, Ehter, und bey den Angels. Ehtere hieß; sondern von
3. Acht, mit der Ableitungssylbe -er, welche in den ältesten Mundarten
einen Mann andeutete, gleichsam Vir banni.
Achtering (W3) [Adelung]
Das Achtering, S. Achter.
Achterley (W3) [Adelung]
Achterley, adject. indeclinab. von acht verschiedenen Arten und
Beschaffenheiten. Achterley Menschen. Achterley Eigenschaften. Ein
Stück Zeug von achterley Farben. Dieses Wort ist im gemeinen Leben am
häufigsten; in der anständigern
Schreibart bedienet man sich lieber einer Umschreibung, z. B. acht
Arten von Menschen, ein Stück Zeug von acht verschiedenen Farben. S.
-Ley.
Achtersleute (W3) [Adelung]
Achtersleute, S. Achtsmann.
Achtfach (W3) [Adelung]
Achtfach, adj. et adv. ein vermehrendes Zahlwort, acht Mahl genommen.
Eine Sache achtfach wieder erstatten. S. Fach.
Achtfältig (W3) [Adelung]
Achtfältig, adj. et adv. gleichfalls ein vermehrendes Zahlwort,
welches mit dem vorigen gleich bedeutend ist, aber im Hochdeutschen
seltener gebraucht wird. S. Fältig.
Achthalb (W3) [Adelung]
Achthalb, adject. indeclin. sieben und ein halbes. Achthalb Scheffel.
Ein Kind von achthalb Monaten. S. auch Halb.
Achthalber (W3) [Adelung]
Der Achthalber, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich, eine Größe
von sieben und einer halben andern Größe; ein Nahme, welcher in
Preußen den Brandenburgischen und Sächsischen Zweygroschenstücken
gegeben wird, weil sie 71/2 Preußische Groschen machen.
Achtjährig (W3) [Adelung]
Achtjährig, adj. et adv. was acht Jahre dauert oder gedauert hat. Ein
achtjähriger Krieg. Ein achtjähriges Kind, das acht Jahre alt ist.
Achtig (W3) [Adelung]
Achtig, die Ableitungssylbe, S. Icht und Artig.
Achtlos (W3) [Adelung]
Achtlos, -er, -ste, adj. et adv. ohne Acht; d. i. Aufmerksamkeit,
Sorgfalt, Hochachtung. Ein achtloser Mensch. Eine achtlose
Gleichgültigkeit.Gleich achtlos sieht sie uns zu ihren Füßen liegen.
Wiel.
Achtlosigkeit (W3) [Adelung]
Die Achtlosigkeit, plur. die -en. 1) Nachlässigkeit, Mangel der
Aufmerksamkeit und der Hochachtung; ohne Plural. 2) Eine nachlässige,
leichtsinnige Handlung.
Achtmahl (W3) [Adelung]
Achtmahl, besser acht Mahl, getheilt, S. Mahl.
Achtmahlig (W3) [Adelung]
Achtmahlig, adj. von acht Mahl, welches hier richtig zusammen gezogen
wird, da eine gemeinschaftliche Ableitungssylbe dazu kommt. Ein
achtmahliges Versprechen, welches acht Mahl geschehen ist.
Achtmann (W3) [Adelung]
Der Achtmann, des -es, plur. die -männer, und wenn es niedrige
Personen sind, im Plural auch wohl Achtleute, einer aus einem Collegio
von acht Personen. So heißen z. B. zu Halle in Sachsen diejenigen acht
Personen an einer Kirche, welche die Kirche verstellen, und an andern
Orten Vorsteher, Kirchenväter genannt werden, Achtmänner.
Achtpfenniger (W3) [Adelung]
Der Achtpfenniger, des -s, plur. ut nom. sing. S. Achter.
Achtsam (W3) [Adelung]
Achtsam, -er, -ste, adj. et. adv. mit Acht, d. i. Aufmerksamkeit,
Sorgfalt; im Gegensatze des unachtsam. Er ist sehr achtsam darauf. Und
seht ihn nur recht achtsam an. Man höre bey seiner achtsamen Wahl
zuerst auf die Stimme des Herzens, Gell. für sorgfältig. Die achtsame
Beschauung der Werke Gottes, eben derselbe, für aufmerksam. Es wird im
Hochdeutschen immer seltener, indem aufmerksam und sorgfältig
deutlicher und bestimmter sind; obgleich der Gegensatz unachtsam noch
völlig gangbar ist, weil sich von den beyden eben gedachten keine
solche Gegensätze bilden lassen. Achtsamlich verdient, wie alle
dergleichen ohne Noth durch lich verlängerte Wörter, am wenigsten
beybehalten zu werden.
Achtsamkeit (W3) [Adelung]
Die Achtsamkeit, plur. inusit. die Aufmerksamkeit, ingleichen die
Sorgfalt; im Gegensatze der Unachtsamkeit. Es verliert sich eben so
sehr aus dem Gebrauche, als das Adjectiv.
Achtschatz (W3) [Adelung]
* Der Achtschatz, des -es, plur. car. bedeutet nur noch an dem
kaiserlichen Gerichte zu Rothweil, das Geld, womit sich ein Geächteter
von der Acht los kaufet, der Achtschilling. S. Haltaus v. Achtschatz.
Achtschildig (W3) [Adelung]
Achtschildig, adj. et adv. Ein achtschildiger Edelmann, der seine
acht Ahnen beweisen kann. S. Ahn.
Achtserklärung (W3) [Adelung]
Die Achtserklärung, plur. die -en, so wohl die feyerliche Erklärung
in die Acht, als auch die Schrift, in welcher solches geschiehet, S.
3. Acht.
Achtsmann (W3) [Adelung]
Der Achtsmann, des -es, plur. die -männer, oder Achtsleute. 1) An
einigen Orten, z. B. in dem Ding und Recht in Hollstein, noch so viel
als Schöppe, oder Beysitzer in einem Gerichte, in der veralteten
Bedeutung des Zeitwortes achten, da es rathschlagen, ingleichen Recht
sprechen bedeutete. Es werden diese Beysitzer auch wohl Achter,
ingleichen Achtersleute genannt. S. Haltaus v. Achtsleute. 2) An
andern Orten wird ein gerichtlicher Taxator ein Achtsmann genannt.
Achts-Prozeß (W3) [Adelung]
Der Achts-Prozeß, des -sses, plur. die -sse, das gerichtliche
Verfahren, welches vor der Achtserklärung vorher zu gehen pflegt; ein
Wort, welches, so wie die Sache selbst, nur noch in den
Reichsgerichten vorkommt.
Achtstrahl (W3) [Adelung]
Der Achtstrahl, des -es, plur. die -e, bey den Naturkundigen, eine
Art geritzter Seesterne mit acht Strahlen, Octactis. S. Strahl.
Achtstündig (W3) [Adelung]
Achtstündig, adj. et adv. acht Stunden dauernd. Ein achtstündiges
Feuer, welches acht Stunden angehalten hat.
Achtstündner (W3) [Adelung]
Der Achtstündner, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, 1)
diejenigen Bergleute, welche nur acht Stunden in der Grube arbeiten,
im Gegensatze der Zwölfstündner. 2) Eine große Sanduhr, in den
Huthäusern, welche acht Stunden läuft, nach welcher sich die Bergleute
bey dem Ein- und Ausfahren richten.
Achttägig (W3) [Adelung]
Achttägig, adj. et adv. was acht Tage dauert oder gedauert hat. Eine
achttätige Krankheit. Ein achttätiges Kind, welches acht Tage alt ist.
Achttheil (W3) [Adelung]
Achttheil, S. Achtel.
Achttheilig (W3) [Adelung]
Achttheilig, adj. et adv. aus acht Theilen bestehend.
Achtung (W3) [Adelung]
Die Achtung, plur. inusit. von achten. 1) + Ohne Artikel und größten
Theils nur mit dem Verbo geben, so viel als Aufmerksamkeit und 2 Acht,
im gemeinen Leben. Achtung auf etwas geben. Gib Achtung. Gebet Achtung
auf meine Worte. Warum geben sie auf meine kleinste Miene Achtung, und
nicht auf meine Worte? Gell. Ingleichen, Aufsicht. Gib Achtung auf
meinen Sohn, auf das Gesinde. 2) Das innere Urtheil von des andern
Vorzügen und Verdiensten, so wohl active, als passive. Viele Achtung
für jemand haben. Meine Achtung gegen ihn kennet keine Grenzen. Der
schuldigen Achtung für sein Vaterland zu nahe treten. Achtung ist in
diesem Gebrauche etwas weniger als Hochachtung; jene kann ein Höherer
gegen einen Geringern haben, aber dieser muß gegen jenen Hochachtung
haben. Ingleichen passive, für Ansehen. Er lebt in großer Achtung, es
achtet ihn jedermann hoch. In Achtung stehen. Einen in Achtung
bringen. Er ist in keiner Achtung. Daher Achtungswürdig. 3) * Die
Befolgung, wohl nur noch in den Kanzelleyen, wo es z. B. heißt: Wir
lassen euch dieses zu eurer Nachricht und Achtung zufertigen; wofür
denn auch wohl Nachachtung gebraucht wird.
Achtzehen (W3) [Adelung]
Achtzehen, Achtzehn, eine indeclinable Hauptzahl für acht und zehen.
Achtzehen Monathe. Achtzehen Jahre. Ein Kind von achtzehen Wochen. So
auch achtzehenjährig, achtzehentägig, u. s. f.
Anm. Es scheinet, daß
die ältesten Franken diese Zahl noch nicht mit Einem Worte ausdrücken
können, denn im Salischen Gesetze wird achtzehen hundert, durch tue
nuenet chunna, d. i. zwey Mahl neun hundert gegeben. Angels.
eahtatyne, Holl. achtien, Nieders. achtein, Dän. atten.
Achtzehner (W3) [Adelung]
Der Achtzehner, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Ganzes, das
achtzehen Theile hält. So heißt eine Münzsorte in Preußen, welche 18
Preußische Groschen gilt; ein Achtzehner. 2) Ein Glied aus einem
Collegio von achtzehen Personen. In dieser Bedeutung kommt das Wort in
der Schweiz vor. 3) Ein Wein, der in dem Jahre 1718 gewachsen ist.
Achtzehnte (W3) [Adelung]
Achtzehnte, adj. et adv. welches die Ordnungszahl von achtzehen ist.
Der achtzehnte Monath. Der achtzehnte Theil. In den Bergwerken ist das
Achtzehnte, der achtzehnte Theil, welchen der Landesherr von tief
ausgebaueten Zechen Statt des gewöhnlichen neunten bekommt.
Achtzig (W3) [Adelung]
Achtzig, eine indeclinable Hauptzahl, für zehen Mahl acht. Bey dem
Willer ahzoh, bey dem Tatian ahtuzug, bey dem Notker ahzeg, Angels.
eahtatig, Holl. achtentigh, Nieders. achtig.
Achtziger (W3) [Adelung]
Der Achtziger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Mitglied aus einem
Collegio von achtzig Personen. 2) Achtzig Jahre alt. Er ist schon ein
Achtziger. Sie ist bald eine Achtzigerinn. 3) Im Jahre 1680 gewachsen
oder verfertiget. So kann ein Achtziger, so wohl einen Wein bedeuten,
der 1680 oder 1780 gewachsen ist, als auch einen Thaler, der in diesen
Jahren gepräget worden.
Achtzigste (W3) [Adelung]
Achtzigste, adj. et adv. welches die Ordnungszahl von achtzig ist.
Bey dem Kero aktozogosto.
Ächzen (W3) [Adelung]
Ächzen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, vom
Schmerz erpreßte Ach! oder Seufzer von sich hören lassen. Vor
Schmerzen ächzen. Ein leidendes Thier wird, wenn der Schmerz dasselbe
anfällt, eben so wohl wimmern und ächzen, als der Held Philoktet,
Herd.
Anm. Ächzen kommt von Ach! und druckt mit diesem den Schall aus,
den eine schmerzhafte Empfindung veranlasset. Zugleich ist es das
Intensivum von dem längst veralteten achen, welches ehedem in der
Deutschen Sprache vorhanden war, und noch jetzt von andern Völkern
aufbehalten wird. Ein Beweis davon ist das alte Fränkische und
Alemannische agan und ahan, wovon die Franzosen ihr ahannen haben, das
alte Britannische ochain, das Griechische - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -,
das Englische to ake und das Slavonische ochati. Schon die Griechen
hatten das Intensivum - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .
Andere Deutsche, besonders Niedersächsische Mundarten, druckten das
Ächzen durch anken und janken aus.
Acker (W3) [Adelung]
Der Acker, des -s, plur. die Äcker, Diminutivum Äckerchen,
Oberdeutsch Äckerlein. 1) Ein gebautes, zum Feldbaue urbar gemachtes
Feld, wenn es gleich dieses Jahr nicht bestellet wird. Den Acker
bestellen, zur Hervorbringung der Feldfrüchte geschickt machen. Den
Acker düngen, pflügen, egen, zusäen oder besäen. Einen Acker
aussaugen, ausmärgeln, durch Unterlassung des Düngens, oder durch
Versagung der nöthigen Ruhe, entkräften. Figürlich, auch wohl
zuweilen, was auf dem Acker wächst. Der ganze Acker ist verhagelt.
Einen Acker abbrennen, die Stoppeln oder das Unkraut auf demselben
anzünden.2) Das Erdreich, der Boden eines solchen Ackers in
Betrachtung seiner natürlichen Beschaffenheit; ohne Plural. Ein
schwarzer Acker, fetter Acker, sandiger Acker, Lehmacker, Thonacker,
guter Weitzenacker u. s. f. Ich glaube, daß Herr Stosch in den Krit.
Anm. S. 36 Recht hat, wenn er versichert, daß man das Wort in dieser
Bedeutung von dem Boden eines Waldes, eines Gartens oder einer Wiese
nie gebrauche.3) Ein Flächenmaß, welches in einigen Gegenden nicht
bloß von dem tragbaren Lande, sondern auch von Holzungen, Wiesen,
Weinbergen und Teichen gebraucht wird, und überhaupt so viel Land
begreift, als mit einem Pfluge in einem Tage umgepflüget werden kann,
sonst aber von sehr verschiedener Größe ist. In Sachsen, wo man alles
Land, es mag tragbares Feld, oder Wiese, oder Waldung seyn, nach
Äckern mißt, hält ein Acker 300 Quadrat-Ruthen, jede von 71/2 Ellen
und 2 Zoll Leipziger Maß. In Oberdeutschland bestimmt man nur das Maß
der Felder und Wälder nach Äckern, das Maß der Wiesen aber nach
Tagewerken. Allein in Österreich ist für Äcker auch das Wort Joch, und
Bifang, und in der Schweiz die Benennung Juchart üblich. Anmanchen
Orten ist Morgen und Acker einerley; in den meisten Gegenden aber sind
sie verschieden. In Sachsen ist ein Morgen nur ein halber Acker.
Anm.
1. Dieses Wort ist sich in den meisten Europäischen und in vielen
Morgenländischen Sprachen ähnlich geblieben. Zu den von Frisch und
Wachter gesammelten Beyspielen kann man noch das Persische ackar
setzen. Was dessen Abstammung betrifft, so könnte man theils auf das
Morgenländische und besonders Arabische - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image -, er hat gegraben, rathen, wovon auch das Hebräische -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, einer der die Erde
umgräbt, herkommt, theils auf das alte Nordische und Isländische aka,
fahren, davon akare, ein Fuhrmann. Beyde Begriffe werden sich zu dem
Ackerbaue nicht übel schicken.2. Feld und Acker werden im gemeinen
Leben oft als gleich bedeutend angesehen, gemeiniglich aber genau
unterschieden. Feld bedeutet ein tragbares Land, es mag gebauet werden
oder nicht. Acker aber nur ein wirklich gebauetes Feld, wenn es gleich
nicht alle Jahr bestellet wird. Auf diese Art sind die zusammen
gesetzten Wörter Brachacker und Brachfeld, Sommerfeld und Sommeracker,
Winterfeld und Winteracker, Weitzenfeld und Weitzenacker u. s. f.
völlig gleich bedeutend.3. Wenn Acker ein Feldmaß ist und ein
bestimmtes Zahlwort vor sich hat, so wird Statt des Plurals der
Singular gesetzt, z. B. zehen Acker Wiesen, funfzig Acker Feld,
hundert Acker Wiesewachs. Man hat dieses tadeln wollen; aber nicht
bedacht, daß wir sehr viele andere Nahmen haben, welche ein Maß,
Gewicht und oft auch nur Zeit bedeuten, und mit bestimmten Zahlwörtern
keinen Plural leiden, ohne Zweifel, weil Zahl, Maß, und Gewicht hier
als bloße Materialia betrachtet werden, welche als solche niemahls
eines Plurals fähig sind. S. mein Lehrgeb. Th. 1, S. 377-383.4. Wenn
Acker mit den Nahmen der Pflanzen zusammen gesetzet wird, so
bezeichnet es theils solche Pflanzen, welche wild wachsen, im
Gegensatze derjenigen Pflanzen gleiches Nahmens, welche nur in den
Gärten fortkommen, theils solche, welche auf den Äckern angetroffen
werden, im Gegensatze der Wasser- Wiesen- und Waldpflanzen gleicher
Art. Andere Zusammensetzungen, z. B. Ackerarbeit, Ackerbestellung,
Ackergeräth, Ackergeschirr, Äckerreich, u. s. f. sind leicht zu
verstehen, daher sie im folgenden übergangen worden.
Acker-Akademie (W3) [Adelung]
Die Acker-Akademie, plur. die -n, eine zur Beförderung des Ackerbaues
gestiftete Akademie, dergleichen man z. B. in Dänemark hat. In andern
Ländern ist sie mit unter den ökonomischen Gesellschaften begriffen.
Ackerbau (W3) [Adelung]
Der Ackerbau, des -es, plur. car. 1) Eigentlich und zunächst, die
Beschäftigung mit der Bestellung des Ackers, der Feldbau. In weiterer
Bedeutung, aber nicht so richtig, der ganze Erdenbau über der Erde,
den Weinbau, Gartenbau, die Viehzucht, das Forstwesen u. s. f. nicht
ausgeschlossen, der Landbau. Den Ackerbau treiben. Von dem Ackerbaue
leben. Sich auf den Ackerbau legen. 2) Die Kunst oder Wissenschaft
beyder Beschäftigungen. Den Ackerbau erlernen. Der Ackerbau ist die
nützlichste Wissenschaft unter allen. 3) Diejenigen Ackerfelder,
welche zu einem Gute gehören. Dieses Gut hat vielen Ackerbau. Der Hof
hat wenig Ackerbau.
Ackerbeet (W3) [Adelung]
Das Ackerbeet, des -es, plur. die -e, der Theil eines Ackers zwischen
zwey ausgestrichenen Furchen, welcher an andern Orten, besonders in
Niedersachsen, ein Rücken genannt wird.
Ackerbohne (W3) [Adelung]
Die Ackerbohne, S. Saubohne.
Ackerbürger (W3) [Adelung]
Der Ackerbürger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bürger, welcher sich
zugleich von dem Ackerbaue nähret, dergleichen es in kleinen Städten
viele giebt.
Ackerdistel (W3) [Adelung]
Die Ackerdistel, plur. die -n, ein Nahme, welchen auch die
Haferdistel oder das Schartenkraut führet, weil es gerne auf den
Fruchtäckern wächset; Serratula arvensis, L.
Ackereichel (W3) [Adelung]
Die Ackereichel, plur. die -n, S. Erdnuß.
Ackerfeld (W3) [Adelung]
Das Ackerfeld, des -es, plur. die -er, ein aus Äckern, d. i.
bearbeiteten Ländereyen, bestehendes Feld; im Gegensatze des
Gartenfeldes. Zu diesem Gute gehören vier Hufen Ackerfeld.
Ackerfrohn (W3) [Adelung]
Der Ackerfrohn, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden ein Nahme
des Feldhüters, Feldvogtes, Flurschützen.
Ackerfrohne (W3) [Adelung]
Die Ackerfrohne, plur. die -n, Frohndienste, welche zur Bestellung
des Ackers, mit Pflügen, Düngen, u. s. f. geleistet werden.
Ackergalle (W3) [Adelung]
Die Ackergalle, plur. die -n, in der Landwirthschaft, ein kleiner
Quell auf dem Acker, wo das Wasser nur unvermerkt aus der Erde
dringet. S. Galle.
Ackergaul (W3) [Adelung]
Der Ackergaul, des -es, plur. die -gäule, ein Pferd geringerer Art,
so wie man es zum Ackern gebraucht.
Ackergeld (W3) [Adelung]
Das Ackergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, 1)
Dasjenige Geld, welches man der Grundherrschaft von den Äckern
entrichtet, Ackerzins. 2) Auch das Geld, welches man für das Ackern,
d. i. für die Bestellung des Ackers, bezahlet; in Thüringen Artlohn.
Ackergericht (W3) [Adelung]
Das Ackergericht, des -es, plur. die -e, ein Gericht, welches über
die Feld- und Flurstreitigkeiten zu erkennen hat, dergleichen z. B. zu
Frankfurt am Main ist; das Feldgericht, Flurgericht. An andern Orten
führen dergleichen Gerichte andere Nahmen. S. Feldgericht.
Ackerhaken (W3) [Adelung]
Der Ackerhaken, S. Haken.
Ackerheu (W3) [Adelung]
Das Ackerheu, des -es, plur. car. dasjenige Heu, welches von
Brachäckern gewonnen wird, zum Unterschiede von dem Wiesenheu.
Ackerhof (W3) [Adelung]
Der Ackerhof, des -es, plur. die -höfe, an einigen Orten, ein
Vorwerk, zu welchem Ackerbau gehöret; ingleichen, ein Bauergut.
Ackerhohlunder (W3) [Adelung]
Der Ackerhohlunder, S. Attich.
Ackerholz (W3) [Adelung]
Das Ackerholz, des -es, plur. die -hölzer, im Forstwesen, ein Nahme
der Busch- und Laubhölzer, weil sie an den meisten Orten ackerweise
ausgemessen und verkauft werden, im Gegensatze der schwarzen oder
todten Hölzer.
Ackerhuhn (W3) [Adelung]
Das Ackerhuhn, S. Feldhuhn, Rephuhn.
Äckerig (W3) [Adelung]
Das Äckerig, S. Eichel.
Bei Adelung findet man:
Die "Acker-Kamille", plur. die -n, eine Kamillenart mit kegelförmigen Böden, welche mit borstigen Spreublättchen besetzt sind. Sie wächset auf den Äckern Europens, "Streichblume", "Krötendill"; "Anthemis arvensis, L."
Ackerklee (W3) [Adelung]
Der Ackerklee, S. Hasenklee.
Ackerklette (W3) [Adelung]
Die Ackerklette, plur. die -n, ein Nahme der kleinen Klette oder
Spitzklette, weil sie gerne auf den Brachäckern wächset.
Ackerknecht (W3) [Adelung]
Der Ackerknecht, des -es, plur. die -e, auf großen Landgütern, ein
Knecht, der die Bestellung des Ackers zu besorgen hat, im Gegensatze
des Bauknechtes, der Fuhrknecht, oder Pferdeknecht, an einigen Orten
ein Änke, oder Enke, und in der Mark Brandenburg, dem Frisch zu Folge,
ein Ledighütter.
Ackerknoblauch (W3) [Adelung]
Der Ackerknoblauch, des -es, plur. inusit. eine Knoblauchsart mit
purpurfarbigen, schirmförmigen Blumen, welche in den Wäldern, auf den
Feldern und Wiesen wächset, Feldknoblauch; Allium vineale, L.
Ackerkohl (W3) [Adelung]
Der Ackerkohl, des -es, plur. inusit. ein Nahme, 1) des so genannten
Kainkohles oder wilden Kohles, welcher gern in Gartenfeldern wächset;
Lapsana communis, L. 2) Des Acker-senfes, Hederichs, wilden Senfes;
Sinapis arvensis, L. Niedersächsisch Küdik.
Ackerkrähe (W3) [Adelung]
Die Ackerkrähe, plur. die -n, ein Nahme der gewöhnlichen schwarzen
Saatkrähe, Corvus frugilegus, L. welche von den Feld- und Holzkrähen
noch unterschieden wird.
Ackerkraut (W3) [Adelung]
Das Ackerkraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, welcher von einigen
auch der Bachbunge oder Bachbohne gegeben wird, welches S.
Ackerkrebs (W3) [Adelung]
Der Ackerkrebs, des -es, plur. die -e, S. Erdgrille.
Ackerkummet (W3) [Adelung]
Das Ackerkummet, des -es, plur. die -e, ein mit Leinewand überzogenes
Kummet für die Ackerpferde, im Gegensatze des Fahrkummetes, welches
mit Leder überzogen ist.
Ackerland (W3) [Adelung]
Das Ackerland, des -es, plur. die -länder, Land, welches gebauet
wird, oder doch zum Ackerbau geschickt ist; im Gegensatze des
Gartenlandes, Wiesenlandes u. s. f.
Ackerlattig (W3) [Adelung]
Der Ackerlattig, S. Feldlattig.
Ackerlehne (W3) [Adelung]
Die Ackerlehne, plur. die -n, an einigen Orten, z. B. der Lausitz,
ein kleiner Hügel auf den Äckern, Feldlehne.
Ackerleine (W3) [Adelung]
Die Ackerleine, plur. die -n, in der Landwirthschaft, eine dünne
Leine, womit die Pferde vor dem Pfluge regieret werden; das Leitseil.
Ackerlerche (W3) [Adelung]
Die Ackerlerche, plur. die -n, in einigen Gegenden die gewöhnliche
Feld- oder Sanglerche.
Ackerlohn (W3) [Adelung]
Der Ackerlohn, des -es, plur. car. der Lohn für die gesammte
Bestellung des Ackers; in engerer Bedeutung der Lohn für das Pflügen,
der Artlohn, Pfluglohn.
Ackermaß (W3) [Adelung]
Das Ackermaß, des -es, plur. die -e, ein Maß, wonach die Äcker
gemessen zu werden pflegen, das Feldmaß, dergleichen Morgen, Acker,
Juchart, Hufe u. s. f. sind.
Ackermann (W3) [Adelung]
Der Ackermann, des -es, plur. die Ackerleute. 1) Ein Mann, der den
Ackerbau verstehet und ausübet; eine glimpflichere Benennung dessen,
was man sonst einen Bauer nennt. 2) In engerer Bedeutung in einigen
Gegenden, z. B. im Braunschweigischen, ein völliger Bauer oder
Vollbauer, ein Pferdner, zum Unterschiede von dem Halbbauer oder
Halbspänner. Angels. Aecermon, Aecer-ceorl, Alemann. Acharman, Schwed.
Akermann, beym Tatian auch Akarbigengiro. Die gemeinen Mundarten
sprechen es mit einem s, Ackersmann aus. 3) In einigen Gegenden ein
Nahme des Kalmus, der so wie Ackerwurz, welchen er gleichfalls führet,
ohne Zweifel aus Acorus verderbt ist. S. Kalmus.
Ackermännchen (W3) [Adelung]
Das Ackermännchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Bachstelzen,
welche grau und schwarz ist, und ihre Nahrung in dem frisch geackerten
Lande suchet. Niedersächsisch Ackermännken, im Hannöverschen
Ackermere.
Ackermaus (W3) [Adelung]
Die Ackermaus, S. Feldmaus.
Ackermelde (W3) [Adelung]
Die Ackermelde, S. Waldmelde.
Ackermesser (W3) [Adelung]
Das Ackermesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein in Italien vom dem
Marchese del Borro um das Jahr 1713 erfundenes Werkzeug, mit Ersparung
des Zugviehes zu pflügen.
Ackermohn (W3) [Adelung]
Der Ackermohn, des -es, plur. inusit. S. Agrimone.
Ackermünze (W3) [Adelung]
Die Ackermünze, plur. inusit. ein Nahme, 1) einer Art der wilden
Poley, welche auf den Äckern wächset, und auch von einigen Bachmünze
genannt, richtiger aber von derselben noch unterschieden wird; Mentha
arvensis, L. S. Feldmünze. 2) Einer Art der wilden Melisse, mit
zweytheiligen Blumenstielen, welche aus den Winkeln der Blätter
entspringen, und länger als die Blätter sind, Acker-Nept, Melissa
Nepeta, L.
Ackern (W3) [Adelung]
Ackern, verb. reg. act. von Acker. 1) Überhaupt so viel als pflügen.
2) Besonders, bey der Sommersaat, zum letzten Mahle pflügen, welches
auch zur Saat pflügen, und saatfurchen, in der Mark Brandenburg aber,
in Ansehung der Gerstensaat, strei-
chen, genannt wird. Das letzte Pflügen bey der Wintersaat wird dagegen
an den meisten Orten ären genannt. 3) Bey den Kupferstechern bedeutet
es die zur schwarzen Kunst bestimmte Platte mit der Wiege aufreißen,
um hernach das Licht hinein zu schaben.
Acker-Nept (W3) [Adelung]
Der Acker-Nept, des -es, plur. inusit. an einigen Orten, eine Art der
Ackermünze, welches S. Die Hälfte ist aus dem Lateinischen Nahmen
Nepeta gebildet.
Ackerpflege (W3) [Adelung]
Die Ackerpflege, plur. die -n, eine Gegend, in Ansehung ihres
Ackerbaues betrachtet. Ein in der besten Ackerpflege gelegenes Gut. S.
Pflege.
Ackerrain (W3) [Adelung]
Der Ackerrain, des -es, plur. die -e, ein Rain zwischen zwey Äckern;
der Feldrain, auch nur Rain schlechthin.
Ackerraute (W3) [Adelung]
Die Ackerraute, plur. inusit. ein Nahme, der von einigen auch dem
Erdrauche, Taubenkropfe gegeben wird, weil er auf den Äckern wächset;
Fumaria officinalis, L.
Ackerrecht (W3) [Adelung]
Das Ackerrecht, des -es, plur. die -e. 1) Gerechtsame und
Verbindlichkeiten, welche dem Ackerbaue ankleben. 2) Der Inbegriff
derselben; entweder im Singular allein, oder im Plural allein.
Ackerrettig (W3) [Adelung]
Der Ackerrettig, des -es, plur. inusit. eine Art des Hederiches, mit
länglich runden einfächerigen Schoten, und entweder gelben; oder
weißen, oder weißen mit violbraunen Strichlein gezierten Blumen. Von
dem Ackerkohle unterscheidet man ihn am besten durch die Kelchblätter,
welche an jenem offen stehen, an dem Ackerrettige aber geschlossen
sind; Raphanus Raphanistrum, L.
Ackerried (W3) [Adelung]
Das Ackerried, des -es, plur. die -e, ein sumpfiger, mit Rohr
bewachsener Platz auf einem Acker. S. Ried.
Ackerriedgras (W3) [Adelung]
Das Ackerriedgras, des -es, plur. inusit. eine Art Schmielen, mit
langen, an der innern Seite tief gefurchten und sehr scharfen, an der
äußern Seite aber glatten Blättern; Aira cespitosa, L.
Ackerrixe (W3) [Adelung]
Die Ackerrixe, plur. die -n, an einigen Orten, der Nahme des so
genannten Wachtelköniges oder Schnerfes, welche S.
Ackerruhrkraut (W3) [Adelung]
Das Ackerruhrkraut, des -es, plur. inusit. eine Art Ruhrkraut, mit
einem büschelförmigen Stamme, und seitwärts befestigten kegelförmigen
Blumen; Filago arvensis, L.
Ackersalat (W3) [Adelung]
Der Ackersalat, S. Feldlattich.
Acker-Scabiose (W3) [Adelung]
Die Acker-Scabiose, plur. die -n, eine Scabiosenart, mit
vierspaltigen gestrahlten Krönchen, in Querstücke getheilten Blättern,
und einem mit steifen Borsten besetzten Stamme; Scabiosa arvensis, L.
Ackerschnecke (W3) [Adelung]
Die Ackerschnecke, plur. die -n, diejenigen Erdschnecken oder nackten
Schnecken, welche sich auf den Äckern aufhalten, und von den Feld-
Gras- Holz- Berg- Land- und Wegeschnecken wohl, aber nicht sehr
verschieden seyn mögen.
Ackerscholle (W3) [Adelung]
Die Ackerscholle, plur. die -n, ein von dem Pfluge abgelösetes Stück
Erde, eine Erdscholle.
Ackersenf (W3) [Adelung]
Der Ackersenf, des -es, plur. inusit. eine wilde Senfart, mit
vieleckigen, knotigen, ebenen Schoten, welche in großer Menge unter
der Gerste blühet; Sinapis arvensis, L. Ackerkohl, Hederich. S. auch
Ackerrettig.
Ackersmann (W3) [Adelung]
Der Ackersmann, S. Ackermann.
Ackerspark (W3) [Adelung]
Der Ackerspark, des -es, plur. inusit. eine Pflanze, welche zu den
Sparkarten gehöret, und an einigen Orten auch Knöterich oder Knebel,
genannt wird. Sie hat schmale und fadenförmige Blätter, welche wie ein
Querl um den Stängel sitzen, und etwas weiße große Blumen; Spergula
arvensis, L.
Ackersteuer (W3) [Adelung]
Die Ackersteuer, plur. die -n, diejenige Steuer, welche dem
Landesherren von den Äckern entrichtet wird; der Hufenschoß, die
Hufensteuer, so fern sie nach den Hufen gegeben wird.
Ackerstraußgras (W3) [Adelung]
Das Ackerstraußgras, S. Windhalm.
Ackertag (W3) [Adelung]
Der Ackertag, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, z. B. in
Meißen, ein Tag, an welchem jemand zur Frohne ackern muß. Ein Gut hat
z. B. zwölf Ackertage, wenn dessen Besitzer so viel Tage zur Frohne
ackern muß.
Der Ackertheil, des -es, plur. die -e, in den Bergwerken, so viel als
der Erbtheil oder Erbkur, d. i. derjenige Kux, welcher dem Grundherrn
des Bergwerkes frey gebauet wird.
Die Ackertrappe, plur. die -n, die gewöhnliche große Art Trappen,
welche sich auf den Feldern aufhält; die Feldtrappe.
Die Ackertrespe, plur. inusit. eine Trespenart, welche lange,
scharfe, etwas haarige Blätter, einen hohen Halm, einen ausgebreiteten
Strauß, lange und dünne Nebenstängel, und in jedem Kelche sechs bis
acht Blüthen mit ziemlich langen Grannen hat; Bromus arvensis, L.
Das Ackervieh, des -es, plur. car. das zum Ackerbaue nöthige Zugvieh,
d. i. Pferde und Ochsen.
Die Ackerviole, S. Frauenspiegel.
Der Ackerumsatz, des -es, plur. die -sätze. 1) Diejenige Veränderung
in den Äckern, da ein jeder Eigenthümer seine zerstreut liegenden
Grundstücke durch Tausch in an einander hangende große Stücke zusammen
bringt; der Ackertausch, in einigen Gegenden die Magschiftung. 2) In
andern Gegenden verstehet man unter Ackerumsatz diejenige Einrichtung,
da man die Ackerfelder wechselweise einige Jahre als Anger, und
hernach wieder als Getreidefelder nutzet, welches auch die
Wechselwirthschaft und Koppelwirthschaft genannt wird.
Der Ackervogel, S. Feldläufer.
Der Ackervogt, des -es, plur. die -vögte. 1) An einigen Orten, ein
Wächter, welcher die Äcker und Feldfrüchte bewachen muß, S.
Flurschütz. 2) An andern Orten ist es der Aufseher über die Fröhner
auf dem Felde, und oft über den ganzen Ackerbau eines Gutes, welcher
auch Feldvogt genannt wird.
Die Ackerwalze, plur. die -n, in dem Ackerbaue, eine starke, schwere
Walze, welche durch Pferde fortgeschleppet wird, die Klöße auf den
Äckern zu zerdrücken.
Der Ackerweg, des -es, plur. die -e, ein Weg, der allein auf Äcker
zuführet; ein Feldweg.
Das Ackerwerk, des -es, plur. die -e. 1) * Der Ackerbau, die
Ackerarbeit; ohne Plural, aber wenig mehr gebräuchlich. 2) Ein
Vorwerk, nur in einigen Gegenden, wie Ackerhof.
Die Ackerwiese, plur. die -n, in einigen Gegenden, z. B. in
Thüringen, eine Wiese, welche eigentlich Ackerland ist, und in manchen
Jahren auch so bestellet wird; die Feldwiese.
Die Ackerwinde, plur. von mehrern Arten, die -n, eine Pflanze aus dem
Geschlechte der Winden, mit pfeilförmigen Blättern, die an beyden
Enden spitzig sind, und mit oft einblümigen Blumenstielen, kleine
Winde; Convolvulus arvensis, L.
Die Ackerwurz, plur. car. ein Nahme, der von einigen so wohl, 1) dem
Kalmus, als auch 2) der Tormentill oder Blutwurz gegeben wird. S.
diese Wörter. In der ersten Bedeutung ist er vermuthlich aus Acorus
verderbet worden.
Der Ackerzins, des -es, plur. von mehrern Summen, die -e, der Zins,
oder das Pachtgeld von zinsbaren, oder gepachteten Äckern; das
Ackergeld.
Die Ackerzwiebel, plur. die -n, ein Zwiebelgewächs, welches auf
feuchten Äckern und in den Wäldern wächset, theils weiße, theils gelbe
lilienförmige Blumen bringt, und auch Vogelkraut, Vo-
gelmilch, Hühnermilch, und Feldzwiebel genannt wird; Ornithogalum, L.
Der Act, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Actus, derjenige Theil
eines Schauspieles, in welchem die Handlung ununterbrochen fortgehet;
die Handlung, oft auch, aber nicht so richtig, der Aufzug, indem in
den wenigsten tragischen Stücken ein Aufzug des Vorhanges Statt
findet.
Acten (W3) [Adelung]
Die Acten, sing. car. eine aus dem Lateinischen Worte Acta gebildete
Benennung, 1) aller öffentlichen Verhandlungen, welche schriftlich
abgefasset worden. Besonders, 2) gerichtlich niedergeschriebener
Gerichtshändel; und 3) in noch engerer Bedeutung, die von den
streitenden Parteyen dem Gerichte übergebenen Streitschriften, im
Gegensatze des Protocolles. 4) In der Schweiz sind Acten bedeckte
Abzugsgräben auf dem Felde; aber da ist das Wort aus Aquaeductus
zusammen gezogen.
Acteur (W3) [Adelung]
+ Der Acteur, (sprich Actör,) des -s, plur. die -s, Fämin. die
Actrice, (sprich Actriße,) plur. die -n, zwey ohne Noth aus dem
Französischen erborgte Wörter, einen Schauspieler und eine
Schauspielerinn zu bezeichnen.
Actie (W3) [Adelung]
Die Actie, (sprich Akzie,) plur. die -n, derjenige Antheil, welchen
jemand an einer Handlungs- oder andern Gesellschaft nimmt, welche
Capitalia zu ihren Unternehmungen gebraucht; ingleichen die
Obligation, welche jemand über diesen seinen Antheil bekommt, so fern
selbige wieder ein Gegenstand des Handels ist. Das Wort scheinet aus
dem Holländischen Actie, von dem Lat. Actio, entlehnet zu seyn; im
Franz. heißen dergleichen Actien Actions, und im Engl. Stocks. Daher
der Actien-Händler, der mit solchen Actien einen wucherlichen Handel
treibt; Engl. Stock-jobber.
Action (W3) [Adelung]
+ Die Action, plur. die -en, ein ohne Noth aus dem Franz. Action und
Lat. Actio entlehntes Wort, ein Gefecht zu bezeichnen; ingleichen in
der Physik, Action und Reaction, Druck und Gegendruck, oder Wirkung
und Gegenwirkung, Wirkung und Widerstand.
Activ (W3) [Adelung]
+ Activ, -er, -este, adj. et adv. aus dem Lat. activus, thätig, im
Gegensatze des passiv, oder leidend; ingleichen geschäftig, lebhaft,
thätig. Sehr activ seyn. In beyden Fällen kann man es entbehren. Daher
der Activ-Handel, der Handel, welchen man auf eigene Rechnung treibt,
zum Unterschiede von dem Passiv-Handel, wohin der Commissions- und
Speditions-Handel gehören. Ferner die Activ-Schuld, eine Schuld,
welche ein anderer mir zu bezahlen hat, zum Unterschiede von einer
Passiv-Schuld, welche ich zu bezahlen habe. Daher + die Activität,
plur. inusit. die Thätigkeit, Lebhaftigkeit. In Activität setzen,
thätig, wirksam machen.
Activum (W3) [Adelung]
Das Activum, des Activi, plur. die Activa, aus dem Latein. Activum,
in der Sprachlehre, die thätige Gattung der Verborum, zum Unterschiede
von dem Passivo, der leidenden, und dem Neutro, der Mittelgattung oder
mittlern Gattung.
Actrice (W3) [Adelung]
Die Actrice, S. Acteur.
Actuarius (W3) [Adelung]
Der Actuarius, des -rii, plur. die -rii, aus dem mittlern Lat. der
Gerichtsschreiber.
Adam (W3) [Adelung]
Adam, -s, plur. car. 1) Der Nahme des ersten Menschen, der
Hebräischen Ursprunges ist, und als ein eigenthümlicher Nahme von den
Juden auch auf die Christen fortgepflanzet worden; wo er im Diminutiv.
oft nur Damchen lautet. 2) Der alte Adam, eine biblische Benennung der
Erbsünde, zum Andenken des durch den ersten Menschen auf das ganze
menschliche Geschlecht vererbten Übels.
Adams-Apfel (W3) [Adelung]
Der Adams-Apfel, des -s, plur. die -Äpfel. 1) Eine Art Citronen,
deren Frucht größer und dunkler von Farbe, als eine Pomeranze ist. Die
Schale hat viele Narben, welche so aussehen, als wenn davon gebissen
worden; daher denn die mor-genländische Leichtgläubigkeit solche zu
derjenigen Frucht gemacht hat, die für Adams Lüsternheit so
unwiderstehliche Reitze hatte; daher sie auch der Paradies-Apfel
genannt wird. 2) An der Kehle des menschlichen Körpers, die äußere
Erhöhung des ersten und größten Knorpels der Luftröhre, welche in der
Anatomie der Schildknorpel heißt, und von welcher der Aberglaube die
Überlieferung hat, daß sie durch ein Stück von dem verbothenen Apfel
entstanden, welches dem Adam daselbst sitzen geblieben; Pomum Adami,
Franz. le Morceau oder Pomme d'Adam, Holländ. Adamsbrok. Da andere die
noch genauere Nachricht haben wollen, daß dieses Stück des verbothenen
Apfels das Kerngehäuse, oder der so genannte Kröbs gewesen, so wird
diese Erhöhung, von ihnen auch der Kröbs, und in Oberdeutschland das
Gröbschel genannt. Noch andere nennen sie Adamsbissen, den Kehlkopf,
die Niedersachsen bey dem Chyträus das Kropfbein, und der große Haufe
den Bierknoten.
Adams-Feige (W3) [Adelung]
Die Adams-Feige, plur. die -n, ein Nahme der kleinen Indianischen
Feige, welche auch die Maulbeerfeige genannt wird, weil die Blätter
des Baumes den Maulbeerblättern gleichen; Ficus Indica, L.
Adams-Holz (W3) [Adelung]
Das Adams-Holz, des -es, plur. inusit. eine Art schwarzen festen
Holzes, welches in dem südlichen Rußlande und Siberien aus der Erde
gegraben wird, und vermuthlich verschlemmtes Ebenholz ist.
Addiren (W3) [Adelung]
Addiren, verb. reg. act. aus dem Lat. addere, in der Rechenkunst
zusammen zählen. Daher die Addition, plur. inusit. die
Zusammenzählung.
Addresse (W3) [Adelung]
+ Die Addresse, plur. die -n, aus dem Franz. die Überschrift eines
Briefes, die Aufschrift; ingleichen die Nachricht, wo man jemanden zu
erfragen hat; ein eben so entbehrliches Wort als das Verbum
addressiren. Sich an jemanden addressiren, sich an ihn wenden. Einen
Brief an jemanden addressiren, überschreiben, richten. Einen an
jemanden addressiren, an ihn weisen, empfehlen. Daher das
Addreß-Comtoir, eine öffentliche Anstalt zu öffentlichen Anfragen und
Bekanntmachungen, auch das Intelligenz-Comtoir, im Oberdeutschen mit
einem guten einheimischen Ausdrucke das Fragamt; das Addreß-Blatt oder
Intelligenz-Blatt, ein wöchentlich gedrucktes Blatt, welches
öffentliche Anfragen und Bekanntmachungen enthält. An einigen Orten
wird auch ein Leih-Haus ein Addreß-Haus genannt.
Ade (W3) [Adelung]
* Ade, ein aus dem Französischen a Dieu verderbtes Abschiedswort, für
Lebe wohl! dessen sich die Dichter des vorigen Jahrhunderts oft zu
bedienen pflegten. Ade! Weld Ade! Gryph.Nun Ade ihr Feldgöttinnen, Nun
Ade du grüne Luft! Opitz. Und das bekannte Lied: Welt Ade! ich bin
dein müde. Die Neuern haben zwar dieses verstümmelte Wort mit allem
Rechte veralten lassen, aber dafür ist noch im gemeinen Leben das
nicht viel bessere adje üblich.
Adel (W3) [Adelung]
Der Adel, des -s, plur. car. 1. Ein gewisser Vorzug des Standes und
Geschlechtes, welcher diejenigen, so damit begabet sind, unter andern
auch berechtiget, ihrem Geschlechtsnahmen das Vorwörtchen von
vorzusetzen, S. Von. Und zwar, (a) in eigentlicher Bedeutung, im
Gegensatze des bürgerlichen Standes. Einer von Adel. Er ist von Adel.
Er ist von gutem alten Adel. Ich weiß, daß ihm mein Adel im Wege
steht. Sein Vater hielt steif über den alten Adel. (b) Figürlich,
Würde, erhabene Eigenschaften des Geistes, Hoheit der Seele. Der Adel
des Geistes ist mehr werth, als aller Adel des Geschlechtes. Der Adel
seiner Seele both allen Widerwärtigkeiten des Schicksals Trotz. Sich
unter den Adel seines Wesens erniedrigen.
2. Mehrere mit der adeligen Würde begabte Personen. Der hohe Adel, d.
i. Fürsten, Grafen und Barone. Der niedere Adel, die gemeinen
Edelleute. Der mittelbare Adel, der einem Reichsstande mit Eid und
Pflicht zugethan ist. Der unmittelbare Adel, der allein dem Kaiser und
dem Reiche unterworfen ist, der Reichsadel. Der Landadel, der
Stadtadel. Der ganze umliegende Adel kam in die Stadt.
Anm. Die
Etymologen sind bey der Ableitung dieses Wortes auf sehr verschiedene
und zum Theil ungereimte Meinungen gerathen; bey welchen ich mich hier
nicht aufhalten, sondern bloß auf Wachters, Frischens und Ihre's
Wörterbücher, und Grupens Observatt. rerum et antiquit. German. S.
513. verweisen will. Die Endsylbe ist bloß die Ableitungssylbe -el,
ein Ding, Subject, zu bezeichnen; es kommt hier also nur auf die Sylbe
ad, oder wie sie ehedem lautete od, an, und diese bedeutete ehedem
Eigenthum, Besitz, ein Gut; S. Ihre's Glossar. v. Od, ingleichen hier
die Wörter Allodial und Kleinod. Diese Ableitung ist nicht allein sehr
ungezwungen, sondern auch der ältesten Verfassung der Deutschen gemäß,
wo sich der Adel ganz auf den Kriegesstand gründete, dieser aber
allein der freye Besitzer der Ländereyen war. S. auch Edel.
Adelfisch (W3) [Adelung]
Der Adelfisch, des -es, plur. die -e, in Oberdeutschland, eine Art
schmackhafter Weißfische, die wegen der kurzen an der Oberlippe
befindlichen Nase, an der Elbe auch Schnäpel, sonst aber auch weiße
Bläulinge genannt werden; Salmo Lavaretus, L. Der Nahme Adelfisch soll
so viel bedeuten als edler Weißfisch. Vermuthlich ist es eben der
Fisch, welcher an andern Orten unter dem Nahmen Adelfelches oder
Sandfelches bekannt ist; wenigstens ist dieses auch ein edler
Weißfisch.
Adelheit (W3) [Adelung]
Adelheit, ein noch heut zu Tage hin und wieder üblicher weiblicher
Taufnahme, welcher vermittelst der Ableitungssylbe für Abstracta,
heit, von Adel gebildet ist, und adeligen Stand und Würde bedeutet. In
Niedersachsen und Westphalen wird aus diesem Nahmen in dem Munde des
Volkes Ahlke, Tählke, Thaulke, und in der verkleinernden Form Leidjen,
worin ein Wortforscher der folgenden Jahrhunderte wohl schwerlich den
Nahmen Adelheit wieder finden wird.
Adelig (W3) [Adelung]
Adelig, adj. et. adv.
1) Eigentlich, "mit dem Adel bekleidet". "Von adeliger Geburt". "Von adeligem Geblüte herkommen". Ein adeliges Geschlecht. Adeliges Siegel und Wapen.
2) Figürlich, "nach Art des wahren Adels", "großmüthig", "tapfer", "vortrefflich". Eine adelige That. Das ist nicht adelig. In dieser figürlichen Bedeutung fängt das Beywort an zu veralten, vermuthlich weil die Sache selbst bey unserm heutigen Adel aus der Gewohnheit gekommen ist.
Anm. Die gemeine Schreibart "adelich", mit einem "ch" am Ende, ist nicht etymologisch richtig; denn wäre "-lich" hier die Ableitungssylbe, so müßte es "adellich", mit zwey "l" heißen. Da aber das Wort von je her nur mit einem "l" geschrieben worden, so findet hier nur die Ableitungssylbe "ig" Statt. Zu behaupten, daß das eine "l" ausgeworfen worden, heißt die Ausnahmen von der Regel ohne Noth und Nutzen häufen. "Adellich" war indessen schon den Alten bekannt, denn bey dem Pez heißt "adallicho", "eleganter", und im Angelsächsischen kommt "aethellice" vor. Auch die Schweden und Dänen schreiben "adelig", mit einem "g".
Adeln (W3) [Adelung]
Adeln, verb. reg. act. 1) Eigentlich, adelige Würde und Vorzüge
ertheilen. Von dem Kaiser geadelt werden, sich adeln lassen. 2)
Figürlich, über andere erheben, der innern Würde nach. Tugend adelt,
Hall. - Der Vorzug weiser Sitten Macht alles herrlicher und adelt auch
die Hütten, Haged. Die Freyheit adelt euch, und nicht ein fremdes
Land, Schleg. Im Schwabenspiegel adeln. Das Verbale die Adelung ist
ganz ungewöhnlich.
Adelsbeere (W3) [Adelung]
Die Adelsbeere, S. Elsebeere.
Adelsbrief (W3) [Adelung]
Der Adelsbrief, des -es, plur. die -e, diejenige Urkunde, in welcher
ein Bürger geadelt wird.
Adelskunde (W3) [Adelung]
Die Adelskunde, plur. inusit. die Kunde oder Kenntniß des Adels,
seiner Vorzüge und Befugnisse, wovon denn die Wapenkunde ein Theil
ist.
Adelschaft (W3) [Adelung]
* Die Adelschaft, plur. inusit. ein nunmehr veraltetes Wort, den
Adel, oder die adelige Würde anzudeuten, welches indessen noch bey dem
Opitz vorkommt.
Adelstand (W3) [Adelung]
Der Adelstand, des -es, plur. car. 1) Adelige Würde und Vorzüge.
Jemand in den Adelstand erheben. 2) Collective, die Edelleute eines
Landes oder einer Gegend, als ein Körper betrachtet, wofür man doch
lieber der Ritterstand sagt.
Adept (W3) [Adelung]
Der Adept, des -en, plur. die -en, aus dem Lateinischen Adeptus. 1)
Ein jeder, welcher in den Geheimnissen seiner Kunst oder Wissenschaft
erfahren ist. 2) In engerer Bedeutung, ein Goldmacher.
Aderbinde (W3) [Adelung]
Die Aderbinde, plur. die -n, ein schmaler Streif Leinwand, die Ader
nach dem Aderlassen damit zu verbinden, auch die Aderlaßbinde.
Aderbruch (W3) [Adelung]
Der Aderbruch, des -es, plur. die -brüche, in der Arzneywissenschaft,
eine Art falscher Brüche, welche in einer Geschwulst der Samengefäße
bestehet, welche durch Aderkröpfe hervor gebracht wird; der
Krampfaderbruch, Cirsocele, Varicocele, Hernia varicosa.
Aderhäutchen (W3) [Adelung]
Das Aderhäutchen, des -s, plur. ut nom. sing. die äußere Haut der
Nachgeburt, welche mit vielen Adern durchflochten ist; das
Netzhäutchen, Chorion.
Äderig (W3) [Adelung]
Äderig, -er, -ste, adj. et adv. viele Adern habend, in allen
Bedeutungen dieses Wortes. Ein äderiges Fleisch, welches viele Sehnen
und Nerven hat. Äderiges Holz, äderiger Marmor.
Anm. Einige, besonders
Oberdeutsche, schreiben und sprechen aderig, welches sich endlich auch
noch vertheidigen lässet, weil nicht alle abgeleitete Beywörter das a
in der ersten Sylbe des Hauptwortes in ä verwandeln. Man findet auch
adericht und adricht mit der Ableitungssylbe -icht, welche eine
Ähnlichkeit anzeiget. Adericht würde also etwas ausdrücken, das den
Adern gleich siehet, oder deren Stelle vertritt, und sich von dem
Holze und Steinen ganz wohl brauchen lassen. Da aber diese Züge
wirklich Adern heißen, so kann ihnen auch äderig mit allem Rechte
zukommen. Die Beywörter auf -ig und -icht werden in hundert andern
Fällen mit einander verwechselt; und es ist zu vermuthen, daß wir
dieser Verwechselung auch das adericht zu verdanken haben.
Aderkropf (W3) [Adelung]
Der Aderkropf, des -es, plur. die -kröpfe, in der Arzneywissenschaft,
eine Geschwulst, welche durch die Erweiterung einer Blutader
verursacht wird, wenn ein dickes oder aufgehaltenes Ge-blüt selbige
verstopfet; Varix. Ein solcher Aderkropf wird auch eine Krampfader,
und an den Schenkeln schwangerer Personen im gemeinen Leben, die
Kindesader genannt. Ein Aderkropf an der Kniekehle eines Pferdes heißt
die Blutschwelle, der Blutspath.
Aderlaß (W3) [Adelung]
Der Aderlaß, des -sses, plur. die -lässe, das Abzapfen des Blutes
durch die Öffnung einer Blutader. Einem Kranken einen Aderlaß
verordnen. Und weil der Doctor ihr den Aderlaß befohlen, Gell.
Anm. Im
Oberdeutschen lautet dieses Wort nicht nur Aderläß und Aderlässe,
sondern es ist daselbst auch meisten Theils weiblichen Geschlechtes,
die Aderlaß, oder die Aderlässe. Beydes ist wider die Analogie der
Hochdeutschen Mundart. Das Substantiv von lassen lautet nicht nur in
allen damit zusammen gesetzten Wörtern Laß, sondern ist auch jederzeit
männlichen Geschlechtes, wie aus Ablaß, Anlaß, Durchlaß, Einlaß,
Erlaß, Gelaß, Unterlaß u. a. m. erhellet.
Aderlassen (W3) [Adelung]
+ Aderlassen, verb. reg. welches einige als ein einziges Wort für die
R. A. Ader lassen gebrauchen. Ich habe adergelassen, kann bedeuten,
ich habe einem andern die Ader geöffnet, und ich habe mir eine Ader
öffnen lassen. Man thut indessen besser, wenn man dieses Wort getheilt
schreibet, obgleich die Schweden gleichfalls das Zeitwort aderlata
haben; außer, wenn der Infinitiv als ein Substantiv gebraucht wird, da
man, wie in tausend ähnlichen Fällen, ganz richtig das Aderlassen
schreibt.
Aderlaßkreuz (W3) [Adelung]
Das Aderlaßkreuz, des -es, plur. die -e, ein Kalenderzeichen, welches
aus einem Kreuze mit einem einfachen oder doppelten Querstriche
bestehet, und denjenigen Tagen beygefügt wird, welche zum Aderlassen
gut, und vorzüglich gut seyn sollen. Frisch merket an, daß dieses
Kreuz aus einer menschlichen Figur mit ausgestreckten Armen
entstanden, an welcher alle Adern zum Besten der Wundärzte bezeichnet
waren; das Aderlaßzeichen.
Aderlaßtafel (W3) [Adelung]
Die Aderlaßtafel, plur. die -n, die Vorstellung derjenigen Adern an
einem gemahlten Menschen oder Pferde, aus welchen Blut gelassen werden
kann; ein Hülfsmittel, welches jetzt nur noch bey den Roßärzten,
Quacksalbern und unwissenden Wundärzten in einigem Ansehen stehet.
Aderlaßzeichen (W3) [Adelung]
Das Aderlaßzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Aderlaßkreuz.
Adermennige (W3) [Adelung]
Adermennige, S. Agrimone.
Ädern (W3) [Adelung]
Ädern, verb. reg. act. 1) Mit Adern im eigentlichen Verstande
versehen, in welcher Bedeutung das Partic. Passiv. geädert am
üblichsten ist. Ein wohl geädertes Bild, bey den Bildhauern, ein Bild,
an welchem alle Adern gehörig ausgedruckt sind. 2) Mit Adern in
weiterer Bedeutung, d. i. den Adern ähnlichen Zügen, versehen. So
ädern die Kunsttischler, wenn sie das Holz nach Art des äderigen
Marmors auslegen, und die Blecharbeiter, wenn sie Laubwerk und andere
Zierrathen mit einem zarten Meißel aushauen, als wenn es gestochen
wäre. Auch bey den Sattlern bedeutet ädern, zierliche Adern in einen
Sattel ausnähen oder steppen.
Anm. Ädern muß ehedem auch so viel als
ausädern, d. i. aller Adern berauben, und in figürlicher Bedeutung
martern, bedeutet haben, wie aus einigen Stellen bey dem Opitz
erhellet. - Der lose Haufe -Der mir anthut Schmach und Spott Und mich
ädert auf den Tod. Ferner Da tausend Schmerzen mir den kranken Muth
betrüben, Und ädern meinen Geist. Ingleichen
Indem das ganze Land auf seiner Baare steht, Indem uns Freund und
Feind bis auf die Seele geht Und ädert in den Grund.
Aderschlag (W3) [Adelung]
Der Aderschlag, des -es, plur. die -schläge, der Schlag der Pulsader,
welche von ihrer schlagenden Bewegung auch die Schlagader genannt
wird.
Aderwasser (W3) [Adelung]
Das Aderwasser, des -s, plur. inusit. ein kleberiges, gelbliches
Wasser, welches dem Geblüte durch die Wasseradern zugeführet wird;
richtiger das Blutwasser.
Adjectiv (W3) [Adelung]
Das Adjectiv, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Adjectivum, in den
Sprachlehren, ein Redetheil, welcher eine beygelegte Beschaffenheit,
d. i. eine Eigenschaft bezeichnet, und daher nur vor Substantiven
stehen kann, weil nur diese einer Eigenschaft fähig sind. Früh ist
eine Beschaffenheit, und kann in so fern nur vermittelst eines Verbi
dem Substantive beygelegt werden: der Winter kommt früh. Soll sie dem
Substantive unmittelbar beygeleget werden, so muß die Beschaffenheit
vermittelst der Concretion zur Eigenschaft erhöhet werden, und alsdann
heißt ein solches Wort ein Adjectiv: der frühe Winter. Im Deutschen
nennt man die Adjective gemeiniglich Beywörter, welcher Ausdruck aber
viel zu weit ist, indem auch die Adverbia, Artikel, Zahlwörter und
viele Pronomina wahre Beywörter sind. Am richtigsten nennt man sie,
wenn man einen Deutschen Ausdruck verlangt, Eigenschaftswörter, weil
dieß den wahren Begriff derselben ausdruckt.
Adjudant (W3) [Adelung]
Der Adjudant, des -en, plur. die -en, ein subalterner Officier bey
einem Regimente oder Bataillion, welcher dem Major bey Erhaltung guter
Ordnung an die Hand gehet. Aus dem veralteten Franz. Adjudant,
Adjutant, wofür jetzt Aide-Major üblich ist.
Adjunct (W3) [Adelung]
Der Adjunct, des -en, plur. die -en, von dem Lateinischen Adjunctus,
überhaupt ein jeder, der einem andern zur Unterstützung in seinen
Amtsverrichtungen zugeordnet ist, es mag nun solches auf Lebenszeit,
oder nur zu einem gewissen Geschäfte geschehen. So heißt derjenige,
der bey einer Commission dem Commissario zugeordnet wird, sein
Adjunct. Ferner gibt es Adjuncten der Amtleute, welche besonders
Amts-Adjuncten genannt werden; Adjuncten der Professoren auf manchen
Universitäten, die zugleich die Anwartschaft auf die erledigten
Stellen in den Facultäten haben; Adjuncten der Superintendenten, wie
z. B. in den Fürstlich-Sächsischen Ländern, welche wahre Ephori sind,
eine gewisse Anzahl von Pfarren unter ihrer Aufsicht haben, und an
andern Orten Inspectores und Präpositi genannt werden u. s. f. Daher
die Adjunctur, plur. die -en, so wohl die Würde und das Amt eines
Adjuncten, als auch die unter seiner Aufsicht stehende Gegend.
Adjungiren (W3) [Adelung]
Adjungiren, verb. reg. act. aus dem Lat. adjungere. Jemanden einem
andern adjungiren, ihn demselben zum Gehülfen in seinem Amte
verordnen, gemeiniglich mit der Hoffnung der Nachfolge. S. Adjunct.
Adler (W3) [Adelung]
Der Adler, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutiv. Adlerchen. 1) Ein
Nahme, welchen man denjenigen Vögeln aus dem Falkengeschlechte gibt,
welche die andern an Größe übertreffen, und befiederte Füße haben. Der
Adler stößt auf Gänse, Hasen und Rehe, ist der größte und stärkste
unter allen Raubvögeln, hat einen schnellen Flug, und erhebt sich in
demselben höher als alle andere Vögel; Eigenschaften, um welcher
willen man ihn schon in den ältesten Zeiten für den König, d. i. den
edelsten, unter den Vögeln gehalten hat. Seine Augen sind safrangelb
und feurig, daher man scharfe und blitzende Augen in der höhern
Schreibart Adleraugen zu nennen pfleget. Wenn er alt geworden ist,
mauset er sich, und bekommt neue Federn, wodurch er gleichsam
verjüngtwird; ein Umstand, den schon die ältesten Dichter der Juden zu
nutzen gewußt. Sprw. Ein Adler hecket keine Tauben. Adler fangen keine
Fliegen. 2) Das Bild eines Adlers in den Wapen. Der Reichsadler, der
Preußische Adler, der Polnische Adler; und in der höhern Schreibart
auch das Reich selbst, welches einen solchen Adler im Wapen führet,
besonders das Römische Reich, dessen vornehmstes Kriegeszeichen schon
in den ältesten Zeiten ein Adler war. 3) Ein Gestirn am Himmel,
welches aus eilf Sternen bestehet, und dessen rechter Flügel an den
Äquator stößt.
Anm. Die ältesten Deutschen nannten den Adler nur Aar,
welches eine allgemeine Benennung aller großen Raubvögel war. Hernach
unterschied man auch unter diesen die größten und stärksten, und
nannte sie Adelare, gleichsam edle Aaren, woraus in noch spätern
Zeiten Adler geworden. Siu muot der fluget also ho Alsam der edel adelar, Markgraf Heinrich von Meißen, unter den Schwäbischen Dichtern.
In dem Fragmente des Gedichtes von dem Kriege Carls des Großen, bey
dem Schilter, kommen thie adelaren in der mehrern Zahl vor, und die
Holländer schreiben und sprechen diesen Nahmen noch jetzt Adelaar.
Adlerbeere (W3) [Adelung]
Die Adlerbeere, S. Arlesbeere.
Adlereule (W3) [Adelung]
Die Adlereule, plur. die -n, eine Eule, welche nicht so breit ist,
als der Uhu, und kürzere Füße hat; Bubo Italicus, Franz. Le Grand Duc.
Adlerholz (W3) [Adelung]
Das Adlerholz, des -es, plur. inusit. ein seltenes Holz, welches in
beyden Indien und China wächst, und fast wie Aloeholz riecht, daher es
auch oft mit diesem verwechselt wird. Die Spanier nennen es Lacca.
Adlerkraut (W3) [Adelung]
Das Adlerkraut, des -es, plur. inusit. eine Art des Farrenkrautes,
welches häufig in den Wäldern wächst; Pieris aquilina, L. Einige der
ältern Kräuterkenner nennen es Farrenkrautweiblein.
Adlerorden (W3) [Adelung]
Der Adlerorden, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ritterorden, dessen
Ehrenzeichen in dem Bilde eines Adlers bestehet. Man pflegt diese
Orden vornehmlich nach der Farbe des Adlers zu unterscheiden. Denn so
hat man den schwarzen, den weißen, und den rothen Adlerorden.
Adlerpfennig (W3) [Adelung]
Der Adlerpfennig, des -es, plur. die -e, bey dem großen Haufen, alle
diejenigen Pfennige, welche in ihrem Gepräge einen Adler führen, deren
denn freylich vielerley Arten sind.
Adlersbeere (W3) [Adelung]
Die Adlersbeere, S. Arlesbeere.
Adlersblume (W3) [Adelung]
Die Adlersblume, S. Akeley.
Adlersnase (W3) [Adelung]
Die Adlersnase, S. Habichtsnase.
Adlerstein (W3) [Adelung]
Der Adlerstein, des -es, plur. die -e, ein hohler Stein, welcher
einen andern lockern Stein in sich hat, und daher klappert, der
Klapperstein; Aetites. Den Nahmen hat er von der Überlieferung des
gemeinen Mannes, daß er in den Nestern der Adler gefunden würde.
Diejenigen Arten, welche Statt eines Steines, Sand oder Wasser
enthalten, werden Geodes und Hydrotites genannt. Im Deutschen hat man
keine besonderen Nahmen für sie, indem man alle drey Arten unter der
allgemeinen Benennung des Klappersteines begreifet. Indessen stehet
doch in einem vor einem halben Jahrhunderte im Hennebergischen
gedruckten Vocabelbuche bey Aetites, Adlerstein, und bey Geodes,
Atterstein.
Adlerzange (W3) [Adelung]
Die Adlerzange, plur. die -n, in den Seigerhütten, Zange, welche aus
zwey Haken an einem Baume bestehet, und womit die Kienstöcke heraus
gehoben werden; vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt.
Administriren (W3) [Adelung]
+ Administriren, verb. reg. act. von dem Lat. administrare,
verwalten, besonders im Nahmen eines andern verwalten. Daher
die Administration, so wohl die Verwaltung eines Amtes, besonders der
Regierung eines Landes im Nahmen eines andern; als auch der thätige
oder ausübende Theil der Regierung, zum Unterschiede von der
Legislation, oder der Gesetzgebung, welche Bedeutung in der Englischen
Verfassung vorzüglich üblich ist, wo die Gesetzgebung der Nation, die
ausübende Gewalt oder Administration aber dem Könige zustehet. Ferner
der Administrator, des -s, plur. die -stratores, derjenige, welcher
etwas verwaltet, der jemandes Güter in dessen Nahmen verwaltet,
ingleichen, der die Regierung eines Landes in dem Nahmen eines andern
verwaltet; der Reichsverweser.
Admiral (W3) [Adelung]
Der Admiral, des -es, plur. die -rale, nicht -räle. 1) Eigentlich,
der vornehmste Befehlshaber einer Flotte, und zwar nicht allein einer
Kriegsflotte, sondern auch derjenige, welchen mehrere zusammen
segelnde Kauffahrer zu ihrem Führer erwählen. 2) Eine Art seltener und
theurer Meerschnecken, welche unter allen Schalthieren die schönsten
Farben zeiget. Dieser Nahme ist neu und bloß willkürlich, so wie auch
der folgende, indem die neuern Naturkenner auch 3) eine Art
Schmetterlinge den Admiral zu nennen pflegen; Atalanta, L.
Anm. Admiral
wird gemeiniglich aus dem Arabischen Amir oder Emir hergeleitet,
welches einen Herrn oder Befehlshaber bedeutet, und durch die Züge der
so genannten Saracenen in Europa bekannt geworden seyn soll; S. du
Fresne Gloss. v. Amir. Indessen wäre noch zu untersuchen, ob es nicht
vielmehr von dem alten Ital. Miraglio, der Spiegel des Schiffes,
herstammet. Da dieß ehedem der eigentliche Platz des Befehlshabers
war, so ertheilte er seine Befehle al miraglio. So viel ist wohl
gewiß, daß das Wort in Italien am frühesten vorkommt. Das d findet
sich auch in dem Spanischen Admirante. Der Plural, die Admiräle, ist
eine Unart der Niedersachsen, welche auch Generäle, Herzöge, u. s. f.
haben.
Admiralität (W3) [Adelung]
Die Admiralität, plur. die -en, so wohl die Gerichtsbarkeit, welche
im Nahmen des Admirales ausgeübet wird, ohne Plural; als auch
dasjenige Collegium, welches die oberste Aufsicht im Seewesen hat.
Daher das Admiralitäts-Gericht, das Admiralitäts-Collegium, die
Admiralitäts-Rechte, plur. tant. d. i. die Einkünfte, welche ein
Admiral an manchen Orten von den Schiffen zu heben hat.
Admiralschaft (W3) [Adelung]
Die Admiralschaft, plur. inusit. die Würde eines Admirales, besonders
bey den Kauffahrteyschiffen. In Admiralschaft fahren, sich einen
gemeinschaftlichen Befehlshaber wählen.
Admirals-Flagge (W3) [Adelung]
Die Admirals-Flagge, plur. die -n, diejenige Flagge des
Admirals-Schiffes, welche von dem Topp des großen oder mittelsten
Mastes wehet.
Admirals-Schiff (W3) [Adelung]
Das Admirals-Schiff, des -es, plur. die -e, das vornehmste Schiff
einer Flotte, auf welchem sich der Admiral befindet.
Adolf (W3) [Adelung]
Adolf, oder nach dem Lat. Adolph, ein alter männlicher Taufnahme, der
im gemeinen Leben gern in Dolf, Dolfchen und Olfchen verkürzet wird.
Das hohe Alter dieses Nahmens erhellet aus dessen Bestandtheilen. Die
letzte Sylbe olf, ist vermuthlich die alte Form des Wortes Hülfe,
welche auch in den Nahmen Rudolf, Ludolf, Landolf, Gangolf, Arnolf,
Gandolf, u. s. f. in dieser Gestalt vorkommt. Nur die erste Sylbe Ad
ist dunkel, ob man sie gleich gemeiniglich von Atta, Vater, herleitet,
und das Ganze durch einen helfenden Vater erkläret. In der breiten Longobardischen Mundart lautete dieser Nahme Athaulfus.
Adonis-Blume (W3) [Adelung]
Die Adonis-Blume, plur. die -n, oder das Adonis-Röschen, eine
Pflanze, welche wild unter dem Getreide wächst; Feuerröschen,
Feld-Anemone, Feuerflamme, Brunet-Röschen, Teufelsauge, und unter den
Landleuten auch wohl braune Mädchen;Adonis, L. Von einigen wird auch
die Anemone Adonis-Röschen genannt.
Adoptiren (W3) [Adelung]
Adoptiren, verb. reg. act. aus dem Lat. adoptare, an Kindes Statt
annehmen. Daher die Adoption, die Annahme an Kindes Statt. Im
Oberdeutschen hat man dafür den Deutschen Ausdruck anwünschen, und
Anwünschung; aber man siehet gleich, daß dieß eine verstandlose
buchstäbliche Übersetzung des Lateinischen Ausdruckes ist, welche
gerade nichts von dem Begriffe ausdruckt.
Advent (W3) [Adelung]
Der Advent, des -es, plur. car. ein Kirchenwort, aus dem Lateinischen
Adventus, die vier Wochen zu bezeichnen, welche zunächst vor
Weihnachten hergehen, und wo in den Kirchen von verschiedenen Arten
der Zukunft Christi geprediget wird. Daher die Advents-Zeit, die
Advents-Sonntage, die Advents-Woche u. s. f.
Advents-Vogel (W3) [Adelung]
Der Advents-Vogel, des -s, plur. die -Vögel, eine Art Taucher oder
Lommen der nördlichen Meere, der sich nur allein um den vierten
Advents-Sonntag auf dem Lande sehen läßt, daher er auch den Nahmen
bekommen hat; bey den Norwegern Imber, Immer, Colymbus Immer, L.
Adverbium (W3) [Adelung]
Das Adverbium, des -bii, plur. die -bia, in der Sprachlehre, ein
Redetheil, welcher etwas Unselbstständiges, an und für sich
betrachtet, ausdruckt, und in dieser Gestalt nur vermittelst eines
Verbi einem Substantive beygeleget werden kann. Der Winter kommt früh,
die Sonne gehet auf. Fast alle bekannte Sprachen machen unter diesem
Unselbstständigen keinen weitern Unterschied, daher macht das
Adverbium bey ihnen nur einen einzigen Redetheil aus; allein die
Deutsche unterscheidet hier zwey Arten desselben, die Beschaffenheit,
und den Umstand; daher haben wir für das Adverbium anderer Sprachen
zwey Redetheile, das Adverbium Qualitatis, und das Adverbium
Circumstantiä, welche wesentlich von einander unterschieden sind, wie
ich in meinem Lehrgebäude weitläufig gezeiget habe. Die Deutschen
Sprachlehrer nannten das Adverbium von Schottels Zeit an, bald Zuwort,
bald Nebenwort, bald Zeitnebenwort, wovon das mittlere am üblichsten
geworden ist, ungeachtet es nichts von dem Begriffe ausdruckt. Da man
im Deutschen zwey Redetheile unterscheiden muß, wovon jeder einen
eigenen Nahmen bedarf, so sind die Ausdrücke Beschaffenheitswort, und
Umstandswort noch die schicklichsten, weil sie die Begriffe bestimmt
und klar ausdrucken. Die Art zu decliniren, das Adverb, des -es, die
-e, ist viel zu hart, und schneidet über dieß eine wesentliche
Ableitungssylbe mit weg; daher man am besten thut, wenn man die
Lateinische Declination behält. Allenfalls ginge im Plural die
Adverbien an.
Advocat (W3) [Adelung]
Der Advocat, des -en, plur. die -en, eine Person, welche von der
Obrigkeit angenommen ist, andere vor Gerichte zu vertreten, von dem
Latein. Advocatus; im Oberdeutschen ehedem ein Fürsprach, Fürsprecher,
in der Tyrolischen Landesordnung, ein Redner, in Liefland ein
Rechtsfinder, im Hochdeutschen ein Anwalt, Sachwalter, (ehedem auch
Sachführer,) ein rechtlicher Beystand. Daher advociren, andere vor
Gerichte vertreten; die Advocatur, das Amt eines Advocaten; die
Advocaten-Gebühren u. s. f.
Aerometrie (W3) [Adelung]
Die Aerometrie, plur. inusit. aus dem Griech. und Lat. Aerometria,
die mathematische Lehre von den Eigenschaften der Luft.
Aerostat (W3) [Adelung]
Der Aerostat, des -en, plur. die -en, aus dem Französ. Aerostat, und
dieß aus dem Lat. machina aerostatica, eine in den neuesten Zeiten
versuchte Benennung eines Luft-Ballons, welche doch dem Begriffe nicht
ganz angemessen ist.
Aerostatik (W3) [Adelung]
Die Aerostatik, plur. inusit. aus dem Griech. und Lat. Aerostatica,
derjenige Theil der Aerometrie, welcher von dem Gleichgewichte der
Luft, so wohl mit sich als andern Körpern handelt.
Äfern (W3) [Adelung]
* Äfern, oder Äffern, ein im Hochdeutschen längst veraltetes Verbum,
welches aber noch Sprichw. 17, 9. vorkommt: wer eine Sache äfert,
macht Fürsten uneins, wo die meisten Herausgeber aus Unwissenheit der
wahren Bedeutung eifern daraus gemacht haben. Äfern von dem veralteten
aber, wiederum, bedeutete ehedem wiederhohlen, eine längst vergessene
Sache wieder aufrühren, rege machen; bey dem Ottfried, Afaron, avaron.
Schottel nannte noch die Relativa, freylich sonderbar genug,
wiederäfferige Wörtlein. Ein mehreres haben Schilter, Wachter, Frisch,
und Diet. von Stade in der Erklärung der vornehmsten Wörter in Luthers
Bibel, h. v. S. auch After und 2 Eifern.
Affe (W3) [Adelung]
Der Affe, des -n, plur. die -n, Fämin. die Äffinn, Diminutiv. das
Äffchen, Oberdeutsch Äfflein. 1) Eigentlich, ein Thier, welches unter
allen bekannten Thieren dem Menschen am nächsten kommt, nur daß alles
an ihm mehr unausgearbeitet und verwildert ist. Es ist in Amerika,
Indien und Afrika sehr häufig, wo es dessen verschiedene Arten gibt.
Man theilet sie überhaupt in drey Classen, in ungeschwänzte, welches
die Affen im engsten Verstande sind, in kurzgeschwänzte, welche mit
einem allgemeinen Nahmen Baviane heißen, und in langgeschwänzte,
welches eigentlich Meerkatzen sind. Sprichwörtliche R. A. sind: einem
Affen drehen, jemand bey der Nase herum führen; Affen ausnehmen, ein
thörichtes Geschäft verrichten; je höher der Affe steigt, desto mehr
zeigt er seinen Schwanz, je höher ein Untüchtiger steigt, desto mehr
verräth er seine Schwäche. 2) Figürlich, theils eine Person, welche
ohne Beurtheilungskraft nachahmet, jemandes Affe seyn; theils aber
auch eine Person mit einem häßlichen Gesichte, und in beyden Fällen
auch von einer Person weiblichen Geschlechtes; denn Äffinn ist in der
figürlichen Bedeutung nicht gewöhnlich. Was? Einen alten Affen meine
Frau zu nennen? Weiße. 3) In der Mathematik, ein Werkzeug, welches aus
zwey Parallelogrammen bestehet, und einen Riß zu vergrößern und zu
verkleinern dienet, ein Storchschnabel, Instrumentum Pantographum;
vermuthlich von der Nachahmung. 4) In der Mechanik, ein Hebezeug,
große Lasten mit Vortheil in die Höhe zu bringen, welches gleichfalls
ein Storchschnabel genannt wird.
Anm. Der Nahme dieses Thieres ist sich
in den meisten bekannten Sprachen ähnlich. Zu den von Wachter, Frisch
und Ihre angeführten Nahmen kann man noch das Nieders. Aape, Schwed.
Apa, Dän. Abe und Abekat, und Böm. Opice setzen. Man glaubt, daß
Afrika von diesen Thieren den Nahmen habe, und so viel als das Land
der Affen bedeute, welchen Nahmen die Phrygier und Celten diesem
Welttheile gegeben, weil dieses Thier das erste und wichtigste
gewesen, was den ersten Seefahrern daselbst in die Augen gefallen. In
dem niedrigen Maulaffe scheint die letzte Hälfte nicht so wohl zu
diesem Worte, als vielmehr zu offen zu gehören, S. dasselbe. Im
Oberdeutschen lautet die erste Endung des Singulars der Affen.
Affect (W3) [Adelung]
Der Affect, des -es, plur. die -en, vom Lateinischen Affectus, ein
hoher Grad einer Gemüthsbewegung und dessen Ausbruch. Viele Affecten
haben. Seinen Affecten nachhängen. Voller Affecten seyn. Seine
Affecten zwingen, bändigen u. s. f.
Anm. Leidenschaft und Affect werden
oft für gleich bedeutend gehalten, sind es aber nicht. Affect
bezeichnet eine jede starke Gemüthsbewegung; aber Leidenschaft setzet
vermöge der Ableitungssylbe-schaft eine Thätigkeit voraus, und
bezeichnet eine zur Fertigkeit gewordene Gemüthsbewegung. Man kann
dieses ausländische Wort nicht ganz entrathen, weil wir kein
einheimisches haben, welches den Begriff, den wir einmahl mit Affect
verbinden, er-schöpfte; denn Gemüthsbewegung ist das Geschlecht, von
welchem Affect eine Art, d. i. einen höhern Grad bezeichnet.
Affectiren (W3) [Adelung]
+ Affectiren, verb. reg. act. aus dem Franz. affecter. 1) Den Schein
von etwas zu haben suchen, ohne übereinstimmige Gemüthsfassung im
Äußern annehmen. Freundlichkeit affectiren. 2) Auf eine gezwungene und
unnatürliche Art nachahmen; in welcher Bedeutung besonders das
Participium affectirt üblich ist. Ein affectirter Mensch. In beyden
Fällen ist das Wort im Deutschen überflüssig, weil es hier an guten
einheimischen Ausdrücken nicht fehlt, den Begriff zu bezeichnen;
besonders läßt sich das Participium sehr gut durch gezwungen, gesucht,
verstellt, geziert u. s. f. ausdrucken; z. B. Es misch ein heimlich
Mißvergnügen Sich in die Freundlichkeit, sie sey gesucht, verstellt,
Weiße.
Affectlos (W3) [Adelung]
Affectlos, -er, -este, adj. et adv. der Affecten beraubt, ohne
Affect. So auch die Affectlosigkeit.
Affect-Zeichen (W3) [Adelung]
Das Affect-Zeichen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Orthographie,
ein orthographisches Zeichen, welches die Gemüthsstellung des
Sprechenden bezeichnet; dergleichen denn das Fragezeichen und das
Ausrufungszeichen sind.
Äffen (W3) [Adelung]
Äffen, verb. reg. act. 1) Auf eine ungeschickte Art, ohne
Beurtheilungskraft nachahmen; doch nur in dem zusammen gesetzten
nachäffen, welches S. 2) Jemandes Leichtgläubigkeit mißbrauchen, ihn
gleichsam zum Affen machen, oder ihm wie einem Affen begegnen, ihn
täuschen. Einen äffen. Ich lasse mich nicht äffen. Wo mich nur nicht
ein Schatten äfft, Günth. Was macht den Stern vor uns verschwinden,
Äfft unsern Fleiß wohl sein Betrug? Kästn. Die Götter lassen sich
nicht äffen, Haged.
Anm. Die Provinzen sind an gleich bedeutenden
Worten sehr reich. So drucken das Oberdeutsche fatzen, das
Westphälische öven, gleichsam üben, das Niedersächsische brüden,
brüen, foppen, fuppen und fokken, das Englische to fob, von dem alten
fop, ein alberner Mensch u. s. f. fast eben denselben Begriff aus.
Affenbeere (W3) [Adelung]
Die Affenbeere, plur. die -n, in einigen Gegenden ein Nahme des
Felsenstrauches; Empetrum, L. In Nieders. Apenbeere, wovon das
Hochdeutsche eine Übersetzung zu seyn scheinet. Was aber die erste
Hälfte hier sagen will, ist mir unbekannt, denn von Affe, Nieders.
Ape, kann sie wohl nicht seyn.
Affen-Bezoar (W3) [Adelung]
Der Affen-Bezoar, des -s, plur. ut nom. sing. S. Affenstein.
Affenfisch (W3) [Adelung]
Der Affenfisch, S. Meeraffe.
Affengesicht (W3) [Adelung]
Das Affengesicht, des -es, plur. die -er. 1) Ein ungestaltes
possierliches Gesicht, wie an einem Affen. Ingleichen, eine mit einem
solchen Gesichte begabte Person. 2) Der Nahme einer Ostindischen
Pflanze; Mimusops, L.
Affen-König (W3) [Adelung]
Der Affen-König, des -es, plur. die -e, der König unter den Affen;
eine Würde, welche man den Brasilischen Affen, Aquiqui genannt,
beylegt, unter welchen sich einer befinden soll, der die andern zu
gewissen Zeiten durch sein Geschrey zusammen rufet.
Affenliebe (W3) [Adelung]
Die Affenliebe, plur. car. eine blinde, unvernünftige Liebe,
besonders der Ältern gegen ihre Kinder, dergleichen die Affen gegen
ihre Jungen haben, welche sie oft aus allzu großer Zärtlichkeit zu
erdrücken pflegen.
Affen-Muse (W3) [Adelung]
Die Affen-Muse, plur. inusit. der Nahme einer Pflanze auf den
Moluken, welche zu den Musen gehöret, eine aufrecht stehende
Blumenkolbe und abfallende Blumenscheiden hat; Musa Troglodytarum, L.
Affennase (W3) [Adelung]
Die Affennase, plur. die -n, eine stumpfe aufgeworfene Nase,
dergleichen die Affen haben.
Affenstein (W3) [Adelung]
Der Affenstein, des -es, plur. die -e, eine Art Bezoar, welche sich
in den Bavianen, einer großen Art Affen, erzeugen soll, Affen-Bezoar.
Äfferey (W3) [Adelung]
Die Äfferey, plur. die -en, Mißbrauch der Leichtgläubigkeit eines
andern, die Täuschung. Von äffen, welches S.
Äffern (W3) [Adelung]
Äffern, S. Äfern.
Äffinn (W3) [Adelung]
Die Äffinn, plur. die -en, das Weibchen des Affen, S. Affe.
Affner (W3) [Adelung]
Der Affner, S. Afner.
Affodillen
Affodillilie
Affodillwurz (W3) [Adelung]
Affodillen, Affodillilie, Affodillwurz, S. Asphodille.
Afholder (W3) [Adelung]
Der Afholder, des -s, plur. inusit. oder Affolter, Afholderbaum, ein
Nahme, welcher in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden dem
Wasserhohlunder gegeben wird, der bey andern auch Hirschholder,
Rosenholder, Schwelgenbaum heißt. S. diese Wörter. In andern Gegenden
führet auch die weiße Mistel diesen Nahmen, S. Mistel. Der Ursprung
des Nahmens Afholder ist noch ungewiß, indem derselbe so wohl aus
Opulus, als auch aus Afterhohlunder verderbt seyn kann; denn Aphaldera
und Apholdera, ein Apfelbaum der alten Fränkischen und Alemannischen
Schriftsteller, gehöret nicht hierher, weil solches aus Aphal, Apfel,
und Deru, ein Baum, zusammen gesetzet ist.
Afholderwurz (W3) [Adelung]
Die Afholderwurz, plur. inusit. bey einigen Schriftstellern, so viel
als Asphodill-Wurz, welches S.
Afner (W3) [Adelung]
Der Afner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen die Weber
auch dem Rädelkamme geben, und welchen sie auch Öfner aussprechen.
Afrika (W3) [Adelung]
Afrika, genit. Afrika's, oder, obgleich nicht so häufig, Afrikens,
der südliche Theil der alten Welt, welcher von den Affen den Nahmen
haben soll, S. dieses Wort. Daher Afrikanisch, diesem Welttheile
eigen, aus demselben gebürtig; der Afrikaner, Fämin. die Afrikanerinn,
ein Einwohner dieses Welttheiles.
Afrusch (W3) [Adelung]
Afrusch, in einigen Gegenden, ein Nahme der Stabwurz, welcher ohne
Zweifel aus Abrotanum verunstaltet worden, S. Stabwurz.
After (W3) [Adelung]
After, eine ehemahlige Präposition, welche nach bedeutete, jetzt aber
nur noch in der Zusammensetzung mit einigen Verbis, noch mehr aber mit
Substantiven üblich ist. Sie bedeutet alsdann,1. Überhaupt, was der
Zeit, dem Orte und der Ordnung nach auf ein anderes folget, und zwar,
a) der Zeit nach, wie in Aftergeburt, Afterkind, Aftersabbat,
Aftersprache, bey den Handwerkern, Aftermontag, in Oberschwaben, so
viel als der Dinstag, Aftersonntag, ehedem der Montag u. s. f. In
einem andern Verstande bedeuten Aftersonntag, Aftermontag, u. s. f. in
den Urkunden des 13ten und der folgenden Jahrhunderte so viel als den
folgenden Sonntag, den folgenden Montag. b) Dem Orte nach, für hinter,
in Afterdarm, Afterleder, Afterstück, Afterrede, in der figürlichen
Bedeutung der übeln Nachrede u. s. f. c) Der Ordnung nach, wie in
Afteranwalt, Afterbelehnung, Afterbürge, Aftererbe, Afterlehn, u. a.
m.2. In figürlicher Bedeutung, was in Ansehung der Gestalt und des
innern Werthes einem andern Dinge gleicher Art nachzusetzen ist, und
zwar, a) in Ansehung der Gestalt, was einem andern Dinge ähnlich ist,
aber sich doch noch merklich von demselben unterscheidet; als
Afterkegel, Afterkugel, Afterblatt, Afterflügel, Afterhorn,
Afterkamehl u. s. f. Die meisten Wörter dieser Art sind neu, und von
den Lehrern der Naturgeschichte zusammen gesetzet worden, solchen
Körpern aus dem Thier- und Pflanzenreiche, welche andern bekannten
Thieren und Pflanzen ähnlich sehen, aber noch keinen bekannten Nahmen
hatten, eigene Nahmen zu geben, worin ihnen die Mathematiker des
vorigen Jahrhunderts schonmit ihrem Beyspiele vorgegangen waren,
welche die Benennungen Conoides und Sphaeroides durch Afterkegel und
Afterkugel ausdruckten. b) Was geringer und schlechter ist, als ein
anderes bestimmtes Ding gleicher Art; wie in Afterholz, Afterkorn,
Aftermehl, After-Topas, Afterkönig, Afterpabst, u. s. f. Viele dieser
Wörter haben sich aus den alten Mundarten noch bey den Künstlern und
Handwerkern erhalten. Aber viele haben wir auch den neuen
Schriftstellern zu verdanken; denn in dieser Bedeutung des Unächten
lassen sich noch täglich neue Wörter damit bilden. Dahin gehören,
Zachariä's Afterblitz, die Afterehre, das Afterglück. So schwärzt sein
Afterglück das Laster und die Schande, Haged. Die Afterliebe, und
hundert andere, welche im folgenden nicht besonders angeführet werden
dürfen. Nur in der ersten eigentlichen Bedeutung ist es zu neuen
Zusammensetzungen ungeschickt, weil der Begriff des Unächten zu sehr
vorsticht; daher Aftergraf, für Vice-Graf, Afterbürgermeister, ein
nachgeordneter oder Stellvertreter, u. s. f. nicht zu billigen sind.
Eben diese Bedeutungen könnten auch bey den Verbis Statt finden;
allein die mit after zusammen gesetzten Verba sind selten, und wir
kennen im Hochdeutschen nur das einzige, aber auch schon veraltete
Afterreden; denn von afterbelehnen ist nur allein das Partic. Pass.
ein Afterbelehnter üblich, und aftersiedeln wird nur noch zuweilen in
einigen Gegenden gehöret. Von der Conjugation dieser Wörter S. das
folgende Afterreden.
Anm. After, Alemann. und Fränk. after, aefter,
Goth. aptar, Angels. aeft, Isl. aptur, Schwed. eftir, Dän. efter,
Engl. after, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, haben mit dem veralteten Umstandsworte aber, mit dem
gleichfalls ungewöhnlichen Zeitworte äfern, mit dem Umstandsworte oft,
und vielleicht auch mit äbig einerley Stamm, für welchen man die
Präposition af oder ab hält. Affa und aft sollen in Franken,
Österreich und Schwaben noch jetzt hernach bedeuten. S. Frisch v.
Affter und Ihre v. Eftir. Die Niedersachsen und Holländer haben dafür
achter, doch nur in der Bedeutung des Vorwortes hinter.
After (W3) [Adelung]
1. Der After, des -s, plur. die -n, der hintere Theil eines Körpers;
besonders, 1) der hintere Theil des menschlichen Körpers, das Gesäß,
posteriora; eine Benennung, welche in Oberdeutschland am üblichsten
ist. Im Hochdeutschen nennet man den Mastdarm an Menschen und Thieren
zuweilen noch den After. S. Afterdarm. 2) Bey den Sattlern, die
Rücklehne eines Sattels, woran sich der After des Reiters lehnet, da
es denn von manchen auch wohl Äfter und Efter geschrieben und
gesprochen wird. Bey den Sattlern in der Grafschaft Schönberg soll das
vordere Stück Holz an einem Sattelgestelle, welches zwey Flügel hat,
der Efter, und der Sattelknopf, in welchem sich diese zwey Stücke
schließen, der Efterknopf heißen. Die Niedersächsischen Sattler
sprechen dieses Wort achter aus. 3) Bey den Jägern werden die
Afterklauen oft auch nur die Aftern genannt.
Anm. After war, wenn es
hinter bedeutete, so wohl bey den Pontischen Gothen, als auch bey den
Alemannen ein Adjectiv, welches seinen Comparativ und Superlativ
hatte. An den aftarin, bedeutete schon bey dem Notker an dem Hintern,
woraus zugleich erhellet, daß es anfänglich, so wie das Lateinische
posteriora, ein Plurale gewesen.
After (W3) [Adelung]
2. Das After, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten,
ut nom. sing. überhaupt, was in der Bearbeitung einer Sache von
derselben abgehet, und daher geringer und schlechter ist. Besonders,
1) in den Bergwerken, alles, was von den gepochten und gewaschenen
Erzen übrig bleibt, und wenig Silber hält; ingleichen der Schlamm,
welcher bey dem Abläutern
der Schliche abgewaschen wird, und über den Planenherd in die in dem
Aftergraben befindlichen Afterfalle läuft. 2) Bey den Müllern,
dasjenige Getreide, welches schon ein oder mehrere Mahle aufgeschüttet
worden, und welches alsdann das Aftermehl liefert, welches auch wohl
selbst das oder der After genannt wird. 3) Bey einigen Fleischern auch
das Gekröse oder Geschlinge des geschlachteten Viehes, weil es
geringer ist, als das übrige Fleisch. 4) In der Landwirthschaft an
einigen Orten, besonders in Oberdeutschland, so viel als das
Aftergetreide, welches S.
Anm. In den beyden ersten Fällen wird dieses
Wort auch wohl als ein Masculinum gebraucht, der After.
Afteranwalt (W3) [Adelung]
* Der Afteranwalt, des -es, plur. die -e, in den Rechten, besonders
Oberdeutschlandes, der Anwalt, den ein anderer Anwalt Statt seiner
bestellet; Actor substitutus.
Afterbelehnen (W3) [Adelung]
Afterbelehnen, ein Verbum, von welchem nur das Partic. Pass. üblich
ist, ein Afterbelehnter; der von einem Lebensmanne mit einem Leben
weiter belehnet worden.
Afterbelehnung (W3) [Adelung]
* Die Afterbelehnung, plur. die -en, in dem Lehnrechte, die
Belehnung, welche von einem Lehensmanne, mit dem von einem andern
empfangenen Lehen geschiehet; Subinfeudatio.
Afterbier (W3) [Adelung]
Das Afterbier, des -es, plur. car. in Oberdeutschland so viel als
Kofent oder Nachbier.
Afterbürde (W3) [Adelung]
* Die Afterbürde, plur. die -n, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort
für Aftergeburt oder Nachgeburt. Bürde bedeutet hier nicht so wohl
Last, als vielmehr Geburt, von bären, oder gebären. Die Jäger
gebrauchen es noch von der Nachgeburt der Thiere. Außerdem ist es auch
in Schwaben üblich, wo es Afterburdi ausgesprochen wird. Schwed.
Efterbörd.
Afterbürge (W3) [Adelung]
* Der Afterbürge, des -n, plur. die -n, in den Rechten, ein Bürge,
der sich für einen andern Bürgen verpflichtet, im Falle diesen seine
Verbindlichkeit nicht erfüllen sollte, ein Rückbürge.
Afterdarm (W3) [Adelung]
* Der Afterdarm, des -es, plur. die -därme, der äußerste Theil der
Gedärme, welcher sich am Grimmdarme anfängt, und bis zu dem Ausgange
in dem Gefäße reicht; Intestinum rectum, der After, der Mastdarm,
Grimmdarm, und bey dem Viehe, der fette Darm, oder Fettdarm, in Gloss.
Pez. Aphtarlinga, und Crozdarma. Die Benennung Afterdarm ist noch am
meisten in Oberdeutschland üblich.
Afterdrohne (W3) [Adelung]
Die Afterdrohne, plur. die -n, in der Bienenzucht, eine Art kleiner
Drohnen, welche bey einem kalten Frühlinge in den Stöcken gefunden
werden, und wegen der Kälte zu keinen vollkommenen Drohnen werden
können; auch, aber nicht so richtig, Afterthränen. S. Drohne.
Aftereinsetzung (W3) [Adelung]
* Die Aftereinsetzung, plur. die -en, in den Rechten; die Ernennung eines nachgesetzten Erben, im Falle der zuerst eingesetzte absterben,
oder nicht zur Erbschaft gelangen sollte.
Aftererbe (W3) [Adelung]
* Der Aftererbe, des -n, plur. die -n, der auf solche Art zum Erben
eingesetzet worden; ein Nacherbe.
Afterfalle (W3) [Adelung]
Die Afterfalle, plur. die -n, S. Aftergefälle.
Afterfinne (W3) [Adelung]
Die Afterfinne, plur. die -n, bey den neuern Lehrern der
Naturgeschichte, eine Art der Finnen oder Floßfedern, welche sich
zuweilen bey den Fischen auf dem Rücken befindet, und nur aus einer
Haut ohne Gräten besteht; die Fettfinne, Afterfloßfeder, Pinna
adiposa.
Afterflügel (W3) [Adelung]
Der Afterflügel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Benennung
derjenigen kleinen Federn an den Vögeln, welche sich an dem
Daumenknochen des Flügels befinden, Ala spuria, notha, exterior.
Aftergeburt (W3) [Adelung]
* Die Aftergeburt, plur. die -en, am häufigsten in der Oberdeutschen
Mundart, so viel als Afterbürde, welches S.
Aftergefälle (W3) [Adelung]
Das Aftergefälle, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken,
breterne Kasten, worin das After aufgefangen wird.
Aftergetreide (W3) [Adelung]
Das Aftergetreide, des -s, plur. car. S. Afterkorn.
Aftergraben (W3) [Adelung]
Der Aftergraben, des -s, plur. die -gräben, in den Bergwerken, ein
Graben, durch welchen das After in die Aftergefälle gehet.
Afterhase (W3) [Adelung]
Der Afterhase, des -n, plur. die -n, S. Meerschwein.
Afterhaufen (W3) [Adelung]
Der Afterhaufen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, ein
Platz, wo das After auf einen Haufen geschüttet worden.
Afterherr (W3) [Adelung]
Der Afterherr, S. Afterlehnsherr.
Afterheu (W3) [Adelung]
* Das Afterheu, des -es, plur. car. an einigen Orten, besonders
Oberdeutschlandes, so viel als das Nachheu, Grummer, welches S.
Afterholz (W3) [Adelung]
Das Afterholz, des -es, plur. car. im Forstwesen, alles Holz, welches
nicht grün von dem Stamme kommt, sondern von Windfällen, Schneebrüchen
und dürren Wipfeln gesammelt wird.
Afterhorn (W3) [Adelung]
Das Afterhorn, des -es, plur. die -hörner, in der Naturgeschichte der
Neuern, ein hornähnlicher Auswuchs mancher Thiere, der aber doch kein
eigentliches Horn ist; dergleichen z. B. die geschnittenen Böcke und
Ziegen haben.
Afterhummel (W3) [Adelung]
Die Afterhummel, plur. die -n, bey einigen ein Nahme der Drohnen oder
Brutbienen. S. Drohne.
Afterig (W3) [Adelung]
Das Afterig, des -s, plur. doch nur von mehreren Arten, die -e. 1)
Das Afterkorn, welches S. 2) In Obersachsen, der Unrath, welchen die
Bienen auf den Boden fallen lassen; an andern Orten das Grießig.
Afterkamehl (W3) [Adelung]
Das Afterkamehl, des -es, plur. die -e, der Nahme eines
morgenländischen Thieres, welches dem Kamehle gleicht, aber einen
ebenen Rücken und dagegen eine höckerige Brust hat; Camelus spurius,
Kl.
Afterkaninchen (W3) [Adelung]
Das Afterkaninchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Halbkaninchen und
Meerschwein.
After-kanonisch (W3) [Adelung]
* After-kanonisch, adj. et. adv. die after-kanonischen Bücher der
heiligen Schrift, deutero-canonici; eine sehr unschickliche Benennung,
weil after jetzt nur mit dem Begriffe des Unächten zu neuen
Zusammensetzungen angewandt werden kann.
Afterkegel (W3) [Adelung]
Der Afterkegel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den neuern
Meßkünstlern, ein dem Kegel ähnlicher Körper, welcher entstehet, wenn
sich eine krumme Linie um eine Axe drehet; Conoides.
Afterkiel (W3) [Adelung]
Der Afterkiel, des -es, plur. die -e, an den Schiffen, ein starker
Balken, welcher an dem Kiele befestiget wird, dessen untere Seite zu
verstärken.
Afterkind (W3) [Adelung]
Das Afterkind, des -es, plur. die -er. 1) * Eine veraltete Benennung
eines nachgebornen Kindes; Postumus. 2) * In den Rechten, auch wohl
ein Kind, welches geboren wird, nachdem der Vater bereits sein
Testament gemacht hat. 3) Ein uneheliches, unächtes Kind, nur bey
einigen neuern Dichtern. Allein die Schmeicheley, des Glückes
Afterkind, Günth. Der Neid, des Glückes Aftersohn, Rost.
Afterklaue (W3) [Adelung]
Die Afterklaue, plur. die -n, bey den Jägern, die kleinen Klauen,
oder Hornspitzen, welche so wohl das rothe, als auch das schwarze
Wildpret unten an den Läuften über den Ballen hat, und welche von
einigen auch die Aberklauen, die Aftern, das Geäftere, die Spornen,
ingleichen die Oberrücken, die Oberklauen genannt werden; wo Ober
vermuthlich für aber oder after stehet. Auch die Hunde haben zuweilen
ähnliche Afterklauen an den Hinterfüßen mit einem krummen Nagel.
Afterkohlen (W3) [Adelung]
Die Afterkohlen, sing. inusit. in den Bergwerken, das kleine Gestiebe
von den Kohlen, welches einige auch wohl in der einfachen Zahl, das
Afterkohl nennen.
Afterkönig (W3) [Adelung]
Der Afterkönig, des -es, plur. die -könige, ehedem so viel als der
Stellvertreter eines Königes, ein Vicekönig. Jetzt nur noch, obgleich
selten, ein Gegenkönig, der sich unrechtmäßiger Weise zum Könige
aufwirft.
Afterkorn (W3) [Adelung]
Das Afterkorn, des -es, plur. inus. 1) In der Landwirthschaft an
einigen Orten, das geringere Korn, welches bey dem Werfen mit der
Wurfschaufel zurück bleibt; das Aftergetreide, in Franken das Äfterig,
in Baiern, das Gaffter, und in Niedersachsen das Achterkorn, das
Achterste. 2) In einigen Gegenden auch das Mutterkorn, S. dieses.
Afterkugel (W3) [Adelung]
Die Afterkugel, plur. die -n, in der Geometrie, eine unächte Kugel,
d. i. eine solche Kugel, welche entstehet, wenn sich eine Ellipse um
eine ihrer Achsen drehet; Sphaeroides.
Afterläufer (W3) [Adelung]
Der Afterläufer, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, ein
Arbeiter, der das After auf einen Haufen läufet, d. i. führet.
Afterlauge (W3) [Adelung]
Die Afterlauge, plur. inus. bey den Weißgärbern, eine Lauge aus
Asche, den Thran aus den gewalkten semischgaren Fellen damit heraus zu
waschen.
Afterleder (W3) [Adelung]
Das Afterleder, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schustern, 1)
schlechte Abgänge von dem Leder; ohne Plural. 2) Das inwendige
Spornleder an den Stiefeln, welches die Gestalt eines halben Mondes
hat.
Afterlehen (W3) [Adelung]
Das Afterlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Lehnrechten, ein
Lehen, welches von einem Vasallen oder Lehnsmanne weiter verliehen
wird; Subfeudum.
Afterlehner (W3) [Adelung]
Der Afterlehner, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten,
besonders in Franken und Hessen, der Besitzer eines Bauergutes,
welches nur ein Theil einer Hufe ist, im Gegensatze des Hüfeners,
welcher eine volle Hufe besitzet. S. auch Aftersiedler.
Afterlehnsherr (W3) [Adelung]
Der Afterlehnsherr, des -en, plur. die -en, derjenige, der ein
empfangenes Leben weiter verleihet, im Gegensatze des Oberlehnsherren;
Dominus feudi intermedius; fecundarius, dergleichen ehedem auch ein
Afterherr genannt wurde.
Afterlehnsmann (W3) [Adelung]
Afterlehnsmann, des -es, plur. die -männer, oder -leute, der von
einem Vasallen weiter belehnet wird; Subvasallus.
Aftermehl (W3) [Adelung]
Das Aftermehl, des -es, plur. car. bey den Müllern, dasjenige Mehl,
welches aus dem zum dritten Mahle abgemahlenen Getreide entstehet, und
auch nur schlechthin das After, sonst auch das Pollmehl und Mittelmehl
heißt.
Aftermoos (W3) [Adelung]
Das Aftermoos, des -es, plur. doch nur so fern Arten dieses
Geschlechtes angedeutet werden, die -e, ein Pflanzengeschlecht, mit
unkenntlichen Geschlechtern, welches dem Moose in vielen Stücken
ähnlich, in andern aber noch davon unterschieden ist, und bey welchem
Wurzel, Stamm und Blatt nur Ein Stück zu seyn scheinen; Algae, L. Die
Flechten, Lichenes, die Grasfeder, Conferva, und das Meergras, Fucus,
gehören dahin.
Aftermotte (W3) [Adelung]
Die Aftermotte, plur. die -n, bey den neuern Lehrern der
Naturgeschichte, eine Benennung aller derjenigen Würmer oder Larven,
welche die Futterale oder Gänge, welche sie zu ihrer Bedeckung machen,
nicht mit sich nehmen, dagegen die wahren Motten sie überall mit sich
herum tragen; Afterschaben.
Aftern (W3) [Adelung]
Aftern oder aftern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben
bekommt, bey den Jägern, die Afterklauen in der Fährte ausdrucken,
welches besonders von dem rothen Wildprete geschiehet. Der Hirsch
aftert jederzeit auswärts, das Thier aber einwärts. In des Spaten
Sprachschatze wird aftern auch mit derBedeutung des Verhinderns
angeführet, welche aber im Hochdeutschen völlig unbekannt ist.
Afterpacht (W3) [Adelung]
Der Afterpacht, des -es, plur. die -pächte, ( S. Pacht,) der Pacht,
welcher von dem ersten Pächter einem andern übertragen wird. Daher der
Afterpächter.
Afterpapst (W3) [Adelung]
Der Afterpapst, des -es, plur. die päpste, ein unrechtmäßiger Papst,
im Gegensatze des rechtmäßigen.
After-Polyp (W3) [Adelung]
Der After-Polyp, des -en, plur. die -en, bey den neuern
Naturkundigen, eine weiche Thierpflanze, welche einen beweglichen sich
zusammen ziehenden Rand hat, der, wenn er sich ausdehnet, sich
wellenförmig beweget; Brachyonus, L.
Afterrede (W3) [Adelung]
* Die Afterrede, plur. die -n, böse Nachrede hinter eines andern
Rücken, im mittlern Lat. Dorsiloquium; eine glimpfliche Benennung der Verleumdung, welche aber im Hochdeutschen fast völlig veraltet ist. S.
das folgende.
Afterreden (W3) [Adelung]
* Afterreden, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, hinter
eines Rücken, in seiner Abwesenheit, Böses von ihm reden. Dieses
Zeitwort, dessen sich noch Luther bedienet hat, kommt jetzt fast gar
nicht mehr vor, und wenn es ja noch im theologischen Verstande
gebraucht wird, so geschiehet solches nur absolute, ohne ein Nennwort.
Ehedessen aber sagte man so wohl, von einem afterreden, als auch einem
afterreden, z. B. Jac. 4, 11. Afterredet nicht; wer seinem Bruder
afterredet, der afterredet dem Gesetz. So auch 1 Petr. 2, 12.
Anm.
After ist bey den Verbis eine von denjenigen Partikeln, welche ihre
Stelle vor dem Verbo die ganze Conjugation hindurch unverändert
behalten: ich afterrede, du afterredest, afterredete, aftergeredet. Es
bedeutet hier hinter; afterreden ist also eigentlich, hinter eines
Rücken reden, und in eingeschränkter Bedeutung, Böses in seiner
Abwesenheit reden. Dieser Begriff ist in den Deutschen Mundarten noch
auf andere ähnliche Art ausgedruckt worden; denn das Alemann.
hinderreden, und im Substantiv Hinderrede, (in Scherzii Philos. mor.
S. 14,) hintarsprechan und hintarchoson, ingleichen aftersprechan und
afterkosen, das ehemahlige Niedersächs. backreden, das Dän. bagtale
das Schwed. baktala und das heutige Nieders. bakwaschen von Back,
Rücken, ingleichen die Nieders. und Holländ. Hauptwörter Achterklapp,
Bakwort und Bakrede, sagen genau eben das. Ja in der alten Persischen
Sprache soll schon Achterratz so viel als Afterrede bedeutet haben.
After-Sabbath (W3) [Adelung]
* Der After-Sabbath, des -es, plur. inusit. in Luthers Übersetzung
des neuen Testamentes Luc. 6, 1. der Tag nach dem Sabbathe, oder wie
andere wollen, der erste Sabbath nach dem andern Tage des Osterfestes,
- hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Ohne auf den
Griechischen Ausdruck zu sehen, müßte die erste Bedeutung der letztern
allerdings vorgezogen werden, weil sie dem Gebrauche des Wortes after
am gemäßesten ist. Denn auf gleiche Art würde der Montag ehedem der
Aftersonntag genannt, und der Dienstag heißt in Schwaben noch jetzt
der Aftermontag.
Afterschabe (W3) [Adelung]
Die Afterschabe, S. Aftermotte und Riehwurm.
Afterschanze (W3) [Adelung]
* Die Afterschanze, plur. die -n, in der Befestigungskunst, bey
einigen so viel, als eine Verschanzung, oder ein Retranchement auf dem
Felde.
Afterschirm (W3) [Adelung]
Der Afterschirm, des -es, plur. car. in dem Deutschen Staatsrechte,
die Schirmgerechtigkeit, besonders über geistliche Güter, die jemand
von dem eigentlichen Schutzherren übertragen worden; der Afterschutz.
Afterschirmherr (W3) [Adelung]
Der Afterschirmherr, des -en, plur. die -en, ein solcher
untergeordneter Schirmherr, besonders geistlicher Güter;
Afterschutzherr, Aftervogt, Advocatus substitutus.
Afterschlacke (W3) [Adelung]
Die Afterschlacke, plur. die -n, in den Hüttenwerken, Schlacken,
welche zwey Mahl durch die Probe gegangen sind.
Afterschlag (W3) [Adelung]
Der Afterschlag, des -es, plur. inusit. im Forst- und Zimmerwesen,
die Äste und Wipfel der abgehauenen Bäume; der Abraum, Afterzagel, S.
diese Wörter. In einigen Orten auch die Gräte. S. auch Haltaus h. v.
Eine andere längst veraltete Bedeutung dieses Wortes führet Frisch v.
After an.
Afterschmetterling (W3) [Adelung]
Der Afterschmetterling, S. Frühlingsfliege.
Afterschutz (W3) [Adelung]
Der Afterschutz, des -es, plur. car. S. Afterschirm.
Aftersiedel (W3) [Adelung]
Das Aftersiedel, des -s, plur. ut nom. sing. und in der
verkleinernden Form, das Aftersiedlein, des -s, plur. ut nom. sing. in
den Lebensrechten, besonders in Franken und Hessen, einer von
denjenigen kleinern Theilen, worin jemand sein Lehen zertheilet hat.
S. Siedel.
Aftersiedeln (W3) [Adelung]
Aftersiedeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, mit einem
andern in einem solchen abgetheilten Stücke eines Lehens sitzen.
Particip. Passiv. aftergesiedelt.
Aftersiedler (W3) [Adelung]
Der Aftersiedler, des -s, plur. ut nom. sing. der ein Stück von einem
zertheilten Lehngute, als ein Afterlehnsmann besitzet. S. auch
Afterlehner.
Aftersilber (W3) [Adelung]
Das Aftersilber, des -s, plur. inus. in den Hüttenwerken, unreines
Silber, welches noch After bey sich führet.
Aftersohn (W3) [Adelung]
Der Aftersohn, S. Afterkind.
Afterspinne (W3) [Adelung]
Die Afterspinne, plur. die -n, in der Naturgeschichte der Neuern,
eine Spinnenart mit langen Fühlhörnern, Lauffüßen, eyrundem Körper und
vier Augen; der Weberknecht, Phalangium, L.
Aftersprache (W3) [Adelung]
* Die Aftersprache, plur. die -n. 1) Üble Nachrede, wie Afterrede,
jetzt ganz veraltet. 2) Bey den Handwerkern, und besonders den
Schustern, eine Versammlung, die sie ehedem nach der so genannten
Morgensprache hielten, und in welcher sie nur von Nebendingen und
Kleinigkeiten handelten, dagegen sie sich in der Morgensprache mit
wichtigen Gegenständen beschäftigten. Und auf solche Morgensprachen
allezeit vierzehen Tage hernach eine freye Aftersprach gewesen ist, u.
s. f. Ordnung der Schuster zu Zeit von 1684. S. auch Haltaus h. v.
Afterstück (W3) [Adelung]
Das Afterstück, des -es, plur. die -e, bey den Sattlern, das hintere
Stück eines Sattels.
Afterthräne (W3) [Adelung]
Die Afterthräne, S. Afterdrohne.
After-Topas (W3) [Adelung]
Der After-Topas, des -es, plur. die -e, ein Nahme des Böhmischen
Rauch-Topases, Morion, welcher eigentlich ein schwärzlicher Krystall
ist.
Afterweisel (W3) [Adelung]
Der Afterweisel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Bienenzucht, der
Weisel der Drohnen, der Drohnenweisel.
Afterwelt (W3) [Adelung]
* Die Afterwelt, plur. inus. ein veraltetes Wort für Nachwelt,
welches einige Neuere, um des bequemen Sylbenmaßes willen, wieder in
Gang zu bringen gesucht haben. Vergebens schreiben wir für Welt und
Afterwelt, Haged. Der, hoffend auf die Krone der Afterwelt, Den
bürgerlichen Ehren entsagete, Raml. Wegen der Zweydeutigkeit des
after, welches in neuern Zusammensetzungen allemahl den Begriff einer
unächten Beschaffenheit hat, sollte man sich dieses Wortes lieber
enthalten, um nicht wider seinen Willen einen Begriff rege zu machen,
den Günther in einer Stelle ausdrücklich vor Augen hatte, als er sagte: Herzen, die der Himmel bindt, Füllen keine Wollustflammen, Die
die Afterwelt empfindt, d. i. die ausschweifende, ausgeartete Welt.
Afterwespe (W3) [Adelung]
Die Afterwespe, plur. die -n, bey einigen ein Nahme der
Schlupfwespen, oder der Fliegen mit vier Flügeln.
Afterzagel (W3) [Adelung]
* Der Afterzagel, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden des
Rheines, so viel als der Afterschlag, d. i. die Äste und Gipfel der
gefälleten Bäume. S. Zagel.
Afterzeidler (W3) [Adelung]
Der Afterzeidler, des -s, plur. ut nom. sing. um Nürnberg,
diejenigen, welche den Bienenbau in den kaiserlichen und Reichswäldern
von den privilegirten Zeidlern pachtweise im Besitz haben. S. Zeidler.
Afterzins (W3) [Adelung]
Der Afterzins, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, z. B. um
Nürnberg, eine Art Zinse, welche außer den Eigenzinsen von einem Gute
gegeben werden, und auch Gatterzinse heißen. S. dieses Wort.
Afterzwang (W3) [Adelung]
Der Afterzwang, des -es, plur. inus. der Zwang des Afters oder im
After, wofür doch Stuhlzwang üblicher ist, welches S.
Agath (W3) [Adelung]
Agath, S. Achat.
Agende (W3) [Adelung]
Die Agende, plur. die -n, ein Kirchenwort, welches aus dem mittlern
Latein. Agenda, von den Protestanten beybehalten worden, die
Vorschrift des öffentlichen Gottesdienstes und der dazu gehörigen
Amtsverrichtungen der Geistlichen zu bezeichnen; die Kirchen-Agende.
S. du Fresne Gloss. v. Agentes.
Agent (W3) [Adelung]
Der Agent, des -en, plur. die -en, aus dem Lat. agens, ein jeder, der
eines andern, besonders eines Höhern Privat-Geschäfte an einem Orte
besorgt; der Geschäftträger, im Oberdeutschen Gerhab, Gewalthaber.
Daher die Agentur, plur. die -en, das Amt eines Agenten, welches auch
wohl die Agentschaft genannt wird. Der Agent regierender Herren, hat
keine öffentlichen, sondern nur Privat-Geschäfte zu besorgen, daher er
auch mit keinen Beglaubigungsschreiben versehen wird.
Aggregat (W3) [Adelung]
Das Aggregat, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Aggregatum, ein
Haufen mehrerer zusammen gebrachter Dinge. Besonders, 1) in der
Rechenkunst, wo das Aggregat so viel als die Summe ist. 2) In der
Physik ist das Aggregat, eine Verbin-
dung mehrerer solcher Theile zu einem Ganzen, welche wieder aus
merklich verschiedenen Theilen bestehen, und ein auf solche Art
zusammen gesetztes Ding; die Zusammenhäufung, ein Haufwerk.
Aglarkraut (W3) [Adelung]
Das Aglarkraut, des -es, plur. car. ein Nahme, welcher in Österreich
der Hauhechel, oder dem Stachelkrante, Ononis spinosa, L. beygeleget
wird; ohne Zweifel von den Ageln, Agen, oder Stacheln, womit es
besetzt ist. S. Age und Hauhechel.
Aglaster (W3) [Adelung]
Aglaster, S. Älster.
Agley (W3) [Adelung]
Agley, S. Akeley.
Agnes (W3) [Adelung]
Agnes, ein weiblicher Taufnahme, dessen Ursprung noch dunkel ist.
Vielleicht ist er eine Verkürzung von Ignatia.
Agrest (W3) [Adelung]
Der Agrest, des -es, plur. inus. vom Lat. Agresta, und dieß vom Ital.
Agresto, ein jeder säuerlicher Saft. Besonders in den Küchen und
Apotheken, 1) ein aus unreifen Weintrauben gepreßter Saft, er mag mit
Zucker abgesotten seyn oder nicht. 2) Eingemachte unreife Weinbeeren
selbst.
Agrimone (W3) [Adelung]
Die Agrimone, plur. inusit. eine Pflanze, welche wild an den Wegen
und Zäunen, und auf ungebaueten Feldern wächst; Agrimonia Eupatoria,
L. Da diese Pflanze schon lange als ein heilsames Wundkraut bekannt
ist, so ist ihr Nahme in dem Munde des Volkes auch gar sehr
verunstaltet, und bald Adermennig, bald Angermennig, am häufigsten
aber Odermennig daraus gemacht worden. Im Dän. heißt sie Agermaane,
gleichsam Ackermohn. Es wäre zu untersuchen, ob dieses letztere nicht
ihr wahrer Nahme ist, aus welchem der Lateiner Agrimonia gemacht
worden. Übrigens wird sie im Deutschen auch Leberkraut, Leberklette,
Königskraut, Gränsich, Bruchkraut, Drachenkraut und Heil aller Welt
genannt.
Agtstein (W3) [Adelung]
Der Agtstein, des -es, plur. inusit. eine Benennung, welche an
einigen Orten, besonders in Oberdeutschland, dem Bernsteine gegeben
wird. Wachter glaubt, es müsse Achstein heißen, von Ach, Wasser, weil
er im Wasser gefunden werde, oder Augstein, weil er den Augen heilsam
sey. Allein es ist wohl gewiß, daß dieser Nahme von dem veralteten
aiten, brennen, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
herkommt, und also Brennstein bedeutet, welches mit dem mehr
Niedersächsischen Bernstein genau überein kommt. Man findet ihn auch
in den ältern Zeiten wirklich Aidstein geschrieben. S. Eiter und
Eiternessel. Verschiedene Schriftsteller, die des Mineralreiches
unkundig waren, haben sich durch die Ähnlichkeit der Nahmen verleiten
lassen, so wohl den Achat als auch den Gagat, Agtstein zu nennen, so
sehr auch alle drey verschieden sind. Oft nennet man auch den Gagat
schwarzen, den Bernstein aber gelben Agtstein. Übrigens sind in
Oberdeutschland so wohl das Adjectiv agtsteinen, als auch alle die
Zusammensetzungen üblich, welche mit dem Worte Bernstein gemacht
werden.
Ägypten (W3) [Adelung]
Ägypten, Genit. Ägyptens, plur. car. ein bekanntes Königreich auf der
östlichen Grenze Africa's. Daher Ägyptisch, aus Ägypten, daselbst
einheimisch, daselbst erfunden, entstanden. Die Ägyptische Salbe, bey
den Hufschmieden, eine Salbe aus Honig, Essig, Leber-Aloe und
Grünspan. Ferner ein Ägyptier, oder Ägypter, Fämin. -inn. Das Wort
stammet aus dem Griechischen her, und da es hier ein - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, und im Lat. ein ae hat, so ist
die Schreibart mit einem bloßen e, Egypten, wider die Gesetze der
nächsten Abstammung, und das Beyspiel der Franzosen und anderer
Völker, deren Sprachen keine Eigenthümlichkeit mehr haben, kann
selbige so wenig rechtfertigen, als die Gewohnheit der vorigen
Jahrhunderte, wo man a und e ohne allen Unterschied gebrauchte.
Ahlbaum (W3) [Adelung]
Der Ahlbaum, des -es, plur. die -bäume, in einigen Gegenden, ein
Nahme des Zaun- oder Heckenkirschbaumes, Lonicera Xylosteum, L. dessen
Frucht alsdann Ahlkirsche genannt wird.
Ahlbeere (W3) [Adelung]
Die Ahlbeere, S. Alantbeere.
Ahle (W3) [Adelung]
Die Ahle, plur, die -n, ein spitziges Werkzeug von Stahl
verschiedener Handwerker, besonders solcher, die in Leder arbeiten,
Löcher damit in dasselbe vorzustechen. Die krummen Ahlen heißen bey
den Schustern und Sattlern gemeiniglich Orte; Pfriemen aber sind eine
Art dickerer und stärkerer Ahlen.
Anm. Dieses Wort ist in allen drey
Geschlechtern üblich, der Ahl, des -es, und im Plural die Ahle, und
das Ahl. Am häufigsten wird es indessen im weiblichen Geschlechte
gebraucht. Die Niedersachsen haben dieses Wort auch; doch gebrauchen
sie Statt dessen auch Ort, Souel, Suel, Subbel oder Sugel. Dieses
letztere kommt mit dem barbarisch Griech. - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image -, dem Lat. Subula, dem Schwed. Syl, dem Dän. Syel,
und dem Ital. Sublia genau überein. Das Stammwort ist unstreitig das
alte Nordische sy und Lat. suere, nähen. Wenn aber Wachter davon auch
die Ahle herleiten will, so ist das eine von den willkürlichen und
künstlichen Ableitungen, die bey ihm nichts seltenes sind. Frisch
merkt richtiger an, daß Ahle die Benennung von der scharfen Spitze
hat, und also mit Achel, Age, und dem Lat. Acus verwandt ist. S. Age
und Ecke. Mit Ahl kommen auch das Angels. Aele, Ale, das Engl. Awl,
und das Holländ. Aelsene überein.
Ahlenmacher (W3) [Adelung]
Der Ahlenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. oder der Ahlenschmid,
des -s, plur. die -schmiede, ein Handwerker, der die Ahlen
verfertiget.
Ahlkirsche (W3) [Adelung]
Die Ahlkirsche, plur. die -n. 1) An einigen Orten, besonders in
Schlesten, die Frucht des schwarzen Vogelkirschbaumes, und dieser Baum
selbst; Prunus Padus, L. S. Vogelkirsche. 2) In andern Gegenden führet
die Zaun- oder Heckenkirsche, Lonicera Xylosteum, L. diesen Nahmen. 3)
In noch andern ist es ein Nahme der Faulbeere oder Elsebeere, Rhamnus
Frangula, L. S. Elsebeere.
Ahm (W3) [Adelung]
Die Ahm, plur. die -en, ein Maß flüssiger Dinge, besonders des
Weines, welches in jedem Lande zwar von verschiedenem Gehalte ist,
aber doch meisten Theils zwey Eimer hält. In Sachsen hält eine Ahm 126
Kannen; im Hannöverischen, in Lübeck, in Hamburg, und in Hessen 40
Stübchen oder 80 Kannen; im Osnabrückischen 112 Kannen oder Maß; in
Bremen 15 Stübchen oder 180 Quart; in Cöln 104 Maß; in der Pfalz 12
Viertel; in Basel 32 alte oder 40 neue Pott, und in Danzig 4 Anker. In
der Pfalz machen 10 Ahm, in Frankfurt, im Würtembergischen, im
Hannöverischen, und ganz Niedersachsen aber 6 Ahm ein Fuder.
Anm. Wenn
dieses Wort eine bestimmte Zahl vor sich hat, so lautet es im Nomin.
Plural. nur Ahm, Sechs Ahm, zehn Ahm, wie man sechs Fuß, zehn Mann u.
s. f. sagt. S. auch Acker, Ahm ist an einigen Orten nicht nur
männlichen Geschlechtes, der Ahmen, sondern es wird auch so wohl in
Ober- als Niederdeutschland häufig Ohm geschrieben und gesprochen.
Indessen scheint das a doch der Abstammung gemäßer zu seyn. Denn schon
bey den Griechen war - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - in
der Bedeutung eines Gefäßes üblich, woraus hernach die Lateiner ihr
Amphora zusammen gesetzt haben. Engl. Ame, Awn, Ome, Holländ. Ame,
Aem, Dän. Ahme, Schwed. Am, Isl. Amr. S. auch Eimer.
Ähmchen (W3) [Adelung]
Das Ähmchen, des -s, plur. ut nom. sing. das Verkleinerungswort des
vorigen, welches in der Mark Brandenburg ein
Biermaß ist, so 24 Quart oder Maß hält, und deren vier eine Tonne,
acht aber ein Faß machen.1. Ahmen, imitari, S. Nachahmen.2. Ahmen,
oder Ohmen, verb. reg. act. den körperlichen Inhalt eines leeren
Fasses messen, es mag eine Ahm halten oder nicht. Ein Faß ahmen. Daher
der Ahmer, die dazu bestellte obrigkeitliche Person, der Visirer. Es
ist noch ungewiß, ob dieses Wort von dem vorigen Ahm abstammet, oder
nur eine zufällige Ähnlichkeit des Klanges mit demselben hat. Denn im
alten Franz. bedeutet Esme, ein Gewicht, und esmer, aesmer, aymer,
haumer, hausmer, so wohl wägen, als auch visiren, eichen. S.
Carpentiers Glossar. v. Esmerare.
Ahmig (W3) [Adelung]
Ahmig, oder Ohmig, adj. et adv. eine Ahm haltend. Ein ahmiges Faß. Am
häufigsten mit Zahlwörtern; zweyahmig, dreyahmig u. s. f.
Ahn (W3) [Adelung]
Der Ahn, des -en, plur. die -en. 1) * Der Großvater; eine im
Hochdeutschen veraltete, im Oberdeutschen aber noch völlig gangbare
Bedeutung, wo es in Österreich und Baiern Än, Ändel und Andel, am
Rheinstrome Anichen und Annichen, lautet. In eben diesen Gegenden
heißt die Großmutter die Ahn, und die Ahnfrau. In Oberschwaben heißt
der Großvater Ehni, die Großmutter aber Ahna, der Altervater der
Urahn, Urahni, in andern Gegenden Aberahn, Alterenn, und die
Großmutter Urahna. In Baiern ist Ähnl der Großvater, Ahnl die
Großmutter, und Guckahnl die Urgroßmutter. Was der Ahn zusammen
scharrt, heißt es in dem alten Liede: Wohl dem der um den armen Mann.
2) Überhaupt einer von den Vorältern, welche über die Großältern
hinauf steigen, Hast munter dich geübet Zu zieren deinen Stand mit
etwas, das kein Ahn, Kein Schild noch offner Helm den Menschen geben
kann, Opitz. Des Ahnen Aberwitz wird auch des Enkels seyn, Hall. wo es
aber zunächst den Großvater zu bezeichnen scheint. Oder nennt ihr
diese Vortheile etwas das der Fleiß eures Ahnen verdiente? Dusch. Sein
Ur-Ur-Ur-Ur-Älterahn War älter noch als unser aller Ahn, Less. Aller
dieser Beyspiele ungeachtet, ist es doch in dieser Bedeutung im
Hochdeutschen im Plural am üblichsten, Vorältern, collective ohne
Unterschied des Geschlechtes zu bezeichnen besonders adelige
Vorältern. Von adeligen Ahnen entsprossen. Seine acht Ahnen beweisen;
beweisen, daß man ehelicher Weise von acht adeligen Vorältern, so wohl
von väterlicher als mütterlicher Seite, also auf beyden Seiten von
sechzehn adeligen Personen abstamme und also ein echtschildiger
Edelmann sey.
Anm. Das Wort ist alt, aber zunächst im Oberdeutschen
einheimisch. Schon in den Florent. Glossen ist Ano, avus, Ana, avia,
und Altirano, proavus. Bey dem Ottfried sind ira anon, ihre Ahnen, und
Altano, einer der Vorältern. In dem Sachsenspiegel wird dieses Wort in
allem Ernste von Anus, der Hintere, hergeleitet. Wachter läßt es von
der Partikel an, Frisch aber von dem Lat. Avus abstammen; das erste
ist zu künstlich, das letztere aber zu unwahrscheinlich. Vermuthlich
ist das Angels, eanian, gebären, das Stammwort, und im Türkischen
bedeutet Ana wirklich die Mutter. Wahrscheinlich ist auch das Lat.
Anus, eine alte Frau, damit verwandt, und in einigen Oberdeutschen
Gegenden ist eine Ahne noch jetzt eine alte Frau.
Ahnden (W3) [Adelung]
1. Ahnden, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, eine dunkele
Empfindung von einer künftigen Sache haben. Es wird auf gedoppelte Art
gebraucht. 1) Als ein persönliches Verbum. Was ahnden sie? was sagen
sie? Göthe. Ein kleiner Anfangs-versuch, an dem man aber, was noch
dahinten sey, ahnde und rathe, Herd. Daher haben denn auch einige das
Particip. Präs. gebraucht. Meine ahnende (ahndende) Angst hatte nicht
falsch geweissaget. Mit ahnender Betrübniß, Schleg. Da diese ganze
persönliche Form mehr Nieder- als Hochdeutsch ist, so gilt dieses
vornehmlich auch von dem Participio. 2) Am häufigsten unpersönlich,
mit der dritten Endung der Person. Es ahndet mir nichts Gutes, oder
mir ahndet nichts Gutes. Das hat mir lange geahndet. Meinem Herzen
ahndete ein Unglück. Es ahnt mir, Schlesien verliere seine Schwäne;
Ich sah sie, sah ich recht, vorlängst nach Norden fliehn, Günth. Anm.
Bey den Niedersachsen bedeutet es auch Empfindung, Begriffe von etwas
haben; z. B. das Kind ahnet die Schläge noch nicht, hat noch keine
Begriffe davon. Eben dieselben schreiben und sprechen gern ahnen, und
die gröbern Mundarten aunen, so wie sie das d und t in der Mitte
vieler andern Wörter aus Trägheit verschlucken; z. B. been, für beden,
oder Hochdeutsch bethen, döen, für tödten, höen, für hüten u. s. f.
Indessen ist es doch in diesem Worte bey ihnen nicht allgemein, denn
man findet bey ihnen auch aanden. Es ist also ein Fehler, wenn manche
Hochdeutsche die Niedersächsische Bequemlichkeit nachahmen und
gleichfalls ahnen schreiben und sprechen; zumahl da sogleich erhellen
wird daß das d zur Wurzel gehöret. Denn Frischens Ableitung von an,
und Ihre's von ohne, so daß die Emfindung des Mangels der Stammbegriff
sey, sind viel zu künstlich und unwahrscheinlich. Es ist vielmehr
glaublich, daß in dem vorhin gedachten Niedersächsischen aanden,
Begriff von etwas haben, empfinden, der Stammbegriff verborgen liegt,
und dann kann man mit Wachtern immer das alte Nordische Ande, Aund,
Geist, für das Stammwort annehmen, welches noch jetzt im Isländischen
Ond, im Dänischen aber Aand lautet. Ahnden kommt in der Bedeutung der
dunkeln Empfindung des Zukünftigen bey den Fränkischen und
Alemannischen Schriftstellern, so viel ich weiß, nicht vor, wohl aber
das gleichbedeutende Suanon, welches noch in Niedersachsen üblich ist,
S. Schwanen, ingleichen das folgende.
Ahnden (W3) [Adelung]
2. Ahnden, verb. reg. act. sein Mißfallen über eine Sache mit Worten
oder mit der That zu erkennen geben, eine Sache bestrafen. Das Böse
ahnden. Wollen wir diesen Schimpf nicht ahnden? Der Frevel muß an ihm
und an den Seinigen geahndet werden. Es ist hier von sehr weitem
Umfange, indem es alle Arten der Bestrafung von dem bloßen Verweise
an, unter sich begreift, und im letztern Falle im Oberdeutschen eine
gelindere Art des Verweises andeutet, als verweisen, obgleich eine
stärkere als vorhalten und ausstellen.
Anm. Das vorhin gedachte Aand,
Aund, bedeutet in den alten Mundarten nicht allein den Geist, die
Seele, das Gemüth, sondern auch alle stärkere Gemüthsbewegungen,
besonders aber, 1) des Zornes, des Eifers. So braucht Kero das
Hauptwort der Ando, für Zorn, Eifer. Wanda ih iz andon, wenn ich es
ahnde, d. i. bestrafe, Notker. Auf ir drey Haubtlewt tets ir andt,
Theuerd. Kap. 99. war sie zornig. 2) Der Unlust, des Mißfallens. Denn
mir das anndt thut, Theuerd. Kap. 58. es kränket mich. Herr mich
bedünckt euch thu ant Hierinn also zu liegen still, Ebend. Kap. 66. In
Baiern ist ahnti und ahndig noch jetzt mürrisch, verdrießlich, und in
den gemeinen Mundarten, besonders in Oberdeutschland, ist die R. A.
sehr gemein: es thut mir ahnd, es schmerzet mich. 3) Der Sehnsucht,
wohin die unter dem großen Haufen aller Provinzen Oberdeutschlandes so
bekannte R. A. gehöret: es thut mir ahnd um ihn oder nach ihm. Auch bey den alten Isländern findet man,
margum war ant heim, viele sehneten sich nach Hause. 4) Des
Wohlgefallens, obgleich etwas seltener. Were es unserm herren ande,
wäre es unsern Herren lieb, Minnes.Wachter, der für jede Bedeutung
eines Wortes so gern ein neues Stammwort annimmt, leitet ahnden in der
Bedeutung des Unwillens, der gerechten Bestrafung von and, ent, gegen,
wider, ab. Allein man sieht leicht, wie gekünstelt und gezwungen eine
solche Herleitung ausfallen muß. Braucht man für Aand, Aund, Geist,
Seele, noch ein Stammwort, so kann man es mit Herrn Ihre ganz füglich
zu dem Geschlechte des Griechischen - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - und des Deutschen wehen rechnen; indem die Benennungen
des Geistes in den meisten Sprachen von dem Winde, und dem Athem
hergenommen sind, Aande auch im Dänischen noch jetzt Athem, und aande
athemen bedeutet. Da das erste a in allen diesen Wörtern gedehnt ist,
und in einigen Mundarten sogar in den Doppellaut au verwandelt worden:
so siehet man leicht, daß das h nach demselben nicht füglich
weggelassen werden könne.
Ahndung (W3) [Adelung]
Die Ahndung, plur. die -en, nach Maßgebung obiger beyder Zeitwörter.
1) Die dunkele Empfindung des Zukünftigen. Als unser Herz vielleicht
von trauriger Ahndung schlug, Dusch. Traurige Ahndungen verfolgen
mich, und die Nächte quälen mich mit fürchterlichen Träumen, Weiße. 2)
Thätige Erweisung des Mißfallens, Bestrafung, so wohl mit Worten, als
mit der That. Würde ich mir nicht selbst die schärfste Ahndung von
meiner Herrschaft zuziehen? Weiße. In dieser letzten Bedeutung ist der
Plural seltener.
Ähneln (W3) [Adelung]
+ Ähneln, ähnlich seyn, S. Ähnlichen.
Ahnen (W3) [Adelung]
Die Ahnen, S. Ahn.
Ahnenprobe (W3) [Adelung]
Die Ahnenprobe, plur. die -n, der Beweis, daß man von der
vorgeschriebenen Zahl von Ahnen abstamme. S. Ahn.
Ahnenrecht (W3) [Adelung]
Das Ahnenrecht, des -es, plur. inus. das Recht derer, welche viele
Ahnen zählen können, d. i. das Recht, welches die von erweislich altem
und unbeflecktem Adel genießen.
Ahnenzahl (W3) [Adelung]
Die Ahnenzahl, plur. inusit. die zur Erlangung gewisser Vorzüge
nothwendige Anzahl ebenbürtiger Ahnen.
Ahnfrau (W3) [Adelung]
Die Ahnfrau, plur. die -en. 1) In Oberdeutschland, die Großmutter,
wenn man derselben mit einer Art von Ehrerbiethung gedenket; in der
Oberpfalz die Fraula. 2) Unter den Ahnen eine Person weiblichen
Geschlechtes, doch auch nur, wenn man mit Ehrerbiethung von derselben
spricht. S. Ahn.
Ahnherr (W3) [Adelung]
Der Ahnherr, des -en, plur. die -en. 1) So wie das vorige, der
Großvater; in der Oberpfalz Herrla. 2) Einer aus den Ahnen. In beyden
Fällen nur alsdann, wenn man mit Achtung von demselben reden will. Den
großen Ahnherrn eines größern Urenkels, Raml. 3) Figürlich, auch ein
jeder Vorgänger in einer Kunst, Wissenschaft oder Sache. Phil. von
Zesen, der Ahnherr aller Neuerer in der Orthographie.
Ähnlich (W3) [Adelung]
Ähnlich, -er, -ste, adj. et adv. ein wenig gleich, mehrere
übereinstimmige Merkmahle habend; zum Unterschiede von gleich, wenn
alle Merkmahle überein stimmen. Das Gemählde ist ihm ziemlich ähnlich.
Der Sohn steht seinem Vater im geringsten nicht ähnlich. Das ist der
Wahrheit vollkommen ähnlich. Er ist ihm in den Sitten, in der Sprache
ähnlich. Das sieht ihm sehr ähnlich, ist seiner Art zu handeln, seiner
Gemüthsbeschaffenheit gemäß. Ein ähnlicher Fall ist mir noch nicht
vorgekommen. Es geschahe mir ein ähnlicher Antrag. Was hat man wohl
von einer ähnlichen Veränderung zu besorgen? In der Mathematik nennt
man Dinge ähnlich, wenn sie einerleyVerhältnisse haben, d. i. wenn
alles bis auf die Größe an ihnen einerley ist; gleich hingegen, wenn
auch die Größe einerley ist. Im gemeinen Leben hingegen werden gleich
und ähnlich sehr oft für einander gesetzt, S. Gleich.
Anm. Aus der
alten Oberdeutschen Schreibart, anachilihho bey dem Isidor, und
angelich noch bey dem Tschudi, erhellet, daß die letzte Hälfte dieses
Wortes lich oder gleich ist. In der ersten Hälfte haben schon Wachter
und Frisch das Vorwort an erkannt: nur haben sie dessen Nachdruck
verfehlet, wenn sie auf die Bedeutung des Ursprunges fallen.
Vielleicht leistet uns die Niedersächsische Mundart hier bessere
Dienste. Hier wird an häufig mit Adverbien und Adjectiven verbunden,
wenn nur etwas weniges von der Eigenschaft angedeutet werden soll, in
welchem Falle die Hochdeutschen ihr lich anzuhängen pflegen; z. B.
angelb, gelblich, anroth, röthlich, ansüß, füßlich, anhart, härtlich,
anreich, reichlich, ankleyig, ein wenig kleyig oder lettig, u. s. f.
Angleich oder ähnlich würde dem zu Folge ein wenig gleich bedeuten,
und dessen heutigen Gebrauch sehr gut ausdrucken. S. An
Anm. 7. An
wird in dieser Zusammensetzung zugleich gedehnt ausgesprochen, woraus
sich das seit langer Zeit hergebrachte h in ähnlich erklären läßt. Die
Niedersachsen haben dieses Beywort, so viel ich weiß, nicht,
ungeachtet anlic schon bey den Angelsachsen üblich war. Es scheint
auch im sechzehnten Jahrhunderte, wenigstens in einigen Oberdeutschen
Gegenden, fremd gewesen zu seyn, indem es in der Baseler Ausgabe des
neuen Testamentes Lutheri von 1523 mit in das Verzeichniß der
unbekannten Wörter gesetzt, und daselbst durch gleich erkläret wird.
Es scheinet, daß man von diesem Worte auch ein Verbum ahnen gehabt;
wenigstens läßt sich dieses Wort in der alten sprichwörtlichen R. A.
Gute Nahmen gerne ahnen, conveniunt rebus nomina saepe suis, am besten
hierher rechnen.
Ähnlichen (W3) [Adelung]
+ Ähnlichen, verb. reg. neutr. mit haben, ähnlich seyn; nur im
gemeinen Leben, wo man dafür auch ähneln hat.
Ähnlichkeit (W3) [Adelung]
Die Ähnlichkeit, plur. die -en. 1) Die Übereinstimmung mehrerer
Merkmahle; ohne Plural. Dieß Gemählde hat viel Ähnlichkeit mit ihm.
Die Ähnlichkeit zwischen beyden ist so groß eben nicht. 2) Mehrere
überein stimmende Merkmahle selbst. Das sind Ähnlichkeiten, die einem
jeden in die Augen fallen.
Ahorn (W3) [Adelung]
Der Ahorn, des -es, plur. die -e, oder der Ahornbaum, des -es, plur.
die -bäume, ein Baum, der zu den harten Laubhölzern gehöret; Acer, L.
Er hat ein hartes und weißes Holz, und ist aus Asien über Griechenland
und Italien nach Deutschland gekommen, wo er jetzt in den Wäldern,
doch nur noch einzeln wächst. Wegen seines angenehmen Schattens und
geraden Stammes ist er in den Spaziergängen sehr beliebt. - Im stillen
Schatten des Ahorns Ruht, ungerühmt von panegyrischem Marmor, Des
Weisen Aschenkrug, Zach.
Anm. 1. Der Deutsche Nahme dieses Baumes ist
vermittelst einer nicht ungewöhnlichen Verwechselung des c mit dem h
aus dem Latein. Acer, gebildet. Luthers Plural Ahörnen, Sir. 24, 19.
ist ganz ungewöhnlich. In den Slavonischen Mundarten heißt dieser Baum
Gawor.
Anm. 2. Man kennet in den Deutschen Wäldern fünf Arten dieses
Baumes. 1) Den gemeinen weißen Ahorn, der grün-gelbliche Blumen, eine
weißliche Rinde und das weißeste Holz hat, und dessen Blätter auf der
untern Seite weißgrau und mit einer zarten Wolle bedeckt sind. Er wird
in den gemeinen Mundarten auch Anchore, Amhorn, die Ohre, in Thüringen
und Franken, die Ehre und Arle, in Schlesien die Urle, in Sachsen,
wegen des vornehmsten Gebrauches, der davon gemacht wird,
Spindel- oder Spillenholz, in der Schweiz Waldäsche und Steinahre, und
in andern Gegenden Geißbaum genannt. 2) Der gemeine Ahorn mit
scheckigen Blättern. 3) Die Lehne ( S. dieses Wort,) welche in Norden
und Niedersachsen häufig wächst, eine weiße glatte Rinde, und ein
hartes und zähes Holz hat, welches aber nicht so weiß und fein ist,
als an dem vorigen. 4) Die Lehne mit scheckigen Blättern, welche eine
bloße Abänderung der vorigen ist. 5) Der kleine Deutsche Ahorn,
welcher kleine, unten hellgrüne, oben aber dunkle Blätter und eine
gelbbraune Rinde hat, und unter dem Nahmen des Masholders, oder der
Maserle am bekanntesten ist; S. Masholder.
Ahornlaus (W3) [Adelung]
Die Ahornlaus, plur. die -läuse, eine Art Blattläuse, welche auf den
Ahornarten angetroffen werden; Aphis aceris, L.
Ahornen (W3) [Adelung]
Ahornen, adj. et. adv. aus Ahornholze verfertigt, zum Ahornbaume
gehörig; im Hochdeutschen sehr ungewöhnlich.
Ahornzucker (W3) [Adelung]
Der Ahornzucker, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder
Quantitäten, ut nom. sing. Zucker, welcher aus dem Safte des
Ahornbaumes, besonders des weißen, gesotten wird.
Ahre (W3) [Adelung]
+ Die Ahre, oden Ähre, plur. die -n, ein Nahme, der in den gemeinen
Mundarten auch dem Ahorne gegeben wird; S. dieses Wort.
Ähre (W3) [Adelung]
1. * Die Ähre, plur. die -n, ein nur in einigen Provinzen, z. B. in
Thüringen, Franken und am Ober-Rheine, übliches Wort, den Platz in
einem Hause unmittelbar nach der Hausthüre, aus welchem man in die
Zimmer tritt, zu bezeichnen; die Hausflur, das Vorhaus. In einigen
Gegenden Ern, im mittlern Lat. Oriolum, und Era, welches aber auch
eine Tenne bedeutet. Es ist mit dem Lat. Area verwandt, woraus aber
nicht folget, daß es unmittelbar davon abstamme.
Ähre (W3) [Adelung]
2. Die Ähre, plur. die -n. Diminutiv. das Ährchen, der oberste Theil der
Halmen an den Grasarten, besonders an den Getreidearten, welcher der
Sitz der Blüthe und des Samens ist. Ähren bekommen, oder gewinnen. Das
Korn fängt an in die Ähren zu schießen, es gehet in die Ähren, wenn
die Ähren aus ihren Schoßbälgen hervor kommen. Ähren lesen, auslesen,
sammeln, in Schwaben klauben, ein Hülfsmittel armer Leute, nach
abgeschnittenen und aufgebundenen Getreide, die übrig gebliebenen
Ähren aufzusammeln. Daher die Ährenlese, oder Halmlese, und der
Ährenleser, oder Halmleser. Dort schwimmen die Westwinde auf der
grünen Fläche der ährenvollen Gefilde, Dusch. In der Kräuterkunde
heißt eine Ähre, eine jede Sammlung von Blüthen, welche entweder ohne,
oder mit sehr kurzen angedrückten Stängeln an dem Hauptstängel
sitzen.
Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. Aar, Are, und im Holländ.
Are. Viele rechnen es mit zu dem Geschlechte, zu welchem ären,
pflügen, Arbeit in Ansehung seiner ersten Sylbe, Ärnde, Jahr, und noch
andere gehören. Allein wenn man bedenket, daß dieses Wort in allen
alten Mundarten in der Mitte eine starke Aspiration hatte, wie aus dem
Angels. Aechir, woraus nachmals Ear zusammen gezogen worden, dem
Gothischen Ahs, dem heutigen Dänischen Ax, und dem alten Alemann. Ahir
(denn diese sprachen das h wie das heutige ch aus) und dem heutigen
Oberschwäbischen Aher erhellet; so wird man Wachtern gerne beyfallen,
wenn er behauptet, daß in dieser Benennung zunächst auf die Agen,
Acheln oder Grannen an den Fruchtähren gesehen worden, und daß man
daher dieses Wort auch zu Agen, Ahle, Ecke, und so vielen andern
dieses Geschlechts rechnen müsse. Bey den Wenden in Krain bedeutet
Ersh, Korn, Dinkel.
Ähren (W3) [Adelung]
Ähren, verb. reg. act. von dem vorigen, Ähren sammeln, oder auflesen,
welches an einigen Orten auch nachähren genannt wird. In
Oberdeutschland sagt man, sich ähren, von dem Getreide, wenn es Ähren
bekommt, oder in die Ähren schießt.
Ähren (W3) [Adelung]
Ähren, pflügen, S. Ären.
Ährenfisch (W3) [Adelung]
Der Ährenfisch, des -es, plur. die -e, ein kleiner Seefisch, dessen
viele Gräten den Spitzen der Ähren gleichen; Stechfisch, Atherina
Hepsetus, L. in Italien Anguella.
Ährenfrucht (W3) [Adelung]
Die Ährenfrucht, plur. die -früchte, eine jede Frucht, welche in
Ähren erzeiget wird, im Gegensatze der Hülsenfrüchte.
Ährengebund (W3) [Adelung]
Das Ährengebund, des -es, plur. die -bünde, in der Landwirthschaft
besonders in Obersachsen, Strohbünde, welche von dem kürzesten Strohe
des ausgedroschenen Getreides gemacht, und zur Fütterung gebraucht
werden; Wirrbünde, und nach einer verderbten Aussprache Wurmbünde,
weil sie aus verworrenen Strohe bestehen, welches in Obersachsen
Wirrstroh, in Niedersachsen aber Krummstroh genannt wird.
Ährenkranz (W3) [Adelung]
Der Ährenkranz, des -es, plur. die -kränze, ein aus Kornähren
geflochtener Kranz, der an einigen Orten an dem Erntefeste dem Herrn
der Ernte in ländlich feyerlichem Gepräuge überreicht wird. Sprich
selbst, ist nicht ein Ährenkranz mehr als ein Lorber werth? Weiße. S.
Erntekranz.
Ährenlese (W3) [Adelung]
Die Ährenlese, plur. inusit. S. Ähre.
Ährenmonath (W3) [Adelung]
Der Ährenmonath, S. August.
Ährensieb (W3) [Adelung]
Das Ährensieb, des -es, plur. die -e, ein stehendes Sieb, vermittelst
dessen das ausgedroschene Getreide durchgesiebt, und von den Ähren
oder Agen geschieden wird; an andern Orten eine Kornfege, Fege oder
Werfte, und in Obersachsen eine Kornrolle oder Kolle.
Ährenstein (W3) [Adelung]
Der Ährenstein, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welcher in
Steiermark einer Art von Asbest gegeben wird, dessen Fäden Ähren
vorstellen; Spreustein, Asbestus acerosus.
Ährenweiderich (W3) [Adelung]
Der Ährenweiderich, des -s, plur. inusit. eine Art Weiderichs, dessen
purpurrothe oder blaue Blumen in Gestalt einer Ähre zusammengesetzt
sind. Er wächst in den Europäischen Sümpfen, und wird für ein gutes
Heilkraut gehalten; Blutkraut, rother Weiderich, Lythrum Salicaria, L.
Ährenwurm (W3) [Adelung]
Der Ährenwurm, des -es, plur. die -würmer, ein kleiner Wurm, der
innerhalb der Blätterhülsen der Getreidehalmen liegt, und den Stiel
aussaugt, worauf die Ähren weiß und abgezehret werden. Befindet er
sich in der Gerste, so wird er der Gerstenwurm genannt.
Ährig (W3) [Adelung]
Ährig, adj. et adv. welches aber nicht allein, sondern nur in den
Zusammensetzungen kurzährig, vollährig, langährig, kleinährig u. s. f.
üblich ist, die verschiedenen Beschaffenheiten der Ähren am Getreide
auszudrucken.
Ahrt (W3) [Adelung]
Die Ahrt, aratio, mit den Zusammensetzungen dieses Wortes, S. Art.
Ai (W3) [Adelung]
Ai, ein Doppellaut der Oberdeutschen, welcher von ihnen gemeiniglich
in der Gurgel gebildet wird, und daher für einen Hoch- und
Niederdeutschen unangenehm klinget. Da die südlichen Oberdeutschen
diese Gurgellaute sehr lieben, so sprechen sie fast alle ei wie ai
aus, Bain, Stain, ain, und in den gröbsten Mundarten gar wie oi,
gleichfalls tief aus der Gurgel gehohlt. Daß diese Aussprache ein
bloßer Provinzial-Fehler ist, sahe schon der berühmte Hieronymus Wolf
in der 1556 ohne Beyfügung seines Nahmens heraus gegebenen Schrift, de
orthographia Germanica ac potius Suevica ein, und rieth daher das ai
ganz zu verbannen, welches denn auch nach und nach in der
Hochdeutschen Mundart geschahe, und mit desto größerm Rechte geschehen
konnte, da es in den meisten Fällen der Abstammung widerspricht. In
einigen wenigen behielt man es, theils um des verjährten Ge-
brauches willen, wie in Kaiser, theils aus etymologischen Gründen, wie
in Hain und Kain, wovon das erstere aus Hagen zusammen gezogen, das
letztere aber mit Rand eines Geschlechtes ist; theils zur
Unterscheidung einiger gleich lautender Wörter, wie in Waise,
orphanus, Saite, chorda. In andern legte man es nach und nach ab, und
aichen, vom dem Gemäße, laichen, Froschlaich, Aimer, maischen, Getraide, Haide für Wald, Waitzen, welche noch am längsten damit
geschrieben wurden, sind jetzt mit einem ei am üblichsten. Laie, Waid,
Isatis, Main, Mainz und andere sind theils fremde Wörter, theils
eigene Nahmen, welche sich an keine Regel binden. Laib, ein ganzes
Brot, und Fraiß sind ohnehin Oberdeutsche Wörter, welche im
Hochdeutschen nicht üblich sind. Wenn nun aber dieser Doppellaut
gleich in manchen Wörtern von den Hochdeutschen beybehalten worden, so
haben sie doch dessen unangenehme Aussprache durch die Gurgel nicht
mit aufgenommen, sondern sie sprechen ai fast so wie ei aus. S. auch
Ay. Unverantwortlich ist es, wenn man diesen den Hochdeutschen fremden
Doppellaut dazu mißbrauchen will, gewisse Unterschiede in der
Bedeutung, auch bey einem unläugbar gemeinschaftlichen Ursprunge,
damit zu bezeichnen, und solches gar zu einer grammatischen Regel zu
machen, wie man mit Laib, baitzen, Waidwerk u. a. versucht hat. S.
diese Wörter.
Aichen (W3) [Adelung]
Aichen, mit seinen Zusammensetzungen, S. Eichen.
Aigelbeere (W3) [Adelung]
Die Aigelbeere, S. Heidelbeere. 1.
Aimer (W3) [Adelung]
Aimer, S. Eimer.
Aja (W3) [Adelung]
Die Aja, plur. die Aja's, ein Spanisches und nur an einigen Höfen
übliches Wort, die Hofmeisterinn eines fürstlichen Kindes zu
bezeichnen.
Akademie (W3) [Adelung]
Die Akademie, plur. die -n, aus dem Griechischen - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, überhaupt ein Ort, wo sowohl
Wissenschaften als auch Künste und Leibesübungen gelehret werden.
Besonders, 1) eine hohe Schule oder Universität, weil das Landgut vor
Athen, wo Plato ehedem die Weltweisheit lehrete, diesen Nahmen führte.
Auf die Akademie gehen, nach einer hohen Schule reisen. Seine
Lebenszeit auf Akademien zubringen. Von der Akademie zu Hause kommen,
wo man im gemeinen Leben auch wohl im Plural sagt, von Akademien zu
Hause kommen. 2) Eine Gesellschaft gelehrter Männer, welche sich unter
landesherrlichem Schutze zu gewissen Zeiten versammeln, eine oder
mehrere Wissenschaften zu bearbeiten. Diese Art von Akademien entstand
zuerst in Italien, wo Cosmus, der erste Beherrscher zu Florenz, der
einen Griechen mehrmahls die Platonische Philosophie vortragen hörte,
zuerst auf den Gedanken kam, eine solche Akademie für die Platonische
Philosophie zu stiften, welche sein Enkel, Laurentius der prächtige
nachmahls in Ordnung brachte. Eine Akademie der Wissenschaften.
Ingleichen der Ort, wo sich eine solche Gesellschaft versammelt. In
die Akademie gehen. 3) Eine Kunst- und Ritterschule, ein Ort, wo
entweder ritterliche Übungen, oder auch einzelne freye Künste gelehret
und geübet werden. So hat man Ritter-Akademien, Akademien der Mahler,
der Bildhauer, der Tonkünstler, des Ackerbaues, und in Frankreich
sogar der Wundärzte. 4) An einigen Oberdeutschen Höfen heißt auch die
Versammlung bey Hofe, wo Concert und Spiel ist, eine Akademie;
vermuthlich nach dem Italienischen und Französischen, wo alle
öffentliche Örter, wo Musik gehalten, oder in Karten und mit Würfeln
gespielet wird, Akademien genannt werden. 5) Bey den Mahlern sind
Akademien und Studien nackte Figuren, welche entweder nach der Natur
oder nach einem Modelle gezeichnet werden.
Anm. Im Plural sollte dieses
Wort Akademieen geschrieben werden. Allein, den Übelstand der auf
einander folgenden zwey e zu vermeiden, läßt man das eine weg, und
spricht es dennochfünfsylbig aus. Daher akademisch, zu einer Akademie
gehörig, in derselben gegründet; der Akademist, des -en, plur. die
-en, der in einer Akademie der Künste unterrichtet wird. Das
Substantiv ein Akademiker, ein Mitglied einer Akademie der
Wissenschaften, ingleichen ein Student, welches einige von Academicus
einführen wollen, hat bisher noch nicht allgemeinen Beyfall
gefunden.
Akeley (W3) [Adelung]
1. Die Akeley, plur. die -en, eine Pflanze, welche sich durch ihre
schöne Blume auszeichnet, und daher in den Gärten geliebt wird;
Aquilegia, L.
Anm. Die Sprachforscher und Kräuterkenner haben sich
wenig um die Abstammung des Nahmens dieser Pflanze gekümmert. Im
Oberdeutschen heißt sie Agley, und dieß, nebst ihrem Lateinischen
Nahmen, könnte leicht die Muthmaßung erregen, daß sie von der Stadt
Aquileja in Histerreich benannt worden, welche bey den Deutschen
Schriftstellern der mittlern Zeiten mehrmahls Agley genannt wird.
Allein es scheint vielmehr, daß mit ihrem Nahmen auf die spitzigen und
gekrümmten Honigbehältnisse gezielet worden. Agaleia war bey den alten
Alemannen der Nahme des Rhamnus, ohne Zweifel auch wegen der Dornen,
womit derselbe besetzt ist, und Egle, Eglan, hieß bey den
Angelsachsen, eine jede dünne Spitze, besonders die Grannen an den
Getreideähren, S. Age und Igel. Der Französische Nahme dieser Pflanze
ist Ancolie, und dieser soll gleichfalls die krummen, einem
Adlerschnabel ähnlichen Saftbehältnisse ausdrucken. An einigen Orten
Deutschlands soll diese Pflanze auch Adlersblume, Glocken,
Glockenblume und Schafgarte genannt werden.
Akeley (W3) [Adelung]
2. Akeley, eine Art Weißfische, S. Ukeley.
Akustik (W3) [Adelung]
Die Akustik, plur. car. aus dem Griech. und Lat. Acustica, in der
Mathematik und Physik, die Lehre von dem Schalle und Tone, die
Gehörlehre. Daher akustisch, adj. et adv. in derselben gegründet.
Akustische Werkzeuge, die Wirkung des Schalles auf das Gehör zu
verstärken, dergleichen z. B. das Hörrohr ist.
Alabaster (W3) [Adelung]
Der Alabaster, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut nom.
sing. ein feiner Gypsstein, der nur eine matte Politur annimmt, und
gemeiniglich weiß, oft aber auch gelb, grün, grau, roth oder bunt ist.
Da einige Arten dieses Steines von einer sehr schönen weißen Farbe
sind, so bedienet man sich desselben im gemeinen Leben, ein blendendes
Weiß auszudrucken. Hände, so weiß wie ein Alabaster.
Anm. Der Nahme ist
aus dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -,
obgleich die Alten eine ganz andere Steinart, und gemeiniglich weißen
Marmor unter diesem Nahmen verstanden. An den Orten, wo der Alabaster
gebrochen wird, bekommt derselbe von seiner Farbe und Bildung
allerley, und oft sehr wunderliche Nahmen. Denn da hat man den
Tigerstein, den Cyper-Katzenstein, den Sonnenstein, den Nußholzstein,
den Forellenstein, den Fliegenstein, den Schöne-Mädchenstein, den
Wurststein u. s. f.
Alabasterbruch (W3) [Adelung]
Der Alabasterbruch, des -es, plur. die -brüche, ein Ort, wo Alabaster
gebrochen wird.
Alabasterdruse (W3) [Adelung]
Die Alabasterdruse, plur. die -n, im Hohensteinischen, ein Alabaster,
in welchem die ablaufenden Regengüsse Spalten und Risse verursacht
haben, so daß er wie eine Druse aussieht.
Alabasterer (W3) [Adelung]
Der Alabasterer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler, welcher
allerley schöne Arbeiten aus natürlichem so wohl als nachgemachtem
Alabaster verfertiget, dergleichen besonders in Nürnberg anzutreffen
sind.
Alabastergyps (W3) [Adelung]
Der Alabastergyps, des -es, plur. inusit. ein Gyps, welcher aus
Alabaster gebrannt wird.
Alabastern (W3) [Adelung]
Alabastern, ad. et adv. 1) Aus Alabaster bereitet; doch nur selten.
2) Dem Alabaster an Weiße ähnlich. Alabasterne Hände.
Alabastersalbe (W3) [Adelung]
Die Alabastersalbe, plur. die -n, in den Apotheken, eine Salbe, zu
welcher gepülverter Alabaster kommt, und welche ehedem häufig wider
Kopf- und Rückenschmerzen gebraucht wurde, daher sie auch Kopfsalbe
und Rücksalbe, genannt wird; Unguentum alabastrinum.
Alabasterstein (W3) [Adelung]
Der Alabasterstein, des -es, plur. die -e, bey einigen so viel als
Alabaster.
Alabastrit (W3) [Adelung]
Der Alabastrit, des -en, plur. die -en, aus dem Griechischen und
Lateinischen Alabastrites, eine Art Alabaster, welche undurchsichtig,
und härter ist, als der gemeine.
Alant (W3) [Adelung]
1. Der Alant, des -es, plur. die -e, der Nahme eines weißlichen eßbaren
Flußfisches, welcher mehr Gräten als der Brachsen, auch keinen so
guten Geschmack, breite silberfarbene Schuppen, einen großen Kopf und
ein weites Maul hat. Wegen des großen Kopfes, wird er im Latein. auch
Capito fluviatilis, ingleichen Cephalus, sonst aber Squalus major, in
mittlern Lat. Helna, bey dem Linne aber Cyprinus Cephalus genannt.
Seine Floßfedern sind roth, sein Fleisch aber ist fett und weich. Er
leichet im May und Junius. Dieser Fisch wird in der Mark Brandenburg
Alant, Gäse oder Göse, und Döbel, in Sachsen Diebel und Alten, in
Meißen Alte, Elte, Altfisch, in Oberdeutschland und der Schweiz Alet
und Alant, in Schlesien Alat, am Rheinstrome Diebel, Alte und Elte, in
Elsaß Mäuser, weil er die Wassermäuse verschlingt, zu Strasburg Forn
oder Furn, in Böhmen aber Hlawe genannt, und ist vermuthlich nur eine
Abänderung von dem Fische, der in Oberdeutschland Hassel, bey dem
Pictorius Squalus minor, in Niedersachsen Häseling, Dänisch Hässel und
Hesseling, bey dem Linne aber Cyprinus Dobula heißt. S. Döbel und
Hassel.
Alant (W3) [Adelung]
2. Der Alant, des -es, plur. inusit. eine Pflanze, welche bey uns wild
wächset, und deren Wurzel einen starken gewürzhaften Geruch und einen
scharfen bittern Geschmack hat; Inula Helenium, L. Ital. Enola, Franz.
Aunee; Dän. Ellens-Roed. Den Nahmen Helenium soll sie von der
Helenen-Insel haben, von welcher sie zuerst nach Europa gebracht
worden, und aus diesem Lateinischen Nahmen soll auch der Deutsche
Nahme Alant entstanden seyn. Inula, quam rustici Alam vocant, herba
est radice aromatica, odoris summi cum leni acrimonia, heißt es aber
schon bey dem Papias, der lange vorher lebte, ehe die St.
Helenen-Insel 1502 von den Portugiesen entdeckt wurde.
Alantbeere (W3) [Adelung]
Die Alantbeere, plur. die -n, ein Nahme der schwarzen Johannis-Beere
und ihres Strauches, vermuthlich weil sie an herben Geschmacke und
widerlichen Geruche dem Alante gleichet. Aalbeere, Ahlbeere, Nieders.
Albesing, Holl. Aelbesien sind verderbte Sprech- und Schreibarten des
obigen Nahmens.
Alantbier (W3) [Adelung]
Das Alantbier, des -es, plur. inusit. ein Bier, welches mit einem
Zusatze von Alantwurzel gebrauet worden, um es dadurch zu einer
Arzeney zu machen.
Alantwein (W3) [Adelung]
Der Alantwein, des -es, plur. inusit. ein Wein, der mit Alantwurzel
gegoren hat.
Alarm (W3) [Adelung]
Der Alarm, des -es, plur. die -e, aus dem Franz. Alarme, und dieß aus
dem Ital. all'arme, woraus sich auch die Schreibart Allarm
vertheidigen läßt. Eigentlich das Geschrey, zu den Waffen zu greifen,
das Lärmgeschrey, und in weiterer Bedeutung im gemeinen Leben, Tumult,
Lärm. S. Lärm. Daher + alarmiren oder allarmiren, durch Lärm
beunruhigen.
Alaun (W3) [Adelung]
Der Alaun, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein zusammen
ziehendes Erdsalz, welches aus Verbindung der Vitriolsäure mit einer
thenartigen Erde entstehen soll. Alaun sieden, durch Sieden und
Auslaugen aus den Alaunerzen Alaun bereiten. Den Alaun anschießen
lassen. Gesottener, gegrabener, oder gediegener Alaun.
Anm. Alaun, in
der Schweiz Alet, Nieders. Aluun, Holl. Aluyn, Dän. und Schwed. Alun,
Engl. Allum, Allom, Franz Alun, sind von dem Lat. Alumen, und dieß von
dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, weil Plinius dieses Mineral
ausdrücklich Salsuginem terrae nennet. Den Plural gebraucht man im
Handel und Wandel sehr häufig, und oft ohne Noth, theils von mehrern
Quantitäten, theils völlig Statt des Singulars: Alaune sieden, die
Alaune anschießen lassen, die Alaune reinigen, verwahren, u. s. f.
Alaunartig (W3) [Adelung]
Alaunartig, -er, -ste, adj. et adv. etwas von dem Alaune an sich
habend, nach Alaun schmeckend. Alaunartiges Wasser. Alaunartige Erde.
Alaunbergwerk (W3) [Adelung]
Das Alaunbergwerk, des -es, plur. die -e, ein Ort, wo gediegener
Alaun, oder doch Alaunerz auf bergmännische Art gewonnen wird.
Alaunblumen (W3) [Adelung]
Die Alaunblumen, sing. inus. bey den Alaunsiedern, das weiße Salz,
welches an den Alaunerzen, wenn sie lange genug gewittert haben,
ausschlägt.
Alaunbruch (W3) [Adelung]
Der Alaunbruch, des -es, plur. die -brüche, ein Ort, wo Alaun oder
alaunhaltige Steine gebrochen werden.
Alaunbrühe (W3) [Adelung]
Die Alaunbrühe, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -n, die
Brühe von Alaun, womit die Weißgärber das Leder gar machen; die
Garbrühe.
Alaunen (W3) [Adelung]
Alaunen, verb. reg. act. bey verschiedenen Handwerkern, mit Alaun
versehen, mit Zuthuung des Alaunes zubereiten. So werden bey den
Färbern, Papiermachern und Kupferdruckern die Zeuge, Papiere u. s. f.
alaunet, wenn sie mit aufgelösetem Alaune gesotten, oder in denselben
eingeweichet werden. Da alle aus fremden Sprachen entlehnte Zeitwörter
die Sylbe ge, als das Merkmahl der vergangenen Zeit, nicht annehmen,
so gilt solches auch von diesem Zeitworte, obgleich einige gealaunt
für alaunet sagen.
Alaunerde (W3) [Adelung]
Die Alaunerde, plur. von mehreren Arten oder Quantitäten, die -n. 1)
Eine Erde, welche Alaun in sich enthält. 2) Diejenige Erde, welche
einen Bestandtheil des Alaunes selbst ausmacht, und nach einigen kalk-
nach andern aber thonartig ist.
Alaunerz (W3) [Adelung]
Das Alaunerz, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die
-e, ein jedes Mineral, aus welchem Alaun gesotten werden kann.
Alaunfaß (W3) [Adelung]
Das Alaunfaß, des -sses, plur. die -fässer, in den Alaunwerken, ein
Faß, in welchem die Sode zu Alaun-Krystallen anschießet.
Alaungar (W3) [Adelung]
Alaungar, adj. et adv. bey den Lederbereitern, so viel als weißgar,
weil diese Gare mit Alaun und Salz hervor gebracht wird. Alaungares
Leder, Alaungarleder, oder Alaunleder, weißgares Leder.
Alaungärber (W3) [Adelung]
Der Alaungärber, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Gärber, welche
das Leder auf Ungarische Art mit Alaun und Talg zubereiten, und von
den Weißgärbern noch verschieden sind; Franz. Ongrieurs.
Alaungeist (W3) [Adelung]
Der Alaungeist, des -es, plur. inusit. in der Chymie, ein aus dem
Alaune destillirter Vitriolgeist.
Alaungrube (W3) [Adelung]
Die Alaungrube, plur. die -n, eine Grube, in welcher entweder
gediegener Alaun oder Alaunerz gebrochen wird; der Alaunbruch.
Alaunhaltig (W3) [Adelung]
Alaunhaltig, -er, -ste, adj. et adv. Alaun in sich enthaltend.
Alaunhaltige Erde, alaunhaltiges Holz, alaunhaltiges Wasser.
Alaunhaufen (W3) [Adelung]
Der Alaunhaufen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Alaunhütten, das
auf einen Haufen geschüttete Alaunerz, welches zur Hervorbringung des
Alaunmehles mit Wasser begossen wird.
Alaunholz (W3) [Adelung]
Das Alaunholz, des -es, plur. inusit. 1) Ein Nahme, welchen man
alaunhaltigen Steinkohlen beyzulegen pfleget, weil sie einem
halb zerstörten Holze nicht unähnlich sehen. 2) Gegrabenes Holz,
welches von einem Alaunsalze durchdrungen ist.
Alaunhütte (W3) [Adelung]
Die Alaunhütte, plur. die -n, das Gebäude auf einem Alaunwerke, in
welchem die Alaunlauge gemacht und eingesotten wird. In weiterer
Bedeutung, der Inbegriff aller zu dem Alaunsieden gehörigen Gebäude;
die Alaunsiederey, das Alaunwerk.
Alaunig (W3) [Adelung]
+ Alaunig, adj. et adv. wie alaunhaltig. Alauniges Wasser, alauniger
Schiefer, alaunige Steine.
Alaunkessel (W3) [Adelung]
Der Alaunkessel, des -s, plur. ut nom. sing. in den Alaunhütten, ein
bleyerner Kessel, worin die alaunhaltige Lauge eingesotten wird; die
Alaunpfanne.
Alaunkies (W3) [Adelung]
Der Alaunkies, des -es, plur. die -e, ein Schwefel- oder Vitriolkies,
welcher zugleich Alaun in sich enthält.
Alaunlauge (W3) [Adelung]
Die Alaunlauge, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -n, in
den Alaunhütten, die aus den Alaunerzen gezogene Lauge, welche hernach
eingesotten wird, um das Anschießen des Alaunes zu befördern.
Alaunleder (W3) [Adelung]
Das Alaunleder, des -s, plur. inusit. bey den Lederarbeitern,
weißgares Leder, oder solches, welches mit Alaun und Salz gar gemacht
worden. S. Alaungar.
Alaunmehl (W3) [Adelung]
Das Alaunmehl, des -es, plur. inusit. 1) Der Bodensatz, welcher nach
dem Sieden der Alaunlauge, und nach der Anwendung des Niederschlages,
sich in Gestalt eines Mehles setzet. 2) Alaun in Gestalt eines Mehles,
welcher sich auf die verwitterten Alaunerze ansetzet; die Alaunblumen.
Alaunmutter (W3) [Adelung]
Die Alaunmutter, plur. die -mütter, eine jede Erd- oder Steinart, so
fern sich in derselben Alaun erzeuget.
Alaunpfanne (W3) [Adelung]
Die Alaunpfanne, S. Alaunkessel.
Alaunquelle (W3) [Adelung]
Die Alaunquelle, plur. die -n, eine Quelle, deren Wasser aufgelöseten
Alaun bey sich führet.
Alaunschiefer (W3) [Adelung]
Der Alaunschiefer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schiefer, welcher
Alaun in sich enthält, und das gemeinste Alaunerz ist.
Alaunsieder (W3) [Adelung]
Der Alaunsieder, des -s, plur. ut nom. sing. ein
landwirthschaftlicher Handwerksmann, welcher die Kunst verstehet, den
Alaun aus den Alaunerzen zu sieden.
Alaunsiederey (W3) [Adelung]
Die Alaunsiederey, plur. die -en. 1) Diejenige Anstalt, wo solches
geschiehet; das Alaunwerk. 2) Die Wissenschaft, den Alaun mit Vortheil
aus seinen Erzen zu sieden; ohne Plural.
Alaunstein (W3) [Adelung]
Der Alaunstein, des -es, plur. die -e, eine jede Steinart, aus
welcher Alaun gesotten werden kann.
Alaunwasser (W3) [Adelung]
Das Alaunwasser, des -s, plur. ut nom. sing. von mehrern Arten, ein
Wasser, in welches Alaun aufgelöset worden, es mag solches von der
Natur, oder durch die Kunst geschehen seyn.
Alaunwerk (W3) [Adelung]
Das Alaunwerk, des -es, plur. die -e, eine Anstalt, in welcher Alaun
gesotten wird.
Alaunzucker (W3) [Adelung]
Der Alaunzucker, des -s, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, ut
nom. sing. in den Apotheken, ein Alaun, der mit Eyweiß und Rosenwasser
in Gestalt kleiner Zuckerhüte geformet wird, und von dem Zucker weiter
nichts als die Gestalt hat; auch Zuckeralaun.
Albatroß (W3) [Adelung]
Der Albatroß, des -ssen, plur. die -ssen, ein ausländischer Nahme
einer Art Wasservögel, welche zu Klein's dreyzehigen Patschfüßen
gehören, und sich am Vorgebirge der guten Hoffnung aufhalten; die
Johannis-Gans, Plautus Albatrus, Kl.
Albe (W3) [Adelung]
Die Albe, der Alben, S. Albule.
Albeln (W3) [Adelung]
+ Albeln, verb. reg. neutr. mit haben, welches nur in einigen
Gegenden Obersachsens üblich ist, und von den Bienen gebraucht wird,
matt und kraftlos werden; ingleichen aus der Art schlagen. Daher
ausalbeln, ausarten.
Alber (W3) [Adelung]
* Die Alber, plur. die -n, oder der Alberbaum, des -es, plur. die
-bäume, ein Oberdeutscher Nahme des weißen Pappelbaumes, oder der
Weißpappel, Populus alba, L. welcherohne Zweifel aus dem Lateinischen
Worte albus entstanden ist; weil dieser Baum nicht nur eine weiße
Rinde hat, sondern dessen Blätter auch auf der untern Seite weiß sind.
Um eben dieses Umstandes willen, wird er im Ital. auch Albare, im
Span. Alber, im Holl. Alberboom, Albboom, und im Engl. Abeltree
genannt. In den gemeinen Deutschen Mundarten lautet dieser Nahme
Abelen, Abelke, Albe, Belle, Tabelke, Alaprobst, u. s. f. In
Österreich hingegen wird nur die schwarze Pappel Alber genannt.
Alberbrosse (W3) [Adelung]
* Die Alberbrosse, oder Alberknospe, plur. die -n, der Oberdeutsche
Nahme der Pappelaugen, oder Pappelknospen, welches S. Die letzte
Hälfte des ersten Wortes ist das Oberdeutsche Brosse, eine Knospe, S.
Bröschen.
Alberkeit (W3) [Adelung]
Die Alberkeit, plur. die -en, von dem folgenden Beyworte albern, so
wohl die alberne Beschaffenheit einer Sache, ohne Plural, als auch
alberne Handlungen selbst. Es ist indessen im Hochdeutschen nicht so
gewöhnlich, als das gleich bedeutende Hauptwort, Albernheit.
Albern (W3) [Adelung]
Albern, -er, -ste, - adj. et adv. 1) * Ein widerwärtiges
ausländisches, fremdes Ansehen habend; eine längst veraltete
Bedeutung, welche aber doch die erste ist, wie aus der
Anm. erhellet.
2) Den Absichten, den Umständen, und in weiterer Bedeutung der
gesunden Vernunft in einem hohen Grade unangemessen, ungereimt. Albern
reden, handeln. Ein albernes Geschwätz. Ein alberner Mensch, im
gemeinen Leben Meißens, ein Alberling. Es klingt zu albern, wenn ich
ihnen auf Deutsch sagen wollte, daß ich sie liebe, Dusch. Wenn sie es
nun auch gethan hätten, wollten sie wohl so albern seyn, und sich noch
dazu auslachen lassen? Gell. Sie können leicht denken, daß ich jetzt
eine sehr alberne Figur machte. In einer engern Bedeutung ist albern,
Mangel der Beurtheilungskraft bey einem lebhaften Ingenio verrathend
und darin gegründet. 3) Einfältig, an gesundem Verstande Mangel
leidend. Diese Bedeutung scheinet in der gesellschaftlichen Sprache zu
veralten; indessen kommt sie doch in Luthers Bibelübersetzung, und in
der höhern Schreibart einiger Neuern vor. Das ist die Glückseligkeit
des Thoren, daß ihn der Alberne bewundert, Dusch. So wohl wo Weisheit
ist, als wo die Albern leben, Opitz.
Anm. 1. Die Ableitungen dieses
Wortes sind insgesammt sehr unglücklich gerathen. Wachter läßt es von
bar, bloß, und all, ganz, ganz bloß, d. i. am Verstande, abstammen;
Frisch von Alp, Nieders. Alf, Alp, welches bey den alten Deutschen ein
jedes Nachtgespenst bedeutete, dem man zuweilen allerley possenhafte
Handlungen zuschrieb; andere von dem Westphälischen abel, welches
anfänglich sein, klug, witzig bedeutet hat, nun aber mit albern gleich
bedeutend ist. Es ist vielmehr aus dem alten al, el, fremd, und bar,
Geberde, äußeres Betragen, zusammen gesetzt, ( S. in Ansehung des
erstern Alefanz, und Elend, in Ansehung des letztern aber Geberde,)
oder vielmehr, vermittelst der Ableitungssylbe bar, welche eine
Ähnlichkeit, oft aber auch eine Anwesenheit, einen Besitz bezeichnet,
( S. dieselbe,) von dem vorigen al abgeleitet. Alber bedeutet also ein
fremdes Anschen habend, wie ehrbar, scheinbar, sonderbar, wunderbar u.
s. f. woraus denn die figürliche Bedeutung des Unangemessenen, des
Unschicklichen sehr leicht folget. Es erhellet dieses zum Theil aus
dem Niedersächsischen, wo elagt, welches daselbst für albern üblich
ist, auf ähnliche Art, von el, fremd, und Laat, Gelaat, das Lassen,
die Art, wie etwas in die Augen fällt, zusammen gesetzet ist. Daß
dieses bar in ber übergegangen, wird wohl keinen Anstoß machen. Eher
könnte das angehängte n befremden; zumahl da dieses Wort in der
Oberdeutschen Mundart alber ausgesprochen, und durch alle Endungen
ohne n declinirt wird. Ein alberer Mensch. Hören
sie doch mit diesem alberen Geschwätze auf. Frisch suchte dieses n
auch im Hochdeutschen zu verbannen, bedachte aber nicht, daß en, und
verkürzt n eine Ableitungssylbe ist, welche unter andern auch häufig
den Adjectiven auf el und er angehängt wird: einzeln, wofür die
Oberdeutschen auch nur einzel sagen, eisern, ströhern, kupfern,
silbern, nüchtern; schüchtern u. s. f. Siehe En.
Anm. 2. Obgleich
dieses Wort der Oberdeutschen Mundart vorzüglich eigen ist, so stehet
es doch in der Baseler Ausgabe von Luthers neuem Testamente von 1523
mit unter den unbekannten Wörtern, und wird daselbst durch närrisch,
fanteschtisch erkläret. Den Niederdeutschen Mundarten ist es ganz
fremd, ob sie gleich an andern gleich bedeutenden Ausdrücken reich
genug sind. Besonders drucken sie unser albern durch das vorhin schon
gedachte elaat und elaatsk aus.
Albern (W3) [Adelung]
+ Albern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, sich albern
betragen, nur im gemeinen Leben.
Albernheit (W3) [Adelung]
Die Albernheit, plur. die -en. 1) Die alberne Beschaffenheit eines
Menschen oder einer Sache; ohne Plural. Er glaubt bey aller seiner
Albernheit noch zu gut an seinen Katechismus, Weiße. 2) Eine alberne
Handlung. Willst du mich mit deinen Albernheiten noch verdrüßlicher
machen, als ich schon bin? Weiße. In den niedrigen Sprecharten hat man
auch das nach Lateinischer Art gebildete Albertät, plur. -en.
Albertiner (W3) [Adelung]
Der Albertiner, des -s, plur. ut nom. sing. oder der Albertus-Thaler,
des -s, plur. ut nom. sing. eine harte Münzsorte, welche von dem
Erzherzoge Albert in Österreich den Nahmen hat, und ungefähr 1 Thlr. 6
bis 9 Gr. Sächsisches Geld gilt. Von dem darauf geprägten
Burgundischen Kreuze wird sie auch Kreuzthaler, oder Burgundischer
Thaler genannt.
Albule (W3) [Adelung]
* Die Albule, plur. die -n, eine Art Weißfische, in den
Schweizerischen und Oberdeutschen Seen und Flüssen, die nicht über ein
halb Pfund schwer wird, und der Bleihe sehr ähnlich ist, von welcher
sie sich bloß durch die geringe Größe und durch die weißere Farbe
unterscheidet.
Anm. Der Nahme ist aus dem Lateinischen Albula. Es
scheinet, daß Albe, Alben, Albel, Alfen, und wie dieß Wort in den
gemeinen Mundarten sonst noch verändert worden, eine allgemeine
Oberdeutsche Benennung aller kleinen Weißfische sey, die wegen der
schlechten Achtung, worin sie stehen, auch Schneiderfische genannt
werden. Henisch erkläret Albel durch, Langel, "Alffen, Weißfischlein,
Schneiderfischlein, a vilitate; Zwie-belfischlein, weil er mit
Zwiebeln gesotten wird: Rothäugle, von den rothen Augen." Und gleich
darauf ist bey ihm "Alfen, Alben, Bliegg, Blickt, Bliggle, alburnus,
pisciculus fluviatilis." Blickt ist vermuthlich das Diminutivum von
Bleihe, denn auch in Niedersachsen bedeutet Bleiken oder Bleken, eine
Art kleiner Weißfische. Das Rothauge hingegen ist eine besondere Art
der Weißfische.
Albus (W3) [Adelung]
Der Albus, substant. indeclinab. eine Silbermünze, welche noch am
Rheinstrome üblich ist, und gemeiniglich zwey Kreuzer oder acht
Pfennige, in Hessen neun Pfennige, in Cöln nur 31/4 Pfennig, in
manchen Oberdeutschen Gegenden aber 5 1/3 Pfennig gilt. Der Nahme ist
von dem Latein. Albus, und bedeutet so viel als Weißpfennig, im
Gegensatze der schwarzen oder Kupfermünze. S. du Fresne v. Albus.
Alchemille (W3) [Adelung]
Alchemille, S. Löwenfuß, ingleichen Sinnan.
Alchymie (W3) [Adelung]
Die Alchymie, plur. car. aus dem Latein. Alchymia, und dieß aus dem
Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, mit dem
Arabischen Artikel Al, der geheime und höhere Theil der Chemie,
welcher sich mit der Verwandlung der Metalle beschäftiget, die Kunst
Gold zu machen. Daher alchymisch, zu derselben gehörig, in derselben
gegründet; der Alchymist, des -en, plur. die -en, der diese Kunst
suchet, oder sie zu besitzen sich rühmet, ein Goldmacher;
alchymistisch, nach Art der Alchymisten. S. Chymie.
Alcoran (W3) [Adelung]
Alcoran, S. Alkoran.
Aldermann (W3) [Adelung]
Aldermann, S. Ältermann.
Alefanzerey (W3) [Adelung]
+ Die Alefanzerey, plur. die -en, ein größten Theils veraltetes Wort,
welches noch hin und wieder im gemeinen Leben für unwitzige Possen,
alberne, ungereimte Handlungen gebraucht wird. Alefanz bedeutete
ehedem in Oberdeutschland List, Verschlagenheit, besonders aber deren
Anwendung zum Gewinn, wie Frisch mit verschiedenen Beyspielen
beweiset, denen man noch folgende aus dem ehrlichen Hans Sachs
beyfügen kann: - Die Land und Leut beschweren, Als Räuber,
Landzwinger, Finantzer, Aufsetzmacher und Alefanzer. Ingleichen an
einem andern Orte: Mit Schinderey und Finanz, Mit Wucher, Färkauf und
Alefanz. Wie auch: Wie nimbt ober handt die Finanz, Wie spitzig ist
der Alefanz. Woraus man siehet, daß Alefanz und Alefanzer damahls
ungefähr das bedeutete, was man im Brandenburgischen unter König
Fridrich Wilhelm einen Plusmacher und Plusmacherey nannte.
Anm. Frisch
leitet dieses Wort von dem Ital. al avanzo ab; allein, wenn auch der
Begriff der Verschlagenheit in Absicht auf seinen Vortheil der
Stammbegriff wäre, so ist doch eine solche Bildung eines Wortes ganz
wider alle Analogie. Ihre läßt es von dem Schwedischen fane, nörrisch,
und dieß von dem veralteten Lat. fanus, welches ehedem für fatuus
üblich war, abstammen, welches sehr weit gesucht ist, und doch die
erste Hälfte des Wortes unerklärt läßt. Bey dem Ottfried findet sich
ein Wort elibenzo, welches daselbst mit fremd verbunden wird: Vuir
zellent thir es ouch mer Bist elibenzo fremider; wo Schilter es durch
einen Verbanneten erkläret; Diet. von Stade sehr albern durch ein
einem Elephanten ähnliches Ungeheuer; Wachter aber richtiger, durch
einen, der eine fremde ausländische Sprache spricht, von el, fremd, (
S. Elend, Albern,) und dem veralteten benzin, fanzen, reden, sprechen.
Alefanz würde also fremdartig in Ansehung der Sprache, wie albern, in
Ansehung
der Geberde und Tracht bedeuten, wovon denn der Begriff des
Ungereimten und Thörichten eine Figur seyn könnte. Daß der Begriff der
Verschlagenheit auf seinen Vortheil damit verbunden worden, rühret
vielleicht daher, weil man selbigen durch Fremde und von Fremden
kennen gelernet. S. auch Firlefanzerey.
Alet (W3) [Adelung]
Der Alet, des -s, plur. die -e, ein Fisch, S. Alant.
Alexandrinisch (W3) [Adelung]
Alexandrinisch, adj. et adv. von dem Substantive Alexander. Besonders
nennet man eine gewisse Versart die Alexandrinische, weil sie zuerst
in Frankreich im 12ten oder 13ten Jahrhunderte in einen Helden-Romane
von Alexander dem Großen gebraucht worden.
Alfranken (W3) [Adelung]
Alfranken, S. Alpranken.
Algebra (W3) [Adelung]
Die Algebra, plur. car. ein Arabisches Wort von ungewisser
Abstammung, die Wissenschaft, aus gegebenen endlichen Größen andere
ihres gleichen zu finden; auch, obgleich seltener, die Algeber, nach
dem Franz. Algebre, und bey den ältern Mathematikern, die Stellkunst,
welches doch so viel wie nichts sagt. Daher algebraisch, zu der
Algebra gehörig, in derselben gegründet; der Algebraist, des -en,
plur. die -en, der die Algebra verstehet.
Alimente (W3) [Adelung]
* Die Alimente, sing. car. aus dem Lat. Alimenta, in den Rechten, der
durch die Gesetze bestimmte Unterhalt, welchen jemand in manchen
Fällen dem andern geben muß. Daher die niedrigen veralimentiren,
diesen Unterhalt reichen, die Alimentation, die Reichung dieses
Unterhaltes.
Alkali (W3) [Adelung]
Das Alkali, plur. doch nur von mehreren Arten, ut nom. sing. ein
Arabisches Wort, eine Substanz zu bezeichnen, welche mit den Säuren in
eine Gährung geräth. Daher alkalisch, nicht so richtig alkalinisch,
die Natur eines Alkali habend, laugenartig, weil man das Alkali auch
ein Laugensalz nennet.
Alkermes (W3) [Adelung]
Alkermes, S. Kermes.
Alkoran (W3) [Adelung]
Der Alkoran, des -es, plur. die -e, der Nahme des Muhamedanischen
Gesetzbuches, Alcoranus, von dem Arabischen kara, er hat gelesen, und
dem Artikel Al; auch oft ohne diesen Artikel der Koran.
Alkoven (W3) [Adelung]
Der Alkoven, des -s, plur. ut nom. sing. der abgesonderte Theil eines
Zimmers, der vermittelst einer größern Öffnung oder anderer
Verzierungen zu einem Schlafgemache abgesondert worden.
Anm. Man könnte
leicht in Versuchung gerathen, dieses Wort zu den ursprünglichen
Deutschen zu rechnen; denn Kave oder Koben bedeutet in Niedersachsen
eine eingeschlossene Ecke, Vieh darein zu stellen; ja in Alfriks
Glosse kommt Bed-cofa schon von einem Schlafgemache vor. Allein, es
ist wohl ausgemacht, daß wir es vermittelst der Franzosen aus Spanien
herhaben, wo Alcoba eben das bedeutet. Das Spanische aber kommt
vermuthlich von dem Arabischen Elkanf, ein Schlafzimmer, her, oder
vielmehr von Alcova, welches nach einigen Reisebeschreibern bey den Arabern den abgesonderten Theil eines Zimmers bedeutet, wohin
heidnische Einwohner ihre Hausgötzen stellen. Das Mecklenburgische
Kahlafen, ein Alkofen, ist vermuthlich aus diesem Worte verderbt.
All (W3) [Adelung]
All, Aller, alle, alles, ein Wort, welches in den meisten Fällen den
Begriff der Allgemeinheit ausdrucket, und in dreyerley Gestalt üblich
ist.I. * Als ein Umstandswort, welches dessen ursprüngliche Gestalt
ist, der Zahl, Menge und innern Stärke nach erschöpft. Der Wein ist
schon all, es ist kein Wein mehr da, er ist verbraucht. Sein Vermögen
all machen, erschöpfen, verzehren. Es wird bald alles all seyn. Bis daß
eure Leiber all werden in der Wüsten, 4. Mos. 14, 33. Die Missethat der Ammoniter ist noch nicht alle, 1. Mos. 15, 16.
Das größte Vergnügen wird alle, wenn die Frau keine Wirthinn ist, Gell.
Eigentlich kann es hier nicht anders als all lauten; wird ihm zuweilen
das e angehängt, alle, so geschiehet es um des Wohllautes willen, die
harte Einsylbigkeit zu vermeiden. Doch dieses ganze Umstandswort ist
in der anständigen Sprech- und Schreibart der Hochdeutschen veraltet,
und nur noch im gemeinen Leben, und im gesellschaftlichen Umgange,
besonders in Niedersachsen, üblich. In der edlern Schreibart bedient
man sich dafür lieber einer Umschreibung.II. Als ein Adjectiv,welches
durch die Concretion aus dem vorigen gebildet worden, überhaupt den
Begriff der Allgemeinheit bezeichnet, aber so wohl in der Declination,
als auch in seinem Verhältnisse gegen andere Wörter viel von der Natur
der Pronominum an sich hat, und daher auch von einigen zu diesen, von
andern aber richtiger zu den allgemeinen Zahlwörtern gerechnet wird.
Vermöge seiner Bedeutung ist es keines Comparatives noch Superlatives
fähig, und bestimmt die Substantiva, die es bey sich hat, oder die
darunter verstanden werden, so genau, daß ordentlicher Weise kein
Artikel mehr Statt hat. Es wird aber in dieser Form auf eine
gedoppelte Art gebraucht.1. Mit ausdrücklicher Beyfügung des
Substantivi und Pronominis, und da bezeichnet es die Allgemeinheit.
1) Der Zahl nach, oder distributive, in Rücksicht auf die verschiedenen
Individua einer gewissen Art, die als zusammen genommen vorgestellet
werden sollen, in welchem Falle es mit seinem Substantive und Pronomine alle Mahl im Plural stehet. Alle Menschen müssen sterben.
Der Wechsel aller Sachen. Vor allen Dingen. Zu allen Zeiten. Wir alle,
die wir hier sind. Er wird noch leben, wenn sie alle todt sind. Das
wußten wir alle. Ich komme von ihnen allen. Plato, Seneca, und wie sie
alle heißen.Ordentlicher Weise stehet es alsdann vor dem Substantive
oder unmittelbar nach dem Pronomine, welches dessen Stelle vertritt.
Wenn aber das Substantiv einen Artikel bey sich hat, so tritt es
hinter dasselbe, und oft hinter das Verbum; oder vielmehr, wenn man
das all um eines Nachdruckes willen aus seiner Stelle reißen, und es
hinter sein Substantivum setzen will, so muß dieses den bestimmten
Artikel bekommen. Die Leute alle sahen es. Die Juwelen habe ich noch
alle. Die Arten, wodurch man das Geld verthut, sind mir alle zu
beschwerlich. Die Narren sehen, wie die Menschen, alle einander
ähnlich. Im Genitiv findet diese Versetzung nicht Statt; nicht, die
Rechtschaffenheit dieser Menschen aller, sondern aller dieser
Menschen. Nothwendig hingegen ist sie bey allen Pronominibus, und zwar
in allen Endungen. Sie arbeiten alle. Sie lieben alle die Alten. Sie
werden alle kommen. Wir können nicht alle so gelehrt sprechen. Wir
können nicht alle so gelehrt sprechen. Wir haben alle unsere Fehler,
Gell. Ihrer aller Freund, Unser aller Vater.Besonders thut die
Inversion nach Substantiven, welche doch nur um eines besondern
Nachdruckes willen geduldet werden kann, in der höhern Schreibart gute
Dienste, nur daß ein richtiges Gehör erfordert wird, dem alle seine
rechte Stelle anzuweisen. Wie hat dieser grausame Frevler die Blumen
alle zerstreuet! Die Stimme wird gelassener, die Glieder alle gerathen
in einen Stand der Ruhe, Less. Und die Thränen ihres Sohnes flossen
alle umsonst, Dusch. Erst werden die Welten alle vergehen, Klopst.
Nein! nein! die Weiber stechten alle, Wenn dieses Übel schädlich wär,
Gell. O Freund, der du die Sterne Des Himmels alle zählst, Gleim. Die
Weisen alle dienen, Die Völker lernen schon, Raml. Diese Wortfügung
war schon den Alten bekannt. So singt z. B. Ottfried, Unio er fuar ouh
thanne Ubar himila alle, d. i. wie er auch von dannen fuhr über die
Himmel alle; und an einem andern Orte, thie odegun alle firliuze er
itale, die Reichen alle ließ er leer. Ingleichen, so fint thie thegana
alle, so sind die Knechte alle. Ferner, Minnisgon alle, alle Menschen.
Alsam die toren alle tuont, Reimar der Alte. Doch da es bey ihnen ganz
etwas gewöhnliches war, die Adjectiva den Substantiven nachzusetzen,
so scheinet diese Inversion mit dem alle noch ein Überrest davon zu
seyn.Zuweilen, wo keine Nothwendigkeit vorhanden ist, die
Allgemeinheit besonders auszudrucken, stehet es um eines entweder
wahren oder eingebildeten Nachdruckes willen. Z. B. Und wer sind denn
alle diese feinen Leute? Sagen sie mir, was sie mit allen den
vergeblichen Reden haben wollen. Besonders geschiehet solches mit
einigen Zahlwörtern. Alle beyde. Sie kommen alle drey. Ich sah den
Kutscher mit allen vier Pferden ersaufen, Gell.Die Redensart auf alle
Tage ist elliptisch, und bedeutet so viel, als auf alle gemeine Tage,
d. i. auf die Wochen- oder Werktage, im Gegensatze der Fest- und
Feyertage. Ein Kleid, ein Hut auf alle Tage. S. auch Alltäglich und
Alltags.2) Der Quantität oder Menge nach, collective, in Beziehung auf
das Ganze, welches die entweder neben einander bestehenden Individua,
oder die auf einander folgenden Theile, ausmachen, und da stehet es
mit seinem Substantive im Singular und vertritt die Stelle des
Adjectives ganz. Alles Land in Contribution setzen, das ganze. Ich bin
ihnen dafür mehr verbunden, als für alle Wartung. Alle meine Freude
hat nun ein Ende. Ich arme Frau, komme um alle meine Freude, die ich
mir eingebildet hatte, Gell. Alle unsere Sorge wäre durch diese
Schickung gehoben, ebend. Es ist mir lieb, daß sie noch nicht alle
Hoffnung von mir verloren haben, ebend. Wollen sie uns denn um alle
Sittsamkeit und um allen Wohlstand bringen? ebend. Besonders liebt
alle in dieser Bedeutung das Substantiv Welt, welches in dieser
Verbindung oft verschiedene Nebenbedeutungen bekommt. Alle Welt redet
davon, jedermann. Alle Welt fliehet seine Gegenwart. Er freuet sich,
wenn es aller Welt wohl gehet. Und wenn ich aller Welt Reichthümer
besäße. Das ist in aller Welt bekannt. Nun das begreife ich doch in
aller Welt nicht. Dann können sie alle Welt auslachen. S. Welt.Auch in
dieser Bedeutung war dieses Wort schon den Alten bekannt. Alla so
baurgs, die ganze Stadt, Ulphil. Alliu ruahha, alle Sorge, Kero. Ellu
sin giuualto, alle seine Gewalt, Ottfr. Allen dag, den ganzen Tag,
Notk. Und swiget allen einen tag, einen ganzen Tag, Reimar der Alte.
Allan thesan worolt thiot, alles dieses Volk der Welt, Ottfr.3) Der
Intension, der innern Stärke und Vollkommenheit dieses Ganzen nach.
Sind sie ein Thor, fing ich in aller Angst an, voller Angst. Er wollte
mir es mit aller Gewalt aufdringen. Ich kam noch zu allem Glücke dazu.
Er hat alle Ursache dazu gehabt. Ich sage es dir in allem Ernste. Ich
redete mit ihm in aller Gelassenheit. Ich sagte in allem Gu-ten zu
ihm. Das Loos! das Loos! Um aller Barmherzigkeit willen! Gell. Ich
habe alle Hochachtung für sie. Ich that mir alle Gewalt an. Mir muß er
mit aller Achtung begegnen. Es ist mit allem Fleiße gemacht. Aller
Kürze unbeschadet. Der Plural kommt in dieser Bedeutung wenig vor;
doch sagt man: man kann einander in allen Ehren lieben.Soll der
Gegensatz von dem alle in dieser Bedeutung ausgedruckt werden, so wird
demselben das Vorwort ohne vorgesetzet. Ohne allen Zweifel. Ohne alle
Ursache. Ohne alles Bedenken. Das Leichenbegängniß wurde ohne alle
Pracht gefeyert. Ohne alle Barmherzigkeit. Ich will mich glücklich
schätzen, wenn sie mich nicht ohne alle Hoffnung fortreisen lassen,
Gell. Ich bin ja ohne alle Schuld, ebend.4) In Rücksicht auf das
Gegentheil des bezeichneten Ganzen, welches dadurch völlig
ausgeschlossen und verneinet wird, für nichts als. Ich ziehe euch zu
allem Guten. Ich habe ihm alle Wohlthaten erwiesen. Er redet alles
Böse von mir. Einem alles Liebe und Gute erweisen. S. im folgenden die
Anm.5) In Rücksicht auf jeden einzelnen Theil, der das Ganze mit
ausmacht, besonders; in welchem Falle es für jeder stehet, und so wohl
im Singular als Plural üblich ist. Aller Anfang ist schwer. Aller Wollust (einer jeden Art von Wollust) ergeben seyn. Alles Wasser ist
dazu gut. Das muß ihnen Statt alles Beweises dienen. Das Haus drohet
alle Augenblicke (jeden Augenblick) einzufallen. Ich dächte, daß er
ihrer alle Stunden werth wäre, Gell. Eben deßwegen singt und bethet
sie alle Stunden, weil sie alle Stunden reicher werden will, Gell. Sie
ist eine Feindinn aller Eitelkeit, ebend. Auf allen Fall, auf jeden
Fall der sich zutragen kann. Alle Tage, alle Jahre, alle Wochen, alle
Stunden. Alle Sonnabend gehet er in die Stadt, jeden Sonnabend. Alle
vier Jahre, nach jedem dritten Jahre. Alle drey Monathe, nach jedem
zweyten Monathe. So auch, alle sechs Meilen, alle zwanzig Ellen, alle
zehn Schuh. Indessen kann all nicht in jedem Falle die Stelle des
jeder vertreten, besonders, wenn dieses im Singular stehet. Aller
Mensch hat seine Fehler, sie fanden bey allem Diebe drey Messer u. s.
f. läßt sich nicht sagen, ob man gleich keine andere Ursache, als den
Mangel des Gebrauches, davon wird angeben können.Wenn alle in dieser
Bedeutung mit solchen Wörtern verbunden wird, die eine Zeit oder ein
Maß bedeuten, so ist in einigen Provinzen dafür die zweyte Endung
aller gebräuchlich. Man siehet ja nicht aller zwey Meilen einen
Galgen, Less. Ich richte mich so ein, daß ich meisten Theils aller
sechs Wochen eine neue Herrschaft habe, ebend. Allein dem guten
Geschmacke ist diese Wortfügung fremd.2. Mit Auslassung des
Substantives und Pronominis, den schon oben bemerkten Begriff der
Allgemeinheit auszudrücken. Und zwar,1) Im Plural, wo die Hauptwörter
Menschen, Dinge, Sachen, Stücke u. s. f. darunter verstanden werden.
Alle sagen es. Aller Augen warten auf dich. Sein Haus steht allen
offen. Es war der liebreichste Mann, der mich und alle zum Mitleiden
bewog, alle, die ihn sahen. Du übertriffst sie in allen, in allen
Stücken. Alle die ihr hier seyd, ihr alle Vornehmlich aber,2) Im
Singular, wo das Neutrum alles sehr häufig Statt eines ausgelassenen
Substantives, oder auch Statt einer verschwiegenen ganzen Redensart
stehet, welche die bezeichnete Allgemeinheit näher bestimmet, und
wobey es zuweilen auf verschiedene Nebenbegriffe weiset. Es stehet
aber,(a) Sofern nur überhaupt eine Allgemeinheit ausgedruckt werden
soll, ohne Bezug auf deren übrige Verhältnisse. Alles zürnet
wider mich, alle Menschen. Alles was Waffen tragen konnte. Wo er nur
hinkommt, läuft ihm alles entgegen. Gaubius im Haag, Schlosser zu
Amsterdam, Camper zu Harlem, alles berühmte Ärzte, d. i. welche Männer
insgesammt berühmte Ärzte sind. Denn alles will den grünen Esel sehn,
Und alle konnten doch nicht mit dem Esel gehn, Gell. So auch von
Sachen. Alles dieses, oder, dieses alles, habe ich längst
wahrgenommen. Alles dieses ist Ursache, daß ich nicht gekommen bin.
Das thue ich um alles in der Welt nicht, um alle Reichthümer in der
Welt. So bald alles fertig seyn wird, will ich dich rufen. So lange
ich lebe, will ich alles an dich wenden. Ich verspreche dir alles. Der
Himmel gebe ihnen alles, was sie sich selber wünschen. Wegen alles
dessen konnte ich nicht kommen. Ich bin in allem seiner Meinung. Er
schickt sich zu allem. Die Religion ist das heiligste unter allem, was
ein Vernünftiger hochschätzen kann, Gell. Ingleichen, in manchen
Fällen mit der Inversion. Allein es hilft ihm alles nichts. Das ist
alles nichts. Gedulden sie sich, es wird noch alles gut werden. Das
mag ich alles nicht wissen. Da alles, hier ein wahres Collectivum ist,
so leidet es auch das Verbum im Plural, wenn das folgende Substantiv
denselben erfordert. Alles übrige sind Possen, Gell. Alles das sind
Lügen. Aber dieses sind ja alles unschuldige Dinge, ebend. Oft nimmt
es auch, besonders im gemeinen Leben, verschiedene Zusätze an, die
Allgemeinheit noch nachdrücklicher vorzustellen. Er gilt alles in
allem bey ihm. Ich will alles in der Welt für dich thun. Alles mit
einander. Alles und jedes.(b) Sofern die einzelnen Theile als zusammen
gezählet vorgestellt werden. Es sind in allem sechs Thaler. Es währete
in allem vier Wochen. Wie viel sind es in allem. Es kostet mir alles
in allem zehn Thaler.(c) So fern der einzelnen Theile viele sind,
besonders mit was, und ausrufungsweise. Es ist erstaunlich, was er
alles weiß. Ach, was wollte ich nicht alles für dich thun! Was fordern
sie nicht alles von mir!(d) So fern dadurch der Gegenstand so
erschöpft wird, daß nichts übrig bleibt. Das ist alles, nun ist weiter
nichts mehr vorhanden. Das ist noch lange nicht alles, was ich ihnen
zu sagen habe. Das ist auch alles, was ich ihm nur wünschen kann.
Alles was ich thun kann, ist dieses, oder, dieses ist alles, was ich
thun kann. Alles, was sie mir antwortete, war dieses, oder, dieses war
alles, was sie mir antwortete.Obgleich alles in allen bisher
angeführten Bedeutungen die Stelle eines Substantives vertritt: so ist
es doch nicht gewöhnlich, dasselbe mit einem großen Buchstaben zu
schreiben. Indessen gibt es Fälle, wo es,III. Als ein Substantiv,im
eigentlichen Verstande gebraucht wird. Man bedienet sich dazu so
wohl,1. * Des unconcrescirten Adverbii all, den ganzen Umfang gewisser
Dinge anzudeuten, in welchem Fall es auch den Artikel vor sich
leidet.Das ist ihr ganzes All, ihr Trost und ihre Ruh, Opitz. Allein,
da das Umstandswort all in der anständigen Schreibart veraltet ist, so
hat man auch dieses Substantiv mit allem Rechte veralten lassen, und
die neuern Dichter haben daher nicht wohl gethan, wenn sie es,
besonders in dem Begriffe der Welt, wieder zu Ehren zu bringen
gesucht, zumahl da es nicht das mindeste Anschauliche hat. Der Vater
der Natur denkt, weist in jedem Falle, Im All auf jedes Glied, in
jedem Glied aufs Alle, Dusch. Nur eine schwache Änderung darf ihren
Gang verdrehn, So wird in einem Schiffbruch das All zu Grunde gehn,
Ebend. Und schmölze dieses All in seine Elemente, ebend. In der ersten
Stelle ist noch dazu die Declination aufs alle unrichtig, indem die
unconcrescirten Adverbia, wenn sie als Substantiva gebraucht werden;
völlig indeclinabel sind, das Schwarz, des Schwarz, dem Schwarz. So
auch das Grün, das Weiß, das Allgut, u. s. f.2. Als auch des
vollständigen Neutrius Alles, in der höhern Schreibart, für aller
Trost, aller Reichthum u. s. f. doch nur im Singular, und als ein
Indeclinabile ohne Artikel, auch nur mit den Possessivis mein, dein u.
s. f. Ja du Hälfte meiner selbst, mein Leben, mein Alles, Weiße. Unser
Schutz, unsere Hoffnung, unser Alles ist mit ihm gestorben. Grausamer,
was hast du gethan? Du hast meinen Vater, meinen Trost, mein Alles
ermordet! Barbar, du hast mich von meinem Alles
getrennet!Anmerkungen.I. Wenn im vorigen gesagt worden, daß alle und
alles eine Allgemeinheit ausdrucken, so muß solches nicht alle Mahl in
dem schärfsten Verstande genommen werden; denn zuweilen stehen sie,
vermöge der Vergrößerung, einer in allen Sprachen nicht ungewöhnlichen
Figur, für viel. Aus dem vorigen erhellet zugleich, daß dieses Wort
eben so oft im Singular, als im Plural gebraucht wird. Daher nicht zu
begreifen ist, wo ein gewisser Sprachlehrer seine Gedanken gehabt
haben müsse, als er feyerlich behauptete, es finde nur im Plural
Statt.2. Da dieses Adjectiv keinen Artikel vor sich leidet, wenn man
nur nicht das Pronomen Demonstrativum der, die, das, für den Artikel
hält: so ist es auch nur in der bestimmten Declination der Adjectiven
üblich. Folglich gehet es so:
Singular Plural
Aller, alle, alles, Alle.
Alles, aller, alles. Aller.
Allem, aller, allem. Allen.
Allen, alle, alles. Alle.
Nur daß es im Dativo Singularis des männlichen und sächlichen
Geschlechtes, wenn ein Pronomen vorher gehet, Statt allem, nur allen
lautet. Bey dem allen. Wie dem allen sey. Welches auch in andern
Fällen um des Wohlklanges willen geschiehet, um nicht zwey em
unmittelbar auf einander folgen zu lassen.Da nun alle bloß in der
bestimmten Declination der Adjectiven üblich ist, so bekommen auch die
darauf folgenden Adjectiven wie in andern Fällen, nur die unbestimmte
Declination. Alles äußerliche Ansehen. Aller große und viele
Reichthum. Bey allem großen Vermögen. Aller goldenen Schätze
ungeachtet. Aller guten Dinge sind drey. Ich erziehe sie zu allem
Guten. Ausgenommen ist, (a) das im gemeinen Leben übliche, einem alles
Liebes und Gutes erweisen, für alles Liebe und Gute, wie schon Burkard
von Hohenfels sang, alles liebes wil ich ir nimer abegan. Ingleichen
alles Gutes von einem sprechen, lauter Gutes; dagegen es in andern
Fällen alles Gute heißt. (b) Im Nominative des Plurals wird das
folgende Adjectiv lieber ohne n als mit demselben declinirt, welches
auch nach einiger, mancher, viel und ander Statt findet. Alle gute
Männer, für guten. Alle gute Frauen. Alle gute Ermahnungen helfen
nichts. Ich
habe deiner Tochter alle mögliche Vorstellungen gethan, Gell. Ach es
kostet viel, wenn eine Frau alle neue Moden mitmachen will, eben
derselbe.Da die Pronomina nur allein die bestimmte Declination der
Adjectiven leiden, so behalten sie selbige auch nach dem alle. Alles
mein Blut ist in Unordnung gerathen. Er richtet mit allem seinem Gelde
nichts aus. Aller dieser Segen, Gell. nicht diese. Mit allem dem. Die
Tugend in allem ihrem Glanze zeigen. Bey allem meinem Glücke mache ich
vielleicht meine Freundinn unglücklich, Gell. Nichts will ich von
allem dem sagen, was sie hier finden soll, Dusch. Sagen sie ihr, daß
sie bey allen ihren Büchern eine Närrinn ist, Gell.Es ist daher
fehlerhaft, wenn das all in solchen Fällen verstümmelt, und seiner
Declinations-Zeichen beraubt wird. Alle mein Blut ist in Unordnung
gerathen, für alles. Sie will alle ihr Vermögen daran setzen, Gell. Er
richtet mit alle seinem Gelde nichts aus, für mit allem. Bey alle dem,
für bey allem dem, oder besser, bey dem allen. Sie ist das Werkzeug,
an dem sie alle den Gift ausläßt, den ihr Stolz hervor bringt, Gell.
für allen. Bey alle den Schwachheiten meiner Schwägerinn, eben
derselbe.Es ist dieser auch noch im Hochdeutschen sehr übliche Fehler
ein Überrest der Oberdeutschen Mundart, wo es sehr gewöhnlich ist, für
dieses Wort in allen Zahlen, Endungen und Geschlechtern das
unconcrescirte Umstandswort all an Statt des concrescirten Adjectives
aller, alle, alles zu gebrauchen, und demselben den Artikel
nachzusetzen, so wie es noch die Franzosen mit ihrem tout machen. Al
der werlte pris, vor al der werlte, al den gruenen walt, us al der
werlte, al der Selde der beste teil, al den siu, al die sinne, und
hundert andere Beyspiele kommen noch häufig bey den Schwäbischen
Dichtern vor. Oft pflegte man auch diesen Artikel mit dem all in Ein
Wort zusammen zu ziehen. In alder werlte, vor alder werlte, des froit
sich herze und alder lib, sind auch Beyspiele aus den Schwäbischen
Dichtern. Wenn nun ein Pronomen folgte, so war es natürlich, daß der
Artikel wegfallen mußte, und blieb denn nur das all übrig; z. B.
wieder aus den vorigen: Al min truren, dar inne al min froide lit, got
nem im al sin ere, al solcher eren u. s. f. Indessen wurde dieses auch
nicht alle Mahl beobachtet, denn bey eben denselben findet man auch:
Aller min gedane, allen minen muot, alle ir mere, alle ir arbeit, u.
s. f. Diese alte indeclinable Form ist, obgleich auf eine sehr
unregelmäßige Art, noch jetzt im Oberdeutschen üblich. Z. B. All dein
Reichthum. All mein Verstand. All deines Glückes. All das Land, so du
siehest. Wie all solches daraus erhellet. Die Stände all des Ihrigen
berauben. Von Ausübung all anderer Feindseligkeiten abstehen. Da man
es denn mit dem folgenden Nennworte wohl gar in Eines zusammen ziehet.
Allthunlicher Dingen nach. Allgedeihlicher Vorschub. Allobiges.
Mehrere Beyspiele werden die Schriften der Reichskanzelleyen im
Überflusse gewähren. Man sollte daher diese im Hochdeutschen mit Recht
veraltete Form nie wieder der Vergessenheit zu entreißen suchen. Wie
rauh und kanzelleymäßig klingt nicht folgende Stelle aus dem Schlegel?
Wie unnütz ist all äußerlich Bestreben? 3. Außer den obigen
angeführten Bedeutungen dieses Wortes wird dasselbe in den Provinzen
noch auf verschiedene Arten gebraucht, die aber im Hochdeutschen
unbekannt sind. So wird, 1) der Genitivus Pluralis aller in
Oberdeutschland als ein Adverbium für ganz gesetzet; oder vielmehr
aller ist ein eigenes, vermittelst der Ableitungssylbe - er von all
gebildetes Umstandswort, für ganz. - Silenus aller trunken, Opitz. Der
eingetheilte Witz wird aller angewandt, Hall. Er war so gar
erschrocken, daß er aller zitterte, 2. Marc. 3, 17. am ganzen Leibe.
Ihr Körper wird aller zu Ausdruck, Bodmer, für ihr ganzer Körper. Ich
bin aller krank. Er ist aller närrisch. Das Papier ist aller naß. In
ähnlicher Bedeutung sagte schon Ottfried: Thaz sus aller uuas funtan,
daß es aller, oder wirklich, so gefunden wurde; und wenn man den
Sächsischen Bergmann fragt, wie es gehe, so ist die Antwort: aller
höflich, d. i. ganz hoffnungsvoll. 2) Das Neutrum alles, oder
zusammengezogen alls, ist gleichfalls in Oberdeutschland eine
versichernde Partikel, für allezeit, immer nur, anders. Man ist alls
den Reichen günstiger; als den Armen. Es muß es alls der Teufel gethan
haben. Danach fährst du alles im Wagen, Weiße. Auch dieser Gebrauch
ist schon alt. Alles bedeutet schon bey dem Kero omnino, und in allum
alles steti, heißt bey ihm so viel als an allen Orten. Wiht alles ni,
ist auch bey dem Ottfried so viel als nichts. Uua iz alles uuar in
uuar, ebend. für wenn es anders wahr wäre. Aichinger, der doch selbst
ein Oberdeutscher ist, weiß S. 381. seiner Sprachlehre nicht, was er
aus dieser Partikel, die größten Theils ein sehr überflüssiges
Flickwort ist, machen soll. Aber er irret sehr, wenn er sie mit also
für einerley hält. Auf ähnliche Art gebrauchen 3) die Niedersachsen
ihr al. Al darum, eben darum. Das ist al lustig, das ist doch lustig.
Aber noch häufiger bedeutet es bey ihnen, 4) so viel als schon,
bereits. Er ist al groß, er ist schon groß. Das ist al all, das ist
schon all, oder schon zu Ende.4. Man hat viele Wörter, die mit diesem
Beyworte zusammen gesetzt sind. Es zeiget sich daselbst in einer
dreyfachen Gestalt.(a) Das unconcrescirte Adverbium all, wird so wohl
mit Partikeln, als auch mit Adjectiven und Substantiven zusammen
gesetzt. Jene haben wir insgesammt der Oberdeutschen Mundart zu
danken, die sich durch ihren Hang zur Weitschweifigkeit und zu langen
viersylbigen Wörtern vorzüglich unterscheidet. All soll alsdann ihre
Bedeutung verstärken, obgleich diese Verstärkung oft sehr unnöthig und
unmerklich ist. Dergleichen sind, allbereits, allda, allhier, allwo,
allso, oder wie man es beständig schreibt, also, u. a. m. die im
folgenden vorkommen werden, wo man aber kein allschon, allforderist,
alldaselbst, allfolglichen und hundert andere Oberdeutsche
Verlängerungen suchen darf, mit welchen alle Kanzelleyschriften dieser
Gegenden reichlich versehen sind. Bey einigen einsylbigen Partikeln
hat diese Verlängerung zuweilen ihren Nutzen, weil sie den Numerum der
Rede befördern kann, und dem kleinen Worte, wenn es mit einem
Nachdrucke versehen ist, mehrern Umfang gibt; besonders wenn diese
Partikeln am Ende eines Satzes zu stehen kommen; S. Allda, Allhier,
Also. In allen diesen Fällen wird all voran gesetzet, nur in dem
einzigen überall hängt es sich hinten an. Vor den Adjectiven und
Substantiven hat es theils den Begriff der Allgemeinheit, theils auch
der innern Vollkommenheit und Stärke. Dergleichen sind Allgegenwart,
allgegenwärtig, Allmacht, allmächtig, allgütig, allgemein u. s. f. In
Oberdeutschland hat man auch von diesen Zusammensetzungen eine große
Menge: alldasig, alldortig, allgedeylich, allgefällig, allschuldig und
tausend andere sind ein Beweis davon. Nur sind die meisten Beywörter
dieser Art daselbst unschickliche Zusammensetzungen von aller
gedeylicher, aller gefälliger, aller schuldiger; z. B. allgedeylichen
Vorschub thun, allgefällige Dienste leisten, allschuldigen Dank sagen.
Ein Oberdeutscher wird daher einige unserer neuern Dichter, die mit
solchen Zusammensetzungen sehr freygebig sind, gewiß sehr unrecht
verstehen, wenn er bey ihnen eine allgefällige Göttinn, einen
allgütigen May, eine allwachsame Sorge u. s. f. lieset. Da die
ganze unconcrescirte Form all, wie schon gesagt worden, im
Hochdeutschen veraltet ist, und nur noch in der niedrigen Sprechart
lebt, so ist es wider die Analogie, sie zu neuen Zusammensetzungen zu
gebrauchen, so häufig solches auch von manchen Schriftstellern
geschiehet, wo man ein allbelebend, allbeseligend, allliebend,
allnährend, u. s. f. findet. Allvater, von Gott gebraucht, hat wegen
dieser veralteten Form sogar einen komischen Nebenbegriff. Übrigens
waren dergleichen Zusammensetzungen schon den Alten geläufig.
Alsuslich stehet bey dem Notker für solch. Alatharba bedeutet bey dem
Ulphilas sehr bedürftig, alazioro und alafesti, bey dem Ottfried sehr
zierlich und sehr fest, und aluualt bey dem Tatian sehr mächtig.
Selbst die Angelsachsen sagten ael-grene für sehr grün, und bey den alten und heutigen Isländern kommt diese Art von Intension gleichfalls
sehr häufig vor.(b) Der Nominat. so wohl Singular. als Plural. alle
findet sich nur in den Adverbiis allemahl, allesammt, allewege,
alleweil und allezeit, die dadurch zum Begriffe der Allgemeinheit
erhöhet werden. Man hat zwar in den neuern Zeiten auch
Zusammensetzungen mit dem Dativo Plur. allen versucht, wohin die
Allengefallenheit des Logau gehöret; allein auch diese sind wider die
Analogie, weil der erste Theil einer Zusammensetzung nach der Regel
seine Biegungszeichen verlieren muß. Es müßte eigentlich
Allgefallenheit heißen, welches aber, wenn es auch erlaubt wäre, einen
andern Begriff geben würde. Desto häufiger kommt,(c) Der Genit.
Plural. aller vor, der sich so wohl zu einigen Substantiven gesellet,
die dadurch das Ansehen der Adverbien und Adjectiven bekommen, wie in
allerdings, allermaßen, allerseits und allerwegen, ingleichen in
allerhand und allerley, als auch, und zwar am häufigsten, zu den
Superlativis, deren Bedeutung dadurch verstärket werden soll. Der
allerglücklichste Mensch. In dem allerhärtesten Winter. Er war der
allerletzte. Der allerbeste Wein. Wer am allerwenigsten hat, muß oft
am allermeisten geben. So auch in den aus solchen Adjectiven gemachten
Nebenwörtern, allererst, allernächst, allermeist. Da die Superlativi
bereits das höchste in ihrer Art andeuten, so hilft dieser so genannte
Nachdruck eigentlich zu weiter nichts, als daß durch die Verlängerung
des Wortes die Aufmerksamkeit des Zuhörers sich desto länger dabey
verweilet. Es kommen daher diese verlängerten Superlativi, die sich
gleichfalls aus der weitschweifigen Alemannischen Mundart
herschreiben, in der gemeinen und gesellschaftlichen Sprache am
häufigsten, in der ernsthaften und höhern Schreibart aber seltener
vor. Im gemeinen Leben gehet man mit diesem verstärkenden Zusatze so
weit, daß man ihn zuweilen auch solchen Wörtern anhängt, deren
Bedeutung schlechterdings keine weitere Erhöhung leidet. Dahin gehöret
unter andern das so gemeine, ein allereinzig Mahl, welches der
komische Dichter in folgender Stelle sehr gut angebracht hat: Ein
allereinzig Mahl in seinem ganzen Leben Hat er dieß Tuch gewebt, Zach.
Daß dieses aller wirklich der Genitivus Pluralis ist, erhellet aus der
Art, wie die Alten die damit zusammen gesetzten Wörter geschrieben,
zumahl wenn man bedenkt, daß der Genitiv bey ihnen, so wie bey den
alten Griechen, weit häufiger gebraucht wurde, als bey uns.
Allerhandelüte, und allerleige, für allerhand Leute und allerley,
kommen im Schwabenspiegel und bey den Schwäbischen Dichtern mehrmahls
vor, und wenn Willeram das aller beste Gold nennen will, so drückt er
es durch aller golde bezzesto aus. Indessen kommen doch auch die
zusammen gezogenen Formen, alleromeist, allervortheroston u. a. m. bey
dem Kere und spätern Schriftstellern vor. Diese ganze Form ist
freylich noch eine Ausnahme von der Regel, nach welcher in
Zusammensetzungen der erste Theil seine Biegungszeichen verlieret;
abereine Ausnahme, welche der allgemeine Gebrauch bereits so
geheiliget hat, daß der Sprachlehrer dabey die Hand gerne auf den Mund
leget und schweiget.4. All, Goth. all, alls, bey den Alemannen, el und
all, Angels. eal, Engl. all, whole, Dän. al, ald, Isl. all, Wallis.
und Irländ. oll, ist ein altes Wort, welches sich nicht nur in die
ersten Zeiten der Nordischen Mundarten verlieret, sondern auch mit dem
Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Hebr. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - genau überein kommt. In den
mittlern Zeiten wurde es in Oberdeutschland ellew und elliu
geschrieben, und noch jetzt sprechen die Schwaben es älle aus. Ehedem
hatte es von ganz, auch die figürliche Bedeutung gesund. Die heutigen
Mundarten haben es aber getheilt. All bedeutet bey den Holländern und
Niedersachsen omnis, hel und heel aber ganz, und figürlich gesund. Hel
kommt bey den Schwaben, und helen bey den Schweden in eben dieser
Bedeutung vor. S. Heil.
Allarm (W3) [Adelung]
Der Allarm ; S. Alarm.
Allbereits (W3) [Adelung]
Allbereits, ein Umstandswort der vergangenen Zeit, für bereits,
schon. Es ist allbereits geschehen. Es ist nichts, das ich nicht
allbereits an ihn gewendet hätte. Dieses ohne Noth verlängerte Wort
ist in dem Kanzelley-Style am üblichsten. Im Hochdeutschen gebraucht
man lieber das kürzere bereits, zumahl da es eben das sagt. Die
Oberdeutschen Mundarten verbeißen das s, ob sie es gleich in bereits
deutlich hören lassen, albereit. Die Niederdeutschen und Nordischen
Mundarten lassen das be weg; Nieders. alreeds, Holl. alreede, Engl.
already, Dän. allerede, Schwed. allaredan, allaredo. S. Bereits.
Allda (W3) [Adelung]
Allda, ein bezeichnendes Umstandswort des Ortes, für da, daselbst. Er
besuchte seine Freunde, die er allda hatte. Ich will dich allda suchen
und sprechen. Dieses Wort wird am besten da gebraucht, wenn das
kürzere da bey einem auf demselben gelegten Nachdrucke zu wenig Umfang
hat; besonders wenn sich eine Periode mit da schließen sollte, da denn
allda dem Ausdrucke mehr Ründe und Stärke gibt als jenes. Vielleicht
erwarten dich Verläumdung und Undank am Ende deiner Laufbahn, aber die
Ehre ist auch allda. In andern Fällen gebraucht man dafür lieber
daselbst. Al thar kommt schon bey dem Ottfried vor.
Alldieweil (W3) [Adelung]
* Alldieweil, eine Causal-Conjunction für dieweil, oder weil.
Alldieweil nun das nicht geschehen kann, so u. s. f. Diese völlig
Alemannische Partikel stehet nur noch in der Kanzelley- und
Gerichtssprache in einigem Ansehen, wo man sie wohl noch gar mit einem
demnach zu verlängern pflegt, demnach und alldieweil. Bey dem
Strycker, bey den Schwäbischen Dichtern und im Schwabenspiegel
bedeutet alle dieuuile, und alle di weile, so lange als, und in dem
Gedichte auf den Erzbischof Anno bey dem Schilter kommt al di wili für
damahls vor. S. Dieweil.
Alldort (W3) [Adelung]
* Alldort, oder alldorten, ein Umstandswort des Ortes, für dort,
welches nebst dem davon gemachten Adjective alldortig, gleichfalls in
Oberdeutschland zu Hause ist.
Allee (W3) [Adelung]
Die Allee, plur. die -n, nach dem Französischen Allee, in den Gärten,
ein zu beyden Seiten mit Bäumen besetzter Gang, ein Schattengang, und
wenn er überwölbet ist, ein Bogengang. Den Übelstand drey auf einander
folgenden e zu vermeiden, läßt man im Plural das eine e weg, und
spricht das Wort dennoch dreysylbig aus, Alleen, für Alleeen.
Allegorie (W3) [Adelung]
Die Allegorie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Allegoria, die anschauliche Darstellung einer
allgemeinen Wahrheit unter einem sinnlichen Bilde; zum Unterschiede
von der Metapher, welche bloß einen einzelnen Begriff unter einem
sinnlichen Bilde darstellet. Die Allegorie ist eine fortgesetzte oder
ausgeführte Metapher. Daher allegorisch, eine Allegorie enthaltend,
darin gegründet, und oft in weiterm Verstande, bildlich, figürlich
überhaupt. Der allegorische Styl.
Allein (W3) [Adelung]
Allein, eine Partikel, welche in gedoppelter Gestalt üblich ist.I.
Als ein Umstandswort, eine Sache mit Ausschließung aller andern zu
bezeichnen. Besonders,1. Eine Sache mit Ausschließung aller andern
anzudeuten, oder etwas mit Ausschließung aller andern Dinge von
derselben zu behaupten. Den Wein allein trinken, ihn ohne Vermischung
mit Wasser trinken. Nur allein Wein trinken, nichts als Wein trinken.
Du sollst deinem Gott allein dienen, keinem andern als Gott. Ihm
allein, (keinem andern als ihm) gebühret diese Ehre. Dieser allein hat
sie alle übertroffen. Vielleicht ist es auch die Katze allein, die sie
durch ihre Andacht erbauet, Gell. Ingleichen, mit einigen Zusätzen zur
Verstärkung der Bedeutung. Ich war ganz und allein von dem Gefühle
eingenommen. Er lebt einzig und allein für andere.Man siehet hieraus,
daß allein, wie manche andere Umstandswörter, auch bey Nennwörtern
stehen könne. Die Ursache davon wird in der
Anm. gezeiget werden. Es
stehet alsdann hinter dem Nennworte, außer wenn eine Präposition
darauf folgt, oder nur vorher geht, da es auch vor demselben stehen
kann. Allein von dir hoffe ich Trost. Nur allein du hilfst mir, Herr!
Uns spricht der Scheinfreund, so wie du, Allein bey guten Tagen zu,
Haged. Allein steht hier für nur. Doch kann es dessen Stelle nicht
überall vertreten, besonders wenn eine Zweydeutigkeit mit der
folgenden Bedeutung zu besorgen ist. Z. B. ich habe nicht geschlafen,
ich habe allein geschlummert. Diese Zweydeutigkeit wird in den meisten
Fällen vorhanden seyn, wenn allein in dieser Bedeutung den Verbis
zugesellet wird.2. In engerer Bedeutung, die Anwesenheit oder
Gesellschaft anderer auszuschließen, in welcher Bedeutung es bloß zu
den Verbis gehöret. Allein wohnen, schlafen, essen. Lassen sie mich
allein. Erlauben sie mir, daß ich sie allein lasse. Ich will dich mit
ihm allein lassen. Er ist niemahls gern allein. Kein Unglück kommt
allein. Fürchten sie sich denn, mit einer Mannsperson allein zu seyn?
Gell. Einsam wirst du dich dünken, und öde werden die Tage seyn, die
du allein leben mußt. Dusch. Um des Nachdruckes willen, werden dieser
Partikel zuweilen noch einige Zusätze beygefüget. Dahin gehöret
besonders das ganz allein, und in der Kernsprache des großen Haufens
das Mutter Seel allein.Wenn es am Ende des Satzes stehet, so pflegen
viele, aber unnöthiger Weise, ein e daran zu hängen. Er wich in die
Wüsten alleine. Lassen sie uns doch nicht alleine.3. In noch engerer
Bedeutung, die Beyhülfe anderer auszuschließen. Das Kind kann noch
nicht allein gehen. Ich bin der Sache allein nicht gewachsen. Das
haben wir ganz allein gemacht. Er spricht ja ganz allein, Gell.
Anm. 1.
Ohne allein, für außer, ist im Hochdeutschen veraltet. Sy waren all
mit Freud beladen On allein der valsch Neydelhart, Theuerd. Kap. 85.
In den neuern Zeiten hat man verschiedene Composita mit dieser
Partikel versucht; z. B. Alleinkauf, Alleinhandel, für Monopolium,
Alleingespräch, besser Selbstgespräch, Alleinherr und
Alleinherrschaft, für Monarch und Monarchie, welche aber wenig
Liebhaber gefunden haben, weil die Partikeln zu neuen
Zusammensetzungen am unschicklichsten sind.
Anm. 2. Für allein war in
allen obigen Bedeutungen anfänglich das Zahlwort ein üblich, welches
denn seine ordentliche Abänderung behielt, und der damahligen
Gewohnheit zu Folge, den Substantiven und Pronominibus auch
nachgesetzet wurde. Ih eine, ich allein, Notker. Si einu, sie allein,
ebend. Imo ei-nemo,ihm allein, Tatian. In themo einen brote ni libet
ther man, der Mensch lebet nicht von dem Brote allein, ebend. Du
ritest hinnen und last mich einen,du reitest von hinnen und lässest
mich allein, Ditmar von Ast, unter den Schwäbischen Dichtern. Ich vant
si verborgen Eine und ir wengel von trehen nas, ich fand sie verborgen und allein, und ihre Wange von Thränen naß, Heinrich von Moringen. Und
daher kommt es auch, daß allein noch heut zu Tage zu Nennwörtern
gesetzt wird, ob es gleich nunmehr seine Declination verloren hat. Mit
dem verstärkenden Zusatze all, alaine, kommt es zuerst bey dem
Strycker vor. Bey noch spätern Oberdeutschen Schriftstellern, z. B.
dem Hornegk, findet man dafür auch altersain, altersalain,
alterayns.II. Als eine Conjunction, welche1. In allen Stücken mit dem
aber überein kommt und daher, so wie dieses, so wohl im Nachsatze, als
im Vordersatze, stehen kann, nur daß es seinen Platz allemahl zu
Anfang der Rede bekommt, und nicht wie das aber, einem oder mehrern
Wörtern nachgesetzt werden kann. Im Nachsatze bezeichnet es theils
einen Gegensatz, er wollte gern, allein er kann nicht; theils eine
Ersetzung und Einschränkung des Vordersatzes, durch alle mögliche
Schattirungen. Z. B. Er ist ein rechtschaffener Mann; allein es hilft
ihm nichts. Sie sind zwar etwas weitläufig; allein sie sollen ohne
Einwurf Recht haben, Gell. Ich wußte wohl, daß sie es nicht waren;
allein ich wollte mir meinen Antrag durch eine verstellte Ungewißheit
leichter machen, ebend. Wie spielt die schöne Blase nicht So bunt am
goldnen Sonnenlicht? Allein, ein Hauch! Weg ist die Pracht, Und ihrer
wird nicht mehr gedacht, Weiße. Im Vordersatze kann allein gleichfalls
den Übergang von einer Sache zur andern machen, wenn gleich kein
begreiflicher Zusammenhang zwischen beyden vorhanden ist; indeß ist
doch in diesem Falle das aber gebräuchlicher.Da sich wohl nicht leicht
ein Fall finden wird, in welchem man nicht diese beyden Bindewörter
ohne Nachtheil des Verstandes oder des Wohlklanges mit einander
vertauschen könnte; so kann alles, was oben bey aber angemerket
worden, auch auf dieses angewandt werden.2. Nicht allein, - sondern
auch, gehöret unter die verbindenden Redensarten. S. Nicht.
Anm. Für
nicht allein - sondern auch, findet sich zwar schon bey dem Notker,
nit ein - nub ouh; aber als ein eigentliches Bindewort betrachtet,
scheinet allein doch neuern Ursprunges zu seyn; wenigstens ist es mir
bey den ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern in dieser
Gestalt nicht vorgekommen.
Alleinhandel (W3) [Adelung]
Der Alleinhandel, S. das vorige.
Alleinig (W3) [Adelung]
Alleinig, adj. et adv. von dem vorigen Umstandsworte. 1. + Für
allein, in der ersten Bedeutung, so fern dieser Begriff concrescirt,
folglich als ein Adjectiv gedacht wird. Drey alleinige Höfe, drey Höfe
allein. Diese Verordnung verbietet die Einfuhre aller fremden Waaren
mit alleiniger Ausnahme der Böhmischen. In dieser Bedeutung ist das
Wort nur in Oberdeutschland gebräuchlich.2. Was nur Eins in seinem
Wesen ist, in welcher Bedeutung dieses Wort von einigen Neuern von
Gott gebraucht wird, die höchste Einheit seines Wesens auszudrucken.
Der alleinige Gott.
Alleluja (W3) [Adelung]
Alleluja, S. Halleluja.
Allemahl (W3) [Adelung]
Allemahl, ein Umstandswort der Zeit. Es bedeutet:1. Eigentlich, zu
allen Mahlen, in allen vorkommenden und nöthigen Fällen. Ich
erschrecke allemahl, wenn ich sehe u. s. f. Die Hände der Vorsehung
theilen allemahl weise aus, Gell. Ich habe sie wohl zehen Mahl
gefragt, und allemahl hat sie ja geantwortet, ebend. Das Amt macht
wohl satt, aber ich weiß nicht, ob es auch allemahl klug macht, ebend.
Ich verbiethe dir es ein- für allemahl, ein Mahl, an Statt alle Mahl.
Ein- für allemahl du sollst nicht so sprechen. Allemahl über den
andern Tag, so oft der zweyte Tag kommt. Sie soll allemahl über den
andern Tag an sie schreiben, Gell.2. Uneigentlich dienet es Statt
einer Versicherung, oder zur Verstärkung einer andern versichernden
Partikel. Und dennoch ist er allemahl weit erträglicher, als jener. Er
wird doch allemahl mehr schaden als nutzen. Zween (zwey) unter uns
können allemahl Verstand entbehren, wenn der dritte zugleich in unserm
Nahmen verständig ist, Raben. Ein Buch früh bey dem Thee ist allemahl
eine gute Sache, Gell.
Anm. Allemahl für so oft, z. B. allemahl, wenn
er nach Hause kommt, so ist er voll; allemahl, daß ich hingehe, für,
so oft ich hingehe; allemahl, wenn ich ein Geheimniß ausforschen will,
ist mir, als wenn ich auf bösen Wegen ginge, Hermes, ist Oberdeutsch.
Allemahl und allezeit können in den meisten Fällen für einander
gesetzt werden, denn dieses schließt gleichfalls alle vorkommende
Zeiten und Gelegenheiten in sich. Alle stehet in dieser
Zusammensetzung für jedes, in allezeit aber druckt es auch die
Allgemeinheit aus. Billig sollte man dieses Wort in der ersten
eigentlichen Bedeutung getheilt schreiben, alle Mahl, weil es wider
die Analogie der Deutschen Sprache ist, das Bestimmungswort, wenn es
decliniret wird, mit seinem Substantive zusammen zu ziehen, hier auch
keine eigentliche Figur, wie in der zweyten Bedeutung, Statt findet.
S. Mahl.
Allenfalls (W3) [Adelung]
Allenfalls, ein Umstandswort für auf allen Fall, vielleicht, und zwar
am häufigsten in der Gesellschaft des Nebenwortes wenn. Wenn ich ihn
allenfalls nicht wieder sehen sollte. Allenfalls ich ihn nicht wieder
sehen sollte, mit Auslassung des wenn ist niedrig. In diesem Worte
kann die elliptische Form, allenfalls für auf allen Fall, die
Zusammenziehung entschuldigen, welche bey der Declinative des all
sonst gleichfalls wider die Analogie seyn würde.
Allenthalben (W3) [Adelung]
Allenthalben, ein Umstandswort des Ortes, an allen Orten, auf allen
Seiten. Der Bösewicht ist niemahls frey; er hat allenthalben Gesetze
über sich, die er fürchten muß, Dusch.
Anm. Dieses Wort ist aus all und
Halbe, die Seite, zusammen gesetzet. S. Halbe. Allen halbon, in allen
ala halba, in ala halba, an allen haluen, allen halbon, kommen bey dem
Ottfried, Willeram und Notker vor. In den spätern Zeiten zog man beyde
Wörter vermittelst des t euphonici zusammen, und so findet sich in dem
Gedichte auf den h. Anno und im Schwabenspiegel schon allinthalbin und
allenthalben. Sonst findet man in den vorigen Zeiten in eben dieser
Bedeutung auch allend, allent, von Ende, gleichsam an allen Enden. Die
Allenthalbenheit einiger Gottesgelehrten ist eben so barbarisch als
das Lateinische Ubiquietas, welches dadurch ausgedruckt werden soll.
Aller (W3) [Adelung]
Aller, S. oben All.
Allerchristlichst (W3) [Adelung]
Allerchristlichst, adject. welches eine Übersetzung des Titels der
Könige von Frankreich Christianissimus ist, den schon Clodewig
erhalten, Papst Paul der zweyte aber in der zweyten Hälfte des
funfzehnten Jahrhundertes erneuert haben soll. Der Allerchristlichste
König. Se. Allerchristlichste Majestät. S. du Fresne v. Christiauitas.
Allerdings (W3) [Adelung]
Allerdings, ein Umstandswort. 1. Für ganz oder gänzlich. Sieist nicht
allerdings unschuldig. Die Stadt wurde allerdings in die Asche gelegt.
Er hat mich allerdings (völlig) bezahlt. Diese Bedeutung ist im
Hochdeutschen wenig mehr üblich, ob sie gleich einige Mahl in der
Deutschen Bibel vorkommt.2. Eine bejahende Partikel, für in jeder
Betrachtung, freylich, vollkommen. Sie hat allerdings Ursache, mir
meine Zerstreuung vorzuwerfen. Allerdings muß diese dabey seyn.
Anm.
Dieses Umstandswort ist eines von den vielen, welche aus dem
Substantive Ding gebildet worden. In Oberdeutschland lautet es auch
allerding und allerdinge, mit Weglassung des s, welches einer der
Ableitungslaute für Adverbia ist; und bey den Schwäbischen Dichtern
kommt aller dinge mehrmahls als eine Versicherung vor. Alls tinges
bedeutet auch im Schwedischen gänzlich.
Allerdurchlauchtigst (W3) [Adelung]
Allerdurchlauchtigst, adject. welches einer von den Titeln ist,
welche heut zu Tage nur Kaisern und Königen in der Anrede gegeben
werden, ob er gleich eine ungeschickte Übersetzung des Lateinischen
Illustrissimus ist. Allerdurchlauchtigster König. S. Durchlauchtig.
Allererst (W3) [Adelung]
+ Allererst, ein Umstandswort der Zeit, welches nur im gemeinen Leben
üblich ist, für erst. Jetzt allererst. Er ist allererst jetzt, oder
jetzt allererst gekommen. Ich werde ihn allererst morgen sehen. S.
Erst.
Anm. Die verstärkte Ordnungszahl der allererste, bedeutet nichts
mehr als der erste. Indessen ist doch die im gemeinen Leben übliche R.
A. zu merken: mit dem allerersten, auf das eheste, mit dem ehesten. Do
aller erest kommt schon bey dem Willeram, und alrest, aldrest bey dem
Stryker und in den Gedichten der Schwäbischen Dichter vor.
Allergetreuest (W3) [Adelung]
Allergetreuest, adject. durch welches gemeiniglich der Titel
Fidelissimus übersetzt wird, welchen König Johann der Fünfte von
Portugall im Jahre 1748 von Benedict dem Vierzehenten erhielt. Die
Zweydeutigkeit des Lateinischen Ausdruckes macht es noch ungewiß, ob
allergetreuest oder allergläubigst die wahre Übersetzung dieses Titels
ist; denn in der Urkunde selbst kommt nichts vor, was diese Frage mit
Gewißheit entscheiden könnte.
Allergläubigst (W3) [Adelung]
Allergläubigst, adject. S. das vorige.
Allerhand (W3) [Adelung]
Allerhand, ein Adjectiv, welches im gemeinen Leben und der
vertraulichen Sprechart am üblichsten, völlig unbiegsam ist, und dabey
keinen Artikel leidet, von aller, d. i. mancherley Art, wie allerley.
Allerhand Gutes. Allerhand Menschen. Ein Strauß von allerhand Blumen.
Wenn ich argwöhnisch wäre, so könnte ich mir allerhand Gedanken
machen, Gell. allerley arge Gedanken.
Anm. Hand scheinet hier das
veraltete Chund ober Kund, Geschlecht zu seyn, S. Hand. Allerhande
clag, allerhande lüte, finden sich schon in dem Schwabenspiegel. Auf
gleiche Art sagte man auch ehedem in Oberdeutschland, mancher hande,
für mancherley, zweyerhand, dreyerhand, u. s. f. für zweyerley,
dreyerley.
Allerheiligen (W3) [Adelung]
Allerheiligen, der Nahme eines Festes, in der Römischen Kirche,
welches den ersten November gefeiert wird, und bey welchem das Wort
Fest verstanden werden muß. Auf Allerheiligen will ich zu dir kommen,
am Feste aller Heiligen. Papst Bonifacius der Vierte soll dieses Fest
angeordnet haben, um dasjenige an demselben wieder zu ersetzen und gut
zu machen, was an dem Feste eines jeden einzelnen Heiligen das Jahr
über aus Unwissenheit
etwa versehen worden. Der Form nach ist das Wort grammatisch
unrichtig, weil das Adjectiv mit seinem Substantive nicht zusammen
gezogen werden kann, ohne vorher seine Biegungszeichen zu verlieren.
Man sollte daher billig getheilt schreiben, aller Heiligen, oder
vollständiger, das Fest aller Heiligen, so wie man aller Seelen, am
Feste aller Seelen schreibt. Das folgende ist noch unrichtiger
zusammen gezogen.
Allerheiligenholz (W3) [Adelung]
Das Allerheiligenholz, des -es, plur. inus. eine Art Brasilien- oder
Campecheholzes, welches von der Allerheiligen-Bay in Amerika, in
welcher es eingeschiffet wird, den Nahmen hat, und sonst auch
Lamoner-Holz genannt wird.
Allerheiligst (W3) [Adelung]
Allerheiligst, adject. ein Titel, der dem Papste von den Gliedern der
Römischen Kirche gegeben wird. Der allerheiligste Vater. Das
Allerheiligste, des -n, plur. car. war hingegen der Nahme desjenigen
abgesonderten Ortes in der Stiftshütte und dem Tempel der Juden, in
welchem sich die Bundeslade befand, und welchen niemand als der hohe
Priester, und auch dieser des Jahres nur Ein Mahl betreten durfte.
Allerhöchst (W3) [Adelung]
Allerhöchst, adj. et adv. welches der verlängerte Superlativus von
hoch ist, und 1) von Gott gebraucht wird, dessen unendliche
Erhabenheit über alle Geschöpfe auszudrucken. Der allerhöchste Gott.
Ingleichen, als ein Substantiv: der Allerhöchste wolle sie begleiten.
2) In der Hofsprache der Kanzelleyen wird dieses Wort häufig von
königlichen und kaiserlichen Personen gebraucht. Se. Majestät haben
die allerhöchste Entschließung gefasset. Besonders zur Verlängerung
des Fürwortes derselbe. Allerhöchstdieselben geruhen, sich in
Unterthänigkeit vortragen zu lassen, u. s. f. Kaiserliche Majestät
wollen hiermit ohnverhalten, wie Allerhöchstdenenselben hinterbracht
worden. Der Hofstyl wird nun wohl von dergleichen Barbarismen nicht zu
reinigen seyn, wenn gleich die Sprachlehrer es noch so oft
wiederhohlen, daß die Pronomina keiner Comparation fähig sind. In den
Kanzelleyen wird dieses Allerhöchst in noch mehrern eben so
widersinnigen Zusammensetzungen angebracht, und man würde daselbst
einen verstorbenen Monarchen zu entehren glauben, wenn man ihn nicht
den Allerhöchstseligen nennete. S. auch Höchst in Hoch.
Allerley (W3) [Adelung]
Allerley, ein Adjectiv, welches so wie das gleich bedeutende
allerhand keiner Biegung fähig ist, und auch keinen Artikel vor sich
leidet, von aller, d. i. sehr vieler, Art. Allerley Volk. Allerley
Leute. Auf allerley Art. Es wird auch zuweilen als ein Substantiv
gebraucht, das Allerley, plur. die Allerley, welches gleichfalls
unabänderlich, und eine etwas anständigere Benennung des niedrigern
Wortes Mischmasch ist. Es wird alsdann so wohl von Schriften
gebraucht, welche mehrere verschiedene Gegenstände enthalten, das
Schlesische Allerley, das Leipziger Allerley, als auch in den Küchen,
von einem Gerichte, in welchem der sinnreiche Witz des Koches
vielerley oft sehr widrige Ingredienzien mit einander zu verbinden
weiß, und welches man mit einem Französischen Nahmen auch wohl eine
Potage nennet. Ein Allerley. Ein junges Huhn mit Allerley.
Kalbfleisch, Fische mit Allerley. Ein Allerleyessen.
Anm. Die ältesten
Deutschen Schriftsteller gebrauchen für allerley, allerslachto. Erst
bey den Schwäbischen Dichtern kommt aller leige vor. S. Ley.
Allerleygewürz (W3) [Adelung]
Das Allerleygewürz, des -es, plur. inusit. ein Gewürz, welches für
Körner des Amomum oder Cardemomum ausgegeben wird; aber vermuthlich
die unreif abgenommene und getrocknete Frucht des Pimenta-Baumes,
Myrtus Pimenta, L. ist. Es wird auch neue Würze, Jamaika-Pfeffer und
Wunderpfeffer genannt, weil es einen gewürzhaften Geschmack von
mehrern Gewürzen zugleich, besonders von Pfeffer, Nelken und Zimmet
hat.
Allerliebst (W3) [Adelung]
Allerliebst, adj. et adv. von dem Beyworte lieb. 1) Im höchsten Grade
geliebt. Allerliebster Freund. Allerliebstes Kind. Mein Allerliebster.
+ Am allerliebsten, für am liebsten, Was ist es für ein Thier, du Held
von seltnen Gaben, Das wir gemeiniglich am allerliebsten haben? Can.
ist wider den Gebrauch, so wie alle übrige mit aller verlängerte
Superlativi, wenn sie mit am und auf das, als Adverbia gebraucht
werden. 2) Der höchsten Liebe werth, und nach einer gewöhnlichen
Vergrößerung im gesellschaftlichen Leben, so viel als sehr
liebenswürdig, sehr artig. Ein allerliebstes Mädchen. Ach, das ist
allerliebst! Sie hat mein Gärtchen allerliebst angelegt, Gell.
Allermannsharnisch (W3) [Adelung]
+ Der Allermannsharnisch, des -es, plur. car. im gemeinen Leben, der
Nahme einer Pflanze, welche zu den Laucharten gehöret; Allium
Victorialis, L. Die Zwiebel dieser Pflanze ist wie mit einem Harnische
bekleidet, und weil sie, einem sehr alten Aberglauben zu Folge, fest
machen, und vor dem Teufel bewahren soll, so hat sie daher nicht nur
den oben gedachten, den Regeln der Zusammensetzung nach sehr
barbarischen, Nahmen, sondern auch die Nahmen Heilwurz, Hülfwurz,
Siegwurz und Siegmarswurz erhalten. An einigen Orten, z. B. in
Thüringen, wird auch die rothe Schwertlilie, oder runde Siegwurz,
Gladiolus communis, L. Allermannsharnisch genannt.
Allermaßen (W3) [Adelung]
* Allermaßen, eine Oberdeutsche Partikel, welche sich auch in einige
Niederdeutsche Kanzelleyen eingeschlichen hat. Sie ist 1. ein
Adverbium, und bedeutet alsdann, (a) auf alle Art und Weise. In
allermaßen, wie es unsere Vorfahren besessen und genossen haben. Aber,
da sollte es billig wie zwey Wörter aller Maßen geschrieben werden.
(b) Ganz, völlig. Dieß Wasser ist den Augen nicht allermaßen dienlich,
Opitz. Uns war nicht allermaßen wohl bey der Sache, ebend. 2. Eine
Conjunction, für weil. Er kann nicht kommen, allermaßen er krank ist.
In beyden Gestalten ist diese Partikel den reinen Hochdeutschen
Schreib- und Sprecharten unbekannt.
Allermeist (W3) [Adelung]
* Allermeist, der verlängerte Superlativ von mehr, der hier nur wegen
der besondern adverbischen Bedeutung angeführet wird, da er auch für
hauptsächlich, besonders gebraucht wird. Allermeist weil du weist alle
Sitten, Apost. Gesch. 26, 3. Allermeist aber bey euch, 2. Cor. 1, 12.
Im Hochdeutschen ist diese Partikel längst veraltet, und sie scheinet
auch bey den Oberdeutschen wenig mehr üblich zu seyn. Indessen ist sie
doch alt; denn allerumeist, kommt in eben derselben Bedeutung schon
bey dem Kero, und alleromeist bey dem Ottfried vor.
Allernächst (W3) [Adelung]
+ Allernächst, ein Adverbium des Ortes und zuweilen auch der Zeit,
welches aber nur im gemeinen Leben, besonders in Oberdeutschland
üblich ist. Er wohnet allernächst bey mir, nahe bey mir an. Frankreich
grenzet allernächst an Spanien, zunächst, unmittelbar. Ich habe es
allernächst gehöret, den Augenblick. Der Brief, den ich allernächst
von dir erhalten habe.
Allerseits (W3) [Adelung]
Allerseits, ein Umstandswort, 1) * des Ortes, für auf allen Seiten,
allenthalben. Der Sack war allerseits mit Kräutern ausgeziert, Opitz.
Der Weg nach Sion hin liegt allerseits verwüstet, ebend. Der Busch, so
allerseits den ganzen Ort umringt, ebend. Bey eben demselben kommt es
auch getrennt, in seiner ersten Gestalt vor. Ein steter Gegenwind
bekriegt des Lebens Meer, Das aller Seiten wird geworfen hin und her.
Allein in dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen unbekannt, wo es 2)
nur noch zuweilen für insgesammt gebraucht wird. Welche allerseits
Kinder eines Vaters waren, Raben. Die Absicht unserer Zusammenkunft
ist ihnen allerseits bekannt, Gell. Besonders wird es noch in den
Anreden eines Redners an seine Zuhörer gebraucht. Allerseits
hochgeehrte Anwesende. Das davon abgeleitete Adjectiv allerseitig,
ihre allerseitige Frömmigkeit, ist wider die neuere Analogie, und
daher im Hochdeutschen unrein und unedel.
Allerunterthänigst (W3) [Adelung]
Allerunterthänigst, adj. et adv. welches nur im Curial-Style gegen
Kaiser und Könige gebraucht wird. Allerunterthänigst bitten. Ew.
Majestät allerunterthänigster Knecht.
Allerwärts (W3) [Adelung]
+ Allerwärts, ein Umstandswort des Ortes, an allen Orten, welches nur
im gemeinen Leben für allenthalben üblich ist.
Allerwegen (W3) [Adelung]
Allerwegen, S. Allewege.
Allesammt (W3) [Adelung]
Allesammt, ein Umstandswort, für sämmtlich, insgesammt. Wir grüßen
euch allesammt. Wir wollen seines Nahmens Zier Erhöhen allesammt,
Opitz. Wir irren allesammt, nur jeder irret anders, Hall.
Anm. Dieses
Wort, welches im Hochdeutschen zu veralten anfängt, ist von dem alten
sammen, Goth. saman, S. Sammt und Sammeln. Bey dem Ottfried lautet es
alsamant, bey dem Stryker allesant und allesammt, und im Theuerdank,
allsandt.
Allewege (W3) [Adelung]
Allewege, ein im Hochdeutschen veraltetes Umstandswort, welches noch
hin und wieder in den Kanzelleyen vorkommt, in Oberdeutschland aber
noch völlig üblich ist. 1) Für allenthalben. - Ich ways ein gepyrg ist
mar (mürbe,) Und die stein brechen allweg gar, Theuerd. Kap. 69.
Hierher gehöret auch das Niedersächsische allerwegen, welches auch
wohl einige Hochdeutsche für allenthalben gebrauchen. 2) Für allezeit,
beständig. Jedoch der Held allwegen entrann, Theuerd. Kap. 26.- Das
ihm all sein anschleg Wolten felen in alle weg, Theuerd. Kap. 63. In
deines Weibes Almanach steht Stilpo allewegeTrüb, Ungestüm,
Platzregen, Sturm, Wind, Hagel, Donnerschläge, Logau. 3) Für völlig,
gänzlich, auf alle Art und Weise. Welches uns in alleweg empfindlich
gewesen. Daß jedermann mit guter Waare in allweg sich bedient finden
wird. 4) Für eben jetzt. Er hat es alleweg empfangen.
Anm. Ottfried
gebraucht allafart für allenthalben, welches mit allerwegen einerley
ist. Indessen sagten schon die Angelsachsen eallewaege für allezeit,
wovon auch das Engl. always abstammet. In einer Oberdeutschen Urkunde
von 1440 steht albeg für allezeit.
Alleweile (W3) [Adelung]
+ Alleweile, ein Oberdeutsches Umstandswort der Zeit, welches im
Hochdeutschen nur noch in den gemeinen Sprecharten üblich ist, für
eben jetzt. Ich habe alleweile mit ihm gesprochen. Alleweile kommt er
gegangen. Willeram gebraucht allewila für allezeit, beständig.
Allezeit (W3) [Adelung]
Allezeit, ein Umstandswort der Zeit. 1) Zu allen Zeiten, so wohl in
dem schärfsten logischen Verstande, eine ununterbrochene Fortdauer
anzudeuten, für beständig oder das niedrige immer; als auch in
eingeschränkter Bedeutung, zu allen vorkommenden Zeiten und
Gelegenheiten, wie jederzeit. Allezeit fröhlich seyn. Man muß allezeit
tugendhaft seyn. Es ist allezeit gut arbeiten. Niemand ist allezeit
aufgeräumt. In ihrer Gesellschaft wird er mir allezeit gut schmecken,
Gell. Er kann so treuherzigmit mir thun, daß mirs allezeit warm ums
Herz wird, Weiße. 2) Dienet dieses Wort, so wie allemahl, auch
zuweilen zu einer Versicherung, wird aber über dieser Beschäftigung
oft zu einem bloßen Füllworte, der Rede etwas mehr Ausdehnung zu
geben. Sie werden allezeit denken, ich erzählete ihnen eine Fabel,
Gell. S. auch Allemahl, ingleichen Beständig.
Anm. Nieders. altied,
Dän. altid. Das Hochdeutsche Allezeit, hat den Ton bald auf der
ersten, bald aber auch auf der letzten Sylbe, so wie es der Nachdruck
der Rede erfordert. Allezeit findet sich erst bey den Schwäbischen
Dichtern.
Allgegenwart (W3) [Adelung]
Die Allgegenwart, plur. car. das Vermögen, auf die vollkommenste Art
gegenwärtig zu seyn, ein Vermögen, welches nur allein dem höchsten
Wesen zukommen kann.
Allgegenwärtig (W3) [Adelung]
Allgegenwärtig, adj. et adv. auf die vollkommenste Art, folglich an
allen Orten zugleich, gegenwärtig. Einige haben von diesem Beyworte
ein neues Hauptwort Allgegenwärtigkeit versucht, welches nur dann
seinen Nutzen hat, wenn man die Eigenschaft dieses vollkommensten
Daseyns, als ein Abstractum von der Allgegenwart, als dem Daseyn
selbst zu unterscheiden hat. Für das Adverbium allgegenwärtig findet
man in der Oberdeutschen Mundart auch allgegen und allzugegen.
Allgemein (W3) [Adelung]
Allgemein, adj. et adv. allen, oder doch den meisten einer Art
gemein, ihnen zukommend. Eine allgemeine Krankheit. Ein allgemeines
Übel. Die allgemeine christliche Kirche. Ein allgemeiner Befehl. Ein
allgemeines Sprichwort. Dem allgemeinen Gebrauche nachgehen. Mit
allgemeiner Bewilligung. Ein allgemeiner Begriff, der allen Dingen
einer Art zukommt. Das ist nicht allgemein. Man muß nicht so allgemein
urtheilen. Das Gespräch ward bald allgemein, alle anwesende Personen
nahmen daran Theil; ingleichen es erstreckte sich über allgemeine
Gegenstände.
Anm. Allgemein für überall, oder von jedermann, sie wurden
allgemein bewundert, das ist allgemein bekannt, ist ganz wider die
Bedeutung dieses Wortes; indessen kommt algemaine doch für einmüthig
schon in dem Überreste eines Gedichtes von dem Kriege Carls des
Großen, bey dem Schilter vor. Eben so fehlerhaft ist es im
Hochdeutschen, wenn einige, besonders Niedersachsen, für gemein, d. i.
niedrig, schlecht, allgemein gebrauchen; eine allgemeine Redensart.
Allgemeinsam und allgemeinschaftlich für gemeinschaftlich, sind
Oberdeutsch. Man muß den Superlativ allgemeinste mit dem durch aller
verlängerten Superlativ von gemein, niedrig, allergemeinste, nicht
verwechseln, weil beyde einen ganz verschiedenen Begriff haben. Die
Angelsachsen und Niedersachsen gebrauchen Statt dieses verlängerten
Wortes das einfache mäne, mene. S. das folgende.
Allgemeinheit (W3) [Adelung]
Die Allgemeinheit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft einer Sache,
vermöge welcher sie allen, oder doch den meisten Dingen einer Art
gemein ist; ohne Pural. Die Allgemeinheit eines Befehls, eines
Gesetzes, eines Begriffes, u. s. f. 2) Eine Sache, welche allen gemein
ist, oder ihnen zugehöret, besonders Grundstücke, die einer Gemeine
gemeinschaftlich zustehen. Gemeinheiten, gemeine Wiesen, Triften,
Wälder, u. s. f. In Oberdeutschland werden dergleichen gemeine Güter
Almänden, Almeinden und Almenden genannt, daher es zu Strasburg noch
Almende-
herren, Almendeschreiber, Almendesteine, Grenzsteine der gemeinen
Güter, Almendezins, u. s. f. gibt. Allmann bedeutet schon bey dem
Ottfried Volk, eine Menge Menschen, und Notker gebraucht alman chunne
für das menschliche Geschlecht. In Niedersachsen heißt ein solches
gemeines Gut, Meenhet, Meente, und Mahnte, und im Dän. und Schwed.
Allmänning.
Allgenugsam (W3) [Adelung]
Allgenugsam, adj. et adv. allen genug, ein Adjectiv, welches einige
Neuere eingeführet, eine Eigenschaft des göttlichen Wesens
auszudrucken, vermöge welcher es sich und allen Geschöpfen auf die
vollkommenste Art genug oder hinlänglich ist. Daher die
Allgenugsamkeit.
Allgewaltig (W3) [Adelung]
Allgewaltig, adj. et adv. mit der höchsten Gewalt bekleidet, ein
Beywort, welches sich im schärfsten Verstande gleichfalls nur von Gott
gebrauchen lässet. Ein Mißbrauch ist es, und eine sehr widerwärtige
Übertreibung, wenn einige dieses Wort für gewaltig, heftig überhaupt
gebrauchen. O, die Stille der Seele wie allgewaltig rettet sie in
allen Gefahren! Allgewaltig wüthet der Schmerz in meiner Seele. Die
Allgewaltigkeit für Allmacht, ist neu, aber auch nurichtig, weil das
einfache Gewaltigkeit nicht gebräuchlich ist. Die Schweden haben allswaldig und die Isländer allwaldr in eben dieser Bedeutung. S.
Allwaltend.
Allgut (W3) [Adelung]
Das "Allgut", plur. inus. ein Nahme, der an einigen Orten derjenigen Pflanze gegeben wird, welche an andern "guter Heinrich", "Schmerbel", "schmieriger Gänsefuß", und bey dem Linne "Chenopodium bonus Henricus" genannt wird. Den Nahmen "Allgut", Engl. "Allgood", hat sie theils wegen ihrer heilsamen Kräfte in der Arzneykunst, theils auch, weil ihre Blätter und Wurzeln eine gute Speise abgeben. S. "Heinrich".
Da derselbe mit "gut", als der adverbischen Form des Adjectives zusammen gesetzet ist, so leidet er auch, wie alle übrige dieser Art, z. B. "das Schwarz", "das Weiß", "das Grün" u. s. f. keine Biegungszeichen. Genit. "des Allgut", Dat. "dem Allgut" u. s. f.
Allgütig (W3) [Adelung]
Allgütig, adj. et adv. im höchsten Grade gütig, welches sich doch nur
von Gott gebrauchen läßt. Außerdem ist höchst gütig schicklicher und
üblicher.
Allhier (W3) [Adelung]
Allhier, ein Umstandswort des Ortes, für hier, an diesem Orte. All
dienet hier bloß zur Verlängerung des Wortes, welche der Numerus der
Rede zuweilen nothwendig macht, und welche andere Oberdeutsche durch
ihr dahier zu bewerkstelligen suchen. Wer hat allhier der Vorgebürge
Rücken Zu Tempeln und Pallästen ausgehöhlt? Raml. Allhiesig, das
Beywort für hiesig ist mit dieser Verlängerung unnöthig, weil das
einfache schon zweysylbig ist.
Allianz (W3) [Adelung]
Die Allianz, plur. die -en, eine ohne Noth aus dem Franz. Alliance
entlehntes Wort, eine Verbindung, oder ein Bündniß, besonders unter
freyen Staaten und deren Häuptern, auszudrucken. So auch für Allürter,
Bundesgenoß, ein Bundesverwandter, in der Schweiz ein Verbündeter, ein
Bündner.
Allmacht (W3) [Adelung]
Die Allmacht, plur. car. die höchste Macht, welche im schärfsten
Verstande nur Gott zukommen kann. Es wird alsdann durch die
vollkommenste Kraft erkläret, alles mögliche ohne Mühe zu bewirken.
Die dichterische Schreibart der Neuern gebraucht dieses Wort zuweilen
auch, nach einer freylich etwas starken Hyperbel, von einer jeden
vorzüglichen Macht. Die Allmacht ihrer Reitze.
Allmächtig (W3) [Adelung]
Allmächtig, adj. et adv. mit Allmacht begabt. Der allmächtige Gott,
und substantive, der Allmächtige. Einige neuere Dichter haben dieses
Wort für sehr stark, sehr heftig einführen wollen. - Allmächtigs
Mitleid faßt Die bebende Versammlung, Dusch.
Anm. Dieses Wort ist alt.
Schon im achten Jahrhundert kannten die Franken das Wort almahtig. Bey
den alten Scan-diern lautet es almakti, und bey den heutigen Dänen
allmeckig und allmägtig. Die Alten machten hieraus ein neues
Hauptwort, die Allmächtigkeit, welches in der goldenen Bulle für
Majestät, und geletzte Allmächtigkeit, für beleidigte Majestät
vorkommt. Jetzt verdienet es nur dann beybehalten zu werden, wenn man
die Eigenschaft als ein Abstractum, von der Allmacht oder höchsten
Macht selbst zu unterscheiden nöthig findet.
Allmählich (W3) [Adelung]
Allmählich, adv. mit einer sanften gelinden Bewegung, und figürlich,
nach und nach, allgemach. Allmählich sah ich nun das Räthsel
aufgeklärt, Weiße.
Anm. Die dieses Wort von Mahl herleiten wollen,
werden ihre Ableitung nicht ohne großen Zwang beweisen können. Wachter
fällt auf das Wendische maly, klein. Hätten nicht die künstlichsten
Herleitungen immer die größten Reitze für ihn, so würde er bey dem
bekannten gemach geblieben seyn. Für allgemach sagte man auch
allgemächlich, und hieraus ist allmählich entstanden. Jeroschin
schrieb, dem Frisch zu Folge, im 14ten Jahrhunderte noch allmächlich;
aber im Theuerdank findet man schon gemelig, ohne Aspiration. Vermöge
dieser Ableitung muß auch die letzte Sylbe ein ch bekommen, weil es
die Ableitungssylbe lich ist. Das h in der Mitte muß gleichfalls
beybehalten werden, um das Andenken der nächsten Abstammung zu
erhalten. S. Gemach, Allgemach und Mählich.
Allodial (W3) [Adelung]
Allodial, adj. et adv. aus dem mittlern Lat. allodialis, in den
Rechten, von niemand zu Lehen rührend, freyeigen; im Gegensatze des
feudal, lehnbar, lehnspflichtig. Ein allodiales Gut. Ein Gut allodial
machen. Am häufigsten ist es in Zusammensetzungen, von welchen
folgende die vornehmsten sind.
Anm. Allod ist ein altes Deutsches Wort,
welches aber mit der Zeit veraltet, und durch die Latein.
Schriftsteller der mittlern Zeiten mit einer fremden Endung (Allodium)
erst wieder zu uns gekommen ist. Od bedeutet das Eigenthum; nur die
Sylbe all hat noch einige Dunkelheit, die durch alle Muthmaßungen und
Träume der Wortforscher noch nicht aufgekläret worden. S. du Fresne
Gloss. v. Alodis, und Ihre Gloss. v. Od. S. auch Kleinod.
Allodial-Erbe (W3) [Adelung]
Der Allodial-Erbe, des -n, plur. die -n, derjenige, welcher ein
Allodial-Gut erbet, in Hessen und andern Gegenden der Landerbe, im
Gegensatze des Lehenserben.
Allodial-Schuld (W3) [Adelung]
Die Allodial-Schuld, plur. die -en, eine Schuld, welche auf ein
Allodial-Gut gemacht wird; zum Unterschiede von einer Lehensschuld.
Allsehend (W3) [Adelung]
Allsehend, adj. et adv. welches eigentlich das Participium des
Zeitwortes sehen, mit dem Beyworte all ist, der auf das vollkommenste
siehet; ein Wort, welches einige Neuere von Gott gangbar gemacht
haben. Der Allsehende Gott. Das Allsehende Auge des Höchsten.
Alltägig (W3) [Adelung]
Alltägig, oder alltäglich, adj. et adv. 1) Eigentlich, was alle Tage
kommt, oder geschiehet, für täglich, doch fast nur in der Benennung
des alltägigen oder alltäglichen Fiebers. In Oberdeutschland hingegen
wird dieses Wort fast in allen Fällen für täglich gebraucht. 2) In
eingeschränkter Bedeutung, was den Wochentagen zukommt, oder gehöret,
im Gegensatze des festtäglich. Ein alltägliches Kleid. 3) Figürlich,
gewöhnlich, gemein, niedrig, im Gegensatze dessen, was selten,
ausgesucht, vortrefflich ist. Ein alltäglicher Scherz. S. das
folgende.
Anm. Beyde Formen dieses Wortes sind richtig. Alltägig, ist
nach der Analogie von eintägig, zweytägig, u. s. f. und alltäglich
nach täglich, festtäglich u. s. f. gebildet. Doch ist dieses in den
beyden letzten Bedeutungen gebräuchlicher als jenes.
Alltäglichkeit (W3) [Adelung]
Die Alltäglichkeit, plur. inusit. von der letzten Bedeutung des
vorigen, die gemeine, gewöhnliche Beschaffenheit. Sich mit seinen
Gedanken über die niedrige Alltäglichkeit erheben.
Alltags- (W3) [Adelung]
Alltags-, ein aus alle Tage zusammen gezogenes Bestimmungswort,
welches mit verschiedenen Substantiven zusammen gesetzet werden kann.
Es bedeutet alsdann, 1) eigentlich, ihre Bestimmung für die gemeinen
Wochentage, im Gegensatze der Festtage, wie Alltagskleid, Alltagshut,
Alltagsspeise u. s. f. 2) Aber auch figürlich, eine Person oder Sache
von gewöhnlicher, und folglich gemeiner, geringer Beschaffenheit. In
dieser Bedeutung sagt man, ein Alltagsgesicht, von der gemeinen
Bildung einer Person, Günth. Ein langweiliges Alltagsgewäsch, Less.
Ein Alltagsheiliger, ein Heiliger von geringerem Range. Ein
Alltagspoet. Der Alltagston der gewöhnlichen Predigten. Ein
Alltagswitz u. s. f.
Alludiren (W3) [Adelung]
+ Alludiren, verb. reg. act. von dem Lat. alludere, eine Sache auf
eine verdeckte mittelbare Art erwähnen, darauf anspielen, mit auf. Auf
eine alte Geschichte alludiren, anspielen.
Allusion (W3) [Adelung]
Die Allusion, plur. die -en, von dem Lat. Allusio, und dieß von dem
vorigen, die Anspielung. Besonders in den schönen Wissenschaften, die
Beziehung auf einen einzelnen Gegenstand, einen andern Begriff dadurch
anschaulich zu machen; auch hier die Anspielung.
Allwaltend (W3) [Adelung]
Allwaltend, adject. welches eigentlich das Participium des veralteten
Zeitwortes walten, regieren, mit dem Worte all ist, alles regierend,
ingleichen, alles vermögend; ein Beywort, welches nur von Gott
gebraucht wird. Die allwaltende Beschirmung Gottes.
Anm. Dieses Wort
ist sehr alt. Der aluualdendeo kommt bey dem Isidor, ala uualtentan,
im Accusat. bey dem Ottfried, und ther alwalten Kaisare, bey dem
Tatian vor. Im Nieders. hingegen ist allweldig, der sich zu viel
Gewalt anmaßer, übermüthig.
Allweise (W3) [Adelung]
Allweise, adj. et adv. mit der höchsten Weisheit begabt, eine
Eigenschaft, die sich gleichfalls nur von dem höchsten Wesen sagen
läßt. Das allweise Wesen. Die allweise Vorsehung.
Allweisheit (W3) [Adelung]
Die Allweisheit, plur. car. die höchste Weisheit.
Allwissend (W3) [Adelung]
Allwissend, adj. et adv. alles wissend, von allen Dingen die
vollkommenste Wissenschaft habend. Niemand ist allwissend als Gott.
Der Allwissende siehet alles und höret alles.
Allwissenheit (W3) [Adelung]
Die Allwissenheit, plur. car. die Eigenschaft, alles auf das
vollkommenste zu wissen, das Vermögen, sich alle Dinge auf das
vollkommenste vorzustellen.
Allwo (W3) [Adelung]
* Allwo, das ohne Noth verlängerte Umstandswort wo, welches an dessen
Statt nur noch in den Kanzelleyen gangbar ist.
Allzu (W3) [Adelung]
Allzu, das mit dem emphatischen all verlängerte Nebenwort zu, wenn es
den Adjectiven und Adverbiis vorgesetzet wird, und alsdann einen
Überfluß dessen andeutet, wobey es steht. Allzu groß, allzu sehr,
allzu klein, allzu zärtlich. In dem ernsthaften und erhabenen Style
wird zu lieber ohne diese matte Verlängerung gebraucht. Zu den
Participiis schickt sich dieses Wort so wenig als das einfache zu;
allzu lermende Ergetzlichkeiten, ist ein Barbarismus. Viele schreiben
dieses allzu mit dem folgenden Adjective oder Adverbio als Ein Wort,
allzugroß, allzuviel, allzuunwürdig. Allein, da das einfache zu in
diesem Falle jederzeit getrennt geschrieben wird, so muß es mit diesem
gleichfalls geschehen. Die beyden folgenden gehören nicht hierher.
Allzugleich (W3) [Adelung]
* Allzugleich, eine veraltete Zusammenziehung der Worte alle
zugleich.
Allzumahl (W3) [Adelung]
* Allzumahl, ein im Hochdeutschen gleichfalls veraltetes
Oberdeutsches Umstandswort, für alle, insgesammt. - Uns Männer
allzumahl, Opitz. Doch angesehn das Volk noch durch dieß allzumal Zu
keiner Buße kam, ebend. Ist Erz gleich zu den ThürenUnd zu den Riegeln
Stahl, Wenn er sie an will rühren,So bricht es allzumahl, ebend.
Almanach (W3) [Adelung]
Der Almanach, des -es, plur. die -e, ein Kalender; eine Benennung,
welche im gemeinen Leben wenig mehr vorkommt, aber noch bey den
Dichtern lebt. Außer dem gebraucht man es auch am häufigsten von
solchen jährlichen Handbüchern, bey welchen die voran gehenden
Kalender-Nachrichten nur zur Empfehlung dienen. Ein Musen-Almanach,
Theater-Almanach, Kriegs-Almanach, der berichtigte Kirchen- und
Ketzer-Almanach u. s. f. wofür doch auch Kalender üblich ist. Rich.
Verstechan versichert nach dem Journal Encyclop. die Angelsachsen
hätten ihre Runstäbe, welche ihnen Statt des Kalenders gedienet,
All-moon-aght, d. i. Tafel aller Monden genannt. Ich habe davon bey
andern nichts gefunden; allein gesetzt, seine Versicherung wäre keine
bloße etymologische Muthmaßung, so ist doch unser Almanach gewiß nicht
daher entlehnet; denn dieses ist ganz Arabisch, und mit der Astronomie, die wir in den mittlern Zeiten von den Arabern erhielten,
zu uns gekommen. Im Persischen lautet es Elmenach. Ich finde dieses
Wort zuerst bey dem Georg von Peuerbach, einem der ersten Deutschen
Astronomen, welcher um 1460 zu Wien lebte und Almanach pro annis
pluribus berechnete.
Almandin (W3) [Adelung]
Der Almandin, des -es, plur. die -e, ein Edelstein, der eigentlich zu
den Rubinarten gehöret, ganz dunkel und den hochrothen Granaten
ähnlich ist, und mit dem wenigsten Feuer spielet; Carbunculus
Alabandicus, Almandinus. Er hat den Nahmen von der Stadt Alabanda in
Carien, wo er, dem Plinius zu Folge, hergebracht wurde, und sollte
also billig Alabandin geschrieben werden. Allein daß das b schon
vorlängst durch das m verdränget worden, erhellet aus dem du Fresne v.
Alamandinae.
Almende (W3) [Adelung]
Die Almende, plur. die -n, S. Allgemeinheit.
Almer (W3) [Adelung]
1. Die Almer, plur. die -n, der Österreichische Nahme des Faulbaumes, S.
dieses Wort.
Almer (W3) [Adelung]
2. Die Almer, plur. die -n, eine Oberdeutsche Benennung eines Schrankes,
welche aus dem spätern Lat. Armarium, Armaria und Almaria entstanden
ist, wovon auch die Franzosen ihr Armoire, die Spanier ihr Almario,
die Holländer ihr Almaris, Armaris, Ammaris, die Ungarn ihr Almarion
und die Böhmen ihr Almara haben. In der Oberpfalz ist dieses Wort
ungewissen Geschlechtes; allein in Schlesien und dem Meißnischen
Erzgebirge sagt man die Almer, und spricht es in dem letztern auch
wohl Alment, Almut, und Ulm aus. Auch die Hochdeutschen Kartenmacher
nennen den Schrank mit einem Ofen, worin die gemachten Karten
getrocknet werden, eine Alme. Das Verkleinerungswort wird bald
Älmerlein, bald Elmerlein, bald Almerchen ausgesprochen. Daß ehedem
auch Almerey für Sacristey üblich gewesen, erhellet aus dem Frisch. S.
du Fresne v. Almaria, Armaria und Eleemosynaria.
Almey (W3) [Adelung]
Der Almey, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der in den Messinghütten
auch dem weißen Nicht oder Galmeyfluge gegeben wird, und vermuthlich
mit Galmey eines Ursprunges ist. S. Augennicht, Nicht, ingleichen
Galmeyflug.
Aloe (W3) [Adelung]
Die Aloe, plur. car. ein Nahme, der verschiedenen ausländischen
Producten des Pflanzenreiches beygeleget wird. 1) Einem Indianischen
Baume, dessen Holz bitter und schwer ist, aber, wenn es auf Kohlen
gelegt wird, einen angenehmen Geruch gibt; Aloeholz, Paradiesholz,
Xylaloe, Agallochium. Die beste Art davon, welche in Indien selbst
sehr kostbar ist, wird daselbst Calambac genannt. Dieser Aloe
geschiehet in der Bibel einige Mahl Meldung, und unter andern auch Ps.
45, 9. wo sie imHebräischen im Plural - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - genannt wird. 2) Einem andern Indianischen und
Chinesischen Baume, dessen Holz gleichfalls selten ist, und fast wie
das wahre Aloeholz riecht. Die Spanier nennen es Lacca, die Deutschen
aber Adlerholz, Augenholz, Kreuzholz. 3) Einer Pflanze, welche in
Ostindien, Zeylan und Guinea wächset, und auch Hyacinthen-Aloe genannt
wird; Aletris, L. 4) Einer Pflanze, welche sehr viel Unterarten unter
sich begreift, welche insgesammt in Ostindien und Afrika zu Hause
sind, Eine Art ausgenommen, welche bey dem Blakwell die wahre Aloe
heißt, und in Italien und Sicilien auf den Dächern und Mauern wächset;
Aloe, L. 5) Noch einer andern Pflanze, welche in Amerika zu Hause ist,
aber jetzt in Portugall und Spanien sehr häufig wächset, und bey den
Deutschen Gärtnern eigentlich unter dem Nahmen der Aloe, oder der
Amerikanischen Aloe bekannt ist; Agave, L. 6) In den Apotheken, einem
bräunlichen, harzigen Schleimsafte, welcher hart und brüchig ist,
einen durchdringend bittern und ekeln Geschmack und widrigen Geruch
hat, und von einer Abänderung der Num. 4. beschriebenen Aloe-Pflanze
in Ostindien, Afrika, und den Amerikanischen Inseln gesammelt wird.
Die reinste Art desselben, welche eine reine Leberfarbe hat, wird
Leber-Aloe, die gröbste unreinste Art aber Roß-Aloe genannt.
Anm.
Gemeiniglich glaubt man, daß dieser Nahme aus dem Griechischen - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - komme, weil alle diese Pflanzen
über Meer nach Europa gebracht werden. Allein es scheinet vielmehr,
daß der Num. 1. angezeigte Hebräische Nahme das Stammwort sey. Der
bittere Geschmack, welchen das daselbst beschriebene kostbare Holz
hat, ist vielleicht die Veranlassung gewesen, das bittere Gummi
gleiches Nahmens, und die Pflanzen, welche es liefern, gleichfalls so
zu benennen. Isidor unterscheidet schon die Aloa, arborem odoris
suavissimi ac summi, von der Aloe, herba amarissimi succi.
Aloe-Holz (W3) [Adelung]
Das Aloe-Holz, des -es, plur. inusit. S. oben Aloe 1 und 2.
Alp (W3) [Adelung]
Der Alp, des -es, plur. die -e, 1) Eigentlich, in der Geisterlehre
des großen Haufens, ein bösartiger Geist, dem man den Krampf im
Zwergfalle zu schreibet, welcher sich zuweilen bey Schlafenden
einfindet, und mit einem Magendrücken und schweren Träumen verbunden
ist. Man glaubt alsdann, der Alp komme in Gestalt einer Katze oder
andern Thieres, lege sich auf den Menschen und verhindere ihn am
Athemhohlen; und dieß nennet man denn,
von dem Alpe gedrückt oder geritten werden. Daher das Alpdrücken,
dieser Zufall. 2) Figürlich, auch das Keichen oder der schwere Athem
bey dem Viehe, welcher an einigen Orten der Hintsch genannt wird.
Anm.
Frischens und Wachters Ableitungen dieses Wortes von dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - sind viel zu weit hergehohlet.
Alle untere Geister, und das, was die Römer Faunen, Satyren und
Nymphen hießen, führeten bey allen alten nordischen Völkern den Nahmen
der Alfen oder Elfen; vielleicht von dem folgenden Worte Alp, ein
Berg, weil man ihnen vornehmlich die Berge zu ihrer Wohnung anwies.
Wachter selbst und nach ihm Ihre und andere führen von diesen Alfen
und Elfen Beyspiele genug an. Unter andern Wirkungen, deren Ursache
die damahligen eingeschränkten Einsichten nicht sogleich begreifen
konnten, schrieb man ihnen auch das krampfartige Magendrücken im
Schlafe zu, welcher Aberglaube sich denn noch bis auf die heutigen
Zeiten erhalten hat. Im Niedersächs. und allen damit verwandten
Mundarten ist diese Beschwerde und der Geist, der sie verursachen
soll, auch unter dem Nahmen des Mahren bekannt; S. dieses Wort. Die
Oberdeutschen nennen ihn hingegen auch das Schröterlein, und nach
einer verderbten Aussprache Schrötle, Schretzel, Schretz, Scherzel,
ingleichen das Nachtmännlein, Wichtele, den Druden, Nachtdruden, und
das Alpdrücken selbst, das Druddrücken. S. Drud. Von der ersten
Benennung kommt vermuthlich auch das Slavonische Skrjter her, womit
die Böhmen diesen Geist benennen. Einige Niedersachsen kennen ihn auch
unter dem Nahmen des Huckup von aufhucken. Bey den Franzosen heißt er
Appesart, und Cauchemar, bey den Ital. Pesarvolo, bey den Spaniern
Pesadilla, und im Lateine der mittlern Zeiten Babutzicarius. In der
Mark Brandenburg wird der fliegende Drache der Alft genannt.
Alpen (W3) [Adelung]
Die Alpen, singul. inus. eine der ältesten Benennungen aller hohen
Berge, welche heut zu Tage vorzüglich noch denjenigen Bergen eigen
ist, welche Deutschland von Italien scheiden; das Alpengebirge.
Obgleich die einfache Zahl, die Alp, im Oberdeutschen gemeiniglich die
Alb, oder wie es in der Schweiz gewöhnlich ist, der Alp, im
Hochdeutschen mangelt, so ist sie doch in ganz Oberdeutschland gäng
und gebe, wo sie eigentlich die mittlern mit Gras bewachsenen Gegenden
der hohen Berge bedeutet, welche auch Alpungen genannt werden. Daher
kommt die Oberdeutsche Redensart, zu Alp fahren, das Vieh in diese
Weide treiben.
Anm. Das hohe Alter dieses Wortes, wovon in den
eigenthümlichen Nahmen aller Länder so viele Spuren vorkommen,
bestätigen alle Wörterbücher. Gemeiniglich glaubt man, daß es mit
albus, weiß, Griechisch - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -,
von einerley Stamme herkomme, und daß mit dieser Benennung auf die
weißen, mit ewigem Schnee bedeckten Gipfel solcher Berge gesehen
werde. Es kann seyn; indessen bleibt die Ableitung doch nur eine
Muthmaßung, die nichts als eine Ähnlichkeit in dem Schalle beyder
Wörter für sich hat. Bey Wörtern von einem so hohen Alter als das
gegenwärtige ist, enthält man sich am sichersten aller weitern
Ableitung. Notker gebraucht dieses Wort noch als eine allgemeine
Benennung für Berg: Muspergisin dien lochen dero alpon, die Bergmaus
in den Löchern der Berge, P. 103, 18. Und der Verfasser des Gedichtes
von dem Kriege Carls des Großen wider die Saracenen, V. 1896. Tho
Kerte ther Helet iunge uf eine hohe ther alben. S. du Fresne Gloss. v.
Alpes, und Frisch h. v. In den mit dieser Benennung zusammen gesetzten
Wörtern, ist theils der Singular, theils auch der Plural üblich. In
diesem bedeutet das Wort oft ein jedes hohes Gebirge. Jene stammen
zunächst aus Oberdeutschland her, wo der Singular von Alpen überall
gebräuchlich ist.
Alpenbalsam (W3) [Adelung]
Der Alpenbalsam, des -es, plur. car. S. Alprose.
Alpenbärlapp (W3) [Adelung]
Der Alpenbärlapp, des -es, plur. inus. ein Moos, welches zu den
Bärlappen gehöret; Lycopodium alpinum, L. Es wird auf den hohen Bergen
in Lappland und in der Schweiz gefunden.
Alpenbirke (W3) [Adelung]
Die Alpenbirke, plur. die -n, eine Art kleiner Birken mit
zirkelförmigen gekerbten Blättern, welche auf den Bergen in Lappland,
ingleichen auf dem Harze wächset; die Zwergbirke, Betula nana, L.
Schwed. Fiäll-Biörk.
Alpengeld (W3) [Adelung]
Das Alpengeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er,
eine Auflage auf die eigenen Leute in den Schweizerischen Gebirgen. S.
auch du Fresne v. Alpagium und Alpaticum.
Alpenkiefer (W3) [Adelung]
Die Alpenkiefer, plur. die -n, eine Art Kiefern, welche auf den Alpen
wächset, zu keinem hohen Baume wird, sondern ihre Zweige bis 30 Schuhe
lang auf der Erde fortkriechen lässet. Sie liefert das so bekannte
Krummholzöhl, und wird im gemeinen Leben auch Krummholzbaum,
Zunderbaum, Lackholz, Löwenforche, Dosenbaum, Grünholz, Rothfohre,
Felsenfohre, in Österreich mit einem Wendischen Nahmen Serp, in
Steyermark Läggerstaude, von liegen und lege, niedrig, im
Würtembergischen Legfohre, in Österreich und Tyrol Zerm und Zürm
genannt. S. Krummholzbaum.
Alpenklee (W3) [Adelung]
Der Alpenklee, des -s, plur. inus. eine Art Klee, der gebirgigen
Gegenden; brauner Bergklee, Trifolium alpinum, L.
Alpenkrähe (W3) [Adelung]
Die Alpenkrähe, plur. die -n, S. Bergkrähe.
Alpenkraut (W3) [Adelung]
Das Alpenkraut, des -es, plur. die -kräuter. 1) Ein jedes Kraut,
welches auf den Alpen oder andern hohen Bergen wächset. 2) Ohne
Plural, besonders ein Oberdeutscher Nahme des Baldrians; S. dieses
Wort.
Alpenkreuz (W3) [Adelung]
Das Alpenkreuz, des -es, plur. die -e. S. Alpfuß.
Alpenmohn (W3) [Adelung]
Der Alpenmohn, des -es, plur. inusit. eine Mohnart der Alpen und
Pyrenäen; Papaver alpinum. L.
Alpensalz (W3) [Adelung]
Das Alpensalz, des -es, plur. inusit. ein Salz, welches aus den Alpen
gegraben werden soll, und in der Medizin gebraucht wird, aber in der
Wirkung dem Epsomschen oder Seidlitzer Salze völlig gleich ist.
Alpenscharte (W3) [Adelung]
Die Alpenscharte, plur. inusit. eine Art der Scharte mit beynahe
zotigen eyförmigen Kelchen und ungetheilten Blättern, welche auf hohen
Gebirgen einheimisch ist; Serratula alpina, L.
Alpfuß (W3) [Adelung]
Der Alpfuß, des -es, plur. die -füße, eine fünfeckige Figur, welche
aus fünf geraden Linien mit an einander geschlossenen Enden besteht,
und in Einem Zuge gezeichnet werden kann; der Drudenfuß, Signum
Pythagoricum. In der Wapenkunst wird diese Figur auch das Alpenkreuz,
richtiger Alpkreuz, Pentalpha, Franz. Pentalphe genannt. Auch die
sechseckige Figur, welche aus zwey verschrenkten Dreyecken bestehet,
davon eins die Spitze über sich, das andere aber unter sich kehret,
und deren sich ehedem die Planeten-Steller bedieneten, wird von
einigen so genannt. Die Deutschen Nahmen rühren daher, weil man sich
dieser Figuren ehedem zu allerley Aberglauben, und besonders auch
wider den vermeinten Alp bediente. S. Drudenfuß.
Alphabet (W3) [Adelung]
Das Alphabet, des -es, plur. die -e, eine von den beyden ersten
Griechischen Buchstaben hergenommene Benennung des A, B, C. Etwas nach
dem Alphabete ordnen. Besonders wird in den Buchdruckereyen und bey
den Buchhändlern eine Zahl von 23 gedruckten Bogen mit diesem Nahmen
belegt, weil dergleichen
Bogen unten mit einem Buchstaben des Alphabetes bezeichnet sind, wobey
aber das W ausgelassen wird. Ein Buch von drey Alphabeten, d. i. von
69 Bogen. Außer dem pflegen auch die Buchbinder ihre messingene
Schriftstämpel und die Kaufleute ein nach der Ordnung des A, B, C
geordnetes Register über die Rubriken der Hauptbücher ein Alphabet zu
nennen.
Alphabetisch (W3) [Adelung]
Alphabetisch, adj. et adv. nach der Folge der Buchstaben, nach dem
Alphabete. Die alphabetische Ordnung.
Alphof (W3) [Adelung]
Der Alphof, des -es, plur. die -höfe, ein Viehhof der Hirten auf den
Alpen.
Alphorn (W3) [Adelung]
Das Alphorn, des -es plur. die -hörner, ein aus Baumrinden
verfertigtes Horn der Kuhhirten auf den Alpen.
Alpkirsche (W3) [Adelung]
Die Alpkirsche, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der
schwarzen Vogelkirsche, welches S.
Alpkraut (W3) [Adelung]
Das Alpkraut, des -es, plur. inus. ein Nahme, welcher von einigen dem
Hirschklee, oder Wasserdost, Eupatorium, L. gegeben wird, vermuthlich
wegen der guten Wirkungen, die man ihm ehedem wider den Alp
zugeschrieben. S. Hirschklee.
Älpler (W3) [Adelung]
Der Älpler, des -s, plur. ut nom. sing. in Oberdeutschland, besonders
der Schweiz, ein Nahme derjenigen Hirten, welche den Sommer über mit
ihrem Viehe die grasreichen Gegenden der Alpen bewohnen.
Alpmeier (W3) [Adelung]
Der Alpmeier, des -s, plur. ut nom. sing. ein Meier oder Aufseher,
der an einigen Orten der Schweiz über die Alphöfe und Alpenweiden
gesetzt ist.
Alprabe (W3) [Adelung]
Der Alprabe, des -n, plur. die -n. 1) Ein Nahme, welchen die Dohle in
der Schweiz führet, wo sie auch Albrapp, Albkachle, Bergdohle,
Steinhatz genannt wird. S. Bergdohle. 2) Der Berg-Eremit. S. dieses
Wort.
Alpranken (W3) [Adelung]
Die Alpranken, singul. inus. ein Nahme, 1) des Nachtschattens, oder
Je länger je lieber, Solanum dulcamara, L. weil die Landleute es dem
Viehe wider den Alp oder schweren Athem an den Hals zu hängen pflegen.
Im gemeinen Leben Alfranken. S. Nachtschatten. 2) Der Eichenmistel,
welche gleichfalls ein bewährtes Mittel wider das Alpdrücken abgeben
soll, daher sie auch, besonders in Niedersachsen, Marentacken genannt
wird.
Alprauch (W3) [Adelung]
Der Alprauch, des -es, plur. inus. an einigen Orten der Erdrauch;
Fumaria officinarum, L. vermuthlich, weil man ihn wegen seiner den
Magen stärkenden Kraft gleichfalls als ein gutes Mittel wider den Alp
angesehen.
Alpruthe (W3) [Adelung]
Die Alpruthe, plur. die -n, bey dem großen Haufen, in einander
gewachsene Zweige eines Baumes, Strauches oder einer Pflanze,
dergleichen man oft in Weidengehölzen und unter dem Spargel findet;
Alpschoß, im Oberdeutschen ein Drudenbusch. Der Nahme rühret von dem
Aberglauben her, den man ehedem mit dergleichen Zweigen getrieben, und
wohl noch treibet.
Alpschoß (W3) [Adelung]
Der Alpschoß, des -sses, plur. die -sse, ein Nahme, 1) der vorigen
Alpruthe. 2) Des Belemniten oder so genannten Donnersteines, dem in
der Rockenphilosophie eine bewährte Wirkung wider den Alp
zugeschrieben wird, daher er auch Alpschoßstein, und Alpstein genannt
wird. S. Belemnit.
Alpzopf (W3) [Adelung]
Der Alpzopf, des -es, plur. die zöpfe, ein verworrener und
verwachsener Haarzopf, der, wenn er mit der Schere durchschnitten
wird, blutet; der Weichselzopf, Marenzopf, Marenzotten, Nieders.
Elfklatte, Engl. Elf-lock, Schwed. Marlock. Der gemeine Aberglaube
schreibet diese Krankheit den bösen Geistern, und unter diesen
besonders dem Alpe zu. S. Weichselzopf.
Alpstein (W3) [Adelung]
Der Alpstein, des -es, plur. die -e. 1) S. Alpschoß. 2) Eine jede
Steinart, welche der Aberglaube wider das Alpdrücken anzuhängen
pflegt; z. B. Korallen, der Chrysolith, Jaspis, und selbst der
Adlerstein.
Alraun (W3) [Adelung]
Der Alraun, des -es, plur. die -e. 1) Eine Pflanze mit einer
glockenförmigen Krone, und einer kugelrunden Beere, welche mit zwey
Fächern versehen ist, ohne Plural; Atropa Mandragora, L. im Deutschen
auch Wolfskirsche, Schlafapfel, Hintschapfel. Diese Pflanze, welche in
Spanien, Italien und der Insel Creta wild wächset, war wegen ihrer
medicinischen Kräfte schon bey den ältesten Völkern bekannt, und der
Aberglaube dichtete ihr noch weit mehr Kräfte an, als sie wirklich
hatte. Damahls ging Ruben zur Zeit der Weitzenernte aus, und fand
Alraun auf dem Felde; den brachte er Lea, seiner Mutter, 1. Mos. 30,
14. f. nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. 2) Die zu einem
Hausgeiste zubereitete Wurzel der vorhin beschriebenen Pflanze; wo es
auch wohl im Diminutivo gebraucht wird, das Alraunchen. Diese Wurzel
ist weiß, dick, unten gespalten, wie zwey über einander geschränkte
Menschenbeine, und mit dünnen Zäserchen, wie mit Haaren bedeckt;
welches alles ihr einiger Maßen die Gestalt einer menschlichen Bildung
gibt. Man pflegt diese Wurzel unter allerley abergläubigen Umständen
zu graben, anzukleiden, und als einen heilsamen Hausgeist der
Leichtgläubigkeit sehr theuer zu verkaufen. Ein solcher Hausgeist wird
noch jetzt an einigen Orten Galgenmännchen, weil die Wurzel unter dem
Galgen wachsen soll, Heinzelmännchen, Glücksmännchen, Erdmännchen,
Geldmännchen, weil er Geld bringt, Herenmännchen, und in Niedersachsen
Alruniken genannt. Weil die wahre Alraunwurzel in Deutschland selten
ist, so wird auch wohl die Wurzel der Zaunrübe, Bryonia, L. die in der
äußern Gestalt einige Ähnlichkeit mit jener hat, für dieselbe
verkauft.
Anm. Schon bey den alten Gothen hieß eine Art Zauberinnen oder weiser Weiber Alirumnae, welche für das heutige Alrunae gehalten
wird, und da auch Tacitus einer ähnlichen Aurinia bey den alten
Deutschen gedenkt, so wollen viele auch dafür Alruna gelesen wissen.
Dem sey wie ihm wolle, so ist das Wort schon sehr alt, und wird am
wahrscheinlichsten von all und dem alten runa, wissen, ( S. Raunen,)
abgeleitet, eine Person zu bezeichnen, welche alles weiß, eine weise
Frau. Da man mit der Wurzel der Pflanze schon sehr frühe Aberglauben
getrieben, so läßt sich die Übertragung des Nahmens von einer weisen
Frau auf einen vermeinten Geist und dessen Pflanze leicht begreifen.
S. Keyßlers Antiquit. septemtr. Wachter v. Alraun, und Ihre v. Runa.
Wenn dieses Wort von einer weiblichen Person gebraucht wurde, so war
es vermuthlich weiblichen Geschlechtes, die Alraune. Aber in der
Bedeutung der Pflanze und ihrer Wurzel ist es unstreitig männlichen
Geschlechts, ob gleich Frisch und andere die Pflanze weiblich, die
Wurzel aber männlich gebrauchen, und dadurch auch mich in der ersten
Ausgabe dieses Wörterbuches zu gleichem Irrthume verleitet haben.
Als (W3) [Adelung]
Als, eine Conjunction, deren Verrichtungen vornehmlich in folgenden
Stücken bestehen. Es ist nehmlich:1. Comparativ, eine Vergleichung
auszudrucken, da es denn diejenige Sache, welche zum Maßstabe der
Vergleichung oder
zum Gleichnisse dienet, mit der vorher gehenden verbindet. Es
geschiehet solches,1) In eigentlichen Vergleichungen, wo bloß die
Ähnlichkeit zweyer Dinge bestimmt werden soll. Da nun das Wesen der
Comparativen in der Vergleichung bestehet, so können sie dieses
Wörtchen auch am wenigsten entbehren. Ich weiß, daß ihr mehr Einsicht
habt als ich. Süßer als Honig. Größer als sie alle. Mein Leben ist mir
nicht lieber, als ihre Ruhe. Es könnte ihr kein größeres Unglück
widerfahren, als wenn man ihren Schatz ungeraubt ließe, Gell. Man kann
ihr keinen größern Vorwurf machen, als daß sie nicht reich ist. Man
pflanzt elende Vorurtheile oft lieber fort, als daß man sich bemühete,
sie zu bestreiten. Das ist nicht mehr als billig, das ist vollkommen
billig. Die Partikel wie dem als noch beyzufügen, sie sah einem Affen
ähnlicher, als wie ihnen, ist überflüssig, und macht nur den Ausdruck
schleppend. Wohl aber können wie und denn die Stelle des als
vertreten; S. diese Wörter. Noch fehlerhafter ist es, wenn nach den
Comparativis die Vergleichung verneinungsweise ausgedruckt wird;
schärfer als kein zweyschneidig Schwert; alte Leute sagen oft mit
einem Worte mehr, als die Jugend in einem Jahre nicht fassen kann,
Gell. Obgleich im Positivo gar wohl gesagt werden kann: so scharf als
kein schweyschneidig Schwert.Denn auch der Positivus der Adjectiven
und Adverbien hat, wenn diese den Gegenstand einer Vergleichung
enthalten, das als nach sich. So roth als eine Rose. Es ist so gut als
Gold. So viel, als genug ist. Ich trinke so gern Wasser, als Wein. So
sehr als sie es verdienet. Deine kleinen Fehler sind fast eben so gut
als Schönheiten, Gell. Das Wörtchen so kann alsdann in einigen Fällen
auch weggelassen werden. Roth als eine Rose. Kühl als der sanfte West.
Schön als die Göttin der Liebe. Nur gehet solches vor gut, viel und
den Umstandswörtern nicht an.Wenn der Nachsatz, der den Maßstab der
Vergleichung enthält, ein Verbum ist, so kann auch als verbissen
werden. So sehr sie es verdienet. So viel genug ist. Sie will mir
nichts mehr sagen, bis ihr Bruder kommt. Dieß gilt auch von solchen
Redensarten, wo die Form der Vergleichung für ungeachtet stehet. So
geitzig als sie ist, so gab sie doch dießmahl. So krank als er war, so
ging er doch zu Fuße; wo als auch weggelassen werden kann. Nimmt dich
die Zärtlichkeit nur erst vollkommen ein, So sey so stolz du willst,
du hörst es auf zu seyn, Gell. Nur geht solches nicht in allen Fällen
an; z. B. er mag nun ein so seltsamer Kopf seyn, als er will.2) In
Gleichnissen, wo eine Sache durch eine andere ähnliche erläutert
werden soll. Er redet davon, als von einer eitelen Beschäftigung. Er
stehet als ein Berg Gottes. Mein wallend Herz erhob sich als auf
Flügeln, Schleg. In diesem Falle haben einige Dichter solches
wegzulassen, und dadurch den Accusativ der Griechen nachzuahmen
gesucht. Gott sitzt König immerdar, Opitz. Da ward er böse, zornig,
Ein kleiner Mars stand er, Gleim. Ich stand vor ihm gerüstet,Ein
andrer Goliath, ebend. Allein diese Ellipse ist zu stark, und hat im
Deutschen keine Analogie; macht auch in den meisten Fällen eine
unangenehme Dunkelheit der Hauptbegriffe, welche die Dichtung eben so
sehr vermeiden muß, als die Prose.Wenn das Gleichniß die Ursache einer
Wirkung erläutert; so werden dem als noch die Wörter ob und wenn
zugesellet. Du thust eben, als wenn du mich fragtest. Gleich als wenn
ich schon überwunden hätte. Ich muß also thun, als ob ich gar nichts
wüßte. Es scheinet recht, als ob ich das Ängstliche heute suchte und
liebte, Gell. Sie kamen, als wenn sie gerufen wären, ebend. Wenn und
ob können auch ausgelassen werden; alsdann wird aber die Wortfügung
verändert, und das Verbum unmittelbar nach dem als gesetzet. Es ist,
als wendete die Natur darauf doppelten Fleiß. Doch ich that, als
schlummert' ich, Weiße.- Du sitzest traurig hier, Als hättest du recht
schwere Sorgen, ebend. Das als wegzulassen, ist beynahe auch eine zu
starke Ellipse. Mir ist, ich sey erst jetzt aus jener alten Nacht Dich
anzuschaun, zu lieben aufgewacht, Weiße. Ihr ist, nachdem sie ihn
verloren Und wieder fand, sie hab ihn erst geboren, ebend. Oft dienet
diese ganze Vorstellungsart zur Einkleidung eines glimpflichen
Verweises, oder einer unwilligen Antwort. Als wüßtest du nicht, daß
ich kommen wollte! Pfui, als ob man die Hände sonst zu nichts brauchen
könnte! Weiße. Was das für Zeug ist! Als wenn er nicht schon eine Frau
hätte! ebend. Ja, als ob es eine Schande wäre, zu nehmen was man uns
gibt! ebend. Und als wenn ich das nicht so gut wüßte als du! ebend.Aus
obigen Beyspielen erhellet zugleich, daß als wenn und als ob den
Conjunctiv nach sich haben; nicht, als wenn diese Partikeln denselben
regierten, sondern weil der ungewisse Zustand der Rede denselben
erfordert.3) In der unterrichtenden Schreibart, in Anführung eines
Beyspieles, oder der einzelnen Theile eines Ganzen. Einige wenige
Präpositionen stehen hinter ihren Hauptwörtern, als: der Gestalt nach,
dem Himmel zuwider, des Gerichtes wegen. Die Wörter auf - all sind
männlichen Geschlechtes als: der Ball, der Fall, der Knall u. s. f. In
diesem Falle wird dem als gemeiniglich ein Kolon nachgesetzet. Nur
hüthe man sich, daß das als keine Zweydeutigkeit mache. Am vierten
Tage wurden andere Weltkörper, als Sonne, Mond und Sterne sichtbar;
besser nehmlich, weil als leicht unmittelbar auf andere gezogen, und
vergleichend verstanden werden kann.2. Die genaue Bestimmung des
Subjectes auszudrucken. Die Bedeutung hängt mit der vorigen genau
zusammen; allein die Vergleichung verschwindet und läßt nur den
Begriff der Bestimmung zurück. Diese Bestimmung ist,1) Bloß einfach,
da es denn eine explanative Conjunction ist. Er hält sich als ein
rechtschaffener Mann. Ich kann dieses als eine Pflicht verlangen. Er
darf nur sagen, daß wir als Freunde schreiben. Als ein Märtyrer der Wahrheit sterben. Sie hat eine goldene Kette, als ihren ganzen
Reichthum, bey mir versetzet. Ich will es Ihnen als eine kleine
Erkenntlichkeit geben. Ehe ich als Vater ein Machtwort rede. Ist das
die tugendhafte Frau, von der alle Leute, als von einem Wunder ihres
Geschlechtes reden? Gell. Nun man sollte denken, ich, als ein
funfzigjähriger Mann, sollte wohl wissen, was ein Glück wäre,
ebend.Einige Dichter haben das als auch hier, obgleich nicht ohne
merkliche Dunkelheit und Härte, wegzulassen versucht. Wenn der, so
mich mit Schmach beschwert, Sich jemals hätte Feind erklärt, Opitz.
Und unter den neuern besonders Hr. Gleim:
Zwar unser Vater ist nicht mehr; Jedoch er starb ein Held. Ingleichen: Ein Held fall ich; noch sterbend droht Mein Säbel in der Hand. 2) Oft
enthält diese genauere Bestimmung des Subjectes zugleich eine
Einschränkung, welche unter mehrern Gesichtspuncten denjenigen
bezeichnet, aus welchem man es betrachtet wissen will; da es denn eine
restrictive Partikel ist. Der König als Churfürst. Wir mögen den
Menschen als einen Menschen, oder als einen Christen betrachten. Leo
X. führete Kriege, aber nicht als Papst, sondern als ein weltlicher
Herr. Die Kleider, welche sie als Braut anhatte.Hierher gehöret auch
die Gewohnheit, da man das als so gern vor den Relativis voraus zu
schicken pfleget, eine genauere Bestimmung dadurch zu erhalten. Unser
Freund, als welcher bereits angekommen ist. Was sich an den Grenzen
zuträgt, als wohin er auch selbst reiset. Als wozu schon der Befehl
ergangen ist. Allein dieser vermeintliche Nachdruck macht die Rede in
den meisten Fällen nur schleppend und kanzelleymäßig.3) In andern
Fällen, besonders nach nichts und andern verneinenden Ausdrücken, hat
als eine ausschließende Bedeutung. Ich weiß ihre Großmuth durch
nichts, als die empfindlichsten Thränen zu belohnen, Gell. Die
Freundschaft läßt sich bey niemand, als rechtschaffenen Leuten finden.
Ich habe sonst keine Vorzüge, als meine Unschuld, Gell. Ich bin auf
nichts so stolz, als daß ich einen rechtschaffenen Vater gehabt habe,
ebend. Sie dürfen sich dieses Geschenkes wegen nicht so wohl bey mir,
als bey dieser liebenswürdigen Frau bedanken, ebend. So auch, nirgends
als, kein anderer als, u. s. f. Ingleichen, wenn die Verneinung in
Gestalt einer bejahenden Frage vorgetragen wird. Was nutzen mir die
Himmels-Sphären, Als daß sie mir im Wege stehn? Gell. 3. Ist es auch
copulativ, und wird gebraucht, zwey Glieder der Rede auf eine ganz
einfache Art mit einander zu verbinden. Alsdann stehet es aber nicht
allein, sondern die ganze Formel heißt, so wohl - als auch. So wohl
dieser, als auch jener. So wohl die Kleinen, als auch die Großen. Das
auch kann in den meisten Fällen dem Nachdrucke unbeschadet, auch
wegfallen. Er besitzt so wohl Tugend, als Verstand; und zuweilen
bleibt auch das wohl weg. Ein so natürlicher, als rühmlicher Eifer. So
Geduld als Zeit verstrich, Haged. Wenn zwey Hauptwörter durch diese
Formel verbunden werden, so kann so wohl, zuweilen auch hinter dem
seinigen stehen. Er besitzt Tugend so wohl, als Verstand. Die
Annehmlichkeit der Künste so wohl, als ihr Nutzen, oder der Künste
Annehmlichkeit so wohl, als ihr Nutzen.Wenn mehrere Glieder folgen, so
werden diese mit ferner, wie auch, deßgleichen, nicht weniger, das
letzte aber mit endlich, oder dann auch, mit den ersten verbunden.4.
Ist es consecutiv, und dienet, eine Zeitfolge anzudeuten, und die
Stelle des da zu vertreten, und dann stehet es so wohl zu Anfange
einer Rede, als auch im Nachsatze. Als sich die Zeit nahete, u. s. f.
Als dieses geschahe, oder geschehen war. Vier Jahre hernach, als sich
dieses zugetragen hatte. Ich dachte eben zu verreisen, als ich deinen
Brief erhielt. Kaum hatte ich vier Jahre erreicht, als ich merkte, u.
s. f. Kaum war er von seinem Schrecken wieder zu sich gekommen, als er
sich seine Bestürzung als eine Schwachheit vorwarf. Wie viel empfand
mein Herz, als ich sie schlafen sah! Gell. 5. Hilft dieses Wörtchen,
als eine causale Partikel, auch das Verhältniß der Wirkung gegen ihre
Ursache ausdrucken. Alsdann begleitet es das Bindewort daß, und hat
das Wörtchen zu im Vordersatze. Ich bin zu froh, als daß ich tanzen
könnte, ich bin so froh, daß ich nicht tanzen kann. Er ist viel zu
billig, als daß er sein Wort nicht halten sollte, Gell. Ihr Beyfall
ist mir gar zu kostbar, als daß ihn meine Eigenliebe nicht mit
Vergnügen anhören sollte, ebend. Ich bin zu zärtlich gerührt, als das
ich viel reden könnte, ebend.6. Endlich werden als wenn und als ob
auch gebraucht, die Stelle des Bindewortes daß zu vertreten, wenn
gleich oft weiter nichts, als eine bloße Fortsetzung der Rede damit
angedeutet werden soll; da es denn eine circumscriptive Bedeutung hat.
Du äußertest den Verdacht, als wenn sie ungetreu wäre, Dusch. Er will
das Ansehen haben, als wenn er es recht gut mit mir meinte. Er hat
meinen Vater überreden wollen, als ob ich ihn selbst liebte, und als
wenn du hingegen den Herrn Damis liebtest, Gell. Sie wird denken, als
ob sie ihm deßwegen erst recht gewogen würde, ebend. Ingleichen, mit
Weglassung des wenn, oder ob. Wenn ich nicht den Verdacht von mir
abzulehnen suchte, als mache mich die Religion zu einem Verräther der
Freundschaft, Less. Allein dieser ganze Gebrauch ist gewiß nicht der
beste, und verdienet nur alsdann eine Entschuldigung, wenn mehrere daß
auf einander folgen sollten, da man denn, um den Übelklang zu
vermeiden, das eine durch als wenn, oder als ob, oder nur als ersetzen
kann. Es sey ferne, daß ich behaupten wollte, als müsse man u. s. f.
oder als wenn man müsse.
Anm. 1. Als ist aus also entstanden, und
druckt ursprünglich eine Vergleichung aus; obgleich diese Bedeutung in
manchen Fällen durch verschiedene Nebengriffe geschwächet, und oft gar
verdunkelt wird. Es stehet im Hochdeutschen allezeit im Nachsatze, den
einzigen Fall ausgenommen, da es eine Zeitfolge bezeichnet. Über dieß
bindet es, wenn es zwischen Nennwörtern stehet, allezeit gleiche Casus
zusammen. Es ist daher ein Fehler, wenn dieses nicht beobachtet wird;
z. B. der gekünstelte Styl des spätern Griechenlandes hat mehr Blumen,
als deren unsere Sprache fähig ist; wo es heißen sollte, als unsere
Sprache. Paulus zeigt, wie durch Christum als dem Sohne des
Allerhöchsten alles geschaffen sey; wo es als den Sohn heißen muß. Bey
den Reciprocis kann es zuweilen zweifelhaft scheinen, ob sich das mit
als begleitete Substantiv auf das Subject beziehen, folglich im
Nominative stehen, oder ob es dem Pronomini Reciproco folgen, und in
den Accusativ treten müsse. Man darf alsdann nur das Verbum
wiederhohlen, um sich des wahren Casus zu versichern. Er verhält sich
als ein Feiger, d. i. so, als sich ein Feiger verhält. Es hungert mich
als einen Wolf, nicht als ein Wolf, weil man sagen müßte, als es einen
Wolf hungert. Selten stehet bey einigen persönlichen Reciprocis der
Accusativ: er hat sich als einen großen Mann gezeigt; wo doch der
Nominativ analogischer wäre. Man hüthe sich vor dem Mißklange, wenn
mehrere als in verschiedenen Bedeutungen zu nahe auf einander folgen.
Es kommt mir mehr als ein Spiel der Einbildungskraft, als eine wahre
Geschichte vor. Das eine von den zwey letzten als zu unterdrücken,
würde Dunkelheit machen, daher es durch wie ersetzet werden muß: mehr
wie ein Spiel der Einbildungskraft als wie eine wahre Geschichte.
Einige ältere Sprachlehrer rechnen als nur halb zu den Conjunctionen,
halb aber zu den Adverbiis, und schreiben es in dem ersten Falle alß,
in dem letztern aber als. Allein zu geschweigen, daß diese Partikel im
Hochdeutschen niemahls ein eigentliches Adverbium ist; so ist diese
orthographische Unterscheidungssucht schon so lächerlich geworden, daß
es unnöthig ist, sich länger dabey aufzuhalten.
Anm. 2. Unter den veralteten Bedeutungen dieses Wortes, die im
Hochdeutschen gar nicht mehr vorkommen, oder doch nur noch von den
Kanzelleyen aufbehalten werden, sind vornehmlich folgende zu merken.
(a) Für so, oder eben so, wenn es eine Vergleichung andeutet. Als
besonnen war der tewer Man, Theuerd. Kap. 47.- Ich jag noch Als gerne
als all mein Lebtag, ebend. Kap. 55. Als lange sich der Tag
erstrecket, Hat seine Wolke sie bedecket, Opitz. Dahin auch das
gemeine als mir Gott helfe, für so wahr als ec. gehöret. (b) für so,
wenn es eine Schlußfolge begleitet. Weil du mein guter Freund bist,
als werde ich nicht unterlassen. Demnach dieses Haus verkauft werden
soll, als wird solches hiermit bekannt gemacht. (c) Für wenn. Indem
er, wenn du kommst, den Haber bald verkauft, Und als er nichts mehr
hat, u. s. f. Opitz. Das ehrliche Gemüth, als es an Tugend denkt, So
wird ihm süße Lust mit stiller Ruh geschenkt, ebend. (d) Vor gestern
und heute, wo es im gemeinen Leben oft überflüssig gesetzet wird. Als
gestern kam er zu mir. Ich erwarte ihn als heute. Wo sinds Herr
Müllers Schreiben Fing ich als gestern an, Opitz. (e) In einigen
Oberdeutschen Redensarten ist als das zusammen gezogene alles. Als das
ich wil uf einen tag. Fabeln der Schwäbischen Dichter. Durch das als,
Ged. der Minnes. Das redt er als aus valschem Muth, Theuerd.
Anm. 3.
Oben ist schon angemerket worden, daß diese Partikel aus also zusammen
gezogen ist. Diese Zusammenziehung ist schon alt. Die Sächsischen
Mundarten haben auch das l weggeworfen; Nieders. as, Fries. az, Engl.
as, womit denn das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image
- überein kommt.
Als (W3) [Adelung]
Als, der Nahme eines Fisches, S. Alose.
Alsbald (W3) [Adelung]
Alsbald, eine Partikel, welche ist 1) * ein Bindewort, eine Zeitfolge
anzudeuten, für sobald, als. Alsbald er der Rät wurd gewahr, Schueff
er sy für sich zu khomen, Theuerd. Alsbald dir aber nur was Übels
widerfährt Dann, u. s. f. Opitz. Alsbald er gen Jerusalem käme, 2.
Macc. 9, 4. Alsbald alles Volk ihn sahe, Marc. 9, 15. Dieses im
Oberdeutschen noch übliche Bindewort ist im Hochdeutschen völlig
veraltet. Dagegen haben wir von demselben noch,2) Das Umstandswort der
Zeit, alsbald, für sogleich, den Augenblick. Er wird alsbald kommen.
Du sollst es alsbald erfahren. Allein auch in dieser Bedeutung fängt
es schon an, ziemlich sparsam vorzukommen.
Anm. Das Bindewort ist älter
als das Umstandswort; doch ist auch jenes so gar alt nicht. Es ist aus
alsobald zusammen gezogen, und wird auch noch jetzt von einigen so
geschrieben. Der Liebe Traum ist alsobald verschwunden, Schleg. Das
Umstandswort ist elliptisch, und bedeutet so viel als: so bald als ich
kann, oder so bald als es möglich ist.
Alsdann (W3) [Adelung]
Alsdann, ein Umstandswort der Zeit und Ordnung, welches sich allemahl
auf einen vorher gegangenen Ausspruch beziehet. Wenn du dein
Versprechen gehalten hast, alsdann will ich das meinige auch halten.
Er will morgen kommen; aber alsdann wird es mir auch nicht gelegen
seyn. Um acht Uhr wollen wir spazieren gehen; alsdann ist es erst
kühl, Gell. Alsdann nur wär' es ein Vergehn, Wenn sie gelassen bliebe,
Gell.
Anm. Dieses Wort ist gleichfalls aus alsodann zusammen gezogen,
welches daraus erhellet, weil auch sodann mit Weglassung der Sylbe al
dafür übrig ist. Es ist gleichfalls neu, denn die ältesten
Alemannischen und Fränkischen Schriftsteller gebrauchen dafür nur das
einfache thane, thanne, dhanne. Doch kommt bey dem Notker schon
isdanna vor. In der höhern Schreibart bedienet man sich auch jetzt
lieber des einfachen dann; S. dieses Wort.
Alse (W3) [Adelung]
Die Alse, S. Alose.
Alsenach (W3) [Adelung]
Alsenach, S. Olsenich.
Also (W3) [Adelung]
Also, eine Partikel, welche in gedoppelter Gestalt üblich ist.1. Als
eine vergleichende Conjunction, für das einfache so.1) Eine bloß
einfache Vergleichung auszudrucken. Ein Laster oftermahls wird also
sehr erhöht, Als diese Tugend selbst, die ihm entgegen steht, Opitz.
2) Eine bestimmte Beschaffenheit, in Beziehung auf etwas vorher
gegangenes oder Nachfolgendes auszudrücken, für auf diese Art und
Weise. Die Schamhaftigkeit will es also haben, Gell. Schön, wenn ich
also sagen mag, Schön, wie das Morgenroth, ebend. Man bedienet sich
dieser verlängerten Partikel nur noch dann, wenn bey dem kurzen
einfachen so die Ründe und Vollständigkeit der Rede leidet. Um dieser
letztern willen wird das zusammen gesetzte also am Ende einer Periode
beynahe nothwendig. War dieses deine eigene Sprache? Redete dein Herz
also? Dusch.2. Als eine illative Conjunction, einen Schluß, der aus
dem vorher gegangenen gezogen wird, zu begleiten, da es denn so wohl
zu Anfange des Satzes, als auch nach einem oder mehrern Wörtern stehen
kann. Es bezeichnet aber, 1) eine einfache Schlußfolge. Sie ist die
Erbinn des ganzen Vermögens, und also auch des Rittergutes. Die bloße
Ermahnung würde nicht hinlänglich gewesen seyn; ich mußte also
nachdrücklichere Maßregeln ergreifen. Also bleibt es dabey, oder es
bleibt also dabey. Ohne uns also weiter darum zu bekümmern, wollen wir
davon abbrechen. 2) Besonders eine durch das vorher gegangene
veranlaßte Frage. Also sollen dich meine Augen nie wieder sehen? Cron.
Sie haben mirs also geschenkt? Sie sagen also gar nichts dazu? Gell.
Auch dann wenn diese Frage mit Unwillen verbunden ist, und zugleich
einen Verweis enthält. Sie wollen ihn also nicht zur Rede setzen?
Gell. Also ist deine Ehre nichts? Weiße. So? Also hat er meine Tochter
nur in die Rede bringen wollen? Gell. 3) Oft begleitet diese Partikel,
besonders im gesellschaftlichen Umgange eine bloße Wiederhohlung einer
im vorigen unterbrochenen Rede, da sie denn ihren Platz lieber nach
einigen Wörtern, als am Anfange der Rede nimmt. Die damit verbundenen
vielen Geschäfte nöthigen mich also, u. s. f.
Anm. Also ist aus All und
so zusammen gesetzet, welches erstere bloß den Nachdruck vermehren
soll. Es sollte daher, wie andere ähnliche Zusammensetzungen, billig
allso geschrieben werden. Allein das einfache l hat einmahl den
Gebrauch vieler Jahrhunderte für sich. Notker und Willeram schrieben
bereits also, und in alsam, alsus, und dem Nieders. aldus, welche
insgesammt für also üblich waren, findet man jederzeit nur ein l. Es
hat den Ton gemeiniglich auf der ersten Sylbe; außer wenn der
Nachdruck auf dem so ruhet, welches in der vergleichenden Bedeutung
zuweilen der Fall ist. Gehest du also mit mir um? Besonders am Ende
eines Satzes. Es ist dem also. Redest du also?
Alsobald (W3) [Adelung]
Alsobald, S. Alsbald.
Alsofort (W3) [Adelung]
+ Alsofort, ein überflüssiges Umstandswort, für sofort oder sogleich.
Älster (W3) [Adelung]
Die Älster, plur. die -n, ein Raubvogel, welcher zu dem Geschlechte
der Krähen oder Raben gehöret, eine schwarze mit weiß vermischte Farbe
und einen langen Schwanz hat, den er beständig bewegt. In der Jugend
lernet er reden, und ist alsdann sehr geschwätzig; Corvus Pica, L.
Anm.
In Oberdeutschland heißt dieser Vogel Aglaster, Algaster, Agerst und
bey dem Pez Agalaster. Bey den Angelsachsen war Agu sein Nahme.
Wachter glaubt sehr unwahrscheinlich, daß der Zusatz an dem heutigen
Nahmen von dem alten alen, gignere, herrühre, und daß Aglaster, oder
nach der Hochdeutschen Mundart, Älster, eigentlich den jungen Vogel
dieser Art bezeichne. Die erste Hälfte dieses Nahmens ist vielmehr
eine Nachahmung seines natürlichen Geschreyes, welches auch das
Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Ital.
Gazza, und Gazzuolo, das Engl. Agasse, und das Franz. Agace, Geay oder
Jay sind, welche alle diesen Vogel, zuweilen aber auch die Dohle
bezeichnen; denn beyde Vögel werden von den Schriftstellern, besonders
den ältern, oft mit einander verwechselt. Die Schlester nennen die
Älster mit dem Zischlaute Schalaster, die Holsteiner Ärter, die
Westphalen Erter, die Niedersachsen Hegester, Hester, Heher, andere
Mundarten aber Atzel, Ätzel, Hetze, Gatze u. s. f.
Älsterauge (W3) [Adelung]
Das Älsterauge, des -s, plur. die -n, ein Nahme, welchen einige
derjenigen Verhärtung der Nerven an den Füßen beylegen, welche unter
dem Nahmen des Hühnerauges am bekanntesten ist.
Älsterspecht (W3) [Adelung]
Der Älsterspecht, des -es, plur. die -e, eine Art Buntspechte, die
weiß und schwarz gesprenkelt ist, wie eine Älster, übrigens aber einen
schwarzen Kopf, und zuweilen auch noch andere Farben hat.
Alt (W3) [Adelung]
Alt, älter, älteste, adj. et adv. welches in verschiedenem Verstande
gebraucht wird.1. Die zurückgelegte Dauer einer Sache überhaupt zu
bestimmen, in welchem Sinne es im Positivo doch nur als ein Adverbium
üblich ist. Wie alt ist er? Er ist sechzig Jahr alt. Das Kind ist noch
nicht acht Tage alt. Ich bin so alt als du. Er macht sich älter als er
ist. Wer ist der älteste unter uns? Der Brief ist schon vier Wochen
alt. Wenn das Alter eines Menschen deutlich bestimmt wird, so kann alt
im gemeinen Leben auch weggelassen werden. Sie ist noch nicht achtzehn
Jahr. Allein es in diesem Falle als ein Adjectiv zu gebrauchen, z. B.
ein sechs Wochen altes Kind, für ein Kind, das sechs Wochen alt ist,
ist wider den guten Sprachgebrauch.2. Die lange Dauer einer Sache
anzudeuten, und zwar,1) In Rücksicht auf die bloße Länge der Dauer.
Eine alte Eiche. Alte Thaler. Altes Geld. Alte Bücher. Von den
ältesten Zeiten her. Besonders von der Lebenszeit eines lebendigen
Geschöpfes, und unter diesen am häufigsten von dem Menschen. Ein alter
Mann. Eine alte Frau. Alte Leute. Er ist schon alt. Sprichw. Jung
gewohnt, alt gethan, was man sich in der Jugend angewöhnet, läßt sich
im reifern Alter ohne Beschwerde verrichten. Keiner ist zu alt, etwas
zu lernen. In der gesellschaftlichen Sprache ist der Ausdruck alte
Tage auch in einigen Fällen für das Alter üblich. Wollen sie mir auf
meine alten Tage, oder in meinen alten Tagen nicht noch eine Freude
machen? Was mich angetrieben hat, in meinen alten Tagen die Feder zu
ergreifen. In den Bergwerken bedeutet der alte Mann figürlich ein
ehedem gebauetes, aber wieder verfallenes, oder zugestürztes Feld,
daher in den alten Mann bauen, so viel ist, als ein verschüttetes
Grubengebäude wieder aufräumen. Ur-alt, steinalt, sind im gemeinen
Leben übliche Ausdrücke, ein hohes Alter anzudeuten.Ein Alter, eine
Alte, wird in dieser Bedeutung, besonders in der vertraulichen
Sprechart, auch substantive gebraucht, von einer alten Person. Alter,
nimm dich in Acht! Wie froh wird der fromme Alte nicht seyn, wenn er
ihren Entschluß hören wird! Gell. An einigen Orten, besonders in
Niedersachsen, wird eine Hebamme die Alte genannt, weil dazu nur
allein alte Personen genommen zu werden pflegen.2) In Rücksicht auf
etwas das jünger ist, an Statt des Comparatives älter. So werden
diejenigen Handwerke alte Handwerke genannt, welche in einem Orte oder
Lande eher zünftig geworden sind, als andere. Alte Gewerken, in dem
Bergbaue, sind diejenigen, welche eine Zeche zuerst zu bauen
angefangen haben. So auch, die vier alten Grafen des Reiches, wofür
ehedem die Grafen von Schwarzburg, Cleve, Savoyen und Zilley gehalten
wurden, im Gegensatze der jüngern Reichsgrafen. Die alten Lateiner, im
Gegensatze der neuern oder spätern. So auch im gemeinen Leben. So ein kleiner Naseweis muß nicht darein reden, wenn alte Leute mit einander
schwatzen, Weiße. Ingleichen substantive, die Alten, für die Ältern,
in Beziehung auf die Kinder. Sie freueten sich über der Alten
Rückkunst. Mein Alter wird bald zu Hause kommen. Sieben junge Hühner
mit der Alten, mit der Henne. Sprichw. Wie die Alten sungen, so
zwitscherten die Jungen.3) In Rücksicht auf verschiedene durch die
lange Dauer in den Dingen hervor gebrachte Veränderungen. (a) Durch
das Alter entkräftet, unscheinbar, runzelig, besonders von Menschen.
Er wird vor der Zeit alt. Die vielen Widerwärtigkeiten haben ihn alt
gemacht. (b) Durch das Alter abgenutzt, unbrauchbar geworden. Alte
Kleider. Ein altes Haus. (c) Durch Alter unschmackhaft, verderbt. Alte
Butter. Altes Fleisch. (d) Durch eine lange Dauer bewährt, geübt. Ein
alter Freund. Es ist eine alte ehrliche Haut, im gemeinen Leben. Alte
Liebe rostet nicht. Ein alter Soldat, nicht so wohl wegen der
Lebenszeit, als vielmehr wegen der langen Übung der Waffen. Das sind
alte verständige Leute, die werden ihnen keinen Schaden thun. So auch,
ein alter Fuchs, ein alter Schalk, ein alter Sünder. (e) Durch lange
Dauer eingewurzelt. Ein alter Haß. Eine alte Krankheit. Ein altes
Vorurtheil. Ein alter Aberglaube. (f) Wegen längerer Dauer bekannt.
Das ist etwas Altes. Das sind alte bekannte Sachen.3. Das ehemahlige
Daseyn einer Sache auszudrucken, und zwar,1) Für vormahlig, vorig,
schlechthin. Er hat seine alte Würde wieder erlangt. Die Stadt hat
ihre alte Freyheit behalten. Wie fürchte ich mich, diesen angenehmen
Traum zu verlieren, und wieder in meinem alten Jammer zu erwachen!
Less. Die Sache gehet noch immer ihren alten Gang. Wir wollen es bey
dem Alten bewenden lassen. Wir sind gute Freunde, und es bleibt bey
dem Alten.2) Was seine Dauer bereits geendiget hat, oder ehedem da
gewesen ist. Das alte Testament. Alte Zeiten. Die alte Geschichte, die
Geschichte der längst verflossenen Zeiten. So auch substantive,
besonders im Plural. Die Alten, d. i. Menschen, die lange vor uns
gelebt haben. Wer sich trägt, wie die Alten gingen, der ist bey ihr
ehrbar und sittsam, Gell. - Der Schatz, den die guten Alten Aus
Einfalt beygelegt, Cron. Wenn von den Alten in den Werken des Geistes
die Rede ist, so werden dadurch besonders die Griechen und Römer
bezeichnet.
Man muß die Alten weder knechtisch, noch mit Verachtung, sondern mit
der gehörigen Beurtheilung lesen.3) Was wegen seiner geendigten Dauer
aus dem Gebrauche gekommen ist, veraltet. Alte Wörter. Alte Moden. Der
alte Kalender.
Anm. 1. Von Alten her Es. 25, 1. für, von Alters her,
ist ungewöhnlich. Der im gemeinen Leben übliche Ausdruck, Jung und
Alt, wird am häufigsten adverbisch, ohne alle Abänderung gebraucht.
Dir unterwirft sich Jung und Alt, Haged. Und Jung und Alt erschienen,
Gell. Mit jung und alt, 2. Mos. 10, 9. Jos. 6, 21. Obgleich Luther
solchen in andern Stellen decliniret hat. Alte mit den Jungen sollen
loben den Nahmen des Herrn, Ps. 148, 12. Ich will die Alten und Jungen
zerschmeißen, Jer. 51, 22.
Anm. 2. Wachter leitet dieses Wort von dem
ehemahligen alen, wachsen, her, da es denn mit dem Lat. oleo und
adultus, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ich
wachse, viele Ähnlichkeit haben würde. Auch das Lat. olim scheint
seiner ersten Sylbe nach zu der Verwandtschaft zu gehören. Die
Ungarische und Lappländische Sprache geben uns vielleicht eine noch
nähere Abstammung an. Elam bedeutet im Lappländ. und Elem, Elen, im
Ungarischen, ich lebe, Aled oder Elet, im Lappländischen die
Lebenszeit und im Ungarischen das Leben. S. Sajnovics Demonstrat.
idioma Ungaror. et Lappon. idem esse, S. 35. Alt würde also
ursprünglich eigentlich gelebt, und das alte Hauptwort Älte ( S.
Alter) die Lebenszeit bedeuten. Indessen ist unser Wort in der Form,
worin wir es jetzt haben, schon sehr alt, nur daß die Gothen und die
damit verwandten Mundarten das o dem a vorziehen; Goth. old, Engl.
old, Dän. old, Holl. oud, Nieders. old, Angels. eald, bey den
Alemannen und Franken alt und ald. Die Niedersachsen werfen in der
Verlängerung des Wortes das d heraus, de Ollen, für die Alten, und
bringen dadurch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image
- , alt, zugleich mit in Erinnerung.
Alt (W3) [Adelung]
1. Der Alt, ein Fisch, S. 1. Alant.
Alt (W3) [Adelung]
2. Der Alt, des -es, plur. car. in der Tonkunst, die nächste Stimme an
dem Discant, die Altstimme. Den Alt singen. Daher der Altist, des -en,
plur. die -en, der den Alt singet. Die Deutschen haben dieses Wort
zunächst von dem Ital. l'alto angenommen, welches wieder aus dem
Latein. altus gemacht ist, weil diese Stimme in Ansehung der
Mittelstimme, oder des Tenors, höher gehet.
Altan (W3) [Adelung]
Der Altan, des -es, plur. die -e. Diminutiv. das Altänchen, ein
flaches Dach, oder auch ein freyer Platz auf einem Dache, auf welchem
man herum gehen kann.
Anm. Auch dieses Wort ist das Ital. Altana,
welches durch die Baumeister nach Deutschland verpflanzet worden. Die
ältern Deutschen hatten andere Wörter, einen solchen Platz zu
benennen. Denn so findet man dafür die Wörter Hochhaus, Puny, Umlauf,
Eßlaube, Truckeney, vermuthlich, weil man die Wäsche auf solchen
Altanen trocknete, und am häufigsten Soller. Am Niederrhein wird ein
Altan noch jetzt die Laube, oder Läube genannt. Übrigens ist dieses
Wort in allen drey Geschlechtern üblich. Das männliche hat im
Hochdeutschen den Vorzug; in den meisten Oberdeutschen Gegenden ist es
nach dem Muster des Ital. Ausdruckes weiblichen Geschlechtes, die
Altane; an andern Orten aber sagt man auch das Altan.
Altandach (W3) [Adelung]
Das Altandach, des -es, plur. die -dächer, ein flaches Dach in
Gestalt eines Altanes.
Altar (W3) [Adelung]
Der Altar, des -es, plur. die -äre. Diminutivum das Altärchen,
Oberdeutsch das Altärlein. 1) Eigentlich eine Erhöhung über dem
Erdboden, Feuer darauf zu machen und der Gott-heit darauf zu opfern,
ein Opferherd; dergleichen Altäre in den christlichen Kirchen nicht
mehr üblich sind. 2) Ein steinerner Tisch in einer Kirche, vor welchem
das Abendmahl ausgetheilet, und andere gottesdienstliche Handlungen
verrichtet werden, und in weiterer Bedeutung, ein jeder zu einer
gottesdienstlichen Handlung bestimmter Tisch. Daher das Sacrament des
Altars. Dem Altare dienen, das gottesdienstliche Lehramt verwalten.
Wirf den Altar der Freyheit selber um, Weiße. Der hohe Altar, oder
Hochaltar, der vornehmste Altar in dem Thore einer Kirche. 3) Ein
Gestirn an der südlichen Hälfte des Himmels, welches man sich in der
Gestalt eines Altares vorstellet.
Anm. Dieses Wort ist das Latein.
Altare, welches mit der christlichen Religion zugleich in Deutschland
eingeführet worden. Die Gothen nannten einen Altar Hunslastads,
Opferstätte, die Angelsachsen Weofod, Wigbed, einen geweiheten Tisch,
und bey dem Ottfried kommt auch die Benennung Gotesbiete, Gottestisch,
vor. Indessen ist doch der Lateinische Ausdruck bey Alemannischen
Schriftstellern schon sehr alt, weil altarre, schon bey dem Kero, dem
ältesten unter ihnen, und altar bey dem Isidor vorkommt. Bey den
Oberdeutschen ist dieses Wort ungewissen Geschlechtes, das Altar,
welches dem Lateinischen freylich gemäßer ist. Selbst Luther gebraucht
es in der Deutschen Bibel einige Mahl so. Daß das Lat. Altare nicht
von altus herkomme, sondern von einem alten Worte alt, Feuer, welches
noch in dem Nordischen Elt und Angels. Eald, Feuer, lebet, und Ar,
Herd, zusammen gesetzet sey, und also eigentlich einen Feuerherd
bedeute, hat Herr Ihre sehr wahrscheinlich gemacht.
Altarblatt (W3) [Adelung]
Das Altarblatt, des -es, plur. die -blätter, das Rückenstück eines
Altares. Bey einigen Oberdeutschen Schriftstellern kommen auch die
tragbaren Altäre, altaria portatilia, unter dem Nahmen der
Altarblätter vor.
Altarbuße (W3) [Adelung]
Die Altarbuße, plur. die -n, bey den Protestanten, die höchste Stufe
der Kirchenbuße, da der Büßende sein Verbrechen vor dem Altare kniend
bekennet, und um Vergebung bittet; im Gegensatze der Kanzel- und
Stuhlbuße.
Altardiener (W3) [Adelung]
Der Altardiener, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich ein jeder,
der dasjenige besorget, was zum Dienste des Altares gehöret. Besonders
in einigen protestantischen Kirchen, so viel als das folgende
Altarmann.
Altargestift (W3) [Adelung]
Das Altargestift, des -es, plur. die -e, was einem Altare in einem
Testamente vermacht ist, besonders in der Römischen Kirche.
Altarist (W3) [Adelung]
Der Altarist, des -en, plur. die -en, von dem spätern Lat. Altarista,
ehedem eigentlich ein Capellan, der zu einem gewissen Altare bestellet
ist, in der Römischen Kirche. An einigen protestantischen Orten werden
die Altardiener oder Altarleute noch Altaristen genannt. S. du Fresne
v. Altarista.
Altarkerze (W3) [Adelung]
Die Altarkerze, plur. die -n, dicke und lange Wachskerzen, welche auf
den Altären gebrannt werden und auf den Altarleuchtern stecken.
Altarlehen (W3) [Adelung]
Das Altarlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Römischen Kirche,
besonders der mittlern Zeiten. 1) Das Recht, den zu einem gewissen
Altare gehörigen Geistlichen zu bestellen, oder ihn mit dem Altare zu
belehnen, welches denn in Ansehung des Priesters ein Altarlehen, in
Ansehung des Lehnherren aber ein wahres Patronat-Recht ist. 2) Eben
dieses Recht, so fern es einem andern zu Lehen ertheilet wird. 3) Das
Lehenrecht über die zu einem Altare gestifteten Güter und Einkünfte,
und diese Güter selbst.
Altarmann (W3) [Adelung]
Der Altarmann, des -es, plur. die -männer, oder -leute, in den
protestantischen Kirchen, Kirchenpfleger, welche während
des Abendmahles bey dem Altare dienen und die Tücher unterbreiten; an
einigen Orten Altardiener, ingleichen Altaristen. An manchen Orten
sind sie mit den Kirchenvorstehern, und Kirchenvätern einerley, an
andern aber noch von ihnen verschieden.
Altarstück (W3) [Adelung]
Das Altarstück, des -es, plur. die -e, das Gemählde über dem
Altartische, oder an dem Altarblatte.
Altartuch (W3) [Adelung]
Das Altartuch, des -es, plur. die -tücher, das Tuch mit welchem ein
Altar zur Zierde bedecket wird.
Altartüchlein (W3) [Adelung]
Das Altartüchlein, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleines Tüchlein,
welches in einigen protestantischen Kirchen bey dem Abendmahle unter
das Kinn der Communicanten gehalten wird.
Altbacken (W3) [Adelung]
+ Altbacken, Altgebacken, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben
üblich ist, und eigentlich von demjenigen Brote gesagt wird, welches
nicht von dem neuesten, sondern von dem vorigen Gebäcke ist, oder
welches schon vor geraumer Zeit gebacken, und daher hart und spröde
ist; im Gegensatze des frischbackenen. Altbackenes Brot. Das Brot ist
schon altbacken. Figürlich gebrauchen es auch die Fleischer von
demjenigen Fleische, welches von dem vorigen Markttage übrig geblieben
ist.
Altbinder (W3) [Adelung]
Der Altbinder, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten,
besonders in Niedersachsen, ein Faßbinder, der nur alte Fäßer
ausbessert.
Altdeutsch (W3) [Adelung]
Altdeutsch, adj. et adv. den Deutschen in den ältesten und ältern
Zeiten eigen, nach Art der alten Deutschen. Altdeutsche Treue.
Altdeutsche Redlichkeit. Zu Altdeutsch trinken, taumelnd küssen, Ist
höchstens nur der Wenden Lust, Haged. Altdeutsch, für die alte
Deutsche Sprache, alte Deutsche Wörter, wird besser getheilt altes
Deutsch geschrieben.
Alte (W3) [Adelung]
Alte, Alten, ein Fisch, S. 1. Alant.
Älteln (W3) [Adelung]
Älteln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das
Diminutivum des folgenden ist, ein wenig alt werden, sein zunehmendes
Alter durch äußere Merkmahle verrathen. Er hat seit einiger Zeit
ziemlich geältelt. Figürlich auch, nach dem Alter riechen oder
schmecken. Das Fleisch, die Butter ältelt, ist ein wenig anbrüchig.
Der Wein ältelt, im guten Verstande, verräth sein Alter durch den
Geschmack.
Alten (W3) [Adelung]
Alten, verb. reg. neut. welches das Hülfswort haben erfordert, alt
werden. Wer jung erschossen wird, der pfleget nicht zu alten, Opitz.
Der graue Nestor kann noch ferner friedlich alten, ebend. Im
Hochdeutschen kommt dieses Zeitwort nur sparsam vor, weil man sich
daselbst lieber des Diminutiv. älteln und des Intensivi altern
bedienet.
Anm. Alten war in dieser Bedeutung schon bey den ältesten
Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern bekannt. Sold ich si
küssen zeinem maleSo mueze ich nicht alden, sang der Herzog von Anhalt
unter den Schwäbischen Dichtern. Die Niedersachsen drücken dieses
Zeitwort oolden, oolen aus. Alten von andern Gegenständen, als von
lebendigen Geschöpfen gebraucht, wie Esr. 14, 4. die Zeit beginnet zu
alten, ist wohl selbst in Oberdeutschland ungewöhnlich.
Altentheil (W3) [Adelung]
Das Altentheil, des -es, plur. die -e, in Niedersachsen, derjenige
Theil, den sich die Alten, d. i. die Ältern, vorbehalten, wenn sie
einen Hof ihren Kindern übergeben; in der Mark Brandenburg das
Alttheil. Wenn der Vater seinen Kindern seinen Hof übergibt, so ziehet
er sich in das Altentheil zurück, und heißt alsdann ein Altsitzer,
Altvater, und wenn es eine Frau ist, Altmutter.
Alter (W3) [Adelung]
Das Alter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Die natürliche Dauer eines
jeden Dinges, besonders eines Menschen. So bedeutet Alter oder
Menschenalter oft einen Zeitraum von so viel Jahren, als ein Mensch
ordentlicher Weise zu leben pfleget. Vor der Sündfluth währete das
Alter der Menschen gemeiniglich neun hundert Jahr. Ingleichen einen Zeitraum, in welchem alle zugleich lebende Menschen auszusterben
pflegen, eine Generation, wofür man eine Zeit von drey und dreyßig
Jahren annimmt. Drey Alter, oder Menschenalter machen also ein
Jahrhundert aus. Am häufigsten aber in eingeschränkterer Bedeutung,
diejenige Zeit, welche ein Mensch, oder eine Sache durch die Dauer
bereits zurückgeleget hat. An Alter zunehmen. Wir sind gleiches
Alters, oder von gleichem Alter, in gleichem Alter. Er ist meines
Alters, oder in meinem Alter. Das Alter eines Geschlechtes. Dieses
Geschlecht ist von hohem Alter. Das Alter einer Stadt, eines Thieres,
eines Baumes, u. s. f.2) Ein gewisser Zeittheil der menschlichen
Dauer, und der Zustand des Menschen in demselben. So wird das
menschliche Leben von einigen in sieben Alter getheilet. Er ist in
seinem besten Alter. Das blühende, das männliche, das hohe Alter. Die
Jugend hat ohne glücklich zu seyn, Freuden genossen, welche die
folgenden Alter nur zu beweinen haben, Dusch. Die Glückseligkeit muß
sich über alle Alter ausbreiten, worin wir empfinden und denken,
Dusch. Figürlich wird auch die Dauer der Welt in gewisse Zeiträume
eingetheilet, welche gleichfalls Alter genannt werden. Das goldene
Alter der Welt, die vorgegebene Zeit der Einfalt und Genügsamkeit, da
die Wünsche der Menschen sich noch nicht über die wahren Bedürfnisse
der Natur erstreckt haben sollen. So auch, das silberne, das eherne
Alter. Glückliches Alter unserer Väter, wie verschieden bist du von
dem unsrigen! Dusch. In der Astronomie heißen zuweilen auch die
scheinbaren Veränderungen des Mondes, Mondesalter, in welchem
Verstande Aetas lunae schon bey dem du Fresne vorkommt. In engerer
Bedeutung wird zuweilen auch eine längst verflossene Zeit das Alter
genannt, doch nur in den adverbischen Redensarten, vor Alters, ehedem,
und von Alters her, von langen Zeiten her. In den Rechten bedeutet von
Alters her, seit einer Zeit von dreyßig Jahren.3) Eine längere Dauer
und die damit verbundenen Vorzüge, im Gegensatze eines Jüngern ohne
Plural. So sagt man im gemeinen Leben oft, das Alter haben, oder das
Alter von einem andern haben, länger in dem Besitze einer Sache oder
eines Rechtes seyn, als er. Ingleichen in den Bergwerken, sein Alter
augenscheinlich machen, sein älteres Recht beweisen; das Alter
erlangen, die mit dem ältern Rechte verbundenen Vorzüge bekommen; das
Alter erhalten, durch pflichtmäßiges Betragen in dem Besitze dieser
Vorzüge verbleiben.4) Der letzte Zeittheil des natürlichen Lebens der
Menschen; ohne Plural. Mein Alter nahet heran, schleicht herein. Das
Alter drückt mich noch nicht. Der Jugend Fleiß ist des Alters Ehre.
Sprichw. Alter hilft für Thorheit nicht, alte Leute können eben so wohl Thorheiten begehen, als junge. Vor Alter sterben, aus bloßer
Erschöpfung der Kräfte. Figürlich werden unter diesem Worte auch alte
Personen verstanden. Das Alter ist mürrisch. Das Alter sucht die Ruh,
die Jugend liebt die Freude, Hofmannsw. Im gemeinen Leben ist das
Alter auch eine Krankheit der Kinder und jungen Leute, wenn sie sehr
alt aussehen, auch das Älterlein; da denn der Aberglaube sie in den
Backofen zu schieben pflegt, um sie wieder jung zu backen.
Anm. Die Alten hatten so wohl dieses Hauptwort Alter, als das
verwandte Elt, Aldi, Angels. Ylde, und noch jetzt sind in
Oberdeutschland beyde üblich, doch mit einigem Unterschiede. Die Älte,
und in Oberschwaben Alti, wird mehr von der Dauer überhaupt, besonders
lebloser Dinge, das Elter oder Älter aber vornehmlich von dem hohen
menschlichen Alter gebraucht. S. Alt.
Älterlich (W3) [Adelung]
Älterlich, adj. et adv. von dem Substantive, die Ältern, in dem
Zustande, den Verhältnissen der Ältern gegen ihre Kinder gegründet.
Die älterliche Zärtlichkeit. Ein neues aber analogisch richtiges Wort.
Ältermann (W3) [Adelung]
* Der Ältermann, des -es, plur. die Älterleute, derjenige der unter
mehrern der älteste ist, und um deßwillen gewisse Vorzüge vor andern
genießet. Besonders führen diesen Nahmen noch in Niedersachsen die
Vorsteher der Kaufleute, Handwerker oder anderer Innungen, welche
sonst auch Älteste, Oberälteste, Handwerksmeister, ingleichen
Altermannschaften genannt werden. An einigen Niedersächsischen Orten
belegt man auch die Kirchenvorsteher mit diesem Nahmen.
Anm. Bey den
Angelsachsen wurde der Graf eines Gaues, eine beynahe fürstliche
Würde, Ealdermann genannt. Übrigens ist dieses Wort nur allein in
Niedersachsen und den damit verwandten Sprachen üblich. Nieders.
Oldermann; Engl. Alderman, Schwed. Äldermann, Dän. Oldermand. S.
Spellmanns Gloss. und Haltaus Glossar. h. v. Das Englische Alderman
bedeutet vorzüglich einen Rathsherren, und wird von ungeschickten
Übersetzern immer durch das im Hochdeutschen unbekannte Aldermann
gegeben, da sie es doch durch Rathsherr übersetzen sollten.
Ältermutter (W3) [Adelung]
Die Ältermutter, plur. die -mütter, die Mutter des Großvater oder der
Großmutter, Engl. Aunt, Nieders. Anke-moor, wo Anke das
Verkleinerungswort von Ane, Großmutter, und Ano Großvater ist, S. Ahn.
Altmutter und Altvater bedeuten in Oberdeutschland die Großmutter und
den Großvater, und daher kommt es, daß man deren Ältern wieder im
Comparativo Ältermutter und Ältervater nennet. S. auch Ältervater.
Ältern (W3) [Adelung]
Die Ältern, sing. car. eigentlich der Comparativ von alt, als ein
Substantivum gebraucht, Eheleute oder überhaupt ältere Personen
beyderley Geschlechts im Verhältnisse gegen ihre Kinder zu bezeichnen.
Sprichw. Böse Ältern machen fromme Kinder. Die ersten Ältern, Adam und
Eva.
Anm. Wachter leitet dieses Wort von dem alten alen, zeugen,
gebären her. Allein es ist wohl ausgemacht, daß es unmittelbar von alt
abstammet, daher man es auch billig mit einem Ä, und nicht, wie ehedem
üblich war, mit einem E schreibet. Der Comparativ von alt war zwar
allen alten Mundarten bekannt, allein in der gegenwärtigen Bedeutung
war er doch nur vorzüglich den Franken eigen, obgleich das Angels.
Yldran Vorfahren überhaupt bedeutet. Nieders. de Oldern, Olen. In
Ostfriesland ist auch der Singular von diesem Worte üblich.
Altern (W3) [Adelung]
Altern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das
Intensivum von alten ist, sein zunehmendes Alter durch die äußere
Gestalt verrathen. Wenn ich wie sie wäre, ich machte lauter solchen
alternden Schönheiten meine Aufwartung, Weiße. Denn Geister altern
nicht, sie reifen mit den Jahren, Kästn. Nieders. oldern.
Älternlos (W3) [Adelung]
Älternlos, adj. et adv. der Ältern beraubt. Älternlose Kinder,
Waisen. Daher die Älternlosigkeit.
Alterthum (W3) [Adelung]
Das Alterthum, des -es, plur. die -thümer. 1) Das Alter, d. i. eine
lange Dauer, in Ansehung der vergangenen Zeit; ohne Plural. Das
Alterthum dieses Geschlechtes. Das Alterthum eines Gebäudes. Eine
wegen ihres hohen Alterthumsberühmte Stadt. In Oberdeutschland wird
Alterthum in dieser Bedeutung des hohen Alters auch von einzelnen
Personen gebraucht; allein im Hochdeutschen ist dafür nur allein Alter
üblich.2) Die alte längst verflossene Zeit und die Menschen, die darin
gelebt haben; gleichfalls ohne Plural. Das heidnische Alterthum. Das
christliche Alterthum. Das gelehrte Alterthum. Das schmeckt nach dem
Alterthume. Besonders die schöne Zeit der Griechen und Römer, und die
Schriftsteller die aus derselben übrig geblieben sind. Der gute
Geschmack des Alterthums.3) Ehemalige, in alten Zeiten noch übliche
Gebräuche, ingleichen Werke der Kunst, die aus alten Zeiten noch übrig
sind, in welcher Bedeutung nur allein der Plural gebraucht wird.
Griechische, Römische, Deutsche Alterthümer. Heidnische, christliche
Alterthümer. Daher die Alterthumskunde, die Kunde oder Kenntniß der
Alterthümer, und in engerer Bedeutung, der Alterthümer der Griechen
und Römer; ein Alterthumskundiger, der diese Kenntniß besitzt; ein
Alterthumsforscher, der sie sich in einzelnen Fällen zu erwerben
sucht.
Ältervater (W3) [Adelung]
Der Ältervater, des -s, plur. die -väter, des Großvaters oder der
Großmutter Vater, Nieders. Ankevaer, S. Ältermutter. Wenn man eines
Ältervaters oder einer Ältermutter mit Ehrerbiethung gedenken will, so
pflegt man beyde Wörter zu theilen, und die Ehrennahmen Herr und Frau
dazwischen zu setzen; z. B. Ew. Churfürstl. Durchl. Ältern Herrn
Vaters Majestät u. s. f.
Älteste (W3) [Adelung]
Der Älteste, des -n, plur. die -n, der Superlativ von alt, als ein
Substantiv gebraucht, der erste und vornehmste in einer Gesellschaft,
und zwar eigentlich den Jahren nach, dann aber auch der Würde, der
Geschicklichkeit und dem Verstande nach. So werden an einigen Orten,
besonders auf dem Lande, noch die Schöppen oder Beysitzer in den
Gerichten Älteste genannt; S. Haltaus v. Eltesten. Am häufigsten kommt
dieses Wort noch bey den Innungen und Handwerkern vor, wo die
angesehensten Glieder zu Ältesten erwählet werden, da sie denn
Beysitzer des Obermeisters sind, und mit ihm die ganze Innung
vorstellen. Sie werden sonst auch Handwerksälteste, Vormeister,
Kerzenmeister, und in Niedersachsen Älterleute genannt; S. diese
Wörter.
Anm. Obgleich Ältester, als der Superlativ von alt, hier
substantive gebraucht wird, so behält es doch, wie bey allen übrigen
Superlativen geschiehet, die ihm als einem Adjective eigene
Declination. Es ist also unrichtig, wenn es 2. Joh. 1. der Ältester
heißt.
Älteste (W3) [Adelung]
+ Das Älteste, des -n, plur. inusit. bey den Handwerkern, das Amt
eines Altgesellen.
Altfisch (W3) [Adelung]
Der Altfisch, S. 1. Alant.
Altflicker (W3) [Adelung]
* Der Altflicker, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, so
viel als ein Schuhflicker, der an andern Orten auch Altlapper,
Altmacher, Altputzer, Altreiß genannt wird. S. das letzte.
Altflöte (W3) [Adelung]
Die Altflöte, plur. die -n, eine Flöte, die den Alt bläset; zum
Unterschiede von einer Diskant-Tenor- und Baßflöte.
Altfränkisch (W3) [Adelung]
Altfränkisch, -er, -te, adj. et adv. nach Art der alten Franken, und
in weiterer Bedeutung, veraltet überhaupt. Altfränkische Wörter,
Moden, Trachten. Altfränkische (veraltete, abgekommene) Meinungen.
Altfürstlich (W3) [Adelung]
Altfürstlich, adj. et adv. in dem Deutschen Staatsrechte, seit den
ältesten Zeiten, d. i. vor der Mitte des 16ten Jahrhundertes, mit der
fürstlichen Würde bekleidet. Ein altfürstliches Haus. Die
Altfürstlichen, die altfürstlichen Häuser, im Gegensatze der
Neufürstlichen, die erst in den neuesten Zeiten, d. i. seit der Mitte
des 16ten Jahrhundertes, zu dieser Würde erhoben worden.
Altgebacken (W3) [Adelung]
Altgebacken, S. Altbacken.
Altgeige (W3) [Adelung]
Die Altgeige, plur. die -n, eine Geige, welche den Alt spielet, eine
Bratsche; zum Unterschiede von einer Discant-Tenor- und Baßgeige.
Altgeschnitten (W3) [Adelung]
+ Altgeschnitten, adj. et adv. in der Landwirthschaft, so viel als im
Alter geschnitten. Ein altgeschnittener Ochse, oder ein
Altgeschnittener, ein Stammochse, der im Alter geschnitten worden, und
der an einigen Orten wohl gar ein Altschneider, in der Lausitz aber
auch ein Poiße genannt wird.
Altgesell (W3) [Adelung]
Der Altgesell, des -en, plur. die -en, bey den Handwerkern, derjenige
Gesell, welcher bey einer Innung an einem Orte am längsten als Gesell
gewesen, und daher verschiedene Vorzüge genießet. Bey einigen
Handwerkern heißt er der Orten- oder Irtengesell, der Ortinger, bey
denjenigen aber, die ihre Gesellen Knechte nennen, der Altknecht.
Altgläubig (W3) [Adelung]
Altgläubig, adj. et adv. den alten Glauben, d. i. die alte Religion,
habend, der alten Religion gemäß, im Gegensatze des neugläubig.
Besonders nennen sich in der Griechischen Kirche diejenigen die
Altgläubigen, welche die von dem Patriarchen Nikon in der Mitte des
17ten Jahrhunderts vorgenommene Veränderung in den Kirchengebräuchen
verwerfen, aber von der herrschenden Russischen Kirche Roskolniki, d.
i. Abtrünnige, genannt werden.
Althee (W3) [Adelung]
Die Althee, plur. inusit. ein aus dem Griech. und Lat. Althea
hergenommener Nahme derjenigen Pflanze, welche sonst auch Eibisch,
oder weiße Pappel genannt wird. Der Nahme Althea, - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image -, ich heile, bedeutet so viel als Heilwurz, Hülfswurz,
welchen diese Pflanze auch im Deutschen führet.
Altherr (W3) [Adelung]
* Der Altherr, des -en, plur. die -en, ein Nahme, der zu Nördlingen
in Schwaben den Rathsherren gegeben wird, und schon in dem alten
Gedichte auf den h. Anno von den Römischen Rathsherren gebraucht wird.
Althiebig (W3) [Adelung]
+ Althiebig, adj. et adv. in dem Forstwesen, von den Laubhölzern,
über zwanzig Jahre alt. Ein althiebiges Stangenholz, im Gegensatze des
jungen, oder hiebigen Stangenholzes, wie diejenigen Schläge genannt
werden, die zwischen zwölf und zwanzig Jahren alt sind.
Altjagdbar (W3) [Adelung]
+ Altjagdbar, adj. et adv. bey den Jägern, von den Hirschen, über
acht Jahre alt. Ein altjagdbarer Hirsch, der auch ein überjagdbarer
Hirsch, oder ein Haupthirsch, ein Capital-Hirsch genannt wird.
Altist (W3) [Adelung]
Der Altist, des -en, plur. die -en, S. 2. Der Alt.
Altklug (W3) [Adelung]
Altklug, adj. et adv. klug, wie die Alten, klüger als es die Jahre
mit sich bringen, ein Wort, welches in der vertraulichen Sprechart
eigentlich nur von Kindern gebraucht wird; frühklug, welches zugleich
edler ist. Altklug thun. Ein altkluges Kind. Und diese holde Lehrerinn
Kann auch die Jugend altklug machen, sang einst Hagedorn von der
Liebe, Ihr Freunde, laßt uns altklug werden, Und weiser als die Weisen
seyn, ebend. Lessing gebraucht dafür das Diminutivum ältlichklug.
Altknecht (W3) [Adelung]
Der Altknecht, des -es, plur. die -e, S. oben Altgesell. Indessen
führen auch bey einigen Handwerkern, die ihre Gesellen sonst nicht
Knechte zu nennen gewohnt sind, die Altgesellen diesen Nahmen,
dergleichen z. B. von den Schneidern bekannt ist.
Altlapper (W3) [Adelung]
* Der Altlapper, des -s, plur. ut nom. sing. so viel als ein
Schuhflicker, von Lappe, welches ehedem auch die Schuhsohle bedeutete.
Ältlich (W3) [Adelung]
Ältlich, adj. et adv. ein wenig alt. Ein ältliches Gesicht. Er siehet
schon ganz ältlich aus. Ingleichen ein wenig anbrüchig. Ältlich
riechen, schmecken.
Altmacher (W3) [Adelung]
* Der Altmacher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Altflicker.
Altmilchen (W3) [Adelung]
+ Altmilchen, adj. et adv. welches in der Landwirthschaft von
denjenigen Kühen gebraucht wird, welche gälte geblieben sind, und also
in diesem Jahre nicht gekalbet haben, im Gegensatze der
frischmilchenen. An einigen Orten werden auch trächtige Kühe, welche
noch kurz vor ihrer Kalbezeit Milch geben, altmilchene genannt. Im
Nieders. altmelk, welches auch auf dem Lande in Obersachsen häufig
ist. In einigen Gegenden gebraucht man dafür altmilchig.
Altmodisch (W3) [Adelung]
Altmodisch, -er, -te, adj. et adv. nach einer veralteten Mode.
Altmodische Kleider, Wörter, Gesinnungen.
Altmutter (W3) [Adelung]
Die Altmutter, plur. die -mütter. 1) In Oberdeutschland die
Großmutter, S. Ältermutter. 2) In Niedersachsen, die abgelebte Frau
eines Dienstmannes, die ihr Gut einem ihrer Kinder abgetreten hat. S.
Altvater und Altentheil.
Altputzer (W3) [Adelung]
* Der Altputzer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Altflicker.
Altreiß (W3) [Adelung]
* Der Altreiß, des -es, oder des -en, plur. die -en, ein Nahme, der
in Oberdeutschland den Schuhflickern gegeben wird, Niederländisch
Oldrüse. Die letzte Hälfte dieses Wortes scheinet von dem Zeitworte
reißen zu seyn; wenigstens wird wohl kein Vernünftiger auf die
Öhldrüsen fallen können, wie doch in dem Manufactur- und
Handwerks-Lexiko geschiehet. In einem 1482 in Oberdeutschland
gedruckten Vocabel-Buche heißt es: Rewse der alten Schuhmacher, Sutor.
Altschneider (W3) [Adelung]
+ Der Altschneider, des -s, plur. ut nom. sing. S. Altgeschnitten.
Altsitzer (W3) [Adelung]
Der Altsitzer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Altentheil.
Altstadt (W3) [Adelung]
Die Altstadt, plur. inusit. ein Nahme, der in vielen Städten
demjenigen Theile derselben gegeben wird, welcher zuerst Stadtrecht
gehabt hat, im Gegensatze der Neustadt, d. i. der mit Stadtrecht
begabten Vorstadt. Daher der Altstädter, des -s, plur. ut nom. sing.
im gemeinen Leben, ein Einwohner der Altstadt.
Altstimme (W3) [Adelung]
Die Altstimme, plur. die -n, S. 2. Der Alt.
Alttestamentlich (W3) [Adelung]
Alttestamentlich, adj. et adv. in dem alten Testamente und dessen
Verfassung gegründet; im Gegensatze des neutestamentlich.
Altvater (W3) [Adelung]
Der Altvater, des -s, plur. die -väter. 1) * Der Stammvater eines
Geschlechtes, eines Volkes, einer Religion oder einer Secte. Besonders
einer der so genannten Erzväter oder Patriarchen des alten
Testamentes, welche beyde Benennungen aber üblicher sind, als jene,
welche größten Theils veraltet ist. 2) Der Großvater, doch nur im
Oberdeutschen, S. Ältermutter. 3) In einigen Niedersächsischen
Gegenden wird ein abgelebter Dienstmann, welcher sein Gut an seine
Kinder oder andere abgetreten hat, Altvater genannt. S. Altentheil.
Altväterisch (W3) [Adelung]
Altväterisch, -er, -te, adj. et adv. eigentlich nach Art der Altväter
oder Vorfahren. Wo altväterische Treue altväterische Sitten begleitet,
Zach. Doch größten Theils nur in figürlicher Bedeutung, für veraltet,
im verächtlichen Verstande. Altväterische Moden, Trachten, Sitten,
Gebäude. Er ist zu vornehm erzogen, als daß er dem gemeinen Manne die
altväterische Glückseligkeit einer gesegneten Ehe beneiden sollte.
Altvertraut (W3) [Adelung]
Altvertraut, adj. et adv. so vertraut, als man nach einem alten,
langen Umgange zu seyn pfleget. Wir thaten schon so altvertraut,
Weiße.
Altvettelisch (W3) [Adelung]
+ Altvettelisch, adj. et adv. nach Art der alten Vetteln oder alten
Weiber; ein niedriges Wort, welches man im Hochdeutschen mit allem
Rechte veralten lassen, welches aber noch 1. Timoth. 4, 7. von Luthern
gebraucht worden.
Altwasser (W3) [Adelung]
Das Altwasser, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein
Nebenstrom, oder Arm eines Stromes der ehedem dessen Hauptbett
gewesen; ein Beystrom.
Am (W3) [Adelung]
Am, die mit dem m, als dem Casus-Zeichen des Dativi Singularis des
männlichen und sächlichen Geschlechtes, zusammen gezogene Präposition
an, welche in einigen Fällen nothwendig ist, in andern aber nur
geduldet wird.1. Nothwendig ist diese Zusammenziehung. 1) Vor den
Superlativis, wenn sie als Nebenwörter stehen sollen. Am besten. Am
größten. Ich sehe ihn am liebsten unter allen. Hier lebt man am
vergnügtesten. In diesem Falle verträgt die Präposition den völlig
ausgedruckten Artikel schlechterdings nicht, obgleich auf, wenn es auf
ähnliche Art gebraucht wird, denselben leidet; z. B. aufs beste, oder
auf das beste. Zwischen den mit an und auf als Adverbia gebrauchten
Superlativis findet übrigens noch der Unterschied Statt, daß an eine
wirkliche Vergleichung voraus setzet, auf aber nur schlechthin einen
hohen Grad andeuten soll. Z. B. Er hat uns aufs beste bewirthet, sehr
gut; er hat uns am besten bewirthet, unter allen andern hat uns
niemand so gut bewirthet. So auch, er ging am prächtigsten gekleidet,
und er ging auf das prächtigste gekleidet; er bewies sich noch am
billigsten, unter den übrigen, und er bewies sich auf das billigste.
2) Wenn an den Dativum Singularis regieret und vor einem Hauptworte
männlichen oder sächlichen Geschlechtes stehet, welches den bestimmten
Artikel in diesem Falle nicht leidet, da denn der Casus an der
Präposition bezeichnet werden muß. Ein Engel am Verstande. Ihre guten
Absichten ersetzen das, was ihr am Verstande fehlet. Arm am Geiste.
Krank am Leibe, am Gemüthe. Er ist noch am Leben. Groß an Gestalt, am
Geiste klein, Weiße. Besonders, wenn dadurch adverbische Redensarten
gebildet werden. Am Anfange, für anfänglich. Sie wird es am Ende doch
errathen. Es ist noch hoch am Tage. Es liegt am Tage. Wenn aber vor
einem solchen Substantive noch ein Adjectiv stehet, so bekommt dieses,
nicht aber die Präposition das m, indem es hier bloß auf die
Bezeichnung des Casus ankommt. Zehn Thaler an barem Gelde. An innerm
Werthe reich, Haged. Vor Fämininis kann an den Dativ nicht bezeichnen,
weil sich das r nicht mit dem n verbinden läßt; folglich reich an
Schönheit.2. Geduldet wird diese Zusammenziehung überall wo an dem
stehen sollte, doch nur in der vertraulichen Sprech- und Schreibart,
dagegen man sie in der höhern lieber vermeidet; es müßte denn die
vollständigere Form den dichterischen Styl matt machen. Der Garten ist
gleich am Hause. Am Sonntage. Eine Wunde am Haupte. Am Tage des
Gerichtes. So auch wenn ein Adjectiv zwischen an und dem Hauptworte
stehet. Am heutigen Tage. Am dritten Tage. Findet aber der Artikel der
nicht Statt, sondern es sollte eigentlich der unbestimmte Artikel ein
stehen, oder stehet vor dem Substantive ein Pronomen oder ein dem
Pronomen ähnliches Adjectiv, so bekommt dieses das m, und an behält
seine natürliche Gestalt. Geschiehet das an grünem Holze, wenn man
hier grünes Holz unbestimmt, folglich ohne Artikel verstehet; denn im
entgegen gesetzten Falle müßte es heißen, am grünen Holze, für an dem
grünen Holze. An barem Gelde. An jenem Tage. An einem Tage. An diesem
Tage. Es hat mir an meinem Vermögen vielen Schaden gethan. Er arbeitet
an deinem Verderben. Dieses gilt auch, wenn ein Genitiv vor dem
Hauptworte vorher gehet. An Gottes Segen. In der ohnehin schon halb
veralteten Anführungsart der Theologen, Matthäi am letzten Kapitel u.
s. f. stehet am für im.
Amalgama (W3) [Adelung]
Das Amalgama, substant. indeclin. aus dem Griech. und Lat. Amalgama,
eine Mischung des Quecksilbers mit einem andern verbundenen Metalle.
Daher amalgamiren, zwey Metalle auf solche Art verbinden; mit einem
Deutschen Kunstworte sie verquicken. Amalgamation, die Verquickung.
Amalia (W3) [Adelung]
Amalia, Genit. Amalia's; oder Amalie, Genit. Amaliens, Dat. Amalien,
plur. car. ein eigenthümlicher weiblicher Nahme, der so viel als die
Unbefleckte bedeutet, von Mal, Mail, Makel, und dem so genannten a
privativo, oder vielmehr dem verkürzten un. S. A. Im gemeinen Leben
wird dieser Nahme in Mälchen, und in Niedersachsen in Mälke verkürzt.
Amant (W3) [Adelung]
+ Der Amant, des -en, plur. die -en, aus dem Franz. Amant, im
gemeinen Leben, derjenige welcher liebt oder geliebt wird, der
Liebhaber, + der Liebste. Fämin. die Amante, plur. die -n, diejenige,
welche liebt oder geliebt wird, die Geliebte, + Liebste.
Amarelle (W3) [Adelung]
Die "Amarelle", plur. die -n,
1. Eine Art dunkelrother, großer saurer Kirschen, welche kurze Stiele haben, von einem angenehmen Geschmacke sind, und im Österreichischen "Spanische Weichseln" heißen. Eben daselbst werden die großen, hellrothen, runden, säuerlichen Kirschen, an langen und dünnen Stielen, "Amarellen", in andern Gegenden "Amorellen", "Marillen", "Marellen" und "Ammern" genannt. In Meißen unterscheidet man beyde Arten durch die Nahmen "schwarze Ammern" und "rothe Ammern". Einige belegen auch die "Herzkirschen", und andere die so genannten "Rheinischen Kirschen" mit diesem Nahmen, welches aber wohl nur ein Mißbrauch desselben ist. Der Nahme ist zunächst aus dem Italiänischen "Amarino", "Amarella", welches aus "Cerasum Armeniacum" zusammen gezogen seyn soll, weil diese Kirschen zuerst aus "Armenien" gekommen sind. Henisch hat "Amelbeer" und setzt dazu "Cerasum Julianum". In einer Urkunde von 1300 beym du Fresne wird "Amarina" schon von einer Art säuerlicher Kirschen gebraucht, und in einem 1501 zu Rom gedruckten Deutschen und Italiänischen Vocabulario heißt es: "Cerase", "Kyrsen", la "marasche", die "Wichlen" ("Weichseln") le "verte", die "Ambreln".
2. Eine Art kleiner gelber "Aprikosen", welche nicht so schmackhaft ist, als die übrigen Arten, und auch "Marille" genannt wird; obgleich andere alle Aprikosen überhaupt "Marellen", "Marillen", "Morillen", die Schweizer aber "Barillen" nennen. Auch hier soll der Nahme so viel als "Malum Armeniacum" seyn. Henisch erkläret "Amarelle", durch frühzeitige kleine Pfirsichen, "Pruna Armeniaca", welche schon um "St. Johannis" reif werden, und daher auch "St. Johannis-Pfirsiche" heißen.
Amarellen-Baum (W3) [Adelung]
Der Amarellen-Baum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, der "Amarellen" trägt, es mögen nun Kirschen oder "Aprikosen" seyn.
Amazone (W3) [Adelung]
Die Amazone, plur. die -n. 1) Der Nahme gewisser streitbarer Weiber,
welche ehedem in klein Asien an dem Flusse Thermodon, ein eigenes
Reich gestiftet haben sollen, deren Geschichte
aber völlig fabelhaft ist. 2) Überhaupt eine muthige, kühne weibliche
Person. Amazoninn für Amazone ist wider den Sprachgebrauch.
Amazonen-Kleid (W3) [Adelung]
Das Amazonen-Kleid, des -es, plur. die -er, eine in den neuern Zeiten
aufgekommene Frauenzimmertracht, welche diesen Nahmen deßwegen
bekommen hat, weil sie der männlichen Tracht gleichet, und dem schönen
Geschlechte ein männliches Ansehen gibt. Den schlanken Leib umgab ein
Amazonenkleid, Zachar.
Amazonen-Stein (W3) [Adelung]
Der Amazonen-Stein, des -es, plur. die -e, eine Art grüner
Edelsteine, welche am Amazonen-Flusse gefunden wird. S. davon das
Hamburg. Magaz. B. 6, S. 224.
Amazonen-Tobak (W3) [Adelung]
Der Amazonen-Tobak, des -es, plur. inusit. eine Art Tobakes, welcher
dicke, an den Enden runde Blätter hat, die so lang als die am
Zeugen-Tobak, aber breiter sind. Vermuthlich von dem Amazonen-Flusse
in Süd-Amerika, von welchem er zu uns gebracht worden.
Ambacht (W3) [Adelung]
Ambacht, S. Amt.
Ambassadeur (W3) [Adelung]
Der Ambassadeur, (sprich Ambassadör,) des -s, plur. die -s, ein
völlig Französisches Wort, einen Gesandten vom ersten Range zu
bezeichnen, einen Großbothschafter, (ehedem Hochboth,
Hochbothschafter, Scheinboth, Ehrenboth,) zum Unterschiede von einem
Envoye, oder Gesandten. Daher die Anbassade, die Großbothschaft, die
Würde und das Geschäft eines Ambassadeurs, ingleichen dieser mit
seinem ganzen Gefolge.
Amber (W3) [Adelung]
Der Amber, S. Ambra.
Ambition (W3) [Adelung]
+ Die Ambition, plur. inus. aus dem Franz. Ambition, das thätige
Verlangen nach etwas höhern, als man gegenwärtig besitzet, besonders
das Bestreben nach Ehre, die Ehrbegierde, wofür einige ohne Noth das
Wort Ehrtrieb einführen wollen.
Amboß (W3) [Adelung]
Der Amboß, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich ein eifernes Werkzeug
aller Schmiede und Metallarbeiter, die Metalle darauf zu schlagen und
ihnen dadurch die verlangte Bildung zu geben. 2) In der anatomie,
wegen einiger Ähnlichkeit, ein Beinchen in dem Ohre, welches einem
Backzahne gleichet, und dessen ausgehöhlte Oberfläche das Haupt des
Hammers in sich fasset; Incus.
Anm. Amboß, bey dem Raban. Maurus
Anapoz, bey Stryker Anpos, und in einem 1477 gedruckten Vocabulario
Anfuße, gehöret ganz den Oberdeutschen Mundarten zu, und ist von an
und boßen, botten oder batten schlagen, wovon noch das Franz. pousser
übrig ist. Das n in der ersten Hälfte ist um des folgenden b willen
erst in den spätern Zeiten in ein m verwandelt worden. Bey den
Niedersachsen und in den verwandten Mundarten heißt dieses Werkzeug
Ambolt, Dän. Ambolt, Holl. Aembaeld, Ambilt, Engl. Anvil, Angels.
Anfilt, und dieses ist auf ähnliche Art von an und fillen, hauen,
schlagen, zusammen gesetzt. S. Kafiller. Eben so ist das Lat. Incus
von in und cudo, wofür, dem Isidor zu Folge, die ältern Lateiner intus
von intundere sagten. Die Gold- und Silberarbeiter nennen dieses
Werkzeug, nur schlechthin ein Eisen.
Amboßschmid (W3) [Adelung]
Der Amboßschmid, des -s, plur. die -schmiede, ( S. Schmid,) ein
Grobschmid, welcher sich vornehmlich auf die Verfertigung der Amboße
legt.
Amboßstock (W3) [Adelung]
Der Amboßstock, des -es, plur. die -stöcke, der hölzerne Klotz, worin
der Amboß steckt.
Ambra (W3) [Adelung]
Der Ambra, subst. indecl. plur. car. oder der Amber des -s, plur.
car. ein Nahme, welcher verschiedenen wohl riechenden, harzigen
Körpern gegeben wird. 1) Eigentlich, einem brennbaren, erdharzigen
Körper, der aus Naphta, Säure, Wasser und Erde bestehet, weißlich,
gelb, aschgrau, braun, schwarz oder bunt von Farbe ist, überaus
angenehm riecht, und aus den morgenländi-schen Gewässern zu uns
gebracht wird, wo er zuweilen in den Magen gewisser großer Fische
gefunden werden soll. 2) Dem Balsame eines gewissen Amerikanischen
Baumes, Liquidambar, L. welcher ein fettes, flüssiges Harz, fast wie
der Venedische Terpenthin, ist, mit einem vortrefflichen Geruche, und
einem scharfen Gewürzgeschmacke. Er wird auch Falbersaft, und
flüssiger weißer Storax genannt, muß aber mit dem ächten Storax nicht
verwechselt werden. 3) Dem Wallrathe, welcher auch von einigen weißer
Ambra genannt wird; S. Wallrath.
Anm. Ambra, in dem mittlern Lateine,
Ambar, Amber, Ambra, Ambrum, Pers. Amber, ist aus dem Arab. Ambar, und
kommt eigentlich dem wohl riechenden Erdharze zu, welches aus
Ostindien zu uns gebracht wird. Skinner und Eckard glauben, daß der
Bernstein ursprünglich diesen Nahmen geführet, und daß folglich dieses
Wort aus dem Deutschen anbernen, anbrennen, entstanden sey. Allein es
wird sich wohl nicht erweisen lassen, daß Ambra im Deutschen jemahls
für Bernstein gebraucht worden; und wenn solches in den mittlern
Zeiten in auswärtigen Ländern geschehen, so ist diese Verwechselung
einer Unwissenheit zuzuschreiben, welche bey der damahligen geringen
Kenntniß der Natur, und sehr eingeschränkten Gemeinschaft mit fremden
entlegenen Gegenden leicht begreiflich wird. Indessen rühret es doch
von dieser Verwechselung her, daß der Bernstein bey den Franzosen,
Italiänern, Engländern u. s. f. noch heut zu Tage gelber Ambra genannt
wird, zum Unterschiede von dem eigentlichen wahren Ambra, welcher bey
ihnen grauer Ambra heißt.
Ambra-Baum (W3) [Adelung]
Der Ambra-Baum, des -es, plur. die -Bäume. 1) Der eben genannte
Amerikanische Baum, der den flüssigen Ambra gibt, und auch wohl
Storax-Baum genannt wird; Liquidambra styraciflua, L. 2) Ein
Äthiopisches Staudengewächs, dessen Blätter, wenn sie gerieben werden,
nach Ambra riechen; Ambra-Staude, Anthospermum, L.
Ambra-Duft (W3) [Adelung]
Der Ambra-Duft, des -es, plur. die -Düfte, in der dichterischen
Schreibart, ein wohl riechender Duft, Wohlgeruch.
Ambra-Fisch (W3) [Adelung]
Der Ambra-Fisch, des -es, plur. die -e, eine Art Wallfische an den
Küsten des südlichen Amerika, in dessen Wagen zuweilen Ambra gefunden
wird; der Ambra-Fresser.
Ambra-Holz (W3) [Adelung]
Das Ambra-Holz, des -es, plur. inusit. ein ausländisches Holz,
welches sehr angenehm riecht, und vielleicht das Holz des Ambra-Baumes
ist.
Ambra-Kraut (W3) [Adelung]
Das Ambra-Kraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der von einigen
auch dem Mastixkraute, oder so genannten Marum, wegen seines
angenehmen gewürzhaften Geruches gegeben wird.
Ambra-Kugel (W3) [Adelung]
Die Ambra-Kugel, plur. die -n, in den Apotheken kleine Kügelchen, die
aus Bisam und Zucker verfertiget werden. S. Bisamkugel.
Ambra-Schwalbe (W3) [Adelung]
Die Ambra-Schwalbe, plur. die -n, eine Holländische Seeschwalbe,
welche stark nach Ambra riechet.
Ambra-Staude (W3) [Adelung]
Die Ambra-Staude, plur. die -n, S. Ambra-Baum.
Ambrosia (W3) [Adelung]
Ambrosia, plur. car. aus dem Griech. und Latein. Ambrosia. 1) In der
Götterlehre der Griechen und Römer, die Speise, welche die Götter
genossen, und welche alles an Wohlgeruch und Wohlgeschmack übertraf,
ohne Artikel; die Götterspeise. Daher ambrosisch, einen vortrefflichen
Geruch oder Geschmack habend. Von ihrem Haupte fließen ambrosische
Düfte herab. 2) Der Nahme einer Pflanze, S. das Folgende.
Ambrosien-Kraut (W3) [Adelung]
Das Ambrosien-Kraut, des -es, plur. inusit. der Nahme einer
ausländischen Pflanze, von einem angenehmen Geruche und gewürzhaftem
Geschmacke; Ambrosia, L.
Ameisenbad (W3) [Adelung]
Das Ameisenbad, des -es, plur. die -bäder, ein Bad, welches von
Ameisen, oder ganzen Ameisenhaufen zubereitet wird.
Ameisenbär (W3) [Adelung]
Der Ameisenbär, des -en, plur. die -en. ( S. Bär,) 1) Die kleinste
unter den Nordischen Bärarten, welche nach den Ameisen sehr lüstern
ist. Norweg. Myrebiörn. Andere geben der größten Art unter den
Pohlnischen Bären diesen Nahmen. 2) Der folgende Ameisenfresser,
Myrmecophaga, L. welches S.
Ameiseney (W3) [Adelung]
Das Ameiseney, des -es, plur. die -er, die länglich runden weißen
Puppen der jungen Ameisen, welche Eyern gleichen und in den Haufen der
Ameisen gefunden werden.
Ameisenfresser (W3) [Adelung]
Der Ameisenfresser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, der
verschiedenen Thieren beygelegt wird, welche sich von Ameisen nähren.
1) Einem dreyzehigen vierfüßigen Thiere, welches mit dicken grauen
Haaren, einem breiten Schwanze, und einer langen conischen Schnautze
versehen ist, aus deren Öffnung die lange cylindrische Zunge hervor
gehet, mit welcher er die Ameisen fänget; das Erdschwein,
Myrmecophaga, L. Es lebt im mittägigen Amerika, wo es Tamendoa,
Tramendoa genannt wird, und oft so groß als ein Fleischerhund wird. Im
Deutschen wird es auch Ameisenbär, Ameisenjäger genannt. Eine
gleichfalls in Amerika einheimische Art dieses Thieres ist einzehig
und weiß von Farbe, und wird daher auch Tamandua alba genannt. 2)
Einem gepanzerten vier- und fünfzehigen Thiere, welches in Ostindien
angetroffen wird, wo es Tatu, oder Tatua, sonst aber auch das
Panzerthier, das Schildferkel, Armodillo genannt wird; Manis, L. 3)
Einem Malabarischen Thiere, welches einer großen Eidechse gleichet,
aber einen spitzigen Kopf hat, wie ein Maulwurf, 1 5/8 Elle lang und
11/2 Elle breit ist. Es ist gleichfalls mit harten glänzenden Schuppen
besetzt, und wirdvon den Malabaren Alungu genannt, gehöret aber wohl
auch zu dem Manis des Linne und dem Armodillo des Klein. 4) Einem
Insecte, welches eigentlich die Larve einer Art von Stinkfliegen ist,
welche sich vor ihrer Verwandlung conische Höhlen im Sande macht, sich
in deren Spitze verbirgt, und Ameisen und andere Insecten mit vieler
Geschicklichkeit darin hascht; Formica Leo, L. sonst auch Myrmicoleon,
und Deutsch auch Ameisenlöwe.
Ameisengeist (W3) [Adelung]
Der Ameisengeist, des -es, plur. inusit. in den Apotheken, Weingeist
über große Ameisen destilliret.
Ameisenhaufen (W3) [Adelung]
Der Ameisenhaufen, des -s, plur. ut nom. sing. kleine von den Ameisen
durch Kunst aufgeführte Erdhügel, welche zur gemeinschaftlichen
Wohnung dienen; im Oberdeutschen Scharhaufen.
Ameisenjäger (W3) [Adelung]
Der Ameisenjäger, des -s, plur. ut nom. sing. S. Ameisenfresser N. 1.
Ameisenlöwe (W3) [Adelung]
Der Ameisenlöwe, des -n, plur. die -n, S. Ameisenfresser N. 4.
Amelkorn (W3) [Adelung]
Das Amelkorn, des -es, plur. inusit. in einigen Oberdeutschen
Gegenden eine dem Weitzen ähnliche Art des Dinkels oder Speltes;
vermuthlich, weil man das folgende Amelmehl daraus verfertiget.
Amelmehl (W3) [Adelung]
Das Amelmehl, des -es, plur. car. ein Oberdeutscher Nahme der Stärke
oder des Kraftmehles, von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image -, nicht weil es, wie du Fresne dafür hält, als das
leichteste Mehl, von der Mühle wegstäubet, sondern weil es ehedem ohne
Mühle gemacht, und aus dem besten Weitzen ausgedruckt wurde. In dem
mittlern Lateine heißt es auch Amidonum, wovon die Franzosen ihr
Amidon, und einige Deutsche Gegenden ihr Amidam, Ammitam angenommen
haben.
Amen (W3) [Adelung]
Amen, ein durch die Übersetzung der Bibel aus dem Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Hebr. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - in die Deutsche Kirchensprache
gekommenes Wort, mit welchem ein jedes Gebeth geschlossen zu werden
pfleget, und welches so viel als wahrlich, das werde wahr, bedeutet.
Kero übersetzt es durch sosi, es sey also, Tatian aber durch war. +
Das ist wahr, als Amen in der Kirche, ist eine Betheuerungsformel des
großen Haufens. Ich spreche Amen dazu, ich bekräftige, bewillige es.
Amerika (W3) [Adelung]
Amerika, Genit. Amerika's, denn Amerikens würde das Ohr beleidigen,
der vierte Welttheil, der, weil er den Europäern am spätesten bekannt
geworden, auch die neue Welt, und weil er ihnen gegen Abend liegt,
auch West-Indien genannt wird. Der Nahme Americus, von welchem dieser
Welttheil den Nahmen hat, Ital. und Span. Amerigo, ist nichts anders
als der Deutsche Nahme, Emmerich, Emrich. Amerika bedeutet also
eigentlich so viel als Emmerichsland. Daher der Amerikaner, Fämin. die
-inn, und das Adjectivum und Adverbium Amerikanisch.
Amethyst (W3) [Adelung]
Der Amethyst, des -en, plur. die -en, ein violetblauer Edelstein, der
auch zuweilen ganz weiß ausfällt, und diesen Nahmen von dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - hat, weil er der
Trunkenheit widerstehen soll.
Amethyst-Druse (W3) [Adelung]
Die Amethyst-Druse, plur. die -n, Amethyst in Gestalt einer Druse,
welcher in Sachsen Amethist-Geschiebe genannt wird.
Amethyst-Fluß (W3) [Adelung]
Der Amethyst-Fluß, des -sses, plur. die -Flüsse, ein Fluß, d. i.
gefärbter Krystall, der dem Amethyst an Farbe gleicht, unechter
Amethyst.
Amethyst-Hyacinthe (W3) [Adelung]
Die Amethyst-Hyacinthe, plur. die -n, eine Hyacinthenart mit
glockenförmigen Kronen, welche sechs Mahl bis an die Hälfte gespalten
und unten walzenartig sind; Hyacinthus amethystinus, L. Sie ist in
Spanien zu Hause, und hat den Nahmen von ihrer schönen blauen Farbe.
Amethyst-Kiesel (W3) [Adelung]
Der Amethyst-Kiesel, des -s, plur. ut nom. sing. Amethyst in Gestalt
abgerundeter Kiesel, dergleichen man im Sande und in den Flüssen
findet.
Amhorn (W3) [Adelung]
Amhorn, S. Ahorn,
Anm. 2.
Amiant (W3) [Adelung]
Der Amiant, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein
weißer oder grüner thonartiger Stein, der aus zarten biegsamen Fasern
bestehet, welche sich spinnen lassen, daher er auch Bergflachs,
Steinflachs, oder Erdflachs genannt wird. Wenn er schwer ist, und
harte unbiegsame Faden hat, so heißt er Asbest. Der Nahme ist aus dem
Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und dieß von -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich beflecke, weil er durch
das Feuer nicht verändert wird; folglich ist die Schreibart mit einem
h fehlerhaft.
Amidam (W3) [Adelung]
Amidam, S. Amelmehl.
Ammann (W3) [Adelung]
* Der Ammann, des -es, plur. die -e, oder -männer, ein noch im
Oberdeutschen übliches Wort für Amtmann. So wird noch in Strasburg der
Unterschuldheiß, in Lindau der Reichsvogt, in Weil und Buchhorn der
Stadtvogt, in Aalen der Stadtschuldheiß; und in Graubünden die
vorsitzende Person in einem Gerichte, Ammann genannt. Daher das
Ammannamt, die Würde und das Amt eines Ammannes. S. Amtmann.
Amme (W3) [Adelung]
Die Amme, plur. die -n, eine Mutter, welche ein fremdes Kind um einen
gewissen Lohn säuget; eine Säugamme, zum Unterschied von einer
Hebamme.
Anm. Dieses Wort ist eines der ältesten, nicht nur in der
Deutschen, sondern fast in allen Sprachen. Es ist so wie Abba, Appa,
Baba, Papa, Atta, Tata, Mama, von der Natur selbst gebildet, indem
diese Wörter nichts als das Stammeln unmündiger Kinder sind, welche
die Sylben am und ma am ersten und leichtesten hervor bringen. Amme,
Oberdeutsch Ammel, Dän. Amme, Schwed. Amma, bey den Lappländern und
Tschuwaschen Anna, Griechisch - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bedeuten
eigentlich eine Mutter, dann aber auch eine Säugamme. Die Hebräer
hatten davon das Zeitwort amma, ernähren, so wie ammen, bey den
Holländern noch eben dieses, opamme, bey den Dänen säugen, und ammen
im Magdeburgischen, ammeln in Österreich, eine Säugamme abgeben,
bedeuten.
Ammeister (W3) [Adelung]
* Der Ammeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Titel, der an
einigen Orten Oberdeutschlandes gewissen obrigkeitlichen Personen
gegeben wird, und so viel als Ammannenmeister bedeutet. So führen z.
B. in Strasburg die obersten sechs Rathspersonen, die die höchste
Gewalt bey dem Stadtregimente haben, diesen Nahmen. S. Ammann.
Ammelmehl (W3) [Adelung]
Ammelmehl, S. Amelmehl.
Ammenmährchen (W3) [Adelung]
Das Ammenmährchen, des -s, plur. ut nom. sing. Mährchen, dergleichen
die Ammen den Kindern zu erzählen pflegen, alberne Mährchen.
Ammer (W3) [Adelung]
1. Die Ammer, plur. die -n. Diminut. Ammerchen, Oberdeutsch Ämmerlein,
ein Sangvogel mit einem dicken starken Schnabel und schönen gelben
Federn auf der Brust; in Franken Ämmerling, in Oberdeutschland
Hämmerling, Emmeritz, Embritz, woraus auch der spätere Lateinische
Nahme Emberiza entstanden ist, welchen er auch bey dem Linne führet.
Wegen der goldgelben Brust wird dieser Vogel auch Goldammer, Gelbling,
in Niedersachsen Geelfink, Geelgöschen, (gelbes Gänschen,) und
Englisch Yellow-Hammer genannt. In der Mark heißt er wegen seines
grünlichen Rückens Grünzling, in Thüringen Grünschling, an andern
Orten seiner Nahrung Gerstammer, und wegen des Ortes wo er brütet,
Waldämmerling. Frisch glaubt, dieser Nahme kommt von Ham, Haus, her,
weil sich dieser Vogel im Winter gern um die Scheuern aufhält. Allein
es kann der Grund seiner Benennung so wohl in der gelben, als
grünlichen Farbe seiner Federn liegen. In Ansehung der erstern würde
dieser Nahmezu dem folgenden Worte Ammern gehören; in Ansehung der
letztern aber findet sich in dem Lateine der mittlern Zeiten Ameraldus
für Smaragd, wovon die Franzosen noch ihr Emeraude haben. In einigen
Mundarten ist dieses Wort männlichen Geschlechtes, der Ammer, des -s,
plur. die -n,
Ammer (W3) [Adelung]
2. Die Ammer, plur. die -n, eine Art Kirschen, S. Amarelle.
Ämmerling (W3) [Adelung]
Der Ämmerling, des -s, plur. die -e, S. 1. Ammer.
Ammern (W3) [Adelung]
* Die Ammern, oder Ämmern, sing. car. ein in Niedersachsen übliches
Wort, glühende Asche anzudeuten, welches in allen verwandten Mundarten
angetroffen wird, Angels. Aemyrian, Engl. Embers, Dän. Emmer, Holländ.
Ameren, Isländ. Eimyria, Schwed. Mörja. In Westphalen Aumern und
Glumern.
Ammey (W3) [Adelung]
Der Ammey, des -es, plur. inusit. eine ausländische Pflanze, welche
besonders um ihres gewürzhaften Samens willen geschätzet wird; Ammi,
L. Der Ammey-Same, der ehedem als ein Gewürz gebraucht wurde, bekam
auch wohl die Nahmen Mohrenkümmel, und Herrenkümmel, ob man gleich
auch den Samen des Sison Ammi L. und der Lagoccia L. dafür verkaufte,
daher auch beyde Pflanzen den Nahmen Ammey führen.
Amnestie (W3) [Adelung]
Die Amnestie, (dreysylbig,) plur. die -n, (viersylbig,) aus dem
Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Aufhebung
der Schuld und Strafe der wider den Staat begangenen Verbrechen
mehrerer; mit einem andern ausländischen Worte der General-Pardon.
Amor (W3) [Adelung]
Der Amor, des -s, plur. die -s, das Lat. Amor, eine erdichtete
Gottheit, welche bey den Dichtern des alten Roms für den Gott der
Liebe gehalten wurde, und in diesem Verstande auch von den neuern
Dichtern beybehalten worden; der Libesgott, Cupido. Amor ist din fakel
heis, sang schon Graf Conrad von Kirchberg unter den Schwäbischen
Dichtern. Mit dem Plural, der doch nur selten gebraucht wird, haben
sich einige neuere witzige Schriftsteller nicht wenig gemartert, indem
ihn einige Amoren, andre Amorn, noch andre Amorre, und wieder andre
Amor, wie im Singular machten. Alle diese Formen haben keine Analogie.
Gebraucht man ja den Plural, so ist der aus dem Lat. Amores verkürzte
Plural Amors noch der erträglichste.
Amorelle (W3) [Adelung]
Die Amorelle, S. Amarelle.
Ampel (W3) [Adelung]
* Die Ampel, plur. die -n, eine jetzt nur noch im Oberdeutschen
übliche Benennung einer Lampe, welche bey den Schlesischen Dichtern
häufig vorkommt. Ohne Zweifel von dem Latein. Ampulla, indem Ampellan
im Angels. gleichfalls für Ampulla üblich war.
Ampfer (W3) [Adelung]
Der Ampfer, des -s, plur. inusit. ein Pflanzengeschlecht, welches bey
dem Linne den Nahmen Rumex führet. Dieser Nahme begreift bey den
neuern Kräuterkundigen mehrere Arten unter sich; eigentlich aber kommt
er nur derjenigen Unterart zu, welche wir heute zu Tage auch
Sauerampfer nennen, obgleich dieser Zusatz ein wahrer Pleonasmus ist;
denn das alte Nordische amper, Isländ. apur, und heutige Holländ.
amper, bedeuten bereits herbe, sauer, scharf, und davon hat die
Pflanze unstreitig ihren Nahmen bekommen. Die Mengel- oder Grindwurz
wird von einigen auch wilder Ampfer genannt, vermuthlich wegen des
bittern Geschmackes ihrer Wurzel.
Amphibium (W3) [Adelung]
Das Amphibium, des -bii, plur. die -bia, oder -bien, ein völlig Lat.
und Griech. Wort, ein Thier zu bezeichnen, welches in zwey Elementen
zugleich leben kann, welches man auch, obgleich mit einem sehr
ungeschickten Nahmen, ein beydlebiges Thier zu nennen pflegt, S.
dieses Wort. Erträglicher wäre dafür zweylebig, wenn nur die letzte
Hälfte mehr Analogie hätte, und das Wort nicht auch zu dunkel und
elliptisch wäre.
Amphitheater (W3) [Adelung]
Das Amphitheater, des -s, plur. ut nom. sing. von dem Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, bey den ehemahligen Griechen
und Römern, ein von verschiedenen über einander befindlichen Reihen
Sitzen eingeschlossener runder Schauplatz, auf welchem die Fechter und
Ringer ihre Spiele hielten, und wilde Thiere kämpften. Figürlich, heut
zu Tage, theils ein stufenweise erhöhetes Gerüst, große
Feierlichkeiten darin vorzustellen, und Platz für die Zuschauer zu
haben, theils eine ländliche Gegend, wo sich eine sanfte Anhöhe in der
Ründe erhebet. Opitz gebrauchet in der ersten eigenthümlichen
Bedeutung ein Mahl Schauhaus dafür.
Amselfisch (W3) [Adelung]
Der Amselfisch, S. Meeramsel.
Ämsig (W3) [Adelung]
Ämsig, S. Emsig.
Amt (W3) [Adelung]
Das Amt, des -es, plur. die Ämter, Diminutiv. Ämtchen, Oberdeutsch
Ämtlein, ein altes Wort, welches ehedem so wohl gewisse
Dienstleistungen, als auch diejenigen Personen bedeutete, die dazu
verbunden waren. Heut zu Tage bezeichnet es,1. Überhaupt.1) Den ganzen
Umfang derjenigen Obliegenheiten, wozu jemand von einem Höhern
angewiesen ist. Seinem Amte ein Genüge thun, demselben nachkommen,
wohl vorstehen. Das ist mein Amt, mein Amt bringt es so mit sich. Das
ist meines Amtes nicht, lieget mir nicht ob. Einem in sein Amt
greifen, sich eine Verrichtung anmaßen, die einem andern oblieget. Die
Freude, welche Ältern über ihre Kinder empfinden, belohnet sie für das
mühsame Amt der Auferziehung, Gell. Von Amts wegen, aus einer in dem
Amte gegründeten Pflicht. Ingleichen auch wohl einzelne
Verpflichtungen und Befugnisse zu gewissen Verrichtungen in dem
gesellschaftlichen Leben. In dieser Bedeutung sagt man auch in
einzelnen Fällen, ein Amt auf oder über sich nehmen, des andern Amt
verrichten. Einem ein Amt, (eine einzelne Verrichtung) auftragen. In
der Theologie hat man das Mittleramt Christi, wozu dessen
prophetisches, hohepriesterliches und königliches Amt gerechnet
wird.2) Die damit verbundene Würde und Vortheile. Ein geistliches,
weltliches, obrigkeitliches, öffentliches Amt. Ein ansehnliches,
mittelmäßiges, einträgliches Amt. Ein Ehrenamt. Ein Hofamt, Erzamt,
Erbamt. Das Predigtamt. Nach einem Amte streben, ein Amt suchen, sich
um ein Amt bewerben, um ein Amt anhalten. Ein Amt bekommen, erhalten.
In ein Amt kommen. In einem Amte sitzen. Ein Amt verwalten, bekleiden.
Ein Amt antreten. Er stehet schon zehen Jahre in einem öffentlichen
Amte. Ein Amt niederlegen. Einen seines Amtes entsetzen. Das Amt ist
erlediget. EinAmt eingehen lassen. Sprichw. Es ist kein Amt so klein,
das nicht den Galgen verdienet. Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er
auch Verstand. Das Amt macht wohl satt, aber nicht allemahl klug.2.
Ins besondere und in eingeschränkter Bedeutung, einzelne Arten von
Ämtern in der zweiten Bedeutung.1) In der protestantischen Kirche das
Predigtamt, welches im gemeinen Leben auch nur schlechthin das Amt
genannt wird. In das Amt kommen. In welcher Bedeutung schon
Apostelgesch. 6, 4. der Ausdruck, das Amt des Wortes, vorkommt.
Ingleichen verschiedene gottesdienstliche Amtsverrichtungen. So wird
in der Römischen Kirche die feierliche Messe, welche vor dem hohen
Altare gehalten wird, das hohe Amt, oder das Hochamt genannt. So auch,
das Amt halten, oder singen, Messe lesen. Das Meßamt. Das Choramt, die
Haltung der kanonischen Stunden. Das Seelenamt, die gottesdienstlichen
Übungen für die Seele eines Verstorbenen. Auch bey den Protestanten
heißt das Amt halten, an einigen Orten so viel, als das Abendmahl
austheilen. Das Amt der Schlüssel, die Gewalt die Sünde zu vergeben
oder zu behalten.2) Die Handhabung der Rechtspflege, und die
Verwaltung der landesherrlichen Einkünfte eines Ortes oder einer
Gegend, und eine solche Gegend selbst. In diesem Verstande wird das
Wort Amt, wenn es schlechthin gesetzt wird, am häufigsten genommen,
und da gibt es in verschiedenen Gegenden Deutschlandes Ämter,
Kammerämter, Kreisämter, Oberämter, Chatoullen-Ämter u. s. f. Die
meisten dieser Deutschen Ämter mit ihren Zubehören sind noch
Überbleibsel der alten Curten, Bürge, oder kaiserlichen Schlösser,
welche aus bekannten Ursachen nach und nach in die Hände des Adels
oder der Landesherren gekommen sind. Dieß ist die einzige und wahre
Ursache, warum die meisten landesfürstlichen Amthäuser in Deutschland
alle diejenigen Hoheitsrechte besitzen, welche ehedem auf einer alten
Deutschen Burg hafteten, und ein wesentliches Kennzeichen derselben
sind. Noch in der Hildesheimischen Stiftsfehde von 1630 wurden die
Hildesheimischen Ämter Schlösser genannt. S. auch Amtmann und Amtsaß.
In andern, besonders Oberdeutschen Gegenden, sind Statt des Nahmens
Amt die Benennungen Pflege, Pflegamt, Kellerey, Vogtey, Ort, u. s. f.
üblich. Oft wird im gemeinen Leben auch die Wohnung des Vorgesetzten
eines solchen Amtes, das Amt genannt, für Amthaus.3) Ein Collegium
gewisser, zu einer Verrichtung bestimmter Personen, und das Gebäude,
wo selbige ihre Sitzungen halten. In diesem Verstande sagt man so wohl
das Amt, für diejenigen Personen, die die Gerichtspflege in einem Amte
in der zwejten Bedeutung verwalten, als auch das Postamt, das Bauamt,
das Marschallamt, das Steueramt, das Kirchenamt, in Schlesien, das
Consistorium, u. s. f.4) Innungen alter und zahlreicher Handwerker,
welche einige besondere Vorrechte genießen, zum Unterschiede von den
schwächern und geringern Zünften, welche nur Werke oder Gilden genannt
werden. In dieser Bedeutung ist das Wort am meisten in Niedersachsen,
und besonders in den alten Hanseestädten üblich, wo einige Zünfte, z.
B. der Schlösser, Schuster, Schneider, Drechsler u. s. f. das Recht
haben, sich Ämter zu nennen. Indessen muß dieser Gebrauch auch in
Oberdeutschland nicht ganz fremd seyn, denn Henisch hat Ambacht
gleichfalls für Zunft, und Ambachtsmann für Handwerksmann. Das
Holländ. Ambacht, und Schwed. Aembete, werden in gleichem Verstande
gebraucht. Zuweilen führet auch wohl die Werkstätte eines
Handwerksmannes den Nahmen eines Amtes. So kommt an einigen Orten
Niedersachsens der Ausdruck Barbieramt für Barbierstube vor. Das
Amt berufen, das Handwerk zusammen kommen lassen. In das Amt freyen,
durch Heirath eine Stelle in einer geschlossenen Innung erhalten.
Anm.
1. Die älteste Schreibart dieses Wortes, nicht nur bey den Alemannen,
sondern auch bey den Angelsachsen ist Ambacht, und schon zu Cäsars
Zeiten bedeutete Ambactus einen Clienten, Vasallen. Gemeiniglich hält
man dieses Wort für Gallisch, welches sich doch aus Cäsars Stelle
nicht erweisen läßt. Zwar versichert Festus, daß Ennius das Wort
Ambactus gebraucht, welches in der Gallischen Sprache einen Knecht
bedeute; allein Salmasius hat schon gezeigt, daß die Stelle im Festus
verderbt ist, und weiter nichts sagt, als das Servus ambactus so viel
als circumactus bedeute. Das Wort mag nun echt Römisch oder Gallisch
seyn, so kommt es doch mit dem noch jetzt so wohl in den Niederlanden,
als in Oberdeutschland üblichen Ambacht sehr genau überein, und erst
in den spätern Zeiten zogen die Franken, Niedersachsen und Nördlichen
Mundarten dieses Wort in Ambete, Embede, Ampt, und Amt zusammen. Ampt
ist hierunter die unrichtigste Schreibart, weil, wenn ja ein
Lippenbuchstabe beybehalten werden soll, es Ambt, heißen müßte. Bey
den Gothen lautete dieses Wort Andbahts. Sogar bey den Letten ist
Ammats, und bey den Finnen Anmatti eine Verbindlichkeit, ein Amt, und
im Isländ. bedeutet Ambact eine Magd; aus welchem weiten Umfange das
hohe Alter dieses Wortes hinlänglich erhellet; daher sich auch von
dessen Abstammung nichts als Muthmaßungen vorbringen lassen, bey
welchen ich mich daher nicht aufhalte. Ursprünglich bedeutete Ambacht
einen jeden Diener oder Bedienten, hernach einen Diener von höherer
Art, einen Vasallen, und dann auch den Dienst und die damit verbundene
Würde, welche letztere Bedeutung nunmehr die erste ganz verdränget
hat. Von der Gerichtspflege kommt dieses Wort schon 1083 vor, wo es in einer Urkunde bey dem Haltaus heißet: Judiciariam potestatem in
Alemere quae ambaht vocatur. Der Oberdeutsche Plural heißt Amte, und
diesen hat Luther 2. Chron. 23, 18. und Dan. 3, 12. beybehalten. Das
Zeitwort amten, ein Amt verwalten, wirklich bekleiden, der amtende
Bürgermeister, der regierende, ist bis auf das davon abgeleitete
Beamter veraltet. Indessen war ambahten bey den Alemannen und Franken,
andbahtjan bey den Gothen, und embehtan bey den Angelsachsen für
dienen üblich. Einige Neuere haben dagegen den Zwitter amtiren, ein
Kammeramt verwalten, einführen wollen.
Anm. 2. Amt gehet bloß auf die
Dienste oder vorgeschriebene Verrichtungen, Würde aber nur auf den
äußerlichen Vorzug, wenn solcher gleich zu keinen Verrichtungen
verpflichtet. So sagt man wohl die adelige Würde, die Würde eines
Hofrathes, aber nicht das adelige Amt. Die R. A. Kraft meines
tragenden Amtes, ist theils unrichtig, weil das Partic. Act. hier
keinen begreiflichen Verstand haben kann, theils pleonastisch, weil
das Pronomen mein den Begriff, welchen das tragen haben soll, bereits
hinlänglich ausdruckt.
Amtfrau (W3) [Adelung]
Die Amtfrau, plur. die -en. 1) Im gemeinen Leben zuweilen die Gattinn
eines Amtmannes, die Amtmänninn. 2) In den Nonnenklöstern, eine Nonne,
welche ein gewisses Amt in dem Kloster verwaltet.
Amtgeld (W3) [Adelung]
Das Amtgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, in dem
Staatsrechte, dasjenige Geld, welches den Erbämtern bey Ertheilung der
Lehen gegeben wird.
Amtgericht (W3) [Adelung]
Das Amtgericht, des -es, plur. die -e, ein eigenes Gericht zu Cöln,
welches über Verbal-Injurien richtet, zum Unterschiede von dem
Gewaltgerichte, den Klageherren, der Weinschelle u. s. f.
Amthaus (W3) [Adelung]
Das Amthaus, des -es, plur. die -häuser. 1) Die Wohnung eines
Amtmannes. 2) In Niedersachsen, die Zunftstube einer zu einem Amte
erhobenen Zunft.
Amtleute (W3) [Adelung]
Die Amtleute, S. Amtmann.
Amtlos (W3) [Adelung]
Amtlos, adj. et. adv. mit keinem Amte versehen. Amtlos seyn. Eine
amtlose Person. Daher die Amtlosigkeit.
Amtmann (W3) [Adelung]
Der Amtmann, des -es, plur. die Amtmänner und Amtleute. 1) Derjenige,
der einem landesherrlichen Kammeramte vorgesetzet ist; wo doch die
Obliegenheiten und Befugnisse eines Amtmannes nicht in allen Gegenden
einerley sind. An manchen Orten hat er so wohl die Justizpflege, als
die Hebung der Kammergefälle und die Polizey in den ihm anvertrauten
Bezirken; an andern Orten aber nur eines oder das andere dieser
Stücke. Daher die Amtmänninn, und in den gemeinen Mundarten die
Amtfrau, dessen Gattinn. 2) In Niedersachsen, Amtmann, oder Amtsmann,
Ammetsmann, Holl. Ambachtsman, Schwed. Aembetsman, ein
Handwerksmeister, der ein Mitglied eines Amtes ist.
Anm. Ambacht, Amt,
bedeutete ehedem einen Diener. Als dieses Wort nachmals auch von den
Diensten und der damit verbundenen Würde gebraucht wurde, hing man das
Wort Mann daran, wenn es einen Diener andeuten sollte, und so entstand
in Oberdeutschland das Wort Ambachtmann, Ammann, und unser
Hochdeutsches Amtmann. Diese Wörter wurden ehedem von einem jeden
Diener gebraucht, daher in dem Schwabenspiegel sogar die Schergen oder
Häscher Amtleute genannt werden, und in Aachen wird der erste
Gerichtsdiener des Vogt Meiers, der alle gerichtliche Ausfertigungen
in der Stadt vollzieht, und in Baiern der Gefangenwärter oder
Schließer, ja ein jeder Gerichtsdiener noch jetzt der Amtmann,
genannt. In einem edlern Verstande bekamen in den spätern Zeiten
diejenigen Personen, welchen die alten ehemahligen Bürge oder Festen
mit dem dazu gehörigen Gebiethe und allen Hoheitsrechten anvertrauet
wurden, und welche in die Stelle der ehemaligen Burggrafen und
Burgvögte eintraten, den Nahmen der Amtleute. Und da die Vorrechte
einer solchen Burg sehr ansehnlich waren, so wurden zu solchen
Vorgesetzten nur Personen von Adel genommen, welches noch in manchen
Gegenden beobachtet wird; obgleich in andern Provinzen die Amtleute,
besonders wenn sie die Gerichtspflege zugleich mit gepachtet haben,
bloße Kammerpächter sind. In den ältern einfältigern, aber doch
pünctlichen Zeiten sprachen diese Burgvögte mit ihren Burgleuten
zugleich das Recht, und besorgten auch die Hebung der
landesfürstlichen Einkünfte. Als sich aber die letztern häuften, und
nach Einführung des Römischen Rechtes die Rechtspflege verwickelter
wurde, so beschäftigten sich die Burgvögte und adeligen Amtleute bloß
mit der öffentlichen Sicherheit, und ließen die Gerichtspflege und
wirthschaftlichen Angelegenheiten durch andere ihnen untergeordnete
Personen verwalten, welche Amtsvögte, Amtsrichter, Amtsschösser,
Amtsschaffner, Amtskeiler, Amtsverwalter, Amtsverweser u. s. f.
genannt wurden; obgleich manche dieser Ausdrücke in einigen Gegenden
auch einen bürgerlichen Amtmann bedeuten, der die Stelle eines
adeligen vertritt. Von dem doppelten Plural gilt eben das, was von den
meisten Zusammensetzungen mit Mann gilt. Spricht man von mehrern
Personen dieser Art mit einiger Achtung, so lautet er Amtmänner, außer
dem Amtleute. Den letzten Plural gebraucht man auch, wenn man
überhaupt Personen dieses Standes verstehet. Die Amtleute klagen über
die vielen Durchmärsche und Lieferungen.
Amtmannschaft (W3) [Adelung]
Die Amtmannschaft, plur. die -en, an einigen Orten, 1) die Würde und
Verrichtung eines Amtmannes, 2) das ihm untergebene Gebieth, das Amt.
Amtmeister (W3) [Adelung]
Der Amtmeister, des -s, plur. ut nom. sing. in Cöln, der vornehmste
in einer Zunft, nach den Zunftherren; an andern Orten ein Obermeister.
Amtsarbeit (W3) [Adelung]
Die Amtsarbeit, und noch häufiger im plur. die -en, Arbeiten, wozu
man vermöge seines Amtes verbunden ist.
Amtsaufseher (W3) [Adelung]
Der Amtsaufseher, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden,
besonders in der Lausitz, ein Adeliger in jedem Amte, der auf das
Verhalten des Amtmannes Acht haben muß. S. Amtshauptmann.
Amtsbauer (W3) [Adelung]
Der Amtsbauer, des -n, plur. die -n, ein Bauer, der dem Amte
unterworfen, im Gegensatze der adeligen Bauern.
Amtsbescheid (W3) [Adelung]
Der Amtsbescheid, des -es, plur. die -e, ein Bescheid, welchen ein
Amtmann, als ordentlicher Richter in einer Sache ertheilet.
Amtsbezirk (W3) [Adelung]
Der Amtsbezirk, des -es, plur. die -e, die zu einem Amte gehörige
Gegend. In Niedersachsen auch der Bezirk außer der Hauptstadt und
Lade, in welchem alle Meister zu einem Amte oder Innung gehören.
Amtsbothe (W3) [Adelung]
Der Amtsbothe, des -n, plur. die -n, derjenige, der bey einem Amte
als Bothe verpflichtet ist. In Niedersachsen auch der Handwerksknecht,
und in einigen Innungen der Jungmeister.
Amtsbrief (W3) [Adelung]
Der Amtsbrief, des -es, plur. die -e, in Niedersachsen, eine Urkunde,
welche die Gesetze oder Verträge einer Zunft enthält.
Amtsbruder (W3) [Adelung]
Der Amtsbruder, des -s, plur. die -brüder, derjenige, welcher mit
einem andern in einerley Amte lebt; der College, Amtsgenoß. So pflegen
sich die evangelischen Geistlichen, und in Niedersachsen die Meister
eines und eben desselben Handwerkes, Amtsbrüder zu nennen.
Amtsbuch (W3) [Adelung]
Das Amtsbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Buch, worin entweder
die gerichtlichen oder die ökonomischen Angelegenheiten eines Amtes
verzeichnet werden.
Amtsdiener (W3) [Adelung]
Der Amtsdiener, des -s, plur. ut nom. sing. der Gerichtsdiener eines
Amtes; der Amtsfrohn, Amtsknecht.
Amtsdorf (W3) [Adelung]
Das Amtsdorf, des -es, plur. die -dörfer, ein Dorf, welches dem Amte
unmittelbar unterworfen ist, im Gegensatze der Gerichts- oder
Junkerdörfer, welche unter adelige Gerichte gehören.
Amtseifer (W3) [Adelung]
Der Amtseifer, des -s, plur. car. ein pflichtmäßiger Eifer, ein
Eifer, den die Umstände des Amtes, welches man auf sich hat,
erfordern.
Amtsfälle (W3) [Adelung]
Die Amtsfälle, oder Amtsgefälle, singul. inusit. 1) Die Einkünfte aus
einem Kammeramte. 2) Sporteln, zufällige Einnahmen, die man vermöge
seines Amtes, von welcher Art es auch ist, genießet.
Amtsfolge (W3) [Adelung]
Die Amtsfolge, plur. inusit. 1) Die Nachfolge in einem Amte. 2) Die
Pflicht der Unterthanen eines Kammeramtes, dem Amtmanne, wenn er sie
in gewissen Fällen aufbiethet, zu folgen.
Amtsfrohn (W3) [Adelung]
Der Amtsfrohn, des -es, plur. die -e, S. Amtsdiener.
Amtsfrohne (W3) [Adelung]
Die Amtsfrohne, plur. die -n, ein Frohndienst, welcher einem Amtmanne
oder dem Amte geleistet werden muß.
Amtsfuhre (W3) [Adelung]
Die Amtsfuhre, plur. die -n, Fuhren, welche die Unterthanen eines
Amtes zur Frohne zu thun verbunden sind.
Amtsgebühr (W3) [Adelung]
Die Amtsgebühr, noch häufiger aber im Plural, die Amtsgebühren. 1)
Überhaupt dasjenige Geld, welches man einem andern für die Verwaltung
seines Amtes in einzelnen Fällen entrichten muß; Sporteln,
Accidenzien. 2) Besonders, die einem Amte gehörigen Gerichtsgebühren.
Amtsgefälle (W3) [Adelung]
Die Amtsgefälle, S. Amtsfälle.
Amtsgehülfe (W3) [Adelung]
Der Amtsgehülfe, des -n, plur. die -n, derjenige, der einen andern in
seinen Amtsverrichtungen unterstützet.
Amtsgenoß (W3) [Adelung]
Der Amtsgenoß, des -ssen, plur. die -ssen, zuweilen, obwohl selten,
so viel ale ein Amtsbruder.
Amtsgerechtigkeit (W3) [Adelung]
Die Amtsgerechtigkeit, plur. die -en, in Niedersachsen bey einigen
Handwerkern, so viel als das Innungsrecht oder Zunftrecht.
Amtsgericht (W3) [Adelung]
Das Amtsgericht, des -es, plur. die -e. 1) Dasjenige Gericht, worin
der Amtmann den Vorsitz hat, in Obersachsen auch schlechthin das Amt.
2) In den Niedersächsischen Städten, ein Gericht über die
Angelegenheiten der Handwerksämter.
Amtsgeschäfte (W3) [Adelung]
Die Amtsgeschäfte, singul. inusit. Geschäfte, zu welchen man Kraft
seines Amtes verpflichtet ist. Mit Amtsgeschäften überladen seyn.
Meine Amtsgeschäfte verstatten mir nicht, sie zu besuchen.
Amtsgesicht (W3) [Adelung]
Das Amtsgesicht, des -es, plur. die -er, im Scherze, ein ernsthaftes
Gesicht, ein Gesicht, mit welchem man seine Amtsgeschäfte zu
verrichten pfleget. Mit einem steifen Amtsgesichte, Das in gemeßnen
Falten liegt, u. s. f.
Amtshaltkorn (W3) [Adelung]
* Das Amtshaltkorn, des -es, plur. car. an einigen Orten eine Abgabe,
welche die Zünfte jährlich der Stadtobrigkeit geben, und die sie
wiederum denen, welche Meister werden wollen, auflegen.
Amtshauptmann (W3) [Adelung]
Der Amtshauptmann, des -es, plur. die -männer, und wenn man ohne
besondere Achtung spricht, die -leute, der Hauptmann eines Amtes, d.
i. diejenige Person, welche auf die Befolgung der Landesgesetze, auf
die Landesökonomie und Polizey in einem Amte zu sehen, und zugleich
die Aufsicht über die Beamten und ihre Untergeordneten zu führen hat;
wozu in den meisten Ländern Personen von Adel genommen werden. Daher
die Amtshauptmannschaft, die Würde eines Amtshauptmannes, ingleichen
die seiner Aufsicht anvertrauete Gegend. In Westphalen werden die
Amtshauptleute Drosten, in andern Gegenden aber Amtsaufseher, und
Landvögte genannt.
Amtshoheit (W3) [Adelung]
Die Amtshoheit, plur. die -en, diejenigen Hoheiten oder Regalten,
welche auf den heutigen landesfürstlichen Ämtern, als ehemahligen
Schlössern, haften. Daher die Amtshoheitsgefälle, die daraus
fließenden Einkünfte.
Amtskammer (W3) [Adelung]
Die Amtskammer, plur. die -n, an einigen Höfen, dasjenige Collegium,
welches die Angelegenheiten der landesfürstlichen Kammerämter zu
besorgen hat.
Amtskanzelley (W3) [Adelung]
Die Amtskanzelley, plur. die -en, in Oberdeutschland, besonders in
Österreich, auch die Gerichte auf den adeligen Herrschaften.
Amtskastner (W3) [Adelung]
Der Amtskastner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Beamter in der
Neumark, ingleichen in den Brandenburgischen Fürstenthümern in
Franken, welcher vermuthlich so viel als an andern Orten ein
Amtsschösser, oder Amtsverwalter ist.
Amtskeller (W3) [Adelung]
* Der Amtskeller, des -s, plur. ut nom. sing. in den Churmainzischen
Ämtern, ein Beamter, der unmittelbar auf den Amtmann folgt, mit ihm
das Gericht hält, und besonders das Ökonomie- und Cameral-Wesen unter
seiner Aufsicht hat. S. auch Keller. Daher die Amtskellerey, eine
Gegend, die der Aufsicht eines Amtskellers unvertrauet ist.
Amtskleid (W3) [Adelung]
Das Amtskleid, des -es, plur. die -er, ein Kleid, welches jemand bey
besondern feierlichen Amtsverrichtungen anzulegen pflegt. Besonders in
den alten Testamente, die Kleidung, welche die Priester bey ihren
Amtsverrichtungen anlegen mußten, 2. Mos. 31, 10.
Amtsknecht (W3) [Adelung]
Der Amtsknecht, des -es, plur. die -e. 1) Der unterste
Gerichtsdiener, in einem Amte. 2) Gewisse Unterbediente bey den
Thalgerichten in Halle.
Amtskosten (W3) [Adelung]
Die Amtskosten, singul. car. Unkosten, welche durch Amtsverrichtungen
verursachet werden; in Niedersachsen, der Aufwand, der bey den
Handwerkszünften an Essen und Trinken gemacht wird.
Amtslade (W3) [Adelung]
* Die Amtslade, plur. die -n, in Niedersachsen, eine Lade oder Kiste,
in welcher die Einkünfte eines Amtes oder Gewerkes verwahret werden.
Amtslehen (W3) [Adelung]
Das Amtslehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Lehen, welches von
einem landesfürstlichen Amte und dessen Vorgesetzten verliehen wird.
Amtsmeister (W3) [Adelung]
* Der Amtsmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerksmeister,
der einem Handwerksamte einverleibet ist.
Amtsnahme (W3) [Adelung]
Der Amtsnahme, des -ns, plur. die -n, der Nahme, welchen jemand von
seinem Amte führet; besonders im theologischen Verstande.
Amtspfanne (W3) [Adelung]
Die Amtspfanne, plur. die -n, in den Salzwerken, diejenige Pfanne, in
welcher die Amtssohle gesotten wird.
Amtspflege (W3) [Adelung]
Die Amtspflege, plur. die -n, in einigen Oberdeutschen Gegenden, so
wohl die Würde eines Amtmannes, als auch die ihm anvertraute Gegend,
welche auch wohl schlechthin die Pflege genannt wird.
Amtspflicht (W3) [Adelung]
Die Amtspflicht, plur. die -en. 1) Jede Pflicht, zu welcher man durch
sein Amt verbunden ist. 2) Der Eid, welchen man bey dem Antritte eines
Amtes ableget. Die Amtspflicht ablegen. Einen in Amtspflicht nehmen.
Amtspflichtig (W3) [Adelung]
Amtspflichtig, adj. et adv. welches nur in der Kanzelleyen üblich
ist, einem Kammeramte mit Treu und Pflicht zugethan. Amtspflichtige
Unterthanen, die dem Amte unterthan sind.
Amtspredigt (W3) [Adelung]
Die Amtspredigt, plur. die -en, an einigen Orten, die Frühpredigt an
den Sonn- und Festtagen in den evangelischen Kirchen.
Amtsrath (W3) [Adelung]
Der Amtsrath, des -es, plur. die -räthe, an einigen Orten, ein
Beamter, der die Angelegenheiten der landesfürstlichen Ämter zu
besorgen hat. Zuweilen ist es auch nur ein bloßer Titel, der einem
Amtmanne gegeben wird. In der Grafschaft Ravensberg gibt es Amtsräthe,
die in bürgerlichen und peinlichen Sachen auf dem Lande und in den
Städten die erste Instanz haben, und von denen an die Regierung
appelliret wird. Zuweilen verstehet man auch unter Amtsrath ein
Collegium, welches die Angelegenheiten der Ämter auf dem Lande
besorget. So gibt es in dem Canton Zug in der Schweiz einen Stadt- und
Amtsrath, der aus 40 Rathsherren bestehet, welche die täglich
vorfallenden Geschäfte und Landessachen besorgen.
Amtsrechnung (W3) [Adelung]
Die Amtsrechnung, plur. die -en, die Rechnung über die Einnahme und
Ausgabe eines Kammeramtes.
Amtsrichter (W3) [Adelung]
Der Amtsrichter, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, eine
Person, welche die Rechtspflege in einem Amte besorgt, und welche an
andern ein Gerichtshalter genannt wird. So sind auf dem Eichsfelde den
Amtsvogteyen Amtsvögte vorgesetzet, welche Amtsrichter und
Amtsschreiber unter sich haben.
Amtsrolle (W3) [Adelung]
* Amtsrolle, plur. die -n, in Niedersachsen, Urkunden, welche die
Gesetze oder Freyheiten eines Handwerksamtes enthalten; Gildebriefe,
Innungsbriefe, Amtsbriefe, Zunftbriefe.
Amtssache (W3) [Adelung]
Die Amtssache, plur. die -n, eine Streitsache, welche vor das Amt
gehöret; ingleichen eine Sache, welche das Amt angehet.
Amtssaß (W3) [Adelung]
Der Amtssaß, des -ssen, plur. die -ssen. 1) In weiterer Bedeutung,
ein jeder, der dem Amte unterworfen ist, ein Amtsunterthan; folglich
so wohl die eigentlichen Bauern, als auch diejenigen Edelleute, welche
nur amtssäßig sind 2) In engerer und am meisten üblicher Bedeutung, in
den Sächsischen Rechten, einer, der zwar ein adeliges Lehngut
besitzet, aber doch in der ersten Instanz vor dem Amte stehen muß; ein
Amtsschrift-saß, im Gegensatze der Schriftsassen, oder
Kanzelleyschriftsassen. S. Amtsschrift.
Anm. In dem Alten aus allen
Theilen der Geschichte, wird B. 2. S. 359 f. der Ursprung der
Amtssassen und ihres Unterschiedes von den Schriftsassen aus der
Kriegsverfassung der mittlern Zeiten hergeleitet. Weil die Amtleute,
oder, wie sie damahls auch hießen, die Vögte, zugleich mit für die
Sicherheit der Landstraßen wachen mußten, so unterwarfen die
Landesherren ihnen einen Theil ihrer Lehenleute, welche damahls die
einzige Reiterey ausmachten, und welche unter Anführung der Vögte die
Sicherheit des Landes erhalten mußten, den andern Theil aber behielten
sie zu ihrem eigenen Gebrauche, wenn etwa ein auswärtiger Krieg ihre
Dienste nothwendig machen sollte. Aus jenen sind die heutigen
Amtssassen, aus diesen aber die Schriftsassen entstanden. Noch
deutlicher und zugleich richtiger wird der Ursprung der Amtssassen,
wenn man auf die alte Beschaffenheit der heutigen Ämter, als
ehemahliger Bürge und kaiserlicher Schlösser siehet; denn da sind die
heutigen Amtssassen nichts anders, als was ehedem die adeligen
Burgmänner, Milites castrenses, Castellani, Ministeriales castrenses
waren, welche für den Genuß eines Lehengutes die Burg vertheidigen und
besetzen halfen. S. Burgmann.
Amtssasserey (W3) [Adelung]
Die Amtssasserey, plur. inusit. in den Kanzelleyen, die Eigenschaft
des Besitzers eines adeligen Lehngutes, nach welcher er einem Amte in
der ersten Instanz unterworfen ist.
Amtssässig (W3) [Adelung]
Amtssässig, adj. et adv. einem Amte in der ersten Instanz
unterworfen.
Amtsschaffner (W3) [Adelung]
* Der Amtsschaffner, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden
am Rheinstrome, ein Beamter, der wohl so viel ist, als im Mainzischen
ein Amtskeller, oder an andern Orten ein Amtsschösser. Daher die
Amtsschaffnerey, so wohl die Würde eines Amtsschaffners, als die ihm
anvertraute Gegend. S. Schaffner.
Amtsschildlein (W3) [Adelung]
Das Amtsschildlein, des -s, plur. inusit. ein Stück des
hohenpriesterlichen Schmuckes im alten Testamente, welches auf der
Brust getragen wurde, und mit Edelsteinen besetzt war, 2. Mos. 28, 15.
Amtsschösser (W3) [Adelung]
Der Amtsschösser, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher die
Einkünfte eines Amtes zu berechnen hat, und entweder unter dem
Amtmanne stehet, oder in kleinen Ämtern zugleich die Stelle eines
Amtmannes vertritt. S. Schösser.
Amtsschreiber (W3) [Adelung]
Der Amtsschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. der Gerichtsschreiber
eines Amtes. An andern Orten, z. B. im Braunschweigischen, ist der
Amtsschreiber nicht ein bloßer Schreiber, sondern ein College des
Amtmannes, daher er sich im Französischen auch Second Bailli nennet.
An noch andern Orten hat der Amtsschreiber es bloß mit den
Frohndiensten eines Amtes zu thun, und alsdann ist die
Amtsschreiberey, theils seine Stelle, theils der ihm angewiesene
Bezirk, theils endlich auch der Ort seiner Expedition.
Amtsschrift (W3) [Adelung]
Die Amtsschrift, plur. die -en, ein schriftlicher Befehl des
Amtmannes; gemeiniglich nur in der R. A. auf Amtsschrift sitzen, einem
Amte in der ersten Instanz unterworfen seyn, amtssässig seyn, im
Gegensatze des Ausdruckes, auf Kanzelleyschrift sitzen, schriftsässig
seyn. S. Amtssaß, ingleichen Haltaus v. Schrift.
Amtsschriftsaß (W3) [Adelung]
Der Amtsschriftsaß, des -ssen, plur. die -ssen, so viel als Amtssaß,
welches S.
Amtsschuldheiß (W3) [Adelung]
Der Amtsschuldheiß, des -en, plur. die -en, der regierende
Schuldheiß, im Gegensatze des abgegangenen; eine Benennung, welche in
dem Canton Bern üblich ist, wo der Amtsschuldheiß das Haupt und die
erste Person in der Regierung des Cantons ist. In den Churrheinischen
Kreise gibt es gleichfalls
Amtsschuldheißen und Amtsschuldheißereyen, wo aber dieses Wort so viel
als einen Gerichtshalter, und dessen Gebieth bedeutet.
Amtsschuster (W3) [Adelung]
* Der Amtsschuster, des -s, plur. ut nom. sing. in Niedersachsen, ein
zunftmäßiger Schuster, im Gegensatze eines Freyschusters, der nicht
zunftmäßig ist.
Amtsschutz (W3) [Adelung]
Der Amtsschutz, des -es, plur. car. der Schutz, welchen jemand von
einem landesfürstlichen Kammeramte zu genießen hat.
Amtssiegel (W3) [Adelung]
Das Amtssiegel, des, -s, plur. ut nom. sing. das Siegel eines Amtes,
ingleichen in Niedersachsen, das Siegel einer zu einem Amte erhobenen
Innung.
Amtssohle (W3) [Adelung]
Die Amtssohle, plur. inusit. in dem Salzwerke zu Halle, diejenige
Sohle, welche den Bedienten des Salzwerkes als ein Lohn gegeben wird.
Amtssorge (W3) [Adelung]
Die Amtssorge, plur. die -n, Sorgen, welche mit der gehörigen
Verwaltung eines jeden Amtes verbunden sind. Mit Amtssorgen beladen
seyn. Einen der Amtssorgen überheben.
Amtsstadt (W3) [Adelung]
Die Amtsstadt, plur. die -städte, eine Stadt, welche einem Amte
unterworfen ist.
Amtssteuer (W3) [Adelung]
Die Amtssteuer, plur. die -n, eine Steuer, welche den Unterthanen in
den Amtsdörfern aufgeleget wird. Daher die Amtssteuereinnahme, der
Amtssteuereinnehmer.
Amtsstube (W3) [Adelung]
Die Amtsstube, plur. die -n, dasjenige Gemach, in welchem der Amtmann
Gericht hält: an manchen Orten die Amtsstelle.
Amtstag (W3) [Adelung]
Der Amtstag, des -es, plur. die -e, der Gerichtstag in einem Amte.
Amtstreue (W3) [Adelung]
Die Amtstreue, plur. car. die Treue in Verwaltung seines Amtes, die
Fertigkeit, die Obliegenheiten seines Amtes auf das genaueste zu
erfüllen.
Amtsverrichtung (W3) [Adelung]
Die Amtsverrichtung, plur. - die -en, Verrichtungen, zu welchen man
vermöge seines Amtes verbunden ist. Seine Amtsverrichtungen abwarten.
Einen in seinen Amtsverrichtungen hindern.
Amtsverwalter (W3) [Adelung]
Der Amtsverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der die
wirthschaftlichen Angelegenheiten eines Kammeramtes und dessen Gefälle
besorget, und oft Amtsrentverwalter genannt wird. 2) Der die Stelle
eines adeligen Amtmannes vertritt, daher demselben untergeordnet ist,
und vermuthlich zu den Zeiten aufgekommen ist, da die Amtleute noch
Adelige seyn mußten, und sich daher mehr um die öffentliche Sicherheit
ihres Amtes, als um andere Angelegenheiten bekümmerten. 3) Oft werden
auch die Amtleute kleiner Ämter nur Amtsverwalter, oder Amtsverweser
genannt.
Amtsverwalterey (W3) [Adelung]
Die Amtsverwalterey, plur. die -en, das Amt und die Würde eines
Amtsverwalters; ingleichen die ihm untergebene Gegend.
Amtsverwaltung (W3) [Adelung]
Die Amtsverwaltung, plur. die -en, die Verwaltung eines Kammeramtes;
die Würde eines Amtsverwalters; ingleichen an einigen Orten, z. B. im
Bareuthischen, so viel als ein Unteramt.
Amtsverweser (W3) [Adelung]
Der Amtsverweser, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein jeder, der ein
Amt im Nahmen eines andern verwaltet. So sind die Erbbeamten
Amtsverweser der Erzämter, und der Reichs-Vice-Kanzler ist der
Amtsverweser des Churfürsten von Mainz. 2) Ein bürgerlicher Amtmann,
der die Stelle des adeligen, so wohl in gerichtlichen als
wirthschaftlichen Angelegenheiten vertritt. S. Amtmann und
Amtsverwalter.
Amtsverweserey (W3) [Adelung]
Die Amtsverweserey, plur. die -en, die Würde eines Amtsverwesers;
ingleichen die ihm untergebene Gegend, ein Unteramt, dergleichen es in
dem Erzstifte Mainz gibt.
Amtsvogt (W3) [Adelung]
Der Amtsvogt, des -es, plur. die -vögte. 1) So wie Amtsverwalter und
Amtsverweser, der die Stelle eines adeligen Amtmannes vertritt.
Ingleichen ein Beamter eines Unteramtes, oder einer kleinen Gegend. So
gibt es auf dem Eichsfelde Amts-vogteyen, denen solche Amtsvögte
vorstehen. Auch im Zellischen finden sich Amtsvögte und Amtsvogteyen,
über welche in Haushaltungs- und Justizsachen der Großvogt die
Aufsicht hatte, welche letztere Würde aber 1772 aufgehoben wurde. S.
Amtmann und Amtsverwalter. 2) Der Gerichtshalter in einem Amte.
Dergleichen Amtsvögte gibt es in Sachsen, in denjenigen Ämtern, welche
aus ehemahligen Klostergütern entstanden sind, wo die Amtsvögte an die
Stelle der ehemahligen Klostervögte getreten sind. 3) In manchen
Gegenden ist der Amtsvogt ein bloßer Gerichtsdiener des Amtmannes, wie
Amtsdiener und Amtsfrohn. 4) An noch andern ist er Vogt, d. i.
Vormund, der Gemeinen und ihrer Unmündigen in einem Amte.
Amtvogtey (W3) [Adelung]
Die Amtvogtey, plur. die -en, die Würde eines Amtsvogtes, und der ihm
untergebene Bezirk.
Amtswapen (W3) [Adelung]
Das Amtswapen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Wapenkunst, ein
Wapen, welches jemand wegen des Amtes, das er bekleidet, erhält.
Amulet (W3) [Adelung]
Das Amulet, des -es, plur. die -e, Diminutiv. das Amuletchen, aus dem
Lat. Amuletum, ein Gegen- oder Vorbauungsmittel, welches seine Kraft
durch bloßes Anhängen an den Körper äußern soll; das Angehänge, im
gemeinen Leben Anhängsel.
An (W3) [Adelung]
An, eine Präposition, welche überhaupt die Bedeutungen der Partikeln
in und nahe in sich vereinigt, und so wohl mit der dritten, als mit
der vierten Endung gebraucht wird.I. Mit der dritten Endung, oder dem
Dative, wird sie gebraucht, einen Ort, einen Gegenstand, ein Mittel,
und eine Zeit zu bezeichnen.1. Einen Ort, und zwar:1) Das Daseyn oder
eine Bewegung in einem Orte oder in einer Sache; da sie denn für in
stehet, aber nicht willkürlich gebraucht werden kann, sondern nur in
solchen Fällen, wo der Gebrauch sie einmahl eingeführet hat. An meiner
Statt, an eurer Statt. Ich habe es an seiner Statt gethan. S. Anstatt.
Wenn sie an meiner Stelle wären. Am Leben seyn oder bleiben. Er hat es
an der Art, im gemeinen Leben, es ist seine Art so. Am Tage liegen,
augenscheinlich, unläugbar seyn. Wie spielt die schöne Blase nicht So
bunt am goldnen Sonnenlicht? Weiße. Besonders begleitet an gern das
Hauptwort Ort, wenn der Verstand das Vorwort in fordert. An einem Orte
wohnen, warten, bleiben, stehen, u. s. f. Er hat an diesem Orte seinen
Sitz. Er ist der reichste Mann an diesem Orte. Ich habe diese
Gewohnheit an vielen Orten angetroffen. An einem Orte zusammen kommen.
An allen Orten; wo an auch ausgelassen, und Statt desselben der
Genitiv gesetzet werden kann. Aller Orten trifft er dann Früchte
seiner Arbeit an, Weiße. Vor andern Adjectiven ist solches im
Hochdeutschen nicht nachzuahmen, ob es gleich im Oberdeutschland
häufig geschiehet. Z. B. Um es gehörigen Ortes anzubringen. Dessen
Inhalt diensamer Orten kund zu machen. Bey den besondern Benennungen
der Örter findet es in der Bedeutung der Präposition in nicht Statt,
indem man nicht sagen kann, an einer Stadt wohnen, an dem Dorfe
bleiben.Auch hat sich dieses Wort im gemeinen Leben bey Anführung
einer Stelle aus dem Kapitel eines biblischen Buches noch in einigem
Ansehen erhalten; wovon die Ausdrücke: Lucä am ersten, Matthäi am
letzten Kapitel zeugen. Dieser Gebrauch, welcher doch schon großen
Theils, und zwar mit Recht, veraltet ist, ist ein Überrest der
Oberdeutschen Mundart, welche an in mehrern Fällen, die im
Hochdeutschen nicht mehr üblich sind, für in gebraucht. In dem 1472 zu
Augsburg gedruckten Buche Belial heißt
es beständig: an dem Buch das heißt decret; an dem Kapitel das sich
anhebt, imperator u. s. f.Hierher gehöret auch der Gebrauch, da an dem
Reciproco sich zugesellet wird, eine Sache ohne Beziehung auf andere
zu bestimmen. Der an sich todte Reichthum. Sage mir, wie die Sache an
sich selbst ist. Da denn um des Nachdruckes willen auch wohl die
Präposition für dazu gesetzet wird. An und für sich selbst.2) Die
unmittelbare Verbindung einer Sache mit der Seitenfläche einer andern
im Stande der Ruhe anzudeuten. An der Wand hängen. Am Fenster sitzen.
An der Thür horchen. Hart an der Mauer wohnen. Die Ochsen stehen am
Berge. Die Sterne am Himmel betrachten. An dem Wege sitzen. Frankfurt
an der Oder, Cöln an der Spree. An der Krücke gehen, an der Krücke
gestützt seyn, und so gehen. Einen an der Hand führen, ihn an der Hand
halten und führen. An meiner Seite sank der tugendhafte Jüngling für
sein Vaterland, indem er an meiner Seite stand. An dem Berge herum
gehen, sich an dem Berge befinden und herum gehen.In weiterer und
zuweilen figürlicher Bedeutung, an welcher das dabey befindliche
Verbum oft den größten Theil hat, dienet es, verschiedene Arten der so
wohl wesentlichen als zufälligen Verbindung zweyer Sachen anzudeuten.
Es ist nichts als Haut und Knochen an ihm. Ich muß wissen, was an ihm
ist, was für einen Werth er hat. Es ist nichts an der Sache, die
Nachricht von derselben ist ungegründet. An Ketten liegen. Ziehet
nicht am fremden Joche. Er ist Prediger an der Frauenkirche, Rector an
der Thomasschule. Diener am Worte Gottes. An dem Hofe leben, sich am
Hofe aufhalten. An Höfen fällt es schwer das Alter zu erreichen,
Haged. Die Sache ist am Kammergerichte anhängig, wird am
Reichshofrathe, am Oberhofgerichte anhängig gemacht. Er hat viele
Fehler, Unarten, Tugenden, Laster an sich. Eine böse Krankheit an sich
haben. Diese Unart leide ich nicht an dir. An einem unschuldigen
Herzen werden die kleinen Fehler unmerklich, Gell. Und Göttern etwas
abzuschlagen, Sey auch an kleiner Dame schön, Wiel. Krank am Leibe, an
der Seele. Die Ursache, die Schuld liegt an ihm, er ist Schuld,
Ursache daran. Es ist mir viel daran gelegen. Die Sache liegt mir sehr
am Herzen.2. Einen Gegenstand, und zwar:1) Den Gegenstand eines so
wohl thätigen als leidenden Zustandes des Leibes und des Geistes zu
bezeichnen. Du arbeitest lange an dieser Sache. + Am Hungertuche
nagen, figürlich, für Hunger leiden. Sich am ersten Gerichte satt
essen. Sich an Äpfeln krank essen. Ich schreibe an der letzten Seite.
Etwas an der Schuld bezahlen. Händel an einem suchen. An einem zum
Mörder, zum Verräther werden. Sie versündigen sich an mir. Sich an
einem rächen. Wunder an einem thun. Theil, Antheil an etwas haben.
Sich an einem spiegeln. Er hat mir vielen Schaden an meiner Gesundheit
gethan. So auch: Sich an etwas ärgern, vergnügen, erquicken,
belustigen. Gefallen, Lust, Freude, Mißfallen, Abscheu an etwas haben.
Etwas an einem tadeln, loben. Ich vermisse noch viel daran. Ich habe viel daran auszusetzen. Ingleichen. An der Schwindsucht sterben. Am
Fieber darnieder liegen. An einem Kirschkerne ersticken.2) Den
Gegenstand der Ordnung. Es ist an mir, an dir, an ihnen. Heute an mir,
morgen an dir.3) Den Gegenstand des Besitzes, Mangels und Verlustes.
Ich habe einen wahren Freund an ihm. Der Mensch hat anseinem Gesichte
den wachsamsten Hüter wider die Gefahren des Lebens, Gell. Du
glaubtest an mir einen Nebenbuhler zu finden. Sie wissen noch nicht,
was sie an mir verlieren. Haben sie nicht an mir genug? Hundert Thaler
an Äckern, an barem Gelde. Er hat so viel an Arzeneyen erhalten. An
meinem Gehorsam soll es gewiß nicht fehlen. Es fehlet an Wein.
Besonders mit den dahin gehörigen Adjectiven. Reich an Hausrath, an
liegenden Gründen. Arm an Freuden. Leer an wahrer Liebe. Arm an Geist,
wenig Geist oder Witz habend, dagegen arm am Geiste nur den Sitz der
Armuth ausdrückt.4) Den Gegenstand des Vorzuges, der Stärke, Schwäche
u. s. f. Einen an Tugend, an Klugheit, an Reichthum übertreffen. An
Jahren zunehmen. An Kräften abnehmen. Er ist noch ein Kind am
Verstande. Groß an Gestalt, am Geiste klein, Weiße. 3. Das Mittel,
doch nur das Mittel einer Erkenntniß. Ich erkannte seine Stimme an
einem großen Gelächter. Man kennet das Silber an dem Klange. Daran
will ich sehen, ob du mich lieb hast.4. Eine gegenwärtige und
vergangene Zeit. Am Anfange. Am Ende. Am Morgen. Am Abend. Es ist noch
hoch an der Zeit. Es ist an dem, es ist nahe bevor stehend. Es ist an
dem, daß ich fort muß. In einer andern Bedeutung ist an dem so viel
als wahr. Es ist an dem, daß er es gethan hat, es ist wahr. Doch muß
man auch hier dem Herkommen sein Recht lassen, indem an in dieser
Bedeutung nicht nach Gutdünken gebraucht werden kann. Es ist z. B.
wider den Sprachgebrauch, wenn es bey Rosten heißt: Er ward der Macht
der schönsten Schäferinnen An mancher unruhvollen Nacht Zu seiner
schönsten Marter innen. Am liebsten stehet an in dieser Bedeutung
sowohl bey dem Hauptworte Tag, als auch bey den Nahmen der Wochen- und
Feiertage. Am dritten Tage. An jenem Tage. Am Tage des Gerichts. Es
geschahe am hellen Tage. Haltet jeden Tag für verloren, an dem ihr
nicht eine Wohlthat erweiset. Am Sonntage sagte er mirs. An vorigen
Ostern, an Pfingsten, habe ich ihn gesprochen. An wegzulassen, und
dafür den Genitiv zu setzen, z. B. welches Tages du davon issest, ist
im Hochdeutschen ungewöhnlich.5. Endlich wird diese Präposition auch
zu den Superlativen gesetzet, und macht alsdann Adverbia aus ihnen: am
besten, am liebsten. S. Am.II. Mit der vierten Endung, oder dem
Accusative, wird sie gebraucht, so wohl das Ziel einer Bewegung oder
Richtung des Gemüthes, als auch eine Zeit zu bezeichnen.1. Das Ziel
einer so wohl körperlichen als geistigen Handlung.1) Den Gegenstand,
auf welchen eine körperliche Bewegung gerichtet ist, sie mag nun in
eigentlichem oder figürlichem Verstande zu nehmen seyn. An einen Pfahl
binden. An den Baum, an die Wand hängen. Einem etwas an den Kopf
werfen. An die Tafel schreiben. An eine Blume riechen. Das Feuer
brannte mich an die Finger. Sich an etwas halten. Halte dich an mich,
an mein Wort, verlasse dich auf mich, auf mein Wort. An seine Arbeit
gehen. Sich an einen Ort begeben. Hand an einen legen, im figürlichen
Verstande. Einen an den Galgen führen. Einem das Messer an die Kehle
setzen. An den Hof gehen. Das Gift dringet schon an das Herz. Einen
Bothen an einen schicken. Es ist ein Bothe an mich da. Salz an die
Speisen thun. Sich an einen Stein stoßen. Sein Haus stößet an das
meinige. An das Ufer fahren. An Bort
gehen. Einem an die Hand gehen. An den Bettelstab kommen, gerathen,
bringen. Etwas an seine Stelle setzen. Setze dich an meine Stelle.
Etwas an einen verkaufen, verhandeln. Er hat seine Tochter an einen
Edelmann verheirathet. Hand an das Werk legen. Eine Schrift an das
Licht treten lassen. Etwas an den Mann bringen. Die Reihe kommt an
dich. Ich wandte mich an ihn. Ich habe viel an ihn gewendet. Er hats
an mich gebracht, mich dazu gereitzet. Etwas an sich bringen, an sich
ziehen. Mit etwas an sich halten, es zu verschweigen, zu verbergen
suchen. An einen Freund schreiben. Es ist ein Brief an mich da. Etwas
an einen berichten. Nur muß man sich hüten, an nicht in solchen Fällen
zu gebrauchen, wo der Sprachgebrauch dieses Vorwort nicht eingeführet
hat. Etwas an einen geben, (außer wenn es für abgeben stehet, ich habe
es an ihn gegeben, d. i. abgegeben,) an einen melden, für einem etwas
geben, oder melden, ist ungewöhnlich.Wenn dieser Gegenstand zugleich
die Grenze der Bewegung oder der Handlung ist, so wird der Präposition
noch das Wörtchen bis zugesellet. Das Wasser ging ihm bis an die
Schultern. Er dringet mit seinem Frevel bis an den Thron des Fürsten.
Bis an das Ende der Welt gehen. Sey getreu bis an den Tod.Hierher
gehöret auch der figürliche Gebrauch mit dem Verbo gehen. Es gehet an
ein Lästern, an ein Schreyen, an ein Fluchen, an ein Toben, man fängt
an zu lästern u. s. f. In welcher Bedeutung es schon bey den
Schwäbischen Dichtern heißt: Swenne es an ein scheiden gat.2)
Besonders für hinan, oder hinaufwärts, in welchem Falle an hinter dem
Hauptworte zu stehen kommt, und dieses seinen Artikel wegwirft. Berg
an. Himmel an. Bald stieg sie Himmel an, Dusch. Wenn Wogen Himmel an
vom Sturm geschleudert fliegen, ebend. Felsen an, Klopst. Die Hoffnung
arbeitet gegen alle unsere Schrecken an, Dusch. Aber auch hier muß man
den Sprachgebrauch nicht aus den Augen setzen. Denn wenn Opitz sagt:
Der Weinstock breitet sich Baum an; Ingleichen: Die Wahrheit reichet
Wolken an, so ist solches im Hochdeutschen nicht nachzuahmen.3) Der
Gegenstand einer Richtung des Gemüthes, oder einer andern
unkörperlichen Handlung. An etwas denken. An einen glauben. Sich an
etwas erinnern. Anspruch an etwas machen. Sich an etwas gewöhnen. An
wen halten sie diese Traurede? Gell. Ich kehre mich nicht an deinen
Zorn. Eine Frage, Bitte an einen thun. Aber nicht, wie in Oberdeutschland gewöhnlich ist, etwas an einen begehren.
4) Für bey nahe, ungefähr, im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart. Es
sind schon an die hundert Jahre. Es hat mir an die zehn Thaler
gekostet.2. Eine Zeit, doch nur, wenn das Ziel einer Handlung der Zeit
nach ausgedrucket werden soll, und in Verbindung mit dem Wörtchen bis.
Von dem Morgen bis an den Abend. Bis an den Tag seines Todes. Bis an
den hellen Morgen schlafen. Bis an das Ende der Welt.
Anm. 1. Es gibt
Fälle, wo an mit einerley Verbo, und in einerley Bedeutung, obgleich
in verschiedenen Rücksichten, mit beyden Endungen richtig gebraucht
wird. Z. B. Daß sie sich lagern ans Meer, 2. Mos. 14, 2, und: daß er
sich lagern sollte an der Grenze, 1. Maccab. 15, 39. Pflanze dein Volk
an deinen heiligen Ort, 2. Marc. 1, 29, und: ein Baum am Wasser
gepflanzet, Jer. 17, 8. Gepflanzet an den Wasserbächen, Ps. 1, 3.
Jesus satzte sich an das Meer, Matth. 13, 1. und: Elias satzte sich am
Bache, 1. Kön. 17. 5. Fehlerhaft hingegensind: Gebunden an der Thür,
Marc. 11, 4. Der Glaube an Christo Jesu, Gal. 3, 26. Er hält sich
nicht an dem Haupte, Coloss. 2, 19.In andern Fällen hingegen macht die
Veränderung der Endung auch eine merkliche Veränderung der Bedeutung.
An die Thur pochen, wo die Thür der Gegenstand ist, auf welchen die
Bewegung des Pochens gerichtet ist, und an der Thür pochen, an der
Thür stehen und pochen. So auch, an der Tafel schreiben, und an die
Tafel schreiben; an die Angel beißen, und an der Angel beißen; an dem
Berge herum gehen, an den Berg gehen, und Berg an gehen.
Anm. 2.
Zuweilen wird an, auch außer der Zusammensetzung zu einem bloßen
Umstandsworte; und zwar, (1) wenn es mit von verbunden wird, einen
Terminum a quo anzudeuten. Von Kindes Beinen an. Von nun an. Von Stund
an. Von der Zeit an. Von heute an. Von hier an. Von diesem Baume an.
(2) Wenn es mit den Umstandswörtern oben, unten, und neben verbunden
wird. Oben an sitzen. Unten an stehen. Neben an wohnen. Bey an, für
neben an ist Niedersächsisch. Hierher gehöret auch, (3) die
Oberdeutsche Redensart um und an, für durchaus, gänzlich, welche im
Hochdeutschen veraltet ist, aber noch oft bey den Schlesischen
Dichtern vorkommt. Herr dein Gericht ist warlich um und an,
Gerechtigkeit, Opitz. Er wird die Völker um und an Wie recht und
billig ist entscheiden, ebend. Ach so ist es um und an Um die ganze
Welt gethan! Gryph.
Anm. 3. In der adverbischen Redensart an einander,
muß bald der Dativ bald der Accusativ verstanden werden, nachdem das
dabey befindliche Verbum, oder der Zusammenhang es erfordert. Sie
liefen alle an einander, einer an den andern. Die Äcker liegen an
einander, einer an dem andern. Drey Tage an einander, einer an dem
andern. Von den Fällen, in welchen dieses Vorwort mit dem Artikel
zusammen gezogen wird, S. Am und Ans.
Anm. 4. In der Aussprache dieser
Präposition kommen die Deutschen Mundarten nicht überein. Die meisten
Oberdeutschen, besonders die Schlesier, sprechen sie gedehnt aus, als
wenn sie ahn geschrieben wäre. Die Niedersächsischen Mundarten geben
ihr hingegen einen geschärften Ton, und haben darin auch die
Hochdeutschen auf ihrer Seite, nur daß diese das an in der
Zusammensetzung, und wenn es ein bloßes Umstandswort ist, gerne
dehnen, annehmen, wie ahnnehmen; ingleichen wenn es hinter dem
Substantivo oder einem Umstandsworte stehet, Berg an, oben an, von
hier an.
Anm. 5. In vielen seiner Bedeutungen ist an aus in entstanden,
ja es ist weiter nichts als diese Präposition selbst, an welcher die
Oberdeutsche Mundart das i in das breitere a verwandelt hat. Daher
kommt es auch, daß es in Oberdeutschland zu allen Zeiten einen weitern
Umfang gehabt hat, als es jetzt im Hochdeutschen hat. Iz was imo ana
henti, es war in seinen Händen, Ottfr. Gotes Geist imo ana uuas,
Gottes Geist war in ihm, ebend. An Gote, in Gott, Notk. An dinem Arme,
in deinem Arme, Schwäb. Dicht. Neydelhard lag an seiner Kuh, Theuerd.
Kap. 57. Am pet liegen, ebend. Ein jeder zog an sein Gemach, ebend.
Kap. 17. In manchen Fällen vertritt es in Oberdeutschland auch die
Stelle der Präposition auf. Z. B. An das jaid reiten, auf die Jagd,
Theuerd. Kap. 68. Ingleichen der Präposition zu: An dir stet aller min
gedank, Dithmar von Ast. Wie auch der Präposition von: Sie begehrten
an ihm ein
Zeichen vom Himmel, Marc. 8, 11. welche Arten des Gebrauches im
Hochdeutschen insgesammt gleich ungebräuchlich sind.
Anm. 6. Diese
Präposition ist schon in den ältesten Zeiten mit einigen Partikeln
zusammen gesetzet worden; denn daß die letzte Sylbe in oben, unten,
hinten, neben, vorn oder vornen, unser an ist, erhellet aus den alten
Schreibarten obana, untana, hintana, vorana. Weil es aber hier durch
die Aussprache oft sehr unkenntlich wird, so setzet man es in manchen
Fällen noch einmahl daran; S.
Anm. 2. In der Oberdeutschen Mundart
wird auch diese Partikel, so wie andere mehr, sehr gemißbraucht, so
genannte Nachdrücke zu bilden, die oft weiter nichts als müßige
Verlängerungen sind; wohin das fornen an, für vorn bey dem Opitz Ps.
139, das füran, hinfüran, im Theuerdank, für künftig, und das anher,
ansonst, anwo, andurch, anheut, annebst, annebenst, anbenebenst,
anwiederum, anforderist, anmit, anzu u. a. m. der heutigen
Oberdeutschen gehören. S. En 3. Enhinter für anhinter hat auch Luther
2. Mos. 3, 1. aufgenommen, und anjetzt, annoch, und anbey sind auch
unter den Hochdeutschen üblich geblieben.
Anm. 7. In der
Zusammensetzung mit Nenn- und Zeitwörtern kommt an in den meisten der
oben angeführten Bedeutungen vor. Am häufigsten aber bezeichnet es:
(1) eine Verbindung mit der Seitenfläche eines andern Körpers, so wohl
in eigentlicher als figürlicher Bedeutung; wie in anbiegen, anbinden,
anfesseln, anflechten, anflicken, anfrieren, anliegen u. s. f. in
welchem Falle denn an mit der vierten Endung des Substantives
wiederhohlet wird, wenn das Verbum nicht absolute stehet. (2) Eine
Berührung der Seitenfläche eines andern Körpers, wie in anfahren,
andrängen, anfallen, anfliegen, anfließen, angrenzen, anklopfen. Auch
hier wird an wiederhohlet und ihm meisten Theils die vierte Endung des
Nennwortes zugesellet. (3) Eine Bewegung und Richtung nach einem Orte
oder Gegenstande; wie in anbellen, anbetteln, anfallen, anfeinden,
angehen, anblasen, anhauchen, anblicken, anbrüllen, angaffen,
anlachen, u. s. f. welche Verba insgesammt mit der vierten Endung des
Gegenstandes verbunden werden. Ingleichen in anbefehlen, anbiethen,
anbringen, anfluchen, anwünschen, angeloben, anpreisen u. s. f. welche
Verba, wenn sie thätig sind, die dritte Endung der Person und die
vierte Endung der Sache erfordern. Zuweilen bedeutet an so viel wie
heran, wie in anaßen, andringen, Steine oder Sand anfahren, anflößen,
ankörnen, anlocken, u. s. f. wo bloß die vierte Endung der Sache Statt
findet. In andern Fällen sticht besonders der Begriff der Fülle oder
des Wachsthumes hervor, wie in anhäufen, anfüllen, das Wasser läuft
an, wächset, einen Teich anlassen, sich anfressen, u. s. f. Hierher
gehören auch die im gemeinen Leben üblichen Redensarten mit dem Verbo
kommen: angekrochen, angestiegen, angeschlichen, angeflogen kommen.
(4) Den Anfang einer Handlung, dergleichen sind: anbeißen, "anbohren",
anbrechen, anbrennen, anfahren, in der Sprache der Bergleute,
anfaulen, anfressen, anhauchen, anschälen u. s. f. Wobey, (5) oft der
Begriff der Wenigkeit oder eines geringen Grades der Handlung, oder
derjenigen Beschaffenheit, die das damit verbundene Wort ausdruckt,
der herrschende wird; wie in anfrischen, anfeuchten, anschrecken,
annetzen, anmischen u. s. f. und in den Nennwörtern Anberg, Anhöhe,
Anerle, Anklipp, anrüchtig, u. s. f. welche figürliche Bedeutung, die
auch in der Niedersächsischen Mundart sehr häufig ist, theils aus dem
Begriffe des Anfanges, theils der Näherung herzuleiten ist. S. auch
Ähnlich. (6) Für in wie in anwesend, Anwesenheit; wo es in manchen
Fällen bloß nach dem Lateinischen gebildet worden, wie anstellen nach
instituere, anstiften nach instigare u. s. f. (7) In Ansatz, Anleit,
ansetzen,anleiten, wenigstens in der gerichtlichen Bedeutung dieser
Wörter, ist es aus ein entstanden; so wie (8) in Anwerden aus ohne,
und (9) in Anlehnen aus ent. (10) Einige setzen noch eine verstärkende
Bedeutung des an hinzu, wo an bloß um des Nachdruckes willen stehen
soll; allein die meisten der zum Beyspiele angeführten Zeitwörter
gehören doch eigentlich zu einem der vorigen Fälle, obgleich durch den
figürlichen Gebrauch die wahre Bedeutung des an verdunkelt wird.
Andere aber, wie das Oberdeutsche anerfordern, anermessen, anerlauben,
anbedeuten, angewähren, anhoffen, angegründete Hoffnung, anerwägen,
angönnen, andauern, und hundert andere, sind bloße langweilige
Verlängerungen, deren man sich im Hochdeutschen zu enthalten hat,
obgleich selbige auch schon in dem Lateine der mittlern Zeiten
angetroffen werden, wo man advivere, apperpetuus, adhabere, adhumatio,
adgnasci, adstatim, adsimulare, adreddere, für vivere, perpetuus,
habere, humatio, nasci, statim u. s. f. findet.
Anm. 8. Im Gothischen
und Alemannischen lautete diese Präposition ana, und daher kommt es
auch, daß die heutigen Oberdeutschen sie noch gedehnt aussprechen. Bey
beyden war sie in den meisten Fällen mit in einerley. Bey den
Angelsachsen hingegen lautete sie schon im 9ten Jahrhunderte on,
welches die Engländer unverändert beybehalten haben. Das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Latein. an in
Zusammensetzungen, und das Franz. en, welches zum Zeichen seiner
Abstammung noch ang ausgesprochen wird, haben mit an die genaueste
Verwandtschaft. In den Slavonischen Mundarten lautet dieses Vorwort
na, welches denn dessen Übereinstimmung mit nahe, wenigstens in
einigen Bedeutungen, bestätiget.
Anaaßen (W3) [Adelung]
Anaaßen, S. Anaßen.
Anabaptist (W3) [Adelung]
Der Anabaptist, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat.
Anabaptista, ein Wiedertäufer, und mit einem mildern, obgleich sehr
elliptischen Ausdrucke, ein Taufgesinnter.
Anachoret (W3) [Adelung]
Der Anachoret, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. ein
Einsiedler, Eremit.
Analogie (W3) [Adelung]
Die Analogie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Analogia, die Ähnlichkeit. Analogia fidei, in der
Theologie, die Glaubensähnlichkeit, freylich dunkel genug. Besonders
in der Sprachlehre, das übereinstimmige Verfahren in ähnlichen Fällen,
die Sprachähnlichkeit. Ein Wort hat keine Analogie, wenn kein anderes
ähnliches auf ähnliche Art gebildet ist. Daher analogisch, ähnlich,
übereinstimmig.
Ananas (W3) [Adelung]
Die Ananas, plur. ut sing. der fremde Nahme einer Süd-Amerikanischen
Pflanze, welche vornehmlich ihrer vortrefflichen Frucht wegen berühmt
ist; Bromelia, L. Die Frucht hat die Gestalt einer Artischocke, nur
daß sie weit größer ist. Sie wird im Deutschen auch Königsapfel, und
im Engl. wegen ihrer Gestalt Pineapple genannt, welches letztere
ungeschickte Übersetzer durch Fichtenapfel, oder wohl gar durch
Tannzapfen geben. Man gebraucht das Wort, wie andere ähnliche, am
richtigsten indeclinabel, folglich auch im Plural, die Ananas. Daher
Blumauers Plural, Und mancher Mensch frißt Ananassen, Der kaum der
Disteln würdig ist, doppelt fehlerhaft ist, indem, wenn es ja
decliniret werden sollte, im Plural die Ananasse heißen müßte.
Ananas-Birn (W3) [Adelung]
Die Ananas-Birn, plur. die -en, eine Art saftiger, gewürzhafter,
großer gelber Birnen, mit dunkelgrünen Puncten.
Ananas-Vogel (W3) [Adelung]
Der Ananas-Vogel, des -s, plur. die -Vögel, ein Nahme, welchen einige
dem Colibrit, oder Honigsauger geben. S. Colibrit.
Anankern (W3) [Adelung]
Anankern, verb. reg. act. in der Schifffahrt, ein Schiff mit einem
Anker und einem oder zwey Tauen befestigen. So auch in der Baukunst,
einen Balken an die Träger anankern; mit Ankern befestigen.
Anarbeiten (W3) [Adelung]
Anarbeiten, verb. reg. act. mit etwas verbinden, an etwas befestigen,
bey den Schustern. Die Sohlen an das Oberleder anarbeiten.
Anarchie (W3) [Adelung]
Die Anarchie, (dreysylbig,) plur. die -n, (viersylbig,) derjenige
Zustand einer bürgerlichen Gesellschaft, nach welchem sie kein
gemeinschaftliches Oberhaupt hat, und eine solche bürgerliche
Gesellschaft selbst, im Gegensatze des Staates im engern Verstande;
aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .
Anarten (W3) [Adelung]
Anarten, verb. reg. act. wovon aber nur das Particip. Passiv.
zuweilen vorkommt. Diese Tugend ist ihm angeartet, angeboren, er hat
sie zugleich mit seiner Art bekommen.
Anaßen (W3) [Adelung]
Anaßen, Anäßen oder anätzen, verb. reg. act. bey den Jägern, durch
eine Lockspeise anlocken, anködern. S. Äßen und Ätzen. Daher die
Anätzung, Anäßung, oder Anaßung.
Anatomie (W3) [Adelung]
Die Anatomie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig) aus dem
Griech. Anatomia. 1) Die Zerlegung, Zergliederung; ohne Plural.
Besonders die Zergliederung eines menschlichen oder thierischen
Körpers, und die Fertigkeit, selbiges nach den Regeln der Kunst zu
verrichten; die Zergliederungskunst. 2) Ein Lehrbuch dieser Kunst oder
Wissenschaft; mit dem Plural. Daher anatomisch, in dieser Wissenschaft
gegründet; anatomiren, zerlegen, zergliedern; der Anatomist, des -en,
plur. die -en, nicht so schicklich der Anatomiker, ein Zergliederer.
Anbacken (W3) [Adelung]
+ Anbacken, verb. reg. 1. Neutrum mit dem Hülfswort seyn, für
ankleben. 2. Activum, für ankleben machen, ankleiben. In beyden
Bedeutungen ist es nur in den gemeinen Mundarten besonders
Niedersachsens üblich. S. Backen.
Anbannen (W3) [Adelung]
+ Anbannen, verb. reg. act. in der Sprache des Volkes, so viel als
anzaubern, anhexen. Einem etwas anbannen. S. Bannen.
Anbau (W3) [Adelung]
Der Anbau, des -es, plur. inusit. überhaupt der Anfang des Baues, in
allen Bedeutungen dieses Wortes. Besonders, 1) der Bau eines bisher
ungebaueten Feldes. Der Anbau eines Feldes, eines Stückes Land, einer
Wüsteney. Ingleichen, der Bau einer an dem Orte noch nicht gebaueten
Pflanze. Der Anbau der Hirse, des Dinkels, des Türkischen Weitzens. 2)
Die häusliche Niederlassung an einem Orte, in thätiger und
leidentlicher Bedeutung. Der Anbau der Familien an diesem Orte gehet
gut von Statten. Der Anbau eines Dorfes, einer Stadt. 3) Ein neuer Bau
an einem Gebäude, es zu vergrößern. 4) An einigen Orten wird auch die
Ansetzung neuen Landes, welche von Flüssen geschiehet, und dieses
angesetzte Land selbst, der Anbau genannt. S. Anflößen, Anschütt.
Anbauen (W3) [Adelung]
Anbauen, verb. reg. act. 1) Den Anfang mit dem Baue einer Sache
machen, in einigen Bedeutungen dieses Wortes. Eine Lehde anbauen, ein
wüstes Stück Land zum Fruchtfelde machen. Ein wüstes Dorf wieder
anbauen. Korn, Gerste, Hirse anbauen. 2) Sich an einem Orte anbauen,
sich daselbst häuslich niederlassen. 3) Figürlich. Seinen Verstand in
der Jugend anbauen, durch nützliche Kenntnisse bereichern. Eine reiche
und angebauete Sprache, eine ausgebildete. 4) Durch Bauen mit etwas
verbinden. Einen Flügel an einen Hause anbauen. Es ist noch ein Zimmer
angebauet worden. Auch bey den Bild-hauern, einen Vorsprung anfügen,
eine Bilderzierath anbringen. 5) Wenn das Wasser Land an einen Ort
ansetzet, so sagt man gleichfalls, daß es ein Stück Landes anbaue. So
auch die Anbauung.
Anbauer (W3) [Adelung]
Der Anbauer, des -s, plur. ut nom sing. derjenige, welcher eine bis
dahin ungebauete Gegend anbauet; ein Colonist, und in manchen Fällen
ein Pflanzer.
Anbefehlen (W3) [Adelung]
Anbefehlen, verb. irreg. act. S. Befehlen. 1) Nachdrücklich für das
einfache befehlen. Einem etwas anbefehlen, gleichsam es an ihn
befehlen, befehlsweise an ihn richten. 2) So viel als empfehlen. Etwas
eines Liebe, Treue, Schutze anbefehlen. Sich etwas anbefohlen,
empfohlen, seyn lassen.
Anm. Anbefehlen und befehlen sind in dieser
zweyten Bedeutung noch am meisten in Oberdeutschland üblich. Die
Hochdeutschen sagen dafür lieber empfehlen. Anasilhan bedeutete bey
den Gothen übergeben, und pifelahen war schon zu des Kero Zeiten so
viel als committere. Das im Hochdeutschen ungewöhnliche Hauptwort
Anbefehl für Befehl kommt einige Mahl bey dem Opitz vor.
Anbeginn (W3) [Adelung]
* Der Anbeginn, des -es, plur. inusit. der Anfang. Von Anbeginn der
Welt her. Dieses Oberdeutsche Hauptwort ist im Hochdeutschen eben so
sehr veraltet, als das einfache Beginn. Es kommt nur noch in der
biblischen Schreibart, und um des bequemen Sylbenmaßes willen,
zuweilen auch bey den Dichtern vor. Die ältesten Franken und Alemannen
gebrauchten dafür Anakin, Anagin, und die Angelsachsen Anginn.
Anbeginn findet sich zuerst im 13ten Jahrhunderte. Eine von den beyden
vorgesetzten Sylben ist freylich überflüssig, und eine bloße
Alemannische Verlängerung. S. Beginnen.
Anbehalten (W3) [Adelung]
+ Anbehalten, verb. irreg. act. S. Halten, an seinem Leibe behalten,
nicht ablegen, von Kleidungsstücken, nur in dem niedrigen Leben. Den
Rock anbehalten.
Anbeißen (W3) [Adelung]
Anbeißen, verb. irreg. S. Beißen. Es ist, 1. ein Neutrum, welches das
Hülfswort haben erfordert, an etwas beißen, und gemeiniglich nur von
den Fischen gebraucht wird, wenn sie an die Angel beißen, da es denn
absolute stehet. Ich angelte, mit Fröhlichkeit Nach dir, du bissest
an, Gleim. Figürlich, aber nur im gemeinen Leben, bedeutet es so viel
als, sich zu etwas bewegen lassen. Er würde es entsetzlich übel
nehmen, wenn sie nicht recht anbeißen wollten, Weiße.2. Ein Activum,
anfangen an etwas zu beißen. Einen Apfel anbeißen. Ein angebissenes
Stück Brot. In weiterer Bedeutung wird es in Oberdeutschland auch
gebraucht, für anfangen zu essen, oder ein wenig essen; welche Luther
Apostelgesch. 10, 10. Kap. 20, 11. nachgeahmet hat. Von diesem
Gebrauche kommt auch das Oberdeutsche Anbiß und Imbiß für Frühstück,
Collation. S. diese Wörter.
Anbelangen (W3) [Adelung]
+ Anbelangen, verb. reg. act. eine unnöthige Oberdeutsche
Verlängerung des Zeitwortes anlangen, in der R. A. was mich
anbelanget, was dich anbelanget, den ersten Punct anbelangend. Noch
verwerflicher ist das Substantiv der Anbelang. In Anbelang dieser
Sache, was diese Sache anlanget oder betrifft. S. Anlangen.
Anbelfern (W3) [Adelung]
Anbelfern, verb, reg. act. das verkleinernde Iterativum des
folgenden, entgegen belfern. Alle Menschen anbelfern, eigentlich nur
von Hunden.
Anbellen (W3) [Adelung]
Anbellen, verb. reg. act. entgegen bellen, eigentlich nur von den
Hunden. Der Hund bellete mich an, bellet den Mond an. Dann aber auch
figürlich, ungestüm auf jemanden schelten.
Anberahmen (W3) [Adelung]
Anberahmen, verb. reg. act. ansetzen, bestimmen, welches aber nur
noch in der Redensart üblich ist: einen Tag anberahmen, festsetzen,
bestimmen. Daher die Anberahmung.
Anm. Ram bedeutete bey den ältesten Fränkischen Schriftstellern ein
Ziel, und Ottfried so wohl als Notker gebrauchen ramen für zielen. Die
Sächsischen und Nordischen Mundarten haben dieses Wort gleichfalls,
indem das Schwed. rama, das Dän. beramme, und das Nieders. beramen und
anberamen mit dem Hochdeutschen gleiche Bedeutung haben. Die
Oberdeutschen der mittlern Zeit verwandelten das a des Stammwortes in
ihren Lieblings-Doppellaut au; denn Stryker gebraucht schon raumen für
fest setzen, und einige Hochdeutsche sagen noch jetzt anberaumen. Ein
mehreres von diesem Worte haben Schilter, Wachter, Haltaus und Ihre in
Gloss. v. Ram und Ramen, und du Fresne und Spelmann v. Adrhamire. In
dem Lateine der mittlern Zeiten findet sich auch adterminare in eben
dieser Bedeutung. S. auch Berahmen, und Rahmen.
Anberg (W3) [Adelung]
* Der Anberg, des -es, plur. die -e, ein größten Theils nur im
Oberdeutschen übliches Wort, die ansteigende Höhe eines Gebirges, ein
Vorgebirge, oder auch nur eine Anhöhe oder kleinen Berg anzudeuten. An
schränket hier den Begriff des folgenden Substantives auf einen
geringen Grad ein, wie in Anhöhe. S. An,
Anm. 7, und Ähnlich.
Anbethen (W3) [Adelung]
Anbethen, verb. reg. act. 1) * Sein Gebeth an jemanden richten, mit
der vierten Endung des Substantives, einen anbethen; eine jetzt
veraltete Bedeutung, wofür anrufen üblicher ist. 2) In engerm
Verstande, göttlich verehren, indem eines der wesentlichsten Stücke
der Verehrung in dem Gebethe bestehet. Gott anbethen. Falsche Götter
anbethen. Da es denn zuweilen auch absolute gebraucht wird. Flüche
erschallen an dem Fuße der entweiheten Altäre, wo die Ehrfurcht auf
ihrem Antlitze anbethete, Dusch. 3) Figürlich, sehr verehren, sehr
lieben, sehr hoch schätzen. Besonders unter Verliebten, die in ihrer
Begeisterung den geliebten Gegenstand anzubethen vorgeben. Daher
anbethenswerth, anbethungswürdig, in den beyden letzten
Bedeutungen.
Anm. Anbeten findet sich schon bey dem Ottfried und
Notker, und kommt mit dem Latein. adorare der mittlern Zeiten überein.
Die ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftsteller gebrauchen
dafür auch das einfache beten in eben derselben Bedeutung. Joh mih
beton wolles, und mich anbethen wolltest, heißt es bey dem Ottfried.
Anbether (W3) [Adelung]
Der Anbether, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn. 1)
Eigentlich, eine Person, welche einen Gegenstand anbethet, demselben
göttliche Ehre erweiset. Ein Anbether der Gestirne, ein Gestirndiener.
2) Ein feuriger Liebhaber, eifriger Verehrer, besonders unter
Verliebten. Warum putzt sie sich denn so sehr, wenn sie keine Anbether
sucht? Gell. Bey dem Notker bedeutet Anebetare, haruspices, und in den
Glossis Boxhorn. wird Anapetari durch ariolus, qui aras colit,
übersetzt.
Anbethung (W3) [Adelung]
Die Anbethung, plur. inusit. die Handlung des Anbethens. Daher das
Adjectiv und Adverbium anbethungswürdig, anbethenswerth.
Anbetracht (W3) [Adelung]
* Die Anbetracht, plur. car. ein völlig Oberdeutsches Wort, welches
daselbst gemeiniglich ohne Artikel gebraucht wird. In Anbetracht
seiner Umstände, in Betrachtung, Erwägung. Eben so unnöthig ist
anbetrachten, für betrachten.
Anbetreffen (W3) [Adelung]
+ Anbetreffen, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches
nur in den Ausdrücken vorkommt, was mich, dich anbetrifft, was das
anbetrifft, welche aber eine unnütze Verlängerung des Verbi betreffen
sind. S. Betreffen und Anlangen.
Anbetteln (W3) [Adelung]
Anbetteln, verb. reg. act. bettelnd angehen. Jemanden anbetteln,
etwas von ihm erbetteln wollen. + Sich bey einem anbetteln, sich ihm
durch vieles Bitten aufdringen.
Anbey (W3) [Adelung]
* Anbey, ein Oberdeutsches Nebenwort der Zeit, für zugleich, zu
gleicher Zeit, hierbey; welches sich auch in einige Hochdeutsche
Kanzelleyen eingeschlichen hat. Anbey sagte er mir, zugleich. Die
Schrift, welche anbey folgt, hier beygeschlossen.
Anbiegen (W3) [Adelung]
Anbiegen, verb. irreg. neut S. Biegen. Eigentlich, durch Biegen einem
andern Körper nähern. Ein Reis an die Wand, an den Pfahl anbiegen.
Figürlich, in Oberdeutschland und einigen Hochdeutschen Kanzelleyen,
für beyfügen. Nach dem Inhalte des hier angebogenen Schreibens. Daher
die Anbiegung, in der ersten eigentlichen Bedeutung.
Anbiethen (W3) [Adelung]
Anbiethen, verb. irreg. act. S. Biethen. 1) Sich bereit erklären,
einem etwas zu geben; wird dabey die Sache wirklich vorgehalten, so
heißt es darbiethen. Einem ein Amt, seine Dienste, eine Belohnung
anbiethen. Die Natur biethet ihre Schönheiten allen an. Sich zu etwas
anbiethen, sich bereit erklären, die Verrichtung einer Sache zu
übernehmen, wie in den edlern Schreibarten sich erbiethen und
anerbiethen. Sich anbiethen, figürlich auch, sich zum Gebrauche
ereignen, zeigen. Es biethet sich mir eine schöne Gelegenheit dazu an.
Überlegen sie das Glück, das sich ihnen heute auf ihr ganzes Leben
anbiethet, Gell. 2) Den Anfang mit Biethen machen, als ein Neutrum mit
haben. Auf etwas anbiethen, das erste Geboth darauf thun. 3) In den
Niedersächsischen Marschländern, so viel als gebiethen, befehlen.
Daher die Anbiethung, in allen obigen Bedeutungen. S. Anboth.
Anm. Die
alten Mundarten gebrauchten das einfache biddan, biuten, pioten in der
ersten Bedeutung, und noch jetzo gebrauchen die Niedersachsen ihr
beden und been eben so. S. Biethen.
Anbinden (W3) [Adelung]
Anbinden, verb. irreg. act. S. Binden. 1) Durch ein Band an einen
andern Körper befestigen. Den Wein anbinden. Einen jungen Baum
anbinden, an den Pfahl. Ingleichen bey den Buchbindern, ein Buch an
das andere anbinden, es mit einem andern in einen Band bringen.
Jemanden anbinden, ein Gebrauch verschiedener Arbeits- und
Handwerksleute, Fremde, welche zu ihnen treten, zu binden, um dadurch
ein Trinkgeld von ihnen zu erhalten, welches bey andern schnüren, in
Preußen bey den Brauleuten aber rommeln genannt wird. Daß dieser
Gebrauch bey den Alemannen schon lange üblich gewesen, erhellet aus
einer Stelle des jüngern Eckhart, welche Schilter im Gloss. v. Band
anführet. Jemanden an seinem Nahmenstag anbinden, oder mit etwas
anbinden, ihn an diesem Tage beschenken, weil man ihn dabey zum
Scherze im eigentlichsten Verstande anzubinden pfleget. + Einem Bären
bey jemanden anbinden, eine gemeine R. A. für ihm schuldig bleiben,
welche von einem Bärenführer herkommen soll, der, da er seinen
Gläubiger nicht bezahlen können, demselben seinen Bären an die
Hausthüre gebunden, und dadurch gleichsam bonis cediret. Indessen sagt
man auch: er hat den Kaufmann angebunden, hat bey ihm angebunden, und
ist bey ihm angebunden, für, er ist ihm schuldig. An einigen Orten
bedeutet anbinden, von Kälbern, Füllen u. s. f. gebraucht, auch so
viel als abbinden, abspänen, d. i. entwöhnen; daher ein Anbindekalb,
ein solches entwöhntes Kalb. 2) Figürlich. Kurz angebunden seyn,
leicht zum Zorne zu bewegen seyn; weil man dasjenige, was im
eigentlichsten Verstande kurz angebunden ist, leicht und bald haben
kann. Mit einem anbinden, in der gewöhnlichen Sprache des Umganges, es
mit ihm aufnehmen, sich mit ihm in einen Streit, in ein Handgemenge einlassen. Der Ursprung dieser Redensart ist unbekannt; denn die
Ursache, die Frisch davon angibt, ist nicht erweislich.Daher die
Anbindung, in den eigentlichen Bedeutungen.
Anbiß (W3) [Adelung]
Der Anbiß, des -sses, plur. die -sse. 1) Die Handlung des Anbeißens,
wie auch der Ort, wo etwas angebissen worden. 2) Der Köder bey einem
Berliner Eisen, an welchem das Thier anbeißen soll. 3) In
Oberdeutschland das Frühstück, der Imbiß, Imbs, Dän. Anbid; welche
Bedeutung aber im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist. S. Anbeißen, und
Imbiß.
Anbißkraut (W3) [Adelung]
Das Anbißkraut, des -es, plur. inusit. bey einigen ein Nahme der
Scabiosa succisa, L. welche noch häufiger Teufelsabbiß genannt wird.
S. Abbiß.
Anblasen (W3) [Adelung]
Anblasen, verb. irreg. act. S. Blasen. 1) An etwas blasen. Einen mit
dem Munde anblasen. Der Wind bläst mich an. 2) Mit Blase-Instrumenten
empfangen, begrüßen. In diesem Verstande pflegen die Jäger einen
Hirsch anzublasen, sein Daseyn durch das Hifthorn verkündigen. Ehedem
wurde nicht allein eine Festung, wenn man sie berennet hatte,
angeblasen; sondern man pflegte auch vornehme Verbrecher, wenn sie auf
das Gerüst kamen, anzublasen, d. i. mit Trompetenschall zu
bewillkommen. 3) Bey den Zinngießern wird unter anblasen eine Art des
Löthens verstanden, da die Flamme einer Lampe auf das Loth geblasen
wird. 4) Durch Blasen hervor bringen, verstärken, besonders von dem
Feuer. Das Feuer anblasen. Ingleichen, die Kohlen anblasen, die Gluth
derselben durch Blasen vermehren. Er blies die rege Gluth mit vollen
Backen an, Zach. 5) Bey den Jägern, den Anfang der Jagd durch das
Hifthorn verkündigen, eine Jagd anblasen; im Gegensatze des Abblasens.
S. auch Anstoßen. So auch Anblasung in allen obigen Bedeutungen.
Anm.
Anablasen findet sich in der ersten Bedeutung schon bey dem Ottfried
und Notker. Kero hingegen gebraucht Anaplusanna in der figürlichen
Bedeutung, für göttliche Eingebung, Inspiration.
Anblatt (W3) [Adelung]
Das Anblatt, des -es, plur. inusit. 1) S. Freisamkraut, 2) Wenn in
einigen Gegenden ein dünnes Gebackenes aus Wasser und Mehl Anblatt
genannt wird, so scheinet es alsdann aus Oblate verderbt zu seyn.
Daher das Anblatteisen, der Anblattbäcker, für Oblaten-Eisen,
Oblaten-Bäcker.
Anblatten (W3) [Adelung]
Anblatten, verb. reg. act. in der Zimmermannskunst, ein Stück Holz
vermittelst eines Einschnittes auf die halbe Holzdicke von der Seite
an ein andere befestigen. Ein auf solche Art befestigtes Holz wird ein
Blatt genannt.
Anbläuen (W3) [Adelung]
+ Anbläuen, verb. reg. act. ein wenig blau machen. S. Ähnlich und An,
Anm. 7.
Anblecken (W3) [Adelung]
Anblecken, verb. reg. act. Einen anblecken, ihm aus Verachtung oder
aus drohendem Zorne die Zähne weisen. Es kam ein Pantherthier Das
gafft und blekt ihn an, Haged. Die Niedersachsen sprechen es gedehnt,
anbleken, welches auch wohl Hochdeutsche nachahmen. S. Blecken.
Anblick (W3) [Adelung]
Der Anblick, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des Anblickens,
so wohl in thätiger als leidentlicher Bedeutung; ohne Plural. Sein
Anblick (so wohl wenn er mich ansiehet, als auch wenn ich ihn ansehe)
macht mich zittern. Ich sahe es gleich bey dem ersten Anblicke, daß
nichts an ihm war. Dein Anblick würde die Ruhe meiner Gedanken
zerstören, Dusch. Der Ausdruck bey dem Opitz: Denselben will ich guten
Anblick geben, Die ehrbar sind, und treu im Lande leben, ist
ungewöhnlich. 2) Dasjenige, was man erblicket. Ein betrübter, ein
elender Anblick. Was war das für ein Anblick für mich! Ein Thal, das
an diesen prächtigen Anblicken reich ist.
Anblicken (W3) [Adelung]
Anblicken, verb. reg. act. einen Blick auf etwas thun oder werfen.
Einen anblicken. In der höhern Schreibart aber auch für ansehen,
anschauen, selbst in den figürlichen Bedeutungen dieser Zeitwörter,
mit Gnade, thätiger Erzeigung des Wohlwollens anblicken. In dieser
Bedeutung wird es oft von Gott gebraucht. Das Hauptwort die Anblickung
ist wenig gebräuchlich.
Anblinken (W3) [Adelung]
Anblinken, verb. reg. act. mit halb verschlossenen Augen anblicken;
auch anblinzen und anblinzeln. Kein Argwohn blinkt den Nachbar
seitwärts an, Schleg. S. Blinken.
Anblitzen (W3) [Adelung]
Anblitzen, verb. reg. act. einen Blitz auf etwas thun, oder nur in
der figürlichen Bedeutung, für heftig anblicken. Hat ihn das Aug der
gräßlichen Medusen Angeblitzt? Wiel.
Anblöcken (W3) [Adelung]
Anblöcken, verb. reg. act. entgegen blöken, mit einem Geblöke
empfangen. Eigentlich von dem Rindviehe; figürlich aber auch im
gemeinen Leben für anschreyen, anfahren. Er hat sie entsetzlich
angeblökt, Weiße.
Anborsten (W3) [Adelung]
* Anborsten, verb. reg. neutr. mit haben, die Borsten erheben, bey
den Jägern, von den wilden Schweinen.
Anboth (W3) [Adelung]
+ Das Anboth, des -es, plur. die -e, von anbiethen, 1) Die Handlung
des Anbiethens. So heißt in den Bergwerken das Anboth, die Anbiethung
eines Gebäudes oder einer Grube an denjenigen, der schon etwas daran
verwendet hat. 2) Ein Befehl, Geboth, in welchem Verstande dieses Wort
besonders in den Niedersächsischen Marschländern üblich ist. Auch im
Österreichischen bedeutet Anboth eine Verordnung, in welcher dem
Beklagten gebothen wird, das gepfändete Gut innerhalb einer gewissen
Zeit auszulösen, oder es in fremde Hände zu lassen; in diesem Falle
aber ist es männlichen Geschlechtes, der Anboth. 3) Das erste Geboth
auf eine Sache, in einer Versteigerung, da es denn in einigen Gegenden
auch männlichen Geschlechtes ist. S. auch Angeboth.
Anbrausen (W3) [Adelung]
Anbrausen, verb. reg. act. entgegen brausen, brausend empfangen. Auch
figürlich einen anbrausen, ihn mit ungestümen Worten begegnen.
Anbrechen (W3) [Adelung]
1. Anbrechen, verb. irreg. S. Brechen. Es ist,1. Ein Activum, den Anfang
mit Brechen machen, und in weiterer Bedeutung, das erste Stück von
etwas nehmen, eine theilbare Sache anfangen stückweise zu gebrauchen.
Ein Brot anbrechen, anschneiden. Einen Käse anbrechen. Ein
angebrochener Käse. So auch in noch weiterer Bedeutung, ein Faß Wein,
oder Bier, eine Flasche anbrechen, den Anfang mit Ausschenken
machen.2. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordern würde,
aber nur im Particip. üblich ist, und auch hier nur in einigen
Gegenden gehöret wird, für anbrüchig werden, verderben. Angebrochenes
Obst, faules Obst. Steinbach sagt zwar in diesem Verstande auch, das
Obst, das Bier bricht an, für wird faul, wird sauer; allein diese Art
zu reden ist vermuthlich nur allein in Schlesien üblich.
Anbrechen (W3) [Adelung]
2. Anbrechen, verb. irreg. neutr. ( S. Brechen,) welches das Hülfswort
seyn zu sich nimmt, und in der Conjugation mit dem vorigen überein
kommt, von welchem es in dieser Bedeutung bloß eine Figur ist. 1)
Anfangen zu glänzen, anfangen zu scheinen. Der Tag bricht an. Mit
anbrechendem Tage. Die Morgen-
röthe ist schon angebrochen. Es wird im Hochdeutschen nur von dem Tage
und Morgen gebraucht. Daher Opitzens R. A. der Mond ist angebrochen,
Morgens ehe als die Sonne anbricht, und Ps. 94. O Herr, o Gott
gerechter Rache, Brich doch mit deinen Strahlen an, hier nicht üblich
sind. 2) Figürlich, anfangen sich zu zeigen; nur von der Nacht und dem
Abend. Die Nacht bricht an, der Abend will anbrechen. S. Brechen.
Anbrennen (W3) [Adelung]
Anbrennen, ein Verbum, welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I.
Als ein Activum, mit irregulärer so wohl als regulärer Conjugation,
ich brannte an, angebrannt, und brennete an, angebrennet. 1) Brennen
machen, anzünden. Ein Licht anbrennen. Einen Holzhaufen anbrennen.
Phaeton stürzte vom Wagen und brannte die Welt an, Zach. 2) Durch
Brennen an der Oberfläche hervor bringen, einbrennen. Einem ein Mahl
anbrennen. Sich selbst ein Schandmahl angebrannt, Gryph. 3) In den
Küchen, obgleich nur im gemeinen Leben, im Kochen anbrennen lassen.
Die Köchinn hat den Brey angebrennet, oder angebrannt.II. Als ein
Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn und irregulärer Conjugation, ich
brannte an, angebrannt. 1) Anfangen zu brennen. Das Feuer brennt an,
will nicht anbrennen. Ingleichen figürlich, in biblischen Redensarten.
Der Zorn des Höchsten ist angebrannt, wird bald anbrennen. In den
Küchen, von einer Speise, die sich aus Mangel der Bewegung im Kochen
an das Gefäß anleget, und daher einen brandigen Geschmack bekommt, im
Oberdeutschen ansengen, in andern Gegenden anbrenzeln. Die Milch
anbrennen lassen. Der Brey ist angebrannt. Angebrannt riechen oder
schmecken, wofür man im Osnabrückischen smolig, und in Preußen
sangricht sagt. Er läßt nicht leicht etwas anbrennen, figürlich, im
gemeinen Leben, er mischt sich in alles. + Angebrannt seyn, verliebt,
ingleichen verlobt seyn.
Anm. Von dem Unterschiede in der Conjugation
zwischen dem Activo und Neutro. S. Brennen.
Anbringen (W3) [Adelung]
Anbringen, verb. irreg. act. S. Bringen.1. In und an einem
schicklichen Orte hervor bringen. Ein Blumenstück in dem Garten, einen
Schrank in der Wand, eine Treppe in einem Hause anbringen. Ich habe in
dem Hause noch ein Zimmer angebracht.2. An den verlangten, an den
schicklichen Ort bringen, mit verschiedenen, theils dunkeln
Nebenbegriffen. (a) Einem einen Hieb, einen Stoß anbringen. Seine
Stöße im Fechten wohl anbringen. Einem Thiere einen Schuß anbringen.
Ein wohl angebrachter Streich. (b) Bey den Jägern wird die Herrschaft
angebracht, wenn sie so geführet wird, daß sie zum Schusse komme. Eben
daselbst werden die Schweiß- und Sauhunde angebracht, wenn man sie auf
ein verwundetes Wild führet. (c) Auf eine bleibende Art an einen
schicklichen Ort bringen. Ich habe mein Geld gut angebracht, auf eine
vortheilhafte Art angewandt. Seine Waaren anbringen, oder sie an den
Mann bringen, verkaufen. Ingleichen, in noch weiterer Bedeutung, so
viel als versorgen. Seine Tochter wohl anbringen. Einen Bedienten bey
einem Herrn, oder an einem Orte anbringen, ihn daselbst versorgen.
Einen anbringen, absolute, ihm seine Versorgung verschafften. (d)
Vorbringen, vortragen, besonders von Worten und Reden. Eine Sache bey
einem anbringen. Eine Bitte anbringen. Ich habe etwas bey ihm
anzubringen, vorzutragen. Was ist dein Anbringen? was hast du
vorzutragen? Eine Sache an dem gehörigen Orte anbringen,vortragen. (e)
An einem schicklichen Orte, bey einer schicklichen Gelegenheit äußern.
Ihr Spaß ist sehr zur Unzeit angebracht. Aber wir müssen doch einmahl
unsere Worte anbringen, unser Anliegen vortragen, Weiße. Und wagt, bey
einem Glase Wein, Das Wort für seinen Freund noch einmahl anzubringen,
Gell. Sein Bröcklein Gelehrsamkeit anzubringen suchen. Ihr Vertrauen
könnte nicht übler angebracht seyn. Sie fanden meinen Stolz zur Unzeit
angebracht, Wiel. (f) Anzeigen, melden. Eine Sache bey Gerichte
anbringen, denunciiren. Anbringen schließt in dieser Bedeutung eine
bloße einfache Anzeige in sich; dagegen anklagen den Beweis der
angezeigten Sache mit in sich fasset. In einer Urkunde vom Jahre 1483
bey dem Haltaus v. Anbringen, wird dieser Unterschied genau bemerket.
In etwas engerer Bedeutung wird es im gemeinen Leben als ein mittleres
Wort zwischen dem ganz unschuldigen melden und anzeigen, und dem
größten Theils gehässigen angeben gebraucht, und da sind denn
Anbringer und Anbringerinnen Personen, welche theils nachtheilige,
theils unschuldige Sachen den Obern und Vorgesetzten in übler Absicht
hinterbringen.3. + Provinzielle Arten des Gebrauches sind. (a) In
Aufnahme bringen. Ein Gut anbringen. (b) Zu etwas bewegen, verleiten.
Jemanden durch Essen und Trinken anbringen, ihm Appetit machen. Sie
ist angebracht, man hat ihr Lust zum Heirathen gemacht. (c) Zum
Anfange einer Sache bewegen. Ich bin einmahl angebracht, also muß ich
fortfahren.Daher die Anbringung, doch nur in den Bedeutungen der
Anzeige bey einem Obern oder Vorgesetzten.
Anbringer (W3) [Adelung]
Der Anbringer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anbringerinn,
plur. die -en, eine Person, welche etwas anbringet, doch nur in der
Bedeutung der Anzeige bey Gerichte oder bey einem Vorgesetzten.
Anbruch (W3) [Adelung]
1. Der Anbruch, des -es, plur. die -brüche, von 1. Anbrechen, decerpere.
1) Die Handlung des Anbrechens; ohne Plural. So heißt in den
Bergwerken, einen Anbruch machen, so viel, als die Erze entblößen und
fündig machen. Noch mehr, 2) dasjenige, was zuerst von etwas
angebrochen wird, besonders in den Bergwerken. In figürlicher
Bedeutung werden auch die Erstlinge in Luthers Übersetzung der Bibel
ein Anbruch genannt; z. B. Röm. 11, 16. In der Anbruch heilig, so ist
auch der Teig heilig. In den Schmelzhütten heißen diejenigen
Silberstücke, welche ihm Treibeofen am Spor herum stehen bleiben, wenn
sie wirklich von den Blicken angebrochen sind, gleichfalls Anbrüche.
3) Der Ort, wo etwas angebrochen oder angebrochen worden. In diesem
Verstande sagt man in den Bergwerken, der Stein, das Erz ist auf dem
Anbruche glatt, glänzend. In noch weiterer Bedeutung wird auch
dasjenige Erz, oder diejenige Bergart, welche am Gange noch ungewonnen
stehet, aber schon zum Theil entblößet oder angebrochen ist, ein
Anbruch genannt. Ein bauwürdiger Anbruch. Die Anbrüche strecken sich
weiter nach der Teufe. Einen Anbruch liegen lassen. 4) * Von dem
Neutro anbrechen, in Fäulniß gerathen, ist an einigen Orten, besonders
Oberdeutschlandes, auch Anbruch für Fäulniß üblich. Besonders wird
diejenige Krankheit der Schafe, da sie inwendig anfangen zu faulen, in
einigen Gegenden, z. B. der Lausitz, der Anbruch genannt.
Anbruch (W3) [Adelung]
2. Der Anbruch, des -es, plur. inusit. von 2. Anbrechen, illucescere,
der Anfang des Scheines, oder Glanzes; nur von dem Tage und dem
Morgen. Der Anbruch des Tages. Mit Anbruch des Tages. Der Anbruch des
Morgens. Ingleichen,
in figürlicher Bedeutung, der Anbruch der Nacht, des Abends.
Anbrüchig (W3) [Adelung]
Anbrüchig, -er, -ste, adj. et adv. von 1. Anbrechen und 1. Anbruch,
von der Fäulniß, dem Verderben angegriffen; ein Wort, welches von
allen Dingen gebraucht werden kann, welche der Fäulniß unterworfen
sind. Anbrüchiges Obst. Das Bier, der Wein wird anbrüchig, sauer. Ein
anbrüchiger Zahn. Die Schafe werden anbrüchig, fangen inwendig an zu
faulen. In einigen Gegenden gebraucht man es auch von einem stechen,
besonders lungensichtigen Menschen.
Anbrüllen (W3) [Adelung]
Anbrüllen, verb. reg. act. Jemanden anbrüllen, ihm entgegen brüllen,
ihn brüllend empfangen; eigentlich nur von dem Rindviehe und dem
Löwen. In dem Latein der mittlern Zeiten admugitare. Figürlich, mit
einem ungestümen Geschreye anfahren.
Anbrummen (W3) [Adelung]
Anbrummen, verb. reg. act. Jemanden anbrummen, ihm entgegen brummen;
eigentlich nur von den Bären und dem Rindviehe. + Figürlich, lauten,
mürrischen Unwillen gegen jemanden äußern.
Anbrüstig (W3) [Adelung]
+ Anbrüstig, adj. et adv. im gemeinen Leben einiger Gegenden,
verderbt für engbrüstig.
Anbrüten (W3) [Adelung]
+ Anbrüten, verb. reg. neutr. mit haben, anfangen zu brüten.
Anchore (W3) [Adelung]
Anchore, S. Ahorn,
Anm. 2.
Anciennete (W3) [Adelung]
+ Die Anciennete (sprich Angsiennete,) plur. car. ein ohne Noth aus
dem Franz. erborgtes Wort für Dienstalter.
Andacht (W3) [Adelung]
Die Andacht, plur. die -en, von dem ungewöhnlichen Verbo andenken. 1)
Die Aufmerksamkeit oder Richtung des Gemüthes auf einen Gegenstand. In
der weitesten Bedeutung nur noch im gemeinen Leben. In der
anständigern Schreibart gebraucht man es nur in engerer, von der
aufmerksamen Richtung des Gemüthes auf geistliche oder zum
Gottesdienste gehörige Übungen; ohne Plural. Mit Andacht bethen. Einen
zur Andacht bewegen. In der Andacht begriffen seyn. Doch die Andacht
leitet mich schon auf feurigen Flügeln Hoch in die Wolken empor, Zach.
Ingleichen in weiterer Bedeutung, die Neigung zu den Übungen der
Gottseligkeit. Ein Werk der Andacht. Zuweilen aber auch im übeln
Verstande, die ungeordnete Neigung zu der Religion und ihren Übungen.
Die Andacht ist eine Krankheit kleiner Seelen; sie macht Fürsten
allemahl zu Verfolgern, und ihre Unterthanen zu Schwärmern. 2) Eine
besondere Übung der Religion, besonders das Gebeth, gleichfalls ohne
Plural. Seine Andacht haben, oder verrichten, bethen. Ich mag kommen
wenn ich will, so hat sie ihre Andacht, Gell. Ingleichen der Genuß des
heiligen Abendmahles; besonders in der R. A. seine Andacht halten. 3)
Eine Gebethsformel, mit dem Plural. Morgen- und Abendandachten,
Morgen- und Abendgebethe. Ingleichen, erbauliche Betrachtungen, Reden
von göttlichen Dingen, in welcher Bedeutung auch die Predigten
zuweilen Kanzelandachten genannt werden. 4) Ein abstracter Titel,
welchen so wohl Prediger ihren Zuhörern, als auch die Kaiser den
geistlichen Churfürsten und Prälaten geben. Eure Liebe und Andacht.
Deine Andacht.
Anm. Es scheinet, daß dieses Wort zu Kero's Zeiten noch
unbekannt gewesen, weil er statt dessen Kernissa, von kehren hat.
Notker gebraucht Indahtigi, Gotedahte und Gedaht für Andacht; bey dem
Stryker aber wird dieses Wort schon für die ganze Übung der
Gottseligkeit genommen. In dem Monserischen Glossario wird Anadahtungo
durch Intentio übersetzt.
Andächteln (W3) [Adelung]
Andächteln, verb. reg. neutr. mit haben, eine ungeordnete oder
überspannte Neigung zur Religion und ihren Übungen äußern. Der
andächtelnde Ton mancher Scheinheiligen. Daher dieAndächteley, und von
einzelnen solchen Handlungen auch im Plural, die -en; der Andächtler,
die Andächtlerinn, eine solche Person.
Andächtig (W3) [Adelung]
Andächtig, -er, -ste, adj. et adv. 1) + Aufmerksam überhaupt; nur
noch im gemeinen Leben. Andächtig lesen. 2) In engerer Bedeutung,
aufmerksam auf gottesdienstliche Übungen, Andacht habend, Andacht
verrathend, in derselben gegründet. Andächtig bethen. Andächtig
zuhören. Ein andächtiges Gebeth. Ein andächtiger Zuhörer. Ein
andächtiges Herz. Zuweilen auch in der übeln Bedeutung des Wortes
Andacht, ein Andächtiger, ein Scheinheiliger, Andächtler. 3) In den
kaiserlichen Kanzelleyen ein Titel der geistlichen Churfürsten.
Andächtiger, Ehrwürdiger Fürst.
Anm. Anadahte ist bey dem Notker schon
so viel als andächtig: So tuot der anadahte ist ze sin emo gebete. In
dem Niedersächsischen bedeutete dieses Wort ehedem auch eingedenk,
tiefsinnig, welche erste und eigentliche Bedeutung nur noch hin und
wieder im gemeinen Leben vorkommt.
Andachtsbuch (W3) [Adelung]
Das Andachtsbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Gebeth- oder
Erbauungsbuch; der Andachtsort, des -es, plur. die -örter, ein Ort, wo
man seine Andacht verrichtet, ingleichen ein Wallfahrtsort; die
Andachtsübung, plur. die -en, die Übung der Andacht, u. s. f.
Andal (W3) [Adelung]
Andal, S. Anthal.
Andämmen (W3) [Adelung]
Andämmen, verb. reg. act. Das Wasser möglichst andämmen, durch
Führung eines Dammes aufschwellen machen.
Andecken (W3) [Adelung]
+ Andecken, verb. reg. neutr. mit haben, den Anfang mit Decken des
Tisches machen. Die schönsten Teller zum Andecken nehmen.
Andenken (W3) [Adelung]
Das Andenken, des -s, plur. inusit. der Infinitiv des ungewöhnlichen
Verbi andenken, substantive gebraucht. 1) Die Erinnerung, so wohl
active als passive. Einem etwas zum Andenken hinterlassen. In gutem
Andenken bey einem stehen. Die Sache ist mir noch in frischem
Andenken. Sein Andenken (die Erinnerung seiner) wird niemahls
erlöschen. Der Verstorbene, seligen Andenkens. Kaiser Carl der
Sechste, glorwürdigen Andenkens. 2) Dasjenige, wodurch das Andenken
erhalten wird, ein Mittel der Erinnerung. Einem ein Andenken schenken,
hinterlassen. In welcher Bedeutung zuweilen auch der Plural
vorkommt.
Anm. Angedenken für Andenken ist eine unnöthige Oberdeutsche
Verlängerung.
Ander (W3) [Adelung]
Ander, Der, die, das andere, ein Wort, welches überhaupt genommen,
alsdann gebraucht wird, wenn nur von zwey Dingen die Rede ist, da es
denn dem Worte ein entgegen gesetzt wird. Es bezeichnet aber Ein Ding
von zweyen, entweder schlechthin, oder mit verschiedenen
Nebenbegriffen, das ist, es wird so wohl als ein eigentliches
Zahlwort, oder in weiterer Bedeutung auch als ein Adjectiv
gebraucht.I. In dem ersten Falle, oder als ein eigentliches
Zahlwort.1. Wenn eine gewisse Ordnung unter diesen zwey Dingen Statt
findet, da es denn die Stelle der Ordnungszahl zweyte vertritt, und
dem ersten entgegen gesetzet wird. Das andere Buch Samuel. Das andere
Buch Mosis. Das ist schon der andere Tag, daß ich ihn nicht sehe. Das
ist schon das andere Mahl, daß er mir diesen Streich spielet. Er kam
zum andern Mahle zu mir. Sie soll allemahl über den andern Tag an sie
schreiben, Gell. Erstlich haben sie meine Bitte anhören müssen, dieses
ist eine Mühe; dann haben sie sich entschließen müssen, dieses ist die
andere Mühe; ferner haben sie das Geld dafür nach Berlin geschickt,
dieses ist die dritte Mühe, Gell. Das andere Geschlecht, das
weibliche, im Gegensatze des männlichen, ob man gleich dieses nicht
das erste zu nennen pflegt. S.
Anm. 1.
2. Wenn keine gewisse Ordnung unter ihnen Statt findet, sondern bloß
eines von zweyen angedeutet werden soll, im Gegensatze des Wortes ein.
Hier sind zwey Fremde; der eine ist ein Deutscher, der andere ein
Engländer. Einem gefällt dieß, dem andern jenes. Aus einer Sprache in
die andere übersetzen. Eines scheinet das andere aufzuheben. Hier muß
einer nach dem andern gehen. Einer muß dem andern helfen. Eines ist so
gut als das andere. Es ist einer wie der andere. Er gehet von einem
zum andern. Von einem Pole zum andern.Zuweilen, besonders in der
höhern Schreibart, werden beyde Beywörter weggelassen, und um der
mehrern Anschaulichkeit willen dafür das Substantiv wiederhohlet. Er
häuft Verbrechen auf Verbrechen, ein Verbrechen auf das andere.
Besonders mit dem Vorworte von. Eben so unglücklich wie ich, schleicht
sie von Laube zu Laube, von einer Laube zur andern. Amor kann von
Busen zu Busen flattern, Schleg. Die Bothschaft, die von Mund zu Munde
fliegt, eben. Wohin auch die im gemeinen Leben üblichen Ausdrücke, von
Zeit zu Zeit, von Haus zu Hause gehen, von Dorf zu Dorfe betteln u. s.
f. gehören.Oft machen beyde Wörter, nachdem sie mit verschiedenen
Partikeln verbunden werden, allerley adverbische Redensarten. (a)
Eines in das andere, ohne Ordnung unter einander. Sie mengen eines in
das andere. Damit wir nicht eines in das andere reden. (b) Eines und
das andere, einiges. Wir haben ohne dieß noch eines und das andere mit
einander zu reden. Ich fürchte doch, daß sie eines und das andere von
ihm geschenkt bekommt. Ich glaubte, man hätte einen oder den andern
Ausdruck gemißbraucht. Als daß ich ihm mit dem Fuße einen und den
andern Druck gab, Gell. Nur im Plural lässet sich dieses nicht
gebrauchen. Ein und andere Männer, ist daher mit Recht getadelt
worden. Auch das Oberdeutsche ein so anderes kann man immer den
Kanzelleyen überlassen. (c) Einer um den andern, eines um das andere,
wechselsweise. Sie verrichten dieses Amt einer um den andern. Ein Jahr
ums andere. (d) Eines nach dem andern, so wohl eigentlich, eines nach
dem andern hohlen; als auch adverbisch, von mehrern auf einander
folgenden Dingen Einer Art. Es zeigte sich eine gute Gelegenheit nach
der andern. Hier erfüllet eine reizende Aussicht nach der andern unser
Auge mit der sanftesten Vorstellung. (e) Einer über den andern,
mehrere von Einer Art schnell nach einander. Es kommt ein Unglück über
das andere. Einen Bothen über den andern schicken. So auch, Ein Mahl
über das andere, mehrmahl hinter einander. Er pochte Ein Mahl über das
andere an die Thür. Ich habe ihn Ein Mahl über das andere gewarnt. (f)
Einer vor dem andern, eine vor der andern, eines vor dem andern, mit
Unterschied, im gemeinen Leben. Die Ducaten sind wohl wichtig, aber
einer vor dem andern, einige sind doch wichtiger als andere. Hierher
gehöret auch, (g) das zusammen gezogene einander. S. dasselbe
besonders an seinem Orte.II. Wird es auch als ein Adjectiv gebraucht,
und da stehet es:1. Mit dem Nebenbegriffe der Folge, so wohl der Zeit,
als auch der Ordnung. Das andere Jahr, der andere Tag; wofür man doch
besser sagt, das folgende Jahr, der folgende Tag. Er kam den andern
Tag darauf mich zu besuchen; Gell.2. Deutet dieses Beywort in sehr
vielen Fällen bloß dasjenige an, was außer einer gewissen bestimmten
Sache ist. Wenn nur mein Körper verschont bleibt, das andere quält
mich nicht, Gell. Zu anderer Zeit begehet er die größten
Ungerechtigkeiten. Er soll es zu anderer Zeit schon empfinden. Wir
wollen ein anderes Mahl davon reden. Es gibt noch ein anderesMittel
als dieses. Es ist kein anderer da, als er. Er legt alle Tage ein
anderes Kleid an. Das hat mich vor andern bewegen. Er denkt an nichts
anderes, als an seine Seligkeit. Unter andern pries er mir den
Zuschauer an. Einen in die andere Welt schicken, ihn umbringen, seinen
Tod befördern. Dieß und viel andres mehr gab mir der Argwohn ein,
Weiße. Besonders Personen außer uns. Des andern Fehler ausspähen. Den
ehrlichen Nahmen des andern verunglimpfen. Andere nach sich
beurtheilen. Ich habe es von andern gehört. Auf anderer Leute Kosten
leben. Sie haben Schätze genug in anderer Leute Herzen, Gell. An
anderer Leute Freude oder Betrübniß Antheil zu nehmen ist die
natürlichste Regung, ebend. Das magst du einem andern weiß machen. In
diesem Verstande stehet es auch zuweilen im Neutro. Es ist niemand
anders da. So sagt schon Reinmar der Alte: anders nieman.3. Zuweilen
auch, was einer Sache entgegen gesetzt ist, oder derselben gegen über
sich befindet. Die andere Seite des Tuches, einer Münze, die
umgewandte Seite, im Gegensatze der rechten. Das andere Ufer, das
gegenseitige.4. Oft ist der Begriff der Verschiedenheit der
herrschende, und da bedeutet es überhaupt so viel als verschieden,
geändert. Es ist jetzt eine andere Welt als sonst, die Menschen sind
jetzt ganz anders gesinnet. Er ist ganz anderer Meinung. Die
himmlischen Körper sind von ganz anderer Art als die irdischen. In
welchem Sinne besonders das Neutrum anderes, oder anders sehr
gewöhnlich ist. Es ist uns ganz etwas anderes, oder etwas ganz anderes
begegnet. Das ist was anders. Ein anders ist sagen, ein anders ist
thun. Ein anderes ist es, einen Brief, ein anderes eine Geschichte,
ein anderes für Freunde, ein anderes für jedermann schreiben. Mit
dieser Sache ist es ein anderes, Less. es hat eine andere
Beschaffenheit mit ihr. Hierher gehören auch die sprichwörtlichen
Redensarten; Andere Zeit, andere Freunde. Ander Jahr, ander Haar.
Ander Mann, ander Glück. Andere Zeiten, andere Sorgen, u. s. f.5. In
noch eingeschränkterer Bedeutung stehet es zuweilen für besser. Er ist
ein ganz anderer Mensch geworden. Das war doch einmahl ein ganz
anderer Brief, als der erste. Das ist ganz ein anderer Mann. Einen
eines andern belehren, überzeugen.6. Zuweilen aber auch für
schlechter, und da bedienet man sich desselben im gemeinen Leben, wenn
man ein unanständiges ober hartes Wort, das man in Gedanken hat, nicht
gerne heraus sagen will. Er hat an mir gehandelt wie ein anderer, d.
i. wie ein Schelm. Das mag ein anderer glauben. Ich hätte bald was
anderes gesagt. Wenn er das wüßte, er würde dir was anders weisen.
Anm.
1. In Ansehung der Ordnungszahl ander, wenn sie dem ersten entgegen
gesetzet ist, sind die Deutschen Sprachlehrer nicht einig. Einige
gebrauchen sie ohne Unterschied für die Ordnungszahl zweyte; andere
nur dann, wenn nur von zweyen die Rede ist, so wie das Latein. alter,
und noch andere wollen sie für gar keine Ordnungszahl gelten lassen,
wenigstens sie niemahls gebrauchen, wenn erste vorher gehet. Die
Aussprüche der beyden letztern sind bloß willkürlich, weil sie weder
durch die Abstammung noch durch den Gebrauch gerechtfertiget werden.
Der Beweis, der aus dem Latein. alter geführet wird, heißt gar nichts,
weil von einer Sprache nie auf die andere geschlossen werden kann.Von
der Abstammung wird in der letzten Anmerkung etwas gesagt werden;
daher ich hier nur des Gebrauches gedenken will. Die Oberdeutsche
Mundart, der dieses Zahlwort vorzüglich zugehöret, gebraucht es ohne
Unterschied für das Zahlwort zweyte.
Bey dem Kero, dem ältesten Alemannischen Schriftsteller, heißt es Kap.
7. Eristo dero deoheiti stiagil sprozzo ist - - Andar dera deomuati
stiagil sprozzo ist - - Dritto dero deoheiti stiagil ist; das ist: die
erste Staffel der Demuth ist - - die andere Staffel der Demuth ist - -
die dritte Staffel der Demuth ist. Eben derselbe übersetzt Kap. 65.
die Stelle: dum sint aliqui maligno spiritu superbiae inflati, et
existimantes se secundos abbates esse, durch uuannente sih
andere-uuesan. Und Kap. 63. andrero citi tages, die andere Stunde des
Tages, im Gegensatze der erirum, der ersten. Ferner Kap. 13.
Anderestages finfto drizugosto, dritin tages fiorzugosto anderer, des
andern Tages der fünfte und dreyßigste; des andern Tages der
vierzigste und zweyte. Isidors Übersetzer, ein nicht viel jüngerer
Schriftsteller, nennt die zweyte Person des göttlichen Wesens di
anderheit. Bey dem Ottfried und Notker, heißt andera stunt und
anderest, beständig zum zweyten Mahle, und der Schwabenspiegel zählet
ainost, anderost, dristunt, zum ersten, zweyten, dritten Mahle;
tausend anderer Beyspiele zu geschweigen. Es scheinet also, daß andere
und zweyte bloß der Mundart nach verschieden sind, und daß jenes
ursprünglich den Oberdeutschen, dieses aber den Niederdeutschen und
Nördlichen Völkern eigen gewesen. Die Hochdeutschen, deren Mundart
weiter nichts, als die durch das Sächsische gemilderte Oberdeutsche
Sprache ist, haben beyde beybehalten, und gebrauchen sie ohne
Unterschied, wie theils aus den oben angeführten Beyspielen erhellet,
theils mit noch mehrern bewiesen werden könnte, wenn der Raum es
verstattete. Da nun dem also ist, so ist nicht abzusehen, was ein
Sprachlehrer für Gewalt hat, bloß um seiner Convenienz, oder um des
Lateinischen alter willen, den Gebrauch eines von beyden
einzuschränken.Ich kann diese Anmerkung nicht schließen, ohne einer
Eigenheit der heutigen Oberdeutschen Mundart zu gedenken, welche die
drey Rollen, die dieses Wort spielet, auch durch die Aussprache und
Schreibart unterscheidet. Die Ordnungszahl ander, heißt daselbst
anderter, anderte, andertes, mit dem charakteristischen t, welches
auch in zweyte, dritte u. s. f. angetroffen wird, und in alter etwas
ähnliches hat. Das Adjectiv ander lautet wie im Hochdeutschen; das
Adverbium anders aber, heißt daselbst, zum Unterschiede von dem
Neutro, anderst. Ein solcher Unterschied, der in dem übereinstimmigen
Gebrauche ganzer Völkerschaften seinen Grund hat, und keine bloße
Grille eines Sprachlehrers ist, verdienet Beyfall, wenn man es gleich
nicht wagen darf, denselben in andere Mundarten überzutragen.
Anm. 2.
Wenn ander ein eigentliches Zahlwort ist, so hat es keinen Plural.
Denn die einen und die andern, für beyde, ist ein Gallicismus. Desto
häufiger ist der Plural des Beywortes. In der Declination ist dieses
Wort von den übrigen Zahl- und Beywörtern nicht verschieden; nur daß
die verstümmelte Form ander in der guten Schreibart nicht üblich ist.
Es ist daher nicht nachzuahmen, wenn es im Gellert heißt: wenn sie
kein ander Bedenken haben, so bin ich glücklich; und im Lessing: ich
habe ganz ein ander Wildpret auf der Spur. Das Neutrum anders wird von
einigen auch so gebraucht, als wenn es indeclinabel wäre; z. B. wir
wollen von etwas anders reden, Gell. für von etwas andern. Dieß ist
ohne Zweifel eine Verwechselung des Nebenwortes anders mit dem Neutro
anderes, welche nicht nachzuahmen ist. Wenn auf das Adjectivum ander
noch ein Adjectiv folget, so bekommt dieses im Plural kein n; andere
große Männer, nicht großen. Eben dieses findet nach den ähnlichen
keiner, aller, einiger, mancher, vieler und jeder Statt.
Anm. 3.
Wachter leitet dieses Wort von der Partikel ant oder ent her, welche
noch in vielen Zusammensetzungen vorhandenist, und einen Gegensatz
bezeichnet. Ander würde also ursprünglich den Gegensatz von ein
andeuten. Allein diese Ableitung setzt mehr Philosophie voraus, als
man den ersten Erfindern der Sprache zutrauen kann. Man thut daher
besser, daß man seine Unwissenheit gestehet; wenn man gleich nicht in
Abrede seyn kann, daß ander, alter, alius. - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image -, und vornehmlich - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - viele Ähnlichkeit mit einander haben. Das Goth. anthar,
Isl. annar, das Angels. othre, das Engl. other, das Dän. andar, können
den Deutschen Ursprung nicht verläugnen. Ja in der Alt-Preußischen
Sprache ist anters gleichfalls der zweyte.
Anderley (W3) [Adelung]
* Anderley, adj. indecl. von anderer Art; ein Oberdeutsches Beywort,
welches den Hochdeutschen unbekannt ist, obgleich Luther es 3. Mos.
19, 19. beybehalten hat: daß du dein Vieh nicht lässest mit anderley
Thier zu schaffen haben.
Änderling (W3) [Adelung]
Änderling, S. Engerling.
Andermann (W3) [Adelung]
+ Der Andermann, des -es, plur. die -männer, in dem Salzwerke zu
Halle, die beyden Träger, welche auf den Vormann oder Erstemann
folgen, und mit ihm die Schichten oder Arbeit anfangen. Die folgenden
heißen Drittemänner.
Ändern (W3) [Adelung]
Ändern, verb. reg. act. 1) Anders machen, anders bestimmen. Das Kleid
muß geändert werden. Ich habe das Haus ändern lassen. Ein Buch ändern.
Seinen Vorsatz ändern. Die Leute haben sich sehr geändert. Ich kanns
nicht ändern. Es ist nicht mehr zu ändern. Besonders, zum Guten
ändern, bessern. Sein Leben ändern. Sich ändern. 2) Aus einer Art von
Bestimmungen, in die andere, aus einem Zustande in den andern
übergehen; mit der vorigen Bedeutung im Grunde einerley. Die Wohnung
ändern, eine andere Wohnung beziehen. Den Ort, die Luft ändern. Die
Kleider ändern, andere Kleider anlegen. Die Religion, den Nahmen, die
Farbe ändern. Die Sachen ändern sich, bekommen andere Bestimmungen.
Daher die Änderung; S. solches hernach besonders.
Anm. Ändern absolute
und als ein Neutrum: Nur dieß mein Elend bleibt und weicht und ändert
nicht, Günth.Rufe nur den leichten Wellen,Und dem grünen Ufer zu.Denn
bey meinen Unglücksfällen Ändern sie so schnell als du, ebend. ist im
Hochdeutschen nicht gebräuchlich.
Andernfalls (W3) [Adelung]
+ Andernfalls, ein Adverbium, welches bey guten Schriftstellern wenig
vorkommt, auch irrig als ein Compositum geschrieben wird, (richtiger
andern Falls,) für, im andern, d. i. entgegen gesetzten Falle, besser,
widrigen Falls, sonst. Leiste mir Gehorsam, andernfalls wirst du
gestrafet werden.
Anderns (W3) [Adelung]
* Anderns, ein Adverbium der Ordnung, für zweytens, welches aber im
Hochdeutschen nur sparsam gefunden wird. Bey den Oberdeutschen lautet
es andertens.
Anderntheils (W3) [Adelung]
+ Anderntheils, adv. für, auf der andern Seite, in dem andern Falle,
in Beziehung auf einestheils. Beyde Wörter werden richtiger getheilt
geschrieben, eines Theiles, andern Theiles, S. die Orthogr.
Anders (W3) [Adelung]
Anders, eine Partikel, welche in zweyerley Gestalt üblich ist.1. Als
ein Adverbium, für auf andere Art, verschieden. Er wird mit den Jahren
schon anders werden. Sich anderns besinnen. Etwas anders deuten. Die
Sache verhält sich ganz anders, als man mir gesagt hatte. Anders aber
wüßte ich ihm nicht zu begegnen. Anders lebt man mit einem Tyrannen,
anders mit einem Freunde. Er thut nicht anders, als wenn er hier zu
Hause wäre. Es war nicht anders, als wenn ich ihn sähe. Ich kann mich
nicht anders, als durch
Thränen entschuldigen. Ich habe es nicht anders als gerne sehen
können. Er konnte nicht anders, als gehorchen, er mußte
schlechterdings gehorchen. Was sagen sie mir? - - Nicht anders; hier
ist der Brief. Da denn nicht anders eine im gesellschaftlichen Umgange
gewöhnliche Art der Bejahung ist, für, es ist nicht anders. Es ist
nicht anders; ihr Leben ist ein beständiges Gebeth, Gell.2. Als eine
Conjunction, welche, 1) das Ausschließende einer Bedeutung ausdruckt,
und so wohl mit wenn oder wo, als auch allein angetroffen wird. Ich
werde sie besuchen, wenn sie anders zu Hause sind. Wenn das anders
deine Meinung ist. Wenn sie anders noch Willens sind, meine Tochter zu
ehelichen, Gell. Wer den Zweck will, der muß auch das Mittel wollen,
wenn er anders verständig ist, ebend. Wo ich mich anders darauf
verstehe. Du mußt arbeiten, willst du anders essen. Hab ich anders
Gnade vor dir funden. Doch soll ich anders sagen, was mein Bedünken
ist, Opitz. 2) * Einen im entgegen gesetzten Falle gewissen Erfolg zu
bezeichnen, für sonst. Man fasset auch nicht Most in alte Schläuche,
anders die Schläuche zerreißen, Matth. 9, 17. In dieser Bedeutung
kommt es im Hochdeutschen wenig mehr vor; aber in Oberdeutschland ist
es in derselben noch völlig üblich.
Anm. Oben bey ander ist bereits
angemerket worden, daß die Partikel anders in Oberdeutschland anderst
lautet, zum Unterschiede von dem Neutro anderes oder anders.Wir irren
insgesammt, nur jeder irret anderst, Hall. Und Siegm. von Birken sagt
in dem Ehrenspiegel des Hauses Österreich ausdrücklich: ein anders ist
etwas anderes vorbringen, und etwas anderst vorbringen. Wo ein solcher
Unterschied einmahl eingeführet worden und allgemein ist; da ist er zu
loben. Wenn aber ein Sprachlehrer denselben in einer Mundart einführen
will, die ihn nie beobachtet hat, so überschreitet er die Grenzen
seiner Gewalt. Anderster, wie einige Oberdeutsche Provinzen sagen, die
es zuweilen gar für das Neutrum anderes gebrauchen, ob da vielleicht
was anderster zu erhalten sey, lößt sich mit nichts, als mit der
Alemannischen Liebe zur Weitschweifigkeit entschuldigen.
Anderseits (W3) [Adelung]
* Anderseits, ein Oberdeutsches Adverbium, für auf der andern Seite,
im andern Falle; ingleichen für sonst, hingegen. Da man andere Wörter
hat, alle diese Begriffe auszudrucken, so kann man dieses immer den
Kanzelleyen überlassen, weil es ohne dieß außer denselben wenig
gehöret wird.
Anderswo (W3) [Adelung]
Anderswo, ein besonders im gemeinen Leben übliches Adverbium, für, an
irgend einem andern Orte. Er ist mit seinen Gedanken anderswo. Dem
Feinde anderswo zu thun machen. Anderes uuar, andersuuar, andersuua,
kommen schon bey dem Notker, den Schwäbischen Dichtern, und im
Schwabenspiegel vor. Einige, besonders Niedersachsen, kehren dieses
Nebenwort um, und drucken es wo anders aus. Anderswoher, und
anderswohin, sind gleichfalls nur den gemeinen Sprecharten eigen.
Anderthalb (W3) [Adelung]
Anderthalb, adj. indeclin. für, ein und ein halb. Anderthalb Pfund.
Anderthalb Jahr. Anderthalb Acker. Anderthalb Faß. Man hüthe sich,
anderthalb hier für den Singular zu halten, und wohl gar die Regel
darauf zu bauen, daß es gar keinen Plural haben könne, weil dieser
wenigstens zwey Dinge. erfordere. Man kann mit eben so vielem Grunde
behaupten, daß hier kein Singular Staat finden könne, weil dieser nur
Einem Dinge allein zukommt. Die angeführten Substantiva stehen hier
materialiter, folglich im Singular, wie schon bey den Wörtern Acker
und Ahm angemerket worden. In andern Fällen, z. B. anderthalb Ellen;
ich habe ihn vor anderthalb Jahren gese-hen; es sind anderthalb
Monathe, daß ich ihn nicht gesehen habe; anderthalb Deutsche Meilen u.
s. f. ist der Plural unläugbar, und läßt sich nicht mit dem Singular
vertauschen.
Anm. Anderthalb kommt schon bey dem Notker und den
folgenden Schwäbischen und Fränkischen Schriftstellern vor, aber nicht
in der heutigen Bedeutung, sondern für, auf der andern Halbe oder
Seite, S. Halbe. Die heutige Bedeutung scheint neuer zu seyn. Indessen
haben wir das Wort auch in dieser den Oberdeutschen zu danken. Denn
das t in der Mitte ist ein deutlicher Beweis, daß ander hier die
Oberdeutsche Ordnungszahl anderter für zweyter ist. Diejenigen, welche
von dieser Ordnungszahl nichts wissen wollen, dürfen daher auch nicht
anderthalb, sondern zweytehalb sagen. Frisch hat die Bedeutung des
ander nicht genug gekannt, sonst würde er das t hier nicht für
überflüssig erkläret haben. Indessen ist doch nicht zu läugnen, daß in
dem Theuerdank und andern Oberdeutschen Schriftstellern auch anderhalb
und andirhalb ohne t vorkommt.
Änderung (W3) [Adelung]
Die Änderung, plur. die -en, das Verbale des Verbi ändern, die
Handlung des Änderns, und der Zustand, da etwas geändert wird. Die
Änderung eines Entwurfes, eines Buches. Die Änderung der Luft, einer
Wohnung, die Vertauschung derselben mit einer andern. Eine Änderung
treffen, eine Änderung mit etwas, oder in etwas treffen, machen,
vornehmen. Zuweilen auch so viel als Besserung. Die Änderung des
Herzens.
Anderwärtig (W3) [Adelung]
Anderwärtig, adj. et adv. von dem folgenden Adverbio, an einem andern
Orte befindlich, auf eine andere Art. Es ist ihm eine anderwärtige
Heirath vorgeschlagen worden, eine andere. Er hofft auf eine
anderwärtige Hülfe, von einem andern Orte her. In einigen
Oberdeutschen Gegenden lautet dieses Beywort nur anderwärt, ein
anderwärtes Oberhaupt.
Anderwärts (W3) [Adelung]
Anderwärts, ein Adverbium des Ortes, an einem andern Orte, auf eine
andere Art. Wer weiß, wo Gott es mir anderwärts ersetzet. Er hat sich
schon anderwärts verheirathet, mit einer andern Person. S. Wärts.
Anderweit (W3) [Adelung]
* Anderweit, ein Adverbium, welches im Hochdeutschen nur selten
vorkommt, für an einem andern Orte, zur andern Zeit, ein anderes Mahl,
auf eine andere Art. Wir wollen schon anderweit für ihn sorgen. Ich
habe ihn auch anderweit gesehen. Der nimmer ändert seinen Eid, Und
sollt' es ihm auch anderweit Den höchsten Schimpf und Schaden bringen,
Opitz.
Anderweitig (W3) [Adelung]
Anderweitig, adj. et adv. von dem vorigen, welches in dessen obigen
Bedeutungen auch im Hochdeutschen üblich ist. Eine anderweitige
Verbindlichkeit, welche man an einem andern Orte, zur andern Zeit,
oder mit andern Personen eingegangen ist; woraus erhellet, daß dieses
Wort schärfer bestimmt, als das einfache ander. Eine anderweitige
Hülfe veranstalten, so wohl eine andere, als auch eine wiederhohlte
Hülfe. Er ist schon anderweitig versorgt, an einem andern Orte, auf
andere Art. Ich habe ihr schon meine anderweitige Absichten gesagt,
Weiße.
Andeuten (W3) [Adelung]
Andeuten, verb. reg. act. 1) Eigentlich, durch Zeichen verständlich
machen, bezeichnen. Seine Meinung durch Geberden andeuten. So
gebrauchen noch einige Mahler dieses Wort, das skizzare legiermente
der Italiäner, ober das Zeichnen einer Figur nach den Hauptstrichen,
auszudrucken. 2) In weiterer Bedeutung, überhaupt so viel als zu
erkennen geben. Die frühe Kälte deutet einen langen Winter an. Dieser
Ausdruck deutet nichts weniger, als eine Unterwerfung an. Er schien
durch seine Verwirrung anzudeuten, daß sein Wunsch nicht ganz erhöret
worden, Dusch. 3) Befehlsweise bekannt machen, mit der dritten Endung
der Person. Einem den Arrest, sein
Mißfallen, seine Ungnade andeuten. Ingleichen, befehlen. Es wurde ihm
angedeutet, sogleich die Stadt zu verlassen.Daher die Andeutung, in
allen diesen Bedeutungen. S. Deuten.
Andichten (W3) [Adelung]
Andichten, verb. reg. act. Einem etwas andichten, es von ihm
erdichten. Dichten sie mir keinen so hassenswürdigen Fehler an, Weiße.
Daher die Andichtung.
Andonnern (W3) [Adelung]
+ Andonnern, verb. reg. neutr. mit haben, ungestüm anpochen. An die
Thür andonnern. Aber ganz, so wohl der Bedeutung, als der Form zuwider
ist es, wenn es in Wielands Combabus heißt: Der arme Liebling stand,
wie angedonnert da, wie vom Donner getroffen.
Andorn (W3) [Adelung]
Der Andorn, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der vornehmlich
dreyerley Pflanzen gegeben wird. 1) Dem Marrubium, L. dessen steifer
Kelch einem Präsentir-Teller gleichet, und zehn Streifen nebst zehn
spitzigen Zähnen hat, von welchem der gemeine, oder weiße Andorn, der
Kretische Andorn, der rauche weiße Andorn, u. a. m. Unterarten sind.
2) Der Ballota, L. deren länglicher Kelch fünf Zähne und zehn Streifen
hat, und von welcher Eine Art auch schwarzer Andorn genannt wird,
vermuthlich wegen der rothblauen Blumen. 3) Einigen Arten der
Roßpoley, oder Stachys, L. deren eckiger Kelch gleichfalls fünf
pfriemenförmige Zähne hat, und wovon die palustris auch brauner
Wasserandorn, und die Germanica, wegen ihres guten Geruches auch
riechender Andorn genannt wird.
Anm. Frisch versichert, daß dieser
Nahme aus dem Lat. Cantherinum gemacht worden, den die erste Art
dieser Pflanzen bey den ältern Kräuterkennern führet. Es kann indessen
derselbe auch von dem stacheligen Kelche und Samengehäuse herrühren,
deren Stacheln gar wohl Dornen genannt werden können, zumahl mit dem
voran gesetzten mildernden an, welches hier eine bloße Ähnlichkeit
bedeuten kann. S. Ähnlich, ingleichen An,
Anm. 7.
Andrängen (W3) [Adelung]
Andrängen, verb. reg. act. durch Drängen einer Sache nähern. Jemanden
an die Wand andrängen. Daher die Andrängung.
Andräuen (W3) [Adelung]
Andräuen, S. Androhen.
Andreas (W3) [Adelung]
Andreas, ein männlicher Taufnahme, Hebräischen Ursprunges, welcher im
gemeinen Leben in Andres und Drews, Dres verkürzet wird.
Andreas-Gebeth (W3) [Adelung]
Das Andreas-Gebeth, des -es, plur. die -e, ein Gebeth abergläubiger
lediger Weibesbilder, worin sie in der Andreas-Nacht diesen Heiligen
um einen Mann zu bitten pflegen.
Andreas-Kreuz (W3) [Adelung]
Das Andreas-Kreuz, des -es, plur. die -e, ein Kreuz, welches einem
Latein. X gleichet, und den Nahmen von dem heiligen Andreas hat, der
an einem solchen Kreuze soll seyn hingerichtet worden. Es wird sonst
auch das Schächerkreuz, ingleichen das Burgundische Kreuz genannt.
Andreas-Orden (W3) [Adelung]
Der Andreas-Orden, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schottländischer
Ritterorden, welchen König Jakob der Fünfte 1542 gestiftet, die
Königinn Anna von England aber 1703 bestätiget hat, und auf welchem
der heilige Andreas in blauer Kleidung mit einem weißen Andreas-Kreuze
zu sehen ist. Weil die Ritter außer diesem Schilde auch einen
silbernen Stern mit einer grünen Distel führen, so wird dieser Orden
auch der Distelorden genannt.
Andrechseln (W3) [Adelung]
Andrechseln, verb. reg. act. durch Drechseln an einem andern Dinge
hervor bringen, oder daran befestigen, wohl nur in der im gemeinen
Leben üblichen R. A. das Kleid sitzt, als wenn es ihm angedrechselt
wäre, sitzt ihm überaus nett.
Andrehen (W3) [Adelung]
Andrehen, verb. reg. 1. Neutrum mit haben, anfangen zu drehen. 2.
Activum, durch Drehen an etwas anders befestigen. So drehen die Weber
die Fäden der Kette an den alten Drom an.+ Figürlich, in der R. A.
einem eine Nase andrehen oder drehen, seine Leichtgläubigkeit
mißbrauchen. Daher die Andrehung.
Andrienne (W3) [Adelung]
Die Andrienne, plur. die -n, der Französische Nahme eines langen,
vorn herunter offenen Frauenzimmerkleides. Er rühret von einem
Schauspiele des Baron, l'Andrienne, her, welches eine Nachahmung der
Andria des Terenz war, und 1703 zu Paris aufgeführet wurde, bey
welcher Gelegenheit die Schauspielerinn Dancourt, welche die Andria
vorstellete, diese neue Kleidung erdachte. Im Deutschen heißt ein
solches Kleid ein Schleppkleid, und in einigen Gegenden ein Schlumper.
Andringen (W3) [Adelung]
Andringen, verb. irreg. neutr. ( S. Dringen,) welches das Hülfswort
seyn zu sich nimmt, sich dringend, d. i. mit einer Art von Gewalt,
einer Sache nähern. Der Feind dringt an. Auf den Feind andringen. Er
drang mit großer Heftigkeit auf mich an, ging auf mich los. So auch
die Andringung.
Anm. In Oberdeutschland wird es außer dem angeführten
Falle auch auf das einfache dringen, ingleichen für zudringen
gebraucht. In solchen zudringenden (dringenden) Umständen. Ein
andringender, oder andringlicher Kläger, der muthwillig Ursachen zu
Klagen sucht, sich zudringt. Andringend für interessant hat wenig
Beyfall gefunden.
Androhen (W3) [Adelung]
Androhen, verb. reg. act. mit etwas bedrohen. Einem etwas androhen.
Einem den Tod androhen. Dem angedroheten Streiche ausweichen. Aller
androhenden Gefahr ausweichen, für drohenden, ist Oberdeutsch, wo
dieses Verbum auch andräuen lautet. Daher die Androhung.
Andruck (W3) [Adelung]
Der Andruck, des -es, plur. die -e, bey den Buchdruckern, ein Blatt,
welches an die Vorrede angedrucket wird, aber an das Ende gehöret, und
daher von dem Buchbinder abgeschnitten werden muß.
Andrucken (W3) [Adelung]
Andrucken, verb. reg. act. durch Drucken mit einer andern Sache
verbinden, doch nur von dem Bücherdrucke. Ein Buch an das andere
andrucken.
Andrücken (W3) [Adelung]
Andrücken, verb. reg. act. durch Drücken einer andern Sache nähern.
Jemanden an die Wand andrücken. Den Gyps, den Kalk fest andrücken.
Daher die Andrückung.
Andurch (W3) [Adelung]
* Andurch, für dadurch, eine Oberdeutsche Partikel, welche sich auch
in einige Hochdeutsche Kanzelleyen eingeschlichen hat. Daß hoffentlich
die ganze Welt andurch werde überzeuget werden.
Aneifern (W3) [Adelung]
Aneifern, verb. reg. act. den Eifer, d. i. lebhaftes Bestreben, in
jemanden hervor bringen, anfeuern, antreiben; ein vorzüglich im
Oberdeutschen übliches Verbum.
Aneignen (W3) [Adelung]
* Aneignen, verb. reg. act. sich etwas, besser zueignen.
Aneinander (W3) [Adelung]
Aneinander, besser an einander. S. Einander.
Anekeln (W3) [Adelung]
Anekeln, verb. reg. 1. Neutrum mit haben, Ekel erwecken, mit dem
Accusativ der Person. Es ekelt mich an. 2. Activum. Ekel gegen etwas
äußern. Eine Sache anekeln, Herd. In beyden Fällen sehr ungewöhnlich.
Anempfehlen (W3) [Adelung]
Anempfehlen, verb. irreg. act. ( S. Befehlen,) eine in den meisten
Fällen unnöthige Verlängerung des Verbi empfehlen, welches siehe. So
auch die Anempfehlung.
Anerbe (W3) [Adelung]
* Der Anerbe, des -n, plur. die -n, ein Wort, welches noch in
Niedersachsen und Westphalen üblich ist, einen Erben oder nächsten
Erben zu bezeichnen, und am häufigsten von dem Guteserben eines
Eigenbehörigen gebraucht wird. S. auch Haltaus h. v.
Anerben (W3) [Adelung]
Anerben, verb. reg. act. erblich mittheilen. Angeerbte Güter.
Ingleichen figürlich, bey und mit der Geburt mittheilen. Diese
Krankheit ist ihm angeerbt. Angeerbte Vorurtheile. Ein angeerbtes
Wapen. Anerben, als ein Neutrum, für erblich empfangen: ich habe zwar
die Schuld von Adam angeerbet, Gryph. ist im Hochdeutschen nicht
gewöhnlich.
Anerbiethen (W3) [Adelung]
Anerbiethen, verb. irreg. act. welches eine bloße Verlängerung der
Zeitwörter anbiethen und erbiethen ist. Einem etwas anerbiethen,
besser anbiethen. Am häufigsten gebraucht man es noch für erbiethen.
Sich zu etwas anerbiethen, erbiethen. Jemandes Anerbiethen annehmen,
sein Erbiethen. So auch anerböthig, für erböthig.
Anerkennen (W3) [Adelung]
Anerkennen, verb. irreg. act. ( S. Kennen.) 1) * So viel als das
einfache erkennen, in welchem Falle aber das an eine müßige
Verlängerung ist. 2) In engerer Bedeutung. (a) Bey den neuern
Philosophen, mit klarer Unterscheidung der Merkmahle erkennen,
appercipere. Daher die Anerkenntniß, die deutliche Erkenntniß,
Apperception. (b) Erkennen und eingestehen. Jemandes Wohlthaten
anerkennen. Die Ehre ist äußere Anerkennung unserer Vorzüge. Da es
denn auch nicht unfüglich für das Latein. recognosciren, im
gerichtlichen Verstande gebraucht wird. Seine Handschrift, seine
Unterschrift anerkennen.
Anerle (W3) [Adelung]
Die Anerle, plur. die -n, ein Nahme, der an einigen Orten der
Maserle, oder dem Masholder, gegeben wird. Wenn die erste Sylbe das
Vorwort an ist, so hat dasselbe hier unstreitig eine mildernde
Bedeutung, einen Baum anzudeuten, der der Erle nur in einigen Stücken
gleich ist; indem die Maserle von vielen nur unter das Buschholz
gezählet wird, ob es gleich auch haubare Stämme von derselben gibt. S.
Ähnlich und An,
Anm. 7.
Anerringen (W3) [Adelung]
* Anerringen, verb. irreg. act. ( S. Ringen,) welches in
Oberdeutschland zu Hause ist, wo es besonders im Particip. Passiv. für
erwerben gebraucht wird. Solche dem Churhause von ältern Zeiten
anerrungene und angeborne Rechte. Die Anerrungenschaft, wird daher
eben daselbst für ein rechtmäßig erworbenes Gut gebraucht.
Anerschaffen (W3) [Adelung]
Anerschaffen, verb. irreg. act. ( S. Schaffen,) bey und in der
Schöpfung mittheilen; ein Verbum, wovon nur die zusammen gesetzten
Zeiten und das Particip. Passiv. üblich ist. Gott hatte dem Menschen
sein Ebenbild anerschaffen. Das anerschaffene Ebenbild Gottes.
Anerschaffene Begriffe behaupten. Es ist freylich das von der
Oberdeutschen Mundart verlängerte anschaf-fen; indessen ist doch
dieses in der jetzt gedachten Bedeutung nicht so üblich, obgleich
Klopstock einmahl sagt: Herrlichkeit, die ihm der Donnerer anschuf.
Anerwogen (W3) [Adelung]
* Anerwogen, eine Oberdeutsche Conjunction, welche von dem Zeitworte
erwägen gemacht ist, für in Betrachtung, indem, und auch in den
Hochdeutschen Kanzelleyen nicht selten ist. Anerwogen, daß er sich die
Schuld selber beyzumessen hat, oder anerwogen, er sich u. s. f. Gute
Schriftsteller können diese unreine Partikel gar wohl entbehren.
Anewand (W3) [Adelung]
Anewand, S. Anwand.
Anfachen (W3) [Adelung]
Anfachen, verb. reg. act. welches eigentlich von dem Feuer gesagt
wird, dasselbe anblasen und vermehren, und nur in der höhern
Schreibart der Neuern üblich ist. Hast du in ihrer Brust ein Feuer
angefacht, Das die Gefahren trutzt? Schleg. Und schimmert noch in dir
ein Funke Tugend, So fach ihn an, ebend.Geneuß, geneuß der Ruh, die
dir entzogen, Seit ich dieß Feuer angefacht, Raml. Figürlich wird es
auch von dem Zorne, dem Kriege und andern Sachen gebraucht, die sonst
mit dem Feuer verglichen werden. Einen Krieg anfachen, Schleg.
Unheilige fachen den Zorn weiter an, Hiob. 26, 13. nach des Herrn
Ritter Michaelis Übersetzung.
Anm. Man wird dieses Verbum, so wie das
einfache fachen in allen Wörterbüchern und Glossarien vergebens
suchen. Die Ursache wohl, weil es auch in den ältern Zeiten wenig
vorkommt, und erst von unsern neuern Dichtern wieder hervor gezogen,
und der Vergessenheit entrissen worden. Was dessen Ableitung betrifft,
so läßt es sich am schicklichsten zu der Familie des Wortes wehen
rechnen, von welchem es der Form nach ein Intensivum ist, und alsdann
würde anfachen, so viel als anwehen, anblasen bedeuten, und fächern
würde das Frequentativum, so wie fächeln das Diminutivum von dem
einfachen fachen seyn. Das spätere Latein. affocare, und das Ital.
affocare bedeuten gleichfalls anfachen. S. 3. Fachen und Fächeln.
Anfahen (W3) [Adelung]
* Anfahen, verb. irreg. neutr. et act. ich fing an, angefangen, eine
veraltete Oberdeutsche Form des Verbi anfangen, welche im
Hochdeutschen fast gar nicht mehr gehöret wird, übrigens aber in allen
Stücken mit anfangen überein kommt.
Anfahren (W3) [Adelung]
Anfahren, verb. irreg. ( S. Fahren,) welches in gedoppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) Den Anfang
machen zu fahren, besonders in der Sprache der Bergleute, an seine
Arbeit gehen, und zwar so wohl an die Grubenarbeit, als auch an die
Hüttenarbeit. S. Fahren. Die Bergleute fahren an, sind angefahren.
Daher der Anfahrschacht, des -es, plur. die -schächte, ein Schacht,
durch welchen die Grubenarbeiter anfahren, oder sich an ihre Arbeit
begeben; ingleichen das Anfahrgeld, des -es, plur. inusit. dasjenige
Geld, welches der neue Häuer dem Geschwornen und Steiger derjenigen
Zechen bey welchen er angenommen wurde, ehedem geben mußte, und auch
Häuergeld genannt wird. 2) Sich fahrend einem Orte nähern, hinan
fahren. Man kann nicht nahe an das Haus anfahren. Die Flotte fuhr an
die Insel an, ist an die Stadt angefahren. Wir sind unter Weges bey
unserm Freunde angefahren, auf kurze Zeit ausgestiegen. 3) Im Fahren
an etwas anstoßen. Der Fuhrmann ist mit dem Wagen an die Mauer
angefahren. 4) Heran fahren, doch nur mit dem Verbo kommen und im
gemeinen Leben. Die Baronessinn Quant mit schönen blonden Haaren Kam
von dem Rittergut mit sechsen angefahren, Zach.
5) In weiterer Bedeutung, von heftiger Gewalt getrieben, an etwas
anstoßen. Die Art fuhr an die Wand an. Der Ball ist an das Fenster
angefahren.II. Als ein Activum. 1) Vermittelst eines Fuhrwerkes,
herbey oder heran führen. Holz, Steine, Schutt anfahren. 2) Figürlich,
plötzlich mit harten Worten begegnen. Er fuhr mich heftig an. Ein
frommer Greis Ward jüngst von ihm sehr höhnisch angefahren, Haged.
Anm. In dieser letzten Bedeutung kommt anafaron schon bey dem Ottfried
vor. Anfahren, für übel ankommen, angeführet werden, ist zwar im
Oberdeutschen, aber nicht im Hochdeutschen üblich. Das Substantiv die
Anfahrung kann nur in der ersten Bedeutung des Activi gebraucht
werden. In den Bedeutungen des Neutrius, besonders in der ersten,
kommt zuweilen das Hauptwort die Anfahrt vor. S. auch Anfurt.
Anfahrt (W3) [Adelung]
Die Anfahrt, plur. die -en, in einigen Gegenden, das Lehngeld oder
die Lehnwaare bey neu erkauften Bauerngütern. S. Lehenwaare.
Anfall (W3) [Adelung]
Der Anfall, des -es, plur. die -fälle, von dem Verbo anfallen, so
wohl die Handlung des Anfallens, als auch die anfallende Sache, und
der Ort, an welchen der Anfall geschiehet.1. Die Handlung des
Anfallens. 1) In der eigentlichen Bedeutung des Neutrius. Der Anfall
des Baumes an die Wand, der Mauer an das Haus; wofür man aber lieber
den Infinitivum das Anfallen gebraucht. 2) In der figürlichen
Bedeutung des Neutrius. (a) die schnelle Annäherung, besonders bey den
Vogelstellern, von den Vögeln. Auf diesem Bogen ist ein guter Anfall,
die Vögel kommen gern dahin. (b) Die unvermuthete Erlangung einer
Sache, besonders durch den Todesfall eines andern. Der Anfall eines
Gutes. Die Clausel auf allen ledigen Anfall, welches so wohl in
Ehestiftungen als auch in Lehensbriefen üblich ist, bedeutet daher in
jenen eine jede Erlangung einer Erbschaft, in diesen aber den Fall der
Erledigung des Lehens. 3) In der Bedeutung des Activi, der schnelle
feindliche Angriff. Der Anfall des Feindes, der feindliche Anfall:
Einen Anfall auf den Feind thun. Den Feind bey den ersten Anfällen in
die Flucht treiben. Große Leute weichen oft bey den leichtesten
Anfällen. Ingleichen in weiterer Bedeutung, der heftige Angriff oder
Ausbruch einer Krankheit, einer Leidenschaft. Der Anfall von dem
Steine. Einen Anfall von dem Podagra haben. Das allerliebste
Geschlecht hat doch immer seine eigensinnigen Anfälle, Weiße. Ich
kenne schon dergleichen Anfälle von Tugend; sie gehen vorbey, wie ein
Fieberschauer, ebend. Bereiten sie ihr Herz, den fürchterlichsten
Anfällen des Schreckens und der Betrübniß Widerstand zu thun, von
Brawe. Ingleichen ungestümes Bitten. Warum soll ich den unverschämten
Anfällen eines jeden ausgesetzt seyn? Im weitesten Verstande oft eine
jede schnelle und lebhafte Wirkung auf etwas. Den Verstand gegen so
viele Anfälle der Sinne in seiner Überzeugung erhalten.2. Dasjenige,
was anfällt, doch nur in der figürlichen Bedeutung des Neutrius, ein
Gut, welches man durch einen Zufall, und besonders durch einen
Todesfall erlanget, anzudeuten; dergleichen Güter in dem Lateine der
mittlern Zeiten Caduca und Escaetae genannt wurden. Sich aller
künftigen Anfälle verzeihen. Es ist verglichen worden, daß die
künftigen Anfälle als gemeinschaftliche Güter angesehen werden sollen.
Ingleichen die Anwartschaft auf ein künftiges Gut, besonders auf ein
Gnadenlehn, und das Recht, welches daraus entspringet; das
Anfallsrecht, ingleichen, das Angefall. Den Anfall auf etwashaben.
Keinen Theil noch Anfall am Worte haben. Apostelg. 8, 21. In den
Schwäbischen und Sächsischen Lehnrechten wird auch die Vormundschaft,
die der Lehnsherr über einen unmündigen Vasallen führet, die Anefelle,
das Anfall, und die Angefelle genannt, welchen Nahmen auch die
Einkünfte des Lehngutes führen, die der Lehnsherr während dieser Zeit
genießet. S. Schilters Gloss. v. Anevellunge.3. Der Ort, und die
Sache, woran etwas fällt. So werden 1) in den Bergwerken diejenigen
Breter oder Hölzer in den Schächten und Strecken, welche das Hangende
vor dem Einfalle bewahren, der Anfall, oder im Plural die Anfälle
genannt. Da indessen dieses Wort von den Bergleuten auch Anpfahl
gesprochen und geschrieben wird, so stehet dahin, ob es nicht mit
mehrerm Rechte zu dem Worte Pfahl gehöret. 2) Auf den Vogelherden
heißen diejenigen dürren Waldbäume, welche kein Laub mehr haben, und
an der einen Seite des Herdes, wo die großen Vorläufer angemacht sind,
befestiget werden, Anfälle, weil die Vögel gern auf diese Bäume zu
fallen pflegen.
Anm. Anfall, für ein angefallenes Gut und Anwartschaft,
ist schon alt. In einer Urkunde von 1300 in der Thuring. Sacra, Th. 1.
S. 571, heißt es: Omne jus successorum, quodvulgariter dicitur,
anevall. Mehrere Beyspiele hat Haltaus v. Anfall und Angefälle. Ob nun
gleich dieses Wort schon in dem Schwäbischen Lehnrechte vorkommt, so
muß es doch in der ersten Hälfte des 16ten Jahrhundertes in
Oberdeutschland schon ziemlich unbekannt gewesen seyn, weil es in der
1523 zu Basel veranstalteten Ausgabe von Luthers neuem Testamente mit
unter die unbekannten Wörter gesetzet, und durch anteil, loß, zufall
erkläret wird.
Anfallen (W3) [Adelung]
Anfallen, verb. irreg. S. Fallen. Es ist:I. Ein Neutrum, welches das
Hülfswort seyn erfordert. Es bedeutet alsdann, 1) eigentlich, sich
fallend einer Sache nähern, im Fallen an etwas stoßen. Er ist an mich
angefallen. Der Baum fiel an die Mauer an. 2) Figürlich. (a) Sich
schnell einem Orte nähern, absolute gebraucht, besonders von den
Vögeln. Die Vögel fallen hier gern an, kommen gern hieher. (b) Durch
einen Zufall, besonders durch einen Todesfall in eines andern Besitz
gerathen. Es ist mir ein Lehn, eine Erbschaft angefallen. Angefallene
Güter. Die Landstände haben ihn zur Besitznehmung des ihm angefallenen
Thrones einladen lassen.II. Ein Activum, schnell und heftig angreifen,
einen andern thätig und unvermuthet beleidigen. Jemanden anfallen. Er
hat mich mit dem Degen in der Hand angefallen. Der Feind fiel das Land
an. Der Hund fällt alle Leute an. Ingleichen von dem schnellen
Ausbruche einer Krankheit, oder eines Paroxysmus derselben. Das Fieber
hat ihn angefallen. In noch uneigentlicherer Bedeutung gebrauchen die
Jäger dieses Verbum von den Leithunden, wenn sie die Fährte eifrig
suchen. Der Hund fällt die Fährte muthig an.
Anm. Anfallen war in
beyden Gattungen schon den Alten bekannt. Daz fiur siel sie ana, das
Feuer fiel über sie, sagt Notker Ps. 57. In der figürlichen Bedeutung
des Neutrius kommt es so wohl bey dem Stryker, als in dem
Schwabenspiegel vor, nur daß es hier mit der vierten Endung der Person
verbunden wird. Die Erben, die das Gut anvellet, Schwabensp. Was
jemand erbez anvellet, ebend. Außer dem bedeutet es in dem
Schwabenspiegel auch, eine entwandte Sache gerichtlich vindiciren.
Anfällig (W3) [Adelung]
+ Anfällig, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben gehöret wird.
1) Anfällige Güter, richtiger angefallene. 2) Eine anfällige Seuche,
eine ansteckende.
Anfallsgeld (W3) [Adelung]
Das Anfallsgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, in den
Lehnrechten, eine Art von Laudemien-Geldern, welche dem Lehnherren von
den Lehngütern, wenn sie einem Verwandten anfallen, entrichtet werden.
Anfallsrecht (W3) [Adelung]
Das Anfallsrecht, des -es, plur. die -e, überhaupt ein jedes Recht,
welches aus der erhaltenen Anwartschaft auf ein Lehn entspringet, und
auch wohl diese Anwartschaft selbst. Daß dieser Ausdruck in den
Brabantischen Rechten noch in einer andern Bedeutung genommen werde,
erhellet aus Schilters Gloss. S. 48.
Anfälschen (W3) [Adelung]
Anfälschen, verb. reg. act. durch unechten Zusatz einen bessern
Schein, Geschmack u. s. f. geben. Den Wein anfälschen, wenn man den
Geschmack oder die Farbe durch Zusätze zu erhöhen sucht. Waaren
anfälschen, ihnen ein besseres Ansehen geben. S. An,
Anm. 7.
Anfang (W3) [Adelung]
Der Anfang, des -es, plur. doch nur selten, die -fänge, von dem
folgenden Verbo anfangen, das Erste, so wohl der Zeit und dem Orte
nach, als auch dem Entstehen einer Sache nach. 1) Der Zeit nach. Der
Anfang des Jahres, des Tages, des Abends, des Frühlinges. Ich habe ihn
erst zu Anfange, oder um den Anfang des gegenwärtigen Jahres gesehen.
Mit dem Anfange der künftigen Woche will ich zu dir kommen. Gegen den
Anfang des folgenden Monathes hoffe ich ihn zu sprechen. Sie gefiel
mir gleich im Anfange, oder vom Anfange an, da ich sie zum ersten
Mahle sahe. 2) Dem Orte nach, das Vorderste einer Sache. Der Anfang
eines Buches, des Weges, des Waldes. Ein Buch von Anfang bis zum Ende
durchlesen. Dieß ist der Anfang meines Ackers; hier nimmt mein Acker
seinen Anfang. Von diesem Steine an nimmt meines Nachbars Acker seinen
Anfang. 3) Die Gelangung zur Wirklichkeit, so wohl in der thätigen als
leidentlichen Bedeutung des Verbi. Der Anfang eines Schauspieles,
einer Handlung, des Krieges, eines Streites. Seinen Anfang nehmen. Den
Anfang mit etwas machen. Den Anfang mit Lesen, Tanzen, Singen machen.
Sprichw. Aller Anfang ist schwer. Anfang ist kein Meisterstück.
Anm.
Der Plural ist von diesem Worte ein wenig ungewöhnlich, obgleich nicht
ganz unerhört. Die Anfänge der apostolischen Briefe. Die Reden sind
die ersten Anfänge der Thaten, Less. Aber Anfänge für Anfangsgründe,
ist eine unnöthige Nachahmung des Französischen Commencemens. Wenn die
adverbischen Redensarten vom Anfange, zu Anfange, und im Anfange nicht
den Anfang einer gewissen bestimmten Zeit andeuten sollen, so
gebraucht man dafür lieber die Nebenwörter anfänglich und anfangs.
Anauanch kommt schon bey dem Notker vor; indessen bedienten sich die
Alten fast eben so oft der Hauptwörter Anakin und Anageng. S. Beginnen
und Angehen.
Anfangen (W3) [Adelung]
Anfangen, verb. irreg. ( S. fangen,) welches in gedoppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum, den Anfang machen, und zwar:1)
Eigentlich, da es so wohl mit der vierten Endung der Sache, als mit
dem Infinitiv und dem Wörtchen zu gebraucht wird. Eine Rede, eine
Arbeit, ein Spiel anfangen. Den Krieg anfangen. Du hast den Streit
angefangen. Ein anderes Leben, eine neue Regierung anfangen. Wieder
von vornen anfangen. Er fing seine Regierung mit Abschaffung der
Mißbräuche an. Er hat schiecht angefangen, er wird auch schlecht
aufhören. Er fängt es wieder da an, wo er es gelassen hat, er verfällt
wieder auf seine vorigen Handlungen. Anfangen etwas zu thun. Anfangen
zu arbeiten, zu essen, zu spielen u. s. f.In dieser letzten Wortfügung
wird der Infinitiv, welcher den Gegenstand des Anfanges bestimmet, oft
ausgelassen. Ein Liedanfangen, zu singen. Er ist sehr böse, wenn er
anfängt, zu zürnen. Er weiß es zum voraus, daß Thyrsis stets gewinnt,
Doch fängt er mit ihm an, Rost. zu streiten, zu wetteifern. Am
häufigsten wird der Infinitiv zu reden, zu sagen, ausgelassen, wenn
man eines andern Worte anführet. Deine Aufführung gefällt mir gar
nicht, fing sie an. Was soll denn das werden? fing er an. Wo denken
sie denn hin? fing er zu mir an.Oft stehet zwar ein Infinitiv; aber es
wird doch ein anderer ausgelassen, und dieses geschiehet vornehmlich
alsdann, wenn von der ersten Erlernung einer Sache die Rede ist. Das
Kind fängt an zu gehen, es fängt an, gehen zu lernen, oder es lernet
gehen. Er fängt an zu lesen. Er hat schon lange angefangen zu
schreiben, schreiben zu lernen. Da diese Art des Ausdruckes zweydeutig
ist, indem sie auch die Wiederhohlung einer schon bekannten und
mehrmahls geübten Handlung bezeichnen kann, so vermeidet man solche
lieber in solchen Fällen, wo die Zweydeutigkeit von Folgen seyn
kann.2) In weiterer Bedeutung, so viel als thun, verrichten, und zwar,
(a) überhaupt. Er hat Glück in allem was er anfängt. Was soll ich
anfangen? Was soll ich mit ihm anfangen? Sagen sie mir nur, was bey
der Sache anzufangen ist. Fragen sie ihr Herz, was sie mit mir
anfangen wollen. Auch in den Redensarten, Händel, Streit, Krieg mit
einem anfangen, Unruhen anfangen u. s. f. wenn die Hauptwörter ohne
Artikel stehen, verschwindet der Begriff des Anfanges fast ganz, und
läßt nur den Begriff der Verursachung zurück. Besonders, (b)
gebrauchen, nützen. Es ist nichts mit ihm anzufangen, man kann ihn zu
nichts gebrauchen. Ich muß einen Schwiegersohn haben, mit dem was
anzufangen ist, Schleg. (c) Die rechten Mittel zur Erreichung einer
Absicht wählen. Wie werden wir es aber anfangen, daß er zu mir kommt?
Nichts ist leichter zu erlangen, als die Glückseligkeit, wenn wir es
nur recht anfangen, derselben theilhaftig zu werden. (b) Zur Absicht
haben; mit auf. Es war auf mein Verderben angefangen. Es war darauf
angefangen, ihn zu Grunde zu richten. Nur weich darauf zu sitzen,Zu
sorgen, nicht zu prangen, Darauf ists angefangen, Logau. II. Als ein
Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, seinen Anfang nehmen;
mit dem Infinitiv und dem Wörtchen zu. Die Bäume fangen an zu blühen.
Die Thränen fingen schon an, ihm in die Augen zu treten. Die Kälte
fängt an nachzulassen. Es fängt an warm zu werden. Dieser Gebrauch des
Verbi anfangen, hat seine Grenzen, die man nicht überschreiten darf.
Z. B. Er fängt schon an, einen Bart zu bekommen, würde ein harter
Gallicismus seyn.Auch ist es wider den guten Sprachgebrauch, den
Infinitiv in die bestimmte Art zu verwandeln, und durch das Bindewort
und mit dem Zeitworte anfangen zu verbinden. Es fängt an und wird
kalt. Der Mensch fängt an und wird stolz. Dergleichen Wortfügungen
werden billig dem großen Haufen überlassen, bey dem sie entstanden
sind.Wohl aber ist es erlaubt, das Neutrum anfangen reciproce
auszudrucken, wenn der Zusammenhang den Infinitiv nicht verstattet.
Das Spiel hat sich erst angefangen. Hier fängt sich das erste Kapitel
an. Meine Rede soll sich davon, oder damit anfangen. Wie fing sich der
Streit an? Hier fangen sich die Grenzen an. Das Gebirge fängt sich bey
dem Meere an.Wenn dieses Neutrum unpersönlichen Verbis zugesellet
wird, so pflegen auch gute Schriftsteller die letztern in den
Infinitiv zu setzen,
anfangen aber nur unpersönlich auszudrucken. Mich fängt schon an zu
hungern, zu dursten, zu frieren, zu schwitzen u. s. f. Fast fängt mich
meine Neugier an zu reuen, Weiße.
Anm. 1. Nichts ist, selbst bey guten
Schriftstellern, gewöhnlicher, als daß der Präposition an, wenn sie
von ihrem Verbo getrennet werden muß, eine falsche Stelle angewiesen
wird. Ich fing zu singen an, Gleim, ich fing an zu singen. Zeus fing
vor langer Weile zu donnern an, Wiel. besser, fing vor langer Weile an
zu donnern. Ich fing mich an zu schämen, ich fing an, mich zu schämen,
Gell. Dergleichen Fehler werden durch kein Ansehen zu Schönheiten.
Wenn aber Dichter die Präposition auch in dem Infinitive von dem
Zeitworte trennen, so lässet sich solches allenfalls mit dem
unbiegsamen Sylbenmaße dieses Verbi entschuldigen; z. B. Soll ich
vielleicht schon an zu lachen fangen? Gell. Bestürmt von Lieb' und
Zärtlichkeit, Wollt' ich schon an zu reden fangen, ebend.
Anm. 2. Die
heutige Bedeutung dieses Verbi ist sehr figürlich. Eigentlich müßte es
bedeuten, den Anfang machen mit fangen. Kero und andere alte
Alemannische Schriftsteller gebrauchen das einfache fiangan in der
heutigen Bedeutung des Anfangens. Dieß könnte vermuthen lassen, daß
fangen in dieser Zusammensetzung ein ganz anderes Verbum sey, als
fangen, capere. Allein man wird eines andern überführet, wenn man
bedenket, daß anfangen eine bloß buchstäbliche Übersetzung des
Lateinischen incipere ist, welches gleichfalls aus capere zusammen
gesetzet ist. Durch dergleichen buchstäbliche und oft ungeschickte
Übersetzungen haben wir mehrere Wörter bekommen. Daß anfangen so wohl
in dem Alemannischen als Sächsischen Rechte ehedem auch so viel als
vindiciren, sich ein entwendetes Gut wieder anmaßen, bedeutet habe,
kann man aus dem Haltaus h. v. und aus C. V. Grupens Deutschen
Alterthümern, S. 102 f. lernen.
Anfänger (W3) [Adelung]
Der Anfänger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anfängerinn,
plur. die -en. 1) Eine Person, welche den Anfang zu etwas macht, doch
am häufigsten nur in der biblischen R. A. Gott ist der Anfänger und
Vollender des Glaubens. Denn sonst wird dieses Wort gemeiniglich nur
im nachtheiligen Verstande genommen, den Urheber eines Streites, den
angreifenden Theil auszudrucken. Der Anfänger eines Krieges, einer
Schlägerey, eines Zankes. Er ist der Anfänger. 2) Eine Person, welche
die Anfangsgründe einer Sache erlernet, im Gegensatze eines Geübten.
Er ist noch ein Anfänger in der Mathematik, in der Musik. Das kann
auch ein Anfänger begreifen. Ingleichen eine Person, welche den Anfang
mit ihrer eigenen Haushaltung macht. Ein junger Anfänger.
Anfänglich (W3) [Adelung]
Anfänglich, adj. et adv. das erste der Zeit und Entstehung nach. Die
anfängliche Einrichtung eines Werkes. Noch häufiger als ein Adverbium,
für im Anfange, so fern dieses Hauptwort keinen genau bestimmten
Anfang bedeutet. Anfänglich versprach er es; allein hernach nahm er
sein Wort wieder zurück, erst, zuerst.
Anfangs (W3) [Adelung]
Anfangs, ein Adverbium der Zeit, wie das vorige. Ich glaubte es
anfangs nicht. Kurz eine Schäferinn muß anfangs strenge scheinen,
Gell.
Anfangsbuchstab (W3) [Adelung]
Der Anfangsbuchstab, des -ens, plur. die -en, derjenige Buchstab,
welcher ein Wort, eine Zeile oder einen Satz anfängt.
Anfangsgründe (W3) [Adelung]
Die Anfangsgründe, sing. inusit. die ersten Grundsätze einer Kunst
oder Wissenschaft, aus welchen alle übrige herfließen. Die
Anfangsgründe der schönen Wissenschaften. Bey einigen auch die
Anfangslehren, gleichfalls nur im Plural.
Anfärben (W3) [Adelung]
Anfärben, verb. reg. act. 1) + Im gemeinen Leben für anstreichen.
Einen Schrank anfärben. 2) Ein wenig färben, oder vielmehr auf
unerlaubte Art färben. Den Wein anfärben. Angefärbtes Pelzwerk.
Anfassen (W3) [Adelung]
Anfassen, verb. reg. act. 1) Angreifen, etwas zu halten. Etwas mit
den Händen, mit den Zähnen anfassen. Einen am Mantel, an der Hand, an
der Brust anfassen. Einen bey der Hand, bey den Haaren, bey der Brust
anfassen. 2) Anreihen. Perlen anfassen, an eine Schnur anreihen. So
auch die Anfassung.
Anm. Dieses Verbum wurde ehedem auch so wie
angreifen, in weiterer Bedeutung gebraucht, für bestreiten, in
Anspruch nehmen. S. Haltaus h. v. In dieser, im Hochdeutschen jetzt
ungewöhnlichen Bedeutung, kommt es noch bey dem Opitz zu Anfange des
dritten Buches seiner Übersetzung von Grotii Gedichte von der Wahrheit
der Schristlichen Religion vor: - Daß ihn zu hintertreiben,Dieß, was
er angefaßt, wahrhaftig doch muß bleiben.
Anfaulen (W3) [Adelung]
Anfaulen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
anfangen zu faulen. Die Äpfel sind angefaulet. Angefaultes Obst. Ein
angefaulter Baum.
Anfechten (W3) [Adelung]
Anfechten, verb. irreg. act. S. Fechten. 1. Eigentlich, fechtend, d.
i. mit den Waffen, angreifen; welche Bedeutung aber nicht mehr üblich
ist. 2. Figürlich. 1) Einen schwachen Angriff auf etwas thun, im
figürlichen Verstande. Von einer Krankheit angefochten werden. Das
ficht meine Ehre an. Auch diese Bedeutung ist bey guten Hochdeutschen
Schriftstellern ungewöhnlich, ob sie gleich im Oberdeutschen häufig
vorkommt. 2) Mit schwachen oder bloß scheinbaren Gründen angreifen,
zum Unterschiede von dem bestreiten. Eines andern Meinung anfechten.
Einen Satz anfechten. Besonders den Besitz einer Sache vor Gerichte
auf diese Art, d. i. mit schwachen, bloß scheinbaren Gründen, streitig
machen. Einen Kauf, einen Tausch, einen Vertrag anfechten. 3) Zum
Bösen reitzen, den Verstand mit Zweifeln versuchen, im theologischen
Verstande. Von dem Satan, von der Sünde angefochten werden. 4)
Bekümmern, beunruhigen, so wohl im theologischen Verstande, als auch
im gemeinen Leben. Das lasse ich mich nicht anfechten, ich lasse mich
dadurch nicht unruhig machen. Er läßt sich nichts anfechten, bekümmert
sich um nichts. Was, Geyer, ficht ihn an? Less. was fällt ihm ein,
beunruhiget ihn?Anm. Anfechten, Schwed. anfekta, Dän. anfegte, kommt
bey den Schriftstellern der ältern und mittlern Zeiten noch häufig in
der ersten und eigentlichen Bedeutung vor. Er fiht die mih anafehtent,
sagt Notker Ps. 34, 1. Mehr Beyspiele hat frisch gesammelt. Auch in
der Bedeutung des Versuchens zum Bösen ist es alt, weil es in diesem
Verstande schon bey dem Notker vorkommt.
Anfechtung (W3) [Adelung]
Die Anfechtung, plur. die -en, 1) Die Bestreitung einer Sache mit
bloß scheinbaren oder wahrscheinlichen Gründen. Die Anfechtung eines
Satzes, einer Meinung. Ingleichen, im gerichtlichen Verstande. Die
Anfechtung des Besitzes, eines Gutes, eines Kaufes. In dieser
Bedeutung ist der Plural wenig gebräuchlich. 2) Im theologischen
Verstande, so wohl Reitzung zum Bösen, als auch Versuchung des
Verstandes, z. B. durch Zweifel. Anfechtung leiden. Die Anfechtung
überwinden. Zur Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Noch mehr aber im
Plural. Viele Anfechtungen haben, erdulden.
Anfeilen (W3) [Adelung]
1. Anfeilen, verb. reg. act. von feilen, limare, anfangen an etwas zu
feilen, ein wenig befeilen. Einen Nagel anfeilen.
Anfeilen (W3) [Adelung]
2. + Anfeilen, verb. reg. act. von feil, venalis, nach dem Preise
einer Sache fragen. Eine Waare anfeilen, in den niedrigen Sprecharten
auch anfeilschen.
Anfeinden (W3) [Adelung]
Anfeinden, verb. reg. act. Feindschaft gegen jemanden äußern. Einen
anfeinden. Der Lasterhafte muß sich schämen, ihn anzufeinden, Raben.
Daher die Anfeindung. Dieses Wort fängt an, in der guten Schreibart zu
veralten, und kommt nur noch im gemeinen Leben am häufigsten vor.
Anfertigen (W3) [Adelung]
* Anfertigen, verb. reg. act. welches eigentlich in Oberdeutschland
einheimisch ist, aber doch auch in den Hochdeutschen Kanzelleyen und
bey den Handwerkern vorkommt. Dort bedeutet es so viel als zufertigen,
zuschicken: einem einen Befehl anfertigen. Hier aber so viel als
aufgeben, besonders in der R. A. einem ein Meisterstück anfertigen. So
auch die Anfertigung.
Anm. Ehedem bedeutete es auch angreifen, so wohl
feindlich und mit Waffen, als auch gerichtlich und mit Gründen, wovon
Haltaus, Frisch, und G. Ölrichs im Glossar. ad Statuta Bremensia,
Beyspiele gesammelt haben.
Anfesseln (W3) [Adelung]
Anfesseln, verb. reg. act. mit Fesseln an etwas befestigen. Einen
Übelthäter anfesseln. Daher die Anfesselung.
Anfetten (W3) [Adelung]
+ Anfetten, verb. reg. act. welches an einigen Orten im gemeinen
Leben, besonders bey den Jägern üblich ist, fett machen, mit einer
Fettigkeit vermischen. Den Brey für die Hunde mit Leinöhl oder Butter
anfetten.
Anfeuchten (W3) [Adelung]
Anfeuchten, verb. reg. act. ein wenig feucht machen. Einen Haufen
Getreide, Sand anfeuchten. Das Mehl anfeuchten. Bey den Jägern wird
dieses Wort auch von dem Wolfe, Fuchse und andern Thieren gebraucht,
wenn sie ihr Wasser an einen Baum oder Strauch lassen. Der Wolf hat
angefeuchtet. Daher die Anfeuchtung. Anafuihten kommt schon bey dem
Willeram vor.
Anfeuern (W3) [Adelung]
Anfeuern, verb. reg. act. 1) Eigentlich, anfangen zu feuern, anzünden
und erhitzen. So wird dieses Verbum z. B. in den Schmelzhütten
gebraucht, und bedeutet alsdann so viel, als, dem Ofen die
erforderliche Hitze geben. 2) In weiterer Bedeutung, mit brennbarer
Materie versehen. So nennen die Feuerwerker anfeuern, wenn sie die
Öffnung einer Rakete, eines Schwärmers u. s. f. mit einem aus
Mehlpulver und Branntwein gemachten Teige bestreichen und mit
Mehlpulver anfüllen. 3) Figürlich, in einem hohen Grade zu etwas
reitzen, erregen, besonders von den Leidenschaften. Eines Muth, eines
Gemüth anfeuern. Der Anblick einer ruhmvollen Freystätte feuert die
Gemüther an. Ich kann bloß durch Bewegungsgründe deinen Eifer
anfeuern, wenn er erkaltet, Dusch. Sie suchte seine Liebe zu allen
Kühnheiten anzufeuern, ebend. So auch die Anfeuerung in allen drey
Bedeutungen.
Anfilzen (W3) [Adelung]
Anfilzen, verb. reg. act. bey den Hutmachern, den Filz über den
Filzkern filzen.
Anflammen (W3) [Adelung]
Anflammen, verb. reg. act. 1) Über einem Flammenfeuer anbrennen, oder
ein wenig brennen. So pflegt man den untersten Theil der Pfähle oder
Säulen, der in die Erde gegraben werden soll, über einem Feuer
anzuflammen, und die Fäulniß zu verhindern. 2) In Flammen setzen,
entzünden, doch größten Theils nur in der dichterischen Schreibart.
Und ist der Brand nicht rein, wenn sie (die Natur) uns angeflammt?
Hall. Noch mehr aber, 3) die untern Kräfte der Seele in einem hohen
Grade anfeuern. Du flammst den Arm zu großen Thaten an, Weiße. Trotz
ihrer Wuth, Die jeder neue Streich mehr anzuflammen scheint, Wiel.
Anflattern (W3) [Adelung]
Anflattern, verb. reg. neutr. mit seyn. 1) Heranflattern. Junge
Thoren anflattern sehen. 2) Im Flattern an etwas stoßen.
Anflechten (W3) [Adelung]
Anflechten, verb. irreg. act. ( S. Flechten), daran flechten, eine
Sache durch Flechten mit der andern verbinden. So auch die
Anflechtung.
Anflehen (W3) [Adelung]
Anflehen, verb. reg. act. zum Gegenstande des Flehens machen, zu
einem flehen. Einen anflehen. Gott um Hülfe anflehen. Um der Tugend
selbst willen flehe ich sie an, meine Erzählung auszuhören, Weiße.
Daher die Anflehung.
Anfletschen (W3) [Adelung]
+ Anfletschen, verb. reg. act. in den niedrigen Sprecharten für
anblecken, mit entblößten Zähnen ansehen.
Anflicken (W3) [Adelung]
Anflicken, verb. reg. act. durch Flicken, in Gestalt eines Flickens
mit etwas verbinden. Er flickt hier und da etwas an. Daher die
Anflickung.
Anfliegen (W3) [Adelung]
Anfliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Fliegen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert. 1) Heran fliegen, doch größten Theils nur mit dem
Verbo kommen, und zwar, (1) so wohl in eigentlicher Bedeutung, von
fliegenden Thieren, als auch in weiterer, von einer jeden schnellen
Annäherung. Es kommen ganze Scharen von Heuschrecken angeflogen. Auf
zerstückten Bretern kommen Kriegesheere angeflogen, Kleist. (2) In
figürlicher Bedeutung in dem Forstwesen. Das Holz fliegt an. Es ist
vieles Holz angeflogen. Angeflogenes Holz, von jungen Tangelholze,
welches von dem herum geflogenen geflügelten Samen von selbst
aufwächset. Von dem Laubholze, welches keinen solchen geflügelten
Samen hat, gebraucht man daher aufschlagen. S. auch Anflug. Ingleichen
in dem Bergbaue, wo dasjenige Erz angeflogenes Erz genannt wird,
welches so auf dem Gesteine sitzet, als wenn es auf dasselbe gestreuet
oder gesäet wäre. 2) Im Fluge an etwas stoßen, in eigentlicher und
weiterer Bedeutung, von dem Geflügel und von andern schnellen
Bewegungen. Der Vogel flog an das Haus an. Der Pfeil, der Stein, die
Kugel ist an die Mauer angeflogen.
Anm. Die Oberdeutsche R. A. von
einer hitzigen Krankheit, von einer bösen Seuche angeflogen werden,
ist im Hochdeutschen eben so unbekannt, als das Hauptwort Angeflog,
einen Ausschlag an der Haut zu bezeichnen. S. Anflug.
Anfliehen (W3) [Adelung]
* Anfliehen, verb. irreg. act. ( S. Fliehen,) zu etwas fliehen; ein
Wort, welches im Hochdeutschen nicht gebräuchlich ist, ob es gleich
mehrmahls bey dem Opitz vorkommt. So weit man segeln kann, Fleucht
alle Welt dich an, Ps. 65, 4.Den Herren, der mir helfen kann, Floh ich
mit meinem Rufen an, Ps. 142.
Anfließen (W3) [Adelung]
Anfließen, verb. irreg. neutr. ( S. Fließen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert. 1) Sich fließend nähern, heran fließen. Das Wasser
fließt an. Ingleichen durch zufließendes Wasser angefüllet werden. Der
Teich fließt an. Wie auch mit dem Verbo kommen, im gemeinen Leben: das
Wasser kam sehr schnell angeflossen, heran geflossen. 2) Im Fließen
berühren. Das Wasser, der Bach fließt an die Mauern an.
Anflößen (W3) [Adelung]
Anflößen, verb. reg. act. heran fließend machen, flößend näher
bringen. Holz anflößen. Das Wasser hat hier vieles Land angeflößet,
angesetzet. Ein angeflößtes Stück Land. Daher die Anflößung,
ingleichen das Anflößungsrecht, das Recht, sich das Eigenthum über
dergleichen angeflößtes Land anzumaßen, welches auch der Anfluß, die
Anschütt, Anschwemmung, das Anwachsungsrecht, Jus alluvionis genannt
wird.
Anfluchen (W3) [Adelung]
Anfluchen, verb. reg. act. fluchend anwünschen. Einem alles Böse,
alles Unglück anfluchen. Daher die Anfluchung.
Anflug (W3) [Adelung]
Der Anflug, des -es, plur. die -flüge. Die Handlung des Anfliegens,
doch nur in dem Forstwesen von dem Anfliegen des Nadelholzes; ohne
Plural. Den Anflug durch Säung des wilden Baumsamens unterstützen. 2)
Was anflieget, doch
gleichfalls nur im Forstwesen, junges aus dem Samen wild angewachsenes
Nadelholz; von dem Laubholze, der Aufschlag. Der Anflug des
Tangelholzes will eine gute Aufsicht haben. S. Anfliegen. Ingleichen
in den Bergwerken, das auf dem Gesteine angeflogene Erz; wie auch der
angeschossene Salpeter in den Salpeterhütten.
Anfluß (W3) [Adelung]
Der Anfluß, des -sses, plur. die -flüsse. 1) Die Handlung des
Anfließens; ohne Plural. Der Anfluß des Wassers, des Baches, des
Stromes. 2) Was von dem Wasser angeflößet, d. i. angesetzet wird,
angeflößtes Land; ingleichen das Recht sich selbiges zuzueignen, das
Anflößungsrecht. Anafluz bedeutet bey dem Notker so viel als eine
Überschwemmung.
Anforderung (W3) [Adelung]
Die Anforderung, plur. die -en, das Substantiv von dem im
Hochdeutschen ungewöhnlichen Verbo anfordern, zum Gegenstande einer
Forderung machen, die Handlung dieses Anforderns auszudrucken.
Anforderung auf etwas haben, oder machen. Anforderung an einen haben,
das Recht haben, etwas von jemanden fordern zu können. Anforderung auf
Verstand machen, in uneigentlicher Bedeutung, glauben und äußern, daß
man Verstand besitze. Das Verbum anfordern ist noch in Oberdeutschland
gewöhnlich. Einem Geld anfordern, Geld von ihm fordern.
Anformen (W3) [Adelung]
Anformen, verb. reg. act. 1) Den Hut anformen, bey den Hutmachern,
ihn nach dem Walken auf die Form streichen. 2) An einem Dinge bildend
hervor bringen; sehr ungewöhnlich. Eine solche Stirn hat die Natur
keinem Kinde angeformt, Herd.
Anfrage (W3) [Adelung]
Die Anfrage, plur. die -n, eine Frage, die man an jemanden richtet,
um sein Verhalten darnach bestimmen zu können. Anfrage thun. Anfrage
bey jemanden in einer Sache, wegen einer Sache, über eine Sache, thun.
Zuweilen auch nur für eine bloße einfache Frage. Ich erblaßte über
diese Anfrage. Auf gleiche Art gebraucht schon Kero Antfrahidu für
Frage.
Anfragen (W3) [Adelung]
Anfragen, verb. reg. act. jemanden fragen, um sein Verhalten nach
dessen Antwort bestimmen zu können. Bey einem um etwas anfragen. Ich
fragte bey ihm an, ob die Waaren abgesandt werden sollten. Ingleichen,
so viel als das einfache fragen. Er fragte bey mir an, ob ich seinen
Freund nicht gesehen hätte. Im Kartenspiele ist anfragen oder fragen,
fragen, ob es erlaubt ist zu spielen. So auch die Anfragung.
Anfressen (W3) [Adelung]
Anfressen, verb. reg. act. ( S. Fressen,) 1) Anfangen, an etwas zu
fressen. Die Mäuse haben den Käse angefressen. Ein von den Raupen
angefressenes Blatt. Ingleichen, in weiterer Bedeutung auch von
leblosen Dingen. Der Rost hat das Eisen angefressen. Das Scheidewasser
frißt die Knochen an. 2) + Sich anfressen, in der niedrigsten
Sprechart, sich mit Speise anfüllen. So auch die Anfressung, in beyden
Bedeutungen.
Anfrieren (W3) [Adelung]
Anfrieren, verb. irreg. neutr. ( S. Frieren,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, durch den Frost mit etwas verbunden werden. Das Glas
fror auf dem Tische an. Das Papier ist an das Fenster angefroren.
Anfrischen (W3) [Adelung]
Anfrischen, verb. reg. act. frisch machen, nach Maßgebung der
verschiedenen Bedeutungen des Wortes frisch. 1) Frisches zu dem andern
thun, in einigen besondern Fällen. So sagt man, den Wein anfrischen,
wenn man zu dem in einem Glase befindlichen Weine frischen hinzu
gießet. In einigen Gegenden wird der aus Hafer- und Rockenmehl
bereitete Brotteig angefrischet, wenn er zum zweyten Mahle eingesäuert
wird, welches auch wohl anstoßen genannt wird. 2) Durch einen frischen
Zusatz zur Bewegung geschickt machen. (1) Eigentlich. In den
Bergwerken werden die Pumpen angefrischet, wenn man oben Wasser hinein
gießet, damit sie desto besser ziehen. Die Bäcker frischen den
Sauerteig an, wenn sie ihn durch Mehl und laues Wasser wiederfrisch
machen. (2) Figürlich, für aufmuntern, anreitzen, etwas zu thun. Einen
zu etwas anfrischen. Eines Ehrgeitz anfrischen. Es lebe Itifall, und
wer ihn angefrischt, Durch seinen Fall berühmt zu werden! Wiel. 3)
Wieder in seinen vorigen Zustand herstellen. So wird in den
Schmelzhütten das verkalkte oder zu Glätte gewordene Bley, wieder als
Bley darstellen, oder reduciren, anfrischen genannt. Es geschiehet
solches von dem Anfrischer, in dem Anfrischofen, bey einem Kohlfeuer,
welches das Anfrischfeuer genannt wird, im Gegensatze des
Flammenfeuers. Die Schlacken, die bey dieser Arbeit fallen, heißen
Anfrischschlacken. So auch die Anfrischung in allen obigen
Bedeutungen.
Anfuge (W3) [Adelung]
Die Anfuge, plur. die -n, dasjenige, was an- ober beygefüget worden;
besonders in den Kanzelleyen, eine angefügte oder beygeschlossene
Schrift zu bezeichnen. Aus der Anfuge wird zu ersehen seyn.
Anfügen (W3) [Adelung]
Anfügen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, vermittelst einer Fuge mit
einem andern Dinge verbinden. Ein Bret an das andere anfügen. 2) In
weiterer Bedeutung, so viel als beyfügen, als einen Zusatz anführen;
welcher Gebrauch der Oberdeutschen Mundart eigen ist, aber doch auch
in einigen Hochdeutschen Kanzelleyen beybehalten worden, wo es
zuweilen auch überhaupt für melden, berichten, gebraucht wird. Ich
habe Ew. - dieses wollen anfügen. So auch die Anfügung.
Anfühlen (W3) [Adelung]
Anfühlen, verb. reg. act. dem Gefühle der Hand unmittelbar
gegenwärtig machen, an etwas fühlen. Der Arzt fühlet den Kranken an.
Daher die Anfühlung.
Anführen (W3) [Adelung]
Anführen, verb. reg. act. 1. An etwas führen, führend einer Sache
nähern, und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung, mit der Hand einer
Sache nähern. In diesem Verstande kommt dieses Verbum noch in dem
Bergbaue vor, wo die Bergeisen anführen, so viel bedeutet, als neue
Bergeisen zum ersten Mahle gebrauchen; wenn es hier nicht so viel
bedeutet, als anfangen zu führen, d. i. zu gebrauchen. 2) In weiterer
Bedeutung, durch Zeigung des Weges an etwas führen. So sagt man, die
Soldaten zur Schlacht; die Truppen zum Sturme anführen. Und in noch
weiterm Verstande heißt anführen bey dem Kriegswesen auch wohl
überhaupt so viel, als einer gewissen Anzahl Truppen vorgesetzet seyn.
3) Figürlich. (a) Fertigkeit verbunden mit Unterricht beybringen.
Einen jungen Menschen zum Zeichnen, zur Beredsamkeit anführen. Ich
habe dich zu allem Guten angeführet. Ihr ganzes Geschäft wird künftig
seyn, dich zur Gottesfurcht und Tugend anzuführen, Weiße. Dich führte
ja dein Vater, Zu großen Thaten an, ebend. Daher wird auch bey den
Buchdruckern derjenige Gesell, der einem Lehrlinge den nöthigen
Unterricht in seiner Kunst ertheilet, der Anführegesell, oder
Anführgespan genannt, der dafür ein willkürliches Anführegeld bekommt.
(b) Übel anführen, hintergehen, im gemeinen Leben. Jemanden anführen.
Er hat mich mit dem Gelde schändlich angeführet.2. Heran führen, und
zwar, 1) eigentlich, vermittelst eines Fuhrwerkes. Steine, Kalk,
Getreide anführen. 2) Figürlich. Jemandes Worte, eine Stelle aus einem
Buche anführen. Einen zum Zeugen, oder als einen Zeugen anführen.
Etwas zum Beweise anführen.
Anführer (W3) [Adelung]
Der Anführer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, eine
Person, welche eine andere anführet, so wohl durch Zeigung des Weges,
als auch durch Ertheilung des nöthigen Unterrichtes und Befehles. Mein
Anführer in der Musik. Der Anführer der Soldaten in einer Schlacht.
Einen zum Anführer erwäh-
len. Die Vernunft sollte die beste Anführerinn zum Guten seyn.
Anführung (W3) [Adelung]
Die Anführung, plur. inusit. die Handlung des Anführens in allen
Bedeutungen des Verbi. Daher das Anführungszeichen, des -s, plur. ut
nom. sing. ein orthographisches Zeichen, wodurch man fremde angeführte
Worte von seinen eigenen unterscheidet. Es bestehet aus zwey Häkchen
("), welche so wohl zu Anfange und Ende der angeführten Stelle, als
auch am Anfange jeder Zeile derselben gesetzt werden, und bey den
Buchdruckern Gänseaugen und Hasenöhrchen heißen.
Anfüllen (W3) [Adelung]
Anfüllen, verb. reg. act. bis oben voll machen. Ein Gefäß mit Wasser
anfüllen. Der Feind füllte den Graben mit Leichen an. Seine Kasten
anfüllen. Sich anfüllen, mit Speise und Trank. Die Stadt mit Einwohner
anfüllen. Alle Winkel sind mit Dieben angefüllet. Daher die Anfüllung.
Anfurt (W3) [Adelung]
Die Anfurt, plur. die -en, eigentlich ein jeder Ort, wo man anfahren
kann; besonders in der Schifffahrt, ein zum Anländen bequemer Ort an
dem Ufer. Es kommt, wie das einfache Furt, von fahren her. In den
mittlern Zeiten sagte man in der Oberdeutschen Mundart dafür auch
Urfahr und Anfar. Anfurt wird im gemeinen Leben wenig gebraucht, weil
Anlände und Schifflande üblicher sind. Dagegen kommt es in Luthers
Bibelübersetzung mehrmahl, und zwar so wohl als ein Masculinum, als
auch als ein Fämininum vor. In dem ersten Geschlechte stehet es 1.
Mos. 49, 13. 5. Mos. 1, 7. Apostelg. 27, 39. In dem letztern und
gewöhnlichern aber Richt. 5, 17. Jer. 47, 7. 1. Macc. 14, 5. Apostelg.
27, 12. S. Furt.
Anfußen (W3) [Adelung]
Anfußen, verb. reg. neutr. mit haben. 1) Anfangen festen Fuß zu
fassen, z. B. im Schwimmen. 2) Sich setzen, von den Vögeln.
Angabe (W3) [Adelung]
Die Angabe, plur. die -n, von dem folgenden Verbo angeben. 1. Die
Handlung des Angebens, und zwar, 1) diejenige Art des Tausches, da man
dem Käufer Statt eines Theiles des baren Geldes eine andere Waare mit
angibt. 2) Der erste Entwurf einer Sache. Die Angabe des Hauses, eines
Gartens. 3) Die Angabe eines Verbrechens oder Vergehens bey einem
Vorgesetzten. Indessen bedienet man sich in diesen beyden letzten
Bedeutungen lieber und richtiger des Infinitives, das Angeben. 4) Die
Bezeichnung einer Sache nach ihren Umständen. Das Buch bestehet seiner
eigenen Angabe nach aus zwey Bänden.2. Diejenige Sache, welche
angegeben wird, besonders dasjenige Geld, welches zum Zeichen eines
geschlossenen Kaufes oder Vertrages gegeben und angenommen wird, und
sonst auch Angift, Angeld, Ankauf, Handgeld, Haftpfennig,
Gottesgroschen, Gottespfennig, Dingepfennig, Gönnegeld u. s. f.
genannt wird, obgleich einige derselben von der eigentlichen Angabe
noch verschieden sind.
Angaffen (W3) [Adelung]
Angaffen, verb. reg. act. mit einfältiger Verwunderung, gleichsam mit
aufgesperrtem Munde, ansehen, S. Gaffen; daher es nur im verächtlichen
Verstande oder in der scherzhaften Schreibart gebraucht wird. Etwas
angaffen. Der Hofbedienten Schwarm, die Pracht und den Pallast Gafft
nur der Pöbel an, Haged. Der Enkel hab ein lauschend Ohr, Und steh'
und gaff' und an, Gleim. Bey den Schwäbischen Dichtern lautet dieses
Wort Ankapfen. Daher die Angaffung.
Angähnen (W3) [Adelung]
Angähnen, verb. reg. act. gähnend ansehen. Er gähnt ihn an und
stirbt, Raben.
Angebäude (W3) [Adelung]
Das Angebäude, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes Gebäude, welches
an ein anderes angebauet ist; besonders inden Walkmühlen, ein
angebauetes Behältniß, worin die Schießer gehen.
Angeben (W3) [Adelung]
Angeben, verb. irreg. ( S. Geben,) Es ist:I. Ein Neutrum mit haben,
den Anfang mit geben machen, zuerst geben, und zwar besonders in dem
Kartenspiele. Ich habe angegeben. Wer gibt an.II. Ein Activum. 1) +
Auf Abschlag geben, daran geben. Er hat mir erst fünf Thaler
angegeben, wofür man doch richtiger, daran geben, oder auf Abschlag
geben, gebraucht. 2) Eine Waare Statt eines Theiles des baren Geldes
gebe. Er hat mir Getreide mit angegeben. 3) Umständlich, stückweise
anzeigen. Sein Vermögen angeben. Er soll angeben, wie viel Häuser er
hat. Er weiß die Titel von allen Büchern auf das genaueste anzugeben.
Zur Ursache gab man dieses an. Grund von etwas angeben. Ich kann den
wahren Verfasser hiervon nicht angeben. 4) In der Musik, den Ton
angeben, anstimmen. Den Tact angeben, andeuten, bestimmen. Das schwere
Thema, welches die Instrumente angaben. Catull gibt dir den Klang der
Römischen Lieder an, Kästen. 5) Den Entwurf zu etwas machen, zuweilen
auch Mittel zur Erreichung eines Endzweckes anzeigen. Ein Gebäude,
einen Garten, eine Zeichnung angeben. Einem eine Sache angeben. Ich
habe es auf seyn Angeben gethan. Er weiß eine Sache geschickt
anzugeben. Schlau war er, listig und verschlagen, Und gab nicht leicht
was alberns an, Bernhardi. 6) Sich angeben, sich nahmentlich
darstellen, so wohl zeigen, daß man gegenwärtig sey, als auch sich zu
etwas anbiethen. Sich bey Gerichte angeben, sich melden, zeigen, daß
man da sey. Der Mörder hat sich selbst angegeben, hat sich selbst als
den Mörder angezeiget und dargestellet. Es gibt sich ein Käufer an. Es
hat sich niemand angegeben, der es übernehmen wollte. 7) Ein Vergehen
und dessen Urheber aus übler Absicht bey einem Vorgesetzten anzeigen.
Einen bey der Obrigkeit angeben. Einen Dieb angeben. Einen begangenen
Unterschleif angeben. Da angeben in dieser Bedeutung die üble Absicht
dem Angegebenen zu schaden, mit sich führet, so hat es dadurch einen
gehässigen Nebenbegriff bekommen, der es von dem Zeitwort anklagen
unterscheidet. 8) Aufhören sich mit einer Sache zu beschäftigen, wie
aufgeben. Das Studiren angeben. Ein Handwerk angeben. In dieser
Bedeutung ist es im Hochdeutschen selten, ob es gleich in derselben im
Oberdeutschen und Niedersächsischen häufig vorkommt.Das Substantiv die
Angebung, wird, obgleich nicht gar zu häufig, von der Handlung des
Angebens in den eigentlichen Bedeutungen des Verbi gebraucht. S. auch
Angabe.
Angeber (W3) [Adelung]
Der Angeber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Angeberinn, plur.
die -en, 1) Eine Person, welche etwas angibt d. i. erfindet, der
Urheber. Noch mehr aber, 2) ein Ankläger aus übler Absicht, am
häufigsten in gehässiger Bedeutung. Daher die Angeberey, die
Fertigkeit und Neigung, andere anzugeben.
Angebinde (W3) [Adelung]
Das Angebinde, des -s, plur. ut nom. sing. dasjenige Geschenk, womit
man jemand an seinem Geburts- oder Nahmenstage anbindet; in Schlesien
ein Gebindniß, in Österreich ein Bindband. Einem ein Angebinde, oder
etwas zum Angebinde schenken.
Angeblich (W3) [Adelung]
* Angeblich, adj. et adv. welches aus dem Oberdeutschen auch in das
Hochdeutsche gekommen ist, wie angegeben, oder vorgegeben wird. Ein
angeblicher Arzt, der sich für einen Arzt ausgibt, ein vorgegebener.
Angeblicher Maßen, angegebener Maße nach. Ein angebliches Verbrechen,
besser ein vorgegebenes.
Angeboren (W3) [Adelung]
Angeboren, das Partic. Pass. des ungewöhnlichen Verbi angebären, in
oder mit der Geburt mittheilen. Ein angebornes Übel.
Die angeborne Farbe der Mohren. Diese Krankheit ist ihm angeboren.
Diesem Hause ist die Sparsamkeit angeboren. Angeborne Begriffe, welche
in der Seele seyn sollen, ohne daß sie erst durch äußere Gegenstände
veranlasset worden.
Anm. In einer Urkunde von 1379 bey dem Haltaus h.
v. kommt angeboren für anverwandt vor.
Angeboth (W3) [Adelung]
Das Angeboth, des -es, plur. die -e, von anbiethen. 1) Die Handlung
des Anbiethens, doch nur in einigen, und vielleicht nicht den besten
Mundarten. 2) Dasjenige, was bey dem Verkaufe einer Sache zum Anfange
darauf gebothen wird. S. auch das Anboth.
Angedeihen (W3) [Adelung]
Angedeihen, ein Oberdeutsches Verbum, welches im Hochdeutschen nur in
dem Infinitive mit dem Verbo lassen üblich ist, und von einem
Geringern in Ansehung eines Höhern für ertheilen gebraucht wird. Einem
allen Schutz, alle Hülfe angedeihen lassen. S. Gedeihen. Das Particip.
angediehen, welches einige gebrauchen, das gesuchte Privilegium ist
ihm angediehen, ist in den Kanzelleyen am üblichsten.
Angedenken (W3) [Adelung]
Das Angedenken, des -s, plur. inusit. das verlängerte Andenken,
welches man allenfalls den Dichtern nachsehen kann, denen Andenken des
Sylbenmaßes wegen unbrauchbar ist. Denn sonst saget jenes nichts mehr
als dieses.
Angefälle (W3) [Adelung]
* Das Angefälle, des -s, plur. ut nom. sing. in den Rechten der
mittlern Zeiten, so wie Anfall, theils die zufällige Erlangung einer
Erbschaft, theils die Anwartschaft auf ein Gnadenlehn, und dieses
Lehn,, wie auch eine jede Erbschaft selbst. S. Anfall, Anwartschaft,
und Haltaus h. v.
Angehänge (W3) [Adelung]
Das Angehänge, oder Angehenke, des -s, plur. ut nom. sing. dasjenige,
was angehänget oder angehenket wird; besonders was zum Schmucke,
ingleichen als ein eingebildetes Gegenmittel wider gewisse Krankheiten
an den Leib gehänget wird; im gemeinen Leben das Anhängsel.
Angehen (W3) [Adelung]
Angehen, verb. irreg. neutr. ( S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn
erfordert. 1. An etwas gehen, sich einer Sache gehend nähern, hinan
gehen. So wohl,1) Eigentlich, besonders mit dem Nebenbegriffe des
Angreifens, und der vierten Endung der Person. Einen mit dem Degen in
der Faust angehen. Er gehet tapfer an. Der Hund gehet Schweine an.
Bist selber angegangen, Beherzt und ungebückt, Opitz. Ingleichen, in
weiterer Bedeutung; einen bittlich, (besser bittend oder mit Bitten)
angehen, sich bittend an einen wenden. Den Richter angehen. Wie auch
für begegnen; doch nur bey den Jägern, welche, wenn sie kreisen gehen,
und ihnen nichts vom Wildprete begegnet ist, zu sagen pflegen: mich
ist nichts angegangen.Ehedem erstreckte sich diese Bedeutung noch
weiter. Denn nicht nur bey dem Kero bedeutet anakan, einher gehen,
sondern auch Ottfried gebraucht anagan für gehen schlechthin, und zu
den Zeiten der Schwäbischen Dichter war es für ankommen, sich nähern,
sehr gebräuchlich. Der schone sumer get uns an Des ist vil manig vogel blide, Heinrich von Veldig. Allein heut zu Tage ist dieser ganze
Gebrauch ziemlich selten geworden, und alle oben angeführte Beyspiele
sind nur im gemeinen Leben und in der Sprache der Kanzelleyen
üblich.2) Figürlich, gleichfalls mit der vierten Endung der Person.(a)
Mit etwas in Verbindung, in Verwandtschaft stehen. Er geht mich nichts
an, ist nicht mit mir verwandt, ingleichen, ich nehme keinen Antheil
an ihm. Er gehet uns in etwas an, ist weitläufig mit uns verwandt.(b)
Der Gegenstand seyn, auf welchen ein Ausspruch, ingleichen eine
Wirkung gerichtet ist, Theil an etwas zu nehmen, Ursache haben. Die
Sache gehet dich an, betrifft dich. Es gehet uns alle an. Was einem
gesagt wird, gehet auch die andern alle an. Geht das Unglück mich an,
so will ichs weit gelassener ertragen, als wenn es sie beträfe,
Gell.Das Participium angehend, adverbisch gebraucht, z. B. angehend
seyn Betragen, was seyn Betragen betrifft, ist nur in Oberdeutschland
gebräuchlich. Im Hochdeutschen wird angehen am besten nur in solchen
Fällen gebraucht, wo eine Theilnehmung des Herzens angedeutet werden
soll. In den übrigen Fällen gebraucht man lieber betreffen, oder
anlangen.(c) Von Statten gehen, gelingen, gemeiniglich unpersönlich
und ohne Endung der Person. So gehet es nicht an. In so weit es
angehen wird. Es ist sehr wohl angegangen. Ingleichen, für thunlich
seyn, möglich seyn. Es gehet an, die Liebe nicht zu empfinden, Gell.
Zuweilen wird es in der Bedeutung des Gelingens auch mit der dritten
Endung der Person verbunden. Es ist mir nicht so angegangen, wie ich
geglaubt habe. Der Streich ist ihm nicht angegangen. Aber es in diesem
Falle persönlich zu gebrauchen, z. B. die Anschläge der Gottlosen
gehen selten an, ist nur im Oberdeutschen üblich.(d) Erträglich seyn.
Die Schmerzen gehen noch an. Der Verlust wird noch angehen. Nun, das
gehet noch an.2. Anfangen zu gehen, doch nur in der figürlichen
Bedeutung, für anfangen; und zwar,1) Für anfangen überhaupt, so fern
dieses ein Neutrum ist, einen Anfang nehmen. Die Predigt ist noch
nicht angegangen. Das Treffen wird halb angehen. Das Jahr, der Sommer,
der Winter gehet wieder an. Die Sache wird erst recht angehen. Geht
denn das Unglück gleich mit der Liebe an. Gell. Bey angehender Nacht.
Mit angehendem Sommer. Wie viele Schätze schließet nicht der angehende
Frühling unsern Sinnen auf!Besonders wird das Participium angehend
gebraucht, eine Sache anzudeuten, die im Begriffe ist, denjenigen
Begriff zu erreichen, den das folgende Substantiv ausdruckt. So nennet
man im Forstwesen einen angehenden Baum, denjenigen, der anfängt, ein
starken Baum zu werden, d. i. der von dreyen Gehauen her stehen
geblieben ist. Ein angehendes Schwein, heißt bey den Jägern, ein
wilder Eber, der in das vierte Jahr gehet. Auf ähnliche Art sagt man
auch, ein angehender Soldat, der vor kurzem angeworben worden; ein
angehender Gelehrter, der die Höhern Wissenschaften erlernet, ein
Student. Das Lächeln ist angehender Spott.Das davon gemachte Adverbium
angehends, für anfänglich, ist nur in Oberdeutschland üblich. Übrigens
ist angehen in dieser Bedeutung des Anfangens schon alt, weil es in
derselben bereits bey dem Kero und bey dem Ottfried vorkommt.2)
Besonders, anfangen zu brennen. Es ist ein Feuer in der Stadt
angegangen. Das Nachbars Haus geht an. Bey der letzten Feuersbrunst
ist auch die Kirche mit angegangen. Ingleichen,3) Anfangen zu faulen,
oder zu verderben. Das Obst geht an. Angegangenes Obst, Fleisch u. s.
f. In dieser Bedeutung ist auch in Niedersachsen angaan üblich, wo man
auch anganern von solchen Dingen sagt, welche einen anbrüchigen
Geschmack oder Geruch haben.
Anm. Angehen wird in der Bedeutung des Anfanges auch zuweilen thätig
gebraucht; z. B. um das Wahlgeschäft ohne Aufschub anzugehen. Allein
dieser Gebrauch ist wohl vorzüglich der Oberdeutschen Mundart eigen.
Indessen singt doch Hagedorn: Er fordert ihn heraus, den Zweykampf
anzugehen. Ein anderer gleichfalls nur im Oberdeutschen, und besonders
in Schlesien üblicher Gebrauch dieses Verbi ist der, wenn einem
angehen so viel bedeutet, als sich von ihm betriegen lassen. Hier ist
die Figur ohne Zweifel von dem Angeln hergenommen, weil man von einem
Fische, des an die Angel des Angelers beißet, sagen könnte: er ist ihm
angegangen.
Angehenke (W3) [Adelung]
Das Angehenke, S. Angehänge.
Angehören (W3) [Adelung]
Angehören, verb. reg. neutr. welches mit dem Hülfsworte haben
verbunden wird, und im Hochdeutschen die dritte Endung der Person
erfordert. 1) Jemandes Eigenthum seyn. Dieser Mensch gehöret mir an,
stehet in meinen Diensten. Dieses Buch, dieses Haus, dieser Garten
gehöret mir nicht an. 2) Durch das Band der Blutsfreundschaft mit
einen andern verbunden seyn. Diese Kinder gehören einem großen Herrn
an. Willst du ein Recht auf deine Ahnen haben, so laß deine Tugend
beweisen, daß du ihnen angehörest, Dusch. Diese zweyte Bedeutung
gehöret genau zu der ersten, und ist ein Überbleibsel des alten
Gebrauches, nach welchem dem Hausvater ein gewisses Eigenthumsrecht
über seine Verwandten zukam.
Anm. Angehören und das einfachere gehören,
werden in der ältern und neuern Oberdeutschen Mundart gemeiniglich mit
der vierten Endung der Person verbunden Daz gehöret die erben anund
niht die Frawen, Schwabenspiegel Kap. 27 Ob ez si angehöret und niht
die Frawen, ebend. Auf gleiche Art hat auch Luther dieses Wort
gebraucht: Und wer dich angehört in der Stadt, 1. Mos. 19, 12; darum
daß ihr Christum angehöret, Marc. 9, 14. darnach die Christum
angehören, 1. Cor. 15, 23. Hingegen 1. Mos. 24, 23 Es. 22. 16. wird,
wenigstens in einigen Ausgaben, dieses Verbum, der Hochdeutschen
Mundart gemäßer, mit der dritten Endung verbunden. S. Gehören.
Angehörig (W3) [Adelung]
Angehörig, adj. et adv. einem andern angehörend. Dieses Buch ist mir
angehörig. Noch mehr aber substantive, meine Angehörigen, meine
Verwandten, Hausgenossen.
Angeifern (W3) [Adelung]
Angeifern, verb. reg. act. mit Geifer besudeln. Einen angeifern.
Daher die Angeiferung.
Angel (W3) [Adelung]
Die Angel, plur. die -n, Diminutivum Angelchen, ein Wort, welches in
denjenigen Fällen, in welchen es heut zu Tage gebraucht wird,
vornehmlich einen doppelten Begriff mit sich führet.1. Den Begriff der
Spitze, und da wird es, 1) in vielen Fällen für einen jeden Stachel
gebraucht. So werden in den Oberdeutschen Mundarten die Stacheln der
Bienen, Wespen u. s. f. Angeln genannt. Besonders, 2) der spitzige
Theil verschiedener Werkzeuge, vermittelst dessen sie in den Häft,
oder auf andere ähnliche Art befestiget werden. In diesem Verstande
wird dem Amboße, den Sensen, den Degenklingen, den Feilen, den Messern
u. s. f. eine Angel zugeschrieben. 3) Derjenige eiserne Haken, in
welchem die Thür hänget, und um welchen sie sich beweget; die Angel,
oder Thürangel. Eine Thür aus den Angeln heben. Zwischen Thür und
Angel seyn, oder stecken, sich zwischen zwey gleich unangenehmen
Fällen befinden. So auch: sich zwischen Thür und Angel legen, sich in
die Nothwendigkeit setzen, von zwey gleich unangenehmen Fällen einen
zu erwählen. Und hat in Fesseln an der Höllenpforten Angel Die
Zwietracht hingebannt, Raml. Siehet man auf die heutige Gestalt dieser
Angeln, so müßte man ihren Nahmen aus dem folgenden Begriffe der
Krümme herleiten.Allein anfänglich bestand eine solche Angel bloß aus
einem geraden, spitzigen Eisen, welches sich unten senkrecht in der
Thür befand, und sich in einer darunter befindlichen Pfanne umdrehete,
dergleichen noch die Thorwege auf dem Lande haben. In Niedersachsen
heißt eine Angel in der heutigen Gestalt Häspe und Hänge, in
Österreich der Kegel, Schwed. Hurrhaka, von hurra, wenden, drehen.
Figürlich wurden ehedem auch die Pole der Welt und der Erde Angeln
genannt, welche Benennung heut zu Tage nur zuweilen noch bey den
Dichtern vorkommt. Daß noch die ganze Welt in ihren Angeln geht,
Günth. 2. Den Begriff der Krümme, besonders in demjenigen Werkzeuge,
welches zum Fischen gebraucht wird, und aus einem Häkchen mit einem
Widerhaken bestehet. In weiterer Bedeutung wird auch das ganze
Werkzeug, von welchem die eigentliche Angel ein Theil ist, eine Angel
genannt. Angeln legen. Der Fisch hat an die Angel gebissen. In noch
weiterer Bedeutung heißen noch mehrere mit Widerhaken versehene
Werkzeuge und deren Theile Angeln; z. B. Fußangeln.
Anm. 1. Angel für
Winkel ist veraltet, und stammet zunächst von dem Latein. angulus her.
Die gleichfalls veraltete Benennung der Angeltugenden, d. i. der
Haupt- oder vornehmsten Tugenden ist eine buchstäbliche Übersetzung
der Lateinischen Benennung virtutes cardinales. Skinner leitet Angel,
besonders in der letzten Bedeutung, von hangen her, weil sie in das
Wasser gehänget wird, welcher Ableitung das Holländ. Hangel und Hengel
günstig zu seyn scheint. Nach Wachtern ist anken, inserere, infingere,
das Stammwort, dem auch Ihre beypflichtet. Allein es scheinet, daß
Angel in seinen zwey verschiedenen Bedeutungen auch eine gedoppelte
Abstammung habe, aus welchen, bloß zufälliger Weise, ein und eben
dasselbe Wort geworden. In beyden ist es vermittelst der
Ableitungssylbe-el, von der Wurzel Ang gebildet, von welcher bey den
Alten noch Spuren vorkommen. Die ältesten Franken hatten eine Art mit
Widerhaken versehener Spieße, deren schon Agathias unter dem Nahmen
Angones gedenkt, und Ange kommt noch in dem Gedichte Winsbecks für
eine Angel zum Fischen vor. Hier scheinet der Begriff der Krümme der
herrschende, und unser Hauptwort mit dem Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, krumm, und dem Latein. uncus
verwandt zu seyn. S. auch Änkel und Anker. In Ansehung der ersten
Bedeutung der Spitze gehöret Angel ohne Zweifel zu dem weitläufigen
Geschlechte, zu welchem auch Achel, Aculeus, Acus, Agen, Ähre, Ahle,
Ege, Igel und hundert andere gerechnet werden müssen. Das
eingeschaltete n darf niemanden irre machen, weil solches vor dem
Hauchbuchstaben nichts seltenes ist. Siehe N.
Anm. 2 In des Ansehung
des Geschlechtes dieses Wortes sind die Mundarten sehr unbeständig.
Bey den meisten Oberdeutschen, welchem auch Frisch folget, ist es in
beyden Bedeutungen männlichen Geschlechtes. Dem Steinbach und
Aichinger ist es ein Masculinum, wenn es cardo bedeutet, hingegen ein
Fämininum, wenn es für hamus steht; wobey der letztere den Plural des
Masculini zugleich die Ängel macht. Andere kehren es gerade um, und
gebrauchen Angel, hamus, im männlichen, Angel, cardo, aber im
weiblichen Geschlechte. Doch das sind vermuthlich nur willkürliche
Maßregeln. Gehen wir auf das, was am häufigsten geschiehet, so müssen
wir dieses Wort in beyden Bedeutungen im Hochdeutschen zu den
weiblichen zählen; obgleich bey den Niedersachsen und Oberdeutschen
das männliche Geschlecht häufiger ist.
Angelangen (W3) [Adelung]
Angelangen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
und eine unnöthige Oberdeutsche Verlängerung des gleich bedeutenden
Zeitwortes anlangen ist, welches S.
Angeld (W3) [Adelung]
Das Angeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige
Geld, welches zum Zeichen eines ge-
schlossenen Vertrages daran gegeben wird; die Angabe, das Handgeld.
Ingleichen, ein Stück Geldes, welches als ein Theil des bedungenen
Kaufgeldes, oder Arbeitslohnes, abschläglich daran gegeben wird: S.
auch Angabe, Ankauf.
Angelegen (W3) [Adelung]
Angelegen, S. Anliegen.
Angelegenheit (W3) [Adelung]
Die Angelegenheit, plur. die -en, in der figürlichen Bedeutung des
Verbi anliegen, und dessen Participii angelegen, alles dasjenige
darunter zu begreifen, was einem am Herzen liegt, wofür man Sorge
trägt, oder zu tragen hat; besonders Dinge, die den äußern Wohlstand
betreffen. Das ist eine wichtige Angelegenheit. Ich komme jetzt in
Angelegenheit eurer Tochter, in einer Sache, die eure Tochter
betrifft. Noch mehr aber im Plural. Herrschaftliche, häusliche,
öffentliche Angelegenheiten. Er mengt sich nur darum in die
Angelegenheiten anderer, um seine eigenen Angelegenheiten desto besser
zu besorgen. Ich komme in meines Bruders Angelegenheiten.
Angelegentlich (W3) [Adelung]
Angelegentlich, -er, ste, adj. et adv. jemanden Herzen liegend,
dringend. Eine angelegentliche Bitte, ein angelegentliches Geschäft.
Noch mehr aber als ein Adverbium. Er bath mich sehr angelegentlich. Er
that sehr angelegentlich, als wenn ihm die Sache sehr am Herzen
läge.
Anm. In Oberdeutschland, besonders der Schweiz, lautet dieses
Wort gemeiniglich, angelegenlich, mit Auslassung des t, welches um des
Wohlklanges willen eingeschoben worden. Siehe T.
Angeler (W3) [Adelung]
Der Angeler, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher angelt,
oder mit der Angel fischet. Ingleichen, bey den neuern Schriftstellern
des Naturreiches, ein Geschlecht der Vögel, welches seiner Nahrung aus
dem Wasser sucht, und besonders den Fischen gefährlich ist. Bey dem
Klein ist es das neunzehnte Geschlecht zu welchem er den Reiher, den
Storch und die Löffelgans rechnet.
Angelfisch (W3) [Adelung]
Der Angelfisch, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen man in
einigen Gegenden einer Art Kochen gibt, die mit Angeln oder Stacheln
versehen ist, und daher auch Stachelroche, Giftroche genannt wird.
Vermuthlich ist eben der, den Gesner Dornroche oder Hechelroche, die
Engländer Thornback, die Franzosen um Montpellier aber Cardaine
nennen. S. auch Meerangel.
Angelfischer (W3) [Adelung]
Der Angelfischer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher mit
der Angel fischt; ingleichen ein Fischer, welcher sich bloß der Angel
bedienet; der Ruthenfischer, Seilfischer. Daher die Angelfischerey,
Ruthenfischerey, Seilfischerey, in Sachsen auch die Lattenfischerey.
Angelhaken (W3) [Adelung]
Der Angelhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit einer Angel
versehener Haken, besonders zum Behufe des Fischfanges, welcher auch
nur schlechthin eine Angel genannt wird.
Angelike (W3) [Adelung]
Die Angelike, plur. inusit. aus dem Lat. Angelica. 1) Eine Pflanze
mit fünf Staubfäden, zwey Staubwegen, und einer rundlichen eckigen
Frucht; Angelica, L. Sie hat einen hohlen, dicken, knotigen Stängel,
länglich, um den Rand gekerbte, saftgrüne Blätter, und eine starke,
scharfe und wohl riechende Wurzel. Den Lateinischen Nahmen, bey
welchem radix zu verstehen ist, hat diese Pflanze wegen der heilsamen
Kräfte ihrer Wurzel, besonders wider alles Gift, erhalten. Im
Deutschen nennet man sie daher auch Engelwurz, heilige Geistwurz,
Brustwurzel, Luftwurzel, und im Norwegischen, wo sie besonders häufig
wächst, Engelsker, Engelurt, Quanne, Quannerod; mit welchem letztern
Nahmen der Altschwedische Huann überein kommt, welchen Grupen mit
Hüne, Hune, Herr oder Riese, für einerley hält, und daraus muthmaßet,
daß die alten Schweden auch die Engel Huann genannt haben. 2) Der
Nahme eines gewissen musikalischen Saiten-Instrumentes; Franz.
Angelique.
Angeliken-Baum (W3) [Adelung]
Der Angeliken-Baum, des -es, plur. die -Bäume, ein Baum, welcher in
Asien und Amerika einheimisch ist, und dessen Wurzel einen
balsamischen Geschmack, wie die Angelike hat; Aralia L. Beer-Angelike,
Beerendolde.
Angelleine (W3) [Adelung]
Die Angelleine, plur. die -n, diejenige Leine, woran die Angel zum
Fischen befestiget ist. ist sie schwächer, so heißt sie die
Angelschnur.
Angelmacher (W3) [Adelung]
Der Angelmacher, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Nadler, welche
nichts als Angeln für die Fischer machen.
Angeln (W3) [Adelung]
Angeln, verb. reg. act. mit der Angel fischen. Fische angeln, oder
nach Fischen angeln. Ich angelte mit FröhlichkeitNach dir, du bissest
an, Gleim. Figürlich, nach etwas angeln, mühsam darnach trachten, oder
streben. Vergebens angelst du nach Seligkeit auf Erden, Withof.
Angeloben (W3) [Adelung]
Angeloben, verb. reg. act. einem geloben, d. i. feyerlich
versprechen. Einem etwas angeloben. Einem Treue und Gehorsam
angeloben. Bey seiner Ehre angeloben. Für einen andern angeloben, in
dessen Nahmen etwas feyerlich versprechen. Der Frühe schon Sein Leben
ganz den liederreichen Schwestern Uraniens angelobet hat, Raml. d. i.
gewidmet hat. So auch die Angelobung.
Anm. Auch dieses Zeitwort kann
die Alemannische Verlängerung nicht verläugnen, so gangbar es auch im
Hochdeutschen ist. Die Niedersachsen sagen dafür anlaven, belaven, und
laven, und die Schweden lofwa. Von der Abstammung dieses Wortes, S.
Geloben und Loben.
Angelöbniß (W3) [Adelung]
Das Angelöbniß, des -sses, plur. die -sse, die Handlung des
Angelobens.
Angelotte (W3) [Adelung]
Angelotte, S. Engelotte.
Angelruthe (W3) [Adelung]
Die Angelruthe, plur. die -n, eine lange Ruthe, an welche die
Angelschnur befestigt wird.
Angelschiff (W3) [Adelung]
Das Angelschiff, des -es, plur. die -e, eine Art langer Barken,
welche zur Angelfischerey auf der See gebraucht werden.
Angelschnur (W3) [Adelung]
Die Angelschnur, plur. die -schnüre, eine von Pferdehaaren gedrehete
Schnur, woran der Angelhaken befestiget wird.
Angelstämpel (W3) [Adelung]
Der Angelstämpel, des -s, plur. ut nom. sing. ein hohler Stämpel der
Messerschmiede, die Angeln an den Messern darin zu schmieden.
Angelstern (W3) [Adelung]
* Der Angelstern, des -es, plur. die -e, eine veraltete Benennung des
Polar-Sternes, welche bey den Dichtern des siebzehnten Jahrhunderts
häufig vorkommt, und zuweilen auch noch von den neuern Dichtern
gebraucht wird. S. Angel.
Angeltasche (W3) [Adelung]
Die Angeltasche, plur. die -n, der Nahme eines Wasservogels, welcher
sich besonders in den Nordischen Gewässern aufhält, und bey dem Linne
Anas hiemalis, im Norwegischen Angeltaske, Dykere, Ungle, Gadisse,
Klashan genannt wird.
Angeltugend (W3) [Adelung]
* Die Angeltugend, S. Haupttugend, und Angel,
Anm. 1.
Angemessen (W3) [Adelung]
Angemessen, die Angemessenheit, S. in Anmessen.
Angenehm (W3) [Adelung]
Angenehm, -er, -ste, adj. et adv. von annehmen. 1) + Eigentlich, was
man gern nimmt oder annimmt; in welcher Bedeutung dieses Wort zuweilen
noch im gemeinen Leben vorkommt. Die Holländischen Thaler sind in der
Türkey angenehm. Der Wein ist in den Nördlichen Ländern angenehm,
selten, theuer, er wird dort gern genommen. Noch mehr aber, 2) in
weiterer Bedeutung, was man mit Wohlgefallen hat und empfindet. Ein
angenehmer Ort. Ein angenehmer Anblick. Eine angenehme Aussicht. Eine
angenehme Musik. Ein angenehmer Geruch, Geschmack. Ein angenehmer
Gast. Ein angenehmes Schreiben. Ein angenehmes Geschenk. Ich komme
bloß, ihrer angenehmen Gesellschaft zu genießen. Die Liebe war mir
sonst angenehm, weil ich sie ihrem Werthe zu danken hatte, Gell. Das
ist mir angenehm zu hören. Er ist bey jedermann angegenehm, man gehet
gerne mit ihm um.
Anm. Für angenehm sagt man ehedem nur genehm, S.
dieses Wort. Ein so genemer hort, ein so angenehmer Schatz, Winsbeck.
An stehet bloß um des Nachdruckes willen da. Beyde sind eine
buchstäbliche Übersetzung des Latein, acceptus. Bey dem Tatian und
Kero kommt dafür auch antphengi und antfanglich von fangen, nach eben
derselben Figur, vor. Indessen sagten die Gothen schon andanem, und bey den Isländern druckt naemelegt eben denselben Begriff aus. Das
Holländ. angenaem, das Schwed. angenaem, und das Dän. angenem sind aus
dem Hochdeutschen entlehnet.
Anger (W3) [Adelung]
Der Anger, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum Angerchen,
Oberdeutsch Angerlein. 1) Der äußerste und mit Gras bewachsene Rand
eines Ackers, welcher in Obersachsen ein Kain, und in Niedersachsen
ein Brink genannt wird. 2) Ein jeder mit Gras bewachsener Platz auf
einem Felde, zum Unterschiede von einer Wiese; in einigen
Obersächsischen Gegenden Espan, in Niedersachsen gleichfalls Brink.
Besonders 3) der mit Gras bewachsene Platz in einem Dorfe, welcher in
Schlesien auch die Aue genannt wird.
Anm. Anger ist am häufigsten in
Oberdeutschland üblich, wo man den Plural auch wohl Änger macht. Anger
für Viehweide, Wiese, kommt schon in dem alten Gedichte von dem Kriege
Carls des Großen bey dem Schilter vor. Frisch leitet es von enge ab,
weil es ursprünglich einen engen schmalen Theil eines Feldes bedeutet.
Es stehet dahin, ob der Grund der Benennung nicht vielmehr in der
Tiefe liegt. das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bedeutet ein Thal. In
dem Lateine der mittlern Zeiten kommt ancra, angra, anchra,
gleichfalls von einem Thale vor, und das Schwed. äng und Isländ.
angur. bedeuten eigentlich eine Fläche an dem Ufer des Meeres. Im
Dänischen bedeutet Eng noch jetzt eine Wiese. Tiefe, niedrige Gegenden
pflegen am ersten mit Gras bewachsen zu seyn. Grasanger, Baumanger,
Gemeinanger, Schindanger u. s. f. sind Nahmen, welche den Angern von
ihren besondern Bestimmungen und Anwendungen gegeben werden.
Angerblume (W3) [Adelung]
Die Angerblume, plur. die -n, oder das Angerblümchen, des -s, plur.
ut nom. sing. ein Nahme, der einigen Orten, besonders
Oberdeutschlandes, den so genannten Gänseblumen, Maßlieben, oder
Margarethen-Blümchen gegeben wird, weil sie auf den Angern oder Wiesen
häufig wachsen; Bellis minor, L.
Angerhäusler (W3) [Adelung]
Der Angerhäusler, des -s, plur. ut nom. sing. in Schlesien, ein
Häusler, der ein auf dem Anger in einem Dorfe erbauetes Haus bewohnet,
und dafür der Grundherrschaft verpflichtet ist; in Niedersachsen ein
Brinksitzer. S. Angerrecht.
Angerkraut (W3) [Adelung]
Das Angerkraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der in einigen
Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, auch dem Wege-tritte gegeben
wird, weil es gern auf den Angern oder Rainen der Äcker wächset;
Polygonum, L.
Angerling (W3) [Adelung]
Der Angerling, des -es, plur. die -e, ein eßbarer Schwamm, S.
Drüschling.
Angerling (W3) [Adelung]
Angerling, ein Insect. S. Engerling.
Angerrecht (W3) [Adelung]
Das Angerrecht, des -es, plur. inusit. das Recht, einen Anger,
besonders den Anger in der Mitte des Dorfes, als seyn Eigenthum zu
behandeln; welches Recht in Schlesien, wo es auch das Aurecht genannt
wird, der Grundobrigkeit zustehet.
Angesehen (W3) [Adelung]
Angesehen, S. Ansehen.
Angesessen (W3) [Adelung]
Angesessen, S. Ansitzen, ingleichen Ansässig.
Angesicht (W3) [Adelung]
Das Angesicht, des -es, plur. die -er. 1) Eigentlich der vordere
glatte Theil des menschlichen Hauptes, das Gesicht. Ein schönes,
geschminktes, häßliches Angesicht. Auf seyn Angesicht fallen. Im
Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen. Ich kenne ihn
von Angesicht, wie er im Angesichte gebildet ist. Einem ins Angesicht
widersprechen, auf eine unverschämte Art. So auch, einen in das
Angesicht loben. 2) Figürlich, so viel als Gegenwart; ohne Plural. Vor
dem Angesichte Gottes, der Kirche, der ganzen Stadt. Wie soll ich
voller Scham seyn Angesicht vertragen? Weiße. Vorwürfe, die uns im
Angesichte der ganzen Welt gemacht werden, vor der ganzen Welt. Die
Truppen gingen im Angesichte des Feindes über den Fluß. Im Angesichte
der Stadt, des Hafens, in derjenigen Entfernung, in welcher man sie
siehet. In welcher ganzen figürlichen Bedeutung das kürzere Gesicht
nicht so gewöhnlich ist.
Anm. Dieses Wort ist weiter nichts als das
einfachere Gesicht mit der Alemannischen Verlängerung. Allein, weil
dieses durch den häufigen Gebrauch etwas Unedles und Gemeines bekommen
hat, so bedient man sich in der höhern Schreibart, und wenn man von
Personen spricht. denen man Ehrerbiethung schuldig ist, lieber des
verlängerten Angesicht. Bey den ältern Fränkischen und Alemannischen
Schriftstellern kommt Anasiht und Anasune für Angesicht vor; doch wird
Angesiht schon von den Schwäbischen Dichtern für Anblick gebraucht.
Einige, besonders ältere Oberdeutsche Schriftsteller, gebrauchen
dieses Wort in dem weiblichen Geschlecht, die Angesicht. In der
Deutschen Bibel wird es nach dem Muster des Hebräischen Textes
zuweilen für Person gebraucht, welches aber außer der biblischen
Schreibart nicht nachzuahmen ist. Der Plural die Angesichte, für
Angesichter, Matth. 6, 16, ist Oberdeutsch.
Angesichts (W3) [Adelung]
* Angesichts, ein Adverbium. 1) Für im Angesichte. Angesichts der
ganzen Stadt, vor den Augen der ganzen Stadt. 2) Für augenblicklich.
Wie die, so seiner Macht mit Aufruhr Feinde werden, Sind worden
Angesichts verschlungen von der Erde, Opitz. In beyden Bedeutungen ist
es im Hochdeutschen ungewöhnlich.
Angewand (W3) [Adelung]
Die Angewand, S. Anwand.
Angewege (W3) [Adelung]
Das Angewege, des -s, plur. ut nom. sing. in den Mühlwerken,
diejenigen starken Hölzer, worauf die Zapfenlager liegen, auf welchem
die Welle mit den Rädern umgeht; die Anwaghölzer, Angeweide oder
Angewehre, welche beyden letztern Formen durch eine verderbte
Aussprache entstanden zu seyn scheinen. In den Hammerwerken und bey
hohen Öfen werden sie Anwellen genannt. S. Anwegholz.
Angewende (W3) [Adelung]
Das Angewende, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z.
B.: in Thüringen, ein Stück Feldes, welches quer vor andern liegt, so
daß bey dem Pflügen dieser andern, deren
Besitzer Aufstößer heißen, die Pferde darauf wenden müssen; im
gemeinen Leben auch Anwendel.
Angewinnen (W3) [Adelung]
Angewinnen, verb. irreg. act. ( S. Gewinnen,) ein im Hochdeutschen
größten Theils veraltetes Zeitwort, für, an oder von einem gewinnen,
welches nur noch in der R. A. gehöret wird, einem nichts angewinnen
können, ihm nichts abgewinnnen, nichts anhaben können. In einem Glück,
dem Welt und Zeit nichts angewinnt, Gieseke. Im Oberdeutschen ist
dieses Zeitwort von einem häufigern Gebrauche. Gewin er in (ihnen)
denn die Schlacht an, Theuerd. Kap. 76. Der Herr kann allen
angewinnen, Opitz. Ps. 147. Auf gleiche Art sagt Luther: Abia gewann
Inrobeam Städte an, 2. Chron. 13. 19. Und ihn alle seyn Land angewann,
4. Mos. 21, 26. Das Niedersächsische anewinnen, bedeutet theils einen
Gewinn erhalten, theils zu sich, in seyn Haus, in seinen Dienst
nehmen.
Angewöhnen (W3) [Adelung]
Angewöhnen, verb. reg. act. durch öftere Wiederhohlung zur Gewohnheit
machen. Einen zum Fleiße, oder einem den Fleiß angewöhnen. Er hat sich
das Fluchen, das Spielen angewöhnet. Daher die Angewöhnung. Die
Wortfügung, sich eines Dinges angewöhnen, ist nur im Oberdeutschen
üblich.
Angewohnheit (W3) [Adelung]
Die Angewohnheit, plur. die -en, etwas, das man sich angewöhnet hat,
eine angewöhnte Fertigkeit.
Angießen (W3) [Adelung]
Angießen, verb. irreg. act. S. Gießen. 1) An etwas gießen. Das Wasser
an die Mauer angießen. Das Kleid paßt, als wenn es angegossen wäre.
Ingleichen, einen flüssig gemachten harten Körper durch Ausgießen mit
dem andern Verbinden. 2) Figürlich, doch nur im gemeinen Leben, einen
angießen, einen bey einem andern angießen, ihn anschwärzen, einen
übeln Begriff von ihm machen. Davon ist an einigen Orten auch das
Substantiv der Angießer üblich, einen Angeber anzudeuten. Zu
Willersleben im Schwarzburgischen werden, dem Frisch zu Folge,
jährlich zwey Heimbürgen und zwey Angießer ernannt, welche letztern
gehalten sind, die Vergehungen der Einwohner der Obrigkeit zu
hinterbringen. 3) * Eine Flasche angießen, nur in einigen Gegenden,
anfangen aus derselben zu gießen, sie anbrechen.
Angift (W3) [Adelung]
* Die Angift, plur. inusit. ein größten Theils veraltetes Wort für
Angabe, Angeld, welche S.
Anglimmen (W3) [Adelung]
Anglimmen, verb. reg. et irre. neutr. ( S. Glimmen,) welches das
Hülfswort seyn erfordert, ein glimmendes Feuer fangen, anfangen zu
glimmen. Das Holz ist noch nicht angeglimmet, oder angeglommen. Der
Schwamm will nicht anglimmen.
Anglotzen (W3) [Adelung]
+ Anglotzen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, mit großen
aufgesperrten Augen ansehen. S. Glotzen.
Anglühen (W3) [Adelung]
Anglühen, verb. reg. neutr. mit seyn, anfangen zu glühen. Die Kohlen
sind bereits angeglühet.
Angränzen (W3) [Adelung]
Angränzen, S. Angrenzen.
Angreifen (W3) [Adelung]
Angreifen, verb. irreg. act. S. Greifen.1. Eigentlich, mit der Hand
anfassen, daran greifen. Ein glühendes Eisen angreifen. Einen bey dem
Kopfe, bey der Brust angreifen. Wer Pech angreift, besudelt sich. Und
in weiterer Bedeutung, etwas mit den Zähen, mit der Zange angreifen.2.
Figürlich. 1) Angreifen und gebrauchen. Seinen Schatz angreifen.
Fremdes Gut angreifen. 2) Angreifen und fest halten. Einen Missethäter
angreifen, ihm in Verhaft nehmen. 3) Thätige Feindseligkeiten gegen
jemand üben. Einen mit dem Degen in der Hand angreifen. Die Reisenden
auf der Straßeangreifen. Der Feind greift die Stadt an. Die Türken
greifen mit großem Geschreye an. Daher der angreifende Theil, der den
Anfang mit thätigen Feindseligkeiten macht. in weiterer Bedeutung.
Einen mit Worten angreifen, beleidigen. Er hat mich bey, oder an
meinem ehrlichen Nahmen, bey, oder an meiner Ehre angegriffen. Das war
auf der zärtlichsten Seite angegriffen. Ingleichen, in noch weiterm
Umfange der Bedeutung, heftig auf etwas wirken. Von einer Krankheit
angegriffen werden. Das Feuer griff sogar die Kirche an. 4) Alle seine
Kräfte anstrengen, seyn Äußerstes thun. Sich im Reden angreifen, sehr
laut reden, Sich im Singen, Tanzen angreifen, alle seine Kräfte und
Geschicklichkeit zeigen. Er hat sich heute sehr angegriffen, vielen
Aufwand gemacht. Du bist zu karg, du mußt dich besser angreifen. Einen
Missethäter mit den Daum- oder Beinstöcken angreifen, sie fest
zuschrauben, zum Unterschiede von Anlegen. 5) Schwächen, entkräften.
Diese Arzeney greift mich zu sehr an. Die Krankheit hat mich sehr
angegriffen. Kleine Schrift greift die Augen an. 6) Hand an etwas
legen, anfangen zu arbeiten. Greif an das Werk mit Freuden. Greif an
das große Werk, Can. Eine Sache verkehrt angreifen. Ich weiß nicht,
wie ich es angreifen, anfangen, soll. Wie ist die Sache anzugreifen?
anzufangen. Und in weiterer Bedeutung überhaupt für thun, arbeiten. Er
will nichts angreifen. Einen neuen Stollen höher angreifen als den
alten, im Bergbaue, für anlegen, anfangen.
Angreifer (W3) [Adelung]
Der Angreifer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher
angreift, d. i. den Anfang mit den Feindseligkeiten macht; der
angreifende Theil.
Angreifisch (W3) [Adelung]
+ Angreifisch, adj. et adv. im gemeinen Leben. 1) Wornach man gerne
greift, d. i., was andere gern entwenden; edler angreifig. Geld ist
eine angreifische Waare. 2) Der gerne nach etwas greifet, es gern
entwendet. Ein angreifischer Mensch. Die Magd ist ein wenig
angreifisch, Niedersächsisch angreepsk.
Angreifung (W3) [Adelung]
Die Angreifung, plur. inusit, die Handlung des Angreifens, besonders
in der eigentlichen Bedeutung des Verbi. Daher angreifungsweise, in
Gestalt, nach Art eines feindlichen Angriffes.
Angrenzen (W3) [Adelung]
Angrenzen, verb. reg. neutr. so das Hülfswort haben zu sich nimmt, an
etwas grenzen, an dessen Grenzen stoßen. Deutschland grenzet an Ungarn
an. Mein Acker grenzet an die herrschaftlichen Felder an. Angrenzende
Länder. Daher die Angrenzung.
Anm. Für angrenzen ist in Oberdeutschland
auch anrainen und in Ostfriesland swetten üblich, von Swette, die
Grenze. S. Grenze.
Angriff (W3) [Adelung]
Der Angriff, des -es, plur. die -e, das Verbale von angreifen, so
wohl die Handlung des Angreifens zu bezeichnen, als auch den Ort, wo
etwas angegriffen wird.1. Die Handlung; und zwar, 1) in der
eigentlichen Bedeutung des Verbi. So heißt in den Lehnsrechten, den
Angriff verrichten, zum Zeichen der Mitbelehnschaft an den Mantel
dessen, der belehnt wird, greifen. 2) In der figürlichen Bedeutung.
(a) Die Verhaftnehmung eines Schuldigen, besonders in den Rechten, wo
dieses der erste Angriff genannt wird, im Gegensatze des zweyten, der
von dem Scharfrichter bey der Tortur geschiehet. Ingleichen das Recht,
Übelthäter in Verhaft zu nehmen, daher den Angriff haben, dieses Recht
besitzen. S. Haltaus H. v. (b) Eine feindliche That, besonders die
Handlung dessen, der zuerst thätig beleidiget. Der Angriff im Kriege.
Den Angriff thun, angreifen. Einen Angriff auf etwas thun. Der Feind
that einen Angriff auf die Festung. Der Angriff war blutig. Ingleichen
in weiterer Bedeutung, eine jede heftige Wirkung von außen. Große
Leute weichen oft den leichtesten Angriffen,
und es ist in ihrer Seele allemahl eine Seite, die nicht gehörig
besetzt ist. (c) Der Anfang in einer Sache, doch nur in einigen
wenigen Fällen. So wird bey den Webern der Anfang eines Gewebes der
Angriff genannt. Zum Angriffe geschlichtet, geschlichtet, damit man
anfangen kann zu weben.2. Der Ort, wo man etwas angreift, an
verschiedenen Werkzeugen, wofür man doch lieber der Griff sagt.
Indessen werden bey den Schlössern die kleinen Zähne an den Riegeln
der Schlösser, an welche der Schlüssel greifen muß, der Angriff
genannt.
Anm. Anagriff kommt schon bey dem Willeram von der Berührung mit den Händen vor, und in den Longobardischen Rechten bedeutet.
Anagrip die gewaltsame Bemächtigung einer Sache.
Angst (W3) [Adelung]
Die Angst, plur. die Ängste, die Beklemmung der Brust, als eine
Wirkung der dunkeln Empfindung eines Grades von Furcht und
Traurigkeit. Voller Angst seyn. Du machst dir vergebliche Angst. Er
weiß vor Angst nicht, wo er bleiben soll. Die Angst meines Herzens ist
groß. Herzensangst, Todesangst. In tausend Ängsten seyn. Was darf er
nun in Ängsten sitzen: Haged. Das Haus, das bey gemeinem Jammer, Nur
für die Frau in Ängsten stand, Bernhardi.Der Schauer, welcher mich mit
kalter Angst durchläuft, Weiße.
Anm. 1. Der Plural ist im
Hochdeutschen nur in der dritten Endung mit der Präposition in Üblich.
Die Oberdeutsche Mundart gebraucht ihn nicht nur mit andern
Präpositionen, sondern auch in andern Endungen. Mit grozen angustin,
Ottfr. Da Leid und LebenMit Ängsten nur umringet war, Opitz. Der Herr
schickt freye RuhDem, den er liebt, ohn Ängsten zu, ebend. Ps. 127.Aus
diesem tiefen Grunde Der Ängsten ruf ich dir, ebend. Ps. 130. Luther
hat dieses in der Deutschen Bibel beybehalten. Und er sie errettet aus
ihren Ängsten, Ps. 107, 6. So auch v. 13, 28. und anderswo. Ja es
erlauben sich solches zuweilen auch Hochdeutsche Dichter. Du machtest
meinen Geist wohl eh von Ängsten los, Can. Ich Mensch empfinde stets
im Denken Todesängste, Dusch.
Anm. 2. Angst, alt Nieders. Anxste,
Schwed. Angest, Eng. Anguish, alt Franz. Angoise, Bretagn. Encres,
Fränk. und Alemann. Angust, kommen mit dem Latein. Angustia genau
überein. Das nächste Stammwort ist wohl das veraltete angen, drücken,
kränken, beunruhigen, welches mit dem Latein. angere, und Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, beengen, verwandt ist. Es
wird bey dem Ottfried und Notker angetroffen, und muß noch zu
Henischens Zeiten in Schwaben üblich gewesen seyn, weil er die
sprichwörtliche R. A. anführet: Was dich nicht anget, darnach sollst
du nicht fragen. Gemeiniglich leitet man dieses Verbum von enge ab, so
daß angen eigentlich, in die Enge treiben, und Angst, eine Beengung
oder Beklemmung der Brust bedeuten würde. Es kann aber auch seyn, daß
Angst eine Nachahmung des natürlichen Lautes ist, den ein Geängstigter
mit dem Athem von sich gibt, da es denn zu Ach, ächzen und dem
Nieders. anken, ächzen, gehören würde.
Angst (W3) [Adelung]
Angst, ein Adverbium, mit Angst behaftet, Angst empfindend, welches
aber nur mit den Zeitwörtern seyn, werden und machen, und der dritten
Endung der Person gebraucht wird. Mir ist angst. Ist ihnen denn noch
immer angst? Gell. Einem Angstmachen, nicht einen. Nun wird mir selbst
angst, Gell. Ingleichen in Verbindung mit bange, welches mit angst
ursprünglich einerley Bedeutung hat. Einem angst und bage machen.
Reden sie nicht so gleichgültig; es wird mir angst und bange dabey,
Gell. S. Bange.
Anm. Die meisten Sprachlehrer nennen dieses Wort ein
indeclinables Adjectiv, welches nur im Nominative und Accusative
gebraucht werde. Warum nennet man es nicht lieber gerade zu ein
Adverbium, da es sich nur allein mit Verbi, nicht aber mit
Substantiven verbinden Lässet. Einem angst thun, Es. 9, 1. ist im
Hochdeutschen ungewöhnlich. In Niedersachsen sagt man häufig, ich bin
angst, und es gibt auch wohl Hochdeutsche, welche diese Form
vertheidigen, weil man ja auch, ich bin fröhlich, ich bin traurig,
sage. Allein, man bedenkt nicht, daß hier zwey ganz verschiedene Fälle
sind. Fröhlich und Traurig sind wahre Adjective, ein fröhliches Herz,
ein trauriger Mensch. Allein Angst ist ein bloßes Umstandswort,
welches nicht als ein Adjectiv gebraucht werden kann, und sich nur
vermitteltst des Datives auf ein Subject anwenden läßt. Eben so sagt
man, mir ist wohl, mir ist weh, es ist mir leid, es ist mir zuwider u.
s. f. So auch Bange.
Ängsten (W3) [Adelung]
Ängsten, verb. reg. act. Angst verursachen, angst machen. Einen
ängsten. Einen mit etwas ängsten. Sich ängsten, Angst empfinden. Sich
um, über oder wegen etwas ängsten. In der höhern Schreibart zuweilen
auch so viel, als in eine heftige Bewegung setzen. Die geängstete
Tiefe (des Meeres) merkte die Gottheit, die im Wetter fuhr, Dusch.
Anm.
Ängsten, bey dem Ottfried und Notker angustan und angesten, Dän.
ängste, Schwed. angsla, kommt zunächst von Angst. Im Hochdeutschen ist
dieses Wort von dessen Frequentativo ängstigen, wenigstens in dem
gemeinen Gebrauche, fast völlig verdränget worden.
Angster (W3) [Adelung]
1. Der Angster, des -s, plur. ut nom. sing. eine Scheidemünze in der
Schweiz, besonders im Canton Zürch, welche mit unsern Pfennigen
überein kommt und daher auch zwey Heller hält.
Anm. Wachter glaubt,
diese Münze habe den Nahmen von dem Lateinischen Nahmen der Stadt
Augsburg, wo sie zuerst gepräget worden, daher sie billig Angster
heißen sollte. Allein da sie beständig Angster, oft auch
Angster-Pfennige und Antlitt-Pfennige genannt wird, so leiten
Hottinger und Frisch diesen Nahmen mit besserm Rechte von den darauf
geprägten Angesichtern der Prälaten her. Nach einem sonderbaren
Pleonasmus werden diese Pfennige zuweilen auch Antlitt-Angster
genannt. Weil außer dem Gesichte des Bischofes von Basel auch der
Bischofsstab darauf gepräget war, so kommen sie im 15ten und 16ten
Jahrhunderte auch oft unter dem Nahmen der Stäbler oder
Stäblerpfennige vor.
Angster (W3) [Adelung]
2. * Der Angster, Ängster oder Engster, des -s, plur. ut nom. sing. der
Oberdeutsche Nahme einer hohen gläsernen Flasche mit engem Halse und
enger Mündung, welche, wenn man daraus trinket, ein Geräusch macht,
daher sie im gemeinen Leben auch Kluckglas, Gluckglas und Gutter
genannt wird.
Anm. Dieser Nahme ist aus dem Latein, angustus, oder
vielmehr zunächst aus dem Ital. Anguistara, Inguistara, Anghistare,
Inghistare, welche Nahmen eben dasselbe Gefäß bezeichnen. In einem
1501 zu Rom gedruckten Italiänischen und Deutschen Vocabelbuche steht,
Angustaro, angster. Bey dem Pollux heißt dieses Trinkgeschirr von dem
gluckenden Schalle, den es im Trinken macht, - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - .
Angstfieber (W3) [Adelung]
Das Angstfieber, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art eines
anhaltenden Fiebers, welches mit vieler Angst um die Brust
verbunden ist, wobey sich der Kranke sehr unruhig herum wirft,
phantasiret, und eine innere trocknende Sitze empfindet, von welcher
man von außen wenig gewahr wird; Asodis.
Angstgeschrey (W3) [Adelung]
Das Angstgeschrey, des -es, plur. inusit. ein von der Angst erpreßtes
Geschrey.
Angsthaft (W3) [Adelung]
* Angsthaft, angsthaftig, adj. et adv. für ängstlich, welches, wie
das Hauptwort die Angsthaftigkeit, nur in Oberdeutschland üblich ist.
Ängstig (W3) [Adelung]
Ängstig, -er, -ste, adj. et adv. mit Angst erfüllet, Angst
empfindend, und darin gegründet. Ein wallend ängstig Weh erhebt mich
von der Erde, Hall. Daß der Hohepriester so ängstig war, 2. Maccab. 3,
21. Angestich kommt schon bey den Schwäbischen Dichtern vor. Auch die
Niedersachsen sagen angstig.
Ängstigen (W3) [Adelung]
Ängstigen, verb. reg. act. welches das Frequentativum von ängsten
ist, und mit demselben einerley Bedeutung hat, nur daß es im
Hochdeutschen gewöhnlicher ist als dieses. Einen ängstigen. Er
ängstigte mich mit erdichteten Unglücksfällen. Sich ängstigen. Daher
die Ängstigung.
Ängstiglich (W3) [Adelung]
* Ängstiglich, adv. mit Angst, welches so, wie die meisten mit lich
verlängerten Adverbia, im Hochdeutschen veraltet ist.
Ängstlich (W3) [Adelung]
Ängstlich, -er, -ste, adj. et adv. der Angst gleich, ein wenig angst.
1) Eigentlich. Es ist mir so ängstlich. Du bist von diesen ängstlichen
Gedanken entfernet. Aber warum sehen sie mich so ängstlich an, als ob
sie mich bedauerten? Gell. 2) Mit ängstlicher Sorgfalt, mit
furchtsamen Fleiße, mit einer Art von Zwang verbunden. Ich will mich
nicht gar zu ängstlich um die Art der Möglichkeit dieser Sache
erkundigen. Eine gar zu ängstliche Ordnung. Ein ängstlicher Mensch,
der sich bey allen Dingen ungegründete Furcht und Besorgniß macht.
Ängstlichkeit (W3) [Adelung]
Die Ängstlichkeit, plur. inusit. 1) Ein geringerer Grad der Angst.
War das die Ursache von seines Herren Ängstlichkeit: Weiße. 2)
Ängstlicher Fleiß, ängstliche Sorgfalt. Dieses Stück ist mit zu vieler
Ängstlichkeit verfertiget. Man stehet diesem Gedichte die
Ängstlichkeit des Verfassers zu sehr an. Besonders die Fertigkeit zu
ungegründeten Besorgnissen einer Gefahr. Man muß in der Moral nicht
mit einer gesetzlichen Ängstlichkeit auf Kleinigkeiten fallen.
Angstmann (W3) [Adelung]
+ Der Angstmann, des -es, plur. die -männer, ein Nahme, der an
einigen Orten, z. B. in Frankfurt am Main, im gemeinen Leben dem
Scharfrichter gegeben wird. S. Henker.
Angstschweiß (W3) [Adelung]
Der Angstschweiß, des -es, plur. inusit. ein kalter von der Angst
erpreßter Schweiß. Der Angstschweiß bricht ihm aus. Bricht mir doch
der Angstschweiß hierüber aus. Einem einen Angstschweiß ausjagen,
austreiben, im gemeinen Leben, für verursachen. Nieders. Judassweet,
d. i. Judasschweiß.
Angstvoll (W3) [Adelung]
Angstvoll, adj. et adv. voller Angst. bange angstvolle Blicke.
Angucken (W3) [Adelung]
Angucken, verb. reg. act. welches, wie das einfache gucken, nur in
der vertraulichen Sprechart üblich ist, für ansehen. S. Gucken.
Angurie (W3) [Adelung]
Die Angurie, (viersylbig,) plur. die -n, aus dem Lat. Anguria, die
Wasser-Melone; Cucumis Anguria, L.
Angürten (W3) [Adelung]
Angürten, ver. reg. act. vermittelst des Gurtes oder Gürtels an etwas
befestigen. Sich den Degen angürten. Daher die Angürtung.
Anhaben (W3) [Adelung]
Anhaben, ver. irreg. neutr. ( S. Haben,) mit dem Hülfsworte haben. 1)
An seinem Leibe haben oder tragen, doch nur im gemeinen Leben und von
Kleidungsstücken. Er hatte heute ein prächtiges Kleid an. Rothe
Strümpfe anhaben. Er hatte einen Panzer an. 2) Einem etwas anhaben,
ihm etwas abgewinnen, einen Vortheil über ihn erlangen, in welcher
Bedeu-tung es doch nur im Infinitive und mit den Verbis können und
werden gebraucht wird. Er kann mir nichts anhaben, kann mir keinen
Vortheil abgewinnen, kann mir nicht schaden. Ich glaube nicht, daß wir
ihm viel anhaben werden.
Anhacken (W3) [Adelung]
Anhacken, verb. reg. act. anfangen an etwas zu hacken. Die Vögel
haben die Äpfel angehackt.
Anhäften (W3) [Adelung]
Anhäften, verb. reg. act. an etwas haften machen, ohne Beziehung auf
die Mittel; wodurch solches geschiehet. Man kann daher sagen, einen an
das Kreuz anhäften, für annageln; ein Stück Zeuges an das andere
anhäften, mit weiten Stichen an dasselbe annähen. Ein Buch an das
andere anhäften, bey den Buchbindern. Den Wein anhäften, für anbinden,
u. s. f. So auch die Anhäftung. S. Häften.
Anhägern (W3) [Adelung]
Anhägern, verb. reg. act. von Häger, ein Sandhügel in einem Flusse.
1) Als einen solchen Häger ansetzen. Die Fluth hägert neues Land an,
verursacht eine Anhägerung. 2) Ein Stück Landes anhägern, oder
einhägern, es dem Flusse abgewinnen. S. Häger.
Anhäkeln (W3) [Adelung]
Anhäkeln, verb. reg. act mit Häkeln oder kleinen Haken befestigen.
Sich anhäkeln, wird auch von den kleinen Vögeln gesagt, wenn sie sich
mit den Klauen an etwas fest halten. Daher die Anhäkelung.
Anhaken (W3) [Adelung]
Anhaken, verb. reg. act. vermittelst eines Hakens befestigen. Sich
anhaken, sich an ein Schiff anhaken, wird in der Schifffahrt zuweilen für entern gebraucht, weil solches vermittelst großer Haken
geschiehet. So auch die Anhakung.
Anhalsen (W3) [Adelung]
Anhalsen, verb. reg. act. Dem Leithund anhalsen, bey den Jägern, ihm
das Hals- und Hängeseil anlegen.
Anhalten (W3) [Adelung]
Anhalten, verb. irreg. ( S. Halten,) welches auf gedoppelte Art
üblich ist.I. Als ein Activum, und da bedeutet es.1. Eine Sache an die
Seitenfläche der an andern halten. Ein Bret an da andere anhalten. Das
Lineal fest an die Tafel angehalten. Im Markscheiden bedeutet daher
anhalten figürlich so viel, als den Anfang mit dem Vermessen machen,
weil die Schnur an denjenigen Ort, wo sich diese Vermessung anfängt,
im eigentlichen Verstande angehalten wird.2. An etwas halten, d. i. es
fest halten, besonders um dessen Bewegung zu unterbrechen oder zu
hindern. 1) Eigentlich. Die Zügel anhalten. Wenn Chloe bey mir ruht,
dann halte die Zügel an, Kleist. Die Pferde anhalten, vermittelst der
Zügel. Die Pferde im Laufe anhalten. In weiterer Bedeutung auch, den
Wagen anhalten. Ein Schiff anhalten, dessen Lauf unterbrechen. 2)
Figürlich. (a) Zusammen ziehen, in welcher Bedeutung die Ärzte gewisse
stark wirkende Arzeneyen anhaltende Arzeneyen zu nennen pflegen,
adstringentia. (b) Die freye oder willkürliche Bewegung einer Person
oder Sache unterbrechen. Einen flüchtigen Missethäter anhalten, ihn in
Verhaft nehmen. Man hat ihn auf der Flucht angehalten. Er ist in
seinem eigenen Hause angehalten, in Verhaft genommen worden. So auch
Güter, Waaren anhalten, in Beschlag nehmen. (c) Den freyen Willen
eines andern durch fortgesetzte dringende Bewegungsgründe zu etwas
bestimmen. Einen zu etwas anhalten. Einen zum Fleiße, zur Arbeit, zu
allem Guten anhalten. Er ist zu lauter nützlichen Beschäftigungen
angehalten worden. Halten sie ja meine Tochter zum Gebethe an, Gell.
Man hat die Unterthanen angehalten, die Wege auszubessern.II. Als ein
Neutrum, welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, an etwas
halten, d. i. an dessen Seitenfläche befestiget seyn.
1. In der eigentlichen Bedeutung, als ein Reciprocum, angreifen und
fest halten, vornehmlich um seinen eigenen Fall zu vermeiden. Sich an
etwas anhalten. Hale dich fest an mich an, damit du nicht fallest. Er
hat sich an einen Baum angehalten.2. Figürlich, in einer Bewegung oder
Handlung fortfahren; ingleichen, ununterbrochen fortdauern. Die Kälte
hält noch immer an. Der Regen hat die ganze Nacht angehalten. Sein
Fleiß hält noch immer an. Das Fieber, die Krankheit hielt drey Wochen
an. Ein anhaltender Fleiß. Ein anhaltender Regen. Eine anhaltende
Krankheit. Anhalten mit Bitten, mit Arbeiten. Anhalten am Gebethe, wie
Luther übersetzt, für mit dem Gebethe anhalten, oder noch besser,
anhalten mit Bethen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Anhalten mit
Weinen, mit Flehen, mit Ermahnen u. s. f. Auf gleiche Art kommt in dem
Lateine der mittlern Zeiten attenere für perseverare vor.3. Um Etwas
anhalten, mit Beyfügung der Bewegungsgründe darum bitten. Bey Hofe um
ein Amt, um Erhöhung der Besoldung, um Beförderung, um ein Privilegium
anhalten. Um eine Person anhalten, sie zu Gattinn verlangen. Verreis
und halt um Wilhelminen Für mich bey ihren Ältern an, Gell. 4. Stille
halten, welche Bedeutung zu der zweyten Bedeutung das Activi gehöret.
An einem Orte anhalten, mit dem Fuhrwerke daselbst stille halten. Bey
einem auf der Reise anhalten, aussteigen. Ingleichen, in figürlicher
Bedeutung, mit etwas anhalten. Mit der Arbeit anhalten, inne halten,
aufhören. Diese Bedeutung kommt indessen wenig vor, vermuthlich um die
Zweydeutigkeit, mit der vorher gehenden Bedeutung des Fortsetzens zu
vermeiden.
Anhalter (W3) [Adelung]
Der Anhalter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der etwas anhält. So
heißt in den Salzwerken derjenige ein Anhalter, der unter dem Kessel
einen großen Hammer an denjenigen Ort hält, wo der andere von außen
etwas an- oder einschlägt. Bey verschiedenen Handwerken ist der
Anhalter ein Holz oder Stück, welches etwas hält. 2) Etwas woran man
sich anhält. So wird das starke Band über dem Bette, sich daran
aufzuhelfen, ein Anhalter, von andern aber auch ein Betthalter,
Bettzopf, Bettquast genannt, weil es unten gemeiniglich mit einem
Quaste oder Zopfe versehen ist.
Anhaltpunct (W3) [Adelung]
Der Anhaltpunct, des -s, plur. die -e, in dem Markscheiden, derjenige
Punct, wo man anfängt, von einem Theile einer Grube bis zum andern zu
ziehen; weil daselbst die Schnur des Markscheiders zuerst angehalten
wird.
Anhaltsam (W3) [Adelung]
Anhaltsam, -er, -ste, adj. et adv. ununterbrochen in etwas
fortfahrend und darin gegründet, beharrlich. Ein anhaltsamer Fleiß,
ein anhaltender. Daher die Anhaltsamkeit.
Anhaltung (W3) [Adelung]
Die Anhaltung, plur. inusit. die Handlung des Anhaltens, größten
Theils nur in den eigentlichen Bedeutungen des Activi. Doch gebraucht
man dieses Wort auch von der Verhaftnehmung. Die Anhaltung eines
flüchtigen Übelthäters. Die Anhaltung der Waaren, der Güter.
Anhanden (W3) [Adelung]
+ Anhanden, adv. welches nur im gemeinen Leben für das bessere an die
Hand üblich ist. Einem anhanden gehen, an die Hand gehen, ihm
Handreichung thun. Einem etwas anhanden geben, an die Hand. S. Hand.
Anhang (W3) [Adelung]
Der Anhang, des -es, plur. die -hänge, dasjenige, was an eine andere
Sache angehänget wird; und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung, in
welcher auch das niedrigere Anhängsel üblich ist. 2) In weiterer
Bedeutung, was einer Sache als außerwesentlich beygefüget wird. Der
Anhang einer Schrift, einesBuches. Der Anhang an einem Worte, zu
demselben eigentlich nicht gehörige Buchstaben und Sylben, dergleichen
das in Dero, dannenhero u. s. f. das en an den Nebenwörtern auf lich,
männlichen, gütlichen u. s. f. sind. 3) Als ein Collectivum, Personen,
welche eines Meinung, einer Partey anhangen. Sich einen Anhang machen.
Einen großen, geringen Anhang haben. Die Anführer wurden mit ihrem
ganzen Anhange geschlagen. Ein Anhang böser Buben, mit einander
verbundene böse Buben. In dieser dritten Bedeutung hat Anhang alle
Mahl einen übeln Nebenbegriff, daher man es hier nur im gehässigen und
verächtlichen Verstande gebraucht. 4) Der Nahme einer gewissen Art
Elbschiffe.
Anm. Obgleich der Plural in der zweyten Bedeutung, die
Anhänge, der Sprachähnlichkeit völlig gemäß ist, so klingt er doch
immer ein wenig fremd; vermuthlich, weil man denselben wenig gebraucht
hat. Man sagt daher lieber, das Buch hat einen gedoppelten, dreyfachen
Anhang, als, es hat zwey, drey Anhänge. In der dritten Bedeutung
findet derselbe, wie bey andern Collectivis, gar nicht Statt. Es
scheinet, daß Anhang in Oberdeutschland ehedem auch eine Art des
Reifes bedeutet habe. Wald und ouwe das gevilde Hat bedecket rife und
anehank, Graf. Conrad von Kirchberg; vermuthlich weil er sich an die
Gegenstände gleichsam anhängt. Die Lateinischen Schriftsteller der
spätern Zeiten gebrauchen Adhaerentia mehrmahls für Anhang, in der
zweyten und dritten Bedeutung.
Anhangen (W3) [Adelung]
Anhangen, verb. irreg. neutr. ( S. Hangen,) welches mit haben
verbunden wird, an etwas hangen, genau damit verbunden seyn, in
verschiedenen figürlichen Bedeutungen. 1) Als etwas Außerwesentliches
mit einer Sache verbunden seyn. Und was dem anhängt, was noch mit dazu
gehöret. Ingleichen, genau mit etwas verbunden seyn, besonders von
verschiedenen zufälligen, aber nachtheiligen Eigenschaften des Leides
und des Geistes. Das Böse hängt uns von Natur an. Diese Krankheit
hängt ihm von Kindesbeinen an. Sind es Schwachheiten, die ihm
anhangen? Das wird ihm seine ganze Lebenszeit hindurch anhangen. Diese
böse Gewohnheit hängt ihm noch immer an. Der Abscheu hängt mir noch
von meinem Vater an, Haged. 2) Einem anhangen, sehr für ihn
eingenommen seyn, seiner Meinung zugethan seyn, seiner Partey folgen,
es mit ihm halten. In dieser Bedeutung wird es jetzt wenig mehr
gebraucht, und wenn es ja geschiehet, so geschiehet es in einem
nachtheiligen und verächtlichen Verstande; daher die biblischen R. A.
seinem Weibe anhangen, meine Seele hängt Gott an, es hing ihm alles
Volk an, behutsam nachzuahmen sind.
Anm. Eien Sache lange anhangen
lassen, für, sie lange verschieden, ist nur an einigen Orten
Oberdeutschlandes üblich.
Anhängen (W3) [Adelung]
Anhängen, verb. reg. act. an etwas hängen, und zwar,1. Eigentlich.
Den Mantel, das Kleid anhängen, an den Haken. Das Siegel anhängen, mit
Schnüren an eine Urkunde befestigen. Der Katze die Schelle anhängen,
figürlich, sich einer gefährlichen, bedenklichen Sache unterziehen.
Die Schäfer hatten schon die Flöten weggethan, Und bringen (hängten)
sich nunmehr die leeren Flaschen an, Rost. 2. In weiterer Bedeutung,
an eine andere Sache befestigen, als ein Reciprocum. Der Brey hängt
sich in dem Topfe an. Das Pech hängt sich an die Hände an. Die Kletten
hängen sich an. Sich an den Wagen anhängen.
4. Figürlich. 1) Beyfügen. Noch etliche Zeilen anhängen. Er hängt
immer noch etwas an die Erzählung an. Vornehmlich als ein Reciprocum.
Sich an jemanden anhängen, sich in seine Gesellschaft, ingleichen in
seinen Schutz begeben, doch nur im verächtlichen Verstande. Er hängt
sich überall an, bringt sich einem jeden auf. Jeder Empfindung hängt
sich eine sanfte Leidenschaft an, die mich in eine süße Unruhe
versetzet, Dusch. Den Begriffen von Reichthum haben sich Nebenbegriffe
angehangen (angehänget) die seinen Werth ungemein erhöhen, ebend. 2)
Ein bleibendes Übel auf eine unerlaubte Art zufügen, in verächtlicher
Bedeutung. Einem einen Schimpf, einen Schandflecken anhängen. Er
stellete ihm den Schimpf vor, den er seiner Familie angehänget hatte,
Dusch. Sie haben ihm die leichtfertigsten Reden angehangen,
(angehänget,) Gell. So auch, einem eine Krankheit anhängen, ihn damit
anstecken. Einem die Krätze anhängen. 3) Ohne vernünftige Ursache
zuwenden, folglich auch nur im verächtlichen Verstande. Er hänget
seinen Freunden alles an. Man muß nicht einem Kinde alles allein
anhängen.
Anm. So leicht das Neutrum von dem Activo so wohl in der
(Conjugation als Bedeutung zu unterscheiden ist, so sehr wird doch
dawider verstoßen. Und hingest deiner Ehre einen Schandfleck an, für
hängtest, sagt schon Luther, Sir. 47, 21. ob es gleich bey eben
demselben Ps. 78, 66. ganz richtig heißt: Und hängete ihnen eine ewige
Schande an. Daß sich aber auch neuere und zum Theil gute
Schriftsteller diese Verwechselung zu Schulden kommen lassen, erhellet
aus den oben angeführten Beyspielen. S. auch Anhenken.
Anhänger (W3) [Adelung]
Das Anhänger, des -s, plur. ut nom sing. Fämin. die Anhängerinn,
plur. die -en, der oder die einer Person oder Meinung anhängt, doch
alle Wahl in einem verächtlichen Verstande. Die Anhänger einer
Meinung. Mahomeds Anhänger, Socins Anhänger. Die Aufrührer wurden
geschlagen und ihre Anhänger zerstreuet.
Anhängig (W3) [Adelung]
Anhängig, adj. et adv. einer andern Sache anhangend, doch nur in den
figürlichen Bedeutungen des Zeitwortes. 1) Sich leicht anhängend. Ein
Mensch ist sehr anhängig, wenn er sich gern einem jeden anhängt. Ein
anhängiger Mensch. 2) Mit einer andern Sache verbunden. Was dem
anhängig ist, dazu gehöret. 3) Anhängig machen, klagbar anbringen.
Eine Sache anhängig machen. Etwas vor Gerichte, im Gerichte, bey einem
Obern anhängig machen. Die Sache ist schon vor Gerichte anhängig. Eine
vor Gerichte anhängige Sache. Daß man ehedem anhangende Händel solche
Prozesse genannt, die noch vor Gerichte geschwebt, erhellet aus dem
Haltaus h. v. 4) Sich anhängig oder anhängisch machen, heißt in den
Bergwerken, wenn ein Gewerk auf die schuldige Zubuße etwas
abschläglich bezahlet, wodurch zum wenigsten das Retardat verhindert
wird.
Anm. Ehedem bedeutete dieses Wort auch so viel als zufällig, oder
was nur auf eine gewisse Zeit veranstaltet wird. In dieser Bedeutung
kommt anhängiger Schirm bey dem Haltaus, im Gegensatze des Erbschutzes
vor.
Anhängisch (W3) [Adelung]
+ Anhängisch, adj et adv. welches mit dem vorigen einerley Bedeutung
hat, aber nur in den gemeinsten und niedrigsten Mundarten üblich ist.
Anhänglich (W3) [Adelung]
Anhänglich, -er, -ste, adj. et adv. einer Person oder Sache im hohen
Grade geneigt, und in dieser Gesinnung gegründet. Üblicher ist davon
das Substantiv die Anhänglichkeit, die herrschende, unverrückte
Neigung zu einer Person oder Sache. Die Anhänglichkeit an gewisse
Lehren. Unordentliche Anhänglichkeit an sich selbst. Die
ehrfurchtsvolle Anhänglichkeit an meinen Fremd, Hermes.
Anhängsel (W3) [Adelung]
+ Das Anhängsel, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, etwas
das angehänget wird, in der eigentlichsten Bedeutung des Verbi. So
pfleget der große Haufe Amulete und andere Dinge, welche wider gewisse
Krankheiten angehänget werden, Anhängsel zu nennen.
Anhäspen (W3) [Adelung]
Anhäspen, oder anhaspen, verb. reg. act. mit Haspen oder Haken
befestigen, besonders in dem Bergbaue. Die Fahrten anhaspen. Daher die
Anhaspung.
Anhauchen (W3) [Adelung]
Anhauchen, verb. reg. act. den Hauch oder Athem an etwas gehen
lassen. Rasend vor Wuth begab sich Alekto zum schlafenden Kater
Hauchte mit Mordsucht ihn an, Zachar. Bey den Dichtern auch von dem
Westwinde. Und hauch ihr Angesicht mit Rosendüften an, Zachar. Daher
die Anhauchung.
Anhauen (W3) [Adelung]
Anhauen, verb. irreg. act. S. Hauen. 1) Anfangen an etwas zu hauen.
Ein Gehölz, einen Schlag anhauen, anfangen Holz darin zu fällen. Einen
Ochsen anhauen, bey den Fleischern, anfangen, ihn zu zerhauen. 2) An
etwas hauen, d. i. ein wenig davon weghauen. Einen Baum anhauen. S.
auch Anlaschen, Anschalmen, Anplätzen, ingleichen Anhieb. 3) Den Fisch
mit der Angel anhauen, in der Angelfischerey, wenn der Fisch
angebissen hat, mit der Ruthe schütteln, damit die Angel recht
eingreife. 4) In der Landwirthschaft ist das Anhauen, eine Art des
Mähens mit der Sense, da das Getreide nicht in Schwaden gehauen,
sondern an das noch stehende Getreide im Hauen angelehnet, und von dem
Abraffer sogleich in Garben gebunden wird; welches auch ansetzen
heißt.
Anhäufeln (W3) [Adelung]
Anhäufeln, verb. reg. act. kleine Haufen an etwas machen. Erdäpfel,
Kohlpflanzen u. s. f. anhäufeln, die Erde um selbige aufhäufen.
Anhäufen (W3) [Adelung]
Anhäufen, verb. reg. act. in die Höhe häufen. Die Erde um die
Kohlpflanzen anhäufen. Ingleichen in weiterer Bedeutung, der Zahl und
Menge nach vermehren. Seine Schätze anhäufen. Sich anhäufen, vermehret
werden. Die Einwohner häufen sich sehr an, werden zahlreich. Daher die
Anhäufung.
Anheben (W3) [Adelung]
Anheben, verb. irreg. ich hob an, angehoben, S. Heben. Es ist,I. Ein
Activum.1) Eine Sache durch Heben der andern nähern. Einen Schrank,
einen Kasten an die Wand anheben.2) Anfangen etwas zu heben; so wohl,
(a) in der eigentlichen Bedeutung, als auch, und zwar noch häufiger,
(b) * in der figürlichen, für anfangen, da es denn mit diesem Verbo
nicht nur einerley Bedeutung hat, sondern mit demselben auch auf
einerley Art gebraucht wird. Einen Krieg, einen Aufruhr anheben. Er
hebt an zu lermen. Mit etwas anheben. Ingleichen als ein Reciprocum.
Es hob sich ein Donnern und Blitzen an. Hier hebt sich ein neuer
Abschnitt an. Nun hebt sich das Schreiben an, Raben. Ingleichen,
anfangen zu reden. Wie, hub sie an, hast du mich kommen hören:
Gell.II. * Ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte haben abgewandelt
wird, seinen Anfang nehmen. Ich stehe im Begriffe, auf eine Sonne zu
treten, wo ein ganz anderes Leben anheben soll, Dusch. Das Grab ist
nicht das Ende deiner Aussichten, da wird das erst anheben, warum du
hier arbeitest, ebend.
Anm. Anheben für anfangen, kann eben so gut die
figürliche Bedeutung von heben, levare, seyn, als es anfangen von
fangen ist. Indessen hat auch des Herrn Ihre Meinung, daß anheben aus
incipere entstanden, ihre Wahrscheinlichkeit, indem
die Vertauschung der Buchstaben h und c nichts ungewöhnliches ist. Man
könnte noch die dritte Meinung beyfügen, nach welcher heben, anfangen,
ein von heben, levare, ganz verschiedenes Verbum seyn würde, weil bey den Isländer und Schweden das einfache haefa und haewa, anfangen, und
Havi einen Urheber bedeutet. Dem sey nun wie ihm wolle, so ist anheben
in dieser Bedeutung ein altes Alemannisches Verbum, welches in der
eigentlichen Hochdeutschen Mundart nie recht üblich gewesen. Luther
hat es zwar, mit in seine Übersetzung der Bibel aufgenommen, aber er
aht auch zugleich die veraltete Abwandelung ich hub an, angehaben,
für, ich hob an, angehoben, mit beybehalten. Da es nun nichts mehr und
nichts weniger sagt, als das üblichere anfangen, es diesen Begriff
auch nicht einmahl anschaulicher ausdruckt, zwey so völlige Synonyma
aber ein unnützer Überfluß sind: so sehe ich nicht ein, warum manche
unserer neuern Schriftsteller so sehr für dieses veraltete Wort
eingenommen sind. Zwar hat es in Ansehung des Wohlklanges einen Vorzug
vor anfangen, weil es einen Consonannten weniger hat. Allein so weit
gehet die Feinheit des Gehöres bey unsern Schriftstellern, wenigstens
in andern Fällen noch nicht, zumahl, da sie das gleich bedeutende aber
noch härtere beginnen eben so sorgfältig wieder zu erneuern gesucht
haben, als anheben. Es kann also wohl nichts anders, als Liebe zum
Neuen, bloß weil es das Neue ist, die Ursache davon seyn.
Anheber (W3) [Adelung]
* Der Anheber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anheberinn, der
Anfänger, Urheber, ein Wort, welches im Hochdeutschen noch unbekannter
ist, als anheben.
Anheften (W3) [Adelung]
Anheften, S. Anhäften.
Anheilen (W3) [Adelung]
Anheilen, verb. reg. Es ist 1) ein Neutrum, welches das Hülfswort
seyn erfordert, heilend mit etwas verbunden werden. Die Nase ist ihm
wieder angeheilet. 2) Ein Activum, anheilen machen. Einem die Hand,
ein Ohr, die Nase wieder anheilen. So auch die Anheilung.
Anheim (W3) [Adelung]
Anheim, ein Oberdeutsches Umstandswort des Ortes, für heim, d. i.
nach Hause, zu Hause, welches aber im Hochdeutschen nur in weiterer
Bedeutung mit den Verbis fallen, geben und stellen üblich ist. Anheim
fallen, oder heimfallen, bedeutet nichts mehr, als zufallen, oder zu
Theile werden. Dieses Gut ist mir anheim gefallen, zugefallen. Anheim
geben, heimgeben, überlassen, in den Redensarten; einem etwas zu
überlegen, zu ermessen, anheim geben; ingleichen nur schlechthin,
einem etwas anheim geben, d. i. zu überlegen. S. auch Haltaus v.
Anheim geben. Anheim stellen aber wird theils in eben derselben
Bedeutung, theils aber auch für übertragen, übergeben gebraucht. Einem
etwas anheim stellen, es seinem Gutdünken, seiner Überlegung
überlassen. S. auch Haltaus v. Heimstellen und Stellen.
Anm. Diese
völlig Oberdeutsche Partikel hat sich vornehmlich durch die
Rechtslehrer in das Hochdeutsche eingeschlichen. Sie ist daher auch
nur in den Kanzelleyen, und der Gerichtssprache üblich. S. auch Heim.
Im Oberdeutschen wurde sie ehedem auch in der eigentlichsten Bedeutung
für, nach Hause, gebraucht. Ein jeder zogAnheim wieder an sein gemach,
Theuerd. Kap. 17. Sie kehrten wieder anheim zu Haus, ebend.- Wenn ihn
Gott gesund anheim gebracht, Opitz.
Anhelfen (W3) [Adelung]
+ Anhelfen, verb. irreg. act. ( S. Helfen,) welches nur im gemeinen
Leben in figürlicher Bedeutung üblich ist. Einen anhelfen, ihm zu
einer Versorgung, zu einer Beförderung behülflich seyn. Ich habe ihn
bey Hofe angeholfen.
Anhenken (W3) [Adelung]
Anhenken, verb. reg. act. welches das Intensivum von anhängen ist,
aber wenig gebraucht wird, vielleicht des Wohlstandes wegen, um das
schimpfliche henken nicht dadurch in das Andenken zu bringen. Opitz
gebraucht es auch in den figürlicher Bedeutungen des Anhängens. Wir
wissen, daß ihr uns anhenket diesen Spott. Ingleichen: Du hast dein
Volk wohl sehr gekränkt, Und ihm ein hartes angehenkt, welches aber
noch weniger nachzuahmen ist.
Anher (W3) [Adelung]
* Anher, ein Oberdeutsches Umstandswort des Ortes und der Zeit, für
her. Anher kommen, herkommen, die Anherkunft, bis anher, oder wohl
gar, bis anhero, für bisher. Da an hier bloß die müßige Alemannische
Verlängerung ist, so wird es im Hochdeutschen billig vermeiden.
Anherr (W3) [Adelung]
Der Anherr, S. Ahnherr.
Anhetzen (W3) [Adelung]
Anhetzen, verb. reg. act. 1) Anfangen zu hetzen, d. i. zu jagen. So
bedeutet bey den Jägern, ein Wildpret anhetzen, so viel als anfangen,
es zu verfolgen. 2) An etwas hetzen: und zwar, (1) eigentlich. Einen
Hund anhetzen, an einen Menschen, oder an ein Thier. (2) Figürlich,
lebhaft wider einen andern aufbringen, ingleichen zu einer bösen Sache
lebhaft aufmuntern. Einen anhetzen, ihn zu etwas anhetzen. Daher die
Anhetzung.
Anhetzer (W3) [Adelung]
Der Anhetzer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anhetzerinn,
plur. die -en, eine Person, welche jemanden zu etwas anhetzet.
Anheute (W3) [Adelung]
* Anheute, adv. das ganz ohne Noth verlängerte heute, welches im
Oberdeutschen am üblichsten ist.
Anhexen (W3) [Adelung]
+ Anhexen, verb. reg. act. im gemeinen Leben für anzaubern. Die
Krankheit muß ihm angehexet seyn.
Anhieb (W3) [Adelung]
Der Anhieb, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des Anhauens,
besonders im Forstwesen, und ohne Plural. Der Anhieb des
Schwarzholzes. 2) Der Ort, wo etwas angehauen wird, gleichfalls am
häufigsten im Forstwesen. Der Anhieb eines Schlages, oder Gehaues, der
Ort, wo man den Anfang mit Holz fällen macht.
Anhöhe (W3) [Adelung]
Die Anhöhe, plur. die -n, eine Erhöhung der Erde, ein kleiner Berg,
ein Anberg. Eien mit Holz bewachsene Anhöhe. Die Stadt hat
verschiedene Anhöhen in ihrer Nachbarschaft. Eine Anhöhe besetzen,
einnehmen. An hat hier die mildernde Bedeutung, wie in Anberg, S.
Ähnlich und An,
Anm. 7.
Anhohlen (W3) [Adelung]
+ Anhohlen, verb. reg. act. im gemeinen Leben so viel als anziehen,
heran ziehen, Nieders. anhalen, Hohl an! ist der gewöhnliche Zuruf der
Anschläger in den Bergwerken, wenn die Haspelknechte den gefüllten
Kübel in die Höhe ziehen sollen. Daher die Anhohlung, S. Hohlen.
Anhören (W3) [Adelung]
Anhören, verb. reg. act. aufmerksam hören. Eine Predigt anhören. Er
höret mich gern an. Er wollte diesen Vorschlag nicht einmahl anhören.
Ich kann dein Geschwätz nicht län-
ger anhören. Ingleichen mit Beyfall, mit Eindruck auf den Willen
anhören. Eines guten Rath anhören. So auch die Anhörung.
Anhosen (W3) [Adelung]
+ Anhosen, verb. reg. act. die Hosen anziehen, nur im gemeinen Leben,
und der komischen Schreibart. Herr Strephon hos't sich plötzlich an,
in einer Romanze.
Anjagen (W3) [Adelung]
Anjagen, verb. reg. act. anfangen etwas zu jagen. So heißt bey den
Jägern, einen Hirsch anjagen, denselben mit den Hunden aufsuchen und
verfolgen. Daher die Anjagung.
Anieß (W3) [Adelung]
Der Anieß, des -es, plur. inusit. eine Pflanze mit einem grünlichen
Samen, der einen gewürzhaften angenehmen Geschmack hat, und
gleichfalls Anieß genannt wird: Pimpinella Anisum, L. Das Vaterland
dieser Pflanze ist Ägypten, von da sie über Griechenland und Italien
nach Deutschland gebraucht worden. Der Nahme ist aus dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Im Hochdeutschen legt man
den Ton auf die letzte Sylbe, im Oberdeutschen aber auf die erste, wo
dieser Nahme über dieß auch Äniß und Eniß ausgesprochen wird.
Anießapfel (W3) [Adelung]
Der Anießapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art kleiner runder
oben zugespitzter Äpfel, mit einer dicken rauhen und gelben Schale,
welche nach Anieß und Fenchel schmecken, daher sie auch Fencheläpfel
genannt werden.
Anießbalsam (W3) [Adelung]
Der Anießbalsam, des -es, plur. inusit. eine Art künstlichen Balsames
aus Anießöhl und Schwefelblumen.
Anießholz (W3) [Adelung]
Das "Anießholz", des -es, plur. inusit. ein Nahme, der auch dem "Spindelbaume", oder "Hanbuttenbaume" gegeben wird, welche S.
Anießkerbel (W3) [Adelung]
Der Anießkerbel, des -s, plur. inusit. der Myrrhenkerbel; Scandix
odorata, L.
Anießöhl (W3) [Adelung]
Das Anießöhl, des -es, plur. inusit. das aus dem Anieße gepreßte Öhl.
Anjetzt (W3) [Adelung]
Anjetzt, das verlängerte Umstandswort der Zeit, für jetzt, ( S.
dieses Wort;) welches auch im Hochdeutschen nicht selten ist, und sich
alsdann rechtfertigen lässet, wenn der Ründe und Vollständigkeit der
Rede bey dem einsylbigen jetzt etwas abgehen sollte. Anjetzund aber
für anjetzt, ist völlig überflüssig.
Anill (W3) [Adelung]
Der Anill, des -es, plur. inusit. diejenige Pflanze, aus welcher der
Indigo zubereitet wird, daher sie auch Indigo-Pflanze genannt wird;
Indigofera tinctoria, L. Der Nahme so, wie die Pflanze selbst,
ausländisch.
Animalisch (W3) [Adelung]
Animalisch, adj. et adv. aus dem Latein. animalis. 1) Zu den Thieren
gehörig, in der Natur eines lebendigen Geschöpfes gegründet,
thierisch. 2) In der Natur eines Thieres, als bloßen Thieres,
gegründet, da es denn oft so viel als sinnlich, unvernünftig bedeutet.
In beyden Fällen läßt sich thierisch dafür gebrauchen.
Anime (W3) [Adelung]
Das Anime, plur. inusit. ein Gummi, welches aus der Wurzel des
Heuschreckenbaumes (Hymenaea, L.) schwitzet, und mit dem Elemi und
Sandrach einerley Wirkung hat. Der Baum wächset in dem mittägigen
Amerika, woher auch der Nahme seinen Ursprung hat.
Anjochen (W3) [Adelung]
Anjochen, verb. reg. act. in das Joch spannen, in der eigentlichen
Bedeutung. Die Ochsen anjochen. Daher die Anjochung.
Ankauf (W3) [Adelung]
Der Ankauf, des -es, plur. doch nur selten, die Ankäufe, die Handlung
des Ankaufens, und zuweilen auch die angekaufte Sache selbst. In
Oberdeutschland bedeutet dieses Wort außer dem noch theils die Angabe,
das Angeld, oder was man bey einem geschlossenen Kaufe abschläglich
darauf bezahlet, S. Angabe; theils aber auch den Vorkauf, oder das Jus
protimiseos.
Ankaufen (W3) [Adelung]
Ankaufen, verb. reg. act. 1) An sich kaufen, käuflich an sich
bringen. Ein Landgut, einen Acker, oder Garten ankaufen. Nochmehr
aber, 2) Sich ankaufen, unbewegliche Güter an sich kaufen. Sich an
einem Orte ankaufen. Er hat sich mit zwanzig Acker Land angekaufet.
Daher die Ankaufung besonders in der ersten Bedeutung.
Anke (W3) [Adelung]
Die Anke, plur. die -n, bey den Gürtlern und andern Metallarbeitern
eine messingene Tafel mit runden Vertiefungen, die Bleche zu den
Knöpfen darin zur kleinen Schälchen zu schlagen.
Anm. Der Grunde der
Benennung liegt in der Krümme, S. Änkel und Hanke. In den Slavonischen
Mundarten heißet dieses Werkzeug Gamky. Außer diesem Worte gibt es in
den Deutschen Mundarten noch einige andere gleich lautende Wörter, die
aber von verschiedener Abstammung und Bedeutung sind. So bedeutet 1)
der Anken, und in andern Gegenden die Anke, in Oberdeutschland,
besonders der Schweiz, ausgelassene Butter und Butter überhaupt; ein
Nahme, welcher schon bey dem Kero vorkommt, und von dem Wachter für
ein aus Unguentum zusammen gezogenes Wort gehalten wird. Daher
Ankenbraut, Maybutter, Ankenblume, Butterblume, Ankenmilch,
Buttermilch u. s. f. 2) Der Anke, oder Rheinanke, ist ein Fisch, der
in dem Bodensee und andern großen Seen Oberdeutschlandes häufig
gefangen wird, S. Rheinanke. 3) Der Änke oder Enke, in der
Landwirthschaft eine zwieselige Ruthe, welche auf das Pflugstöckchen
gesteckt wird, die Ackerleine im Pflügen darauf zu legen; welches Wort
wohl zu Enke gehöret, weil man im Hochdeutschen verschiedene andere
ähnliche Arten von Stützen oder Trägern, Knechte zu nennen pflegt, S.
Enke. 4) Die Anke, bedeutet in Oberdeutschland auch den Nacken, S.
Änkel.
Änke (W3) [Adelung]
Der Änke, S. Enke.
Ankehren (W3) [Adelung]
Ankehren, verb. reg. act. 1) Von kehren, verrere, kehrend eines Sache
nähern. Den Koth, den Staub an die Wand ankehren. 2) * Von kehren,
wenden, so viel als anwenden, welche Bedeutung aber nur in einigen
Oberdeutschen Gegenden üblich ist. Fleiß ankehren, anwenden. So auch
die Ankehrung.
Änkel (W3) [Adelung]
1. * Der Änkel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches in
verschiedenen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes angetroffen
wird, die Biegung des Fußes an den Knorren zu bezeichnen, wofür man im
Hochdeutschen der Knöchel sagt. Es ist von Anke abgeleitet, welches
ehedem eine jede Biegung, besonders an den thierischen Körpern
bedeutete, so wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, den
Elbogen und ein jedes Gelenk bezeichnete. S. Frisch h. v. Besonders
wurde Anke theils von dem Nacken, theils von der Biegung an dem
Hüftbeine, und theils von der Biegung unten an dem Fuße gebraucht. Das
Engl. Hanch, das Holländ. Hanke, das Franz. Hanche, das Italiän. und
Spanische Anca, welche insgesammt die Hüfte bedeuten, sind unstreitig
Überbleibsel davon. S. auch Hanke. Unser Änkel, in der Bedeutung des
Knöchels, ist sehr alt, und in allen mit der Deutschen Sprache
verwandten Mundarten befindlich. Das Angel Ancleow, das Engl. Ancle,
das Holländ. Enkel und Aenclauwe, das Franz. Enchil, das Schwed.
Ankel, das Isländ. Oeckul, das Dän. Agild und Ankelkode, sind
unläugbare Beweise davon. In Ansehung der allgemeinen Bedeutung der
Krümme gehöret dieses Wort zu Angulus, Uncus, Angel, und hundert
andern, obgleich Wachter dasselbe lieber von dem veralteten Verbo
anken, inserere, Frisch aber von hangen, ableiten will.
Änkel (W3) [Adelung]
2. Der Änkel, Nepos, S. Enkel.1.
Anker (W3) [Adelung]
Der Anker, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum Ankerchen, ein Maß
flüssige Dinge, in Ober- und Niedersachsen, welches gemeiniglich einen
halben Eimer hält, deren also vier auf eine Ahm gehen. Schwed. Ankare,
Holländ. Anker, Dän. Anker. Liungberg und Ihre muthmaßen ein wenig
unwahr-
scheinlich, daß es von dem Latein. Amphora komme. Das alte Franz.
Anche und Ancere, und das spätere Latein. Anceria, Ancheria, kommen
bey dem Carpentier in eben derselben Bedeutung vor.2.
Anker (W3) [Adelung]
Der Anker, des -s, plur, ut nom. sing. Diminutivum Ankerchen. 1) Ein
bekanntes mit Widerhaken versehenes Werkzeug, die Schiffe stehend zu
machen. Den Anker werfen, auswerfen, oder fallen lassen, ihn seiner
Schwere überlassen, damit er sich in den Grunde des Meeres einsenke.
Sich vor Anker legen, vor Anker gehen, den Anker auswerfen. Vor Anker
liegen, auch in figürlicher Bedeutung, an einem Orte stille liegen,
und auf etwas warten. Den Anker lichten, ihn wieder in die Höhe
winden. Den Anker aufsetzen, ihn auf den Kranbalken bringen. Den Anker
kappen, oder abkappen, das Ankertau abbauen, und den Anker auf der
Tiefe lassen. Den Anker schleppen, oder vor Anker treiben, wenn der
Anker nicht fest hält, sondern das Schiff wegführen lässet. Den Anker
bekleiden, dessen Schaufeln mit Bretern verbinden; S. Ankerschuh.
Figürlich ist der Anker alles was Festigkeit und Sicherheit gewähret,
daher er auch ein Sinnbild der Standhaftigkeit und der Gelassenheit
ist. Wenn auch der Hoffnung ein Anker zugesellet wird, so bedeutet
derselbe weiter nichts an, als daß diese Gemüthsbeschaffenheit uns in
den Widerwärtigkeiten erhält und unterstützet. 2) Wegen einer
Ähnlichkeit in der Baukunst, gekrümmte Haken, Stein an Stein und Holz
an Holz damit zu befestigen, und in weiterer Bedeutung, alle
diejenigen Werkzeuge, welche in den senkrecht stehenden Mauern
angebracht werden, die Festigkeit derselben zu befördern. Diese sind
von mancherley Gestalt, und bestehen gemeiniglich aus einem Zugbande,
welches an dem einen Ende ein Loch hat, in welcher der eigentliche
Anker, der oft nur eine gerade Stange ist. auswendig an der Mauer
gesteckt wird. Zuweilen haben diese Anker die Gestalt eines - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, und alsdann werden sie
Vorschieber genannt. In den Marschländern, wird der Grund, worauf ein
Deich liegt, gleichfalls ein Anker genannt, vermuthlich, weil derselbe
von quer über gelegten Balken, so wie der Anker in einer Mauer,
zusammen gehalten wird. 3) Bey den Seidenwirkern, eine Rolle, unten
mit einem Bleygewichte, die Leistenfaden damit auszuspannen.
Anm. Der
Nahme dieser in der Schiffahrt so unentbehrlichen Werkzeuges, ist aus
dem Griech. und Latein. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
und ancora in alle Europäische Sprachen und Mundarten genommen. Selbst
die Pohlen nennen dasselbe ankra, die Russen aber Jakori. Dem Plinius
zu Folge hat Anacharsis, ein Seythe, die Anker mit Widerhaken
erfunden. Wenn man nun dabey annimmt, daß auch der Nahme Seythischen
Ursprunges ist, so ist sehr glaublich, daß haben vornehmlich auf die
Krümme gesehen worden. S. Anke, Angel, Haken, u. s. f.
Ankerarm (W3) [Adelung]
Der Ankerarm, des -es, plur. die -e, die zwey gekrümmten Hälften des
Ankerkreuzes, an welchem die Schaufeln befindlich sind, und welche in
den Seestädten auch Flunken heißen, ohne Zweifel aus dem Franz.
Flanque.
Ankerblume (W3) [Adelung]
Die Ankerblume, plur. die -n, der Nahme einer ausländischen Pflanze;
Rhexia, L.
Ankerboje (W3) [Adelung]
Die Ankerboje, plur. die -n, in der Schifffahrt, ein Zeichen, welches
vermittelst des Bojseils an den Kopf des Ankers befestiget wird, und
wenn derselbe geworfen worden, oben schwimmet, damit man siehet, wo
der Anker liegt. Zuweilen ist dieses Zeichen eine Tonne, oft aber nur
ein bloßes Stück Holz, Rinde oder Kork. Der Nahme ist aus dem Holländ.
Boei, Engl. Buoy. Sonstwird dieses Zeichen auch nur schlechthin Boje,
ingleichen Ankerflott, Nieders. Ankervlot, und im Bremischen auch
Dobber genannt. S. Boje.
Ankerbühne (W3) [Adelung]
Die Ankerbühne, plur. die -n, im Wasserbaue, eine Bühne am Ufer in
Gestalt eines Ankers, dasselbe zu erweitern.
Anker-Fabrik (W3) [Adelung]
Die Anker-Fabrik, plur. die -en, eine Fabrik, wo nichts als
Schiffsanker verfertiget wird.
Ankerfest (W3) [Adelung]
Ankerfest, adj. et adv. was den Anker hält, oder von demselben
gehalten wird. Ein ankerfester Grund, der den Anker hält. das Schiff
liegt ankerfest, wird von dem Anker gehalten.
Ankerfliege (W3) [Adelung]
Die Ankerfliege, plur. die -n, S. Ankerschaufel.
Ankerflott (W3) [Adelung]
Das Ankerflott, des -es, plur. die -e, S. Ankerboje.
Ankergeld (W3) [Adelung]
Das Ankergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige
Geld, welches für die Freyheit, in einem Hafen, oder auf einer Rehde
vor Anker zu liegen, bezahlt wird, und welches auch das Ankerrecht,
der Ankerzoll genannt wird; Französisch Ancrage, im barbarischen
Lateine Ancoragium, Anchoragium.
Ankergrund (W3) [Adelung]
Der Ankergrund, des -es, plur. die -gründe, der Boden des Meeres, in
Rücksicht auf den Anker. In diesem Meere gibt es viele und gute
Ankergründe. Ingleichen das Erdreich selbst, in Beziehung auf dessen
Tauglichkeit zum Ankern; in welchem Verstande dieses Wort seinen
Plural hat. Guter, schlechter Ankergrund.
Ankerhaken (W3) [Adelung]
Der Ankerhaken, des -s, plur. ut nom sing. ein an ein Tau befestigter
eiserner Haken, den Anker damit aus dem Wasser zu heben.
Ankerhelm (W3) [Adelung]
Der Ankerhelm, des -es, plur. die -e, S. Ankerruthe, ingleichen Helm.
Ankerholz (W3) [Adelung]
Das Ankerholz, des -es, plur. die -hölzer, S. Ankerstock, In Gebäuden
ist es der hölzerne Theil eines an der Mauer angebrachten Ankers, der
Balken desselben.
Ankerkreuz (W3) [Adelung]
Das Ankerkreuz, des -es, plur. die -e, 1) Derjenige Theil des Ankers,
welcher an dem untern Ende desselben mit der Ankerruthe ein Kreuz
vorstellet, und woran sich die Ankerarme befinden. 2) In der
Wapenkunst, ein Kreuz, welches an allen vier Enden zwey krumme Haken
hat, und daher verschiedenen Ankern gleichet.
Ankerkrücke (W3) [Adelung]
Die Ankerkrücke, plur. die -n, an den Schiffsankern, zwey kreuzweise
zusammen gefügte Hölzer oben an der Ankerruthe, damit der Anker im
Wasser nicht auf seine Fläche zu liegen komme.
Ankerkugel (W3) [Adelung]
Die Ankerkugel, plur. die -n, bey den Feuerwerken, eine mit Haken
oder Anker versehene Brandkugel, welche vermittelst derselben, an dem
Orte, wohin sie geworfen wird, hangen bleibt, daher sie auch Klebkugel
genannt wird.
Ankerlos (W3) [Adelung]
Ankerlos, adj. et adv. von dem Anker los gerissen. Ein ankerloses
Schiff. Der Sturm hat das Schiff ankerlos gemacht.
Ankern (W3) [Adelung]
Ankern, verb. reg act. 1) Den Anker werfen. In einem Hafen, auf einer
Rehde ankern. 2) In der Baukunst, vermittelst eines Ankers verbinden.
Die Mauern eines Gebäudes zusammen ankern, oder verankern. 3) + Etwas
vermittelst eines Ankers, d. i. Hakens, zu erreichen suchen, doch nur
in der gemeinen figürlichen Redensart, nach etwas ankern, heftig
darnach trachten. daher die Ankerung, doch nur in der zweyten
Bedeutung.
Ankerplatz (W3) [Adelung]
Der Ankerplatz, des -es, plur. die -plätze, ein Platz, in Rücksicht
auf dessen Bequemlichkeit zum Ankern. Ein guter, schlechter, bequemer
Ankerplatz. Ingleichen derjenige Ort, wo ein Schiff vor Ufer lieget.
Ankerrecht (W3) [Adelung]
Das Ankerrecht, des -es, plur. inusit. 1) Das Recht, auf eines andern
Küste ohne Entgeld Anker zu werfen. 2) Dasjenige Geld, welches für die
Freyheit zu ankern bezahlt wird; das Ankergeld.
Ankerring (W3) [Adelung]
Der Ankerring, des -es, plur. die -e, ein großer Ring an der
Ankerruthe, woran das Ankertau befestiget wird.
Ankerruthe (W3) [Adelung]
Die Ankerruthe, plur. die -n, die gerade Stange Eisen, welche von dem
Ringe bis zu dem Kreuze eines Ankers gehet, und auch Ankerhelm,
ingleichen Ankerstange genannt wird.
Ankerschaufel (W3) [Adelung]
Die Ankerschaufel, plur. die -n, eine dreyeckige eiserne Platte, an
jedem Ende der Ankerarme, welche in den Grund eingreifet, und der
wesentlichste Theil eines Ankers ist; die Ankerfliege, gleichsam
Ankerflügel.
Ankerschiene (W3) [Adelung]
Die Ankerschiene, plur. die -n, in den Gebäuden, eiserne Schienen,
welche an den beyden Enden eines Balkens befestiget werden, um mit ihm
einen Anker zu bilden.
Ankerschmid (W3) [Adelung]
Der Ankerschmid, des -es, plur, die -schmiede, ein Grobschmid, der
sich besonders auf die Verfertigung der Schiffsanker leget. Von dem
Plural S. Schmid. Daher die Ankerschmiede, plur. die -n, dessen
Werkstätte.
Ankerschuh (W3) [Adelung]
Der Ankerschuh, des -es, plur. die -e, eine hölzerne Bekleidung der
Schaufeln an den Schiffsankern, besonders in lockerm Boden.
Ankerseil (W3) [Adelung]
Das Ankerseil, des -es, plur, die -e, S. Ankertau.
Ankerstock (W3) [Adelung]
Der Ankerstock, des -es, plur. die -stöcke, ein viereckiges, gegen
beyde Enden etwas zugespitztes Holz, welches oben an der Ankerruthe
befestiget wird, damit sich der Anker nicht flach auf den Grund lege,
sondern eingreife; das Ankerholz. Bestehet ea aus zwey Hölzern, so
wird daraus eine Ankerkrücke.
Ankertau (W3) [Adelung]
Das Ankertau, des -es, plur. die -e, ein starkes Tau, woran der Anker
auf einem Schiffe befestiget ist; das Kabel, und wenn es schwächer
ist, das Ankerseil.
Ankerzoll (W3) [Adelung]
Der Ankerzoll, des -es, plur. die -zölle, S. Ankergeld.
Ankerzunft (W3) [Adelung]
Die Ankerzunft, plur. die -zünfte, eine von den zwanzig Zünften der
Bürgerschaft zu Strasburg, zu welcher die Schiffbauer,
Schiffszimmerleute, und Schiffer gehören. Der dasige große Haufe
spricht dieses Wort nur Enkerzunft aus.
Anketteln (W3) [Adelung]
Anketteln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden ist,
mit Ketten d. i. kleinen Ketten befestigen. In der Weißnätherey
geschiehet das Anketteln, z. B. der Manschetten an die Bündchen, mit
einer besondern Art Stiche. Wenn die Strumpfwirker besonders gewirkte
Theile eines Strumpfes mit ihren Maschen vereinigen, so nennen sie es
gleichfalls anketteln. Daher die Ankettelung.
Anketten (W3) [Adelung]
Anketten, verb. reg. act. mit Ketten befestigen, doch mehr in der
höhern Schreibart, als im gemeinen Leben. Ingleichen figürlich. Vom
Ceremoniel im Lehnstuhl angekettet, Zachar. Sich an einen anketten,
figürlich, sich ihm aufbringen.
Ankirren (W3) [Adelung]
+ Ankirren, verb. reg. act. kirre machen und anlocken. Vögel
ankirren. S. Ankörnen.
Ankitten (W3) [Adelung]
Ankitten, verb. reg act. mit Kitt an etwas befestigen. Ein Stück
Stein oder Glas an das andere ankitten.
Anklaffen (W3) [Adelung]
Anklaffen, verb. reg. act. wie anbellen. Kleine Hunde klaffen alle
Menschen an.
Anklage (W3) [Adelung]
Die Anklage, plur. die -n, die Handlung des Anklagens. Ingleichen
diejenige Schrift, worin eine solche Anklage enthalten ist. Figürlich,
die Anklage des Gewissens.
Anklagen (W3) [Adelung]
Anklagen, verb reg. act. 19 Bey einem höhern zu verdienten Strafe
förmliche Klage über jemand führen; besonders in peinlichen Sachen, so
wie das einfache klagen mehr in bürgerlichen Sachen gebraucht wird.
Einen bey Gerichte anklagen. Einen wegen eines Verbrechens anklagen.
Einen auf Leid und Leben anklagen. 2) Figürlich, eines Vergehens
beschuldigen. Sein Gewissen klagt ihn an. Jetzt muß ich meine Thorheit
anklagen. 3) + In der gemeinen Mundart des, Aberglaubens, einem etwas
anklagen, im durch bösartiges Beklagen eineKrankheit anhängen. Es muß
mir wohl seyn angeklaget worden. So auch die Anklagung. S. Klagen.
Anm.
Die Wortfügung mit der zweyten Endung der Sache, einen eines
Verbrechens anklagen, ist in den gewöhnlichen Schreibarten veraltet.
Ankläger (W3) [Adelung]
Der Ankläger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anklägerinn,
plur. die -en, eine Person, welche jemand anklaget, besonders in
peinlichen Sachen. In Niedersachsen bedeutet dieses Wort ehedem den
Beklagten. So heißt es z. B. in den Bremischen Statuten, Ord. 4. Wolde
ock de Anklegere den Kleger schuldigen, wollte auch de Beklagte den
Kläger beschuldigen.
Anklammern (W3) [Adelung]
Anklammern, verb. reg. act. mit Klammern an etwas befestigen. Sich an
die feindlichen Schiffe anklammern, anhaken, entern. Ingleichen in
weiterer Bedeutung, sich an etwas anklammern, im gemeinen Leben, sich
mit Händen und Füßen daran fest halten.
Ankleben (W3) [Adelung]
Ankleben, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1)
Vermittelst eines Klebers, oder einer zähen Feuchtigkeit an etwas
befestiget seyn. Das Papier klebet an der Wand an. 2) Ingleichen in
weiterer Bedeutung, fest an etwas hangen. Die Kletten kleben gern an
die Kleider an. Wie auch, 3) figürlich, auf sittliche Art genau mit
etwas verbunden seyn. Diese Anart klebet ihm noch von seiner Jugend
an. + Einem ankleben, im gemeinen Leben, ihm fest anhangen, seine
Partey eifrig nehmen. S. auch Ankleiben.
Anklecken (W3) [Adelung]
Anklecken, verb. reg. act. in Gestalt eines Kleckses anwerfen, hier
und da anwerfen.
Ankleiben (W3) [Adelung]
Ankleiben, verb. reg. act. mit einem Kleber, d. i. einer zähen
Feuchtigkeit, an etwas befestigen, ankleben machen. Einen Zettel
ankleiben. Ein Papier an die Wand ankleiben. Daher die Ankleibung. Von
dem Unterschiede zwischen ankleben und ankleiben, S. Kleben und
Kleiben.
Ankleiden (W3) [Adelung]
Ankleiden, verb. reg. act. alle nöthige Kleidungsstücke anlegen.
Einen ankleiden. Sich ankleiden, wofür man im gemeinen Leben sich
anziehen sagt. Daher Ankleidung.
Ankleistern (W3) [Adelung]
Ankleistern, verb. reg. act. mit Kleister an etwas befestigen. So
auch die Ankleisterung.
Anklemmen (W3) [Adelung]
Anklemmen, verb. reg. act. an etwas klemmen oder fest drücken. Einen
an die Wand anklemmen. So auch die Anklemmung.
Anklingeln (W3) [Adelung]
Anklingeln, verb. reg. neutr. an die Klingel ziehen, besonders um
dadurch ein Zeichen zum Aufmachen der Hausthür zu geben, wofür man an
einigen Orten, z. B. in Thüringen, sagt, anschellen.
Anklipp (W3) [Adelung]
* Der Anklipp, des -es, plur. inusit. in Niedersachsen, besonders um
Bremen, eine Art Torf, welche an Güte geringer ist, als der do
genannte Klipptorf. An hat hier eine mildernde Bedeutung, und
bezeichnet einen geringen Grad, als das folgende Nennwort. S. Ähnlich,
ingleichen An.
Anm. 7.
Anklopfen (W3) [Adelung]
Anklopfen, verb. reg. neutr. an etwas klopfen. An ein Faß anklopfen.
An das Fenster anklopfen, damit man aufmache. An die Thür anklopfen,
um dadurch ein Zeichen zum Aufmachen zu geben; in welchem Verstande
dieses Zeitwort mehrentheils absolute gebraucht wird. Wer klopfte an?
Stark, leise, behutsam anklopfen. Klopfer an, so wird euch aufgethan.
Mit den Fingern, mit den Füßen anklopfen. Ingleichen figürlich: Gott
klopfet zuweilen mit Krankheit bey dem Menschen an, will ihn zur
Erkenntniß seiner selbst bewegen. So auch die Anklopfung.
Anklopfer (W3) [Adelung]
Der Anklopfer, des -s, plur ut nom. sing der metallene Ring oder
Hammer an den Hausthüren, vermittelst dessen man anklopfet.
Anklotzen (W3) [Adelung]
Anklotzen, S. Anglotzen.
Ankneipen (W3) [Adelung]
Ankneipen, verb. reg. act. an etwas kneipen. Besonders bey den
Bäckern, den Teig ankneipen, ihn mit den Händen klein drücken, ihn
zergreifen, durchgreifen.
Anknöpfen (W3) [Adelung]
Anknöpfen, verb. reg. act. vermittelst eines oder mehrerer Knöpfe an
etwas befestigen. So auch die Anknöpfung.
Anknüpfen (W3) [Adelung]
Anknüpfen, verb. reg. act. vermittelst eines Knotens an etwas
befestigen. Einen Faden an den andern anknüpfen. Ein Band anknüpfen.
Einen Missethäter an den Galgen anknüpfen, ihn aufknüpfen. Daher die
Anknüpfung.
Anködern (W3) [Adelung]
Anködern, verb. reg. act. 1) Durch Köder anlocken. Fische, Vögel u.
s. f. anködern; bey andern anaßen, und wenn es mit Körnern geschiehet,
ankörnen. 2) Den Köder, oder als Köder aufstecken, bey den Fischern.
Saubohnen anködern. Daher die Anköderung, so wohl von der Handlung des
Anköderns, als auch von dem Köder selbst.
Ankommen (W3) [Adelung]
Ankommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) welches mit dem
Hülfsworte seyn verbunden wird.1. An etwas kommen, d. i. einer Person
oder Sache nahe kommen, sich derselben nähern, da es denn entweder mit
der vierten Endung des Nennwortes oder mit der Präposition auf
verbunden wird. Und zwar:1) In eigentlicher Bedeutung, welche aber im
Hochdeutschen wenig mehr gebraucht wird, außer, daß man zuweilen im
gemeinen Leben sagt, laß ihn nur ankommen, oder, er soll nur ankommen.
Ingleichen, ich kann ihn nicht ankommen, ich kann ihm nicht beykommen,
kann ihm nichts anhaben. Ferner, auf einen ankommen, sich ihm nähern,
auf ihn zukommen. Ehedem war es so wohl in der eigentlichsten, als
auch in weiterer Bedeutung, besonders in Oberdeutschland, weit
häufiger; indem es in der letztern unter andern auch begegnen,
antreffen, ingleichen anfallen, bedeutete. Ich jag noch Als gern als
all mein Lebtag, Wo ich sy (die Gemsen) nur ankhomen mag, Theuerd.
Kap. 55. wo ich sie nur antreffe. Auf gleiche Art heißt es 2. Maccab.
10, 17. Sie erwürgeten alles, was sie ankamen. In der Bedeutung des
feindlichen Anfalles aber kommt es mit dem Accusative mehrmahls bey
den Schwäbischen Dichtern vor. Hieraus fließen nun,2) Folgende
figürliche Bedeutungen.(a) Von etwas befallen werden. Es kommt mich
ein Frost an. Der Schlaf kam ihn an. Die Wehen kamen sie an. Besonders
von Begierden und andern Gemüthsbewegungen. Es kommt mich eine Furcht
an. Es ist ihm eine Lust, ein Verlangen angekommen. Wenn dich einmahl
die Reue ankommen wird. Es wird dich Angst ankommen, Jerem. 13, 21. Da
kam mich Furcht und Zittern an, Hiob 4, 14. Doch kommt mich bald die
Luft zu schreiben wieder an, Opitz. Zittern und Entsetzen möchte einen
ehrlichen Kerl ankommen, Less. Der Wohlstand kömmt mich an, jetzt will ich zärtlich heißen, Günth. Wenn die Wollust uns verläßt, dann kömmt
uns die Andacht an, Logau. Wenn es ihn ankommt, wenn es ihm einfällt.
Was kommt ihn an? was fällt ihm ein?In vielen, ja den meisten der
jetzt angeführten Fälle, wird ankommen im Hochdeutschen gemeiniglich
mit der dritten Endung verbunden, und selbst viele Sprachlehrer
scheinen es für gleichgültig zu halten, was für eine Endung man
demselben in dieser Bedeutung zugesellet; dagegen im Oberdeutschen der
Accusativ am gewöhnlichsten ist. Die Schwierigkeit beruhet auf der
eigentlichen Bedeutung des an in dieser Zusammensetzung. Wäre es
ausgemacht, daß es hier für in oder ein stände, so würde der Dativ
vielleicht die richtige Endung seyn. Druckt an aber hier die Bewegung
nach einem Orte aus, so läßt sich nur die vierte Endung vertheidigen,
zumahl da diese noch die Analogie von einen angehen, einen anlaufen,
einen anfallen, einen antreten u. s. f. für sich hat. Hierzu kommt
noch der Gebrauch älterer Schriftsteller, der deutlich genug für diese
vierte Endung ist. Notker sagt: Forhta cham sie ana, ingleichen, der
tod chome die ana u. s. f. Man darf auch das zusammen gesetzte
ankommen nur auflösen, wenn man von der Nothwendigkeit des Accusatives
überzeugt werden will; denn hier sagt jedermann: ich kann nicht an ihn
kommen.(b) Empfunden werden, doch nur in Rücksicht auf diejenige
Empfindung, welche bey Überwindung der Hindernisse Statt hat, und mit
den Adverbiis leicht, schwer, sauer, hart. Es kommt mir schwer an,
dieses zu lassen. Das wird dir sehr leicht ankommen. Und es kam sie
hart an über der Geburt, 1. Mos. 35, 17. Das kommt mir sauer an, Gell.
Die Verstellung kommt mir weit beschwerlicher an, als wenn ich sage,
wie mirs ums Herze ist, ebend. Hier ist der Dativ im Hochdeutschen
fast allgemein; vermuthlich weil der Begriff der Annäherung hier
unmerklicher wird.(c) Das wirklich werden einer Sache erwarten, doch
nur mit auf und mit dem Verbo lassen: Er lässet es allemahl auf das
Äußerste ankommen. Ich mag es auf seinen Anspruch nicht ankommen
lassen. Ein Thor lässet alles auf das Glück ankommen. Die kriegenden
Parteyen wollen es auf ein Treffen ankommen lassen.(d) Den Grund von
etwas enthalten, der Gegenstand eines Geschäftes seyn, in welcher
Bedeutung ankommen meisten Theils zu einem unpersönlichen Zeitworte
wird, und bey derjenigen Sache, die den Grund oder Gegenstand
ausmacht, das Vorwort auf erfordert. ( - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - ) den Grund enthalten. Es kommt hier bloß auf das Glück
an. Auf dich allein kommt es an. Kommt es auf mich an, ob ich lieben
will oder nicht? Weiße. Auf die Wahl in der Liebe kommt das ganze
Glück in der Ehe an, Gell. Die Liebe können sie mir verbiethen, aber
die Hochachtung kommt nicht auf meinen Willen, sondern auf ihre
Verdienste an, ebend. Elender, deine Befreyung, deine Ruhe kommt auf
dich allein an! Dusch. ( - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
) Der Gegenstand seyn, betreffen. Es kommt auf Leib und Leben an. Es
kommt bey dem ganzen Streite bloß auf zwanzig Thaler an. ( - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Ein nothwendiger Gegenstand
seyn, nöthig seyn, erfordert werden. Es kommt auf einen Versuch an.
Hier kommt es bloß aufs Geld an. Es kommt nur noch auf einen Tag an,
so wird sichs ausweisen. Wenn es auf die Verschwiegenheit ankommt, da
nehme ich es mit einem jeden auf. ( - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - ) Ein wichtiger Gegenstand seyn, für wichtig gehalten
werden, mit dem Dative der Person. Auf die Erhaltung dieser Festung
kommt sehr vieles an. Es kommt mir darauf nicht an, ich achte solches
nicht. Es kommt ihm auf ein Paar hundert Thaler niemahls an. Wir haben
so wenig klare Begriffe in dieser Welt, daß es uns auf etwas mehr oder
weniger Unwissenheit nicht ankommen darf. Es muß ihnen auf einen Tag
nicht ankommen, Less. Es kommt den vornehmen Herren nicht darauf an,
ihre Weiber sitzen zu lassen, und sich mit andern zu schleppen,
Weiße.2. Auf der Reise an oder in einem Orte gegenwärtig werden, und
zwar:1) Eigentlich, da dieses Verbum theils absolute stehet, theils
die Vorwörter an, in, zu und bey erfordert. Zu Pferde, zu Füße, zu
Schiffe ankommen. Die Post ist angekommen. Ich
bin eher angekommen, als ich dachte. Wir sind noch vor Tage
angekommen. Er ist glücklich, gesund angekommen. An einem Orte
ankommen. Die Schiffe sind in Holland angekommen. Er ist zu Berlin, zu
Leipzig, in Paris, in Madrit angekommen. Sie ist bey mir, bey ihren
Ältern, bey ihren Freunden noch nicht angekommen. Die Waaren sind
längst angekommen.2) In figürlicher Bedeutung.(a) Eingang mit etwas
finden. Bey mir kommt er nicht an, richtet er nichts aus, erreicht er
seinen Endzweck nicht. Ich habe ihm schon gesagt, daß er bey mir
unrecht ankommt, Weiße.(b) Befördert werden. Er ist bey Hofe, oder an
dem Hofe angekommen. Er ist wohl, schlecht, hoch angekommen. Wer gar
zu bider ist, bleibt zwar ein redlich Mann, Bleibt aber wo er ist,
kommt selten höher an, Logau. Ingleichen, von der Beförderung durch
Heirathen. Sie ist sehr wohl, vortrefflich angekommen, verheirathet
worden. Er ist sehr schlecht angekommen.(c) in Rücksicht auf den
Empfang, aufgenommen werden. Ich würde damit schlimm angekommen seyn.
Da kam er übel an. Wer das denkt, der kommt blind bey mir an. Ich
könnte ankommen, (d. i. übel ankommen,) wenn ich so geradezu liefe.
Ich wäre schön angekommen, wenn er mir gefolgt wäre, Weiße. Geh nur,
du wirst mir der guten Zeitung bey ihm ankommen, (d. i. schlecht
ankommen,) ebend.
Anm. In den meisten der bisher angeführten
figürlichen Bedeutungen, besonders den letzten, ist dieses Verbum nur
in der vertraulichen und gesellschaftlichen Sprechart üblich. Unter
den theils veralteten, theils nur in einigen Provinzen üblichen
Bedeutungen desselben, verdienen folgende angemerket zu werden. 1. Für
anfangen, wovon Frisch ein Beyspiel aus dem Pictorius anführet. 2. Für
begegnen, antreffen, deren schon, oben gedacht worden. S. auch Haltaus
h. v. 3. Für anfallen, feindlich angreifen, wovon bey den Schwäbischen
Dichtern Beyspiele vorkommen. 4. Für anfallen, zufallen, besonders von
Erbschaftssachen, mir der vierten Endung der Person, wovon bey dem
Haltaus h. v. Beyspiele angeführet werden. 5. Für angehen, betreffen,
welche Bedeutung ehedem in Niedersachsen üblich war. 6. Für anfahren,
mit Worten, wovon in dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterb. Theil 2.
S. 725. Beyspiele zu finden sind. 7. für heran wachsen, welche
Bedeutung in Niedersachsen noch üblich ist. 8. Für anbrüchig werden,
angehen, in welcher Bedeutung diese Zeitwort vornehmlich um Hamburg
gehöret wird.
Ankömmling (W3) [Adelung]
Der Ankömmling, des -es, plur. die -e, der angekommen ist, doch nur
in engerer Bedeutung, der in einem fremden Lande angekommen ist, sich
daselbst niederzulassen. Notker nennt einen solchen Ankömmling,
Chomeling und Zuochomeling. Bey den spätern Schriftstellern wird er
auch Inkommling genannt; S. Haltaus h. v.
Anköpfen (W3) [Adelung]
Anköpfen, verb. reg. act. bey den Nadlern, den Kopf einer Nadel mit
der Wippe aufstampfen, welches auch aufköpfen und anstampfen genannt
wird. Daher die Anköpfung.
Ankörnen (W3) [Adelung]
Ankörnen, verb. reg. act. Durch Körner heran locken. Vögel ankörnen,
im gemeinen Leben ankirren. In weiterer Bedeutung, durch eine jede
gelegte Lockspeise anlocken. So können die Jäger das Rothwildpret mit
Krautstauden, die Hasen mit Obst, die Raubthiere mit Fleisch u. s. f.
an. So auch die Ankornung.
Ankreiden (W3) [Adelung]
+ Ankreiden, verb. reg. act. im gemeinen Leben, mit Kreide
anschreiben, ingleichen überhaupt für anschreiben, auf die Rechnung
schreiben, doch nur in der niedrigsten Sprechart.
Ankriechen (W3) [Adelung]
Ankriechen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
heran kriechen, sich kriechend nähern; doch am häufigsten nur im
Particip. Pass. mit dem Verbo kommen. Von Mopsen wird er (der Hund)
kaum erkannt, So dürftig kommt er angekrochen, Haged. Ingleichen, in
figürlicher Bedeutung, doch nur im gemeinen Leben. Wer konnte es dir
an der Nase ansehen, daß du mir deiner romanenhaften Liebe würdest
angekrochen kommen, Weiße.
Ankündigen (W3) [Adelung]
Ankündigen, verb. reg. act. welches das Frequentativum des im
Hochdeutschen ungewöhnlichen Verbi ankünden ist, einem feyerlich
bekannt machen, feyerlich anfangen. Einem den Krieg ankündigen. Man
hat ihm sein Todesurtheil angekündiget. Figürlich. Wenn sie den frohen
Abendstern segnen, der das Ende ihrer Arbeit ankündigt, Dusch. Daher
die Ankündigung.
Ankunft (W3) [Adelung]
Die Ankunft, plur. inusit. 1) Das Ankommen an oder in einem Orte. Ich
hatte seine Ankunft nicht vermuthet. Wenn ist deine Ankunft gewesen:
wenn bist du angekommen? Die Ankunft des Schiffes in dem Hafen. Die
Ankunft der Post, der Waaren u. s. f. 2) Der Ursprung, die Ankunft dem
Geschlechte nach. Von vornehmer, geringer Ankunft seyn. Seine Sitten
verrathen seine schlechte Ankunft. In dieser Bedeutung ist Ankunft
vornehmlich im Oberdeutschen üblich. Im Hochdeutschen sagt man dafür
lieber Abkunft oder Herkunft.
Anm. So wie ankommen ehedem anfangen
bedeutete, so bezeichnete auch Ankunft einen jeden Anfang oder
Ursprung; z. B. von Ankunft und Ausbreitung des Bergwerkes. Für
Ankunft in der ersten Bedeutung sagte man ehedem auch nur Kunst,
Chumft, Isid. Cuonft, Miller. Kunft, Ottfr. Herr ich bin Eur Kunft
froh, Theuerd. Kap. 23. Ich seiner Kunft mit verdrieß bit, ebend. Kap.
57. d. i. ich wartete mit Verdruß auf seine Ankunft. Daß Ankunft
ehedem auch Recht, Anspruch bedeutet habe, erhellet aus dem Haltaus h.
v.
Ankünsteln (W3) [Adelung]
Ankünsteln, verb. reg. act. in der Hofsprache des Aberglaubens, ein
gemilderter und höflicher Ausdruck für anzaubern. Einem etwas
ankünsteln.
Ankuppeln (W3) [Adelung]
Ankuppeln, verb. reg. act. 1) Anbinden, zusammen binden. Die
Jagdhunde ankuppeln, sie mit den Halsbändern zusammen schnallen. 2) +
Figürlich, aber nur in der niedrigsten Sprechart, einem eine Person
ankuppeln, eine Heirath mit ihr stiften. So auch die Ankuppelung.
Ankürzen (W3) [Adelung]
Ankürzen, verb. reg. act. von welchem in der Wapenkunst nur das
Particip. Pass angekürzt üblich ist, für angestückt, doch nur von dem,
was an dem Ende eines Kreuzes angestücket ist.
Anlächeln (W3) [Adelung]
Anlächeln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden ist,
lächelnd ansehen. Er lächelte mich freundlich an. Ingleichen in
figürlicher Bedeutung, und in der dichterischen Schreibart, einen
angenehmen, reitzenden Einfluß auf jemanden haben. Wie der liebliche
Mond mich anlächelt! Weiße. Aus Betrübniß um dich soll mich keine
Freude mehr anlächeln. Nur der Pöbel wird gleich außer sich gebracht,
wenn ihn das Glück einmahl anlächelt, Less.
Anlachen (W3) [Adelung]
Anlachen, verb. reg. act. lachend ansehen. Einen freundlich anlachen.
Der, denkt sie, der ist auch gefangen, Und lacht mich schalkhaft an,
Less. Ingleichen in figürlicher Bedeutung, sich gegen jemanden
günstig, liebreich bezeigen. Von dem Glücke angelachet werden. Das
Glück lacht ihn an. Ingleichen, angenehme Empfindungen erwecken. Es
lacht einen nur an, so schön ist es, im gemeinen
Leben. In allen deinen Stunden wird die Sicherheit dich anlachen,
Dusch. Die Sorgen dürfen sich an meine Brust nicht wagen, Nur stille
Freude lacht mich an, Gieseke.
Anlage (W3) [Adelung]
Die Anlage, plur. die -n, von dem Verbo anlegen, so wohl diese
Handlung, als auch, die angelegte Sache zu bezeichnen.1. Die Handlung
des Anlegens, ohne Plural, doch nur in einigen figürlichen Bedeutungen
des Verbi; besonders die Vertheilung einer Abgabe auf die einzelnen
Glieder einer Gemeinde oder Gesellschaft, ingleichen die Verfertigung
des Entwurfes zu einer Sache. Die Anlage eines Gebäudes, eines Gartens
übernehmen.2. Diejenige Sache, welche angeleget wird, so wohl in dem
eigentlichen als figürlichen Verstande des Verbi. Hier bezeichnet
Anlage: 1) in den Kanzelleyen so viel als Beylage, was einer Schrift
beygeleget oder beygefüget wird. Aus welcher Anlage zu ersehen seyn
wird, u. s. f. 2) Das Erdreich, welches ein Fluß oder Wasser an einem
Orte anleget, oder anspielet, und welches sonst auch die Anschütt und
der Anwurf genannt wird. 3) In den Bergwerken zusammen geschmiedete
Bergeisen. 4) An den Schießgewehren, denjenigen Theil, welchen man bey
dem Abfeuern an den Backen legt, und welcher auch der Anschlag heißt.
5) An einem Kastenschlosse dasjenige Eisen oder Blech, durch dessen
Öhr der Bogen gehet, worin das Schloß hängt; in Regensburg die Anleg,
in Nürnberg die Klammer, in Wien die Narb, in Steiermark die Arb, und
in Niedersachsen die Krampe. 6) Dasjenige Geld, welches so wohl
Unterthanen zu allgemeinen Bedürfnissen des Staates hergeben müssen,
die Auflage, als auch, welches besondere Zünfte und Gesellschaften
sich aufbringen. Bürgerliche Anlagen, Weinanlagen, Bieranlagen u. s.
f. Abgaben von dem Weine, dem Biere. Eine Anlage auf etwas machen,
ausschreiben. Ein Land, das von vielen und schweren Anlagen gedrückt
wird. 7) Dasjenige Geld, welches man zu dem Anfange eines
Nahrungsgeschäftes widmet, und dazu anleget. Seine Anlage bestehet aus
10000 Rthlrn. wofür man doch noch häufiger das Wort Capital gebraucht.
8) Den Entwurf und ersten Anfang einer Sache. Die Anlage eines
Gebäudes, eines Gartens, eines Festungswerkes. Eine Anlage zu etwas
machen. Ingleichen, 9) den Grund eines Gebäudes, die Grundlage.
Besonders in dem Festungsbaue den Fuß, die untere Breite eines Walles,
oder einer Brustwehr. So auch in dem Deichbaue die unterste
Grundfläche von dem Durchschnitte eines Deiches oder einer Höhe. Dann
aber auch, 10) figürlich, den Anfang, den Grund einer Sache. Ihr
Mißtrauen ist die erste Anlage zum Menschenfeinde. Noch mehr aber, 11)
natürliche Geschicklichkeit oder Fähigkeit zu etwas. Sie haben eine
nicht gemeine Anlage zur Dichtkunst. Sie, mit einer solchen Anlage zu
allem, was edel und groß ist, sie entehren sich selbst, Less.
Unentwickelte Anlagen zu großen Vollkommenheiten.3. Der Ort, wo etwas
angeleget wird. So wird Forstwesen der Ort, wo die Holzhauer zur
Arbeit angeleget sind, die Anlage genannt.
Anlallen (W3) [Adelung]
Anlallen, verb. reg. act. lallend anreden. Sein Söhnchen lallte ihn
freundlich an.
Anlände (W3) [Adelung]
Die Anlände, plur. die -n, ein Ort, der zu dem Anländen mit den
Schiffen gebraucht wird. In Oberdeutschland, besonders Baiern,
bedeutet Land ein jedes Ufer. S. Land.
Anlanden (W3) [Adelung]
Anlanden, oder anländen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn
erfordert, in der Schiffahrt, an das Land fahren. Mit dem Schiffe
anlanden. Die Schiffe sind in England angelandet. Daher die Anlandung
oder Anländung.
Anm. Anlanden, in dem alten Gedichte, auf den h. Anno
leintan, Nieders. belanden, Schwed. landa, anlanda, liebt in den
Oberdeutschen Mundarten das a, in einigen Niedersächsischen Gegenden
aber ist das ä üblicher. Die Hochdeutschen gebrauchen beydes. Ehedem
bedeutete dieses Wort, von den Flüssen gebraucht, auch so viel, als
Land anlegen, ansetzen, anwerfen, anspülen.
Anlangen (W3) [Adelung]
Anlangen, verb. reg. welches auf gedoppelte Art gebraucht wird.I. Als
ein Neutrum, 1. Mit dem Hülfsworte seyn, von einem entfernen Orte
ankommen, welcher Nebenbegriff der Entfernung in der Wurzel lang
liegt. An einem Orte anlangen. Bey einem anlangen. Zu Schiffe, zu
Pferde, zu Fuße anlangen. Der Bothe ist noch zu rechter Zeit
angelanget. Der Gesandte ist in England, in Paris, in Madrit bereits
angelanget.2. Mit haben, * der Gegenstand eines Ausspruches seyn, doch
nur im Vordersatze mit was oder so viel und so im Nachsatze, diesen
Gegenstand des folgenden Ausspruches zu bezeichnen. Was mich anlanget,
so bin ich noch gesund. Was diese Sache anlanget, so halte ich nichts
davon. Oder auch im Participio. Die Reise anlangend, so wird selbige
nicht erfolgen. Es ist in dieser ganzen Bedeutung im Hochdeutschen
meist veraltet, und nur noch in den Kanzelleyen üblich. In den bessern
Schreibarten gebraucht man dafür betreffen, nur daß dieses von einem
weitern Umfange der Bedeutung ist. Das ohne Noth verlängerte
anbelangen ist noch verwerflicher.II. Als ein Activum, bitten. Einen
um etwas anlangen, um ein Amt anlangen, um recht und Gerechtigkeit
anlangen. Diese ist nur noch im Oberdeutschen bekannt, im
Hochdeutschen aber fast völlig verschwunden, außer daß sie noch hin
und wieder in den Kanzelleyen vorkommt. Ältere Beyspiele hat Haltaus
h. v. gesammelt, aus welchem zugleich erhellet, daß anlangen ehedem
auch für belangen, d. i. in Anspruch nehmen, vor Gerichte verklagen,
gebraucht worden.Das Substantiv die Anlangung, plur inusit. wird nur
in der Bedeutung des ersten Neutrius für Ankunft aus der Ferne
gebraucht.
Anlappen (W3) [Adelung]
Anlappen, verb. reg. act. 1) Bey den Jägern, die abgehaspelten Tuch-
und Federlappen aufrichten. 2) * In einigen, besonders Oberdeutschen
Gegenden, so viel als anflicken. 3) + Einen anlappen, in der niedrigen
Sprechart, ihn anschwärzen, verhaßt machen.
Anlaschen (W3) [Adelung]
Anlaschen, verb. reg. act. im Forstwesen, einen Baum anlaschen, ein
Stück von der Rinde weghauen, um dem Baum mit dem Waldhammer zeichnen
zu können, welches auch anplätzen und anschalmen genannt wird. S.
Laschen. Daher die Anlaschung.
Anlaß (W3) [Adelung]
Der Anlaß, des -sses, plur. die -lässe, von dem Verbs anlassen, so
wohl dessen Handlung, als auch dasjenige, was angelassen wird, zu
bezeichnen.1. Die Handlung des Anlassens; ohne Plural. Der Anlaß des
Wassers. Ingleichen von anlassen, scheinen, der Anschein. Es hat allen
Anlaß dazu, es läßt sich dazu an.2. Der entfernte Grund zu einer
Handlung, wie Veranlassung. Einem Anlaß zu argwohnen geben. Das wird
nur Anlaß zum Streite geben. Anlaß zu etwas bekommen. Er nahm daher
Anlaß zum Kriege. Sie würden nur einen neuen Anlaß, mich zu
verläumden, daraus nehmen, Less. Noch kein Augenblick ist vergangen,
da sie mir nicht Anlaß zur Bewunderung gegeben haben, Weiße.
Anm.
Wachter nennt Anlaß in dieser zweyten Bedeutung mit Recht ein dunkeles
Wort. Das Verbum anlassen ist in dieser Bedeutung nicht üblich,
sondern man sagt jetzt dafür veranlassen. Anlaß für Conpromiß,
ingleichen für Anfang, wie auch
für Anlaß, d. i. Ablaß, Entlassung, ist längst veraltet. Haltaus und
Frisch führen indessen Beyspiele davon an.
Anlassen (W3) [Adelung]
1. Anlassen, verb. irreg. act. ( S. Lassen,) welches in seinen meisten
Bedeutungen sehr elliptisch ist, und ein anderes Verbum voraus setzet.
Es wird gebraucht:1. In eigentlicher Bedeutung, für anbehalten lassen.
Ich will ihm den Rock immer anlassen. Für anlaufen lassen, d. i.
anhetzen. Einen Hund anlassen, auf etwas anlassen. Ingleichen, das
Wasser eines Teiches anlassen, anlaufen lassen, und dann auch
metonymisch, eine Teich anlassen, mit Wasser anfüllen. Für angehen
lassen, d. i. anfangen lassen zu gehen. So bedeutet in den
Schmelzhütten, die Bälge anlassen, oder nur schlechthin, anlassen, so
viel als anfangen zu schmelzen, im Gegensatze des Ablassens. In einem
andern Verstande ist anlassen bey den Metallarbeitern so viel als
glühen und dadurch wieder geschmeidig machen.2. In figürlicher
Bedeutung. Einen übel anlassen, ihn mit harten Worten empfangen, ihm
einen harten Verweis geben, ihn anfahren. So zornig wollen sie ihn
anlassen. Gell. Hart mit Worten angelassen werden. Die Figur ist in
dieser Bedeutung ein wenig dunkel.
Anm. Frisch hat von diesem Verbo das
Adjectiv anlässig, anlässige Worte, welche Streit veranlassen können;
allein es muß dieses Wort entweder veraltet, oder nur in einigen
Gegenden üblich seyn.
Anlassen (W3) [Adelung]
2. Anlassen, verb. irreg. recipr. von dem Zeitworte lassen, scheinen,
welches S. scheinen, den Schein, das Ansehen zu einem gewissen Erfolge
haben. Es läßt sich zum Kriege an, es scheint, daß ein Krieg entstehen
werde. Es läßt sich zum Frieden an. Wie läßt sich die Sache an: Die
Sache läßt sich gut, übel, schlecht, vortrefflich an. Es läßt sich
nicht darnach an, es hat nicht den Anschein dazu. Es läßt sich an, als
wenn keine Arzeney mehr helfen wollte. Der Knabe läßt sich gut an,
macht viele Hoffnung.
Anlauf (W3) [Adelung]
Der Anlauf, des -es, plur. die -läufe, von dem folgenden Verbo, so
wohl die Handlung des Anlaufens, als auch dasjenige, was anläuft, zu
bezeichnen.1. Die Handlung, in den meisten Bedeutung des Verbi. Einen
Anlauf nehmen, einige Schritte zurück treten, um auf etwas anlaufen zu
können. Der Anlauf des Wassers, das Anwachsen, Aufschwellen desselben.
Der Anlauf des Feindes, d. i. zum Sturme, der Angriff, in welcher
Bedeutung es aber wenig mehr vorkommt. Der Anlauf von Bettlern.
Vielen, großen Anlauf haben, von vielen Leuten angegangen und gesucht
werden. In dieser Bedeutung der Handlung ist der Plural
ungebräuchlich, obgleich Luther die Anläufe, d. i. Angriffe, des
Teufels gewagt hat.2. Dasjenige, was anläuft, doch nur von demjenigen,
was nach einer schiefen Linie in die Höhe steigt. So wird in den
Salzwerken der hinterste Theil des Herdes unter den Zuglöchern,
welcher schräge in die Höhe gehet, der Anlauf genannt, und in der
Baukunst führet diesen Nahmen ein Zirkelstück, welches ein
vorspringendes unteres Glied mit dem obern verbindet; Latein.
Apophysis inferior. S. auch Ablauf.
Anlaufen (W3) [Adelung]
Anlaufen, verb. irreg. ( S. Laufen,) welches so wohl als ein Neutrum,
als auch ein Activum üblich ist.I. Als ein Neutrum, welches mit dem
Hülfsworte seyn verbunden wird.1. Anfangen zu laufen, welche Bedeutung
aber wenig vorkommt.2. Hinan laufen, d. i. in die Höhe laufen, in
welchen Verstande es nur in weiterer und figürlicher Bedeutung üblich
ist. Injener laufen die Bergleute an, wenn sie allmählich in die Höhe
arbeiten, so daß die Sohle vor ihnen her steiget. Von einer allmählich
in die Höhe steigenden Fläche sagt man gleichfalls: Die Fläche läuft
an. Ferner sagt man auch von dem Wasser, es läuft an, der Fluß ist
sehr angelaufen, wenn sich dessen Menge, und folglich auch dessen
senkrechte Höhe vermehret. Figürlich und im gemeinen Leben, von
Zahlen. Die Summe ist schon hoch angelaufen, hat sich sehr vermehret.
Seine Schulden laufen täglich höher an.3. Heran laufen, sich laufend
nähern. 1) Eigentlich. Eine Grenadier-Compagnie anlaufen lassen, auf
den Feind. + Angelaufen kommen, im gemeinen Leben, sich laufend
nähern. Mit einem geringen Zusatze zu dem Begriffe wird bey den Jägern
anlaufen lassen, von den wilden Schweinen gesagt, wenn man sie an und
auf das Fangeisen laufen lässet. Auf ähnliche Art sagt man auch im
Jagdwesen, das Thier läuft an, wenn es dem Jäger zum Schusse kommt. 2)
In weiterer Bedeutung, wird anlaufen, (a) in den Hammerwerken von dem
geschmolzenen Eisen gebraucht, wenn es sich an die Brechstange, die
daher auch der Anlaufkolben oder der Anlaufstab genannt wird, anlegt,
welche Verrichtung gleichfalls anlaufen lassen genannt wird. (b) Den
Glanz verlieren, von polirten Körper, weil die Feuchtigkeit oder die
matte Farbe, welche den Glanz vertreibet, sich schnell und gleichsam
laufend über die polirte Fläche verbreitet. Das Glas, der Spiegel
läuft an, wenn beyde mit Dünsten überzogen werden; Niedersächsisch
beframen, in Baiern und Österreich damen. Polirten Stahl blau anlaufen
lassen, ihm durch das Ausglühen auf der Oberfläche eine blaue Farbe
geben. An einigen Orten gebraucht man dieses Verbum überhaupt von
anbrüchig werden, und sagt daselbst, der Wein läuft an, wenn er kahnig
wird; mit Schimmel, oder vom Schimmel anlaufen.4. Im Laufe an etwas
anstoßen. 1) Eigentlich. Er ist mit dem Köpfe an die Wand angelaufen.
Im Finstern läuft man überall an. 2) Figürlich (a) Übel bey einem
anlaufen, schlecht von ihm empfangen werden. Du wirst häßlich
anlaufen, schlecht ankommen, dich in deiner Rechnung gewaltig
betriegen. So auch, einen anlaufen lassen, ihm auf verdiente Art
begegnen. In einem andern Verstande läßt man jemanden anlaufen, wenn
man ihn zu seinem Nachtheile einem Fehler begehen läßt, woran man ihn
hätte hindern können. (b) * Gegen Gottes Gebothe anstoßen, doch nur in
der biblischen Schreibart. Sind sie darum angelaufen, daß sie sollten
fallen: Röm. 11, 11. Der Stein des Anlaufens, Röm. 9, 33. Eh als ich
gedruckt ward irret' ich, Und lief sehr an in meinem Thun und Tichten,
Opitz, Ps. 119, 34. beging viele Fehler.II. * Als ein Activum, an
einen laufen, auf einen zu laufen, mit der vierten Endung des
Substantives. Einen anlaufen. Da liefen ihn die Juden in allen Städten
an - und klagten ihm u. s. f. 2. Maccab. 4, 36. Welche ihn ansehen und
anlaufen, deren Gesicht wird zu Schanden, Ps. 34, 6. Besonders in
figürlicher Bedeutung und mit dem Nebenbegriffe des ungestümen und
beschwerlichen Bittens. Der Mensch läuft mich täglich an. Einen um
etwas anlaufen. Ingleichen mit dem Nebenbegriffe des feindlichen
Angriffes, einen feindlich anfallen. Tewrdank der unverzagte man Lieff
den pern mit seim spieß an, Theuerd. Kap. 27. Ein wildes grimmes Thier
läuft alle Menschen an, Opitz Mehr hat nicht Attila - -- - euch
feindlich angelaufen, ebend.
Allein in der ganzen thätigen Bedeutung ist es, wenigstens in der
edlern Schreibart im Hochdeutschen, nicht mehr üblich.
Anläufern (W3) [Adelung]
Anläufern, verb. reg. act. bey den Jägern, die Lockvögel auf den
Vogelherden an kleine Riemen legen, damit sie herum laufen können,
dergleichen Vögel Läufervögel genannt werden. Daher die Anläuferung.
S. auch Ansillen.
Anläuten (W3) [Adelung]
Anläuten, verb. reg. act. 1) * An etwas läuten. So wird dieses Wort
in Oberdeutschland für anklingeln, anschellen gebraucht. 2) Durch
Läuten das Zeichen zum Anfange einer Sache geben. So wird auf den
Bergwerken angeläutet, wenn das Zeichen zum Anfahren mit der Glocke
gegeben wird. Daher die Anläutung, und das Anläutegeld, dasjenige
Geld, welches der Thürmer für das Anläuten auf den Bergwerken bekommt.
Anlegen (W3) [Adelung]
Anlegen, verb. reg. welches in zwiefacher Gestalt üblich ist.I. Als
ein Activum, eine Sache an die andere legen, in mancherley so wohl
eigentlichen, als figürlichen Bedeutungen des einfachen Verbi.1. In
eigentlicher und weiterer Bedeutung. Eine Leiter anlegen, an die Wand.
Den Backen an ein Gewehr anlegen. Das Gewehr anlegen, an den Backen es
anschlagen. Ein Rind anlegen, an die Brust, es zu säugen. Einen Reif
anlegen, dem Fasse. Einem Ketten, Fesseln anlegen. Einen Hund, einen
rasenden Menschen anlegen, an eine Kette. Holz anlegen, an das Feuer.
Feuer anlegen, an ein Haus, es in Brand zu stecken. Es ist diese Nacht
wieder Feuer angeleget worden. Einen Rocken anlegen, den zum Abspinnen
nöthigen Flachs um den Rocken, welches in Franken auch anferben
genannt wird. Eben daselbst bedeutet auch die Angelegte, so viel
Flachs, als auf einmahl an den Rocken angeleget wird. Die Garben
anlegen, in der Landwirthschaft, die Garben zu beyden Seiten der
Scheuntenne so legen, daß man sie bequem dreschen könne, in manchen
Gegenden anstauchen. Einem Pferde den Zaum, die Halfter, den Zügel
anlegen. Die richtende Natur legt durch gemäße Qualen Dem Willen Zügel
an, und bändigt Cannibalen, Dusch. Einem Inquisiten die Daum- oder
Beinschrauben anlegen, bedeutet in der Preußischen Criminal-Ordnung,
sie bloß anlegen, ohne zuzuschrauben, in Sachsen aber, anlegen und
zuschrauben, doch gleich wieder nachlassen, im Gegensatze des völligen
Zuschraubens, welches in Sachsen mit den Daum- oder Beinschrauben
vorstellen, oder angreifen genannt wird.Auf ähnliche Art wird anlegen
auch, als ein anständiger Ausdruck, für anziehen gebraucht, so wohl
von der ganzen Kleidung, als auch von verschiedenen einzelnen
Kleidungsstücken; von welchen selbst anziehen nicht gesagt werden
kann. Ein Kleid anlegen. Schuhe, Strümpfe, den Degen, das Strumpfband
anlegen. Man legte ihm den Mantel an. Sie hat wohl nicht ohne Ursache
ihren ganzen Staat angelegt, Gell. Sich anlegen, sich ankleiden. Sich
anders anlegen, sich umkleiden. Der Hof hat die Trauer angelegt. In
dieser Bedeutung ist unser Verbum bereits sehr alt; denn Ottfried und
Notker gebrauchen analegan nicht allein für anziehen, sondern analegi
bedeutet bey ihnen auch ein Kleid. In dem Theuerdank Kap. 54 kommt
anlegen in einer sonderbaren Verbindung vor. Tewrdank legt sich in
sein Zeug an, legte sein Turnierzeug an. Die figürliche Bedeutung: Wer
einem Narren Ehre anlegt, das ist u. s. f. Sprichw. 26, 8; und lasse
sich auf die Backen schlagen und ihm viel Schmach anlegen, Klagel. 3,
30; in welcher Hofmanswaldau singt:Der Himmel legt selbst mit neuen
Kräften an, ist im Hochdeutschen veraltet.Bey den Mahlern bedeutet
anlegen so viel als illuminiren, mit Farbe belegen. Die Berge braun,
einen Wald grün anlegen.Hieher gehöret auch das Reciprocum sich
anlegen, welches von verschiedenen leblosen Körpern gebraucht wird,
wenn sie auf der Oberfläche eines andern Körpers zum Vorschein kommen,
oder sich an selbige anhängen. So leget sich die Speise an den Topf
an. Die Krystallen legen sich an, wenn sie an dem Rande des Gefäßes
entstehen, welches in der Sprache der Kunst noch häufiger anschießen
genannt wird. Auch der Rost legt sich an das Eisen an, und figürlich
auch der Neid an das Glück und an die Verdienste. Du weißt, daß sich
der Neid jederzeit an das Glück anzulegen pflegt.Die Redensart Hand
anlegen, oder Hand an etwas legen, ist alt, und wird so wohl von dem
gewaltsamen Angriffe einer Person und Sache, als auch von dem Anfange
der thätigen Beschäftigung mit etwas gebraucht. In der ersten
Bedeutung sagt schon Tatian Kap. 184 inti legitun iro hant in then
heilant ana inti habetun inan; aber heut zu Tage gebraucht man in
derselben lieber das einfache Verbum, Hand an einen legen. In der
letzten Bedeutung sagt man auch jetzt häufig, Hand anlegen, mit Hand
anlegen, mit arbeiten helfen, die letzte Hand anlegen, einer Sache die
letzte Gestalt geben, sie zur Vollkommenheit bringen, ausbessern.2. In
verschiedenen figürlichen Bedeutungen, welche sich vornehmlich auf den
vielfachen Gebrauch des einfachen Verbi legen gründen, bedeutet
dasselbe:1) So viel als anweisen, anstellen, zu einer gewissen
körperlichen Arbeit bestimmen, im Gegensatze des Ablegens. In diesem
Verstande wird es so wohl in dem Bergbaue, als auch in dem Jagd- und
Forstwesen, und verschiedenen andern Lebensarten gebraucht, wo
Arbeiter zu etwas anlegen, so viel bedeutet, als ihnen eine gewisse
Arbeit aufgeben.2) Zu einem gewissen Gebrauche anwenden. Geld oder zu
etwas anlegen. Sein Geld wohl anlegen. Sein Geld an Eitelkeiten, sein
Vermögen an Landgüter anlegen. Seine Wohlthaten gut, schlecht anlegen.
Man weiß ja nicht, wie man seine Gaben anlegt, Gell. Ich lege bloß die
Interessen zu dergleichen Ausgaben an. Ich wußte in der Eil nicht,
wozu ich das Geld anlegen sollte, Gell. So auch, seine Zeit wohl, übel
anlegen, anwenden. Wohl angelegte Zeit.Mit andern Substantiven möchte
es in diesem Verstande, wenigstens im Hochdeutschen, wohl eben
gewöhnlich seyn; denn die R. A. Fleiß an etwas anlegen, ist mehr
Oberdeutsch.3) Die erste Einrichtung, den Anfang zu etwas machen. Die
Randhölzer, welche die Rundung des Schiffes anlegen, den Grund dazu
legen. Ein Gebäude, eine Stadt, ein Dorf, einen Garten anlegen. Einen
Weinberg anlegen, welches in Franken wenden, und in den Rheinländern
anrotten genannt wird, vielleicht für anreuten oder anroden. Einen
Jahrmarkt anlegen. Die meisten Bibliotheken sind entstanden, nur
wenige sind angeleget worden, Less. Die Charaktere sind in diesem
Lustspiele geschickt angelegt. Ingleichen in weiterer Bedeutung, für
anfangen. Die das durch ihre Unart zerstören, was durch das Gehör des
Wortes bey ihnen angeleget war, Mosheim. Ehedem wurde dieses Verbum in
noch weiterer Bedeutung für eine jede Verfertigung, Veranstaltung
gebraucht. So heißt es z. B. in Boners 74sten Fabel: Ich kan das
angelegen wol, Wie uns der kouche werden sol. 4). Dienliche Mittel zu
Erreichung einer Absicht vorbereiten und anwenden; doch nur im
nachtheiligen Verstande. Er hat es darauf angelegt. Es ist darauf
angelegt. Er legt es darauf
an, daß ich so scheinen soll, Less. Er pflegt alles von weiten
anzulegen. Ingleichen verabreden, doch gleichfalls nur im
nachtheiligen Verstande. Sie haben es mit einander angelegt. Das
Bubenstück wird nicht so vollendet werden, als es angeleget ist. Es
ist ein angelegter, heimlich verabredeter, Handel, wofür man in
Oberdeutschland sagt, es ist ein angelegter Karren. * Sich mit bösen
Buben anlegen, einlassen, abgeben, wie man gleichfalls in
Oberdeutschland sagt, ist den Hochdeutschen unbekannt.5) Auflegen,
besonders von Abgaben. Einen Zoll anlegen. Neue Steuern und Gaben
anlegen. Man könnte diesen Gebrauch figürlich zu dem dritten rechnen,
wo der Begriff der ersten Einrichtung der herrschende ist. Allein da
man auch sagt, einen mit Steuern und Gaben anlegen, er ist in der
Steuer sehr hoch angeleget, einen nach seinem Vermögen anlegen, und in
Oberdeutschland, eine mit einer Geldbuße anlegen, d. i. belegen, so
kann man es hier entweder als eine buchstäbliche Übersetzung des
Latein. imponere ansehen, oder es zu derjenigen Bedeutung des
einfachen legen rechnen, nach welcher es auch bestimmen, verordnen
bedeutet. Daher legt man in den rechten auch eine Sequestration an,
wenn man sie verordnet und einrichtet.II. Als ein Neutrum, welches das
Hülfswort haben erfordert. 1) In der Schifffahrt, wo anlegen, mit dem
Schiffe anlegen, so viel bedeutet, als nahe an das Ufer fahren, sich
an die Küste legen, im Gegensatze des Ablegens. Die Schiffe müssen
hier anlegen, anlanden. 2) Fett anlegen, fett werden, wo es zwar einen
thätigen Schein hat, aber doch nicht im Passivo gebraucht werden
kann.Das Hauptwort die Anlegung, kann für die Handlung des Anlegens in
allen eigentlichen und den meisten figürlichen Bedeutungen des Activi,
in welchen Anlage nicht gewöhnlich ist, gebraucht werden.
Anlegeschloß (W3) [Adelung]
Das Anlegeschloß, des -sses, plur. die -schlösser, ein Schloß,
welches nach Belieben angeleget und weggenommen werden kann, und
welches noch häufiger ein Vorlegeschloß genannt wird.
Anlegesteg (W3) [Adelung]
Der Anlegesteg, des -es, plur. die -e, bey den Buchdruckern, ein
Steg, welcher an den Umkreis der Form gelegt wird.
Anlehen (W3) [Adelung]
Das Anlehen, des -s, plur. ut. nom. sing. und in Oberdeutschland die
Anleihe, plur. die -n, so wohl, was man von einem andern entlehnet,
als was man einem andern leihet. Ein Anlehen suchen, etwas als ein
Anlehen bekommen. S. Anlehnen.
Anlehne (W3) [Adelung]
Die Anlehne, plur. die -n, derjenige Theil eines Dinges, welcher zum
Anlehnen bestimmt ist, und welcher am häufigsten die Lehne heißt. Die
Anlehne an der Drehbank.
Anlehnen (W3) [Adelung]
* Anlehnen, verb. reg. act. und in Oberdeutschland anleihen, verb.
irreg. act. für lehnen, oder leihen. Daß diese beyden Wörter bloß der
Mundart nach verschieden sind, ist schon bey Ableihen bemerket worden;
S. auch Lehnen und Leihen. Es ist nur die Frage, was an hier eine
Bedeutung hat. Es kann so viel als ent bedeuten; alsdann könnte Anlehn
und anlehnen aber nur von demjenigen gebraucht werden, dem eine Sache
geliehen wird, im Gegensatze des Darlehens oder Darleihens. Allein es
scheinet, daß an hier bloß die müßige Alemannische verlängernde
Partikel ist. Wenigstens sind beyde Wörter im Oberdeutschen
gebräuchlicher, als im Hochdeutschen. Zugleich aber erhellet auch
hieraus, wie ungegründet der Unterschied, welchen einige Rechtslehrer,
vermuthlich durch den eingeschränkten Gebrauch des Wortes Lehen,
feudum, verleitet, unter anleihen und anlehnen machen, wenn sie
behaupten, daß letzte zugleich die Übertragung des Eigenthums mit in
sich schließe, erstes aber nicht. S. F. G. Struvens rechtliche
Erklärung unterschie-dener teutschen Wörter und Redensarten, v.
Anleihe. Anlen bedeutet bey dem Notker ein jedes mutuum.
Anlehnen (W3) [Adelung]
Anlehnen, verb. reg. act. an etwas lehnen. Ein Bret anlehnen, an die
Wand. Einen Pfahl an die Mauer anlehnen. Die Thür anlehnen, sie nicht
völlig zumachen. Sich anlehnen. O wie dankbar lehnt sie sich nicht mit
redenden Blicken An ihn an! Zachar. Daher die Anlehnung.
Anlehren (W3) [Adelung]
+ Anlehren, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist,
für unterrichten, Anleitung geben. Einen Knaben anlehren, besonders
bey den Handwerkern, wo dieses Wort oft anlernen lautet. S. Lernen. So
auch die Anlehrung.
Anleihe (W3) [Adelung]
Anleihe, und Anleihen, S. Anlehen und Anlehnen.
Anleimen (W3) [Adelung]
Anleimen, verb. reg. act. mit Leim befestigen. Ein Bret an das andere
anleimen. So auch die Anleimung.
Anleite (W3) [Adelung]
* Die Anleite, plur. inusit. ein in der Oberdeutschen Rechtssprache
übliches Wort, von dem Verbo anleiten. Es bedeutet daselbst, 1) Die
Anleitung oder Anführung der Geschwornen zur augenscheinlichen
Besichtigung einer Sache, besonders bey Grenz- und Flurstreitigkeiten, und diese Besichtigung selbst. Anleite begehren, um eine Besichtigung
anhalten. Die Anleite zu Felde, die Besichtigung eines Feldes.
Anleitesachen, Streitigkeiten, welche eine Ocular-Inspection
erfordern. In dieser Bedeutung kommt dieses Wort schon in einer
Pfalzgräflich-Rheinischen Urkunde vom Jahre 1228 vor. S. Haltaus h. v.
2) Eine Art der gerichtlichen Hülfe in des Beklagten Güter, wodurch
der Kläger nur die Verwahrung derselben, nicht aber den Genuß bekommt, der erste Grad der Execution. Daher Anleite begehren, erhalten, einem
die Anleite brechen, die Anleite ersitzen, besitzen, aussitzen, der
Anleitsbrief, Anleitzettel, der Anleiter, dem die Güter auf Ansuchen
des Klägers in Verwahrung gegeben werden u. s. f., S. Ansatz,
Anweisen, und Haltaus v. Anleit. In dieser Bedeutung ist das Wort in
einigen Gegenden auch männlichen Geschlechtes, der Anleit. 3)
Besonders in Baiern, dasjenige Geld, welches bey Veränderung der
Lehngüter der Obereigenthümer für die Belehnung bekommt, und welches
an andern Orten der Ehrschatz, das Handlohn, die Weglösung, die
Lehnware, das Lehngeld, Laudemium u. s. f. genannt wird.
Anleiten (W3) [Adelung]
Anleiten, verb. reg. act. an etwas leiten, leitend einer Sache
nähern. 1) In eigentlicher Bedeutung. Einen Blinden, ein Rind an die
Wand anleiten. Noch mehr aber, 2) in weiterer und figürlicher
Bedeutung. (1) In der Landwirthschaft, die Hopfenranken anleiten, sie
an die Stangen binden, stängeln. (2) Zur Besichtigung anführen, in den
Oberdeutschen Gerichten; S. Anleite, 1. (3) Einweisen, einführen, so
wohl in ein Lehngut, als auch in die Güter eines Beklagten, einen
anleiten; gleichfalls nur in Oberdeutschland; S. Anleite 2. 3. und
Anweisen. (4) Mittel und Wege zu Erlangung gewisser Fertigkeiten an
die Hand geben. Einen zum Guten, zum Bösen anleiten. Ich habe dich zu
allen nöthigen Wissenschaften angeleitet; in welcher Bedeutung doch
anführen gewöhnlich ist.
Anleitung (W3) [Adelung]
Die Anleitung, plur. die -en, theils die Handlung des Anleitens in
allen Bedeutungen des Verbi, theils in den Bedeutungen des Wortes
Anleite, theils aber auch die Anzeige der Hülfsmittel, gewisse
Fertigkeiten zu erlangen, und die Schrift, welche selbige enthält.
Einem Anleitung zu etwas geben. Ingleichen, Verschaffung einer
Gelegenheit, Veranlassung. Er gab mir selbst Anleitung, hiervon zu
sprechen.
Anlernen (W3) [Adelung]
+ Anlernen, S. Anlehren.
Anleuchten (W3) [Adelung]
+ Anleuchten, verb. reg. act. in das Gesicht leuchten. Einen mit dem
Lichte, mit der Laterne anleuchten. So auch die Anleuchtung.
Anliegen (W3) [Adelung]
Anliegen, verb. Irreg. Neutr. ( S. Liegen,) welches das Hülfswort
haben erfordert, nahe an etwas liegen.1. In eigentlicher Bedeutung.
Das Kleid liegt gut an, schließt gut. In andern Fällen wird es in
dieser Bedeutung wenig vorkommen, weil man sich Statt dessen lieber
des einfachen liegen mit dem Vorworte an, oder mit daran bedienet.
Opitzens Beyspiel: Sein Vaterland, das lag der Juden Grenzen an, ist
daher im Hochdeutschen nicht nachzuahmen.2. Figürlich, 1) Sorge
verursachen, Bekümmerniß erwecken. Diese Sache liegt mir sehr an.
Paulo lag beydes hart an, Phil. 1, 22. Es leyd euch an Etwas, darum
ich nit fragen will, Theuerd Kap. 80. Auch dieser Gebrauch ist im
Hochdeutschen veraltet, indem man dafür lieber sagt, am Herzen liegen.
Doch ist davon das Particip. noch üblich, angelegen. Es ist ihm sehr
angelegen, er sorget fleißig dafür; besonders mit dem Verbo lassen.
Sich etwas sehr angelegen seyn lassen, allen Fleiß daran wenden, viele
Sorge dafür tragen. Er läßt sich sein Amt äußert angelegen seyn. Laß
dir deine Gesundheit angelegen seyn. Er läßt sich nichts angelegen
seyn. Sie wissen, daß ich mir das Meinige angelegen seyn lasse, Gell.
S. auch Angelegenheit und Angelegentlich. 2) Einem anliegen, ihn
dringend und unaufhörlich bitten; gemeiniglich mit einem verächtlichen
Nebenbegriffe. Er liegt mir unaufhörlich an, ihm darzu zu verhelfen.
Du hörest nicht auf, mir anzuliegen, Dusch. Auf ihr Anliegen hat er es
gethan, Less. Wenn einige hier die vierte Endung der Person
gebrauchen, so ist solches theils wieder die Bedeutung der Präposition
an in Verbindung mit einem Neutro, theils wider den beständigen
Gebrauch älterer und neuerer Schriftsteller. Als lang lagen sie mir
an, heißt es bey dem Hornegk, in der Vorrede. Ehedem war diese
Bedeutung des Verbi anliegen von einem viel weitern Umfange, und
bedeutete auch drängen, dringen, beschwerlich seyn, nothwendig seyn u.
s. f. Ther liut imo analag, das Volk drängete ihn, heißt es bey dem
Ottfried B. 4, Kap. 24, V. 45; und, do sie mir so analagen, bedeutet
bey dem Notker, da sie mir beschwerlich waren. S. auch Haltaus h.
v.
Anm. Anliegen, für, daran gelegen seyn, ist im Hochdeutschen
veraltet. Da liegt mir nichts an, Bal. 2, 6; für, daran liegt mir
nichts. Auf gleiche Art sagt Opitz: Wem würde was anliegen, Daß ein
dergleichen Mann ganz sollte seyn verschwiegen.
Anliegen (W3) [Adelung]
Das Anliegen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Die Handlung des
Anliegens, in welcher Bedeutung der Plural nicht Statt findet. 2) Was
einem anliegt, d. i. am Herzen liegt, und die dadurch verursachte
Empfindung, Sorge, Verlangen, Bekümmerniß. Ein großes, ein heimliches,
ein verborgenes Anliegen haben. Einem sein Anliegen offenbaren.
Anloben (W3) [Adelung]
+ Anloben, verb. reg. act. 1) Von loben, laudare. Einem etwas
anloben, im gemeinen Leben, es loben, um des andern Begierde dadurch
zu erwecken. 2) Von loben, spondere, so viel wie angeloben, doch auch
nur im gemeinen Leben. So auch die Anlobung in beyden Bedeutungen.
Anlocken (W3) [Adelung]
Anlocken, verb. reg. act. eigentlich, an sich locken. Ein Thier, ein
Rind anlocken. In figürlicher Bedeutung, zu etwas reißen. Der schöne
Morgen hat zur fernen Jagd Ihn angelockt, Schleg. So auch die
Anlockung.
Anlöthen (W3) [Adelung]
Anlöthen, verb. reg. act. bey den Metallarbeitern, vermittelst eines
Lothes, d. i. eines leicht flüssigen Metalles, an etwas befestigen.
Eine Handhabe an ein Gefäß, den Bart an den Schlüssel anlöthen. Daher
die Anlöthung.
Anludern (W3) [Adelung]
+ Anludern, verb. reg. act. bey den Jägern, durch Luder anlocken.
Vögel, wilde Thiere anludern. In der anständigern Sprechart selbst der
Jäger sind dafür anaßen, ankörnen u. s. f. üblicher.
Anlügen (W3) [Adelung]
+ Anlügen, verb. irreg. act. ( S. Lügen,) 1) Einen anlügen, ihn
belügen. 2) Einem etwas anlügen, andichten. Ich brauche weder Pfeil
noch Bogen, Die mir der Heiden Dichterkunst Aus Scherz und Blindheit
angelogen, Günth.
Anmaaßen (W3) [Adelung]
Anmaaßen, S. Anmaßen.
Anmachen (W3) [Adelung]
Anmachen, verb. reg. act. welches nach den verschiedenen Bedeutungen
der Wörter an und machen auch von verschiedenen Gebrauche ist. 1) En
Ding mit dem andern verbinden, doch nur als ein allgemeiner Ausdruck,
der die eigentliche Art und Weise der Verbindung unbestimmt läßt, im
Gegensatze des Abmachens. Ein Band anmachen, anbinden, daran binden.
Die Segel anmachen, annageln, oder anhängen. Die Thür anmachen,
anlehnen. 2) + Heran machen, in der figürlichen, aber nur in den
niedrigen Sprecharten üblichen Bedeutung, für sich zudrängen, sich
einschmeicheln. Sich anmachen. Er weiß sich überall anzumachen. 3)
Hervor bringen, doch nur von dem Feuer. Feuer anmachen; wofür die
Oberdeutschen, Feuer schüren, anschüren, die Niedersachsen aber böten,
anböten sagen. Das letztere, welches im Angelsächsischen betan, im
Schwed. böta, in Altfranzös. bouter, im Italiän. buttare, lautet,
haben einige Oberdeutsche in büssen und anbutzen verwandelt. 4)
Anmischen, vermischen, besonders mit einem flüssigen Körper
anfeuchten. Zinnober mit Leimwasser anmachen. Den Kalk anmachen, mit
Wasser anfeuchten. Das Mehl zum Backen anmachen. In eingeschränkter
Bedeutung, durch einen fremden Zusatz verfälschen. Den Wein, das Bier
anmachen, verfälschen. Angemachter Wein, im Gegensatze des reinen,
unverfälschten Weines. Es scheinet, daß es in dieser Bedeutung nicht
so wohl von machen, facere, herkomme, als vielmehr von einem andern
Worte, welches den Begriff der Feuchtigkeit hat. Das Engl. muck. Koth,
und to muk, düngen, das Schwedische möka, und Isl. mykia, erweichen,
und andere, werden diese Muthmaßung erleichtern; wenn man nicht der
Bedeutung des Wortes machen, da es ehedem für verbinden, vereinigen
gebraucht wurde, den Vorzug geben will. An hat hier eine mildernde
Bedeutung, einen geringen Grad der Vermischung anzudeuten.So auch die
Anmachung, für die Handlung des Anmachens, in den meisten der obigen
Bedeutungen.
Anmahlen (W3) [Adelung]
Anmahlen, verb. reg. act. von mahlen, pingere. 1) + Im gemeinen
Leben, so viel als anstreichen, mit Farben bestreichen. 2) Durch
Mahlen verbinden. Eine Vorstellung an die andere anmahlen.
Anmahnen (W3) [Adelung]
* Anmahnen, verb. reg. act. zu etwas ermahnen. Einen zur Tugend
anmahnen. Einen durch sein Beyspiel zum Guten anmahnen. Du hast mich -
-- - dergleichen leichte Waaren Zu meiden angemahnt, Gryph. Es ist so
wie das Hauptwort die Anmahnung, in der guten Schreibart bereits
veraltet. Ermahnen, aufmuntern u. s. f. haben dessen Stelle
eingenommen.
Anmarsch (W3) [Adelung]
Der Anmarsch, des -es, plur. inusit ein Zwitter von dem Franz. Worte
Marche mit einem Deutschen Vorworte, die An-
rückung eines Haufens Soldaten auszudrücken. Im Anmarsche begriffen
seyn.
Anmarschiren (W3) [Adelung]
Anmarschiren, verb. reg. neutr. mit seyn, anrücken, heran ziehen,
doch nur von einem Haufen Soldaten.
Anmaschen (W3) [Adelung]
Anmaschen, verb. reg. act. bey den Jägern, die Netze anmaschen, sie
an die Leine fassen, damit sie können gestellet werden.
Anmaßen (W3) [Adelung]
Anmaßen, verb. reg. act. 1) Sich zu etwas erbiethen, sich dazu fähig
und bereit erklären; nur noch in den Rechten, wo man in den Urtheilen
mehrmahls lieset: daß Kläger dasjenige, so ihm zu erweisen aufgelegt,
und er sich angemaßet, zur Nothdurft erwiesen habe. 2) Sich
widerrechtlich zueignen, so wohl mit der zweyten, als auch mit der
vierten Endung der Sache. Sich der Regierung, sich eines Titels
anmaßen. Sich fremdes Lob, fremde Güter anmaßen. Er will sich noch
immer eine Gewalt über meinen Willen anmaßen. Sich des Scepters
anmaßen, Can. Die Verbindung mit der zweyten Endung ist die älteste,
und der Oberdeutschen Mundart vorzüglich eigen, welche eine große
Menge von Verbis mit der zweyten Endung der Sache zu verbinden pflegt,
und darin der Griechischen Sprache sehr nahe kommt. Die Hochdeutschen
haben diese Wortfügung abkommen lassen, und dafür in den meisten
Fällen die vierte Endung eingeführet. Daher ist es geschehen, daß auch
anmaßen am häufigsten mit dieser Endung verbunden wird. 3) * Einem
etwas anmaßen, für zumuthen, nur noch im Oberdeutschen. So auch die
Anmaßung, plur. die -en.
Anm. Die Abstammung dieses Wortes, welches im
Holländ. anmatigen, im Niedersächsischen aber anmaten und anmatigen
lautet, ist so ausgemacht noch nicht. Die meisten leiten es von Maß,
messen her, und erklären es, sich seinen Theil zumessen.
Wahrscheinlicher ist die in dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuche
Th. 3, S. 155. geäußerte Muthmaßung, daß es von Macht herkomme, und
mit dem alten Gothischen anamathian, bemächtigen, mit Gewalt
entreißen, einerley sey. Diese Vermuthung wird dadurch bestärket, daß
im Niedersächsischen undermagten und undermaten ehedem gleichfalls
bemächtigen und anmaßen bedeutet hat. Vermuthlich haben die
Oberdeutschen dieses Wort von den Niederdeutschen angenommen, und das
t, ihrer Gewohnheit nach, in den ihnen eigenen Zischlaut verwandelt.
Anmäßlich (W3) [Adelung]
* Anmäßlich, adj. et adv. der Anmaßung gleich, auf eine angemaßte
Art, ein Wort, welches den Kanzelleyen am geläufigsten ist, aber oft
irrig für das Particip. Passiv. angemaßet gebraucht wird, wie in
anmaßlicher Schutz, anmaßlicher Vortheil u. s. f.
Anmelden (W3) [Adelung]
Anmelden, verb. reg. act. einem melden. Einem etwas anmelden. Sich zu
etwas anmelden, persönlich anbiethen. Besonders in der Sprache des
Umganges, einem des andern Ankunft, oder Besuch melden. Sich bey einem
anmelden lassen, ihm seinen Besuch anfangen lassen. Er ist noch nicht
angemeldet worden. Er kam unangemeldet. Daher die Anmeldung.
Anmenge (W3) [Adelung]
Die Anmenge, S. Gemenge.
Anmengen (W3) [Adelung]
Anmengen, verb. reg. act. ein wenig vermengen. Den Lehmen mit Stroh
anmengen. Das Futter mit Schrot, mit Kleye anmengen. An hat hier die
mildernde Bedeutung, die in anmachen 4, anfeuchten, anmischen u. s. f.
gleichfalls Statt findet. So auch die Anmengung.
Anmerken (W3) [Adelung]
Anmerken, verb. reg. act. bedeutet nach Maßgebung des einfachen Verbi
merken: 1) An einem Gegenstande bemerken. Ich habe ihm seine Angst
längst angemerket. Man merkt ihm den Engländer noch immer an, man
merkt an ihm noch immer, daß er ein Engländer ist. 2) Als merkwürdig
aufzeichnen. Einen Tag in einem Kalender anmerken. Ich habe es in
einem Buche angemerket gefunden.
Anmerklich (W3) [Adelung]
Anmerklich, adj. et adv. welches für anmerkens-werth, merkwürdig
gebraucht wird, eine anmerkliche Begebenheit, aber im Hochdeutschen
beynahe veraltet ist.
Anmerkung (W3) [Adelung]
Die Anmerkung, plur. die -en. 1) Die Verrichtung des Anmerkens, in
welcher Bedeutung der Plural ungewöhnlich ist. 2) Was man angemerket,
an einem Gegenstande bemerket hat. Ich habe eine wichtige Anmerkung
gemacht. 3) Von der zweyten Bedeutung des Verbi, die Erläuterung einer
dunkeln Stelle in dem Hauptsatze; Scholion. Ein Buch mit Anmerkungen
heraus geben. Anmerkungen zu einer Schrift machen.
Anmessen (W3) [Adelung]
Anmessen, verb. irreg. act. S. Messen. 1) Eigentlich, an etwas
messen, daß Maß von einer Sache an einem nehmen, doch nur von
Kleidungsstücken. Einem ein Kleid, ein Paar Schuhe anmessen. Daher die
Anmessung. 2) Figürlich, mit einer andern Sache nach dem Grade ihres
Verhältnisses übereinstimmig machen. Man behielt den Stoff und maß ihn
bloß den mehr modernen Begebenheiten an. Am üblichsten ist hier das
Partic. Passiv. angemessen -er, -ste, die Übereinstimmung einer Sache
mit der andern nach dem Grade ihres Verhältnisses auszudrucken, für
völlig gemäß. Dieser Ausdruck ist seiner Denkungsart vollkommen
angemessen. Unsere Wißbegierde strebt nach Mannigfaltigkeiten; aber
die Einförmigkeit ist unserm eingeschränkten Wesen angemessener. Eine
Schreibart, die der Würde des Gegenstandes vollkommen angemessen ist.
In dem Lateine der mittlern Zeiten wurde admensurare auf eben dieselbe
Art gebraucht. Daher die Angemessenheit, der Zustand, da eine Sache
mit der andern nach den Graden ihres Verhältnisses genau überein
stimmt. Die Angemessenheit des Styles, wenn die Ausdrücke so wohl mit
der allgemeinen Absicht der Sprache, als mit den besondern Absichten
des Schreibenden, dem Gegenstande u. s. f. überein stimmen. Aber irrig
hat es Dusch in folgender Stelle gebraucht: Verse die nachgeahmet
sind, aber die Würde und Angemessenheit ihres Originals verloren
haben; wo der Genitiv fehlerhaft ist.
Anmischen (W3) [Adelung]
Anmischen, verb. reg. act. ein wenig vermischen. Den Wein mit Wasser
anmischen. Opitz übersetzt das, Interpone tuis interdum gaudia curis,
des Cato, durch: Den Sorgen mische dir bisweilen Freuden an, welche
Wortfügung aber im Hochdeutschen nicht nachgeahmet werden darf.
Anmurren (W3) [Adelung]
Anmurren, verb. reg. act. murrend ansehen, ingleichen figürlich, über
etwas murren. Sie murren die Fehler der Menschen an, Raben.
Anmuth (W3) [Adelung]
Die Anmuth, plur. car. 1) Die sanfte angenehme Empfindung, welche
durch den Genuß des guten hervor gebracht wird. Dann fühle ich ganz
die Anmuth häuslicher Sicherheit. Wie viele Anmuth des Lebens rauben
sich diejenigen, die sich aus Eigensinn zu einem ehelosen Stande
verdammen, Gell. O Anblick, der mich fröhlich macht, Mein Weinstock
ruft und Doris lacht, Und mir zur Anmuth wachsen beyde! Haged. Noch
häufiger aber, 2) diejenige Eigenschaft an den Gegenständen, welche
diese sanfte Empfindung hervor bringt, besonders so fern diese
Eigenschaften in das Auge fällt. Die Anmuth einer Gegend. Ein Garten
von besonderer Anmuth. Wüßten sie, wie viel Anmuth das Landleben bey
sich führet!Anm. Wachter hält Anmuth für ein neues Wort, das von
muthen, animum afsicere, herkomme, wenn es nicht gar aus dem Latein.
Amoenitas gemacht worden. Frisch glaubt, daß es aus Annehmede
entstanden, und rechnet es folglich zu nehmen, und annehmen. Beyde
kennen nur die zweyte Bedeutung in diesem Worte, und übergehen die
erste, die doch die ursprüngliche ist, völlig. Aber aus dieser
erhellet zugleich, daß Anmuth wirk-
lich aus Muth zusammen gesetzt ist. Dieses bedeute ehedem unter andern
auch, theils eine jede Begierde, theils aber auch Freude und
Vergnügen. Frisch selbst führet aus dem Leo Jud zwey Stellen an, in
welchen derselbe der Anmuth für Sinn, Begierde gebraucht, erkläret
aber dieses Wort irrig für veraltet, wozu ihn vermuthlich das
männliche Geschlecht, in welchem dieser Schriftsteller das Wort
gebrauchet, verleitet hat. Nur das Vorwort an macht hier einige
Schwierigkeiten, weil dessen eigentliche Bedeutung hier nicht sogleich
klar ist. Es kann, in so fern Muth hier Begierde und Verlangen
bedeutet, entweder die Richtung des Gemüthes auf den verlangten
Gegenstand andeuten, oder es kann auch, wenn Muth hier für Freude,
Vergnügen stehet, eine mildernde Kraft haben, und eine geringen Grad
der Freude ausdrücken, welches dem Verstande des Wortes Anmuth, so
fern es eine Empfindung bezeichnet, vollkommen angemessen ist, indem
Anmuth, Vergnügen, Freude u. s. f. nur dem Grade nach verschieden
sind. S. auch die beyden folgenden Artikel. Schilter führet aus dem
Steinhovel das Beywort anmin für anmuthig an, welches diese Ableitung
bestätiget; indem Min in dieser Zusammensetzung ohne Zweifel das alte
Minne, Liebe ist. Das Angelsächsische anmod für widerspänstig, hartnäckig, gehöret zu einer andern Bedeutung des Wortes Muth, noch
welcher es auch Zorn, Eifer, bezeichnete.Es ist sonderbar, daß Anmuth,
in so fern es eine Eigenschaft der Gegenstände ausdruckt, im
Hochdeutschen nur von solchen Dingen gebraucht wird, die durch das
Gesicht empfunden werden. In der Zusammensetzung des Wortes ist kein
Grund dazu vorhanden. Es rühret solches ohne Zweifel von einer bloßen
Unterlassung der Hochdeutschen her, die dieses Wort von den
Oberdeutschen bekommen haben, bey welchen es wirklich von allen
übrigen Sinnen üblich ist.
Anmuthen (W3) [Adelung]
Anmuthen, verb. reg. act. von einem begehren, verlangen, ihm zumuthen, doch nur im gemeinen Leben. Einem etwas anmuthen. Das möchte
ich ihm wohl anmuthen. Besonders, einem eine unerlaubte, unanständige
Sache zumuthen. Er muthete mir eine Niederträchtigkeit an. Kannst du
mir so was anmuthen? So auch das Anmuthen, das Verlangen einer
unanständigen Handlung, ingleichen, die Anmuthung. Eine unverschämte
Anmuthung.
Anm. Dieses Wort kommt von muthen, verlangen, begehren her, S. dieses Wort. Das Nieders. und Holländ. anmodigen haben nichts mit
diesem Worte zu thun, wie Wachter irrig glaubt, sondern sind zunächst
von muthig, bedeuten auch nur muthig machen, aufmuntern, anfeuern. Für
anmuthen waren ehedem auch muthen und gemuthen üblich. S. Frisch v.
Muth, und Haltaus v. Gemuthen. Im Theuerdank kommt anmüen für anmuthen
vor: Das ir In anmüet zu stechen, Kap. 99. Einem etwas anmuthen seyn,
für es ihm anmuthen, ist eine unartige Nachahmung des Nieders. anmoden
wesen.
Anmuthig (W3) [Adelung]
Anmuthig, -er, -ste, adj. et adv. Anmuth habend, oder Anmuth
erweckend, nicht nur von Gegenständen, die in das Gesicht, sondern
auch von solchen, die in das Gehör fallen. Eine anmuthige Gegend. Ein
anmuthiger Wald. Eine anmuthige Stimme. Eine anmuthige Musik. Anmuthig
lächeln. Er weiß eine jede Sache überaus anmuthig zu erzählen.
Anm. In
Oberdeutschland wird dieses Wort auch von dem Geruche, Geschmacke,
Gefühle und andern Gegenständen gebraucht, denen man im Oberdeutschen
das Beywort angenehm gibt. Frisch glaubt, Anmuth und anmuthig können
unter andern auch um deßwillen nicht aus Muth zusammen gesetzet seyn,
weil die von diesem Hauptworte abgeleiteten Beywörter das u in ein ü
ver-wandeln. Allein muthig und unmuthig thun solches gleichfalls
nicht, und die Niedersachsen, die in avermödig mismödig u. s. f. ein ö
haben, behalten das o in modig, sulfmodig und andern gleichfalls.
Anmuthigkeit (W3) [Adelung]
Die Anmuthigkeit, plur. inusit. der Zustand, da etwas anmuthig ist,
Anmuthig in der zweyten hat.
Anmuthsvoll (W3) [Adelung]
Anmuthsvoll, -er, -ste, adj. et adv. voll Anmuth. Eine anmuthsvolle
Gegend. O fliehe nicht, rief sie mit anmuthsvollem Ton, Miel.
Anna (W3) [Adelung]
Anna, genit. Annens, Dat. Annen, Diminutivum Annchen Ännchen, ein
weiblicher Taufnahme Hebräischen Ursprunges, welcher mit Hanna und
Johanna gleich bedeutend ist, und so viel als holdselig, gnädig
bedeutet.
Annadeln (W3) [Adelung]
Annadeln, verb. reg. act. mit einer Nadel befestigen, ein Wort,
welches vornehmlich bey den Schustern üblich ist wo die Überstämme mit
der Stämmnadel an das Oberleder angenadelt werden.
Annageln (W3) [Adelung]
Annageln, verb. reg. act. mit Nägeln befestigen. Ein Bret, ein Schloß
annageln. Er sitzt da, als wenn er angenagelt wäre. Daher die
Annagelung.
Annahen (W3) [Adelung]
Annahen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, nahe
kommen, heran nahen. Wenn der König mit dem Kriegsheere annahen wird.
Noch mehr aber in figürlicher Bedeutung. Der Sommer nahet an. Ostern
nahet an. Das annahende Alter. Die annahende Gefahr. Daher die
Annahung. S. auch Annähern.
Annähen (W3) [Adelung]
Annähen, verb. reg. act. durch Nähen, oder vermittelst einer Naht an
etwas befestigen. Ein Band, Manschetten, einen Streif annähen. Daher
die Annähung.
Annähern (W3) [Adelung]
Annähern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt,
und von dem Comparativo näher gemacht ist, übrigens aber mit annahen
einerley Bedeutung und Gebrauch hat. Die Truppen annähern lassen. Wie
wirst du zittern, wenn endlich der Tod annähern wird! Daher die
Annäherung.
Annahme (W3) [Adelung]
Die Annahme, plur. inusit. die Handlung des Annehmens in den
eigentlichen Bedeutungen des Verbi. Die Annahme des Geldes, eines
Geschenkes. Die Annahme eines Bedienten. Die Annahme an Kindes Statt
u. s. f.
Annalen (W3) [Adelung]
Die Annalen, sing. car. aus dem Lat. Annales, eine Geschichte nach
den Jahren, ohne alle andere Verbindung; Jahrbücher, im gemeinen Leben
eine Chronik. Daher der Annalist, des -en, die -en, der Verfasser
einer solchen Geschichte.
Annässen (W3) [Adelung]
Annässen, verb. reg. act. ein wenig naß machen, anfeuchten, wie
annetzen. Den Tobak annässen.
Annaten (W3) [Adelung]
Die Annaten, sing. car. in der Römischen Kirche, die Einkünfte Eines
Jahres von einer geistlichen Pfründe; besonders in so fern diese
Einkünfte bey Vergebung der Consistorial-Pfründen von dem ersten Jahre
nach des Inhabers Tode an den Pabst bezahlet werden müssen. Von den
Latein. Annata und dieß von dem Ital. un Annata, ein Jahr, und die
Einkünfte eines Jahres. S. du Fresne Gloss. h. v.
Annebst (W3) [Adelung]
Annebst, eine Oberdeutsche Partikel, für nebst oder benebst; S. diese
beyden Wörter.
Annehmen (W3) [Adelung]
Annehmen, verb. irreg. act. ( S. Nehmen,) welches nach Maßgebung des
einfachen Verbi nehmen, verschiedene, theils eigentliche, theils
figürliche Bedeutungen hat. Es bedeutet aber:1. Von einem andern in
Empfang nehmen, an sich nehmen, so wohl in der eigentlichsten
Bedeutung. Geld von einem annehmen. Geschenke annehmen. Eine
Bittschrift annehmen. Als auch in weiterer, für übernehmen. Einen
Dienst, ein Amt, eine Ehrenstelle annehmen. Einen Antrag; einen
Auftrag annehmen, ihn zu besorgen. Der Advocat hat die Sache
angenommen. Der Arzt will den Patienten, der Handwerks-
mann die Arbeit nicht annehmen. Ferner, eines Entschuldigung annehmen,
damit zufrieden seyn. Eines Besuch, eines Einladung annehmen, darein
willigen. Was sie da sagen, werde ich niemahls für Wahrheit, oder als
Wahrheit annehmen. Der Herr nimmt mein Gebeth an, erhöret dasselbe,
ist eine bloß biblische Redensart.In noch weiterer Bedeutung gebraucht
man annehmen in diesem Verstande auch von unvernünftigen und leblosen
Dingen. So sagen z. B. die Jäger: die Feldhühner nehmen den Schild an,
wenn sie dessen gewohnt werden, und sich nicht mehr davor fürchten.
Der Hund nimmt die Fährte an, wenn er fleißig auf derselben
fortsuchet. Der Wagen nimmt die Speise nicht an, wenn er sie aus
Schwäche wieder von sich gibt. Bey den Färbern nimmt das Zeug eine
Farbe nicht an, wenn diese nicht auf dasselbe haften will, und manche
Steine nehmen keine Politur an, wenn derselben nicht fähig sind.2. Mit
Einfluß auf den Willen annehmen, für das erkennen, wofür es ausgegeben
wird, und es so gebrauchen. Guten Rath annehmen, denselben billigen
und ihm folgen. Eines Lehren, Warnung nicht annehmen wollen. Er will
keinen Trost von mir annehmen. Gottes Wort annehmen, demselben
gehorchen. Auch diesen Befehl nehme ich an, so sauer er mir auch wird,
Gell.3. Sorge für etwas tragen, als ein Reciprocum und mit der zweyten
Endung der Sache. Sich einer Sache annehmen. Potiphar nahm sich keines
Dinges an. Er will sich keiner Sache annehmen, sich keine Sache
angelegen seyn lassen. Was dir Gott befohlen hat, deß nimm dich stets
an, Sir. 3, 23. Ingleichen in engerer Bedeutung thätigen Antheil an
jemandes Bedürfnissen nehmen, ihm Hülfe leisten. Ich habe mich seiner
treulich angenommen. Niemand will sich meiner annehmen.4. In
Verbindung mit sich nehmen. Ein armes Kind annehmen, an Kindes Statt,
oder doch es zu unterhalten. Einen zum Schwiegersohne annehmen. Einen
ungetreuen Bedienten wieder annehmen. Einen zu Gnaden annehmen.
Besonders, in seine Dienste nehmen. Einen Bedienten annehmen. Sich
einen Haushofmeister annehmen. Ingleichen, sich eines Dienste auf
gewisse Zeit anvertrauen. Einen Advocaten, einen Arzt, einen
Beichtvater, einen Sprachmeister u. s. f. annehmen.5. Sich eigen
machen. Eines Meinung annehmen. Er hat alle Irrthümer seines Lehrers
angenommen. Eine andere Religion annehmen. Besonders von Sitten und
Gewohnheiten, so wohl auf kurze Zeit. Christus nahm Knechtsgestalt an.
Sie können eine fremde Person vortrefflich annehmen, Gell. Einen
ernsthaften Blick gegen jemanden annehmen. Als auch auf immer, sich
angewöhnen. Eines Sitten annehmen. Er hat ein mürrisches Wesen
angenommen. Ohne Liebe nimmt das menschliche Herz Leicht einen Hang
zur Traurigkeit und zum Eigenwillen an, Gell. Auf ähnliche Art heißt
bey den Jägern, ein angenommener Stand des Wildpretes, derjenige, wo
sich Wildpret gewöhnlicher Weise aufzuhalten pflegt, im Gegensatze des
falschen Standes, den es nur auf kurze Zeit beziehet. In dieser
Bedeutung wird auch das Particip. Pass. zuweilen für verstellt
gebraucht. Sie hat eine angenommene Nachlässigkeit an sich. Eine
angenommene, oder verstellte Leutseligkeit. Die Ziege hört des Hasen
Klagen Mit angenommener Traurigkeit, Haged. 6. Mit dem Verstande
annehmen, zugeben, einräumen. Ich nehme diesen Satz nicht an, kann ihn
nicht einräumen. Das werde ich nimmermehr annehmen, zugeben. Die
Heiden neh-men mehr als ein göttliches Wesen an, sie behaupten es. Die
protestantische Kirche nimmt nur zwey Sacramente an.7. Aufnehmen,
auslegen. Sie werden das doch nicht für Ernst annehmen: Man nahm es
für Scherz an. Ich will es als geschehen annehmen.8. Auf sich deuten.
Das haben sie sich anzunehmen. Was du da sagst, kann ich mir
gleichfalls annehmen. Das werden sich mehrere annehmen können.
Anm.
Viele dieser Bedeutungen sind bloß buchstäbliche Übersetzungen des
Latein. accipere und assumere, durch welches Mittel die Deutsche
Sprache in den ältern und mittlern Zeiten mit so vielen figürlichen
Bedeutungen und Ausdrücken bereichert worden. Es mit einem annehmen,
z. B. Wohlan, so nimms an mit meinem Herrn, Es. 36, 8 für aufnehmen,
ist im Hochdeutschen nicht gewöhnlich. Dieses Wort wurde ehedem in
mehrern Fällen mit der zweyten Endung der Sache verbunden, als
heutiges Tages im Hochdeutschen geschiehet. Sich einer Rede annehmen,
sie auf sich deuten; sich großer Heiligkeit annehmen, dieselbe
vorgeben u. s. f. waren ehedem gebräuchliche Wortfügungen, und in
Oberdeutschland sind sie es zum Theile noch. Sich eines Rechtes
annehmen, bedeutete ehedem, sich dessen anmaßen, S. Haltaus h. v. und,
sich einer Sache annehmen, hieß auch so viel, als sich darüber
vergleichen; S. Fabeln aus den Zeiten der Minnes. Fab. 84. Das
Hauptwort die Annehmung, kann für die Handlung des Annehmens in allen
Bedeutungen gebraucht werden, nur in der dritten und achten nicht, wo
das Verbum Reciprocum ist.
Annehmlich (W3) [Adelung]
Annehmlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was angenommen werden kann,
angenommen zu werden verdienet. Annehmliche Bedeutungen. ein
annehmlicher Vorschlag. Ich halte diesen Antrag nicht für annehmlich.
Ein annehmlicher Käufer. 2) So viel als angenehm. Ein annehmliches
Frauenzimmer. Annehmliches Wetter. Annehmlich singen, tanzen, spielen
u. s. f. Sie hat etwas Annehmliches an sich, das man nicht nennen
kann.
Annehmlichkeit (W3) [Adelung]
Die Annehmlichkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, nach welcher
eine Sache annehmlich ist, in beyden Bedeutungen dieses Beywortes, und
ohne Plural. Die Annehmlichkeit eines Vorschlages, eines Antrages.
Ingleichen, die Annehmlichkeit einer Person, einer Gegend u. s. f. 2)
Eine annehmliche oder angenehme Eigenschaft in Concreto; mit dem
Plural. Es kann seyn, daß die Liebe viele Annehmlichkeiten hat, Gell.
Annesteln (W3) [Adelung]
* Annesteln, verb. reg. act. mit der Nestel oder Nadel anfügen; im
Hochdeutschen eben so unbekannt, als die Nestel selbst.
Annetzen (W3) [Adelung]
Annetzen, verb. reg. act. ein wenig benetzen. Etwas mit der Zunge,
mit Weine annetzen. So auch die Annetzung, und der Annetzpinsel der
Mäurer.
Anniethen (W3) [Adelung]
Anniethen, verb. reg. act. mit einem Niethe an etwas befestigen. Eine
Handhabe anniethen. Ein Stück Blech an das andere anniethen. Daher die
Anniethung.
Annisten (W3) [Adelung]
Annisten, verb. reg. act. sein Nest an etwas bauen. Wenn sich die
Schwalben an Felsen annisten.
Annoch (W3) [Adelung]
* Annoch, das durch das müßige an verlängerte Umstandswort noch,
welches im Hochdeutschen nur noch von den Kanzelleyen gebraucht wird.
S. An und Noch.
Anöhlen (W3) [Adelung]
Anöhlen, verb. reg. act. mit Öhl befeuchten. Angeöhlte Tücher.
Anomalie (W3) [Adelung]
Die Anomalie, (viersylbig,), plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Anomalia, die Abweichung von der gewöhnlichen Regel,
die Ausnahme von der Regel. Daher anomalisch, abweichend.
Anonymisch (W3) [Adelung]
Anonymisch, adj. et adv. aus dem Griech. und lat. anonymus,
ungenannt, nahmenlos.
Anordnen (W3) [Adelung]
Anordnen, verb. reg. act. 1) Von dem Franz. Ordre, Befehl,
anbefehlen, befehlen. Ein Gastmahl bey einem Wirthe anordnen,
bestellen. Einen Tag anordnen, fest setzen, bestimmen. In dieser
Bedeutung des Anbefehlens ist es im Oberdeutschen häufiger, als im
Hochdeutschen. 2) Von ordnen, Ordnung in eine Sache bringen, das
Mannigfaltige nach Regeln mit einander verbinden. Ein Gastmahl, ein
Hochzeit, einen Bau, eine Schlacht anordnen, alle Theile derselben
nach einem gewissen Verhältnisse bestimmen. Ein Gemählde, eine Rede,
ein Gedicht anordnen, die erfundenen Sachen in die gehörige Ordnung
bringen; in welchem Verstande man in dem Lateine der mittlern Zeiten
auch adordinare findet. So auch die Anordnung, besonders von der
Verbindung des Mannigfaltigen. Die Anordnung eines Baues, eines
Gemähldes, einer Rede, welche letztere man auch mit einem fremden
Nahmen die Disposition zu nennen pflegt.
Anpacken (W3) [Adelung]
Anpacken, verb. reg. act. heftig und hart angreifen. Packt mich nicht
so an. Die Häscher packten ihn auf öffentlicher Straße an. Der graße
Haufe pflegt daher einen Häscher auch wohl einen Packan zu nennen.
Ingleichen von den Hunden, für anfallen. Der Hund packt alle Leute an.
Figürlich auch wohl mit Worten angreifen, ingleichen anderen. Er packt
mich überall an, wo er mir nur begegnet. So auch die Anpackung.
Anpappen (W3) [Adelung]
Anpappen, verb. reg. act. bey den Buchbindern, mit Pappe, einem aus
Mehl verfertigten Kleister, ankleiben. Daher die Anpappung.
Anpassen (W3) [Adelung]
Anpassen, verb. reg. Es ist, 1) ein Neutrum, von welchem doch nur das
Particip. anpassend üblich ist, für etwas das einer Sache anpasset,
das gehörige Maß oder Verhältniß zu derselben hat, und von einigen
neuern Schriftstellern, obgleich nicht mit dem besten Geschmacke, für
das edlere angemessen gebraucht wird. Dieser Ausdruck, dieser Begriff
ist vollkommen anpassend.2) Ein Activum, anpassend machen, machen, daß
etwas das gehörige Verhältniß zu einer andern Sache habe, besonders
von Kleidungsstücken. Einem ein Kleid, ein Paar Schuhe anpassen. Da es
denn in Niedersachsen auch für anproben oder anprobiren gebraucht
wird. So auch die Anpassung. S. Passen.
Anpfahl (W3) [Adelung]
Der Anpfahl, S. Anfall.
Anpfählen (W3) [Adelung]
Anpfählen, verb. reg. act. mit Pfählen befestigen. Ingleichen, an
einem Pfahl befestigen. Den Weinstock anpfählen. Einen Missethäter
anpfählen, ihn spießen. So auch die Anpfählung.
Anpfeifen (W3) [Adelung]
Anpfeifen, verb. irreg. act. S. Pfeifen. Einen anpfeifen, ihm
entgegen pfeifen, zum Zeichen der Verachtung. Babel soll zum
Steinhaufen werden, zum Wunder und zum Anpfeifen, Jerem. 51, 37. Und
wer vorüber geht, pfeifet sie an, Zeph. 2, 15. Im Hochdeutschen ist
auspfeifen in diesem Verstande gewöhnlicher. Ehedem wurde es auch im
guten Verstande gebracht, für mit Pfeifen und Posaunen bewillkommen.
Anpflanzen (W3) [Adelung]
Anpflanzen, verb. reg. act. 1) Zur fünftigen Vermehrung pflanzen.
Bäume anpflanzen. 2) Den Anfang durch Pflanzen zu etwas machen. Einen
Garten, eine Wald anpflanzen. 3). Mit Gewächsen bepflanzen. Einen
Platz, eine Wiese anpflanzen. so auch die Anpflanzung.
Anpflöcken (W3) [Adelung]
Anpflöcken, verb. reg. act. mit Pflöcken an etwas befestigen. Die
Leinwand auf der Bleiche anpflöcken. Die Sohlen anpflöcken, bey den
Schustern. Daher die Anpflöckung.
Anpflügen (W3) [Adelung]
Anpflügen, verb. reg. act. durch Pflügen nähen. Eine Furche an die
andere anpflügen. Ein Stück Land seinen Acker anpflügen, durch Pflügen
mir seinem Acker verbinden. Daher die Anpflügung.
Anpichen (W3) [Adelung]
Anpichen, verb. reg. act. mit Pech an etwas befestigen. Er sitzt, als
wenn er angepicht wäre, steif und unbeweglich.
Anplätzen (W3) [Adelung]
Anplätzen, verb. reg. act. im Forstwesen, mit dem Waldhammer
bezeichnen, welches auch anlaschen, anschalmen, abplätzen genannt
wird.
Anplerren (W3) [Adelung]
+ Anplerren, verb. reg. act. mit aufgesperrtem Munde anschreyen.
Einen anplerren.
Anpochen (W3) [Adelung]
Anpochen, verb. reg. act. von pochen, klopfen, an etwas pochen. Wer
hat angepocht? an die Thür. Du mußt starker anpochen.
Anprallen (W3) [Adelung]
Anprallen, verb. reg. neutr. mit seyn, an etwas prallen. Der Ball
prallete an das Fenster an. Der Stein ist an die Wand angeprallt.
Figürlich, sich schnell und ungestüm nähern. Der Feind prallte
plötzlich an. Ein anprellender (besser anprallender) Feind, Less. Die
Geistlichen haben gemeiniglich das Unglück, daß der Witz satyrischer
Köpfe auf sie am meisten anprellt, (anprallt,) Raben. S. Anprellen.
Anpreisen (W3) [Adelung]
Anpreisen, verb. irreg. act. S. preisen, vor jemanden preisen, um ihn
dadurch zur Annehmung zu bewegen. Einem eine Waare anpreisen. Man hat
mir diesen Menschen sehr angepriesen. Daher die Anpreisung. In den
mittlern Zeiten wurde appretiari im Lateinischen gleichfalls für
anpreisen gebraucht.
Anprellen (W3) [Adelung]
Anprellen, verb. regul. 1) Activum, anprallen machen. Einen Ball an
das Fenster, einen Stein an die Mauer anprellen. So auch die
Anprellung. 2) Neutrum mit seyn, welche auch häufig für anprallen
gebraucht wird. Das an die Faschinen anprellende Wasser. Die
Grenadiers anprellen lassen. rasch anlaufen.
Anproben (W3) [Adelung]
Anproben, Anprobiren, verb. reg. act. das erste von Probe, das
letztere von dem Latein. probare, und den Deutschen an, an jemandes
Leibe probiren, oder versuchen, besonders von Kleidungsstücken. Einem
ein Kleid, ein Paar Schuhe anproben, oder anprobiren, sie ihm
anziehen, um zu sehen, ob sie gerecht sind. Bey den Schneidern auch
anstoßen. Ich habe dieses Kleid bereits anprobiret. Daher die Anprobe,
bey den Schneidern. S. auch Anversuchen und Anpassen.
Anputz (W3) [Adelung]
Der Anputz, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des Anputzens.
Kaum daß der Zofe Hand den langen Anputz endet, Zachar. Und hurtig
ward der Anputz, ebend. 2) Ein Collectivum, alles was von
Kleidungsstücken zum Anputze gehöret. Ein schöner, kostbarer, wohl
gewählter Anputz.
Anputzen (W3) [Adelung]
Anputzen, verb. reg. act. mit Kleidern schmücken. Eine Puppe
anputzen. Sich anputzen. Daher die Anputzung.
Anquicken (W3) [Adelung]
Anquicken, verb. reg. act. 1) In den Hüttenwerken, die zu Schlich
gemachten Gold- und Silbererze mit Quecksilber vermengen. S. Anquicken
und Quick. 2) Bey den Metallarbeitern, den Grund zum Vergolden mit
Quecksilber, welches in Scheidewasser getödtet worden, an oder auf dem
Metalle legen. So auch die Anquickung.
Anrainen (W3) [Adelung]
Anrainen, S. Anreinen.
Anrammeln (W3) [Adelung]
Anrammeln, verb. reg. act. an etwas rammeln, oder rammelnd
befestigen. Einen Pfahl an den anrammeln.
Anranken (W3) [Adelung]
Anranken, verb. reg. act. mit den Ranken an etwas befestigen. Erbsen,
Bohnen anranken. Die Wein ranket sich an das Spalier an. So auch die
Anrankung.
Anraspeln (W3) [Adelung]
Anraspeln, verb. reg. act. anfangen an etwas zu raspeln. Ein Stück
Holz anraspeln.
Anrathen (W3) [Adelung]
Anrathen, verb. reg. act. S. Rathen, durch guten Rath zu etwas zu
bewegen suchen. Den Frieden anrathen, zum Frieden rathen. Ich habe es
auf sein Anrathen gethan. Man wollte mir diesen Kauf nicht anrathen.
Daher die Anrathung.
Anm. In der R. A. einem zu etwas anrathen, d. i. rathen, ist an die
müßige Oberdeutsche Verlängerung. Das Substantiv der Anrath, ich habe
es auf seinen Anrath gethan, ingleichen das Bey- und Nebenwort
anräthig, einem anräthig seyn, ihm guten Rath ertheilen, sind
gleichfalls nur in Oberdeutschland üblich. Ehedem bedeutete anaraten
auch anklagen, ingleichen verrathen. S. Rath und Rathen.
Anrauchen (W3) [Adelung]
Anrauchen, verb. reg. act. Eine Pfeife Tobak anrauchen, den Anfang
mit Rauchen derselben machen, sie in Brand bringen.
Anräuchern (W3) [Adelung]
Anräuchern, verb. reg. act. 1) Rauch an etwas gehen lassen, besonders
wohl riechenden Rauch. Einen anräuchern. 2) Ein wenig räuchern. Die
Würste anräuchern, sie halb räuchern, damit sie sich halten.
Anrechnen (W3) [Adelung]
Anrechnen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, auf eines Rechnung
schreiben. Man hat mir zu viel angerechnet. Wie hoch rechnen wir das
Pfund hiervon an. In Oberdeutschland anraiten. 2) Figürlich. Einem
etwas als eine Wohlthat, oder zur Wohlthat anrechnen, fordern, daß er
es so ansehe, und dafür verbindlich sey. Es scheint, daß sie mir ihr
Knien hoch anrechnen, Weiße, mich dadurch ihnen sehr verbindlich zu
machen glauben. Ingleichen in weiterer Bedeutung für auslegen. Er
rechnet mir es als ein Verbrechen an. Ich rechne mir diesen Schritt
zur (als eine) Tugend an. Viele rechnen dem Menschen seine Neigung zur
Veränderung als eine Vollkommenheit. Die Wortfügung mit als ist der
mit zu, welche mehr Oberdeutsch ist, im Hochdeutschen vorzuziehen.
Daher die Anrechnung in beyden Bedeutungen.
Anrecht (W3) [Adelung]
Das Anrecht, des -es, plur. die -e, das recht des Anspruches an
etwas. Anrecht an etwas haben, Anspruch.
Anrede (W3) [Adelung]
Die Anrede, plur. die -n, die Handlung des Anredens, noch mehr aber
eine kurze Rede, die man an jemanden hält. Eine höfliche, eine
schlechte Anrede. Besonders eine kurze feyerliche Rede an jemanden,
zum Unterschiede von der längern Rede. Die Anrede thun. Eine Anrede an
jemanden halten.
Anreden (W3) [Adelung]
Anreden, verb. reg. act. 1) Einen anderen, die Rede an ihn richten,
zu ihm reden. Einen freundlich, höflich, hart anreden. Freund, den ich
nur in Gedanken anreden kann, Dusch. Einen öffentlich anreden, eine
öffentlich Rede an ihn halten. Einen um etwas anreden, wofür man doch
lieber ansprechen sagt. Zuweilen hat anreden besondere Nebenbegriffe
bey sich, welche die Absicht der Rede zugleich mit enthalten. So
bedeutet einen um etwas anreden, oft auch, ihn darum zur Rede setzen.
Wenn es mir nun gestohlen wird, wen soll ich darum anreden? Bey den
Buchdruckern redet der Herr den Gesellen an, wenn er ihm an einem
bestimmten tage, welcher daher der Anredetag genannt wird, den Antrag
thut folgende halbe Jahr bey ihm in Arbeit zu bleiben. 2) + Einem eine
Sache anreden, ihn bereden, selbige an sich zu bringen, im gemeinen
Leben.
Anregen (W3) [Adelung]
Anregen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, an etwas regen, es ein wenig
bewegen, in welcher Bedeutung aber dieses Wort nicht so bekannt ist,
als 2) in der figürlichen. (1) Mit Glimpf und Behutsamkeit zu etwas zu
bewegen suchen. Einen zu etwas anregen. Und dich vielmehr bey ihr zu
bleiben angeregt, Opitz. (2) Behutsam erinnern. Eine Sache nochmahls
anregen, wofür man doch lieber sagt, Anregung thun. (3) * Erwähnen,
anführen; am häufigsten im Oberdeutschen. Aus der von Ew. - angeregten
(erwähnten) Gewohnheit. Und sucht auch jemand gleich was anders
anzuregen, Opitz. anzuführen.Hiergegen streitet nicht, was erst ist
angeregt, ebend.So auch die Anregung, besonders in der Bedeutung einer
behutsamen Erinnerung. Anregung bey einem thun. Wegen einer Sache
nochmahls Anregung thun.
Anm. das Hauptwort der Anreger, in der ersten
figürlichen Bedeutung, ist außer der gemeinen R. A. Anreger genug,
aber wenig Arbeiter, nicht gebräuchlich.
Anreiben (W3) [Adelung]
Anreiben, verb. irreg. act. S. Reiben. 1) Anfangen an etwas zu
reiben. 2) Durch Reiben mittheilen. Eine die Krätze anreiben. 3) Eine
Sache ein wenig an die andere reiben. Den Puls mir Balsam anreiben. 4)
Den Goldschlich anreiben, in den Hüttenwerken, ihn mit Quecksilber
reiben, das Anquicken zu befördern.
Anreichern (W3) [Adelung]
Anreichern, verb. reg. act. welches nur in den Hüttenwerken üblich
ist, für reicher machen, und theils von armen geringhaltigen Erzen
gebraucht wird, wenn man ihnen reichhaltige Zuschläge gibt, theils
auch von armen Rohsteinen, wenn man sie zwey Mahl röstet und wieder
schmelzet, damit die Masse des Steines vermindert, und er folglich am
Silbergehalte reicher gemacht werde. Ein solcher Stein, der nach
zweymahligen Rösten und Schmelzen erfolgt, wird daher der
Anreicherstein, die Schlacken welche aus dieser Arbeit fällen,
Anreicherschlacken, die ganze Arbeit aber die Anreicherung oder
Anreicherarbeit, und der Ofen, worin sie geschiehet, der Anreicherofen
genannt.
Anreihen (W3) [Adelung]
Anreihen, verb. reg. neutr. in einer Reihe an etwas befestigen,
besonders an eine Schnur oder an einen Faden. Perlen, Korallen, Obst
anreihen, welches bey dem Obste mit einer dreyeckigen Anreihnadel
geschiehet. In Niedersachsen bedeutet anreihen auch mit weiten Stichen
annähen, welches die Hochdeutschen Schneider und Nähterinnen
anschlagen und anheften nennen. So auch die Anreihung.
Anreinen (W3) [Adelung]
Anreinen, verb. reg. neutr. mit haben, angrenzen, am häufigsten in
Oberdeutschland. S. Rein.
Anreißen (W3) [Adelung]
Anreißen, verb. irreg. act. S. reißen. 1) Anfangen an etwas zu
reißen. ein Stück Zeuges anreißen. In weiterer Bedeutung, einen
Holzhaufen, einen Sack mit Getreide anreißen, anbrechen, anfangen
davon zu nehmen. 2) In einigen Fällen ist so viel wie abzeichnen. So
reißen die Stuhlmacher die Zapfen an, wenn sie selbige mit dem
Pfriemen abzeichnen. Der Anreißer der Goldschmiede ist ein oben
krummes Werkzeug, die Patrone auf dem Gießsande damit anzureißen. So
auch die Anreißung.
Anreiten (W3) [Adelung]
Anreiten, verb. irreg. S. Reiten. Es ist:1. Ein Neutrum, welches seyn
zu sich nimmt. 1) Im Reiten an etwas stoßen. An einen Baum, an eine
Mauer anreiten. Daher figürlich, doch nur im gemeinen Leben, übel
anreiten, schlecht ankommen, übel empfangen werden. 2) Heran reiten,
sich zu Pferde nähern, ein Wort welches ehedem sehr häufig von der
Reiterey gebraucht wurde, S. auch Antritt. 3) im Reiten an einem Orte,
oder bey einer Person anhalten. Ich bin unter Weges bey meinem Bruder
angeritten. 4) + Angeritten kommen, im gemeinen Leben, zu Pferde
ankommen, heran reiten.2. Ein Activum. Ein Pferd anreiten, es zum
ersten Mahle beschreiten, damit es den Reiter lerne.
Anm. Anraiten
kommt schon bey dem Stryker vor. Im Theuerdank wird eine anreiten, für
auf ihn zu reiten gebraucht.
Anreitzen (W3) [Adelung]
Anreitzen, verb. reg. act. zu etwas reitzen, zu einem starken Grade
der Thätigkeit bestimmen. Eines Begierde anreitzen. Einen durch sein
Beyspiel zur Tugend anreitzen. Besonders zum Bösen reitzen. Einen zum
Aufruhre, zum Zorne anreitzen. Daher die Anreitzung, so wohl von der
Handlung des Anreitzens, als auch von derjenigen Sache, welche zur
Reitzung dienet.
Anm. Anregen, anmachen, anreitzen, anspornen, antreiben, sind bloß
nach dem Grade der Stärke der gebrauche Bewegungsgründe verschieden.
Die Gemeinen Mundarten haben eine Menge anderer Wörter, die Bewegung
zu einer Handlung nach allen Schattirungen der Stärke und Schwäche
auszudrücken. Zum Beyspiel mögen das Nieders. schüren, anschüren,
purren, anpurren, puttern, anputtern, proien, anproien, anspuden,
antobbern, anharden, und das Oberdeutsche anstören, anstirlen,
stupfen, weigeln, fretten, anschirgen, und das bey beyden übliche
schunden, schünden, und anschünden dienen, von welchem alten Worte
Schilters Gloss. v. Scundan, und Ihre Gloss. v. Skynda und Tillskyndan
nachgesehen werden können.
Anrennen (W3) [Adelung]
Anrennen, ein Verbum, welche in doppelter Gestalt üblich ist.1. Als
ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, und irregulär
conjugiret wird; S. Rennen. 1) Im Rennen an etwas stoßen. An einen
Baum, an eine Mauer anrennen. Er ist an mich angerannt. Figürlich,
doch nur im gemeinen Leben, du wirst übel anrennen, übel ankommen,
übel empfangen werden. 2) Heran rennen, doch nur mit dem Verbo kommen,
Angerannt kommen. Und jeder Freund kam angerannt, Haged.- Da kamen
zween MolossenIn voller Wuth, laut bellend angerannt, Weil. 2. * Als
ein Activum mit regelmäßiger Conjugation, für anlaufen. Einen
anrennen, auf ihn zu rennen, besonders in feindlicher Absicht. Das
Fußvolk strebt Den wilden Haufen anzurennen, Günth. Sie wurden aus
verborgenen Hinterhalten angerennet, Bluntschli. Ingleichen figürlich:
Ob mich gleich viel Trübsal angerennet, Opitz. In dieser ganzen
thätigen Gattung ist dieses Zeitwort außer Oberdeutschland wenig
üblich.
Anrichte (W3) [Adelung]
+ Die Anrichte, plur. die -n, in den Küchen einiger Gegenden, ein
oben und unten mit Schränken und Fächern versehener Tisch, die Speisen
darauf anzurichten; vollständig der Anrichttisch, Nieders. die
Richtebank.
Anrichten (W3) [Adelung]
Anrichten, verb. reg. act. 1) zum Gebrauche in die gehörige Ordnung
legen; am häufigsten von den Speisen. Die Speisen anrichten, in den
Küchen, sie ordentlich in die Schüssel legen, und zum Auftragen
geschickt machen. Die Suppe, die Fische anrichten. Einem anrichten,
oder für einen anrichten, die ihm gehörigen Speisen auf den Tisch
schaffen. Dieses Anrichten geschiehet vor der Anrichte oder dem
Anrichttische vermittelst des Anrichtlöffels. Das Kupfer anrichten, in
den Schmelzhütten, es zur Seigerung vorbereiten. Das Holz anrichten,
bey den Zimmerleuten, es gehörig verlängern oder abkürzen. 2) In der
gehörigen Ordnung entstehen machen. Eine Schule, eine Akademie, eine
Handlung anrichten, in welchen Fällen doch errichten im Hochdeutschen
gebräuchlicher ist. Eine Hofhaltung, eine Haushaltung, ein Gastgeboth
anrichten, wofür man doch lieber einrichten sagt. 3) Hervor bringen,
entstehen machen. O was werde ich für Freude anrichten! Weiße. Den
Glauben in den Menschen anrichten, in der Theologie. Besonders von
nachtheiligen, unangenehmen Dingen. Böses anrichten, Aufruhr,
Unglücklich, Zank, Unruhe, Lärmen, Ärgerniß, Unheil, Schaden Verdruß
anrichten. Was hast du angerichtet? Es war mir unmöglich, ein Zeuge
des Jammers zu seyn, den ich angerichtet hatte, Dusch. Sie möchten
sonst denken, ich wollte nur Feindschaft anrichten. Er möchte sonst
gar zu große Handel anrichten, Gell. Er muß diese Kleine Verwirrung
mit Fleiß angerichtet haben, ebend.
Anm. Die eigentliche Bedeutung
dieses Wortes ist vermuthlich verloren gegangen. S. Richten. Anariten
für zubereiten, findet sich schon bey dem Notker.
Anrichter (W3) [Adelung]
Der Anrichter, des -s, plur. ut. nom. sing. 1) In den Seigerhütten
der Schichtmeister oder Factor, der die Metalle probiret, die
Beschickung einrichtet, und die Aufsicht über die Arbeiter führet. 2)
In den Küchen, ein flaches blechernes Werkzeug, die Speisen damit
anzurichten.
Anrichtung (W3) [Adelung]
Die Anrichtung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Anrichtens, in
allen Bedeutungen des Verbi. 2) Bey den Uhrmachern, ein gewisses Werk
zwischen der Uhrscheibe und dem Rädergehäuse, welches das Geh- und
Schlagewerk bestimmet, die Stunden und Minuten zu zeigen; Franz la
Cadrature, sonst auch das Vorlegewerk.
Anriechen (W3) [Adelung]
Anriechen, verb. irreg. S. Riechen. 1. + Ein Neutrum, welches das
Hülfswort haben erfordert, seinen Geruch an etwas gehen lassen, doch
nur im gemeinen Leben. Der Käse riecht mich an. Die Speise riecht mich
gut an. 2. Ein Activum. 1) An etwas riechen. Einen anriechen. 2) Aus
dem Geruche erkennen. Man riecht es ihm schon an, wo er gewesen ist.
Anritt (W3) [Adelung]
Der Anritt, des -es, plur. inusit der Anzug, die Annäherung zu
Pferde, ein Wort, welches ehedem sehr häufig von dem ersten Anzuge der
gewordenen oder in sold genommen Reiterey üblich war. Daher das
Anrittsgeld, plur. von mehrern Summen, die -er, der Sold, welchen man
ehedem der Reiterey für den ersten Anzug bezahlte; da es denn in der
Folge auch wohl von dem ersten Anzuge des angeworbenen Fußvolkes
gebraucht wurde. Noch jetzt werden diejenigen Gelder, welche einem
Fürsten für die Stellung, Bewehrung und Bekleidung der in eines andern
Sold überlassen Regimenter zu Pferde und zu Fuße bezahlet werden,
Anrittsgelder genannt.
Anritzen (W3) [Adelung]
Anritzen, verb. reg. act. an etwas ritzen, ein wenig beritzen. Einen
Baum anritzen.
Anrollen (W3) [Adelung]
Anrollen, verb. reg. 1. Activum, auf etwas rollen. Bey den Jägern
rollen die Hunde das wild an, wenn sie selbiges anbellen, aber nicht
verfolgen. 2. Neutrum, sich rollen nähern, doch nur mit kommen, in der
vertraulichen Sprechart. Da kommt ein Muschelwagen Auf leichten Rädern
angerollt, Wiel.
Anrosten (W3) [Adelung]
Anrosten, verb. reg. neutr. mit seyn, durch den Rost an etwas
befestigt werden. Der Ring ist an der Stange angerostet.
Anrotten (W3) [Adelung]
* Anrotten, S. Anlegen. 1. 2. 3).
Anrüchtig (W3) [Adelung]
Anrüchtig, -er, -ste; adj. et adv. in den Rechten, ein wenig
berüchtigt, geringer Verbrechen. oder einer unanständigen Lebensart
wegen, besonderer Ehren unwürdig, aber doch nicht ehrlos. Ein
anrüchtiger Mensch. Durch etwas anrüchtig werden. S. Berüchtigt,
ingleichen Rügen, von welchem dieses Wort ohne Zweifel abstammen. An
hat hier die mildernde Bedeutung, einen geringen Grad der Ehrlosigkeit
anzudeuten.
Anrüchtigkeit (W3) [Adelung]
Die Anrüchtigkeit, plur. die -en. 1) Die anrüchtige Beschaffenheit
einer Person oder Sache; ohne Plural. 2) Ein Verbrechen oder Umstand,
welcher anrüchtig macht.
Anrucken (W3) [Adelung]
Anrucken, auch häufig Anrucken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte
seyn, sich ruckweise nähern, und in weiterer Bedeutung, sich langsam
nähern. Der Feind ruckt an. Die Armee ist angeruckt. Rücken sie doch
näher an, an den Tisch. In noch weiterer Bedeutung, sich nähren. Der
Winter rückt an. S. Rucken. Daher die Anruckung und Anrückung.
Anrücken (W3) [Adelung]
Anrücken, verb. reg. act. ruckweise nähern bringen. Den Tisch
anrücken, an die Wand. Den Stuhl anrücken, an den Tisch. Daher die
Anrückung. Anrucken sollte eigentlich das Neutrum
und Anrücken das Activum seyn, S. Rucken und Rücken; allein im
Hochdeutschen gebraucht man das letztere gern für beyde Formen.
Anrudern (W3) [Adelung]
Anrudern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
sich durch Rudern nähern. Mit dem Kahne anrudern. An das Land
anrudern. Angerudert kommen, in der vertraulichen Sprechart.
Ingleichen, im Rudern an etwas stoßen. An einen Baum anrudern.
Anrufen (W3) [Adelung]
Anrufen, verb. irreg. act. S. Rufen. 1) Den Ruf an jemanden richten.
Einen anrufen. Die Schildwache rief uns an. Figürlich, um Erweisung
der Wohlthat zu jemanden rufen, ihn laut und dringend darum bitten.
Einen um Schutz anrufen. Den Richter um Recht anrufen. Gott um Hülfe
anrufen. 2) Heran rufen herbey rufen. Einen auf öffentlicher Gasse
anrufen. Figürlich. Einen zum Zeugen anrufen. Gott zum Zeugen seiner
Unschuld anrufen. So auch die Anrufung in beyden Bedeutung, besonders
in der ersten figürlichen, der lauten und dringenden Bitte an
jemanden. Die Anrufung Gottes, die Anrufung seines Nahmens.
Anm.
Anaruofen ist nach dem Lateinischen invocare gebildet, und kommt so
wohl in der eigentlichen als figürlichen Bedeutung schon bey dem
Ottfried und Notker vor. Das Hauptwort der Anrufer, welches Richt. 15,
19 gebraucht wird, ist nicht gewöhnlich.
Anrufsbrief (W3) [Adelung]
Der Anrufsbrief, des -es, plur. die -e, in den Oberdeutschen
Gerichten, besonders bey dem Hofgerichte zu Rothweil, ein
Bittschreiben des weltlichen Gerichtes an den geistlichen Richter,
wider einen halsstarrigen Geächteten mit dem geistlichen Banne zu
verfahren; Latein. Supplicatoria.
Anrühmen (W3) [Adelung]
Anrühmen, verb. reg. act. in eines Gegenwart rühmen, um ihn zur
Annehmung der gerühmten Sache zu bewegen. Einem seine Waare anrühmen.
Man hat mir diesen Menschen sehr angerühmt. So auch die Anrühmung.
Anrühren (W3) [Adelung]
Anrühren, verb. reg. act. 1) An etwas rühren, dessen Seitenfläche
berühren. Einen anrühren. Etwas mit der Hand, mit den Fingern, mit
einem Stecken anrühren. Rühre mich nicht an. Figürlich, so wohl
beleidigen, feindlich antasten, eines Ehre, guten Nehmen anrühren,
doch nur im gemeinen Leben; als auch für erwähnen, doch nur in
Oberdeutschland, und in den Kazelleyen. Der angerührte, oben
angerührte Umstand.2) Daran rühren, d. i. durch Rühren mit etwas
vermischen, in den Küchen. Mehl mit Milch anrühren. Das Mehl anrühren,
es mit einem flüssigen Körper zu einem Teige machen. 3) Bey den
Vogelstellern, an die Ruhr oder Rege befestigen. Einen Vogel anrühren.
S. Ruhr.So auch die Anrührung in allen drey Bedeutungen.
Ans (W3) [Adelung]
Ans, die mit dem Artikel das zusammen gezogene Präposition an, für an
das. Ans Licht bringen. Ans Fenster treten. Bis ans Ende der Welt.
Diese Zusammenziehung ist in der Sprache des Umganges am häufigsten,
sollte aber in der edlern und höhern Sprech- und Schreibart billig
vermieden werden.
Ansacken (W3) [Adelung]
+ Ansacken, verb. reg. act. angreifen und fest halten, im gemeinen
Leben. Einen auf der Gasse ansacken, antreffen und mit sich führen.
Vielleicht aus dem Wendischen Ssaham, fangen, fassen, im Imperf.
Ssach.
Ansäen (W3) [Adelung]
Ansäen, verb. reg. act. 1) Anfangen zu säen. 2) So viel als besäen.
Den Acker, das Feld ansäen, in der Landwirthschaft. Beyden Gärbern und
Kürschnern bedeutet ansäen, die Felle inwendig, oder auf der
Fleischseite, mit Mehl bestreuen, nachdem sie vorher mit Schrot
abgesäet worden; eine Verrichtung, welche auch einsäen genannt wird.
3) Zur fünftigen Entstehung säen.Wälder ansäen, Holzsamen ausstreuen,
damit daraus in Zukunft Wälder werden. Daher die Ansäung.
Ansage (W3) [Adelung]
Die Ansage, plur. die -n, 1) Die Handlung des Ansagens; ohne Plural.
Eine Ansage thun, oder thun lassen. In die Ansage bringen, auf dem
Reichstage zu Regensburg, bekannt machen, daß es in Vortrag kommen
soll. 2) Dasjenige, was angesaget wird.
Ansagen (W3) [Adelung]
Ansagen, verb. reg. act. durch Worte bekannt machen. Einem etwas
ansagen, oder etwas bey einem ansagen. Eine Leiche ansagen. Sein
Vermögen ansagen, angeben, anzeigen. Zu Rathe ansagen, zu einer
Versammlung des Rathes berufen. Daher die Ansagung, und der
Ansagezettel, bey dem Reichstage zu Regensburg, ein Zettel, worin der
Mainzische Directorial-Gesandte die Materien bekannt machet, über
welche gerathschlaget werden soll.
Anm. Ansagen wird heut zu Tage im
Hochdeutschen nur noch in einigen wenigen Fällen einer feyerlichen
oder auf Befehl eines Höhern geschehenen Bekanntmachung gebraucht. In
andern Fällen gebraucht man lieber das einfache sagen. Es ist daher so
wohl der Ausdruck sag an, d. i. sage her, als auch die Bedeutung des
Anmeldens, einen ansagen, im Oberdeutschen üblicher, als im
Hochdeutschen. Beyde kommen schon im Theuerdank vor. Z. B. Ließ sich
den Helden sagen an. Ingleichen: Sag an, was will du doch mich
underwisen. Der letzte Ausdruck kommt auch in der Deutschen Bibel
mehrmahls vor; z. B. Hiob. 34, 33. Weißest du nun was, so sag an. Daß
ansagen ehedem auch so viel als anklagen, ingleichen, einen Einwurf
machen, bedeutet habe, erhellet theils aus Boners Fabeln, theils aus
Schilters Gloss. und den daselbst aus dem Pez angeführten Beyspielen.
Ansägen (W3) [Adelung]
Ansägen, verb. reg. act. anfangen an etwas zu sägen, ein wenig an
etwas sägen. Ein Bret ansägen. Daher die Ansägung.
Ansässig (W3) [Adelung]
Ansässig, adj. et adv. angesessen, d. i. mit liegenden Gründen, oder
unbeweglichen Gütern an einen Ort gebunden. Ein ansässiger Einwohner.
Er ist allhier ansässig.
Anm. einige wollen dieses Wort ansessig
geschrieben wissen, weil die meisten von sitzen abgeleiteten Wörter
ein e haben, als gesessen, seßhaft, Sessel, u. s. f. Allein ansässig
kommt nicht zunächst von sitzen, sondern von dem Substantive Saß her.
Ansaß bedeutete ehedem ein jedes unbewegliches Gut, hernach aber auch
besonders ein Stammgut S. Schilters Gloss. v. Anses. Für ansässig ist
indessen auch angesessen, feßhaft, (in Niedersachsen beseten,)
erbgesessen u. s. f. üblich. Ehedem war auch sadelhaft bekannt. So
fern jemand nur mit einem Hause angesessen ist, wird er in
Oberdeutschland auch haushablich, haussässig, behaust, und in
Niedersachsen haussittend genannt. S. auch Haltaus v. Immann, Insaß,
und im Supplem. v. Ansete, und Ölrichs Gloss. ad Stat. Bremens. v.
Beseten.
Ansässigkeit (W3) [Adelung]
Die Ansässigkeit, plur. inusit. 1) Die Eigenschaft, nach welcher
jemand an einem Orte ansässig ist. 2) * Eine Art einer Auflage und
deren Vertheilung über die Einwohner einer Gegend; eine Bedeutung,
deren Steinbach erwähnet, und welche vielleicht nur in Schlesten
üblich ist.
Ansatz (W3) [Adelung]
Der Ansatz, des -es, plur. die -sätze, von dem Verbo ansetzen.1. Die
Handlung des Aufsetzens, so wohl des Neutrius, als auch in einigen
Bedeutungen des Activi; ohne Plural. Besonders, 1) * der Angriff, ein
feindlicher Anfall. Einen Ansatz thun. Der erste Ansatz ist der
hitzigste. Der Ansatz einer Krankheit. Diese Bedeutung gehöret im
Hochdeutschen bereits unter die ver-
alteten, und wird zuweilen nur im Oberdeutschen gehöret. 2) Das
Ansetzen des Mundes an Blase-Instrumente, und die Art und Weise, wie
solches geschiehet. Er hat einen guten, einen schlechten Ansatz. In
figürlicher Bedeutung; doch nur im vertraulichen Scherze, natürliche
Fähigkeit, Geschicklichkeit zu etwas. Er hat einen guten Ansatz zum
trinken. Es scheinet, daß er einem ziemlichen Absatz zur Narrheit hat.
3) etwas in Ansatz bringen, in die Rechnung, in die Taxe. Nach dem in
der Taxe befindlichen Ansatze, wie die Sache in der Taxe angesetzet
oder geschätzet worden. 4) * In den Oberdeutschen Gerichten, besonders
in Österreich, die gerichtliche Einsetzung des Gläubigers in die Habe
des Schuldners, doch nur in so fern er die Verwahrung, nicht aber den
Genuß derselben bekommt, welche in andern Gegenden auch die Anleite
genannt wird; S. dieses Wort. Im Hildesheimischen verstehet man unter
Ansatz eine jede gerichtliche Einweisung in liegende Gründe, auch wenn
sie erkauft oder auf andere Art erworben worden.2. Alles dasjenige,
was an etwas anderes angesetzet wird, oder angesetzet worden. So heißt
bey dem Ausbohren der Pumpenröhren, diejenige eiserne Stange, welche
an die Bohrstange angesetzet wird, ein Ansatz, und zuweilen führet
diesen Nahmen auch dasjenige Land, welches ein Strom an einem Orte
ansetzet, oder anspület; S. auch Anschütt. Auf großen Schiffen ist der
Ansatz der oberste Theil des Vorderstevens, der bis an die Gallion
reicht. An den Blase-Instrumenten sind die Ansätze Stücke, welche
angesetzet werden, selbige höher oder tiefer zu stimmen. Wenn aber das
Mundstück an solchen Instrumenten der Ansatz genannt wird, so
bezeichnet es hier eigentlich den Ort, wo der Mund angesetzet wird. In
der Zergliederungskunst verstehet man unter Ansätze, Epiphyses, alle
diejenige kleinen lockern Knochen, welche durch Knorpel an größere
anwachsen, so wie ein bloß hervor ragender Theil eines Knochens ein
Fortsatz, Apophysis, genannt wird. In figürlicher Bedeutung nennet man
auch unterschiedene Erhöhungen an einem Körper Ansätze, weil es
scheint, als wenn sie wirklich angesetzet worden. Dahin gehöret der
Ansatz an einer Kanone, oder der dickere Theil derselben; der Ansatz
an den Thürangeln, d. i. der Rand um den Zapfen, auf welchem das
Gewinde des Bandes ruhet, und andere dergleichen Ansätze mehr.
Ansäuern (W3) [Adelung]
Ansäuern, verb. reg. act. in der Hauswirthschaft und bey den Bäckern,
ein wenig sauer machen, den Teig mit Sauerteige vermischen, welches
auch einsäuern genannt wird.
Ansaugen (W3) [Adelung]
Ansaugen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert,
S. Saugen. 1) Anfangen zu saugen. 2) Sich durch Saugen an etwas
befestigen. Der Blutigen hat sich fest angesogen. 3) + Sich ansaugen,
im gemeinen Leben, sich voll saugen. So auch die Ansaugung.
Anschaben (W3) [Adelung]
Anschaben, verb. reg. act. anfangen an etwas zu schaben, mit der
vierten Endung der Sache.
Anschaffen (W3) [Adelung]
1. Anschaffen, verb. reg. act. von schaffen, befehlen, machen, daß man
etwas bekomme, herbey schaffen, d. i. Sorge tragen, daß etwas zu
künftigem Gebrauche vorhanden, sey. Holz auf den Winter anschaffen.
Sich Kleider, Bücher, ein Haus, einen Garten anschaffen. So auch die
Anschaffung.
Anm. In Oberdeutschland, wo schaffen, für befehlen, noch
gäng und gebe ist, bedeutet anschaffen so viel als anbefehlen,
ingleichen zur Arbeit antreiben, und Anschaffer ist daselbst ein
Aufseher über die Arbeiter, der sie antreibet. In andern Oberdeutschen
Gegenden wird anschaffen für bestellen gebraucht: z. B. ein Paar
Schuhe anschaffen, wofür man um Nürnberg anfrümen sagt.
Anschaffen (W3) [Adelung]
2. Anschaffen, verb. irreg. act. von schaffen, creare, in und bey der
Schöpfung mittheilen. Gott hatte dem ersten Menschen sein Ebenbild
angeschaffen. Die angeschaffene Unschuld desersten Menschen. Es ist
indessen im Hochdeutsche selten. S. Anerschaffen.
Anschäften (W3) [Adelung]
Anschäften, verb. reg. act. mit einem Schafe versehen. Ein Gewehr
anschäften, eine Schaft daran setzen. Ein Paar Stiefeln anschäften,
sie mit neuen Schäften versehen. Die Halbsparren anschäften, bey den
Zimmerleuten, sie an die Sparren annageln. Daher die Anschäftung.
Anschälen (W3) [Adelung]
Anschälen, verb. reg. act. anfangen an etwas zu schälen, ein wenig
beschälen. Einen Apfel anschälen. Daher die Anschälung.
Anschalmen (W3) [Adelung]
Anschalmen, verb. reg. act. in dem Forstwesen einiger Gegenden,
besonders in Pommern und der Mark, so wie anlaschen, d. i. einen Baum
vermittelst des Anschälens zeichnen. S. Abschalmen und Schalm. Daher
die Anschalmung.
Anschanzen (W3) [Adelung]
Anschanzen, verb. reg. act. in dem Bergbaue, Anstalt machen, daß die
Arbeiter anfangen können zu arbeiten. S. Schanze. Daher die
Anschanzung.
Anscharen (W3) [Adelung]
Anscharen, verb. reg. recipr. von Schar, sich scharweise nähern oder
verbinden; nur im Bergbaue, wo Gänge oder Klüfte sich anscharen, wenn
mehrere derselben sich in Einen vereinigen, wofür auch das einfache
sich scharen gebraucht wird. S. dasselbe.
Anschärfen (W3) [Adelung]
Anschärfen, verb. reg. act. von schärfen, streifen. Mit der Hand ein
wenig an die Mauer anschärfen, anstreifen. S. 1. Schärfen.
Anscharren (W3) [Adelung]
Anscharren, verb. reg. act. anfangen zu scharren; ingleichen durch
Scharren einer andern Sache nähern, besonders von den Hühnern.
Anschauen (W3) [Adelung]
Anschauen, verb. reg. act. welches 1) mit ansehen einerley Bedeutung
und Gebraucht hat, auch in Oberdeutschland dessen Stelle völlig
vertritt. Im Hochdeutschen ist diese Wort in den gemeinen Sprecharten
wenig bekannt; nur in der höhern Schreibart, und wenn man mit oder von
Personen redet, denen man Ehrerbietigkeit schuldig ist, hält man es
für edler als ansehen. S. Schauen. 2) In weiterer Bedeutung wird
dieses Wort auch überhaupt für empfinden gebraucht, ohne dasselbe auf
die Empfindung des Sehens allein einzuschränken. In dieser Bedeutung
reden die Gottesgelehrten von dem Anschauen Gottes in jenem Leben, und
in der Philosophie verstehet man durch die anschauende Erkenntniß,
eine jede Erkenntniß, die wir durch Empfindung erlangen, oder da wir
uns die Sache selbst oder doch ihr Bild vorstellen, die sinnliche,
bildliche Erkenntniß, im Gegensatze der symbolischen, da man eine
Sache unter Worten oder anderen Zeichen denkt. Eine Sache anschauend,
d. i. sinnlich, erkennen. Daher die Anschauung, in der ersten
eigentlichen Bedeutung.
Anm. Anascouuen, Anscouuen kommt schon bey dem
Ottfried, Tatian und andern Fränkischen und Alemannischen
Schriftstellern vor, und das Substantiv Anscouungo war zu Notkers
Zeiten gleichfalls bekannt.
Anschaulich (W3) [Adelung]
Anschaulich, -er, -ste, adj. et adv. in dem Anschauen, der
unmittelbaren Empfindung durch das Gesicht, gegründet, bildlich, und
in weiterer Bedeutung, in unmittelbarer Empfindung gegründet,
sinnlich. Die anschauliche Erkenntniß, wie anschauende. Daher die
Anschaulichkeit, plur. inusit.
Anscheer (W3) [Adelung]
Die Anscheer, S. Anschere.
Anscheeren (W3) [Adelung]
Anscheeren, S. Anscheren.
Anschein (W3) [Adelung]
Der Anschein, des -es, plur. inusit. die äußere Wahrscheinlichkeit
eines gewissen Erfolges. Es ist aller Anschein dazu da. Es ist vieler
Anschein zum Kriege, zu einem Fieber, vorhanden. Es hat nicht den
Anschein dazu. Es gewinnet den Anschein, als wenn u. s. f. für Schein,
die äußere Gestalt eines Dinges. Ich verehre in ihnen auch den
Anschein von Billigkeit. Die Einbildungskraft verändert die Natur
und den Anschein der Dinge. Wenn mich der Anschein nicht sehr triegt.
Den ein Anschein von Gründlichkeit zu glänzenden Irrthümern dahin
reißt, Less. S. das folgende.
Anscheinen (W3) [Adelung]
Anscheinen, verb. irreg. S. Scheinen. Es ist:I. Ein Activum, an etwas
scheinen, den Schein von sich an etwas gehen lassen, bescheinen. Die
Sonne schien uns an. Er ist nicht werth, daß die Sonne ihn
anscheinet.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich nimmt,
für das einfache scheinen. 1) Das Ansehen haben, Merkmahle eines
Daseyns oder eines künftigen Erfolges von sich geben, wovon aber im
Hochdeutschen nur das Participium der gegenwärtigen Zeit, anscheinend
üblich ist. Bey anscheinender Gefahr. Wider den anscheinender Krieg.
Hätte man wohl geglaubt, daß er mit so vieler anscheinender Hoffnung
für sein Vaterland fechten sollte? Raben. In den übrigen Modis ist es
im Hochdeutschen ungewöhnlich, wenn gleich Hermes sagt: da der Krieg
so sehr wüthet, und keine Hoffnung bessere Zeiten anscheinet. 2) Für
scheinen, im Gegensatze des Seyns, wo aber auch nur das Participium
anscheinend für scheinbar eingeführet ist. Eine anscheinende
Bescheidenheit, Unmöglichkeit u. s. f.
Anm. Da an in beyden Bedeutungen
des Neutrius die Oberdeutsche Verlängerung ist, so kommt selbst das
Participium anscheinend mehr in der gerichtlichen, als in der edlen
Schreibart vor. In Oberdeutschland ist anscheinen in beyden
Bedeutungen von einem uneingeschränkten gebrauche. Ja man gebraucht
daselbst sogar das Participium der vergangenen Zeit angeschienen,
obgleich die Neutra, welche haben zum Hülfsworte annehmen, dergleichen
gemeiniglich nicht verstatten.
Anschellen (W3) [Adelung]
Anschellen, verb. reg. act. an etwas schellen, besonders an die an
den Thüren befindliche Schelle oder Klingel ziehen. Wer schellet an?
es hat jemand angeschellet. S. auch Anklingeln und Anläuten.
Anschere (W3) [Adelung]
Die Anschere, plur. die -n, bey den Webern, das in die Länge
ausgespannte Garn zu einem Gewebe, von scheren, theilen, ordnen,
welches S. In den gemeinen Mundarten wird dieses Wort gemeiniglich
Anschire und Anschür ausgesprochen, die Anschere selbst aber, wird
auch die Scherung, Nieders. Scherels, der Aufzug, die Kette, das
Werft, der Zettel. bey den Bortenwirkern der Anschweif, und bey den
Raschmachern der Anwurf genannt; alles im Gegensatze des Einschlages
oder Eintrages.
Anscheren (W3) [Adelung]
1. Anscheren, verb. irreg. act. von scheren, tindere, welches S.
anfangen an etwas zu scheren, ein wenig bescheren. Daher die
Anscherung.
Anscheren (W3) [Adelung]
2. Anscheren, verb. reg. act. von scheren, theilen, bey den Webern, das
zu einem Gewebe nöthige Garn der Länge nach ausspannen, welches auch
aufziehen genannt wird. Daher die Anscherung.
Anschergen (W3) [Adelung]
+ Anschergen, verb. reg. act. welches nur in den niedrigen
Sprecharten vorkommt, S. Scherge.
Anschicken (W3) [Adelung]
Anschicken, verb. reg. act. von schicken, so fern es ordnen,
zubereiten bedeutet, zubereiten, zurüsten, doch nur als ein
Reciprocum. Sich zu etwas anschicken. Sich zur Abreise anschicken.
Schicke dich an, ihn höflich zu empfangen. Es schickt sich alles dazu
an, alle Umstände bekommen die dazu nöthige Richtung. Ingleichen, in
Beziehung auf die Art und Weise, wie man etwas thut. Sich albern zu
etwas anschicken, anstellen, Less. Daher die Anschickung.
Anm. Dieses
Wort ist im Hochdeutschen, selbst in dem gemeinen Umgange, so häufig
eben nicht. Die Niedersachsen sagen dafür toschicken. Es anschicken,
veranstalten, ingleichen sich alles Ernstes anschicken, mit allem
Ernste, sind Oberdeutsche Wortfügungen.
Anschieben (W3) [Adelung]
Anschieben, verb. irreg. S. Schieben. 1. Activum, hinan schieben,
durch Schieben einer Sache nähern. Den Tisch anschieben, an die Wand.
Einen Kasten näher an die Mauer anschieben. Daher der Anschieber, ein
Stück, welches man an einen Tisch anschiebet, ihn länger zu machen. 2.
Neutrum mit haben, anfangen zu schieben, besonders in dem Kegelspiele.
Daher der Anschub, welches S.
Anschielen (W3) [Adelung]
Anschielen, verb. reg. act. schielend ansehen. Einen anschielen.
Ingleichen von der Seite ansehen. Philemon schielt ihn an, Haged. In
Oberdeutschland anschiegeln, anschilchen. In dem 1483 zu Augsburg
gedruckten Buche der Natur heißt es: Wenn die Sune den mon bey siezt
anschilhent oder anscheinent, wenn die Sonne den Mond von der Seite
anscheinet.
Anschießen (W3) [Adelung]
Anschießen, verb. irreg. ( S. Schießen,) welches in doppelter Gestalt
üblich ist.I. Als ein Activum, da es denn, so wie das einfache
schießen, auf verschiedene Art gebraucht wird. 1) Durch einen Schuß
verwunden. Einen Hirsch, ein wildes Schwein, einen Vogel anschießen,
wofür aber die Jäger lieber anschweißen sagen. Im gemeinen Leben, und
im vertraulichen Scherze, wird dieses Wort auch in figürlicher
Bedeutung gebraucht, und da bedeutet angeschossen seyn, theils
verliebt seyn, theils einen leichten Ransch haben, theils aber auch
das seyn, was man sonst auch einen Hasenfuß nennet, d. i. einen Ansatz
zur lustigen Narrheit haben. 2) Ein Gewehr anschießen, zum ersten
Mahle daraus schießen. 3) Eine Sache mit der andern verbinden, doch
nur als ein Kunstwort in einigen einzelnen Fällen. So bedeutet ein
Gebäude an das andere anschießen, so viel als es anbauen. Den Ärmel an
de Rock anschießen, ist bey den Schneidern so viel als an nähen, und
bey den Bäckern wird ein Brot an das andere angeschossen, wenn es so
in den Ofen geschoben wird, daß es das andere berühret.II. Als ein
Neutrum, welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird. 1) Heran
schießen, sich plötzlich nähern. Das Wasser schießt an, läuft schnell
an. Die Fluth kam überaus schnell angeschossen. Ingleichen von
Menschen. Er kam wie ein Pfeil angeschossen, heran gerannt. 2) Im
Schießen, d. i. schnellen Laufe, an etwas anstoßen. Er ist an die
Mauer angeschossen. Er schoß an den Baum an. 3) angrenzen, anstoßen.
Das Feld, der Acker schießt an den Weg an. 4) In die Höhe schießen
besonders in der Scheidekunst, von den Salzen und andern Krystallen,
sich krystallisiren. Das Salz ist bereits angeschossen. Die Sohle zu
Krystallen anschießen lassen. In den Salzwerken nennet man auch das
Aufquellen des Salzes von der an sich gezogenen Luft anschießen.
Anschiffen (W3) [Adelung]
Anschiffen, verb. reg. neut. mit dem Hülfswort seyn, mit dem Schiffe
sich einem Orte nähren. An eine Insel anschiffen. An das Land
anschiffen.
Anschilden (W3) [Adelung]
Anschilden, verb. reg. act. bey den Gärtnern, eine Art des Oculirens
oder Äugelns, da man einen Schild in die Rinde eines andern Stammes
setzen; zum Unterschiede von dem röhrlen, oder teicheln, wenn Statt
des Schildes ein Ring mit einem Auge genommen wird.
Anschildern (W3) [Adelung]
Anschildern, verb. reg. act. bey den Jägern, die Feld- und Rebhühner
an den Schild, d. i. an das auf eine Leinwand gemahlte Bild, gewöhnen;
ingleichen, sie vermittelst eines solchen Bildes in den Zeug treiben.
Daher die Anschilderung.
Anschimmern (W3) [Adelung]
Anschimmern, verb. reg. act. den Schimmer von sich an etwas gehen
lassen. Wenn mich der blasse Mond in der Nacht anschimmert.
Anschlag (W3) [Adelung]
Der Anschlag, des -es, plur. die -schläge, von dem folgenden Verbo
anschlagen.1. Die Handlung des Anschlagens, ohne Plural, doch nur in
einigen Bedeutungen des Activi. Der Anschlag an eine Glocke, oder der
Anschlag mit einer Glocke. Den Anschlag einer Schrift verrichten, oder
besorgen, sie anschlagen. Der Anschlag eines Gewehres. Eine Flinte vor
sich im Anschlage halten. Im Anschlage liegen. Im Anschlage begriffen
seyn. Ein Haus ist im Anschlage, wenn es zum Verkaufe angeschlagen
ist. Noch häufiger aber;2. Dasjenige, was angeschlagen wird, und zwar,
1) in den eigentlichen Bedeutungen des Verbi. So nennt man eine jede
Schrift, welche öffentlich angeschlagen wird, von welchem Inhalte sie
auch seyn mag, einen Anschlag. An den Schießgewehren führet diesen
Nahmen der untere dicke Theil, welcher an den Backen angeschlagen
wird, und auch die Anlage, die Kolbe, der Vorderschaft heißt. An dem
Gehrmaße der Tischler ist es ein kleines schräge angefügtes Bret,
welches an dasjenige Bret oder Holz angeschlagen oder angeleget wird,
welches mit dem andern rechtwinkelig zusammen gefüget werden soll. 2)
In figürlicher Bedeutung, (a) die Berechnung der Kosten und Einkünfte
einer Sache, die Schätzung des Werthes oder der Kosten derselben. Ein
Bauanschlag, ein Waarenanschlag, ein Steueranschlag, ein
Accisanschlag, ein Pachtanschlag, Kaufanschlag u. s. f. Den Anschlag
zu einem Baue machen. Der Anschlag von einem Gute. Etwas in Anschlag
bringen, auch in weiterer Bedeutung, Rechnung darauf machen. Das kommt
nicht mit im Anschlag, darauf wird nicht geachtet. (b) Rathschlag,
überlegter Entschluß, durchdachter Entwurf, am häufigsten, obgleich
nicht eben nothwendig, im nachtheiligen Verstande, eines Entwurfes zum
Bösen, Nieders. Inslag. Einen Anschlag machen, auf etwas machen. Einen
Anschlag fassen. Kaum haben wir einen Wunsch erreicht, so machen wir
Anschläge auf neue Vergnügungen. Ich denke nicht, daß er mehr
Anschläge auf mein Leben haben wird, als ich auf das seinige habe,
Dusch. Ein Mann voller Anschläge, ein kluger, verschlagener Mann. Die
Anschläge, welche unsere Feinde zu unserm Verderben schmieden, werden
oft der Grundstein unserer Wohlfahrt. S. die Anmerkung zum folgenden
Verbo.3. Dasjenige, woran etwas schlägt. ingleichen der Ort, wo etwas
anschlägt. In den Mühlen heißt dasjenige Holz, welches von dem
Trillinge des Sechterzeuges beständig zurück geschlagen wird, den
Beutelkasten erschüttert, und das Klappern der Mühlen verursacht, der
Anschlag, oder das Anschlageholz. Auch die Buchdrucker haben einen
Anschlag, welches ein Riemen ist, an welches das Rähmchen anschläget,
vermittelst dessen es wieder auf den Deckel geworfen wird, und welcher
auch der Immhamen heißt. Bey den Tischlern heißt derjenige Theil der
Thür- und Fenstereinfassungen der Anschlag, an welchen die Thüren und
Fenster anschlagen Konen.4. Dasjenige, womit etwas angeschlagen wird.
In dieser Bedeutung ist nur der Anschlag der Schneider bekannt, d. i.
derjenige Faden, womit das Futter angeschlagen, oder flüchtig an das
Tuch befestiget wird.
Anschlagen (W3) [Adelung]
Anschlagen, verb. irreg. ( S. Schlagen,) welches in doppelter Gestalt
üblich ist.I. Als ein Activum, da es nach den verschiedenen
Bedeutungen des einfachen schlagen, und des Wörtchens an, auf
verschiedene Art gebraucht wird.1. Anfangen zu schlagen, besonders
einen Ton anzugeben; wo es, wenn es absolute und ohne Accusativ
gebraucht wird, auch als ein Neutrum betrachtet werden kann. Mit der
Glocke anschlagen, oder auch schlechthin anschlagen, an die Glocke
schlagen, eine Feuersbrunst u. s. f. anzuzeigen. Auf dem Claviere wird
angeschlagen, wenn auf einem Clavem geschlagen wird, um dessen Ton
hören zu lassen. Eine Arie auf dem Flügel anschlagen, den Anfang
derselben spielen. In weiterer Bedeutung, laut werden, sich hören
lassen. Der Vogel schlägt an, fängt an zu singen. Hörst du den
Nachtegall Wie lieblich schlägt er an, Rachel. Besonders von Hunden,
für bellen. Die Hunde schlagen an, haben angeschlagen.2. An etwas
schlagen. An die Thür, an die Glocke anschlagen. Die Wellen schlugen
mit großer Heftigkeit an das Ufer an. In weiterer Bedeutung, das
Gewehr anschlagen, es an den Backen legen, um es abzudrücken. In den
Bergwerken bedeutet anschlagen nach einer ziemlich starken Figur, die
Kübel mit Erz oder Gesteine anfüllen, weil nach deren Anfüllung mit
Anschlagen oder Rufen ein Zeichen gegeben wird, sie hinauf zu ziehen.
Die Sichel anschlagen, an das Getreide, und die Hand an etwas
anschlagen, für anlegen, sind im Hochdeutschen größten Theils
veraltet. Das Anschlagen, eine Art Kinderspieles, da Zahl- oder
Rechenpfennige an die Wand geschlagen oder geworfen werden; da denn
derjenige gewonnen hat, welcher des andern Pfennige auf der Erde mit
einer Spanne von dem seinigen erlangen kann.3. Vermittelst eines
Schlages an etwas befestigen. Ein Schloß anschlagen. Ein Thürband
anschlagen. Ein Bret anschlagen. Eine obrigkeitliche Verordnung, ein
Mandat, eine Bekanntmachung anschlagen. Einen Ausreißer anschlagen,
seinen Nahmen an den Galgen schlagen. Daher in weiterer Bedeutung auch
so viel, als durch einen solchen Anschlag feil biethen. Ein Haus
anschlagen. Seine Güter sind bereits angeschlagen.In noch weiterer
Bedeutung, verschiedene Arten der Verbindung einer Sache mit der
andern anzudeuten, doch nur als ein Kunstwort in einigen einzelnen
Fällen. So bedeutet anschlagen bey den Schneidern und Näherinnen, mit
weiten Stichen auf eine kurze Zeit befestigen, welches auch anheften,
in Niedersachsen aber anrijen und trakeln genannt wird. In den Küchen
bedeutet eine Rindszunge, eine Kalbskeule, einen Schinken anschlagen,
das Fleisch von den Knochen ablösen, es mit Eyern, Gewürzen u. s. f.
hacken, es wieder an die Knochen legen, und dann backen oder kochen.
Daher eine angeschlagene Kalbskeule, ein angeschlagener Hecht. Die
Tuchmacher und Tuchscherer schlagen die Tücher an, wenn sie selbige an
die Häkchen oder Claviere des Tuchrahmens befestigen. In der
Bienenzucht schlagen die Bienen Junge an, wenn sie Brut in die Zellen
setzen. Einem Fessel anschlagen, für anlegen, wie Opitz singt: Den
Schenkel schlug man Fessel an, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.4.
Heran schlagen, durch Schlagen hervor bringen, doch nur in dem
Ausdrucke, Feuer anschlagen, es vermittelst eines an einen Stahl
geschlagenen Feuersteins hervor bringen.5. Berechnen, schätzen. Eines
Vermögen anschlagen, taxiren. Etwas zu Gelde anschlagen, dessen Werth
in Gelde angeben. Dieß ist zu theuer, zu hoch angeschlagen. Ein jeder
schlägt sich in einem zu hohen Preise an, setzt sich höher an, als er
werth ist. Wie schlägst du mir dieses an? oder, wie hoch schlägst du
mir dieses an? wie hoch rechnest du es mir an? Ich habe es für zehn
Thaler angeschlagen.Das einfache schlagen bedeutete ehedem auch
zählen, eigentlich die Steine, deren sich die erste Einfalt zum Zahlen
bediente, setzen oder rücken, und dieser Begriff liegt auch noch in
überschlagen, d. i. überrechnen, zum Grunde; S. Ihre Glossar. v. Sla.
Nur die Bedeutung des Vorwortes an ist hier nicht so deutlich, ob sie
gleich in den letzten Beyspielen, wo anschlagen für anrechnen stehet,
seine Schwierigkeit hat.II. Als ein Neutrum, welches mit beyden
Hülfswörtern verbunden wird.1. Mit seyn, an etwas schlagen, heftig an
etwas fallen. Er ist an die Mauer angeschlagen. Ich schlug mit dem
Kopfe an die Wand an. Wird das Verbum hier zu einem Reciproco, so
bekommt es auch das haben wieder. Er hat sich den Kopf an die Mauer
angeschlagen.2. Mit haben. 1) Die verlangte Wirkung thun. Dieses
Mittel wird gewiß angeschlagen. Ich freue mich, daß meine Arzeney so
gut angeschlagen hat, Gell. Meine Vermahnungen haben nicht
angeschlagen. Alle meine Zucht hat schlecht angeschlagen. Es will
nichts mehr bey ihm anschlagen, helfen. Das gute Essen und Trinken
schlägt vortrefflich bey ihm an. Der Stoß schlägt an, bey den Jägern,
wenn das Echo denselben wiederhohlet; wo es aber auch zu der vorigen
Bedeutung gerechnet werden kann. Im Oberdeutschen verbindet man das
Verbum in dieser Bedeutung mit seyn, die Arzeney ist angeschlagen;
allein im Hochdeutschen ist haben üblicher und auch dem merklich
thätigen Sinne angemessener. Das einfache schlagen, kommt in der
Bedeutung des Helfens, Wirkens, in einer Österreichischen Urkunde vom
Jahre 1440 vor, wo es heißt: und ob das nicht schlawn wolt, ob es
nicht helfen wollte. 2) * Einen Anschlag, Entwurf zu etwas machen,
einen Vorsatz fassen, weil das einfache schlagen auch in der Bedeutung
des Durchdenkens, Überlegens üblich war; S. Ihre Glossar. v. Sla. Als
sie ihn nun sahen von fern - schlugen sie an, daß sie ihn tödteten, 1.
Mos. 37, 18. Des Menschen Herz schläget seinen Weg an, Sprüchw. 16, 9.
Solches schlagen sie an, und fehlen, Weish. 2, 21. Im Oberdeutschen
muß dieser Gebrauch auch noch üblich seyn; wenigstens sagt man
daselbst noch: etwas mit einem anschlagen, verabreden; allein im
Hochdeutschen ist diese Bedeutung völlig veraltet, und es ist davon
nur noch das Substantiv Anschlag für Entwurf, üblich.
Anschläger (W3) [Adelung]
Der Anschläger, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken,
derjenige Arbeiter, welcher auf dem Füllorte das Erz oder Gestein in
die Kübel füllet, weil er nach deren Anfüllung durch Anschlagen das
Zeichen zum Hinaufziehen gibt.
Anschlägig (W3) [Adelung]
Anschlägig, in den gröbern Mundarten anschlägisch, -er, -ste. adj. et
adv. was Anschläge hat, im gemeinen Leben. Es ist ein anschlägiger
Mensch. Er hat einen anschlägigen Kopf, einen verschlagenen Kopf, der
immer Mittel und Wege weiß. Du hast immer ein anschlägig Köpfchen
gehabt, Weiße.
Anschlämmen (W3) [Adelung]
Anschlämmen, verb. reg. act. mit Schlamm anfüllen, im Oberdeutschen
anschlammen. Der Bach hat den ganzen Teich angeschlämmet. Daher die
Anschlämmung.
Anschläudern (W3) [Adelung]
Anschläudern, verb. reg. act. mit dem Schläuder, oder schläudernd an
etwas anwerfen. Einen Stein an die Wand anschläudern.
Anschleichen (W3) [Adelung]
Anschleichen, verb. irreg. neutr. ( S. Schleichen,) welches das
Hülfswort seyn zu sich nehmen würde, aber nur mit dem Wortekommen
üblich ist. Angeschlichen kommen, heran schleichen, langsam, heimlich
ankommen. Kommt dann der Winter angeschlichen, Günth. Adlabi, im
Lateine der mittlern Zeiten.
Anschleifen (W3) [Adelung]
1. Anschleifen, verb. irreg. act. S. Schleifen, polire. 1) Anfangen an
etwas zu schleifen. Einen Stein anschleifen, eine kleine Fläche an
demselben schleifen. Einen Spiegel, ein Glas anschleifen. 2) Daran
schleifen, durch Schleifen an etwas hervor bringen. Eine Spitze
anschleifen, an das Messer. Dem Steine eine Fläche anschleifen. So
auch die Anschleifung.
Anschleifen (W3) [Adelung]
2. Anschleifen, verb. reg. act. 1) Von schleifen, ziehen, auf der
Schleife heran führen. Waaren, Güter anschleifen. Holz anschleifen. 2)
Von Schleife, nodus, vermittelst einer Schleife an etwas befestigen.
Wenn ein Inquisit mit den Schnüren gepeiniget wird, so wird ihm die
Leine um beyde Armen angeschleifet. So auch die Anschleifung.
Anschlenkern (W3) [Adelung]
Anschlenkern, verb. reg. act. schlenkernd an etwas werfen. Die Räder
schlenkern den Koth an den Wagen an.
Anschleppen (W3) [Adelung]
Anschleppen, verb. reg. act. heran schleppen, herbey schleppen. So
auch die Anschleppung.
Anschlichten (W3) [Adelung]
Anschlichten, verb. reg. act. an etwas schlichten, d. i. in Ordnung
legen. Holz, Steine an die Wand anschlichten. Daher die Anschlichtung.
Anschlicken (W3) [Adelung]
* Anschlicken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn
erfordert, aber am häufigsten in Niedersachsen vorkommt, durch
angesetzten Schlick oder Schlamm vergrößert werden. Ein Groden, so
immer mehr anschlicket. S. Schlich und Schlick. Daher die
Anschlickung.
Anschließen (W3) [Adelung]
Anschließen, verb. irreg. S. Schließen. Es ist,I. Ein Activum. 1)
Nahe an etwas schließen, doch nur in der figürlichen Bedeutung für
anfügen, beyfügen. Ich habe das verlangte Schreiben mit angeschlossen.
Aus angeschlossener Schrift wird zu ersehen seyn, u. s. f. Hierher
gehöret auch das Reciprocum, sich anschließen, nahe hinzu treten. So
schließen sich die Soldaten an einander an, wenn sie nahe zusammen
rücken; und in noch weiterer Bedeutung, schließt man sich an jemanden
an, wenn man sich in dessen Gesellschaft oder Verbindung dränget. 2)
Vermittelst eines Schlosses befestigen. Einen Verbrecher anschließen,
ihn mit Ketten und einem Schlosse an etwas befestigen. Einen
Übelthäter an den Wagen anschließen. So auch die Anschließung.II. Ein
Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, genau an etwas passen.
Die Thür schließt nicht an. Besonders von Kleidungsstücken. Die Haube
schließt nicht an, und flieht aus dem Gesichte, Zachar.
Anschlingen (W3) [Adelung]
Anschlingen, verb. irreg. act. S. Schlingen. 1) Vermittelst einer
Schlinge an etwas befestigen. 2) Sich an jemanden anschlingen, wie
anschließen. So auch die Anschlingung.
Anschlitzen (W3) [Adelung]
Anschlitzen, verb. reg. act. einen Schlitz an etwas machen. Einer
Feder, ein Stück Zeuges anschlitzen, wenn man letzteres durchreißen
will.
Anschluß (W3) [Adelung]
Der Anschluß, des -sses, plur. die -schlüsse. 1) Die Handlung des
Anschließens in der ersten Bedeutung des Activi, ingleichen in der
Bedeutung des Neutrius; ohne Plural. 2) Dasjenige was angeschlossen
oder beygefüget wird, der Beyschluß. Der Anschluß eines Schreibens. In
dieser Bedeutung ist so wohl Anschluß, als auch das Verbum
anschließen, am häufigsten in Oberdeutschland üblich, wo man auch das
Adjectivum anschlüssig hat, ein anschlüssiges, d. i. angeschlossenes,
Schreiben. Hingegen wird in Westphalen eine Holzmark, welche mit einem
daran
grenzenden Acker verbunden, oder mit demselben eingeschlossen wird,
ein Abschluß genannt.
Anschmauchen (W3) [Adelung]
Anschmauchen, verb. reg. act. Schmauch oder dicken Rauch an etwas
gehen lassen; ein Wort, von welchem in den Bergwerken nur das
Participium angeschmaucht üblich ist, solche Mineralien anzudeuten,
die, nachdem sie vorher aufgelöset worden, sich schwach und
unterbrochen an andere Körper angesetzet haben. Sind sie stärker
angesetzet worden, so heißen sie angeflogen. Eben daselbst ist auch
das Substantiv die Anschmauchung üblich, diese Art des Entstehens der
Mineralien zu bezeichnen.
Anschmeicheln (W3) [Adelung]
Anschmeicheln, verb. reg. recipr. Sich bey einem anschmeicheln, sich
durch Schmeicheley dessen Gunst zu erwerben suchen.
Anschmeißen (W3) [Adelung]
+ Anschmeißen, verb. irreg. ( S. Schmeißen,) welches, so wie das
einfache schmeißen, und alle damit zusammen gesetzte, nur noch im
gemeinen Leben üblich ist. Es ist aber: 1. Ein Activum, theils für
heftig anpochen, an die Thür anschmeißen; theils für anwerfen, d. i.
vermittelst eines Wurfes an etwas bringen, einem eine Klette
anschmeißen. Die Fliegen schmeißen das Fleisch an, wenn sie es
beschmeißen. 2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, hart und heftig
an etwas anfallen. Er ist mit dem Kopfe an die Wand angeschmissen.
Anschmelzen (W3) [Adelung]
Anschmelzen, ein Wort, welches auf gedoppelte Art üblich ist.I. Als
ein Activum, mit regelmäßiger Conjugation. 1) Anfangen zu schmelzen.
2) Durch Schmelzen an etwas befestigen. Daher die Anschmelzung.II. Als
ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation, ( S. Schmelzen,) und dem
Hülfsworte seyn, flüssig werden und sich anhängen. Der Talg ist an den
Leuchter angeschmolzen.
Anschmettern (W3) [Adelung]
Anschmettern, verb. reg. neutr. 1) Mit seyn, mit der größten
Heftigkeit an etwas fallen. Er ist mit dem Kopfe an die Mauer
angeschmettert. 2) Mit haben, mit der größten Heftigkeit an etwas
schlagen oder pochen. An die Thür anschmettern.
Anschmieden (W3) [Adelung]
Anschmieden, verb. reg. act. durch Schmieden mit etwas verbinden. Ein
Stück Eisen an das andere anschmieden, wofür doch anschweißen das
eigentliche Kunstwort ist. In figürlicher Bedeutung, mit Ketten an
etwas befestigen. Einen Übelthäter an den Stock, an den Karren
anschmieden. So auch die Anschmiedung.
Anschmiegen (W3) [Adelung]
Anschmiegen, verb. reg. act. allen Theilen und Puncten nach an ein
anderes Ding passen oder legen. Sich anschmiegen, sich an etwas
anschmiegen, sich genau an dasselbe andrücken. Vergebens schmiegte sie
an meine Knie sich an, Wiel. Den Ausdruck an die kleinsten Glieder
einer Haupt-Idee anschmiegen, denselben auf das genaueste angemessen
machen. Daher die Anschmiedung.
Anschmieren (W3) [Adelung]
Anschmieren, verb. reg. act. an etwas schmieren, am häufigsten in
niedrigen und verächtlichen Ausdrücken; so wohl, 1) eigentlich. Sich
Balsam anschmieren; als auch, 2) figürlich. (a) Ungeschickt mit Farben
anstreichen. (b) Auf eines Rechnung schreiben. Einem etwas
anschmieren, verächtlich. (c) Einem mit guten Worten aufbringen. Er
hat es mir angeschmieret, gleichfalls verächtlich. (d) Ein wenig
verfälschen. Den Wein anschmieren. Angeschmierter Wein. So auch die
Anschmierung.
Anschminken (W3) [Adelung]
* Anschminken, verb. reg. act. welches im Oberdeutschen für das
einfache schminken üblich, im Hochdeutschen aber unbekannt ist.
Angeschminkte Liebe, Opitz. Das ist ein armes Leben Und angeschminkter
Schein, ebend.
Anschmücken (W3) [Adelung]
Anschmücken, verb. reg. act. in der edlern Schreibart für anputzen.
Jemanden anschmücken. Sich anschmücken. Daher die Anschmückung.
Anschmutzen (W3) [Adelung]
Anschmutzen, verb. reg. act. den Schmutz an etwas bringen,
beschmutzen. Einen anschmutzen.
Anschnallen (W3) [Adelung]
Anschnallen, verb. reg. act. mit Schnallen an etwas befestigen. Er
hatte sich einen Stelzfuß angeschnallet.
Anschnarchen (W3) [Adelung]
Anschnarchen, verb. reg. act. heftig anfahren, trotzig anreden. Einen
anschnarchen.
Anschnauben (W3) [Adelung]
Anschnauben, verb. reg. act. S. Schnauben; gleichfalls nur in
figürlichen Bedeutung, mit trotzigen, drohenden Worten anreden. Nabal
schnaubete die Bothen Davids an, 1. Sam. 25, 14. Er schnaubt mit
flammendem Gesicht Den Ritter an, Wiel.
Anschnautzen (W3) [Adelung]
+ Anschnautzen, verb. reg. act. welches von gleicher Bedeutung, aber
von sehr niedrigem Gebrauch ist. Einen anschnauzen.
Anschnellen (W3) [Adelung]
Anschnellen, verb. reg. 1) Activum, mit einer Federkraft an etwas
hinan treiben; von kleinen Körpern, in Obersachsen anschnicken. Daher
die Anschnellung. 2) Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, an etwas
angeschnellet werden; ingleichen in weiterer Bedeutung, für anprallen,
besonders bey den Jägern, wenn das Wild an einen Baum anschnellet.
Anschnitt (W3) [Adelung]
Der Anschnitt, des -es, plur. die -e, von dem Verbo anschneiden. 1)
Die Handlung des Anschneidens, besonders an die Kerbhölzer, un in
weiterer Bedeutung so viel wie Anrechnung, im Gegensatze des
Abschnittes. So halten die Müller, Tuchmacher u. s. f. zu gewissen
Zeiten einen An- und Abschnitt, d. i. eine An- und Abrechnung. In den
Bergwerken heißt die Rechnung, welche der Schichtmeister alle
Sonnabend dem Bergmeister ablegt, der Anschnitt, und die Schrift worin
sie enthalten ist, das Anschnittregister. Daher einen Anschnitt
halten, den Anschnitt abwarten, demselben beywohnen, u. s. f. 2)
Dasjenige, was zuerst von einer Sache abgeschnitten worden, und 3) der
Ort, wo ein Ding angeschnitten worden. Daher die Anschnittschere,
plur. die -n, in den Glashütten, eine Schere, womit die Glasballen
oder Scheibenkäulchen abgeschnitten werden.
Anschnüren (W3) [Adelung]
Anschnüren, verb. reg. act. mit Schnüren an etwas befestigen. Dem hat
des Landes Heil den Harnisch angeschnüret, Günth. Einen Übelthäter
anschnüren, auf die Folterbank oder an die Leiter befestigen. Wird er
gleich geköpft, gerädert. angeschnüret, Opitz. So auch die
Anschnürung.
Anschnurren (W3) [Adelung]
+ Anschnurren, verb. reg. act. trotzig anfahren. Einen anschnurren.
Anschove (W3) [Adelung]
Die Anschove, plur. die -n, ein Nahme der Sardellen, besonders
derjenigen, welche aus Frankreich und Portugall zu uns gebracht
werden, dagegen diejenigen, welche aus Italien und Sardinien kommen,
von der letztern Insel Sardellen heißen; aus dem Ital. Anchiova,
Anciova, Span. Anchova, Franz. Anchois, Anchove, Engl. Anchoves, Dän.
Ansjose; Clupea Encrasicolus, L.
Anschrauben (W3) [Adelung]
Anschrauben, verb. reg. act. 1) Mit einer Schraube an etwas
befestigen. Ein Schloß anschrauben. Die Fensterladen an-
schrauben. 2) Heran schrauben, zuschrauben. Die Daumenstöcke
anschrauben, in der Tortur. So auch die Anschraubung.
Anschrecken (W3) [Adelung]
Anschrecken, verb. reg. act. ein wenig erschrecken, ein Wort, welches
nur bey den Jägern üblich ist, wo man das vorbey laufende Wildbret
anschrecket, d. i. demselben zuruft, oder zupfeifet, damit es stutze
und geschossen werden könne. So auch die Anschreckung.
Anschreiben (W3) [Adelung]
Anschreiben, verb. irreg. act. S. Schreiben, an die Seitenfläche
eines Dinges schreiben. 1) Eigentlich. Etwas anschreiben, an die Tafel
schreiben. Die im Himmel angeschrieben sind, Ebr. 12, 23. Es sind die
Zeugnisse davon in mehr als Einem Reiche mit Blut und Thränen
angeschrieben, Can. Und in weiterer Bedeutung, aufschreiben,
schriftlich anmerken, doch größten Theils nur von Rechnungssachen.
Einem etwas anschreiben, es auf seine Rechnung schreiben. 2)
Figürlich. Das sey dir zum Fluche angeschrieben! als ein Fluch
angerechnet. Bey einem gut, wohl, übel, schlecht angeschrieben seyn,
in Ansehung der Meinung, die man von ihm hat. Wie stehe ich bey ihnen
angeschrieben? in was für einem Ansehen, in was für Gunst stehe ich
bey ihnen? Daher die Anschreibung. in der eigentlichen Bedeutung, und
der Anschreiber, der etwas anschreibet.
Anschreiten (W3) [Adelung]
Anschreiten, verb. irreg. neutr. S. Schreiten. 1) Mit seyn, heran
schreiten, sich mit weiten abgemessenen Schritten nähern; am
häufigsten mit kommen, in der vertraulichen Sprechart. Da kommt er
angeschritten. 2) Mit haben, anfangen zu schreiten.
Anschreyen (W3) [Adelung]
Anschreyen, verb. irreg. act. S. Schreyen. 1) Einem entgegen
schreyen, das Geschrey an ihn richten; und zwar, (a) eigentlich. Einen
auf der Gasse anschreyen. In dieser Bedeutung kommt es in dem
Theuerdank mehrmals für zurufen vor. (b) Figürlich, für angelegentlich
anflehen. Einen um Hülfe, um Gnade anschreyen. Wenn sie ein Dürftiger
um Hülf und Trost anschreyt, Gryph. 2) Den Anfang einer Sache durch
ein Geschrey verkündigen. So wird bey den Jägern ein Jagen
angeschrien.
Anschrote (W3) [Adelung]
Die Anschrote, plur. die -n, an den wollenen Tüchern, die äußersten
Enden an beyden Seiten der Länge eines Stücks, welche aus schlechterer
Wolle, oder auch aus Haaren bestehen, und angeschroten oder
angeschlossen werden, sonst aber auch der Schrot, die Abschrote, der
Leisten, der Anwurf, heißen.
Anschroten (W3) [Adelung]
Anschroten, verb. reg. act. außer, daß es im Particip. Passiv.
angeschroten hat. S. Schroten. 1) Heran schroten, d. i. heran wälzen.
Ein Faß Bier, ein Faß Wein anschroten. 2) Anschließen, anfügen,
besonders bey den Tuchmachern, die grobe Wolle oder Haare, woraus
hernach die Anschrote entstehet, mit dem Gewebe verbinden.
Anschub (W3) [Adelung]
Der Anschub, des -es, plur. car. von anschieben, der erste Schub oder
Anfang des Schiebens in dem Kegelspiele. Um den Anschub werfen.
Anschuhen (W3) [Adelung]
Anschuhen, verb. reg. act. Schuhe an etwas setzen. Die Stiefeln
anschuhen, vorschuhen. Pfähle anschuhen, beschuhen, sie vorne mit
Eisen beschlagen. Sich anschuhen, die Schuhe anziehen. Daher die
Anschuhung.
Anschuldigen (W3) [Adelung]
* Anschuldigen oder Anschulden, verb. reg. act. welches aus der
Oberdeutschen Mundart auch in die Hochdeutsche Gerichtssprache
gekommen ist, für beschuldigen. Einen wegen einer Sache anschuldigen,
ihm dieselbe Schuld geben. Die angeschuldigte Gewaltthätigkeit. So
auch die Anschuldigung.
Anschür (W3) [Adelung]
Die Anschür, S. Anschere.
Anschüren (W3) [Adelung]
+ Anschüren, verb. reg. act. welches eigentlich in Oberdeutschland zu
Hause ist, wo es von dem Feuer für anzünden gebrauchtwird, aber auch
bey einigen Hochdeutschen Schriftstellern so wohl in eigentlicher als
figürlicher Bedeutung vorkommt. Der Opferbrand wird angeschürt, Haged. Ihr wollustschwerer Blick, ihr süßer Athem schürt Die Flammen an, die
schon in seinen Adern rinnen, Wiel. Noch flammt der Streit, den Eris
angeschürt, ebend. S. Schüren und Scherge.
Anschuß (W3) [Adelung]
Der Anschuß, des -sses, plur. die -schüsse, von dem Verbo anschießen.
1) Die Handlung des Anschießens, so wohl in der thätigen als mittlern
Gattung dieses Zeitwortes; ohne Plural. Den Anschluß haben, den ersten
Schuß zu thun berechtigt seyn, in den Schießgesellschaften. Der
Anschuß eines Wildes, des Wassers, der Salze, Krystallen, u. s. f. 2)
Der Ort, wo etwas anschießt, in den Bedeutungen des Neutrius. Z. B. wo
das Wasser in dem Strome anfällt. Ingleichen der Ort, wo das Feld an
die Straße anstößt. Bey den Jägern heißt auch der Ort, wo ein Wild
angeschossen worden, der Anschuß. 3) dasjenige, was anschießt,
besonders in der dritten Bedeutung des Neutrius von Krystallen und
andern krystallenartigen Anschüssen. Bey einigen Ärzten werden die
Knoten, welche die säugenden Weiber an den Brüsten bekommen,
gleichfalls Anschüsse genannt.
Anschütt (W3) [Adelung]
* Die Anschütt, plur. die -en, in Oberdeutschland, ein von dem Wasser
angesetztes oder angespültes Land, ingleichen das Recht des Eigenthums
über ein solches angeschwämmtes Land, Jus alluvionis; in Niedersachsen
Anschudde, in andern Gegenden die Anschwemmung, die Anlage, der
Anwurf, der Zuwurf u. s. f. S. das folgende, ingleichen die Schütt.
Anschütten (W3) [Adelung]
Anschütten, verb. reg. act. 1) An etwas schütten, hinan schütten.
Wasser an die Wand, das Getreide an die Mauer anschütten. Der Fluß
schüttet neues Land an, im Oberdeutschen für anschwemmen. 2) Voll
schütten. Einen Boden mit Getreide anschütten. Daher die Anschüttung.
Anschützen (W3) [Adelung]
Anschützen, verb. reg. act. in den Bergwerken und bey den
Wassermühlen, das Wasser vermittelst des Schutzbretes höher steigen,
und auf die Räder fließen machen. Das Wasser anschützen, ingleichen,
die Räder, das Kunstgezeug anschützen, im Gegensatze des Abschützens.
S. Schützen. Daher die Anschützung.
Anschwämmen (W3) [Adelung]
Anschwämmen, S. Anschwemmen.
Anschwängern (W3) [Adelung]
Anschwängern, verb. reg. act. schwanger machen, doch nur in weiterer
Bedeutung, für befruchten, fruchtbar machen. Wenn die Eyer in dem
Eyerstocke angeschwängert sind. Die Mutterblumen anschwängern, im
Gartenbaue, den männlichen Staub auf eine weibliche Blume bringen.
Ingleichen in figürlichen Bedeutung, mit etwas ein wenig vermischen,
besonders in der Scheidekunst. Ein Wasser, das mit verschiedenen
Mineralien angeschwängert ist. Das mit Silber angeschwängerte und aus
dem Kupfer geschmelzte Bley. So auch die Anschwängerung.
Anschwänzen (W3) [Adelung]
+ Anschwänzen, verb. reg. act. als ein Schwanz, oder unnützen Anhang,
mit etwas verbinden. Eine Bekanntmachung mit an die Predigt
anschwänzen.
Anschwärzen (W3) [Adelung]
Anschwärzen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, von außen schwarz machen,
oder auch, ein wenig schwarz machen. So schwärzen die Schuster die
Absätze an. 2) Figürlich. Einen anschwärzen, einen gehässigen Begriff
von ihm bey andern machen. Einen bey jemanden anschwärzen. Denke
nicht, daß ich, um meine Unschuld zu beweisen, deinen Sohn als einen
Lasterhaften anschwärzen will, Dusch. Anschwärzen bedeutet in diesem
figürlichen Verstande so viel, als an die schwarze Tafel, oder in das
schwarze Register schreiben. Eine in Oberdeutschland noch übliche R.
A. bestätiget solches, denn so heißt es an einem Orte bey dem
Bluntschli: Sie nahmen daher Anlaß, ihn bey den Bauern schwarz
anzuschreiben. In dem Lateine der mittlern Zeiten kommen adnigrare und
denigrare in ähnlicher Bedeutung vor. S. Schwarz. Daher die
Anschwärzung.
Anschwatzen (W3) [Adelung]
Anschwatzen, verb. reg. act. durch Schwatzen, oder wortreiche
Beredung zur Annehmung einer Sache bewegen, aufschwatzen. Einem etwas
anschwatzen. Wem habe ich meine Gedanken jemahls anschwatzen oder
aufdringen wollen? Daher die Anschwatzung.
Anschwefeln (W3) [Adelung]
Anschwefeln, verb. reg. act. mit Schwefel anmachen, ein wenig mit
Schwefel versetzen. Den Wein anschwefeln, den Schwefeldampf an
denselben gehen lassen; auch nur schwefeln schlechthin.
Anschweiden (W3) [Adelung]
Anschweiden, S. Anschwöden.
Anschweif (W3) [Adelung]
Der Anschweif, des -es, plur. die -e, bey den Bortenwirkern,
dasjenige, was bey andern Webern die Kette oder der Aufzug heißt, d.
i. die in die Länge ausgespannten Fäden, welche den Grund des Gewebes
ausmachen.
Anschweifen (W3) [Adelung]
Anschweifen, verb. reg. act. bey den Bortenwirkern, so viel als
aufziehen, d. i. den Anschweif, oder die Kette zu den Borten und
Bändern an den Schweifrahmen oder Anschweifrahmen ausspannen. S.
Schweifen. Daher die Anschweifung.
Anschweißen (W3) [Adelung]
Anschweißen, verb. reg. act. 1) Bey den Schmieden, zwey oder mehrere
zur Schweißhitze gebrachte, d. i. in den ersten Grad der Flüssigkeit
versetzte Stücke Eisen, an einander schmieden. Ein Stück Eisen an das
andere anschweißen. S. Schweißen. Wachter und Frisch haben das Löthen
mit dem Schweißen vermengt; dieses geschiehet ohne Beyhülfe eines
andern Metalles. 2) Bey den Jägern, durch einen Schuß verwunden, wofür
man im gemeinen Leben anschießen sagt. Ein Stück Wild anschweißen. S.
Schweiß. So auch die Anschweißung in beyden Bedeutungen.
Anschwellen (W3) [Adelung]
Anschwellen, ein Verbum, welches in gedoppelter Gattung üblich ist.
1. Als ein Neutrum, welches irregulär gehet, ( S. Schwellen,) und das
Hülfswort seyn zu sich nimmt, in die Höhe schwellen, doch nur
figürlich von Flüssen und Wassern. Der Fluß schwillt plötzlich an, ist
gar sehr angeschwollen. Die Flüsse schwellen an, die Lachen werden
Seen, Dusch. Daher die Anschwellung. 2. Als ein Activum, mit
regelmäßiger Conjunction, anschwellen machen, auch nur figürlich, von
Gewässern. Ströme Blutes machten die Moräste stehend und schwelleten
die Flüsse an.
Anschwemmen (W3) [Adelung]
Anschwemmen, verb. reg. act. welches das Factitivum des folgenden
ist, anschwimmen machen. Holz anschwemmen, wofür doch anflößen
üblicher ist. Der Fluß schwemmet vieles Land an, setzt es an. Daher
die Anschwemmung, welches in einigen Gegenden auch wohl das
Eigenthumsrecht über ein solches angeschwemmtes Land bedeutet. S. auch
Anschütt.
Anschwimmen (W3) [Adelung]
Anschwimmen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort seyn
erfordert, S. Schwimmen; heran schwimmen, sich schwimmend nähern. Er
kam an das Ufer angeschwommen. Er ist an die Insel angeschwommen.
Anschwöden (W3) [Adelung]
* Anschwöden, verb. reg. act. welches nur bey den Weißgärbern üblich
ist, welche die Felle anschwöden, wenn sie selbige auf der
Fleischseite mit kalk beitzen, damit sie sich desto leichter abhaaren
lassen. In Oberdeutschland anschweiden. S. Schwöden.
Anseestadt (W3) [Adelung]
Anseestadt, S. Hansestadt.
Ansegeln (W3) [Adelung]
Ansegeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, im Segeln an
etwas stoßen. Das Schiff segelte an eine Klippe an. Besonders an ein
anderes Schiff stoßen. Daher die Ansegelung.
Ansehen (W3) [Adelung]
Ansehen, verb. irreg. act. S. Sehen, die Augen auf etwas richten,
nach etwas sehen, und zwar:1. Eigentlich. Einen ansehen. Etwas
ansehen. Einen starr und steif ansehen. Einen von dem Kopfe bis auf
die Füße ansehen. Einen kaum über die Achsel ansehen. Etwas von der
Seite ansehen. Er sahe mich mit einem Blicke an, der den ganzen Kummer
seiner Seele ausdrückte, Dusch. Er sahe dich mit unverwandten Augen
an, Weiße. Daher denn auch die figürliche R. A. Etwas mit schelen
Augen ansehen, oder etwas schel ansehen, neidisch darauf seyn, S.
Schel. Die Stutzer sahen ihn mit schelen Augen an, Zach. Etwas mit dem
Rücken ansehen müssen, es verlassen müssen. Im gemeinen Leben wird
dieses Verbum zuweilen auch gebraucht, den Ausdruck der Verwunderung
zu begleiten. Ey sieh doch an, wie klug! Auch alsdann, wenn die
Verwunderung mit Hohn oder Unwillen verknüpfet ist. Seht doch die
Verwegenheit an! Weiße.Der Gebrauch des Supini, anzusehen, mit
Adverbiis ist im Hochdeutschen in der edeln Schreibart, und nur noch
in der vertraulichen und im gemeinen Leben üblich. Das ist schön,
wunderbar, abscheulich, herrlich anzusehen. Es war lustig anzusehen.2.
In engerer und zum Theil figürlichen Bedeutung, verschiedene Wirkungen
des Geistes, welche durch das körperliche Ansehen veranlasset werden,
auszudrucken.1) Ansehen und sich dabey leidentlich verhalten, für
zusehen, mit der vierten Endung der Sache. Das Spiel, den Tanz mit
ansehen. Ingleichen figürlich, für dulden, leiden. Eine Zeit lang sahe
ich es so mit an. Das kann ich nicht länger mit ansehen. Denkest du,
ich werde es so mit ansehen? Ich kann es noch mit ansehen, aushalten,
mich leidentlich dabey betragen.2) Ansehen und erwägen. Man muß die
Zeit, den Ort, die Person ansehen, in Betrachtung ziehen. Sieht man
die Freundschaft bloß von der Seite der Natur an, so ist sie weder
Tugend noch Laster, Gell. Das Gebeth kann als ein inneres gutes Werk
angesehen werden. Wo sich die folgende Bedeutung der Beurtheilung
nicht selten mit einsticht.3) Ansehen und urtheilen, dafür halten,
sehr oft mit der Präposition für. Er sahe mich für seinen Bruder an.
Ich sahe ihn für einen Arzt an. Sehen sie mich doch für kein Kind an.
Jedermann siehet ihn für einen ehrlichen Mann an. Er ist der nicht,
wofür man ihn ansiehet, wofür man ihn hält. Er möchte gar zu gern für
reich angesehen seyn. Wofür siehest du mich an? Aber wissen sie denn
schon, ob ich das für mein Glück halte, was sie dafür ansehen? Gell.
Etwas für gut, für dienlich ansehen. Ich habe dieses für das
nützlichste, für das rathsamste an. Er siehet die Sache anders an als
wir. Ich sehe sie seit einiger Zeit mit ganz andern Augen an, urtheile
ganz anders davon. Jetzt siehest du die Welt mit andern Augen an,
Günth. Wenn ich mich gegen ihn ansehe, mich mit ihm vergleiche.4)
Ansehen und schließen, aus der äußern Gestalt einen Schluß machen. Man
siehet ihm noch keine Noth an. Er thut alles, was er mir nur an den
Augen ansehen kann, in welchem Falle auch das Verbum absehen üblich
ist. Man kann es ihm gleich ansehen, oder an den Augen ansehen, was er
im Schilde führet. Man sieht es seinen Kleider an, woran es seiner
Liebe fehlt, Dusch. Allein man sah ihr noch der Jugend Unschuld an,
Rost. Aufrichtig zu reden, so sehe ich ihnen mehr einen Verdruß, als
eine Krankheit an, Gell.
Dem sieht mans gleich an seinen Federn an, Daß er nichts kluges singen
kann, ebend. 5) Ansehen und empfinden, mit Einfluß auf das Herz, auf
den Willen ansehen. Ich sehe seine Jugend, seine Dürftigkeit an, habe
Mitleiden mit derselben. Wenn ich nicht Josaphat ansähe, ich wollte
dich nicht ansehen noch achten, 2. Kön. 3, 14. Er hat die Niedrigkeit
seiner Magd angesehen, Luc. 1, 18. Die Kosten nicht ansehen, dieselben
nicht achten. Gott siehet das Herz und nicht die That an. Die
ungewöhnlichen Redensarten, einen in Gnaden, in Barmherzigkeit
ansehen, können nur in der biblischen Schreibart Nachsicht
verlangen.Besonders mit Achtung, mit Hochachtung ansehen, wohin die
gleichfalls biblische Redensart gehöret, die Person ansehen, sich vor
der Achtung gegen eine Person in seinen Handlungen bestimmen lassen.
Siehe nicht an seine Gestalt, und seine große Person. 1. Sam. 16, 7.
In eingeschränkterer Bedeutung, heißt, die Person ansehen, besonders
in biblischen Ausdrücken, aus Achtung gegen eine Person das Recht
beugen.Üblicher ist indessen das Participium der vergangenen Zeit,
angesehen, für geachtet, hoch geachtet. Ein angesehener Mann,
eigentlich, den jedermann mit Hochachtung ansiehet. Er ist bey Hofe
sehr wohl angesehen.6) In noch engerer Bedeutung, mit Unwillen
ansehen, bestrafen. Einen um etwas ansehen, es an ihm ahnden. Ich
werde ihn um seiner Unachtsamkeit willen hart ansehen. Er wird
deswegen gewiß angesehen werden. Einen alles Ernstes ansehen, für mit
allem Ernste bestrafen, ist völlig Oberdeutsch, so wie auch die
Redensart, einen mit Contribution ansehen, für belegen, in der guten
Schreibart wohl nicht leicht vorkommen dürfte. In dem mittleren
Lateine wurde advidere gleichfalls für erinnern. ermahnen gebraucht.7)
Etwas zur Absicht haben, darauf abzielen. Hiermit ist es darauf
angesehen. Worauf ist das angesehen? Es ist auf dich, auf deine
Untergang angesehen. In welcher Bedeutung man aber doch lieber das
Verbum absehen brauchet.
Anm. Ich kann dir dieses Kleid nicht länger
ansehen, ist nur im gemeinen Leben üblich, für, an dir sehen. Das
Participium der vergangenen Zeit angesehen wird in Oberdeutschland
häufig als eine Conjunction für, in Betrachtung, weil, indem,
gebraucht, welcher Gebrauch aber im Hochdeutschen völlig veraltet ist.
Angesehen aber, daß durch das Geheimniß dieser unerschöpften Liebe,
die Demuth niemahls verworfen ist, Opitz. Doch, angesehn das Volk noch
durch dieß allzumahl Zu keiner Buße kam, hat letztlich Gott die
Schaden Der Christen kund gemacht, ebend. Eben so veraltet sind die
gleichfalls Oberdeutschen Wortfügungen, es siehet mich an, als sey es
nicht echt; wie es sich ansehen lässet, so ist es verdorben, für, es
scheinet. Anasehan, anasiehen, war schon den ältesten Fränkischen
Schriftstellern bekannt. S. auch Anschauen. Das Substantiv die
Ansehung S. hernach besonders.
Ansehen (W3) [Adelung]
Das Ansehen, des -s, plur. car. der Infinitiv des vorigen Verbi, als
ein Substantiv gebraucht.1. Diese Handlung des Ansehens. 1) In der
eigentlichen Bedeutung. Diese Sache ist nicht des Ansehens werth. Du
wirst mir doch das Ansehen nicht verbiethen wollen? Es kommt auf das
Ansehen an. Das Ansehen hat man umsonst. Nach dem bloßen Ansehen
urtheilen. 2) Das Ansehen mit Überlegung, Betrachtung. In Ansehen
seines Fleißes; wofür man doch lieber in Ansehung saget. 3) Das
Ansehen mit Beurtheilung. Allem menschlichen Ansehen nach, so viel ein
Mensch urtheilen kann. 4) Das Ansehen mit Achtung und Einfluß aufseine
Entschließung, besonders in Handhabung des Rechtes. Das Ansehen der
Person, doch nur in der biblischen Schreibart.2. Dasjenige, was durch
das Auge erkannt wird, die Gestalt. 1) In eigentlicher Bedeutung, die
äußere Gestalt. Das äußere Ansehen macht keinen Gelehrten aus. Jetzt
hat das Haus ein besseres Ansehen bekommen. Ich kenne ihn von Ansehen,
oder dem Ansehen nach. Er hat ein gutes Ansehen, eine gute
Leibesgestalt. 2) Figürlich, Schein; Anschein. Er hat das Ansehen, als
wenn nichts aus der Sache werden wollte. Dem Ansehen nach. Allem
Ansehen nach. Dennoch will er das Ansehen haben, daß er es recht gut
mit mir meine. Er gibt allen seinen Handlungen das Ansehen der
einfältigsten Unschuld. Die Sache hat nun ein ganz anderes Ansehen
bekommen. Es hat kein Ansehen dazu. Es hat noch ein schlechtes Ansehen
dazu. Es will das Ansehen gewinnen, als wenn u. s. f.3. Die Wirkung
entweder unserer Gewalt, oder auch unserer Vorzüge auf andere. In
großem, schlechtem, geringem Ansehen stehen. In Ansehen bey einem
stehen. Er ist ein Mann von Ansehen, von großem Ansehen. Sich in
Ansehen setzen. Er weiß sich ein rechtes Ansehen zu geben. Sein
Ansehen ist gar sehr gefallen. Einen in Ansehen bringen. Hierher
gehöret auch, das Vorurtheil des Ansehens, Praejudicium autoritatis,
wenn man einem andern, den man für weise hält, ohne Prüfung glaubt.
Ansehnlich (W3) [Adelung]
Ansehnlich, -er, -ste, adj. et adv. was angesehen zu werden
verdienet, was Ansehen hat, doch größten Theils nur in so fern dieses
Wort die äußere gute Gestalt bezeichnet, gute Gestalt mit
verhältnismäßiger Größe verbunden; und zwar, 1) in eigentlicher
Bedeutung. Ein ansehnliches Haus. Der Ort ist sehr ansehnlich. Ein
ansehnliches Landgut. Besonders von der Leibesgestalt. Er ist ein
ansehnlicher, wohl gewachsener, Mann. Er ist von einer ansehnlicher
Gestalt. 2) In weiterer Bedeutung, von dem äußern Gepränge. Er gehet
ansehnlich gekleidet. Die Leiche ist auf das ansehnlichste begraben
worden. Eine ansehnliche Gesellschaft, Versammlung, die nicht nur
zahlreich ist, sondern auch aus angesehenen Personen bestehet. Einen
ansehnlich bewirten. 3) Figürlich, von der innern Güte, dem Werthe.
Ein ansehnliches Geschenk. Ein ansehnliches Amt, das nicht nur Ehre
ertheilet, sondern auch einträglich ist. Ansehnliche Güter, die von
einem beträchtlichen Werthe sind. Sie konnten selbst einen
ansehnlichen Thaler Geld dabey gewinnen, Weiße. Sein Gehalt ist um ein
Ansehnliches vermehret worden.
Ansehnlichkeit (W3) [Adelung]
Die Ansehnlichkeit, plur. inusit. die ansehnliche Beschaffenheit
einer Person oder Sache, ein Wort, welches von der ansehnlichen
Leibesgestalt zuweilen, in den übrigen Bedeutungen aber fast gar nicht
vorkommt.
Ansehung (W3) [Adelung]
Die Ansehung, plur. inusit. die Handlung des Ansehens, doch nur in so
fern dieses Verbum betrachten, erwägen bedeutet; da denn in Ansehung,
die Stelle einer Partikel vertritt. 1) Die Ursache anzudeuten, warum
etwas ist, oder geschiehet, so fern damit auf die Beschaffenheit einer
Person oder Sache gesehen wird. Ich habe es in Ansehung seiner
vornehmen Ältern nicht thun wollen. Sie sind mir diesen Dienst in
Ansehung unserer Freundschaft schuldig. Er hat dieses Lob in Ansehung
seines Fleißes vollkommen verdienet. 2) Zuweilen bezeichnet es eine
Art von Vergleichung. Das ist nichts Ansehung des vorigen. Oder bloß
den Gegenstand, welcher Gebrauch aber gewiß nicht der beste ist. Eine
Untersuchung in Ansehung der ersten Bevölkerung von Amerika, wo der
bloße Genitiv nicht nur kürzer, sondern auch bestimmter seyn würde. In
den übrigen
Bedeutungen des Verbi ist der Infinitiv üblicher. Man sagt daher
lieber, das Ansehen der Person, als die Ansehung der Person.
Anseilen (W3) [Adelung]
Anseilen, verb. reg. act. an das Seil legen, besonders bey den
Jägern, welche den Hund anseilen, wenn sie ihm das Hängeseil anlegen,
welches auch anhalsen genannt wird.
Ansengen (W3) [Adelung]
Ansengen, verb. reg. act. anfangen an etwas zu sengen, ein wenig
besengen. Eine gerupfte Gans, einen Pfahl ansengen. Daher die
Ansengung. In einigen Oberdeutschen Gegenden bedeutet es auch so viel
als anbrennen, von den Speisen gebraucht.
Ansetzblech (W3) [Adelung]
Das Ansetzblech, des -es, plur. die -e, ein Nahme derjenigen starken,
eisernen Bleche auf den Seigerherden, welche an und um die
Seigerstücke gesetzet, und auch Seigerbleche und Seigerwände genannt
werden.
Ansetzen (W3) [Adelung]
Ansetzen, verb. reg. welches in zweyerley Gattung üblich ist.I. Als
ein Activum, eine Sache an die andere setzen, der andern setzend
nähern, und zwar,1. In eigentlicher Bedeutung. Den Stuhl zu nahe an
die Wand ansetzen. Einen Topf ansetzen, an das Feuer. Das Glas
ansetzen, an den Mund, um zu trinken. Ein Instrument ansetzen, an den
Mund, um zu blasen. Sich einen Blutigel ansetzen. Die Klauen ansetzen,
einschlagen. Die Lanze, den Spieß ansetzen. Das Eisen ansetzen, oder
nur schlechthin ansetzen, in den Bergwerken, das Eisen an das Gestein
setzen, und figürlich, anfangen zu arbeiten. Die Feder ansetzen,
anfangen zu schreiben. Acht Wochen lang habe ich keine Feder ansetzen
dürfen. habe ich nicht schreiben dürfen. Den Rocken oder Weizen
ansetzen, in der Landwirthschaft, eine Art des Mähens, S.
Anhauen.Hierher gehöret auch das Reciprocum sich ansetzen, für, sich
anlegen, sich an einer Fläche fest setzen, oder an derselben zum
Vorscheine kommen. Der Weinstein setzt sich in den Fässern an. Die
Speise setzet sich in dem Topfe an, wenn sie nicht umgerühret wird. Es
haben sich viele Krystallen an dem Rande angesetzet.2. In figürlicher
Bedeutung, zwey Körper mit einander verbinden, da es denn ein
allgemeiner Ausdruck ist, der die Art der Verbindung unbestimmt
lässet. So bedeutet ansetzen bey den Schneidern und Näherinnen, so
viel wie annähen. Einen Ärmel ansetzen, noch ein Stück daran setzen.
Bey den Feuerwerkern, die Ladung eines Geschützes, einer Rakete u. s.
f. fest anstoßen; im Hüttenbaue, das Erz und die Beschickung zum
Schmelzen auftragen; bey den Buchbindern, die Deckel an die Bücher
leimen, wo das Wort auch wohl metonymisch gebraucht wird, die Bücher
mit Pappendeckeln, mit Bretern ansetzen.3. In figürlichen Bedeutung.
1) Anschreiben, anrechnen. Einem etwas ansetzen. Wie hast du mir das
angesetzet? Das ist zu hoch, zu theuer angesetzet. Ich habe es ihnen
bereits angesetzet, auf ihre Rechnung gesetzet. Ingleichen, schätzen,
taxiren. Wir sind in der Steuer sehr hoch angesetzet. Eben so wurden
in dem Lateine der mittlern Zeiten assedare, assedere und assidere
gebraucht. 2) Bestimmen, fest setzen, doch nur von der Bestimmung
einer künftigen Zeit zu einem Geschäfte. Einen Tag ansetzen. Einen Tag
zu etwas ansetzen. Ich habe ihm eine Stunde angesetzet, in welcher ich
ihn sprechen will. 3) Zu einem gewissen Gebrauche, in einer gewissen
Absicht hinsetzen. Bauern ansetzen, seßhaft machen, einsetzen. Bäume
ansetzen, anpflanzen. Essig ansetzen, Bier oder Wein hinsetzen, damit
es zu Essig werde. Dinte ansetzen, die nöthigen Stücke dazu mit
einander vermischen. Vielleicht gehöret hierher auch das Ansetzen, in
der Bedeutung der Schmelzhütten, da man das Auftragen der Erze und der
Beschickung zum Schmelzen darunter verstehet. 4) Um Geld betriegen.
Einen ansetzen. Diese Bedeutung ist im Oberdeutschen sehr üblich, im
Hochdeutschen aber, wenigstens in der Sprache des täglichen Umganges,
wenig bekannt. Wer die geile Thamar küßt,Und sein Ziel dabey
vergißt, Setzt mit leerem Dunst und Wahn Niemand, als sich selber an,
Gryph. Ansetzen kommt in dieser Bedeutung einiger Maßen mit dem Lat.
insidere überein, welches auch nachstellen bedeutete. Arripuitque
locum et sylvis insedit iniquis, heißt es bey dem Virgil, Äneid. B.
II. Auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - was
für nachstellen gewöhnlich, und das Schwed. und Isländ. Saetta haben
noch eben dieselbe Bedeutung.II. Ein Neutrum, welches mit dem
Hülfsworte haben verbunden wird. 1) Sich mit Ungestüm nähern,
feindlich anfallen. An den Feind ansetzen. Die Reiterey setzte muthig
an. Das Schwed. ansatta ist auf gleiche Art üblich, und Ihre bemerket
dabey, daß auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image
- und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eben dieselbe
Bedeutung gehabt. In weiterer Bedeutung, eine Handlung mit Anstrengung
anfangen. Er setzte drey Mahl an, eine Last zu heben. 2) Fortdauern,
sich in die Länge erstrecken, doch nur in der bergmännischen R. A. das
Erzt setzt an, bleibt beständig vor Ort, dauert ununterbrochen fort,
im Gegensatze des Absetzens. 3) Fett erzeugen. Ein Thier setzt gut an,
wenn es gehörig fett wird. 4) Empfangen, doch nur von einigen Thieren.
Die Stute hat angesetzet.Das Hauptwort die Ansetzung kann in allen
Bedeutungen des Activi gebraucht werden.
Ansicht (W3) [Adelung]
Die Ansicht, plur. die -en, von dem Verbo ansehen. 1) Die Handlung
des Ansehens im eigentlichsten Verstande zu bezeichnen; ohne Plural.
Wie die Ansicht dieser Sache deutlich beweiset. In den Wechselbriefen
der Kaufleute wird dieses Wort zuweilen noch für das einfache Sicht
gesetzet. Auf Ansicht des Wechselbriefes. 2) * Die Art, wie ein Ding
aus einer Entfernung in die Augen fällt, der Prospect; besonders in
Niederdeutschland. Das Schloß hat eine schöne Ansicht. Vortreffliche
Ansichten. Anasiht findet sich schon in den Gloss. Moneens. bey dem
Pez für Inspectio, ist aber durch die Wörter das Ansehen, und die
Ansehung großen Theils verdränget worden.
Ansichtig (W3) [Adelung]
Ansichtig, adv. welches aber nur mit dem Verbo werden üblich ist.
Eines Menschen ansichtig werden, ihn erblicken. So bald er meiner
ansichtig ward. Als wir seiner ansichtig wurden. Diese Verbindung mit
der zweyten Endung der Sache ist die älteste und richtigste;
ungeachtet dieses Wort, besonders in Niedersachsen, auch häufig mit
der vierten Endung verbunden wird. Einen ansichtig werden, Less. So
bald mich die Räuber ansichtig wurden, ebend. Eben so heißt es schon
in dem Theuerdanke: Alsbald man denselben wirdt ansichtig, Kap. 33.
Anm. Ehedem war auch das einfache sichtig in dieser Bedeutung üblich.
Daß sie einander sichtig wurden, heißt es in der 1514 zu Mainz
gedruckten Übersetzung des Livius. Übrigens war ansichtig auch in der
Gestalt eines Adjectives bekannt. Den anasihtigen Christum, den vorher
gesehenen Christum, heißt es bey dem Notker Pf. 67, 16. In dem Brem.
Nieders. Wörterb. Th. 4, S. 732. wird aus einer alten Urkunde die
Stelle angeführet: Wy - bekennen unde doen kunt allen desses Breves
ansichtigen. Daß ansichtig ehedem auch für ansehnlich, ingleichen im
Angesichte, vor dem Augen, gebraucht worden, hat schon Frisch
angemerket.
Ansiedel (W3) [Adelung]
* Das Ansiedel, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in
Oberdeutschland und an dem Rheinstrome übliches Wort wo es theils ein
Stammgut, theils ein kleines Bauergut, theils aber auch
eine Colonie bedeutet. In dem letztern Verstande ist sich ansiedeln,
besonders in Österreich, sich an einem Orte anbauen, oder
niederlassen; die Ansiedelung, diese häusliche Niederlassung; das
kaiserliche Ansiedelungs-Patent, für Auswärtige, welche sich in den
kaiserlichen Landen niederlassen wollen; der Ansiedler, ein Colonist,
und in weiterer Bedeutung, ein jeder Fremder, der sich an einem Orte
niederläßt. In der ersten Bedeutung kommt dieses Wort in dem
Schwabenspiegel, Kap. 139. vor. Und sint diu kint alliu uzgestiurt, ez
sien sun oder tohter, so uuird doch daz ansidel den sunen vor uz, daz
ist reht. Ansaß, Anseß und Siedelhof kommen in den mittlern Zeiten in
eben dieser Bedeutung vor. Bey dem Notker bedeutet Anasidale, eine
jede Wohnung, und Anasideling, einen Einwohner, Bewohner. S. Schilter
Gloss. v. Anses, und ebend. Comment. ad. I. Feud. Alem. Kap. 64, 7.
Ansieden (W3) [Adelung]
Ansieden, verb. irreg. act. S. Sieden. 1) Anfangen an etwas zu
sieden, eine Sache durch Sieden zu einer andern Arbeit vorbereiten. So
sieden die Färber die Zeuge an, welche gefärbet werden sollen, wenn
sie selbige vorher mit gewissen Salzen sieden, oder nur in selbige
einweichen, damit sie zur Annehmung der Farbe geschickt werden.
Verschiedene Metallarbeiter pflegen die Metalle. welche sie versilbern
wollen, gleichfalls anzusieden. 2) Durch Sieden mit einem andern
Körper verbinden. So muß man vermuthlich das Ansieden der
Schmelzhütten erklären, welches nichts anders ist, als eine
Vermischung des Bleyes und der siberhaltigen Erze zu einem Körper,
wobey das Silber in das Werk gehet, die Schlacken aber stehen bleiben;
eine Arbeit, welche in dem Ansiedetiegel geschiehet. So auch die
Ansiedung. S. auch Ansud.
Ansiegen (W3) [Adelung]
* Ansiegen, verb. reg. act. einem den Sieg abgewinnen, ihn besiegen,
mit der dritten Endung der Person; ein Wort, welches im Hochdeutschen
jetzt völlig unbekannt ist, aber in der Oberdeutschen Mundart häufig
vorkommt. Dorft ir euch trauen Diesem Ritter anzusygen? Theuerd. Kap.
77 Wie er hat manchen Kampf gethan, Darinn im nyemandt hat gesyget an,
ebend.Da diesen Völkern hat Trajanus angesieget, Opitz. In eben dieser
Bedeutung kommt es in Stykers Gedichte, ingleichen bey den
Schwäbischen Dichter vor. Z. B. Gewalt den witzen angesiget. Dietmar
von Ast. Gewalt noh mangem angesiget, Jacob von Warte.
Ansillen (W3) [Adelung]
Ansillen, verb. reg. act. bey den Federschützen, an die Sille
befestigen. Einen Vogel ansillen, ihn an kleine Riemen legen, damit er
herum laufen könne, welches auch anläufern genannt wird. Daher die
Ansillung. S. Sille.
Ansingen (W3) [Adelung]
Ansingen, verb. irreg. act. S. Singen, mit Gesange bewillkommen,
einem zu Ehren in dessen Gegenwart singen. Einen ansingen. Im
Hochdeutschen wird dieses Wort jetzt nur noch im Scherze oder wohl gar
in verächtlicher Bedeutung gebraucht; ob es gleich bey dem Opitz noch
in einem edlen und würdigen Verstande vorkommt: Singt, wer mag und
kann, Unsern König an, Ps. 47, 3.
Ansinnen (W3) [Adelung]
Ansinnen, verb. irreg. act. S. Sinnen, an einen gesinnen, anmuthen;
ein Wort, welches nur im Infinitiv und den zusammen gesetzten Zeiten
üblich ist, und mit anmuthen einerley Bedeutung und Gebrauch hat.
Einem etwas ansinnen, es von ihm verlangen, besonders wenn es
unerlaubte oder unanständige Sachen sind, die man verlangt. Wie können
sie mir so etwas ansinnen? Wie nenn ich dich, halb oder ganz gescheut,
Da du es wagst, mir dieses anzusinnen? Haged. Daher die Ansinnung,
wofür doch das Ansinnen üblicher ist.
Anm. In dem Oberdeutschen
Lehnswesen heißt ansinnen so viel als muthen, d. i. um die
Lehensreichung ansuchen; daher die Bittschrift, in welcher solches
geschiehet, der Ansinnungszettel genannt wird. Einem etwas ansinnen
seyn, welches man am häufigsten in Niedersachsen höret, ist eben so
unrichtig, als der ähnliche Gebrauch des Verbi anmuthen. S. auch
Gesinnen.
Ansintern (W3) [Adelung]
Ansintern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in
den Bergwerken, sich in Gestalt des Sinters an etwas anhängen, oder
anlegen. Daher die Ansinterung. S. Sintern.
Ansitz (W3) [Adelung]
* Der Ansitz, des -es, plur. inusit. nur noch in den Rechten an
einigen Orten, theils einen bestimmten Sitz an einem Orte, theils den
Besitz unbeweglicher Güter zu bezeichnen. Im Öttingischen ist der
Ansitz ein Wohnhaus auf dem Lande, zum Unterschiede von dem Felsgute,
mit welchem letztern nicht alle Wahl der Ansitz verbunden ist.
Ansitzen (W3) [Adelung]
Ansitzen, verb. irreg. neutr. ( S. Sitzen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert. 1) An etwas sitzen, in weiterer Bedeutung, an etwas
befestiget seyn, doch nur im gemeinen Leben. Es sitzt so fest an, daß
es nicht los zu machen ist. Figürlich, mit unbeweglichen Gütern an
einen Ort gleichsam angeheftet seyn, in welcher Bedeutung aber nur das
Participium angesessen üblich ist. Er ist hier angesessen. Er ist mit
einem Rittergute, mit zweyen Häusern angesessen. S. auch Ansässig. 2)
Anfangen zu sitzen, doch nur im Bergbaue, wo vor einen Ort ansitzen
den Anfang einer Grubenarbeit an einem Orte bezeichnet, weil selbige
gemeiniglich sitzend verrichtet wird. In ein fremdes Feld, in einen
Stollen ansitzen. In dieser Bedeutung ist auch das Hauptwort die
Ansitzung üblich.
Ansitzer (W3) [Adelung]
Der Ansitzer, des -es, plur. ut nom. sing. in dem Bergbaue, 1) ein
Bergmann, welcher vor Ort ansitzet, oder die Ansitzarbeit verrichtet.
2) In etwas verächtlichem Verstande, einer, der in fremdes Feld oder
Stollen ansitzet, d. i. widerrechtlich, in ein fremdes Gebieth bauet.
Ansod (W3) [Adelung]
Der Ansod, S. Ansud.
Ansonst (W3) [Adelung]
* Ansonst, die ohne Noth verlängerte Partikel sonst, welche nur noch
in dem Kanzelley-Style vorkommt.
Anspalten (W3) [Adelung]
Anspalten, verb. reg. act. außer, daß es im Particip. Pass.
angespalten hat, S. Spalten; ein wenig spalten, anfangen an etwas zu
spalten. Ein Stück Holz vorn anspalten, um z. B. den Keil hinein zu
treiben; im Oberdeutschen anschließen, und in den gemeinen Sächsischen
Mundarten anspellen und anspillen. Daher die Anspaltung.
Anspann (W3) [Adelung]
* Die Anspann, plur. die -e, oder der Anspann, des -es, plur. die -e,
1) An einigen Orten Zugvieh, welches zusammen an einen Wagen gespannet
werden kann, wofür man doch häufiger ein Gespann sagt. In
Oberdeutschland ist dieses Wort männlichen, in Sachsen aber größten
Theils weiblichen Geschlechtes. 2) Ein Frohndienst, der mit Zugviehe
verrichtet werden muß, ingleichen die Verbindlichkeit dazu,
Spanndienste; gleichfalls nur in einigen Gegenden.
Anspannen (W3) [Adelung]
Anspannen, verb. reg. act. 1) Spannend an etwas befestigen, an etwas
spannen. Die Pferde anspannen, an den Wagen. Ingleichen metonymisch,
den Wagen anspannen. Anspannen lassen, die Pferde an den Wagen spannen
lassen. Es ist schon angespannet. Figürlich, doch nur in niedrigen
Ausdrücken, einen zu etwas anspannen, sich seiner Hülfe zu etwas
bedienen.2) Heran spannen, straff anziehen. Ein Tuch anspannen. Ein
Seil stark anspannen. In figürlicher Bedeutung, alle Kräfte, besonders
alle Kräfte des Geistes anwenden, anstrengen.
Alle seine Kräfte zu etwas anspannen. Seinen Verstand anspannen. Hier
spannt, o Sterbliche, der Seele Sehnen an, Hall. So auch die
Anspannung.
Anspänner (W3) [Adelung]
Der Anspänner, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In Sachsen, ein Bauer,
der Zugvieh halten kann, und damit die Frohndienste verrichtet, im
Gegensatze der Kothsassen, Hintersassen oder Handfröhner, welche so
wenig Land haben, daß sie kein Zugvieh darauf halten können, und daher
mit der Hand fröhnen müssen. Dergleichen Anspänner, werden in Sachsen
auch Pferdebauern, Pferdner, an andern Orten aber Spannleute,
Ausspänner, und Bauern im engstem Verstande genannt, und wenn sie ein
vollständiges Bauerngut, d. i. eine so genannte Haupthufe besitzen, so
heißen die auch Halbhüfner, Hüfner, Vollspänner, Vollmeier, im
Gegensatze der Halbhüfner, der Halbmeier, die nur ein Stück einer
solchen Hufe im Besitze haben. S. auch Bauer. 2) In einem andern
Verstande ist ein Anspänner oder Anspänniger derjenige, welcher ein
Pferd auf gemeine Unkosten zum Dienst der Obrigkeit hält. So müssen in
Ulm die Anspänniger bey heftigem Sturme in der Nacht aufsitzen und in
der Stadt herum reiten. Vielleicht ist es in dieser Bedeutung aus
Einspänniger verderbt, welches S.
Anspännergut (W3) [Adelung]
Das Anspännergut, oder Anspanngut, des -es, plur. die -güter, ein
Bauerngut, welches dem Grundherren mit Zugvieh zu Hofe dienet.
Ansperren (W3) [Adelung]
Ansperren, verb. reg. act. an etwas sperren, durch ein Gesperr an
etwas befestigen. So wird die Buchdrucker-Presse an die obere Decke
angesperret.
Anspeyen (W3) [Adelung]
Anspeyen, verb. irreg. act. S. Speyen, an etwas speyen, den Speichel
an etwas werfen, besonders als ein Merkmahl der höchsten Verachtung
und Abscheues. In figürlichen Bedeutung, für verabscheuen, doch nur in
der gemeinen und niedrigen Sprechart. Der speyt der Sünden Gräuel an,
Gryph.
Anspielen (W3) [Adelung]
Anspielen, verb. reg. neutr. mit haben. 1) Den Anfang mit Spielen
machen, den ersten Zug, den ersten Wurf thun. 2) Auf etwas anspielen,
im Reden oder Schreiben darauf zielen, es dunkel bezeichnen, darauf
alludiren. Daher die Anspielung, so wohl für die Handlung, als auch
für denjenigen Theil einer Rede, der eine andere Sache dunkel
bezeichnet, sich bloß darauf beziehet; die Allusion. Drucken sie sich
immer ohne so gelehrte Anspielungen aus.
Anm. Man könnte anspielen zu
dem alten Spellan, reden, sprechen, rechnen, wovon Beyspiel, Vorspiel,
Widerspiel und vielleicht auch Kirchspiel abstammen. Allein es
scheinet vielmehr eine buchstäbliche Übersetzung des Latein. Alludere
und Allusio zu seyn. Notker gebraucht dafür Zuspielung, nach einer
eben so buchstäblichen Übersetzung. Disun pfalmum zierrent misseliche
zuspilunga die allusiones heizzent, sagt er am Ende des 28sten Pf. Im
Angelsächsischen bedeutete Anspel Muthmaßung.
Anspießen (W3) [Adelung]
Anspießen, verb. reg. act. an einen Spieß stecken, mit einem
spitzigen Körper als mit einem Spieße durchstechen. Einen Frosch
anspießen. Einen Braten anspießen. Daher die Anspießung.
Anspinn (W3) [Adelung]
* Die Anspinn, plur. die -e, dem Frisch zu Folge, ein dicker Ring,
welchen man unten n die Spindel steckt, das Gleichgewicht im Drehen zu
erhalten, und welcher auch der Spindelwirtel genannt wird.
Anspinnen (W3) [Adelung]
Anspinnen, verb. irreg. act. S. Spinnen. 1) Durch Spinnen mit etwas
verbinden. Einen Faden an den andern anspinnen. Die Spinne hat ihr
Gewebe an die Mauer gesponnen. 2) Anfangen zu spinnen. Einen Rocken
anspinnen, anfangen daran zu spinnen, so daß er erst kraus werde. 3)
Etwas Böses mit Überlegung anfangen oder verursachen. Etwas
Bösesanspinnen, anstiften. Einen Krieg, Aufruhr, Unruhe, Zank, böse
Händel anspinnen. Ingleichen als ein Reciprocum, nach und nach
entstehen. er hat sich ein Krieg angesponnen. Wenn sich nur da nichts
anspinnet, Less. wenn nur da nichts Böses entstehet. Daher die
Anspinnung.
Anspitzen (W3) [Adelung]
Anspitzen, verb. reg. act. eine Spitze an etwas machen. Ein Messer,
eine Schere anspitzen. Daher die Anspitzung.
Anspornen (W3) [Adelung]
Anspornen, verb. reg. act. mit den Spornen antreiben. Ein Pferd
anspornen. Figürlich, in einem hohen Grade anreitzen. Die Ehre spornet
edle Gemüther zu großen Thaten an. Dieses Vorurtheil spornet unsere
Begierden an. Zu wenig spornt für ihres Nächsten Glück Ein edler Trieb voll reiner Wollust an, Kästn. Daher die Anspornung.
Ansprache (W3) [Adelung]
* Die Ansprache, plur. die -n, von dem folgenden Verbo, so wohl für
die Handlung des Ansprechens, in dessen sämmtlichen Bedeutungen, doch
ohne Plural; als auch für den Grund, warum man eine Sache gerichtlich
anspricht. In beyden Bedeutungen ist dieses Wort im Oberdeutschen
häufiger, als im Hochdeutschen, wo man dafür lieber Anrede, Anspruch
u. s. f. gebraucht. S. Haltaus v. Ansprache, wo die Bedeutung einer
Anklage mit vielen Beyspielen erläutert wird.
Ansprechen (W3) [Adelung]
Ansprechen, verb. irreg. ( S. Sprechen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit haben, laut werden, einen Ton von
sich geben, aber wohl nur allein von musikalischen Instrumenten. Wenn
die Canzellen in den Orgeln Risse bekommen, so sprechen oft die
Nebenpfeifen zugleich mit an.II. Als ein Activum.1. Mit Worten
anzeigen. In dieser Bedeutung kommt es nur noch bey den Jägern vor, wo
man einen Hirsch, oder eine Sau anspricht, wenn man anzeiget, daß man
sie gesehen habe. Ingleichen nennen, doch auch nur bey den Jägern. Im
dritten Jahre wird ein junges Schwein nicht mehr Frischling
angesprochen, genannt. In der Brunst wird das Schwein ein Keiler, die
Sau eine Bache, oder das Schwein für einen Keiler, die Sau für eine
Bache angesprochen. Zu frey heraus ansprechen, eben daselbst, zu
voreilig urtheilen. Daß das einfache sprechen ehedem auch so viel als
nennen, ingleichen mit Worten ausdrücken, bedeutet habe, ist an seinem
Orte gezeiget worden.2. Zu einem sprechen, die Rede an ihn richten,
ihn anreden. 1) * Überhaupt, für anreden, Nieders. anspreken, welche
Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist, ob sie gleich im
Oberdeutschen häufig vorkommt. 2) Insbesondere, mit verschiedenen
Nebenbegriffen. (a) * Grüßend anreden. Ich will mit wenig Volk kommen,
friedlich, daß ich dich anspreche, 1. Maccab. 7, 28. Da sprachen sie
einander an, und blieben über Nacht da bey einander, Kap. 11. 6. Daß
ich euch sehen und ansprechen möchte, Apostelg. 28. 20. Ingleichen für
besuchen, zu einem gehen, in welcher Bedeutung es unter andern im
Schwabenspiegel Kap. 9, 2. vorkommt. In beyden Fällen ist es im
Hochdeutschen gleichfalls veraltet, nachdem es im gemeinen Leben durch
das Wort zusprechen verdränget worden. Doch sagt man noch bey einem
ansprechen, auf der Reise einen kurzen Besuch bey ihm abstatten, bey
ihm einsprechen. Er hat unter Weges bey mir angesprochen. Ich wußte
nicht, daß er bey mir ansprechen würde. (b) Bittend ansprechen. Einen
um etwas ansprechen. Einen um ein Almosen, um eine Gefälligkeit, um
ein Darlehen ansprechen. (c) * Fordernd ansprechen. Einen ansprechen,
ihn vor Gericht fordern, ihn verklagen. Etwas ansprechen, es in
Anspruch nehmen, ein Recht daran zu haben behaupten; im mittlern
Latein.
adclamare. Einen um etwas ansprechen, gerichtlich belangen. Auch diese
Bedeutung kommt nur noch zuweilen in den Gerichten vor. Ehedem war sie
in Ober- und Niederdeutschland häufiger, und in dem erstern ist sie es
noch. S. Haltaus h. v. wo auch die im Hochdeutschen gleichfalls nicht
mehr üblichen Wörter, Ansprecher, Kläffer, Ansprechiger, Bellagter,
ansprechig, worauf Anspruch gemacht wird, und ansprechiglich, erkläret
und erläutert werden. Völlig veraltet aber ist die R. A. einen
kämpflich ansprechen, ihn heraus fordern, welche im 13ten Jahrhunderte
in Schwaben gänge und gebe war. Nur die Jäger sagen noch von den
Saubellern oder Findern, daß sie eine Sau auf dem Lager ansprechen,
wenn sie selbige anbellen, und dadurch gleichsam heraus fordern,
welches auch verbeilen oder verbellen genannt wird. (b) + Das Feuer
ansprechen, für besprechen, im gemeinen Leben.
Anm. Opitz sagt an einem
Orte, wo er von den Thieren spricht: Das spitzt ein starkes Horn, der
spricht die Klauen an. Ich gestehe gern, daß dieser Gebrauch des Verbi
ansprechen, mir völlig unbekannt ist. Vielleicht enthält er ein eben
so ungewöhnliches und widersinniges Bild, als die erste Hälfte des
Verses, wo wohl niemand das Spitzen der Hörner vertheidigen wird.
Anspreitzen (W3) [Adelung]
Anspreitzen, verb. reg. act. an etwas spreitzen, d. i. mit einer
Spreitze oder in Gestalt derselben befestigen. Sich mit den Füßen
anspreitzen, an die Wand, oder an die Mauer. Die Brauer spreitzen den
Stellboden in dem Stellbottiche mit dem Spreitzbaume an. Daher die
Anspreitzung.
Ansprengen (W3) [Adelung]
Ansprengen, verb. reg. welches das Factitivum von dem Neutro
anspringen ist, anspringen machen, und zwar, 1) ein Pferd zum Galoppe
ansprengen, es durch die Spornen in den Galopp bringen. 2) Einen
andern ansprengen, im Sprunge oder Galoppe auf ihn zu reiten,
eigentlich das Pferd auf ihn anspringen lassen. Ehedem war hiervon in
Oberdeutschland auch die figürliche Bedeutung üblich, für angreifen,
feindlich anreden. Mich sprengen steche Zungen an, Opitz. Ingleichen,
eilfertig anreden. Und sprenget den mit Worten an, Hans Sachs. 3) Von
dem Schießpulver. Das Pulver hat ein Stück von der Mauer an das
Rathhaus angesprenget. 4) Mit einem flüssigen Körper besprengen.
Wasser ansprengen. Die Wäsche mit Wasser, das Getreide zum Mahlen in
der Mühle ansprengen. So auch die Ansprengung.
Anspringen (W3) [Adelung]
Anspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) welches mit dem
Hülfsworte seyn verbunden wird, an etwas springen. Es sprang ein Wolf,
ein Hund an mich an. In weiterer Bedeutung, mit Gewalt an etwas
angeworfen werden. Der Stein sprang an das Fenster an.
Anspritzen (W3) [Adelung]
Anspritzen, verb. reg. 1. Activum, spritzend an etwas werfen. Einen
anspritzen, mit Wasser bespritzen. Daher die Anspritzung. 2. Neutrum,
mit dem Hülfsworte seyn, spritzend an etwas angeworfen werden. Der
Koth ist an den Wagen angespritzet.
Anspruch (W3) [Adelung]
Der Anspruch, des -es, plur. die -sprüche. 1) Die Handlung des
Ansprechens, theils bey den Jägern für Anzeige, Urtheil, Benennung,
theils aber auch so fern dieses Verbum ein Recht auf etwas behaupten
bedeutet. In diesem letztern Falle bezeichnet Anspruch so wohl sie
Äußerung dieses Rechtes und die Forderung Kraft desselben. Eine Person
oder eine Sache in Anspruch nehmen, Anspruch darauf machen,
Anforderung darauf machen. Als auch, das Recht, oder den Grund, warum
man eine Person oder Sache in Anspruch nimmt. Ansprüche an, oder auf
etwas haben. Die Freundschaft hat also gar keinen Anspruch auf ihre
Freygebigkeit? Weiße. Seine Ansprüche auf etwas fahren lassen,
aufgeben. Daher das Anspruchswapen, in derWapenkunst, das Wapen eines
Landes, auf welches man Anspruch macht. Ingleichen figürlich, den
Besitz einer Sache auf eine verdeckte oder mittelbare Weise behaupten.
Anspruch auf Tugend, auf Verstand machen.
Anm. In Oberdeutschland,
besonders in Österreich, ist auch das einfache Spruch in eben dieser
Bedeutung üblich. Wer daran Sprüche oder Forderungen hat. Ansprache,
Anrecht, und im Niedersächsischen Bisprake kamen ehedem in eben
derselben Bedeutung vor. In den Kanzelleyen hat man auch die Adjectiva
ansprüchig und anspruchlos. Etwas ansprüchig machen, besser Anspruch
darauf machen. Ein anspruchloses Gut, worauf niemand Anspruch hat.
Ansprung (W3) [Adelung]
Der Ansprung, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des Anspringens.
Einen Ansprung nehmen, einen Anlauf. 2) Dasjenige, was anspringet;
doch nur in der ungewöhnlichen Bedeutung des Verbi, da es für
ausschlagen gebraucht wird. So verstehet man unter Ansprung einen
gewissen Ausschlag der Kinder, der sich an dem Kopfe und hinter den
Ohren anfänget. als eine Rinde zusammen wächset, oft den ganzen Leib
überziehet, und auch der Milchschorf genannt wird; Latein. Lichen,
Mentagra.
Anspucken (W3) [Adelung]
* Anspucken, verb. reg. act. den Speichel an etwas werfen, wie
anspeyen; am häufigsten in Niedersachsen.
Anspülen (W3) [Adelung]
Anspülen, verb. reg. welches nur von fließenden Körpern gebraucht
wird. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, im Fließen
berühren. Der Fluß spület an die Stadtmauer an, welcher Gebrauch im
Hochdeutschen wenig vorkommt. 2. Als ein Activum, heran spülen, im
Fließen ansetzen, anschwemmen. Der Fluß spület immer neues Land an.
Daher die Anspülung.
Anstählen (W3) [Adelung]
Anstählen, verb. reg. act. vorn mit Stahl versehen. Ein Werkzeug
anstählen.
Anstalt (W3) [Adelung]
Die Anstalt, plur. die -en. 1) Die Handlung des Anstellens, der
Vorbereitung einer Sache; ohne Plural. Dieser Lobspruch kommt mehr dem
Gärtner als meiner Anstalt zu, Gell.2) Dasjenige, was angestellet oder
angeordnet wird, und zwar, (1) dasjenige, was als eine Vorbereitung zu
etwas angeordnet wird. Anstalt zum Essen, zu einem Gastmahle, zu einer
Reife machen. Es werden schon alle Anstalten dazu gemacht. Es sind
bereits alle Anstalten dazu getroffen. Ich sehe noch wenig Anstalt
dazu, Gell. Damit er einige Anstalt zu unserm Empfange mache, Weiße.
(2) Eine jede nach gewissen Regeln mit Personen und Sachen gemachte
Einrichtung. Öffentliche Anstalten, welche von der Obrigkeit zum
allgemeinen Besten gemacht werden. Privat-Anstalten, welche von
Privat-Personen zu ihrem besondern Nutzen gemacht werden. Bürgerliche,
kirchliche, Justiz-Polizey-Manufactur-Anstalten u. s. f. Auf diese Art
werden nicht nur Städte und Dörfer selbst, sondern auch alle in
denselben befindliche Collegia, Innungen und Zünfte, Manufacturen,
Arbeits-Zucht- und Waisenhäuser, Kunst- und Werkschulen u. s. f.
Anstalten genannt.3) Ordnung und Abhängigkeit, welche zu einer jeden
Anstalt nothwendig sind. Es kann nichts aus der Sache werden, denn es
ist keine Anstalt da.
Anstammen (W3) [Adelung]
Anstammen, verb. reg. act. als ein Erbgut mittheilen, doch nur von
vornehmen, wenigstens adeligen Personen, deren Geschlecht man auch
einen Stamm zu nennen pfleget, für anerben. Einem etwas anstammen. Es
ist ihm angestammet; welche Arten des Gebrauches doch im Hochdeutschen
nicht so üblich sind, als das Participium angestammt. Eine angestammte
Tugend. Er hat um Florenz viel angestammte Güter, Haged.
Anstämmen (W3) [Adelung]
Anstämmen, verb. reg. act. die Füße steif machen und fest an etwas
ansetzen, von Stamm, stipes. Die Füße an die Wand
anstämmen. Das Knie an den Schild anstämmen. Sich an die Wand
anstämmen. In andern Gegenden anspreitzen, ansteuern, und im Lateine
der mittlern Zeiten adpodiare, apodiare. Daher die Anstämmung.
Anstampfen (W3) [Adelung]
Anstampfen, verb. reg. act. fest an einen andern Körper stampfen. Die
Nadler stampfen den Kopf an, wenn sie ihn auf die Nadel stampfen,
welches auch anköpfen genannt wird. So auch die Anstampfung.
Anstand (W3) [Adelung]
Der Anstand, des -es, plur. inusit. von dem Verbo anstehen.1. Das
Anstehen, und zwar, 1) in der eigentlichen Bedeutung des Verbi. In
diesem Sinne bedeutet auf den Anstand gehen, bey den Jägern, sich an
einen bequemen Ort stellen und auf Wildbret warten. S. auch weiter
unten Num. 4. 2) In der figürlichen Bedeutung, für Aufschub, Unterbrechung eines Geschäftes. Anstand begehren. Die Sache leidet
keinen weitern Anstand, keinen Verzug. Der Sache noch einigen Anstand
gönnen. Ohne Anstand, sogleich. Keinen Anstand nehmen, etwas zu thun.
Bewundere den Mann, der bey Thermopylä fiel, und nicht Anstand nahm, für das Vaterland zu sterben, Dusch; wo es aber für den warmen
biblischen Styl zu matt ist. Anstand der Gerichte, ist in
Oberdeutschland auch für die so genannten Vacanzen oder Ferien üblich,
und Anstand, für Waffenstillstand, kommt so wohl in Kenners
Niedersächsischer Chronik, als auch bey dem Logau vor. In einer
Urkunde von 1462 bey dem Haltaus h. v. findet sich in dieser Bedeutung
auch der Plural, die Anstände, der aber sonst nicht üblich ist. Die R.
A. bey dem Opitz, Anstand mit etwas machen, mach Anstand mit den
Winden, ist im Hochdeutschen gleichfalls nicht gewöhnlich.2.
Dasjenige, was einen Anstand in dieser letztern Bedeutung verursacht,
Zweifel, Bedenklichkeit. Etwas in Anstand ziehen. Eine Sache außer
Anstand setzen. Einen Anstand über etwas haben. Anstand in etwas
nehmen. Bedenken tragen. Es ergeben sich Anstände, bedenkliche
Umstände.3. Dasjenige, was anstehet, so fern dieses Verbum das
Schickliche in dem äußern Betragen ausdruckt, das Verhältniß des
äußern Betragens mit den innern Vollkommenheiten, die man hat, oder
doch vermöge seines Standes und Berufes, und der jedesmahligen
Umstände haben sollte. Ein guter, ein schlechter Anstand. Er tanzt mit
einem vortrefflichen Anstande. Der Redner hat einen schlechten
Anstand. In seiner Kleidung herrscht ein unverbesserlicher Anstand.
Welch edler Anstand herrscht in seiner jungen Miene! Weiße. In engerer
Bedeutung, der gute Anstand. Er hat den rechten Anstand, der sich für
einen Hofmann schickt. Sie ward mit Anstand stolz und frey, Haged. Der
schwarzen Augen schlauer Scherz, Der Anstand lockender Geberden,
Bezauberten ein jedes Herz, Haged. Der Anstand, Franz. Air, ist ein
Theil des Wohlstandes, S. dieses Wort.4. Der Ort, wo man sich an- oder
hinstellet, doch nur bey den Jägern, wo es einen bequemen Ort
anzeiget, wo der Jäger das Wildbret erwartet. Auf den Anstand gehen.
Ein Stück Wild auf dem Umstande schießen. Ingleichen der Ort, wo man
stehen bleibt, wenn man nach einem gewissen Ziele schießet; in welcher
Bedeutung man wohl auch zuweilen den Plural die Anstände höret.
Anm.
Frisch führet Anstand auch in der Bedeutung einer anständigen
Gelegenheit an; ich habe einen guten Anstand gefunden. Allein diese
Bedeutung wird wohl nur in einigen besondern Gegenden üblich seyn,
Hochdeutsch ist sie wenigstens nicht. Anastantida wird in Boxhorns
Glossen durch Standhaftigkeit,Beständigkeit erkläret. Anstand in der
dritten Bedeutung, ist von den neuern Schriftstellern eingeführet
worden, das Franz. Air auszudrucken. Gottsched tadelte es, und wollte
dafür Anständigkeit gebraucht haben; allein man darf nur beyde Wörter
mit einander vergleichen, so wird man überzeugt werden, daß er die
wahre Bedeutung des erstern nicht einmahl gekannt hat.
Anständig (W3) [Adelung]
Anständig, -er, -ste, adj. et adv. was Anstand hat.1. So fern Anstand
von anstehen, decere, abgeleitet ist. 1) Von dem äußern Betragen und
dessen richtigen Verhältnisse mit den Vollkommenheiten und dem Stande
einer Person. In dieser Bedeutung scheinet es nicht üblich zu seyn;
denn ob man gleich sagt, anständig tanzen, eine anständige Kleidung,
so findet doch hier mehr einer der folgenden Begriffe, als dieser
eingeschränkte Statt. 2) Von sittlichen Handlungen, der Würde, den
Verhältnissen einer Person oder Sache gemäß; in Gegensatze
unanständig. Das ist einer fürstlichen Person anständig. Glaubest du,
daß es einem Vater anständig ist, seinem Kinde die Wahrheit zu
verhehlen? 3) In noch weiterer Bedeutung, einer Person und Sache
gemäß. Eine anständige Bedienung. Er weiß von einer jeden Sache sehr
geschickt und anständig zu urtheilen. Eine anständige Kleidung.2. So
fern Anstand von anstehen, placere, abstammet, eines Wünschen und
Absichten gemäß. Dieser Antrag ist mir nicht anständig, gefällt mir
nicht. Das Haus wäre mir wohl anständig, wenn es nur nicht so theuer
wäre.
Anständigkeit (W3) [Adelung]
Die Anständigkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft einer Sache,
nach welcher sie anständig ist; ohne Plural. (1) Die Eigenschaft des
äußern Betragens so wohl, als des sittlichen Verhaltens, nach welcher
es der Würde und den jedesmahligen Umständen einer Person gemäß ist;
als das Abstractum von Anstand, und der Gegensatz von Anständigkeit.
Die Anständigkeit einer Handlung bestreiten. (2) Die Übereinstimmung
einer Sache mit unsern Absichten, welche man mit einem fremden Worte
die Convenienz zu nennen pflegt. Das Recht der Anständigkeit, das
Convenienz-Recht, das Recht, dasjenige zu thun, was unsern Absichten
gemäß ist. 2) Eine Sache, die unsern Absichten gemäß ist; mit dem
Plural.
Anstandsbrief (W3) [Adelung]
Der Anstandsbrief, des -es, plur. die -e, in den Rechten, eine
Urkunde, worin der Landesherr einem Schuldner Anstand ertheilet, d. i.
ihn auf eine gewisse Zeit wider seine Gläubiger in Schutz nimmt; ein
Schutzbrief, eiserner Brief, Litterae judiciales, Moratorium.
Anstängeln (W3) [Adelung]
Anstängeln, verb. reg. act. an Stängel befestigen, im Feld- und
Gartenbaue. Den Hopfen, die Bohnen anstängeln.
Anstarren (W3) [Adelung]
Anstarren, verb. reg. act. starr ansehen, und in weiterer Bedeutung,
mit Verwunderung betrachten. Was starrt ihr Freunde so einander an?
Schleg. Er starrt Personen an, wovon er keine kennt, Zach. Ich starrte
jedes Ding als fremde Wunder an, Hall. Und starret sie aus (besser
mit) großen Augen an, Wiel. Daher die Anstarrung.
Anstatt (W3) [Adelung]
Anstatt, eine Partikel, welche das Daseyn einer Person oder Sache an
der Stelle einer andern ausdruckt. Wenn dasjenige, an dessen Stelle
sich ein anderes befindet, durch ein Nennwort bezeichnet wird, so
stehet dieses in der zweyten Endung, welche von dem in der Partikel
befindlichen Hauptworte Statt herrühret. Ich wünsche, du gingest
anstatt meiner hin. Anstatt des Fürsten war ein Minister zugegen. Ich
will meine Freunde anstatt meines Herzens zu Rathe ziehen. Bestehet
solches aber aus
einem Verbo, oder aus einem ganzen Satze, so folget entweder der
Infinitiv mit zu, oder die Conjunction daß. Anstatt zu kommen, blieb
er weg, oder anstatt daß er kommen sollte, blieb er weg. Scheint stolz
auf seine Schmach, anstatt beschämt zu seyn, Wiel. Anstatt, daß sie
uns in der Gefahr beystehen sollten, so zeigen sie uns den Ursprung
und die Größe derselben, Gell.
Anm. Es ist mit der Präposition an und
dem Substantive Statt, Ort, zusammen gesetzet, daher es auch einige
getheilet an Statt, und andere, obgleich sehr unrichtig, an statt
schreiben. Zuweilen kann diese Partikel getrennet werden, da denn
zwischen beyden Hälften der Genitiv des Nennwortes eingeschaltet wird.
Ich wünsche, du gingest an meiner Statt hin. An des Fürsten Statt war
ein Minister zugegen. Du seufzest darüber, daß deine Väter nicht an
deiner Statt Schweiß vergossen haben, Dusch. Ja es gibt Fälle, wo die
Theilung nothwendig ist; z. B. einen an Kindes Statt annehmen, wo
anstatt eines Kindes, ungewöhnlich ist. Wenn kein Nennwort vorhanden
ist, findet die Theilung ohne dies nicht Statt; wenn sie aber
geschiehet, so bekommt Statt billig ein großes S, weil es alsdann in
alle Rechte eines Substantives wieder eintritt. Auch kann zuweilen die
Präposition weggelassen und statt allein gesetzet werden. Ich
wünschte, du gingest statt meiner hin. Statt des Fürsten war ein
Minister zugegen. Sein Wort gilt statt eines Gesetzes. Da es hier ganz
die Gestalt einer Präposition hat, so fällt auch der große Buchstab
billig weg. An meine Statt, an deine Statt ist zwar nicht ganz
unrichtig, aber doch ungewöhnlicher, als die Wortfügung mit der
zweyten Endung des persönlichen Pronominis. Gebietet ir an meine
statt, sang schon Reimar der alte. Anstatt oder statt, in der
Bedeutung der Präposition für, etwas anstatt einer Wohlthat achten,
ist im Hochdeutschen veraltet; auch haben diejenigen keinen Beyfall
gefunden, welche für Pronomen Anstattwort einführen wollten.
Anstäuben (W3) [Adelung]
Anstäuben, verb. reg. act. den Staub an etwas gehen lassen. Einen
anstäuben. Daher die Anstäubung.
Anstauchen (W3) [Adelung]
Anstauchen, verb. reg. act. Das Getreide anstauchen, in der
Landwirthschaft, es zum Ausdreschen auf der Tenne zurecht legen, wie
anlegen.
Anstaunen (W3) [Adelung]
Anstaunen, verb. reg. act. erstaunend ansehen. Etwas anstaunen. So
auch die Anstaunung.
Anstechen (W3) [Adelung]
Anstechen, verb. irreg. act. S. Stechen.1. An etwas stechen, in die
Seitenfläche einer Sache stechen; und zwar,1) In eigentlicher
Bedeutung. Das Pferd anstechen, mit den Spornen. Die Ochsen anstechen,
mit der Stachel. Wie wenn im WettelaufenSich einer ganz bemüht, vor
dem gemeinen Haufen Zu treffen auf den Zweck, sticht seinen Klepper
an, Opitz. In dieser eigentlichen Bedeutung ist es, wenigstens im
Hochdeutschen, wenig gebräulich. Im Oberdeutschen sagt man dafür auch
anstacheln, anstochern, anstupsen, und im Niedersächsischen anpricken
und anprickeln.2) In weiterer Bedeutung, doch nur mit dem Zeitworte
kommen, und im gemeinen Leben. Angestochen kommen, nach dem
Niedersächsischen anstakern kamen, d. i. wie es in dem Brem. Nieders.
Wörterbuche erkläret wird, mit langen dürren Beinen als auf Staken, d.
i. Stangen, einher treten. Da kommt er angestochen. Ingleichen für
kommen schlechthin, doch in verächtlicher Bedeutung. Das Blättchen
schoß mir gleich, da sieangestochen kam. In noch weiterer Bedeutung,
komm mir damit nicht angestochen, rede mir davon nicht.3) Figürlich,
mit anzüglichen Worten auf jemanden zielen, gleichfalls nur im
gemeinen Leben. Einen anstechen. Einen mit Worten anstechen. Lindus
ward einst im Gelag oft mit Worten angestochen, Logau. 2. Anfangen zu
stechen, und in weiterer Bedeutung, anfangen, von etwas zu nehmen. Ein
Faß, ein Gefäß Butter anstechen, weil solches vermittelst eines
Stiches geschiehet. Auf gleiche Art sagt man auch im gemeinen Leben,
einen Haufen Korn, ein Holz-Kohlen- oder Heuschiff, einen Korb mit
Seefischen, eine Tonne Häringe anstechen, wenn solches gleich nicht
vermittelst eines Stiches geschiehet. Angestochen seyn, figürlich,
einen Rausch haben, welcher Gebrauch aber auch einer Figur der ersten
Bedeutung seyn kann.Daher die Anstechung, welches in allen Bedeutung
des Verbi gebraucht werden kann.
Anstecken (W3) [Adelung]
Anstecken, verb. reg. act. I. An ein anderes Ding stecken, und
zwar,1) Eigentlich. Den Braten anstecken, an den Bratspieß. Den Ring
anstecken, an den Finger. Das Rad anstecken, an die Achse. Ingleichen,
mit Nadeln an etwas befestigen. Einen Brief an den Vorhang anstecken.
Ein Band anstecken. Daher die Ansteckärmel, kurze leinene Ärmel mit
Streifen des andern Geschlechtes, welche an das Hemd angestecket
werden.2) In figürlichen Bedeutung. (a) Anzünden, doch nur im gemeinen
Leben, Niedersächsisch ansticken. Eine Fackel, ein Licht anstecken.
Die Feinde haben das Haus, die Stadt angesteckt. Das Feuer steckte
auch die benachbarten Häuser an. Sie droheten, uns das Haus über dem
Kopfe anzustecken. Stecken bedeutet überhaupt, eine Sache in die
andere thun. Diese Bedeutung setzt daher voraus, daß das Feuer in oder
an diejenige Sache, welche angezündet werden soll, gesteckt wird. Bey
dem Anstecken eines Lichtes ist es umgekehret, indem dasselbe an das
Feuer gesteckt wird. (b) Mittheilen, doch nur von Krankheiten, durch
die Ausdünstung mittheilen, und nach einer noch weitern Figur, auch
von Irrthümern, Thorheiten, Lastern u. s. f. Eine ansteckende
Krankheit, die sich durch Berührung, oder durch die bloße Ausdünstung
andern mittheilet. Die Blattern stecken an, sind eine ansteckende
Krankheit. Von oder mit einer Krankheit angestecket werden. Ein
räudiges Schaf stecket die ganze Herde an. Der Aberglaube hat ganze
Länder mit seinem Gifte angestecket. Welch ein Bösewicht hat deine
Vernunft mit seiner Raserey angesteckt? Dusch. Ein ungesunder Verstand
steckt oft auch das Herz an.2. Anfangen zu stecken. 1) In den
Bergwerken, wo es so viel bedeutet, als mit Pfählen zu befestigen oder
zu verbauen anfangen. Die Strecke muß mit Getreide angestecket werden,
welches im lockern Gebirge geschiehet, das Einfallen zu verhindern. 2)
Ein Faß Bier, oder Wein anstecken, anfangen davon zu zapfen, weil ein
solches Faß mit dem Ansteckneber oder Ansteckbohrer angebohret, und
alsdann der Hahn hinein gestecket wird. In den gemeinen Mundarten sagt
man dafür anstechen.So auch die Ansteckung in allen obigen
Bedeutungen.
Anm. Da anstecken eigentlich aus der Niedersächsischen
Mundart herstammet, so darf man sich nicht wundern, wenn die ältern
Oberdeutschen Schriftsteller dieses Verbum, mit dem ihnen eigenen
Hauchlaute, anstechen ausdrucken. Ein mast mit stachel wol geslagen,
Da was sein Vane gestechet an. Ein Mast mit Stahl wohl beschlagen,
daran wurde seine Fahne
angestecket, heißt es in Strykers Rhythm. Abschn. 28. S. Stechen und
Stecken.
Ansteckkiel (W3) [Adelung]
Der Ansteckkiel, des -es, plur. die -e, in den Bergwerken, eine
angebohrte Röhre, welche unter dem Steckelkiel angestecket wird, damit
man im Gewältigen weiter unter das Wasser gelangen könne.
Anstehen (W3) [Adelung]
Anstehen, verb. irreg. neutr. ( S. Stehen,) welches theils mit dem
Hülfsworte haben theils mit seyn, verbunden wird.1. Mit dem Hülfsworte
haben, wenn es überhaupt an etwas stehen, oder an der Seite einer
Sache befindlich seyn bedeutet; und zwar,1) In eigentlicher Bedeutung,
welche aber in dem gemeinen Gebrauche wenig vorkommt. Doch sagt man in
den Bergwerken, in weiterer Bedeutung: ein Gestein, worauf das Gold
sehr sichtlich anstehet, angeflogen stehet.2) In figürlichen
Bedeutung. (a) An einem stehen, d. i. in die Augen fallen, von
Kleidungsstücken und Handlungen, in Beziehung auf die Person, die sie
trägt, oder verrichtet. Dieses Kleid stand ihm sehr gut an. Das Tanzen
hat ihm sehr schlecht angestanden. Ingleichen von moralischen
Handlungen, eines Würde und übrigen Verhältnissen angemessen seyn. Wie
es mir altem Manne wohl anstehet, 2. Maccab. 6, 27. Einem Laufer
stehets nicht wohl an, daß es reich ist, Sir. 14, 3. Dergleichen
Unwahrheiten stehen einem ehrlichen Manne nicht an. Ein Vorsatz
gleicher Art steht nur Rebellen an, Less. Wenn eine Gottheit
wäre,Stehts einer Gottheit an, daß ihre Macht zerstöre? Dusch.
Gebiethe deinem Zorn; er steht so sanften Blicken, Wie deinen, wenig
an, Weiße. In dieser Bedeutung ist anstehen bereits alt. Ich weis
nicht was dir bas an ste, heißt es in Winsbecks Gedichte, Str. 22. Das
minen iaren wol anstat. ebend. Str. 9. Das stuende im lobelichen an,
singt Reimar der alte. S. auch den Schwabenspiegel Kap. 24, 5. (b)
Jemandes Willen gemäß seyn, im harten und gebietherischen Verstande.
Dergleichen Betragen stehet mir nicht an. Deine Lebensart stehet
deinem Vater gar nicht an. Sie hat ihm ja vor ein Paar Stunden
angestanden, Gell. Es wird eben nicht leicht seyn, diese figürliche
Bedeutung auf eine ungezwungene Art aus der eigentlichen herzuleiten;
doch das hat sie mit den figürlichen Bedeutungen vieler anderen
Zeitwörter gemein. Die Niedersachsen gebrauchen ihr anstaan
gleichfalls in beyden figürlichen Bedeutungen. (c) Mit einem anstehen,
mit ihm in Gesellschaft treten, besonders bey dem gemeinschaftlichen
Anlaufe einer Sache. Wollen sie nicht mit anstehen? Ich habe mit
angestanden. Es scheinet, daß hier auch das Hülfswort seyn nicht am
unrechten Orte stehen würde; indessen wird es in dieser Bedeutung doch
von den meisten Hochdeutschen, besonders in Sachsen, mit haben
verbunden. (d) In einigen Gegenden sagt man von dem Gesinde, daß es
anstehe, wenn es anziehet, oder seinen Dienst antritt.2. Mit dem
Hülfswort seyn, so an etwas stehen, daß dadurch die Bewegung behindert
wird.1) Eigentlich. Der Wagen steht an, an einem Steine, oder an der
Mauer. Der Schrank steht an der Wand an, kann nicht weiter. Auch diese
Bedeutung kommt so gar häufig nicht vor; desto öfterer aber,2) Die
figürlichen. (a) In seinem Fortgange unterbrochen oder an der
Ausführung gehindert werden. Die Sache mag immer noch ein Paar Tage
anstehen. Es ist lange genug an-gestanden. Es wird nicht mehr ihrer
eine halbe Stunde anstehen, so wird er heraus kommen, Cron.
Ingleichen, anstehen lassen für aufschieben. Ich will die Sache noch
anstehen lassen. Sie lassen es auch gar zu lange anstehen. Das beste
wird seyn, daß sie die Verlobung etwa noch acht Tage anstehen lassen,
Gell. In dieser Bedeutung wird anstehen in Oberdeutschland häufig für
währen, dauern gebraucht. Es stund nicht an drey ganzer Tag, Theuerd.
Kap. 67. Nicht lang es blieb steen an, Das er den tewerlichen Mann
Fürt auf ein gefroren eys, ebend. Kap. 22. Ingleichen für fortdauern,
anhalten. Wegen lang anstehender Hitz, Bluntschli. (b) Seine
Entschließung anstehen lassen, Bedenken tragen. Ich stehe noch an, ob
ich dieses auch thun will. Ich werde keinen Augenblick anstehen, zu
dir zu kommen. Dein Verstand kann hier unmöglich anstehen, die Frage
zu beantworten. Er hätte doch einen Augenblick anstehen dürfen, sich
zu ergeben, Less. Wenn eine Präposition mit ihrer Endung dazu kommt,
so pflegt das Hülfswort haben auch wohl die Stelle des Hülfswortes
seyn einzunehmen, welches auch bey andern Neutris nichts seltenes ist.
Ich stand bey mir an, die Thür aufzumachen. Ich habe lange bey mir
angestanden. Man hat mit Fleiß damit angestanden.
Anm. 1. Die Lehre von
den Hülfswörtern, mit welchen die Neutra verbunden werden, ist im
Hochdeutschen noch sehr schwankend. Die Ursache davon ist, weil diese
Mundart aus der Oberdeutschen und Niedersächsischen zusammen geflossen
ist. Jene liebt bey ihren Neutris das seyn, diese das haben. Die
Hochdeutschen verbinden einige Neutra nach Art der Oberdeutschen mit
seyn, andere aber nach dem Beyspiele der Niedersachsen mit haben, und
bey noch andern sind beyde Hülfswörter beynahe gleich üblich. Das
letzte findet auch bey diesem Verbo Statt, und selbst dasjenige, was
oben in Ansehung des Gebrauches dieser Hülfswörter angemerket worden,
gründet sich nicht auf Regeln, sondern nur auf den häufigern Gebrauch;
daher man sich nicht wundern darf, wenn anstehen in einer und eben
derselben Bedeutung bald mit seyn, bald aber mit haben verbunden wird,
je nachdem der Redner oder Verfasser ein Oberdeutscher oder ein
Niedersachse ist. Die beyden Bedeutungen, da anstehen geziemen und
gefallen bedeutet, scheinen noch dem wenigsten Zweifel unterworfen zu
seyn, weil selbst die meisten Oberdeutschen in denselben das haben
gebrauchen.
Anm. 2. Das Niedersächsische anstaan bedeutet auch bevor
stehen, und kommt darin mit instare und dem Hochdeutschen instehen
überein. Das Anastantantlihostin kebete des Kero, ist eine bloß
buchstäbliche Übersetzung der instantissima oratio, für inständigst.
Im Oberdeutschen bedeutet um etwas anstehen, noch jetzt, darum
anhalten. In den Glossis Lipsii kommt anastandan auch für aufstehen
vor.
Ansteifen (W3) [Adelung]
Ansteifen, verb. reg. act. Sich an etwas ansteifen, sich mit steif
gemachten Füßen an etwas stellen, sich anstämmen. Daher die
Ansteifung.
Ansteigen (W3) [Adelung]
Ansteigen, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, S. Steigen.
1) Hinan steigen, in die Höhe steigen, in figürlicher Bedeutung von
Anhöhen und Flächen. Das Gebirge steigt sanft an, erhebt sich nach und
nach. Eine sanft ansteigende Fläche. 2) Heran steigen, gleichfalls in
figürlicher Bedeutung, aber nur im gemeinen Umgange und mit dem Verbo
kommen. Angestiegen kommen, mit großen, langsamen Schritten heran
kommen. - Doch, schon kommt er angestiegen, Weiße.
Anstellen (W3) [Adelung]
Anstellen, verb. reg. welches in seinen meisten Bedeutungen das
Factitivum von sich anstehen ist. Es bedeutet aber,
1. Überhaupt, eine Sache an die andere stellen, d. i. stehen machen,
ohne Rücksicht auf das Verhältniß mit andern Dingen.1) In eigentlicher
Bedeutung, in welcher es aber nicht üblich ist, weil man sich in
derselben lieber des einfachen stellen mit dem Vorworte an bedienet.2)
In weiterer Bedeutung. Sich anstellen, sich auf einen Hasen anstellen,
bey den Jägern, sich an einen Ort stellen, und auf einen Hasen oder
anderes Wildbret lauern. Arbeiter anstellen, oder zu etwas anstellen,
bestellen, gleichsam an die aufgegebene Arbeit stellen, wofür man auch
anlegen sagt. Holzhacker, Leute zum Treibejagen, Gräber u. s. f.
anstellen. Im Lateine der mittlern Zeiten adponere. In Oberdeutschland
gebraucht man dieses Wort in noch weiterer Bedeutung von allen Ämtern
und Bedienungen. Einen als Hofrath, als Einnehmer, zum Amtmanne
anstellen. Hieher gehöret auch der figürliche Gebrauch, der aber alle
Mahl einen nachtheiligen Nebenbegriff hat. Einen zu etwas anstellen,
anstiften, zu einer bösen oder unanständigen Handlung bewegen. Er ist
von bösen Leuten angestellet worden, mich zu beschimpfen. Sein eigener
Bruder hat ihn dazu angestellet. Im Niedersächsischen wird auch das
einfache stellen in diesem Verstande gebraucht. Das Bild ist ohne
Zweifel von einem Jäger hergenommen, der sich zum Untergange des
Wildes hinterlistig an einen Ort stellet.3) * Figürlich, und zwar, (a)
in Rücksicht auf die unterbrochene Bewegung, anstehen machen, den
Fortgang einer Sache hemmen. Ein Geschäft, Uneinigkeiten,
Feindseligkeiten anstellen. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen
völlig veraltet. Sie muß aber ehedem sehr üblich gewesen seyn, wie aus
den vielen Beyspielen erhellet, die Haltaus h. v. davon anführet. (b)
In Rücksicht auf die Ruhe, in welche eine Sache nach unterbrochener
Bewegung geräth. Hierher gehören vermuthlich die im gemeinen Leben und
einigen Lebensarten so gewöhnlichen Redensarten., Aquavit, gebrannte
Wasser, Dinte anstellen, die dazu nöthigen Dinge vermischen und
einweichen. Essig anstellen, ihn in Ruhe setzen, damit er sauer werde.
Eine Blauküpe anstellen, bey den Färbern; die Farbe in derselben
zubereiten. Bier anstellen, oder stellen, die Hefen hinein thun, und
es zum Gähren in Ruhe stellen.2. In Rücksicht auf die Ordnung und auf
das Verhältniß mit andern Dingen, welcher Begriff in dem einfachen
Zeitworte stellen liegt, aber hier nur in den figürlichen Bedeutungen
vorkommt.1) Anstalt zu etwas machen, veranstalten, eine Sache nach
allen ihren Umständen zur Wirklichkeit bringen, doch nur in einigen
bereits eingeführten Fällen. Eines Reise, eine Tanz, ein Gastmahl,
eine Lust, ein Spiel, eine Klage, eine Untersuchung anstellen.2)
Anordnen, einrichten, nach dem Muster des Lat. instituere. Er weiß
alle seine Sachen sehr klug anzustellen. Sein Leben nach etwas
anstellen. Wie soll ich meine Sachen anstellen? Zuweilen auch in
nachtheiliger Bedeutung, für anstiften. Wer hat das angestellet?
Ingleichen, etwas mit einem anstellen, verabreden, gleichfalls im
nachtheiligen Verstande. Sie haben es mit einander Angestellet. es ist
ein angestelltes Spie, ein angestellter Handel.3) In noch weiterer
Bedeutung, mit Überlegung die wirkende Ursache von etwas seyn, mit
Bedacht und Überlegung hervor bringen; doch nur in einigen wenigen
Fällen. Betrachtungen über etwas anstellen. Erlauben sie mir, daß ich
eine Vergleichung zwischen mir und ihnen anstelle. Ein Gespräch mit
sich selbst anstellen. Einen Versuch anstellen.4) Von der Einrichtung
der Geberden, und des ganzen äußern Betragens bey einer Handlung. Er
stellt sich sehr ungeschicktbey oder zu dieser Arbeit an. Er stellte
sich so dumm dazu an, als nur möglich war. Ich weiß schon, wie er sich
in dergleichen Sachen anzustellen pflegt.5) Im Äußern eine Gestalt
annehmen, die man nicht wirklich hat, im mittlern Lateine adsimulare.
Sich freundlich, zornig anstellen. Er stellt sich an, als wenn er mein
Freund wäre. Wie sollt' es wohl in solchen Fällen Noch möglich seyn,
sich fühllos anzustellen? Gell. S. auch das einfache Stellen, welches
in dieser Bedeutung beynahe üblicher ist.Das Hauptwort die Anstellung
kann von der Handlung des Anstellens in allen Bedeutungen gebraucht
werden. In einigen Fällen ist indessen auch Anstalt üblich.
Anstemmen (W3) [Adelung]
Anstemmen, S. Anstämmen.
Ansterben (W3) [Adelung]
Ansterben, verb. irreg. neutr. welches mit dem Hülfsworte seyn
verbunden wird, ( S. Sterben,) durch den Tod eines andern zufallen.
Das Lehn, das Gut ist mir angestorben. Hier ist mein eigner Grund, der
mir selbst angestorben, Can. Ein angestorbner Grund, Hall. Ehedem
waren in dieser Bedeutung auch die Verba besterben, ersterben,
anersterben, aufersterben und auf einen sterben üblich. S. Haltaus in
den beyden letzten Wörtern, das Brem Nieders. Wörterb. Th. 4. S. 1004.
S. Ölrichs Glossar. ad Stat. Brem. v. Besterven, und Frisch v.
Sterben.
Ansteuern (W3) [Adelung]
Ansteuern, verb. reg. act. 1) * Für anstämmen, doch nur in einigen
Gegenden, besonders Oberdeutschlandes. Sich an einen, oder an etwas
ansteuern. 2) In der Schifffahrt, vermittelst des Steuerruders
anlenken. Das Schiff ansteuern, an das Land steuern. S. Steuer und
Steuern.
Anstich (W3) [Adelung]
Der Anstich, des -es, plur. die -e, 1) Die Handlung des Anstechens,
in der eigentlichen Bedeutung des Verbi, doch nur selten und alsdann
ohne Plural. 2) Was zuerst von etwas abgestochen wird, gleichfalls nur
selten.
Ansticheln (W3) [Adelung]
Ansticheln, verb. reg. act. das Diminutivum von anstechen, so fern
solches, mit anzüglichen Worten auf jemanden zielen, bedeutet. Einen
ansticheln, im gemeinen leben. Daher die Anstichelung.
Ansticken (W3) [Adelung]
Ansticken, verb. reg. act. nahe an etwas anders sticken. Eine Blume
an die andere ansticken. Ingleichen durch Sticken daran setzen. An
diese Blume muß noch etwas angesticket werden. So auch die Anstickung.
Anstiefeln (W3) [Adelung]
+ Anstiefeln, verb. reg. act. die Stiefeln anlegen, nur in der
vertraulichen Sprechart. Sich anstiefeln.
Anstiften (W3) [Adelung]
Anstiften, verb. reg. act. 1) Von stiften, bauen, in der figürlichen
Bedeutung, für veranstalten, der Urheber von etwas seyn, doch alle
Mahl mit dem Nebenbegriffe der bösen Absicht. Er stiftet allezeit
etwas Böses an. Was hast du wieder angestiftet? Ein Unglück anstiften.
Es ist auf dein Anstiften geschehen. 2) Von Stift, d. i. Stachel,
anstechen, doch nur in der figürlichen Bedeutung für anreitzen, zu
etwas bewegen, gleichfalls nur im nachtheiligen Verstande. Einen zu
etwas anstiften. falsche Zeugen anstiften. Kläger wider einen
anstiften. In welcher Bedeutung dieses Zeitwort nach dem Latein.
instigare gebildet zu seyn scheinet. So auch die Anstiftung in beyden
Bedeutungen.
Anstifter (W3) [Adelung]
Der Anstifter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anstifterinn,
plur. die -en, der, oder die etwas anstiftet, oder jemanden zu etwas
anstiftet, in beyden Fällen im gehässigen Sinn, so wie das Verbum.
Anstimmen (W3) [Adelung]
Anstimmen, verb. reg. act. anfangen zu stimmen, oder die Stimme hören
zu lassen. 1) Den Ton eines Instrumentes hören lassen. Eine Violine,
ein Clavier anstimmen. Singt Gott, und stimmt die Saiten an, Opitz Pf.
68. 29 Einen Gesang anfangen. Ein Lied anstimmen. Auf, stimmt, ein
frohes Scherzlied an, Haged. Sprichw. Der Esel singt darum schlecht,
weil er zu hoch anstimmt. In figürlicher Bedeutung. Heftige Klagen
anstimmen. Sie können mit größerer Geschicklichkeit den Ton eines
Verliebten anstimmen, Dusch. So auch die Anstimmung.
Anstinken (W3) [Adelung]
Anstinken, verb. irreg. neutr. ( S. Stinken,) mit dem Hülfsworte
haben. Eigentlich, seinen Gestank an etwas gehen lassen, mit der
vierten Endung. Der Käsen stinkt mich an. Figürlich, einem ein
Gegenstand des Ekels, des Abscheues seyn. Egyptens Speise stinkt mich
an, Gryph. Und das ausgesuchte stinkt ihm (ihn) an, Hiob. 33, 14. nach
des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. Die Kriegsdienste stinken mich
an.
Anstopfen (W3) [Adelung]
Anstopfen, verb. reg. act. heran stopfen, voll stopfen, im gemeinen
Leben. Ein Bett mit Federn anstopfen. Sich anstopfen, sich mit Speise
anfüllen. Daher die Anstopfung.
Anstören (W3) [Adelung]
+ Anstören, verb. reg. act. von stören, stochern, so nur in den
gemeinen Sprecharten für anreitzen, anstiften üblich ist. Einen zu
etwas anstören. Engl. to stir. S. Stören.
Anstoß (W3) [Adelung]
Der Anstoß, des -es, plur. die -stöße, von dem folgenden Verbo
anstoßen.1. Das Anstoßen, so wohl in den Bedeutungen des Activi, als
des Neutrius, ohne Plural. Und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung, das
Anstoßen an einen harten Körper. Es irret sie kein Anstoß oder Fall,
Opitz Pf. 119, 83. Der Stein des Anstoßes, in der biblischen
Schreibart, eigentlich, woran man sich stößet. Warum muß ich dein
Stein des Anstoßes seyn? Hiob. 7, 20. nach des Herrn Hofrath Michaelis
Übersetzung. 2) Der Anstoß bey den Schneidern, das Zusammennähen
zweyer Stücke vermittelst der Anstoßnaht, welche die Stiche in die
zwey einander gleich gestoßenen Enden führet, ohne daß sie umgenähet
oder mit Hinterstichen zusammen genähet werden. 3) Das Anstoßen im
reden. Etwas ohne Anstoß hersagen. Eine Sprache ohne Anstoß sprechen.
4) Die schwache Empfindung des Unschicklichen oder Unerlaubten in den
Ausdrücken oder Handlungen eines andern, welche, wenn sie stärker
wird, ein Ärgerniß heißt. Das wird Anstoß verursachen. Allen Anstoß zu
vermeiden, wollen wir heute nicht tanzen.2. Was an etwas stößet, oder
einen anstößet, besonders von Krankheiten. Anstoß von dem Fieber, von
dem Podagra haben. in figürlicher Bedeutung, welche aber im
Hochdeutschen wenig üblich ist, Anfechtung. Er hat viel Anstöße.
Anstoß leiden. Nicht gemeine Anstöße empfinden, Gryph.3. Dasjenige,
woran man stößet. Einem einen Anstoß legen. Du sollst vor den Blinden
keinen Anstoß setzen, 3. Mos. 19. 14. Ingleichen in figürlicher
Bedeutung, dasjenige, was bey andern eine schwache Empfindung des
Unschicklichen oder Unerlaubten verursacht. Allen Anstoß vermeiden,
eine jede Handlung, welche dergleichen Empfindung bey andern hervor
bringen kann. Zuweilen auch dasjenige, was ein Hinderniß in einer
Sache verursacht.4. Was an etwas angestoßen, mit demselben verbunden
wird. So pflegen einige ein Gebäude, welches an das andere angebauet
wird, einen Anstoß zu nennen.
Anm. In der Baselschen Ausgabe des neuen
Testaments von 1523, stehet Anstoß unter den unbekannten Wörtern, und
wird dabey durch ergerniß, strauchlung erkläret.
Anstoßen (W3) [Adelung]
Anstoßen, verb. irreg. ( S. Stoßen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum, und zwar in folgenden Bedeutungen:1. An
etwas stoßen, so wohl, 1) eigentlich. Einen mit dem Elbogen anstoßen.
Er stieß mich an, und ich erwachte. Ich habe mir den Kopf an die Wand
angestoßen. Angestoßenes Obst. Ingleichen, mit der Zunge anstoßen,
nehmlich, an die Zähne. Im Reden anstoßen, ein wenig stottern. Als
auch, 2) figürlich, für anzünden, doch nur noch in den Bergwerken, wo
anstoßen, das vor Ort gesetzte Holz in der Grube anzünden bedeutet.
Ehedem muß diese Bedeutung allgemeiner gewesen seyn. Niemand soll in
einem Lande brennen und anstoßen, heißt es in einer Stelle, welche
Frisch aus Menkens Script. Sax. Th. 1, S. 1193 anführet.2. Mit Stößen
näher bringen, an etwas befestigen. Die Erde an die Wand anstoßen. Den
Herd anstoßen, in den Schmelzhütten, den Aschenherd mit der Krücke und
dem Anstoßkolben fest auf einander stoßen.3. Mit einem Stoße
verbinden, doch nur in einigen uneigentlichen Bedeutungen. So sagt man
z. B. ein Gebäude an das andere anstoßen, für anbauen. Eine Röhre an
die andere anstoßen, ansetzen. Bey den Schneidern bedeutet anstoßen,
zwey Stücke Tuch vermittelst der Anstoßnaht zusammen nähen, S.
Anstoß.4. Den Anfang einer Sache durch Stoßen, oder Blasen,
verkündigen, bey den Jägern, im Gegensatze des Abstoßens. Das Jagen
mit den Hiftstößen anstoßen.5. Ein wenig stoßen. So wird an einigen
Orten, z. B. in dem Sächsischen Erzgebirge, der aus Hafer- und
Rockenmehle zum Brote zubereitete Teig angestoßen oder angefrischet,
wenn er zum zweyten Mahle eingesäuert wird.II. Als ein Neutrum,
welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, an etwas angestoßen
werden.1. in eigentlicher Bedeutung. Das Schiff hat an einen Felsen
angestoßen. Ich stieß im Finstern an und fiel. Im Gehen anstoßen. Das
Pferd stößt an, strauchelt.2. Figürlich. 1) Einen Fehler begehen. Er
hat in seinem Amte angestoßen. Ein solches Betragen stößet wider die
Freundschaft an. Wider die Gesetze anstoßen. 2) Anfallen, doch
eigentlich nur von Krankheiten, wie zustoßen. Es stößt ihn ein Fieber
an. Es hat ihn eine Krankheit angestoßen. Figürlich, obgleich selten,
auch von Unvollkommenheiten, die den Geist befallen. Oft stößt sogar
den Geist die Kindheit wieder an, Dusch. Allein es stößet solche Pein
mich an, wie Opitz sagt, ist im Hochdeutschen nicht nachzuahmen. 3)
Angrenzen. Der Acker stößet an den Weg an. Deutschland stößet gegen
Mittag an Italien an. Ein Haus stößet an das andere an. Mein Zimmer
stieß an das seinige an. Die anstoßenden Herrschaften, Häuser, Zimmer.
Von dieser Bedeutung hat man in einigen Provinzen auch das Hauptwort
der Anstößer. In dem 1514 zu Mainz gedruckten Deutschen Livius
bedeutet dasselbe einen jeden Nachbar, bey dem Tschudi, einem
Schweizerischen Geschichtsschreiber, aber einen, der in einem Lande
wohnet, welches an das unsrige anstößet.
Anm. Das Substantiv die
Anstoßung könnte in allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden,
wenn nicht die Hauptwörter der Anstoß und das Anstoßen in den meisten
Fällen üblicher wären. Anastozan kommt schon in den Monseeischen
Glossen bey dem Pez in der eigentlichen Bedeutung des Activi vor.
Anstößig (W3) [Adelung]
Anstößig, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Was gern anstößt; nur in
Oberdeutschland. Ein anstößiges Pferd, welches leicht strauchelt. 2) *
Wo man leicht anstößt; auch nur in einigen Gegenden. So werden die
Untiefen in der See auch zuweilen anstößige Örter genannt. 3) *
Angestoßen und daher anbrüchig; gleichfalls nur provinziell.
Anstößiges Obst. 4) Was Anstoß verursacht, in so fern Anstoß die
schwache Empfindung des Unschicklichen bedeutet. Anstößige Worte. Eine
anstößige Handlung. Sein Betragen ist mir sehr anstößig gewesen.
Anstößigkeit (W3) [Adelung]
Die Anstößigkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, da etwas
anstößig ist, in der vierten Bedeutung, und ohne Plural. Die
Anstößigkeit eines Satzes, einer Meinung. 2) Eine anstößige Sache, in
eben dieser Bedeutung und mit dem Plural.
Anstoßschiene (W3) [Adelung]
Die Anstoßschiene, plur. die -n, an den Kanonen, lange, dünne Eisen,
mit welchen die Lavetenwände eingefasset werden, vermuthlich, damit
sie durch das Anstoßen nicht Schaden leiden.
Anstrahlen (W3) [Adelung]
Anstrahlen, verb. reg. act. seine Strahlen an und auf etwas werfen.
Sie lag vom Mondschein angestrahlt, Wiel. Figürlich, lebhaft
anblicken, besonders auf eine gütige leutselige Art. Ein glücklich
Volk wohlthätig anzustrahlen, Schleg. So auch die Anstrahlung.
Ansträngen (W3) [Adelung]
Ansträngen, verb. reg. act. von Strang, daher es mit anstrengen von
strenge nicht zu verwechseln ist, vermittelst der Stränge befestigen,
oder an Stränge befestigen. Die Pferde ansträngen, anspannen.
Anstrecken (W3) [Adelung]
Anstrecken, verb. reg. act. 1) * Eigentlich ausdehnen, welche
Bedeutung aber nur noch in Oberdeutschland üblich zu seyn scheinet, wo
man noch sagt, ein Seil anstrecken, für anspannen. 2) + Figürlich,
doch nur im gemeinen Leben, wie anstrengen. Einen zur Arbeit
anstrecken. Alle seine Kräfte anstrecken. So auch die Anstreckung.
Anstreichen (W3) [Adelung]
Anstreichen, verb. irreg. act. S. Streichen.1. An etwas streichen,
streichend auf eine Fläche bringen. Farbe anstreichen, an etwas
anstreichen. Daher die figürliche Redensart, einer Sache eine Farbe,
oder ein Färbchen anstreichen, sie besser vorstellen, als sie ist. Ihm
streicht der eitle Ruhm der Tugend Farben an, Hall. Ingleichen
bestreichen. Etwas anstreichen, mit Farben. Die Karpfen anstreichen,
sie mit einer gewissen Masse beschmieren, ehe man sie in die
Streichteiche setzet, damit sie desto fruchtbarer werden. Sich
anstreichen, sich schminken. Einen Ohnmächtigen anstreichen, mit
kräftigen Wassern. Man streicht sie kräftig an, kein Balsam will sie
stärken, Gell. 2. Mit einem Striche bemerken. Eine Stelle in einem
Buche anstreichen. Streichen sie die Stellen mit Bleystift an, Gell.
Vermuthlich ist daher auch die figürliche R. A. entlehnet, die aber
nur im gemeinen Leben üblich ist, einem etwas anstreichen, ihn dafür
züchtigen, es ihm gedenken. Ich will dir das Lügen anstreichen. So
auch die Anstreichung. S. auch Anstrich.
Anm. Mit dem Kleide an etwas
anstreichen, wird richtiger anstreifen geschrieben und gesprochen,
obgleich beyde Verba aus Einer Quelle herstammen.
Anstreifen (W3) [Adelung]
Anstreifen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert.
An etwas anstreifen, es streifend berühren, im Vorbeygehen daran
stoßen. Daher die Anstreifung.
Anstrengen (W3) [Adelung]
Anstrengen, verb. reg. act. von strenge, scharf anziehen oder
ausdehnen, doch nur figürlich, einen hohen Grad der Kraft, der
Bemühung anwenden. Alle Kräfte zu etwas anstrengen.Seinen Verstand
anstrengen. Ingleichen einen hohen Grad der Kräfte anwenden machen.
Das Gesinde zur Arbeit anstrengen. Die Pferde anstrengen. Man muß die
Köpfe junger Leute nicht zu sehr anstrengen. Lange Anstrengungen des
Verstandes.
Anstrich (W3) [Adelung]
Der Anstrich, des -es, plur. die -e, von anstreichen. 1) Die Handlung
des Anstreichens; ohne Plural. Der Anstrich der Farben, eines
Ohnmächtigen. Noch mehr aber, 2) dasjenige, was angestrichen wird,
oder angestrichen worden. Ein weißer, ein rother Anstrich, d. i.
Schminke. Bey den Zinngießern ist es dasjenige, womit die Formen
bestrichen werden, damit sich das Zinn nicht anhänge. In figürlicher
Bedeutung, dasjenige, wodurch man eine Sache von außen besser
vorzustellen sucht, als sie ist. Er glaubt genug gethan zu haben, wenn
er seinen Handlungen einen guten Anstrich gibt. Er überziehet seine
Erdichtungen mit einem glänzenden Anstriche der Wahrscheinlichkeit.
Allein kein Anstrich soll der Unschuld Farben leihn, Weiße. 3) Der
Ort, wo etwas angestrichen worden. Die Jäger nennen den Thauschlag,
oder die Fährte des Hirsches des Morgens früh im Thaue, auch den
Anstrich, weil man daselbst stehet, wie er mit den Füßen an das Gras
angestrichen hat; wo aber anstreichen für anstreifen stehet, indem es
eigentlich der Anstreif heißen sollte, welches Wort aber nicht
gewöhnlich ist.
Anstricken (W3) [Adelung]
Anstricken, verb. reg. act. durch Stricken ansetzen. Ein Stück an ein
Netz anstricken. Ingleichen durch Stricken verlängern. Ein Paar
Strümpfe anstricken. So auch die Anstrickung.
Anströmen (W3) [Adelung]
Anströmen, verb. reg. 1. Neutrum mit haben, nahe an etwas anströmen,
es mit seinem Strome berühren. Der Fluß strömet an die Stadt an,
welcher Gebrauch aber selten ist. 2. Activum, heran strömen, strömend
ansetzen. Ein Land, welches der Fluß angeströmet hat. S. auch
Anflößen, Anschwemmen, Anschütten, Anspülen. Daher die Anströmung.
Anstücken (W3) [Adelung]
Anstücken, verb. reg. act. stückweise oder als ein Stück ansetzen,
besonders bey den Schneidern und Nähterinnen. Hier muß noch etwas
angestücket werden. So auch die Anstückung, und das Diminutivum
anstückeln, kleine Stücke ansetzen.
Anstudiren (W3) [Adelung]
Anstudiren, verb. reg. act. durch Studiren erlangen, doch nur im
Scherze. Der große Mann Legt die Systemata und seinen Ernst bey Seite,
Studirt sich heitre Mienen an, Und sorgt, daß jede viel bedeute,
Giseke.
Anstürmen (W3) [Adelung]
Anstürmen, verb. reg. act. an etwas stürmen; figürlich, mit Ungestüm
anpochen.
Anstützen (W3) [Adelung]
Anstützen, verb. reg. act. an etwas stützen, oder lehnen. Sich an
etwas anstützen. Daher die Anstützung.
Ansuchen (W3) [Adelung]
Ansuchen, verb. reg. act. mit Anführung der Gründe von einem Höhern
bitten, da denn die Person, an welche die Bitte gerichtet ist; die
Präposition bey, die Sache aber um bekommt. Um etwas bey einem
ansuchen. Er hat um ein Amt, um einen Gehalt, um einen Erlaß
angesucht. Daher das Ansuchen. Jemandes Ansuchen unterstützen. Es ist
auf sein Ansuchen geschehen. Ingleichen die Ansuchung. Ansuchung um
etwas thun, darum ansuchen.
Anm. das einfache suchen, bey dem Ulphilas
sokjan, Angels. secan, bedeutete außer quaerere, auch bitten. Auch die
Schweden gebrauchen nicht nur ansökan für bitten, sondern es bedeutet
bey ihnen auch besöka, so wie das Engl. beseech, eben so viel wie
bitten.
Ansud (W3) [Adelung]
Der Ansud, des -es, plur. inusit. von ansieden, bey den Färbern, die
Vorbereitung der Wolle durch Sieden zur Annehmung der Farbe. In den
gemeinen Sprecharten auch Ansod.
Ant (W3) [Adelung]
Ant -, ein altes Vorwort, welches nur noch in der ersten Sylbe der
beyden Wörter Antlitz und Antwort vorkommt, übrigens aber mit dem
untrennbaren Vorworte ent - einerley ist, welches siehe.
Antagonist (W3) [Adelung]
+ Der Antagonist, des -en, plur. die -en, ein ohne alle Noth aus dem
Griech. Lat. Antagonista erborgtes Wort, den Gegner oder Gegentheil zu
bezeichnen.
Antakeln (W3) [Adelung]
Antakeln, verb. reg. act. in der Schifffahrt, ein Schiff antakeln,
dasselbe mit dem gehörigen Takelwerke und andern Zubehör versehen; es
ausrüsten, im Gegensatze des Abtakelns. Nieders. takeln, betakeln.
Daher die Antakelung.
Antal (W3) [Adelung]
Das Antal, S. Anthal.
Antasten (W3) [Adelung]
Antasten, verb. reg. act. 1) Eigentlich, mit der vollen Hand
anrühren. Einen antasten, etwas antasten; in welcher eigentlichen
Bedeutung dieses Zeitwort in der Hochdeutschen Sprache des Umganges
und des gemeinen Lebens wenig mehr vorkommt. 2) Figürlich. (a) Auf
eine gewaltthätige, feindselige Art berühren, so wie angreifen. Einen
mit Worten antasten. Da soll er lernen, was das heißt, ehrliche Leute
bey ihrem guten Nahmen antasten, Cron. (b) Bestreiten, zweifelhaft
machen, besonders wenn solches ohne hinlängliche Gründe geschiehet.
Die Gewißheit einer Geschichte antasten. S. Tasten. In einigen,
besonders Niedersächsischen Gegenden bedeutete antasten ehedem auch,
so wie anfangen, so viel als vindiciren. So auch die Antastung.
Änte (W3) [Adelung]
Die Änte, plur. die -n, Diminutivum Äntchen, Oberdeutsch Äntlein, ein
bekannter Wasservogel mit geradem Schnabel; Anas Boschus, L. welcher
theils unter die zahmen, theils aber auch unter die wilden Vögel
gehöret. Von den letztern gibt es viele Unterarten, welche unter ihren
besondern Nahmen aufzusuchen sind. Besonders führet den Nahmen Änte
das Weibchen dieses Vogels, im Gegensatze des Änterichs oder
Antvogels. Sprichw. Die Änte träget ihr Recht auf dem Buckel, d. i.
wenn meines Nachbars Änten mir Schaden thun, so habe ich das Recht,
sie todt zu schlagen.
Anm. In Niedersachsen und den gemeinen
Oberdeutschen Mundarten heißt dieser Vogel Aante, in Lübeck Ahn',
welches mit dem Schwed. Ancka überein kommt, und eigentlich der Nahme
der zahmen, so wie And der wilden Änten ist. Die älteste Spur von
diesem Nahmen finden wir in dem Griech - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches
am richtigsten von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -,
nato, ich schwimme, hergeleitet wird, weil kein Vogel das Wasser so
sehr liebt als dieser. Das vorgesetzte A ist vermuthlich der alte
Artikel, der mit der Zeit ein nothwendiger Theil des Wortes geworden
ist, S. A und Ein. Das Latein. Anas, anatis, hat denselben so wohl als
alle übrige Europäische Mund- und Spracharten. In dem Salischen
Gesetze heißt dieser Vogel Aneta, bey den Angelsachsen Ened, Ital.
Anatia, alt Franz. Anette. Man siehet hieraus zugleich, daß
diejenigen, welche dieses Wort Ente schreiben, so wohl die Abstammung,
als auch den fast beständigen Gebrauch des Altherthums wider sich
haben; obgleich nicht zu läugnen ist, daß sich das E, wenigstens in
einige und besonders Oberdeutsche Mundarten, schon frühe
eingeschlichen hat, indem Eneta schon in den Capitular. Carls des
Großen, und Enti, anates, in den Glossen bey dem Pez vorkommt. Dagegen
wird in dem Schwabenspiegel dieser Nahme ganz richtig aente
geschrieben. In einigen Gegenden, z. B. um Danzig, werden die zahmen
Änten von ihrer heisern Stimme auch Kätschen und Hatschen genannt,
obgleich der ersteNahme von andern einer besondern Art wilder Änten
beygeleget wird; S. Kätschänte.
Äntenadler (W3) [Adelung]
Der Äntenadler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner Adler
mit dunkelblauen Federn und einigen weißen Flecken, der Änten und
andere Wasservögel fänget, und auch Äntenhabicht, Äntenstößer und
Schelladler genannt wird.
Äntenbeitze (W3) [Adelung]
Die Äntenbeitze, plur. die -n, das Beitzen wilder Änten, oder der
Fang derselben mit Habichten.
Äntenbrut (W3) [Adelung]
Die Äntenbrut, plur. die -en, S. Äntenmuschel.
Äntendunst (W3) [Adelung]
Der Äntendunst, des -es, plur. car. bey den Jägern, viereckiger
Hagel, womit man die wilden Änten schießet, und welcher auch
Äntenhagel, ingleichen Hagelschrot genannt wird.
Äntenfang (W3) [Adelung]
Der Äntenfang, des -es, plur. die -fänge. 1) Der Fang wilder Änten;
ohne Plural. 2) Der Ort, wo selbige gefangen werden.
Äntenfänger (W3) [Adelung]
Der Äntenfänger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Jäger, der
vornehmlich zum Fange wilder Änten bestimmet ist. In einigen Gegenden
führet auch der Ort, wo dieser Fang geschiehet, diesen Nahmen.
Äntenflott (W3) [Adelung]
Das Äntenflott, des -es, plur. inusit. S. Äntengrün.
Äntenflug (W3) [Adelung]
Der Äntenflug, des -es, plur. die -flüge, ein Flug oder Haufe wilder
Änten.
Äntengras (W3) [Adelung]
Das Äntengras, des -es, plur. inusit. eine Grasart, welche unter die
Schwingelarten gehöret; Festuca fluitans, L. Es blühet in den
Wassergräben und Sümpfen, ist ein gutes Futtergras, und bringt den so
genannten Schwaden oder die Mannagrütze, welche nicht nur für Änten
und andere Wasservögel, sondern auch für Menschen eine angenehme
Speise ist; daher es auch Schwadengras, Mannagras und Mannaschwingel
genannt wird.
Äntengrün (W3) [Adelung]
Das Äntengrün, genit. indecl. des Äntengrün, plur. car. oder die
Äntengrütze, plur. car. ein meisten Theils Niedersächsischer Nahme
derjenigen Wasserpflanze, welche den Hochdeutschen unter den Nahmen
Meerlinsen und Wasserlinsen bekannter ist; Lemna minor, L. S.
Meerlinsen. Die letzte Hälfte des Nahmens Äntengrütze, oder, wie er in
einigen Gegenden lautet, Äntengries, ist dem Frisch zu Folge, aus dem
Holländ. Kroos, Gras, entstanden, mit welchem Nahmen die Holländischen
Schiffer alles Grüne, welches auf dem Wasser wächset, zu belegen
pflegen. Da aber die Niedersachsen diese Pflanze auch Aantekrund
nennen, so kann auch hieraus leicht Grütze geworden seyn. Übrigens
heißet diese Pflanze in Niedersachsen auch Äntenflott oder Antflott,
im Hannöverischen Marlen, im Dän. Aandemad. Sie wird von den Änten und
Gänsen begierig gesucht.
Äntenhabicht (W3) [Adelung]
Der Äntenhabicht, des -es, plur. die -e, S. Äntenadler. Schon in den
Gesetzen der alten Baiern kommt der Nahme Anetapich vor; in dem
Schwabenspiegel, Kap. 334. aber wird er umschrieben, ein habich der
den antvogel vahet.
Äntenhagel (W3) [Adelung]
Der Äntenhagel, des -s, plur. inusit. S. Äntendunst.
Äntenhund (W3) [Adelung]
Der Äntenhund, des -es, plur. die -e, ein kleiner Hund, der zum Fange
der wilden Änten abgerichtet ist.
Äntenmuschel (W3) [Adelung]
Die Äntenmuschel, plur. die -n, eine fünfschalige Muschel, welche
Linne unter dem Nahmen Lepas beschreibet, andere aber zu den Pholaden
rechnen. Sie hänget sich nach Art der Seewürmer gern an Bäume und
alles Holzwerk an, daher man geglaubt, sie wachse auf Bäumen, und es
entständen Änten daraus. Zu der letzten Erdichtung hat vielleicht nur
der Nahme Anlaß gegeben, den diese Muschel von ihrer stumpfen Spitze,
die einem Äntenschnabel gleichet, empfangen haben kann. Sonst wird sie
auch Äntenbrut, Concha anatifera, und die Schottländische Muschel
genannt, weil sie an den Schottländischen Küsten häufig angetroffen
wird.
Äntenpfuhl (W3) [Adelung]
Der Äntenpfuhl, des -es, plur. die -pfühle, ein Teich aus welchem man
hält; ingleichen ein Pfuhl, neben welchem sich ein Vogelherd befindet,
wo wilde Änten gefangen werden.
Äntenruf (W3) [Adelung]
Der Äntenruf, des -es, plur. die -rüfe, bey den Jägern, eine kleine
Pfeife, womit man den Laut der wilden Änten nachahmet, uns sie damit
herbey locket.
Äntenschlag (W3) [Adelung]
Der Äntenschlag, des -es, plur. die -schläge, die Jagd wilder Änten,
für Äntenjagd.
Äntenschnabel (W3) [Adelung]
Der Äntenschnabel, des -s, plur. die -schnäbel, eine zweyschalige,
zwey Mahl gewundene Muschel, welche oben und unten geöffnet ist, und
einem Äntenschnabel nicht unähnlich siehet; Solen. Besonders diejenige
Art derselben, welche dickschälig und kurz ist, und bey dem Rumph
Solen rectus, brevissimus crassissimusque heißt.
Äntenstößer (W3) [Adelung]
Der Äntenstößer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme aller
derjenigen Raubvögel, welche auf Änten stoßen, besonders aber des
Äntenadlers; S. dieses Wort.
Änterich (W3) [Adelung]
Der Änterich, des -es. plur. die -e, das Männchen unter den Änten,
welches auch der Antrich, Anter und Antvogel genannt wird, obgleich
der letztere Nahme an andern Orten von dem ganzen Geschlechte der
Änten überhaupt gebraucht wird.
Anm. Die letzte Sylbe rich ist wohl
nicht die bloße Alemannische unbedeutende Verlängerung für Anter, wie
Frisch behauptet, sondern das zusammen gezogene alte Drake, ein Mann,
von welchem das Anfangs-D von dem vorher gehenden t verschlungen
worden. Es erhellet dieses daraus, weil der Änterich nicht nur im
Schwed. Andrake, sondern im Hannöverischen auch nur schlechthin Drake,
und im Engl. Drake, d. i. der Mann, genannt wird. Übrigens heißt er in
Pommern und andern Niedersächsischen Gegenden der Erpel, welches mit
dem Latein. Verpa überein zu kommen scheinet; im Osnabrickischen Wyk,
in Preußen und um Bremen Warte, ohne Zweifel von dem alten War, Ur,
Goth. Wair, Angels. Wer, Latein. Vir, ein Mann, S. Wärwolf; im
Meklenburgischen Wetick; im Lateine der mittlern Zeiten Anetarius,
welches mit dem Deutschen Anter überein stimmet, und, im Schwedischen
auch Anckebonde, gleichsam der Äntenmann.
Anthal (W3) [Adelung]
Das Anthal, des -es, plur. die -e, ein Ungarisches Weingemäß, welches
ungefähr so viel als ein Eimer ist, genau bestimmt aber, 2536 Pariser Cubik-Zoll, oder 44 28/57 Berliner Maß, 52 3/8 Dresdener, und 45 2/7
Leipziger Kannen hält. Im gemeinen Leben schreibet und spricht man
dieses Wort auch Andal und Antal. Frisch schreibet es Antheil, und
rechnet es zu Theil. Allein es stehet noch zu untersuchen, ob es nicht
vielmehr ein Ungarisches Wort ist, weil es doch nur allein vom
Ungarischen Weine gebraucht wird.
Antheil (W3) [Adelung]
Der Antheil, des -es, plur. die -e, ein Theil eines Ganzen, in
Beziehung auf dessen Besitzer. 1) In eigentlicher Bedeutung, der Theil
eines körperlichen Ganzen, so fern er jemanden angehöret oder bestimmt
ist; durch welche Einschränkung es sich von dem bloßen Theil
unterscheidet. Mein Antheil an der Erbschaft. Der Antheil der Kinder,
oder der Pflichttheil. Er hat noch einen Antheil an dem Hause. Er hat
seine zwey Antheile an dem Gute verschenket. In den Bergwerken
bedeutet Antheil so viel als ein Bergtheil oder Kur; in andern Fällen
nennet man es eine Actie. 2) In figürlicher Bedeutung (1) Alles
dasjenige, was uns von der Vorsehung oder der Natur mitgetheilet
worden. Er thut sich den ärgsten Zwang an, die Fröhlichkeit und die
Freude, diesen schönen Antheil des Menschen für nichts zu halten. Der
Stolz ist nicht bloß ein Antheil kleiner Seelen. Danke dem Himmel für
dein gutes Herz; es ist der liebste Antheil seiner Wohlthaten. (2) Die
thätige Verbin-dung mit Dingen außer uns. Vielen Antheil an den großen
Weltbegebenheiten haben. (3) Dasjenige, was man bey Dingen außer sich
empfindet. Ich nehme Antheil an deiner Betrübniß, sie gehet auch mir
zu Herzen. Ich nehme an eurem Glücke den aufrichtigsten Antheil,
Weiße, ich freue mich aufrichtig darüber. Ich nehme keinen Antheil an
der ganzen Sache, bekümmere mich nicht darum, sie gehet mich nichts
an. Sie nimmt noch gar zu vielen Antheil an den Begebenheiten der
Lebendigen, als daß ich ihren baldigen Abschied von der Welt besorgen
sollte, Gell.
Anm. Der Plural ist nur in der ersten eigentlichen
Bedeutung üblich. Da das einfache Theil bald im männlichen, bald im
ungewissen Geschlechte gebraucht wird, so widerfähret solches auch dem
zusammen gesetzten Worte Antheil. Der Unterschied rühret vermuthlich
aus den Deutschen Mundarten her. In der Niedersächsischen ist Deel,
Theil, und alle damit zusammen gesetzte Wörter ungewissen, in der
Oberdeutschen aber am häufigsten männlichen Geschlechtes; da nun
Antheil in der Bedeutung des Theiles einer Erbschaft am häufigsten in
Niedersachsen vorkommt, so hat sich auch in derselben das ungewisse
Geschlecht mit im Hochdeutschen eingeschlichen. Daraus lässet sich nun
aber wohl nicht die Regel machen, das Theil, Antheil u. s. f. von
körperlichen Dingen gebraucht, ungewissen, von Werken des Geistes
aber, männlichen Geschlechtes sey. S. Theil.
Anthologie (W3) [Adelung]
Die Anthologie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Anthologia, welches eigentlich eine Sammlung von
Blumen bedeutet, eine Sammlung von auserlesenen Gedichten, oder auch
der besten Stellen aus einem oder mehrern Schriftstellern; im
Deutschen zuweilen auch die Blumenlese.
Anthropologie (W3) [Adelung]
Die Anthropologie, (fünfsylbig,) plur. die -n, (sechssylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Anthropologia. 1) Die Lehre von dem Menschen, seinen
Theilen und Verhältnissen, so wohl im theologischen, als physischen
und moralischen Verstande; ohne Plural. 2) Ein Buch, welches diese
Lehre enthält; mit dem Plural. Daher anthropologisch, in dieser Lehre
gegründet.
Anthun (W3) [Adelung]
Anthun, verb. irreg. act. S. Thun, sein Thun, d. i. seine Handlungen
auf einen gewissen Gegenstand richten; ein Verbum, welches eigentlich
von sehr weiter Bedeutung ist, jetzt aber nur noch in einigen wenigen
Fällen gebraucht wird. 1) Für anlegen, ankleiden, so wohl von der
Kleidung überhaupt, als von einzelnen Kleidungsstücken. Sich anthun.
Sind sie noch nicht angethan. Ein neues Kleid, die Schuhe, das Hemd u.
s. f. anthun. Aber auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet,
außer daß das Mittelwort angethan noch zuweilen in der höhern
Schreibart vorkommt. Mit gewebter Luft leicht flatternd angethan,
Wiel. 2) Für zufügen, erweisen. Einem eine Ehre, Schimpf und Schande,
Unrecht, Herzeleid anthun. Wenn sie nur die Gewalt hätten sehen
sollen, die sie ihrem Herzen anthat, Gell. Sie sehen wohl, daß ich mir
ihnen zu Liebe etwas Zwang anthue, ebend. Vielleicht thut ihnen meine
Gegenwart einigen Zwang an, ebend. Sie thun mir recht viel Ehre an,
ebend. Einem alles gebrannte Herzeleid anthun, im gemeinen Leben. Den
Gratulant verdroß die angethane Schmach, Zach. Man hat mir hier alle
Höflichkeit angethan. Er thut uns allen ersinnlichen Verdruß an. Einem
den Tod anthun, und sich den Tod anthun, ist nicht mehr üblich; im
gemeinen Leben sagt man indessen noch: sich ein Leid, oder ein Leides
anthun, für, sich um das Leben bringen. Noch niedriger ist derjenige
Gebrauch dieses Zeitwortes, da es so viel als anzaubern bedeutet; es
ist ihm angethan, oder sie hat es ihm angethan.
Schier komm' ich auf den Wahn, Wenn ich ihr lang ins Auge seh, Sie hat
mirs angethan, singt der Bauer bey dem Hagedorn.
Anm. Das
Niedersächsische andoon bedeutet außer dem noch anlanden, einlaufen,
de Weser andoon, in die Weser einlaufen, 't Land andoon, anlanden.
Antichambre (W3) [Adelung]
+ Die Antichambre, (sprich Antischamber,) plur. die -n, ein ohne Noth
aus dem Französischen entlehntes Wort, für Vorzimmer, Vorgemach.
Antichrist (W3) [Adelung]
Der Antichrist, des -en, plur. die -en, ein biblischer Griechischer
Ausdruck, einen jeden öffentlichen Widersacher Christi und der wahren
christlichen Kirche zu bezeichnen. Luther gebrauchte dafür das
verstümmelte Endschrift, spätere Schriftsteller übersetzten es durch
Widerchrist, aber ohne Analogie und Beyfall.
Antik (W3) [Adelung]
Antik, -er, -este, adj. et adv. aus dem Französ. antique. 1) + Alt,
nicht neu; in welcher Bedeutung es völlig überflüssig ist. 2) +
Veraltet, altväterisch; gleichfalls ohne Noth. 3) Noch aus den schönen
Zeiten der Griechen und Römer her. Dieser Kopf ist wirklich antik,
echt Griechisch, oder echt Römisch.
Antike (W3) [Adelung]
Die Antike, plur. die -n, von dem Französ. Antique, ein Ausdruck,
welchen man in den neuern Zeiten eingeführet hat, diejenigen Werke der
bildenden Künste zu bezeichnen, welche uns aus den schönen Zeiten
Griechenlandes und Roms noch übrig geblieben sind. Man nennet diese
Überreste auch Alterthümer, obgleich dieses Wort von einem weit
größern Umfange der Bedeutung ist.
Antimonium (W3) [Adelung]
Das Antimonium, S. Spießglas.
Antipathie (W3) [Adelung]
Die Antipathie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Antipathia, das widrige Verhältniß zwischen der
Empfindung eines Menschen und der Vorstellung von einem gewissen
Gegenstande, im Gegensatze der Sympathie; und in weiterer Bedeutung
eine jede heftige und gleichsam natürliche Abneigung von etwas. Eine
Antipathie gegen etwas haben, bey sich empfinden. Zwischen mir und ihm
herrschet eine sehr heftige Antipathie.
Antipode (W3) [Adelung]
Der Antipode, des -n, plur. die -n, aus dem Griech. und Lat.
Antipodes, in der Geographie, Menschen, welche auf der andern Seite
der Erdkugel wohnen, und daher ihre Füße gegen die unsrigen gekehret
haben. Figürlich, eine Person oder Sache, welche einer andern gerade
entgegen gesetzet ist. Man hat dafür in beyden Bedeutungen das Wort
Gegenfüßler gebraucht, welches aber unrein ist, weil Füßler von Fuß
ungewöhnlich ist.
Antiquar (W3) [Adelung]
Der Antiquar, des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Antiquarius. 1)
Derjenige, welcher mit alten Büchern handelt. 2) Ein Liebhaber und
Kenner der Alterthümer, ein Alterthumskundiger, Alterthumsforscher.
Antithese (W3) [Adelung]
Die Antithese, plur. die -n, aus dem Griech. und Latein. Antithesis,
der Gegensatz; S. dieses Wort.
Antlaß (W3) [Adelung]
* Der Antlaß, S. Ablaß.
Antlitz (W3) [Adelung]
Das Antlitz, des -es, plur. die -e, eine Benennung des Angesichtes,
welche aber im gemeinen Leben nicht mehr üblich ist, sondern nur in
der höhern Schreibart gebraucht wird, besonders von dem Angesichte
solcher Personen, welchen man Ehrerbiethung schuldig ist. Umsonst
umfloß der Himmel, mit Sternen übersät, Ihr hingebücktes Antlitz in
heller Majestät, Dusch. Und wenn sie im SchlummerIhren Geliebten noch
steht, beugt sie sich über sein Antlitz, Zach. In Luthers Bibel kommt
dieses Wort sehr häufig, und oft mit Hebraismen vor, welche außer der
biblischen Schreibart nicht nachgeahmet werden dürfen.
Anm. Antlitz
lautet im Niedersächs. Antlaat und Antlaut, bey den Gothen Andawleiz,
und Wlits, bey dem Isidor Anthlutt, bey dem Ottfried, Tatian und
Willeram, Anluzzi, Anluza, Anluz, Antluzze, in dem alten Gedichte auf
Carln den Großen bey dem Schilter Antluozze, bey dem Stryker Antlitz, bey den Angelsachsen Andwlite, bey den Isländern Andlite, bey den
Schweden Anlete, und bey den Dänen Anled. Die letzte Sylbe dieses
Wortes ist von dem alten litan, sehen, welches bey den Gothen und
Angelsachsen wlitan lautete, und womit so wohl das Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, als auch das Lat. vultus,
ingleichen das Hochdeutsche lassen, und Nieders. laten, in der
Bedeutung des Scheinens, überein kommen. Selbst in den Slavonischen
Mundarten finden sich Spuren von diesem alten Zeitworte; denn das
Russische Litza, und Lischtsche, das Angesicht, das Bömische Lice, die
Wangen, und Oblitschei, das Gesicht, das Krainische Oblizhje und
Polnische Oblieze, beyde das Gesicht, können die Ähnlichkeit mit
litan, sehen, wohl schwerlich verläugnen. S. auch Blitz. Was die erste
Sylbe betrifft, so hält man sie gemeiniglich für das veraltete Vorwort
ant oder ent, gegen, wider, ( S. Ent-,) welches noch in diesem Worte
und in Antwort sein altes a behalten hat. Allein, da sich dasselbe
hier nicht ohne einen merklichen Zwang erklären lässet, so scheinet
das Vorwort an sich besser hierher zu schicken, zumahl da das
Schwedische und Dänische. Anlete, und Anled hier gleichfalls kein t
erkennen, welches in den übrigen Mundarten das t euphonicum seyn kann,
welches dem n in mehrern Fällen nachgesetzet wird. Antlitz würde also
denjenigen Theil des Körpers bedeuten, mit welchem man die Gegenstände
ansiehet.
Anton (W3) [Adelung]
Anton, ein Mannsnahme, aus dem Latein. Antonius, der in dem Munde des
großen Haufen in Tonjes, Tönjes, Tenge und Dinge verwandelt wird.
Antonius-Feuer (W3) [Adelung]
Das Antonius-Feuer, oder St. Antons-Feuer, des -s, plur. car. ein
Nahme derjenigen Entzündung an den äußern Theilen des menschlichen
Körpers, welche auch die Rose, der Rothlauf, das Feuer, das heilige
Feuer, und Latein. Erysipelas genannt wird. Bey dem Pictorius führet
sie den Nahmen St. Antons-Rache. Der Ursprung dieses Nahmens fällt in
das 11te und 12te Jahrhundert, da diese Krankheit gewisser Maßen
epidemisch war, und, dem Vorgeben nach, von dem heiligen Anton am
kräftigsten und geschwindesten geheilet wurde. Man stiftete daher auch
ihm zu Ehren und zum Troste dieser Kranken um das Jahr 1093 den Orden
des heiligen Antonius, welcher der Regel Augustini folgte, sich aber
niemahls weit ausgebreitet hat. S. Feuer, Rose und Rothlauf.
Antonius-Kreuz (W3) [Adelung]
Das Antonius-Kreuz, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein
Kreuz, welches einem Latein. T gleichet, und an welchem der heil.
Anton gekreuziget seyn soll.
Antrag (W3) [Adelung]
Der Antrag, des -es, plur. die -träge, die Handlung des Antragens in
der figürlichen Bedeutung, und dasjenige was angetragen wird. Einem
einen Antrag thun, ober machen. Dieser Antrag gefällt mir nicht. Es
sind mir schon mehr dergleichen Anträge geschehen. Einen Antrag
verwerfen, annehmen, eingehen.
Antragen (W3) [Adelung]
Antragen, verb. irreg. act. S. Tragen. 1) * An sich tragen, von
Kleidungsstücken. Asta trug den Leibrock an, 1. Sam. 14, 13. Weil er
das Fleisch anträget, muß er Schmerzen haben, Hiob 14, 22. Welche
Bedeutung im Hochdeutschen aber völlig veraltet ist, ob sie sich
gleich im Oberdeutschen noch erhalten hat. 2) Heran tragen, hinan
tragen und zwar, (1) in eigent-
licher Bedeutung, welche nur noch in dem Bergbaue vorkommt, wo
antragen, die verfertigte Zimmerung an den gehörigen Ort tragen und
zusammen setzen bedeutet. (2) Figürlich. (a) In Vorschlag bringen, mit
der Präposition auf. Auf etwas antragen. Gleichwie aber seine
Churfürstl. Durchl. schon vorlängst darauf angetragen haben, daß u. s.
f. In welcher Bedeutung es vornehmlich in den Kanzelleyen gewöhnlich
ist, wo es auch wohl überhaupt so viel als veranstalten bedeutet; z.
B. außer dem in Ungarn angetragen großen Lager. Ihr habt demnach dahin
anzutragen, daß diese Sache unverzüglich geschehe. (b) Anbiethen, doch
nur von wichtigen Gegenständen, welcher Nebenbegriff in dem Worte
tragen liegt. Einem ein Amt, eine Bedienung antragen. Er trug mir sein
Haus, seine Freundschaft an. Es ist ihr eine vortheilhafte Heirath
angetragen worden. So auch die Antragung.
Anm. Außer diesen Bedeutungen
kommt antragen in Oberdeutschland noch für anklagen vor, ingleichen,
für genau, sparsam eintheilen. Man muß es antragen, zu Rathe halten.
In der Bedeutung, des Vorschlagens sagte man ehedem auch, mit einem
antragen, wovon bey dem Frisch ein Beyspiel anzutreffen ist.
Antrauen (W3) [Adelung]
Antrauen, verb. reg. act. vermittelst der Trauung mit jemanden
verbinden. Einem eine Frau antrauen. Sie ist ihm angetrauet. Im
mittlern Lateine affidare, Franz. affier. So auch die Antrauung.
Anträumen (W3) [Adelung]
Anträumen, verb. reg. act. ohne Grund und Wahrscheinlichkeit von
jemanden behaupten, mit dem Dative der Person. Man hat dem ersten
Menschen viele Weisheit angeträumet.
Antreffen (W3) [Adelung]
Antreffen, verb. irreg. act. S. Treffen, an einen oder etwas treffen,
auf seinem Wege an etwas gerathen. 1) Eigentlich, durch einen Zufall
finden, vornehmlich von Gegenständen von einiger Größe. Ich habe ihn
auf dem Wege angetroffen. Er läßt sich nirgends antreffen. Du wirst
ihn zu Hause antreffen. Er läßt sich heute zu Hause antreffen, er
befindet sich heute zu Hause. Ich habe ihn auf frischer That
angetroffen. Wir haben kein Wild im Walde angetroffen. Ich wünschte
das Haus in dieser Straße anzutreffen. Ich traf ihn schlafend an,
gleich zwischen diesen Bäumen, Gell. Ich habe in diesem Lande eine
große Wüsteney angetroffen. Der Nebenbegriff so wohl des Zufalles, als
auch der Größe der gefundenen Sache, liegt in dem Worte treffen. Wird
antreffen oft und ohne Tadel in solchen Fällen gebraucht, wo ein
Suchen vorher gegangen ist, z. B. ich habe ihn lange gesucht, endlich
traf ich ihn auf der Gasse an: so rühret solches daher, weil auch
dabey ein Zufall angenommen werden kann und muß. Nur von kleinen
Gegenständen wird antreffen, so viel ich weiß, nie gebraucht. So sagt
man nicht, eine Stecknadel, einen Beutel mit Geld u. s. f. antreffen,
sondern finden, so groß auch der Zufall dabey seyn mag. 2) *
Figürlich, für betreffen, oder anlangen. Das Verboth trifft alle
andere an, aber dich nicht, Stücke in Esth. 4, 8. Es trifft Leib und
Leben an. Es trifft nur wenige Groschen an. Diese Bedeutung, welche in
Oberdeutschland noch gänge und gebe ist, ist im Hochdeutschen größten
Theils veraltet, wo man in diesem Falle lieber betreffen oder angehen
gebraucht; S. dieses Wort.Daher die Antreffung in der ersten
eigentlichen Bedeutung des Verbi.
Antreiben (W3) [Adelung]
Antreiben, verb. irreg. ( S. Treiben,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum. 1 Anfangen zu treiben, in welcher
Bedeutung es nur noch in den Hüttenwerken vorkommt, das Werk auf dem
Treibeherde in den Fluß bringen, welches vermit-telst des
Antreibeholzes geschiehet. 2. Hinan treiben. Einen Reif an dem Fasse
antreiben, ihn höher hinauf, folglich auch fester an dem Fasse
antreiben. Ingleichen, heran treiben. Eine Holzflöße an das Land
antreiben. Ein Schiff antreiben. 3. Wie das einfache treiben, so daß
das Vorwort an, die Bedeutung nur verstärkt, durch physische Mittel zu
etwas treiben; und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung. Die Pferde, die
Ochsen antreiben. Einen mit Schlägen zur Arbeit antreiben. Er muß
immer angetrieben werden. 2) Figürlich, durch sittliche
Bewegungsgründe in einem hohen Grade reitzen. Er wurde durch die
Ehrbegierde hierzu angetrieben.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte
seyn, heran getrieben werden, doch nur von Sachen, die sich selbst
überlassen auf dem Wasser schwimmen. Das Eis treibt an die Brücke an.
Die Flöße ist an das Land angetrieben. Ingleichen mit dem Verbo
kommen. Das Eis kommt angetrieben, doch nur im gemeinen Leben.Daher
die Antreibung in den eigentlichen Bedeutungen des Activi.
Antreten (W3) [Adelung]
Antreten, verb. irreg. ( S. Treten,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Eine Sache durch Treten der andern
nahe bringen, oder mit der andern verbinden. Erde an einen Baum
antreten. 2. Nahe an etwas treten, doch nur in einigen figürlichen
Bedeutungen. 1) Einen antreten, zu ihm treten, um etwas bey ihm
anzubringen. Einen um etwas antreten, bitten. Der Herzog tritt sie an
und sagt, Less. 2) Anfangen, doch nur in einigen eingeführten Fällen,
und mit ausdrücklicher Beyfügung der Sache, welche angefangen wird.
(a) Von dem Anfange eines Geschäftes. Eine Reise antreten. Einen Weg,
d. i. eine Reise, antreten. Eine Unterhaltung, ein Geschäft antreten.
(b) Von der Besitznehmung einer Sache. Ein Amt, einen Dienst, eine
Bedienung antreten. Die Regierung antreten. Eine Erbschaft, ein Lehn
antreten. (c) Von dem Anfange einer Zeit. Ein neues Jahr antreten.
Eine neue Woche antreten. Das funfzigste Jahr seines Alters antreten.
Ehedem war antreten in dieser Bedeutung in weit mehrern Fällen üblich,
und in Oberdeutschland sagt man noch jetzt: einen Tanz, einen Reihen,
einen Sturm antreten u. s. f. wo man im Hochdeutschen lieber anfangen
gebraucht.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, nahe an etwas
treten. Ich bin nahe an die Wand angetreten. Ingleichen, heran treten,
auf welche Art die Vogelschützen dieses Verbum von den ankommenden
wilden Vögeln gebrauchen, wenn sie antreten, d. i. sich auf die um den
Vogelherd befindlichen Antritte setzen. In der Fechtkunst bedeutet
antreten, absolute, den Anfang mit Fechten machen, weil man alsdann
seinem Gegner wirklich näher tritt. Ferner figürlich, den Besitz einer
Sache, oder die Ausübung eines Amtes anfangen, gleichfalls nur
absolute. Er ist bereits angetreten, hat sein Amt bereits angetreten.
Er wird bald antreten. Wenn das Nennwort beygefüget wird, so bekommt
antreten auch die oben bemerkte thätige Eigenschaft wieder.
Anm. Ehedem
wurde dieses Verbum auch für betreffen, anlangen, gebraucht. Das
Hauptwort die Antretung, ist in der eigentlichen Bedeutung des Activi
am üblichsten, in den figürlichen bedienet man sich lieber des
Antrittes.
Äntrich (W3) [Adelung]
Der Äntrich, S. Änterich.
Antrieb (W3) [Adelung]
Der Antrieb, des -es, plur. die -e, von dem Verbo antreiben. 1) Die
Handlung des Antreibens; ohne Plural, und in der figürlichen Bedeutung
der lebhaften Bewegung zu etwas durch vorgelegte Gründe. Er hat es aus
eigenem Antriebe gethan. Wenn ich ja auf den Antrieb meines Papa einen
Fehler habe begehen sollen, Gell. Der Antrieb des Gewissens. Ein
göttlicher Antrieb. 2) Dasjenige, was uns zu etwas antreibet,
sinnliche und vernünftige Bewegungsgründe. Ihr Herz scheinet keinen
großen Antrieb mehr nöthig zu haben, Gell. Dieß war mir ein starker
Antrieb, den Vorschlag nicht einzugehen.
Antritt (W3) [Adelung]
Der Antritt, des -es, plur. die -e, von dem Verbo Antreten. 1. Die
Handlung des Antretens; ohne Plural. 1) Der Antritt bey den Fechtern,
der Anfang des Fechtens. 2) Der Antritt eines Pferdes, derjenige
schnelle und sanfte Gang desselben, welchen man auch den Paß, den
Dreyschlag, und in Oberdeutschland auch den Zelt zu nennen pflegt,
Franz. Amble. Ein Pferd, das den Antritt gehet; S. Zelter. 3) Der
Anfang, so wohl eines Geschäftes, als eines Besitzes, als auch einer
Zeit. Der Antritt einer Reise, eines Amtes, der Regierung, des neuen
Jahres. Daher die Antrittsrede, Antrittspredigt, welche bey dem
Antritte eines Amtes, besonders des Predigtamtes gehalten wird; der
Antrittsschmaus, welchen man bey dem Antritte eines Amtes gibt. 2.
Dasjenige, woran man tritt, oder worauf man antritt. So heißen bey den
Vogelstellern die mit Ästen ausgeputzten Stangen um den Vogelherd, auf
welchen die Vögel antreten, oder sich bey ihrer Ankunft setzen,
Antritte, oder Fußreiser. Und den Buchdruckerpressen ist der Antritt
einschräge auf den Fußboden angenageltes Bret, worauf der Drucker
seinen Fuß anstämmet, wenn er den Bängel an sich ziehet. An manchen
Orten, z. B. in Franken, nennet man auch den Vorsaal vor der Thür in
den Häusern den Antritt. 3. Dasjenige, was angetreten wird. In diesem
Verstande nennet man im gemeinen Leben den Roth, der von den Schuhen
auf dem Fußboden und den Treppen hangen bleibt, und mit der Zeit fest
angetreten wird, den Antritt.
Antrittlehen (W3) [Adelung]
Das Antrittlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Lehenrechten so
viel als die Lehenwaare, weil sie von einem Lehenmanne, bey dem
Antritte eines Lehens entrichtet wird.
Antrocknen (W3) [Adelung]
Antrocknen, verb. reg. neutr. mit seyn, trocken werden und kleben
bleiben. Daher die Antrocknung.
Antvogel (W3) [Adelung]
* Der Antvogel, des -s, plur. die -vögel, ein Wort, welches im
Hochdeutschen wenig gebräuchlich ist, in den Provinzen aber in
dreyfacher Bedeutung vorkommt, so wohl für ein jedes Individuum des
Äntengeschlechtes, es mag zu den zahmen oder wilden Änten gehören,
männlichen oder weiblichen Geschlechtes seyn, als auch von den wilden
Änten allein, mit Ausschließung der zahmen, und endlich besonders von
den Männchen der Änten, so wohl der zahmen als der wilden. S.
Änterich.
Antwort (W3) [Adelung]
Die Antwort, plur. die -en, eine Rede, welche durch eines andern
Rede, besonders durch dessen Frage, veranlasset worden. Einem auf
etwas Antwort geben, eine Antwort ertheilen, etwas zur Antwort geben.
Gibst du mir keine Antwort? Rede und Antwort wegen einer Sache geben.
Eine Antwort erhalten, bekommen. Etwas zur Antwort bekommen. Es ward
ihm zur Antwort, er erhielt zur Antwort. Einem die Antwort schuldig
bleiben, ihm nicht antworten. Hierauf dienet zur Antwort. Ein
Antwortschreiben, worin man auf eines andern Brief antwortet. Die
Ausdrücke, etwas in Antwort geben, sagen oder schreiben, die den
Kanzelleyen so geläufig sind, werden im Hochdeutschen billig
vermieden. Sprichw. Wer viel fragt, bekommt viele Antworten. Wie die
Frage, so dieAntwort. Keine Antwort ist auch eine Antwort. Figürlich,
was die Stelle einer Antwort vertritt. Ein bitteres Lachen war die
ganze Antwort. S. das folgende.
Antworten (W3) [Adelung]
Antworten, verb. reg. neutr. mit haben, Antwort geben oder ertheilen,
mit der dritten Endung der Person, und der Präposition auf vor der
Sache. Einem antworten. Einem auf seine Frage, auf seinen Einwurf, auf
seinen Vorschlag, auf seine Gründe antworten. Ingleichen figürlich.
Ihre Augen antworteten seinen Augen durch den ungezwungensten Ausdruck
der Freude und Empfindung.
Anm. Antwort würde sich füglich zunächst von
Wort, und der Partikel ant oder ent ableiten lassen, und alsdann
dasjenige, was es wirklich ist, nehmlich ein Gegenwort, oder eine
Gegenrede ausdrücken. Allein da Antwort weiblichen, Wort aber mit
allen seinen Zusammensetzungen ungewissen Geschlechtes ist, auch von
Wort sonst kein Verbum abstammet; so muß man sich nach einer andern
Ableitung umsehen, wozu sich dann folgende Wörter anbiethen. 1. Wara
bedeutete in den ältesten Mundarten sehen, sorgen, verkündigen. Von
dessen mittelster Bedeutung kam wiederum Wart, custodia, und warten,
überliefern, her. Von dem letzten hatten die alten Schweden andwarda
und inwarda, die Franken und Alemannen antuuurtan, antuuürten, alles
in der Bedeutung des Überlieferns. Z. B. Tatian VII, 2. Notker 49, 14.
Ausantworten, Einantworten und Überantworten sind gleichfalls noch
Überbleisel davon, und bey den Friesen bedeutet Antwort noch jetzt
Überlieferung. Von der ersten Bedeutung des Sehens hatten die Gothen
Andvairthi das Gesicht, und die Franken anauuart, gewahr, ingleichen
kundig. 2. Von einem andern Verbo Wara, welches zunächst seyn
bedeutete, hatten die Franken und Alemannen Antuuurti und Antuuerdi,
die Gegenwart, antwurten, gegenwärtig werden, sich an einen Ort
begeben, und die Angelsachsen andwerdum, gegenwärtig. Daß sich die
Menschen solten antwurten auf den neuen Berg, Lirer B. 1, Kap. 14.
Endlich, 3. bedeutete noch ein anderes Wara, welches zunächst von dem
Isländ. Var, die Lippe, abstammete, und bey dem Willeram vorkommt, was
noch jetzt antworten bedeutet. Hiervon findet sich, gemeiniglich mit
dem vorgesetzten Zischlaute, das Schwed. swara, Isländ. andswara,
Angels. andswaran, andwaran, das Engl. answer, und das heutige
Niedersächsische anteren, antworten. Die letzte Ableitung scheinet die
nächste und ungekünsteltste zu seyn, und es ist glaublich, daß Wort
selbst von diesem Verbo waran abstammet. Übrigens lautet Antwort und
antworten, in der heutigen Bedeutung, bey den Gothen Andawaard,
Andwaard, bey dem Kero, Isidor, Ottfried und Notker Antuuurti und
antuuurten, und bey den Angelsachsen Andwyrd.
Anversuchen (W3) [Adelung]
Anversuchen, verb. reg. act. ein von den Neuern gebildetes Verbum,
das halb Deutsche anprobiren der Schneider zu verdrängen; anziehen und
versuchen, an sich versuchen; doch nur von Kleidungsstücken. Ich küsse
ihnen die Hand, wenn sie mir die Freude machen und diese Andrienne
anversuchen, Gell.
Anvertrauen (W3) [Adelung]
Anvertrauen, verb. reg. act. eines Treue übergeben. Einem die Flotte,
das Kriegesheer anvertrauen. Einem eine Unternehmung, ein Geschäft
anvertrauen. Anvertrautes Gut. Sich einem anvertrauen, ihm seine
Geheimnisse, sein Anliegen offenbaren. Sie können sich ihm sicher
anvertrauen. Daher die Anvertrauung.
Anm. An erhöhet hier bloß den
Nachdruck. Anvertrauen sagt daher wenig mehr als vertrauen.
Anverwandt (W3) [Adelung]
Anverwandt, adj. et adv. welches eigentlich das Participium des
ungewöhnlichen Verbi anverwenden ist, verwandt, in Absicht des
natürlichen Ursprunges mit jemanden verbunden. Er ist
mein nächster Anverwandter. Er ist mir nicht anverwandt. Sie ist meine
Anverwandte.
Anm. An ist die müßige Verlängerung, indem der Nachdruck
nichts dadurch gewinnet, daher das kürzere verwandt jenem vorzuziehen
ist. In dem weiblichen Geschlechte Anverwandtinn für Anverwandte zu
sagen, wie selbst von Gellerten und andern geschehen ist, ist wider
die Art der Adjective, welche ihre eigene Bedeutung nicht verlieren,
wenn sie gleich als Substantiva gebraucht werden.
Anverwandtschaft (W3) [Adelung]
Die Anverwandtschaft, plur. inusit. Verwandtschaft, so wohl die
Verbindung durch die Bande des Blutes und der Schwägerschaft, als auch
Anverwandte selbst anzudeuten. Er hat eine starke Anverwandtschaft,
viele Verwandte.
Anvettern (W3) [Adelung]
+ Anvettern, verb. reg. recipr. von Vetter. Sich anvettern, sich
unter dem Vorwande einer Verwandtschaft in eine Gesellschaft drängen,
und figürlich, sich zudrängen überhaupt. Beydes nur im gemeinen Leben.
Anwachs (W3) [Adelung]
Der Anwachs, des -es, plur. inusit. von dem folgenden Verbo. 1) Der
Zustand des Anwachsens, so fern dieses Zeitwort größer werden
bedeutet. Der Anwachs eines Landes, dessen Vergrößerung, besonders
durch angespültes neues Erdreich; in dem Lateine der mittlern Zeiten
accreissuta, die Anschütt, Anfließung, Anschwemmung u. s. f. Der
Anwachs des Vermögens, des Glückes, der Jahre, der Schulden, der
Zinsen. 2) Dasjenige, was anwächset, doch nur in der Bedeutung eines
angespülten Landes. S. auch Anwuchs.
Anwachsen (W3) [Adelung]
Anwachsen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich
nimmt, S. Wachsen. 1) Im Wachsen mit etwas verbunden werden, mit etwas
zusammen wachsen. Die Rinde ist wieder an den Baum angewachsen.
Angewachsen, oder im Leibe angewachsen seyn, sagt man im gemeinen
Leben von einem, dem die Lunge an den Rücken angewachsen ist. Auch
nennet man die Pferde angewachsen, wenn sie mager bleiben, und man zu
beyden Seiten des Bauches einen Nerven fühlet, der von dem Geschröte
an bis gegen die Rippen gehet; welche Krankheit eigentlich in einer
Abmattung bestehet. In weiterer Bedeutung nennet man oft Dinge
angewachsen, welche mit ihren Seitenflächen genau zusammen hangen,
wenn solches gleich bloß von einem dazu gekommenen fremden
Verbindungsmittel herrühret.2) Heranwachsen, und zwar, (1) der
körperlichen Ausdehnung nach. Die Bäume, die Kinder wachsen allmählich
an, welcher Gebrauch noch mehr Oberdeutsch ist. Das Unkraut wächst
sehr an, breitet sich aus. Der Fluß, das Wasser wächst an, schwillt
auf. Das Land wächst an, wird durch angeflößtes neues Erdreich
vergrößert. Das Buch ist schon bis auf zehn Bände angewachsen. (2) Der
Zahl nach. Die Schulden wachsen täglich an. Die Zinsen sind schon sehr
hoch gewachsen. (3) Der innern Stärke nach. Die Krankheit, das Übel
wächst täglich an. Seine Betrübniß wächst immer mehr an. Sein Glück,
sein Ansehen wuchs täglich an. Auch dieser Gebrauch ist im
Oberdeutschen häufiger als im Hochdeutschen.
Anwachsung (W3) [Adelung]
Die Anwachsung, plur. inusit. 1) Das Anwachsen in der ersten
Bedeutung. S. auch Anwuchs. In der zweyten, einer Vergrößerung, ist
Anwachs üblicher; indessen wird auch das Anwachsen eines Landes durch
angeschüttetes Erdreich zuweilen die Anwachsung genannt. 2) In der
Baukunst nennen einige dasjenige gleichfalls Anwachsung, was andere
mit einem weit schicklichern Ausdruck die Ausladung nennen, d. i. das
Hervorragen eines Theiles des Gebäudes oder eines Bauzierathes vor dem
andern, ingleichen das Maß dieser Hervorragung. S. Ausladung.
Anwachsungsrecht (W3) [Adelung]
Das Anwachsungsrecht, des -es, plur. die -e, in den Rechten, 1) das
Recht des Eigenthumes über ein von dem Wasserangesetztes Land; das
Anwachsrecht, Anflößungsrecht, Anwurfsrecht, die Anschütt, Jus
alluvionis. 2) Das Recht, von Verlassenschaften den Antheil desjenigen
zu heben, der solchen nicht annehmen kann oder will; Jus accrescendi.
Anwägholz (W3) [Adelung]
Das Anwägholz, S. Anwegeholz.
Anwählen (W3) [Adelung]
Anwählen, S. Anwünschen.
Anwalt (W3) [Adelung]
Der Anwalt, das -es, plur. die -walte, nicht Anwälte, ein
Gevollmächtigter, welcher eines andern Geschäfte besorget, besonders
vor Gerichte; ein Gewaltführer, Gewalthaber, Gewaltträger, in
Oberdeutschland Gerhab oder Gerhaber, und so fern eines andern
Angelegenheiten vor Gerichte besorget, ein Sachwalter, Sachführer,
Fürsprecher, in Oberschwaben Fürsprach, Beystand u. s. f. bey welchem
Reichthume von Deutschen Benennungen der Gebrauch der ausländischen
Nahmen, Procurator, Mandatarius, Advocat u. s. f. gewiß
unverantwortlich ist. Der Principal-Commissarius auf den Reichstagen
hieß ehedem nur kaiserlicher Anwalt, und in Österreich ist der
Landesanwalt und Stadtanwalt noch jetzt so viel als Land- und
Stadt-Syndicus.
Anm. Anwalt ist in der Bedeutung eines Gevollmächtigten
vor Gerichte noch am meisten in Oberdeutschland üblich. Die letzte
Hälfte dieses Wortes ist von dem alten walten, regieren, S. dasselbe;
daher die Schreibart Anwald unrichtig ist. Nur die Bedeutung des
Vorwortes an ist hier so gar deutlich nicht. In einer
handschriftlichen Angelsächsischen Glosse bey dem Schilter bedeutet
Anuald so viel als Monarchie; aber da ist an unstreitig das
Angelsächsische Wort ein oder allein, gleichsam Alleinherrschaft.
Anwaltschaft (W3) [Adelung]
Die Anwaltschaft, plur. die -en, das Amt und die Verrichtung eines
Anwaltes. Einem die Anwaltschaft auftragen. Eine Anwaltschaft
übernehmen. Er hat viele Anwaltschaften auf sich. Ingleichen zuweilen
die Vollmacht, die man einem Anwalte gibt.
Anwälzen (W3) [Adelung]
Anwälzen, verb. reg. act. hinan wälzen. Einen Stein an die Mauer
anwälzen. So auch die Anwälzung.
Anwand (W3) [Adelung]
* Die Anwand, plur. die -wände, an einigen Orten, z. B. in Meißen, so
viel als die Grenze, besonders eines Ackers oder Feldes. Ingleichen
der Ort, wo ein Feld, Wald oder Wiese an einen Weg stößet, und ein
solches Stück Feldes oder Wiese selbst. In andern Gegenden ist es der
Ort, wo der Pflug im Pflügen umgewandt wird, in welcher Bedeutung es
denn auch Anwende, ingleichen Wendefort lautet. S. auch Angewende.
Anm.
Frisch führet eine Stelle aus Rätii Chronik an, aus welcher erhellet,
daß auch das einfache Wand ehedem die Grenze eines Landes bedeutet
hat; ohne Zweifel von derjenigen Bedeutung des Verbi wenden, nach
welcher es auch für enden gebraucht wurde. Es ist noch nicht am Ende,
an der Anwand, heißt es daher in den alten deutschen Sprichwörtern,
gleichfalls bey dem Frisch. Anwand und Angewand werden zuweilen auch
für dasjenige gebraucht, was man gemeiniglich einen Rain nennet. Man
hat daher nicht nöthig, bey der Ableitung dieses Wortes seine Zuflucht
zu dem Wendischen Hono oder Hohn, ein Feldweges Acker, seine Zuflucht
zu nehmen.
Anwandeln (W3) [Adelung]
Anwandeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
unvermuthet von etwas befallen werden; am häufigsten und sichersten im
gemeinen Leben und der komischen Schreibart, ob es gleich auch oft
genug in der edlern und ernsthaften vorkommt. Es wandelt ihm eine
seltsame Andacht an. Ich weiß nicht, was ihm angewandelt ist, was ihm
einfällt. Es wandelte ihr plötzlich eine kleine Schwachheit an. Less.
Wenn ihr nur nicht ein unzeitiger Appetit anwandelt, Weiße. So auch
die Anwandelung, so wohl für den Zustand des Anwandelns,
als auch für unerwartete Gemüthsveränderungen und Schwachheiten
selbst. Er bekommt öfters dergleichen Anwandelungen. Meine erste
Anwandelung war Furcht, Abt.
Anwärmen (W3) [Adelung]
Anwärmen, verb. reg. act. anfangen zu wärmen, oder zu heitzen, in den
Hüttenwerken. Einen Ofen, den Treibeherd anwärmen, ihm die gehörige
Hitze geben, welches in einer andern Betrachtung auch abwärmen heißt.
So auch die Anwärmung.
Anwarten (W3) [Adelung]
* Anwarten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert,
von warten, expectare, welches aber im Hochdeutschen völlig veraltet
ist, und nur noch zuweilen im Oberdeutschen, besonders in Lehenssachen
vorkommt, auf etwas warten, die Hoffnung haben, einem andern in einem
Leben oder in einem Amte zu folgen. Auf etwas anwarten. Eben so
ungewöhnlich ist im Hochdeutschen die Anwartung, für Erwartung. Das
Volk zwinget den Simon, die Last auf sich zu nehmen, und den
zerrissenen Leib auf Anwartung einer größern Marter zu erleichtern,
Opitz. Besonders für Anwartschaft. Ingleichen der Anwarter, die
Anwarterinn, der oder die die Anwartschaft auf etwas hat. Übrigens
kommt anauuartan und anauuart schon bey dem Kero, Ottfried und andern
für aufmerken, beobachten und aufmerksam vor.
Anwartschaft (W3) [Adelung]
Die Anwartschaft, plur. die -en, die Hoffnung der Nachfolge in einem
Leben oder in einem Amte; die Expectanz. Die Anwartschaft auf ein
Lehen, auf eine Bedienung haben, bekommen. S. auch Angefäll und
Anfall.
Anweben (W3) [Adelung]
Anweben, verb. reg. act. durch Weben mit etwas verbinden. So auch die
Anwebung.
Anwegeholz (W3) [Adelung]
Das Anwegeholz, des -es, plur. die -hölzer, ein Kunstwort der
Bergleute und Wassermüller, ein dreyfaches Hebezeug damit
auszudrucken. 1) An den Wasserkünsten, das Holz, worauf die Welle
inwendig mit ihren Zapfen ruhet; das Zapfenholz, die Anwelle. 2) Die
Hölzer in der Radstube über dem Schrote, worauf die Zapfenhölzer
liegen; das Angewege. 3) Die zwey starken Hölzer, worein das Kreuz
über dem Schachte gehänget wird, und welche am Harze Stege genannt
werden.
Anm. Gewege bedeutet bey dem Mathesius allerley Werkzeuge,
womit Lasten gehoben werden. S. Bewegen. Bey dem Reiner contra
Waldens. heißt es Cap. 5. Primo de Baptismo dicunt, quod Catechismus
nihil sit - - Item quod oblatio illa, quae dicitur Anwegen, sit
adinuentio. Anwegen heißt hier ohne Zweifel so viel als Erhebung,
elevatio. Dieß gibt zugleich eine gute Abstammung für dieses
bergmännische Wort. Die Angewegen und Anwegehölzer dienen unter andern
auch dazu, die Wellen der Räder zu heben, und sie hoch und niedrig zu
stellen. S. auch Angewege.
Anwehen (W3) [Adelung]
Anwehen, verb. reg. act. 1) Entgegen wehen, von dem Winde. Der Wind
wehet mich an. Sta bi la mich den wint anweien Der kumt von mines
herzen kuniginne, der Herzog von Anhalt. 2) Heran wehen, wehend herbey
führen. Der Wind hat allenSand an das Haus angewehet. So auch die
Anwehung.
Anweisen (W3) [Adelung]
Anweisen, verb. irreg. act. S. Weisen, an etwas weisen, d. i. weisen,
wo man etwas thun oder bekommen soll.1. Eigentlich. Einem Holz
anweisen, ihm die Bäume im Walde zeigen und bezeichnen, welche er
bekommen soll, welches von den Förstern, zuweilen an besondern
Anweisetagen, gegen ein gewisses Anweise- oder Stammgeld geschiehet.
Einem einen Platz zum Bauen anweisen. Einem seine Wohnung anweisen.
Einem Geld anweisen, ihm jemanden bestimmen, der ihn bezahlet; im
mittlern Lateine assignare. Ich habe ihn an dich angewiesen, Geld bey
dir zu heben. Angewiesenes Geld, welchesman einem andern angewiesen
oder assigniret hat. Wenn man aber denjenigen im gemeinen Leben den
Angewiesenen nennet, der in eines andern Nahmen zahlet, oder an
welchen man seinen Gläubigen weiset, so ist solches ein Mißgebrauch
dieses Participii, welches eigentlich dem gemeinschaftlichen
Gläubiger, oder demjenigen, welcher angewiesen wird, zukommt. Einen
anweisen, ihm einen gewissen bestimmten Ort zeigen. So weiset der
Hausknecht den Gast an, und so werden im Bergbaue und andern
Lebensarten die Arbeiter angewiesen, wenn man ihnen die jedes Mahl
nöthige Arbeit aufgibt. Folge mir, ich will deiner Thätigkeit ein
rühmlicher Feld anweisen. In noch weiterer Bedeutung wird in der
Landwirthschaft auch der Hopfen gestängelt und angewiesen, wenn man
den Ranken die gehörige Richtung gibt.2. In weiterer und zum Theil
figürlicher Bedeutung mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) Einweisen,
in den Besitz einer Sache setzen, besonders in den Rechten. Gut
anweisen heißt, wenn der Lehnherre seinem manne anzeigt oder weist an
ein gut, darinn er ihm ein lehen oder geding versprochen hat, Glossae
jur. Saxon. Ingleichen, den Gläubiger in ein unbewegliches Gut,
vermöge des ersten Decretes einsetzen, so daß er zwar die Verwahrung,
aber noch nicht den Genuß desselben bekommt, welches in
Oberdeutschland anleiten genannt wird; S. dieses Wort. 2) Jemandes
Handlungen durch Unterricht und Beyspiel bestimmen; im mittlern
Lateine advisare. Einen zu etwas anweisen. Er ist zu allem Guten
angewiesen worden. Sollte man doch denken, du wärest zu lauter
Boßheiten angewiesen worden. Von dem, was man nur zu wissen braucht,
sagt man lieber unterweisen, unterrichten. 3) Befehlen, doch in einem
glimpflichern Verstande, als dieses Zeitwort, und größten Theils nur
in den Kanzelleyen. Ich bin darauf angewiesen, dergleichen Unordnungen
nicht zu gestatten. Ihr habt demnach die Unterthanen dahin anzuweisen,
daß dergleichen Unfug vermieden werde.
Anm. Einen anweisen bedeutete
ehedem im Niedersächsischen auch einem einen weisen Rath geben, welche
Bedeutung mit der obigen zweyten genau zusammen hänget.
Anweiser (W3) [Adelung]
Der Anweiser, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, der dazu gesetzt
ist, andere anzuweisen, in der ersten eigentlichen Bedeutung. So
führet bey den Floßwerken derjenige, der zum Anweisen des Holzes
bestimmt ist, den Nahmen eines Anweisers. Der Assignant, oder der
einem andern Geld anweiset, wird gleichfalls so genannt. Endlich heißt
an einigen Orten auch der Curator, der unmündigen Personen bestellet
wird, ein Anweiser.
Anweisung (W3) [Adelung]
Die Anweisung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Anweisens in allen
Bedeutungen des Verbi. Die Anweisung des Holzes, der Arbeiter. Die
Anweisung einer Summe Geldes, oder eines Gläubigers an unsern
Schuldner, die Assignation. Einem Anweisung geben, ihn durch Anweisung
bezahlen. Ferner die Einweisung in ein Lehen, ein Gut u. s. f. wofür
an einigen Orten ein gewisses Anweisungsgeld bezahlet wird. Endlich
auch der Unterricht zur Einrichtung seines Verhaltens. Einem in oder
zu etwas Anweisung geben. In den Bergwerken wird dieses Wort über dieß
noch für Werkmahl, Anzeige gebraucht. Das Erz hat gute Anweisung,
macht viele Hoffnung. 2) Eine Schrift, welche eine Anweisung enthält,
so wohl die Anweisung einer Summe Geldes, als auch den Unterricht.
Anweißen (W3) [Adelung]
+ Anweißen, verb. reg. act. von außen weiß machen. Ein Haus anweißen,
tünchen.
Anwelle (W3) [Adelung]
Die Anwelle, plur. die -n, in den Bergwerken, das Holz, worauf die
Welle mit ihren Zapfen ruhet, und welches auch die Anwelltruhe, der
Anwellstock, das Zapfenholz, das Anwegeholz, und die Wellbank genannt
wird. In den Bergwerken
wird dieses Wort gemeiniglich Anwald und im Plural Anwäld
ausgesprochen. S. Angewege und Anwegeholz.
Anwendbar (W3) [Adelung]
Anwendbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig angewandt zu werden. Diese
Auslegung ist hier nicht anwendbar, läßt sich hier nicht anwenden.
Daher die Anwendbarkeit.
Anwerben (W3) [Adelung]
Anwerben, verb. irreg. act. ( S. Werben,) welches am eigentlichsten,
durch Tausch an sich bringen, hernach aber überhaupt an sich handeln
bedeutet, jetzt aber nur noch in zwey Fällen üblich ist. 1) Mit der
vierten Endung des Nennwortes, von Soldaten, die man zu seinem Dienste
beweget. Truppen, Soldaten, ein Kriegsheer anwerben. In weiterer
Bedeutung, doch nur im Scherze, jemanden bewegen, in eine gewisse
Verbindung mit uns oder andern zu treten. Jemanden zu einer Reise, zu
einem Spiele, zu einem Pikenik anwerben. 2) Mit der Präposition um,
eine weibliche Person für sich, oder einen andern zur Ehe verlangen,
besonders so fern solches feyerlich und öffentlich geschiehet. Er hat
um sie angeworben. Es haben schon viele um sie angeworben. Darf ich
für jemand anders um sie anwerben? Cron. So auch der Anwerber, welcher
in fremden Nahmen um eine Person anwirbt, und die Anwerbung, in beyden
Bedeutungen, besonders der letzten. Anwerbung um eine Person thun. Die
Anwerbungsrede, welche im Nahmen des Freyers an die Ältern oder
Verwandten einer Person, um welche man anwirbt, gehalten wird.
Anwerden (W3) [Adelung]
+ Anwerden, verb. irreg. neutr. ( S. Werden,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, und nur noch in den niedrigen Sprecharten einiger
Gegenden üblich ist, für los werden, an den Mann bringen. Er ist seine
Waaren theuer angeworden, er hat sie theuer verkauft. Er hat eine
Tochter, die er gerne anwerden mochte.
Anm. Dieses niedrige Verbum ist
nur noch um der Zusammensetzung und des ehemaligen edlern Gebrauches
willen, merkwürdig. An ist hier aus der Präposition ohne zusammen
gezogen, daher es in den ältern Zeiten auch aune, ane und anich
geschrieben, und theils mit der zweyten, theils aber auch mit der
vierten Endung verbunden wird. Das sein Herre Palligan Des leibes was
worden an, sein Leben verloren hatte, Stryk. Kap. 13. Miner Swere
Schiere ih ane werde, Graf Kraft von Toggenburg. Sines godes anich
werden, im Sächsischen Landrechte. So mag es sines gutes wol ane
werden mit reht, Schwabensp. Kap. 23, 5. Daz gut mag er nimmer aun
werden, ebend. Kap. 24, 1. wofür ein anderer Codex hat, des gutes mag
er nicht verkauffen. Daß aun aber hier so viel als ohne sey, erhellet
unter andern aus eben diesem Schwabenspiegel, wo ohne fast beständig
aun geschrieben wird; aun sin schulde, Kap. 23, 5. Für anwerden war
ehedem auch anseyn üblich. Owe minne, Der din ane mochte sin das weren
sinne, Dietmar von Ast. Das Niedersächsische anwerden, angewöhnen,
gewohnt werden, ist von diesem Zeitworte ganz verschieden, denn hier
ist es das Vorwort an.
Anwerfen (W3) [Adelung]
Anwerfen, verb. irreg. act. S. Werfen. 1) Anfangen zu werfen,
besonders im Würfelspiele. 2) Eine Sache an die andere werfen, ihr mit
einem Wurfe nähern; so wohl eigentlich. Einem eine Klette anwerfen.
Als auch in weiterer und figürlicher Bedeutung. Kalk anwerfen, an die
Wand. Der Fluß wirft beständig Sand an, an das Ufer. Ingleichen für
schnell und heftig anlegen. Sturmleitern anwerfen. Den Schlafrock
anwerfen. Daher die Anwerfung. S. auch Anwurf. Anauuerfunga, für
immissio, gebraucht schon Notker 77, 49.
Anwesen (W3) [Adelung]
Das Anwesen, des -s, plur. car. der Infinitiv des im Hochdeutschen
ungewöhnlichen Verbi anwesen oder anseyn, gegenwärtig seyn, als ein
Hauptwort gebraucht. Es ist in meinem Anwesen geschehen, in meiner
Gegenwart. Es wird indessen nur selten, und da noch am häufigsten mit
dem Vorworte in gebraucht. S. auch Anwesenheit.
Anwesend (W3) [Adelung]
Anwesend, adj. et adv. welches eigentlich das Particip. des vorhin
gedachten ungewöhnlichen Verbi anwesen ist, und für gegenwärtig noch
völlig gangbar ist. Bey einer Sache anwesend seyn. Er war im Rathe
anwesend, als dieses vorging. Alle Anwesende haben es gehöret. In
Oberdeutschland höret man auch das Participium der vergangenen Zeit
angewesen. Unser zu Regensburg angewesener Major, heißt es in einer
Schrift aus der Passauischen Kanzelley. Daz imo anauuesenda peccatum
ist bey dem Notker die inwohnende, anklebende Sünde. Adens, anwesend,
und adentia, die Anwesenheit, sind im Lateine der mittlern Zeiten
darnach gebildet.
Anwesenheit (W3) [Adelung]
Die Anwesenheit, plur. inusit. das Anwesen, die Gegenwart. Es
geschahe in meiner Anwesenheit. Es wurde ihm in Anwesenheit unserer
Freunde gesagt. Warum fliehest du meine Anwesenheit?
Anwetzen (W3) [Adelung]
Anwetzen, verb. reg. act. durch Wetzen an etwas hervor bringen. Eine
Spitze anwetzen, an dem Messer.
Anwirken (W3) [Adelung]
Anwirken, verb. reg. act. 1) Von wirken, arbeiten, anfangen zu
arbeiten. So wird anwirken in den Salzsiedereyen gebraucht, mit der
Woche anfangen zu sieden. 2) Von wirken, weben, durch Wirken mit etwas
andern verbinden. Eine Blume an die andere anwirken. Das Stück ist zu
kurz, man muß noch etwas anwirken. So auch die Anwirkung.
Anwischen (W3) [Adelung]
Anwischen, verb. reg. act. durch Wischen, d. i. schnelles und
gelindes Berühren, an die äußere Fläche einer Sache bringen. Einem
Koth anwischen. Daher die Anwischung.
Anwittern (W3) [Adelung]
Anwittern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, welches aber
nur in den vergangenen Zeiten und deren Participio in den Bergwerken
üblich ist, vermittelst der Witterung, d. i. unterirdischer Dämpfe,
sich anlegen. Angewittertes Erz, welches sich an das Gestein angeleget
hat. Daher die Anwitterung.
Anwohnen (W3) [Adelung]
Anwohnen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, nahe an etwas
wohnen. Er wohnt hier gleich bey uns an. Wir wohnen nahe an dem Berge
an. Daher die Anwohnung.
Anm. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt dieses Wort auch in der
figürlichen Bedeutung, für bevor stehen, vor. Ein sender tod der wont
mir an Sit ich der liben hulde embir, Heinr. von Frowenberg.
Anwohner (W3) [Adelung]
Der Anwohner, des -s, plur. ut nom. sing. der nahe an etwas wohnet.
Die Anwohner des Rheins, der Alpen.
Anwuchern (W3) [Adelung]
Anwuchern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
heran wuchern, d. i. im Wachsthume ausbreiten, doch nur von Pflanzen.
Das Unkraut wuchert stark an, breitet sich sehr aus. S. Wucher.
Niedersächsisch anwokern, welches aber auch figürlich von Krankheiten
und in andern Fällen gebraucht wird.
Anwuchs (W3) [Adelung]
Der Anwuchs, der -es, plur. die -wüchse. 1) Der Zustand des
Anwachsens, oder Heranwachsens, d. i. der Ausbreitung; ohne Plural.
Der Anwuchs des Unkrautes; für Anwachs, dessen Gebrauch in diesem
Falle schicklicher und allgemeiner ist. 2) Dasjenige, was angewachsen
ist, in der ersten Bedeutung des Verbi. Alle dergleichen Anwüchse
müssen abgeschnitten werden.
Anwühlen (W3) [Adelung]
Anwühlen, verb. reg. act. im Wühlen anwerfen, eigentlich von den
Schweinen. Die Schweine haben die Erde angewühlet.
Anwunsch (W3) [Adelung]
Der Anwunsch, des -es, plur. inus. die Handlung des Anwünschens, doch
nur selten. Auch wenn er die frostige Rechte zum Anwunsch des Schlafes
ihr gab, Haged. O schicke durch die Lüfte Viel tausend süße Düfte Zum
Anwunsch sanfter Ruh Lucindens Fenster zu, Zach.
Anwünschen (W3) [Adelung]
Anwünschen, verb. reg. act. einem wünschen. Einem eine glückliche
Reise, eine ruhige Nacht anwünschen. Er wünschte mir alles Gute an. So
auch die Anwünschung.
Anm. In Oberdeutschland ist anwünschen,
Anwünschung, auch für adoptiren, an Kindes Statt annehmen, und für
Adoption üblich. Dieser Gebrauch ist alt, ist aber eine bloß
buchstäbliche Übersetzung des Latein. adoptare, welche nicht einmahl
einen begreiflichen Verstand hat, wenigstens von dem eigentlichen
Begriffe der Adoption nichts ausdruckt. Indessen gebraucht schon Kero
in diesem Verstande Zeuunske, und in Boxhorns Glossen kommt zuauunscan
in eben dieser Bedeutung vor. Oskasonur bedeutet in der Edda einen
adoptirten Sohn, von önska, wünschen. Übrigens sind in Oberdeutschland
auch anwählen und einwünschen in eben dieser Bedeutung des Adoptirens
üblich.
Anwurf (W3) [Adelung]
Der Anwurf, des -es, plur. die -würfe. 1) Die Handlung des Anwerfens;
ohne Plural. Der Anwurf des Kalkes an die Wand, des Sandes von dem
Wasser. Noch mehr aber, 2) dasjenige, was angeworfen wird. Der Anwurf,
der Überzug einer Wand mit Kalk. Viele Häuser sind von außen mit einem
Anwurfe bekleidet. Der Anwurf, dasjenige, was das Wasser angesetzet
hat; Anlage, Anschütt u. s. f. Auch ein eisernes Werkzeug, welches aus
einer Kettel und einem Kloben bestehet, und an die Thüren angeworfen,
d. i. befestiget, und wieder abgenommen werden kann, ein Vorlegeschloß
daran zu legen; S. auch Anlage 2. Bey den Wollenwebern wird auch die
Anschrote oder Saalleiste, und bey den Raschmachern auch der Aufzug
oder die Anschüre, ein Anwurf genannt; S. Anschrote. In den Münzen ist
der Anwurf, oder das Stoßwerk, eine eiserne Presse, grobe Münzsorten
vermittelst des trägen Schwunges der Preßstange zu prägen, welche
Preßstange mit ihren zwey großen Kugeln von Bley an den beyden Enden
daher auch der Anwurfsschlüssel genannt wird. Die Schneider und
Nähterinnen nennen dasjenige,was angesetzet wird, ein Stück länger zu
machen, gleichfalls den Anwurf.
Anwurzeln (W3) [Adelung]
Anwurzeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, vermittelst der
Wurzeln befestiget werden. Der Baum ist bereits angewurzelt. Daher die
Anwurzelung.
Anzahl (W3) [Adelung]
Die Anzahl, plur. inusit. ein Collectivum, eine größere oder
geringere Menge zu bezeichnen. Ich traf daselbst eine große, geringe
Anzahl Menschen an. Eine Anzahl Truppen, eine unbestimmte Menge
derselben. Man fing eine nicht geringe Anzahl Fische. Es ist schon
eine gute Anzahl Käufer beysammen.
Anm. Zahl, so fern es auch ein
Collectivum ist, deutet nur an, daß mehr als Ein Ding einer Art
gemeinet werde; Anzahl aber gehet alle Mahl auf die Vielheit. Für,
unter die Anzahl der Weisen gerechnet, unter die Anzahl der Götter
versetzet werden, sagt man daher richtiger, unter die Zahl, weil der
Begriff der Vielheit hier gar nicht mit in Anschlag kommt. An scheinet
in diesem Worte nur den Nachdruck zu geben. Luther gebraucht Anzahl
für Ausschuß, 1. Kön. 5, 13, 14. Und Salomo legte einen Anzahl auf
ganz Israel, und der Anzahl war dreyßig tausend Mann - Und Adoniram
war über solchen Anzahl. Allein diese Bedeutung ist, besonders in dem
männlichen Geschlechte, im Hochdeutschen nicht üblich, und vielleicht
nie üblich gewesen. Wer weiß, ob Luther nicht Mannzahl im Sinne
gehabt, welches ehedem in dieser Bedeutung üblich war. S. Haltaus v.
Mannzahl.
Anzahlen (W3) [Adelung]
+ Anzahlen, verb. reg. act. anfangen zu bezahlen, daran bezahlen,
doch nur im gemeinen Leben. Es sind an dieser Summe bereits hundert
Thaler angezahlet worden.
Anzapfen (W3) [Adelung]
Anzapfen, verb. reg. act. 1) Von Zapf, epistomium, den Anfang mit
Zapfen machen. Ein Faß anzapfen. Ein Faß Bier, ein Faß Wein anzapfen,
wofür man auch anstecken sagt. 2) Von zupfen, doch nur in der
figürlichen Bedeutung, mit anzüglichen Worten auf jemanden zielen.
Einen anzapfen. Einen mit Sticheleyen anzapfen. Er zapft mich überall
an. Daß anzapfen in dieser Bedeutung von zupfen herkomme, erhellet aus
dem Oberdeutschen, wo man in diesem Verstande wirklich anzupfen sagt,
obgleich auch anzäpfen in demselben üblich ist. So auch die Anzapfung.
Anzaubern (W3) [Adelung]
Anzaubern, verb. reg. act. durch Zauberey einem anhängen, im gemeinen
Leben anhexen. Einem eine Krankheit anzaubern. So auch die
Anzauberung.
Anzäumen (W3) [Adelung]
Anzäumen, verb. reg. act. 1) Den Zaum anlegen, wie aufzäumen. Ein
Pferd anzäumen. 2) Ein Pferd vermittelst des Zaumes anbinden.
Anzeichen (W3) [Adelung]
Das Anzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) * Für Zeichen,
Merkmahl, doch am häufigsten nur in Oberdeutschland. Das ist ein
Anzeichen eines bösen Gemüthes. An ist hier die Alemannische
Verlängerung. 2) + Im gemeinen Leben, ein Zeichen einer künftigen
Begebenheit, eine Vorbedeutung. Was wird dieses Anzeichen bedeuten?
Gell. Das Anzeichen mag über mich gehen, wenn es etwas zu bedeuten
hat, ebend.
Anm. Es scheinet fast, daß Anzeichen in der letzten
Bedeutung nur eine verderbte Aussprache für Anzeige ist. Das ch ist
der Lieblingsbuchstabe der Oberdeutschen, und selbst die
Hochdeutschen, besonders in Obersachsen, setzen es im gemeinen Leben
oft an die Stelle des g und k. Sollte es aber ja zu Zeichen gehören,
so müßte an hier bloß um des Nachdruckes willen stehen.
Anzeichnen (W3) [Adelung]
Anzeichnen, verb. reg. act. mit einem Zeichen an etwas bemerken. Eine
Stelle in einem Buche anzeichnen. O welch ein Tag! Tyrannen können ihn
unter ihre rühmlichsten Tage anzeichnen, Dusch. Ingleichen,
anschreiben, doch nur selten. Einem etwas anzeichnen, es auf seine
Rechnung schreiben. In
gleichen überhaupt für aufzeichnen, aufschreiben, gleichfalls nur
selten. So auch die Anzeichnung.
Anzeige (W3) [Adelung]
Die Anzeige, plur. die -n. 1) Die Handlung des Anzeigens; ohne
Plural. Eine Anzeige thun. Ich habe es auf seine Anzeige gethan. 2)
Was angezeiget wird, eine Nachricht. Eine falsche Anzeige. Man muß
dergleichen Anzeigen nicht alle Mahl glauben. 3) Die Sache, die etwas
anzeigt, in der figürlichen Bedeutung, für Merkmahl. Es waren
unglückliche Anzeigen meiner Liebe zur Wahrheit, Raben. S. Anzeichen
2.
Anzeigen (W3) [Adelung]
Anzeigen, verb. reg. act. 1) Zu jemandes Wissenschaft bringen, ihm
bekannt machen. Ich zeigte ihm die Gefahr an, worin er sich befand.
Warum haben sie mirs nicht angezeiget? Etwas bey Rathe, bey Hofe, in
dem Gerichte anzeigen. Einen Dieb bey der Obrigkeit anzeigen. 2)
Figürlich, bedeuten, ein Merkmahl, Kennzeichen von etwas seyn. Dieß
zeiget an, daß eine große Veränderung vorgehen wird. Dein Gesicht
zeiget ein großes Unglück an. Das Anzeigen für Merkmahl, Kennzeichen
selbst, ist im Hochdeutschen nicht gewöhnlich. Indessen heißt es noch
Phil. 1, 28. Welches ist ein Anzeigen ihnen der Verdammniß, euch aber
der Seligkeit. Auch Rabener sagt noch: ich hielt es für ein gutes
Anzeigen. S. auch Anzeichen. Anzeigende Tage heißen bey einigen Ärzten
die dies critici, weil sie die vornehmsten Veränderungen der Krankheit
anzeigen.
Anzeiger (W3) [Adelung]
Der Anzeiger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Person, welche
etwas anzeiget. Fämin. die Anzeigerinn, plur. die -en, 2) Ein
öffentliches Blatt, welches zu bestimmten Zeiten allerley Gegenstände
zur Wissenschaft des Publici bringt; das Intelligenz-Blatt.
Anzeigung (W3) [Adelung]
Die Anzeigung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Anzeigens; ohne
Plural. 2) Ein Merkmahl, Kennzeichen. So werden in Kaiser Carls des
Fünften Halsger. Ordn. Art. 19. redliche Anzeigungen, d. i.
zuverlässige Wahrzeichen oder Vermuthungsgründe, dem bloßen Argwohne
entgegen gesetzet.
Anzettel (W3) [Adelung]
Der Anzettel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Webern, das in die
Länge ausgespannte Garn zu einem Gewebe, welches auch der Zettel, die
Anscher, Anschüre, der Aufzug, die Kette, das Werft genannt wird. S.
Zettel.
Anzetteln (W3) [Adelung]
Anzetteln, verb. reg. act. 1) Eigentlich, bey den Webern, das Garn zu
einem Gewebe in die Länge ausspannen, aufziehen. Das Garn anzetteln.
Ein Gewebe anzetteln, durch Ausspannung der Fäden dasselbe anfangen.
2) Figürlich, etwas veranlassen, doch alle Mahl in gehässiger,
wenigstens verächtlicher Bedeutung, anstiften. Einen Krieg, einen
Aufruhr, eine Zänkerey anzetteln. So auch die Anzettelung.
Anm. In
Oberdeutschland ist anzetteln in der figürlichen Bedeutung überhaupt
für anfangen, auch im guten Verstande üblich, denn man sagt daselbst
auch, eine Erzählung anzetteln.
Anzettler (W3) [Adelung]
Der Anzettler, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bei den Webern,
derjenige, welcher Garn in die Länge ausspannet; der Scherer. 2) In
der figürlichen Bedeutung, der Anstifter einer bösen Sache.
Anziehen (W3) [Adelung]
Anziehen, verb. irreg. ( S. Ziehen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum.1. Anfangen an etwas zu ziehen. Die
Glocken anziehen. Die Pferde anziehen lassen. Die Pferde wollen nicht
anziehen.2. Eine Sache an oder auf die andere ziehen, besonders von
Kleidungsstücken. Schuhe, Strümpfe, Beinkleider, ein Hemd, ein Kleid
anziehen. Ingleichen metonymisch, sich anziehen, sich ankleiden, sich
die gehörigen Kleider anlegen. Anziehen hat in dieser Bedeutung etwas
Niedriges bekommen, daher man in denedlern Schreibarten statt dessen
lieber ankleiden, anlegen gebraucht.3. Heran ziehen, vermittelst eines
Zuges näher bringen; und zwar, 1) in der eigentlichen und weitern
Bedeutung. Das Fenster anziehen, zu sich ziehen, es zuschließen. Der
Schwamm ziehet das Wasser an. Der Magnet ziehet das Eisen an. Die
anziehende Kraft, vermöge welcher ein Körper auch in der Entfernung
nach einer Annäherung strebet; die Anziehung, Attraction. Ingleichen
für straff ziehen, anspannen. Ein Seil anziehen, straff anziehen. Eine
Schraube scharf anziehen. 2) Figürlich. (a) Groß ziehen und vermehren,
zum künftigen Gebrauche, zur künftigen Vermehrung aufziehen. Schafe,
Kälber, Hühner anziehen. Eine durch einen Spanischen Widder angezogene
Art Schafe. Junge Eichen anziehen, durch Ansäen. Frühen Flachs im
Brachfelde anziehen, bauen. (b) Sich anziehen, mit der dritten Endung,
auf sich ziehen, auf sich deuten. Das zieh ich mir an. Das hast du dir
anzuziehen. Sie haben sich von allem diesem nichts anzuziehen. (c) *
Anführen, erwähnen. Eine Sache anziehen, ihrer Meldung thun. Ein
Beyspiel anziehen. Er hat drey Zeugen angezogen. Ein mehrmals
angezogenes Schreiben. (d) * Mit Ruhm anführen, welche Bedeutung aber,
so wie die vorige, im Oberdeutschland üblicher ist, als im
Hochdeutschen. Er weiß seinen Stand gar hoch anzuziehen, sehr zu
erheben. Die sonst sehr angezogene Clausel, salvo jure tertii.II. Als
ein Neutrum, und zwar wiederum auf eine gedoppelte Art.1. Mit dem
Hülfsworte haben. Der Nagel ziehet ihn an, sagt man, wenn ein Nagel,
indem man ihn einschläget, die Theile, welche er zusammen halten soll,
gehörig verbindet. Wenn der Reif zu weit ist, so ziehet er nicht an.
Der Leim ziehet gut an, wenn er gut bindet. Daher die im gemeinen
Leben übliche Figur: Die Prügel, die Schläge ziehen an, schmerzen. Das
ziehet an! schmerzet sehr.2. Mit dem Hülfsworte seyn, heran ziehen,
langsam und mit seinem ganzen Gepäcke ankommen, und zwar vornehmlich
in einem gedoppelten Falle.1. Von dem Annähern eines Haufen Soldaten.
Das Kriegesheer ziehet bereits an. Auf den Feind anziehen. Vornehmlich
mit dem Verbo kommen. Der Feind kommt angezogen. In dieser Verbindung
wird anziehen im gesellschaftlichen Umgange auch von einem jeden
Ankommen gebraucht. Da kommen sie angezogen. Indessen kommen auch
gleich lauten Meereswogen Von der Galanterie die Scharen angezogen,
Zach. Im Hochdeutschen findet dieser Gebrauch nur im vertraulichen
Scherze Statt. Indessen singt Gryphius ganz ernsthaft: Komm, blasser
Tod, komm angezogen, Ich fürchte dich versichert nicht! In figürlicher
Bedeutung, aber auch nur im gewöhnlichen Umgange, gebraucht man es
auch für, vortragen, einer Sache Erwähnung thun. Komm mir nur damit
nicht angezogen, sage mir davon nichts. Darnach, wenn sie mir mit
ihrer Liebe angezogen kommen, Weiße. Ich sehe zum voraus, daß ihr mir
mit euren weisen Sittenlehren angezogen kommt, ebend.2) Einen Dienst
antreten, nicht nur von dem Gesinde, sondern auch von höhern
Bedienten, in Rücksicht auf das Gepäcke, welches man alsdann
mitzubringen pflegt, und im Gegensatze des Abziehens. Bey einer
Herrschaft anziehen. Der Bediente ist noch nicht angezogen. Der
Amtmann, der Prediger wird bald anziehen.
Anm. Das Substantiv die Anziehung kann in allen Bedeutungen des Activi
gebraucht werden; für die Bedeutungen des Neutrius aber gehöret Anzug.
Daher auch die Anziehungskraft, für anziehende Kraft, S. oben. 3. 1).
Anzieher (W3) [Adelung]
Der Anzieher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches theils
allein, theils in den Zusammensetzungen, ein Schuhanzieher,
Stiefelanzieher, üblich ist, Werkzeuge anzudeuten, womit man sich das
Anziehen der Schuhe und Stiefeln erleichtert, und welche auch Anzüge
genannt werden.
Anzischen (W3) [Adelung]
Anzischen, verb. reg. act. Jemanden anzischen, den zischenden Laut
auf ihn richten.
Anzucht (W3) [Adelung]
Die Anzucht, plur. die -züchte, ein Ort, welcher die Feuchtigkeiten
an sich ziehet und ableitet, in welcher letztern Rücksicht derselbe
auch Abzucht genannt wird. So heißen die Canäle unter den Öfen und
Herden, welche die Feuchtigkeiten an sich nehmen und abführen,
Anzüchte (in den Bergwerken im Plural gemeiniglich Abzuchten,) und in
Oberdeutschland wird eine jede Cloak, welche Unreinigkeiten ableitet,
so genannt. S. auch Abzucht und Zucht. Auch in dem mittlern Lateine
findet man Attractus für einen Canal gebraucht.
Anzug (W3) [Adelung]
Der Anzug, des -es, plur. die -züge. 1) Das Anziehen, doch nur in der
Bedeutung des Neutrius und ohne Pural. Der Feind ist im Anzuge. Das
Kriegesheer ist im Anzuge begriffen. Der Anzug des Gesindes. Die
Anzugszeit, da dasselbe anzuziehen pflegt. Der Anzug eines Beamten,
eines Geistlichen. Daher die Anzugspredigt, die Anzugsrede, der
Anzugsschmaus u. s. f.2) Dasjenige, was angezogen wird, besonders von
Kleidungsstücken, doch nur so fern dieses Wort ein Collectivum ist,
und alles, was zu einer völligen Kleidung gehöret, die Zierathen nicht
ausgeschlossen, in sich fasset. Sie warf den nächtlichen Anzug von
ihren Schultern. Ein prächtiger Anzug. Ingleichen, in engerer
Bedeutung, Zierathen einer Art, so viel davon zu einem Anzuge nöthig
sind. Ein Anzug Spitzen, Kanten, Blonden.3) Dasjenige, womit man etwas
anziehet. So heißt bey den Schustern, ein Stück Leder oder Horn,
welches das Anziehen der Schuhe erleichtert, und sonst auch ein
Anzieher genannt wird, der Anzug, und in Franken ein Anzügel. Bey den
Kupferschmieden und Klempenern werden auch wohl die Niethe Anzüge
genannt, weil sie mit dem Anzugmeißel angezogen werden.
Anzüglich (W3) [Adelung]
Anzüglich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was uns an sich ziehet,
reißend. Ihre Zärtlichkeit gewähret mir nur einen leichten Sieg, der
für meine Empfindlichkeit nichts anzügliches hat. Der Kummer hat das
eigene, daß er das Vergnügen anzüglicher macht. Da sich hier leicht
die folgende üblichere Bedeutung eindrängt, so läßt es sich in der
gegenwärtigen nicht anders als mit Behutsamkeit gebrauchen. 2) Was man
sich anziehet, in der figürlichen Bedeutung, was man auf sich deutet,
oder auch, was anziehet, d. i. schmerzet, beißend, beleidigend. Ein
anzüglicher Scherz. Anzügliche Worte. Sich anzüglicher Ausdrücke gegen
jemanden bedienen.
Anm. In Oberdeutschland lautet es auch anzügig.
Übrigens ist daselbst auch das Verbum anzügeln, als das Frequentativum
von anziehen üblich, für anzapfen, d. i. mit anzüglichen Worten auf
jemanden zielen.
Anzüglichkeit (W3) [Adelung]
Die Anzüglichkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, nach welcher
ein Ausdruck, oder eine Rede anzüglich ist; ohne Plural. Die
Anzüglichkeit eines Wortes, eines Ausdruckes, eines Scherzes. 2)
Anzügliche Ausdrücke selbst. Rechtschaffende Männer werden sich
dergleichen Anzüglichkeiten niemahls erlauben.
Anzugsgeld (W3) [Adelung]
Das Anzugsgeld, des -es, plur. von mehrern Summen die -er, dasjenige
Geld, welches bey dem Anzuge erleget wird,wenn man sich an einem Orte
niederlässet; im Gegensatze des Abzugsgeldes.
Anzünden (W3) [Adelung]
Anzünden, verb. reg. act. brennen machen, im gemeinen Leben
anstecken. Ein Feuer anzünden. Ein Licht anzünden. Eine Fackel
anzünden. Die Feinde haben das Haus, die Stadt angezündet. So auch die
Anzündung.
Anm. Anzünden, Goth. intandjan, Dän. antände, kommt mit dem
Latein. accendere und incendere genau überein. Die Niedersachsen sagen
dafür ansteiken und ansticken, und die Bremer anfengen und fengen, von
dem alten Angels. und Isländ. Fon, Fun, Feuer, wovon unser Funke
abstammet. In Baiern ist für anzünden auch ankenden üblich, welches
vermuthlich nur eine verschiedene Aussprache des z und des Latein. c
ist. In Oberdeutschland hat man auch das Neutrum anzunden, mit
irregulärer Conjugation, angezunden, für angezündet werden,
entbrennen, welches man aber im Hochdeutschen nicht kennet. S. Zünden.
Anzupfen (W3) [Adelung]
* Anzupfen, verb. reg. act. an einem zupfen, d. i. einen an den
Kleidern zupfen, ein Verbum, welches in Oberdeutschland am häufigsten
ist, und zwar nicht nur in der eigentlichen Bedeutung, sondern auch in
der figürlichen, für anzapfen, welches siehe.
Anzwacken (W3) [Adelung]
Anzwacken, verb. reg. act. figürlich für anzapfen. Einen anzwacken,
ihn mit empfindlichen Worten angreifen. Die Unschuld anzwacken, Günth.
So auch die Anzwackung. S. Zwacken.
Anzwecken (W3) [Adelung]
Anzwecken, verb. reg. act. von Zweck, ein kleiner Nagel, mit Zwecken
an etwas befestigen, am häufigsten bey den Schustern. Das Leder
anzwecken, an den Leisten. So auch die Anzweckung.
Anzwicken (W3) [Adelung]
+ Anzwicken, verb. reg. act. Jemanden anzwicken, mit geringen
Vorwürfen und kleinen Anzüglichkeiten angreifen; fast wie anzapfen.
Anzwingen (W3) [Adelung]
Anzwingen, verb. irreg. act. S. Zwingen; einem etwas, ihn zu dessen
Annahme zwingen; wie aufzwingen.
Anzwirnen (W3) [Adelung]
Anzwirnen, verb. reg. act. 1) Durch Zwirnen verbinden. Einen
abgerissenen Faden wieder anzwirnen. 2) Ein Unglück anzwirnen,
figürlich für anstiften.
Apanage (W3) [Adelung]
Die Apanage, (sprich Apanasche,) plur. die -n, aus dem Franz.
Apanage, die Abfindung eines nachgebornen Herren mit Einkünften und
Gütern, und diese Einkünfte und Güter. Daher apanagiren, (sprich
apanaschiren,) auf solche Art abfinden. Das Franz. leitet man
gemeiniglich von panis her, S. indessen auch Abbannen.
Apart (W3) [Adelung]
+ Apart, adj. et adv. welches ohne alle Noth aus dem Franz. a part
erborget ist, von andern Dingen abgesondert, unterschieden; besonder,
besonders.
Apenbeere (W3) [Adelung]
Die Apenbeere, S. Affenbeere.
Apfel (W3) [Adelung]
Der Apfel, des -s, plur. die Äpfel, Diminutivum das Äpfelchen, im
Oberdeutschen das Äpflein. 1) Die bekannte Frucht des Apfelbaumes,
welche aus einem mit Fleische bekleideten fünffächerigen Samengehäuse
bestehet. Wilde Äpfel oder Holzäpfel, (in Schleßwig Sauerkratten, in
Niedersachsen Höltick,) zahme Äpfel oder Gartenäpfel, welche letztern
von ihrer Gestalt, ihrem Geschmacke und andern zufälligen Umständen
eine Menge verschiedener, theils seltsamer Nahmen bekommen haben. In
einen sauren Apfel beißen, im gemeinen Leben, sich zu einer
unangenehmen Sache entschließen. Es war so voll Menschen, daß kein
Apfel zur Erde konnte, ganz mit Menschen angefüllt. Sprw. Der Apfel
fällt nicht weit von dem Stamme, welches man von Kindern sagt, welche
ihren Ältern nacharten. Der Baum trägt sich selber keine Äpfel, wir
werden nicht allein um unsertwillen geboren. Der beste Apfel hat oft
einen Wurm, es ist
nicht alle Mahl dem äußern Ansehen zu trauen. 2) Wegen der runden
Gestalt werden auch verschiedene andere Producte des Pflanzenreiches
Äpfel genannt, wohin die Erdäpfel, Eichäpfel, Tolläpfel, Hagäpfel,
Sporäpfel, Schlafäpfel, Galläpfel u. a. m. gehören. 3) Von einer noch
entferntern Ähnlichkeit führen auch andere runde Körper diesen Nahmen,
welches der Adamsapfel, der Augapfel, der Roßapfel und der Reichsapfel
beweisen.
Anm. Der Nahme dieser Frucht ist alt und mit sehr
unerheblichen Veränderungen in den meisten Europäischen Sprachen
anzutreffen. Bey den Franken und Alemannen lautet er Aphul, Aphol,
Apfel, und im Plural Epfele, und Effeli; bey den Angelsachsen Apl,
Aepple, Epl; bey den Engländ. Apple; bey den Holländern Appel; bey den
Dänen Abild und Äble; bey den Schweden Aeple; bey den Niedersachsen
Appel, und im Plural Eppel; bey den Irländern Aval; bey den Wallisern
Afal; bey den Böhmen Gablko; bey den Pohlen Jablko; bey den Russen
Jabloko; bey den Litthauern Obelis; und bey den Wenden Jablo; daher
Jablunke, ein mit Apfelbäumen bewachsener Platz. Die Abstammung dieses
Nahmens ist noch ungewiß. Einige sind auf das Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Birnbaum gefallen. Wachter
hält sich an die runde Gestalt, und leitet ihn auf eine sehr
gezwungene Art von Bol ab. Ihre führet hingegen ein so genanntes
Celtisches Verbum eppilew, Frucht bringen an, nach welchem Apfel der
allgemeine Nahme einer jeden Frucht seyn würde.
Apfelbaum (W3) [Adelung]
Der Apfelbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, dessen
Samengehäuse der Apfel ist; Pyrus Malus, L. Der wilde Apfelbaum oder
Holzapfelbaum, der vermuthlich der Stammvater aller derjenigen
Spielarten ist, die unter dem Nahmen der zahmen Apfelbäume bekannt
sind, und welche wieder in hochstämmige und Zwerg- und Franzbäume
getheilet werden.
Apfelbein (W3) [Adelung]
Das Apfelbein, des -es, plur. die -e, bey einigen das Backenbein, os
malae, weil es unter dem Auge wie ein Apfel hervor raget. S.
Backenbein.
Apfelbohrer (W3) [Adelung]
Der Apfelbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Rüsselkäfer,
welche die Apfelblüthen zerstöret, und zu dem Curculio des Linnee
gehöret; auch Apfelschäler.
Apfelbrecher (W3) [Adelung]
Der Apfelbrecher, des -s, plur. ut. nom. sing. bey den Gärtnern, ein
Werkzeug, die Äpfel bequem und ohne Schaden von den Bäumen zu
pflücken, welches auch ein Apfelpflücker, Obstbrecher, und Obsthame
genannt wird.
Apfelbrey (W3) [Adelung]
Der Apfelbrey, des -es, plur. inusit. in den Küchen, Äpfel, welche zu
einem Breye gekocht werden; Apfelmuß.
Apfeldorn (W3) [Adelung]
Der Apfeldorn, des -es, plur. die -en, wilde Apfelstauden, so wie sie
aus Kernen zu Hecken gezogen werden.
Apfelgrau (W3) [Adelung]
Apfelgrau, adj. et. adv. welches vornehmlich von Pferden gebraucht
wird, grau und mit runden Flecken, welche Äpfeln gleichen, gezieret;
S. Apfelschimmel.
Apfelgrün (W3) [Adelung]
Apfelgrün, adj. et adv. der Beynahme einer grünen Farbe, welche der
Farbe einiger Äpfel gleicht, und eine Mittelfarbe zwischen Nelkengrün
und Seladon ist.
Apfelkoch (W3) [Adelung]
Der Apfelkoch, des -es, plur. die -köche, in den Küchen, eine Art
Torte von Äpfeln; S. Koch.
Apfelkreuz (W3) [Adelung]
Das Apfelkreuz, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein Kreuz,
welches an seinen vier Enden Kugeln oder Äpfel hat; das
Kugelstabkreuz, Pilgrimstabkreuz, Franz. Croix pommelee.
Apfelkuchen (W3) [Adelung]
Der Apfelkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kuchen, der mit
klein geschnittenen Äpfeln beleget worden.
Apfelküchlein (W3) [Adelung]
Das Apfelküchlein, des -s, plur. ut nom. sing. in Schmalz gebackene
Apfelschnitte, welche auch Apfelschnitte, Apfelschnitze,
Apfelstrauben, Apfelkräpfchen u. s. f. heißen.
Apfelkürbs (W3) [Adelung]
Der Apfelkürbs, des -es, plur. die -e, eine Art Kürbse, welche wegen
ihrer runden Gestalt den Äpfeln gleichen; Cucurbita Melopepo, L.
Apfelmost (W3) [Adelung]
Der Apfelmost, des -es, plur. inusit. ein Getränk, welches aus
ausgepreßten Äpfeln zubereitet wird, in Frankreich, England und der
Schweiz am bekanntesten ist, und auch Apfelwein, ingleichen Cider
genannt wird. S. Cider.
Apfelmuß (W3) [Adelung]
Das Apfelmuß, des -es, plur. inusit. S. Apfelbrey.
Apfeln (W3) [Adelung]
Apfeln, verb. reg. act. wovon im gemeinen Leben aber nur das
Participium geapfelt üblich ist. Ein geapfeltes Pferd, welches mit
apfelrunden Flecken gezieret ist.
Apfelpflaume (W3) [Adelung]
Die Apfelpflaume, plur. die -n, eine Art Pflaumen, welche an runder
Gestalt den Äpfeln gleichet.
Apfelpflücker (W3) [Adelung]
Der Apfelpflücker, S. Apfelbrecher.
Apfelquitte (W3) [Adelung]
Die Apfelquitte, plur. die -n, eine Art Quitten, welche an ihrer
runden Gestalt den Äpfeln gleicht; im Gegensatze der Birnquitten. Man
muß die Apfelquitten nicht mit den Quittenäpfeln verwechseln, welche
eine Art großer Äpfel sind, die an Farbe und Gestalt den Quitten
gleichen.
Apfel-Regal (W3) [Adelung]
Das Apfel-Regal, des -es, plur. die -e, in dem Orgelbaue, eine Art
des Pfeifenspieles, welches acht Fuß Ton hat, und dessen Pfeifen wie
Äpfel auf ihren Stielen stehen, daher es auch das Knopf-Regal genannt
wird.
Apfelschäler (W3) [Adelung]
Der Apfelschäler, S. Apfelbohrer.
Apfelschimmel (W3) [Adelung]
Der Apfelschimmel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schimmel, dessen
Haare geapfelt, d. i. mit apfelrunden Flecken versehen ist.
Apfelschnitt (W3) [Adelung]
Der Apfelschnitt, oder Apfelschnitz, des -es, plur. die -e, ein Stück
eines zerschnittenen Apfels, eine Apfelscheibe; ingleichen, ein
solches in Schmalz gebackenes Stück von einem Apfel; S. Apfelküchlein.
Apfelsine (W3) [Adelung]
Die Apfelsine, plur. die -n, die Frucht des Apfelsinenbaumes, welche
eine Abart der Pomeranzen ist, und eine süße eßbare Schale hat; Malus
aurantia Sinensis, L. Der Nahme ist nach dem Franz. Pomme de Sine, und
bedeutet, daß man die Frucht zuerst aus China bekommen, von welchem
Reiche man sie in einigen Gegenden auch Chinapfel nennet. Weil man sie
anfänglich nur über Portugall erhielt, so hießen sie geraume Zeit nur
Portugiesische Pomeranzen.
Apfelstaude (W3) [Adelung]
Die Apfelstaude, plur. die -n, eine Art Apfelbäume, welche zu den
Zwerg- oder Franzbäumen gehören, die Gestalt der Stauden behalten, und
aus den Schößlingen fortgepflanzet werden; der Apfelstrauch.
Apfelstecher (W3) [Adelung]
Der Apfelstecher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug der
Küchen, womit aus den Apfelscheiben, wenn sie gebacken werden sollen,
in der Mitte ein Loch ausgestochen wird.
Apfelstraube (W3) [Adelung]
Die Apfelstraube, plur. die -n, S. Apfelküchlein.
Apfeltorte (W3) [Adelung]
Die Apfeltorte, plur. die -n, eine Torte, welche mit Apfelschnitten
beleget worden.
Apfelwein (W3) [Adelung]
Der Apfelwein, des -es, plur. inusit. S. Apfelmost.
A-pfennig (W3) [Adelung]
Der A-pfennig, des -es, plur. die -e, ein Nahme verschiedener alter
Münzen, welche ein A zum Gepräge haben. Man hat deren so wohl von der
Stadt Stadtbergen, welche ein Gothisches A mit einer Krone bedeckt,
führet, als auch von dem Herzog Albert in Preußen, auf welchen ein
altes Latein. A gepräget ist.
Aphorismus (W3) [Adelung]
Der Aphorismus, des -mi, plur. die -mi, das Griech. und Lat.
Aphorismus, ein kurzer kernhafter Ausspruch oder Satz.
Daher aphoristisch, adj. et adv. aus kurzen abgebrochenen Sätzen
bestehend.
Apodiktisch (W3) [Adelung]
Apodiktisch, -er, -te, adj. et adv. aus den Griechischen,
unwidersprechlich gewiß, unläugbar; ein Wort, welches man füglich
entrathen kann.
Apokalypse (W3) [Adelung]
Die Apokalypse, plur. car. aus dem Griechischen, die Offenbarung
Johannis in dem neuen Testamente. Daher apokalyptisch, in derselben
gegründet, und figürlich, dunkel, räthselhaft.
Apokryphisch (W3) [Adelung]
Apokryphisch, adj. et adv. aus dem Griechischen. Die apokryphischen
Bücher der heiligen Schrift, welchen keine göttliche Eingebung
zugeschrieben wird; im Gegensatze der kanonischen. Figürlich, dessen
Glaubwürdigkeit zweifelhaft ist, verdächtig, untergeschoben.
Apoll (W3) [Adelung]
Apoll, Genit. Apolls, Dat. Apollen, plur. car. der Gott der Dichter
bey den ältern Griechen und neuern Dichtern. So fern es dessen
Bildsäule und Bildniß bezeichnet, kann es auch als ein Apellativum mit
dem Artikel und im Plural gebraucht werden. Der Farnesische Apoll.
Alle diese Apolle.
Apologie (W3) [Adelung]
Die Apologie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Apologia, eine Vertheidigung mit Worten, eine
Schutzrede, Schutzschrift, welche Deutsche Wörter wohl eben so gut
sind. Daher der Apologist, des -en, plur. die -en, der sich oder
andere mit Worten vertheidiget, der Schutzredner, Verfechter;
apologetisch, zu einer Vertheidigung mit Worten gehörig, dieselbe
enthaltend, darin gegründet.
Apoplexie (W3) [Adelung]
+ Die Apoplexie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Apoplexia, der Schlagfluß, Schlag. Daher
apoplektisch, dazu gehörig, in demselben gegründet. Apoplektisch
Zufälle.
Apostasie (W3) [Adelung]
Die Apostasie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Apostasia, die vorsetzliche Verfassung der wahren
Religion, der Abfall. Daher der Apostat, des -en, plur. die -en,
derjenige, welcher von der wahren Religion zu einer falschen
übergegangen ist, ein Abgefallener, Abtrünniger.
Apostel (W3) [Adelung]
Der Apostel, des -s, plur. ut nom. sing. ein bekanntes Kirchenwort,
einen Bothen oder Gesandten Gottes zu bezeichnen. Ins besondere führen
diese Nahmen, 1) die Schüler Christi, die von ihm zur Bekanntmachung
seiner Lehre ausgesandt worden. 2) Derjenige, welcher die christliche
Religion zuerst in einem Lande verkündiget. In diesem Verstande wird
Bonifacius für den Apostel der Deutschen, Dionysius von Korinth für
den Apostel Frankreichs u. s. f. gehalten. 3) Zu Genf und in der
Schweiz führen diese Nahmen auch diejenigen jungen Prediger, welche
zum voraus geweihet werden, ehe sie an eine gewisse Kirche berufen
werden.
Anm. Es ist aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - und Lat. Apostolus in die Deutsche Sprache aufgenommen
worden. Bey dem Ulphilas lautet es Apaustaulus, und bey dem Tatian
Postul. Es bedeutet eigentlich einen Gesandten oder Bothen, daher sind
in der Alemannischen Mundart noch lange die Benennungen Poto und
Zwelfpot für Apostel übrig geblieben, und in dem bekannten, Herr Gott
dich loben wir, singet man noch: der heiligen zwölf Bothen Zahl.
Apostelamt (W3) [Adelung]
Das Apostelamt, des -es, plur. inusit. in der biblischen Schreibart,
das Amt und die Würde eines Apostels, oder Bothen Gottes.
Apostelgeschichte (W3) [Adelung]
Die Apostelgeschichte, plur. inus. ein Buch des neuen Testamentes,
welches die Thaten und Schicksale der Apostel nach Christi Himmelfahrt
enthält. In einer alten Oberdeutschen Übersetzung von 1462 wird es das
Bottenbuch, und in der Niedersächsischen Bibel von 1494 hat Boek der
Werkinghe der aposteln genannt.
Apostelsalbe (W3) [Adelung]
Die Apostelsalbe, plur. inus. bey den Pferdeärzten, ein Nahme einer
gewissen Salbe, welche zur Zeitigung und Heilung der Geschwüre
gebraucht wird, und diesen Nahmen führet, weil sie gerade aus zwölf
Ingredienzien bestehet.
Aposteltag (W3) [Adelung]
Der Aposteltag, des -es, plur. die -e, gewisse Tage in der
christlichen Kirche, welche zum Andenken der Apostel und der durch sie
verschafften Wohlthaten gefeyert werden.
Aposteltheilung (W3) [Adelung]
Die Aposteltheilung, plur. car. 1) Die Handlung, da die Apostel aus
einander gingen, die Verkündigung des Evangelii anzufangen. 3) Das
Fest, welches zum Andenken dieser Handlung verordnet worden, und in
den mittlern Zeiten auch aller Apostel Tag und der Wallstag genannt
wird. S. Haltaus Calend. S. 112.
Apostem (W3) [Adelung]
+ Das Apostem, des -es, plur. die -e, ein ganz ohne Noth aus dem
Griech. und Latein. Apostema erborgtes Wort, ein Geschwür, einen
Schwären zu bezeichnen. Daher das Apostem-Kraut, des -es, plur.
inusit. ein Nahme der Scabiose, oder des Grindkrautes, welches wegen
seiner Wirkung in Brust- und Lungengeschwüren diesen Nahmen erhalten
hat. S. Grindkraut und Scabiose. Das Apostem-Röhrlein, oder
Apostem-Röschen, des -s, plur. inusit. der Löwenzahn, der diesen
Nahmen der hohlen Beschaffenheit seiner Stengel und seiner heilenden
Kraft zu danken hat. Die Apostem-Wurzel, plur. die -n, die Wurzel des
Apostem-Krautes.
Apostolisch (W3) [Adelung]
Apostolisch, adj. et adv. von den Aposteln herkommend, ihrer Lehre
gemäß, in derselben gegründet. Das apostolische Glaubensbekenntniß,
das Bekenntniß derjenigen Lehren, welche die Apostel selbst bekannt
gemacht haben, oder, wie man in der Römischen Kirche glaubt, welches
von den Aposteln selbst abgefasset worden. Ein apostolisches Leben,
welches den Lehren und dem Leben der Apostel gemäß ist. Der
apostolische Stuhl zu Rom, der päpstliche, weil er von dem Apostel
Petrus soll seyn gegründet worden. Seit Stephans des Ersten Zeiten
führen die Könige von Ungarn den Titel apostolisch, welchen Papst
Clemens der Dreyzehnte im Jahre 1758 für die Kaiserinn Königinn und
ihre Nachkommen erneuert und bestätiget hat. Kero braucht potoliha für
apostolisch.
Apostroph (W3) [Adelung]
Der Apostroph, des -es, plur. die -e, aus dem Griech. und Lat.
Apostrophus, in der Sprachkunst, ein krummer oben an das Ende eines
Wortes gesetzter Strich, einen weggeworfenen Vocal zu bezeichnen; bey
einigen Sprachlehrern, obgleich sehr unschicklich, der Oberstrich oder
Hinterstrich. Ein anderes ist die Apostrophe, Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Figur in der
Beredsamkeit, wenn man die Rede an eine andere Person richtet, als die
Absicht der Rede es zu erfordern scheinet.
Apotheke (W3) [Adelung]
Die Apotheke, plur. die -n, von dem Griech. - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - und dem Latein. Apotheca. 1) Eine Anstalt, wo
einfache und gemischte Arzeneyen verfertigt, verwahret und ausgegeben
werden. 2) Eine Sammlung verschiedener Arzeneyen, welche zu einem
gewissen Gebrauche bestimmt sind. Daher die Haus-Apotheke, ein Vorrath
von solchen Arzeneyen, deren man zum häuslichen Gebrauche für sich
benöthiget ist; die Reise-Apotheke, welche man bequem auf der Reise
bey sich führen kann u. s. f.
Anm. Ehe der Lateinische Nahme
eingeführet wurde, der vor diesem von weiterm Umfange war, und einen
jeden Vorrath, besonders von Getreide und Eßwaaren und dessen
Verhältniß bedeutete, hatte man Deutsche Benennungen, eine Apotheke im
ersten Verstande zu bezeichnen. Eine der bekanntesten war Krauthaus,
welche noch in einem 1477 gedruckten Vocabelbuche vorkommt. Staczen
kommt in eben dieser Bedeutung bey dem Hornegk vor, und in einem 1482
gedruckten Vocabelbuche heißt Stazaw Stazawner, Spezger, und Wurzler
ein Apotheker.
Apotheker (W3) [Adelung]
Der Apotheker, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher eine
Apotheke im ersten Verstande besitzet und unterhält. Die Apothekerinn,
plur. die -en, dessen Gattinn. Daher die Apotheker-Kunst, die
Pharmacie; der Apotheker-Junge oder Lehrling; der Apotheker-Gesell;
die Apotheker-Taxe, der Preis, für welchen die Arzeneyen verkauft
werden müssen; das Apotheker-Gewicht, des -es, plur. die -e, das in
den Apotheken übliche Gewicht, im Gegensatze des Kramergewichtes.
Jenes ist in ganz Deutschland beynahe gleich, und unterscheidet sich
von den übrigen Arten der Gewichte dadurch, daß ein Apotheker-Pfund
nur zwölf Unzen oder vier und zwanzig Loth hält. Die Apotheker-Birn,
eine Art großer länglicher, blaßgelber saftiger Birnen, welche auch
Malvaster-Birn, genannt wird; Franz. Bon chretien d'ete, Gratiole
d'ete.
Apotheose (W3) [Adelung]
+ Die Apotheose, plur. die -n, aus dem Griech. und Latein.
Apotheosis, die Handlung, da man jemanden unter die Zahl der Götter
versetzet, die Vergötterung.
Apparelle (W3) [Adelung]
Die Apparelle, plur. die -n, aus dem Franz. Appareil, in der
Kriegesbaukunst, der sanft ansteigende Weg zu den Wällen, die
Auffahrt.
Appell (W3) [Adelung]
Appell, aus dem Französ. Appel, bey den Soldaten, dasjenige Zeichen
mit der Trommel oder Trompete, wodurch die Soldaten entweder zum
Aufsitzen und zum Gewehre, oder auch zum Rückzuge berufen werden. Es
wird im Deutschen nur absolute und ohne Artikel gebraucht. Appel
blasen.
Appellation (W3) [Adelung]
Die Appellation, plur. die -en, aus dem Latein. Appellatio, in den
Rechten, die Beschwerde über die Ungerechtigkeit eines niedern
Richters bey einem höhern, und die Schrift, worinn diese Beschwerde
enthalten ist. Derjenige, welcher diese Klage anstellet, wird der
Appellant, sein Gegentheil aber der Appellat genannt. Daher der
Appellations-Eid, welchen an einigen Orten der Appellant ablegen muß,
daß er eine gerechte Sache zu haben glaube; das Appellations-Gericht,
ein höheres Gericht, an welches man von den Untergerichten appelliren
kann, dessen Beysitzer gemeiniglich Appellations-Räthe genannt werden.
Appelliren, verb. reg. act. einen untern Richter wegen seines
gefälleten Urtheiles bey einem höhern verklagen. Von einem Gerichte an
ein höheres appelliren.
Anm. Ehe diese Wörter mit dem Römischen Rechte
in die Deutschen Gerichtsstuben eingeführet wurden, gebrauchte man ein
Urtheil schelten, beschelten, bedingen, berufen, sich abrufen, sich
für einen höhern Richter berufen, ein Urtheil verwerfen u. s. f. für
appelliren, und Bescheltung, Berufung, Abberufung, Gezug, Mittel- und
Hauptfahrt u. s. f. für Appellation.
Appellativum (W3) [Adelung]
Das Appellativum, des -vi, plur. die -va, ein Lateinisches Kunstwort
der Sprachlehre, diejenigen Substantiva zu bezeichnen, welche die
selbstständigen Dinge nach einem gemeinschaftlichen Merkmahle
bezeichnen, z. B. Baum, Mensch, Fisch; zum Unterschiede von den
Nominibus propriis. Im Deutschen kann man jene füglich Gattungsnahmen
oder Gattungswörter, diese aber eigene Nahmen nennen.
Appelliren (W3) [Adelung]
Appelliren, verb. reg. neutr. mit haben, aus dem Lat. appellare. 1)
In den Rechten, S. Appellation. 2) Figürlich ist im gemeinen Leben
nach Speyer appelliren, oder kürzer appelliren schlechthin, so viel
als sich übergeben, oder erbrechen; wo doch die ganze Figur in einer
bloßen Anspielung auf den zweydeutigen Laut des Wortes Speyer liegt.
Appetit (W3) [Adelung]
Der Appetit, des -es, plur. inusit. von dem Latein. Appetitus. 1) +
Eine jede Neigung, oder ein schwächerer Grad des Verlangens, zu oder
nach etwas. Appetit zu, oder nach etwashaben. 2) Die Neigung zu essen.
Appetit haben. Einem Appetit machen.
Anm. Die Niedersachsen drucken die
zweyte Bedeutung dieses Wortes durch Möge aus. Noch gröbere Mundarten
haben das niedrige Eterich, Edrich, von eten, essen, einen schwächern
Grad des Hungers auszudrucken. In manchen Fällen, aber nicht immer,
läßt sich Eßlust dafür gebrauchen, indem es eigentlich einen stärkern
Grad des Verlangens ausdruckt, als Appetit.
Appetitlich (W3) [Adelung]
Appetitlich, -er, -ste, adj. et adv. Appetit erweckend, doch nur in
uneigentlicher Bedeutung. Appetitlich essen, so zierlich und reinlich
essen, daß auch andere dadurch zum Essen Lust bekommen. Das Essen war
überaus appetitlich zugerichtet. In weiterer Bedeutung, und im Scherze
auch wohl von andern Dingen. Er sahe eben nicht appetitlich aus.
Äppich (W3) [Adelung]
Der "Äppich", des -es, plur. inusit. ein Nahme, welcher besonders in Oberdeutschland verschiedenen Gewächsen beygeleget wird.
- 1) Dem "Epheu"; "Hedera, L." S. "Epheu".
- 2) Dem "Selleri"; "Apium dulce, L."
- 3) Der "Petersilie"; "Apium Petroselinum, L."
- 4) Dem so genannten "Wassermerke"; "Apium graveolens, L." welcher auch "gemeiner Äppich", "Bauernäppich", und "wilder Sellerie" genannt wird.
Anm. In dem ersten Falle ist "Äppich" wohl aus "Epheu" zusammen gezogen, und da schreibt man es billiger mit einem "E". In den übrigen Fällen aber ist es aus "Apium" entstanden, und muß daher billig mit "Ä" geschrieben werden. Gegen das Ende des 15ten Jahrhundertes wurde es in Oberdeutschland "Epf", "Eppe", "Eppich" und "Apft" geschrieben.
Application (W3) [Adelung]
+ Die Application, plur. inusit. ein sehr überflüssiges, aus dem
Latein. Applicatio entlehntes Wort. 1) Für Anwendung. 2) Die
geschärfte Richtung des Gemüthes auf einen Gegenstand, Fleiß,
Aufmerksamkeit. So auch das Verbum appliciren. 1) Anwenden 2) Gebrauch
von einem Hülfsmittel machen. Ein Pflas=ter appliciren, auflegen. 3)
Sich auf etwas appliciren, sich dessen befleißigen, sich darauf legen.
Apposition (W3) [Adelung]
Die Apposition, plur. die -en, aus dem Lat. Appositio, in der
Sprachlehre, die Nebeneinanderstellung zweyer Substantive in einerley
Endung; z. B. seine Mutter Susanna.
Appretiren (W3) [Adelung]
+ Appretiren, verb. reg. act. aus dem Franz. appreter, einem Dinge
die letzte Zubereitung zu seiner Bestimmung geben, es zurichten;
besonders bey den Zeugmachern, wenn sie den gewebten Zeugen Ansehen,
Glanz und Schönheit geben. So auch die Appretur, die Zurichtung.
Approschen (W3) [Adelung]
Die Approschen, sing. inusit. aus dem Franz. Approches, in der
Belagerungskunst, die Laufgräben, welches gute Deutsche Wort eben das
sagt. Daher approschiren, verb. reg. neutr. mit haben, Laufgräben
ziehen oder machen.
Aprill (W3) [Adelung]
Der Aprill, des -es, plur. doch nur selten die -e, der vierte Monath
im Jahre, welcher 30 Tage hat. Jemanden in den Aprill schicken, ihn am
ersten Aprill andern zum Gelächter vergebens wohin schicken, seine
Leichtgläubigkeit an diesem Tage mißbrauchen. Der sich auf solche Art
hintergehen lässet, wird im gemeinen Leben ein Aprillnarr genannt. In
den Aprill gehen, vergebens gehen. Die veränderliche Beschaffenheit
der Witterung im Aprill, hat verschiedene figürliche Benennungen
veranlasset; z. B. Aprillenglück, veränderliches, unbeständiges Glück;
Aprillenwetter, veränderliches Wetter.
Anm. Das Latein. Aprilis ist
nicht von dem Verbo aperire, sondern vermuthlich von dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, einem Nahmen der Venus.
Carl der Große gab diesem Monathe den Nahmen Ostarmanoth, die
Holländer nennen ihn Grasmonath, und einige Neuere haben den Nahmen
Blumenmonath aufbringen wollen; allein der Lateinische Nahme hat noch
immer die Oberhand behalten. In dem aberellen So die bluomen springen So louben die linden Und gruonen die bouchen u. s. f. singt Heinrich von Veldeg. Da die Deutsche Ansprache das gedehnte Lateinische i in
ein geschärftes verwandelt hat, so erfordern Aussprache und Analogie
auch ein gedoppeltes l. Der Ursprung des Aprillschickens ist noch
unbekannt. Dietherr ad Speidel v. April, hat den wunderlichen Einfall,
daß es von dem Herumführen Christi von Pilato zu Herode und von Herode
zu Pilato herkomme. Andere leiten es von einem Feste her, welches in
dem Heidenthume dem Gotte des Lachens gewidmet gewesen, vergessen aber
dabey zu beweisen, daß dieser Gott oder dessen Fest den Deutschen
jemahls bekannt gewesen.
Aprillregen (W3) [Adelung]
Der Aprillregen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Regen im Aprill. Da
diese gemeiniglich nicht anhaltend zu seyn pflegen, so nennt man auch
wohl einen jeden kurz vorüber gehenden Regen einen Aprillregen.
Aprillschein (W3) [Adelung]
Der Aprillschein, des -es, plur. car. in den Kalendern, der Neumond,
welcher in den Aprill fällt.
Aquafort (W3) [Adelung]
+ Das Aquafort, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, aus dem
Latein. Aqua fortis, Scheidewasser; ein völlig unnöthiger fremder
Nahme.
Aquamarin (W3) [Adelung]
Der Aquamarin, des -es, plur. die -e, ein Nahme des Berylles, von dem
Ital. Acqua marina, weil seine blaß grüne Farbe der Farbe des
Meerwassers gleichet. S. Beryll.
Äquator (W3) [Adelung]
Der Äquator, des -s, plur. car. in der Erdbeschreibung, ein Zirkel,
welchen man sich mitten um die Erdkugel, aber auch eine jede andere
Kugel vorstellet, und der von jedem Pole überall 90 Grad entfernet
ist. Die Schiffer nennen ihn nur schlechthin die Linie; manche
Deutsche Schriftsteller aber die Gleichlinie und Mittellinie, wovon
aber der erstere Nahme zu dunkel und dabey unanalogisch, der letztere
zu unbestimmt ist.
Aquavit (W3) [Adelung]
+ Der Aquavit, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, aus dem Lat.
Aqua vitae, alle Arten mit Gewürzen, Früchten und andern Sachen
abgezogenen Branntweines, welche man sonst auch Lebenswasser zu nennen
pflegt.
Äquinoctium (W3) [Adelung]
Das Äquinoctium, des -tii, plur. die -tia, ein völlig Lateinisches
Wort, diejenige Zeit im Jahre zu bezeichnen, wenn Tag und Nacht gleich
sind; die Nachtgleiche, die Gleichtage, welche Nahmen doch ihre
Unbequemlichkeit haben.
Arabeske (W3) [Adelung]
Die Arabeske, plur. die -n, aus dem Franz. Arabesque, in den
bildenden Künsten, Arabische Zierathen, d. i. Zierathen, welche kein
Urbild haben; besonders Zweige und verschlungene Züge dieser Art, weil die Araber keine andern Abbildungen dulden.
Arabien (W3) [Adelung]
Arabien, Genit. Arabiens, plur. car. der Nahme eines bekannten Landes in Asien. Daher die Araber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin die Araberinn, plur. die -en, eine Person, und im Mascul. auch ein Pferd aus diesem Lande; Arabisch, aus demselben her, demselben ähnlich, darin gegründet.
Arack (W3) [Adelung]
Arack, S. Arrack.
Arbeere (W3) [Adelung]
Die Arbeere, plur. die -n, S. Arlesbeere.
Arbeit (W3) [Adelung]
Die Arbeit, plur. die -en, ein Wort, welches so wohl die angestrengte
Anwendung der Leibes- und Seelenkräfte, als auch den Gegenstand dieser
Anwendung zu bezeichnen gebraucht wird. Es bedeutet also,I. Die
Anwendung seiner Kräfte, so fern sie mit Anstrengung verbunden ist;
und zwar,1. In eigentlicher Bedeutung, die angestrengte Anwendung der
Leibeskräfte, vornehmlich, um zeitliches Vermögen damit zu erwerben.
Eine schwere, harte, saure, leichte Arbeit. Einen zu Arbeit anhalten.
Vergebliche Arbeit thun. Seine Arbeit verrichten. Sich an eine Arbeit
machen, dieselbe anfangen. An seine Arbeit gehen. Von der Arbeit
kommen. Ich traf ihn in voller Arbeit an. In voller Arbeit begriffen
seyn. Etwas in die Arbeit nehmen, daran zu arbeiten anfangen. Sprichw.
Wie die Arbeit, so der Lohn. Besonders haben sich dieses Wort die
Handwerker eigen gemacht, den ganzen Umfang der zu ihrem Handwerke
gehörigen Beschäftigungen damit auszudrucken. Bey einem Meister in
Arbeit stehen. Einem aus der Arbeit gehen, eines Meisters Dienste
wider dessen Willen verlassen. Einen Gesellen bey einem Meister in
Arbeit bringen.2. In weiterer Bedeutung, die pflichtmäßige Anwendung
der Seelenkräfte; in welcher Bedeutung die meisten der oben von der
Leibesarbeit angeführten Ausdrücke gleichfalls üblich sind. Man sagt
daher auch hier: seine Arbeit verrichten, sich an eine Arbeit machen,
an seine Arbeit gehen u. s. f.3. Figürlich. 1) Die innere Bewegung
lebloser Körper, besonders diejenige, welche durch die Gährung hervor
gebracht wird. Denn so sagt man im gemeinen Leben: das Bier, der Wein
ist in der Arbeit, er gähret. Dann aber auch, doch nur in der höhern
Schreibart, eine jede heftige Bewegung lebloser Körper. So wird in den
Monseeischen Glossen arapeiti durch Sturmwind erkläret; und auf eben
die Art könnte auch der Dichter ein Ungewitter, das Brausen des Meeres
u. s. f. eine Arbeit der Natur nennen. 2) Mühe, Beschwerlichkeit. Das
hat mir viele Arbeit gekostet. Viele Mühe und Arbeit ausstehen. Ehedem
erstreckte sich diese Bedeutung noch weiter, und war für Verdruß,
Schmerzen, Verfolgung, u. s. f. sehr gewöhnlich. Bey dem Ottfried
kommt daher arabeit mehrmahls für Geld vor. Mit arabeitin uuerbent si,
mit Schmerzen sind sie umgeben, sagt eben derselbe B. 1. K. 18, 77.
Schon Kero gebraucht arabeiti für tribulatio, und im Theuerdank findet
man es oft für Sorge, Verdruß u. s. w. Wie er den Helden bringen
kundtIn schaden angst not und arbeyt, Theuerd. Kap. 41. Auch in der
Deutschen Bibel findet sich diese Bedeutung sehr oft; z. B. Mir hast
du Arbeit gemacht in deinen Sünden, Es. 43, 24. Im Hochdeutschen ist
sie nicht mehr üblich, außer daß Arbeit zuweilen noch für Mühe
gebraucht wird.II. Der Gegenstand der Arbeit, und zwar,1. Dasjenige,
was durch die Arbeit hervor gebracht werden soll, jedoch ohne
Anstrengung der Kräfte dabey auszuschließen. Jemanden eine Arbeit
geben, auftragen. Er hat viele Arbeiten, ist mit Arbeiten überhäuft.
Ich will sogleich an meine
Arbeit gehen. Jemanden an eine Arbeit stellen. Besonders bey den
Handarbeitern. Arbeit suchen, finden, bekommen. Eine Arbeit
übernehmen. Einem eine Arbeit verdingen. Keine Arbeit machen, im
gemeinen Leben, eigentlich, nichts zu arbeiten mehr übrig lassen, alle
vorhandene Arbeit vollbringen.2. Dasjenige, was durch Arbeit hervor
gebracht worden. Das ist seiner Hände Arbeit, er hat es verfertiget.
Es ist meine Arbeit. Gelehrte Arbeiten. Die Nachsicht, die man gegen
meine Arbeiten bewiesen. Erhabene Arbeit, getriebene Arbeit, halb
erhabene Arbeit u. s. f. Eine Arbeit abliefern.
Anm. In dem alten
Augsburgischen Stadtbuche, welches im 13ten Jahrhunderte geschrieben
worden, kommt Arbeit auch für ein durch Arbeit erworbenes Gut,
Eigenthum, Erbe vor. S. Erbe 3. Arbeit, Alemann. und Fränk. Arabeit,
alt Schwed. Arfwode, Isländ. Erfinde, kommt vermuthlich von ären,
pflügen, arare her, und bedeutet eigentlich die Acker- oder
Feldarbeit, und in weiterer Bedeutung, eine jede Anstrengung seiner
Kräfte. Nur die Bedeutung der letzten Sylbe ist noch etwas dunkel.
Frisch hält sie nicht unwahrscheinlich für das Zeichen der
Abstractorum, und da wäre aus Arwde, Arbeit geworden. Das Slavonische
Robota, Arbeit, welches noch in dem Österreichischen und Böhmischen
Robat, Frohne, lebt, scheint nicht bloß zufällig mit Arbeit verwandt
zu seyn.
Arbeiten (W3) [Adelung]
Arbeiten, verb. reg. I. Neutrum, mit haben, seine Kräfte anstrengen,
lebhaften Gebrauch von seinen Kräften machen. 1. In eigentlicher
Bedeutung, die Kräfte seines Körpers zur Erwerbung zeitlichen
Vermögens anstrengen. Fleißig, nachlässig, faul abreiten. Im Felde, im
Weinberge, im Garten arbeiten. Bey Lichte arbeiten. Besonders von den
Beschäftigungen der Handwerker. Bey einem Meister arbeiten. Auf den
Kauf arbeiten. Welcher Schneider arbeitet ihnen? oder bey welchem
Schneider lassen sie arbeiten? Welcher Schuster arbeitet dir, oder für
dich? Der körperliche Gegenstand der Arbeit bekommt hier meisten
Theils die Präposition an. An etwas arbeiten. Er hat schon lange daran
gearbeitet. Dessen Materie aber die Präposition in. In Gold, in Wachs,
in Seide, in Marmor, in Gyps arbeiten. Auf Wildbret arbeiten, bey den
Jägern, Wildbret mit dem Leithunde suchen, und bestätigen. Die Bienen
arbeiten, wenn sie ihre Zellen bauen, und selbige mit Honig füllen. 2.
In weiterer Bedeutung, die Kräfte seiner Seele zur Erreichung eines
gewissen Endzweckes anstrengen. In einer Sache arbeiten. Er hat viel
in dieser Sache gearbeitet, viel mit derselben zu thun gehabt. An
etwas arbeiten. An einer Schrift, an einem Gedichte, an einem Aufsatze
arbeiten. Man darf nie aufhören, an sich selbst zu arbeiten, sich
vollkommener zu machen. Ich arbeite für ihr Glück und für ihre
Beruhigung, Gell. Geben sie mir Muße, mich aus diesem Wirbel
aufrührischer Leidenschaften heraus zu arbeiten, v. Brawe. Wie sich
die rasende Jugend in ihre Elend hinein arbeitet, Dusch. 3. In
figürlicher Bedeutung. (a) In einer heftigen Bewegung seyn. Der Kranke
arbeitet, sagt man von demselben, wenn er sich in einem starken
Paroxismo befindet. Das Bier, der Wein arbeitet, gähret. Das
Feldgestänge arbeitet, wenn es in der gehörigen Bewegung ist. In
dieser Bedeutung findet arbeiten vorzüglich in der höhern Schreibart
Platz. Mein Herz arbeitet und blutet. Verschiedene mächtige
Leidenschaften schienen in ihrem Herzen zu kämpfen, ihre Brust
arbeitete, Dusch. (b) Von leblosen Dingen, so fern sie Werkzeuge zu
Erreichung einer Absicht sind. Regenwolken und Gewitter arbeiten an
der Verschönerung der Natur, indem sie sie entstellen, Dusch. Wo die
Natur nicht die beste Lehrmeisterinn ist,da arbeitet die Kunst
umsonst, Weiße. Der Gedanke arbeitete sich wie die Flamme unter dem
Schutte empor, Dusch.II. Als ein Activum, folglich mit dem Accusativ.
1. Für bearbeiten. Den Acker arbeiten. Das Zinn läßt sich nicht allein
arbeiten, daher wird es stets mit Bley oder Wißmuth versetzet. Das
läßt sich gut arbeiten. 2. Für verarbeiten. Gearbeitetes Silber.
Ungearbeitetes Silber. 3. Für abrichten. In dieser Bedeutung kommt es
nur noch bey den Jägern vor, wo, einen Hund arbeiten, so viel
bedeutet, als ihn abrichten. Ein rein gearbeiteter Hund, der nur zu
einerley Wildbret gearbeitet, oder gewöhnt ist. Die ehemahlige
Bedeutung, da arbeiten für plagen gebraucht wurde, z. B. die mih
arabeitent, qui tribulant me, Notker Ps 3, 1 ist hiermit genau
verwandt. 4. Ein Pferd, einen Menschen zu Tode arbeiten, durch
unmäßige Arbeit dessen Tod verursachen. Sich zu Tode arbeiten. So
auch, sich krank, sich gesund, sich reich arbeiten.
Anm. Arbeiten,
Goth. arbaidjan, Isländ. erfida, bey den ältern Schweden arfwoda, bey
den heutigen arbeta, bey dem Kero, Notker u. s. f. arabeitan. Dän
arbeyde, kommt von Arbeit her, man müßte denn mit Herrn Ihre annehmen,
daß dieses Verbum von dem alten Arf oder Erf, labor, und idja, operor,
exerceo, zusammen gesetzt wäre. Übrigens ist es, so wie Arbeit,
ursprünglich nur auf die Ackerarbeit eingeschränket gewesen, daher es
denn auch in den meisten Fällen den Nebenbegriff der Anstrengung
seiner Kräfte hat. In dem 1534 gedruckten Deutschen Tacitus heißt es
daher noch: Getreyd und andere frücht bawen und arbeyten si
vleissiger. Indessen kommt es doch schon sehr frühe, so wohl für
arbeiten überhaupt, als auch für plagen, verfolgen vor. Das Hauptwort,
die Arbeitung, ist für sich allein nicht üblich, wohl aber in den
Zusammensetzungen, Abarbeitung, Ausarbeitung, Bearbeitung,
Verarbeitung u. s. f. Handarbeit überhaupt verrichten, heißt im
Schwabenspiegel auch werken, und bey den Niedersachsen schippwarken.
Nachlässig und ohnehin arbeiten, drucken die Hoch- und Niederdeutschen
durch schludern und schleudern, die Niedersachsen durch fuddeln,
driseln, und nußeln aus. Schwere Arbeit verrichten und sich es dabey
sauer werden lassen, heißt in Schwaben fretten, in Niedersachsen sich
fälen, woolbargen, drillen, Isländ. thraela. Mühsam arbeiten, wird in
Niedersachsen poseln, in Preußen puscheln, und in Schweden pussla
genannt, u. s. f. Ein kleines Beyspiel unter tausend andern, wie
geschickt die gemeinen Mundarten sind, einen Begriff mit allen seinen
Schattirungen und Abänderungen auszudrucken, wo ein Hochdeutscher sich
nicht anders als mit Umschweifen helfen kann.
Arbeiter (W3) [Adelung]
Der Arbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Arbeiterinn,
plur. die -en, eine Person, welche arbeitet, besonders welche mit der
Hand arbeitet. Ein Arbeiter ist seines Lohnes werth. Ein guter, ein
schlechter Arbeiter. Arbeiter annehmen. Die Arbeiter abdanken. Ein
Goldarbeiter, Lederarbeiter, Gypsarbeiter u. s. f. ein Künstler oder
Handwerker, welcher in Gold, Silber, Leder Gyps arbeitet. Ein Arbeiter
am Worte, für Lehrer, Prediger ist nur in der biblischen Schreibart
üblich.
Arbeitlos (W3) [Adelung]
Arbeitlos, adj. et adv. keine Arbeit habend, der Arbeit beraubt. Ein
arbeitsloser Handwerker. Daher die Arbeitslosigkeit.
Arbeitsam (W3) [Adelung]
Arbeitsam, -er, -ste, adj. et adv. zur Arbeit geneigt, gern und immer
arbeitend. Sehr arbeitsam seyn. Ein arbeitsamer Mensch.
Anm. Von
Arbeit, Mühe, Beschwerde, würde arbeitsam eigentlich der Arbeit
gleich, d. i. schwer, mühsam bedeuten, S. Sam; und in dieser Bedeutung
gebraucht Notker dieses Wort
auch wirklich. Doch wird arpeitsamaliba in den Monseeischen Glossen
schon durch activa vita übersetzt. Mit der Ableitungssylbe lich,
welche der Sylbe sam in der Bedeutung völlig gleich ist, sagten die
Angelsachsen earbedlic gleichfalls für mühsam, beschwerlich.
Arbeitsamkeit (W3) [Adelung]
Die Arbeitsamkeit, plur. inusit. die Neigung und Bereitwilligkeit,
beständig zu arbeiten, oder die Fertigkeit, zu dem möglichsten
Gebrauche seiner Kräfte, bey allen Gelegenheiten. Äußerst sich selbige
mit der möglichsten Verhütung alles Zeitverlustes, so wird sie Fleiß.
Arbeitsbiene (W3) [Adelung]
Die Arbeitsbiene, plur. die -n, die gewöhnlichen Bienen in einem
Bienenstocke, welche alle Geschäfte des Stockes verrichten; die
Werkbienen, Honigbienen, oder Stachelbienen; zum Unterschiede von den
Drohnen oder Thränen und dem Weisel.
Arbeitselig (W3) [Adelung]
* Arbeitselig, -er, -ste, adj. et adv. welches aber nur in
Oberdeutschland für mühsam, elend, üblich ist. Die bekantnis eigner
arbentselikeit und ellentz geburt im menschen demut, Geiler im
Narrenschiff. Arbeit hat hier die im Hochdeutschen veraltete Bedeutung
der Schmerzen, des Verdrusses u. s. f. So auch die Arbeitseligkeit.
Arbeitshaus (W3) [Adelung]
Das Arbeitshaus, des -es, plur. die -häuser, überhaupt ein für Arbeit
bestimmtes Haus. In engerer Bedeutung, eine öffentliche Anstalt, in
welcher man müßige Leute zur Arbeit anhält, ein Werkhaus; so fern auch
Verbrecher darin zur Arbeit gezwungen werden, ein Zuchthaus; und so
fern das weibliche Geschlecht darin zum Spinnen angehalten wird, ein
Spinnhaus. Ein solches Arbeitshaus wird in Straßburg die Boß oder das
Bossenhaus, in Nürnberg das Springerhaus, und an andern Orten das
Raspelhaus genannt. S. auch Zuchthaus.
Arbeitslohn (W3) [Adelung]
Der Arbeitslohn, des -es, plur. car. der Lohn, welcher einem Arbeiter
für seine Arbeit gebühret. Einem seinen Arbeitslohn vorenthalten, ihm
seinen Arbeitslohn bezahlen.
Anm. Da Lohn in Niedersachsen ein Neutrum
ist, so wird auch Arbeitslohn in dieser Mundart als ein Neutrum
gebraucht. Indessen sagen auch die Oberdeutschen, bey denen Lohn in
allen übrigen Fällen männlichen Geschlechtes ist, das Arbeitslohn. S.
Lohn.
Arbeitsmann (W3) [Adelung]
Der Arbeitsmann, des -es, plur. die -leute, im gemeinen Leben, für
Arbeiter, der sich zu Handarbeiten gebrauchen lässet.
Arbeitstisch (W3) [Adelung]
Der Arbeitstisch, des -es, plur. die -e, derjenige Tisch, woran man
seine gewöhnliche Arbeit verrichtet; bey Handwerkern, der Werktisch.
Arben (W3) [Adelung]
Die Arben, plur. ut nom. sing. S. Fichte und Zirbelnuß.
Arbuse (W3) [Adelung]
Die Arbuse, plur. die -n, ein ausländisches Wort, so wohl die
Wasser-Melone, Cucumis Anguria, L. als auch den Erdbeerbaum, Arbutus
Unedo, L. zu bezeichnen. In der letztern Bedeutung scheint es aus dem
Lat. Arbutus gebildet zu seyn.
Arcade (W3) [Adelung]
Die Arcade, plur. die -n, von dem Franz. Arcade, und dieß von dem
spätern Latein. Arcata, ein Gewölbe; in der Baukunst, mehrere gewölbte
Bogen zwischen zwey Säulen, welche auf ihren besondern Nebenpfeilern
ruhen; ein Bogengang, eine Bogenstellung. An den Weberstühlen der
Seidenweber, werden die Rahmschnüre, eine Elle von dem Register der
Rollen, gleichfalls Arcaden genannt.
Archäologie (W3) [Adelung]
Die Archäologie, (fünfsylbig), plur. die -n, (sechssylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Archaeologia. 1) Die Lehre von den Alterthümern, die
Alterthumskunde; ohne Plural. Daher archäologisch, darin gegründet. 2)
Ein Buch, worin diese Lehre vorgetragen wird.
Arche (W3) [Adelung]
Die Arche, plur. die -n, ein im Hochdeutschen größten Theils
veraltetes Wort, welches von verschiedenen Arten hohler Behält-nisse
gebraucht wurde, und in den gemeinen Mundarten zum Theil noch
gebraucht wird.1. Ein Kasten, eine Lade. In diesem Verstande nennen
Notker und ältere Übersetzer des alten Testaments die Lade des Bundes
eine Arche, welches Wort auch Luther Offenbarung 11, 19. beybehalten
hat: und die Arche seines Testaments ward in seinem Tempel gesehen. In
den Gedichten der Schwäbischen Dichter kommt Arke mehrmahls für eine
jede Kiste vor. Logan gebraucht es für einen Sarg, und in dieser
Bedeutung ist es schon alt, indem nicht nur das Schwed. Ark, und das
Latein. Arca in eben diesem Verstande vorkommen, sondern auch aurahja
bey dem Ulphilas begraben bedeutet. Besonders wird Arche in Baiern von
einer Art Fischkasten gebraucht, welche zu der verbothenen Art zu
fischen gehöret; daher das Archen schlagen und einlegen daselbst
bestraft wird. In den Orgeln und Positiven wird auch der Windkasten
eine Ark genannt, und an den Glasöfen heißen die sechs Theile, welche
das Äußere desselben ausmachen, Archen. Auf den Schiffen ist die Arche
das Gehäuse von Bretern um den Pumpenstock.2. Ein Schiff. So wird noch
in verschiedenen Oberdeutschen Gegenden eine Art Flußschiffe von
mittlerer Größe und plattem Boden eine Arche genannt; eine Benennung,
welche auch in Niedersachsen nicht unbekannt ist. Frisch führet aus
den Magdeburgischen Ordnungen die Worte an: von einem Zeddel auf ein
Schiff oder Archen. Daß Arche in dieser Bedeutung auch in Hamburg
üblich seyn müsse, erhellet aus einer Stelle im Hagedorn: Wir steigen
bey den schlanken Weiden Aus Arch und Nachen an den Strand. Da die
Vulgata das Schiff Noä schon arcam nennet, so haben Ottfried, Notker,
und alle ältere Übersetzer bis auf Luthern dieses Schiff gleichfalls
eine Arche genannt, aber damit Gelegenheit gegeben, daß man den
ungeschickten Begriff eines Kastens damit verknüpfet; daher der Herr
Hofr. Michaelis in seiner neuen Übersetzung diesen unbequemen Ausdruck
mit Recht vermieden hat. Das hohe Alter dieses Wortes und dieser
Bedeutung erhellet aus dem Nahmen des Griechischen Schiffes - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches den Argonauten den
Nahmen gab, und dessen Ähnlichkeit mit unserm Arche gewiß nicht bloß
zufällig ist.3. Ein Gerinne bey den Wassergebäuden, welches mit Holz
eingefasset ist, und daher einem Kasten gleichet. So wird in
Niedersachsen ein gerinne an Wassermühlen und Fischteichen, das Wasser
dadurch abzulassen, eine Arche genannt. An andern Niedersächsischen
Orten führet diesen Nahmen auch das Wehr selbst, ingleichen ein mit
Zimmerholz versehener Kanal bey demselben, durch welchen die Schiffe
gehen; eine Flutharke, Wasserarke. Daher das Arkenholz, welches dazu
gebraucht wird; das Ariengeld, welches von den Schiffen für die
Durchfahrt erleget wird. S. auch Freyarche.4. In der Naturgeschichte
wird eine zweyschalige Muschel mit gleichen Schalen, deren Gewinde aus
vielen spitzigen in einander eingreifenden Zähnen bestehet, die Arche
genannt.5. Bey den Jägern heißen auch die Leinen und Stricke an den
Jagdzeugen Archen; in welcher Bedeutung es aber von einem andern
Stamme zu seyn scheinet. Man hat daselbst Oberarchen, Unterarchen, und
Hauptarchen.
Anm. Arche, Nieders. Arke, Dän. und Schwed. Ark, Goth.
Arka, Angels. Earc, Erc, Engl. Ark, ist nach dem Lat. Arca gebildet
worden, oder stammet vielmehr mit demselben aus eine und eben
derselben weit ältern, aber nunmehr unbekannten Quelle her. In dem
1453 zu Augsburg geduckten Buche der Natur heißt es: die heilig
junkfrau was ein arch und ein außerwelter
sal des obersten Gottes; wo Arche für ein Behältniß überhaupt stehet.
Archimandrit (W3) [Adelung]
Der Archimandrit, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. der Abt
oder Vorgesetzte eines Klosters in der Griechischen Kirche.
Architekt (W3) [Adelung]
+ Der Architekt, des -en, plur. die -en, aus den Griech. ein völlig
unnöthiges Wort, einen Baumeister in allen Bedeutungen zu bezeichnen.
So auch die Architektur, plur. die -en. 1) Die Baukunst; ohne Plural.
2) Die Art zu bauen, Bauart, gleichfalls ohne Plural. 3) Zierathen,
welche an Gebäuden angebracht werden, Bauzierathen; am häufigsten im
Plural.
Architrab (W3) [Adelung]
Der Architrab, des -es, plur. die -e, aus dem Französ. Architrave,
und dieß aus dem Lat. Architrabs, in der Säulenordnung, ein Glied des
Hauptgesimses, welches einen Querbalken vorstellet, bey einigen der
Unterbalken.
Archiv (W3) [Adelung]
Das Archiv, des -es, plur. die -e, ein Ort, in welchem öffentliche
Urkunden und Schriften aufbewahret werden, und diese Schriften auch
wohl selbst. Daher das Haupt- oder geheime Archiv, das
Kanzelley-Archiv, Lehns-Archiv, Kriegs-Archiv u. s. f. Ingleichen der
Archivar, des -es, plur. die -e, der die Aufsicht über das Archiv hat;
archivarisch, in dem Amte und den Pflichten eines Archivares
gegründet, ingleichen aus einem Archive hergenommen, für das
ungewöhnliche archivisch. Archivarische Urkunden. Es ist von dem
Latein. Archivum, von dessen Abstammung du Fresne und Frisch h. v.
nachgesehen werden können. S. auch Kanzelley.
Ären (W3) [Adelung]
* Ären, verb. reg. act. welches nur in den gemeinen Mundarten einiger
Gegenden üblich ist. Es bedeutet aber, 1) so viel als pflügen
überhaupt, besonders in Elsaß, Thüringen und Franken. 2) Zum letzten
Mahle unmittelbar vor der Wintersaat pflügen, welches auch zur
Wintersaat ackern genannt wird, so wie ackern allein das letzte
Pflügen vor der Sommersaat ausdrucket. S. auch Art.
Anm. Ären, Griech -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Latein. arare, Goth.
arian, Isl. eria, bey den alten Friesen era, Eng. to ear, Holländ.
aeren, Nieders. aarden und aren, Schwed. aeria, bey dem Ottfried
erren, alt Französ. errer, in der Schweiz erchen, und in andern
Gegenden erten und ertenen, bey den Krainischen Wenden arjen, alles in
der Bedeutung des Pflügens, ist mit Arbeit, Ernte und vielleicht auch
mit Jahr und Erde genau verwandt. In einigen, besonders Oberdeutschen
Mundarten wird dieses Wort auch aren gesprochen, und da ist es
zugleich irregulär. Ungearan heißt bey dem Willeram ungepflügt, und im
Hennebergischen und in Thüringen sagt man noch jetzt ein gearner
Acker, für geärter. S. Art; ingleichen du Fresne Gloss. v. Arura. Da
die gedehnte Wurzelsylbe är nur aus zwey Buchstaben bestehet, so
könnte das Wort, der Analogie zu Folge, ein h fordern, ähren. Und wer
weiß, ob nicht Acker und ackern, ein durch Verstärkung des Hauchlautes
gebildetes Intensivum von dem alten ähren, arare, ist.
Aressel (W3) [Adelung]
Die Aressel, plur. die -n, S. Arlesbeere und Eberäsche.
Arg (W3) [Adelung]
Arg, ärger, ärgste, adj. et adv. welches in seinen meisten
Bedeutungen den Gegensatz von dem was gut ist, ausdruckt. Es bedeutet
aber,1. * Im physischen Verstande, was seiner Bestimmung nicht gemäß
ist, schlecht. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet; indessen
kommt sie doch in den ältern und mittlern Zeiten nicht selten vor. Ist
daz vih erger uuorden, ist das Vieh ärger oder schlechter worden,
heißt es z. B. im Schwabenspiegel Kap. 312, 22. Ein fauler Baum bringt
arge Früchte; ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen, Matth.
7, 17, 18. Dahin gehöret auch die ärgere Hand, die schlechtere
Beschaffenheit einer Person oder Sache, eigentlich wohl die linke
Hand, welche von je her für schlechter gehalten wurde, als die rechte.
So sagte man ehedem in den Rechten von einem Kinde, dessen Mutter dem
Vater an die linke Hand getrauet worden, daß es die ärgere Hand habe.
In Westphalen wird arg noch jetzt für schlecht gebraucht. In figürlicher Bedeutung bezeichnete Arga bey den "Longobarden" so wohl
feige, zaghaft, als auch einen gutwilligen Hahnrey, und vornehmlich
einen solchen, der es aus Zagheit ist, S. du Fresne v. Arga, so wie
man noch jetzt einen verzagten und niederträchtigen Menschen einen
schlechten Menschen zu nennen pfleget. Für zaghaft kommt arg und erg
auch bey den Schwäbischen Dichtern vor: Si begunden rechte
greinenGleich den argen hunden, d. i. Sie fingen an zu heulen gleich
den feigen Hunden, heißt es bey dem Stryker, Kap. 6. Abschn. 19.2.
Sittlich böse, uns und andern Nachtheil bringend. Arge Gedanken von
einem hegen. Etwas zum ärgsten deuten. Arges von einem deuten. Ich
habe nichts Arges, keine böse Absicht, darunter. Machen sie sich keine
arge Gedanken. Ich meine es so arg nicht. Die Zeiten werden je länger
je ärger. Übel ärger machen, im gemeinen Leben, es noch schlimmer
machen. Was das ärgste bey der ganzen Sache ist, so u. s. f. Er macht
es mir zu arg. Die Menschen selber sind der Menschen ärgste Feinde,
Haged.3. Den göttlichen Gesetzen zuwider, lasterhaft. Diese arge Welt.
Wer arges thut, der hasset das Licht. Die Welt liegt im Argen. So denn
ihr, die ihr doch arg seyd u. s. f. Matth. 7, 11. Durch arges Thun und
Denken, Opitz. Ingleichen boßhaft, nicht nur selbst böse, sondern auch
andern zu schaden bedacht. In diesem Verstande wird der Teufel in der
biblischen Schreibart zuweilen der Arge genannt.4. In der gelindern
Bedeutung, aus Muthwillen andern zu schaden geneigt, muthwillig,
leichtfertig. Er ist arg genug dazu. Sie sind auch gar zu arg.
Sprichw. Je ärger Schelm je besser Glück.5. + Scharf, im moralischen
Verstande, strenge. Er verfähret zu arg mit uns, zu strenge. Er
verdiente wohl noch ärgere Verweise. Eine arge Frau, bedeutet in
Niedersachsen eine Frau, die mit ihren Untergebenen streng und
gebietherisch verfähret.6. Groß, wichtig, gefährlich, nicht allen von
nachtheiligen, sondern oft auch von gleichgültigen Dingen. Er
beschreibt es sehr arg, sehr wichtig. Er macht alles ärger, als es
ist, größer. Sie fordern dafür zehn Thaler? das ist zu arg. Denn der
Lappe reißet doch wieder von dem Kleide und der Riß wird ärger,
größer, Matth. 9, 16.
Anm. Die erste Bedeutung dieses Wortes ist im
Hochdeutschen völlig veraltet; die zweyte ist im gemeinen Leben
häufig; die dritte ist mehr biblisch und Oberdeutsch, und die drey
folgenden
kommen im täglichen Umgange nicht selten vor. Das hohe Alter dieses
Wortes macht dessen Abstammung zweifelhaft. Wachters Ableitung von dem
a intensivo und Rug, Rücken, gleichsam verkehrt, wozu ihn das arug,
perversus, in Lipsti Glossen, und das Goth. arugo, welches bey dem
Ulphilas Joh. 15, 25. für gratis, umsonst, vorkommt, verleitet haben
mag, ist äußerst unwahrscheinlich. So fern arg, träge, faul bedeutet,
kommt es mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
, welches man gemeiniglich von dem - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - privat. und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
, ein Werk ableitet, sehr deutlich überein. In den Monseeischen
Glossen wird arg auch durch zähe, gierig erkläret. Das Hauptwort Arge
und Erge findet sich bey dem Notker, in den Monseeischen Glossen, und
bey dem Jeroschin für Verbrechen, Ärgerniß, Geitz und Böses überhaupt.
In den spätern Zeiten ist dafür Argheit üblich geworden, welches in
einigen Oberdeutschen Gegenden noch bekannt ist. Übrigens wird das g
in diesem Worte in Schlesien und andern Gegenden irrig wie ein k
ausgesprochen, und auf stark gereimt.
Ärger (W3) [Adelung]
* Der Ärger, des -s, plur. inusit. ein nur in einigen, besonders
Niedersächsischen Gegenden übliches Wort für Ärgerniß, Verdruß. Wenn
er Den Menschen letzt zum Ärger und sich zur eignen Last, Dusch. Anm. Bey den Isländern, die manchen Wörtern gern ein J vorzusetzen pflegen,
heißt der Zorn Jargr. Ihre findet auch hier eine Ähnlichkeit mit dem
Latein. Jurgium und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - .
Ärgerlich (W3) [Adelung]
Ärgerlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Leicht zum Zorne zu bewegen,
doch nur im gemeinen Leben, und in einigen Gegenden. Es ist ein
ärgerlicher Mensch, der sich über alles ärgert; in den gemeinen
Mundarten grittelich, kritlich, kricklich. 2) Ein wenig zornig.
Ärgerlich auf etwas seyn, Less. Der Wolf wird ärgerlich, Less. 3)
Ärger, oder Ärgerniß verursachend, so wohl worüber man sich ärgert. Du
bist mir ärgerlich. Es ist ein ärgerlicher Mensch, eine ärgerliche
Sache. Als auch woran man ein Ärgerniß nimmt. Ein ärgerlicher Wandel.
Ärgerliche Ausdrücke. Seyd nicht ärgerlich weder den Juden noch die
Griechen, 1. Cor. 10, 32. So auch die Ärgerlichkeit; ohne Plural.
Ärgern (W3) [Adelung]
Ärgern, verb. reg. act. von dem Comparativo, ärger, im Gegensatze des
Verbi dessen.1. * Ärger, d. i. schlechter machen, in der eigentlichen
Bedeutung. So sagte man ehedem, eines Gut ärgern, in Abnahme bringen;
eines Pferd ärgern, abtreiben; ein Stift ärgern, schwächen, u. s. f.
wie aus den von Frisch angeführten Beyspielen erhellet. Die uoho die
de uuingarten geargerent, die Füchse die den Weingarten verdorben,
heißt es schon bey dem Willeram 2, 15. Das Schwed. arga wird noch in
eben diesem Sinne gebraucht, und von dem Niedersächsischen ergheren
hat Ölrichs in Glossar. ad Statuta Bremens. h. v. viele Beyspiele
angeführet. Auch in einigen Oberdeutschen Gegenden sagt man noch
jetzt: es ärgert sich mit ihm, es verschlimmert sich. Das Übel ärgert
sich u. s. f. Allein im Hochdeutschen ist diese Bedeutung völlig
veraltet.2. Im moralischen, besonders biblischen Verstande, durch
strafbare Handlungen lebhafte Empfindungen des Unerlaubten bey andern
erwecken, und zugleich zum Bösen reitzen, zum Ärgernisse gereichen.
Einen ärgern. Einen mit etwas ärgern. Ärgert dich dien rechtes Auge,
u. s. f. Matth. 5, 29. f. Ingleichen als ein Reciprocum, sich an etwas
ärgern, ein Ärgerniß daran nehmen.3. Zum Zorne reitzen, erzürnen, doch
mehr von einem geringen Grade des Zornes, der mehr auf die innere
Empfindung als auf den äußern Ausdruck wirket. Einen ärgern.
Ingleichen, sich ärgern, sich über jemanden, oder über etwas
ärgern.
Anm. Ärgern, Nieders. argern, bey dem Notker argeron, im
Schwabenspiegel, ergern, kommt in allen drey Bedeutungen schon seit
dem eilften Jahrhunderte vor. Das Substantiv die Ärgerung gebraucht
zwar Notker für Scandalum, und Steinbach führt es auch noch für
indignatio und offendiculum an; allein im Hochdeutschen ist es völlig
ungebräuchlich.
Ärgerniß (W3) [Adelung]
Die Ärgerniß, plur. die -sse, und das Ärgerniß, des -sses, plur. die
-sse.I. Im Neutro, das Ärgerniß. 1) Die lebhafte Empfindung des
Unerlaubten oder Schändlichen in der Handlung anderer, zum
Unterschiede von dem schwächern Anstoß; ohne Plural. Einem ein
Ärgerniß geben, durch seine Handlungen diese Empfindung bey ihm
erwecken. In der Theologie gebraucht man es in noch engerm Verstande
für die Verleitung anderer zur Sünde durch unsere Handlungen. Ein
gegebenes Ärgerniß, wovon, wegen der dabey übertretenen Pflicht, ein
Theil der Schuld uns zugerechnet werden kann. Ein Ärgerniß nehmen, an
etwas nehmen. Ein genommenes Ärgerniß, wenn jemand ohne unser Wissen
und Willen aus unserm Betragen einen Bewegungsgrund zum Bösen nimmt.
Zum Ärgernisse gereichen.2) Dasjenige, was andern zum Ärgernisse
gereichet, und in weitere Bedeutung, alles, was wider die Ehrbarkeit,
die guten Sitten und die allgemeine Meinung streitet. Ein allgemeines,
ein öffentliches Ärgerniß. Dergleichen Ärgernisse können nicht
ungestraft bleiben.II. In beyden Geschlechtern, die und das Ärgerniß,
ein geringerer Grad des unterdrückten Zornes, der mehr auf die eigene
Empfindung, als auf die äußern Gegenstände wirket. Er hat mir viel
Ärgerniß gemacht. Ich möchte vor Ärgerniß vergehen.Bey vielem Ärgerniß
und unter allen Sorgen, Günth. Man möchte vor Ärgerniß des Todes seyn,
Gell. Das geringste Ärgerniß kann mich so sehr mitnehmen, als andere
Leute ein hitziges Fieber, ebend.
Anm. In der ersten und zweyten
Bedeutung ist dieses Wort im Hochdeutschen ohne allen Widerspruch
ungewissen Geschlechtes, weil wir es in der selben von den
Oberdeutschen haben, bey welchen die meisten Wörter auf niß in diesem
Geschlechte gebraucht werden. Allein in der dritten Bedeutung, welche
eigentlich aus Niedersachsen herstammet, wird es von vielen auch im
weiblichen Geschlechte gebraucht, und dieser Niedersächsischen Mundart
ist es auch zuzuschreiben, daß Luther dieses Wort selbst in der ersten
Bedeutung einige Mahl als ein weibliches gebraucht. S. -niß. Die Alten
hatten noch verschiedene andere Wörter, den Begriff des Ärgernisses in
der ersten und zweyten Bedeutung auszudrucken. Kero gebraucht dafür
Zuruuaridono, im Plural; Ottfried Asuuich; Notker Werra, Scantuuerron,
Arge, Argerunga, Spirneda; die Angelsachsen, Aeswic, Geswic,
Aeswicunge und Besuicheide; deren Ableitung und eigentliche Bedeutung
man in den Glossarien aufsuchen muß. Bey den Niedersachsen ist auch
Schandaal, von Scandalum, üblich.
Arglist (W3) [Adelung]
Die Arglist, plur. car. die zum Schaden anderer angewandte List,
welche entweder versteckte unerlaubte Endzwecke wählt, oder
rechtmäßige Endzwecke durch versteckte unerlaubte Mittel zu erhalten
sucht. So versteckt auch seine Arglist war, so wurde sie dennoch
entdeckt. Arglist besitzen, gebrauchen. Er ist voller Arglist.
Anm. Argliste kommt schon bey dem Notker vor, und bey den Schwäbischen
Dichtern findet sich ir arger List. List wurde ehedem auch in gutem
Verstande für Geschicklichkeit, Klugheit gebraucht, und da war arg,
wenn der gegenwärtige Begriff ausgedrucket werden sollte,
unentbehrlich.
Arglistig (W3) [Adelung]
Arglistig, -er, -ste, adj. et adv. Arglist habend, in derselben
gegründet. Ein arglistiger Mensch. Eine arglistige Frau. Dies ist die
gottloseste Erfindung, die jemahls die arglistige Betriegerey ersonnen
hat, Dusch.
Arglistigkeit (W3) [Adelung]
Die Arglistigkeit, plur. die -en. 1) Die Fertigkeit andern durch
versteckte oder verborgene Mittel zu schaden; ohne Plural. 2) Eine
arglistige Handlung; mit dem Plural.
Arglos (W3) [Adelung]
Arglos, -er, -este, adj et adv. von aller Neigung andern zu schaden,
entfernt. Ein argloses Herz. So auch die Arglosigkeit.
Argus-Auge (W3) [Adelung]
Das Argus-Auge, des -s, plur. die -n, von dem Argus aus der Griech.
Fabellehre, ein scharfes, argwöhnisches Auge. Argus-Augen haben, mit
dem schärfsten oder aufmerksamsten Argwohne beobachten.
Argwillig (W3) [Adelung]
Argwillig, -er, -ste, adj. et adv. geneigt andern zu schaden, als ein
glimpflicher Ausdruck für das härtere boßhaft. So auch die
Argwilligkeit.
Argwohnen (W3) [Adelung]
Argwohnen, oder argwöhnen, verb. reg. act. Supin. geargwohnet,
Argwohn haben. Etwas argwohnen. Ich argwohne gar nichts, Gell. Man
argwohnet deßfalls auf ihn. Jetzt fing ich an, den grausamsten Betrug
zu argwöhnen, Dusch. Mein Herz fühlte nichts von dem Hochmuthe, den du
bey mir argwöhnetest, ebend.
Anm. Das Substantiv die Argwohnung ist
nicht gebräuchlich. Argwohnen ist von arg und wähnen, und sollte daher
billig argwähnen heißen. Aber da in dem Hauptworte das ä längst von
dem o verdränget worden, so muß man das letztere auch hier behalten.
Argwöhnen hat die Regel für sich, daß bey der Verlängerung eines
Wortes die Vocale, a, o, u, oft in ä, ö, ü übergehen, wie in Ton,
tönen, Bahn, bähnen, Wahn, wähnen, Ruhm, rühmen; aber in diesem Worte
wird doch von den meisten das o unverändert behalten, obgleich in den
folgenden das ö ge-bräuchlich ist. Für argwohnen, war ehedem auch das
einfache wohnen üblich, welches auch wohl passive gebraucht wurde.
Oder wer darunter gewont oder verdacht were, heißt es in einer
Österreichischen Urkunde vom Jahre 1440 bey dem Kollar.
Argwöhnig (W3) [Adelung]
Argwöhnig, und in den gemeinen Mundarten argwöhnisch, -er, -ste, adj.
et adv. Argwohn habend, leicht Argwohn schöpfend. Ein argwöhniger oder
argwöhnischer Mensch. Auf jemanden argwöhnig seyn. Argwöhnischer
Weise.
Anm. Argwöhnig wurde ehedem auch passive für verdächtig
gebraucht Arcwänig gezuige bedeutet daher in dem Augsburgischen
Stadtbuche von 1276 einen verdächtigen Zeugen. Wann jemandt eyner
missethat mit etlichen argwöhnigen theylen oder stücken verdacht wird,
Kaiser Carls des Fünften Halsger. Ordn. Art. 28. Eine andere Stelle
aus dem Straßburgischen Stadtrechte führet Schilter Gloss. v. Arg an.
In der vorhin genannten Halsger. Ordn. Carls des Fünften kommt auch
Arkwönigkeit für Verdacht vor.
Argwöhnigkeit (W3) [Adelung]
Die Argwöhnigkeit, plur. car. die Fertigkeit, ein ungegründetes
Mißtrauen in die Gesinnungen anderer zu setzen.
Arie (W3) [Adelung]
Die Arie, (dreysylbig,) plur. die -n, aus dem Ital. Aria, in der
Vocal-Musik, ein Lied, ein Gesang, besonders von Einer oder nur
wenigen Strophen.
Aristokratie (W3) [Adelung]
Die Aristokratie, (fünfsylbig,) plur. die -n, (sechssylbig,) aus dem
Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, diejenige
Verfassung eines Staates, nach welcher die höchste Gewalt von mehrern
aus den übrigen dazu bestimmten Personen verwaltet wird; ohne Plural,
und ein solcher Staat, mit demselben. Daher das Bey- und Nebenwort
aristokratisch, und das Substantivum der Aristokrat, des -en, plur.
die -en, einer von diesen mehrern.
Arithmetik (W3) [Adelung]
Die Arithmetik, plur. die -en, aus dem Griechischen. 1) Die
Rechenkunst; ohne Plural. 2) Ein Lehrbuch der Rechenkunst; mit
demselben. Daher arithmetisch, in der Rechenkunst gegründet; der
Arithmetiker, des -s, plur. ut nom. sing. der in der Rechenkunst geübt
ist, ein Rechenmeister.
Arke (W3) [Adelung]
Die Arke, S. Arche.
Arkebuse (W3) [Adelung]
Die Arkebuse, plur. die -n, aus dem Franz. Arquebuse, eine veraltete
Art Feuergewehres, welches im Deutschen eine Hakenbüsche genannt
wurde, S. dieses Wort. Daher der Arkebusier, des -s, plur. ut nom.
sing. ein damit bewaffneter Soldat; arkebusieren, nach Urtheil und
Recht erschießen; die Arkebusade, ein heilsames Wasser gegen
Schußwunden, Wundwasser.
Ärker (W3) [Adelung]
Der Ärker, des -s, plur. ut nom. sing. ein heraus gebautes Stück an
einem Hause. Ein Haus mit einem Ärker. In den Ärker treten.
Anm. Dieses
Wort ist aus dem Latein. Arcora der mittlern Zeiten, welches entweder
von Arca herzuleiten ist, weil ein Ärker einem Kasten nicht unähnlich
siehet, oder auch von Arcus, ein Gewölbe, weil man sie ehedem auf
gewölbte Bogen zu setzen pflegte; S. du Fresne Gloss. v. Arcora.
Nieders. Arkener, oder Ärkner. Sonst heißt ein Ärker an einigen Orten
auch ein Ausstich, Überstich, Ausladung, Überhang, in Westphalen
Utsteeke, und am Rheine eine Laube. Von den Ärkern an den ehemahligen
Festungswerken, S. Frisch h. v.
Arkirsche (W3) [Adelung]
Die Arkirsche, plur. die -n, S. Arlesbeere.
Arle (W3) [Adelung]
Die Arle, S. Ahorn und Erle.
Arlesbeere (W3) [Adelung]
Die Arlesbeere, oder die Arleskirsche, plur. die -n, die Frucht des
Sperberbaumes, oder Eselbeerbaumes, S. diese Wörter; ingleichen der
Strauch, der sie trägt. Diese Benennung ist vorzüglich in einigen
Oberdeutschen Gegenden üblich, wo auch Adlersbeere, Atlasbeere,
Arolsbeere, Älsbeere, Arbere, Egelebirn, Sersebirn, Eyerlinsbirn,
Arkirsche, Aressel, u. s. f. daraus gemacht worden. Der Ursprung der
Benennung ist unbekannt. Der
Latein. Nahme dieses Baumes Aria, und dessen Französ. Benennung
Alisier sind vermuthlich damit verwandt.
Arm (W3) [Adelung]
Arm, ärmer, ärmste, adj. et adv. welches überhaupt den Zustand der
Beraubung einer Sache ausdruckt, und zwar,1. In eigentlicher
Bedeutung, des zeitlichen Vermögens beraubt. Ein armer Mensch, ein
armer Mann, eine arme Frau. Arm seyn. Arm werden. Einen arm machen.
Der ist nicht arm, der wenig hat, sondern der, welcher viel begehret.
Er hat arm geheirathet, eine arme Person. Besonders der, welcher wegen
Alter oder Leibesschwachheit seinen nothdürftigen Unterhalt nicht
erwerben kann, in welchem Verstande besonders das Substantiv ein Armer
genommen wird. Der Armen gutes thun. Es ist ein Armer da. Wofür man im
gemeinen Leben auch wohl das Neutrum ein Armes gebraucht. Es ist ein
Armes da. Daß jener diesen hier, der Junker einen Bürger, Und der den
Bauersmann, der Reich ein Armes haßt, Opitz. Arm wird in dieser
Bedeutung mit mancherley Einschränkungen gebraucht. 1) In der
weitesten Bedeutung nennet man einen jeden arm, der Mangel am
Überflusse leidet, im Gegensatze des Reichen. 2) In etwas engerer
Bedeutung ist der arm, der seinem Stande nicht gemäß leben kann. 3) In
noch engerm Umfange der Bedeutung, welche zugleich die gewöhnlichste
ist, wird nur der für arm gehalten, welcher an der Nothdurft Mangel
leidet, sich aber doch dieselbe von Zeit zu Zeit zu verschaffen weiß;
dürftig. Und endlich 4) in der engsten Bedeutung, welche besonders in
den Rechten Statt findet, theils der, der ohne sein Verschulden in
diesen Zustand gerathen ist, theils auch der, der wegen physischer
Unmöglichkeiten nicht im Stande ist, seinen nothdürftigen Unterhalt zu
erwerben. In diesem Grade arm, heißt im gemeinen Leben auch blutarm,
oder bettelarm.2. In figürlicher Bedeutung. 1) Einer jeden andern
Sache beraubt, da denn die letztere mit der Präposition an ausgedruckt
wird. Arm an Freunden. Arm an Freuden. Arm an Troste. Wer war reicher
als Xerres, und wer war ärmer an Zufriedenheit als er, Dusch. Eine
arme Sprache, welche Mangel an Wörtern hat. Ein armer Gang, ein armes
Erz, in den Bergwerken, welches wenig Metall enthält. In der
biblischen R. A. arm an Geiste, zeiget an den Sitz der Armuth an, so
wie arm an Geist, die mangelnde Sache, d. i. Geist oder Witz andeutet.
2) Unglücklich, beklagenswerth. Der arme Mensch! eine gewöhnliche
Redensart, einen Unglücklichen zu beklagen. Ein armer Sünder, ein zum
Tode verurtheilter Übelthäter, bey den Theologen aber ein Sünder, der
ein lebhaftes Gefühl von seinem Elende hat. Im gemeinen Leben wird arm
in dieser Bedeutung oft sehr verschwendet, und von einer jeden Person
gebraucht, mit welcher wir einiges Mitleiden haben. Ein armes
unerfahrenes Mädchen. Ich arme kranke Frau möchte vor Ärgerniß
vergehen! Gell. Der Himmel vergebe es ihnen, daß sie mit mir armen
alten Frau so spotten, ebend. Ach da kommt ja auch noch mein armer
Mann wieder! ebend. 3) Der arme Mann, ist in manchen Gegenden, z. B.
in der Mark Brandenburg, ein Essen aus Butter und Brot. Bey den
Müllern wird das Diebesloch, wohin sie das Getreide verbergen, das
arme Männchen genannt.
Anm. Arm lautet bey dem Kero aram, und kommt mit
dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, nackend,
genau überein, dessen Bedeutung es anfänglich auch gehabt haben mag.
Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wüste, Lat.
aerumnae, sind vermuthlich auch nicht weit davon entfernt. Arm
bedeutete schon bey den Ulphilas elend, welchen Verstand auch das
Angels. earm, earming, hatte. Im Schwedischen, Isländischen, Dänischen
und Holländischen ist dieses Wort demDeutschen völlig gleich. In den
mittlern Zeiten wurden nicht allein die Besitzer unadeliger Lehen,
sondern auch alle Häusler, Beysassen, ja die Bürger und Bauern selbst,
arme Leute genannt, über welche sich die Fürsten den Armenschutz
anmaßten. S. Schilters Gloss. v. Arm, Gönne Abhandl. davon in den
Erlang. gel. Anz. 1750, S. 45, 46. um Altes aus allen Theilen der
Gesch. Th. 1, S. 707 f.
Arm (W3) [Adelung]
Der Arm, des -es, plur. die -e, Diminutivum das Ärmchen, Oberdeutsch
Ärmlein. 1. Eigentlich, der Theil des menschlichen Körpers von der
Schulter bis an die Hand, oder in engerer Bedeutung, welche auch in
der Zergstederungskunst üblich ist, der Theil von der Schulter bis an
den Elbogen, dagegen der Theil von diesem bis an die Hand der
Vorderarm heißt. Die Arme nach einem ausstrecken. Einen in die Arme
nehmen, in die Arme schließen. Einen mit offenen Armen, mit
ausgestreckten Armen empfangen. Ein Kind auf den Arm nehmen, es auf
den Armen tragen. Er hatte seinen Arm um meinen Nacken geschlungen.
Ein freyer Arm ist hundert Arme werth, Die für die Tyranney die
Schwerter ziehn, Weiße. Ein Arm voll, drey Arme voll. Der
mannigfaltige Gebrauch, welchen man von diesem Gliede macht, hat zu
verschiedenen figürlichen Redensarten Gelegenheit gegeben. Denn man
bezeichnet dadurch, 1) Stärke, Macht, besonders in der biblischen R.
A. eines Arm stärken, eines Arm zerbrechen, u. s. f. welche aber außer
dem nicht üblich sind. Ingleichen, wo von dem Arme Gottes geredet
wird. Der strafende Arm des Himmels muß über ihn schon ausgestrecket
seyn, v. Brawe. 2) Gewalt. Der geistliche Arm, der weltliche Arm, die
geistliche, die weltliche Gerichtsbarkeit. Könige haben lange Arme.
Einem in die Arme fallen, sich einem in die Arme werfen, sich seiner
Gewalt freywillig unterwerfen, ingleichen, seine Zuflucht zu ihm
nehmen.Fall jetzt dem Ewigen mit Thränen in die Arme, Weiße. Ich
sollte schweigen, wenn du deinem Verderben in die Arme eilest? Dusch.
3) Gewalt mit Zärtlichkeit verbunden. Ich will mich wieder in die Arme
der Weisheit werfen, und sehen, ob ich meinen Schmerz durch ihre
Gründe erleichtern kann, Weiße. O Liebe und Freundschaft, nichts soll
mich in Zukunft euren Armen entreißen! ebend. Meine Thränen sollen dir in den Armen der Wollust nimmer Ruhe lassen, Dusch. Nichts hätte dich
zurück halten sollen, dich in die offenen Arme deiner Freunde zu
werfen. Sie sank in die Arme des Schlafes, und erwachte nicht eher u.
s. f. 4) Hülfe, Beystand. Einem unter die Arme greifen, im gemeinen
Leben. Es stellet sich das Glück mit offnen Armen ein, Haged. 2. In
weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) An den Pferden, der
Vorderschenkel von der Schulter bis an das Knie. Luther hat 5. Mos.
18, 2. den Ochsen und Schafen gleichfalls Arme beygelegt, obgleich
solches wider den Sprachgebrauch ist. Dagegen heißen bey den Jägern
die Vorderläufte des Bären Arme. 2) Von einiger Ähnlichkeit, ein Theil
eines Ganzen, der sich von demselben entfernt. So verstehet man unter
einem Arme des Meeres einen Theil des Meeres, der tief in ein Land
hinein gehet. Der Arm eines Flusses, ist theils ein anderer Fluß, der
sich in denselben ergießet, theils einer von mehrern Ausflüssen in das
Meer. 3) Besonders der hervor ragende Theil eines Ganzen, der zu
Tragen bestimmt ist. Die Arme an einer Wage, die zwey Hälften des
Wagebalkens, welche die Schalen tragen. Die Arme an einem Wagen, zwey
gebogene Stücke Holz an dem Gestelle des Vorderwagens, welche hinten
an die Achse fest gemacht sind, und vorn das dicke Ende der Deichsel
zwischen sich halten,
Franz. Armon. Am Hinterwagen heißen sie die Schere. Die Arme eines
Kron- oder Wandleuchters, die Theile, worauf die Lichter gesteckt
werden. An einer Säge sind es die zwey äußersten Hölzer, zwischen
welche das Sägeblatt befestigt ist. An einem Rammblocke, die eisernen
Ringe oder Klammern, mit welchen der Bär an der einen Latte auf und
nieder steigt. In den Bergwerken heißet Arm ein beschlagenes Holz in
der Welle an dem Geschleppe, in welchem das Stangeneisen befestigt
ist, und in den Pochenwerken, den Stampfmühlen u. s. f. werden die
Hölzer in der Welle, welche die Stämpel oder Stampfen aufheben und
fallen lassen, gleichfalls Arme genannt.
Anm. Arm, bey dem Ulphilas
Arms, bey dem Kero Arame, bey dem Ottfried und Notker Arim, Arum, Arm,
bey den Angelsachsen Eorm, bey den Engländern, Dänen und Schweden Arm,
hat mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und
Latein. Armus zu viele Gleichheit, als das man selbige sollte
verkennen können. In einigen Oberdeutschen Gegenden lauter der Plural
dieses Wortes die Armen, und schon Ottfried sagte thie armon; allein
im Hochdeutschen ist dieses ebenso unrichtig als wenn er bey andern
die Ärme heißt. Von dem ungewöhnlichen Verbo armen, ist das Particip.
Passiv. gearmet, in den Zusammensetzungen langgearmet, kurzgearmet,
mit langen, kurzen Armen versehen, hin und wider im gemeinen Leben
üblich.
Armader (W3) [Adelung]
Die Armader, plur. die -n, eine Ader der Arme. Bey den Pferden ist es
eine Ader an dem Vorderfuße, welche auch die Bugader und Regelader
genannt wird.
Armadill (W3) [Adelung]
Das Armadill, des -es, plur. die -e, aus dem Spanischen Armadillo,
der Nahme eines gepanzerten Indianischen Thieres; Manis, L. S.
Ameisenfresser 2. Die Armadille hingegen ist ein Spanischer Nahme, so
wohl einer Art kleiner Kriegesschiffe, als auch einer kleinen
Kriegsflotte.
Armaturen (W3) [Adelung]
Die Armaturen, sing. inus. aus dem Franz. Armatures, Waffen und
andere Kriegesgeräthschaften, so fern sie in der Baukunst zu
Verzierungen gebraucht werden.
Armband (W3) [Adelung]
Das Armband, des -es, plur. die -bänder, ein Stück des
Frauenzimmerputzes, welches in Bändern oder Ketten bestehet, die am
Arme, oder der Handwurzel getragen werden. Diese Art des Putzes ist
von einem sehr hohen Alter, hat aber in ihrer Gestalt und ihren
Gebrauche mit andern der Mode unterworfenen Stücken einerley Schicksal
gehabt. Die Römer kannten sie unter dem Nahmen Armilla, bey den Gothen
hieß sie Armelior, von Melia, Kette, und bey den Alemannen Armpouch,
Arampouc.
Armbein (W3) [Adelung]
Das Armbein, des -es, plur. die -e, das hohle Bein des eigentlichen
Armes, welches von der Schulter bis an den Elbogen gehet, und auch das
Achselbein und die Armröhre, an den Pferden aber der Regel genannt
wird.
Armbinde (W3) [Adelung]
Die Armbinde, plur. die -n, eine Binde, einen beschädigten Arm darin
zu tragen; die Armschlinge.
Armbrust (W3) [Adelung]
Die Armbrust, plur. die -brüste, eine ehemalige Art des
Schießgewehres, welche aus einer verbesserten Art der Bogen bestand,
wo dieser an einem besondern Schafte und Auflage befestigt war, mit
dem Spanner gespannet, und durch den am Schafte befindlichen Drücker
abgedrückt wurde. Nach Erfindung der Feuergewehre sind sie, so wie
alle übrige alte Arten der Geschosse, aus der Mode gekommen, und
werden nur noch hin und wieder zur Lust, und in einigen Städten von
den Schützengesellschaften gebraucht. Eigentlich wurden alle Arten
Geschosse, wo der Bogen an einem Schafte befestigt war, Armbrüste
genannt; daher man auch Wagen-Armbrüste hatte, welche auf einem Karren
befindlich waren, und von Pferden gezogen wurden,und deren stählerner
Bogen ungefähr vier Pfund wog. Die kleinste Art, welche nicht Bolzen,
wie die vorigen, sondern kleine Kugeln schießen, werden Schnäpper
genannt. Der Schaft an den größern nebst den zur Spannung gehörigen
Werkzeugen, heißt zusammen genommen die Rüstung oder das Rüstzeug,
welchen Nahmen auch wohl die Armbrüste selbst bekommen, daher man sie
nach Maßgebung ihrer Größe in die ganze und in die halbe Rüstung
theilet. Übrigens findet man die Armbrüste auch Armbrustbogen und
Armbrustrüstung genannt. In dem Lateine der mittlern Zeiten ist
Arcubalista, Arbalista die eigentliche Benennung dieses Geschosses;
indessen findet man es auch eben so oft Balista und Balestrum genannt,
obgleich dieser Nahme allen alten Wurfzeugen zukommt, auch denen,
welche nicht vermittelt eines Bogens und einer Sehne getrieben wurden.
S. Balester.
Anm. In Ansehung des Geschlechtes dieses Wortes ist der
Gebrauch sehr schwankend und unbeständig, indem man es so wohl in den
ältern als neuern Zeiten in allen drey Geschlechtern findet. Doch wird
es in dem weiblichen am häufigsten gebraucht. Dessen Abstammung ist so
ausgemacht noch nicht, daß sie nicht noch eine Untersuchung ertragen
sollte. Wachter leitet es von Arm, brachium, und dem alten bresten,
brechen, her, weil dieses Geschoß einem gebrochenen Arme ähnlich sehen
soll; Grupen, von Arm und Borst, ruptura, weil es balista ligneo
brachio instructa sey; Gottsched von Arm und Rüstung; Ihre endlich von
dem alten arf, ein Pfeil, und bersa, birschen, bürschen, d. i.
schießen. Ein Paar Anmerkungen werden denen, die den Ursprung dieses
Wortes genauer untersuchen wollen, nicht unnützlich seyn. 1) Das Wort
Armbrust ist so gar alt nicht, und kommt unter den Schwäbischen
Kaisern vielleicht am ersten vor. 2) Die Armbrüste scheinen eine
ausländische Erfindung zu seyn; wenigstens behaupten einige Franzosen,
daß ihre Nation die Arbalestes von den Engländern bekommen habe; S.
Carpentier Gloss. v. Balista. 3) Die Armbrust heißt in den Fabeln der
Schwäbischen Dichter der Arbrost, im Schwabenspiegel und dem
Theuerdank Armbrost, sonst auch nur Armbst, bey den Niedersachsen
Armborst, Armbost, bey den Dänen Armbosse, bey den Schweden Arborst.
4) Es gab ihrer überaus viele Arten, wovon du Cange und Carpentier
nachzusehen sind. Unter denselben befinden sich auch die - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - bey dem Hero, die Manubalistae
der Römer, die Balistae a pectoribus, bey dem Raim. Montanerius. 5)
Das b in der Mitte ist kein bloßes Anhängsel des m, wie Gottsched
behauptete, indem Arm in den mittlern Zeiten nur selten Armb lautet,
in Armbrust aber alle Mundarten beständig das b haben. Das r in der
letzten Sylbe ist eher für ein zufälliger Buchstab zu halten, weil
einige Mundarten dasselbe gar nicht haben; wodurch zugleich der
Einfall von der Armrüstung völlig wegfällt. 6) Hr. Ihre Meinung, das
die letzte Sylbe von birschen, bürschen, schießen, sey, ist daher
unwahrscheinlich, weil man besondere Birsch-Armbrüste hatte, die
vornehmlich zur Jagd gebraucht werden. Nembt mit euch das pirsch
armbrost mein Dann es ist stark und scheust gerad, Theuerd. Kap. 30.
In einer Französischen Urkunde von 1381 bey dem Carpentier v.
Arbalista findet sich gleichfalls ein Arbaleste a berseaux, d. i. eine
Birsch-Armbrust. So lange bis eine bessere Ableitung wird gefunden werden, scheinet Spegels Meinung, daß Armbrust durch eine verderbte
Aussprache aus Arbalista entstanden, noch immer die wahrscheinlichste
zu seyn. S. auch Balester, Elbe und Stahl. Der Armbruster, für
Armbrustschütz und Armbrustmacher, ist veraltet.
Armee (W3) [Adelung]
Die Armee, (zweysylbig,) plur. die -n, (dreysylbig,) aus dem Franz.
Armee, so wohl ein Kriegsheer, als auch die sämmtlichen Kriegsvölker,
welche ein Fürst unterhält.
Ärmel (W3) [Adelung]
Der Ärmel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum das Ärmelchen,
derjenige Theil eines Kleidungsstückes, welcher die Arme bedeckt. Ein
Kleid mit langen, mit kurzen, mit weiten, mit engen Ärmeln. + Einem
etwas auf dem Ärmel heften oder binden, figürlich, doch nur im
gemeinen Leben, seine Leichtgläubigkeit mißbrauchen. + Etwas aus dem
Ärmel schütten, auch nur im gemeinen Leben, etwas ohne vorher
gegangenes Nachdenken vorbringen; ohne Zweifel von den weiten Ärmel
der Geistlichen, daher es auch besonders von Predigten, welche ohne
Zubereitung gehalten werden, geraucht wird.
Anm. Ärmel, im Lateine der
mittlern Zeiten Armillum, Armilla, Armelus, Schwed. Arm, ist nicht das
Verkleinerungswort von Arm, sondern vermittelst der Ableitungssylbe
-el von demselben gebildet, S. -El. Indessen war auch das Ärmel ehedem
für Ärmlein als ein Diminutivum im Oberdeutschen üblich, Ir ermel blos
Die schouwe ich nach dem willen min, singt der Schenke von Limburg.
Aus der Ableitung erhellet zugleich, daß dieses Wort mit dem größten
Rechte mit einem Ä geschrieben wird, obgleich das E schon alt und sehr
gemein ist.
Armen (W3) [Adelung]
* Armen, verb. reg. neutr. arm machen, welches aber nur in dem
gemeinen Sprichworte, Almosen geben armet nicht, üblich ist. In dem
Aldendorfischen Salzwerke sagt man auch noch, die Sohle ärmet an
Halte, wird ärmer, geringer. In verarmen ist es gebräuchlicher.
Armen-Advocat (W3) [Adelung]
Der Armen-Advocat, des -en, plur. die -en, ein von der Obrigkeit
bestellter Advocat, welcher die Rechtssachen der Armen unentgeldlich
führen muß.
Armenanstalt (W3) [Adelung]
Die Armenanstalt, plur. die -en, eine Anstalt für Beschäftigung und
Versorgung armer Personen; das Armen-Institut.
Armenbüchse (W3) [Adelung]
Die Armenbüchse, plur. die -n, eine Büchse, in welcher die Almosen
für die Armen gesammelt werden.
Armen-Casse (W3) [Adelung]
Die Armen-Casse, plur. die -n, das zum Unterhalten der Armen
bestimmte öffentliche Geld, der Ort, wo es aufbehalten wird, und die
Personen, die darüber gesetzt sind; der Armenkasten, Armenseckel.
Armeneid (W3) [Adelung]
Der Armeneid, des -es, plur. die -e, in den Rechten, der Eid, mit
welchem jemand seine Armuth beweisen muß, wenn er des Armenrechtes
theilhaftig werden will. S. Armenrecht.
Armengeld (W3) [Adelung]
Das Armengeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, das für
die Armen bestimmte Geld.
Armenhaus (W3) [Adelung]
Das Armenhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, wo man Arme oder
gebrechliche mit der Nothdurft versorget; das Armenspital.
Armenkasten (W3) [Adelung]
Der Armenkasten, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Kasten in den
Kirchen, worin das Geld für Kirchensachen, auch wohl zur Erhaltung der
Armen aufbewahret wird. 2) Wie Armen-Casse.
Armenordnung (W3) [Adelung]
Die Armenordnung, plur. die -en, die von der Obrigkeit
vorgeschriebene Ordnung, wie es mit allem, was die Armen angehet,
gehalten werden soll.
Armenpfleger (W3) [Adelung]
Der Armenpfleger, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welchem die
Versorgung der Armen anvertraut ist; im gemeinen Leben, der
Armenvater.
Armenrecht (W3) [Adelung]
Das Armenrecht, des -es, plur. inusit. die von der Obrigkeit den
Armen verstattete Freyheit, nach welcher ihnen nach bewiesener Armuth
eine Rechtssache umsonst geführet werden muß; in den Hamburgischen
Statuten, das Elendrecht. Sich in das Armenrecht schwören, den
Armeneid ablegen.
Armenring (W3) [Adelung]
Der Armenring, des -es, plur. die -e, ein Ring an den Rüst- und
Ackerwagen, welcher die Arme mit der Deichsel zusammen hält; der
Armring.
Armenschule (W3) [Adelung]
Die Armenschule, plur. die -n, eine Schule, in welcher die Kinder
armer Ältern umsonst unterrichtet werden.
Armenseckel (W3) [Adelung]
Der Armenseckel, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen
Gegenden, z. B. am Kammergerichte zu Wetzlar, so viel als Armen-Casse.
Armenspital (W3) [Adelung]
Das Armenspital, des -es, plur. die -täler, ein Hospital oder Spital
zum Unterhalte der Armen, besonders der Kranken und Gebrechlichen
unter ihnen; das Armenhaus.
Armensteuer (W3) [Adelung]
Die Armensteuer, plur. die -n, an einigen Orten, eine Steuer, welche
zum Unterhalte der Armen gegeben wird.
Armenstock (W3) [Adelung]
Der Armenstock, des -es, plur. die -stöcke, ein Stock, d. i. ein
hohler Klotz, in den Kirchen und an andern öffentlichen Orten, in
welchen Geld für die Armen gesammelt wird.
Armenvater (W3) [Adelung]
Der Armenvater, des -s, plur. die -väter, S. Armenpfleger.
Armenvogt (W3) [Adelung]
Der Armenvogt, des -es, plur. die -vögte, ein Vogt oder ein Aufseher,
das Betteln der Armen auf den Gassen und in den Häusern zu hindern; im
gemeinen Leben der Bettelvogt, mit einem edlern Ausdrucke, der
Armenaufseher, der Armenwächter.
Armfeile (W3) [Adelung]
Die Armfeile, plur die -n, schwere Feilen der Schlösser, mit dem
groben Hiebe, welche mit dem Arme geführet werden, und zur Befeilung
großer Stücke Eisen dienen.
Armgeige (W3) [Adelung]
Die Armgeige, plur. die -n, eine große Geige, welche im Spielen mit
ausgestrecktem Arme gehalten werden muß; Altgeige, Bratsche, vom Ital.
Viola da braccio.
Armgeschmeide (W3) [Adelung]
Das Armgeschmeide, des -s, plur. ut nom. sing. alle ehemahlige
goldene und silberne Zierathen der Arme.
Armhandschuh (W3) [Adelung]
Der Armhandschuh, des -es, plur. die -e, Handschuhe, welche den Arm
zugleich mit bedecken; in Westphalen Ledhanschen, von Led, Glied.
Armharnisch (W3) [Adelung]
Der Armharnisch, des -es, plur. die -e, S. Armschiene.
Armhut (W3) [Adelung]
Der Armhut, des -es, plur. die -hüte, ein Hut, welcher seiner
Bestimmung nach unter dem Arme getragen wird; ein guter Deutscher des
Franz. Chapeau bas.
Armiren (W3) [Adelung]
* Armiren, verb. reg. act. aus dem Franz armer, bewaffnen. Einem
Magneten armiren, ihn mit Eisen einfassen, ihn bewaffnen.
Armkorb (W3) [Adelung]
Der Armkorb, des -es, plur. die. -körbe, ein Korb mit einem Bügel,
ihn am Arme zu tragen; ein Handkorb.
Armkupfer (W3) [Adelung]
Das Armkupfer, des -s, plur. inusit. in den Schmelzhütten am
Unterharze, dasjenige Kupfer, welches aus dem Armsteine erhalten wird.
Armlehne (W3) [Adelung]
Die Armlehne, plur. die -n, der Ort an einem Lehnstuhle, worauf man
den Arm lehnet.
Armleuchter (W3) [Adelung]
Der Armleuchter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein mit Armen
versehener Leuchter. 2) Eine Wasserpflanze, deren kleine Querle die
Gestalt eines Armleuchters haben; Wasserschafthen, Wasserarmleuchter,
Chara, L.
Ärmlich (W3) [Adelung]
Ärmlich, -er, -ste, adj. et adv. nach Art eines Armen, kümmerlich,
mit einem etwas härtern Nebenbegriffe, armselig. Ärmlich in der Kripp
im Stalle liegen, Logau. Ärmlich leben. Daher das Substantiv, die
Ärmlichkeit.
Ärmling (W3) [Adelung]
Der Ärmling, des -es, plur. die -e, ein ärmliches Ding. In manchen
Gegenden werden die kleinsten Erdäpfel Ärmlinge genannt.
Armloch (W3) [Adelung]
Das Armloch, des -es, plur die -löcher, Löcher in den Wellen, worin
die Arme des Rades befestigt werden.
Armmäuslein (W3) [Adelung]
Das Armmäuslein, des -s, plur. ut nom. sing. in der
Zergliederungskunst, diejenigen Mäuslein, welche zur Bewegung des
Armes Dienen; Musculi humeri.
Armring (W3) [Adelung]
Der Armring, des -es, plur. die -e. 1) Ein Ring, welcher ehedem zum
Zierde am Arme getragen wurde. 2) S. Armenring.
Armröhre (W3) [Adelung]
Die Armröhre, plur die -n. S. Armbein.
Armrost (W3) [Adelung]
Der Armrost, des -es, plur. die -röste, in den Schmelzhütten am
Unterharze, ein Rost, worauf der Armstein geröstet wird; ingleichen
ein drey Mahl gerösteter Armstein.
Armsäule (W3) [Adelung]
Die Armsäule, plur. die -n, eine Säule mit Armen an den Kreuz- und
Scheidewegen, welche den Reisenden den rechten Weg und die Entfernung
der Örter zeigt; der Wegweiser, die Wegesäule.
Armschiene (W3) [Adelung]
Die Armschiene, plur. die -n, 1) Ehedem eiserne Bleche, womit die
Arme wider den Hieb und Schutz bedeckt wurden; Armharnische,
Armstücke. 2) In der Zergliederungskunst, das obere und kleinere Bein
des Elbogens, welches einer Radspeiche gleicht, und daher auch die
Spille, Spindel oder Speiche, Radius, ingleichen focile minus genannt
wird. 3) Bey den Drechslern, das Bret, worauf der Arm des Drechslers
ruhet.
Armschlag (W3) [Adelung]
Der Armschlag, des -es, plur. die -schläge, von Arm, brachium, in den
Marschländern, die Linie eines Deiches, welche von einem neuen Haupt-
oder Kajdeiche, nach einem andern zurück gezogen wird; ein
Flügeldeich, Schenkeldeich.
Armschlinge (W3) [Adelung]
Die Armschlinge, plur. die -n, S. Armbinde.
Armschnalle (W3) [Adelung]
Die Armschnalle, plur. die -n, Diminutivum das Armschnällchen, keine
zierlich gearbeitete Schnallen des Frauenzimmers, die Armbänder damit
an der Handwurzel zu befestigen.
Armsdick (W3) [Adelung]
+ Armsdick, adj. et ad. im gemeinen Leben, die Dicke eines Armes
habend. Ein armsdicker Baum.
Armselig (W3) [Adelung]
Armselig, -er, -ste, adj. et adv. durch einen hohen Grad anhaltender
Armuth elend. 1) In eigentlichen Bedeutung. Ein armseliger Mensch. 2)
In weiterer Bedeutung, für elend, unglücklich. So werden in den
Rechten Witwen, Waisen, alte, abgelebte, siehe Leute u. s. f.
armselige Personen, Personae miserabiles genannt. Im gemeinen Leben
hingegen hat dieses Wort etwas verächtliches bey sich. Ein armseliges,
elendes, Leben. Armseliger Genuß ohne Ruhe, elende Freuden, die der
Geizige genießt! 3) Figürlich, in hohen Grade schlecht, geringe,
nichtswürdig. Ein armseliger, d. i. schlechter Trost. Eine armselige
Rede. Ein armseliges Geschenk. Ein armseliges Dorf. Wie würdest du
deinen Gärtner schelten, wenn er auf eine armselige Pflanze seine
Kunst verwenden wollte, Weiße.
Armseligkeit (W3) [Adelung]
Die Armseligkeit, plur. inusit. ein armseliger Zustand, so wohl in
der eigentlichen, als weitern Bedeutung des vorigen Beywortes. In der
größten Armseligkeit leben.
Armsessel (W3) [Adelung]
Der Armsessel, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit Armlehnen
versehener Sessel; ein Armstuhl, Lehnstuhl.
Armspange (W3) [Adelung]
Die Armspange, plur. die -n, ein veralteter Zierath der Arme, welcher
vermuthlich aus goldenen oder silbernen Schnallen bestanden. S.
Spange. In dem Lateine der mittlern Zeiten, Armispatha.
Armspindel (W3) [Adelung]
Die Armspindel, plur. die -n, an dem menschlichen Arme, die Röhre
zwischen der Hand u dem Elbogen.
Armstein (W3) [Adelung]
Der Armstein, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die
-e, in den Schmelzhütten am Unterharze, derjenige Stein, welcher nach
sechsmahligen Rösten bey dem ersten Schmelzen des Kupferrostes
erfolget. Er hat den Nahmen von dem armen Silbergehalte des davon
fallenden Kupfers.
Armstuhl (W3) [Adelung]
Der Armstuhl, des -es, plur. die -stühle. S. Armsessel.
Armuth (W3) [Adelung]
Die Armuth, plur. car. 1) Der Mangel des Eigenthumes, der Zustand der
Beraubung des zeitlichen Vermögens, mit allen Einschränkungen und
Schattirungen, welche schon bey dem Worte arm angemerket worden. In
Armuth leben, gerathen, kommen. Jemanden in Armuth stürzen. In großer
Armuth stecken. Mit der Armuth kämpfen, aller gegenseitigen Bemühung
un-geachtet in Armuth leben. Es ist nichts denn die liebe, oder die
bitter Armuth da, im gemeinen Leben. Schmähliche Armuth, welche
jemands Stande, worin er lebet, schimpflich ist. 2) Figürlich. (1) Der
Mangel an andern Sachen. Armuth an Getreide, an Verdiensten, an Trost.
(2) Elend, und dessen lebhaftes Gefühl, doch nur in theologischen
Verstande. Die geistliche Armuth, die Armuth des Geistes, das lebhafte
Gefühl des Mangels geistlicher Vollkommenheiten. (3) Arme Personen,
als ein Collectivum. Dort reicht sie der Armuth Trost und jedes Tages
Nahrung, Geßn. S. das folgende. (4) Weniges Vermögen, im
verkleinernden Verstande. Alle seine Armuth an etwas wenden. In dieser
Bedeutung ist es im ungewissen Geschlechte am gebräuchlichsten. S. das
folgende.
Armuth (W3) [Adelung]
Das Armuth, des -es, plur. car. 1) + Ein Collectivum, für arme Leute.
Der Wald bringt schönes Wild, Das nicht fürs Armuth ist, Opitz. Wer
nimmt das Armuth nunIn seinen milden Schutz? ebend. Wollen wir etwa
dem Armuth etwas geben? Gell. 2) Weniges Vermögen, im verringerndem
Verstande. Ich habe alle mein Armuth daran gewandt. Die Liebe,Die ich
einig mir erkiest, Und mein reiches Armuth ist, Opitz. Nach meinem
Tode bleibt ihr mein Bißchen Armuth gewiß, Gell. Das bewog ihn sein
Bißchen Armuth mit mir zu theilen, Less. Wo aber auch das Fämin. Statt
findet.
Anm. Es lautet bey dem Kero Armida, bey dem Ottfried Armuat,
bey dem Notker Armuotigi, in den gemeinen Mundarten Armet, in den
niedrigsten Sprecharten Armuthey, Armedey, Angelsächs. Yrmth, Yrmthe,
Ermth, Isländ. Armaeda. Schwed. und Dän Armod. Frisch behauptet nicht
ohne Grund, daß die letzte Sylbe dieses Wortes aus der abstracten
Ableitungssylbe -de, Ärmde, entstanden. Indessen kann sie auch von
heit abstammen, weil Notker wirklich Armheit gebraucht. Wenn aber
Frisch daraus schließen will, daß da th am Ende unnöthig sey, so irret
er, weil aus de wohl the, aber nicht te werden kann. Eben so unrecht
ist er daran, wenn er das Armuth, als ein Collectivum, für einen
Idiotismum der Niedersachsen hält, indem bey diesen das Collectivum
vielmehr weiblichen Geschlechtes ist. Armuth war ehedem im
Oberdeutschen auch für paupertas sehr oft ungewissen Geschlechtes.
Opitz gebraucht es so, und Sprw. Sal. 10, 15. heißt es gleichfalls:
die Armen macht das Armuth blöde; anderer Stellen in Luthers
Übersetzung zu geschweigen. Indessen gebraucht doch Ottfried Armuth,
für die Armen, im weiblichen Geschlechte. Odo inan thie armuati uuiht
irbarmeti, oder ihn der Armuth in etwas jammert, B. 4, Kap. 2. In der
veralteten figürlichen Bedeutung, für Elend, Gefahr, kommt Armuati in
dem Fragmente de bello Caroli bey dem Schilter vor.
Arnold (W3) [Adelung]
Arnold, Genit. Arnolds, ein männlicher Vornahme Deutschen Ursprunges,
dessen erste Hälfte das alte Wort Arn, ein Adler, ist. Die zweyte
Sylbe soll das Wort hold seyn, so daß der Nahme so viel als Adlerhold
bedeuten würde. In dem verwandten Nahmen Arnolph oder Arnulph wird die
letzte Hälfte für das Wort Hülfe gehalten, so daß das f durch die
Lateinische Form Arnolphus in ein ph verwandelt worden.
Ärnte (W3) [Adelung]
Die Ärnte, S. Ernte.
Arolsbeere (W3) [Adelung]
Die Arolsbeere, S. Arlesbeere.
Aromatisch (W3) [Adelung]
Aromatisch, -er, -te, adj. et adv. von dem Latein. aromaticus, nach
Gewürz riechend oder schmeckend, gewürzhaft. Ein aromatischer Geruch.
Eine aromatische Pflanze. Warum athmet ihr nicht, die frischesten
Düfte der Rosen, Und die reinste Luft, voll aromatischer Gerüche?
Zach.
Aron (W3) [Adelung]
Das Aron, eine Pflanze, S. Arum.
Arrack (W3) [Adelung]
Der Arrack, des -s, plur. von mehrern Arten, die -e, der Indische
Nahme eines starken Getränkes, welches eigentlich aus dem Safte des
Cacao-Baumes abgezogen wird. In weiterer und gewöhnlicherer Bedeutung
wird auch der aus dem Reiß destillierte Branntwein Arrack und verkürzt
Rack genannt.
Arrende (W3) [Adelung]
* Die Arrende, plur. die -n, aus dem mittlern Lat. Arrenda, und dieß
aus dem Franz. a rente, ein für Pacht besonders in Niedersachsen
übliches Wort. Daher arrendiren, arrentiren, pachten, Franz. arrenter,
und Arrendator, ein Pachter.
Arrest (W3) [Adelung]
Der Arrest, des -es, plur. die -e, die gerichtliche Anhaltung der
Personen und Güter, besonders aber der erstern, da es denn so viel als
Haft und Verhaft ist, und also füglich könnte entbehret werden; so wie
von Sachen Beschlag, und in manchen Fällen Sperrung eben das sagen.
Jemanden in Arrest nehmen, bringen; ihm Arrest geben, ihm des Arrestes
entlassen. Arrest halten, im Arreste seyn. Im Arreste sitzen. Weiter
Arrest, Stadt-Arrest, da jemanden gerichtlich anbefohlen wird, nicht
aus der Stadt zu gehen. Enger Arrest, Haus-Arrest, Stuben-Arrest, da
man sein Zimmer nicht mehr verlassen darf. den Arrest brechen, ohne
Erlaubniß weiter gehen, als der Arrest es verstattet. Ingleichen von
Sachen. Arrest auf etwas legen, schlagen. Etwas mit Arrest belegen,
beschlagen. Den Arrest auf etwas aufheben. In weiterer Bedeutung, doch
nur im gemeinen Leben, eine jede auch nicht gerichtliche
Zurückbehaltung einer Person oder Sache. Eine Person oder Sache bey
sich im Arreste behalten. Daher das Verbum arrestiren, Personen oder
Güter auf gerichtlichen Befehl in Verwahrung bringen; von Personen,
verhaften, in Verhaft nehmen, einziehen, von Sachen, beschlagen,
anhalten. Der Arrestant, des -en, die -en, eigentlich, der einen
andern in Arrest nimmt oder bringt, aber im gemeinen Leben immer die
in Verhaft genommene Person selbst, welche doch richtiger der
Arrestat, des -en, plur. die -en, genannt wird.
Anm. Es ist von dem
neuern Lateinischen Worte Arestum oder Arrestum, wovon man den du
Cange und Carpentier nachsehen kann. Es ist, von Personen genommen,
besonders bey dem Kriegsstande im Gebrauche, ist aber auch im
bürgerlichen Leben als ein gelinderer Ausdruck für Gefängniß gänge und
gebe, so oft jemand wegen keiner großen Verbrechen in leidliche
Verwahrung gebracht wird. Den Arrest auf bewegliche Güter nannte man
ehedem Zuschlag, Beschlag, Versperr, Sperrung, und in Niedersachsen
Besate, welche an einigen Orten auch noch üblich sind.
Arsch (W3) [Adelung]
Der Arsch, des -es, plur. die Ärsche, derjenige Theil des thierischen
und besonders menschlichen Körpers, durch welchen die Natur den
unnützen Überrest von den verdauten Speisen aus dem Körper ausführet.
Figürlich, auch der unterste Theil einer Säule, mit welchem sie in die
Erde gesetzt wird.
Anm. Arsch, bey dem Raban Maurus Ars, Angels. Ears,
Niedersächs. Eers, Holländ. Ärs und Eers, Engl. Arse, Dän. Ars, Arts,
Schwed. Ars, ist ein altes Wort, welches Frisch von dem Franz.
Arriere. Ihre aber von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image -, Schwanz, herleitet, weil dieser Theil bey den Thieren
zugleich der Sitz des Schwanzes ist. Wahrscheinlicher leitet man es
von dem alten ar, hoch, erhaben, ab, weil dieser Theil des
menschlichen Leibes einevorzügliche Erhabenheit hat. Die Oberdeutschen
haben das s am Ende in den ihnen eigenen unangenehmen Zischlaut
verwandelt, dagegen die Niedersachsen und die mit ihnen verwandten
Mundarten die gelindere Aussprache beybehalten haben. Von der Dehnung
des a in diesem Worte S. die Orthogr. Th. 1, S. 232. So unentbehrlich
dieser Theil unsers Leibes auch in den Zänkereyen des Pöbels geworden
ist, und so viele Anspielungen auf denselben auch wohl im Scherze
gemacht werden: so sind sie doch alle so niedrig, daß man sie hier
nicht suchen darf. Eben dieses gilt auch von den meisten den damit
zusammen gesetzten Wörter. Anständigere Benennungen sind im
Hochdeutschen, der After, der Hintere, das Gesäß, und in der
vertraulichen Sprechart, der Steiß. Logau nennet diesen Theil ein Mahl
den Sitzer, aber nur im Scherze. In dem 1483 gedrucktem Buche der
Natur wird er die Mistpforten genannt.
Arschbacke (W3) [Adelung]
+ Die Arschbacke, plur. die -n, die beyden fleischigen Theile an dem
Hintern des menschlichen Körpers, die Hinterbacken. Bey dem Raban
Maurus Arsbelli, Nieders. Eersbellen, Bellen, Afterbellen,
Achterbacken, Achterbellen.
Arschleder (W3) [Adelung]
+ Das Arschleder, des -s, plur. ut nom. sing. ein halb rund
geschnittenes Leder, welches die Bergleute vor dem Hintern tragen. das
Bergleder. + Den Bergleuten auf dem Arschleder sitzen, fleißige
Aufsicht über selbige führen.
Arschpauker (W3) [Adelung]
+ Der Arschpauker, des -s, plur. ut nom. sing. im niedrigen Spotte,
ein Schullehrer, der zu unumschränkt über den Hintern seiner Kinder
herrschet, S. Pauker.
Arschpreller (W3) [Adelung]
+ Der Arschpreller, des -s, plur. ut nom. sing. eine Strafe geringer
Leute, da sie vor den Hintern geprellet, d. i. geschlagen werden. In
Preußen Postronke, von dem Polnischen Postronek, ein hänfener Strick,
womit solches daselbst verrichtet wird. S. Preller.
Arschprügel (W3) [Adelung]
+ Die Arschprügel, sing. inusit. Stockschläge auf den Hintern.
Arschseil (W3) [Adelung]
+ Das Arschseil, des -es, plur. die -e, in den Bergwesen, ein
lederner Riemen, welchen die Grubenjungen über den Hinterleib tragen,
den Karren daran zu ziehen.
Arschstück (W3) [Adelung]
+ Das Arschstück, des -es, plur. die -e, bey den Fleischern, die eine
Hälfte des Hinterviertels von einem Ochsen oder Rinde.
Arsenal (W3) [Adelung]
Das Arsenal, des -es, plur. die -e, ein öffentlicher Ort, wo Gewehr
und Kriegsbedürfnisse verfertiget und aufbewahret werden, ein
Zeughaus; von dem Italiän. Arsenale und Span. Arzenal. S. du Fresne
Gloss. v. Arena, und Grupens Anmerkungen aus den Deutschen Röm.
Rechten und Alterthümern S. 455, wo dieses Wort mit vieler
Wahrscheinlichkeit von Harnisch, abgeleitet wird.
Arsenik (W3) [Adelung]
Der Arsenik, des -es, plur. inusit. ein flüchtiges halb metallisches
Salz, welches durch das Rösten aus den Erzen getrieben wird, und das
unbändigste Gift alles dessen ist, was Athem hat, daher es allein für
das Mineralreich geschaffen zu seyn scheinet. Bey den Rösten pflegt
sich der Arsenik in den Giftfängen in Gestalt eines weißen Mehles
anzulegen, welches Hüttenrauch oder Giftmehl, und im gemeinen Leben
Mäusegift, Katzenpulver genannt wird. Wird dieses Giftmehl sublimirt,
so erhält man den weißen krystallinischen Arsenik. Wird das Giftmehl
bey dieser Sublimation mit Kies vermischet, so erfolgt daraus nach dem
Verhältnisse des zugesetzten Kieses der rothe oder gelbe Arsenik, der
auch Rauschgelb, oder Sandarach genannt wird.
Anm. Es ist zunächst aus
dem Latein. Arsenicum, welcher Nahme aus dem Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, männlich, und - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, Sieg, zusammen gesetzet seyn
soll, entweder wegen seiner tödtenden Kraft, oder auch weil schon die
altern Goldköche in dem Mittelpuncte seines Körpers eine starke
Vollkommenheit vermuthet haben. Im Persischen heißt dieses Mineral
Zernich.
Arsenikalisch (W3) [Adelung]
Arsenikalisch, adj. et adv. Arsenik enthaltend, von demselben
herkommend oder demselben ähnlich. Arsenikalische Dämpfe.
Arsenikalische Erde, welche auch Schwabengift heißt. Ein Erz, welches
viel Arsenikalisches bey sich hat.
Arsenik-Blumen (W3) [Adelung]
Die Arsenik-Blumen, sing. inus. der weiße Arsenik, welcher bey der
Sublimation in der Gestalt der Blumen aufsteigt. S. Blume.
Arsenik-Butter (W3) [Adelung]
Die Arsenik-Butter, plur. car. in der Chymie, eine Verbindung des
Arseniks mit der Salzsäure, welche auch Arsenik-Öhl genannt wird. S.
Butter.
Arsenik-Erz (W3) [Adelung]
Das Arsenik-Erz, des -es, plur. die -e, eine jede Erz- oder Steinart,
welche Arsenik enthält.
Arsenik-Kies (W3) [Adelung]
Der Arsenik-Kies, des -es, plur. die -e, ein weißer, glänzender,
schwerer Kies, welcher zuweilen ein blätteriges Gewebe hat, und
Arsenik enthält; Wasserkies, weißer Kies, Mißpickel.
Arsenik-König (W3) [Adelung]
Der Arsenik-König, des -es, plur. die -e, der König des Arseniks,
welchen man aus dem Giftmehle und einem brennbaren Wesen darstellen
kann. S. König.
Arsenik-Leber (W3) [Adelung]
Die Arsenik-Leber, plur. von mehrern Arten, die -n, eine Verbindung
des weißen Arseniks mit dem flüssigen, feuerbeständigen,
vegetabilischen Alkali. S. Leber.
Arsenik-Öhl (W3) [Adelung]
Das Arsenik-Öhl, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, S.
Arsenik-Butter.
Arsenik-Rubin (W3) [Adelung]
Der Arsenik-Rubin, des -es, plur. die -e, ein gelber durch die
Sublimation mit Schwefel bereiteter Arsenik, der durchsichtig und
pomeranzenfarbig ist, und auch Schwefelrubin genannt wird.
Art (W3) [Adelung]
1. Die Art, plur. die -en, von dem Verbo ären, pflügen. 1) Das Pflügen.
Die erste Art, die zweyte Art thun, zum ersten, zum zweyten Mahle
pflügen. Jeder Anspänner muß vier Arten verrichten, vier Mahl zur
Frohne pflügen. In dieser Bedeutung ist das Wort vornehmlich in
Thüringen, Franken und einigen Obersächsischen Gegenden üblich. Auch
in dem mittlern Lateine kommt arada für aratio vor. 2) Ein bestellter
oder tragbarer Acker, besonders in so fern die Äcker nach dem
Pflugrechte in drey Arten eingetheilet werden, da dann das Winterfeld
die erste Art, das Sommerfeld die zweyte Art, und das Brachfeld die
dritte Art genannt wird. S. Pflugrecht. Man könnte diese Bedeutung
auch figürlich zu dem folgenden Worte rechnen; allein es scheinet doch
wahrscheinlicher zu seyn, daß sie zunächst von ären, pflügen,
abstammet, daher dann auch das a gedehnet wird, wenn es gleich zwey
Consonanten nach sich hat. Am Oberrheine nennet man diese Arten
Zelgen, oder Eschen, Oschen, in Niedersachsen Schläge, im
Braunschweigischen Stellungen, in den meisten übrigen Gegenden aber
Felder. S. diese Wörter.
Art (W3) [Adelung]
2. Die Art, plur. die -en. 1. Die Ähnlichkeit einzelner Dinge in
wesentlichen Eigenschaften, und solche Dinge zusammen genommen. Dinge
von Einer Art. Es gibt vielerley Arten von Thieren, oder der Thiere,
oder Thiere. Die Tulpen sind eine Art von Blumen, oder Blumen. Eine
Art Leute, oder von Leuten. Die Bienen haben eine Art von Gemeinschaft
unter sich. Sein großes Geheimniß bestand in einer gewissen Art
Pillen, Raben. Aus der Art schlagen, von der Beschaffenheit derjenigen
Art, zu welche man gehöret, abweichen, im nachtheiligen Verstande. S.
Schlagen. Sprichw. Art läßt von Art nicht. Die Art begreift bloß
Individua in sich. Ähnliche Arten machen eine Gattung, mehrere
Gattungen ein Geschlecht, und mehrere Geschlechter ein Reich aus.
Indessen sind diese Begriffe bloß relativ, und es kann dasjenige in
einer Betrachtung eine Artseyn, was in einer andern eine Gattung oder
ein Geschlecht ist. Hierher gehöret auch der grammatische Gebrauch des
Wortes Art, da es das Lateinische Kunstwort Modus bey den Verbis
ausdrücken soll, weil diese Modi Arten der Bedeutungen sind.2.
Dasjenige, worin diese Dinge überein stimmen, und zwar,1) Eigentlich,
das Wesen, die natürliche Beschaffenheit eines Dinges, ohne Plural.
Die Art eines Landes, eines Erdreiches, dessen natürliche
Beschaffenheit. Ein Kind von guter Art. Es ist seine Art so. Diese
Tugend, diese Liebe ist nicht rechter Art, hat nicht die gehörige
Beschaffenheit. Nach Art der Thiere, der Räuber.2) In weiterer
Bedeutung, zufällige, angenommene Beschaffenheit, Weise, Gewohnheit.
Eine Art zu leben, zu schreiben, zu reden, sich zu kleiden. Nach
alter, nach neuer Art. Sich auf eine sonderbare Art freuen. Eine
ruhige Art zu leben. Mit einer feinen, mit einer guten Art, behutsam,
mit Vorsicht. Ich will sie ihnen mit einer guten Art herschicken,
Gell. Es ist nun seine Art so, er pflegt so zu handeln. Es ist ja
sonst deine Art nicht, daß du mit der Einsamkeit sprichst, Gell. Im
gemeinen Leben hört man in diesem Verstande oft, er hat es an der Art,
d. i. hat diese Art, Gewohnheit an sich. Ich weiß nicht, was sie sich
für eine unverschämte Art zu widersprechen angewöhnen, Gell. Auf
keinerley Art. Auf vielerley Art. Auf alle Art und Weise. Auf diese
Art weiß man doch, worauf man sich zu verlassen hat.3) + In engerer
Bedeutung, gute Art, Geschick, Artigkeit, im Gegensatze der Unart.
Soll anders seine Rede eine Art kriegen, Opitz. Daß unser Herz und
Sinn voll Art, voll Geistes werden, ebend. Und an einem andern Orte
übersetzt er das, Artibus ingenuis cura praedocta suorum, des Pithöus,
durch, Die durch der Ältern Fleiß viel Art und Kunst gehabt. Jetzt
wird Art in dieser Bedeutung nur noch im gemeinen Leben gebraucht. Es
hat keine Art, kein Geschick, es ziemet sich nicht. Er schreibt, daß
es eine Art hat, vortrefflich. Ich will dich prügeln, daß es eine Art
hat, sehr. Es wollte mit meiner Ernsthaftigkeit gar keine Art haben,
ich mochte mich zwingen, wie ich wollte. Nun ist es doch keine Art,
daß man mich so lange warten lässet, es schickt sich doch nicht.
Anm.
1. In der ersten Bedeutung, wo es ein Concretum ist, nimmt das
folgende Substantiv oft das Vorwort von an; zuweilen, aber selten,
stehet es auch in der zweyten Endung. Noch häufiger aber folgt es
schlechthin in der ersten Endung. Eine Art Stein oder Steine. Was ist
das für eine Art Menschen? Eine besondere Art Holz. Eine Steinart,
Erdart, Bergart u. s. f. Von der Dehnung des a in diesem Worte S. die
Orthographie Th. 1., S. 232.
Anm. 2. Art, Niedersächs. Aart, Dän. Art,
Schwed. Art, kommt bey den ältesten Deutschen Schriftstellern nicht
vor. Indessen scheinet es doch eben kein neues Wort zu seyn. Die
meisten Sprachforscher fallen in der Ableitung desselben auf das
Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Tugend,
gleichsam gute Art. Allein obgleich dieses mit dem Deutschen aus Einer
Quelle herstammen kann, so reicht doch dieses noch nicht hin, das
Deutsche Wort von dem Griechischen abzuleiten. Es scheinet
ursprünglich Herkunft, Abstammung, Geschlecht bedeutet zu haben. Diese
biblische Redensart, wir sind alle göttlicher Art, ingleichen der
Ausdruck, aus der Art schlagen, und Art läßt von Art nicht, scheinen
noch Überbleibsel davon zu seyn. So fern Art in der engern Bedeutung
für Geschick, gute Art gebraucht wird, kommt es dem Latein. ars,
artis, sehr nahe.
Artacker (W3) [Adelung]
Der Artacker, des -s, plur. die -äcker. 1) Überhaupt, ein tragbarer
Acker, der geäret, d. i. gepflüget wird. 2) Ein Stück Acker, welches
nach dem Pflugrechte in gewisse Arten eingetheilet ist; Artfeld,
Artland.
Artbar (W3) [Adelung]
Artbar, adj. et adv. tragbar, urbar. Einen Acker artbar machen. Im
Hollsteinischen taugbar.
Arten (W3) [Adelung]
Arten, verb. reg. ist. 1. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1)
Eine Art, d. i. natürliche Beschaffenheit haben, oder bekommen. Er
artet nicht nach seinem Vater. Seltener als ein Reciprocum. Des
Fürsten Diener sind also, wie sie der Herr will haben, Sie arten sich
nach seiner Art, sind Affen seiner Gaben, Logau. 2) Eine gute Art
bekommen, gedeihen, gerathen. Befeuchte meinen Garten,So wird er
besser arten, Gryph.O lieblicher Garten,Wie wird doch alles so
wundervoll arten! ebend. Diese Bedeutung ist auch im Hochdeutschen im
gemeinen Leben gebräuchlich; z. B. Weizen und Gerste will in einem
thonigen Boden gar nicht arten. Nach Kleyentranke pflegen die jungen
Schweine sehr gut zu arten. Das Dän. arte, und das Schwed. arta sig,
sind in derselben gleichfalls gänge und gebe. In einem alten Vocab.
von 1462 bey dem Frisch wird arten, durch deyhen, maturari,
erkläret.2. Ein Activum, eine Art ertheilen. In dieser im
Hochdeutschen ungewöhnlichen Bedeutung kommt dieses Wort nur Ein Mahl
bey dem Opitz vor. Das von der durchdringenden Luft also geartet wird.
Üblicher ist im Hochdeutschen das Participium geartet mit seyn. Wir
Menschen sind so geartet, daß wir uns noch allezeit mit Hoffnung
schmeicheln, so lange als wir können, wir haben die Art. Gut geartet,
schlecht geartet. Ein wohl gearteter junger Mensch.
Artfeld (W3) [Adelung]
Das Artfeld, des -es, plur. die -er. 1) Ein tragbares Feld, welches
geäret, d. i. gebauet wird. 2) Ein Stück Feld, welches in gewisse
Arten eingetheilet wird, oder zu gewissen Zeiten der Ruhe bedarf, im
Gegensatze des Jahrfeldes, welches alle Jahre bestellet wird;
Artacker, Artland.
Arthaft (W3) [Adelung]
Arthaft, adj. et adv. wie artbar. Ein Stück Feldes arthaft machen.
Ingleichen in weiterer Bedeutung, auch von Wiesen, fruchtbar. Eine
Wiese arthaft machen. Arthaftiges Land kommt in dieser Bedeutung schon
in einer Österreichischen Urkunde von 1350 vor.
Artig (W3) [Adelung]
Artig, -er, -ste, adj. et adv. überhaupt, eine Art habend, so fern
dieses Wort die natürliche oder zufällige Beschaffenheit einer Sache
anzeigt.1. Die natürliche Beschaffenheit einer Sache an sich habend,
oder derselben ähnlich. In dieser Bedeutung ist artig nur in
Zusammensetzungen üblich. Gypsartig, thonartig, glasartig, steinartig,
heldenartig, gutartig u. s. f. Ehedem war in dieser Bedeutung das Wort
achtig, von achten, halten, meinen, üblich, steinachtig, glasachtig u.
s. f. was für Stein, für Glas zu halten ist. Einige Oberdeutsche
Schriftsteller gebrauchen dieses Wort in Zusammensetzungen auch noch;
allein im Hochdeutschen ist es veraltet, indem in den meisten Fällen
icht daraus geworden ist; S. -Icht.2. Eine gute Art habend. 1) Für
geschickt. Artig tanzen. Er weiß es einem gar artig beyzubringen. Eine
artige, feine, geschickte Antwort. Er führte ihn artig bey der Nase
herum. 2) Angenehm, in Ansehung der Mienen und Geberden. Ein artiger
Mensch. Ein überaus artiges Frauenzimmer. Artiggehet zunächst auf die
willkührliche geschickte Einrichtung des äußern Anstandes, wodurch man
ein günstiges Vorurtheil für sich erweckt. Aber man gebraucht es auch
sehr oft von der natürlichen Gestalt, von dem Angenehmen in der
Bildung, welches man eben noch nicht schön nennen kann oder will. Sie
siehet ganz artig aus. Ein artiges Gesicht. Eine artige Person.
Besonders nennet man dasjenige artig, was klein ist. Aristoteles
behauptete schon, daß die Schönheit in der Größe des Leibes bestehe,
und das man junge Leute von kleiner Größe wohl artig und wohl gemacht,
aber nicht schön nennen könne. Du willst gleich groß und artig seyn,
Marull, was artig ist, ist klein, Less. In weiterer Bedeutung, auch
von leblosen Gegenständen, was man gern empfindet. Ein artiges Haus,
ein artiger Garten. Eine Fabel, die mir ganz artig geschienen hat,
Gell. 3) Den guten Sitten gemäß. In dieser Bedeutung gebraucht man
artig besonders von dem Wohlverhalten der Kinder, im Gegensatze des
unartig. Sey fein artig. Sich artig aufführen, betragen. Ein frommes
artiges Kind.3. Eine seltsame, wunderliche Art habend, in gemilderter
Bedeutung. Du bist wohl artig. Du redest artig. Eine artige,
sonderbare Frage. Das ist doch ganz artig, sie verdammen mich, ohne
mich gehört zu haben, Gell.
Anm. Artig, Dän. und Schwed. artig,
verändert in der Comparation sein a nicht, artiger, am artigsten.
Hätte Frisch die Bedeutung des Wortes Art in ihrem ganzen Umfange
gekannt, so würde er artig, so fern es geschickt bedeutet, nicht von
dem Lat. Arte hergeleitet haben. Für artig in der zweyten Bedeutung
saget man im gemeinen Legen auch hübsch.
Artigkeit (W3) [Adelung]
Die Artigkeit, plur. die -en. 1) Die artige Beschaffenheit einer
Person oder Sache, in der zweyten Bedeutung, mit allen ihren
Nebenbegriffen, doch ohne Plural. 2) Artige, d. i. angenehme Geberden,
Mienen, Worte Sachen. Er sagte ihr viele Artigkeiten vor, ohne zu
bedenken, was er sagte, v. Brawe.
Artikel (W3) [Adelung]
Der Artikel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum Artikelchen, von
dem Latein. Articulus, ein Glied.1. Ein Theil einer Rede oder Schrift,
und eine in besondere Abschnitte getheilte Schrift und Urkunde selbst.
In dieser Bedeutung hat man so wohl die Glaubensartikel, d. i. die
wesentlichen Lehren der Religion, als auch verschiedene andere in
gewisse Artikel abgefaßte Verhandlungen und Urkunden. Dahin gehören
die Schmalkaldischen Artikel, die Innungs-Artikel, oder Artikelsbriefe
der Handwerker u. a. m.2. Eine einzelne besondere Sache, besonders bey
den Kaufleuten, eine einzelne Art Waaren. Ein Artikel von Waaren. Ich
habe diesen Artikel noch nicht verkauft.3. In der Sprachkunst, ein
Redetheil, welcher die Art und Weise der Selbstständigkeit der
Substantive bezeichnet, und sich im Deutschen in den bestimmten,
(der,) und unbestimmter Artikel, (ein) theilet. Die ältern
Sprachlehrer nannten ihn das Geschlechtswort; allein da er das
Geschlecht der Substantive nicht mehr als die Adjective und manche
Pronomina bezeichnet, so ist die alte fremde Benennung dieser
einheimischen billig vorzuziehen, indem diese bloß dazu dienet, einen
ganz falschen Begriff von diesem Redetheile zu geben und zu
unterhalten.
Artikels-Brief (W3) [Adelung]
Der Artikels-Brief, des -es, plur. die -e, eine in Artikel
abgetheilte Urkunde. Ehedem war die kaiserliche Wahl-Capitulation
unter diesem Nahmen bekannt. Ingleichen pflegen die Handwerker ihre
geschriebenen Gesetze mit diesem Nahmen zu belegen, die sie sonst auch
Gildebriefe, Innungs-Artikel, Innungsbriefe, Handwerks-Artikel,
Zunft-Artikel, Amts-Artikel, ingleichen Briefe schlechthin nennen.
Artillerie (W3) [Adelung]
Die Artillerie, (viersylbig,) plur. inusit. 1) Als ein Collectivum,
das grobe Geschütz und alles was dazu gehöret. Daher der
Artillerie-Oberster, der über das grobe Geschütz gesetzet ist, der
Artillerie-Bediente, die Artillerie-Pferde, welche zu Fortbringung des
Geschützes gebraucht werden, der Artillerie-Wagen u. s. f. 2) Die
Wissenschaft von der Zurichtung und dem Gebrauche des groben
Geschützes, welche man sonst auch die Geschützkunst, die
Büchsenmeisterey, die Feuerwerkerkunst, und die Zugmeistereykunst
nennet. Daher der Artillerist, des -en, plur. die -en, der diese
Wissenschaft verstehet, und bey dem groben Geschütze gebraucht
wird.
Anm. Dieses Wort ist aus dem Ital. Artigleria und Franz.
Artillerie im Deutschen aufgenommen. Das davon gemachte Lateinische
Artilleria kommt schon 1304, also noch vor Erfindung der
Pulvergeschütze, vor. Das bey manchen übliche Artollerie gehöret
rauhen Mundarten zu. Grupen beweiset in seinen Anmerkungen S. 449, daß
es von dem Latein. Ars herkomme. Ehedem war bey den Deutschen auch das
Wort Arkeley und Arkaley dafür gebräuchlich, wovon Frisch nachgesehen
werden kann.
Artischocke (W3) [Adelung]
Die Artischocke, plur. die -n, die Frucht, oder vielmehr der
fleischige, eßbare Kelch einer gewissen Pflanze, und diese Pflanze
selbst; Cynara, L. Dasjenige, was in der Artischocke bleibt, wenn die
Blätter des Kelches abgebrochen werden, heißet von der äußern
Ähnlichkeit der Käse.
Anm. Die Pflanze ist ausländisch, daher auch ihr
Nahme fremd ist. Ital. heißt sie Articiocco und Carciocco, Span.
Artichofa und Alcarchofa, Franz. Artichaud. Engl. Artichoke, Holl.
Artischok, Schwed. Ertskocka, Dän. Ärteskok und Poln. Karciof. Frisch
behauptet sehr unwahrscheinlich, daß der Ital. Nahme, von welchem wohl
die andern abstammen, von Carduus und Scolymus zusammen gesetzet
worden, obgleich der Nahme Carduus mit in diesem Worte befindlich seyn
mag, indem die Frucht einem Distelkopfe nicht unähnlich siehet. Ihre
hält die erste Hälfte dieses Nahmens für das Deutsche Wort Erde, weil
einige die Pflanze auch Erdschocke nennen; allein die letzte Hälfte
läßt er unerklärt. Da es noch nicht bewiesen ist, daß diese Pflanze in
Italien einheimisch ist, so müßte man erst wissen, aus was für einem
Lande sie dahin gebracht worden, ehe man sich in die Untersuchung
ihres Nahmens einlassen kann. Übrigens wird sie in Oberdeutschland
auch Strobeldorn und Gartendistel genannt. Frisch merket an, daß in
der Mark Brandenburg die Erdäpfel Unterartischocken genannt werden.
Artland (W3) [Adelung]
Das Artland, des -es, plur. die -länder. 1) Artbares Land, Land
welches geäret, oder gebauet wird. 2) Ein Feld, welches in drey Arten
eingetheilet ist, wie Artacker 2 und Artfeld 2.
Artlich (W3) [Adelung]
+ Artlich, -er, -ste, adj. et adv. für artig, in der zweyten und
dritten Bedeutung. Ein artliches Haus, Opitz. Ein artliches Lied,
ebend. Konnt selber artlich reißen, ebend. Im Hochdeutschen ist dieses
Wort völlig veraltet; man höret es nur noch zuweilen in Niedersachsen
und in den gemeinen Sprecharten.
Artlohn (W3) [Adelung]
Der Artlohn, des -es, plur. + die -löhne, in Thüringen und Franken,
was für die Bestellung eines Ackers bezahlet wird; Ackerlohn, S. Lohn.
Artoffel (W3) [Adelung]
Die Artoffel, S. Erdapfel und Kartoffel.
Arum (W3) [Adelung]
Das Arum, des -s, plur. car. der Lateinische Nahme einer gewissen
Pflanze, welcher im gemeinen Leben häufig in Aaron und Aron verderbt
wird. Im Deutschen wird sie auch Fieberwurzel, Magenwurzel,
Zehrwurzel, und Deutscher Ingwer genannt.
Arvelen (W3) [Adelung]
Arvelen, Arven, S. Zirbelnuß.
Arzeney (W3) [Adelung]
Die Arzeney, plur. die -en, ein körperliches Mittel, die Gesundheit
des thierischen, und besonders des menschlichen Körpers zu erhalten
oder wieder herzustellen. Eine Arzeney bereiten, eingeben, einnehmen.
Eine Arzeney wider das Fieber, wider die Gicht, wider die
Schwindsucht. Die Arzeney wirket. Arzeney, für Arzeneywissenschaft,
ist nicht mehr gebräuchlich.
Anm. In Winsbecks Gedichte Arzenie, bey
dem Hornegk Erezeney, ist wohl von dem alten Verbo arzen, welches
nicht allein heilen, sondern auch mit allerley Ingredienzien künsteln,
bedeutete, wie Frisch aus einigen Beyspielen beweiset. Eben derselbe
behauptet nicht unwahrscheinlich, daß dieses Verbum von dem Latein.
Ars herkomme, wovon Artista in den ältern Zeiten einen Arzt bedeutet
habe. S. das folgende. Von Arzt hatte man ehedem auch noch Arztey, und
in Niedersachsen Erstedije, in eben dieser Bedeutung. Bey den ältesten
Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern heißt Arzeney
Laececraft, der Arzt Lacha, und heilen lokon und lochon, von welchen
alten Wörtern, die in allen mit den Deutschen verwandten Mundarten
angetroffen werden. Ihre in Glossar. v. Läka nachgesehen werden kann.
Arzeneyen (W3) [Adelung]
* Arzeneyen, verb. reg. act. et neutr. so wohl Arzeney geben, heilen,
als auch Arzeney einnehmen. Ich habe heute arzeneyet, Arzeney
eingenommen. Hilf dir selber, ehe du andere arzeneyest, Sir. 18, 20.
In beyden Gattungen ist dieses Zeitwort in der guten Hochdeutschen
Schreib- und Sprechart längst veraltet.
Anm. Es ist zunächst von
Arzeney. Die Alten hatten dafür das oben gedachte atzen, welches noch
in Oberschwaben so wohl als ein Neutrum, als auch als ein Activum
üblich ist. Hiervon ist das Frequentativum arzenen, welches für heilen
schon bey dem Willeram vorkommt, und noch in der Schweiz gebraucht
wird. Das Vieh, welches man nicht mit Fleiß gearznet, sagt Bluntschli,
ein Schweizerischer Schriftsteller.
Arzeneygelehrsamkeit (W3) [Adelung]
Die Arzeneygelehrsamkeit, plur. inusit. die Wissenschaft der
Wahrheiten, welche die Gesundheit des thierischen und besonders des
menschlichen Körpers betreffend; die Arzeneywissenschaft, Medicina.
Arzeneykunde (W3) [Adelung]
Die Arzeneykunde, plur. inusit. die Kenntniß der Arzeneymittel und
ihres Gebrauches; ein Wort, welches einige Neuere für
Arzeneywissenschaft einführen wollen, welches aber dessen Begriff eben
so wenig als Arzeneykunst erschöpfet, indem die wissenschaftliche
Kenntniß dadurch nicht ausgedruckt wird. Andere Zusammensetzungen,
Arzeneykräuter, welche zur Arzeney gebraucht werden, officinelle,
Arzeneymittel, Heilmittel, Arzeneyen, u. s. f. verstehen sich von
selbst.
Arzt (W3) [Adelung]
Der Arzt, (in vielen Gegenden Arzt,), des -es, plur. die Ärzte, der
die Wissenschaft, die thierischen, und besonders menschlichen Körper,
oder auch einige Theile derselben, zu heilen, verstehet und ausübet.
Daher ein Leibarzt, Wundarzt, Augenarzt, Zahnarzt, Baucharzt,
ingleichen ein Vieharzt, Reßarzt u. s. f. In Österreich bedeutet Arzt
nur einen Marktschreyer, und es scheinet, daß dieses Wort auch im
Hochdeutschen durch den Mißbrauch der Quacksalber und Pfuscher, einen
Nachtheiligen Begriff bekommen haben müsse, weil man sich im gemeinen
Leben statt dessen der Lateinischen Wörter Doctor und Medicus
bedienet. Indessen hat man doch Arzt in der edlern und höhern
Schreibart billig wieder eingeführet, nachdem es durch den lange
unterlassenen Gebrauch, den anklebenden nachtheiligen Nebenbegriff
wider verloren hat. In dem Worte Mühlarzt, worunter man denjenigen
verstehet, der die Mühlen zu verbessern und zuzurichten weiß, hat
dieses Wort eine seltsame figürliche Bedeutung, man
müßte denn annehmen, daß Arzt ursprünglich einen jeden Künstler
bedeutet habe, welches aber noch nicht erwiesen ist. Das Fämin. die
Ärztinn, z. B. Aspasta, eine Griechische Ärztinn, ist sehr
ungewöhnlich, so sehr es uns auch an einem andern schicklichen Worte
fehlet, diesen Begriff mit einer weiblichen Person zu verbinden. Die
Arztgebühr, das Arztgeld, der Arztlohn, dasjenige, was der Arzt zur
Belohnung seiner Bemühung bekommt, bedürfen keiner weitern
Erklärung.
Anm. Bey dem Ottfried und im Schwabenspiegel Arzat, und in
Oberschwaben noch jetzt Arzat, ist dem Frisch zu Folge, entweder aus
dem Participio arzend des Verbi arzen zusammen gezogen, oder aus
Artista entstanden. Die Niedersächsische Mundart. welche das zt gern
vermeidet, wo sie kann, spricht dieses Wort Arst aus, und in Bremen
lautet es gar nur Asse. Die geschärfte Aussprache Arzt ist der
gedehnten Oberdeutschen Arzt vorzuziehen, theils wegen der auf das a
folgenden drey Consonanten, theils auch wegen der Analogie mit
Arzeney, wo das jederzeit geschärft ist.
Äs (W3) [Adelung]
Das Äs, und As, S. Äß und Aß.
Asant (W3) [Adelung]
Der Asant, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein
ausländischer Nahme zweyer eingetrockneter harziger Säfte; stinkender
Asant, welcher unter dem Nahmen des Teufelsdreckes bekannter ist, Asa
foetida, und wohl riechender Asant, welcher auch Benzoe genannt wird,
Asa dulcis. Der Nahme ist morgenländisch, so wie das Lat. Asa oder
Assa.
Asbest (W3) [Adelung]
Der Asbest, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein thonartiger
Stein, welcher dem Amianthe sehr nahe kommt, nur daß er schwerer ist,
und härtere, unbiegsamere Faden hat, welche meisten Theils parallel
laufen; Asbestum, vom Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, unauslöschlich, weil die Alten die irrige Vorstellung von
demselben hatten, daß er, wenn er einmahl angezündet worden, nicht
wieder erlösche. Reifer Asbest, dessen Faden biegsam sind, sich leicht
trennen lassen, und daher gesponnen und gewebet werden können.
Unreifer Asbest, dessen Faden noch hart sind, und sich nicht trennen
lassen. Asbestartiger Bleyglanz, wo der Bleyglanz mit Asbest
vermischet ist, dergleichen es in Schweden gibt. Asbestholz, ein
bräunlicher, fasiger Asbest, welcher dem Holze nicht unähnlich siehet,
und aus Rußland zu uns gebracht wird.
Ascetik (W3) [Adelung]
Die Ascetik, plur. inusit. aus dem Griech. und Lat. Ascetica, in der
Theologie, die Lehre von den Übungen der Andacht und des geistlichen
Lebens. Daher ascetisch, in derselben gegründet. Die ascetische
Theologie, die Ascetik.
Asch (W3) [Adelung]
Der Asch, des -es, plur. die Äsche, und in einige Gegenden, z. B. der
Lausitz, die Ascher. 1) Ein in den Oberdeutschen und Obersächsischen
Küchen bekanntes Gefäß, welches oben weit ist, unten aber spitzig,
wenigstens enge zuläuft. Ein Reibasch, Milchasch, Stärkasch, u. s. f.
An einigen Orten werden auch die Blumentöpfe Äsche und Blumenäsche
genannt, ob sie gleich oben weit weniger weit sind, als die vorigen.
2) Eine Art Schiffe in Baiern, in welchen das Salz auf den Flüssen
zugeführet wird.
Anm. Frisch glaubt, daß der letztere Nahme von der
Äsche herrühre, weil man ehedem das Holz dieses Baumes vorzüglich zu
Kähnen und Fahrzeugen gebraucht, und daß man hernach um der
Ähnlichkeit willen diesen Ausdruck auch auf das Küchengefäß
ausgedehnet habe. Allein Asch scheinet schon in den ältesten Zeiten
ein hohles Behältniß zu haben, weil bereits im Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - der Nahme eines Schlauches war.
Bey dem Petron kommt das Diminutivum Asellus von einem Gefäße mit zwey
Handhaben vor, und bey dem Joh. de Janua Ascopa, vas aquaticum utri
persimile, S. du Fresne v. Ascopa. Ascus kommt für einen Kahn schon in
den Salischen Gesetzen vor, und im Schwed. bedeutet Ask, und im Franz.
Ascon und Nascon noch jetzt eineArt kleinerer Fahrzeuge. Eben dieses
Schwed. Ask aber, das Dän. Aske, das Nieders. Äsch, Äsk, Ask, das
Diethmarsische Aschen, und das Hamburgische Nasch, mit dem abgekürzten
Artikel ein, sind noch jetzt alles Nahmen, welche eine Hölzerne
Schachtel bezeichnen. In dem Altdorfischen Salzwerke in Hessen ist
Esche ein Gefäß, womit das Wasser aus dem Salzbrunnen geschöpfet wird.
Aschänte (W3) [Adelung]
Die Aschänte, plur. die -n, eine Art wilder Änten auf dem Bodensee,
welche sich von Äschen nähret.
Aschballen (W3) [Adelung]
Der Aschballen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Schmelzhütten eine
große Kugel ausgeschlämmter Asche, woraus die Teste verfertigt werden.
Äschbaum (W3) [Adelung]
Der Äschbaum, S. Äsche.
Aschbley (W3) [Adelung]
Das Aschbley, des -es, plur. inusit. ein Nahme, welcher auch dem
Wißmuthe gegeben wird, und den er vermuthlich von seiner aschgrauen,
dem Bleye ähnlichen Farbe bekommen hat; S. Wißmuth.
Äsche (W3) [Adelung]
1. Die Äsche, plur. die -n, ein den Forellen ähnlicher Flußfisch, mit
kleinen Schuppen, welcher diesen aber am Geschmack noch vorgezogen
wird, und auf den Seiten aschenfarben ist, wovon er auch den Nahmen
hat; Thymallus, L.
Anm. In Oberdeutschland, und selbst in Meißen, ist
der Nahme dieses Fisches männlichen Geschlechtes, und wird daselbst
bald Asch, bald Asche, bald auch Äsche gesprochen. Eigentlich führet
dieser Fisch erst im dritten oder vierten Jahre, wenn er zu seiner
völligen Größe gekommen ist, diesen Nahmen. Im ersten Jahre, da er
noch sehr klein ist, heißt er in Österreich Sprätzling, und in Zürch
Körnling, Churling, Kreßling, oder Greßling; im Zweyten Jahre, da er
die Länge einer Spange hat, in Österreich ein Mayling, und in Zürch
ein Knabe, Iser oder Iserle; im dritten Jahre in Österreich ein
Äschling, in Zürch ein Äsch, und in Schafhausen ein Mittler; im
vierten endlich wird er in Österreich und der Schweiz erst ein Äsch
oder Ascher genannt. Vielleicht war der Fisch, welchen Walafried
Strabo unter dem Nahmen Asco so schmackhaft fand, eine Äsche. Interea
dulcis fertur mihi normula piscis, Asconis calidi, sequitur vas
denique musti.
Äsche (W3) [Adelung]
2. Die Äsche, plur. die -n, oder der Äschenbaum, des -es, plur. die
-bäume, ein hoher ästiger Baum, welcher ein weißes hartes Holz und
eine glatte Rinde hat; Fraxinus, L. Bey Ramlern ist die bestählte
Äsche eine hohe Figur eines Spießes. Weil sein Holz das Blut stillen
und eine heilende Kraft haben soll, so wird er an einigen Orten auch
Wundholz genannt.
Anm. Äsche, in Oberdeutschland Asche, Fränkisch und
Alemannisch Asch, Angels. Aesc, Engl. Ash, Dän. und Schwed. Ask,
Holländ. Esch, kommt mit den alten Latein. Nahmen Aesculus oder
Esculus genau überein, welchen Servius von Esca herleitet, weil der
Same dieses Baumes der ersten Menschen zur Speise gedienet. Wachter
läßt ihn von dem Griech. Worte - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, Stärke, abstammen, weil das Holz dieses Baumes überaus zähe
und stark ist; Frisch hingegen findet eine starke Ähnlichkeit zwischen
diesem Nahmen und dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image
- . S. auch Eberäsche.
Asche (W3) [Adelung]
Die Asche, plur. car. 1) Eigentlich und in der weitesten Bedeutung,
so viel als Staub. Diese Bedeutung ist zwar größten Theils veraltet,
indessen nennet man doch noch an einigen Orten in der Landwirthschaft
einen staubigen Boden, Asche und Äschicht. Im Bergbaue ist die Asche
eine Erdart, welche in der Grube zwar hart und körnig ist, aber am
Tage in Staub verfällt.2) In engerer Bedeutung, der übrig gebliebene
erdige Theil eines verbrannten Körpers, und besonders des Holzes,
daher man unter Asche schlechthin gemeiniglich Holzasche verstehet.
Asche brennen, durch Verbrennung des Holzes Asche hervor bringen,
äschern. Etwas zu Asch brennen, verbrennen. In die Asche
legen, von Gebäuden, Dörfern und Städten, für verbrennen. In der Asche
legen, verbrannt seyn. Es glimmet ein Feuer unter der Asche figürlich,
von einer gefährlichen Sache, welche noch nicht zum Ausbruche gekommen
ist. O wenn sie großmüthig wäre, so hätte sie niemahls wieder die
Flamme aufwecken sollen, die in meinem Herzen stets unter der Asche
gebrannt hat, Weiße. Die biblische R. A. im Sache und in der Asche
Buße thun, beziehet sich auf die Gebräuche der Juden, welche sich in
einer großen Betrübniß mit Asche bestreueten. Ungebrannte Asche, im
Scherze, ein Stock, in so fern er zur Züchtigung dienet.3) In der
Chymie, diejenigen metallischen Kalke, welche durch das Feuer
zubereitet worden; Bleyasche, Zinnasche u. s. f.4) Der Überrest eines
verweseten menschlichen Körpers. Zu Asche werden. Seine Asche ruhet in
dieser Gruft. Ihr Winde wehet sanft, die heilige Asche ruht! Und in
der höhern und dichterischen Schreibart auch figürlich, das Andenken
eines Verstorbenen. Laß mich deiner Asche dankbare Thränen weihen.
Mein Wandel soll seine Asche ehren. Trostlose Thränen würden nur die
Asche deines Freundes entweihen. Diese vierte Bedeutung ist zunächst
eine Nachahmung derjenigen Völker, welche ihre Todten zu verbrennen
pflegten.
Anm. Asche, bey dem Notker und Ottfried Ascu und Asgu, Goth.
Azgo, Angels. Acse, Ahse, Engl. Ashes, Schwed. Aska, in Westphalen
Aske, kommen mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, Staub, genau überein. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist
dieses Wort männlicher Geschlechtes, der Asch, des Aschen. Überhaupt
bekommt es daselbst im Genitiv den folgenden Endungen -en am Ende,
welches Luther nachgeahmet hat, wenn es bey ihm heißt, in der Aschen,
für in der Asche. In der Schweiz kautet dieses Wort die Äschen. Wenn
von mehrern Arten der Asche die Rede ist, so gebraucht man, wie in
alle andern Fällen, im gemeinen Leben auch den Plural, die Aschen. In
den mit diesem Worte gemachten Zusammensetzungen lautet es bald Asch,
bald Aschen, bald aber auch Ascher, wie in Aschersatz, und Ascherloch.
Äschel (W3) [Adelung]
Der Äschel, des -s, plur. inusit. in den Blaufarbenwerken, die
feinere Art Smalte, im Gegensatze der geringern, welche im engern
Verstande blaue Farbe oder Kobalt genannt wird. Dieser Äschel, oder
Eschel, wie er gemeiniglich geschrieben wird, ist blasser von Farbe,
als die letztere Art, und hat daher vermuthlich auch den Nahmen, weil
er mehr in das Aschfarbene fällt, oder auch weil er aus einem zarten
Pulver bestehet.
Äschen (W3) [Adelung]
Äschen, adj. et adv. von Äsche, fraxinus, aus dem Holze des
Äschenbaumes bereitet, zu diesem Baume gehörig. Äschenes Holz, oder
äschen Holz. In dem Fragmente eines alten Gedichtes auf Carls des
Großen Feldzug, bey dem Schilter, findet sich schon ein eschiner
schaft.
Aschenbad (W3) [Adelung]
Das Aschenbad, des -es, plur. die -bäder, in der Chymie, ein eisernes
Gefäß mit ausgelaugter und gesiebter Asche, unter welches Feuer
angemacht wird, daraus zu destilliren; die Aschenkapelle, S. Bad.
Aschenbaum (W3) [Adelung]
Der Aschenbaum, S. Äspe.
Äschenbaum (W3) [Adelung]
Der Äschenbaum, S. die Äsche, fraxinus.
Aschenblaser (W3) [Adelung]
Der Aschenblaser, des -s, plur. die -bläser, S. Aschenzieher.
Aschenbrenner (W3) [Adelung]
Der Aschenbrenner, oder Äscherer, des -s, plur. ut nom. sing. Leute,
welche ein Geschäft daraus machen, das Holz in den Wäldern für die
Glas- und Schmelzhütten zu Asche zu brennen.
Aschenbrödel (W3) [Adelung]
Der Aschenbrödel, des -s, plur. ut nom. sing. ein niedriges
Schimpfwort auf eine unreinliche Küchenmagd, und dann auch auf einen
jeden schmutzigen Menschen. Frisch leitet dieletzte Hälfte dieses
Wortes von Broden, Brühe, her, eine Magd anzudeuten, die voller Asche
und unreiner Feuchtigkeiten ist. Auf ähnliche Art bedeutet Brodaglia
im Italiänischen Lumpengesindel, und Brodaivolo einen Sudelkoch. In
Nieders. sagt man Askenböel, Askenbüel, gleichsam Aschenpudel,
ingleichen Askenpüster, und Askenpösel, von pöseln, mühsame, schwere
Arbeit verrichten. Das Ital. Cova-ceneri, und mittlere Lat. Ciniferus
sind in der Bedeutung mit dem Deutschen verwandt.
Aschenbrot (W3) [Adelung]
Das Aschenbrot, des -es, plur. die -e, ein in heißer Asche gebackenes
Brot, 4. Mos. 11, 8, welches, weil es breit und dünn ist, wie ein
Kuchen, auch Aschenkuchen genannt wird; im mittlern Lateine Focacia,
S. du Fresne h. v. In einem alten Vocabulario von 1482 heißt es:
Ascherig Brot. oder Aschenkuch oder Pogatz. It. Matz, Polent, Pogatz,
Polenta.
Aschenfall (W3) [Adelung]
Der Aschenfall, des -es, plur. die -fälle, in den Brenn- und
Destillir-Öfen, der Platz, wohin die Asche fällt.
Aschenfarbe (W3) [Adelung]
Die Aschenfarbe, oder Aschfarbe, plur. von mehrern Arten, die -n,
eine Farbe, welche der natürlichen Farbe der Asche gleicht.
Aschenfarbig (W3) [Adelung]
Aschenfarbig, aschfarbig, oder aschenfarben, aschfarben, adj. et adv.
diese Farbe habend; aschfahl, aschgrau. Ein aschfarbiges, oder
aschenfarbenes Kleid.
Aschengrube (W3) [Adelung]
Die Aschengrube, plur. die -n, eine ausgemauerte Grube, die Asche in
derselben zu sammeln.
Aschenherd (W3) [Adelung]
Der Aschenherd, des -es, plur. die -e, in dem Hüttenwesen, ein von
Asche zubereiteter Herd, worauf das Silber abgetrieben wird; dar
Treibeherd.
Aschenkapelle (W3) [Adelung]
Die Aschenkapelle, plur. die -n. 1) S. Aschenbad. 2) In dem
Hüttenwesen, der aus Asche bereitete Test oder Treibescherben.
Aschenkrug (W3) [Adelung]
Der Aschenkrug, des -es, plur. die -krüge, ein irdenes Gefäß, worin
die Alten die Asche ihrer verbrannten Leichen aufbewahrten und
beysetzten; ein Aschentopf, eine Urne, und in den gemeinen Sprecharten
ein Todtentopf. Bey den Dichtern wird dieses Wort figürlich auch für
die Gebeine eines Verstorbenen und für dessen Andenken genommen. Im
stillen Schatten des Ahorns Ruht, ungerühmt von panegyrischem Marmor,
Des Weisen Aschenkrug, Bach.
Aschenkuchen (W3) [Adelung]
Der Aschenkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) So viel als
Aschenbrot, welches siehe. 2) Bey einigen auch wie Aschkuchen, welches
S.
Aschenloch (W3) [Adelung]
Das Aschenloch, in den gemeinen Sprecharten Aschloch, das -es, plur.
die -löcher, ein Loch in den Herden verschiedener Öfen, durch welches
die Asche fallen kann, damit sie das Holz am Brennen nicht hindere.
Aschenpflanze (W3) [Adelung]
Die Aschenpflanze, plur. die -n. 1) Der Nahme einer ausländischen
Pflanze; Cineraria, L. 2) In einigen Gegenden auch des Beyfußes, S.
dieses Wort. Beyde wegen ihrer aschgrauen Farbe.
Aschensalz (W3) [Adelung]
Das Aschensalz, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e,
das aus der Asche gelaugte Salz; Laugensalz, Soude. S. Laugensalz.
Aschentopf (W3) [Adelung]
Der Aschentopf, des -es, plur. die -töpfe, wie Aschenkrug, doch nur
in der niedrigen Sprechart.
Aschentuch (W3) [Adelung]
Das Aschentuch, oder Äschertuch, des -es, plur. die -tücher, ein
Stück grober Leinwand, durch welche die Lauge durchgeseihet wird, um
sie von der Asche abzusondern.
Aschenwedel (W3) [Adelung]
Der Aschenwedel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wedel, die Asche
damit von manchen Körpern abzukehren.
Äschenwurz (W3) [Adelung]
Äschenwurz, S. Aschwurz.
Aschenzieher (W3) [Adelung]
Der Aschenzieher, des -s, plur. ut nom. sing. ein brauner, halb
durchsichtiger Edelstein, welcher von der Insel Ceylon kommt, und
durch Reiben und warmes Wasser elektrisch gemacht werden kann, so daß
er die Asche wechselsweise an sich ziehet, und wieder von sich stößet;
der Bläser, Aschenblaser, Tourmalin, Tripp.
Äscher (W3) [Adelung]
Der Äscher, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bey den Lohgärbern,
gelöschter, durchgesiebter und mit Asche vermischter Kalk; ingleichen
ein in die Erde gegrabenes Faß, worin die Häute mit Kalk und Asche
gebeitzet werden; das Äscherfaß. 2) Bey den Seifenstedern und
Wäscherinnen, der Einsatz von Asche und ungelöschtem Kalke, woraus sie
ihre Lauge bereiten.
Äscherer (W3) [Adelung]
Der Äscherer, S. Aschenbrenner.
Äscherfaß (W3) [Adelung]
Das Äscherfaß, des -sses, plur. die -fässer, bey den Lohgärbern, ein
Faß, worin die Häute mit Äscher gebeitzet werden. Bey den
Seifenstedern, ein Faß, Asche und Kalk darin auszulaugen.
Äschericht (W3) [Adelung]
Äschericht, adj. et adv. gleichsam voller Asche, ein Wort, welches
nur bey den Eisenarbeitern üblich ist, welche dasjenige Eisen
äschericht nennen, das keine Politur annimmt, sondern jederzeit kleine
Tüpfelchen behält, als wenn es mit Asche bestreuet wäre. S. Aschig.
Äschern (W3) [Adelung]
1. Äschern, verb. reg. act. bis zum Keichen heftig bewegen; S.
Eschern.
Äschern (W3) [Adelung]
2. Äschern, verb. reg. act. von Asche. 1) Zu Asche brennen, in Asche
verwandeln. So nennen die Aschenbrenner ihre Verrichtung äschern. In
andern Fällen ist dieses Wort nicht gebräuchlich, außer daß man in
gemeinen Leben von Gebäuden, Dörfern und Städten auch das zusammen
gesetzte einäschern, d. i. in die Asche legen, gebraucht. 2) Mit Asche
bestreuen. In diesem Sinne kommt äschern in der Römischen Kirche von dem Bestreuen mit geweiheter Asche an der "Aschermittwoche" vor. Der Tod
will den Gebrauch der Fastnachtzeit behalten, Er äschert unser Haupt
mit Moder aus der Gruft, Günth. 3) Mit Asche beitzen oder kochen. So
äschern die Gärber die Häute, wenn sie selbige in den Äscher stoßen,
und die Garnbereiter äschern das Garn, wenn sie es mit Asche kochen.
So auch die Äscherung.
Äscherofen (W3) [Adelung]
Der Äscherofen, des -es, plur. die -öfen, bey den Töpfern, ein Ofen,
worin das Zinn und Bley zur weißen Schmelze zu Asche gebrannt wird.
Äschersatz (W3) [Adelung]
Der Äschersatz, des -es, plur. die -sätze, in den Schmelzhütten, ein
Theil ausgekernte und ein Theil frische Seifensiederasche, welche zum
Anlegen eines Treibeherdes genommen wird.
Äscherstange (W3) [Adelung]
Die Äscherstange, plur. die -n, bey den Lohgärbern, eine Stange mit
einem Brete am Ende, den Kalk in dem Äscher damit in die Höhe zu
heben.
Aschfarben (W3) [Adelung]
Aschfarben, S. Aschfarbig, Aschenfarbig.
Äschfrau (W3) [Adelung]
Die Äschfrau, plur. die -en, eine Frau, welche die Holzasche für die
Seifensieder sammelt.
Aschgrau (W3) [Adelung]
Aschgrau, adj. et adv. grau wie Asche, aschenfarbig.
Aschgrube (W3) [Adelung]
Die Aschgrube, S. Aschengrube.
Aschhühnlein (W3) [Adelung]
Das Aschhühnlein, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art der kleinsten
Wasserhühner, welche von ihrer aschgrauen Farbe den Nahmen hat;
Gallinago cinerea, Kl.
Aschicht (W3) [Adelung]
Aschicht, adj. et adv. der Asche ähnlich. Ein aschichter Boden,
welcher aus lauter trockenem Staube bestehet; in der Lausitz äschicht.
Aschig (W3) [Adelung]
Aschig, adj. et adv. woran noch Asche sitzet, Asche an sich habend.
Ein aschiges Brot.
Aschkern (W3) [Adelung]
Der Aschkern, des -es, plur. inusit. in den Schmelzhütten, dasjenige,
was von der zum Treibeherde gebrauchten durchgesiebten Asche in dem
Siebe zurück bleibet, und noch silberhaltiges Bley ist.
Aschknecht (W3) [Adelung]
Der Aschknecht, des -es, plur. die -e, in den Schmelzhütten, ein
Arbeiter, welcher die Asche zum Treibeherde zurichtet.
Aschkraut (W3) [Adelung]
Das Aschkraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, welchen man auch dem
Jacobs-Kraute, oder der Jacobs-Blume, Senecio Jacobaea, L. zu geben
pflegt, weil es mit einer aschfarbigen Wolle überzogen zu seyn
scheinet. S. Jacobskraut.
Aschkuchen (W3) [Adelung]
Der Aschkuchen, des -es, plur. ut nom. sing. ein runder, hoher,
inwendig hohler Kuchen mit fetter Rinde, welcher in einer thönernen
Form gebacken wird, daher er auch Topfkuchen, in Meißen Scherbenkuchen
oder Scherbelkuchen genannt wird. Weil er den ehemahligen Gugel- oder
Kugelhauben der Weiber nicht unähnlich siehet, so hat er daher in
Baiern und Nürnberg den Nahmen Gugelhopfen oder Kugelhopfen bekommen.
Den Nahmen Aschkuchen, welcher am meisten in Niedersachsen üblich ist,
könnte man von Asche herleiten, weil dieser Kuchen in glühender Asche
gebacken wird; allein es scheint, daß damit mehr auf die Gestalt der
thönernen Form gesehen worden, welche ein wahrer Asch ist.
Äschling (W3) [Adelung]
Der Äschling, des -es, plur. die -e, S. Äsche, Thymallus.
Aschmeise (W3) [Adelung]
Die Aschmeise, plur. die -n, eine Art kleiner Meisen welche
aschfarbig ist, und ein schwarzes Oberköpfchen hat, daher sie auch
Graumeise, Mönchmeise und Nonnenmeise, Franz. Nonnette genannt wird.
An andern Orten heißt sie auch Mehlmeise, Pimpelmeise, Schneemeise,
Schwanzmeise, Zahlmeise, Bergmeise, Pfannenstiel, Gartenmeise,
ingleichen Mühmlein.
Aschmesser (W3) [Adelung]
Der Aschmesser, des -s, plur. ut nom. sing. in den Schmelzhütten,
derjenige, welcher die Aufsicht über die Asche hat, und selbige den
Arbeitern zumisset.
Aschmesser (W3) [Adelung]
Das Aschmesser, des -s, plur. ut nom. sing. gleichfalls in den
Schmelzhütten, ein krummes Messer, womit die aus Asche zubereiteten
Teste in dem Brennhause ausgeschnitten werden.
Aschofen (W3) [Adelung]
Der Aschofen, des -s, plur. die -öfen, in den Glashütten, derjenige
Ofen, worin die Asche calciniret wird.
Aschtonne (W3) [Adelung]
Die Aschtonne, plur. die -n. 1) Eine jede Tonne, welche zur
Verwahrung der Asche dienet. 2) In den Schmelzhütten, auch ein Maß,
womit die Asche zu den Treibeherden vermessen
wird. In dem Chursächsischen Erzgebirge ist eine solche Tonne so viel
als ein Freyberger Scheffel.
Aschwurz (W3) [Adelung]
Die Aschwurz, Äschwurz, oder Äschenwurz, plur. inusit. ein Nahme, der
an einigen Orten auch dem weißen Diptam gegeben wird, weil seine
Blätter den Blättern des Aschenbaumes nicht unähnlich sind. S. Diptam
Asia (W3) [Adelung]
Asia, Genit. Asia's, oder Asien, (dreysylbig,) Genit. Asiens, Dat.
Asien, plur. car. der östliche Theil der alten Welt. Daher der
Asianer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Asianerinn, oder der
Asiat, des -en, plur. die -en, dessen Fämin. die Asiatinn, doch nicht
üblich ist, oder endlich der Asier, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin.
die Asierinn, welches letztere vor den ersten mehr ausländischen
Formen den Vorzug verdienet, eine Person aus diesem Welttheile.
Ingleichen Asiatisch, adj, et adv. zu Asien gehörig, aus Asien
gebürtig, oder diesem Welttheile, dessen Einwohnern und Producten
ähnlich. Das s lautet in diesem Worte gemeiniglich geschärft, als wenn
es Aßia geschrieben würde.
Asot (W3) [Adelung]
Der Asot, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Asotus,
ein den sinnlichen Lüsten im höchsten Grade ergebener Mensch, ein
Schwelger, grober Wollüstling. Daher asotisch, in diesem Laster
gegründet.
Aspe (W3) [Adelung]
Die Aspe, oder Äspe, plur. die -n, ingleichen der Aspenbaum, des -es,
plur. die -bäume, ein hochstämmiger Baum, welcher gern an. feuchten
Orten wächset, und sonst auch Pappel genannt wird; Populus, L.
Besonders ist unter diesem Nahmen die so genannte Zitteräspe,
Zitterpappel, Franz. Tremble, Populus tremula, L. bekannt, deren
Blätter an einem langen schwachen Stiele hängen, und daher bey der
geringsten Bewegung der Luft mit einen merklichen Geräusche zittern,
und zu der R. A. Gelegenheit gegeben haben: zittern wie ein äspenes
Laub. Von diesem Geräusche seiner Blätter wird er in Holland der
Ratteler, d. i. Kasseler, genannt. In Tyrol heißt er Aschenbaum, an
andern Orten Flatteraspe, Zitteräsche, und in Niedersachsen
Babersäsche, Beberäsche und Boberäsche von bebern, beben, zittern.
Anm.
Die Äspe, Angels. Aeps, Epse, Engl. Asp, Dän. Asp, Norweg. Esp,
Schwed. Asp, um Bremen, Hesse, hat ihren Nahmen vermuthlich von einem
veralteten Verbo aspen oder äspen, zittern, womit auch das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, zittern, nach Deutscher
Form, äspern, verwandt ist.
Aspecten (W3) [Adelung]
Die Aspecten, sing. inusit. von dem Latein. Aspectus, in der
Astrologie, der Stand, welchen ein Planet gegen den andern im
Thierkreise hat. Weil man ehedem glaubte, daß die Planeten zu dieser
Zeit einen besondern Einfluß auf den Erdboden und in die menschlichen
Dinge hätten, so sahe man diesen Stand auch als eine wichtige
Vorbedeutung glücklicher oder unglücklicher Begebenheiten an. Daher
die noch im gemeinen Leben üblichen R. A. das sind böse Aspecten, das
find keine guten Aspecten, d. i. daraus lässet sich nicht viel Gutes
vorher sagen, das ist ein böser Anschein.
Äspen (W3) [Adelung]
Äspen, adj. et adv. von der Aspe genommen, der Äspe ähnlich oder dazu
gehörig. Äspenes Laub, oder Äspenlaub. Äspenes Holz, oder Äspenholz.
Aspenmotte (W3) [Adelung]
Die Aspenmotte, Äspenmotte, plur. die -n, eine Art Motten, welche
sich gern auf den Aspenbäumen aufhält; Phalaena Bombyx Populi, L. So
auch die Aspenwanze, eine Art Baumwanzen; Cimex Populi, L.
Asper (W3) [Adelung]
Der Asper, des -s, plur. ut nom. sing. der Nahme einer Türkischen
Scheidemünze, welche 1 2/3 Pfennige nach unserm Gelde gilt.
Asperbeere (W3) [Adelung]
Die Asperbeere, S. Kräuselbeere.
Äspern (W3) [Adelung]
* Äspern, verb. reg. act. welches nur in einigen Niedersächsischen
Gegenden üblich zu seyn scheinet, für plagen, ängstigen, quälen. Der
lose Gast (Cupido)Wird im Vertrauen mir zur Last: Er äspert mich so
viel er kann, Denn was er siehet, steht ihm an, Gleim. Der Meißnische
Pöbel gebraucht dafür kaspern. Vermuthlich sind beyde aus einer und
eben derselben Quelle. S. Abeschern.
Asphalt (W3) [Adelung]
Das Asphalt, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, aus dem
Griech. und Lat. Asphaltum, eine Art eines schwarzen, trockenen und
brüchigen Erdharzes, welches im Deutschen unter dem Nahmen Judenpech
am bekanntesten ist; S. dieses Wort.
Asphodill (W3) [Adelung]
Der Asphodill, des -es, plur. inus. oder die Asphodill-Wurz, plur.
inus. ein Gartengewächs, welches theils weiße theils gelbe Blumen
trägt; Asphodelus, L. In einigen Gegenden als ein Fämininum die
Asphodille. Im gemeinen Leben wird dieser Nahme gemeiniglich
Affodillen und Affodill-Wurz gesprochen.
Asphodill-Lilie (W3) [Adelung]
Die Asphodill-Lilie, plur. die -n, eine Art Lilien, welche keine
Zwiebeln, wie andere Lilien, sondern Wurzeln hat, die den Wurzeln des
Asphodills gleichen, und auch Lilien-Asphodill, Tagelilie, genannt
wird. Man hat sie mit rothen, pommeranzenfarbigen, und gelben Blumen.
Die letztere hat einen Geruch wie der Jasmin, und wird auch Goldlilie,
Goldwurz, Goldzwiebel, gelber Asphodill, und im gemeinen Leben
Drecklilie genannt.
Asphodill-Wurz (W3) [Adelung]
Die Asphodill-Wurz, S. Asphodill.
Aspiration (W3) [Adelung]
Die Aspiration, plur. die -en, aus dem Lat. Aspiratio, in der
Sprachlehre, die Aussprache eines Buchstabens mit einem merklichen
Hauche, und dieser Hauch selbst, wie auch dessen Zeichen, dergleichen
im Deutschen das h und ch ist. Daher aspiriren, mit einem merklichen
Hauche aussprechen. Ein aspirirter Buchstab, ein Hauchlaut.
Aß (W3) [Adelung]
Das "Aß", oder "Äß", des Asses, oder Ässes, plur. Asse oder Ässe, ein Wort, welches heut zu Tage noch in einem dreyfachen Gebrauche vorkommt. Denn so bezeichnet
1) das "Äß" oder "As", die "Eins", so wohl auf den Würfeln, als auch auf den Karten, welches letztere auch das "Daus" heißt. Niedersächs. "Esken", das Engl. "Ace", das Schwed. "Aes", das Ital. "Asso", und das Franz. "As", haben gleiche Bedeutungen.
2) Weil die Eins die kleinste Zahl ist, so hat man auch so wohl in den Gold- und Silbergewichten das kleinste Gewicht, deren 15 einen Grän, 17 einen Pfennig Cölnisch Gold- und Silbergewicht, 64 einen Ducaten, und 126 einen Louisd'or machen, als auch in manchen Arten der Maße, welche eine große Schärfe und Genauigkeit haben sollen, die kleinste Einheit ein "Aß" oder ein "Äß", im gemeinen Leben ein "Eß", oder "Eßchen" genannt.
3) Wird auch das Apothekerpfund, welches 24 Loth hält, ein "Aß" genannt. Im diesem letzten Falle ist das Wort zwar zunächst aus dem Latein. "Assis" entlehnet, allein auch diese gehöret mit zu der allgemeinen Übereinstimmung der Mundarten, und zeiget, daß "Aß" nicht allein die Zahl "Eins", sondern auch eine besondere Sache als ein Ganzes betrachtet, bedeutet habe. Das Griech. "???", "Eins", gehöret gleichfalls hierher. Wenn es in den beyden letzten Bedeutungen ein Zahlwort vor sich hat, so bleibt es im Plural, wie so viele andere dieser Art, unverändert. Der Ducaten ist um sechs "Aß" zu leicht. Es sind diesen Monath 600 "Aß" Wasser gefallen.
Aß (W3) [Adelung]
+ Das Aß, des -es, plur. car. im gemeinen Leben überhaupt alles
dasjenige, was einem andern lebendigen Geschöpfe zur Nahrung dienet.
Besonders bey den Fischern, die Nahrung der großen Fische, und an
einigen Orten bey den Müllern und Bäckern auch das Geringste von dem
geschrotenen Getreide, welches zur Nahrung der Schweine gebraucht
wird; Schweinaß, Sauaß. Ingleichen die Lockspeise, wodurch man Thiere,
und besonders Fische in
das Netz lockt. Einem ein Aß legen, ehedem, für ihn anlocken. Dieses
Wort kommt von essen, wie Maß von Messen. Gemeiniglich schreibt man es
Aaß, ohne Zweifel, weil man es mit dem Worte Aas immer für einerley
hielt. Allein, da es von demselben ganz verschieden ist, so ist es der
Analogie gemäßer, es nur mit Einem a zu schreiben. Bekommt doch das
gleich lautete Imperfectum, ist Maß von messen, ferner Maß von messen,
ich saß von gesessen u. s. f. auch nur einen einfachen Vocal,
ungeachtet derselbe, gleichfalls gedehnt wird.
Aßen (W3) [Adelung]
+ Aßen, oder Äßen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben
erfordert, aber nur bey den Jägern und Fischern von dem Fressen des
rothen Wildbretes, des großen Geflügels, und der große Fische
gebraucht wird: der Hirsch aßet, oder äßet sich, als ein Reciprocum.
Daher die Äßung, so wohl die Handlung des Fressens, als auch das
Futter, die Nahrung solcher Thiere. Getreide zur Äßung aufnehmen, bey
den Jägern.
Assecuriren (W3) [Adelung]
Assecuriren, verb. reg. act. aus dem Ital. assecurare, ein besonders
im Handelswesen üblichen Wort, Sicherheit von der Gefahr des Verlustes
gewähren, die Gefahr des Verlustes gegen eine angemessene Bezahlung
über sich nehmen, mit einem guten Deutschen Wort, versichern. Daher
der Assecurant, des -en, plur. die -en, der die Gefahr gegen Bezahlung
über sich nimmt, der Versicherer; der Assecurat, des -en, plur. die
-en, von dem sie übernommen wird, der Versicherte; die Assecuranz, die
Übernahme der Gefahr gegen Bezahlung, die Versicherung, ingleichen
dasjenige Geld, welches man einem andern dafür bezahlet, die Prämie;
oder Assecuranz-Anstalt, eine Verbindung mehrerer, anderer Gefahr
gegen Bezahlung gemeinschaftlich zu übernehmen, die
Versicherungsanstalt.
Assel (W3) [Adelung]
Die Assel, plur. die -n, der Nahme eines ungeflügelten Insectes mit
vierzehn Füßen, und einem eyförmigen Leibe, an welchem zehn Abschnitte
an den Seiten wie Zähne einer Säge hervor stehen. Es hält sich auf dem
Lande unter Steinen, an alten Mauern, in den Kellern und an feuchten
Orten auf, und rollet sich zusammen, wenn man es anrühret; Onicus, L.
Lateinisch wird dieses Insect Assellus genannt. Der Nahme Assel,
lautet nach den verschiedenen Mundarten bald Esel, Eißel, Atzel und
Nassel; außerdem aber wird dieses Thier von dem Orte seines
Aufenthalts auch Kellerwurm, Kellerlaus, Kellereisel, Kelleresel und
Maueresel genannt. An andern Orten heißt es Schäfchen, Schabe und
Holzwentel; die Niedersachsen nennen es Fresulen, von fresen, kalt
seyn, weil es kalt anzufühlen ist, und daher einen Schauer erwecket.
Assel kommt übrigens mit Asellus überein, welches eine Übersetzung des
Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ist, weil dieses
Insect in der Ferne so braun wie das Haar eines Esels zu seyn
scheinet. Wenn einige die Scolopendra, L. welches ein vielfüßiges
Insect ist, sonsten aber diesem ziemlich gleichet, Assel nennen, so
ist solches wider den Sprachgebrauch.
Assemblee (W3) [Adelung]
Die Assemblee, (dreysylbig, sprich Assambleh,) plur. die -n,
(viersylbig,) ein aus dem Französischen entlehntes Wort, eine
Versammlung vornehmer Personen zur gesellschaftlichen Unterhaltung,
besonders zum Spiele, zu bezeichnen. Es ist heute bey Hofe Assemblee.
Assessor (W3) [Adelung]
Der Assessor, des -s, plur. die Assessores oder Assessoren, ein
Lateinisches Wort, den Beysitzer eines Collegii, besonders eines
Gerichts-Collegii zu bezeichnen, welches gute Deutsche Wort eben
dasselbe sagt. Dessen Gattinn die Assessorinn. In dem alten Deutsche
Rechte waren dafür die Ausdrücke Schöppe, Rechtsfinder, Rechtssitzer,
Rechtssprecher üblich.
Assiette (W3) [Adelung]
Die Assiette, plur. die -n, ein Französisches Wort, eine Art kleiner
zinnerner Schüsseln zu bezeichnen.
Assigniren (W3) [Adelung]
Assigniren, verb. reg. act. aus dem Lat. assignare, anweisen
besonders in Geld- und Zahlungssachen. Jemanden an einen andern
assigniren, ihm hundert Thaler assigniren, ihn schriftlich an jemanden
weisen, daß er ihm dieses Geld bezahlte. S. Anweisen. Daher der
Assignant, des -en, plur. die -en, der Anweiser oder Anweisende; der
Assignat, des -en, plur. die -en, der Angewiesene; die Assignation,
plur. die -en, die Anweisung.
Assistent (W3) [Adelung]
+ Der Assistent, des -en, plur. die -en, ein ganz unnöthiges Wort aus
dem Lat. assistens und assistere, einen Gehülfen, Beystand, und in
manchen Fällen auch einen Nachgeordneten zu bezeichnen. Eben so
überflüssig sind assistiren, helfen, beystehen, und Assistance,
(spricht Assistangße,) oder Assistenz, Hülfe, Beystand.
Associiren (W3) [Adelung]
+ Associiren, verb. reg. act. aus dem Lat. associare, welches eben so
entbehrlich ist, so häufig es auch besonders im Staatsrechte vorkommt.
Sich associiren, sich mit jemanden associiren, verbinden. Die
associirten Kreise, die verbundenen. So auch die Association, die
Verbindung.
Ast (W3) [Adelung]
Der Ast, des -es, plur. die Äste, Diminutivum das Ästchen in
Oberdeutschland Ästlein, der Zweig eines Baumes, und dessen Spur im
Holze. Und zwar,1. Derjenige Zweig eines Baumes, welcher an der Seite
des Stammes heraus wächset, im Gegensatze der Zweige, in engerer
Bedeutung, welche sich von den Ästen absondert, und in weiterer
Bedeutung auch wohl ein jeder Zweig. 1) Eigentlich. Ein starker,
schwacher Ast. Holzäste, oder Hauptäste, die größten und stärksten
Äste eines Baumes, aus welchen die Fruchtäste entspringen, welche
eigentlich die Blätter und Früchte tragen. Falsche Äste, Wasseräste
oder Wasserschosse, unfruchtbare Auswüchse, welche von einem
Überflusse an Safte herrühren. Ast hat in dieser Bedeutung immer den
Begriff einer mehrern Größe und Stärke Zweig, daher es auch von
kleinen Gewächsen nicht gebraucht wird. In dem Forstwesen werden die
Äste und Zweige collective das Obergehölz, der Afterschlag, der Abraum
genannt. 2) Figürlich, auch andere Theile, welche sich als Zweige von
einem Körper absondern. So nennen die Zergliederer diejenigen Adern,
welche aus einer größern, und besonders aus der Hohlader entspringen,
Äste. Auch in den Geschlechtsregistern heißen die Seitenlinien von
einem gemeinschaftlichen Stammvater, Äste.2. Die Wurzel oder der
Überrest eines Astes in dem Holze. Ein harter Ast. Ein Bret das voller
Äste ist. Sprichw. Auf einen harten Ast gehört ein harter Keil, d. i.
harte, widerspänstige Gemüther müssen mit gewaltsamen Mitteln
gezwungen werden.
Anm. Ast, Goth. Asts, bey dem Ottfried Ast, Nieders.
Ast, Oost, Öst und Nast, ist ein altes Wort, welches mit dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - wohl eine mehr als
zufällige Ähnlichkeit hat. So fern dieses Wort die Wurzel eines Astes
in dem Holze andeutet, heißt es im Niedersächsischen auch Knast, und
im Holländ. Knuyst.
Ästen (W3) [Adelung]
Ästen, verb. reg. act. mit Ästen versehen, von welchem doch nur
zuweilen das Particip geästet gebraucht wird.
Ästerich (W3) [Adelung]
Das Ästerich, oder Ästrich, des -es, plur. die -e. 1) * Ein jedes von
Steinen verfertigtes Pflas=ter, oder ein gepflas=terter Weg. Diese
Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, indessen scheinet sie noch in
Schwaben, und am Oberrheine üblich zu seyn. Wenigstens kommt
Österreich und Östreich in diesem Verstande in der Straßburgischen
Polizeyordnung vor, wie aus dem Schilter v. Oesterreich und dem Frisch
v. Ästrich erhellet. 2) Ein von viereckten und andern Steinen
gepflas=terter Fußboden eines Zimmers. In dieser Bedeutung sagt schon
Notker Ps. 118 (119) 25. Demo asteriche hafteta zuo min sela, adhesit
pavimento anima mea; wo es in Luthers Übersetzung heißt: meine Seele
liegt im Staube. In weiterer Bedeutung, welche heut zu Tage noch am
üblichsten ist, wird auch ein mit Gyps oder Kalk und zerstoßenen
Mauersteinen überzogener Fußboden so genannt, welchen man zum
Unterschiede von dem vorigen ein gegossenes Ästerich zu nennen pflegt.
Ein Ästerich schlagen, einen solchen Fußboden machen. 3) Die
ausgestakte und ausgekleidete Decke eines Zimmers, welches Ästerich
gemeiniglich ein schwebendes Ästerich oder Schwebästerich genannt
wird, weil es zwischen zweyen Balken gleichsam schwebet.
Anm. Die
Abstammung dieses Wortes, welches bey dem Horneck Estreich lautet,
wartet noch auf eine glücklichere Untersuchung, als bisher deßhalb
angestellet worden. Astragus, Astracum, Astrocum und Astreca,
bedeuteten in dem mittlern Lateine den gepflas=terten Fußboden eines
Zimmers. S. du Fresne und Carpentier in Glossar. h. v. und in den
Wörtern Estare, Estra, Esterium, Estrada, Estiro, und Lastra. Eben
daselbst kommt Astrea und Astrum von dem Herde, und figürlich von dem
Hause selbst vor, welch Bedeutung auch das alte Franz. Aistre,
Estraige und Estre hat. Du Fresne leitet Astrum von dem Angels. Eord,
Herd, her, aber auf eine Art, welche wenig Befriedigung gibt. Frisch
behauptet, Aster oder Asters bedeute einen Quadratstein, und die
Endsylbe -ich an Ästerich, sey die Endung des davon gemachten
Adjectivi. Indessen hat er seinen ersten Satz nicht genug bewiesen;
obgleich in dem Bremisch-Nieders. Wörterbuche Th. 31. versichert wird,
daß Astrak und Alstrak in und um Bremen von einer gewissen Art
Bruchsteine, womit man pflas=tert, gebraucht werde. Vielleicht gibt das
Wort Auster, Lat. Ostrea, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, Angels. Oster, Italiän. Ostrica, Ostria, hier einige
Auskunft; denn davon bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image -, ostracarius, bey dem Theophanes einen Ziegelstreicher. In
der Schweiz wird der oberste Boden eines Hauses, Ästerich genannt.
Ästig (W3) [Adelung]
Ästig, -er, -ste, adj. et adv. Äste habend, so wohl in der ersten als
zweyten Bedeutung des Wortes Ast. Ein ästiger Baum. Ein ästiges Bret.
Astkreuz (W3) [Adelung]
Das Astkreuz, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein mit Ästen
oder Auswüchsen versehenes Kreuz; Franz. Croix ecotee, clavlee.
Ästling (W3) [Adelung]
Der Ästling, des -es, plur. -e, bey den Vogelschützen, ein junger
Vogel, welcher schon von einem Aste auf den andern fliegen kann,
besonders ein solcher junger Habicht; Engl. Brancher, von Branch, Ast.
Astloch (W3) [Adelung]
Das Astloch, des -es, plur. die -löcher, eigentlich, das Loch von
einem in dem Holze befindlich gewesenen Aste. Verschiedene Zeugweber
nennen auch die kleinen Löcher, welche von einem zerrissenen oder
knotigen Faden in dem Gewebe entstehen, Astlöcher.
Astmoos (W3) [Adelung]
Das Astmoos, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen einige neuere
Kräuterkenner dem Hypnum des Linne gegeben haben, weil es sich in
viele Äste und Nebenzweige ausbreitet. Andere Schriftsteller des
Pflanzenreiches nennen die meisten derdahin gehörigen Arten Erdmoos.
Im gemeinen Leben ist indessen keiner von beyden Nahmen üblich.
Astral (W3) [Adelung]
Astral, adj. indecl. aus dem Lat. astralis, von den Sternen
herrührend, in denselben gegründet. Es kommt nur in einigen
Zusammensetzungen vor, unter welchen der Astral-Geist der neuern
Goldköche oder Schwärmer am bekanntesten ist, welcher nichts anders
ist, als die Weltseele der ältern Pantheisten.
Astranz (W3) [Adelung]
Die Astranz, plur. inusit. der Nahme einer Pflanze, S. Meisterwurz.
Ästrich (W3) [Adelung]
Das Ästrich, S. Ästerich.
Astroit (W3) [Adelung]
Der Astroit, des -en, plur. die -en, S. Sternstein.
Astrognosie (W3) [Adelung]
Die Astrognosie, plur. inusit. aus dem Griech. die Kenntniß der
Sterne und ihrer Bewegung; die Sternkunde.
Astrolabium (W3) [Adelung]
Das Astrolabium, S. Winkelmesser.
Astrologie (W3) [Adelung]
Die Astrologie, (viersylbig,) plur. die -en, (fünfsylbig,) aus dem
griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Kunst, aus
dem Stande der Gestirne und ihrem Einflusse auf die Erdkugel künftige
Dinge vorher zu sagen, ohne Plural, und ein Lehrbuch dieser Afterkunst
mit demselben; die Sternbedeutung. Daher der Astrolog, des -es, plur.
die -en, der Sterndeuter; astrologisch, in dieser Kunst gegründet.
Astronomie (W3) [Adelung]
Die Astronomie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem
Griech. und Lat. Astronomia, die Wissenschaft von dem Weltgebäude und
den darin ereignenden Veränderungen; die Sternwissenschaft. Daher der
Astronom, des -es, plur. die -en, ein Sternkundiger, im gemeinen Leben
ein Sternseher, und im Scherze ober aus Verachtung ein Sterngucker.
Ferner astronomisch adj. et adv. zu dieser Wissenschaft gehörig, in
derselben gegründet. Das astronomische Jahr, im Gegensatze des
bürgerlichen, ein Jahr, dessen Dauer nicht bloß nach Tagen, sondern
nach Stunden und Minuten angegeben wird. Astronomische Stunden, welche
nach Art der Astronomen gezählet werden, welche Mittags um Ein Uhr
angefangen und 24 Stunden nach einander fortzählen. Astronomische
Tafel, Verzeichnisse derjenigen Umstände, welche zur Berechnung des
Laufes des Planeten und der gemeinen Bewegung der Sterne nöthig sind.
Astschnitt (W3) [Adelung]
Der Astschnitt, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, der
Durchschnitt eines Schildes vermittelst einer ästigen Linie.
Atheist (W3) [Adelung]
Der Atheist, (dreysylbig,) des -en, plur. die -en, aus dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, derjenige, welcher das
Daseyn eines göttlichen Wesen läugnet, Fämin. die Atheistinn, ein
Gottesläugner, eine Gottesläugnerinn; ehedem sehr barbarisch ein
Ohngötter. Daher die Atheisterey, plur. die -en, der Irrthum eines
Atheisten, ohne Plural, die Gottesläugnung, ehedem die Ohngötterey;
ingleichen Sätze, Handlungen, welche die Gottesläugnung verrathen mit
dem Plural; atheistisch, adj. et adv. auf die Gottesläugnung
abzielend, daraus herfließend, in derselben gegründet.
Athem (W3) [Adelung]
Der Athem, des -s, plur. inusit. die Luft, welche man vermittelst der
Lunge in sich ziehet und wieder von sich stößet, und die Handlung des
Einziehens und Ausstoßens dieser Luft; und zwar, 1) Eigentlich. Einen
kurzen schweren Athem haben. Athem hohlen, oder schöpfen, die zum
Leben nöthige Luft in sich ziehen. Den Athem an sich halten, die
geschöpfte Luft nicht wieder von sich stoßen. + Der Athem ist ihm
ausgegangen oder ausgefahren, er ist gestorben, in der alltäglichen
niedrigen Sprechart. Es benimmt mir fast den Athem, ich möchte
ersticken. Etwas in Einem Athem hersagen, unmittelbar hinter einander,
ohne merkliche Zwischenräume. Sie ist zugleich Sommer und Winter, sie
lacht und weint, sie fleht und droht in Einem Athem, Weiße. So lange
noch ein Athem in mir ist, so lange ich noch lebe. Sich aus dem Athem
oder außer Athem laufen, reden, schreyen, ingleichen, ganz außer Athem
seyn, wie auch,
wieder zu Athem kommen, sind sonderbare Arten des Ausdruckes, die
indessen doch überall angenommen sind. Ich komme wieder zu Athem, auch
figürlich, ich erhohle mich wieder von meiner Bestürzung. Nun da ich
einmahl in Odem (Athem) bin, ihnen Vorwürfe zu machen, so will ich
mich derselben erst ganz entledigen, Weiße. 2) Figürlich, für das
Leben. Diese Bedeutung ist ein Hebraismus, daher sie auch nur in
Luther Bibel vorkommt. Indessen gehören doch auch verschiedene oben
angeführte figürliche R. A. hierher, indem der Athem zum natürlichen
Leben unentbehrlich ist.
Anm. Athem, bey dem Kero und Isidor Atum und
Adum, Angels. Aethm, Ethm, Nieders. Atem, Aten, Holländ. Adem, Aessem,
zeiget zunächst den Hauch oder Wind an, welcher durch die Einziehung
und Ausstoßung des Athens verursacht wird; worin es mit dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Athem, von - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, wehen, - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, hauchen, überein kommt. Bey
dem Isidor bedeutet adhmuan wirklich wehen. Weil mit der Ausstoßung
des Athems zuweilen ein sichtbarer Dunst verbunden ist, so ist es
vermuthlich daher gekommen, daß Athem, in den ältesten Zeiten, so wie
das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und das Angels. Aethm,
auch einen jeden Dunst bedeutet hat, welchen das Nieders. Frathem und
das Hochdeutsche Brodem noch bezeichnen. In den meisten Sprachen hat
man die Benennung des Geistes oder der Seele von dem Athem oder Winde
hergenommen. Im Deutschen ist solches auch um der Ursache willen
geschehen, weil man durch das Latein. Spiritus dazu veranlasset wurde.
Daher heißt dem Ulphilas Athma, bey den Schweden Ande, und bey dem
Kero Atum so wohl die Seele, als ein jeder Geist, atum uuihenu, der
heilige Geist, und atumlih, geistlich. In den folgenden Zeiten wählete
man das Wort Geist dafür, welches eigentlich eben dieselbe Bedeutung
hat. S. Geist. Es erhellet zugleich hieraus, daß Athem die älteste und
wahre Sprech- und Schreibart ist, und daß Odem, welches auch einige
gute Obersächsische Schriftsteller gebrauchen, bloß von der neuern
Alemannische Mundart herrühret, welche das A so gern mit dem tiefern O
vertauschet.
Athemen (W3) [Adelung]
Athemen, oder Athmen, verb. reg. 1. Neutrum, welches mit dem
Hülfsworte haben verbunden wird, Athem hohlen, und ausstoßen, doch
mehr in der edlern und höhern Schreibart, als im gemeinen Gebrauche.
Wie pocht mir das Herz! Es ist mir so zusammen gepresset, daß ich kaum
athmen kann, Weiße. Ihr Busen athmet schwer von pressendem Verlangen,
Wiel. Figürlich, leben. Orestes athmet doch, und wünschte nicht zu
leben, Schleg. 2. Activum. 1) Mit dem Athem in sich ziehen. Warum
athmet ihr nicht die frischesten Düfte der Rosen Und die reineste Luft
voll aromatscher Gerüche? Zachar. Figürlich, genießen. Hier wohnet die
sichere Ruh, hier athmet man nichts als Frieden. In einem Alter, wo
man sonst nur Vergnügen athmet. Wo bin ich, o HimmelIch athme noch
Leben! Raml. 2) Vermittelst des Athens mittheilen. Laß mich meine
Seele noch in die deinige athmen, Weiße. 3) Ausdünsten, verbreiten;
nach einer fast zu harten Figur. Hier athmen die Blumen die süßesten Gerüche. Schlüpfrige Stücke, die statt der Liebe Wollust athmen.
Anm.
Athemen lautet bey dem Notker geatemen, und in der Mitte des 15ten
Jahrhundertes in Oberdeutschland geatem undauttmen. In Boxhorns
Glossen wird atmizit durch anhelat gegeben. Das Activum äthemen ist
nur in der Zusammensetzung abäthemen gebräuchlich, so wie das
Adjectivum athemig nur zuweilen in kurzathemig und schwerathemig
gehöret wird.
Athemlos (W3) [Adelung]
Athemlos, -er, -ste, adj. et adv. ohne Athem, außer Athem. Athemlos
werden. Sich athemlos laufen. Daher die Athemlosigkeit, plur. inusit.
der Zustand, da man außer Athem ist.
Athemzug (W3) [Adelung]
Der Athemzug, des -es, plur. die -züge, das Einziehen der Luft. Am
Abende wollen wir die Freude mit jedem sanften Westwinde in jedem
Athemzuge trinken, Dusch.
Athen (W3) [Adelung]
Athen, Genit. Athens, der Nahme der blühendsten Stadt in dem
ehemahligen Griechenlande, welcher hier nur um der Ableitungen willen
Athenienser und Atheniensisch angeführet wird, für welche man kürzer
und der Deutschen Sprache angemessener Athener, und Athenisch sagen
könnte, und zum Theil auch schon gesagt hat. Für letzteres ist in den
meisten Fällen Attisch üblicher, von der Landschaft Attika, deren
Hauptstadt Athen war.
Äther (W3) [Adelung]
Der Äther, des -s, plur. car. von dem Griechischen - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - . 1) Diejenige feine, flüssige
und elastische Materie, mit welcher der ganze unermeßliche Raum des
Himmels angefüllet seyn soll; die Himmelsluft. Ingleichen in weiterer
Bedeutung, eine jede elastische und flüssige Substanz, welche subtiler
als die Luft ist. Daher das Bey- und Nebenwort ätherisch, welches
einige neuere Dichter für himmlisch, eingeführet haben. 2) In der
Chymie ist es ein weißer, durchsichtiger und höchst flüssiger Körper,
von einem durchdringenden Geruche, welcher das Mittel zwischen dem
Weingeiste und dem Öhle hält. Man bereitet ihn aus dem Weingeiste mit
Vitriol-Salpeter-Salz- oder Essigsäure, da er denn die Nahmen
Vitiol-Äther, Salz-Äther, Essig-Äther u. s. f. bekommt. Der Chymist
Frobenius bereitete ihn 1730 zuerst, und legte ihm wegen seiner
Flüchtigkeit diesen Nahmen bey. Andere nennen ihn Naphtha.
Atlaß (W3) [Adelung]
1. Der Atlaß, des Atlasses, plur. die Atlasse, oder der Atlant, des -en,
plur. die -en, ein Wort, zu welchem die fabelhafte Geschichte von dem
alten Könige Atlaß in Afrika Anlaß gegeben hat, und welches
gegenwärtig noch in einem dreyfachen Verstande gebraucht wird. 1) In
der Baukunst verstehet man unter Atlanten menschliche Bildsäulen,
welche statt der Säulen gewisse Gesimse tragen müssen. In dieser
Bedeutung sagt schon Fridegod in dem Leben des heil. Wilfrieds, Saec.
3 Benedict. Th. 2, S. 180: Pondus et informes Atlantes ferre priores,
Iussit et explentum. 2) In der Zergliederungskunst wird das erste
Wirbelbein des Halses der Atlaß, oder Atlant genannt, weil es das mit
seinen zwey Höhlen auf ihm liegende Haupt gleichsam träget. 3) In der
Erdbeschreibung heißt eine Sammlung von Landkarten gleichfalls ein
Atlaß oder Atlant; eine Benennung, welche Gerhard Mercator, ein
bekannter Erdbeschreiber des sechzehnten Jahrhundertes, aufbrachte,
der seyn geographisches System zuerst seinen Atlaß nannte. Von dem
Könige Atlaß hat auch das Atlantische Meer seinen Nahmen, d. i. der
Theil des großen Weltmeeres zwischen Afrika, Europa und Amerika.
Atlaß (W3) [Adelung]
2. Der Atlaß, des Atlasses, plur. von mehrern Arten, die Atlasse, eine
Art besonders seidener Zeuge von ungedreheten Fäden, welche sehr glatt
und glänzend, und meisten Theil einfärbig ist. In den neuern Zeiten
hat man auch wollene und leinene Atlasse erfunden. Bey den
Damastwebern wird auch der dunkele Grund auf der rechten Seite des
Gewebes Atlaß genannt, dagegen die Blumen auf der linken Seite
atlassen erscheinen.
Anm. Der Nahme dieses Zeuges soll aus Pannus attalicus zusammen
gezogen seyn. Allein in der Persischen Sprache heißt derselbe
gleichfalls Atlaß, und es ist wohl nicht zu glauben, daß die Perser
diesen Nahmen von den Europäern sollten entlehnet haben, zumahl da
dieser Zeug selbst eine morgenländische Erfindung ist.
Atlaß-Band (W3) [Adelung]
Das Atlaß-Band, des -es, plur. die -Bänder, ein Band, welches nach
Art des Atlasses gewirket ist
Atlaß-Beere (W3) [Adelung]
Die Atlaß-Beere, plur. die -n, die Frucht des Sperberbaumes oder
Elsebeerbaumes, welche an einigen Orten diesen Nahmen führet, der
vermutlich aus Arlesbeere verderbet worden. S. dieses Wort.
Atlassen (W3) [Adelung]
Atlassen, adj. et adv. von Atlaß. Ein atlassenes Kleid. Ingleichen
nach Art des Atlasses, dem Atlasse ähnlich. Ein atlassenes Band.
Atlaß-Erz (W3) [Adelung]
Das Atlaß-Erz, des -es, plur. die -e, in den Bergwerken, ein
krystallinisch angeschossenes grünes Kupfererz.
Atlaß-Kies (W3) [Adelung]
Der Atlaß-Kies, des -es, plur. die -e, ein Nahme, der in
Nassau-Dillenburg einer Art Kupfererze beygeleget wird.
Atlaß-Vitriol (W3) [Adelung]
Der Atlaß-Vitriol, des -es, plur. inusit. ein gediegener Vitriol in
faseriger Gestalt, welcher in Ungarn und Böhmen gebrochen wird.
Atmosphäre (W3) [Adelung]
Die Atmosphäre, plur. die -n, aus dem Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Dunst, und - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Kugel, die grobe Luft,
welche die Erde oder einen andern Himmelskörper umgibt, die Gestalt
einer hohlen Kugel hat, und der Aufenthalt der Dünste ist; der
Dunstkreis, die Dunstkugel. In weiterer Bedeutung auch der Dunstkreis,
welcher einen jeden andern Körper umgibt. Und um ihn her goß sich in
süßer Atmosphäre, Lavendel und Jesmin der schönen Welt zu Ehre, Bach.
Daher atmosphärisch, in der Atmosphäre befindlich oder gegründet.
Atom (W3) [Adelung]
Der Atom, des -es, plur. die -e, oder und zwar richtiger, die Atome,
plur. die -n, aus dem Griech. und Lat. Atomus, in der Metaphysik,
einer der kleinsten Bestandtheile der Materie, welcher nicht theilbar,
aber dabey immer noch körperlich seyn soll; zum Unterschiede von der
Monade, welche als unkörperlich angenommen wird. Daher der Atomist,
des -en, plur. die -en, derjenige, welcher solche Bestandtheile der
Körper annimmt.
Atrament-Stein (W3) [Adelung]
Der Atrament-Stein, des -es, plur. die -e, eine jede Stein- oder
Erzart, welche Atrament, d. i. Vitriol in sich enthält. An einigen
Orten gibt man besonders dem Zink-Vitriole, welchen andere auch
Galitzenstein nennen, diesen Nahmen.
Attaque (W3) [Adelung]
+ Die Attaque, plur. die -n, attaquiren, (spricht Attake, und
attakiren,) zwey ohne alle Noth aus dem Franz. Attaque und attaquer
erborgte Wörter, für Angriff und angreifen.
Atte (W3) [Adelung]
+ Der Atte, oder Ätte, des -n, plur. die -n, der Vater; ein Wort,
welches heut zu Tage nur noch in den niedrigsten Mundarten
Oberdeutschlandes gehöret wird, ehedem aber allgemeiner war, und zwar
nicht allein bey den Deutschen, sondern auch bey sehr vielen andern
Völkerschaften. Zum Beyspiele dienet das Römische Atta, nach dem
Festus, das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -,
das Gothische Atta, das Türkische Ata, das Tschuwassische Atta, das
Ungarische Atya, das Lappländische Atzhie oder Atye, das Wallisische
Haita, das Friesländische Haite, das Slavonische Otez, das Wendische
Eyda, alle in der Bedeutung eines Vaters, anderer Sprache zu
geschweigen. Andere Mund- und Sprecharten haben mit einer geringen
Versetzung dafür Tata, wie der gemeine Haufe in Schwaben so wohl als
in Niedersachsen, wofür die Friesen und Hannoveraner Teite, die
Engländer Dad. Dadde, die Spanier Taita, die Türken Tada sagen. Selbst
bey den Griechen und Lateinern war - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image -, und Tata bekannt. Mandarf sich über die große
Übereinstimmung nicht wundern, da Atta eines von denen Wörtern ist,
welche die Natur den stammelnden Kindern selbst lehret, indem at und
ta für die Aussprache sehr leichte Sylben sind, die die
Sprachwerkzeuge gleichsam von sich selbst hervor bringen. Abba, Appa
und Amma sind eben solche Wörter, aus deren ähnlichen Versetzung Baba,
Papa, und Mamma geworden. Übrigens bedeutet Atta bey den Friesen noch
jetzt einen Richter.
Attentat (W3) [Adelung]
Das Attentat, des -es, plur. die -e, in den Rechten, der gewaltsame
Eingriff in die Rechte eines andern, besonders eines Höhern, aus dem
Franz. Attentat und Lat. Attentatum. Einige andere der Ordnung nach
hierher gehörige, sehr überflüssige fremde Wörter, welche im gemeinen
Leben häufig vorkommen, will ich hier nur kurz anführen. Attent, (Lat.
attentus,) aufmerksam; die Attention, (Lat. attentio,) Aufmerksamkeit;
attendiren, (Lat. attendere,) bemerken; das Attestat, des -es, plur.
die -e, das Zeugniß, die Bescheinigung; attestiren, bescheinigen,
bezeugen.
Atter (W3) [Adelung]
Die Atter, plur. die -e, S. Natter.
Attich (W3) [Adelung]
Der Attich, des -es, plur. inusit. eine Pflanze, welche dem Hohlunder
sehr ähnlich siehet, nur daß sie kleiner ist, und zu keinem
dauerhaften Strauche erwächset, sondern jährlich wieder vergehet;
Sambucus Ebulus, L. Wegen dieser ihrer Ähnlichkeit mit dem Hohlunder
wird sie auch Ackerhohlunder, Niederhohlunder, und wegen ihres
medicinischen Gebrauches Heilhohlunder, sonst aber auch Mauerkraut und
Hirschschwanz genannt. Daher die Attichbeeren, die Beeren dieses
Gewächses, und der Attichsaft, der eingekochte Saft derselben, im
Österreichischen die Attichsalse. Im Schwedischen heißt sie Manablod
und Mannaört, im Dänischen Attik und Sommer-Hyld, und im
Niedersächsischen Haddig. Der Nahme Attich kommt mit dem Lat. Acte,
welchen die Pflanze bey den ältern Kräuterkennern führet, überein.
Attisch (W3) [Adelung]
Attisch, adj. et adv. S. Athen.
Attraction (W3) [Adelung]
+ Die Attraction, plur. inusit. aus dem Latein. Attractio, die
Anziehung, anziehende Kraft.
Attribut (W3) [Adelung]
+ Das Attribut, des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Attributum,
die Eigenschaft; eben so überflüssig. Auch in den bildenden Künsten,
wo man gewisse Figuren, so fern sie Unterscheidungsmerkmale einer
Person oder Sache sind, z. B. die Donnerkeile des Jupiter, Attribute
nennet, könnte man es entbehren, weil Beyzeichen bereits dafür üblich
ist.
Atz (W3) [Adelung]
* Die Atz, plur. inusit. ein im Hochdeutschen veraltetes Wort,
welches ehedem Speise bedeutete, und nur noch in den Rechten für
Atzungsrecht, Ausspann, Gastung, Einkehr u. s. f. vorkommt, dasjenige
Recht anzudeuten, welches ein Herr hatte, bey seinen Vasallen
einzukehren und sich von ihnen verpflegen zu lassen; S. Atzung. Az,
von esse, kommt bey den ältesten Fränkischen und Alemannischen
Schriftstellern für Speise vor. In Oberdeutschland ist dieses Wort
auch männliche Geschlechtes, der Atz.
Ätzbar (W3) [Adelung]
Ätzbar, -er, -ste, adj. et adv. 1) Fähig, geätzet zu werden; welche
Bedeutung doch wenig vorkommt, ob sie gleich der Ableitungssylbe -bar
am angemessensten ist. 2) Fähig zu ätzen, in welchem Verstande besonders die Ätzbarkeit üblich ist, die ätzende Kraft, Ätzkraft,
mancher Körper zu bezeichnen.
Ätzbret (W3) [Adelung]
Das Ätzbret, des -es, plur. die -er, bey den Kupferstechern ein
Werkzeug, in welchem sie die radirte Platte mit Scheidewasser ätzen;
die Ätzmaschine, Ätzwiege. S. Ätzen und Ätzwiege.
Ätzdruck (W3) [Adelung]
Der Ätzdruck, des -es, plur. die -drücke, bey den Kupferstechern, der
erste Abdruck einer geätzten Platte, um zu sehen, ob das Ätzwasser
gehörig gewirket hat.
Atzel (W3) [Adelung]
Die Atzel, plur. die -n. 1) Ein Nahme, welcher in einigen
gemeinen Mundarten auch der Älster gegeben wird; S. dieses Wort. 2) So
viel als Assel, S. dieses Wort.
Atzelspecht (W3) [Adelung]
Der Atzelspecht, des -es, plur. die -e, S. Älsterspecht.
Ätzen (W3) [Adelung]
Ätzen, verb. reg. act. welches heutiges Tages in gedoppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Für speisen, zu essen geben, in
welcher Bedeutung es noch 2. Sam. 13, 5. vorkommt: laß meine Schwester
Thamar kommen, daß sie mich ätze. Jetzt gebraucht man es nur noch von
den Vögeln, in engerer Bedeutung, wenn ihnen das Futter in den
Schnabel gelegt wird. So werden die jungen Vögel so wohl von ihren
Alten, als auch von Menschen geätzet. Indessen singt noch Hagedorn:
Der alles sucht und wählt, was Tellerlecker ätzet. Ingleichen, durch
Futter locken, ätzen und anätzen. Ein Thier ätzen, bey den Jägern. S.
auch Anaßen. 2) Durch Säuren oder fressende, besonders flüssige Körper
andere feste Körper wenigstens zum Theil auflösen lassen, beitzen. In
diesem Verstande wird ätzen am häufigsten bey den Kupferstechern
gebraucht, wenn sie Zeichnungen in das Kupfer ätzen, d. i. durch
Scheidewasser einfressen lassen, welches sie mit einem fremden
Kunstworte auch radiren zu nennen pflegen.II. Als ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte haben, für essen oder fressen. In dieser Bedeutung kommt es
größten Theils nur noch bey den Jägern vor, welche es von den
Raubthieren gebrauchen, dagegen sie von dem Rothwildbrete äßen, oder
sich äßen sagen. Auch in dem eben nicht sehr gewöhnlichen Beyworte
urätzig hat ätzig diese mittlere Bedeutung. S. dieses Wort.
Anm. Ätzen
ist das Intensivum von aßen, so fern es ehedem das Activum von essen
war, und speisen bedeutete. In dieser thätigen Bedeutung kommt azan
und azzan schon bey dem Notker und noch ältern Schriftstellern vor;
dagegen essen bey den Kero und den folgenden Schriftstellern ezzan
lautet. Die Oberdeutschen Mundarten sprechen es in der ersten
Bedeutungen nach ihrer Art auch atzen aus, wobey es oft gedehnet wird,
als wenn es aatzen geschrieben wäre. Aichinger unterscheidet äzen oder
azen, escare, ohne Grund von ätzen, oder etzen, scalpere. Ätzen
bedeutet beißen oder essen machen, es mag nun solches eigentlich, oder
figürlich durch Säuren geschehen, so wie beitzen beissen machen
bedeutet.
Atzgeld (W3) [Adelung]
* Das Atzgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, in den
Rechten, dasjenige Geld, welches für die Speisung eines Gefangenen
bezahlet wird. Ingleichen dasjenige Geld, welches ehedem für die
Bewirthung des Landesherren oder seiner Bedienten bezahlet wurde. S.
Schilters Glossar. v. Az.
Ätzgrund (W3) [Adelung]
Der Ätzgrund, des -es, plur. die -gründe, bey den Kupferstechern, ein
Grund von Firniß oder Wachs, welcher auf das Kupfer getragen wird,
damit das Scheidewasser nicht weiter fresse, als ihm vorgeschrieben
worden.
Ätzkraft (W3) [Adelung]
Die Ätzkraft, plur. die -kräfte, die ätzende Kraft, das Bestreben mancher Körper, andere aufzulösen.
Ätzkunst (W3) [Adelung]
Die Ätzkunst, plur. inusit. die Kunst, Figuren mit Scheidewasser in
eine kupferne Platte zu ätzen; die Radier-Kunst.
Ätzpulver (W3) [Adelung]
Das Ätzpulver, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Wundärzten, ein
fressendes Pulver, wildes Fleisch u. s. f. damit wegzuschaffen.
Ätzstein (W3) [Adelung]
Der Ätzstein, des -es, plur. die -e, ein Stein, der zu eben dieser
Absicht dienet, und an wohlfeilsten aus einer scharfen mit
ungelöschtem Kalke bereiteten Lauge bis zur Steinhärte eingesotten
wird; Lapis causticus chirurgorum. S. auch Höllenstein.
Ätztaube (W3) [Adelung]
Die Ätztaube, plur. die -n, eine Nahme, womit man in einigen Gegenden
eine Locktaube beleget, vermittelst welcher andere Tauben geätzet, d.
i. angelockt und gefangen werden.
Atzung (W3) [Adelung]
* Die Atzung, plur. inus. ein größten theils veraltetes Wort, von dem
Zeitworte atzen oder ätzen, speisen. 1) Die Handlung des Speisens, die
Speisung oder Fütterung, in welcher Bedeutung es noch zuweilen in
Oberdeutschland vorkommt. 2) Womit geätzet, oder gefüttert wird, die
Nahrung der Fische und des Federviehes, und bey den Jägern auch des
Wildbretes; ingleichen die Lockspeise des Wildes, er Fische und Vögel.
In dieser Bedeutung ist auch das Niedersächsische Atung oder Ätung
üblich. 3) Das Recht, welches ein Landesherr hat, bey seinen
Unterthanen oder Vasallen einzukehren und sich oder seine Bedienten
von ihnen verpflegen zu lassen; die Atz, das Atzungsrecht, die
Atzungsgerechtigkeit, das Ablager, die Ausspann, Futter und Mahl, die
Einkehr u. s. f. in dem Lateine der mittlern Zeiten Jus Albergariae,
von Alberga, Herberge. So sehr dieses Recht besonders die Beherbergung
und Speisung der Jagdbedienten betrifft, wird es auch die Jägerätzung,
und in Baiern das Nachtzill, Nachtziel, oder Nachtfels genannt.
Ätzwasser (W3) [Adelung]
Das Ätzwasser, des -s, plur. ut nom. sing. ein ätzendes Wasser.
Ätzwiege (W3) [Adelung]
Die Ätzwiege, plur. die -n, bey den Kupferstechern, eben so viel als
Ätzbret, weil die Kupferplatte, wenn sie hinein gelegt und mit
Scheidewasser begossen worden, vermittelst der bogigen Füße, die diese
Werkzeug hat, in derselben gleichsam gewieget wird, die Kraft des
Scheidewassers dadurch zu vermehren.
Au (W3) [Adelung]
Au, ein Doppellaut, welcher vorzüglich Fränkischen und Oberdeutschen
Mundarten, besonders aber der spätern Zeiten eigen ist. Die ältesten
Fränkischen und Alemannischen Schriftsteller kennen diesen
unangenehmen Doppellaut zwar auch, allein er kommt doch bey ihnen
sparsamer vor, als in den folgenden Zeiten; denn noch lange nach den
Zeiten der Schwäbischen Kaiser sagte man in Meißen, Schwaben und
Franken, so viel wie in Niedersachsen, Hus, Hut, Brut, lut, Lune,
luzen, für Haus, Haut, Braut, laut, Laune, lauschen. Erst in der
letzten Hälfte des funfzehnten Jahrhundertes, da die Oberdeutschen
Mundarten überhaupt eine merkwürdige Veränderung erlitten, wurden au
und eu häufiger.Indessen weichen die Oberdeutschen Mundarten in der
Aussprache dieses Doppellautes gar sehr von einander ab. Die gezierte
Aussprache einiger Meißnischer Gegenden verwandelt ihn bald in ein
langes o, wie in Ooge, koofen, loofen, erlooben, für Auge, kaufen,
laufen, erlauben, bald in ein langes e, wie in beteebt, erseefen, für
betäubt, ersäufen. Die Schlesische folgt ihr hierin in einigen Wörtern
nach, in andern aber lässet sie statt dessen ein oa hören, wie in
Moal, soafen, für Maul, saufen, und in noch andern lässet sie nach Art
der Niedersachsen das a gar weg, wie in druf, für drauf. Die
Pfälzische und einige andere Rheinische Mundarten, haben in vielen
Fällen noch das alte aw, oder auv beybehalten, wie in Frauven. Die
Schwaben verwandeln ihn gern in ein dunkeles langes a, die Franken in
ein helles gedehntes a, die rauhe Schweizerische Mundart in ou u. s.
f.Die Niedersachsen, deren Mundart, überhaupt genommen, gelinder, und
biegsamer ist, als die Oberdeutsche, haben diesem Doppellaute nur in
sehr wenig Wörtern den Zutritt verstattet, indem sie dessen Stelle
durch o, ö und u vertretten lassen, wie in lopen, köpen, Söge, Huus,
Luus, up, ut, u. s. f. für laufen, kaufen, Sau, Haus, Laus, auf, aus.
Einige rauhere, besonders Westphälische Mundarten kommen hierin den
Oberdeutschen schon näher, und verändern wohl gar das a und o in au,
wie in slaupen, jau, Braut, Baunen u. s. f. für schlafen, ja, Brot,
Bohnen, welches auch einige gröbere Oberdeutsche Mundarten thun, wenn
sie für
a, o und u ein au hören lassen, und lauben, graub, Schauld, Gedauld,
für laben, grob, Schuld, Geduld sprechen.
Äu (W3) [Adelung]
Äu, gleichfalls ein Doppellaut, welcher in der Aussprache von dem eu
und ei gehörig zu unterscheiden ist. Er findet sich nur in solchen
Wörtern, welche in der Stammsylbe ein au haben, und in der Biegung und
Ableitung den Umlaut bekommen: Haus, Häuser, Glaube, gläubig, außer,
äußern, schlaudern das Neutrum, schläudern das Activum, läugnen, von
dem alten Oberdeutschen laugnen. Daß dieses äu kein Dreylaut ist,
erhellet aus dem was bey dem ä gesagt worden. Statt dessen aü
schreiben zu wollen, ist eine unnütze Grille, weil auf keiner Seite
etwas dabey gewonnen, und daher der allgemeine Gebrauch ohne alle Noth
verletzet wird. S. auch die Orthogr. Th. 1, S. 144.
Au (W3) [Adelung]
Au, der natürliche Ausdruck eines lebhaften körperlichen Schmerzens,
der vorzüglich den Niedersachsen eigen ist, und gemeiniglich mit weh!
verbunden wird, au weh! Nieders. au wei! Die Oberdeutschen Mundarten
ersetzen diesen Au durch Ach! Ah! und O! Indessen ist doch auch jenes
schon alt, wie aus dem griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - erhellet. S. Ach, Ah und O. Au weh ich bin in tausend
Schmerzen! Opitz.
Au (W3) [Adelung]
Die Au, S. Aue.
Auch (W3) [Adelung]
Auch, eine Conjunction, welche alle Mahl eine Vermehrung des vorher
gehenden, oder einen Zusatz zu demselben andeutet, und so wohl
einzelnen Wörtern, als auch ganzen Sätzen zugesellet wird.I. In
Ansehung einzelner Wörter vertritt es die Stelle des und, nur daß es
nicht so scharf verbindet, als diese, sonders mehr einen Zusatz
bezeichnet. Reichthum und Ehre, auch Vergnügen, alles ist eitel. Ein
redlicher, wie auch ein gelehrter Mann. Es sind nunmehr alle Anstalten
zu Aufzeichnung der jungen Leute, auch Aushebung der Mannschaft
gemacht worden. Ingleichen, in Gesellschaft der sich auf einander
beziehenden Partikeln, nicht allein - sondern auch; so wohl - als
auch. Er hat nicht allein seyn Vermögen, sondern auch seinen guten
Nahmen verloren. So wohl dieses, als auch jenes ist mir verächtlich.
Er hat so wohl dich, als auch mich eingeladen. Der Reichthum theilet
so wohl den Adel, als auch die Schönheit mit. S. Als, wo bereits
bemerket worden, daß das auch in diesem Falle auch weggelassen werden
kann. Oft dienet es auch dem und zur Begleitung. Im Walde, und auch
auf dem Felde. Zuweilen bezeichnet diese auch, eine Steigerung oder
Gradation der Begriffe, und kann alsdann mit sogar verwechselt werden.
Und wenn ich noch zehn, auch zwanzig Jahr warten sollte. Einen noch
häufigern Gebrauch aber macht man von dieser Partikel,II. In
Verbindung ganzer Sätze, indem es so wohl einstimmige, als auch
entgegen stehende Sätze an einander knüpfet.1. Bey einstimmigen Sätzen
ist die Verbindung oft ganz einfach, und dient bloß einen Zusatz zu
dem vorigen anzudeuten. Graben mag ich nicht, so schäme ich mich auch
zu betteln. Weil dadurch alle Hoffnung zur Einigkeit benommen, auch
vieles Ärgerniß angerichtet wird. Selbst zu Anfange eines Satzes oder
einer Periode. Auch ist noch dieses zu bemerken, daß u. s. f.
Besonders wenn eine Sache, welche bereits von einem Subjecte behauptet
worden, oder als bekannt voraus gesetzet wird, noch von einem andern
Subjecte behauptet wird. Bejahen sie etwas, so sagt er auch ja. Ich
werde mich nicht auch verführen lassen. Seitdem ich sie traurig
gesehen habe, habe ich große Lust es auch zu seyn, Gell. Um des
Nachdruckes willen wird dieses auch dem zweyten Subjecte auch wohl
vorgesetzet. Auch er scheint zu glauben, daß u. s. f. Sie haben mir ja
gemeldet, daß auch sie eine erfreuliche Nachricht erhal-ten hätten,
Gell. In einigen Fällen kann es in dieser Bedeutung seine Stelle auf
mancherley Art verändern, nachdem es der Ton oder der Nachdruck der
Rede erfordert; z. B. er ist auch ein solcher, oder auch er ist ein
solcher, oder ein solcher ist er auch.Auch begleitet in dieser
Bedeutung gern die verbindenden Partikeln nicht nur, oder nicht allein
- sondern auch, und so wohl - als auch, und zu der erstern ist es
sogar unentbehrlich. Die Räuber haben ihn nicht allein geplündert,
sondern auch verwundet. Ich habe ihn nicht allein gesehen, sondern
auch gesprochen. Er wurde so wohl geehret, als auch zu den vornehmsten
Bedienungen befördert.Zuweilen bezeichnet es eine Gradation, und da
wird es dem Nennworte, welches diese Steigerung enthält, alle Mahl
vorgesetzet. Auch dieses will ich noch entschuldigen. Es ist auch
nicht Einer davon gekommen. Die Tugend macht auch die Armen reich.
Auch die vergangene Zeit hat keine Freude mehr für mich. Wollen sie
mir auch dieses Vergnügen nicht gönnen. Auch seyn Vergehen ist noch
ein Verdienst, Gell. Ja, wie sie sehen, auch an meinem Geburtstage
kann ich nicht ohne Arbeit seyn, ebend.2. In entgegen stehenden Sätzen
hat diese Partikel am häufigsten eine einräumende oder zulassende
Kraft, und gehöret alsdann zu den concessiven Conjunctionen. Es
geschehe auch, wenn es wolle. Wie oft es auch wolle. Wer er auch ist.
Ich wollte ihm diese Beleidigung, so groß sie auch ist, gerne
vergeben, Gell. Sie kommen nicht zu einander, so sehr er es auch
wünscht. Verlier ich doch, so mächtig ich auch bin, An dir den Ruhm der größten Zauberinn, Gell. 3. In andern Fällen begleitet es zuweilen
die Ursache eines vorhergenden Ausspruches, besonders in Gesellschaft
mit dem aber. Er ist gelehrter als du, er ist aber auch älter.
Besonders wenn in dieser Ursache zugleich ein Verweis verborgen
lieget. In welcher Angst bin ich! aber warum habe ich ihn auch
hergeführet? Warum läßt er mich auch nicht zufrieden? Ja wohl, wer
heißts ihm auch? Rost. Er ist auch nicht dumm.Oft drucket es auch eine
Verbindung aus, und stehet alsdann so wohl mit als ohne wenn. Gewinnen
sie auch nichts damit, so sollen sie es doch zeitlebens genießen; oder
wenn sie auch nichts damit gewinnen, u. s. f. Wenn sie es nun auch
gethan hätte. Wenn sie nun auch diese Stunde ein Wahl verlegte.
Endlich,4. Gehöret hierher noch ein doppelter Gebrauch dieser
Partikel, welchen sich besonders die Kanzelleyen eigen gemacht haben.
1) Nachschriften an Briefen und Memorialen damit anzufangen. Auch
Gnädigster Fürst und Herr. 2) Wenn mehrere Personen von
unterschiedenem Stande zugleich an eine andere schreiben, so wird der
in den Titulaturen nöthige Unterschied alsdann durch auch bemerket. Im
Jahre 1741 schrieb das Churfürstliche Collegium an das Capitul zu
Aachen und titulirte es: Ehrsame, auch Würdige, Liebe Andächtige und
Besondere, auch gute Freunde; in welchem Falle die Titel Ehrsame, und
Liebe Andächtige und Besondere, von den in Person gegenwärtigen
Churfürsten, die übrigen aber von der Gesandten der Abwesenden
verstanden werden müssen.III. Dienet diese Partikel in vielen Fällen
bloß die Rede zu ergänzen, und ihr die gehörige Ründe und
Vollständigkeit zu geben, ohne daß sie eben eine merkliche eigene
Bedeutung hätte. So hilfst sie zuweilen eine Bejahung verstärken; z.
B. jedermann nennet ihn gelehrt, und er ist es auch. Diese bejahende
Kraft hatte schon das Gothische auk und das alte Schwedische ok, aber
auf eine weit mehr hervor stechende Art.Auch in solchen Ausdrücken,
welche eine Besorgniß, einen Einwurf u. s. f. enthalten, ist diese
Partikel sehr bequem, den Numerum der Rede zu ergänzen. Wenn die
Steine nur auch echt sind. Wenn ihn der Bediente nur auch angetroffen
hat, Gell. Ach, wenn ich nur auch heute zu einer Sache geschickt wäre,
die so viele Überlegung erfordert, ebend.Am häufigsten wird dieses
Wörtchen in Fragen gebraucht, besonders, wenn sie einen versteckten
Einwurf enthalten. Ist dirs auch lieb? Ist es ihnen auch zuwider, wenn
ich zu ihnen komme? Haben sie mich auch noch lieb? Soll ichs auch
glauben? Ist es denn auch gewiß, oder betriegen mich meine Augen?
Gell. Geht dirs auch nahe? ebend. Aber wissen sie denn auch, daß sie
dazu verbunden sind? ebend.Zuweilen begleitet es den Ausdruck der
Ironie: jetzt ist es auch Zeit zu weinen. Ingleichen des Unwillens:
die verdammte Post, ich weiß auch nicht wo sie bleibt! Eines gelinden
Verweises: sie bitten sich auch sehr geringe Dinge aus u. s. f.Wenn
diese Partikel bloß zur Ergänzung der Rede dienet, hat sie den Ton
niemahls. Überhaupt bekommt sie denselben selten, und fast nur
alsdann, wenn sie zur Behauptung eines Prädicates von einem zweyten
Subjecte dienet.
Anm. Auch, Goth. auk, bey dem Kero und Isidor auh, bey
dem Willeram, Ottfried und Tatian ouh, Angels. eake, eke, Nieders.
ook, Holländ. oock, Dänisch og. Schwed. ok und och, Isländ. og, kommen
mit dem Latein. ac, quoque, und dem Griech. - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - genau überein, selbst in der Bedeutung, indem auch
bey den ältesten Alemannischen Schriftstellern sehr häufig für und
gebraucht wird. Selbst das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ach und ko,
auch, gehören hierher. Im Gothischen kommt auch das Verbum aukan,
vermehren, vor, welches bey den Alemannen auhhen und auhhon, bey den
Angelsachsen aecan, eacan, alt Engl. eke, lautete. Die Schwed.,
Holländ., Dänen und Nieders. haben es noch. Das Griech. - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - und, das alte Latein. aucare bey dem Plautus, und das
spätere augere, sind genau damit verwandt, und es ist
wahrscheinlicher, daß das Verbum von der Partikel abstammet, als daß
diese von jenem entsprungen seyn sollte. Die alten Alemannen und
Franken hatten noch einen Partikel joch. bey Kero iohauh, bey dem
Notker, Isidor und Ottfried ioh, welche aus ja auch zusammen gesetzet
ist, und von ihnen alle Mahl da gebraucht wurden, wo wir unser auch
setzen. Das einfache auch hingegen wurde von ihnen größten Theils für
und, und sondern gebraucht. Dieses joch ist einigen Oberdeutschen
Mundarten noch vorhanden.
Auction (W3) [Adelung]
Die Auction, plur. die -en, ein öffentlicher Verkauf an die
Meistbiethenden. In die Auction gehen. Eine Auction halten. Etwas in
der Auction erstehen. Daher auctioniren, an die Meistbiethenden
verkaufen; der Auktionator, des -s, plur. die -tores, der diesem
Verkaufe vorgesetzet ist, und denselben vollziehet, u. s. f. Dieses
Wort hat sich aus dem Lateine der mittlern Zeiten in das Deutsche
eingeschlichen; S. du Fresne v. Auctionarii. Die Oberdeutschen, welche
statt dessen Gant, Vergantung, Ausschlag, Ausruf, Feilbiethung,
Mehrschatz, Steigerung, Versteigerung u. s. f. gebrauchen, sind ein
Beweis, daß man dieses fremde Wort gar wohl entbehren könnte.
Audienz (W3) [Adelung]
Die Audienz, plur. die -en, die Handlung, da eine höhere, besonders
fürstliche Person, das Anbringen einer geringern anhöret; das Gehör.
Einen zur Audienz lassen. Einem Audienz geben. Audienz bey einem
haben. Bey dem Kammergerichte zu Wetzlar wird die öffentliche Anhörung
der Parteyen gleichfalls ei-ne Audienz genannt. Die gerichtliche
Audienz, der der Kammerrichter selbst beywohnet. Die außerordentliche
Audienz, wobey nur ein Präsident, nebst einem oder zweyen Beysitzern
gegenwärtig ist. Daher die Audienz-Tag, der Tag, an welchem ein
Höherer Audienz gibt, ingleichen am Kammergerichte zu Wetzlar, der
Gerichtstag; das Audienz-Zimmer, oder Audienz-Gemach, in welchem ein
Höherer Audienz ertheilet, u. s. f. Auch dieses Wort ist aus dem
Lateinischen, in welchem Audientia schon bey dem Sulpitius Severus, in
den Gesetzen der Westgothen, der Burgundier u. s. f. so wohl für
Gericht, als auch von einer feyerlichen Versammlung vorkommt. S. du
Fresne h. v.
Auditeur (W3) [Adelung]
Der Auditeur, (sprich Auditör,) des -s, plur. die -s, der Richter bey
dem Soldatenstande, der alle vorkommende Prozesse und andere Sachen im
Nahmen des Feldherrn oder Obersten entscheidet; ehedem der
Kriegesrichter, Feldrichter, Krieges- oder Feldschuldheiß,
Regiments-Richter. Der General-Auditeur, dessen Amt sich über ein
ganzes Kriegesherr erstrecket. der Ober-Auditeur, der bey einem
kleinen Corps die Stelle des General-Auditeurs vertritt, oft daher nur
ein bloßer Titel ohne Bedeutung ist. Der Regiments-Auditeur, welcher
auch nur der Auditeur schlechthin genannt zu werden pfleget, der die
gerichtlichen Sachen bey einem Regimente, unter des Obersten Aufsicht
verwaltet. Das Latein. Auditor bedeutete schon in dem Römischen Rechte
einen Richter, und hat diese Bedeutung in allen neuern aus der
Lateinischen entstandenen Sprachen behalten. S. du Fresne v. Auditor.
Man glaubt, daß das Amt und der Nahme eines Auditeurs zu Carls der
Fünften Zeiten aus Spanien nach Deutschland gekommen.
Aue (W3) [Adelung]
Die Aue, plur. die -n. 1) * Ein fließendes Wasser, welche Bedeutung
aber im Hochdeutschen nicht mehr üblich ist. Indessen führen in ganz
Niedersachsen noch viele Flüsse den Nahmen der Auen, und im
Holsteinischen ist dieses Wort in dieser Bedeutung noch häufiger. 2)
Eine an einem solchen Wasser gelegene Gegend, eine von Flüssen
durchschnittene und folglich fruchtbare Gegend, dergleichen in dem
nördlichen Thüringen die goldene Aue ist. 3) In weitere Bedeutung, ein
gutes Weideland, ein Feld, wo gute Weide ist, weil Gegenden, die an
Flüssen liegen, vorzüglich gute Weide zu haben pflegen. Sit das der
winter hat die bluomen in getan Der kleinen vogelin sussen sankIn
walde und auch in ouwen, König Wenzel. Er weidet mich auf grüner Auen,
(Aue) Ps. 23, 3. Ich will sie in ihr Land führen, und will sie weiden
auf den Bergen Israel, und in allen Auen, und auf alle Angern des
Landes, Jerem. 34, 13. Diese Bedeutung ist heut zu Tage im gemeinen
Leben nur noch an einigen Orten üblich, in der höhern und poetischen
Schreibart aber kommt sie desto häufiger vor. Sängerinn der schönsten
Aue, Gleim. 4) In noch weiterer Bedeutung, ein jeder grüner oder mit
Gras bewachsener Platz, ein Anger. In diesem Verstande bedeutet Aue in
Oberdeutschland und besonders in Schlesien einen mitten im Dorfe
gelegenen grünen Platz. S. Aurecht.
Anm. Aue, bey dem Ottfried ouu, bey
den Schwäbischen Dichtern owe, gehöret ohne Zweifel zu Ach, so ferne
es Wasser, und besonders ein fließendes Wasser bedeutet, welches auch
Aha, Auha, Aucha und Acha geschrieben wurde; S. Ach. Luther gebraucht
es oft für Weide, decliniret es aber nach Oberdeutscher Art, Genit.
der Auen u. s. f.
Auenhirsch (W3) [Adelung]
Der Auenhirsch, S. Auhirsch.
Auenrecht (W3) [Adelung]
Das Auenrecht, S. Aurecht.
Auerhahn (W3) [Adelung]
Der Auerhahn, des -es, plur. die -hähne, Fämin. die Auerhenne, plur.
die -n, das größte Federwildbret in Deutsch-
land nach den Trappen, so zu den wilden Hühner gehöret, und zur hohen
Jagd gerechnet wird; Tetrao Urogallus, L. Diese Thier hält sich in
bergigen Waldungen auf. An einigen Orten nennt man auch die Truthühner
oder wälsche Hühner, zahme Auerhühner.
Anm. Die erste Hälfte dieses
Nahmens ist ein sehr altes Wort, welches in den ältesten Zeiten in
Oberdeutschland Ur, ohne Doppellaut, ausgesprochen wurde; S. Auerochs.
Frisch leitet es auf eine sehr gezwungene Art von Aue her, da es denn
auch ein Thier bedeuten soll, welches sich Einöden oder an Auen und
Flüssen aufhält. Allein es ist wahrscheinlicher, daß Ur in den
ältesten Zeiten wild bedeutet habe, welche Bedeutung auch das
Gothische und Isländische Aer und Yr haben. S. auch Ar. Übrigens wird
dieser Vogel im Deutschen auch Urhahn, Spillhahn, Alphahn und
Bergfasan, im Norwegischen Aarfugle, im Dänischen Auerhane, im
Schwedischen Orre, Orrhane, Törrhane, Käder, Köddra, Ködderfogel, im
Isländ. Thidra, im Osnabrückischen Kurhahn, und in andern Gegenden
Gurgelhahn genannt. Einige dieser Nahmen hat er vor seinem
durchdringenden kollernden Geschreye, welches der Hahn in der Balzzeit
macht.
Auerhahnbalz (W3) [Adelung]
Die Auerhahnbalz, plur. inusit. die Begattung des Auerhahnes mit der
Auerhenne; ingleichen die Zeit, wenn solches zu geschehen pflegt.
Auerhahnbeller (W3) [Adelung]
Der Auerhahnbeller, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner
brauner Hunde, welche die Auerhähne aufsuchen, sie zu Baume jagen, und
so lange vor ihnen bellen, bis ihnen ein Schuß angebracht worden.
Auerhenne (W3) [Adelung]
Die Auerhenne, S. Auerhahn.
Auerochs (W3) [Adelung]
Der Auerochs, des -en, plur. die -en, eine Art großer wilder Ochsen,
von brauner und schwarzer Farbe, mit buckeligen Rücken und zotigen
Halse und Schultern, von welchen unser zahmer Stier abstammet. Fämin.
die Auerkuh, ein Junges das Auerkalb. In manchen Gegenden wird er noch
Urochs genannt. In Sachsen wurden ehedem an der Großenhainer Straße
dergleichen wilde Ochsen in dem Auerhause aufbehalten, welche ihren
eigenen Auerwärter hatten.
Anm. Die Römer kannten dieses Thier nur
durch ihre Nachbarn die Gallier und südlichen Deutschen, entlehneten
auch von ihnen dessen Nahmen. Uri enim Gallica vox est, qua feri boves
significatur, sagt daher Macrobius Saturnal. B. 6. Kap. 4. Als
Deutschland noch voller Wälder war, hatte es auch einen Überfluß an
Auerochsen. Diejenigen, welchen sich damahls in dem Harzwalde
aufhielten, beschreibt Aimonius Histor. Franc. B. 1, Kap. 1. sehr
figürlich, und der Mönch von St. Gallen versichert B. 2, Kap. 11. daß
sich Carl der Große oft mit der Auerochsenjagd belustiget habe. Als
Deutschland mehr bevölkert wurde, haben sich diese Thiere, so wie
viele andere, verloren. Jetzt trifft man sich noch in Pohlen und
Preußen, in dem letztern Lande aber nur noch sehr sparsam an. Im
Pohlnischen heißt dieses Thier Tur, Thuri, ohne Zweifel von dem alten
thor, groß, davon auch Taurus abstammet, S. Thor; daher man muthmaßen
könnte, daß auch Ur und das spätere Oberdeutsche Auer eine gleiche
Bedeutung gehabt, S. Ur. Die Schweizer nennen nach Schilters
Versicherung noch jetzt einen jeden Ochsen einen Uren. Im Englischen
heißt der Auerochs Ureox, und Owre. S. auch Bison und Büffel.
Auerwärter (W3) [Adelung]
Der Auerwärter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Wärter der
Auerochsen, S. das vorige. 2) Ein Wärter der Auerhähne, für
Auerhahnwärter.
Aufacht (W3) [Adelung]
* Die Aufacht, plur. inusit. ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort
für Achtung, Acht, oder Aufmerksamkeit, Vorsicht. Die Aufacht der
Bekannten, Opitz. Außerdem kommt es auch in Kaiser Rudolphs des
Zweyten Majestätsbriefe für die Schlesier, und in andern Urkunden der
mittlern Zeit vor.
Aufackern (W3) [Adelung]
Aufackern, verb. reg. act. 1) Durch Pflügen heraus bringen. Einen
Stein, eine Wurzel aufackern. 2) Nochmahls ackern, durch ein
wiederholtes Acker locker machen. Ein Stück Feldes aufackern. 3) Eine
Platte aufackern, bey den Kupferstechern, sie zur schwarzen Kunst mit
dem Schabeeisen rauh machen. So auch die Aufackerung.
Aufarbeiten (W3) [Adelung]
Aufarbeiten, verb. reg. act. 1) Allen Vorrath zur Arbeit verbrauchen,
verarbeiten. Das Leder ist schon aufgearbeitet. 2) Durch Arbeit
öffnen, mit Mühe öffnen. Einen Graben, eine Thür, ein Schloß
aufarbeiten. Daher die Aufarbeitung.
Aufätzen (W3) [Adelung]
Aufätzen, verb. reg. act. durch ätzende Mittel öffnen, aufbeitzen.
Ein Geschwür aufätzen. Daher die Aufätzung.
Aufbacken (W3) [Adelung]
Aufbacken, verb. irreg. act. S. Backen. 1) Alles Mehl aufbacken, verbacken, zum Backen verbrauchen. 2) Von neuen backen. Altbackene, Semmeln wieder aufbacken
Aufbahren (W3) [Adelung]
+ Aufbahren, verb. reg. act. im gemeinen Leben, auf die Bahre setzen.
Er tritt und steht, man bahrt den Damon auf, Gell. Daher die
Aufbahrung.
Aufballen (W3) [Adelung]
Aufballen, verb. reg. act. Waaren aufballen, in Ballen gepackte
Waaren auf einander setzen.
Aufbansen (W3) [Adelung]
Aufbansen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, besonders
Obersachsens, in den Bansen der Scheuern auf einander legen. Das
Getreide aufbansen. In manchen Niedersächsischen Gegenden wird es für
aufhäufen überhaupt gebraucht. Die aus einem Graben geworfene Erde zu
nahe am Ufer aufbansen. Daher die Aufbansung. S. Banse.
Aufbauen (W3) [Adelung]
Aufbauen, verb. reg. act. in die Höhe bauen, besonders, ein
eingegangenes Gebäude wieder herstellen. Eine abgebrannte Stadt, ein
verwüstetes Dorf, ein eingefallenes Haus wieder aufbauen. Daher die
Aufbauung.
Aufbaumen (W3) [Adelung]
* Aufbaumen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert,
auf einen Baum springen oder klettern; ein Wort, welches nur bey den
Jägern gehöret wird. Der Luchs, die Katze, der Marder baumet auf, hat
aufgebaumet, ist auf einen Baum gesprungen.
Aufbeben (W3) [Adelung]
Aufbeben, verb. reg. neut welches das Hülfswort seyn erfordert,
bebend in die Höhe steigen, sich bebend erheben, in der
edlernSchreibart. Aber hiervon zittert mein Herz, und bebet von seiner
Stelle auf, Hiob 37, nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. Der
die Erde von ihrer Stelle aufbeben läßt, Hiob 9, 6. nach eben
derselben. Welch klögliches Geschrey Bebt zu den Fenstern auf! Wiese.
Aufbefinden (W3) [Adelung]
+ Aufbefinden, verb. reg. recipr. ( S. Finden,) welches nur noch im
gemeinen Leben von dem Befinden der Gesundheit gebraucht wird. Sich
wohl, sich übel aufbefinden. Die Schäfer befinden sich niemahls besser
auf, als wenn sie von Gift und Dolche reden, Raben.
Aufbehalten (W3) [Adelung]
Aufbehalten, verb. reg. act. S. Halte. 1) Zum künftigen Gebrauche
erhalten. Früchte, Fleisch aufbehalten. Diese Waare läßt sich nicht
aufbehalten. Eine größere Glückseligkeit ist nur für ein anderes Leben
aufbehalten, Dusch. Vielleicht hat dir die Vorsicht Prüfungen
aufbehalten, ebend. 2) Auf dem Kopfe behalten, doch nur im gemeinen
Leben. Den Hut, die Mütze aufbehalten. Daher die Aufbehaltung.
Aufbeißen (W3) [Adelung]
Aufbeißen, verb. irreg. act. S. Beißen, durch Beißen öffnen, so wohl
eigentlich, mit den Zähnen oder dem Schnabel: eine Nuß, eine Mandel
aufbeißen; als auch figürlich von scharfen, beißenden Feuchtigkeiten.
Das Scheidewasser hat die Haut aufgebissen. So auch die Aufbeißung.
Aufbeitzen (W3) [Adelung]
Aufbeitzen, verb. reg. act. durch beitzende Mittel öffnen. Ein
Geschwür aufbeitzen. Daher die Aufbeitzung.
Aufbereiten (W3) [Adelung]
Aufbereiten, verb. reg. act. welches vorzüglich im Bergbaue üblich
ist, für zubereiten, besonders von dem Zubereiten der Erze durch
Waschen und Pochen zum Schmelzen. Die Zinngießer verstehen unter
aufbereiten, im Gegensatze des Drehens, alle Arbeit, die nicht bloß im
Drehen bestehet, sondern gelöthet, zusammen gesetzet u. s. f. wird.
Sie sprechen es gemeiniglich aufbreiten aus; allein es scheinet wohl
füglicher zu bereiten als zu breit zu gehören. Daher die Aufbereitung.
Aufbergen (W3) [Adelung]
* Aufbergen, verb. reg. act. (von Berg,) welches nur in der
Landwirthschaft einiger Gegenden, z. B. der Mark Brandenburg, üblich
ist, den Acker in der Mitte des Rückens erhöhen, daher es daselbst
auch aufrücken genannt wird.
Aufbersten (W3) [Adelung]
Aufbersten, verb. irreg. neutr. ( S. Bersten,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, durch Bersten geöffnet werden. Die Erde ist
aufgeborsten. Ein aufgeborstenes Land. Daher die Aufberstung.
Aufbetten (W3) [Adelung]
+ Aufbetten, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich
ist, ein Bett aufschlagen. Es ist schon aufgebettet worden. Daher die
Aufbettung.
Aufbewahren (W3) [Adelung]
Aufbewahren, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauch bewahren.
Sommerobst läßt sich nicht lange aufbewahren.
Aufbicken (W3) [Adelung]
Aufbicken, verb. reg act. mit dem Schnabel öffnen, aufhacken. Eine
Nuß aufbicken, von den Vögeln. Daher die Aufbickung.
Aufbiegeln (W3) [Adelung]
Aufbiegeln, S. Aufbügeln.
Aufbiegen (W3) [Adelung]
Aufbiegen, verb. irreg. act. S. Biegen, in die Höhe biegen. Daher die
Aufbiegung.
Aufbiethen (W3) [Adelung]
Aufbiethen, verb. irreg. act. ( S. Biethen,) welches nach Maßgebung
des verschiedenen Gebrauches des einfachen Verbi auch von
verschiedener Bedeutung ist.1. So fern biethen, für befehlen gebraucht
wird, bedeutet aufbiethen eigentlich, befehlen aufzustehen, welche
Bedeutung aber nicht gebräuchlich ist. Indessen ist noch die
figürliche davon vorhanden, die Unterthanen zu Krieges- oder andern
Diensten berufen, an einigen Orten auch aufmahnen. Alle junge
Mannschaft aufbiethen. Das Landvolk aufbiethen. Den zehenten
Mann aufbiethen. Der aufgebothene Abel. Die Bauern zur Verfolgung
eines Übelthäters, zur Jagdfrohne u. s. f. aufbiethen. Luther
gebraucht dafür aufgebiethen. Als nun Judas hörete, wie gräulich man
mit seinen Brüdern gehandelt hätte, geboth er seinen Leuten auf, 2.
Maccab. 12, 5. Ingleichen aufbiethen. Und ließ den Juden auch
aufbiethen, 1. Maccab. 9, 63; welche im Hochdeutschen ungewöhnliche
Verbindung mit dem Dative noch jetzt in der Schweiz üblich ist. Im
Oberdeutschen sagt man auch, ein Frauenzimmer zum Tanze Aufbiethen,
wofür im Hochdeutschen auffordern gewöhnlicher ist.2. Von biethen,
verkündigen, bekannt machen, hat das zusammen gesetzte aufbiethen
folgende Bedeutungen. 1) Ein Paar Verlobte aufbiethen, ihre bevor
stehende Verbindung von Der Kanzel öffentlich bekannt machen; in
Oberdeutschland verkündigen, abbiethen, abrufen, ausrufen, in
Niedersachsen abkündigen. Daher rühret vermuthlich auch der im
niedrigen Umgange übliche Gebrauch für ausschelten, schmähen. 2) Feil
biethen, ausbiethen. In einer öffentlichen Auction aufbiethen. Welche
Bedeutung im Hollsteinischen am gewöhnlichsten ist. 3) Gerichtlich
aufkündigen, aufsagen. Ein Pfand aufbiethen, de Eigenthümer dessen
Einlösung anbefehlen. Diese Bedeutung, von welchen Haltaus v.
Aufbiethen nachgesehen werden kann, ist noch nicht veraltet,
wenigstens kommt sie noch unter den Deutschen in Petersburg vor.3. *
Von biethen, reichen, war dieses Zeitwort ehedem auch für aufheben, in
die Höhe halten, üblich, daher man auch sagte, mit aufgebothenen
Fingern schwören. S. Haltaus v. Aufgeboten. Allein diese Bedeutung
wird im Hochdeutschen nicht mehr gebraucht.Daher die Aufbiethung in
allen obigen Fällen. S. auch Aufgeboth.
Aufbinden (W3) [Adelung]
Aufbinden, verb. irreg. act. S. Binden 1) In die Höhe binden. Die
Haare aufbinden. Mit aufgebundenem Haar, Ram. Oder ich hülfe dir, die
flatternden Gewächse an Stäben aufbinden, Geßn. 2) Das abgehauene
Getreide in Garben zusammen binden und aufstellen. Das Getreide
aufbinden. 3) Mit einem Bande auf etwas befestigen. Den Mantelsack
aufbinden, oder dem Pferde den Mantelsack aufbinden. Figürlich, doch
nur im gemeinem Leben, einem etwas aufbinden, oder es ihm auf dem
Ärmel binden, ihn vorsetzlich einer Unwahrheit bereden, wie aufhäften.
4) Was zugebunden ist, durch Nachlassung und Auflösung des Bandes
öffnen. Den Sack aufbinden. Eine Wunde aufbinden. So auch die
Aufbindung.
Aufblähen (W3) [Adelung]
Aufblähen, verb. reg. act. durch Entwickelung der im Innern
befindlichen Luft ausdehnen; geschiehet selbiges durch Einblasen der
Luft, so heißt es aufblasen. 1) Eigentlich. So sagt Opitz von einer
Blase: Sie bläht sich eilends auf, und wird auch eilends Wind. Und
Wieland: Die volle Brust, muthwillig aufgebläht. 2) Figürlich. (a)
Sich aufblähen, Stolz und eingebildete Verdienste im Äußern verrathen.
Noch blähen sie sich auf, und dörfen sich erheben,Als jeder, gebe
Gott, müßt ihrer Gnade leben, Opitz. (b) Mit eiteln Begriffen und
Vorstellungen anfüllen. Man erfüllt unsern Verstand mit guten
Grundsätzen, und blähet das Herz zugleich mit Eitelkeit auf, Gell. So
auch die Aufblähung.
Aufblasen (W3) [Adelung]
Aufblasen, verb irreg. act. S. Blasen. 1) Durch Blasen oder Einblasen
der Luft ausdehnen. Eine geschmolzene Glasröhre aufblasen. Die Backen
aufblasen. Abgedroschene Wahr-heiten mit aufgeblasenen Backen
predigen, mit vielem leeren Geräusche. Wo, sanft von Zephyrn
aufgeblasen, Sich volle Rosenbüsch in wilde Lauben ziehn, Weil. Noch
mehr aber figürlich, den höchsten Grad des Stolzes im Äußern
verrathen. Sich aufblasen. Er ist vom Glücke ganz aufgeblasen. Ein
aufgeblasener Mensch. Aufgeblasene Worte. Eine aufgeblasene Rede. S.
auch Aufgeblasenheit. 2) Durch Blasen öffnen. Der Wind hat das Fenster
aufgeblasen, besser, aufgewehet. 3) Durch Blasen von neuen hervor
bringen, oder verstärken. Das Feuer aufblasen; und metonymisch auch,
die Kohlen, das Holz aufblasen. 4) Durch Blasen auf Instrumenten zu
etwas auffordern. Zum Streite, zur Tafel, zum Tanze aufblasen.
Aufblättern (W3) [Adelung]
Aufblättern, verb. reg. act. Ein Buch aufblättern, die Blätter eines
neu gebundenen Buches von einander brechen. Daher die Aufblätterung.
Aufbleiben (W3) [Adelung]
Aufbleiben, verb. irreg. neutr. ( S. Bleiben,) welches das Hülfswort
seyn erfordert. 1) In der Höhe bleiben, doch nur figürlich, im
Gegensatze der Begebung zu Bette. Er ist die ganze Nacht aufgeblieben.
Abends lange aufbleiben. Ich kann nicht länger aufbleiben, muß mich zu
Betten legen. 2) Offen, bleiben, Das Fenster ist die ganze Nacht
aufgeblieben. Das Thor wird bis zur Mitternacht aufbleiben.
Aufblicken (W3) [Adelung]
Aufblicken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert.
1) Einen Blick, d. i. hellen aber schnell vorüber gehenden Schein, von
sich geben. Das Aufblicken der Flamme eines verloschenen Lichtes. 2)
Mit einem Blicke in die Höhe sehen. nach etwas aufblicken.
Aufblitzen (W3) [Adelung]
Aufblitzen, verb. reg. neutr. mit haben, ein schnell vorüber gehenden
blitzenden Schein in die Höhe von sich gehen; wie z. B. angezündetes
Schießpulver.
Aufblühen (W3) [Adelung]
Aufblühen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich
nimmt, von Blumen, geöffnet werden, die Blüthknospe öffnen, anfangen
zu blühen. Wenn sie im Frühlinge eine Rose aufblühen sahe. Ingleichen
figürlich. Kann unter so zahllosen Dornen der Schmerzen und Sorgen die
Glückseligkeit aufblühen. Dusch. Besonders von der angehenden Jugend,
und deren lebhaften Farbe. Rosen aufgeblühter Wangen, Haged. So blühet
seyn Leib verjüngt wieder auf, und er kehret zu seinen Jugendtagen
wieder um, Hiob 33, 25, nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. An
meinem Busen blühetest du auf, wie eine kostbare Blume unter der
Sorgfalt des Pflanzers, Dusch. Ein aufblühendes Mädchen, das ihrer
Reizungen Bild ist, Zach.
Aufborgen (W3) [Adelung]
Aufborgen, verb. reg. act. durch Borgen zusammen bringen. Geld
aufborgen. Er borgt überall auf. Daher die Aufborgung.
Aufboth (W3) [Adelung]
Das Aufboth, S. Aufgeboth.
Aufbrachen (W3) [Adelung]
* Aufbrachen, verb. reg. act. welches nur im Harzscharren für
aufbrechen üblich ist, d. i. die Rinde der Harzbäume mit dem Harzeisen
öffnen.
Aufbraten (W3) [Adelung]
Aufbraten, verb. irreg. act. S. Braten, in den Küchen, von neuen
braten. Eine Kalbskeule aufbraten.
Aufbrauchen (W3) [Adelung]
+ Aufbrauchen, verb. reg act. im gemeinem Leben, durch den Gebrauch
alle machen, verbrauchen. Es ist bereits alles Papier, alles Holz
aufgebraucht.
Aufbrauen (W3) [Adelung]
Aufbrauen, verb. reg. act. durch Brauen alle machen, verbrauen. Alles
Malz aufbrauen.
Aufbrausen (W3) [Adelung]
Aufbrausen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert,
in die Höhe brausen, ingleichen anfangen zu brausen. Der Wind brauset
auf. Wie auch von flüssigen Körpern, wenn sie anfangen in eine heftige
Gährung oder innere Bewegung zu gerathen. Der Wein, das Bier brauset
auf. Das Scheidewasser brauset mit allen kalkartigen Körpern heftig
auf. So auch figürlich, in eine ungestüme Leidenschaft ausbrechen.
Aufbrechen (W3) [Adelung]
Aufbrechen, verb. irreg. ( S. Brechen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum, durch Brechen öffnen. Einen Brief, eine
Thür aufbrechen. Bey den Jägern heißt aufbrechen von dem hohen
Wildbrete und dem zur hohen Jagd gehörigen Federwildbrete so viel, als
dasselbe öffnen und ausweiden. In den Hammerwerken bedeutet es, die
Brechstange in das geschmolzene eisen stoßen, und sehen, ob es
anläuft, und zum Verschmieden tüchtig ist. So auch die Aufbrechung.II.
Als ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird. 1)
Aufgebrochen werden, doch am häufigsten nur in figürlicher Bedeutung
für, sich öffnen. Das ist der Tag, da aufbrachen alle Brunnen der
großen Tiefen, 1. Mos. 7, 11. Welcher Gebrauch doch jetzt ungewöhnlich
ist. Wohl aber sagt man noch, die Knospen, die Blumen brechen auf. Das
Geschwür bricht auf, ist aufgebrochen. Die Hände, die Füße brechen ihm
auf; aufgebrochene Füße haben. Die Wunde ist wieder aufgebrochen. 2)
Den Ort seines Aufenthalt verändern, doch nur von Kriegsheeren und
fürstlichen Personen, welche mit einem zahlreichen Gefolge reisen. Mit
dem Lager aufbrechen. Das Kriegsheer ist bereits aufgebrochen. Das
Regiment wird bald aufbrechen, sich bald auf dem Weg machen. Von einem
Orte aufbrechen. Das Abbrechen der Gezelte hat ohne Zweifel zu diesem
Gebrauche des Verbi Anlaß gegeben.
Anm. Von brechen, scheinen, glänzen,
war ehedem auch aufbrechen für anbrechen üblich. Ich sich den
morgensterne ufbrechen, Der Burggraf von Liunz. Wer ist die do hergeet
als der Morgenrot, der des morgens aufprechent ist, im Buche der
Natur, Augsb. 1483, aus dem Hohenliede.
Aufbreiten (W3) [Adelung]
Aufbreiten, verb. reg act. eine Sache auf oder über etwas breiten, d.
i. aus einander legen, in Oberdeutschland aufspreiten. Den Mantel
aufbreiten. Das Tischtuch aufbreiten. Daher die Aufbreitung. S. auch
Aufbereiten.
Aufbrennen (W3) [Adelung]
Aufbrennen, verb. irreg. ( S. Brennen,) welches auf gedoppelte Art
üblich ist.I. Als ein Neutrum 1) Durch Brennen verbrauchen. Die Köchin
hat bereits alles Holz aufgebrannt. Er hat alle Lichter aufgebrannt.
2) Brennend auf etwas abdrucken. Dem Kaffe ein Zeichen aufbrennen,
oder auf das Faß ein Zeichen aufbrennen. 3) Anbrennen machen, wieder
anzünden, in welcher Bedeutung es doch nur in dem Salzwerke zu Halle
üblich ist. 4) Anbrühen, in einigen Gegenden, Angebrannte Siede,
welche mit heißem Wasser angebrühet worden. Die Wäsche aufbrennen, bey
den Wäscherinnen, siedendes Wasser auf die eingeschmierte Wäsche
gießen, welches auch einbrennen und einbrühen genannt wird. So auch
die Aufbrennung.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) In
die Höhe brennen, schnell anfangen zu brennen; besonders im
Hüttenbaue. Wenn der Zink geschmolzen wird, so pflegt er an der Luft
mit einer blau gelblichen Flamme aufzubrennen. Bey den Jägern brennet
das Zündkraut auf, wenn es abbrennet. Die figürliche Bedeutung,
schnell zornig werden, welche bey dem Kaisersberg vorkommt, ist im
Hochdeutschen ungewöhnlich.2) * Schnell erröthen, welche Bedeutung
aber auch unter die veralteten gehöret. Miner sinnen ich halber da
vergas Do ich urlob nam und sie so sas Sie bran uf schoneSam der abent
rot, Her Rudolf von Rotenburg. Von der Conjugation dieses Verbi,
welches sich im Activo zur regulären Form zu neigen anfängt, S.
Brennen.
Aufbringen (W3) [Adelung]
Aufbringen, verb. irreg. act. S. Bringen.1. Auf oder über einen
andern Körper bringen, in verschiedenen Fällen des gemeinen Lebens.
Bey den Webern heißt aufbringen auch so viel als aufziehen, d. i. auf
den Baum bringen.2. In die Höhe bringen, doch nur in verschiedenen,
theils weitern, theils figürlichen Bedeutungen. 1) Einen Bau
aufbringen, aufrichten, aufführen, welche Bedeutung zwar in der
Jülichischen Polizey-Ordnung vorkommt, aber im Hochdeutschen
ungewöhnlich ist. Einen kranken aufbringen, ihm zur Gesundheit
verhelfen. 2) Zur gehörigen Größe bringen. Einen Baum aufbringen, ihn
durch Wartung zur gehörigen Größe verhelfen. Noch mehr aber von
Rindern und junge Viehe, im gemeinen Leben. Sie wird dieses Kind
schwerlich aufbringen. 3) Herben schaffen. Geld aufbringen. Falsche
Zeugen aufbringen. Soldaten, Truppen aufbringen. 4) Nach einem höhern
Orte bringen und figürlich, in den Hafen bringen, doch nur von
eroberten Schiffen. Die Seeräuber haben sich bey Gibraltar eines
Holländischen Schiffes bemächtiget, und es zu Tanger aufgebracht; ohne
Zweifel wegen der höhern Lage der Küsten in Vergleich mit der Fläche
des Meeres. 5) Vorbringen. Er weiß nichts dagegen aufzubringen. Er
kann nichts wider mich aufbringen. Ich kann kein Wort mehr aufbringen,
Gell. Allerley unnütze Fragen aufbringen. 6) In Aufnahme bringen, doch
nur in Bergwerken, wo ein Bergwerk aufbringen, in dieser Bedeutung
üblich ist. 7) Zuerst thun, und dadurch üblich machen, von Gebräuchen
und Moden. Eine Gewohnheit, eine neue Mode aufbringen. Er bringt immer
was Neues auf. 8) In eine starke Gemüthsbewegung versetzen. diese
angenehme Nachricht hatte mein Gemüth sehr aufgebracht. Besonders, in
Zorn bringen. Einen aufbringen, Ihn wider etwas aufbringen. er war
sehr dawider aufgebracht. Wie gern wollte ich alle deine Empfindungen
wider verdächtige Lieblinge aufbringen, Dusch. Doch nach und nach
senkt sich seyn aufgebrachtes Blut, Zach. So auch die Aufbringung in
den obigen Fällen.
Aufbruch (W3) [Adelung]
Der Aufbruch, des -es, plur. die -brüche. 1. Der Zustand des
Aufbrechens, in den Bedeutungen des Neutrius; ohne Plural. 1) Die
Öffnung durch Aufbrechen. Der Aufbruch eines Geschwüres. Der Aufbruch
der Füße, der Hände. 2) Die Abreise, doch nur von Kriegesheeren und
solchen Personen, welche mit einem starke Gefolge reisen. Befehl zum
Aufbruche geben. Sich zu dem Aufbruche fertig halten. Den Aufbruch
beschleunigen. Wenn wird der Aufbruch geschehen: 2. Die Verrichtung
des Aufbrechens in der thätigen Gattung. Der Aufbruch eines Hirschen,
bey den Jägern. Ingleichen dasjenige, was man durch Aufbrechen
bekommt. So nennen die Jäger das Geräusch oder Eingeweide des rothen
und schwarzen Wildbretes gleichfalls den Aufbruch, weil das Wildbret
aufgebrochen werden muß, wenn man dasselbe bekommen will. In der
Landwirthschaft einiger Gegenden ist der Aufbruch, ein von neuen
bearbeitetes Grundstück, welches zwar vorher angebauet gewesen, aber
auf einige Zeit wieder verlassen worden; zum Unterschiede
von einem Neubruche, welcher aus einer Wildniß urbar gemacht wird.
Aufbrüsten (W3) [Adelung]
Aufbrüsten, verb. reg. act. bey den Fleischern, die Brust eines
geschlachteten Ochsen öffnen. Daher die Aufbrüstung.
Aufbuden (W3) [Adelung]
+ Aufbuden, verb. reg. act. im gemeinen Leben, eine oder mehrere
Buden aufschlagen. Daher die Aufbudung.
Aufbügeln (W3) [Adelung]
Aufbügeln, verb. reg. act. 1) Von neuen bügeln oder plätten. Die
Manschetten aufbügeln. 2) So bügeln, daß es in die Höhe steht. So
bügeln die Schneider die Knopflöcher vermittelst des Knopfholzes auf.
Daher die Aufbügelung.
Aufbühnen (W3) [Adelung]
Aufbühnen, verb. reg. act. Bühnen errichten, in dem Bergbaue. Ein
aufgebühnter Zug, wenn viele Zechen und Halden au einem Gange nach der
Reihe fort getrieben werden.
Aufbürden (W3) [Adelung]
Aufbürden, verb. reg. act. 1) Als eine Bürde oder Last auflegen.
Einem eine Last aufbinden. Sich eine Sorge, eine Mühe, eine schwere
Arbeit aufbürden. 2) Figürlich, Schuld geben, beschuldigen. Einem ein
Verbrechen, einen Fehler aufbürden. Daher die Aufbürdung in beyden
Bedeutungen, ingleichen für Beschuldigung selbst. Einem unbillige
Aufbürdungen machen Less.
Aufbürsten (W3) [Adelung]
Aufbürsten, verb. reg. act. 1) In die Höhe bürsten. Die Haare
aufbürsten. 2) Von neuen Bürsten. So auch die Aufbürstung.
Aufdamen (W3) [Adelung]
Aufdamen, verb. reg. act. im Damenspiele, einen Stein auf den anderen
setzen, und ihn dadurch zur Dame machen. Daher sie Aufdamung. S. Dame.
Aufdämmen (W3) [Adelung]
Aufdämmen, verb. reg. act. Einen Fluß aufdämmen, ihn durch einen
gezogenen Damm, durch ein Wehr oder einen Schuß aufschwellen machen.
Aufdämmern (W3) [Adelung]
Aufdämmern, verb. reg. neutr. mit seyn, dämmernd aufsteigen, dämmernd
entstehen, in der dichterischen Schreibart. Manchmahl will so ein
freudiger Blick des Lebens wieder aufdämmern, Leid. Werth.
Aufdampfen (W3) [Adelung]
Aufdampfen, verb. reg neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in
der höhern Schreibart, in Gestalt eines Dampfes in die Höhe steigen.
Dann dampfte die Levante Über den Koffetisch auf, Zachar. Und Sparta's
Blut Dampft jetzt zu Wolken auf, Weiße.
Aufdauern (W3) [Adelung]
Aufdauern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben zu sich
nimmt, im gesellschaftlichen Umgange, in der Höhe dauern, aufbleiben,
im Gegensatze des Liegens im Bette. Ich kann nicht länger aufdauern,
Gell.
Aufdecken (W3) [Adelung]
Aufdecken, verb. reg. act. 1) Die Decke über etwas ausbreiten. Das
Tischtuch aufdecken, und metonymisch, den Tisch aufdecken. ingleichen
absolute, aufdecken. Es ist heute für uns aufgedeckt. 2) Die Decke
wegnehmen, aufheben. Einen im Bette liegenden aufdecken. Einen Altar
aufdecken. In weiterer Bedeutung. Deckt die Geburt des alten Goldes
auf, Raml. Figürlich, offenbaren, bekannt machen. Wir wollen nicht
alle Schwierigkeiten aufdecken, Mosh. Ich bath ihn, mir dieses
unglückliche Geheimniß nur halb aufzudecken, Dusch. Jemandes Schande
aufdecken. Einem den Schalk aufdecken, den Schalk in ihm in seiner
wahren Gestalt zeigen. So auch die Aufdeckung.
Aufdeichen (W3) [Adelung]
* Aufdeichen, verb. reg. act. welches nur in den Marschländern üblich
ist, einen Deich erhöhen. Daher die Aufdeichung. S. Deich.
Aufdichten (W3) [Adelung]
Aufdichten, verb. reg. act. Einem etwas aufdichten, es von ihm
erdichten, wofür doch andichten üblicher ist. Wird mir etwas
aufgedichtet, in einem alten Kirchenliede.
Aufdingen (W3) [Adelung]
Aufdingen, verb. irreg. act. S. Dingen, ein Wort, welches nur noch
bey den Handwerkern üblich ist, einen Knaben einem Meister in die
Lehre geben; ingleichen von dem Handwerke, denselben unter gewissen
Bedingungen annehmen, oder zulassen. Einen Knaben aufdingen. Der
Lehrling ist noch nicht aufgedungen. Bey den Jägern heißt solches
annehmen. Daher die Aufdingung. Ingleichen der Aufdingebrief, die
Urkunde, wodurch das Aufdingen geschiehet; das Aufdingegeld, welches
dafür bezahlet wird. In dem 1276 zusammen getragenen Augsburgischen
Stadtbuche kommt schon der Ausdruck vor, Antwärk laßt oder dingt ein
Chind auf.
Aufdocken (W3) [Adelung]
Aufdocken, verb. reg. act. aufwickeln, bey den Jägern. Das Hängeseil,
die Schweißschnur aufdocken. Ingleichen bey den Wäscherinnen. Die
Wäsche aufdocken, sie um das Mandelholz wickeln, welches auch
aufreiben genannt wird. So auch die Aufdockung. S. Docke.
Aufdoppeln (W3) [Adelung]
Aufdoppeln, verb. reg. act. bey den Schustern, die Sohle an das
Oberleder nähen. S. Doppeln. Daher die Aufdoppelung.
Aufdörren (W3) [Adelung]
Aufdörren, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche dörren, dörren um
es aufzubehalten. Obst aufdörren. Daher die Aufdörrung.
Aufdrängen (W3) [Adelung]
Aufdrängen, verb. reg. act. 1) Durch Drängen öffnen. Die Thür
aufdrängen. 2) Drängend aufsteigen. Gedanken drängen sich denn auf,
Gesn. Ein sonst ungewöhnlicher Gebrauch. Daher die Aufdrängung. S.
auch Aufdringen, und Drängen.
Aufdrehen (W3) [Adelung]
Aufdrehen, verb. reg. act. 1) Durch Drehen auf einen andern Körper
befestigen. Einen Knopf auf den Stock aufdrehen. 2) Was zusammen
gedrehet, oder zugedrehet war, durch Drehen öffnen. Einen Strick
aufdrehen, im gemeinen Leben aufdrieseln, auftriefeln, auftrosseln,
aufreiben. S. Drieseln. Eine Schraube aufdrehen. So auch die
Aufdrehung.
Aufdreschen (W3) [Adelung]
Aufdreschen, verb. irreg. neutr. S. Dreschen, in der Landwirthschaft,
das Getreide aus allen vorräthigen Garben dreschen, ausdreschen. Wir
haben noch nicht aufgedroschen. Daher die Aufdreschung.
Aufdrieseln (W3) [Adelung]
Aufdrieseln, S. Aufdrehen und Drieseln.
Aufdringen (W3) [Adelung]
Aufdringen, verb. irreg. act. S. Dringen, in der figürlichen
Bedeutung des Verbi aufdrängen, so fern es eine Sache auf die andere
drängen bedeuten würde, zur Annehmung einer Sache nöthigen, entweder
durch Gewalt, oder durch vieles Bitten. Einem etwas aufdringen. Wohin
denkt doch der Sterbliche, des seinen Glauben andern als ein Gesetz
aufdringen will. Sich einem aufdringen, sich in dessen Gesellschaft,
in Verbindung mit ihm drängen. So auch die Aufdringung.
Anm. Aufdringen war ehedem auch als ein Neutrum für herauf dringen,
aufsprießen, üblich: Man siht durch das gras uf dringen Vil der
bluomen ane zal, Jacob von Warte. Ingleichen für herauf steigen: Ein
wolken grawet gen dem tage, Ich sihe in schone uf dringen, ebend. In
der Jülichischen Polizey-Ordnung bedeutet das Wasser aufdringen,
thätiger weise, es stämmen, aufschwellen machen. S. auch Dringen.
Aufdrucken (W3) [Adelung]
Aufdrucken, auch häufig aufdrücken, verb. reg. act. durch Drucken auf
einen anderen Körper bringen. Das Siegel aufdrucken, auf eine Urkunde.
Das Petschaft aufdrucken. Der seinen ewigen Gesetzen des Todes Siegel
aufgedrückt, Raml. S. Drucken. Daher die Aufdruckung.
Aufdrücken (W3) [Adelung]
Aufdrücken, verb. reg. act. durch Drücken öffnen. Ein Geschwür, eine
Nuß aufdrücken, S. Drücken. Daher die Aufdrückung.
Aufdunsen (W3) [Adelung]
Aufdunsen, verb. irreg. neutr. stark aufschwellen, von welchem im
Hochdeutschen aber nur das Participium der vergangenen Zeit
aufgedunsen üblich ist. Ein aufgedunsenes, dickes, fleischiges,
Gesicht, das wie aufgeschwollen aussiehet, Nieders. upgedunsen,
Holländ. opgedunsen; dergleichen Beschaffenheit man in Niedersachsen
auch durch plüß, plüssig, puustig, pusig, und in Preußen durch
plutzig, klützig, pilzig ausdrucket. Er ist im Gesichte sehr
aufgedunsen. Ingleichen figürlich für schwülstig. Aufgedunsene
Metaphern. Eine aufgedunsene Schreibart.
Anm. Dieses Wort kommt nicht
zunächst von Dunst her, sondern dunsen ist das Frequentativum von
dunen, aufschwellen, welches Verbum noch in Niedersachsen üblich ist.
S. Dunsen. Die Unwissenheit der wahren Abstammung hat gemacht, das
einige Mißlinge dieses Wort in aufgedunstet verdrehet haben.
Aufdunsten (W3) [Adelung]
Aufdunsten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
in Gestalt eines Dunstes in die Höhe steigen. Die Feuchtigkeiten,
welche aus der Erde aufdunsten.
Aufegen (W3) [Adelung]
Aufegen, verb. reg. act. 1) Durch Egen herauf bringen. 2) Von neuen
egen. Wenn nach der Aussaat ein Platzregen fällt, so kann der Acker
mit Nutzen wieder aufgeeget werden.
Aufeinander (W3) [Adelung]
Aufeinander, besser getheilt, auf einander, S. Einander.
Aufeisen (W3) [Adelung]
Aufeisen, verb. reg. act. Das Eis öffnen. Einen Teich, einen Graben
aufeisen, auch aufwuhnen. S. dieses Wort. Daher die Aufeisung.
Aufenblatt (W3) [Adelung]
* Das Aufenblatt, des -es, plur. inusit. der Nahme einer
ausländischen Pflanze, welche auch Halskraut, Kehlkraut, Zapfenkraut
und Waldglöcklein genannt wird; Ruskus Hypophyllum, L. Den Nahmen
Aufenblatt hat sie vermuthlich daher, weil auf dem großen Blatte der
Pflanze noch ein kleineres lieget.
Aufenen (W3) [Adelung]
* Aufenen, verb. reg. act. welches nur in der Schweiz üblich ist, für
in Aufnahme bringen. Ein Gut, eine Stadt aufenen. Daher auch die
Aufenung. Dieses im Hochdeutschen ganz unbekannte Verbum stammet von
der Präposition auf her, und lautet in andern Oberdeutschen Mundarten
auch äufern. S. Frisch v. Auf.
Aufenthalt (W3) [Adelung]
Der Aufenthalt, des -es, plur. die -e, 1) * Die Aufrechterhaltung so
wohl seiner selbst, als eines andern Körpers, in der eigentlichsten
Bedeutung. Denn ich kein aufenthalt nit hab, Theuerd. Kap. 47. ich
kann mich mit dem Pferde auf dem steilen Wege nicht aufrecht erhalten.
S. das folgende Zeitwort. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen völlig
veraltet, so wie, 2) * die figürlich, für Unterhalt, welche noch in
der ersten Hälfte des 16ten Jahrhundertes am Oberrheine üblich war. 3)
DasAufhalten oder Verweilen an einem Orte; ohne Plural. Seinen
Aufenthalt an einem Orte haben. Während seines Aufenthaltes an diesem
Orte. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen noch am gebräuchlichsten,
so wie auch die nach welcher dieses Wort einen Ort bedeutet, an
welchem man sich aufhält, wo es auch den Plural leidet. Einem einen
Aufenthalt geben, verstatten. 4) + Verzögerung, was eine Sache
aufhält. Er hat mir vielen Aufenthalt gemacht. Eine Sache ohne allen
Aufenthalt abthun. Es hat sich in dieser Sache ein Aufenthalt hervor
gethan. Diese Bedeutung ist nur noch in dem gemeinen Sprecharten
üblich; die edle Hochdeutsche kennet sie nicht mehr. In manchen Fällen
läßt sich dafür Aufhalt gebrauchen. Dieser kleine Aufhalt wird nicht
von Folgen seyn.
Aufenthalten (W3) [Adelung]
* Aufenthalten, verb. irreg. act. S. Halten. 1) Aufrecht erhalten,
stützen. In dieser, in dem Hochdeutschen völlig veralteten Bedeutung
kommt es noch in Apherdians Vocabul. bey dem Frisch vor, und in einer
Urkunde aus der Mitte des 15ten Jahrhundertes bey dem Haltaus hat
Aufenthaltung eben denselben, obgleich figürlichen Sinn. 2) Sich
aufenthalten, sich aufhalten oder verweilen. Daß das Volk eine Vestung
innen hätte, gegen Idumäa, darin sie sich aufenthalten und wehren
könnten, 1. Maccab. 4, 61. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen
nicht mehr gewöhnlich.
Anm. Dieses Wort gehöret mit zu dem ohne Roth
verlängerten Wörtern, die wir der neuern Alemannischen Mundart, die
sich durch ihren Hang zur Weitschweifigkeit vor andern auszeichnet, zu
danken haben. Viele derselben haben die Hochdeutschen mit Recht
veralten lassen, worunter auch dieses gehöret, obgleich das Substantiv
in der dritten Bedeutung noch gangbar ist. S. die Anmerkung zu dem
folgenden Worte.
Auferbauen (W3) [Adelung]
* Auferbauen, verb. reg. act. welches aber nur im Oberdeutschen
üblich ist, so wohl in der eigentlichen Bedeutung für aufbauen, als
auch in der figürlichen theologischen für erbauen. Im Hochdeutschen
ist so wenig gebräuchlich, als das Adjectiv auferbaulich, für
erbaulich, und das Substantiv Auferbauung, für Erbauung.
Anm. Da wir im
Hochdeutschen noch einige Zeitwörter haben, welchen die beyden
Partikeln auf und er zugleich vorgesetzet sind, und sich diese Verba
so wohl in ihrer Conjugation, als auch in ihrem Gebrauche merklich von
andern unterscheiden: so wird es nicht undienlich seyn, hier etwas von
ihnen überhaupt anzumerken, damit es nicht hernach bey einem jeden ins
besondere geschehen dürfe.1) Die Verba dieser Art, welche noch im
Hochdeutschen gänge und gebe sind, sind: auferlegen, auferstehen,
auferwachen, auferwecken, und auferziehen. Die Oberdeutsche Mundart
hat noch auferbauen, und vielleicht noch einige andere. Veraltete aber
sind: auferheben, auferrichten, aufersteigen, u. a. die bey dem Kero, Ottfried, Notker und Tatian vorkommen, und aufersterben, für ansterben, bey dem Haltaus.
2) Alle diese Verba kommen darin mit
einander überein, daß sie eigentlich eine Bewegung in die Höhe
bedeuten, welche Bedeutung jede der beyden Partikeln auf und er schon
für sich allein hat. Man sagte daher auch in dem Alterthume eben so
oft erstehen, erbauen, erwachen, erwecken, und aufstehen, aufbauen,
aufwachen, aufwecken, als mit beyden zusammen genommen auferstehen u.
s. f.3) Diese letzte Form scheinet, außer der natürlichen Neigung der
mittlern Franken und Alemannen zu langen und mehrmahls zusammen
gesetzten Wörtern, vornehmlich durch die Zweydeutigkeit der Partikel
er, welches die erste und älteste Form dieser Wörter war, veranlasset
zu seyn. Diese Partikel bedeutet so wohl auf,
als auch aus, so wohl eine Bewegung in die Höhe, als auch eine
Bewegung aus der Tiefe und aus dem Innern einer Sache. Um nun ihre
jedesmahlige Bedeutung genau zu bestimmen, setzte man nochmahls noch
die Vorwörter auf und aus daran, und so entstand im ersten Falle
auferbauen, auferstehen, u. s. f. und im letztern auserkiesen,
auserkoren, auserlesen, ausersehen, auserwählen; S. jedes dieser
Wörter besonders. Es erhellet dieses,4) Zugleich aus der unbeständigen
Conjugation dieser Wörter in dem Alterthume. Tho er uf fon themo grab
yrstuant, Erstuant er uf snello, Ufirstuant si snello, Uz fon themo
grabe irstuant, sind alles Wortfügungen, die bey dem Ottfried
vorkommen, und wo auf und aus nur zugesetzet werden, die Bedeutung der
Partikel er näher zu bestimmen. Heut zu Tage hingegen wird aufer - in
der Conjugation als eine untrennbare Partikel angesehen, welche
beständig mit dem Verbo verbunden bleibet. Als er auferstand, und
nicht, als er erstand auf.5) Indessen sind diese Verba im
Hochdeutschen doch nicht in allen Zeiten üblich; nicht als wenn sie
ihrer Natur nach solches nicht verstatteten, sondern bloß um des
unterlassenen Gebrauches willen. Der Imperativ und das so genannte
Gerundium mangeln ihnen gänzlich, und das Präsens und Imperfectum, so
wohl im Indicativo als Conjunctivo, können nur mit den Partikeln als,
da, ob, damit, daß, auf daß, weil, so lange, so oft, und vielleicht
noch einigen andern, ingleichen mit den Relativen, der, welcher u. s.
f. gebraucht werden. Außerdem muß entweder die Partikel auf oder er
zurück bleiben. So sagt man z. B. nicht, ich auferziehe ihn, sondern
ich erziehe ihn, oder ziehe ihn auf; nicht ich auferwachte, sondern
ich erwachte, oder ich wachte auf; wohl aber, da ich ihn auferziehe,
der mich auferweckte, wenn ich auferstehe, so oft ich ihm die Strafe
auferlege u. s. f.
Auferfahren (W3) [Adelung]
* Auferfahren, verb. irreg. neutr. S. Fahren, ein Wort, welches nur
in Luthers Übersetzung Matth. 17, 27. und nicht einmahl in allen
Ausgaben vorkommt: und den ersten Fisch, der auferfährt, der in die
Höhe fähret, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Andere
Ausgaben haben, aufher fahrt, für herauf, obgleich auch dieses nicht
mehr gebräuchlich ist.
Auferlegen (W3) [Adelung]
Auferlegen, verb. reg. act. für auflegen, doch nur in der figürlichen
Bedeutung, für zuerkennen, anbefehlen, zu etwas verpflichten. Was uns
diese Kenntniß für Pflichten auferleget, Kästn. Ich wollte bitten, daß
sie sich selber eine Strafe auferlegten, Gell. Einem ein
Stillschweigen auferlegen. In allen diesen Fällen ist auflegen edler
und üblicher. S. Anmerk. 5. zu dem Verbo Auferbauen.
Auferstehen (W3) [Adelung]
Auferstehen, verb. irreg. neutr. ( S. Stehen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert. 1) * Aufstehen, in der eigentlichsten Bedeutung, wie
man von dem Stuhle aufstehet. In dieser Bedeutung kommt das oben schon
angeführte ufirstuant si snello, und erstuant er uf snello, bey dem
Ottfried vor. 2) Figürlich, sich erheben, zum Vorscheine kommen. Vom
grundt (des Meeres) Ein heftiges Wetter auferstundt, Theuerd. Kap. 32.
Als ein Unwillen auferstanden ist, in einer Österreichischen Urkunde
von 1440. Man sagt, es sey in Deutschen Landen Gar ein böses Volk
auferstanden, Hans Sachs. Beyde Bedeutung sind im Hochdeutschen völlig
veraltet, wo diese Wort nur noch, 3) im theologischen Verstande, für
aufstehen von den Todten, aus dem Grabe hervor gehen, üblich ist; aber
nur in den oben in der Anmerk. 5. zu Auferbauen angeführten Fällen.
Als Christus auferstand, oder von den Todten auferstand. Auch wir
werden auferstehen, oder von den Todten auferstehen. Sie sind bereits
auferstanden. Christusstand am dritten Tage auf, oder erstand am
dritten Tage von den Todten, nicht auferstand.
Anm. Oben ist schon
angemerket worden, daß ufstan und irston bey dem Ottfried und seinen
Zeitgenossen in der dritten theologischen Bedeutung eben so oft
vorkommen, als auferstehen. Für dieses letztere gebraucht Ottfried
auch auserstehen, uz fon themo grabe irstuant, B. 5, Kap. 9, 2. und
Ulphilas austanden. Erstehen ist auch noch heut zu Tage in diesem
Verstande nicht ungewöhnlich.
Auferstehung (W3) [Adelung]
Die Auferstehung, plur. inusit. in dem theologischen Verstande, das
Aufstehen von dem Tode, die Wiederherstellung des natürlichen Lebens
nach dem Tode, besonders am jüngsten Tage. Die Auferstehung von den
Todten, oder die Auferstehung des Fleisches, d. i. unsers sichtbaren
Körpers. Die Auferstehung Christi.
Anm. Dieses Wort ist, wie Wachter
richtig anmerket, so gar alt nicht, aber doch regelmäßig gebildet.
Statt dessen kommt bey dem Notker Urstendida vor, woraus nachmahls
Urstand zusammen gezogen worden, welches noch im Oberdeutschen
besonders in Österreich gänge und gebe ist. Bey dem Ottfried und
dessen Zeitgenossen findet sich statt dessen auch Irstantnis,
Irstantis, bey dem Tatian Urrefti und Urreisti, das erstere vielleicht
von raffen, und das letztere von reisen, bey den Angelsachsen Aeryste,
und bey den Ulphilas Usstass.
Auferwachen (W3) [Adelung]
Auferwachen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
für aufwachen, erwachen, so aber im Hochdeutschen nur in der
biblischen Bedeutung von dem Erwachen von dem Tode am jüngsten Tage
üblich ist. S. Auferbauen, Anmerk. 5.
Auferwecken (W3) [Adelung]
Auferwecken, verb. reg. act. wie erwecken, aufwecken, aber auch nur
in der biblischen Bedeutung des Erweckens von dem Tode. S. Auferbauen,
Anmerk. 5. So auch die Auferweckung.
Auferziehen (W3) [Adelung]
* Auferziehen, verb. irreg. act. ( S. Ziehen) welches mit erziehen
einerley Bedeutung hat, doch nur von der Erziehung der Kinder, und der
Bildung ihres Geistes zuweilen gebraucht, aber am besten mit erziehen
vertauscht wird. Ein Kind auferziehen. Der selber mich vor dem zur
Tugend auferzogen. Schleg. So auch die Auferziehung, für Erziehung.
Aufessen (W3) [Adelung]
Aufessen, verb. irreg. act. S. Essen, durch Essen alle machen. Es ist
alles aufgegessen worden. Sie aßen den ganzen Vorrath auf.
Auffädmen (W3) [Adelung]
Auffädmen, verb. reg. act. 1) Auf einen Faden reihen. Perlen
auffädmen. 2) Die Fäden eines Gewebes auflösen, wie aufdrieseln. In
beyden Fällen ist dafür im gemeinen Leben auffädeln üblich. 3) Bey den
Schneidern, die Falten eines Kleides mit Fäden zusammen häften, damit
sie in ihrer runden Lage bleiben. 4) Bey den Fischern wird die Nadel
aufgefädmet, wenn die Stricknadel zu den Garnen und Netzen mit Zwirn
voll gewickelt wird.
Auffahren (W3) [Adelung]
Auffahren, verb. irreg. ( S. Fahren) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert.1.
In die Höhe fahren, aufwärts fahren, so wohl, 1) eigentlich, mit einem
Fuhrwerke. An den Bergen auf und ab fahren. In Regensburg fährt ein
Gesandter auf, wenn er das erste Mahl auf das Rathhaus fähret. Als
auch 2) in weiterer Bedeutung, für hinauf steigen. So fahren die
Bergleute auf, wenn sie nach vollendeter Arbeit aus dem Schachte
steigen. Ingleichen, 3) figürlich, von einer jeden schnellen Bewegung
in die Höhe. So sagt man von Christo, als er der körperlichen
Gegenwart seiner Jünger entzogen wurde, er sey aufgefahren gen Himmel.
Die
Fische fahren auf nehmlich im Wasser. Der Staub fährt auf, Weiße. Wie
auch, vor Schrecken auffahren, im Schlafe auffahren. Aus einem
angenehmen Träume von Reichthümern fährest du auf, Dusch. Wenn ich aus
dem Rausche des Schlafes, wie aus einem Meere von Schrecken herauf
fuhr, (besser, auffuhr,) ebend. Der Alte fuhr auf aus dem Schlafe,
furchtsam und blaß, Zachar. 4) Noch figürlicher auch von dem schnelle
Ausbruche des Zornes. Er fährt bald auf. Er ist ein wenig auffahrend,
jähzornig. Wenn ich gewußt hätte, daß sie so auffahren würden, so
hätte ich kein Wort sagen wollen, Gell. Der kleine mops fuhr auf, fing
zornig an zu bellen, Zachar. 5) Unvermuthet zum Vorscheine kommen,
besonders von Blattern, und anderen kleinen Geschwüren. Es ist mir
eine Blatter im Gesichte aufgefahren. Kein Blätterchen fuhr auf, die
Musche mußt' es decken, Zach.2. Im Fahren auf etwas stoßen. So sagt
man in der Schifffahrt, mit dem Schiffe auffahren, oder auf den Grund
auffahren.3. Sich plötzlich öffnen. Die Thür ist aufgefahren. Das
Fenster fährt auf.II. Ein Activum, durch Fahren öffnen. Der Kutscher
hat den Thorweg aufgefahren. Besonders im Bergbaue, obgleich in
uneigentlicher Bedeutung, ein Feld auffahren, dasselbe mit
Grubenarbeitern belegen, es auf bergmännische Art öffnen. So auch, ein
Stollen, ein Feldort u. s. f. auffahren.
Auffahrisch (W3) [Adelung]
+ Auffahrisch, -er, -te, adj. et adv. welches nur in den niedrigen
Sprecharten für auffahrend in der vierten figürlichen Bedeutung des
Neutrius üblich ist. Er ist wenig auffahrisch, auffahrend.
Auffahrt (W3) [Adelung]
Die Auffahrt, plur. die -en. 1) Die Handlung des Auffahrens in die
Höhe, doch ohne Plural, und nur von der Himmelfahrt Christi, in
welchen Falle es aber doch auch mehr in Oberdeutschland als im
Hochdeutschen üblich ist. Die Auffahrt Christi, oder die Auffahrt
Christi gen Himmel, dessen Himmelfahrt. Daher der Auffahrtstag, der
Himmelfahrtstag. Ingleichen, das Herauf- oder Heranfahren. Die
Auffahrt der Gesandten zu den Zusammenkünften.2) Der Ort, wo man mit
einem Wagen herauf fährt. So wird der Weg, welcher einen Berg hinauf
führet, ingleichen die Erhöhung vor einem Hause, oder vor einem Walle,
auf welcher man mit einem Wagen vor dasselbe fahren kann, auch eine
Auffahrt genannt; mit einem Französ. Ausdrucke die Apparelle.
Anm. Die
Uffert kommt schon bey dem Notker von der Himmelfahrt Christi vor. Daß
dieses Wort ehedem auch so viel als Abfahrt oder Abreise bedeutet
habe, erhellet aus dem Theuerdanke, wo ein Kapitel die Überschrift
hat: die Auffahrt des Tewrdanks von seinem lieben Vater und aus seinen
Erblanden. Ehedem bedeutete es aber auch den Anzug auf einem Gute, und
dasjenige Geld, was ein Ankömmling, der sich an einem Orte
niederlassen will, der Obrigkeit zu entrichten hat; die Aufnahme, das
Aufzugsgeld. An einigen Orten z. B. in Hessen, Münster u. s. f. ist
diese Bedeutung noch jetzt üblich, und wird daselbst von dem
Weinkaufe, welchen Leibeigene bey dem Anzuge bezahlen, gebraucht, und
auch Auffahrtgewinn, Erbgewinn, Leibgewinn, Handlohn, Weglösung,
Consens-Geld u. s. f. genannt. S. Lehnwaare.
Auffallen (W3) [Adelung]
Auffallen, verb. irreg. ( S. Fallen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich
nimmt.1. Auf etwas fallen, im Fallen, im Fallen auf etwas stoßen; und
zwar,1) eigentlich. Hier kann der Baum auffallen, wenn er gefället
wird. Der Dampf fällt sehr auf, auf die Brust. 2) Figürlich, lebhafte
Empfindungen des Neuen, des Ungewöhnlichen erwecken. Die
gleichgültigsten Dinge, welche sich gegen unsere Erwartung zutragen,
fallen nach Beschaffenheit der Umstände auf eine angenehme oder
unangenehme Art auf. Das fiel gegen seine gewöhnliche Heiterkeit sehr
auf. Jede Unvollkommenheit ist auffallender als die Vollkommenheit. In
enger Bedeutung, lebhafte Empfindung des Unschicklichen, des
Beleidigenden erwecken. Dieser Ausdruck fällt gar sehr auf, ist mir
gar sehr aufgefallen. Das ist auffallend. Er konnte sich noch immer
eine Ursache davon denken, wie sie seiner Eitelkeit am wenigsten
auffiel, Less.2. Durch Fallen geöffnet werden. Die Thür ist
aufgefallen, könnte man von einer Fallthüre sagen, die ihre Angeln
unten hat.II. Als ein Activum, durch Fallen öffnen. Eine Thür
auffallen. Ingleichen als ein Reciprocum. Er hat sich den Kopf
aufgefallen, er hat denselben im Fallen verwundet.
Auffalten (W3) [Adelung]
Auffalten, verb. reg. act. 1) Die Falten öffnen, oder ausstreichen.
Ein Tuch auffalten, die Falten herausbringen. 2) In die gehörigen
Falten legen, bey den Tuchbereitern, welches in England mit einer
gewissen Geschicklichkeit geschehen muß, so daß man die Länge und
Breite eines Tuches sogleich aus den Falten beurtheilen kann; welches
auffalten, auch falten und auftafeln genannt wird. So auch die
Auffaltung.
Auffangen (W3) [Adelung]
Auffangen, verb. irreg. act. ( S. Fangen,) eine Sache in ihrem Laufe
wegsaugen. Das Blut in einer Schüssel, den Regen in einem Fasse
auffangen. Einen Spion, einen Bothen auffangen. Der Feind hat alle
unsere Briefe aufgefangen. Figürlich, sich in der Geschwindigkeit
eigen machen. Mein Herz schien aus deinem entzückten Gesichte dein
Vergnügen aufzufangen, so wie die Gipfel der Hügel den Schein der
goldenen Abendröthe auffingen, Dusch. Ingleichen, eine Krankheit
auffangen, schnell von derselben angesteckt werden. Eines Worte, Rede
auffangen, sie in der Geschwindigkeit bemerken und tadeln, oder übel
deuten. Wer wollte auch alle Worte auffangen, übel auslegen. Daher die
Auffangung.
Auffärben (W3) [Adelung]
Auffärben, verb reg. act. von neuen färben. Ein Stück Zeuges, ein Hut
auffärben. Daher die Auffärbung.
Auffasen (W3) [Adelung]
Auffasen, verb. reg. act. zusammen gewirkte Fäden aus einander
machen, wie auffädmen. Im gemeinen Leben auch auffaseln.
Auffassen (W3) [Adelung]
Auffassen, verb. reg. act. 1) Fassen und aufheben. Den Koth mit der
Schaufel auffassen. Und jeder faßt bey ihren runden Waden Zwo Nymphen
auf, Wiel. 2). Einen flüssigen Körper auffangen. Das Blut in einer
Schüssel, den Regen in einem Fasse auffassen. Ingleichen figürlich,
für auffangen. Die Sinnen fassen die Eindrücke der äußern dinge auf.
Mein Freund, der alle meine Sorgen in seinem freundschaftlichen Herzen
auffaßte, Dusch. Zuweilen auch, obgleich seltener, für bemerken, um es
zu tadeln, wie auffangen, Was der Tragicus sehr unschicklich
angebracht hatte, das konnte der Dichter des Epilogus gar wohl
auffassen, Less.
Auffeilen (W3) [Adelung]
Auffeilen, verb. reg. act. 1) bey den Schlössern, so viel als
befeilen. So werden starke Stücke Eisen mit der Armfeile kalt von
ihnen aufgefeilet. 2) Von neuen feilen. Ein Schlüssel auffeilen, wenn
er nehmlich rostig geworden, oder seinen Glanz verloren hat. So auch
die Auffeilung.
Auffern (W3) [Adelung]
Auffern, S. Aufenen.
Auffeuchten (W3) [Adelung]
Auffeuchten, verb. reg. act. von neuen befeuchten. Daher die
Auffeuchtung.
Auffinden (W3) [Adelung]
Auffinden, verb. irreg. act. S. finden, ein eigentlich Oberdeutsches
Wort, für aufsuchen und finden, welches in Obersachsen ehedem nur
allein den Kanzelleyen bekannt war, jetzt aber auch außer denselben
gebraucht wird. Und findet Wahrheit auf, die tief im Dunkeln lag,
Dusch. Er eilte mit dem Cartell den Stutzer aufzufinden, Zachar.
Auffischen (W3) [Adelung]
Auffischen, verb. reg. act. 1) Herauf fischen. Einen Schatz, einen
todten Körper fischen, von dem Grunde des Wassers herauf bringen.
Figürlich, im gemeinen Leben, für auffangen. Kleine Geister haben etwa
hier oder da ein Paar artige Einfälle aufgefischt, die bringen sie
überall an. 2) Durch Fischen ausleeren, ausfischen. Einen Teich
auffischen. So auch die Auffischung.
Aufflackern (W3) [Adelung]
Aufflackern, verb. reg. neutr. mit seyn, mit einer schnellen,
beweglichen Flamme in die Höhe brennen, wie kleines Reisholz, Stroh u.
s. f. wofür doch auflodern üblicher ist. S. flackern.
Aufflammen (W3) [Adelung]
Aufflammen, verb. reg. welches in doppelter Gattung gebraucht werden
kann, im Hochdeutschen aber nur in der höhern Schreibart üblich ist.I.
Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, in die Höhe brennen, in eine
Flamme ausbrechen. ingleichen figürlich. Bey aller Heftigkeit der
Leidenschaften, die in dem Herzen oft aufzuflammen drohn, Schleg.II.
Als ein Activum, zu einer Flamme bringen, anflammen; gleichfalls nur
figürlich. Flammt jeden Trieb zu geilen Lüften auf, Weiße. So auch die
Aufflammung.
Aufflattern (W3) [Adelung]
Aufflattern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
in die Höhe flattern. die Vögel sind aufgeflattert.
Aufflechten (W3) [Adelung]
Aufflechten, verb. irreg. act. S. Flechten. 1) In die Höhe flechten,
ingleichen, zierlich zusammen flechten. Die Haare aufflechten. Wie
auch metonymisch, ein Frauenzimmer aufflechten, ein in den Gegenden,
wo diese Art des Kopfputzes noch üblich ist, bekannter Ausdruck. 2)
Aus einander flechten. Die Haare aufflechten. So auch die
Aufflechtung.
Aufflicken (W3) [Adelung]
Aufflicken, verb. reg. act. als einen Flicken auf etwas setzen.
Auffliegen (W3) [Adelung]
Auffliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Fliegen) welches das Hülfswort
seyn zu sich nimmt. 1) In die Höhe fliegen. Die Vögel sind
aufgeflogen. Ingleichen figürlich, aufwärts beweget werden. Wilde,
auffliegende Haare, Less. Ferner, schnell in die Höhe getrieben
werden. Der Pulverthurm, die Mine ist aufgeflogen. Auch wohl, obgleich
eben nicht auf die beste Art, von dem Feuer verzehret werden. Das Haus
ist im Feuer, im Rauche aufgeflogen. 2) Schnell geöffnet werden,
auffahren. Die Thür, das Fenster ist aufgeflogen. Daher die
Auffliegung, in der ersten eigentlichen Bedeutung.
Aufflößen (W3) [Adelung]
Aufflößen, verb. reg. act. herauf flößen, aufwärts flößen. Holz
aufflößen. Daher sie Aufflößung.
Auffordern (W3) [Adelung]
Auffordern, verb. reg. act. Eigentlich aufzustehen fordern. So sagt
man noch: eine Person zum Tanze auffordern. Figürlich, jemanden zu
Leistung einer Pflicht fordern, oder ermahnen, besonders wenn man ein
gewisses Recht über ihn hat. Eine Stadt, eine Festung auffordern, sich
zu ergeben. Die Besatzung ist bereits aufgefordert worden. Ingleichen
überhaupt so viel, als nachdrücklich zu etwas ermahnen. Eine doppelte
Dankbarkeit fordert dich auf, mir dieses nicht abzuschlagen. Du
forderst mich zu einer Freude mit dir auf. Du bittest mich, du
forderst meine Tugend auf, Dusch. So auch die Aufforderung.
Auffördern (W3) [Adelung]
* Auffördern, verb. reg. act. hinauf fördern, in die Höhe befördern;
besonders in den Salzwerken, die Sohle in den Tropfkasten hinauf
schaffen.
Aufformen (W3) [Adelung]
* Aufformen, verb. reg. act. den Hut aufformen, bey den Hutmachern,
die Krämpen in die Höhe richten, wie aufstutzen.
Auffragen (W3) [Adelung]
Auffragen, verb. reg. act. S. Fragen, durch Fragen ausfindig machen,
erfragen. Ich habe diesen Menschen noch nicht auffragen können.
Auffressen (W3) [Adelung]
Auffressen, verb. irreg. act. S. Fressen. 1) Durch Fressen alle
machen, im verächtlichen und niedrigen Verstande. Das Vieh hat alles
aufgefressen. Ingleichen figürlich, einen auffressen, seyn Vermögen
verzehren helfen. Freunde, die den Reichen auffressen, und ihn dann
verlassen, Dusch. 2) Durch Fressen öffnen, besonders von scharfen
ätzender Feuchtigkeiten. Das Scheidewasser frißt die Haut auf. Thränen
fressen die Wangen auf. So auch die Auffressung, doch am häufigsten in
der zweyten Bedeutung.
Auffretzen (W3) [Adelung]
* Auffretzen, verb. reg. act. 1) Für auffressen. Nun wird dieser Hauf
auffretzen, was um uns ist, wie ein Ochse Kraut auffretzet, 4 Buch
Mos. 22, 4. 2) Für auffüttern, aufziehen. Beyde Bedeutungen sind im
Hochdeutschen völlig unbekannt. Die letztere findet sich im Steinbach.
S. Fretzen.
Auffrischen (W3) [Adelung]
Auffrischen, verb. reg. act. 1) Wieder frisch machen, das ist, ein
äußeres gutes Ansehen geben, besonders von Farben. Eine verschossene
Farbe auffrischen. ein Gemählde auffrischen. Wenn die Roßtäuscher
schlechten Pferden auf eine Zeit lang durch allerley Künste eine gute
Gestalt geben, so nennen sie solches gleichfalls auffrischen. Man
gebraucht dieses Wort auch von verdorbenen Eßwaren, wenn man ihnen
ihren vorigen Geschmack wieder gibt, und z. B. verdorbene Butter
auffrischet. Auch wohl figürlich. Ich bin genöthiget, ihm seyn
Gedächtniß aufzufrischen, Less. 2) Aufmuntern, reißen. Einen zu etwas
auffrischen, welcher Gebrauch vorzüglich in Oberdeutschland üblich
ist. So auch die Auffrischung.
Auffügen (W3) [Adelung]
Auffügen, verb. reg. act. auf etwas fügen, besonders bey den
Stellmachern, welche die Felgen auffügen, wenn sie selbige mit den
Speichen verbinden.
Aufführen (W3) [Adelung]
Aufführen, verb. reg. act. 1. In die Höhe führen, und zwar, 1)
eigentlich, vermittelst eines Fuhrwerkes. Die Kanonen aufführen, auf
den Wall. 2) In weiterer Bedeutung, durch andere körperliche Mittel.
Erde um ein Baum aufführen. Besonders von den Gebäuden über der Erde.
Ein Haus, ein Gebäude, einen Pallast, eine Mauer, einen Wall, einen
Damm aufführen.2. Auf einen Körper führen oder leiten, in weiterer
Bedeutung. So nennet man in den Gold- und Silber-Fabriken, den Lahn
aufführen, wenn man ihn mit der Ahnd oder dem so genannten
Jäckelmännchen von der Plattmühle auf die Lahnröllchen leitet.3. Heran
oder herbey führen, weil der Ort, wohin etwas geführet wird, entweder
wirklich höher ist, oder doch als hoch gelegen angesehen wird, im
Gegensatze des Abführens. Die Wache aufführen. Eine Musik aufführen,
eigentlich den Musikanten den Weg zeigen, wohin sie gehen sollen. In
noch weiterer Bedeutung. Zeugen aufführen, anführen. einen im Triumphe
aufführen, sowohl eigentlich, als auch figürlich, sich seiner
Überlegenheit über jemanden öffentlich rühmen. Wenn die Welt deiner
Thorheit spottet, so wird sie ihren Sclaven im Triumphe aufführen.
Einen Fremden bey jemanden aufführen, den Fremden zu ihm führen und
ihn dessen Bekanntschaft bringen. Figürlich, vorstellen, sehen lassen,
besonders auf der Schau-
bühne. Ein neues Stück aufführen. Jemanden aufführen, ihn auf der
Schaubühne als handelnd vorstellen. In dem Trauerspiele führet man
große Helden auf. Etwas mit einer Rechnung aufführen, nahmentlich
verzeichnen.4. Sich aufführen, eigentlich von der Art zu leben, so
weit sie von außen in die Augen fällt. Sich seinem Stande gemäß
aufführen. Er führt sich prächtig auf. Ingleichen von dem äußerlichen
Betragen in einzelnen Fällen. Wir wollen sehen, wie er sich nach
diesem Briefe aufführen wird, Gell. Wie auch von dem sittlichen
Betragen. Sich dankbar, undankbar gegen jemanden aufführen. Sich gut,
schlecht, übel aufführen. In welchen beyden letzten Fällen doch
betragen nicht nur edler sondern auch angemessener ist. In dieser
ganze Bedeutung war ehedem auch nur das einfache fuoren, führen,
üblich; S. das folgende Wort. Sich aufführen, kann in diedem Verstande
der figürliche Sinn der ersten und dritten Bedeutung zusammen genommen
seyn, so daß damit zunächst auf den äußern Anstand des Körpers gesehen
wird.
Aufführung (W3) [Adelung]
Die Aufführung, plur. inusit. Die Handlung des Aufführens in Allen
Bedeutungen des Verbi. Die Aufführung der Kanonen, eines Gebäudes,
einer Mauer, eines Walles. Die Aufführung des Lahnes, in den Gold- und
Silber-Fabriken. Die Aufführung der Wache, einer Musik, eines Zeugen,
eines Schauspieles, einer Person auf der Schaubühne u. s. f. Besonders
das äußere und sittliche Betragen, so wohl in dem ganzen Umfange des
bürgerlichen Lebens, als auch in einzelnen Fällen. Das ist eine
schlechte Aufführung. Ist das eine Aufführung für eine wohl gerathene
Tochter; Gell. In dieser letztern Bedeutung war ehedem nur das
einfache Fuore, und für üblich. Der alten Fuer und Leben, Hornegk.
Swer sih so zühet und ie zo Das in sin fuore machet wert, der wirt an
eren billich ho, Winsbeck. Paraenes. Str. 39, und eben daselbst Str.
43, S. auch Haltaus Glossar, v. Eure.
Auffüllen (W3) [Adelung]
Auffüllen, verb. reg. act. von neuen füllen. den Ofen auffüllen, in
den Schmelzhütten. Indeß, daß der freundschaftliche Wirth die
Weinflaschen wieder auffüllet, Gesn. ingleichen, ein Faß Wein
auffüllen, den leeren Raum, der durch das Zehren des Weines in
demselben entstehet, wieder voll machen; nachfüllen. Auch metonymisch,
den Wein auffüllen. So auch die Auffüllung.
Auffußen (W3) [Adelung]
+ Auffußen, verb. reg. neutr. mit haben; auf die Füße treten. Der
Kranke kann noch nicht auffußen.
Auffüttern (W3) [Adelung]
Auffüttern, verb. reg. act. 1) Durch Füttern alle machen,
verbrauchen, verfüttern. Die Knechte haben allen Haber aufgefüttert.
2) Groß füttern, eigentlich von Thieren. Gänse, Hühner, Schweine
auffüttern. So auch die Auffütterung.
Aufgabe (W3) [Adelung]
Die Aufgabe, plur. die -n, von dem Verbo aufgeben. 1) Die Handlung
des Aufgebens in den meisten Bedeutungen des Verbi, aber ohne Plural.
Die Aufgabe der Kohlen und des Erzes, auf den hohen Ofen. Die Aufgabe
eines Briefes, auf die Post. Die Aufgabe einer Festung, eines Amtes,
eines Gutes. Die Aufgabe eines Räthsels, einer Frage u. s. f.2)
Dasjenige, was aufgegeben wird, doch nur in einigen Fällen. Die
Aufgabe, in den hohen Öfen, Erz oder Kohlen, welche aufgeschüttet
werden. Die Aufgabe, ein auf die Post gegebener Brief oder Packet.
Besonders eine aufgegebene Frage, oder ein aufgegebener praktischer
Satz, dessen Auflösung gefunden werden soll; ein Problem. Eine Aufgabe
auflösen. eine schwere, leichte Aufgabe.
Aufgabeln (W3) [Adelung]
Aufgabeln, verb. reg. act. Eigentlich, mit der Gabel auffassen, doch
größten Theils nur figürlich und im Scherze, für auftreiben,ausfündig
machen. Wo haben sie das wieder aufgegabelt. Ich weiß nicht, was der
für einen Grafen aufgegabelt hat Weiße.
Aufgaffen (W3) [Adelung]
* Aufgaffen, verb. reg. act. für aufsperren. Jedennoch gafften wir
Das Maul und Augen auf, Opitz. Dieses Wort ist im Hochdeutschen nicht
üblich; indessen dienet es doch zu einem Beweise der eigentlichen
Bedeutung des Wortes gaffen, welches ursprünglich öffnen bedeutet. S.
Gaffen.
Aufgähren (W3) [Adelung]
Aufgähren, verb. irreg. neutr. ( S. Gähren,) mit haben, sich im
Gähren erheben, gährend in die Höhe steigen. Der Teig will nicht
aufgähren.
Aufgang (W3) [Adelung]
Der Aufgang, des -es, plur. die -gänge, von dem Verbo aufgehen.1. Die
Handlung des Aufgehens; ohne Plural. 1) Des Gehens in die Höhe, oder
der scheinbaren Bewegung in die Höhe, doch nur von Himmelskörpern. Der
Aufgang der Sonne, des Mondes, eines Sternes. Vor Sonnen Aufgang, nach
Sonnen Aufgang. Figürlich, und in der höhern Schreibart zuweilen auch
wohl der Anfang. Wenn das Geschick im Aufgang deines Ruhms dich fallen
läßt, Weiße. 2) Das Aufgehen, die Verminderung durch den Gebrauch,
ingleichen der Aufwand. Vielen Aufgang des Weines oder am Weine haben.
An diesem Hofe ist ein starker Aufgang, es gehet daselbst vieles auf.
Dem vielen Aufgange Schranken setzen. S. die folgende Num.2.
Dasjenige, was aufgehet; gleichfalls ohne Plural. 1) * Was aufwärts
gehet, oder aufwärts zu gehen scheinet. Hierher gehöret nur der figürliche biblische Ausdruck des Aufganges aus der Höhe, den Messias
zu bezeichnen. 2) Was aufgehet, d. i. durch den Gebrauch vermindert
wird. Der Aufgang am Weine, am Holze, am Getreide.3. Der Ort, auf
welchem man aufwärts gehet. So heißt, 1) die Erhöhung von einem
Gebäude, auf welcher man zu demselben hinauf gehet, ein Aufgang,
welchen Nahmen auch wohl der Weg, der auf einen Berg führet, bekommt.
S. auch Auffahrt. Dieß ist zugleich der einzige Fall, in welchem
dieses Wort eines Plurals fähig ist, die Aufgänge. 2) Der Ort am
Himmel, wo die Sonne aufgehet, oder aufzugehen scheinet, Morgen,
Osten; doch größten Theils nur in der höhern Schreibart. In des
Aufgangs Landen, Opitz. Mit seiner silbernen Stirn sieht aus den
Pforten des Aufgangs Der stille Mond in die Felder herab, Gieseke.
Ingleichen, Länder, die gegen Morgen liegen, und deren Einwohner. Den
Auf- und Niedergang und aller Weltkreis ehret, Opitz.
Anm. Schon
Notker und Tatian gebrauchen ufgang und ufkang von dem Aufgange der
Sonne. Bey dem ersten kommt in eben dieser Bedeutung auch ufruns vor.
Aufgattern (W3) [Adelung]
+ Aufgattern, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich
ist, für ausfindig machen, auftreiben. Wo hast du das aufgegattert? Es
scheinet, daß dieses Wort von den Nieders. gaddern herkomme, welches
das Frequentativum von gaden, gatten, ist, und sammeln, versammeln
bedeutet. Aufgattern würde also ungefähr so viel seyn, wie aufraffen.
S. auch Gattern.
Aufgeben (W3) [Adelung]
Aufgeben, verb. irreg. act. S. Geben. 1. In die Höhe geben, hinauf
geben, und zwar, 1) eigentlich, in welcher Bedeutung es vornehmlich in
den hohen Öfen üblich ist, und daselbst Kohlen und Eisensteine in den
Ofen schütten bedeutet, wobey man mehrere
Stufen in die Höhe gehen muß. In den Schmelzhütten heißt diese
Verrichtung auflaufen und auftragen. 2) In weiterer Bedeutung. Einen
Brief aufgebe, ich auf die Post geben. In Niedersachsen bedeutet
aufgeben auch so viel, als die Speisen auf den Tisch tragen,
auftragen.2. Offen geben, öffnen. Diese Bedeutung ist zwar ihrem
ersten und eigentlichen Verstande nach, nicht mehr üblich; indessen
erhellet aus dem Ausdrucke, aufgebig Lehn, S. im folgenden, daß
aufgeben diese Bedeutung gehabt haben müsse. Als figürliche
Bedeutungen lassen sich dahin rechnen, 1) von sich geben, den Besitz
einer Sache einem andern übergeben, besonders wenn es an einen Höhern
geschiehet. Eine Stadt oder Festung aufgeben, sie den Belagerer
übergeben. Ein Lehn aufgeben, es dem Lehnsherren zurückgeben, welches
auch auflassen und aufsenden genannt wird. Den Geist aufgeben, sterben, welche R. A. schon in Strykers altem Gedichte bey dem
Schilter S. 122 vorkommt: Do het si Got aufgeben den Geist. Wie sehr
wünschte ich den schmachtenden Rest meines Lebens zu seinen Füßen
aufgeben zu können! Less. 2) Freywillig fahren lassen. Das Spiel
aufgeben, aufhören zu spielen. Ich habe die Freundschaft mit ihm
völlig aufgegeben. Ein Amt, eine Bedienung aufgeben. Gib die
edelmüthige Hoffnung auf, mich zu retten, Dusch. Der Arzt hat den
Patienten aufgegeben, verloren gegeben, alle Hoffnung von ihm
aufgegeben. Beyde Bedeutungen gehören genau zusammen. Die erste führet
alle Wahl den Begriff einer Übertragung an einen andern mit sich, die
letzte aber siehet bloß auf die Begebung der Sache und der
Entschlagung derselben.3. Zu thun oder zu verrichten auftragen. Einem
Schüler etwas zu lernen aufgeben. Einem eine Arbeit aufgeben. Ein
Räthsel, oder etwas aufgeben. Alle aufgegebene Fragen beantworten. In
dieser Bedeutung pflegt man das Verbum im gemeinen Leben gern zu
zerreißen: einem etwas auf zu rathen geben, ungeachtet solches wider
die Natur aller zusammen gesetzten Zeitwörter ist.Das Substantiv die
Aufgebung kann in allen obigen Bedeutungen gebraucht werden. In den
meisten ist indessen auch die Aufgabe üblich.
Aufgeber (W3) [Adelung]
Der Aufgeber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Aufgeberinn,
plur. die -en, der, oder die etwas aufgibt, doch nur in der
eigentlichen Bedeutung. Der Aufgeber eines Briefes, eines Packetes,
der den Brief oder Packet auf die Post gegeben hat. In den hohen Öfen
heißen diejenigen Arbeiter, welche die Kohle und den Eisenstein in den
Ofen schütten, gleichfalls die Aufgeber.
Aufgebiethen (W3) [Adelung]
Aufgebiethen, verb. irreg. act. S. Aufbiethen.
Aufgebig (W3) [Adelung]
* Aufgebig, adj. et adv. welches nur in den Lehnsrechten, besonders
der mittlern Zeiten, üblich ist, wo ein aufgebig Lehn ein solches Lehn
bedeutet, auf welchem das Öffnungsrecht haftet, d. i. dessen Besitzer
den Lehnsherren zu allen Zeiten in das Lehn lassen und denselben
aufnehmen, zu Kriegszeiten aber Besatzung von demselben einnehmen muß;
Feudum aperibile, Feudum aperturae. S. Haltaus v. Aufgebig.
Aufgeblasenheit (W3) [Adelung]
Die Aufgeblasenheit, plur. inusit. die Äußerung einer übermäßigen
Einbildung von sich selbst, vermöge welcher man alle andere Menschen
gegen sich verächtlich ansiehet; der höchste Grad des Stolzes und des
Hochmuthes. S. Aufblasen.
Aufgeboth (W3) [Adelung]
Das Aufgeboth, des -es, plur. inus. die Handlung des Aufgebiethens
oder Aufbiethens. 1) Der Befehl eines Landesherren an seine Vasallen
und Unterthanen, zu gewissen Diensten zu erscheinen. Ein allgemeines
Aufgeboth. Ein Aufgeboth ergehen lassen, seine Unterthanen zu
Kriegesdiensten, Aufsuchung der Räuber u. s. f. berufen. Ingleichen
das Recht, welches ein Landesherr hat, seineUnterthanen auf diese Art
aufzubiethen, welches, so fern es zu Kriegesdiensten geschiehet, auch
der Heerbann, die Heeresfolge, der Heereszwang genannt wird, und
ehedem vermittelst der Aufgebothsbriefe geschahe. Figürlich. Ihr Mund,
wie Rosen roth,Scheint uns ein Aufgeboth Zum Ruß, Weiße. Wenn ihre
Furcht in deinem Ungestüm Ein Aufgeboth zum nahen Aufruhr siehet,
ebend. 2) Die Bekanntmachung verlobter Personen in der Kirche. S.
Abkündigung.
Anm. Aufgebiethen ist zwar heutiges Tages nicht so häufig
als aufbiethen; indessen ist doch das Hauptwort Aufgeboth
gewöhnlicher, als das beynahe schon veraltete Aufboth.
Aufgedinge (W3) [Adelung]
Das Aufgedinge, des -s, plur. ut nom. sing. das Aufdingen eines
Lehrlinges, und das dabey gewöhnliche Geld.
Aufgehen (W3) [Adelung]
Aufgehen, verb. irreg. neutr. ( S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn
zu sich nimmt.1. In die Höhe gehen, herauf gehen, sich aufwärts
bewegen oder beweget werden. 1) In eigentlicher Bedeutung. In der
Stube auf und ab gehen; wo es doch eigentlich keine Zusammensetzung
ausmacht. 2) In weiterer Bedeutung, von verschiedenen theils eigenen,
theils fremden Bewegungen in die Höhe. (a) Von den Himmelskörpern,
besonders der Sonne, über dem Horizont sichtbar werden. Die Sonne geht
auf. Der Mond ist bereits aufgegangen. Ich fühle zu sehr, daß die
Sonne, die jetzt versinkt, nie wieder über mir aufgehen wird, Dusch.
Am Morgen, wenn der östliche Himmel von den Strahlen der aufgehenden
Sonne im Golde glühet, ebend. Figürlich, auch von dem Tage. Mehr als
einzelne Tage werden über mein Grab und deinem Kummer aufgehen, Dusch.
Von dem Lichte. Es gehet mir ein Licht in dieser Sache auf, ich lerne
sie einsehen, bekomme deutliche Begriffe von derselben. Ingleichen von
der blühenden Farbe des Gesichtes, in der höheren Schreibart. Auf
ihren frischen Wangen War ohne Sorg und Gram, die Jugend aufgegangen,
Zachar. (b) Von dem Staube, dem Nebel, dem Rauche, dem Feuer, sich
erheben, in die Höhe steigen. Es gehet ein Nebel auf. Der Staub ging
auf. Es gehet ein Rauch auf. Es ist ein Feuer aufgegangen, entstanden.
Ingleichen figürlich, im Feuer, im Rauche aufgehen, verbrennet werden.
Das Haus ist im Rauche aufgegangen. Die ganze Stadt ging im Feuer auf.
(c) Von dem Wasser, aufquellen, herauf steigen, doch nur in den
Bergwerken. Die Wasser sind aufgegangen, sind gestiegen, und haben die
Bergleute vertrieben. (d) Von den Pflanzen und Gewächsen, wenn der
Keim derselben über der Erde sichtbar wird. Das Getreide, der Same,
die Blumen, sind bereits aufgegangen. (e) Durch eine innere Gährung
ausgedehnet werden. Der Teig gehet auf, will nicht aufgehen.2.
geöffnet werden, so wohl durch innere Kraft, als durch äußere Gewalt.
a) Von Thüren, Fenstern u. s. f. Die Thür ging auf, wurde geöffnet,
sprang von selbst auf. Das Fenster will nicht aufgehen, will sich
nicht öffnen lassen. Das Schloß will nicht aufgehen. b) Aufbrechen.
Das Eis ist bereits aufgegangen. Das Wetter gehet auf, wenn Thauwetter
eintritt. Figürlich. Das Geschwür, die Wunde ging auf. c) Aufgelöset
werden, nachlassen. Der Knoten ging auf. Die Naht ist aufgegangen. d)
Aufblühen, von Blüthen und Knospen. So schön ist nicht die aufgehende
Rose im Frühlinge. Wenn die Blumen abgefallen sind, so zerstreuen sich
die Schmetterlinge, und suchen eine jüngere, die erst frisch
aufgegangen ist, Dusch.
(c) Figürlich. Es gehen mir die Augen auf, ich lerne die Sache nach
ihrer wahren Beschaffenheit einsehen, bekomme deutliche Begriffe
davon. Sie hatte kaum die Augen zugethan, als mir die meinigen
aufgingen, Less. Ich hoffe, daß ihm die Augen zu ihrem Besten aufgehen
werden.3) Verbraucht werden. a) Es ist heute viel Holz bey uns
aufgegangen. Er ließ vielen Wein aufgehen. Da wird vieles Getreide
aufgehen. Ingleichen Aufwand machen, Aufwand haben. In diesem Hause
gehet jährlich viel auf. Er läßt viel, wenig aufgehen. b) Es gehet
gerade auf, es bleibt nichts übrig. Vier von vier gehet auf, in der
Rechenkunst.
Aufgeklärtheit (W3) [Adelung]
Die Aufgeklärtheit, plur. inusit, von dem Participio passivo des
Verbi aufklären, in der dritten figürlichen Bedeutung, der Zustand, da
man mehr klare und deutliche, als dunkele Begriffe und Vorurtheile
hat; die Aufklärung.
Aufgeld (W3) [Adelung]
Das Aufgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) Dasjenige
Geld, was man über den gewöhnlichen Werth einer bessern Münzsorte
bezahlet, wenn man eine schlechtere Sorte dafür gibt; der Aufwechsel,
und mit einem Italienischen Ausdrucke das Agio. Die Benennung Aufgeld
bezieht sich auf das bessere Geld; in Ansehung des schlechtern Geldes
aber heißt diese Zugabe der Abzug. 2) Was auf einen bedungenen Handel
gegeben wird, damit er nicht zurück gehe; das Handgeld, Angeld.
Aufgeräumt (W3) [Adelung]
Aufgeräumt, S. Aufräumen.
Aufgerichtet (W3) [Adelung]
Aufgerichtet, Aufgericht, S. Aufrichten und Aufrecht.
Aufgesessen (W3) [Adelung]
Aufgesessen, S. Aufsitzen.
Aufgewältigen (W3) [Adelung]
* Aufgewältigen, verb. reg. act. welches nur in dem Bergbaue üblich
ist, durch Arbeit öffnen. Einen Schacht aufgewältigen, einen
verstürzten oder zugebühnten Schacht öffnen. Daher die Aufgewältigung.
S. Gewältigen.
Aufgeweckt (W3) [Adelung]
Aufgeweckt, S. Aufwecken.
Aufgewecktheit (W3) [Adelung]
Die Aufgewecktheit, plur. inusit. die aufgeweckte, lebhafte
Gemüthsart eines Menschen. Ich will wetten, daß sie bey aller ihrer
Aufgewecktheit dennoch oft in Gedanken sind. S. Aufwecken.
Aufgeyen (W3) [Adelung]
* Aufgeyen, verb. reg. act. nur in der Schifffahrt. Die Segel
aufgeyen, sie vermittelt der Geytaue zusammen ziehen. S. Geyen.
Aufgießen (W3) [Adelung]
Aufgießen, verb, irreg. act. S. Gießen, auf etwas gießen, am
häufigsten absolute, mit Verschweigung des Ortes. Wasser aufgießen,
auf die Hände, zum Waschen. oder auf und über einen andern Körper.
Daher der Aufgießer in den Hammerwerken, ein Arbeiter, welcher unter
dem Schmieden des Eisens, vermittelst des Aufgießlöffels Wasser auf
den glühenden Stab, den Amboß und Hammer gießet, sie abzukühlen. So
auch die Aufgießung.
Aufglätten (W3) [Adelung]
Aufglätten, verb. reg. act. von neuen glätten. Daher die Aufglättung.
Aufgraben (W3) [Adelung]
Aufgraben, verb. irreg. act. S. Graben. 1) Durch Garben erhöhen. Erde
um einen Baum aufgraben. In weiterer Bedeutung, durch Graben herauf
bringen, ausgraben. Eine Leiche aufgraben. Verscharrtes Geld
aufgraben. Ingleichen durch Graben locker machen. Ein Stück Acker, ein
Bret im Garten aufgraben. 2) Durch Graben öffnen. Einen Keller, ein
Loch aufgraben. Eine verschüttete Grube wieder aufgraben. So auch die
Aufgrabung.
Aufgreifen (W3) [Adelung]
Aufgreifen, verb, irreg. act. S. Greifen. 1) Greifen und aufheben;
auch figürlich, für auffangen. Ich habe ihn auf der Gasse
aufgegriffen. 2) Auf etwas greifen, nur in figürlicher Bedeutung, für
berühren. So sagen die Jäger von den Hunden und besonders den
Leithunden, daß sie scharf aufgreifen,wenn sie mit der Nase nahe auf
der Fährte wegsuchen. 3) Eine Sache aufgreifen, in den Rechten, sie
durch einen billigen Vergleich beendigen. So auch die Aufgreifung.
Aufgrünen (W3) [Adelung]
Aufgrünen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
grün werden und aufwachsen, am häufigsten in figürlicher Bedeutung.
Die Hoffnung des seufzenden Landmannes, welche aus dem Schooße der
Erde die Güte des Schöpfers auf. grünen ließ. Dusch.
Aufgürten (W3) [Adelung]
Aufgürten, verb. reg. act. 1) In die Höhe gürten. Das Kleid
aufgürten. 2) Mit einem Gurte auf etwas befestigen. Dem Pferde den
Sattel aufgürten. 3) Den Gurt oder Gürtel öffnen. Das Pferd aufgürten,
metonymisch, dessen Gurt öffnen. So auch die Aufgürtung.
Aufguß (W3) [Adelung]
Der Aufguß, des -sses, plur. des -güsse, von aufgießen. 1) Die
Handlung des Aufgießens, ohne Plural.") Ein flüssiger Körper, welcher
auf einen festen gegossen worden, und die auflöslichen Theile aus
demselben an sich genommen hat; Latein. ein Infusum.
Aufhaben (W3) [Adelung]
Aufhaben, verb. irreg. neutr. ( S. Haben) welches das Verbum haben
zum Hülfsworte erfordert, aber nur in der Sprache des gemeinen Lebens
üblich ist. 1) Auf sich haben, so wohl von Kleidungsstücken, auf dem
Haupte haben. Den Hut, die Mütze, eine Perücke aufhaben. Er hat nichts
auf, er gehet mit unbedecktem Haupte. Als auch mit etwas beladen seyn.
Schiffe, welche Getreide aufhaben. Die Oberdeutsche und auch in den
Obersächsischen Kanzelleyen nicht unbekannte Wortfügung, die
aufhabende Pflicht, eurer aufhabenden schweren Pflicht zu Folge, ist
wider den rechten Gebrauch des Participii, weil die Pflicht nichts
aufhat. Besser die obliegende Pflicht. 2) Offen haben. Er hatte den
Mund schon auf, ihr das ganze Geheimniß zu erzählen. Less.
Aufhacken (W3) [Adelung]
Aufhacken, verb. reg. act. 1) Durch Hacken oder Hauen öffnen. Das Eis
aufhacken. Ingleichen von den Vögeln, mit dem Schnabel öffnen,
aufblicken. In weiterer Bedeutung, durch Hacken locker machen. Die
Erde aufhacken. 2) Durch Hacken mit dem Schnabel aufheben, von Vögeln
und dem Federviehe. Sie hacken die Körner Eilig auf, Zachar. von den
Hühnern. Durch Hacken oder Hauen alle machen, aufhauen. Alles Holz
aufhacken. So auch die Aufhackung.
Aufhäften (W3) [Adelung]
Aufhäften, verb. reg. act. 1) In die Höhe häften. Ein Rind aufhäften.
Ein Buch aufhäften, bey den Buchbindern so viel, als das einfache
häften. 2) Auf etwas häften. Einen Streifen Leinwand aufhäften, auf
das Hemd. Figürlich, und im gemeinen Leben, einem etwas aufhäften, ihn
einer Unwahrheit bereden. 3) Was zugehäftet war, öffnen, den Häft
auflösen. So auch die Aufhäftung.
Aufhäkeln (W3) [Adelung]
Aufhäkeln, verb. reg. act. was zugehäkelt war, öffnen, die Häklein
wegthun. Den Mantelsack aufhäkeln. Daher die Aufhäkelung.
Aufhalsen (W3) [Adelung]
+ Aufhalsen, verb. reg. act. als eine Last auf den Hals legen; edler
aufbürden. Einem viel aufhalsen.
Aufhalt (W3) [Adelung]
Der Aufhalt, des -es, plur. inusit. 1) Das Aufhalten, besonders in
der Reitkunst, wo man darunter die letzten Bewegungen verstehet,
welche man ein Pferd machen lässet, ehe es stille stehen soll. 2) Die
Verzögerung einer Sache, wie das niedrigere Aufenthalt. Dieser kleine
Aufhalt wird der Sache nicht schaden. Das macht nur vielen Aufhalt.
Aufhalten (W3) [Adelung]
Aufhalten, verb. irreg, act. S. Halten. 1. In die Höhe halten. Diese
Bedeutung ist zwar ihrem eigentlichen Verstande nach, nicht üblich;
allein sie ist es doch vermuthlich, welche zu folgenden drey
figürlichen Anlaß gegeben hat.
1) Den Fortgang unterbrechen, und zwar, (a) eigentlich. Den Fortgang
in Ansehung des Ortes und Raumes unterbrechen. Einen flüchtigen Dieb
aufhalten. Der Wind hält uns im Gehen auf. Das Gebirge hält den Wind
auf. Der Mantel hält den Regen auf. Das Wasser mit einem Damme
aufhalten. Er kann die Thränen nicht länger aufhalten. Den Feind
aufhalten, dessen Annäherung hindern. Halten sie mich nicht auf,
lassen sie mich gehen. Ihr Helden, was für ein Zaum soll euern Durst
nach Gewalt aufhalten. Dusch. (b) Figürlich, den Fortgang einer Sache
in Ansehung der Zeit hindern. Die Uhr aufhalten. Die Post aufhalten.
den Krieg aufhalten, in die Länge spielen. Einen Prozeß lange
aufhalten. Schon lange hast du mich mit vergeblicher Hoffnung
aufgehalten. Sich lange bey einer Sache aufhalten, sich lange mit
derselben beschäftigen. Ich will mich nicht länger dabey aufhalten,
nicht länger davon sprechen.2) Bey sich behalten, von Personen,
Aufenthalt geben. Einen Fremden bey sich aufhalten, beherbergen. Er
hält lauter lasterhafte Leute bey sich auf. Noch mehr aber reciproce,
sich an einem Orte aufhalten, eine Zeit lang daselbst verbleiben. Er
hält sich jetzt in Berlin auf. Er hat sich lange bey unsern Freunden
aufgehalten.3) Sich über etwas aufhalten, es tadeln, welche Bedeutung
aus der Bedeutung des Verweilens entsprungen zu seyn scheinet. Er hält
sich über alles auf. Wer hat sich darüber aufzuhalten?2. Offen halten,
im gemeinen Leben. Die Hand, den Hut, einen Sack aufhalten.
Ingleichen, offen lassen. Das Thor wurde die zu Gefallen die ganze
Nacht aufgehalten. So auch die Aufhaltung.
Anm. Aufhalten bedeutete
ehedem auch, 1) in Verhaft behalten. 2) Erhalten, ernähren. 3) Sich
einer Sache aufhalten, sich wider dieselbe vertheidigen. Von allen
dreyen sind in Haltaus Gloss. h. v. hinlängliche Beyspiele zu finden.
Aufhalter (W3) [Adelung]
Der Aufhalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug zum
Aufhalten. Besonders ein breiter Riemen an dem Hintergeschirre der
Pferde, den Wagen damit aufzuhalten.
Aufhänge (W3) [Adelung]
* Die Aufhänge, plur. die -n, bey den Tuchmachern, ein Rahmen, worin
das Tuch nach der ersten Walke ausgespannet wird.
Aufhängen (W3) [Adelung]
Aufhängen, verb. reg, act. 1) In die Höhe hängen. Wäsche aufhängen.
Ein Kleid aufhängen. Wer hält in dünnen Lüften die aufgehangne
(aufgehängte) Last? Dusch. Sieh her, ich eile zurück und hängte den
Raub An diesem Weidenbaume auf, Raml. Einen Dieb aufhängen, an den
Galgen hängen. 2) Auf oder an etwas hängen. (a) Eigentlich. So hängen
die Wagner den Kasten eines Wagens auf, wenn sie ihn auf das
Wagengestelle setzen. (b) Figürlich, eine schädliche oder doch
schlechte Sache mittheilen. Einem eine Krankheit aufhängen. Ehe ich
mir eine gelehrte Frau aufhängen ließe, Less. Ferner, eine Unwahrheit
zu glauben bewegen, aufbinden. Wer hat dir das Märchen aufgehängt?
Ingleichen, auf eine verschwenderische Art an jemanden wenden, im
verächtlichen Verstande. Sie hängt dem liederlichen Menschen alles
auf. Daher die Aufhängung, in der ersten Bedeutung.
Aufhaschen (W3) [Adelung]
Aufhaschen, verb. reg. act. im Laufe erhaschen und aufnehmen. Eine
Neuigkeit aufhaschen, figürlich.
Aufhaspeln (W3) [Adelung]
Aufhaspeln, verb. reg. act. 1) Auf etwas haspeln, auf die Haspel
bringen, aufweisen. 2) In die Höhe haspeln. Figürlich, + sich wieder
aufhaspeln, mühsam vom Falle aufstehen; ingleichen sich mit Mühe von
einer Krankheit wieder erhohlen. 3) Durch Haspelnalle machen. Alles
Garn aufhaspeln. So auch die Aufhaspelung
Aufhauben (W3) [Adelung]
Aufhauben, verb, reg. act. die Haube aufsetzen. Besonders in einigen
Gegenden, der jungen Frau am zweyten Hochzeittage die Haube mit
gewissen Feyerlichkeiten aufsetzen.
Aufhauen (W3) [Adelung]
Aufhauen, verb. irreg. act. S. Hauen.!) Durch Hauen öffnen. Eine Thür
aufhauen. Das Eis aufhauen. Einen Ochsen aufhauen, bey den Fleischern,
dessen Leib mit dem Beile öffnen. Ein Loch aufhauen, bey den
Schlössern, es mit dem Durchschlage einhauen. Das Blech aufhauen,
Figuren in dasselbe hauen. Die Haut aufhauen, sie mit Ruthen wund
hauen. 2) Durch Hauen in die Höhe bringen, doch nur in figürlicher
Bedeutung bey den Zimmerleuten, welche ein Gebäude aufhauen, wenn es
gleich in dem Walde abgebunden wird. 3) Durch Hauen alle machen. Alles
Holz aufhauen. Starke Windbrüche im Walde aufhauen, im Forstwesen,
alle vom Winde abgebrochene Zweige und Bäume zu Brennholz hauen. 4)
Von neuen hauen. So hauen die Feilenhauer eine Feile auf, wenn sie
neue Feilenhiebe in dieselbe hauen. 5) Absolute bedeutet aufhauen bey
den Artilleristen, die brennende Lunte und das Zündpulver hauen. So
auch die Aufhauung.
Aufhauer (W3) [Adelung]
Der Aufhauer, der -s, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern, ein
rautenförmiger Durchschlag oder Weißel, das Eisen damit aufzuhauen
oder zu spalten.
Aufhäufeln (W3) [Adelung]
Aufhäufeln, verb. reg. act. das Diminutivum des folgenden, zu kleinen
Haufen machen. Die Erde um die Pflanzen aufhäufeln.
Aufhäufen (W3) [Adelung]
Aufhäufen, verb, reg. act. zu einem Haufen machen. Die Erde um einen
Baum aufhäufen. Aufgehäuft voll, von dem Maße trockener Dinge.
Ingleichen in Haufen aufschütten. Getreide, Früchte aufhäufen. Daher
die Aufhäufung.
Aufheben (W3) [Adelung]
Aufheben, verb. irreg. act. S. Heben. 1. In die Höhe heben. 1) In
eigentlicher und weiterer Bedeutung. Die Hände aufheben. Den Stab
aufheben. Unglücklicher, das Schwert ist über dir aufgehoben, und die
Rache fordert dein Blut, Dusch. Die Augen aufheben, in die Höhe
richten. Seine zur Rache schon aufgehabene (aufgehobene) Hand, von
Brawe. Die Mühle aufheben, bey den Müllern, den obern Mühlstein höher
stellen; ingleichen, ihn zum scharf machen abnehmen. 2) Figürlich,
erheben, d. i. rühmen, efferre, exaltare. Diese Bedeutung ist zwar im
Hochdeutschen schon veraltet, indessen ist doch der Infinitiv in
Gestalt eines Substantives noch davon übrig geblieben, wo viel
Aufheben, oder viel Aufhebens von einer Sache machen, so viel
bedeutet, als viel Rühmens von derselben machen, oder in weiterer
Bedeutung, sie als sehr wichtig vorstellen. Man hätte von diesen
Fehlern kein solches Aufheben machen sollen, Less. Er macht wenig
Aufhebens davon. Du brauchtest nicht so viel Aufhebens davon zu
machen. Der Genitiv kann nur alsdann Statt finden, wenn die Beywörter
viel oder wenig vorher gehen. Was für ein Aufhebens machen sie davon?
Und davon macht man so ein Aufhebens? Raben. ist daher unrichtig.
Einige niedrige Mundarten gebrauchen dafür das Aufhebels, oder
Aufhebelse, Logau aber Aufgehebe.2. Besonders, was liegt, in die Höhe
heben; und zwar,1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Etwas von
der Erde aufheben. Eine Last aufheben. Jemanden aus dem Kothe
aufheben. Den Anker aufheben, oder lichten. Einen todten Körper
gerichtlich aufheben. In der Landwirthschaft bedeutet aufheben,
absolute gebraucht, das gedroschene Getreide von der Tenne heben, es
messen, und auf den Boden tragen lassen, welches auch aufmessen
genannt wird. Wir haben heute aufgehoben. Die Anzahl Garben, welche
ausgedroschen werden,
ehe man aufhebet, und das daraus gefallene Getreide, werden daher auf
ein Aufheben genannt. Das Pflas=ter (einer Gasse) aufheben,
aufbrechen.2) Figürlich. (a) In Verhaft nehmen. Einen Verbrecher,
einen verdächtigen Menschen aufheben. Einen Pfuscher aufheben.
Ingleichen überrumpeln und gefangen nehmen, von Soldaten. Der Posten,
das Regiment ist von dem Feinde aufgehoben worden. (b) Zum künftigen
Gebrauche verwahren. Sich etwas auf den Winter, zum künftigen
Gebrauche aufheben. Man hat ihm seine Erbschaft sorgfältig aufgehoben.
Einem etwas aufzuheben geben. Figürlich. Das Schicksal hat sich zu
einer größern Glückseligkeit aufgehoben, aufbehalten. Sie wird bey ihm
so gut aufgehoben seyn, als bey mir selber, Gell.3. Wegheben, doch nur
in verschiedenen figürlichen Bedeutungen.1) Beschließen, endigen. Die
Tafel aufheben, aufhören zu speisen, doch nur von vornehmen Personen.
Das Lager aufheben, mit demselben aufbrechen. Die Belagerung aufheben.
Ingleichen, den Fortgang einer Sache unterbrechen, ihre Wirkung, ihre
Dauer vernichten. Ein Gesetz aufheben. Ein Bündniß aufheben. Der
Arrest ist wieder aufgehoben worden. Die Sünde aufheben, Hebr. 9, 26.
Ich werde alle Freundschaft mit ihm aufheben. Den Streit aufheben.
Sprichw. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wie auch, ausschließen.
Eines hebt das andere auf, wo eines ist, da kann das andere nicht
Statt finden. Verdacht hebt die Vertraulichkeit auf. Laster und
Glückseligkeit sind Begriffe, die sich einander aufheben, Dusch2)
Vermindern, wenigstens dem Scheine nach, So bedeutet in der
Rechenkunst, einen Bruch aufheben, ihn ohne Veränderung seines Werthes
durch kleinere Zahlen ausdrucken. Einem Bergmanne den Lohn aufheben,
geschiehet in den Bergwerken, wenn man ihm. um eines Vergehens willen,
etwas an dem Lohne abziehet. In dieser Bedeutung des Verminderns kommt
aufheben mit levare und elevare überein, welches bey den Römer eben
dieselbe Bedeutung hatte, wenn es nicht gar darnach gebildet ist.4.
Öffnen, diese Bedeutung ist zwar nicht gewöhnlich; allein sie scheinet
doch in der bergmännischen R. A. einen Stollen aufheben, ihn, wenn er
liegen geblieben oder verschüttet worden, wieder säubern und
aufräumen, zum Grunde zu liegen.So auch die Aufhebung, in allen obigen
Bedeutungen.
Anm. Ufheben, ufheven kommt schon bey dem Ottfried und
Notker vor. Das Participium lautete ehedem im Oberdeutschen auch
aufgehaben, und findet sich unter andern auch in Luthers
Bibelübersetzung; z. B. Apostelg. 1. 9.
Aufheber (W3) [Adelung]
Der Aufheber, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas aufhebet in der
eigentlichsten Bedeutung. Bey den Mundärzten, ein Werkzeug, die
eingedruckte Hirnschale aufzuheben; Elevatorium.
Aufheften (W3) [Adelung]
Aufheften, S. Aufhäften.
Aufheitern (W3) [Adelung]
Aufheitern, verb. reg. act. wieder heiter machen. Der Himmel heitert
sich auf. Figürlich, aufgeweckt, zufrieden, frey von Sorgen machen.
Kommt zurück, angenehme Bilder, kommt zurück, und heitert mein Gemüth
auf, Geßn. Ich hoffte, deine traurige Seele dadurch aufzuheitern. Sein
Umgang ist vielleicht das einzige, was meine Schwermuth aufheitern
kann, von Brawe. Unter den Thränen wird diese Betrachtung dein
Angesicht plötzlich aufheitern, Dusch. Ein aufgeheitertes, munteres,
sorgenfreyes, Gemüth. So auch die Aufheiterung.
Aufhelfen (W3) [Adelung]
Aufhelfen, verb. irreg. act. S. Helfen; eigentlich demjenigen, der da
liegt, in die Höhe helfen, mit dem Dative. Einem, der gefallen ist,
aufhelfen. Dem Strauchelnden half deine Zusprache auf, Hiob 4, 4. nach
der Michaelischen Übersetzung. Einem Kranken aufhelfen, ihm von einer
Krankheit aufhelfen, ihn durch Arzeneyen in den Stand setzen, daß er
das Bett verlassen kann. Figürlich, einem andern zur Verbesserung
seines Zustandes behülflich seyn. Dem nothleidenden Nächten aufhelfen.
Was für Hoffnung konnte er sich machen, sich und seiner Familie von
diesem grausamen Falle wieder aufzuhelfen? Dusch. Ein Verstand, der
der Tugend des Herzens nicht aufhilft, ist kein Gut, er ist vielmehr
ein Gift der Seele, Gell. So auch die Aufhelfung. S. Helfen.
Aufhelfer (W3) [Adelung]
Der Aufhelfer, des -s, plur. ut nom, sing. der einem andern aufhilft,
doch nur figürlich, dasjenige geflochtene Band mit einem Quaste am
Ende, welches über dem Bette befestiget wird, und woran sich kranke
oder unvermögende Personen in die Höhe helfen; der Bettzopf,
Bettquast.
Aufhellen (W3) [Adelung]
Aufhellen, verb. reg. act. wieder helle machen. besonders von dem
Himmel, oder dem Dunstkreise, für aufheitern. der Himmel hellt sich
auf. Die Luft fängt an sich aufzuhellen. Haged. Ingleichen für
erleuchten, bestrahlen. Die Hügel und die WeideStehn aufgehellt,
Haged. Wenn von aufgehellten Höhen Das Morgenroth mich weinend fand,
Zachar. Figürlich, deutlich werden. Nur zu sehr fängt dieses
unglückliche Geheimniß an, sich mir aufzuhellen, von Brawe.
Aufhenken (W3) [Adelung]
Aufhenken, verb. reg. act. welches das Intensivum von aufhängen ist,
und fast nur noch allein von dem Aufhängen eines Verbrechers gebraucht
wird. Einen Dieb aufhenken. Daher die Aufhenkung.
Aufher (W3) [Adelung]
* Aufher, ein veraltetes Umstandswort des Ortes, für herauf, welches
nach Matth. 17, 27. vorkommt: den ersten Fisch der aufher fähret. S.
Herauf.
Aufhetzen (W3) [Adelung]
Aufhetzen, verb. reg. act. mit Hunden aufjagen, durch Hetzen zum
Aufstehen bewegen. 1) Eigentlich. Einen Hasen, ein Wild aufhetzen, im
gemeinen Leben, wofür die Jäger sich des Zeitwortes aufsprengen
bedienen. 2) In figürlicher Bedeutung, zu etwas reitzen, doch nur im
gemeinem Leben, und im nachtheiligen, verächtlichen Verstande. Wer hat
ihn dazu aufgehetzet? Ingleichen, wider einen andern aufbringen. Man
hatte ihn wider mich aufgehetzet. Setze ihn nicht noch mehr auf. Das
ist nicht fein, daß sie mir vollends meinen Hofmeister aufhetzen,
Weiße. So auch die Aufhetzung.
Aufhetzer (W3) [Adelung]
Der Aufhetzer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Aufhetzerinn,
plur. die -en, eine Person, welche jemanden wider einen andern
aufhetzet.
Aufhissen (W3) [Adelung]
Aufhissen, verb. reg. act. welches nur in den Seestädten üblich ist,
aufziehen, in die Höhe ziehen. Die Segel aufhissen. Waaren, Güter
aufhissen. So auch die Aufhissung.
Anm. Niedersächs. hissen, uphissen,
Dän. ophisse, Schwed. hissa, Engl. hoise, Franz. hisser und hausser.
S. Hissen.
Aufhocken (W3) [Adelung]
Aufhocken, im gemeinem Leben Aufhucken, verb. reg. act. 1) Durch
Niederhocken auf die Schultern nehmen; im Gegensatze des abhocken.
Jemanden aufhocken. 2) In Hocken setzen besonders in Niedersachsen, wo
die Garben des abgehauenen Getreides aufgehocket, d. i. in Mandeln
gesetzet werden. S. Hocke. Daher die Aufhockung.
Aufhohlen (W3) [Adelung]
+ Aufhohlen, verb. reg. act. herauf hohlen, in die Höhe ziehen doch
nur im gemeinem leben. Etwas aus dem Brunnen auf-
hohlen. Das Both aufhohlen, bey den Schiffern, es in das Schiff hinauf
ziehen. In dem Wasserbaue bedeutet es, ein versunkenes Werk durch neue
Faschinen erhöhen. Daher die Aufhohlung.
Aufhohler (W3) [Adelung]
Der Aufhohler, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Damastwebern,
diejenigen Schnüre, wodurch die Kettenfäden aufgehohlet oder in die
Höhe gezogen werden.
Aufhorchen (W3) [Adelung]
Aufhorchen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert,
gleichsam mit in die Höhe gerichtete Haupte auf etwas horchen. Er
horcht auf, er hörte es mit Verwunderung. an. Wieland gebraucht dafür
empor horchen. Ich hielt den Athem an, und horchte scharf empor. Anm.
Das alte losen, welches bey den alten Fränkischen und Alemannischen
Schriftstellern vorkommt, hatte eben diese Bedeutung. Die heutigen
Schwaben haben davon noch ihr auflosen, für aufhorchen, aufmerken.
Aufhören (W3) [Adelung]
1. Aufhören, verb. reg. neutr. mit haben, aufmerksam auf etwas
Unerwartetes hören, wie das vorige. Er hörete hoch auf.
Aufhören (W3) [Adelung]
2. Aufhören, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1)
Nachlassen, etwas zu thun. Aufhören zu essen, zu trinken, zu arbeiten.
Höre auf zu weinen. Mit Schmähen aufhören. Hören sie auf mit ihrer
Güte, hören sie auf, ihre Zärtlichkeit über mich zu ergießen, Weiße.
Ohne Aufhören, ohne im geringsten nachzulassen, oder abzubrechen.
Figürlich auch, das Ende einer Beschaffenheit, eines Zustandes
erreichen, etwas nicht mehr seyn. Ich höre in eben diesem Augenblicke
auf, die Ihrige zu seyn, Gell. Ingleichen, von leblosen Dingen. Die
Bäume haben aufgehört zu blühen. Es höret auf zu brennen, zu regnen,
zu schneyen. Wohlthaten hören auf, Wohlthaten zu seyn, wenn man sucht,
sich für sie bezahlt zu machen. 2) Seine Endschaft erreichen. sowohl
dem Orte, als der Zeit nach. Hier höret das Gebirge auf. Hier höret
das erste Buch auf. Der Krieg hat längst aufgehöret. Ingleichen seines
Daseyns beraubet werden. Mit der Zeit höret alles auf. So auch die
Aufhörung.
Anm. Die Wortfügung, höre auf von mir, denn meine Tage sind
vergeblich gewesen, Hiob 7, 16. ist ungewöhnlich. In des Herrn Hofrath
Michaelis Übersetzung heißt es daher richtiger: Laß von mir ab. Die
Abstammung dieses Wortes ist noch nicht völlig ausgemacht. Wachter
nimmt das Schwedische göra, thun, für das Stammwort an, welches er mit
dem Latein. gerere und dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - verbindet. Nach dem Frisch ist aufhören, cessare, die
figürliche Bedeutung von aufhören, aufmerksam zuhören; denn, sagt er,
wer achtsam aufhören oder zuhören will, muß von aller Arbeit ablassen.
Allein diese Figur ist ein wenig hart, und der Sprachähnlichkeit nicht
gemäß. Ihre vermuthet, daß das Isländische hyr, ruhig, womit das alte
Alemannische heuer, ruhig, sanftmüthig, und gehirmon, ruhen,
übereinstimmet, das Stammwort seyn könne. Diese letzte Ableitung
scheinet noch die erträglichste zu seyn; vielleicht lässet sich
künftig ei nebessere ausfindig machen. S. Gehorchen und Ungeheuer.
Aufhucken (W3) [Adelung]
Aufhucken, S. Aufhocken.
Aufhüllen (W3) [Adelung]
Aufhüllen, verb. reg. act. mit Wegnehmung der Hülle oder Decke
öffnen, enthüllen; doch nur in figürlicher Bedeutung und in der höhern
Schreibart. Die Götter hüllen es durch Thaten auf, Und der Verstand
wird durch den Ausgang klar, Weiße. Schon Gryphius gebraucht aufhüllen
in diesem Verstande, S. 48.
Aufhüpfen (W3) [Adelung]
Aufhüpfen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in
die Höhe hüpfen. Er hüpfte vor Freude auf. Man wird ihm nicht gleich
aufhüpfen, zu Willen seyn Daher die Aufhüpfung.
Aufhusten (W3) [Adelung]
Aufhusten, verb. reg. act. durch Husten in die Höhe bringen. Blut
aufhusten.
Aufjagen (W3) [Adelung]
Aufjagen, verb. reg. act. in die Höhe jagen, aus seinem Lager jagen.
Einen Hasen, ein wildes Thier aufjagen. Der aufgejagten Gemse gleich,
Raml. Daher die Aufjagung. S. Aufsprengen, und Auftreiben.
Aufkämmen (W3) [Adelung]
Aufkämmen, verb. reg. act. in die Höhe kämmen, aufwärts kämmen. Die
Haare aufkämmen.
Aufkauf (W3) [Adelung]
Der Aufkauf, des -es, plur. obgleich selten, die -käufe, die Handlung
des Aufkaufens. Man hat den Aufkauf des Getreide verbothen.
Aufkaufen (W3) [Adelung]
Aufkaufen, verb. reg. act. zusammen kaufen. Korn, Getreide, Obst
aufkaufen. Daher die Aufkaufung.
Aufkäufer (W3) [Adelung]
Der Aufkäufer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Aufkäuferinn,
plur. die -en, eine Person, welche etwas aufkaufet, besonders in der
Absicht, es wieder zu verkaufen.
Aufkegeln (W3) [Adelung]
Aufkegeln, verb. reg. act. in einen kegelförmigen Haufen aufsetzen.
Kanonenkugeln, Granaten aufkegeln, bey den Feuerwerkern. Daher die
Aufkegelung.
Aufkehren (W3) [Adelung]
Aufkehren, verb. reg. act. 1) Mit dem Besen oder einer Bürste
zusammen kehren. 2) * In die Höhe kehren. Die Goldschmiede kehren die
Buckeln auf, wenn sie die Buckeln d. i. die Platten zu den Knöpfen, in
der Anke zu kleinen Schüsselchen schlagen.
Aufkehrig (W3) [Adelung]
Das Aufkehrig, des -es, plur. car. was aufgekehret wird; besonders in
den Bergwerken, was von dem Schmelzen der Erze abspringt, und zusammen
gekehret wird; Gekrätz
Aufkeimen (W3) [Adelung]
Aufkeimen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in
die Höhe keimen. Der Same keimet schon auf. Figürlich. Welche
Belohnung für die Mühe, Tugend in das junge aufkeimende Gemüth zu
pflanzen! Geßn.
Aufketzern (W3) [Adelung]
* Aufketzern, verb. reg. act. welches nur noch in den Bergwerken
üblich ist, mit Keilen öffnen, aus einander treiben, spalten. Eine
Wand aufketzern, S. auch Ausketzern.
Anm. Das einfache ketzern ist, so
viel ich weiß, nicht mehr gebräuchlich. Weil diese Wort den
Sprachforschern, den Frisch ausgenommen, unbekannt gewesen, so hat
auch noch niemand dessen Abstammung untersucht. Ketzern ist der Form
nach ein Frequentativum, welches ohne Zweifel von dem im Hochdeutschen
veralteten katten, bey dem Ottfried kuaten, schneiden, herkommt,
welches noch in Niedersachsen üblich ist, und an einigen Orten auch
katsen, ausgesprochen wird. Das Hebräische katsar, decurtavit,
abscidit, hat gleichfalls viele Ähnlichkeit damit. S. auch Ketzer.
Aufkippen (W3) [Adelung]
Aufkippen, verb. reg. 1. Neutrum, welches das Hülfswort seyn
erfordert, aufwärts, in die Höhe kippen, besonders von dem Wagebalken,
wenn er wegen geringerer Schwere ein wenig in die Höhe steigt. 2.
Activum, kippen aufheben, auf dem einen Rande rückwärts biegen. Die
Bienenstöcke ein wenig aufkippen. Daher die Aufkippung.
Aufkitten (W3) [Adelung]
Aufkitten, verb. reg. act. mit Kitt auf etwas befestigen.
Aufklaffen (W3) [Adelung]
* Aufklaffen, verb. reg. neutr. mit haben, auf eine fehlerhafte Art
von einander stehen, fehlerhaft offen stehen; doch mehr im
Oberdeutschen als im Hochdeutschen. S. Klassen.
Aufklappen (W3) [Adelung]
Aufklappen, verb. reg. act. in die Höhe klappen. Den Tisch
aufklappen. S. Klappen. Daher die Aufklappung.
Aufklären (W3) [Adelung]
Aufklären, verb. reg. act. wieder klar, heiter machen. 1) Eigentlich.
Das Wetter, der Himmel klärt sich auf. Bey aufgeklärten Himmel. 2)
Figürlich. (a) Sein Gesicht klärt sich allgemach auf, wird heiter. (b)
Deutlich machen, erklären. Ich hoffe, daß sich indessen das Räthsel
aufklären soll. Klären sie mir doch diese Stelle ein wenig auf. (c)
Viele deutliche Begriffe beybringen. Ein aufgeklärtes und unbefangenes
Gewissen. Ein aufgeklärter Verstand, der viele deutliche Begriffe hat.
Aufgeklärte Zeiten, da man von vielen Dingen klare und deutliche
Begriffe hat.
Aufklatschen (W3) [Adelung]
* Aufklatschen, verb. reg. act. vermittelst der Klatschform
ausdrucken, besonders bey dem Drucken der Papiertapeten.
Aufklauben (W3) [Adelung]
Aufklauben, verb. reg. act. mit den zwey Vorderfingern nach und nach
von der Erde aufsammeln. Figürlich, mühsam aufsuchen, um zu tadeln.
Fehler aufklauben. Wer wird denn alle Worte aufklauben? auffangen.
Daher die Aufklaubung.
Aufkleben (W3) [Adelung]
Aufkleben, S. Aufkleiben.
Aufklecken (W3) [Adelung]
Aufklecken, verb. reg. act. in Gestalt der Klecke, d. i. auf eine
schmutzige Art auftragen; besonders von schlechten Mahlern. Die Farben
aufklecken.
Aufkleiben (W3) [Adelung]
Aufkleiben, verb. reg. act. auf etwas kleiben, mit einem Kleber auf
etwas befestigen. Einen Zettel aufkleiben, auf das Buch oder eine
andere Sache. Einen Bogen Papier aufkleiben. So auch die
Aufkleibung.
Anm. Daß dieses Verbum gemeiniglich mit dem Neutro kleben
verwechselt, und auch im Activo aufkleben geschrieben und gesprochen
wird, ist bey Kleben und Kleiben erinnert worden.
Aufkleistern (W3) [Adelung]
Aufkleistern, verb. reg. act. mit Kleister auf etwas befestigen.
Einen Bogen Papier, einen Zettel aufkleistern. Daher die
Aufkleisterung.
Aufklinken (W3) [Adelung]
Aufklinken, verb. reg. act. vermittelt der Klinke öffnen. Die Thür
aufklinken.
Aufklopfen (W3) [Adelung]
Aufklopfen, verb. reg. act. durch Klopfen öffnen. Eine Nuß
aufklopfen. Daher die Aufklopfung.
Aufknacken (W3) [Adelung]
Aufknacken, verb. reg. act. durch Knacken öffnen. Nüsse, Mandeln
aufknacken. So auch die Aufknackung.
Aufknöpfen (W3) [Adelung]
Aufknöpfen, verb. reg. act. mit Herausrhuung der Knöpfe öffnen. Den
Rock, die Weste, das Hemd aufknöpfen. Ingleichen metonymisch, sich
aufknöpfen, die Kleidungsstücke an sich aufknöpfen. Daher die
Aufknöpfung.
Aufknüpfen (W3) [Adelung]
Aufknüpfen, verb. reg. act. 1) Vermittelst eines Knotens in der Höhe
befestigen, hinauf knüpfen. Einen Dieb aufknüpfen, henken. 2) Einen
Knoten öffnen. Einen Knoten aufknüpfen. Ein Band aufknüpfen. So auch
die Aufknüpfung.
Aufkochen (W3) [Adelung]
Aufkochen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.1. Als
ein Neutrum mit dem Hülfswort haben, kochend in die Höhe steigen,
ingleichen, anfangen zu kochen. Das Wasser hat aufgekocht. Laß es ein
wenig aufkochen. Figürlich, sich brausend erheben. Unter mir kochte
die Fluth von dem Abgrunde auf, Dusch.2. Als ein Activum von neuen
kochen. Milch, eine Brühe, den Kaffe aufkochen. So auch die
Aufkochung.
Aufkommen (W3) [Adelung]
Aufkommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen) welches das Hülfswort
seyn erfordert, in die Höhe kommen; und zwar, 1. in der eigentlichen
Bedeutung, welche aber nur in einigen gemeinen Sprecharten üblich ist.
Er kann nicht aufkommen, sich nicht von der Erde aufrichten. S.
Aufkönnen.2. Figürlich. 1) Aufwachen, fortkommen, so wohl von
lebendigen Geschöpfen, als von Pflanzen, doch auch nur in der gemeinen
Sprechart. Von allen ihren Kindern ist keines aufgekommen, am Leben
geblieben. Man muß den Platz einhängen, wenn der junge Anflug
aufkommen soll. In dieser Bedeutung gebraucht schon Kero Kap. 13.
aufqueman, von dem Aufwachsen der Dornen. 2) Von einem Krankenlager
aufkommen, genesen, gleichfalls nur in der Sprache des täglichen
Umganges, und nur im Präsenti und dem Infinitivo. Er wird schwerlich
aufkommen, genesen. Von dieser Krankheit wird er wohl nicht aufkommen.
Man zweifelt an seinem Aufkommen. S. auch Aufkunft. Komm ich vom Lager
auf, und gibt Gott Fried im Staat, Gelobt der kranke Star, so wird ich
ein Soldat, Less. 3) In Ansehen, zu Vermögen. kommen, seinen
bürgerlichen Zustand verbessern, doch am häufigsten nur verneinender
Weise. Er läßt mich nicht aufkommen. Ich kann vor ihm nicht aufkommen.
Hier wird niemand so leicht aufkommen. Nach einer neuen Figur zuweilen
auch von Abstractis. Verdienste kommen langsam auf, wenn Armuth sie
unterdrückt, Dusch. Er läßt keine Sorgen bey sich aufkommen. 4) Nach
und nach entstehen, doch größten Theils nur von Gewohnheiten und
Gebräuchen, im Gegensatze des Abkommens. Es ist eine neue Gewohnheit,
eine neue Mode aufgekommen. Man muß diesen Gebrauch nicht aufkommen
lassen. Ehedem erstreckte sich der Gebrauch dieser Bedeutung noch
weiter, daher heißt es in der Deutschen Bibel noch: Da kam ein neuer
König auf; es ist nicht aufkommen der größer sey, u. s. f.
Aufkönnen (W3) [Adelung]
+ Aufkönnen, verb. irreg. neutr. ( S. Können) welches das Hülfswort
haben erfordert, aber nur in den gemeinen Sprecharten üblich ist, und
das Zeitwort kommen voraussetzet, für aufkommen können, in der
eigentlichen Bedeutung. Er kann nicht auf, hilf ihm doch.
Aufköpfen (W3) [Adelung]
Aufköpfen, verb. reg. act. welches nur bey den Nadlern üblich ist,
den Kopf auf die Nadel stampfen; aufstämpfen. Daher die Aufköpfung.
Aufkramen (W3) [Adelung]
Aufkramen, verb. reg. act. 1) Den Kram, oder als Kram aufstellen. 2)
+ Aufräumen, im gemeinem Leben
Aufkrämpeln (W3) [Adelung]
Aufkrämpeln, verb. reg. act. 1) Von neuen krämpeln. 2) Alle Wolle
aufkrämpeln, den ganzen Vorrath krämpeln, nichts zu krämpeln mehr
übrig lassen.
Aufkrämpen (W3) [Adelung]
Aufkrämpen, verb. reg. act. aufwärts krämpen, d. i. krümmen oder
biegen; ein Wort, so vornehmlich in Niedersachsen gebräuchlich, im
Hochdeutschen aber auch nicht unbekannt ist. Einen Hut, einen Ärmel,
oder Aufschlag an dem Kleide aufkrämpen. Daher die Aufkrämpung.
Aufkratzen (W3) [Adelung]
Aufkratzen, verb. reg. act. 1) Durch Kratzen öffnen. Sich aufkratzen,
wund kratzen. Eine Wunde aufkratzen, durch Kratzen wieder öffnen. Den
Grund zum vergolden aufkratzen, rauh machen oder ritzen, damit Gold
und Silber desto besser hafte. 2) Ein Stück Tuch aufkratzen, frisiren,
bey den Tuch-Frisirern. 3) Von neuen kratzen. So kratzen die Hutmacher
das Haar an den gefärbten Hüten auf. So auch die Aufkratzung.
Aufkräuseln (W3) [Adelung]
Aufkräuseln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden
ist, und am häufigsten von den Haaren gebraucht wird, in
die Höhe kräuseln, ingleichen von neuen kräuseln. Daher die
Aufkräuselung.
Aufkräusen (W3) [Adelung]
Aufkräusen, verb. reg. act. aufwärts kräusen, ingleichen von neuen
kräusen. Daher die Aufkräusung.
Aufkreischen (W3) [Adelung]
Aufkreischen, verb. reg. neutr. mit haben ( S. Kreischen) mit einem
durchdringenden hellen Tone aufschreyen.
Aufkriegen (W3) [Adelung]
+ Aufkriegen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches
aber nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist, für offen bekommen,
öffnen. Ich kann es nicht aufkriegen, durch keine Bemühung öffnen.
Aufkündigen (W3) [Adelung]
Aufkündigen, verb. reg. act. welches das Frequentativum des im
Hochdeutschen ungewöhnlichen Verbi aufkünden ist, das Ende eines
geschlossenen Vertrages bekannt machen. Einem ein Capital, die Miethe,
den Pacht, einen Kauf, einen geschlossenen Handel aufkündigen. Einem
seine Freundschaft aufkündigen. So auch die Aufkündigung. Anm.
Aufkündigen schließt eine gewisse Feyerlichkeit oder doch Förmlichkeit
mit ein, welche bey dem bloßen Aufsagen nicht Statt findet. Aufkünden
ist noch im Oberdeutschen üblich. In den ältern Zeiten findet sich
dafür auch widerbiethen.
Aufkunft (W3) [Adelung]
Die Aufkunft, plur. car. 1) Das Aufkommen, in der Bedeutung der
Genesung. Seine Aufkunft ist so nahe noch nicht. Man zweifelt noch
sehr an seiner Aufkunft. 2) * Die Einführung, der Anfang; wenig mehr
gebräuchlich. Die Aufkunft des kanonischen Rechtes in Deutschland. 3)
* Ehedem wurde es auch für Einkünfte gebraucht, wovon Haltaus v.
Beyspiele gesammelt hat.
Aufkütten (W3) [Adelung]
Aufkütten, S. Aufkitten.
Auflachen (W3) [Adelung]
1. Auflachen, verb. reg. neutr. mit haben, ein Gelächter aufschlagen.
Auflachen (W3) [Adelung]
2. Auflachen, verb. reg act. welches nur in dem Forstwesen und bey den
Harzschabern üblich ist, für aufritzen. Einen Baum auflachen, ihn mit
einem scharfen Eisen aufritzen, damit das Harz heraus bringen könne.
S. Lache und Lachen. Daher die Auflachung.
Aufladen (W3) [Adelung]
Aufladen, verb. irreg. act. S. Laden, als eine Last auf etwas legen;
sowohl eigentlich und absolute, Mist, Holz, Güter, Waaren aufladen;
als auch figürlich und mit der dritten Endung der Person. Einem eine
schwere Last aufladen. Man muß niemandem mehr aufladen, als er
ertragen kann. Sich etwas aufladen. Daher die Aufladung.
Auflader (W3) [Adelung]
Der Auflader, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas aufladet,
besonders in den Handelsstädten, ein Tagelöhner, der die Waaren
geschickt aufzuladen weiß; ein Ablader. S. dieses Wort.
Auflage (W3) [Adelung]
Die Auflage, plur. die -n, von dem Verbo auflegen, das Abstractum des
Auflegens, in den figürlichen Bedeutungen des Verbi, und in einigen
Fällen auch dasjenige, was aufgeleget wird, auszudrucken.1. Der
Abdruck eines Buches, und die abgedruckten Exemplare selbst. Die
erste, die zweyte, die dritte Auflage. Eine neue Auflage veranstalten.
Wie stark ist die Auflage? Wie viel Exemplare werden abgedruckt? Die
ganze Auflage hat sich vergriffen.2. Die Anordnung eines Beytrages zu
gemeinschaftlichen Bedürfnissen, und dieser Beytrag selbst. Eine
Auflage auf das Volk. Eine Auflage auf das Getränk, auf Eßwaaren, auf
Waaren, welche aus einem andern Gesichtspuncte eine Abgabe heißt. Das
Volk mit Auflagen drücken, beschweren. In den Lehnrechten heißt
zuweilen auch die Lehnwaare, oder was der Kanzelley bey einer
Belehnung bezahlet wird, eine Auflage. Auch die Handwerker belegen den
Beytrag an Gelde, welchen die Mei-ster und Gesellen in ihren
Zusammenkünften zu ihren gemeinschaftlichen Ausgaben entrichtet
müssen, mit diesem Rahmen.3. Ein Befehl. Diese Bedeutung kommt nur
noch in den Gerichten vor, wo der Befehl eines Richters auf bloße
Anzeige des Imploranten darunter verstanden wird; wodurch es sich von
einem Urtheile unterscheidet. Einem Auflage thun. Das einfache Lage
war ehedem in dieser Bedeutung von einem weit größern Umfange, und
bedeutete nicht nur einen jeden Befehl, sondern auch ein Gesetz, wovon
unter andern auch noch das Lateinische lex, legis, das Französische
Loi und das Englische Law zeugen. S. Ihre Glossar. v. Lag.4. Eine
Beschuldigung, besonders eine falsche, ungegründete Beschuldigung,
doch nur im gemeinem Leben. Ich kann dergleichen Auflagen nicht auf
mir sitzen lassen. Das Verbum auflegen ist in dieser Bedeutung nicht
mehr üblich.5. Eine Zusammenkunft. In dieser Bedeutung kommt Auflage
nur noch von den Zusammenkünften der Handwerker vor. Eine Auflage
halten. In der Auflage ist beschlossen worden, daß u. s. f. Ingleichen
im verächtlichen Verstande von den Zusammenkünften müßiger und
liederlicher Leute. Das dienstlose Volk hat täglich seine Auflage
daselbst. Auch in dieser Bedeutung ist das einfache Lage schon alt,
indem es ehedem nicht nur eine jede Gesellschaft, sondern auch einen
Schmaus bedeutete. S. Gelag und Ihre Glossar. v. Lag. Das Schwedische
Lag hat noch beyde Bedeutungen.6. Dasjenige, was aufgeleget wird, in
der eigentlichen Bedeutung des Verbi, aber nur in einigen wenigen
Fällen. So nennet man z. B. im gemeinem Leben dasjenige, was bey
Sammlung einer Collecte auf den Teller gelegt wird, eine Auflage.
Hingegen nennen die Zimmerleute dasjenige Holz, worauf ein anderes
ruhet, die Auflage.
Auflangen (W3) [Adelung]
Auflangen, verb. reg. act. im gemeinem Leben, in die Höhe langen, mit
ausgestrecktem Arme reichen. Steine, Holz auflangen. Daher die
Auflangung. Ehedem bedeutete dieses Wort so viel als übergeben, wovon
bey dem Haltaus h. v. ein Beyspiel von dem Jahre 1455. vorkommt.
Auflanger (W3) [Adelung]
Der Auflanger, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas in die Höhe
langet. Figürlich, in dem Schiffbaue, diejenigen Hölzer, deren man
sich zur Verlängerung anderer Stücke eines Schiffes bedienet; Franz
Allonges.
Auflassen (W3) [Adelung]
Auflassen, verb. irreg. act. S. Latein. 1. Aufstehen lassen. Man
wollte ihn nicht auslassen.2. Offen stehen lassen, offen lassen. 1)
Eigentlich. Die Thür, das Fenster auflassen. Das Zimmer, das Haus
auflassen. d. i. die Thür zu demselben. 2) Figürlich. (a) verlassen,
doch nur in den Bergwerken, wo, eine Erzgrube auflassen, so viel
bedeutet, als sie verlassen, sie nicht mehr mit Arbeit belegen. S.
auch Auflässig. (b) Abtreten, überlassen, sich seines Rechtes an einer
Sache begeben. In diesem Verstande war auflassen ehedem von einem sehr
häufigen Gebrauche, indem fast eine jede, besonders gerichtliche
Abtretung und Überlassung einer Sache dadurch ausgedrucket wurde. Ein
Gut vor dem Rathe, vor dem Gerichte auflassen. Ingleichen, in den
Lehnrechten, einem ein Leben auflassen, abtreten, welches am
häufigsten von dem Lehnsmanne, zuweilen aber auch von dem Lehnsherren
vorkommt, und auch aufgeben und aufsenden genannt wurde. Daher der
Auflaßbrief, diejenige Urkunde, worin man einem andern eine Sache
abtritt; das Auflaßgeld, dasjenige Geld, welches der Verkäufer bey
Auflassung eines Lehens dem Lehnsherrn bezahlet, im Gegensatze der
Lehnwaare, welche der Käufer entrichtet.Das Substantiv die Auflassung
kann in allen obigen Bedeutungen gebraucht werden.
Auflässig (W3) [Adelung]
* Auflässig, adj, et adv. Welches nur in den Bergwerken üblich ist,
für verlassen. Die Zeche ist auflässig geworden, ist verlassen worden.
Auflasten (W3) [Adelung]
Auflasten, verb. reg. act. als eine Last auflegen, wie aufladen.
Einem viele Arbeiten auflasten.
Auflauern (W3) [Adelung]
Auflauern, verb. reg. act. auf etwas lauern. Einem auflauern, ihm
heimlich nachstellen, im eigentlichen Verstande. Daher die
Auflauerung, und der Auflauerer.
Auflauf (W3) [Adelung]
Der Auflauf, des -es, plur. die -läufe: 1) Das Abstractum des
Neutrius auflaufen, in einigen figürlichen Bedeutungen. Der Auflauf
der Kosten, der Zinsen. Besonders aber der Zusammenlauf müßiger oder
unruhiger Menschen, welche oft der Anfang des Aufstandes und Aufruhres
ist. Einen Auflauf machen, erregen. Es ist ein Auflauf entstanden. In
dieser Bedeutung kommt Auflauf, Auflauft, Offlauft schon seit dem 14
ten Jahrhunderte vor. S. Haltaus h. v. Der Plural, der in derselben
ehedem nicht selten war, ist im Oberdeutschen noch jetzt üblich. Im
Hochdeutschen kommt es nur selten vor. In einer Urkunde von 1519 bey
dem Haltaus wird Auflauf und Aufruhr genau unterschieden.2) Dasjenige,
was aufläuft, doch nur in den Küchen, wo der Auflauf eine Speise ist,
welche in einem Ofen oder unter Kohlen gebacken wird, und alsdann hoch
aufläuft. S. auch das folgende.
Auflaufen (W3) [Adelung]
Auflaufen, verb. irreg. ( S. Laufen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, in die Höhe
laufen, doch nur in einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Aufgehen,
aufkeimen, von Pflanzen und Gewächsen. Der Same ist noch nicht
aufgelaufen. 2) Von flüssigen Körpern, an Menge zunehmen, anwachsen,
steigen. Der Fluß ist sehr aufgelaufen, wofür man doch lieber anlaufen
gebraucht. 3) Aufschwellen, durch eine innere Bewegung ausgedehnet
werden. Die Adern sind sehr aufgelaufen. Die Haut läuft ihm auf. Die
Leiche ist sehr aufgelaufen. Der Teig läuft auf. Ein aufgelaufener
Koch, in den Küchen, eine Art Torten, welche im Backen sehr auflaufen,
und von welchen der Witz der Köche eine zahlreiche Menge ersonnen hat.
Das Auflaufen des Viehes, eine gewisse Krankheit desselben, welche man
in Niedersachsen die Kröte heißt. 4) Der Zahl nach vermehret werden.
Die Zinsen laufen täglich höher auf. Es sind schon viele Kosten
aufgelaufen. 5) In der Schifffahrt läuft ein Schiff auf, wenn es auf
den Grund läuft oder segelt.II. Als ein Activum. 1) * In die Höhe
schaffen. In dieser Bedeutung kommt es nur in den Schmelzhütten vor,
wo Erz und Kohlen auflaufen, so viel heißt, als selbige in den
Schmelzofen schütten, weil man dabey aufwärts gehen muß, und laufen in
der Bergsprache überhaupt so viel als fortschaffen bedeutet. Bey den
hohen Öfen wird diese Verrichtung aufgeben genannt, und auflaufen nur
von dem einander schütten des Eisensteines und Flusses auf dem
Gichtboden gebraucht. 2) Im Laufen öffnen. Die Thür auflaufen. 3) Wund
laufen, doch nur im gemeinen Leben. Sich die Füße auflaufen. Daher die
Auflaufung in den Bedeutungen des Activi.
Anm. Auflaufen bedeutete
ehedem auch zusammen laufen, welche Bedeutung sich aber nur noch in
dem Hauptworte Auflauf erhalten hat; ingleichen entstehen, wovon bey
dem Haltaus h. v. Beyspiele angetroffen werden.
Aufläufer (W3) [Adelung]
Der Aufläufer, des -s, plur. ut nom. fing. 1) In den Bergwerken, ein
Arbeiter, welcher Erz und Kohlen in den Schmelofen schüttet, oder
aufläuft; bey den hohen Öfen ein Aufgeber. 2) In einigen Gegenden, ein
dünner hoch aufgelaufener Kuchen von Weitzenmehl; in Niedersachsen ein
Blubberkuchen.
Aufleben (W3) [Adelung]
Aufleben, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als
ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, wieder von neuen anfangen zu
leben; so wohl in eigentlicher Bedeutung, der Todte ist wieder
aufgelebt; als auch in figürlicher, von der Wirkung einer lebhaften
Freude, nach einer großen Traurigkeit, Schwermuth u. s. f. Er lebte
vor Freude ganz wieder auf, als er dieses hörete. Ingleichen, sich
wieder wirksam bezeigen. Ich sehe die Tugend wieder in dir aufleben,
und wünsche dir Glück dazu. Zweifel, welche zu ihrer Zeit wieder
aufleben.II. Als ein Activum, doch nur in der Mahlerey, einer Farbe
durch Firnisse einen neuen Glanz geben, auffrischen; Französisch
revivre.
Anm. Das Neutrum aufleben ist unter allen mit leben zusammen
gesetzten Verbis das einzige, welches mit dem Hülfsworte seyn
verbunden wird; selbst das einfache leben bekommt in allen Fällen ohne
Widerspruch das haben.
Auflecken (W3) [Adelung]
Auflecken, verb. reg. act. durch Lecken wegschaffen, ingleichen alle
machen. Eitelkeit leckt auch den Speichel der Sclaven auf, und
verschlinget das Lob des Pöbels, Dusch. Daher die Aufleckung.
Auflegen (W3) [Adelung]
Auflegen, verb. reg. welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I. Als
ein Activum, und zwar,1. Eine Sache auf die andere legen. 1)
Eigentlich, so wohl Absolute, als auch mit der dritten Endung der
Person. Ein Pflas=ter auflegen, auf die Wunde. Das Tischtuch auflegen,
Auf den Tisch. Den Elbogen auflegen, auf den Tisch, und sich mit dem
Elbogen auflegen. Dem Pferde den Sattel auflegen. Einem die Hände
auflegen. Einem eine Last auflegen. Sich selbst eine Last auflegen,
beydes im figürlichen Verstande. Der Baum hat viel Holz aufgelegt, im
Forstwesen, wenn er viele Äste hat. Die Maschen auflegen, die erste
Reihe Maschen auf der Nabel mit den Fingern bilden. Absolute ist
auflegen so viel, als eine freiwillige Gabe auf den dazu bestimmten
Teller legen. + Es ist ein Auflegen, bey den Handwerkern, wenn eine
solche Collecte gesammelt wird. 2) Figürlich. (a) Zu etwas
verpflichten, dazu nöthigen. Dem Volke Steuern auflegen. Einem eine
Strafe, eine Buße, einen Eid auflegen. Man hat ihm ein Stillschweigen
aufgeleget. Man legt sich eine Verpflichtung auf, wenn man Geschenke
nimmt, Weiße. Sie wollen mir gewiß eine neue Verbindlichkeit auflegen,
ebend. S. Auflage 3. und Legen. In dieser Bedeutung ist auch, obgleich
ohne Noth, auferlegen, üblich. (b) Zu etwas geschickt machen. Bloß
weil mich die Natur zum Mitleid aufgelegt, Günth. Im Hochdeutschen ist
in dieser Bedeutung nur allein das Mittelwort aufgelegt, für
geschickt, doch nur der Fassung des Gemüths nach, üblich. S. Legen.
Ich bin dazu heute nicht aufgelegt. Sie sind heute ungemein aufgelegt,
sich auf meine Kosten ein Paar heitere Augenblicke zu verschaffen. Die
lebhaftesten Gemüther sind am meisten zu großen Leidenschaften
aufgelegt, (c) * Beschuldigen. Wenn jemand ein Weib nimmt, - und legt
ihr was schändliches auf, 5. Mos. 22, 13, 14. Damit man uns nit
dörffte auflegen oder zumessen, als solten wir, u. s. f. in einer
Braunschweigischen Deduction von 1560. Diese Bedeutung ist im
Hochdeutschen veraltet; nur das Substantiv, die Auflage, erhält
selbige noch in den gemeinen Sprecharten. (d) Ein Schiff auflegen, in
der Schifffahrt, es in den Hafen bringen, und den Winter über daselbst
liegen lassen.2. In die Höhe legen, auflehnen, in der figürlichen
Bedeutung der Widerspänstigkeit. Sich wider einen auflegen, wofür doch
auflehnen üblicher ist.3. Von neuen drucken. Ein Buch auflegen, es
nach dem ersten Drucke nochmals drucken oder drucken lassen. Auflage
wird zwar auch von dem ersten Drucke eines Buches gebraucht, so fern
die Anzahl der gedruckten Exemplare darunter verstanden wird; allein
das Verbum auflegen ist nur von dem wiederhohlten Drucke üblich. S.
Legen, wo gezeiget wird, daß dieses Wort auch die Kosten zu etwas
hergeben bedeutet, welche Bedeutung auch noch in verlegen übrig
ist.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, aber nur in der
gemeinen Redensart: Fett auflegen, fett werden. Das Thier leget zu
viel Fett auf, will nicht legen.So auch die Auflegung in allen obigen
Bedeutungen.
Auflehnen (W3) [Adelung]
Auflehnen, verb. reg. act. 1) Auf etwas lehnen, d. i. stützen, als
ein Reciprocum. Sich auflehnen. Sich mit dem Arme auflehnen. 2) Sich
in die Höhe lehnen, sich bäumen; eigentlich von einem widerspänstigen
Pferde. Das Pferd lehnt sich auf. Figürlich auch von einer jeden
thätigen Widersetzlichkeit. Sich wider seinen rechtmäßigen Herren
auflehnen. Lehnt sich das Laster auf, alsdann ist Strafen Pflicht,
Weiße. Sich einem auflehnen, wie bey dem Opitz vorkommt, für wider
ihn, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Im Oberdeutschen lautet dieses
Verbum aufleinen.Daher die Auflehnung in allen obigen Bedeutungen.
Aufleimen (W3) [Adelung]
Aufleimen, verb. reg. act. Vermittelst eines Leimes auf etwas
befestigen. So auch die Aufleimung.
Auflesen (W3) [Adelung]
Auflesen, verb. irreg. act. ( S. Lesen,) einzeln von der Erde
aufsammeln. Äpfel, Ähren, Körner, Nüsse auflesen. Daher die Auflesung.
Aufliegen (W3) [Adelung]
Aufliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Liegen,) welches das Hülfswort
haben erfordert. 1) Auf etwas liegen. Der Balken liegt auf, auf der
Mauer. In der figürlichen Bedeutung, die Last, die uns auflieget, ist
im Hochdeutschen das einfache Verbum mit der Präposition, die auf uns
lieget, zuweilen auch noch obliegen, üblicher, die uns oblieget. 2)
Aufliegen wird in Meißen auch von dem Gesinde gesagt, wenn es außer
Dienst ist, und für sich allein lebt; mit welchem Ausdrucke wohl
zunächst auf die Zusammenkünfte solcher müßigen Leute gesehen wird. S.
Auflage 5. 3) + Sich aufliegen, sich wund liegen, ist nur im gemeinen
Leben üblich.
Auflockern (W3) [Adelung]
Auflockern, verb. reg. act. locker machen, eigentlich durch locker
machen ausdehnen. Die Erde auflockern. Ein aufgelockertes Gartenland.
Daher die Auflockerung.
Auflodern (W3) [Adelung]
Auflodern, verb. reg. neutr. mit seyn, in einer schnellen beweglichen
Flamme auffahren oder ausbrechen. Die Flamme loderte hoch auf.
Ingleichen figürlich. Die wieder auflodernde Liebe wirkt neue Arten
des Bestrebens.
Auflösbar (W3) [Adelung]
Auflösbar, -er, -ste, adj. Et adv. Fähig aufgelöset zu werden. Daher
die Auflösbarkeit.
Auflösen (W3) [Adelung]
Auflösen, verb. reg. act. überhaupt, was zugebunden ist, öffnen.1)
Eigentlich, ein zugebundenes Band nach und nach öffnen. Einen Knoten
auflösen. Die Bande auflösen. Hüte dich, diese Bande eher aufzulösen,
als bis die Natur selbst sie auflöset, Dusch. In weiterer Bedeutung,
auch dasjenige, was vermittelt eines Bandes zugebunden ist, durch
dessen Auflösung öffnen. Die Schnürbrust auflösen.2) In noch weiterer
Bedeutung von verschiedenen andern Arten des Öffnens. Es heißt
auflösen bey den Jägern so viel als ausschneiden.3) Figürlich. (1) Die
Theile eines Körpers trennen und flüssig machen. So löset die Sonne
das Eis, das Wasser das Salz, saure Geister die Metalle auf. Der
Scheidekünstler löset Körper auf, wenn er durch die ihm bekannten
Auflösungsmittel ihre Theile von einander trennet. In figürlicher
Bedeutung,eine jede andere Sache in ihre Theile zerlegen. Einen Satz
in feine Theile auflösen. Aufgelöst werden, ist ein edler Ausdruck für sterben, weil in dem Tode eine wahre Auflösung der Theile Statt
findet. Sich in etwas auflösen, nach einer scheinbaren Auflösung der
Theile in einen gewissen Zustand versetzet werden. Sein Gram löst sich
jetzt in Thränen auf. Alles Gute löset sich in Vergnügen auf, alles
Böse in Schmerz, Wiel. (2) Eine moralische Verbindung trennen. Die Ehe
auflösen. Keine Zeit, keine Gewalt löset die Verbindungen der Natur
auf, Dusch. Ihr sollt nicht wähnen, daß ich kommen Bin, das Gesetz und
die Propheten aufzulösen, Matth. 5, 17. (3) Die Theile eines
unbekannten Ganzen finden und angeben. Eine Aufgabe auflösen,
dasjenige thun, oder erfinden, was verlangt worden. Eine Frage
auflösen, sie Stückweise beantworten. Ein Räthsel auflösen, das
Dunkele in demselben deutlich machen. Einen Zweifel auflösen, ihn
heben.
Auflöslich (W3) [Adelung]
Auflöslich, -er, -ste, adj. Et adv. Fähig, aufgelöset zu werden, wie
auflösbar, besonders in figürlichen Verstande. Daher die
Auflöslichkeit, die Eigenschaft einer Verbindung, nach welcher sie
aufgelöset werden kann.
Auflösung (W3) [Adelung]
Die Auflösung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Auflösens in allen
Bedeutungen des Verbi, ohne Plural; ingleichen die Art und Weise, wie
selbiges geschiehet, mit dem Plural. Die Auflösung eines Knotens,
eines Thieres, bey den Jägern, eines mineralischen Körpers, bey den
Scheidekünstlern; eines Räthsels, einer Aufgabe u. s. f. Täglich
arbeitet die Natur an unserer Auflösung, Zerstörung, Dusch. Die
Auflösung des Knotens bedeutet in dem Heldengedichte die Überwindung
der Hindernisse, und die Art und Weise, wie solches geschiehet. Die
Auflösungskunst, eine Wissenschaft, aus erkannten Wahrheiten
unbekannte zu finden, und also die verborgenen Fragen aufzulösen,
Analysis, welche ein Theil der Algebra ist. Das Auflösungsmittel, in
der Scheidekunst, eine Materie, welche zur Auflösung eines Körpers so
geschickt ist, daß nach der Auflösung ihre Theilchen mit den Theilchen
des Körpers genau vermischt sind; menstruum. 2) In der Chemie ist die
Auflösung, Lat. Solutio, auch ein flüssiger Körper, welcher einen
anderen aufgelöseten Körper in sich enthält.
Auflöthen (W3) [Adelung]
Auflöthen, verb. reg. act. 1) Vermittelst eines Lothes, oder einer
leicht flüssigen Materie, auf etwas befestigen. Einen Knopf auflöthen.
2) Das Loth wieder aufschmelzen.
Aufmachen (W3) [Adelung]
Aufmachen, verb. reg. act. 1) Öffnen, als ein allgemeiner Ausdruck
dieser Handlung, der die Art und Weise derselben unbestimmt lässet,
doch nur in vielen einzelnen Fällen. Man sagt daher - die Thür, das
Fenster aufmachen. Dem Feinde die Thore aufmachen. Ein Band aufmachen.
Einen Brief aufmachen, aufbrechen. Einen Sack, einen Beutel, einen
Ballen Waare, ein Stück Tuch, ein Buch aufmachen. Ein Schloß, eine
Auster, eine Muschel, eine Nuß, eine Flasche, einen Fisch, eine Grube
aufmachen. Bey den Buchbindern bedeutet es, die planirten Bogen aus
einander legen und glatt streichen; in den Eisenhütten, so viel als
aufstechen. Dieses Verbum ist nur der gemeinen Mundart eigen, und wird
in Niedersachsen in noch weit mehreren Fällen gebraucht als im
Hochdeutschen. In der anständigern Schreibart bedienet man sich dafür
lieber des Verbi öffnen. S. Aufthun.2) In die Höhe machen, aufwärts
bewegen, als ein Reciprocum, welches eigentlich aufstehen bedeutet.
Haben sie sich schon aufgemacht: aus dem Bette gemacht. Besonders von
dem Aufbruche eines Reisenden. Sich früh aufmachen. Sich von einem
Orte aufmachen. In figürlicher Bedeutung und in der höheren
Schreibart, für auftreten, sich bereit zu etwas machen, ent-
stehen. Was wollte ich thun, wenn Gott sich aufmachte! Hieb. 31, 14.
Nach des Herrn Hofrath Michaelis Übersetzung. Alles muß euch
verabscheuen, alles muß sich zu meinem Verderben aufmachen, v. Brawe.
Wenn ein frischer fächelnder Wind aus Westen sich aufmacht,
Zachar.
Anm. Die Aufmachung ist nur in der ersten Bedeutung üblich. In
den gemeinen Mundarten hat dieses Zeitwort noch einige andere
Bedeutungen. 1) Aufspielen; eines auf der Geige, der Flöte u. s. f.
aufmachen. 2) Eine Sache auf die andere befestigen. 3) In die Höhe
machen; z. B. einen Hut aufmachen, aufkrämpen. 4) Aufhetzen, welche
Bedeutung besonders in Niedersachsen üblich ist.
Aufmahlen (W3) [Adelung]
1. Aufmahlen, (von mahlen, molere,) verb. reg. act. außer daß das
Particip. Pass. aufgemahlen hat, durch Mahlen alle machen. Alles
Getreide aufmahlen.
Aufmahlen (W3) [Adelung]
2. Aufmahlen, (von mahlen, pingere,) verb. reg. act. 1) Alle Farben
aufmahlen, durch Mahlen verbrauchen. 2) Von neuen mahlen. Ein Gemälde
aufmahlen, es auffrischen.
Aufmahnen (W3) [Adelung]
* Aufmahnen, verb. reg. act. welches in Oberdeutschland am üblichsten
ist, für ermahnen, aufmuntern. Indeß, daß der freundliche Wirth zur
Freude sie aufmahnt, Geßn. Der Papst mahnte alle Eidgenossen wider den
Herzog von Österreich auf, Bluntschli. - Ingleichen, für aufbiethen.
Sie mahneten alle Orte (Cantons) wider Frankreich auf, Bluntschli.
Ferner, für Auffordern. Eine Stadt, eine Festung aufmahnen. So auch
die Aufmahnung.
Aufmarschiren (W3) [Adelung]
Aufmarschiren, verb. reg. neutr. mit seyn, von dem Franz. marcher, S.
Marschiren, im Soldatenwesen. 1) Mit einer breiten Fronte heran
marschiren. Die Wach-Parade ist aufmarschirt. 2) Nach abgebrochenen
Zügen sich wieder in Züge setzen, und so fortmarschiren. So auch der
Aufmarsch plur. inusit.
Aufmästen (W3) [Adelung]
Aufmästen, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche mästen, Schweine
aufmästen.
Aufmauern (W3) [Adelung]
Aufmauern, verb. reg. act. 1) In die Höhe mauern. Ein Gebäude, eine
Wand aufmauern. 2) Durch Mauern verbrauchen. Allen Kalk aufmauern.
Daher die Aufmauerung.
Aufmengen (W3) [Adelung]
Aufmengen, verb. reg. act. 1) Der Schäfer hat aufgemenget, wenn er
das verglichene fünfte oder sechste Schaf zu der Schäferey des Herrn
gegeben hat. S. Mengeschäfer. 2) Im gemeinen Leben oft auch für
vermengen. Kleye und Schrot mit Kohl aufmengen. So auch die
Aufmengung.
Aufmerken (W3) [Adelung]
Aufmerken, verb. reg. welches in doppelter Gattung gebraucht wird.I.
Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, auf etwas merken, die
Vorstellungskraft auf einen Gegenstand richten. Sorgfältig aufmerken.
Besonders das Gehör auf etwas richten, genau zuhören. Merke auf, wenn
ich rede.II. Als ein Activum, für anmerken, aufzeichnen. Etwas
aufmerken, es in ein Buch aufmerken. Diese Bedeutung findet am
häufigsten in Oberdeutschland Statt. Viel anders in der Schrift der
Jüden aufgemerket, Opitz. Dieß haben aufgemerkt als unerhörte Sachen,
ebend. So auch die Aufmerkung in beyden Bedeutungen.
Aufmerksam (W3) [Adelung]
Aufmerksam, -er, -ste, adj. et adv. mit der Vorstellungskraft auf
etwas gerichtet. Aufmerksam zusehen. Er ist sehr aufmerksam auf feinen
Vortheil, er läßt keine Gelegenheit vorbey gehen, einen Vortheil zu
erhalten. Besonders von dem Gehöre. Aufmerksam seyn. Einem aufmerksam
zuhören. Ein aufmerksamer Zuhörer. Seine Zuhörer aufmerksam machen.
Die ganze Stadt ist aufmerksam darauf.
Aufmerksamkeit (W3) [Adelung]
Die Aufmerksamkeit, plur. inusit. die vorsetzliche Richtung der
Vorstellungskraft auf einen Gegenstand. Mit Aufmerksamkeit zuhören.
Auch wohl diese Vorstellungskraft selbst. Die Aufmerksamkeit auf etwas
richten. Ingleichen aufmerksame Bereitwilligkeit, Dienstgeflissenheit.
Sie zeigen viele Aufmerksamkeit für mich. Da es denn von einzelnen
Beweisen dieser Aufmerksamkeit auch wohl den Plural leidet. Sie
wissen, wie gern ich solche kleine Aufmerksamkeiten unter meinen
Kindern sehe.
Aufmessen (W3) [Adelung]
Aufmessen, verb. irreg. act. S. Messen, in der Landwirthschaft,
messen und auf den Boden tragen, wie aufheben, das ausgedroschene
Getreide auf der Tenne messen und in Verwahrung bringen. So auch die
Aufmessung.
Aufmuntern (W3) [Adelung]
Aufmuntern, verb. reg. act. munter machen. 1. Eigentlich. Einen
Schlafenden aufmuntern. Einen von dem Schlafe aufmuntern. Einen Trägen
aufmuntern, zuzuhören. 2. Figürlich. 1) Die Munterkeit und
Lebhaftigkeit des Gemüthes erwecken und befördern. Einen Betrübten
aufmuntern. Ein aufmunterndes Gespräch. 2) Bewegungsgründe zur
lebhaften Thätigkeit darlegen. Einen zur Standhaftigkeit, zur Tugend
aufmuntern. Das Beyspiel großer Thaten ist ein Sporn, der die Menschen
zu neuen aufmuntert. Daher die Aufmunterung in allen obigen Fällen;
ingleichen dasjenige, was die lebhafte Thätigkeit befördert, die
Bewegungsgründe dazu; in welchem Falle auch der Plural Statt findet.
Ich habe dergleichen Aufmunterungen nicht nöthig.
Aufmünzen (W3) [Adelung]
Aufmünzen, verb. reg. act. durch Münzen verbrauchen. Alles Silber
aufmünzen, vermünzen.
Aufmutzen (W3) [Adelung]
Aufmutzen, verb. reg. act. 1) * Eigentlich, aufputzen, aufschmücken,
welche Bedeutung aber im Hochdeutschen nicht mehr üblich ist. 2)
Figürlich, mit Worten vergrößern, besonders das Versehen eines anderen
aus üblen Absichten bemerken und als wichtig vorstellen. Einem etwas
aufmutzen. Wenn ein Armer nicht recht gethan, so kann mans aufmutzen,
Sir. 13, 27. Daher die Aufmutzung.
Anm. Aufmutzen, ist von Mutze,
Mütze, worunter man ehedem einen jeden Hauptschmuck verstand, und
bedeutete nicht nur, den Kopfputz in Ordnung bringen, sondern auch
alte Sachen von neuen ausschmücken. Von der ersten Bedeutung heißt
eine Aufmutzerinn in einigen Oberdeutschen Gegenden noch jetzt eine
Haubensteckerinn, von der letzten aber kommt Aufmutzer für einen
Trödelmann vor. In dem zu Basel 1523 gedruckten neuen Testamente wird
schmücken als ein unbekanntes Wort durch zieren und aufmutzen
erkläret, und Aufmutzung der Rede ist bey dem Opitz so viel, als
Ausputzung derselben, Bestimmung der Deutlichkeit. Übrigens ist
aufmutzen in der Bedeutung des Aufputzes noch jetzt, so wohl in
Oberdeutschland, als auch in Niedersachsen üblich.
Aufnageln (W3) [Adelung]
Aufnageln, verb. reg. act. mit einem Nagel auf etwas befestigen. Ein
Bret aufnageln. Daher die Aufnagelung.
Aufnagen (W3) [Adelung]
Aufnagen, verb. reg. act. durch Nagen öffnen. Die Maus hat die
Schachtel aufgenaget. Daher die Aufnagung.
Aufnähen (W3) [Adelung]
Aufnähen, verb. reg. act. 1) Durch Nähen auf etwas befestigen. Einen
Streif aufnähen, auf das Hemde. 2) Vernähen, durch Nähen verbrauchen.
Allen Zwirn aufnähen. Daher die Aufnähung.
Aufnahme (W3) [Adelung]
Die Aufnahme, plur. inusit. 1) Die Handlung des Aufnehmens in den
meisten Bedeutungen des Activi, besonders in den figürlichen. Die
Aufnahme einer Summe Geldes. Die Aufnahme eines Reisenden. Die
Aufnahme war sehr schlecht. Ingleichen die Aufnahme in eine
Gesellschaft, zum Bürger, an Kindes Statt, u. s. f. 2) Das Abstractum
der figürlichen Bedeutung des Neutrius, die Verbesserung des
bürgerlichen Zustandes, im Gegensatze der Abnahme. In Aufnahme seyn,
kommen. Eine
Handlung, einen Ort in Aufnahme bringen. Ehedem bedeutete dieses Wort
auch noch, Genuß, wovon Haltaus nachzugehen ist.
Aufnasen (W3) [Adelung]
* Aufnasen, verb. reg. act. welches nur im Hüttenbaue üblich ist, die
Nase der Form öffnen. S. Nase.
Aufnehmen (W3) [Adelung]
Aufnehmen, verb. irreg. ( S. Nehmen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.1. Als ein Activum. 1. Herauf nehmen, ingleichen hinauf
nehmen, und zwar,1) Eigentlich, in die Höhe nehmen, besonders was auf
der Erde liegt, mit der Hand aufheben. Etwas von der Erde aufnehmen.
Eine Stecknadel, ein Stück Geldes aufnehmen. Ingleichen hinauf nehmen,
besonders in weiterer Bedeutung. Bis an den Tag, da er aufgenommen
ward, da er gen Himmel fuhr, Apostelgesch. 1, 2. Aufgenommen in die
Herrlichkeit, 1 Timoth. 3, 16.2) In weiterer Bedeutung, durch andere
Mittel auf- und annehmen. So kommt dieses Wort z. B. bey den Jägern
vor, vermittelst des Geruches aufheben. Eine Fährte wohl aufnehmen,
wird von einem Leithunde gesagt, wenn er die verlangte Fährte bald von
anderen unterscheidet und findet.3) Figürlich. (a) In der
Feldmeßkunst. Ein Feld, eine Gegend, einen Wald aufnehmen, ausmessen,
um ihn in einen Riß zu bringen, in Grund legen. (b) Zu sich nehmen, in
Verwahrung nehmen. So heißt es in den Rechten an einigen Orten noch,
ein Gut aufnehmen, es in Verwahrung nehmen. (c) Eine Zeche aufnehmen,
in den Bergwerken, sie übernehmen, um sie zu bauen, welches durch die
Muthung geschiehet. Einen Stollen aus dem Freyen aufnehmen, eben
daselbst, ihn ganz neu bauen, einen neuen Stollen bauen. (d) Geld
aufnehmen, borgen, es als ein Anlehn zu sich nehmen. Geld auf Wechsel,
auf eine Verschreibung, auf ein Unterpfand aufnehmen. Auf eines andern
Nahmen Geld aufnehmen. (c) Eine Rechnung aufnehmen, sie den andern
umständlich ablegen lassen. Ein Protokoll, eine Registratur aufnehmen,
in den Rechten, sie veranstalten und niederschreiben. Im Oberdeutschen
sagt man auch jemandes Gründe aufnehmen und beantworten, sie anhören
und erwägen. (f) In seine Verbindung nehmen. Einen Fremden aufnehmen,
ihn in seyn Haus nehmen, ihn beherbergen. Einen mit aller Höflichkeit
aufnehmen. Was bey den Handwerkern aufdingen genannt wird, heißt bey
den Jägern aufnehmen, d. i. in die Lehre nehmen. Einen zum Bürger
aufnehmen. Einen in eine Gesellschaft, zum Freunde, an Kindesstatt
aufnehmen. Ingleichen von der Art, wie man einen Ankommenden annimmt
und ihm begegnet. Jemanden gut, schlecht, liebreich, kalt u. s. f.
aufnehmen. Ich wurde sehr schlecht von ihm aufgenommen. Warum ist
dieser Betrieger in deiner Gesellschaft so wohl aufgenommen. Dusch.
Ferner, (g) wird dieses Verbum gebraucht, den Eindruck zu bezeichnen,
welchen die Worte und Handlungen eines andern mit unserm Willen auf
uns machen. Etwas wohl, übel aufnehmen. Etwas für Scherz, für Ernst,
oder als Scherz, als Ernst, aufnehmen. Ich weiß nicht, wie er das
aufnehmen wird. Einige Worte haben uns entzweyet, die im Scherz
gesagt, und im Ernste aufgenommen wurden, Dusch. Wenn sie meine
Gefälligkeiten günstig aufnehmen wird. (h) Es mit einem aufnehmen,
sich mit ihm in einen Zweykampf, und in weiterer Bedeutung auch, in
einen jeden Streit oder Wetteifer einlassen. Er nimmt es mit jedermann
auf. Ich mag es nicht mit ihm aufnehmen. Die eigentliche Bedeutung des
Verbi in diesem Verstande ist dunkel, und beziehet sich vermuthlich
auf einen bey den Zweykämpfen ehedem üblichen Gebrauch; vielleicht auf
den,nach welchem der Herausgeforderte den von dem Herausforderer auf
die Erde geworfenen Handschuh aufnahm, wenn er sich mit ihm schlagen
wollte.2. * Widerrufen, aufheben; doch nur in den Rechten, wo einen
Termin aufnehmen, in dieser Bedeutung vorkommt.II. Als ein Neutrum,
welches das Hülfswort haben erfordert, zunehmen, wachsen. 1) * In
eigentlicher Bedeutung, im Gegensatz des Abnehmens. Wenn der Mond
aufnimpt und abnimpt, Buch der Natur, Augsb. 1483. Das das Hercz alle
jar auffnäm ein kleine größ, ebend. Diese Bedeutung ist jetzt
veraltet; indessen gehöret doch noch der Gebrauch der Jäger dahin, da
sie für empfangen, trächtig werden, aufnehmen gebrauchen. Der Hund,
das Wild nimmt auf. Auch sagt man von den Stuten, daß sie leicht,
schwer aufnehmen, für empfangen. 2) Figürlich, doch nur als ein
Reciprocum, sich aufnehmen, seine bürgerlichen Umstände verbessern. Er
nimmt sich an diesem Orte sehr auf. In Aufnehmen kommen. Einen in
Aufnehmen bringen.
Anm. Das Substantiv die Aufnehmung kann die Handlung
des Aufnehmens in den Bedeutungen des Activi ausdrucken. S. auch
Aufnahme. Ehedem bedeutete dieses Verbum auch anstehen lassen,
aufschieben, von welcher und noch einigen andern jetzt veralteten
Bedeutungen Haltaus h. v. nachzusehen ist.
Aufnesteln (W3) [Adelung]
* Aufnesteln, verb. reg. act. ein nur noch im Oberdeutschen übliches
Zeitwort; S. Nestel. 1) Die Nestel öffnen, aufknüpfen, auflösen. 2) In
die Höhe nesteln oder knüpfen. Einen Dieb aufnesteln, aufknüpfen. So
auch die Aufnestelung. Im Nieders. ist upnesteln, upnesseln, an
einigen Orten gleichfalls noch gebräuchlich.
Aufniethen (W3) [Adelung]
Aufniethen, verb. reg. act. mit Niethen auf etwas befestigen, bey den
Metallarbeitern. Daher die Aufniethung.
Aufnöthigen (W3) [Adelung]
Aufnöthigen, verb. reg. act. zur Annehmung einer Sache nöthigen.
Einer Gemeinde einen Prediger aufnöthigen. Ingleichen durch
Höflichkeit zur Annehmung einer Sache zwingen. S. Nöthigen. Einem ein
Geschenk, eine Summe Geldes aufnöthigen. Daher die Aufnöthigung.
Aufnotiren (W3) [Adelung]
+ Aufnotiren, verb. reg. act. für aufzeichnen, aufschreiben, S.
Notiren.
Aufopfern (W3) [Adelung]
Aufopfern, verb. reg. act. als ein Opfer weggeben, doch nur in
einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Den Tod, den Untergang eines
andern wissentlich befördern. Die Soldaten wurden ohne Noth
aufgeopfert. Ingleichen reciproce, sich dem Vaterlande, oder sich für
das Vaterland aufopfern, aus Liebe für das Vaterland seine Kräfte,
seinen Wohlstand u. s. f. dahin geben. 2) In weiterer Bedeutung, in
Schaden, Unglück, Gefahr u. s. f. bringen. Er hat mich seinem Geize
aufgeopfert, aus Geiz um mein Vermögen gebracht. Aus Gehorsam gegen
die Ältern wird man oft einer ungleichen Ehe aufgeopfert, Gell. 3)
Sich einer Sache freywillig begeben, besonders zum Besten eines
andern. Einem Habe und Gut aufopfern; oder Habe und Gut für einen
aufopfern. Sollte ich meine Liebe meinem Ehrgeize aufopfern? Er
kämpfte mit seiner Leidenschaft, in dem Entschlusse, sie der
kindlichen Liebe aufzuopfern, Dusch. Einem seine Ruhe, seyn Gewissen,
seine Glückseligkeit aufopfern. Glaubest du, daß man ein Freund seyn
kann, ohne für diesen preiswürdigen Nahmen etwas aufzuopfern? Dusch.
4) Widmen. Seine Jugend den Wollüsten aufopfern. Sein Leben Gott, sich
Gott aufopfern.So auch die Aufopferung, nicht nur in der Bedeutung der
Handlung, sondern auch der aufgeopferten Sache selbst. Dein Glück hat
mir viele Aufopferungen gekostet.
Aufpacken (W3) [Adelung]
Aufpacken, verb. reg. act. 1) Eine Last oder als eine Last auf etwas
packen. Waaren aufpacken; auf den Wagen. Einen
Koffer auspacken. Das beste wird seyn, wir packen auf und ziehen
weiter, Less. Einem etwas aufpacken, als eine Last auflegen,
aufbürden. 2) Zugepackte Sachen öffnen. Einen Ballen Waare, eine Kiste
aufpacken. So auch die Aufpackung.
Aufpappen (W3) [Adelung]
Aufpappen, verb. reg. act. 1) Mit Pappe, d. i. einen aus Mehl
bereiteten Kleister, auf etwas befestigen. Daher die Aufpappung. 2) +
Ein Kind aufpappen, es mit Pappe oder Beey groß ziehen.
Aufpassen (W3) [Adelung]
1. Aufpassen, (von passen, messen,) verb. reg. act. machen, daß eine
Sache gut auf die andere schließe; ingleichen versuchen, ob sie auf
die andere schließe. Den Deckel aufpassen, auf die Dose. S. Paß und
Passen. Daher die Aufpassung.
Aufpassen (W3) [Adelung]
2. + Aufpassen, (von passen, lauern, warten,) verb. reg. neutr. mit dem
Hülfsworte haben. 1) Auf etwas merken, aufmerken, doch mehr im
Niedersächsischen. 2) Auf eines Befehle warten, aufwarten. Einem
aufpassen, nur in den gemeinen Mundarten, so wohl Oberdeutschlandes,
als Niedersachsens. 3) Auflauern, in der Absicht zu schaden. Einem
aufpassen. So auch die Aufpassung.
Aufpasser (W3) [Adelung]
+ Der Aufpasser, des -s, plur. ut nom. fing. in den gemeinen
Mundarten, ein jeder Aufwärter. Besonders in einigen Städten, ein
Bedienter, der in den Thoren auf die ankommenden Waaren Acht geben
muß.
Aufpfeifen (W3) [Adelung]
+ Aufpfeifen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, in der
gemeinen Sprechart, auf der Pfeife vorspielen. Einem ein Lustiges
aufpfeifen.
Aufpflanzen (W3) [Adelung]
Aufpflanzen, verb. reg. act. in die Höhe pflanzen, doch nur in
uneigentlicher Bedeutung. Die Fahne aufpflanzen, aufstecken. Mit
aufgepflanztem Bajonette. Die Kanonen aufpflanzen, aufführen. So auch
die Aufpflanzung.
Aufpflügen (W3) [Adelung]
Aufpflügen, verb. reg. act. 1) Durch Pflügen heraufbringen. Einen
Stein, einen Schatz aufpflügen. 2) Durch Pflügen öffnen. Die Erde
aufpflügen. So auch die Aufpflügung.
Aufpfropfen (W3) [Adelung]
Aufpfropfen, verb. reg. act. auf etwas pfropfen, besonders in
uneigentlicher Bedeutung, in dem Bauwesen, alte eingegrabene Säulen
über die Erde abschneiden, und auf neue eingegrabene Klötzer setzen.
Daher die Aufpfropfung.
Aufpichen (W3) [Adelung]
Aufpichen, verb. reg. act. mit Pech auf etwas befestigen.
Aufpicken (W3) [Adelung]
Aufpicken, S. Aufbicken.
Aufplätten (W3) [Adelung]
Aufplätten, verb. reg. act. von neuen plätten. Ein Hemd, Manschetten
aufplätten. S. auch Aufbügeln.
Aufplatzen (W3) [Adelung]
Aufplatzen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert,
durch Platzen geöffnet werden. Die Kastanien sind aufgeplatzet. Die
Bretter platzen auf. Daher die Aufplatzung.
Aufprallen (W3) [Adelung]
Aufprallen, verb. reg. neutr. mit seyn, auf etwas prallen. Die
Stelle, wo der geschlagene Ball aufprallt; nicht aufprellt, denn
dieses würde das Factitivum seyn, welches aber, so viel ich weiß,
nicht üblich ist.
Aufpressen (W3) [Adelung]
Aufpressen, verb. reg. act. von neuen pressen, vermittelt der Presse
einen neuen Glanz geben. Zeuge, Tücher aufpressen. Daher die
Aufpressung.
Aufprotzen (W3) [Adelung]
Aufprotzen, verb. reg. act. in der Geschützkunst, eine Kanone auf den
Protzwagen bringen. Ein Stück aufprotzen. Daher die Aufprotzung.
Aufpudern (W3) [Adelung]
Aufpudern, verb. reg. act. von neuen pudern.
Aufputz (W3) [Adelung]
Der Aufputz, des -es, plur. inusit. die Handlung des Aufputzens in
der ersten Bedeutung; ingleichen dasjenige, was zum Aufputzen dienet.
Mit dem Aufputze eines Zimmers beschäftiget seyn. Ein schöner Aufputz.
Aufputzen (W3) [Adelung]
Aufputzen, verb. reg. act. 1) Was zum Putze einer Sache gehöret, in
eine schickliche Ordnung bringen. Ein Zimmer auf-putzen. Eine Braut
aufputzen. Den Kopf einer Braut aufputzen. Im Oberdeutschen
aufschicken. Einen Hut aufputzen, bey den Hutmachern, ihm durch Bügeln
und Glänzen ein gutes Ansehen geben. 2) Von neuen reinigen, säubern.
Ein Geschirr aufputzen. Einen Degen aufputzen. So auch die Aufputzung.
Aufquellen (W3) [Adelung]
Aufquellen, ein Verbum, welches in doppelter Gattung üblich ist.I.
Als ein Neutrum mit irregulärer Conjugation und dem Hülfsworte seyn;
S. Quellen. 1) Herauf quellen, von einem flüssigen Körper. Das Wasser
quillt sehr stark auf. 2) Durch einen flüssigen Körper ausgedehnet
werden. Das Getreide quillt von der Nässe auf. Der Stockfisch quillt
im Wasser auf. Der Reis ist sehr aufgequollen.II. Als ein Activum,
aufquellen machen, mit regelmäßiger Conjugation. Die Köchinn hat den
Reiß aufgequellet, quellet die Erbsen auf. S. Quellen.So auch die
Aufquellung in beyden Bedeutungen.
Aufquetschen (W3) [Adelung]
Aufquetschen, verb. reg. act. durch Quetschen oder Zerquetschen
öffnen. Pfirschkerne aufquetschen.
Aufraffen (W3) [Adelung]
Aufraffen, verb. reg. act. 1) Zusammen raffen und aufheben, so wohl
eigentlich, was auf der Erde zerstreuet liegt, ohne Ordnung und Wahl
zusammen raffen; als auch figürlich, ohne Wahl aufsammeln. Wo hast du
dieses Märchen aufgerafft? 2) In die Höhe raffen, doch nur
uneigentlich. (a) Von einem Falle hurtig wieder aufstehen; als ein
Reciprocum. Er raffte sich geschwinde wieder auf. Figürlich, sich nach
einem harten Verluste wieder erhohlen, oder nach einer schweren
Krankheit wieder zu Kräfte kommen. (b) Überhaupt, schnell. aufstehen.
Sie rafft sich auf, um wegzugehen, Haged. Allein kaum hatt' ich mich
vom Lehnstuhl aufgerafft, Wiel.
Anm. Aufraffen für wegraffen, in
figürlicher Bedeutung, und heilige Leute werden aufgerafft, Es. 57, 1,
ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.
Aufrauchen (W3) [Adelung]
Aufrauchen, verb. reg. 1. Activum, rauchend alle machen. Allen Tobak
aufrauchen. 2. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, einen in die Höhe
steigenden Rauch von sich geben. Sie (die Locken) rauchten dampfend
auf Gequetscht vom heißen Stahl, Zachar.
Aufräuchern (W3) [Adelung]
Aufräuchern, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche räuchern.
Fleisch, Würste aufräuchern.
Aufräumen (W3) [Adelung]
Aufräumen, verb. reg. act. 1) In die Höhe räumen, in die Höhe
stellen, und dadurch Raum machen. In dem Weinbaue heißt aufräumen
auch, die Erde um die Weinstöcke auflockern, ehe der Saft in die
Wurzeln tritt, räumen. In weiterer Bedeutung, die beweglichen Sachen
in Ordnung stellen, und dadurch Raum machen. Den Hausrath, die Bücher
aufräumen. Noch mehr aber metonymisch, ein Zimmer, ein Gewölbe
aufräumen. Figürlich und im Scherze für plündern. Die Feinde haben
hier gut aufgeräumt. Figürlich, wegschaffen, was das Gemüth
mißvergnügt macht, in welcher Bedeutung aber nur das Participium der
vergangenen Zeit aufgeräumt üblich ist, eine Gemüthsbeschaffenheit
auszudrucken, welche ein geringer Grad der Fröhlichkeit ist, und
entstehet, wenn man die Ursachen eines gehabten nicht mehr mit
Bewußtseyn denkt. Aufgeräumt seyn, werden. Einen aufgeräumt machen.
Zuweilen auch so viel als scherzhaft. Ein aufgeräumter Kopf. So auch
die Aufräumung in den beyden ersten Bedeutungen.2) Ein Loch aufräumen,
bey verschiedenen Handwerkern, es öffnen, erweitern. S. das
folgende.
Anm. Aufräumen für aufreiben, wegraffen, ist im Hochdeutschen
nicht üblich. Daß deine Seele nicht aufgeräumet
werde, Richt. 18, 25. Daß ich euch nicht mit ihm aufräume, 1 Sam. 15,
6. Meine Zeit ist dahin und von mir aufgeräumet, Es. 38, 12. Böse
Thiere, die die Leute aufräumen, Ezech. 14, 15.
Aufräumer (W3) [Adelung]
Der Aufräumer, des -s, plur. ut nom. fing. bey verschiedenen
Metallarbeitern, ein viereckiger, zugespitzter Stift, ein gebohrtes
Loch damit zu erweitern; oft auch ein Aufreiber.
Aufrechnen (W3) [Adelung]
Aufrechnen, verb. reg. act. durch Gegeneinanderhaltung zweyer
Rechnungen aufheben. Wir wollen gegen einander aufrechnen. Figürlich.
Wäre es so unbillig, die längere Zeit seiner Erwartung gegen eine
größere Mühe aufzurechnen. Dusch. Daher die Aufrechnung, worunter in
den Bergwerken diejenige Rechnung verstanden wird, die der
Schichtmeister den Gewerken Ablegt, weil alsdann Einnahme und Ausgabe
gegen einander Aufgerechnet wird.
Aufrecht (W3) [Adelung]
Aufrecht, adj. et adv. gerade, in die Höhe gerichtet 1) Eigentlich.
Aufrecht gehen, stehen. Ein aufrechter Gang. Aufrecht im Bette sitzen.
Im Hochdeutschen gebraucht man dieses Wort nur von der in die Höhe
gerichteten Stellung eines Menschen, im Gegensatze des natürlichen
Ganges der Thiere auf vier Füßen. Im Oberdeutschen aber ist es auch in
andern Fällen für gerade stehend üblich; z. B. ein aufrecht stehendes
Kreuz, Bluntschli. 2) Figürlich. (a) Muthig, im Gegensatze der
Niedergeschlagenheit. Was mich in meinem Unglücke aufrecht erhält. So
hält uns die Gelassenheit auch unter der Last der niedrigsten
Begebenheiten aufrecht, Gell. (b) Im Wohlstande, in voller Kraft. Ruhe
und Wohlstand aufrecht erhalten. Die Gesetze, den Frieden, die
Handlung aufrecht erhalten. (c) * Für aufrichtig. Die aufrechte
Wahrheit, Opitz. Ohne falsch, ganz aufrecht, bloß und frey, ebend. Wer
aufrecht ist, der pflegt Gott anzublicken, ebend. Diese Bedeutung ist
im Hochdeutschen veraltet, in Oberdeutschland aber ist sie noch jetzt
üblich.
Anm. Schon bey dem Notker findet sich ufreht in der ersten
Eigentlichen Bedeutung. Aufgerecht und aufgericht für aufrecht, sind
im Hochdeutschen veraltet. Das erstere kommt in dem 1483 zu Augsburg
gedruckten Buche der Natur, das letztere aber Jes. 3, 16. vor.
Aufrechts, wie Rabener sagt, für aufrecht, ist unnöthig und wider den
Gebrauch. Aufrecht, aufgerichtet, und aufrichtig, kommen der
Abstammung nach mit einander überein, die ältern Mundarten haben sie
auch als völlig gleich bedeutend gebraucht; allein im Hochdeutschen
ist ein jedes genauer eingeschränket worden. S. Aufrichten und
Aufrichtig.
Aufrecken (W3) [Adelung]
Aufrecken, verb. reg. act. in die Höhe recken. Die Hand, die Finger
aufrecken. Mit aufgerecktem Hals schnauft der beklommne Stier, Haged.
Mit aufgerecktem Hals sieht die neugierge Menge Den Gaukler an,
Gieseke. So auch die Aufreckung.
Anm. Aufgereckt, für aufgerichtet,
Hiob 10, 16. wie ein aufgereckter Löwe, ist im Hochdeutschen
ungewöhnlich.
Aufreden (W3) [Adelung]
+ Aufreden, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist.
1) Durch Beredung aufbringen. Einen Gesellen aufreden, bey den
Handwerkern, ihn bereden, seinem Meister aus der Arbeit zu gehen. Er
ist aufgeredet, aufgehetzet worden. 2) Einem etwas aufreden, ihn durch
Zureden, durch Worte zu dessen Annahme bewegen. 3) Sich den Mund
aufreden, durch vieles Reden gleichsam wund reden. So auch die
Aufredung.
Aufregen (W3) [Adelung]
Aufregen, verb. reg. act. 1) Rege machen, aufrühren. Und als sie
Asch' und Kohlen aufgeregt,Facht, bläst und hustet sie den ganzen Stoß
zu Flammen, Haged. Empfindungen aufregen, besser erregen.2) * Zu etwas
anregen, aufmuntern, doch nur im Oberdeutschen. So auch die Aufregung.
Aufreiben (W3) [Adelung]
Aufreiben, verb. irreg. act. S. Reiben. 1) Durch Reiben öffnen. Sich
die Haut aufreiben. In Oberdeutschland, wo reiben auch drehen
bedeutet, heißt aufreiben so viel als aufdrehen; z. B. einen Strick
aufreiben. 2) Von neuen reiben. Ein Tuch aufreiben, damit man die
kahlen Fäden nicht sehe, bey den Tuchbereitern. 3) Aufwärts reiben,
aufrühren. So wird in der Landwirthschaft das ausgebrochene Getreide
auf der Tenne mit einem Rechen, zwischen dessen Zähnen ein Strohwisch
befestiget ist, aufgerieben oder aufgerüsselt. Die Bäcker reiben den
Teig auf, wenn sie ihn von einem Ende des Troges bis zum andern
zerreiben, damit Mehl, Sauerteig und Wasser gehörig unter einander
komme. 4) Alles reiben, was gerieben werden soll. Alle Farben aufreiben, bey den Mahlern. Alles Brot, alle Semmel aufreiben, in den
Küchen. 5) Wegreiben, wegraffen, doch nur figürlich, für vertilgen,
von lebendigen Geschöpfen. Alle Einwohner sind durch die Pest
aufgerieben worden. Die Armee wurde durch Hunger aufgerieben. Ich will
sie mit dem Schwert, Hunger und Pestilenz aufreiben, Jerem. 14, 12. So
auch die Aufreibung.
Aufreiber (W3) [Adelung]
Der Aufreiber, des -s, plur. ut nom. fing. 1) Bey den Flötenmachern,
eine Art eines Hohlbohrers, die Flöten damit auszubohren. S.
Aufräumer. 2) Bey den Bäckern, ein Bäckerknecht, welcher den
Bräzelteig bearbeiten muß.
Aufreichen (W3) [Adelung]
+ Aufreichen, verb. reg. act. hinauf reichen, im gemeinen Leben.
Einem etwas aufreichen. So auch die Aufreichung.
Aufreihen (W3) [Adelung]
Aufreihen, verb. reg. act. nach der Reihe auf einen Faden ziehen; wie
auffädmen. Perlen, Korallen, Granaten aufreihen.
Aufreisen (W3) [Adelung]
* Aufreisen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, aufwärts
reisen, in die Höhe fahren; ein im Hochdeutschen unbekanntes Zeitwort, S. Reifen. Nachdem Messias war zum Vater aufgereist. Opitz.
Aufreißen (W3) [Adelung]
Aufreißen, verb. irreg. ( S. Reißen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, aufgerissen
werden, sich durch einen Riß öffnen. Die Breter reißen auf. Die Naht
ist aufgerissen.II. Als ein Activum. 1) Mit einem Risse öffnen. Eine
Naht aufreißen. In weiterer Bedeutung, schnell und mit einer Art von
Gewalt öffnen. Die Thür, das Fenster aufreißen. Doch ein Geräusch
entsteht, die Thür wird aufgerissen, Haged. Mit Krachen öffnen sich
die aufgerißnen Flügel, (des Schrankes,) Zachar. Eine Wunde wieder
aufreißen. Die Erde aufreißen, mit der Hacke aufbauen, welches in den
Weinbergen die erste Arbeit in das Erdreich ist. Ingleichen figürlich,
weit aufsperren. Das Maul aufreißen, wodurch man in Oberdeutschland
das Gähnen ausdruckt. - Einen Drachen Mit funfzig aufgerißnen Feuer
speynden Rachen, Raml. 2) In die Höhe reißen, schnell in die Höhe
heben: ingleichen als ein Reciprocum, schnell auffahren. Ich riß mich
schnell aus meinem Tiefsinne auf, ihr entgegen zu gehen, Dusch. Die
Tuchmacher reißen das Tuch auf, wenn sie es mit der Karde rauhen, den
Unrath des Filzes heraus zu reißen, wo aber auch die vorige Bedeutung
Statt findet. 3) Von reißen, zeichnen,
bedeutet aufreißen, einen Aufriß von einem Gebäude verfertigen, es
abbilden, wie es von außen aussiehet, wenn man gerade vor demselben
stehet, S. Aufriß. In der Wapenkunst ist aufreißen auch so viel, als
ein Wapen visiren, blasoniren, oder es aufzeichnen. So auch die
Aufreißung in den Bedeutungen des Activi.
Aufreiten (W3) [Adelung]
Aufreiten, verb. irreg. act. S. Reiten, wund reiten. Ein Pferd
aufreiten. Sich aufreiten.
Aufreitzen (W3) [Adelung]
Aufreitzen, verb. reg. act. zum Zorne, zum Aufstande reitzen;
obgleich selten, für das niedrigere aufhetzen.
Aufrennen (W3) [Adelung]
Aufrennen, ein Verbum, welches auf gedoppelte Art üblich ist.1. Als
ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation, ( S. Rennen,) und dem
Hülfsworte seyn, im Rennen auf etwas gerathen und sitzen bleiben. Das
Schiff ist aufgerannt, auf den Sand, oder auf einen Felsen.2. Als ein
Activum, gemeiniglich auch mit irregulärer, aber schon häufig und am
richtigsten mit regelmäßiger Conjugation, durch Rennen öffnen. Eine
Thür aufrennen. In den Schmelzhütten bedeutet es, das Loch in dem
Stiche mit dem Stecheisen öffnen.
Aufrichten (W3) [Adelung]
Aufrichten, verb. reg. act. was liegt, in die Höhe richten.1. In
eigentlicher Bedeutung. Einen Stuhl, der umgefallen ist, aufrichten.
Sich im Bette aufrichten. Sich von der Erde aufrichten. Sieh die Blume
richtet sich auf; voll blitzender Perlen Lacht sie schöner umher,
Zachar. Das Participium der vergangenen Zeit wird zuweilen auch für
aufrecht gebraucht. Aufgerichtet stehen, gehen. In welcher Bedeutung
auch aufgericht, Jos. 3, 16, vorkommt; allein im Hochdeutschen
gebraucht man dafür lieber aufrecht und in andern Fällen gerade.2. In
weiterer Bedeutung für aufführen, von manchen Werken der Baukunst und
der bildenden Künste. Ein Gebäude aufrichten. Einem ein Denkmahl, eine
Ehrensäule aufrichten; wofür man doch lieber errichten sagt.3.
Figürlich. 1) Stiften, den Anfang zu einer Sache machen, doch nur in
einigen Fällen. Ein Regiment Soldaten aufrichten. Ein Bündniß mit
einem aufrichten. Freundschaft mit einem aufrichten. Ein Reich, ein
Bisthum u. s. f. aufrichten. Die edlere Schreibart wird auch hier
lieber errichten gebrauchen. 2) Eine unangenehme Empfindung durch
Erkenntniß und Empfindung des damit verbundenen Guten überwinden,
trösten; wobey vornehmlich auf die Aufrichtung eines Liegenden gesehen
wird. Einen Betrübten aufrichten. Sein Gemüth mit etwas aufrichten.
Ich will sie mit einander aufrichten. Gell.So auch die Aufrichtung in
allen obigen Bedeutungen.
Anm. Ufrihten kommt schon bey dem Ottfried
und Notker vor. Der erstere gebraucht dafür auch ufirrihten,
auferrichten. Ehedem bedeutete aufrichten auch einen zugefügten
Schaden ersetzen, und diese Bedeutung hat das Niedersächsische
uprichten noch jetzt.
Aufrichtig (W3) [Adelung]
Aufrichtig, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Eigentlich, Aufrecht,
aufgerichtet. Daß Gott den Menschen hat aufrichtig gemacht, Pred. 7,
30. Stehe aufrichtig auf deine Füße, Apostelg. 14, 10. Im
Hochdeutschen ist diese Bedeutung veraltet; indessen sagt man noch in
Oberdeutschland, ein aufrichtiger Stamm, eine aufrichtige Tanne, für
gerade.2) Figürlich. (a) Acht, unverfälscht. Eine aufrichtige Waare.
Ein aufrichtiger Wein. Noch mehr aber, (b) der innern Gemüthsfassung
völlig gemäß, ohne Verstellung. Aufrichtig reden, aufrichtig handeln,
so wie man es denkt. Ein aufrichtiger Mann. Ein aufrichtiger Freund,
der nichts verschweiget. Ich mache mir eine Ehre daraus, mich an dem
günstigen Schicksale meiner Schwester aufrichtig zu vergnügen, Gell.
KeineArt von Leuten haßt er aufrichtiger und beständiger als die
Heuchler. Aufrichtig und offenherzig sind nicht einerley. Die
Offenherzigkeit schließt alle Zurückhaltung aus, die Aufrichtigkeit
nicht. Ein Offenherziger sagt alles was er denkt; der Aufrichtige
redet allemal so, wie er denkt, ohne eben alles zu sagen, was er
denkt. Die Ehrlichkeit, Redlichkeit, Rechtschaffenheit sind von der
Aufrichtigkeit noch weiter unterschieden; S. diese Wörter.
Aufrichtigkeit (W3) [Adelung]
Die Aufrichtigkeit, plur. inusit. 2) * Eigentlich, die gerade,
aufrechte Stellung eines Körpers; eine Bedeutung, welche im
Hochdeutschen nicht mehr üblich ist. 2) Figürlich. (1) Die ächte
Beschaffenheit einer Sache, im Gegensatze der verfälschten. Die
Aufrichtigkeit einer Waare. Sie zweifeln ohnedem sehr an der
Aufrichtigkeit meiner Tugend, Gell. (2) Die Fertigkeit, seyn äußeres
Bezeigen gegen andere feiner Gemüthsfassung gemäß einzurichten; im
Gegensatze der Verstellung, und der Falschheit. S. das vorige.
Aufriegeln (W3) [Adelung]
Aufriegeln, verb. reg. act. durch Zurückschiebung des Riegels öffnen.
Eine Thür, ein Zimmer aufriegeln. Daher die Aufriegelung.
Aufriß (W3) [Adelung]
Der Aufriß, des -sses, plur. die -sse, die Abzeichnung einer Sache,
wie sie von außen, wenn man nahe davor stehet, gesehen wird, ohne
Plural, und der dadurch entstandene Riß mit demselben. Der Aufriß
eines Gebäudes, welcher auch der Aufzug, der Standriß, die
Orthographie genannt wird, im Gegensatze des Grundrisses, des
Durchschnittes und des perspektivischen Risses. S. Aufreißen.
Aufritzen (W3) [Adelung]
Aufritzen, verb. reg. act. durch einen Ritz öffnen, Ritze in etwas
machen. Sich die Haut aufritzen. Daher die Aufritzung.
Aufrocken (W3) [Adelung]
Aufrocken, verb. reg. act. auf den Rocken bringen. Flachs aufrocken,
in Niedersachsen aufwocken.
Aufröhren (W3) [Adelung]
Aufröhren, verb. reg. act. welches aber nur selten gehöret wird, eine
verstopfte Röhre wieder öffnen. Die eingefrornen Hähne an den Fässern
mit glühenden Kohlen aufröhren.
Aufrollen (W3) [Adelung]
Aufrollen, verb. reg. act. 1) Auf oder um etwas rollen. Ein Stück
Zeug, einen Bogen Papier, die Haare aufrollen. 2) Aus einander rollen.
Ein Stück Zeug aufrollen. So auch die Aufrollung.
Aufrücken (W3) [Adelung]
Aufrücken, verb. reg. act. 1) In die Höhe rücken, herauf oder hinauf
rücken. Den Schleifhamen aufrücken bey den Fischern; ihn in die Höhe
ziehen. Den Acker aufrücken, in der Landwirthschaft, ihn in der Mitte
des Rückens erhöhen, welches in manchen Gegenden auch aufbergen
genannt wird. Ehedem waren hiervon auch die figürlichen Bedeutungen
für aufrichten und aufbringen üblich, wovon Haltaus Beyspiese
gesammelt hat.2) Von neuen rücken, oder bewegen, aber nur in der
figürlichen Bedeutung, von neuen erwähnen. Daß wir alle solche Schuld
und Sache - - nicht mehr rugen noch auffrucken wollen, in einer
Halberstädtischen Urkunde von 1425 bey dem Haltaus, wo noch mehrere
Beyspiele angeführet werden. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen
veraltet, und hat nur die weitere des Vorwerfens zurück gelassen.
Einem seine Fehler aufrücken, vorwerfen. Einem die empfangenen
Wohlthaten aufrücken. Er giebt wenig und rückt einem viel auf, Sir.
20, 5. So auch die Aufrückung.
Anm. Es ist unnöthig, dieses Verbum in
der letzten Bedeutung als das Frequentativum von rügen anzusehen.
Rügen wird niehmals mit auf verbunden; über dieß giebt rücken, movere,
welches in vorrücken eben dieselbe Bedeutung hat, hier einen sehr
begreiflichen Verstand. In dem 1523 zu Basel gedruckten neuen
Testamente Lutheri wird aufrucken als ein unbekanntes Wort
durch verweysen, beschuldigen, erkläret. Bey dem Opitz kommt auch das
sonst ungewöhnliche Substantiv der Ausdruck vor Deren Redlichkeit.Als
wie ein Ausdruck ist den Leuten dieser Zeit; entweder in der Bedeutung
eines Vorwurfes, oder auch der Aufmunterung; denn aufregen ist im
Oberdeutschen auch für anreißen, aufmuntern üblich, und rücken ist
wieder nichts als das Frequentativum von regen.
Aufrudeln (W3) [Adelung]
* Aufrudeln, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben einiger
Gegenden für aufrühren oder vielmehr aufrütteln üblich ist. Die
Sandhorste in dem Mühlgraben aufrudeln.
Aufruf (W3) [Adelung]
Der Aufruf, des -es, plur. inusit. die Handlung des Aufrufens in
beyden Bedeutungen. Der Aufruf eines Schlafenden, eines Schülers.
Aufrufen (W3) [Adelung]
Aufrufen, verb. irreg. act. S. Rufen. 1) Zum Aufstehen Rufen, so wohl
eigentlich, einen Schlafenden aufrufen; als auch figürlich, zu einer
andern Handlung rufen. Einen zum Tanze, zum Spielen aufrufen. Einen
Schüler in der Schule Aufrufen. 2) * Widerrufen, welche Bedeutung nur
in einigen Kanzelleyen üblich ist. Einen Vergleich, ein Cartel
aufrufen. So auch die Aufrufung.
Aufrührer (W3) [Adelung]
Der Aufrührer, des -s, plur. ut nom. fing. derjenige, Welcher das
Volk zum Aufruhre verleitet, und in weiterer Bedeutung auch, der sich
zum Aufruhre verleiten lässet. Kero Gebraucht statt dieses Wortes
Widarwigo und Isidor Widharbruhtic.
Aufrührisch (W3) [Adelung]
Aufrührisch, -er, -te, adj. et adv. im Aufruhre befangen, zum
Aufruhre geneigt. Aufrührisch seyn. Ein aufrührisches Volk. Figürlich
auch, in eine heftige Bewegung versetzt, oder Doch dazu geneigt. Wenn
Schmerz, Reue und Verzweiflung seine Seele gleich aufrührischen Wogen
durchströmen, von Brawe. Gehen sie mir Muße, mich aus diesem Wirbel
aufrührischer Leidenschaften heraus zu arbeiten, ebend.
Aufrupfen (W3) [Adelung]
Aufrupfen, verb. reg. act. Den Hut aufrupfen, bey den Hutmachern, ihn
mit Fischhaut reiben, um ein kurzes steifes Haar zum Vorscheine zu
bringen.
Aufrüsseln (W3) [Adelung]
Aufrüsseln, verb. reg. act. wie das folgende aufrütteln, doch nur von
dem Strohe und andere Materien, welche bey dem Rütteln ein dem Rüsseln
ähnliches Geräusch machen. S. auch Auftreiben 3.
Aufrüsten (W3) [Adelung]
Aufrüsten, verb. reg. neutr. mit haben, ein Gerüst aufführen,
besonders bey den Maurern; im Gegensatze des abrüsten. Im figürlichen
Verstande gebraucht Opitz dieses Wort von den Sperlingen. Hier pflegt
in stiller Ruh der Sperling aufzurücken, Sucht für seyn leichtes Nest
ihm einen kleinen Raum. Daher die Aufrüstung.
Aufrütteln (W3) [Adelung]
Aufrütteln, verb. reg. act. das Iterativum des ungewöhnlichen
aufrütten, durch Rütteln in die Höhe bringen. Jemanden aus dem Schlafe
aufrütteln. Ingleichen, durch Rütteln locker machen. Stroh aufrütteln.
S. auch Aufrütteln. Daher die Aufrüttelung.
Aufsacken (W3) [Adelung]
+ Aufsacken, verb. reg. act. 1) Einen gefüllten Sack auf die
Schultern nehmen. In weiterer Bedeutung, eine Last auf die Schultern
oder Arme nehmen. Einen Tragekorb, ein Kleid aufsacken. 2) Als eine
schwere Last auflegen. Einem viele Arbeit aufsacken. Beydes als eine
niedrige Figur nur im gemeinen Leben.
Aufsagen (W3) [Adelung]
Aufsagen, verb. reg. act. 1) Stehend hersagen, in den niedrigen
Schulen, wo die Kinder ihre Lection aufsagen müssen. 2) Eine
Verabredung, oder eine getroffene Verbindung widerrufen. Einen Kauf
aufsagen. Einem die Miethe, den Dienst, die Freundschaft aufsagen.
Einem den Kauf, oder den Handel aufsagen, im gemeinen Leben, alle
Verbindung mit ihm aufheben. Hat er ihm auch schon den Kauf aufgesagt:
Weiße. Sie haben ihm ja den ganzen Handel aufgesagt, Gell. Nur wünsch'
ich, daß ich nicht in meine Grube fahre, Eh ich dem Laster schon den
Handel aufgesagt, Haged. So auch die Aufsagung.
Aufsägen (W3) [Adelung]
Aufsägen, verb. reg. act. mit der Säge öffnen.
Aufsammeln (W3) [Adelung]
Aufsammeln, verb. reg. act. sammeln und aufheben. Erbsen, Nüsse,
Körner aufsammeln, nehmlich von der Erde. Ich Thor sammelte Blumen
auf, die in den Thränen anderer reisten, Dusch. Figürlich. Ich konnte nicht die letzten zärtlichen Worte von seinen sterbenden Lippen
aufsammeln, von Brawe. Daher die Aufsammelung.
Aufsatteln (W3) [Adelung]
Aufsatteln, verb. reg. act. den Sattel auflegen, satteln. Das Pferd
aufsatteln, Daher die Aufsattelung.
Aufsatz (W3) [Adelung]
Der Aufsatz, des -es, plur. die -sätze. 1) Die Handlung des
Aufsetzens, ohne Plural, und nur in einigen wenigen Fällen, indem
Aufsetzung in dieser Bedeutung üblicher ist. Doch saget man an einigen
Orten der Aufsatz eines Meiers, Die Übergabe eines Gutes an
denselben.2) Dasjenige, was aufgesetzet wird; so wohl, (1) in
eigentlicher und weiterer Bedeutung, was auf einen andern Körper
gesetzt wird, entweder ihn zu verlängern, oder ihn zu zieren. So
werden bey den Wasserkünsten diejenige Röhren, welche auf die
Hauptröhre gesetzet werden, und dem Wasserstrahle allerley Figuren
mittheilen, Aufsätze genannt. In der Baukunst führen diesen Nahmen der
Schild, oder andere Zierathen, welche unmittelbar auf das Hauptgesimse
gesetzet werden. In der Artillerie ist Aufsatz das Visier, womit die
Kanone gerichtet wird. Aufsatzröhren, in den Bergwerken, sind Röhren,
mit welchen die Röhren der Kunstgezeuge verstärket werden. Die
Aufsätze der Nähterinnen sind kleine Bünde, oder schmale
eingeschlagene Streife, einige Theile der Wäsche zu verstärken. Auch
der Kopfputz des schönen Geschlechts ist unter dem Nahmen des
Aufsatzes bekannt; ein Ausdruck, welchen zuweilen auch die Art und
Weise dieses Kopfputzes, den Geschmack, nach welchem derselbe gewählet
und eingerichtet ist, ausdrückt. In engerer Bedeutung werden zuweilen
auch verschiedene zusammen gehörige Stücke einer Art, welche zum
Zierathe auf Tische, Commoden, Öfen, Kamine, Schränke u. s. f. gesetzt
werden, ein Aufsatz genannt. So hat man Aufsätze von Porzellan,
Confituren-Aufsätze u. s. f. Ferner werden diejenigen Speisen, welche
auf ein Mahl aufgesetzet werden, und sonst ein Gang heißen, auch ein
Aufsatz genannt. (2) Figürlich, was aufgeschrieben ist, doch nur in
der Bedeutung eines schriftlichen Vortrages zusammen hängender Sätze,
welche die Vorstellung einer gewissen Wahrheit enthalten. Ein Aufsatz.
Ein schriftlicher Aufsatz. Einen Aufsatz machen, übergeben. Aufsatz
ist in dieser Bedeutung ein allgemeiner Ausdruck, welcher die nähere
Art unbestimmt lässet. Zuweilen gebraucht man diesen Ausdruck auch in
noch engerer Bedeutung, für den ersten Aufsatz, den Entwurf einer
Schrift.3) * Das Abstractum des Verbi aufsetzen, in einigen
figürlichen Bedeutungen, welche zwar im Hochdeutschen veraltet sind,
aber um einiger abgeleiteten Wörter willen doch angemerket werden
müssen. So bedeutete Aufsatz ehedem, (1) Vorsatz, Entschluß, von
welcher Bedeutung Haltaus Beyspiele angeführet hat. Das Nieders. Upsat
und Schwed. Upplat, haben noch jetzt diese Bedeutung. (2) Satzung,
Gesetz, Verordnung, in einer Urkunde Kaisers Sigismundi von 1433 bey
dem Haltaus. Auch in Luthers Bibel kommt es für Satzung, Verordnung
vor. (3) Eine Auflage, besonders eine neue ungewöhnliche Auflage,
gleichfalls bey dem Haltaus. (4) Erhöhung des Preises, Aufschlag; eine
noch im Magdeburgischen übliche Bedeutung. (5) Böser Vorsatz, Tücke,
Nachstellung. So wird Aufsatz in den mittlern Zeiten oft mit Gefärde
verbunden, Wovon Haltaus nachgesehen werden kann. Inn ganz
vollkommenlicher treu. An allen Aufsatz, sorg und schew, Hans Sachs.
Das Holländ. Opset und Schwed. Uppsat. Sind noch jetzt in dieser
Bedeutung üblich. (6) Unzeitiger, unweiser Vorsatz, Eigensinn,
Halsstarrigkeit; welche Bedeutung noch im Oberdeutschen gangbar ist.
Etwas aus Aufsatz thun. Es ist nur ein Aufsatz bey ihm. Auch das
Niedersächsische Upsat ist noch in dieser Bedeutung bekannt. (7) Haß,
Feindschaft. Auch diese Bedeutung findet noch im Oberdeutschen Statt.
Den großen Aufsatz des Hauses Österreich wider die Stadt Mühlhausen,
Bluntschli. Weil die Stadt den Kaisern treu verblieb, so erlitt sie
deswegen von den Päpsten großen Aufsatz, ebend. S. Aufsätzig. (8)
Aufruhr. Es war allenthalben viel Raubens, Mordens und Aufsatzes,
ebend. In und um Hamburg wird Upsat auch noch in dieser Bedeutung
gebraucht. Alle diese im Hochdeutschen nicht mehr üblichen Bedeutungen
lassen sich aus dem Gebrauche des einfachen Verbi setzen leicht
erklären. S. dasselbe, wie auch Aufsetzen.
Aufsätzig (W3) [Adelung]
Aufsätzig, -er, -ste, adj. et adv. Welches im Hochdeutschen nur noch
die Bedeutung des Hasses, der Widerspänstigkeit, welche Aufsatz ehedem
hatte, fortgepflanzet hat; gehässig, widerspänstig. Einem aufsätzig
seyn, oder werden. So auch die Aufsätzigkeit. Die Unrichtigkeit der
Schreibarten aufsätzig und aufsässig ist aus der Abstammung leicht zu
ersehen.
Aufsaubern (W3) [Adelung]
Aufsaubern, verb. reg. act. 1) Sauber, rein machen. In den Bergwerken
bedeutet dieses Wort, die gewonnenen Erze und Berge vor Ort
wegschaffen, welches durch gewisse Aufsauberer geschiehet. 2) Von neun
säubern, oder reinigen. So auch die Aufsäuberung.
Aufsaugen (W3) [Adelung]
Aufsaugen, verb. irreg. act. S. Saugen, durch Saugen öffnen, wund
saugen, im gemeinen Leben.
Aufsäugen (W3) [Adelung]
Aufsäugen, verb. reg. act. groß säugen. Ein Kind aufsäugen. Daher die
Aufsäugung.
Aufschaben (W3) [Adelung]
Aufschaben, verb. reg. act. 1) Durch Schaben öffnen. 2) Von neuen
beschaben.
Aufschanzen (W3) [Adelung]
* Aufschanzen, verb. reg. act. für aufführen, errichten; ein im
Hochdeutschen völlig ungewöhnliches Wort. Wer hat den Wald
gepflanzet?Wer ruft das Gras herauf? Gibt Korn und Most und schanzet
Gebirg' und Thäler auf? Cram.
Aufschärfen (W3) [Adelung]
Aufschärfen, verb. reg. act. 1) Durch Schärfen, d. i. Schneiden,
öffnen. So wird dieses Wort bey den Jägern alle Mahl für Aufschneiden
gebraucht, das letztere aber mit dem Weidemesser bestraft. Ein Thier
aufschärfen, die Haut aufschärfen, und nach einer gröbern Mundart,
aufschürfen. In Oberdeutschland ist dieses Wort auch für aufritzen,
oder wund stoßen üblich. Sich die Haut aufschärfen. 2) Von neuen
scharf machen. Eine Säge aufschärfen. So auch die Aufschärfung.
Aufscharren (W3) [Adelung]
Aufscharren, verb. reg. act. 1) Heraufscharren. Kohlen aus der Asche
aufscharren. 2) Auf einen Haufen scharren. Die Erde aufscharren.
Aufschauen (W3) [Adelung]
Aufschauen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert,
und im Oberdeutschen gebräuchlicher ist, als im Hochdeutschen,
aufsehen, in die Höhe sehen. Schau auf, ob mich Gewinn dir dieß zu
sagen zwingt, Opitz. Sie schauen auf, woher die süßen Töne klängen,
Wiel.
Aufschauern (W3) [Adelung]
Aufschauern, verb. reg. act. welches nur in dem Weinbaue einiger
Gegenden üblich ist, wo es den Weinberg zum dritten Mahle beschicken
bedeutet.
Aufschaufeln (W3) [Adelung]
Aufschaufeln, verb. reg. act. 1) Auf die Schaufel nehmen. Du hast zu
viel aufgeschaufelt. 2) Auf einen Haufen schaufeln. Erde aufschaufeln.
Aufschäumen (W3) [Adelung]
Aufschäumen, verb. reg. neutr. mit haben, in die Höhe schäumen, sich
als ein Schaum erheben. Borax und Alaun schäumen im Feuer auf. Das
aufgeschäumte Meer, bey dem Neukirch, ist wider die Natur der
Neutrorum, welche mit haben verbunden werden. Daher die Aufschäumung.
Aufschenken (W3) [Adelung]
+ Aufschenken, verb. reg. act. im Ballspiele, den Ball, welchen ein
anderer schlagen soll, in die Höhe werfen. S. Schenken.
Aufscheren (W3) [Adelung]
* Aufscheren, verb. reg. act. bey den Webern, auf den Scherbaum
bringen, aufziehen.
Aufscheuchen (W3) [Adelung]
Aufscheuchen, verb. reg. act. durch Scheuchen zum Aufstehen oder
Auffliegen bewegen. Vögel aufscheuchen. Ein Wild aufscheuchen. Daher
die Aufscheuchung.
Aufscheuern (W3) [Adelung]
Aufscheuern, verb. reg. act. 1) Alles was gescheuert werden sollte,
scheuern. Die Magd hat aufgescheuert. 2) Wie das einfache scheuern.
Die Magd muß aufscheuern, das Küchengeschirr scheuern. 3) Wund
scheuern, wund reiben. Die Haut aufscheuern, sich aufscheuern. So auch
die Aufscheuerung.
Aufschichten (W3) [Adelung]
Aufschichten, verb. reg. act. in Schichten aufsetzen, auf einen
Haufen schichten. Waaren aufschichten.
Aufschicken (W3) [Adelung]
* Aufschicken, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen üblich
ist, für aufputzen, aufschmücken. Mein Tisch, mein Haus, mein Stall
ist kostbar aufgeschickt, Opitz. Daher die Aufschickung.
Aufschieben (W3) [Adelung]
Aufschieben, verb. irreg. act. S. Schieben. 1) Eine Sache auf die
andere schieben, doch nur in der figürlichen Bedeutung, eine Handlung
auf eine andere Zeit schieben oder versparen. Etwas aufschieben. Etwas
von einem Tage zum andern aufschieben. Die Hochzeit ist einige Tage
aufgeschoben worden. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Diese
Bedeutung rühret ohne Zweifel von der R. A. Her, etwas auf die lange
Bank schieben. Das Schwedische uppskjuta, von skjuta, schieben,
schießen, hat gleiche Bedeutung. 2) Durch Schieben öffnen. Ein Fenster
aufschieben. Daher die Aufschiebung, in der letzten eigentlichen
Bedeutung. In der ersten figürlichen ist Aufschub üblicher.
Aufschiebling (W3) [Adelung]
* Der Aufschiebling, des -es, plur. die -e. 1) In dem Forstwesen
einiger Gegenden, z. B. in Sachsen, ein junger aufgeschossener Baum,
weil aufschieben, auch in einigen niedrigen Mundarten als ein Neutrum
für aufschießen, schnell aufwachsen, Gebraucht wird. 2) In der
Baukunst, ein Holz an dem Dachwerke, welches in die Lagerbalken
verzapfet, und auf die Sparren gleichsam aufgeschoben wird, damit das
Dach über die Wand hervor stehe, und die Balkenköpfe vor dem Wetter
bewahret werden; ein Traufhaken, weil man die Dachrinne darauf
befestiget. Es wird dieses Wort auch Aufschübling geschrieben, und
alsdann nicht so wohl von dem Verbo, als vielmehr von dem Substantivo
Aufschub abgeleitet.
Aufschießen (W3) [Adelung]
Aufschießen, verb. irreg. ( S. Schießen,) welches in doppelter
Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn
erfordert, in die Höhe schießen. 1) Schnell aufwachen, so wohl von
Pflanzen, als Thieren und Menschen. Ein aufgeschossener junger Baum.
Ein aufgeschossener junger Mensch. Die Saat ist aufgeschossen. Und
reizt des Schnitters Hand, Haged. Ingleichen überhaupt für aufwachen.
Ein harter Fluch beschwert das Land, Wo dieser Weinstock
aufgeschossen, ebend. 2) Schnell herauf fahren. Die Fische schießen
aus der Tiefe auf. Ein Rebhuhn schoß schwirrend auf, flog schnell und
schwirrend auf.II. Als ein Activum, mit einem Schusse aus dem
Feuergewehre öffnen. Die Thore aufschießen. Daher die Aufschießung in
der Bedeutung des Activi.
Aufschlacken (W3) [Adelung]
Aufschlacken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, völlig zu
Schlacken werden, in den Schmelzhütten. Daher die Aufschlackung.
Aufschlag (W3) [Adelung]
Der Aufschlag, des -es, plur. die -schläge, das Substantiv von dem
folgenden Verbo, welches so wohl dessen thätige als mittlere Bedeutung
annimmt.I. Von der thätigen Gattung des Verbi bedeutet es,1. Die
Handlung des Aufschlagens, doch nur in einigen einzelnen Fällen, und
alsdann ohne Plural. So sagt man z. B. der Aufschlag einer Karte, das
Öffnen derselben durch Aufschlagung des obersten Blattes, und zuweilen
dieses oberste Blatt selbst. In der Musik ist der Aufschlag bey dem
Schlagen des Taktes, das Erheben der Hand, Griech. Arsis; im Gegensatz
des Niederschlages, Griech. Thesis. In figürlicher Bedeutung wird in
einigen Oberdeutschen Gegenden auch ein Verlauf an die
Meistbiethenden, oder eine Auction, ein Aufschlag genannt, weil in
derselben der Preis der Dinge aufgeschlagen, d. i. gesteigert wird.2.
Dasjenige, was aufgeschlagen wird, in verschiedenen, so wohl
eigentlichen und weitern, als figürlichen Bedeutungen des Verbi. 1)
Der Aufschlag an einem Kleide, oder derjenige Theil an demselben,
welcher auf- oder umgeschlagen wird; Nieders. Upslag, Patte, Krempe.
Der Aufschlag eines Stiefels, an den aufgeschlagenen Stiefeln ohne
Stulpen, welche nur bis über die Waden gehen. 2) Bey de Vogelstellern
gewisse Hölzer, mit daran ausgespannten Netzen auf den großen Vogel-
oder Finkenherden, welche gerücket oder aufgeschlagen werden. Hierher
gehören auch, 3) die Aufschlagewasser in den Wasserkünsten und
Wassermühlen, worunter man dasjenige Wasser verstehet, welches auf die
Räder fällt, und sie in Bewegung setzet. 4) Eine erhöhete Abgabe von
ein- und ausgehenden Waaren, und in weiterer Bedeutung auch wohl eine
jede Abgabe von ein- und ausgehenden Waaren, welche in andern Gegenden
Zoll, Mauth, Licent und Accise genannt wird. Den Aufschlag von zwey
Pfennigen auf das Pfund fallen lassen. In dieser Bedeutung ist
Aufschlag vornehmlich in Österreich und Baiern üblich.II. Von dem
Neutro aufschlagen bezeichnet es so wohl dessen Abstractum, wenn von
dem Aufschlage einer Waare, oder dem Steigen derselben im Preise
geredet wird; als auch in einigen Fällen dasjenige, was aufschläget,
oder in die Höhe schnellet. In diesem Sinne führet eine Art
Vogelschlingen diesen Rahmen, welche wie die Sprenkel gestaltet, aber
nicht krumm gebogen, sondern von dem Erdboden gerade aufgewachsen
sind. In dem Forstwesen einiger Orten wird auch das aus gefallenen
oder gesäeten Samen aufgeschossene junge Holz ein Aufschlag genannt.
Den jungen Aufschlag vor dem Viehfraß sichern. Dagegen Anflug
eigentlich von dem jungen Tangelholze gebraucht wird, welches aus
geflügelten Samen aufschießt.
Anm. Im Hochdeutschen ungewöhnliche
Bedeutungen dieses Wortes sind, 1. eine jede Vermehrung, wovon bey dem
Haltaus Beyspiele zu finden sind. Das Oberdeutsche Aufschlag für Zoll
und Auction, ingleichen der Hochdeutsche Aufschlag der Waaren sind
noch Überbleibsel davon. 2. Ein Aufschub, wovon Haltaus h. v.
nachzusehen ist. 3. Aufwand, welche Bedeutung das Niedersächsische
Upslag noch hat.
Aufschlagen (W3) [Adelung]
Aufschlagen, verb. irreg. ( S. Schlagen,) welches in doppelter
Gattung üblich ist.I. Als ein Activum.1. In die Höhe schlagen,
aufwärts schlagen, und zwar, 1) in eigentlicher und weiterer
Bedeutung. Ein Bett aufschlagen, mit Hammerschlägen zusammen setzen,
und zum Stehen bringen. Ein Gezelt aufschlagen. Das Lager an einem
Orte aufschlagen. Eine Bude aufschlagen. Ein Faß aufschlagen, es
zusammen setzen, bey den Böttchern, von großen Gefäßen, dagegen
kleinere nur aufgesetzet werden. Ein Kleid aufschlagen, einige äußere
Theile desselben umschlagen. Aufgeschlagene Stiefeln, an welchen der
obere Theil, der sonst die Stulpe ausmachte, um- und niedergeschlagen
wird. Das Betttuch aufschlagen. Einen Tisch aufschlagen, oder
aufklappen, die niedergelassene Klappe herauf thun. 2) Figürlich. (a)
Seine Wohnung an einem Orte aufschlagen, sich daselbst niederlassen,
wo die Figur von dem Aufschlagen eines Gezeltes entlehnet ist. Nach
einer noch weitern Figur. Der Feind, der uns täglich ängstiget, hat
seinen Sitz mitten in unserm Herzen aufgeschlagen. Der Gram schlug
seinen Sitz in seiner Seele auf. (b) Schnell in die Höhe richten, von
den Augen, schnell aufsehen. Die Augen aufschlagen. Bald schlugst du
dein nasses Auge gen Himmel auf. Er wagt sich in ihrer Gegenwart
nicht, die Augen aufzuschlagen, Weiße. Die Augen aufschlagen bedeutet
oft auch nur so viel als öffnen, S. hernach unter der Bedeutung des
Öffnens. (c) Durch Schläge zum Aufstehen nöthigen, im gemeinen Leben.
Einen aufschlagen. (b) Durch Schläge hervor bringen, doch nur in der
R. A. Feuer aufschlagen. Sie mögen den Funken, den ich aufschlagen
will, selbst in Flammen bringen, Weiße. Hierher gehöret auch, (e) die
R. A. ein Gelächter aufschlagen, anfangen überlaut zu lachen, welche
vorzüglich in Weißen bekannt ist. (f) * Aufschieben, von welcher im
Hochdeutschen veralteten Bedeutung, die schon bey dem Notker vorkommt,
Haltaus h. v. nachzusehen ist. In den Bergwerken bedeutet aufschlagen
so viel, als den Arbeitern den Lohn schuldig bleiben, welches ohne
Zweifel ein Überrest dieser Bedeutung ist.2. Eine Sache auf die andere
schlagen, mit Schlägen auf die andere befestigen, oder nur mit
derselben verbinden. So schlagen die Schuster einen Schuh nach, wenn
sie ihn über den Nichtleisten schlagen. Der Schmid schlägt dem Pferde
die Hufeisen auf, und in den Salzsiedereyen wird das Salz
aufgeschlagen, wenn es auf die voll geschütteten Körbe aufgehäufet
wird, welches vermittelst besonderer Aufschlageschaufeln geschiehet.
In diesem Falle kann aufschlagen aber auch zu der ersten Bedeutung
gezogen werden. Das Wasser aufschlagen, oder richtiger, das Wasser auf
die Räder oder Kunstgezeuge schlagen, es auf dieselben fließen lassen,
im Gegensatze des Abschlagens; daher diejenigen Schaufeln an den
Kunstgezeugen, worauf die Aufschlagewasser fallen, auch die
Aufschlageschaufeln genannt werden. Einen Befehl aufschlagen wurde
ehedem auch für anschlagen gebraucht, wovon Haltaus nachzusehen ist.3.
Mit Schlägen öffnen. 1) In eigentlicher Bedeutung. Eine Thür, ein
Fenster, ein Faß, eine Nuß aufschlagen. Hierher gehöret wohl auch die
in den Ungarischen Bergwerken übliche R. A. wo aufschlagen für
Aufsitzen, d. i. vor Ort arbeiten, gebraucht wird. 2) In weiterer
Bedeutung. Einen Brief aufschlagen, aus einander legen. Ihr Brief
liegt aufgeschlagen vor mir. Eine Stelle in dem Buche, einen Spruch
aufschlagen, durch Öffnung des Buches aufsuchen; daher einige auch
Lexicon durch ein Aufschlagebuch geben wollen, welche Benennung aber
wenig Beyfall gefunden und durch Wörterbuch verdränget worden. Die
Augen aufschlagen, schnell öffnen. Erschlug die schweren Augen auf.
Von einer anderen Bedeutung dieser Redensart siehe oben N. 1. Eine
Spielkarte aufschlagen, durch Aufhebung des ersten Blattes gleichsam
öffnen. Sich den Kopf, die Hand aufschlagen, durch einen Schlag, aber
auch wohl durch einen Fall verwunden. Bey den Jägern schlägt das
Wildherr, oder eine Sau das Bad auf, wenn sie die Suhllache oder
Pfütze, in welcher sie sich haben wollen, vorher aufräumen. Die
Wäscherinnen schlagen die Wäsche auf, wenn sie selbige, nachdem sie
ausgerungen worden, aus einander schlagen und glatt streichen, ehe sie
selbige trocknen. Die Lohgärber schlagen die Felle auf, wenn sie
selbige in der Beiße umwenden; ingleichen, wenn sie die aus dem Ascher
genommenen Felle aufhängen. Bey den Steinmetzen bedeutet aufschlagen,
die Flächen des Quatersteines mit parallelen Reifen verzieren.II. Ein
Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, in die Höhe schlagen.
1) In eigentlicher Bedeutung für aufschnappen, aufkippen. Wenn das
Brett aufschlägt, wirst du herunter fallen. 2) In weiterer Bedeutung
für aufwachsen, in welcher dieses Verbum in dem Forstwesen einiger
Orten von dem Aufwachsen junger Bäume aus gefallenen oder gesäeten
Samen gebraucht wird. S. Aufschlag. 3) Figürlich, vermehret werden,
doch nur von der zufälligen Vermehrung des Preises einer Waare. Diese
Waare ist aufgeschlagen. Das Korn ist bis auf sechs Thaler
aufgeschlagen.
Anm. Einige andere Bedeutungen dieses Wortes, besonders
in dessen thätigen Gattung sind im Hochdeutschen nicht mehr üblich; z.
B. für vermehren, wovon noch die mittlere Bedeutung, vermehret werden,
herstammet; S. auch Aufschlag. Ingleichen Aufwand machen, welche
Bedeutung noch das Niedersächsische upslaen hat; wie auch, einen
Prahlenden in seiner Prahlerey bestärken, welche auch noch im
Niedersächsischen üblich ist. Das Hauptwort, die Aufschlagung, kann in
allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden.
Aufschläger (W3) [Adelung]
Der Aufschläger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die
Aufschlägerinn, plur. die -en, eine Person, welche aufschläget, in den
eigentlichen Bedeutungen des Activi. Besonders, 1) bey den
Bräzelbäckern derjenige Gesell, welcher die erwärmten Bräzel aus dem
Kessel ziehet, und auf den Schieber schlägt. 1) In Oberdeutschland,
derjenige, der zur Einnahme des Aufschlages gesetzt wird, ein
Zolleinnehmer.
Aufschlichten (W3) [Adelung]
Aufschlichten, verb. reg. act. in die Höhe schlichten, d. i.
ordentlich auf einander legen. Holz, Steine aufschlichten, wofür man
in Niedersachsen aufmalten und aufstapeln sagt. Daher die
Aufschlichtung.
Aufschlicken (W3) [Adelung]
* Aufschlicken, verb. reg. act. durch Schlick oder Schlamm erhöhen.
So schlicken manche Flüsse das Ufer auf.
Aufschließen (W3) [Adelung]
Aufschließen, verb. irreg. act. ( S. Schließen.) 1. * Auf einander
schließen, doch nur bey den Hutmachern, welche die Fache aufschließen,
wenn sie selbige an den Rändern zusammen filzen, und mit einander
verbinden.2. Mit dem Schlüssel öffnen. 1) Eigentlich. Ein Schloß
Aufschließen. In weiterer Bedeutung, die Thür, ein Zimmer, das Haus,
den Garten aufschließen. 2) Figürlich. (a) Öffnen. Das Erzt schließt
sich auf, in dem Bergbaue, wenn es sich von einander thut, weil es
vitriolisch oder kobaltisch ist. Ein Seid aufschließen, gleichfalls in
der Bergsprache, dasselbe bauen, und dadurch gleichsam öffnen. Die
Blumen schließen sich auf, in der höhern Schreibart. Und jede Blume
schloß den holden Busen auf. Wiel. Bis die Zukunft mir die Augen
aufschließet. Nach und nach schließt die Erde ihren Schoß mehr und
mehr auf, und läßt ihre Gewächse hervor sprießen. Einem seyn Herz auf-
schließen, ihm seine geheimesten Gedanken und Empfindungen entdecken.
Jetzt soll sich die mein ganzes Herz aufschließen, v. Brawe.
Ingleichen einem seine Neigung widmen.Wem schließen aller Herzen so
weit sich auf? Denis. Wie auch zum Mitleiden gegen jemanden beweget
werden. (b) Klar und deutlich machen. Wie viele Schätze schließet der
angehende Frühling unsern Sinnen auf! Einem eine dunkele Stelle einer
Schrift aufschließen. Wenn sich nicht oft von ungefähr das Geheimniß
aufschließt. Dieß muß das ganze unglückliche Geheimniß aufschließen,
v. Brawe. So auch die Aufschließung. S. auch Aufschluß.
Aufschlitzen (W3) [Adelung]
Aufschlitzen, verb. reg. act. vermittelst eines Schlitzes öffnen.
Einem den Bauch, dem Pferde die Nasenlöcher, einem Hunde die Ohren
aufschlitzen. So auch die Aufschlitzung.
Aufschluß (W3) [Adelung]
Der Aufschluß, des -sses, plur. die -schlüsse. 1) Die Handlung des
Aufschließens in der eigentlichen Bedeutung des Verbi, und ohne
Plural. Er kam noch vor Aufschluß des Thores vor die Stadt. 2)
Figürlich, die Erklärung einer dunkeln unbekannten Sache, klare und
aufschauende Erkenntniß. Von dieser Sache wird jenes erst den
Aufschluß geben. Der hier noch unvollkommene Aufschluß der Werke
Gottes. Was eine so gering scheinende Anmerkung für einen Aufschluß in
der Geschichte der Künste geben kann! Less. Der Aufschluß eines
Räthsels, dessen Auflösung. Aufschluß ist in dieser Bedeutung zwar
neu, so wie die damit überein stimmende Bedeutung des Zeitwortes
aufschließen; allein es ist doch der Analogie der Deutschen Sprache
völlig gemäß. Nur der Mißbrauch einiger neuern Mystiker, die über
alles göttliche Aufschlüsse haben wollen, hat es zum Theil verächtlich
gemacht.
Aufschmeißen (W3) [Adelung]
Aufschmeißen, verb. irreg. act. S. Schmeißen. 1) Auf etwas schmeißen,
oder werfen. Holz, Steine aufschmeißen, auf den Wagen. 2) Durch
Schmeißen, d. i. Werfen oder Schlagen, öffnen. Die Thür aufschmeißen.
Das Fenster aufschmeißen. In beyden Bedeutungen ist dieses Wort nur
dem gemeinen Leben eigen; S. Schmeißen. So auch die Aufschmeißung.
Aufschmelzen (W3) [Adelung]
Aufschmelzen, ein Verbum, welches in doppelter Gattung gebraucht
werden kann. 1) Als ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation und dem
Hülfsworte seyn, flüssig werden und sich öffnen. 2) Als ein Activum,
gemeiniglich auch mit irregulärer, aber auch schon häufig mit
regulärer Conjugation. (a) Flüssig machen und öffnen. (b) Durch
Schmelzen auf einen andern Körper befestigen. So auch die
Aufschmelzung in den thätigen Bedeutungen. S. Schmelzen.
Aufschmieden (W3) [Adelung]
Aufschmieden, verb. reg. act. 1) Ein glühendes Eisen durch Schmieden,
d. i. durch Schlagen mit Hämmern, auf einen andern Körper befestigen.
So werden z. B. die Radeschienen aufgeschmiedet. 2) Durch Schmieden
verbrauchen, verschmieden. Alles Eisen aufschmieden.
Aufschmieren (W3) [Adelung]
Aufschmieren, verb. reg. act. 1) Auf einen andern Körper schmieren.
Ein Pflas=ter aufschmieren, auf Leinwand. Butter aufschmieren auf Brot.
2) Verschmieren, durch Schmieren verbrauchen. Alles Pflas=ter, alle
Butter aufschmieren.
Aufschmücken (W3) [Adelung]
Aufschmücken, verb. reg. act. 1) Durch Schmuck ein besseres Ansehen
geben. Eine Braut aufschmücken. Sich Aufschmücken, aufputzen. 2) Von
neuen schmücken. Die Feder eines Hutes aufschmücken. So auch die
Aufschmückung.
Aufschnallen (W3) [Adelung]
Aufschnallen, verb. reg. act. 1) Vermittelt der Schnallen auf etwas
befestigen. Dem Pferde den Mantelsack aufschnallen. 2) Die Schnalle
öffnen, die Schnalle nachlassen und öffnen. Die Schuhe, den Gurt
aufschnallen. So auch die Aufschnallung.
Aufschnappen (W3) [Adelung]
Aufschnappen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.1.
Als ein Activum, schnappend, d. i. mit aufgesperrtem Maule erhaschen.
So schnappt der Hund einen ihm zugeworfenen Bissen. Figürlich, doch
nur in der niedrigen Sprechart, mit dem Gehöre auffangen. Ein Wort
aufschnappen. Wo hast du das wieder aufgeschnappet?2. Als ein Neutrum,
mit dem Hülfsworte seyn, mit dem leichtern Theile schnell in die Höhe
fahren, aufkippen, aufschlagen. Wenn das Bret aufschnappet, wirst du
in das Wasser fallen. S. auch Aufschnellen. Daher die Aufschnappung in
der Bedeutung des Activi.
Aufschneider (W3) [Adelung]
Der Aufschneider, des -s, plur. ut nom. Fing. der aufschneidet;
besonders im gemeinen Leben und figürlich, der mit unwahrscheinlicher
Vergrößerung von einer Sache spricht, im verächtlichen Verstande;
ehedem ein Wundergeb. Daher die Aufschneiderey, plur. die -en,
unwahrscheinliche Vergrößerung im verächtlichen Verstande; Und groß
Aufschneiderey mit Langmuth nur ertragen, Opitz.
Aufschneiteln (W3) [Adelung]
* Aufschneiteln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des vorigen,
und nur bey den Gärtnern üblich ist. Einen jungen Baum aufschneiteln,
ihm alle Äste benehmen.
Aufschnellen (W3) [Adelung]
Aufschnellen, verb. reg welches in gedoppelter Gattung üblich ist. 1.
Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, mit einer Schnell- oder
Federkraft plötzlich in die Höhe fahren. Das Bret, die Satte schnellt
auf. 2. Als ein Activum, mit einer Schnellkraft in die Höhe treiben.
Er sprang auf, als wenn er aufgeschnellt würde, da er mich sah, Weiße.
Daher die Aufschnellung.
Aufschnitt (W3) [Adelung]
Der Aufschnitt, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des
Aufschneidens, in dessen eigentlichen Bedeutungen; doch ohne Plural,
und vielleicht nur in einigen wenigen einzelnen Fällen. In der
Scheidekunst ist es eine Art, die Feinheit des Goldes zu probiren,
indem man es mit Silber und Bley auf der Kapelle abtreibt, und hernach
im Scheidewasser auflöset. 2) Dasjenige, was aufgeschnitten, durch
einen Schnitt geöffnet worden, oder der Ort, wo solches geschehen. Der
Ausschnitt an einem Ärmel. Der Ausschnitt an den Flöten oder Pfeifen,
die große Querplatte an denselben, durch welche der halbe Wind
verstreicht.
Aufschnüren (W3) [Adelung]
Aufschnüren, verb. reg. act. 1) Auseinander schnüren. Die Schnürbrust
aufschnüren, und metonymisch, sich aufschnüren,
die Schnürbrust, die man an sich trägt, öffnen. 2) Mit einer Schnur
auf etwas befestigen. So auch die Aufschnürung.
Aufschobern (W3) [Adelung]
Aufschobern, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, in Schober
setzen. Heu, Stroh aufschobern. Daher die Aufschoberung. S. Schober.
Aufschöpfen (W3) [Adelung]
Aufschöpfen, verb. reg. act. Was verschüttet war, aufschöpfen, mit
dem Löffel von der Erde aufheben.
Aufschossen (W3) [Adelung]
Aufschossen, verb. reg. neutr. mit seyn, Schosse in die Höhe treiben,
wie aufschießen; doch nur von Gewächsen.
Aufschößling (W3) [Adelung]
Der Aufschößling, des -es, plur. die -e, von aufschießen, d. i.
aufwachsen, eine aufgeschossene, schnell aufgewachsene Pflanze.
Figürlich, ein junger schnell aufgewachsener Mensch.
Aufschränken (W3) [Adelung]
Aufschränken, verb. reg. act. kreuzweise über einander legen und
solcher Gestalt aufhäufen. Breter, Steine aufschränken, damit die Luft
durchreichen könne. Daher die Aufschränkung.
Aufschrauben (W3) [Adelung]
Aufschrauben, verb. reg. et Irreg. act. S. Schrauben. 1) Mit der
Schraube auf einen andern Körper befestigen. Einen Flintenstein
aufschrauben. 2) In die Höhe schrauben. Ein Haus aufschrauben, um es
unten auszubessern. 3) Los schrauben, die Schraube öffnen. So auch die
Aufschraubung.
Aufschrecken (W3) [Adelung]
Aufschrecken, verb. reg. act. erschrecken, und dadurch zum Aufziehen
bewegen. Ein Wild aufschrecken, Einen aufschrecken, aus dem Schlafe
schrecken. Niemand wird dich aufschrecken, Hiob 11, 19. Und
aufgeschreckt vom Schlaf schaun Götter aus dem Himmel, Wiel. Daher die
Aufschreckung.
Anm. Aufschrecken als ein Neutrum, da es zugleich
irreguläre conjugirt wird, ( S. Schrecken,) ist nur an einigen wenigen
Orten üblich. Es bedeutet alsdann, erschrocken auffahren.
Aufschreiben (W3) [Adelung]
Aufschreiben, verb. irreg. act. S. Schreiben. 1) Schriftlich
aufsetzen, niederschreiben. Seinen Nahmen aufschreiben. Ausgabe und
Einnahme richtig aufschreiben. Eine Begebenheit aufschreiben. 2)
Schriftlich aussagen, abschreiben. Einen Vertrag, einen Kauf, eine
Bestellung, einen Besuch aufschreiben. S. auch Haltaus h. v. So auch
die Aufschreibung.
Aufschreyen (W3) [Adelung]
Aufschreyen, verb. irreg. ( S. Schreyen,) welches in gedoppelter
Gattung üblich ist. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, ein
Geschrey erheben. Laut aufschreyen. 2) Als ein Activum, mit einem
Geschreye aufwecken. Einen Schlafenden, ein Kind aufschreyen.
Aufschrift (W3) [Adelung]
Die Aufschrift, plur. die -en, eine jede Schrift, welche von außen
auf etwas geschrieben wird. Die Aufschrift eines Briefes, eines
Packetes, oder auf einem Briefe, auf einem Packete. In engerer
Bedeutung, nach Lessings Beschreibung, eine Nachricht auf einem
sinnlichen Gegenstande, welche unsere Neugierde befriedigt; eine
Inscription.
Anm. Man neunet die Aufschriften auch Inschriften, welches
aber eine allzubuchstäbliche Übersetzung des Lat. Inscriptio ist.
Ausschrift ist übrigens ein allgemeiner Ausdruck, welcher die
Grabschriften, Steinschriften, Beyschriften, Unterschriften, und
Überschriften unter sich begreift. In engerer Bedeutung könnte
Aufschrift auch den Bey- Über- und Unterschriften entgegen gesetzet
werden. Ein neuer Lehrer der Münzwissenschaft unterscheidet die
Inschriften auf den Münzen von den Aufschriften. Die ersten sind bey
ihm diejenigen Schriften, welche in dem mittlern Raum der Münzen, oder
in dem so genannten Me-daillen-Felde stehen; die letztern aber
diejenigen, welche über einem Bilde stehen. Allein die erstern werden
richtiger Aufschriften, so wie die letztern billiger Überschriften
genannt.
Aufschroten (W3) [Adelung]
Aufschroten, verb. reg. act. nur daß es im Particip. Pass.
aufgeschroten hat. 1) Bey den Schlössern, mit dem Schrotmeißel spalten
oder aufbauen. 2) Bey verschiedenen Handwerkern, ein vorgebohrtes Loch
mit dem Aufschroter erweitern, welcher Aufschroter ein Löffelbohrer
mit einer Schnecke und vorn mit einem Haken ist. 3) In die Höhe
wälzen, hinauf schroten. Ein Faß Bier, oder Wein aufschroten. So auch
die Aufschrotung. S. Schroten.
Aufschub (W3) [Adelung]
Der Aufschub, des -es, plur. car. 1) Die Handlung des Aufschiebens in
der figürlichen Bedeutung des Verzögerns, der Verzug, Verschub. Die
Sache leidet keinen Aufschub. Jeder Aufschub ist hier gefährlich. Um
Aufschub bitten. 2) Die Zeit, um welche eine Sache aufgeschoben wird.
Ein Aufschub auf morgen, auf drey Tage. Einen Aufschub geben,
nehmen.
Anm. Ehedem war auch das einfache Schub in dieser Bedeutung
üblich, wovon Haltaus nachgesehen werden kann.
Aufschübling (W3) [Adelung]
Der Aufschübling, S. Aufschiebling.
Aufschüren (W3) [Adelung]
Aufschüren, verb. reg. act. Das Feuer aufschüren, den Brand durch
Lockerung des Holzes vermehren. S. Schüren. Bey den Böttchern bedeutet
es, die alten Bierfässer von neuen pichen.
Aufschürfen (W3) [Adelung]
Aufschürfen, S. Aufschärfen.
Aufschürzen (W3) [Adelung]
Aufschürzen, verb. reg. act. in die Höhe schürzen. 1) Eigentlich,
lange Kleider, besonders Weiberkleider in die Höhe gürten, und sie
dadurch kürzer machen; im Oberdeutschen auch aufstricken. Den Rock
aufschürzen, und metonymisch auch, sich aufschürzen. Er wird sich
aufschürzen, und wird sie zu Tische setzen, Luc. 12, 37. Ich steh' und
wart' auf dich mit aufgeschürzten Lenden, Gryph. Lauft emsig wie ein
Wirth, der sich die Mühe kürzt, Und hurtiger zu seyn, sich lustig
aufgeschürzt, Haged. 2) Figürlich. (a) In der Baukunst sagt man von
den Aufschieblingen, daß sie auf die Balken und Sparren so
aufgeschürzet werden, daß sie oben mit den Sparren zusammen laufen,
unten aber über die Balken hervor reichen. (b) Ein Pferd heißt
aufgeschürzt, wenn es eingefallene Seiten hat. Daher die
Aufschürzung.
Anm. In Oberdeutschland bedeutet dieses Verbum überhaupt
in die Höhe binden, verkürzen, abkürzen. Denn man sagt daselbst so
wohl: die Ärmel aufschürzen, die Segel aufschürzen, als auch, eine
Schrift, eine Rede aufschürzen, für abkürzen. In der Charwoche werden
daselbst auch die Glocken aufgeschürzt, d. i. die Stricke an denselben
werden kürzer gebunden. Eine aufgeschürzte, kurze und aufgeworfene,
Nase, ist nur in der gemeinen Sprechart einiger Gegenden üblich. Den
Kessel aufschürzen, ihn in den Kesselhaken über dem Feuer zu hängen,
kommt bey dem Apherdian vor, und in der Clevischen Rechtsordnung und
einer Stelle bey dem Goldast, welche Frisch anführet, bedeutet
aufschürzen auch so viel als aufschieben. Aus diesem allen erhellet,
daß in aufschürzen der Begriff der Verkürzung der herrschende ist. S.
Schurz.
Aufschüsseln (W3) [Adelung]
Aufschüsseln, verb. reg. act. im Scherze, die Schüffeln auf den Tisch
tragen, und daher figürlich, eines Verlangen erfüllen. Man wird ihm
nicht gleich aufschüsseln.
Aufschütteln (W3) [Adelung]
Aufschütteln, verb. reg. act. durch Schütteln ausdehnen, locker
machen. Das Stroh aufschütteln. Ein Bett aufschütteln. S. auch
Aufrüsseln und Aufrütteln.
Aufschütten (W3) [Adelung]
Aufschütten, verb. reg. act. 1) In die Höhe schütten. Erde um einen
Baum aufschütten. 2) Auf etwas schütten. Getreide
aufschütten, in den Mühlen, es durch den Rumpf auf den Stein schütten.
3) Zum künstigen Gebrauche zusammen schütten. Korn, Getreide u. s. f.
aufschütten. So auch die Aufschüttung.
Anm. In den Marschländern
bedeutet aufschütten auch, das herum irrende Vieh pfänden. Allein
alsdann kommt es von Schott, ein beschützter, fester Ort, her, weil
das gepfändete Vieh in einen solchen Ort in Verwahrung gebracht
wird.
Aufschwämmen (W3) [Adelung]
1. Aufschwämmen, von schwemmen, S. Aufschwemmen.
Aufschwämmen (W3) [Adelung]
2. Aufschwämmen, verb. reg. act. von Schwamm, wie einen Schwamm
auszudehnen, auftreiben. Das Brot aufschwämmen, demselben im Backen zu
vieles Wasser beymischen. Ein Pferd aufschwämmen, ihm durch vieles
flüssiges Futter auf eine kurze Zeit ein fettes Ansehen geben. Daher
die Aufschwämmung.
Aufschwänzen (W3) [Adelung]
Aufschwänzen, verb. reg. act. den Schwanz in die Höhe binden. Ein
Pferd aufschwänzen, in Oberdeutschland aufschweifen. In den Küchen
werden die Fische aufgeschwänzet, wenn man sie bey dem Anrichten so
zusammen krümmet, daß sie das Maul mit dem Schwanze berühren. Daher
die Aufschwänzung.
Aufschwärzen (W3) [Adelung]
Aufschwärzen, verb. reg. act. von neuen schwärzen. Daher die
Aufschwärzung.
Aufschwatzen (W3) [Adelung]
Aufschwatzen, verb. reg. act. durch Schwatzen zur Annehmung einer
Sache bewegen. Einem etwas aufschwatzen. Wem habe ich meine Gedanken
jemahls aufschwatzen wollen? Daher die Aufschwatzung.
Aufschwefeln (W3) [Adelung]
Aufschwefeln, verb. reg. act. von neuen schwefeln. Aufgeschwefelte
Bänder.
Aufschweifen (W3) [Adelung]
Aufschweifen, S. Aufschwänzen.
Aufschweißen (W3) [Adelung]
Aufschweißen, verb. reg. act. bey den Schmieden, ein Stück Eisen
vermittelst der Schweißhitze auf das andere schmieden. Daher die
Aufschweißung.
Aufschwelgen (W3) [Adelung]
Aufschwelgen, verb. reg. act. durch Schwelgen verzehren. Sein ganzes
Vermögen aufschwelgen.
Aufschwellen (W3) [Adelung]
Aufschwellen, ein Verbum, welches in doppelter Gattung üblich ist.I.
Als ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation und dem Hülfsworte seyn,
durch eine flüssige Materie von innen ausgedehnet werden. 1)
Eigentlich. Der Leib ist ihm aufgeschwollen. 2) In weiterer Bedeutung,
dem körperlichen Umfange nach vergrößert werden, besonders von dem
Wasser. Der Fluß schwillt auf. Das aufgeschwollene Meer. 3) Figürlich.
(a) Der Zahl nach vergrößert werden. Die Zinsen sind schon sehr
aufgeschwollen. (b) Sein Herz schwillt auf, erweitert sich von hohen
Empfindungen, z. B. Stolz.II. Als ein Activum, mit regelmäßiger
Conjugation, aufschwellen machen. 1) Eigentlich. Scharfe
Feuchtigkeiten schwellen den Leib auf. 2) In weiterer Bedeutung, durch
Hemmung des Abflusses höher werden lassen, von flüssigen Körpern.
Einen Fluß, einen Teich aufschwellen. 3) Figürlich, erweitern. O wie
schwellt der stolze Gedanke mein Herz auf! von Brawe. Oft auch durch
unnützen Überfluß erweitern. Eine Schrift durch Kleinigkeiten
aufschwellen. Daher die Aufschwellung, in beyden Gattungen.
Aufschwemmen (W3) [Adelung]
Aufschwemmen, verb. reg.. act. herauf schwimmen machen. Das Floßholz
aufschwemmen, es an das Land ziehen. Daher der Aufschwemmer, der
dieses verrichtet; die Aufschwemme, der Ort, wo selbiges geschiehet;
und die Aufschwemmung, das Aufschwemmen. S. Schwemmen.
Aufschwingen (W3) [Adelung]
Aufschwingen, verb. irreg. recipr. S. Schwingen, sich vermittelst der
Schwingen in die Höhe heben. Eigentlich von den Vögeln. Der Vogel
schwingt sich auf. Noch mehr aber figürlich, in der höhern
Schreibart, das Gemüth auf erhabene Gegenstände richten. O träufle
Trost auf ihn herab, du, zu dem sich mein Geist voll Ungeduld
aufschwingt! von Brawe. So auch die Aufschwingung.
Anm. Das Hauptwort
der Aufschwung, ist wenig gebräuchlich, obgleich Schlegel dasselbe
einige Mahl gebraucht hat. - Den Sinn, der von der ErdeIm Aufschwung
war; ingleichen, Hilf dem im Aufschwung schon begriffnen Geiste.
Aufschwitzen (W3) [Adelung]
* Aufschwitzen, verb. reg. act. welches nur in den Küchen einiger
Gegenden üblich ist. Einen Braten aufschwitzen, ihn nochmahls braten,
ihn aufwärmen.
Aufschwören (W3) [Adelung]
Aufschwören, verb. irreg. act. S. Schwören. 1) * Von neuen schwören.
Ein Gut aufschwören, die Zusage der Treue dem Lehnsherren desselben
eidlich erneuern; in welcher Bedeutung dieser Ausdruck, dem Frisch zu
Folge, noch bey den kurmedigen Gütern üblich ist. 2) Die Ahnen eines
andern aufschwören, ein Stiftsfräulein, einen Ritter aufschwören,
schwören, daß sie die verlangte Zahl von Ahnen wirklich haben.
Diejenigen, welche dieses beschwören, werden daher Aufschwörer, oder
Schwörherren, die Handlung selbst aber die Aufschwörung genannt.
Aufsehen (W3) [Adelung]
Aufsehen, verb. irreg. neutr. ( S. Sehen,) welches das Hülfswort
haben erfordert. 1. In die Höhe sehen. 1) Eigentlich. Sie rang die
schwache Hand und sah gen Himmel auf, Weiße. In dieser Bedeutung ist
im Oberdeutschen aufschauen, in Oberschwaben und der Schweiz auflugen,
und in der vertraulichen Obersächsischen Sprache aufgucken
(Niedersächsisch upkiken,) gebräuchlicher. 2) Figürlich, aus
Neugierde, Verwunderung u. s. f. in die Höhe sehen; in welcher
Bedeutung aber nur der Infinitiv, das Aufsehen, als ein Substantiv,
mit dem Verbo machen üblich ist. Ein Buch, welches viel Aufsehen
macht, auf welches jedermann aufmerksam, begierig ist. Er macht viel
Aufsehen in der Welt, er macht, daß jedermann auf ihn siehet.2. Auf
etwas sehen. 1) * Eigentlich, welche Bedeutung aber veraltet ist.Und
seht nur auf wie ich ihm thu, Theuerd. Kap. 71. Lasset uns aufsehen
auf Jesum, Hebr. 12, 2. Röm. 16, 17. 2) * Figürlich, mit
Aufmerksamkeit, Vorsorge, u. s. f. auf etwas sehen. Das er geruch
genedikleich aufzusehen, dafür zu sorgen, in einer Österreichischen
Urkunde von 1440. Ingleichen das Aussehen, für Sorgfalt, Vorsorge. Eyn
Aufsehens zu haben und zu erfahren den guten Leumut, in Kaiser Carl
des Fünften Halsgerichtsordnung Art. 31. Ich will mich bewarenUnd deß
pas han ein aufsehen Das mir darvon nichts mög geschehen, Theuerdank
Kap. 93. Dein Aussehen bewahret meinen Odem, Hiob 10, 12. Beyde Fälle
dieser zweyten Bedeutung sind nur in der biblischen Schreibart üblich,
obgleich die Substantiva, das Aufsehen, (dieses seltener,) der
Aufseher, und die Aufsicht, auch außer derselben gänge und gebe
sind.
Anm. Das Substantiv die Aufsehung ist nicht gebräuchlich. In der
ersten Bedeutung ist dafür das Aufsehen, in der zweyten aber die
Aufsicht üblich.
Aufseher (W3) [Adelung]
Der Aufseher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. Die Aufseherinn,
plur. die -en, eine Person, welche auf etwas Acht hat, auf etwas Acht
zu haben bestellt ist. Ein Aufseher über die Arbeiter. Jemanden zum
Aufseher setzen, bestellen.
Aufseigen (W3) [Adelung]
* Aufseigen, verb. irreg. neutr. S. Seigen, mit dem Hülfsworte seyn,
aufhören Milch zu geben, in der Landwirthschaft. Die Kuh, das Schaf
ist aufgestegen.
Aufseihen (W3) [Adelung]
Aufseihen, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche seihen. Die
gemolchene Milch aufseihen, sie in die Gefäße seihen, worin sie
verwahret werden soll.
Aufsenkeln (W3) [Adelung]
Aufsenkeln, verb. reg. act. 1) In den Bergwerken, mit Senkeln auf
etwas befestigen. Die Rippen am Treibehute aufsenkeln. S. Senkel. 2)
Im Schiffbaue, die eisernen Schiffsenkel aus den zusammen gefügten
Theilen heraus nehmen; im Gegensatze des Versenkelns. Daher die
Aufsenkelung.
Aufsetzen (W3) [Adelung]
Aufsetzen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als
ein Activum. 1. In die Höhe setzen. 1) Eigentlich. Regel aufsetzen.
Einen Holzhaufen aufsetzen. Waaren aufsetzen. Daher in den
Niedersächsischen Seestädten aufsetzen auch für ausschiffen gebraucht
wird, und Aufsetzer eben daselbst diejenigen Leute bedeutet, welche
dazu gebraucht werden. 2) In weiterer Bedeutung. (a) Bey den
Böttchern, kleine Gefäße zusammen setzen, welches bey den größern
aufschlagen genannt wird. Bey den Bäckern bedeutet aufsetzen, das Holz
in den Ofen auf einander schränken. (b) In die Höhe stellen, besonders
bey den ehemaligen Wett- und Ritterspielen, wofür dem Sieger ein
gewisser Preis aufgesetzet wurde. Daher in figürlicher Bedeutung, Geld
im Spiele aufsetzen, um welches gespielet wird. Gut und Blut für einen
aufsetzen, wagen. Sey nicht so sehr dein eigener Feind, für die
Besserung anderer deine eigene Ruhe aufzusetzen, Dusch. (c) Den Bart
aufsetzen, eine ehemahlige Verrichtung der Barbierer, da der
Knebelbart mit Pomade und einem heißen Eisen in die Höhe gestrichen
wurde. Die Haare aufsetzen, sie über dem Wirbel zusammen stecken; ein
veralteter Kopfputz des Frauenzimmers. Ingleichen metonymisch, ein
Frauenzimmer aufsetzen, ihren Kopfputz in Ordnung bringen. Hangende
Ohren der Pferde pflegt man gleichfalls aufzusetzen, d. i. in die Höhe
zu richten. 3) Figürlich. * Sich wider einen aufsetzen, auflehnen;
ingleichen einen aufsetzen, sich widerspänstig wider ihn beweisen.
Beyde Redensarten sind im Hochdeutschen veraltet; indessen sagt man noch im gemeinen Leben, seinen Kopf aufsetzen, eigensinnig, hartnäckig
seyn, und in einigen Niedersächsischen Gegenden bedeutet Aufsetzer
einen Aufrührer. S. Aufsatz und Aufsätzig.2. Einen Körper auf den
andern setzen; doch nur absolute, und mit Auslassung der Sache, auf
welche die andere gesetzet wird. 1) Eigentlich. Den Hut aufsetzen; auf
den Kopf. Eine Haube aufsetzen, ingleichen metonymisch, sich
aufsetzen, bey dem andern Geschlechte, eine Haube, Kopfzeug u. s. f.
aufsetzen. Die Speisen aufsetzen, auf den Tisch. Sich aufsetzen, auf
den Wagen, oder auf das Pferd. Den Anker aufsetzen, in der
Schifffahrt, ihn auf den Krahnbalken bringen. Einen s. darf gemachten
Mühlstein aufsetzen, ihn an seinen Ort bringen. Bey den Zeugschmieden
bedeutet aufsetzen, an der Säge ausfeilen. Einem Hörner aufsetzen,
dessen Gattinn zur Untreue verleiten, S. Horn. 2) In weiterer
Bedeutung. (a) Eine Sache auf die andere befestigen, besonders durch
Nähen; daher aufsetzen für aufnähen. (b) Einen Bauer oder Meier
aufsetzen, in einigen Gegenden, ihn auf das Gut setzen, im Gegensatze
des Absetzens. 3) Figürlich. (a) Aufschreiben, schriftlich verfassen.
Die Kosten aufsetzen. Eine Rechnung aufsetzen. Seine Gedanken
aufsetzen. Besonders, einen schriftlichen Entwurf von etwas machen.
Einen Brief, einen Vertrag, eine Schrift aufsetzen. (b) Betriegen,
hintergehen, im gemeinen Leben. Ein Mädchen aufsetzen. Er hat schon
viele Leute aufgesetzt. Laßt euch His-kia nicht aufsetzen, 2. Kön. 18,
29. Laß dich deinen Gott nicht aufsetzen, Kap. 19, 10. Ich nehme Ceres
aus, weil sie dich sehr verletzt, Vor diesem, wie man sagt, und heftig
aufgesetzt. Opitz. Woher diese figürliche Bedeutung ihren Ursprung
habe, ist noch unbekannt.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort
haben erfordert. 1) In den Bergwerken, die Ruhestunde zu Mittage von
elf Uhr bis zwölfe halten, welche Stunde daher auch die Aufsetzstunde,
ingleichen die Liegestunde heißt. Vielleicht bedeutet aufsetzen in
diesem Gebrauche so viel als aufsitzen. 2) Der Hirsch setzt auf, hat
aufgesetzt, bey den Jägern, er bekommt neues Gehörn. 3) Das Pferd
setzt auf, setzt die Vorderzähne auf die Krippe und schluckt die Luft
mit einer gewissen Heftigkeit nieder; eine Unart, welche auch koppen
genannt wird. S. Krippenbeißer.
Anm. Das Substantiv die Aufsetzung kann
in allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden.
Aufsetzer (W3) [Adelung]
Der Aufsetzer, des -s, plur. ut nom. Sing. Derjenige, welcher gewisse
Sachen in die Höhe zu setzen bestellt ist; z. B. der die Kegel in dem
Kegelspiele aufsetzet; in den Bergwerken derjenige, der das Holz auf
einander setzet, und welcher auch der Holzeinschläger genannt wird.
Aufseufzen (W3) [Adelung]
Aufseufzen, verb. reg. neutr. mit haben, in einem starken Seufzer
ausbrechen.
Aufseyn (W3) [Adelung]
Aufseyn, verb. irreg. neutr. ( S. Seyn,) welches sehr elliptisch und
in seinen meisten Bedeutungen nur im gemeinen Leben üblich ist. Es
bedeutet aber, 1. * Aufgerichtet seyn, im Gegensatze des Liegens; und
zwar, 1) sich aufmachen, aufbrechen. Laßt uns auf seyn und gen Bethel
ziehen, 1. Mos. 35, 3. So waren die Lager alle auf, 4. Mos. 10, 25.
Dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen völlig veraltet. 2) Außer dem
Bette seyn. Er ist gestern Nachts lange aufgewesen. Ich war gestern
spät auf. Ingleichen von dem Bette aufstehen. Des Morgens frühe
aufseyn. 3) Sich der Gesundheit nach befinden. Wohl, übel aufseyn. Ist
er noch wohl auf? Opitz gebraucht dieses Wort auch ein Mahl in der
sonst ungewöhnlichen weitern Bedeutung von dem bürgerlichen
Wohlstande. Rom war nie besser auf, als wie die hohen Sinnen Ein
niedrigs Dach bewohnt. 2. Offen stehen. Die Thür ist auf. Die Fenster
waren alle auf. 3. Aufgezehret seyn. Bis daß alle Brot in der Stadt
auf war, Jerem. 37, 21.
Anm. Unter diesen Bedeutungen ist die des
Befindens, der Gesundheit nach, noch am meisten üblich. Die übrigen
sind theils veraltet, theils niedrig.
Aufsicht (W3) [Adelung]
Die Aufsicht, plur. car. Das Aufsehen in dem figürlichen Gebrauche
der zweyten Bedeutung, die Sorge für oder über etwas. Er hat die
Aufsicht über die Straßen, über die Magazine u. s. f. Besonders die
Bestimmung des Verhaltens anderer. Der junge Mensch ist seiner
Aufsicht anvertrauet. Unter eines Aufsicht stehen.
Aufsieden (W3) [Adelung]
Aufsieden, verb. irreg. ( S. Sieden,) welches in zwiefacher Gattung
üblich ist.1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, in die Höhe
sieden, sich siedend erheben. Gelinde aufsieden. Das Wasser hat schon
aufgesotten.2. Als ein Activum. 1) Von neuen sieden, aufkochen. Milch
aufsieden. 2) Durch Sieden ein gutes Ansehen geben. So sieden die
Goldschmiede das Silber mit Borax auf.
Aufsingen (W3) [Adelung]
Aufsingen, verb. irreg. act. S. Singen. 1) + Durch Singen aufwecken,
im gemeinen Leben. 2) Jemanden aufsingen, im
Scherze, ihn aufsuchen und mitbringen; ingleichen ihn zur Theilnehmung
an einer Sache bewegen.
Aufsitz (W3) [Adelung]
Der Aufsitz, des -es, plur. inusit. das Aufsitzen auf das Pferd;
besonders in der Bedeutung einer allgemeinen Rüstung und Bewaffnung
der Vasallen wider den Feind; welche Art der Rüstung aber bey der
gegenwärtigen Verfassung des Kriegeswesens in Deutschland
ungebräuchlich geworden ist. Ein allgemeiner Aufsitz: Einen Aufsitz
anbefehlen.
Aufsitzen (W3) [Adelung]
Aufsitzen, verb. irreg. neutr. ( S. Sitzen,) welches mit beyden
Hülfswörtern gebraucht wird.I. Mit dem Hülfsworte haben, auf etwas
sitzen, d. i. befestiget seyn. Das Bergleder sitzt zwischen den
Klüften der erzhaltigen Steine auf, in der Sprache der Bergleute. Der
Ring hat hier aufgesessen.II. Mit dem Hülfsworte seyn.1. Aufgerichtet
sitzen, im Gegensatze des Liegens. 1) Eigentlich. Im Bette aufsitzen.
2) In weiterer Bedeutung, außer dem Bette sitzen, spät aufbleiben. Die
ganze Nacht aufsitzen. Wir sind heute lange aufgesessen.2. Sich auf
etwas setzen, absolute, und ohne Beyfügung des Ortes. Die Hühner
wollen aufsitzen, sich auf ihre Stange setzen, welche daher in der
Landwirthschaft auch die Aufsitzstange genannt wird. Besonders, sich
zu Pferde setzen. Sie alle sitzen auf, Zachar. Sie sind schon
aufgesessen. Das Pferd läßt nicht gerne aufsitzen. Daher das
Aufsitzgeld, ein Geschenk, welches der Bereiter bey dem ersten
Aufsitzen von seinem Schüler erhält. In noch engerer Bedeutung wurde
dieses Wort bey der ehemaligen Verfassung des Lehens- und
Kriegeswesens von den Vasallen gebraucht, wenn sie auf Verlangen des
Oberherrn in ihrer Rüstung zu Pferde wider einen allgemeinen Feind
erschienen. Der ganze Adel muß aufsitzen. Es wird daher in den
mittlern Zeiten ein Reiter zuweilen auch ein Aufsitzer genannt. Einem
aufgesessen seyn, figürlich und nur allein im Participio, widerwärtig
gegen ihn gesinnet seyn. Er ist nur mir so aufgesessen.
Anm. In
Oberdeutschland hat dieses Zeitwort auch noch die Bedeutung des
Aufstehens von dem Sitze.
Aufsöllern (W3) [Adelung]
* Aufsöllern, verb. reg. act. welches aber wenig mehr gehöret wird,
und nur noch zuweilen in Niedersachsen vorkommt, auf den Söller legen
oder stellen, ingleichen auf erhabene Reihen stellen; in
Oberdeutschland aufschlichten. Waaren aufsöllern. S. Söller.
Aufspähen (W3) [Adelung]
Aufspähen, verb. reg. act. durch mühsamen Fleiß entdecken oder
ausfündig machen. Fehler aufspähen. S. Spähen.
Aufspalten (W3) [Adelung]
Aufspalten, verb. reg. nur daß es im Particip. Passivi aufgespalten
hat. 1) Activum, durch Spalten öffnen. Ein Stück Holz aufspalten.
Daher die Aufspaltung. 2) Neutrum, mit seyn, aufgespalten werden. Das
Bret ist aufgespalten, hat sich gespalten.
Aufspannen (W3) [Adelung]
Aufspannen, verb. reg. act. 1) Eine Sache spannend auf die andere
befestigen. Ein Seil aufspannen. Saiten aufspannen, auf ein
musikalisches Instrument. Er wird bald gelindere Saiten aufspannen,
figürlich, er wird bald nachgeben, seinen Trotz, hohe Forderungen u.
s. f. fahren lassen. Das Tuch in dem Rahmen aufspannen. 2) In die Höhe
aufspannen. Die Segel aufspannen. Wohlan mein Lied, spann' alle deine
Segel Bis an den Wimpel auf, Raml. Ingleichen figürlich. Einen Fluß,
einen Teich aufspannen, stämmen, dessen Wasser durch Hemmung des
Abflusses aufschwellen. 3) Aus einander spannen, spannend öffnen. Den
Hahnan einem Schießgewehre aufspannen. So auch die Aufspannung.
Aufsparen (W3) [Adelung]
Aufsparen, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche versparen. Geld,
Getreide aufsparen. Hier lebte sie genau, um Vorrath aufzusparen,
Haged. In weiterer Bedeutung auch für aufbehalten. Und deiner Ankunft
ward seyn Urtheil aufgespart, Weiße. Noch haben sie uns Männer
aufgespart, In deren Brust die Freyheitsliebe wallt, ebend. So auch
die Aufsparung.
Aufspeisen (W3) [Adelung]
Aufspeisen, verb. reg. act. welches ein anständigerer Ausdruck für
aufessen ist. Der ganze Vorrath ist bereits aufgespeiset worden. Daher
die Aufspeisung.
Aufsperren (W3) [Adelung]
Aufsperren, verb. reg. act. 1) Weit öffnen. Die Thür, das Fenster
aufsperren. Den Rachen aufsperren. Die Augen aufsperren, ingleichen
Maul und Nase aufsperren, sind niedrige Ausdrücke, welche nur aus
Verachtung von einer mit Dummheit begleiteten Bewunderung gebraucht
werden. Matros' und Bauer sperrt den Mund verwundernd auf, Zachar.
Einem das Maul aufsperren, ihm vergebliche Hoffnung machen, gehöret
gleichfalls in die niedrige, wenigstens harte Sprechart. 2) Was
verschlossen ist, mit dem Sperrzeug öffnen. Ein Schloß, eine Thür, ein
Zimmer aufsperren, das Schloß mit einem stählernen Haken öffnen, bey
den Schlössern. In Oberdeutschland wird aufsperren überhaupt für
aufschließen gebraucht. Eben daselbst bedeutet es aber auch so viel
als aufschütten und verschließen; z. B. Getreide aufsperren. So auch
die Aufsperrung.
Aufspielen (W3) [Adelung]
Aufspielen, verb. reg. act. 1) Durch Spielen auf musikalischen
Instrumenten belustigen; ingleichen zum Tanze spielen. Einem
aufspielen. Opitz gebraucht dieses Wort auch in der erhabenen Dichtung
für spielen. Komm jauchze Gott, du Volk der Erden,Spiel ihm mit süßen
Saiten auf. Ps. 66. Singt Gott und stimmt die Saiten an, Spielt
herrlich auf! ebend. Ps. 68. 2) Im Puffspiele spielet man sich auf,
wenn die sämmtlichen Steine in einem Felde auf einen Haufen zu stehen
kommen, wodurch zugleich das Spiel gewonnen wird.
Aufspießen (W3) [Adelung]
Aufspießen, verb. reg. act. mit dem Spieße durchstoßen und in die
Höhe heben; ingleichen auf die Spitze eines andern Körpers, als auf
einen Spieß stecken: Einen Frosch aufspießen. Daher die Aufspießung.
Aufspindeln (W3) [Adelung]
Aufspindeln, verb. reg. act. auf die Spindel bringen. Das Garn
aufspindeln.
Aufspinnen (W3) [Adelung]
Aufspinnen, verb. reg. act. S. Spinnen. 1) Was zu spinnen da war,
verspinnen. Allen Flachs aufspinnen. 2) Wund spinnen. Sich die Finger
aufspinnen.
Aufsprechen (W3) [Adelung]
Aufsprechen, verb. irreg. act. S. Sprechen; ein Kunstwort aus der
Sprache des Aberglaubens, durch Aussprechung abergläubiger Worte
öffnen. Ein Schloß aufsprechen. Daher die Aufsprechung.
Aufspreitzen (W3) [Adelung]
Aufspreitzen, verb. reg. act. welches aber am häufigsten in
Oberdeutschland üblich ist, mit Spreitzen öffnen, vermittelst eines
Querholzes aus einander dehnen. Ein ausgeschlachtetes Kalb
aufspreitzen. Ingleichen überhaupt für aufsperren in der ersten
Bedeutung. Die Thür aufspreitzen. So auch die Aufspreitzung.
Aufsprengen (W3) [Adelung]
Aufsprengen, verb. reg. act. aufspringen machen. 1) Was verschlossen
ist mit Gewalt öffnen. Ein Schloß, eine Thür, ein Zimmer aufsprengen.
2) Zum Aufstehen und Fliehen bewegen. Einen Hirsch, ein Wildbret,
einen Vogel aufsprengen,
bey den Jägern. Einen Gesellen aufsprengen, figürlich, bey den
Handwerkern, ihn zum Mitwandern verleiten. So auch die Aufsprengung.
Aufsprießen (W3) [Adelung]
Aufsprießen, verb. irreg. neutr. ( S. Sprießen,) welches das
Hülfswort seyn erfordert, und eigentlich von den Pflanzen gebraucht
wird, da es denn so viel bedeutet, als aus der Erde hervor kommen. Wo
pfleget unter deinen Füßen Das junge Veilchen aufzusprießen? Dieses
Verbum stammet eigentlich aus der Oberdeutschen Mundart her, und ist
im Hochdeutschen nur in der höhern und dichterischen Schreibart
üblich. Figürlich wird es auch von einer jeden allmählichen Art des
Entstehens gebraucht, welche mit dem Hervorkommen der Pflanzen
verglichen werden kann. S. auch Aufsprossen.
Aufspringen (W3) [Adelung]
Aufspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) welches das
Hülfswort seyn erfordert. 1) In die Höhe springen, ingleichen schnell
aufstehen. Von der Erde, aus dem Bette aufspringen. Jetzt springt er
noch einmahl von seinem Lager auf, Rost. 2) Sich plötzlich öffnen. Das
Schloß ist aufgesprungen. Ingleichen Risse, Spalten bekommen. Die Haut
springt vor Kälte auf.
Aufsprossen (W3) [Adelung]
Aufsprossen, verb. reg. neutr. nur daß es im Particip. Passivi
aufgesprossen hat. Es nimmt das Hülfswort seyn zu sich, und hat mit
aufsprießen einerley Bedeutung, nur daß es zunächst aus der
Niedersächsischen Mundart herstammet. S. Sprossen. Im Hochdeutschen
ist es gleichfalls nur in der höhern und dichterischen Schreibart
üblich.
Aufsprößling (W3) [Adelung]
Der Aufsprößling, des -es, plur. die -e, eine junge aufgesprossene
Pflanze. S. Aufschößling.
Aufsprudeln (W3) [Adelung]
Aufsprudeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich
sprudelnd erheben, sprudelnd hervor kommen, von flüssigen Körpern. Ihr
gleicht dem siedenden Wasser, das von zu vieler Hitze aufsprudelt.
Zornig stampfte der Flußgott wider die Erde, und wo er stampfte, da
sprudelte eine Quelle an seinem Fuße auf, Geßn.
Aufspülen (W3) [Adelung]
Aufspülen, verb. reg. act. in der Hauswirthschaft, das unreine
Küchengeschirr reinigen, aufwachen. Daher die Aufspülung.
Aufspulen (W3) [Adelung]
Aufspulen, verb. reg. act. 1) Auf die Spule bringen, bey den Webern.
Garn, Wolle aufspulen. 2) Alles was zu spulen war, spulen. Alles Garn
aufspulen. Daher die Aufspulung.
Aufspünden (W3) [Adelung]
Aufspünden, verb. reg act. das Spundloch öffnen, den Spund eines
Fasses wegthun. Ein Faß aufspünden. Daher die Aufspündung.
Aufspüren (W3) [Adelung]
Aufspüren, verb. reg. act. durch Spüren oder fleißiges Suchen
ausfindig machen. Ein Wild aufspüren. Fehler aufspüren.
Aufstaffiren (W3) [Adelung]
Aufstaffiren, verb. reg. act. Einen Hut aufstaffiren, bey den
Hutmachern, ihn zum Tragen völlig fertig machen, d. i. das Futter
hinein setzen, ihn aufkrämpen, u. s. f.
Aufstallen (W3) [Adelung]
Aufstallen, verb. reg. act. zur Mast auf den Stall bringen. So werden
in der Landwirthschaft Ochsen und Schweine aufgestallet.
Aufstämmen (W3) [Adelung]
Aufstämmen, verb. reg. act. Den Arm aufstämmen, fest auf den Tisch
stützen. Die Ursach' ist leicht zu erdenken, Sprach ich mit
aufgestämmtem Arm, Less. Daher die Aufstämmung.
Aufstampfen (W3) [Adelung]
Aufstampfen, verb. reg. 1. Neutrum, mit haben, schnell und heftig auf
die Erde treten. Mit dem Fuße aufstampfen. 2. Activum. 1) Stampfend
auf etwas befestigen. Den Kopf einer Nadel aufstampfen, vermittelst
der Wippe auf dem Schafte befestigen, bey den Nadlern, wo dieses Wort
auch wohl aufstäm-pfen lautet. 2) Allen Vorrath stampfen, alles was
gestampft werden sollte, stampfen.
Aufstand (W3) [Adelung]
Der Aufstand, des -es, plur. inusit. die Handlung des Aufstehens, in
der dritten Bedeutung des Verbi. 1. In der eigentlich und weitern
Bedeutung derselben, doch nur, wenn mehrere zugleich von den Stühlen
aufstehen. Einen Aufstand in der Gesellschaft machen, machen, daß die
Gesellschaft aufsteht. In der Landwirthschaft wird auch das ein
Aufstand genannt, wenn die Fische im Winter aus Mangel der Luft, oder
wegen verderbten Wassers aus ihrem Winterlager in die Höhe kommen. S.
auch Abstehen. 2. Figürlich. 1) Bey denjenigen Handwerkern, die ihre
Arbeit sitzend verrichten, die Abreise eines Gesellen von seinem
Meister. 2) Die plötzliche Versammlung mehrerer wider die Obrigkeit;
da denn der Aufstand oft der Anfang des Aufruhrs ist. Einen Aufstand
erregen, anfangen. 3) In den Bergwerken, ein Bericht von der
Beschaffenheit eines Bergwerkes; eine Bedeutung, in welcher auch der
Plural, die Aufstände, vorkommt, deren Ursprung aber noch zu
untersuchen ist.
Aufstapeln (W3) [Adelung]
Aufstapeln, verb. reg. act. so meisten Theils nur in Niedersachsen
üblich ist, in Stapel oder Haufen aufsetzen. Holz, Waaren aufstapeln.
Einige Ober- und Hochdeutsche haben dieses Zeitwort in aufstaffeln
verwandelt; sonst ist dafür bey den erstern aufschichten gebräuchlich.
Aufstäuben (W3) [Adelung]
Aufstäuben, verb. reg. welches in gedoppelter Gattung üblich ist; 1.
Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, in Gestalt eines Staubes in
die Höhe steigen. 2. Als ein Activum, in Gestalt eines Staubes in die
Höhe treiben. In beyden Gattungen wird es wenig gebraucht. S. auch
Aufstieben.
Aufstäubern (W3) [Adelung]
Aufstäubern, verb. reg. act. welches das Intensivum des vorigen ist,
aber nur in der figürlichen Bedeutung für aufjagen, auftreiben,
besonders von dem wilden Geflügel gebraucht wird. So hat man in dem
Jagdwesen kleine Jagdhunde, welche Stäuber oder Stöber genannt werden,
weil sie das wilde Geflügel aufstäubern, oder, wie man in den gemeinen
Mundarten sagt, aufstöbern.
Aufstauchen (W3) [Adelung]
Aufstauchen, verb. reg. act. 1) Bey den Schmieden, ein Stück Eisen
der Länge entgegen schmieden, es also kürzer und zugleich dicker
machen. 2) Den Flachs aufstauchen, ihn, wenn er geröstet worden, zum
Trocknen in die Höhe stellen. 3) Von dem Wasser, es zurück treiben und
anschwellen machen, welches die Niedersachsen aufstauen, die
Hochdeutschen aber auch stämmen und aufspannen nennen. So stauchet der
Wind oft das Seewasser bey den Mündungen der Flüsse auf, daß es in die
Ströme tritt. S. Stauchen. Daher die Aufstauchung.
Aufstechen (W3) [Adelung]
Aufstechen, verb. irreg. act. S. Stechen. 1) Mit Stichen öffnen. Eine
Auster aufstechen. Eine Blase, ein Geschwür aufstechen. Einem den
Schwären aufstechen, figürlich und im gemeinen Leben, ihm seinen
Fehler, seine schwache Seite u. s. f. zeigen, ihm eine unangenehme
Wahrheit sagen. In den Blaufarbenwerken bedeutet aufstechen so viel,
als das Glas zum ersten Mahle in dem Hafen rühren; vermuthlich, weil
solches vermittelst eines Stiches geschiehet. 2) Eine vorhandene
Öffnung mit Stichen erweitern. So stechen die Kupferstecher die von
dem Scheidewasser gebeitzten Striche auf, wenn sie selbige mit dem
Grabstichel erweitern. Ingleichen von neuen stechen, wie die
Kupferstecher eine abgenutzte Kupferplatte aufzustechen pflegen.
Spitzen aufstechen, sie, wenn sie gewaschen worden, nach dem
Zäckchenmuster wieder durchstechen und plätten. 3) Mit Stichen auf
etwas befestigen, bey einigen Handwerkern. So stechen die Schuster die
Lasche und Absätze auf, nachdem erst mit einem Stechorte vorgestochen
worden. 4) Mit Stichen auf eine Fläche bezeichnen. So pflegen die
Tuchmacher, wenn sie ihre Tücher in die Walkmühle schicken, vorher ihr
Zeichen oder ihren Nahmen
aufzustechen, d. i. mit farbigen Garne einzunähen. 5) Vermittelst der
Schaufel auf einen höhern Ort bringen; besonders in den Bergwerken, wo
die durchgepochten Erzschlämme aufgestochen, d. i. mit der Schaufel
auf das Gefälle des bloßen Herdes getragen werden. 6) Einen Hasen
aufstechen, bey den Jägern so viel als auftreiben. So auch die
Aufstechung. In einigen Oberdeutschen Gegenden bedeutet dieses Wort
auch ausforschen, aufspüren, z. B. einen Pfuscher aufstechen; daher
auch ein Spion daselbst ein Aufstecher genannt wird.
Aufstecken (W3) [Adelung]
Aufstecken, verb. reg. act. 1) Mit Nadeln in die Höhe stecken; in
Oberdeutschland aufhäfteln, aufspäneln. Ein Frauenzimmerkleid
aufstecken, welches an einigen Orten vermittelst großer Aufstecknadeln
geschiehet. Ja es werden solche lange Kleider auch wohl selbst
Aufsteckkleider genannt. Bey den Buchbindern sind die Aufstecknadeln
lange Nadeln, welche durch den Bund gesteckt werden, wenn das Buch
beschnitten werden soll. 2) Auf etwas, besonders auf einen höhern Ort
stecken. Ein Licht aufstecken, auf den Leuchter. Eine Flagge
aufstecken, sie oben an dem Mastbaum befestigen. Das Bajonett
aufstecken, auf das Gewehr. Den Pferden Heu aufstecken, auf die Raufe.
So auch die Aufsteckung.
Aufstehen (W3) [Adelung]
Aufstehen, verb. irreg. neutr. ( S. Stehen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert. 1) Offen stehen. Die Thür steht auf, ist lange
aufgestanden, in welcher Bedeutung doch bey den meisten Hochdeutschen
das Hülfswort haben gebräuchlicher ist; die Thür hat lange
aufgestanden.2) Auf etwas stehen, so daß die Bewegung dadurch
gehindert wird, im gemeinen Leben. Der Pfahl, der eingeschlagen werden
soll, stehet in der Erde auf, auf einem Steine. In dem Wasser
aufstehen, mit den Füßen auf dem Grunde stehen. Wenn die Zähne nach
genossenen sauren Speisen stumpf geworden sind, sagt man an einigen
Orten gleichfalls, die Zähne stehen auf, wofür man in Oberdeutschland
sagt, sie werden lang, und in und um Dresden, sie werden eilend.3)
Sich in die Höhe richten, sich aus dem Stande der Ruhe in den Stand
der Bewegung versetzen.a) In der eingeschränktesten Bedeutung,
vermittelst der Füße. Der Ort, welchen man alsdann verlässet, bekommt
das Vorwort von, man mag sitzend oder liegend geruhet haben. Denn so
sagt man: von dem Stuhle aufstehen, von der Erde aufstehen, von der
Arbeit, von dem Tische aufstehen, von dem Krankenlager aufstehen, von
dem Bette aufstehen, wenn man auf demselben gesessen oder gelegen hat.
Aus findet nur alsdann Statt, wenn man von der Sache, auf welcher man
geruhet hat, gleichsam umhüllet gewesen. So stehet man aus dem Bette
auf, wenn man in demselben gelegen hat. So auch, aus dem Kothe
aufstehen u. s. f. Oft gebraucht man aufstehen absolute, ohne den
vorher gegangenen Stand der Ruhe näher zu bezeichnen. Sie sind schon
aufgestanden, von dem Tische, oder auch aus dem Bette. Ich möchte
nicht darum aufstehen. Des Morgens frühe aufstehen. Wir sind heute
spät aufgestanden. Vor einem aufstehen.b) In weiterer Bedeutung wird
dieses Wort von verschiedenen andern, so wohl lebendigen als leblosen
Dingen gebraucht, wenn sie aus dem Stande der Ruhe in Bewegung
versetzet werden. So sagt man in der Landwirthschaft, die Fische
stehen auf, wenn sie im Winter aus Mangel der Luft aus ihrem Lager in
der Tiefe in die Höhe kommen, und an die Wuhnen treten. Bey den Jägern
stehen die Vögel vor dem Hunde auf, wenn sie auffliegen. In den
Bergwerken stehet der Schwaben auf, wenn er in Bewegung gebracht wird;
und daher in die Höhe steigt; und bey dem Hüttenmanne stehet der Herd
auf, wenn das geschmolzeneBley auf dem Treibeherde die Feuchtigkeit
und Kälte ergreifet; alsdann über sich schlägt, und alles
geschmettert. Auch von den Pflanzen sagt man, daß sie aufstehen, wenn
sie sich aus der horizontalen Lage dem senkrechten Stande nähern. In
der Landwirthschaft stehet die Wolle auf, wenn sie sich im Frühlinge
auf den Schafen ausdehnet und in die Höhe richtet.c) Figürlich. (1)
Aufstehen und weggehen, in welcher Bedeutung dieses Wort bey einigen
Handwerkern von den Gesellen gebraucht wird, wenn sie einen Meister
verlassen. S. Aufstand. (2) Genesen. Von einer Krankheit, von dem
Krankenlager aufstehen. Der Kranke ist bereits aufgestanden. 3)
Lebendig werden und aufstehen. Von dem Tode, oder von den Todten
aufstehen, in welcher Bedeutung aber auferstehen üblicher ist. S.
dasselbe. (4) Sich zu einem Geschäfte fertig machen, welcher Gebrauch
aber bloß biblisch und ausländisch ist. (5) Wider jemanden aufstehen,
sich ihm auf eine thätige Art widersetzen, doch nur, wenn solches von
den Unterthanen gegen die Obrigkeit geschiehet. (6) Entstehen, zum
Vorscheine kommen, doch nur von Menschen. Es ist ein Prophet
aufgestanden. Es ist nicht eher eine Anzahl von guten Dichtern
aufgestanden, als bis ein großer Geist durch ein Meisterstück den
Wetteifer erreget hat, Dusch.Empörer standen auf, die Ordnung zu
zerrütten, ebend. Auch diese Bedeutung ist der Deutschen Sprache
ursprünglich fremd, und eine bloße Nachahmung des biblischen
Gebrauches.
Anm. Die Aufstehung, ist ungebräuchlich, weil den meisten
Neutris die Verbalia auf ung fehlen. Dagegen kann der Infinitiv in
allen Fällen als ein Substantiv gebraucht werden; in einigen ist
indessen auch der Aufstand eingeführet. S. dieses Wort. Aufstehen ist
übrigens ein altes Wort, welches schon bey dem Ottfried und Willeram
vorkommt, wo es ufsten und ufstan lautet.
Aufsteifen (W3) [Adelung]
Aufsteifen, verb. reg. act. 1) Steif machen und aufwärts biegen.
Einen Hut aufsteifen. Ihr Schuh ist niedrig, stumpf, mit
aufgestreifter Lasche, Zach. 2) Von neuen steifen. Die Wäsche
aufsteifen. So auch die Aufsteifung.
Aufsteigen (W3) [Adelung]
Aufsteigen, verb. irreg. neutr. ( S. Steigen,) welches mit dem
Hülfsworte seyn verbunden wird, in die Höhe steigen.1. Eigentlich,
sich vermittelst der Füße aufwärts bewegen, wo es aber nur absolute
und ohne Beyfügung des Accusativs gebraucht wird. Aufsteigen, d. i.
auf das Pferd, oder auf den Wagen steigen. Der Accusativ wird nur in
der R. A. beygefüget, die Leiter, die Treppe auf- und absteigen, wo
doch die Vorwörter auf und ab richtiger von dem Verbo getrennet
werden. Die übrigen Arten des Gebrauches mit der vierten Endung des
Nennwortes sind im Hochdeutschen ungewöhnlich; z. B. Wer vermag wohl,
einen Berg Ohne Schwachheit aufzusteigen? Günth. Was? Steigt der
Jüngling schon die Ehrenstufen auf? ebend. 2. In weiterer Bedeutung,
aufwärts beweget werden. Die Speise im Magen steigt zuweilen auf.
Diese Speise steigt mir noch auf. S. Aufstoßen. Das Aufsteigen der
Mutter, ein unschicklicher Ausdruck des großen Haufens, die Kolik bey
dem weiblichen Geschlechte zu benennen. Der Rauch, der Dampf steigt
auf. Dunkele Gewölke stiegen über den Horizont auf und überzogen den
halben Himmel, Dusch. Es steigt ein Gewitter am Himmel auf, herauf.3.
Figürlich. (a) Dem Auge sichtbar werden, in der höhern Schreibart.
Hier steigen Felsen auf, romantische Gestalten, Dusch.
Schlösser steigen da in der Einbildungskraft vor dir auf, Dusch. (b)
Entstehen. Ich sahe eine angenehme Röthe in ihrem Gesichte aufsteigen.
Er würde auch den Gedanken der Untreue nicht in sich haben aufsteigen
lassen, ohne mir ihn selbst zu entdecken, Gell. Es steigen
Versuchungen, Zweifel, Begierden u. s. f. ih ihm auf. Wie können sie
einen solchen Argwohn bey sich aufsteigen lassen, von Brawe.
Vielleicht hat der erste aufsteigende Zorn sich deiner zu sehr
bemächtiget, Dusch. (c) Die aufsteigende Linie, in den
Geschlechtsregistern, diejenigen Personen, welche in gerader Linie von
einem angenommenen Stammvater herkommen, in so fern man von jenen bis
zu diesem zählet. In dem umgekehrtem Falle wird es die absteigende
Linie genannt.
Anm. Aufsteigen lautet bey dem Kero und Notker ufstigan.
Das Substantiv die Aufsteigung ist, wie bey den meisten Neutris,
ungebräuchlich.
Aufstellen (W3) [Adelung]
Aufstellen, verb. reg. act. 1) Aufgerichtet stellen, aufrichten und
nach einer gewissen Ordnung hinsetzen. Die Bücher aufstellen, auf das
Bücherbret. Einen Gewinst aufstellen. Waaren zum Verkaufe aufstellen.
Figürlich. Einen Zeugen aufstellen, jemanden als einen Zeugen
darstellen. Wie viele vortreffliche Beyspiele der Tugend haben uns
nicht Sparta und Athen aufgestellet. Ich wolle ihnen taufend Beweise
aufstellen, wenn ich sie damit überzeugen könnte, Gell.2) Offen
stellen, offen stehen machen. Sprenkel aufstellen. Einem eine Falle,
eine Schlinge, ein Netz, ein Garn aufstellen; welche R. A. so wohl in
eigentlicher, als figürlicher Bedeutung gebraucht werden. Noch
figürlicher sagt man im gemeinen Leben: wegen einer Sache, oder nach
einer Sache aufstellen, nachforschen lassen. So auch die Aufstellung.
Aufsteppen (W3) [Adelung]
Aufsteppen, verb. reg. act. bey den Nähterinnen, vermittelst einer
Steppnaht aufnähen. Achselzwickel aufsteppen.
Aufsteuern (W3) [Adelung]
+ Aufsteuern, verb. reg. act. im gemeinen Leben, aufstützen,
aufstämmen. Den Arm aufsteuern. Sich mit dem Arme aufsteuern.
Aufsticken (W3) [Adelung]
Aufsticken, verb. reg. act. bey den Stickern, gemachte Figuren auf
seidene oder wollene Zeuge auflegen und aufnähen; im Gegensatze des
Einstickens. Daher die Aufstickung.
Aufstieben (W3) [Adelung]
Aufstieben, verb. irreg. neutr. ( S. Stieben) welches das Hülfswort
seyn erfordert, in Gestalt eines Staubes in die Höhe steigen. Tho sah
er an allen haluen Thie molten ufsuiben, in dem alten Gedichte von
Kaiser Carls des Großen Kriege bey dem Schilter, v. 1899. - Ließen
lauffen ir pferdt, Das hinder den aufstob die erd, Theuerd. Kap. 101.
Figürlich wird dieses Wort bey den Jägern von den kleinen Geflügel
gesagt, wenn es plötzlich auffliegt. S. auch Aufstäuben und
Aufstäubern.
Aufstöbern (W3) [Adelung]
+ Aufstöbern, S. Aufstäubern. Dem Himmel sey Dank, daß ich sie
einmahl aufgestöbert habe, Weiße.
Aufstören (W3) [Adelung]
Aufstören, verb. reg. act. durch Stören aus einander treiben. Ein
Wespennetz aufstören. Die Sandhorste oder Häger in den Flüssen
aufstören.
Aufstoßen (W3) [Adelung]
Aufstoßen, verb. irreg. S. Stoßen, welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Aktivum. 1) Durch Stoßen öffnen. Die Thür, das
Fenster, ein Faß aufstoßen. Ingleichen durch einen Stoß verwunden, im
gemeinen Leben. Sich die Haut aufstoßen. 2) In die Höhe stoßen. Ich
erwartete nicht, daß sie den Staub, den sie mit den Füßen aufstoßen,
für Wolken ausgeben wür-den, Weiße. Ingleichen, durch einen Stoß zum
Aufstehen bewegen. Ein Pferd aufstoßen. In figürlicher Bedeutung,
stoßt bey den Jägern der Hund einen Hasen oder wildes Geflügel auf,
wenn er selbiges aufsprenget.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte
seyn. 1) In die Höhe gestoßen werden, aufsteigen. Die Speise stößt mir
auf, oder es stößt mir auf, wenn die Blähungen aus dem Magen aufwärts
gehen. + Die Schmach stößt ihm auf, kommt ihm wieder in die Gedanken,
ist eine niedrige Figur der vorigen R. A. Ferner bedeutet es so viel
als anfangen zu gähren; besonders bezeichnet man damit das zweyte
Gähren des Bieres in dem Fasse. Weil diese zweyte Gährung bey manchen
flüssigen Körpern, z. B. dem Weine, ein Vorbothe des Verderbens und
des Sauerwerdens ist, so hat aufstoßen daher sehr oft auch diesen
Begriff an sich genommen. Der Wein stößet auf, wird sauer. Ein
aufgestoßener Wein. Man hat diese Figur noch weiter getrieben, und
auch den Anfang des Krankwerdens der Rinder und des zahmen Viehes mit
diesem Worte beleget. Das Vieh stößt auf. Die Hühner sind aufgestoßen.
S. auch Aufstößig.2) Auf etwas stoßen. (1) In eigentlicher Bedeutung.
Das Schiff stößt auf, ist aufgestoßen, auf den Grund. (2) Figürlich,
begegnen. Es stoßen mir täglich Leute dieser Art auf. Es möchte mir
vielleicht noch ein witziger Kopf aufstoßen. Es stößt mir jetzt eine
gute Gelegenheit auf.
Anm. Das Substantiv die Aufstoßung findet nur in
den Bedeutungen des Activi Statt. Ehedem war auch Aufstoß für "Zwist",
Streit üblich, wie aus dem Haltaus erhellet. In Oberdeutschland
gebraucht man es zuweilen noch für Zufall, Krankheit, Begegnung. S.
Aufstößig.
Aufstößer (W3) [Adelung]
* Der Aufstößer, des -s, plur. ut nom. sing. nur in der
Landwirthschaft einiger Gegenden, z. B. Thüringens, ein Acker, welcher
mit dem schmalen Theile auf einen andern stößt, und dessen Besitzer.
Aufstößig (W3) [Adelung]
Aufstößig, adj. et adv. 1) Verdorben, sauer. Der Wein wird aufstößig.
Ein aufstößiger Wein. Ingleichen unpaß, krank, doch nur dem Anfange
nach, von Kindern dem zahmen Viehe, wenn letzteres die Luft zum
Fressen verlieret. Das Pferd, die Schweine, die Hühner werden
aufstößig. Ein aufstößiges Rind. Daher die Aufstößigkeit, plur.
inusit. der Zustand eines Rindes oder Thieres, da es aufstößig ist. 2)
* Ehedem bedeutete aufstößig auch uneins, "zwistig": mit einem aufstößig
werden. S. Haltaus h. v. In einigen Gegenden bezeichnen aufstößig und
aufstützig noch setzt widerspänstig, zum Aufstande geneigt. Die
Soldaten sind aufstößig geworden.
Aufsträuben (W3) [Adelung]
Aufsträuben, verb. reg. act. in die Höhe sträuben. Mit aufgesträubtem
Haar, Zachar.
Aufstreichen (W3) [Adelung]
Aufstreichen, verb. irreg. act. S. Streichen. 1) Eine Sache auf die
andere streichen. Ein Pflas=ter aufstreichen, auf Leinwand. Butter
aufstreichen, auf Brot. 2) Aufwärts streichen. Die Haare aufstreichen.
Bey den Tuchscherern bedeutet es so viel, als wider den Strich
scheren. So auch die Aufstreichung.
Aufstreifen (W3) [Adelung]
Aufstreifen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I.
Als ein Aktivum. 1) Hinauf streifen, aufwärts streifen. Den Ärmel, das
Hemd aufstreifen. Ingleichen metonymisch, sich aufstreifen. 2) Durch
einen Stoß, der im streifen geschiehet, verwunden, als ein Reciprocum.
Sich die Haut aufstreifen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte
haben, in der Bewegung ein wenig berühren. Die Kugel streift auf,
berührt im Fluge die Erde. Lange Kleider streifen auf die Erde auf.
Daher die Aufstreifung in der Bedeutung des Activi.
Aufstreuen (W3) [Adelung]
Aufstreuen, verb. reg. act. auf etwas streuen, absolute. Sand
aufstreuen, auf das Papier. Daher die Aufstreuung.
Aufstricken (W3) [Adelung]
Aufstricken, verb. reg. act. durch Stricken verbrauchen. Allen Zwirn
aufstricken.
Aufstülpen (W3) [Adelung]
Aufstülpen, verb. reg. act. 1) Die Stülpe in die Höhe biegen. Einen
Hut aufstülpen, aufkrämpen, aufstutzen. Die Stiefeln aufstülpen. An
einigen Orten sagt man auch, den Ärmel aufstülpen, für aufstreifen.
Eine Kleine aufgestülpte, d. i. aufgeworfene, Nase, Less. 2) Auf etwas
stülpen, oder decken. Den Deckel aufstülpen, auf den Topf. In
niedrigen Ausdrücken sagt man auch, den Hut aufstülpen, für aufsetzen.
Daher die Aufstülpung.
Aufstürmen (W3) [Adelung]
Aufstürmen, verb. reg. act. mit Sturm, d. i. heftiger Wuth öffnen.
Die Thür aufstürmen.
Aufstürzen (W3) [Adelung]
Aufstürzen, verb. reg. act. 1) Auf etwas stürzen oder decken. Den
Deckel aufstürzen, auf den Topf. Die Haube aufstürzen, sie in der
Geschwindigkeit und ohne Ordnung aufsetzen. 2) In die Höhe stürzen
oder stellen. Die abgewaschenen Teller aufstürzen, in den Küchen. So
auch die Aufstürzung.
Aufstutzen (W3) [Adelung]
Aufstutzen, verb. reg. act. den Stutz, d. i. den verkürzten Theil
einer Sache in die Höhe biegen. 1) Eigentlich, von den Hüten. Einen
hut aufstutzen, die verkürzte Krämpe in die Höhe biegen, und den Hut
zum Tragen geschickt machen, welches auch aufstaffiren genannt wird.
2) Figürlich, aufputzen, verschönern. Bekannte Wahrheiten, die nur
durch die Einkleidung aufgestutzt worden. Ein Dichter muß sehr arm
seyn, der seine Sprache nur durch ein einziges Mittel aufzustützen
weiß (aufzustutzen) weiß, Less. So auch die Aufstutzung.
Aufstützen (W3) [Adelung]
Aufstützen, verb. reg. act. auf etwas stützen. Die Arme aufstützen,
auf den Tisch. Sich aufstützen, mit den Armen. Daher die Aufstützung.
Aufstützig (W3) [Adelung]
Aufstützig, S. Aufstößig.
Aufsuchen (W3) [Adelung]
Aufsuchen, verb. reg. act. zu finden, zu bekommen suchen. Ein Wild,
einen Übelthäter, eine Stelle in einem Buche aufsuchen. Ich suchte
meinen Freund auf. Wie sehr versteckest du dich vor der wohlthätigen
Güte, die dich aufsuchet! Dusch. So auch die Aufsuchung.
Aufsummen (W3) [Adelung]
Aufsummen, verb. reg. welches so wohl als ein Neutrum mit seyn, noch
häufiger aber als Reciprocum gebraucht wird, zur großen Summe werden.
Etwas aufsummen lassen. Es summet sich auf. Seine Schulden haben sich
sehr aufgesummet.
Auftafeln (W3) [Adelung]
Auftafeln, verb. reg. act. 1) Bey den Tuchbereitern, so viel als
auffalten, d. i. die Tücher in abgemessene Falten schlagen;
vielleicht, weil solches auf oder vermittelst einer Tafel geschiehet.
2) Einem auftafeln, die Speisen für ihn auf die Tafel tragen, nur im
gemeinen Leben, wie auftischen. Daher Auftafelung.
Auftaumeln (W3) [Adelung]
Auftaumeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, taumelnd
aufstehen. Man taumelt auf und sucht Stock, Kleider, Hut und Degen,
Zachar.
Aufthauen (W3) [Adelung]
Aufthauen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als
ein Aktivum, die Wärme in einen gefrorenen Körper wieder herstellen,
und ihn dadurch öffnen, d. i. erweichen und flüssig machen. Die Sonne
thauet die Erde, das Eis auf. Ein gefrorenes Wasser aufthauen.
Figürlich sagt Opitz von dem Wein: Er thauet die Sinnen auf. So auch
die Aufthauung.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn,
aufgethauet werden, von gefrornen Körpern. Die Erde, das Eis, der
Strom thauet auf, ist aufgethauet. Figürlich sagt man im gemeinen
Leben von einem Menschen, der nach einem langen,schüchternen
Stillschweigen anfängt, gesprächig zu werden, er thauet auf. In den
gemeinen Mundarten Oberdeutschlandes und Niedersachsens, ist statt
dieses Worts aufleinen und auflüen üblich. S. Leinen.
Aufthun (W3) [Adelung]
Aufthun, verb. irreg. act. S. Thun. 1) Hinauf thun, oder legen, im
gemeinen Leben. Besonders wird es in dieser Bedeutung in den
Blaufarbenwerken gebraucht.2) Öffnen, doch nur in einigen Fällen, wo
man diesen Begriff ganz allgemein, ohne nähere Bestimmung der Art und
Weise auszudrucken für gut findet. Die Thür aufthun, wofür doch
aufmachen üblicher ist. Das buch aufthun, besser aufschlagen aber
öffnen. Die Ohren aufthun, für hören, und den Mund aufthun, für
sprechen, sind niedrig; das Maul aufthun, in der letzten Bedeutung,
ist zugleich verächtlich. Die Augen aufthun, für aufmerksam sehen,
gehöret gleichfalls in die Sprache des gemeinen Lebens; doch sagt man
auch in der anständigern Sprechart figürlich: Das Unglück hat mit die
augen aufgethan, obgleich auch hier öffnen edler seyn würde. Ein Faß
Bier, Wein ec. aufthun, im gemeinen Leben, es anzapfen, anfangen davon
zu verlaufen. Die abgeernteten Felder aufthun, Erlaubniß geben, sie
mit dem Vieh betreiben zu lassen. Am häufigsten gebraucht man dieses
Wort noch als ein Reciprocum. Die Blumen thun sich auf. Die Erde that
sich unter mir auf. Der Himmel thut sich auf. Das Gestein hat sich
aufgethan, in den Bergwerken, es hat sich von dem festern Gesteine
abgelöset.
Anm. Bey dem Ottfried findet sich für dieses Wort induan, d.
i. entthun, und der noch ältere Kero druckt, den Mund aufthun, durch
intlohhan mund, den Mund entlochen, aus.
Aufthürmen (W3) [Adelung]
Aufthürmen, verb. reg. act. hoch, wie einen Thurm aufhäufen. Der Wind
thürmete den Schnee wie Berge auf. Das Meer schäumt, die Wellen
thürmen sich bis an den Himmel auf, S. Thurm.
Auftiefen (W3) [Adelung]
Auftiefen, verb. reg. act. vermittelst des Hammers tiefer und
zugleich höher machen; ein Kunstwort verschiedener Metallarbeiter,
besonders der Kupferschmiede, da es denn diejenige Arbeit ausdruckt,
da die Metalle kalt geschlagen, und ihnen dadurch allerley vertiefte
Gestalten gegeben werden. Die Goldschmiede nennen solches aufziehen.
Auch auf den Kupferhämmern werden die Kupferplatten aufgetiefet, d. i.
vermittelst des Auftiefhammers zu Kesseln geschlagen. So auch die
Auftiefung.
Auftischen (W3) [Adelung]
+ Auftischen, verb. reg. act. Speisen auf den Tisch tragen; ein Wort,
welches im Hochdeutschen nur im verächtlichen Verstande, aber
höchstens im Scherze üblich ist. Einem auftischen. Im Oberdeutschen
ist es von einem edeln und anständigen Gebrauche. Ich will in meinen
düstern Schatten süße Früchte zum Mittagsmahl dir auftischen, Geßn.
Vermutlich hat Hagedorn diesen Oberdeutschen Gebrauch nachgeahmet,
wenn er singt: Hierauf wird warme Milch -In irdnen Schüsseln
aufgetischt. Und an einem andern Orte: Was hätt ich wohl? An allem
leid ich Noth. Was tisch ich auf? Auch das einfache tischen ist in
Oberdeutschland in dieser Bedeutung üblich. Es war nicht für sie
getischet, Bluntschli.
Auftoben (W3) [Adelung]
Auftoben, verb. reg. neutr. mit haben, plötzlich anfangen zu toben.
Auftrag (W3) [Adelung]
Der Auftrag, des -es, plur. die -träge. 1) Die Handlung des
Auftragens; doch nur in einigen Fällen, und ohne Plural. Der Auftrag
der Farben, bey den Mahlern. Der Auftrag eines Gutes, eines Lehens, in
den Rechten, die Übergabe desselben. Ingleichen das Auftragen eines
Geschäftes. Einem Auftrag thun. Es ist ihm bereits Auftrag geschehen.
2) Ein
aufgetragenes Geschäft; mit dem Plural. Einem Auftrage ein Genüge
leisten. Einen Auftrag bekommen. Alle Aufträge gut ausrichten.
Auftragen (W3) [Adelung]
Auftragen, verb. irreg. ( S. Tragen), welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Aktivum. 1. Hinauf tragen, in die Höhe tragen.
In diesem Verstande wird aufgetragen in den Schmelzhütten auch für
auflaufen gebraucht, d. i. Erz und Kohlen in den Schmelzofen tragen,
welches vermittelst der Auftragtröge oder Schichttröge geschiehet. In
einer uneigentlichen Bedeutung bezeichnet in den Bergwerken auftragen,
so viel als erhöhen; z. B. einen Schacht auftragen, ihn von unten auf
mit Jöchern, Einstrichen, Tragestämpeln u. s. f. erhöhen.2. Eine Sache
auf die andere tragen. 1) Eigentlich. Die Speisen auftragen, auf den
Tisch. Es ist schon aufgetragen, oder man hat schon aufgetragen, die
Speisen sind schon auf den Tisch getragen. Einem herrlich auftragen,
ihn ansehnlich bewirthen. 2) In weiterer Bedeutung wird dieses Wort in
verschiedenen Handwerken und Künsten gebraucht, diejenige Verbindung
oder Vereinigung zweyer Dinge auszudrucken, welche bloß durch An- und
auflegen geschiehet. Farbe auftragen, bey den Mahlern und
Buchdruckern. Gold im Vergolden auftragen. Glasreifen mit dem
Bindeisen auftragen, d. i. anlegen, in den Glashütten. Das Seil
auftragen, in den Bergwerken, es um den Korb legen u. s. f.
Ingleichen, einen Riß auftragen, ihn auf das Papier oder eine andere
Fläche zeichnen. 3) Figürlich, zur Verwaltung, Besorgung übergeben.
Einem ein Amt, ein Geschäft auftragen. Einem die Regierung auftragen.
Eine aufgetragene Gewalt, ein aufgetragenes Geschäft. Ingleichen, das
Obereigenthum über eine Sache abtreten; daher in dem Lehenswesen,
einem seine Güter auftragen, oder zu Lehen auftragen, ingleichen ein
aufgetragenes Lehen, Feudum oblatum, im Gegensatze des gegebenen.
Ehedem war auftragen in mehrern Fällen der Abtretung üblich, in
welcher Bedeutung es aber nun größtens Theils veraltet ist.II. Als ein
Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, in welcher Bedeutung man aber nur
in gemeinen Leben, von einer Sache sagt, daß sie auftrage, wenn sie zu
dick ist oder wird, so daß eine andere, wider ihren Endzweck, von
derselben gleichsam getragen wird. So trägt ein Nachtlied auf, wenn es
die darüber gezogene Kleidung zu enge macht.Das Substantiv, die
Auftragung, kann in allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden.
Aufträger (W3) [Adelung]
Der Aufträger, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken so viel
als der Aufläufer, d. i. derjenige Arbeiter, welcher Erz und Kohlen in
den Schmelzofen trägt.
Auftreffen (W3) [Adelung]
Auftreffen, verb. reg. neutr. ( S. Treffen) mit haben, auf etwas
treffen, d. i. stoßen, oder es berühren; nur in einigen Fällen. Der
Mühlstein trifft auf einer Ecke auf, wenn er nicht horizontal liegt,
und daher den untern Stein mit einer Ecke berühret.
Auftreiben (W3) [Adelung]
Auftreiben, verb. irreg. S. Treiben. Es ist, I. ein Aktivum,I. In die
Höhe treiben, und zwar,1) Durch Ausdehnung der Theile. eine Blume mit
dem Hammer auftreiben, bey den Schlössern, sie durch Hammerschläge in
die Höhe treiben. So sagt man auch im gemeinen Lebe: Die Winde treiben
den Leib auf. Der Leib des Verstorbenen war außerordentlich
aufgetrieben. In der Landwirthschaft bedeutet auftreiben, den Acker
durch wiederhohltes Pflügen höher und lockerer machen. Besonders
bezeichnet man dadurch die dritte Art des Pflügens zur Wintersaat,
welche auch wenden genannt wird. Noch mehr aber,2) Mit Gewalt zum
Aufstehen bewegen, jemanden von seinem Sitze oder aus seinem Lager
treiben. (1) Eigentlich. einen auftreiben, ihn aus dem Bette oder von
dem Stuhle treiben. Ein Wild auftreiben, es aus seinem Lager jagen,
bey den Jägern. (2) Figürlich. a) Bey den Handwerkern, einen Gesellen
anrüchtig machen. wodurch er überall vertrieben und verjaget wird.;
welcher Mißbrauch im verächtlichen Verstande auch wohl die
Auftreiberey genannt wird. b) Mit lebhafter Mühe ausfündig machen,
ausforschen und erlangen. Geld auftreiben. Wo haben sie das wieder
aufgetrieben? Ich will wissen, ob sie für meine Tochter einen Mann
aufgetrieben haben, Weiße. Er liest, wo er ein Blatt Papier auftreiben
kann, ebend. Vermutlich ist tiefer Gebrauch des Verbi von dem
Auftreiben des Wildes in der Bedeutung der Jäger entlehnet.2. Mit
Gewalt öffnen, aus einander treiben, in welcher Bedeutung es in dem
Bergbaue üblich ist, wo es so viel bedeutet, als einen Gang, eine Wand
mit großen Fäusteln, Keilen u. s. f. zersetzen.3. Auf etwas treiben.
Einen Ring auftreiben, auf das Rad, auf das Häft u. s. f. Den
Mühlstein, ihn auf das Mühlgebiethe schaffen. Die Wäsche auftreiben,
bey den Wäscherinnen, sie vor dem Rollen fest und das Rollholz
wickeln.II. Ein Neutrum, mit seyn, auf etwas getrieben werden,
besonders in der Schifffahrt, auf den Grund gerathen oder stoßen. Wo
das Schiff Wasser genug hat, um nicht aufzutreiben.So auch die
Auftreibung in den Bedeutungen des Activi.
Auftrennen (W3) [Adelung]
Auftrennen, verb. reg. act. aus einander trennen, besonders was
zusammen genähet ist. Eine Naht auftrennen, sie mit einem Messer
behutsam aufschneiden. Ein Kleid auftrennen, die Nähte in demselben.
Die Naht trennt sich auf, gehet aus einander. So auch die Abtrennung.
Auftreten (W3) [Adelung]
Auftreten, verb. irreg. ( S. Treten) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum. Durch Treten öffnen. Die Thür, eine Nuß
auftreten. Daher die Auftretung.II. Als ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte seyn. 1. Auf den Boden treten, den Fuß auf die Erde setzen.
Das Pferd kann nicht auftreten. Hart, fest, leise auftreten. Sein Fuß
tritt grimmig auf, daß die Allee erzittert, Zachar. 2. In die Höhe
treten, aufstehen, um zu reden. Daher sagt man von einem Redner, einem
Schauspieler u. s. f. daß er auftritt, oder öffentlich auftritt, wenn
er den Ort betritt, von welchem er zu reden gesonnen ist. Mit etwas
auftreten, figürlich, etwas feyerlich vorbringen. Wenn du eher mit
deiner verliebten Wehklage aufgetreten wärest, Weiße. In den
Nieder-Lausitz sagt man von der Milch, sie tritt auf, wenn sie sich
rahmet. Für die Handlung des Auftretens in den Bedeutungen des
Neutrius, besonders der letztern, ist der Auftritt üblich.
Auftrift (W3) [Adelung]
Die Auftrift, plur. die -en. 1) In den Marschländern, der Weg nach
einem Deiche hinauf, auf welchem das Vieh hinauf getrieben wird. 2) *
In einigen Gegenden, besonders in Pommern und Brandenburg, ist die
Auftrift, das Pflügen zur Saat im Herbst, und ein auf diese Art
gepflügter Acker. In die Auftrifte säen. S. Auftreiben.
Auftritt (W3) [Adelung]
Der Auftritt, des -es, plur. die -e, von dem Verbo auftreten. 1. Die
Handlung des Auftretens, in den Bedeutungen des Neutrius, besonders
der Auftritt eines Redners, eines Schauspielers.2. Figürlich. a) In
einigen Fällen der Anfang der Gegenwart bey einer Sache oder Handlung.
Macht in der großen Welt den ersten Auftritt gut, Zachar.
b) In der Kanzelberedsamkeit ist der Auftritt auch das Gebeth, oder
der Wunsch, womit der Kanzelredner seine Predigt antritt. c) Derjenige
Theil eines Aufzuges in einem Schauspiele, der durch den Auf- oder
Abtritt eines Mitspielers bestimmt wird; daher ein Aufzug in mehrere
Auftritte getheilet wird. Die Griechen und Römer nannten einen solchen
Auftritt, Scena, welcher Ausdruck auch noch von einigen im Deutschen
beybehalten wird. Georg Greslinger wollte in seiner Übersetzung des
Cid, welche 1679 gedruckt worden, dafür den Nahmen Auskunft einführen,
worin ihm aber niemand nachgefolget ist. b) Nach einer noch weitern
Figur führet auch ein jeder merkwürdiger Vorgang den Nahmen eines
Auftrittes. So singt z. B. Zachariä von dem Morgen: Wie verschießen
die Farben Aller Freuden des Hofs vor diesem himmlischen Auftritt! Nie
will ich es zu einem solchen Auftritte wieder kommen lassen.3.
Dasjenige, worauf man tritt. So wird z. B. in den ländlichen Gebäuden
diejenige Stufe vor den Thüren, worauf man tritt, ein Auftritt
genannt. Die Auftrittbank, an den Stühlen der Bortenwirker, unter
welcher die Enden aller Tritte durch eine eiserne Stange beysammen
gehalten werden.
Auftrocknen (W3) [Adelung]
Auftrocknen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I.
Als ein Activum. 1) Zum künftigen Gebrauche trocken machen, trocknen
und aufbehalten; in Oberdeutschland und Meißen, im gemeinen Leben,
auftreugen. Äpfel, Früchte, Kräuter auftrocknen. 2) Durch Wegnehmung
der Feuchtigkeit trocknen machen. So trocknete mein Freund die
traurgen Zähren auf, Cron. II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte
seyn, trocken werden. Besonders in figürlicher Bedeutung in der
Landwirthschaft, wo die Kuh auftrocknet, oder güste wird, wenn sie
keine Milch mehr gibt.Daher die Auftrocknung in den Bedeutungen des
Activi.
Auftrüben (W3) [Adelung]
Auftrüben, verb. reg. act. von unten auf trübe machen. Das Wasser des
Flusses ganz auftrüben.
Aufwachen (W3) [Adelung]
Aufwachen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich
nimmt, von dem Schlafe wach, oder munter werden; in der höhern
Schreibart erwachen. In eigentlicher Bedeutung. Das Kind ist
aufgewachet. Von dem Schlafe, wo einem langen Traume aufwachen. Von
einem Geräusche, Geschreye aufwachen, durch dasselbe aufgewecket
werden. 2) Figürlich, wirksam werden. Seine Gläubiger sind alle
aufgewacht. Wenn dein Gewissen einmahl aufwachen wird. Wird seine
erste Flamme nicht wieder aufwachen, wenn sie dieselbe noch durch
Erkenntlichkeit reitzen? Weiße.
Anm. Zu einem aufwachsen, wie Hiob 8,
6: so du rein und fromm bist, so wird er aufwachsen zu dir, ist ein
Hebraismus. Herr Hofr. Michaelis setzet dafür: so wird er bald für
dich eisern. Opitz gebraucht aufwachsen mehrmahls active für
aufwecken; z. B. Wird einmahl dann das Herz umringet von der Nacht,
Gewiß es wird so bald nicht wieder aufgewacht. Ingleichen: Ein
aufgewachtes Herz, und prächtiger Verstand, Begehrt berühmt zu seyn,
durch die geehrte Hand.
Aufwachsen (W3) [Adelung]
Aufwachsen, verb. irreg. neutr. ( S. Wachsen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, groß wachsen, in die Höhe wachsen, so wohl von
Menschen und Thieren, als Pflanzen. In Frömmigkeit und Tugend, in
Lastern und Untugend aufgewachsen. Wirsind mit einander aufgewachsen,
wir sind von Jugend auf bey einander gewesen.
Aufwagen (W3) [Adelung]
Aufwagen, verb. reg. recipr. Sich aufwagen, aufzustehen wagen. Der
Alte vergaß seinen Knotenstock und wagte sich auf, ihr entgegen,
Göthe.
Aufwägen (W3) [Adelung]
Aufwägen, verb. reg. oder nach andern irreg. act. S. Wägen. 1) Durch
ein Hebezeug in die Höhe heben, im gemeinen Leben. Einen Stein
aufwägen. 2) Darwägen, wägen um es einem andern zu geben. Einem Geld
aufwägen. Gegen kein geläutertes Gold wird sie aufgewogen, Hiob 28,
19; nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. So auch die
Aufwägung.
Anm. Auch von diesem Worte gilt dasjenige, was schon bey
Abwägen erinnert worden. S. auch Wägen.
Aufwählen (W3) [Adelung]
Aufwählen, verb. reg. act. auf gut Glück aufschlagen, im
Kartenspiele. Ein Blatt aufwählen.
Aufwallen (W3) [Adelung]
Aufwallen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in
die Höhe wallen, in eine heftige innere Bewegung gerathen. 1)
Eigentlich, von flüssigen Körpern, besonders wenn sie durch die Hitze
zum Sieden gebracht werden. So bedeutet aufwallen in der
Hauswirthschaft gelinde aufsieden. Allein in der erhabenen Schreibart
wird jederzeit der Begriff einer heftigen Bewegung damit verbunden.
Das Meer wallt auf und braust. Das Aufwallen des Geblütes ist bey den
Pferdeärzten eine Krankheit der Pferde, wo bey einem gelinden Fieber
kleine Blattern auf der Haut zum Vorscheine kommen.2) Figürlich. (a)
Von dem Stande, bey den neuern Dichtern. - - Wie unter dem Fuße des
Wandrers Leichter Staub, von Gewürmen bewohnt, aufwallet, hinsinkt,
Klopst. (b) Von allen heftigen Gemüthsbewegungen, welche das Geblüt
gleichsam schnell aufwallen machen, aber auch schnell wieder vergehen.
Die aufwallende Hitze der Rachbegierde. Vielleicht wallere mein Zorn
bey Beleidigungen auf, Dusch. Ungestümer von stürmischer Freude wallt
nicht das ängstliche Herz des Missethäters auf, ebend. Aber auch von
sanftern Empfindungen. Sanfte Empfindungen wallen, wie die
Silberwellen, an einem stillen Abende in der Seele des Dichters auf.
S. Aufwallung besonders.
Aufwällen (W3) [Adelung]
Aufwällen, oder Aufwellen, verb. reg. welches 1) das Activum des
vorigen ist, aufwallen, d. i. aufkochen, machen, in den Küchen.
Fleisch in siedendem Wasser aufwällen. 2) * Von Wall, Haufen, in
Haufen aufsetzen, besonders in Niedersachsen. So wird z. B. in den
Marschländern der Torf aufgewället, wenn er in Haufen gesetzet wird.
S. Wall.So auch die Aufwällung in beyden Bedeutungen.
Aufwallung (W3) [Adelung]
Die Aufwallung, plur. die -en, das Aufwallen, so wohl in eigentlicher
als figürlicher Bedeutung. Die Aufwallung eines siedenden Wassers. Die
Aufwallung des Blutes. Du hältst eine kurze Freude, eine frohe
Aufwallung des Herzens, für Glückseligkeit, Dusch. Verzeihen sie
diesen schnellen Aufwallungen einer beleidigten Ehre, von Brawe.
Aufwand (W3) [Adelung]
Der Aufwand, des -es, plur. car. dasjenige, was aufgewendet wird, und
der Zustand, in welchem man viel aufwenden muß. Großen Aufwand haben,
viel Geld zu seinen Bedürfnissen ausgeben müssen. Vielen Aufwand
machen, viel Geld zu seinen Bedürfnissen ausgeben. Eine Sache, welche
vielen Aufwand, viele Kosten, erfordert. Etwas mit großem Aufwande
erhalten. S. Aufwenden.
Aufwärmen (W3) [Adelung]
Aufwärmen, verb. reg. act. von neuen wärmen. 1) Eigentlich. Speisen,
Milch u. s. f. aufwärmen. Ein aufgewärmtes Gericht. 2) Figürlich im
gemeinen Leben, eine veraltete Sache
von neuen vorbringen. Einen alten Streit wieder aufwärmen. So auch die
Aufwärmung.
Aufwarten (W3) [Adelung]
Aufwarten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert;
auf etwas warten, besonders auf eines andern Befehl warten. 1) In
eigentlicher und weiterer Bedeutung, jemanden bedienen, ihm allerley
niedrige Dienste leisten. Einem Herrn aufwarten, dessen Bedienter
seyn. Den Gästen aufwarten. Bey Tische, bey der Tafel aufwarten. Bey
einer Hochzeit aufwarten, nehmlich mit Musik, den Gästen vorspielen.
In dieser Bedeutung wird es gegenwärtig nur von geringen und niedrigen
Diensten gebraucht. Allein Opitz gebraucht es auch in der edlern
Bedeutung für dienen überhaupt. Der, dem ich getreulich aufzuwarten
verbunden bin. Bey eben demselben kommt es auch aber absolute vor: Um
dich, o Herr, stehn aller Augen her, Und warten auf, Ps. 145. Auf
welche Art es im Hochdeutschen nur noch von den Hunden und einigen
andern Thieren gebraucht wird, wenn sie sich auf die hintern Füße
setzen, und auf den Befehl ihres Herrn warten.2) Figürlich von allen
Pflichten der Höflichkeit und Ehrerbiethung, die man einem andern
leistet. Einem aufwarten, mit Ehrerbiethung zu ihm kommen. Einem mit
etwas aufwarten, ihm ein Geschenk damit machen, es ihm geben,
darreichen. Kann ich ihnen damit aufwarten? Auf gleiche Art gebrauchen
die Schweden ihr uppwakta, von wakta, warten. Das Substantiv die
Aufwartung S. hernach besonders.
Aufwärter (W3) [Adelung]
Der Aufwärter, des -s, plur. ut nom sing. Fämin. die Aufwärterinn,
plur. die -en, eine Person, welche einem andern im eigentlichen
Verstande aufwartet.
Aufwärts (W3) [Adelung]
Aufwärts, ein Umstandswort des Ortes, eine Bewegung in die Höhe
auszudrucken, für hinaufwärts. Aufwärts gehen, fahren. Aufwärts
schiffen, nach der Quelle zu. Etwas aufwärts biegen, in die Höhe, über
sich.
Anm. Aufwärts, Holl. opwaerts, Engl. upward. Angels. upweard, in
dem alten Gedichte auf den h. Anno bey dem Schilter, ufwert, ist von
auf, und dem alten Substantive Wart zusammen gesetzet. In
Oberdeutschland wird es als eine Präposition zuweilen mit der zweyten
oder vierten Endung gebraucht. Aufwärts des Flusses, den Fluß aufwärts
schiffen; welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist.
Aufwartsam (W3) [Adelung]
* Aufwartsam, adj. et adv. bereit aufzuwarten, dienstfertig; ein
Wort, welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, aber doch ein Mahl
von Hagedorn gebraucht worden: Er will sich aufwartsam, ja Dienern
gleich erweisen.
Aufwartung (W3) [Adelung]
Die Aufwartung, plur. inusit. das Aufwarten, so wohl in der ersten
eigentlichen Bedeutung. Die Aufwartung bey einem haben, demselben
aufzuwarten bestellet seyn. So auch an den Höfen von denjenigen
Personen, welche zunächst zur Bedienung der Person eines großen Herrn
verpflichtet sind. Ingleichen die Aufwartung mit der Musik, die
Besorgung und Aufführung der Musik bey Hochzeiten u. s. f. Als auch in
der zweyten Bedeutung. Einem seine Aufwartung machen, ihn mit
Ehrerbiethung besuchen. Selten wird dieses Wort im Plural gebraucht;
z. B. Ich konnte vor der Menge der Aufwartungen kaum zu mir selber
kommen, Gell. Wo alsdann Personen, die ihre Aufwartungen machen, zu
verstehen sind. In der gezierten Sprechart wird es so wie Bedienung,
oft als ein Concretum für einen Bedienten oder eine Bediente
gebraucht. An manchen Höfen ist es ein Collectivum, die zur Aufwartung
bestimmten Personen zu bezeichnen, nehmlich den Kammerherren,
Kammerjunker, Adjudanten u. s. f. Statt dieses Wortes ist in
Oberdeutschland die Aufwart üblich.
Aufwaschen (W3) [Adelung]
Aufwaschen, verb. irreg. act. S. Waschen. 1) Durch Waschen reinigen,
besonders, das gebrauchte Tisch- und Küchengeschirr reinigen, in der
Hauswirthschaft. 2) Mit Wasser von der Erde auffassen. Blut
aufwaschen. 2) Wund waschen. Sich die Hände aufwaschen. 4) Durch
Waschen verbrauchen. Alle Seife aufwaschen. So auch die Aufwaschung.
Aufwäscherinn (W3) [Adelung]
Die Aufwäscherinn, plur. die -en, in großen Küchen, diejenige Magd,
welche zum Aufwaschen bestellet ist.
Aufweben (W3) [Adelung]
Aufweben, verb. reg. act. 1) Verweben, durch Weben verbrauchen. Alles
Garn aufweben. 2) Aus einander weben. Ein Gewebe wieder aufweben.
Aufwechsel (W3) [Adelung]
Der Aufwechsel, des -s, plur. car. in der Handlung, die Zugabe in
schlechterm Gelde, in Ansehung des bessern, welches man einwechselt;
Aufgeld. S. auch Abzug.
Aufwechseln (W3) [Adelung]
Aufwechseln, verb. reg. act. durch Einwechseln sammeln, oder aus dem
allgemeinen Gebrauche bringen. Eine gewisse Geldsorte aufwechseln.
Daher die Aufwechselung.
Aufwecken (W3) [Adelung]
Aufwecken, verb. reg. act. welches das Activum von aufwachen ist,
wach, d. i. munter machen, besonders einen Schlafenden. 1) Eigentlich.
Einen aufwecken. Einen mit seinem Geschreye aufwecken. Ingleichen,
einen Todten aufwecken, oder jemanden von den Todten aufwecken, in
welcher Bedeutung aber auferwecken und erwecken gebräuchlicher sind.
2) Figürlich, dem Geiste nach munter, lebhaft machen. Die Zeit ward
mir lang, ich suchte mich aufzuwecken; aber ich ward immer
verdrieslicher, von Brawe. Er weiß eine ganze Gesellschaft
aufzuwecken, munter zu machen. Noch mehr ist in dieser Bedeutung des
Particip. Passiv. aufgeweckt für munter, lebhaft, üblich. Sie wird in
kurzer Zeit recht aufgeweckt und manierlich werden, Gell. Ein
aufgeweckter Kopf. Ein aufgewecktes Gemüth. Ein aufgeweckter Einfall.
Aufwehen (W3) [Adelung]
Aufwehen, verb. reg. act. 1) In die Höhe wehen. Der Wind wehet den
Staub, die Federn, den Schnee auf. Ingleichen figürlich, durch Wehen
hervor bringen, wie auch vergrößern. Der Wind wehete das Feuer auf.
Der Kampf scheint ihre Gluth nur stärker aufzuwehen, Wiel. 2) Durch
Wehen öffnen. Der Wind hat die Thür, das Fenster aufgewehet.
Aufweichen (W3) [Adelung]
Aufweichen, verb. reg. act. von weich, mollis. 1) Durch Erweichen
öffnen. Ein Geschwür aufweichen. 2) Überhaupt, erweichen, oder weich
machen. Trockene Farben mit Gummiwasser aufweichen. So auch die
Aufweichung.
Aufweifen (W3) [Adelung]
Aufweifen, verb. reg. act. 1) Auf die Weife bringen. Garn aufweifen.
2) Alles was geweift werden sollte, auf die Weife bringen. Alles Garn,
alle Seide aufweifen. S. Weifen. Daher die Aufweifung.
Aufweinen (W3) [Adelung]
Aufweinen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, weinend
aufblicken; ein Zeitwort, welches den neuern Dichtern eigen ist. Er
weinte zu Gott auf, Klopst.
Aufweisen (W3) [Adelung]
Aufweisen, verb. irreg. act. S. Weisen, als einen Beweis vorzeigen,
vor Augen legen. Eine Vollmacht, ein Creditiv, einen Wechsel
aufweisen. Er hat nichts wider mich aufzuweisen. Daher die Aufweisung.
Aufwellen (W3) [Adelung]
Aufwellen, S. Aufwällen.
Aufwenden (W3) [Adelung]
Aufwenden, verb. reg. oder nach andern irreg. act. S. Wenden, an oder
auf etwas wenden, in der figürlichen Bedeutung des einfachen Verbi.
Fleiß und Mühe aufwenden, anwenden. Er wendet viel auf, läßt viel Geld
aufgehen, wendet viel Geld auf seine Person und auf seyn Vergnügen. S.
auch Aufwand.
Aufwerfen (W3) [Adelung]
Aufwerfen, verb. reg. act. S. Werfen. 1. Durch Werfen öffnen. Eine
Thür mit Steinen aufwerfen. Die Karten aufwerfen, um zu sehen, wer
gibt, sie durch einen Wurf gleichsam öffnen.
2. In die Höhe werfen. a) Eigentlich. Das Meer wirft Schaum auf. Das
Wasser wirft Blasen auf. b) Figürlich. (1) Aufgraben. Einen Damm,
einen Wall, eine Schanze, einen Graben aufwerfen. Erde um einen Baum
aufwerfen. (2) Schnell in die Höhe richten, doch vielleicht nur von
der Nase. Sie sahe mich zweydeutig an, und warf die Nase auf, als ich
über sie lachte. Hermes. (3) Aufwärts biegen, sich werfen. Das Bret
hat sich aufgeworfen. Eine aufgeworfene, einwärts gebogene, Nase.
Aufgeworfene Lippen. Aufgeworfene Kapseln oder Feilen, krumm gebogene.
(3) Eigenmächtig auftreten, sich eigenmächtig zu etwas angeben. Sich
zum Könige, zum Anführer aufwerfen. Ihr werft euch immer zu Dingen
auf, wozu ihr keinen Beruf habt. Oft wirft sich die Leidenschaft
trotzig über ihre Regentinn, die Vernunft, zur Tyranninn auf, Dusch.
(4) Sich wider jemanden aufwerfen, sich wider denselben empören.3. Auf
einen andern Körper werfen. a) Eigentlich. Die Würfel aufwerfen, auf
den Tisch. b) Figürlich. Eine Frage aufwerfen, zur Beantwortung
vortragen, vorbringen. Einen Zweifel aufwerfen.Das Hauptwort die
Aufwerfung läßt sich in allen Fällen gebrauchen, wo das Verbum nicht
ein Reciprocum ist.
Aufwickeln (W3) [Adelung]
Aufwickeln, verb. reg. act. 1) Auf einen andern Körper wickeln.
Zwirn, Seide, Wolle aufwickeln, auf einen Knauel. Die Haare
aufwickeln, auf Papier. 2) Aus einander wickeln. Ein Papier
aufwickeln. Ein Kind aufwickeln, dessen Windeln aus einander wickeln.
3) In die Höhe wickeln, aufwärts wickeln. Die Strümpfe aufwickeln. In
aufgewickelten Haaren gehen. So auch die Aufwickelung.
Aufwiegeln (W3) [Adelung]
Aufwiegeln, verb. reg. act. welches das Frequentativum von aufwiegen
ist, aber nur in der figürlichen Bedeutung für aufhetzen, verhetzen,
besonders zum Aufstande verleiten, gebraucht wird. Einen wider den
andern aufwiegeln. Das Volk wider die Obrigkeit aufwiegeln. In einer
noch figürlichern Bedeutung kommt es zuweilen für reitzen, in Bewegung
setzen, überhaupt vor. Überall erblickte meine aufgewiegelte
Einbildung nichts als schauervolle Tiefen, von Brawe. Mein
aufgewiegeltes Gewissen stellt mir auf einmahl den schwärzesten Frevel
dar, ebend. Allein da dieses Wort einmahl einen verhaßten Nebenbegriff
hat, so ist dieser Gebrauch gewiß nicht der beste. So auch die
Aufwiegelung.
Anm. Frisch führet aus dem Dasypodio das einfache
weigeln, anreitzen, ergetzen, nöthigen, an. Die Schweden haben ihr
uppwiggla von den Deutschen entlehnet, aber in dessen Ableitung sind
ihre Sprachforscher sehr unglücklich gewesen.
Aufwiegeler (W3) [Adelung]
Der Aufwiegeler, oder kürzer Aufwiegler, des -s, plur. ut nom. sing.
der andere aufwiegelt, besonders, der die Unterthanen zum Ungehorsam
gegen die Obrigkeit anreitzet. Ein solcher unruhiger Unterthan wird im
Niedersächsischen auch Upmaker, Stakebrand, Bötefür, wovon die
Franzosen ihr Boutefeu haben, ferner Bellhamel, Fahnkefüer oder
Fannförer u. s. f. genannt. Das Bey- und Nebenwort aufwieglerisch,
welches im gemeinen Leben nicht unbekannt ist, ist niedrig.
Aufwiegen (W3) [Adelung]
Aufwiegen, verb. irreg. act. S. Wiegen. 1) Durch ein Hebezeug nach
und nach in die Höhe heben. 2) Wie aufwägen in der zweyten Bedeutung.
S. auch Wiegen und Abwiegen. 3) An Gewicht übertreffen; eine von dem
Steigen des leichtern Körpers in der Wageschale entlehnte Figur. Ein
Freund, der alle übrige aufwiegt.
Aufwindeln (W3) [Adelung]
Aufwindeln, verb. reg. act. von Windel, die Windeln auflösen. Ein
Kind aufwindeln, metonymisch. Daher die Aufwindelung.
Aufwinden (W3) [Adelung]
Aufwinden, verb. irreg. act. S. Winden. 1) Eine Sache auf die andere
winden. Zwirn, Seide, Faden aufwinden, auf einen Knauel, oder auf ein
Papier winden. 2) Vermittelst einer Winde in die Höhe schaffen. Einen
Wagen aufwinden, mit der Wagenwinde. Eine Last aufwinden, vermittelst
der Winde. So auch die Aufwindung.
Aufwirken (W3) [Adelung]
Aufwirken, verb. reg. act. 1) Von wirken, arbeiten, verrichten. (a)
Bey den Jägern so viel als aufschneiden. Ein Wild aufwirken. (b) Bey
den Bäckern, dem Brote die Gestalt, die es haben soll, mit der Hand
geben; oft auch so viel wie auswirken.2) Von wirken, weben. (a) Alles
Garn in ein Gewirke bringen. Alles Garn aufwirken. (b) Ein Gewirke
auflösen, aus einander wirken. So auch die Aufwirkung.
Aufwischen (W3) [Adelung]
Aufwischen, verb. reg. act. wischend aufheben. Blut, Wasser von der
Erde aufwischen. Daher die Aufwischung.
Aufwocken (W3) [Adelung]
* Aufwocken, verb. reg. act. um den Wocken winden; am häufigsten in
Niedersachsen für aufrocken. Flachs aufwocken.
Aufwölben (W3) [Adelung]
Aufwölben, verb. reg. act. in Gestalt eines hohen Gewölbes aufführen;
ein sonst ungewöhnliches Verbum, welches aber bey dem Opitz vorkommt:
Die Decke, welche dir dieß hohe Haus muß tragen Und du hast
aufgewölbt, ist unerschöpftes Meer.
Aufwollen (W3) [Adelung]
Aufwollen, verb. irreg. neutr. ( S. Wollen,) mit haben, aufstehen
wollen.
Aufwühlen (W3) [Adelung]
Aufwühlen, verb. reg. act. 1) Durch Wühlen in die Höhe bringen. Die
Schweine haben die Erde aufgewühlet. 2) Mit Wühlen ungleich machen,
öffnen. Den Erdboden aufwühlen.
Aufwuhnen (W3) [Adelung]
Aufwuhnen, verb. reg. act. die Wuhnen öffnen. Einen Teich, oder Fluß
aufwuhnen, aufeisen. S. Wuhne.
Aufwurf (W3) [Adelung]
Der Aufwurf, des -es, plur. die -würfe, dasjenige, was aufgeworfen
wird; besonders die Erde, welche bey Verfertigung eines Grabens,
Teiches u. s. f. auf- und ausgeworfen wird. Einen Aufwurf auf dem
Felde machen, Erde aufwerfen.
Aufzählen (W3) [Adelung]
Aufzählen, verb. reg. act. darzählen, auf den Tisch hinzählen,
besonders von dem Gelde. Geld aufzählen. Aufgezähltes Geld.
Aufzäumen (W3) [Adelung]
Aufzäumen, verb. reg. act. den Zaum anlegen; eigentlich das Pferd
vermittelst das Zaumes zwingen, den Kopf in die Höhe zu tragen. Ein
Pferd aufzäumen. In den Küchen werden diejenigen Hühner, welche
gebraten werden sollen, aufgezäumet, wenn man die eine Keule derselben
dem über den Rücken zurück gebogenen Kopfe und Schnabel einverleibet,
die andere aber in die Öffnung des Unterleibes steckt. So auch die
Aufzäumung.
Aufzehren (W3) [Adelung]
Aufzehren, verb. reg. act. verzehren, durch Zehren alle machen,
eigentlich von Eßwaaren. Die Soldaten haben alle Lebensmittel in
dieser Gegend aufgezehret.
Aufzeichnen (W3) [Adelung]
Aufzeichnen, verb. reg. act. figürlich für aufschreiben. Eine Ausgabe
aufzeichnen. Eine merkwürdige Begebenheit aufzeichnen. Daher die
Aufzeichnung.
Aufzeigen (W3) [Adelung]
Aufzeigen, verb. reg. act. wie aufweisen, vorzeigen. Einen Brief, ein
Zeugniß, einen Contract aufzeigen, zum Beweise vor Augen legen. Daher
die Aufzeigung.
Aufzerren (W3) [Adelung]
Aufzerren, verb. reg. act. 1) In die Höhe zerren. 1) Durch Zerren
öffnen.
Aufziehbrücke (W3) [Adelung]
Die Aufziehbrücke, plur. die -n, eine Brücke, welche entweder ganz
oder doch zum Theil aufgezogen werden kann.
Aufziehen (W3) [Adelung]
Aufziehen, verb. irreg. ( S. Ziehen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum, wo zugleich die eigentliche Bedeutung
des Verbi ziehen, trahere, die herrschende ist.1. Durch Ziehen öffnen.
Ein Schloß aufziehen, es durch Zurückziehung des Riegels öffnen. Den
Hahn an einem Schießgewehre aufziehen. In uneigentlicher Bedeutung
sagt man auch
von einem Pflas=ter, daß es ein Geschwür aufziehe, wenn es dasselbe
erweichet und öffnet.2. Eine Sache auf die andere ziehen oder spannen.
a) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Saiten aufziehen, auf ein
Instrument. Einen Übelthäter aufziehen, auf die Folter oder auf die
Leiter, welches in der Kunstsprache der Henker der Zug genannt wird.
Aufziehen bey den Webern, die Fäden der Länge nach ausspannen und sie
auf den Weberstuhl ziehen, welches in Niedersachsen reiten, reiien,
rijen, ingleichen scheren heißt; S. Aufzug. Ferner für aufkleben.
Einen Riß, einen Kupferstich aufziehen, ihn auf eine andere Fläche
kleben. b) Figürlich. Eine Sache aufziehen, ausschieben. Ingleichen,
jemanden mit einer Sache aufziehen, zur Ungebühr aufhalten. Man ziehet
uns mit dem Prozesse nun schon so lange auf. Ohne Zweifel kommt diese
figürliche Bedeutung von der ehemahls üblichen R. A. her, eine Sache
auf die lange Bank ziehen oder schieben. S. Bank. Gott zeucht die
Strafe auf, schiebt sie auf, braucht noch Matthesius in einer sehr
ernsthaften Rede.3. In die Höhe ziehen. a) In eigentlicher und
weiterer Bedeutung. Den Weinstock aufziehen, bey den Winzern, ihn aus
derjenigen Erde ziehen, mit welcher man ihn im Herbste bedeckt hatte,
welches die erste Arbeit im Frühlinge in den Weinbergen ist, so in
Franken auch ausschütten genannt wird. So auch Pflanzen, Wurzeln
aufziehen, aus der Erde ziehen. Ingleichen vermittelst eines Seites,
Bandes u. s. f. in die Höhe ziehen. Eine Brücke aufziehen. Die Anker
aufziehen, welches in der Sprache der Seefahrer, die Anker lichten
genannt wird. Die Segel aufziehen, Nieders. brassen, oder aufbrassen.
Einen Übelthäter aufziehen, an den Galgen. Eine Uhr aufziehen, die
Gewichte an derselben; eine R. A. welche auch von den Federuhren
gebraucht wird, ungeachtet sie keine Gewichte haben. Den Vorhang
aufziehen, welche Redensart eigentlich auf der Schaubühne gebraucht
wird, hernach aber auch figürlich von der Entwickelung oder Entdeckung
einer dunkeln Sache üblich ist. Wenn die Ewigkeit vor uns ihren
Vorhang aufziehet, Dusch. S. Vorhang. Eine Grube aufziehen, bedeutet
bey den Lohgärbern im metonymischen Verstande, das gar gemachte Leder
aus der Grube ziehen; indessen kann auch die erste Bedeutung der
Öffnung hier Statt finden. Die Sonne ziehet den Nebel, die Dünste u.
s. f. auf, sagt man, wenn sie durch Verdünnung der obern Luft macht,
daß die Dünste aufwärts steigen. Butter aufziehen, in den Küchen, sie
zu manchen Brühen mit Wasser und Mehl schmelzen, und dabey beständig
mit einem Löffel in die Höhe ziehen.b) Figürlich. (1) Durch
Hammerschläge nach oben zu ausdehnen. In diesem Sinne nennen die
Goldschmiede diejenige Arbeit aufziehen, welche bey den
Kupferschmieden auftiefen heißt, wenn sie nehmlich das bereits hohl
gegossene Silber mit dem Aufziehhammer auf dem Bechereisen dünner
schlagen und zugleich nach oben zu ausdehnen. (2) Wägen, besonders auf
der Probierwage wägen, weil dergleichen Wagen vermittelst eines Fadens
aufgezogen werden; worauf dieses Wort oft auch von einem jeden Wägen
gebraucht wird. Ein Goldstück aufziehen. Brot aufziehen u. s. f. (3)
Groß füttern, so wohl von Thieren, als auch von Kindern; von letztern
am häufigsten im gemeinen Leben. Kälber, Gänse aufziehen. Ein Kind
aufziehen, es ernähren, bis es groß wird; dagegen auferziehen, oder
besser erziehen, vorzüglich auf die Bildung des Geistes und der Sitten
siehet. (4) Zum Tanze auffordern. Eine Person zum Tanze aufziehen,
oder nur schlechthin aufziehen. Zog dich ein Schäfer auf, sogleich
verdroß es mich, Rost. (5) Jemanden aufziehen, sich in dessen
Gegenwart über seine Mängel lustig machen. Einen mit etwas aufziehen,
ihm dasselbe im Scherze oder Spotte vorrücken; gleichsam, ihn
öffentlich hervor ziehen, und in seiner Schwäche darstellen.II. Als
ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert; in welcher Gattung
es zunächst von ziehen, wandern, zusammen gesetzt ist. 1) Am Horizonte
herauf getrieben werden, besonders von Gewitterwolken. Es zieht ein
Wetter auf. Ein Sturm zieht auf, Schleg. Noch häufiger aber reciproce.
Es zieht sich ein Gewitter auf. 2) Auf die Wache ziehen, von Soldaten.
Die Wache zieht auf, ist bereits aufgezogen. 3) Einher gehen, in
Ansehung der Kleidung und des äußern Anstandes, gekleidet seyn. Er
zieht prächtig auf. Er zog wie ein Bettler auf. Ingleichen mit dem
Verbo kommen. Er kommt prächtig, liederlich aufgezogen. 4) Figürlich,
vorbringen, im verächtlichen Verstande. Komm mir mit dieser
Entschuldigung nicht aufgezogen. Da kommt er wieder mit einer Lügen
aufgezogen.Das Substantiv die Aufziehung, ist nur im Activo, aber auch
hier selten gebräuchlich, indem es von dem Hauptworte Aufzug fast
überall verdränget worden.
Aufzug (W3) [Adelung]
Der Aufzug, des -es, plur. die -züge. 1. Die Handlung des Aufziehens
in allen Bedeutungen dieses Verbi und dessen beyden Gattungen; ohne
Plural. Daher der Aufzug des Weines, eines Schlosses; der Saiten, des
Garnes bey den Webern u. s. f. Besonders das ungebührliche Aufschieben
einer Sache; der Aufzug eines Handels, eines Prozesses u. s. f.
Ingleichen ein feyerliches Einhertreten vieler. Ein feyerlicher
Aufzug. Einen prächtigen Aufzug halten. Ferner, der Aufzug der
Soldaten, auf die Wache. Ingleichen, ein jedes sonderbares
Einhertreten, besonders in Rücksicht auf die Kleidung und den äußern
Anstand. Was ist das wieder für ein Aufzug? Wer hätte sie in dem
Aufzuge vermuthet? in der Kleidung.2. Dasjenige, was aufgezogen wird.
Besonders, a) bey den Webern, dasjenige Garn, welches in die Länge auf
dem Weberstuhle ausgespannet, und sonst auch die Anschere oder
Anschüre, das Schergarn, bey den Kattunwebern die Kette, bey den
Tuchmachern das Werft oder die Wärfte genannt wird. b) In der
Baukunst, ein Riß, wie ein Gebäude äußerlich von einer Seite her in
das Auge fällt.3. Dasjenige, vermittelst dessen etwas aufgezogen wird.
So heißt an den Probierwagen diejenige Stange, woran die Wage hängt,
der Aufzug, und an einigen Orten führet diesen Nahmen auch der Krahn,
ein gewisses Werkzeug zum Aufziehen großer Lasten.4. In den
Schauspielen bezeichnet dieser Ausdruck gewisse Abschnitte derselben,
wodurch die ganze Fabel in mehrere Haupttheile getheilet wird, der
Act, die Handlung; eine Benennung, welche von dem Aufziehen des
Vorhanges, welches gemeiniglich, obgleich nicht alle Mahl, bey dem
Anfange eines solchen Haupttheiles zu geschehen pflegt, hergenommen
ist. S. auch Handlung.
Anm. So fern dieses Wort einen ungebührlichen
Aufschub bedeutet; hat man in Oberdeutschland davon das Adverbium
aufzüglich, d. i. was einen Aufschub hervor bringet. Ein aufzügliches
Urtheil ist daher in dieser Mundart dasjenige, was man sonst in den
Gerichten eine Sententiam interlocutoriam nennet.
Aufzugsgeld (W3) [Adelung]
Das Aufzugsgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) An
einigen Orten dasjenige Geld, welches ein Ankömmling, der sich an
einem Orte niederlassen will, der Obrigkeit zu entrichten hat, und
welches auch die Auffahrt genannt wird. 2) Dasjenige Geld, welches
Fahrzeuge für das Aufziehen der Schleusen und Brücken erlegen müssen;
Schleusengeld.
Aufzwängen (W3) [Adelung]
Aufzwängen, verb. reg. act. durch Zwängen oder Drücken öffnen. Eine
Thür, ein Schloß aufzwängen. S. Zwängen. Daher die Aufzwängung.
Aufzwecken (W3) [Adelung]
Aufzwecken, verb. reg. act. mit Zwecken auf etwas befestigen. Leder
aufzwecken, bey den Schustern und Gärbern. Die erstern bedienen sich
dabey der Aufzweckzange, welche an beyden Backen Zähne hat, das Leder
desto fester damit zu halten. Daher die Aufzweckung. Im gemeinen Leben
wird dieses Verbum oft auch aufzwicken geschrieben und gesprochen,
ungeachtet es nicht von zwicken, sondern von Zweck, claviculus,
herkommt.
Aufzwingen (W3) [Adelung]
Aufzwingen, verb. irreg. act. S. Zwingen. Einem etwas aufzwingen, ihn
zu dessen Annahme zwingen. Daher die Aufzwingung.
Augapfel (W3) [Adelung]
Der Augapfel, des -s, plur. die -äpfel. 1) Die runde häutige Kugel
voller Feuchtigkeiten hinten in der Augenhöhle, welche wegen ihrer
runden Gestalt den Nahmen eines Apfels bekommen hat. Ingleichen 2) der
mittelste schwarze Fleck in dem Auge, welcher eigentlich ein Loch in
dem traubenförmigen Häutchen ist, durch welches die Lichtstrahlen in
das Auge fallen, und sonst auch der Stern, Lat. pupilla, heißt. Weil
dieser Theil des Auges zum Sehen unentbehrlich ist, so sagt man im
gemeinen Leben von einer Person, die jemand sehr liebt, sie sey dessen
Augapfel.
Anm. Der Augapfel hieß schon im Angelsächsischen Eagaepl. Bey
dem Kero, Rabanus Maurus, Notker und andern Fränkischen und
Alemannischen Schriftstellern heißt er di Seha, woraus vermuthlich das
Westphälische Süne, für Augapfel entstanden ist. Ja in Obersachsen
nennt der große Haufe noch jetzt den Augapfel oder das Auge die Sehe,
und die Jäger pflegen die Augen des Hasen nie anders als die Sehen zu
nennen.
Äugeln (W3) [Adelung]
Äugeln, verb. reg. act. welches größten Theils veraltet ist. 1) Bey
einigen Gärtnern, für oculiren, d. i. das Auge eines Baumes in die
Rinde des andern setzen, welches zuweilen auch Augen heißt. 2) Bey den
Jägern, von den Hunden, sich umsehen. Ein Windhund äugelt gut, wenn er
sich fleißig umsiehet. 3) Blinzen, im Hochdeutschen wenig bekannt. 4)
Ehedem bedeutete es auch schmeicheln, so wie ein Äugler, Schwed.
Öglare, einen Schmeichler ausdruckte. Etwas von dieser Bedeutung ist
noch in dem zusammen gesetzten liebäugeln vorhanden.
Augen-Achat (W3) [Adelung]
Der Augen-Achat, des -es, plur. die -e, ein Achat, welcher dunkele
Flecken, und um denselben einen weißlichen Rand hat, der ihnen einige
Ähnlichkeit mit den Augen gibt, daher er auch Augenstein, Katzenauge,
Oculus Beli, und Sonnenauge genannt wird.
Augenader (W3) [Adelung]
Die Augenader, plur. die -n, ein Zweig der Median-Ader zwischen dem
Daumen und Zeigefinger, weil einige geglaubt, daß sie in
Augenkrankheiten mit Nutzen geöffnet werde. Sie heißt auch die
Hauptader oder Salvatell-Ader. Die Augenader bey den Pferden ist das,
was man bey dem Menschen die Schläfe nennet.
Augenarzt (W3) [Adelung]
Der Augenarzt, des -es, plur. die -ärzte, ein Arzt, welcher sich
vorzüglich mit Heilung der Krankheiten der Augen abgibt; ein Oculist.
Augenbalsam (W3) [Adelung]
Der Augenbalsam, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e, ein
künstlicher Balsam, für Beschwerden der Augen.
Augenblende (W3) [Adelung]
Die Augenblende, plur. die -n, an den Pferdegeschirren, was man
gemeiniglich das Scheuleder nennt. S. Augenleder.
Augenblick (W3) [Adelung]
Der Augenblick, des -es, plur. die -e, der Bild, oder das Zuschließen
der Augen. 1) In eigentlicher Bedeutung. Wer Luft zu reitzen sucht mit
falschen Augenblicken, Opitz; welche Bedeutung aber im Hochdeutschen
wenig mehr üblich ist. 2) Figürlich. (a) Die kurze Dauer eines solchen
Augenblicks, die man als untheilbar anziehet, und überhaupt eine sehr
kurze Zeit. Er ist den Augenblick da gewesen, vor einer unmerklich
kurzen Zeit. Ich zweifele nicht einen Augenblick daran. Verziehen sie
doch noch einen Augenblick. Ich schäme mich meiner Zärtlichkeit nicht
einen Augenblick. Erlauben sie, daß ich sie nur auf einige Augenblicke
allein unterhalten darf, Weiße. Im Augenblick, mit einer
ungewöhnlichen Geschwindigkeit. Die Augenblicke zählen, eine Sache,
welche abwesend ist, jeden Augenblick wünschen, sehnlich auf etwas
hoffen. (b) Der günstige Zeitpunkt zur Ausführung einer Sache. Achat,
der Augenblick will hier gewählet seyn, Schleg.
Anm. Notker druckt den
Augenblick durch Slago dero brauuo aus. Wachter möchte die letzte
Hälfte des Wortes Augenblick lieber von dem veralteten plagen, Griech.
- hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, als von blicken
herleiten; allein die Bedeutung des letzteren findet hier wenigstens
eben so natürlich, als des erstern Statt. Im gemeinen Leben gebraucht
man zuweilen auch, obwohl ohne Noth, das Diminutivum ein
Augenblickchen, eine kurze Zeit anzudeuten.
Augenblicklich (W3) [Adelung]
Augenblicklich, adv. im Augenblicke. Das traurige Gerücht flog
augenblicklich über das Land. Das Adjektiv, eine augenblickliche
Freude, welche nur einen Augenblick dauert, ist nicht allein
ungewöhnlich, sondern auch wider die Bedeutung des Adverbii.
Augenblicks (W3) [Adelung]
+ Augenblicks, adv. in eben tiefer Bedeutung, nur daß von niedrigem
Gebrauche ist, ungeachtet Günther und Schlegel dasselbe gebraucht
haben.
Augenblüthe (W3) [Adelung]
Die Augenblüthe, plur. inusit. ein Nahme, welchen bey einigen auch
der Gauchheil, Anagallis arvensis, L. führet.
Augenbogen (W3) [Adelung]
Der Augenbogen, des -s, plur. ut nom. sing. der runde gefärbte Kreis
um den Stern oder Augapfel in der zweyten Bedeutung, welcher
eigentlich ein Theil der traubenförmigen Haut ist, welcher durch das
Hornfell durchscheinet, Lat. Iris, auch Augenring.
Augenbraune (W3) [Adelung]
Die Augenbraune, plur. die -n, der haarige Rand über der Augenhöhle.
Die letzte Hälfte dieses Wortes wird auf verschiedene Art geschrieben
und gesprochen. Die Oberdeutschen sagen Augenbramen, und einige andere
Gegenden Augenbrauen. Bram, Braun, und Brau bedeuteten in den alten
Deutschen Mundarten einen Rand. S. Brame. Brau erkläret Henisch noch
ausdrücklich durch Rand, Umkreis, und das Nordische Brun, Bryn, das
Engl. Brow und Holländ. Brawe sind in tiefer Bedeutung bekannt genug.
Bey dem Raban Maurus heißen die Augenbrauen Windbrauua, womit das
heutige Niedersächsische Wienbraan, oder Wiembraan und das Fränkische
Windbrauen überein kommt. In den Gloss. Florent. kommt in dieser
Bedeutung Ubarbrawe, im Angelsächsischen Oferbrow, und in dem 1483 zu
Augsburg gedruckten Buche der Natur überpraen vor; denn durch
Augprauen werden in dem letzteren die Augenlieder und Augenwimpern
verstanden, welche in den mittleren Zeiten mehrmahls diesen Nahmen
führen, weil sie gleichfalls einen Rand des Auges ausmachen. Das
Angelsächs. Braewe, das Brauuo bey dem Notker, und das Schwedische
Ogon bryn haben gleichfalls beyde Bedeutungen. Die Augenbrün der
Morgenröthe, Hiob. 3, 9, sind auch nichts anders als die Augenlieder.
Bey den Schwäbischen Dichtern kommt auch das einfache der "Bran" und "Bra" für Augenbraune vor. So singt z. B. Markgraf Heinrich von Meißen: Ir
brune bra ir ougen klar Pranapzen ist ein sonst unbekanntes Wort,
welches aber um das Jahre 1400 in der Schwäbischen Mundart für
Augenbraunen, oder vielmehr für Augenlieder vorkommt.
Augenbunzen (W3) [Adelung]
Der Augenbunzen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Stämpel oder Bunzen
der Goldschmiede, kleine erhöhete Puncte oder Körper damit zu
schlagen.
Augenbutter (W3) [Adelung]
Die Augenbutter, plur. car. S. Augenschleim.
Augendiener (W3) [Adelung]
+ Der Augendiener, des -s, plur. ut nom. sing. ein sehr übel zusammen
gesetztes und daher auch wenig mehr gebräuchliches Wort, einen Diener
auszudrucken, der sich nur so lange gefällig erweiset, als er gesehen
wird, der gleichsam nur den Augen dienet. Einen solchen Menschen
nannten die Niedersachsen ehedem ein Ögeler und die Oberdeutschen
Äugeler.
Augendienst (W3) [Adelung]
+ Der Augendienst, des -es, plur. die -e. 1) Ein Dienst, der nur zum
Scheine geschiehet; ein gleichfalls wenig mehr gebräuchliches Wort,
weil die Bedeutung so wie in dem vorigen zu elliptisch ist. Hagedorn
hat in dieser Bedeutung das Wort Augendienerschaft, welches noch
ungewöhnlicher ist. 2) Bey einigen auch der Nahme einer Pflanze,
welche gemeiniglich Augentrost, genannt wird; Euphrasia, L.
Augeneisen (W3) [Adelung]
Das Augeneisen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Schmelzhütten, ein
Eisen mit einem Stiele, das Auge in dem Ofen damit zu öffnen; ein
Stecheisen.
Augenfisch (W3) [Adelung]
Der Augenfisch, des -es, plur. die -e, in der Naturgeschichte,
Fische, welche außer den wahren natürlichen Augen, schwarze oder
braune geringelte Flecken, welche den Augen gleichen, am Leibe haben;
dergleichen die Neunaugen, die Augenforelle, der Augenroche und die
Augenscholle sind.
Augenfluß (W3) [Adelung]
Der Augenfluß, des -sses, plur. die -flüsse, ein Fluß an den Augen.
Ingleichen, der Fluß wässeriger Säfte aus den
Augen, welche eigentlich durch die puncta lachrymalia in die Nase
gehen sollten; das Augentriefen, Epiphora, Oculus lachrymans.
Augenförmig (W3) [Adelung]
Augenförmig, adj. und adv. die Form oder Gestalt des Auges habend,
den Augen an Gestalt ähnlich.
Augenglas (W3) [Adelung]
Das Augenglas, des -es, plur. die Augengläser. 1) Ein geschliffenes
Glas zum Behuf blöder Augen. 2) In den Fernröhren dasjenige Glas,
welches gegen das Auge gehalten wird, im Gegenmaße des
Objectiv-Glases.
Augengrube (W3) [Adelung]
Die Augengrube, plur. die -n, bey den Pferden die Grube über den
Augen.
Augenhöhle (W3) [Adelung]
Die Augenhöhle, plur. die -n, die Öffnung in den Knochen des Kopfes,
in welcher das Auge liegt, und welche von sieben zusammen stoßenden
Knochen gebildet wird.
Augenholz (W3) [Adelung]
Das Augenholz, des -es, plur. die -hölzer. 1) Ein Nahme, welchen
einige auch dem Paradiesholze geben, vermuthlich weil es die Augen
stärken soll; ohne Plural. S. Aloe 2. 2) In den Schmelzhütten, ein
Holz, das Auge in dem Ofen damit zu bilden.
Augen-Korall (W3) [Adelung]
Der Augen-Korall, des -es, plur. die -en, in der Naturgeschichte, der
gemeine weiße Korall mit eingedrückten zwiefachen Sternen; Madrepora
oculata, L.
Augenkraut (W3) [Adelung]
Das Augenkraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, welchen an einigen
Orten das Schöllkraut, Chelidonium majus, L. führet, weil dessen Saft
und Wasser wider Augengeschwüre und den Staar gerühmt wird. S. auch
Augentrost.
Augenleder (W3) [Adelung]
Das Augenleder, des -s, plur. ut nom. sing. Etüde Leder, welche man
scheuen Kutschpferden an den Augen anbringt, damit sie nicht auf die
Seite sehen können; das Scheuleder, der Augendeckel, die Augenblende,
das Blendleder.
Augenlied (W3) [Adelung]
Das Augenlied, des -es, plur. die -er, die bewegliche Decke über und
unter den Augen. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist das alte Lid, ein
Gelenke, welches noch jetzt in Niedersachsen üblich ist, wo es einem
Deckel, der an einem Gewinde beweglich ist, bedeutet. S. Glied. In
einem alten Vocabelbuche von 1482 wird es auch Augengelied
geschrieben. Im Niedersächsischen heißt es Ogenlid, im Schwedischen
Ögonhwarf, von war, decken, und im Angelsächsischen Eaghringar. Daß
das Augenlied, und besonders die daran befindlichen Haare, die
Augenwimpern, ehedem auch Augenbraune und Augenbrün genannt worden,
ist schon bey dem Worte Augenbraune angemerket worden. Luther hat den
Plural einige Mahl, als Ps. 11, 4; Sprichw. 4, 25; Kap. 30, 13; Jerem,
9, 18, Augenliede gemacht, vermuthlich auch Veranlassung der
Niedersächsischen Mundart, wo Lid in der Mehrheit Lide hat.
Augenlust (W3) [Adelung]
Die Augenlust, plur. car. das Vergnügen, welches durch das Anschauen
einer Sache erwecket wird, und die Begierde, welche dadurch entstehet;
ein Ausdruck, welcher nur im biblischen Verstande, von einer
ungeordneten Luft üblich ist.
Augenmarmor (W3) [Adelung]
Der Augenmarmor, des -s, plur. inusit. ein gefärbter Marmor, dessen
Flecken den Augen nicht unähnlich sehen, und der besonders in dem
Salzburgischen gebrochen wird.
Augenmaß (W3) [Adelung]
Das Augenmaß, des -es, plur. inusit. 1) Ein ungefähres, mit den
bloßen Augen genommenes Maß. Nach dem Augenmaße kaufen, im Gegensatze
des Kaufes nach Maß und Gewicht. Eine Sache nach dem Augenmaße
beurtheilen. 2) Die Fertigkeit, das Maß oder Gewicht einer Sache mit
den bloßen Augen zu bestimmen, oder in weiterer Bedeutung, die
Beschaffenheit eines sichtbaren Gegenstandes und dessen Verhältnisse
mit andern aus dem bloßen Anblicke zu beurtheilen. Ein gutes Augenmaß
haben.
Augenmerk (W3) [Adelung]
Das Augenmerk, des -es, plur. inusit. das Merk oder Zeichen, worauf
die Augen gerichtet sind, dasjenige worauf die Augen merken. Also, 1)
eigentlich, das Ziel einer körperlichen Handlung. 2) Ein Merkmahl für
die Augen. So nehmen sich die Schiffer gewisse Augenmerke, die
Gegenden in der See daran wieder zu erkennen; edler Merkmahl. 3)
Figürlich, das Ziel einer Beschäftigung des Geistes. Das Gegenwärtige
ist niemahls unser Ziel; das Vergangene und Gegenwärtige sind nur die
Mittel; das Zukünftige allein ist unser Augenmerk. 4) Die Richtung des
Gemüthes auf etwas, die Aufmerksamkeit. Die Liebe der Ehe mit einem
stäten Augenmerke auf ihre ehrwürdige Absicht durch Klugheit regieren,
Gell. In dieser Bedeutung, welche gewiß nicht die beste ist, gebraucht
Opitz so wohl dieses Wort, als auch das noch ungewöhnlichere
Augenmerkung, in höherer Bedeutung von Gott: - Er hält seyn Augenmerk
Auf seiner Menschen Thun. Ingleichen: Denn nichts ist, drauf nicht
der, von welchen alles hanget, Mit seiner Gegenwart und Augenmerkung
langet. 5) In der Kriegeskunst bey einigen Neuern, die Fertigkeit, die
Lage und Eigenschaft einer Gegend, mit allen ihren Vortheilen und
Unbequemlichkeiten in der Geschwindigkeit zu übersehen; Franz. le Coup
d'oeil, welchen Begriff es doch nicht erschöpft.
Augen-Muskel (W3) [Adelung]
Der Augen-Muskel, des -s, plur. die -n, Muskeln in der Gegend des
Auges, dessen Bewegungen zu leiten.
Augennicht (W3) [Adelung]
Der Augennicht, des -es, plur. inusit. ein weißer metallischer Kuß,
der sich über den Öfen ansetzet, in welchen Kupfer, Messing oder
Glockenspeise geschmelzet wird, und gut für die Augen seyn soll;
Almey, Graunicht, Weißnicht, Onochitis. S. Nicht.
Augen-Onyx (W3) [Adelung]
Der Augen-Onyx, des -es, plur. die -e, eine Art Onyx mit
augenförmigen Flecken. Eine ähnliche Art Opal, führt daher auch den
Nahmen des Augen-Opales. Der letztere wird auch Katzenauge,
Sonnenauge, Sonnenwende und Elementstein genannt, und soll eigentlich
kein Opal seyn, weil er am Stahle Feuer gibt.
Augenpappel (W3) [Adelung]
Die Augenpappel, plur. die -n, ein Nahme, welchen auch die
Siegmarswurz, oder der Fellriß, Malva Alcea, L. wegen ihrer Wirkung in
Augenkrankheiten, führet.
Augenpulver (W3) [Adelung]
Das Augenpulver, des -s, plur. inusit. 1) Ein Pulver für Gebrechen
der Augen. 2) Im ironischen Scherze, eine kleine Schrift, weil sie die
Augen schwächet.
Augenpunct (W3) [Adelung]
Der Augenpunct, des -es, plur. die -e. 1) In der Perspective,
derjenige Punct auf der Tafel, wo die Linie hinfällt, die aus dem Auge
des Zuschauers senkrecht darauf gezogen wird; der Gesichtspunct,
Hauptpunct. 2) Derjenige, worauf man seine Aufmerksamkeit oder Absicht
richtet, wie Augenmerk 1, 2; sehr ungewöhnlich.
Augenring (W3) [Adelung]
Der Augenring, des -es, plur. die -e, S. Augenbogen.
Augenroche (W3) [Adelung]
Der Augenroche, des -n, plur. die -n, S. Augenfisch Es wird auch der
Spiegelroche genannt. Bey dem Linne heißt er Raja Miraletus.
Augensauger (W3) [Adelung]
Der Augensauger, des -s, plur. ut nom. sing. ein neu entdecktes
See-Insect, welches man meisten Theils an den Augen der Brunnfische,
(Sprats) hangen findet, aus welchen er vermittelst eines langen
Rüffels sauget.
Augenschein (W3) [Adelung]
Der Augenschein, des -es, plur. car. das Anschauen, die unmittelbare
Besichtigung einer Sache. Etwas in Augenschein nehmen, und, wenn von
hohen Personen die Rede ist, nach der übertriebenen Höflichkeit der
Hofsprache, etwas in hohen oder höchsten Augenschein nehmen, es mit
Aufmerksamkeit besehen.
Der Augenschein lehret es, oder gibt es. Auf Augenschein fahren, in
der Bergwerken, eine Grube besichtigen. Einen Augenschein, eine
gerichtliche Besichtigung, Ocular-Inspection, vornehmen, oder
einnehmen. Ein Beweis auf Augenschein, in den Rechten.
Anm. Ehedem
bedeutete dieses Wort noch, 1) den Glanz der Augen, oder die Augen
selbst, in welchem Sinne es den Dichtern des vorigen Jahrhundertes
sehr geläufig war. Du rissest dir mein Herz hinzu Mit deiner scharfen
Augenscheine, Opitz. Dein Augenschein, mit seiner schönen Zier, Der
wolle nun auf deinem Knecht doch sehen, ebend. Ps. 119, 68. 2) Den
Anblick, die Gegenwart. - O Herr worauf ich richte Den ganzen Sinn,
das ist ein Augenschein, ebend. In der Bedeutung einer gerichtlichen
Besichtigung ist in Oberdeutschland, wenigstens in der Schweiz, auch
der Plural die Augenscheine üblich. In dem Canton Glarus hat man ein
besonderes Augenscheingericht, dessen Verrichtung mir aber nicht gewiß
bekannt ist. Das zusammen gesetzte beaugenscheinigen, in Augenschein
nehmen, sollte man immer den Kanzelleyen überlassen.
Augenscheinlich (W3) [Adelung]
Augenscheinlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) In die Augen scheinend
oder leuchtend. Ein augenscheinlicher Beweis. Der Baum ist
augenscheinlich krumm. 2) Figürlich, evident, so gewiß, daß man nur
eine klare Vorstellung bedarf, es einzusehen. Eine augenscheinliche
Gefahr. Ein Vergeben ist augenscheinlich.
Augenscheinlichkeit (W3) [Adelung]
Die Augenscheinlichkeit, plur. inusit. die Eigenschaft, nach welcher
eine Sache augenscheinlich ist, in beyden Bedeutungen; die Evidenz.
Augenschießer (W3) [Adelung]
Der Augenschießer, des -s, plur. ut nom. sing. der Nahme eines
Insectes, welches gemeiniglich die Jungfer, oder Wasser-Nymphe,
genannt wird, und große hervor fliehende Augen hat; Libella, L. S.
Jungfer.
Augenschlange (W3) [Adelung]
Die Augenschlange, plur. die -n, eine Art sehr giftiger Schlangen,
mit augenförmigen Flecken auf beyden Seiten des Rückens, welche wie
ein Pfeil auf ihre Beute schießet, daher die auch Schießschlange
genannt wird; Coluber aurora, L.
Augenschleim (W3) [Adelung]
Der Augenschleim, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e. 1) Eine
Arzeney für die Augen in Gestalt eines Schleimes. 2) Eine zähe
Feuchtigkeit in den Augenwinkeln, welche auch Augenbutter genannt
wird.
Augenschnecke (W3) [Adelung]
Die Augenschnecke, plur. die -n, gewundene Schnecken, welche mit
augenförmigen Flecken versehen sind.
Augenscholle (W3) [Adelung]
Die Augenscholle, plur. die -n, S. Augenfisch.
Augenschwamm (W3) [Adelung]
Der Augenschwamm, des -es, plur. von mehrern Arten, die -schwämme,
eine Art Meerschwamm, dessen Oberfläche mit runden Löchern besetzt
ist; Spongia oculata, L.
Augenspiegel (W3) [Adelung]
Der Augenspiegel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine veraltete
Benennung einer Brille. 2) Eine Art Schmetterlinge mit schönen
augenförmigen Flecken auf den Flügeln.
Augenspiel (W3) [Adelung]
Das Augenspiel, des -es, plur. die -e, die Bewegung der Augen. Das
verliebte Augenspiel.
Augensprache (W3) [Adelung]
Die Augensprache, plur. inusit. der Ausdruck seiner Empfindungen oder
Vorstellungen durch die Bewegung der Augen.
Augensprosse (W3) [Adelung]
Der Augensprosse, des -n, plur. die -n, bey den Jägern, die untersten
Enden oder Spitzen an den Hirschgeweihen, deren an jeder Seite Einer
nahe an dem Kopfe über dem Auge sitzet. Sie werden auch Weidsprossen,
genannt. Vielleicht nicht so wohl von Sprosse, germen, als vielmehr
von Sprosse, Sprüßel gradus scalaris. S. Eissprüßel und Sprosse.
Augenstein (W3) [Adelung]
Der Augenstein, des -es, plur. die -e. 1) Eine jede Steinart, welche
dunkele, den Augen ähnliche Flecken mit einem weißlichen Rande hat;
dergleichen der Augen-Achat, Augenmarmor, Augen-Onyx und Augen-Opal
sind. 2) Ein kleiner glatter Stein von Gestalt und Farbe wie eine
Linse, der nur um Grenoble gefunden werden soll, und von einigen in
die Augen gelegt wird, wenn etwas Unreines hinein gekommen ist. 3)
Auch ein Nahme des weißen Vitriols, oder Galitzensteines, weil er gut
für die Augen seyn soll.
Augenstern (W3) [Adelung]
Der Augenstern, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen einige auch
dem Augapfel beylegen.
Augentriefen (W3) [Adelung]
Das Augentriefen, des -s, plur. car. S. Augenfluß. Daher
augentriefig, adj. et adv. triefende Augen habend.
Augentrost (W3) [Adelung]
Der Augentrost, des -es, plur. car. 1) Ein Nahme, welcher
verschiedenen Pflanzen, wegen ihrer vorgegebenen Kräfte in
Augenkrankheiten beygeleget wird. (1) Gemeiniglich führet ihn eine
Pflanze, welche auf den dürren Wiesen und Tristen Europens wächset,
deren Wirkung in Augenkrankheiten aber ohne Grund gerühmet wird;
Euphrasia officinalis, L. Norweg. Oeyentröst, Dän. Oeynetröst, Engl.
Eyebright, Holl. Ooghentroost. Sie wird von einigen auch Augendienst,
Augenkraut, und Hirnkraut genannt. (2) Das Vergiß-mein-nicht, oder
Mäuseöhrlein; Myosotis palustris, L. ist unter dem Nahmen des blauen
Augentrostes gleichfalls bekannt. (3) Wird auch das folgende
Augentrostgras von einigen nur schlechthin Augentrost genannt. 2) Ein
Liebkosungswort des gemeinen Lebens.
Augentrostgras (W3) [Adelung]
Das Augentrostgras, des -es, plur. inusit. eine Grasart, welche wegen
ihrer Heilkräfte in Augenkrankheiten eben so berühmt ist, als der
eigentliche Augentrost; Stellaria Holostea, L. Im Deutschen auch
Sternpflanze.
Augenwasser (W3) [Adelung]
Das Augenwasser, des -s, plur. von mehreren Arten, ut nom. sing. 1)
Ein zubereitetes Wasser wider böse Augen. 2) Das Wasser, welches aus
triefenden Augen fließt; ohne Plural.
Augenweh (W3) [Adelung]
Das Augenweh, des -es, plur. inusit. ein Schmerz in den Augen.
Augenweite (W3) [Adelung]
Die Augenweite, plur. die -n, diejenige Entfernung, welche man mit
bloßen Augen erreichen kann.
Augenwimmer (W3) [Adelung]
Die Augenwimmer, oder Augenwimper, plur. die -n, der haarige Rand an
den Augenliedern, welcher aus steifen, gekrümmten Haaren besteht.
Anm.
Frisch leitet die letzte Hälfte dieses Wortes von dem Verbo wimmern,
vibrare, her, weil man auch sagt, mit den Augen wimmern, sie oft auf
und zu machen. Allein es scheinet vielmehr das alte und noch im
Niedersächsischen gebräuchliche Windbrauua, Wienbraan, zu seyn,
wodurch man, wie schon bey Augenbraune bemerkt worden, auch diese
letztere bezeichnete; ob mir gleich die Bedeutung der Sylbe Wind, oder
Wien noch nicht ganz deutlich ist. Vielleicht gehöret sie zu dem Verbo
winken, welches, wie man aus dessen Form siehet, eigentlich ein
Frequentativum ist. Weinbraan würde alsdann einen beweglichen Rand
bedeuten. Im Niedersächsischen werden die Augenwimmern Ogenwimen und
Ogenwymers genannt.
Augenwink (W3) [Adelung]
Der Augenwink, des -es, plur. die -e, ein Wink mit den Augen.
Augenwinkel (W3) [Adelung]
Der Augenwinkel, des -s, plur. ut nom. sing. der Ort, wo sich das
obere Augenlied mit dem untern vereiniget.
Augenwurzel (W3) [Adelung]
Die Augenwurzel, plur. die -n. 1) Die Wurzel des so genannten
Löwenzahns; Leontodon Taraxacum, L. welche eine kräftige Arzeney wider
die Flecken der Augen seyn soll; S. auch Fellriß. 2) Die Wurzel des
wilden Baldrians; Valeriana officin. L. gleichfalls wegen ihrer Kräfte
in Augengebrechen.
Augenzahn (W3) [Adelung]
Der Augenzahn, des -es, plur. die -zähne, die Hundszähne in den obern
Kinnbacken, weil ihre Wurzeln nach dem Auge zu gehen, die Spitzzähne,
wegen ihrer spitzigen Gestalt. In dem untern Kinnbacken heißen sie
eigentlich Winkelzähne. S. Hundszahn.
Augenzeuge (W3) [Adelung]
Der Augenzeuge, des -n, plur. die -n, ein Zeuge, der dasjenige, was
er bezeuget, selbst gesehen hat, und in weiterer Bedeutung, ein jeder,
der das, was er erzählet, selbst empfunden hat.
Äugig (W3) [Adelung]
Äugig, adj. et adv. Augen habend, ein Wort, welches nur in den
Zusammensetzungen einäugig, zweyäugig, hundertäugig, großäugig,
triefäugig u. s. f. üblich ist, in den Bergwerken aber auch für sich
allein, in der figürlichen Bedeutung für löcherig, bläsig, gebraucht
wird.
Äugleinsilber (W3) [Adelung]
Das Äugleinsilber, des -s, plur. inusit. bey den Bergleuten, Silber,
welches an die Drusen und Erzstufen angeschmauchet ist.
August (W3) [Adelung]
Der August, des -es, plur. inusit. oder der Augustmonath, des -es,
plur. die -e, der achte Monath im Jahre, der diesen Nahmen bey den
Römern dem Kaiser Augusto zu Ehren bekommen hat. Carl der Große gab
ihm den Nahmen Aranmanoth oder Erntemonath, der aber nie allgemein
geworden ist. In den Weinländern nennet man ihn im Scherze auch den
Weinkoch, weil die Weintrauben in demselben ihre Reife und Zeitigung
erhalten müssen.
Anm. Weil in den nördlichen Provinzen Deutschlands die
Ernte in diesen Monath fällt, so nennet man selbige in Niedersachsen
gleichfalls den Aust, ein Nahme, welchen die meisten nördlichen Völker
gleichfalls angenommen haben. Denn so heißt die Ernte bey den Dänen
und Schweden Host und Höst, bey den Wallisern Awst, bey den Bretagnern
Eawst, bey den Holländern Ooghst, und selbst bey den Franzosen
bedeutet Aout nicht allein den Augustmonath, sondern auch die Ernte.
Ernten heißt daher im Niedersächsischen austen, im Holländ. oogsten,
im Schwed. hösta, und bey den Bretagnern eausti.
Augustapfel (W3) [Adelung]
Der Augustapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art süßer, grüner,
runder Äpfel, welche im August oder in der Ernte reif werden, und auch
Honigäpfel, in Niedersachsen aber Splitken heißen.
Augustbirn (W3) [Adelung]
Die Augustbirn, plur. die -en, eine Art großer, süßer und saftreicher
Birnen, welche ein steiniges Fleisch haben, und in der Mitte des
Augustes reifen.
Augusteiche (W3) [Adelung]
Die Augusteiche, plur. die -n, S. Steineiche.
Augusthafer (W3) [Adelung]
Der Augusthafer, vulg. Augsthafer, des -s, plur. car. eine Art Hafer,
welche frühe und im August zur Reife kommt; Frühhafer, im Gegensatze
des Schwarz- oder Barthafers.
Augustiner (W3) [Adelung]
Der Augustiner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mönch von dem Orden
des heil. Augustinus, obgleich dieser nicht Stifter dieses erst zu
Anfange des 13ten Jahrhundertes entstandenen Ordens ist. Eine Nonne
von diesem Orden wird eine Augustinerinn, noch häufiger aber eine
Augustiner-Nonne genannt.
Augustkirsche (W3) [Adelung]
Die Augustkirsche, vul. Augstkirsche, plur. die -n, eine Art
braunrother Kirschen, von einem angenehmen säuerlichen Geschmacke,
welche in Thüringen und besonders um Erfurt auf den Äckern gezeuget
werden, und im August zur Reife kommen.
Augustlinde (W3) [Adelung]
Die Augustlinde, plur. die -n, eine Art Linden, deren Samen zeitiger
reif wird; S. Specklinde, Schmerlinde, im Gegensatze der Steinlinde.
Augustschein (W3) [Adelung]
Der Augustschein, des -es, plur. die -e, in der Astronomie der
Neumond, welcher im August einfällt. S. Schein.
Augustschwamm (W3) [Adelung]
Der Augustschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Art eßbarer
Schwämme, welche den Heiderlingen gleichen, aber bleicher von Farbe
sind, und gemeiniglich im Augustmonathe gefunden werden. Sie werden
auch Röthling und Rothschwämme genannt. S. diese Wörter.
Auhirsch (W3) [Adelung]
Der Auhirsch, oder Auenhirsch, des -es, plur. die -e, bey den Jägern,
derjenige Hirsch, der sich gerne auf Ebenen und Auen, oder in ebener
Waldung und sumpfigen Gehölze aufhält; der Land- oder gemeine
Waldhirsch, im Gegensatze des Birg- oder Bürghirsches und
Sandhirsches.
Aurecht (W3) [Adelung]
Das Aurecht, S. Auenrecht und Angerrecht.
Aurikel (W3) [Adelung]
Die Aurikel, plur. die -n, eine Pflanze, welche man bloß ihrer Blumen
wegen liebt, welche mit den Ohren der Bären einige Ähnlichkeit haben,
daher einige sie auch Bärenöhrlein und Bärsanikel nennen; Primula
Auricula L. In der Schweiz heißen sie Fluhblumen. Der Nahme Aurikel
ist aus dem Latein. Auricula.
Aurin (W3) [Adelung]
Der Aurin, des -es, plur. inusit. ein aus dem Lat. Aurina entlehnter
Nahme, der von einigen besonders zweyen Pflanzen wegen ihrer
medicinischen Kräfte gegeben wird. 1) Dem Tausendgüldenkraute,
Gentiana Centaurium, L. und 2) dem Gnadenkraute, Gratiola offic. L.
welches besonders wilder Aurin genannt wird.
Auripigment (W3) [Adelung]
Das Auripigment, des -es, plur. inusit. eine aus dem Lat.
Auripigmentum gebildete Benennung des gelben Arseniks, welche im
gemeinen Leben endlich gar in Operment, und im Franz. in Orpiment,
Orpin verunstaltet worden.
Aurora (W3) [Adelung]
Aurora, genit. Aurorens, dat. accus. Auroren, plur. car. 1) In der
Römischen Mythologie, die Göttinn der Morgenröthe, daher bey den
Dichtern auch die Morgenröthe selbst oft Aurora genannt wird. Du wirst
nicht mehr Auroren sehn Wenn sie vom Morgenhimmel blickt, Kleist.
Daher die Auror-Farbe, eine rothgelbe Farbe, etwas heller als Orange;
aurorenfarbig. 2) Eine Art Garten-Ranunkeln, von ihrer Farbe.
Ausackern (W3) [Adelung]
Ausackern, verb. reg. act. durch Ackern oder Pflügen aus der Erde
bringen. Steine, Wurzeln ausackern. Daher die Ausackerung.
Ausädern (W3) [Adelung]
Ausädern, verb. reg. act. von den Adern befreyen. Fleisch ausädern.
Eine Kalbsleber ausädern. Daher die Ausäderung.
Ausäffen (W3) [Adelung]
Ausäffen, verb. reg. act. Jemanden ausäffen, ihn ausspotten, in der
vertraulichen Sprechart.
Ausähren (W3) [Adelung]
Ausähren, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, von dem
gedroschenen Getreide die Ähren mit dem Rechen und Strohwische
absondern. S. Abfledern.
Ausalbeln (W3) [Adelung]
* Ausalbeln, verb. reg. neutr. mit haben, ausarten, in Schlesien
besonders von den Birnen. S. Albeln.
Ausantworten (W3) [Adelung]
Ausantworten, verb. reg. act. überliefern, übergeben; doch mehr in
der Sprache der Kanzelleyen und des gemeinen Lebens, als in der edlern
Schreibart. Einem etwas ausantworten. Daher die Ausantwortung.
Anm.
Dieses Wort kommt nicht von antworten, respondere, her, sondern von
Antwort, so fern es aus Wart zusammen gesetzet ist, und ehemahls
Gegenwart bedeutete. S. Antwort. Das einfache Antwort bedeutet bey den
Friesen noch jetzt Überlieferung, Übergabe. Unde dine dige antuuurte
demo hohesten, und leiste dem Höchsten dein Gelübde, heißt es bey dem
Notker. Thaz si inan Gote geantuuurtiten, daß sie ihn Gott
darstelleten, bey den Tatian.
Ausarbeiten (W3) [Adelung]
Ausarbeiten, verb. reg. act. 1) Aus der Tiefe arbeiten, vertiefte
Arbeit verfertigen, bey verschiedenen Handwerkern und Künstlern. Ein
Stück Metall mit dem Grabstichel, mit dem Meißel ausarbeiten. 2) *
Durch Arbeit heraus bringen. So bedeutet ausarbeiten bey den
Fleischern so viel, als dem geschlachteten Viehe die Haut ablösen.
Einen Ochsen ausarbeiten. 3) Durch Übung des Leibes zu seiner
Bestimmung geschickt machen. Der Soldat muß getummelt und
ausgearbeitet werden. Bey den Jägern bedeutet es, einen Hund nach den
Regeln der Kunst zur Jagd brauchbar machen. Doch wird es nur von den
Leit-Schweiß- und Bürschhunden gebraucht; von den Hühnerhunden heißt
es abrichten, und von den übrigen Jagdhunden gewöhnen und einhetzen.
In weiterer Bedeutung, bis zur Vollkommenheit bearbeiten. Einen
Kupferstich ausarbeiten. Ein ausgearbeitetes Gemählde. 4) Überhaupt,
nach einem gemachten Entwurfe durch Bemühung zu Stande bringen, in
seinen völligen Zusammenhang setzen; doch nur von den Werken des
Geistes. Einen Plan ausarbeiten, ihn in Gedanken nach allen seinen
Theilen entwerfen. Eine Schrift, eine Rede, ein Buch ausarbeiten. 5)
Aufhören zu arbeiten; als ein Neutrum mit haben. So auch die
Ausarbeitung, welches auch in der vierten Bedeutung für ein
ausgearbeitetes Werk des Geistes, eine Schrift, gebraucht wird.
Ausarten (W3) [Adelung]
Ausarten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, seine
gewöhnliche Art verlassen, aus der Art schlagen; da denn dieses Wort
eben so viele Schattirungen der Bedeutung leidet, als Art, und bald
von der Verminderung in der gehörigen Güte und Größe, bald von dem
veränderten Ausehen in den äußern Theilen gebraucht wird. S. auch
Abarten, von welchem es sich in dem Grade der Abweichung
unterscheidet. Manche Gattungen des Getreides arten sehr leicht aus.
Die Nelken arten aus, welches die Blumenliebhaber lieber ausfallen
nennen. Gemeiniglich wird ausarten nur von dem Übergange von einer
bessern Art zu einer schlechtern gebraucht; nicht aber umgekehrt.
Figürlich. Seine Schwermuth wird gewiß in Verzweifelung ausarten, zur
Verzweifelung werden. Ohne die Herrschaft des Verstandes über den
Willen arten die natürlichen Triebe in verderbliche Leidenschaften
aus. So auch die Ausartung, so wohl von den: Zustande, als auch von
einem ausgearteten Dinge. Maulesel, gefüllte Blumen, u. s. f. sind
bloße Ausartungen.
Anm. Ehedem war ausschlachten in eben dieser
Bedeutung üblich. S. Geschlecht und Schlachten. Hagedorn hat um des
Sylbenmaßes willen für ausarten, das sonst ungewöhnliche verarten
gewagt: Was mindert nicht die Zeit? Verarten wir nicht immer?
Ausathemen (W3) [Adelung]
Ausathemen, Ausathmen, verb. reg. ist, 1. ein Neutrum, mit dem
Hülfsw. haben, den Athem von sich stoßen, im Gegensatze des
Einathemens. 2. Ein Activum, mit dem Athem von sich geben, in der
höhern Schreibart. Du kamst hieher, deine letzten Seufzer auszuathmen,
und an meiner Seite dich zu begraben, Weiße. Sie athmeten schwer
seufzend Todesangst,Mit blassen halb verbrannten Lippen aus, Zachar.
Daher die Ausathmung.
Ausbacken (W3) [Adelung]
Ausbacken, verb. irreg. S. Backen. 1. Ein Activum. 1) Zur Genüge
backen, bis zu Ende backen. Der Bäcker hat das Brot nicht gut
ausgebacken. 2) Das Brot ausbacken, bey den Bäckern, das genug
gebackene Brot aus dem Ofen nehmen. Daher der Ausbäcker, ein Schieber,
womit selbiges geschiehet. 3) Fische, Frösche ausbacken, in den
Küchen, sie in Schmalz braten lassen.2. Ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte haben. 1) Zur Genüge gebacken werden. Eine Torte wohl
ausbacken lassen. 2) Das Backen vollenden, ingleichen aufhören zu
backen.
Ausbaggern (W3) [Adelung]
* Ausbaggern, verb. reg. act. welches nur in den Niederdeutschen
Seestädten üblich ist, verschlämmte Gräben oder Häfen mit dem Bagger
ausräumen. S. dieses Wort.
Ausballen (W3) [Adelung]
Ausballen, verb. reg. act. eingeballete oder in Ballen gepackte
Waaren aus einander nehmen. Daher die Ausballung.
Ausbannen (W3) [Adelung]
* Ausbannen, verb. reg. act. welches aber wenig mehr gebräuchlich
ist, aus einem Orte hinaus bannen, verbannen, vertreiben. Den Teufel
ausbannen, durch abergläubige Mittel aus einem Orte treiben. - Du hast
Die Völker aber ausgebannt, Opitz. Daher die Ausbannung.
Ausbau (W3) [Adelung]
Der Ausbau, des -es, plur. car. die Handlung des Ausbauens. Der
innere Ausbau eines Gebäudes.
Ausbauchen (W3) [Adelung]
Ausbauchen, oft auch Ausbäuchen, verb. reg. act. mit dem Hammer
bauchig treiben, bey verschiedenen Metallarbeitern. In der Baukunst
baucht sich ein Glied aus, wenn es sich nach außen zu ründet. Eben
daselbst heißt eine Säule ausbäuchen, den Schaft derselben gegen das
Drittheil seiner Höhe verdicken, und ihm dadurch das Ansehen einer
Spindel geben. Bey den Fuhrleuten ist ausbäuchen die Seiten eines
Wagen beladen, gleichsam einen Bauch machen. Eine Mauer baucht sich
aus, wenn sie vor Alter in der Mitte einen Bauch bekommt. Daher die
Ausbauchung und Ausbäuchung.
Ausbauen (W3) [Adelung]
Ausbauen, verb. reg. act. 1) Das Inwendige eines Gebäudes zur
Vollkommenheit bringen. Ein Haus ausbauen. Häuser bringt er mit
Unrecht an sich; er wird sie nicht ausbauenHiob 20, 19, nach des Herrn
Hofr. Michaelis Übersetzung. 2) Aufhören zu bauen, als ein Neutrum.
Daher die Ausbauung in der ersten Bedeutung.
Ausbäulen (W3) [Adelung]
Ausbäulen, verb. reg. act. bey den Goldschmieden und Klempenern, die
Bäulen mit einem hölzernen Hammer wieder heraus treiben; wie
ausbuckeln und aushämmern.
Ausbedingen (W3) [Adelung]
Ausbedingen, verb. irreg. act. S. Dingen, im gemeinen Leben, durch
beygefügte Bedingungen erhalten, sich vorbehalten. Sich etwas
ausbedingen. In einigen Gegenden sind dafür ausbehalten und
ausbescheiden, und in Niedersachsen bescheiden und ausbescheiden
üblich. Da denn auch Ausbeschied von demjenigen gebraucht wird, was
man sich ausbedungen hat. S. auch Ausdingen. Daher die Ausbedingung.
Ausbeeren (W3) [Adelung]
Ausbeeren, verb. reg. act. die Beeren nehmen; besonders bey den
Jägern, wo es von den Vögeln gesagt wird, wenn sie die Beeren aus den
Vogelschneiden heraus essen.
Ausbehalten (W3) [Adelung]
* Ausbehalten, verb. irreg. act. S. Ausbedingen, ingleichen Aushalten
II. und in der Anm.
Ausbeichten (W3) [Adelung]
Ausbeichten, verb. reg. act. 1) In der Beichte entdecken, besonders
figürlich und im gemeinen Leben, im Vertrauen aussagen, bekennen. Er
hat alles ausgebeichtet. Er soll mir schon ausbeichten. 2) Die Beichte
vollenden, als ein Neutrum.
Ausbeißen (W3) [Adelung]
Ausbeißen, verb. irreg. act. S. Beißen. 1) Durch Beißen, oder mit den
Zähnen heraus bringen. Sich einen Zahn ausbeißen. Deine ausgebissenen
Zähne verrathen dich, Less. 2) Aus einem Orte hinaus beißen,
eigentlich von Thieren, wenn sie einander wegbeißen. Die alten Bienen
beißen die jungen aus. Im gemeinen Leben aber auch figürlich, für
ausstechen, jemanden um des andern Gunst bringen, und ihn dadurch
vertreiben. Ich muß ihn auszubeißen suchen, denn er ist mir zu klug,
Weiße. Daher die Ausbeißung. 3) + Aufhören zu zanken, als ein Neutrum.
Hast du noch nicht ausgebissen?
Ausbeitzen (W3) [Adelung]
Ausbeitzen, verb. reg. act. welches das Frictitivum des vorigen ist,
durch Beitzen heraus bringen. Wildes Fleisch in der Wunde ausbeitzen.
Einen Flecken in der Wäsche ausbeitzen. Ingleichen durch Beitzen
reinigen. Ihr Herz hat eine Wunde, die ausgebeitzet werden muß. Daher
die Ausbeitzung.
Ausbelfern (W3) [Adelung]
Ausbelfern, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu belfern.
Ausbescheiden (W3) [Adelung]
Ausbescheiden, und Ausbeschied, S. Ausbedingen.
Ausbessern (W3) [Adelung]
Ausbessern, verb. reg. act. völlig besser machen. Alte Brücken, böse
Wege, alte Kleider ausbessern. Es ist Schade, daß ein so guter
Mutterwitz nicht durch die Wissenschaften ausgebessert worden, Less.
Daher die Ausbesserung, so wohl in der Bedeutung der Handlung, als
auch einer ausgebesserten Sache.
Ausbethen (W3) [Adelung]
Ausbethen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, seyn Gebeth zu
Ende bringen. Man lasse ihn doch ausbethen.
Ausbetten (W3) [Adelung]
Ausbetten, verb. reg. act. mit den nöthigen Betten versehen. Ein
Zimmer ausbetten.
Ausbeugen (W3) [Adelung]
Ausbeugen, verb. reg. act. S. Ausbiegen.
Ausbeute (W3) [Adelung]
Die Ausbeute, plur. die -n. 1) * Gemachte Beute; jetzt veraltet. Und
es war der übrigen Ausbeute, die das Kriegesvolk geraubet hatte, sechs
Mahl hundert und fünf und siebenzig tausend Schafe, 4. Mos. 31, 32.
Und sollt essen von der Ausbeute deiner Feinde, 5. Mos. 20, 14. Eben
so veraltet ist das Verbum ausbeuten, die Beute austheilen, Dan. 11,
24; ingleichen für plündern. 2) Ein jeder Gewinn nach Abzug aller
Kosten. Die Ausbeute von Fischereyen, Bienenstöcken, Salzwerken u. s.
f. welche letztere auch der Auslauf oder die Ausläufte genannt wird.
Am häufigsten kommt dieses Wort noch in den Bergwerken für den Gewinn
von der Bergarbeit in Ansehung der Gewerken vor. Die Ausbeute
austheilen oder geben. Die
Ausbeute heben, empfangen. Daher auch der Ausbeutekur, ein Kur, der an
einigen Orten dem Schichtmeister über den gewöhnlichen Lohn von den
Ausbeutezechen verstattet wird; der Ausbeutestock, in Freyberg, ein
eiserner Stock, in welchem die Ausbeutethaler, Gulden und Groschen, d.
i. dasjenige Geld, in welchem die Ausbeute den Gewerken ertheilet
wird, auf dem Ausbeutewagen, von Dresden nach Freyberg geliefert wird;
die Ausbeutegrube oder Ausbeutezeche, eine Grube oder Zeche, welche
Ausbeute gibt; der Ausbeutezettel, ein gedruckter Bogen, auf welchem
die Zubuße und Ausbeute alle Vierteljahre bekannt gemacht wird, u. s.
f.
Ausbeuteln (W3) [Adelung]
Ausbeuteln, verb. reg. act. aus dem Beutel schütteln. Das Mehl
ausbeuteln, bey den Müllern. + Das Geld ausbeuteln, im Oberdeutschen
aussäckeln, zahlreich ausgeben, im gemeinen Scherze. Noch niedriger
sind die R. A. einen ausbeuteln, ihn von barem Geld entblößen, ihn zu
vielen Ausgaben um unsertwillen bewegen, und sich ausbeuteln, sich vom
baren Gelde entblößen; welche zugleich eine harte und ungewöhnliche
Figur enthalten. Daher die Ausbeutelung.
Ausbiegen (W3) [Adelung]
Ausbiegen, verb. irreg. act. S. Biegen. 1) Heraus biegen oder von
innen auswärts biegen; ingleichen eine ausgebogene Gestalt geben.
Daher ausgebogene Manschetten, bey den Nähterinnen, welche bogenweise
genähet sind. 2) Aus dem Wege biegen oder lenken, mit einem Fuhrwerke.
Vor einem ausbiegen, ihm aus dem Wege fahren. Daher die
Ausbiegung.
Anm. Daß biegen und beugen bloß in der Mundart verschieden
sind, ist schon bey Abbiegen angemerket worden. S. auch Beugen. Die
höhere Schreibart zieht auch hier das ausbeugen vor.
Ausbiethen (W3) [Adelung]
Ausbiethen, verb. irreg. von biethen, pretium offerre, praebere. 1.
Neutrum mit haben. 1) Anfangen zu biethen, das erste Geboth thun;
wofür doch anbiethen, und für Ausgeboth Angeboth üblicher ist. 2)
Aufhören zu biethen. 2. Activum. 1) Etwas ausbiethen, es jedermann
anbiethen; im Österreichischen ausfeilen. 2) Einen ausbiethen, ihn
durch ein höheres Geboth vertreiben. 3) Einen Pachter, einen Miethmann
ausbiethen, ihm den Pacht, die Miethe aufsagen. 4) * Jemanden
ausbiethen, ihn zum Zweykampfe heraus fordern, im Hochdeutschen
ungewöhnlich. In den beyden letztern Bedeutungen ist es von biethen in
gebiethen. Daher die Ausbiethung in den Bedeutungen des Activi.
Ausbilden (W3) [Adelung]
Ausbilden, verb. reg. act. die Bildung einer Sache zur
Vollkommenheit. Die Kräfte des Geistes ausbilden, ihnen durch
Unterricht und Übung die gehörige Richtung und Güte geben. Gesellige
Eigenschaften, die man nicht genug ausbilden kann. Ein sehr
ausgebildeter junger Mensch. Und bildete die Kunst den rohen Marmor
aus, Was würden wir für große Männer haben, Gell. In den schönen
Künsten bedeutet dieser Ausdruck im engern Verstande, einem
Gegenstande diejenigen zufälligen Schönheiten mitteilen, die er seiner
Absicht nach haben muß. Daher die Ausbildung.
Ausbinden (W3) [Adelung]
"Ausbinden", verb. irreg. act. S. Binden, im gemeinen Leben, los binden und heraus nehmen, im Gegensatze des Einbindens. In engerer Bedeutung, durch ein solches Ausbinden aussuchen; welche Bedeutung zwar nicht mehr üblich ist, aber doch noch in dem Substantive "Ausbund" Statt findet. Daher die Ausbindung in der ersten allgemeinen Bedeutung.
Ausbitten (W3) [Adelung]
Ausbitten, verb. irreg. act. S. Bitten, durch Bitten zu erhalten
suchen. Sich etwas bey einem ausbitten. Ich werde mir dieses bey
deinem Herrn ausbitten. Ich bitte mir die Ehre ihres Besuches aus.
Darf ich mir es wohl als eineGnade ausbitten? Das bitte ich mir aus,
nehmlich, daß es nicht geschehe, ist im täglichen Umgange oft eine
ironische Art des Verbothes.
Ausblasen (W3) [Adelung]
Ausblasen, verb. irreg. act. S. Blasen. 1) Durch Blasen hinaus
schaffen. Das Inwendige eines Eyes ausblasen. Ingleichen metonymisch,
ein Ey ausblasen. 2) Auf Blase-Instrumenten an allen oder doch mehrern
Orten verkündigen. Den Frieden, einen Festtag ausblasen. Noch eh der
Mittag kommt, so stieget Fama schon Durch jedes Standquartier, und
bläst mit hohem Ton Den reichen Fremdling aus, Zachar. Figürlich im
gemeinen Leben, etwas überall bekannt machen. 3) Durch Blasen von sich geben. Die Seele ausblasen, sterben, in verächtlichen und niedrigen
und Ausdrücken. 4) Durch Blasen auslöschen. Das Licht ausblasen. Einem
das Lebenslicht ausblasen, figürlich und im gemeinen Leben, ihn des
Lebens berauben. In den Bergwerken bedeutet, den Ofen ausblasen, ihn
nach dem Schmelzen durch die Blasebälge abkühlen. So auch die
Ausblasung.
Ausbleiben (W3) [Adelung]
Ausbleiben, verb. irreg. neutr. ( S. Bleiben,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, auswärts bleiben, zur bestimmten Zeit nicht wieder
kommen. 1) Eigentlich. Über Nacht ausbleiben, außer dem Hause. Ich
werde nicht lange ausbleiben. 2) Figürlich. (a) Verzögern und
verzögert werden. Lange mit der Hülfe, mit der Bezahlung ausbleiben.
(b) Unterbrochen werden. Der Puls bleibt ihm aus. Der Athem ist ihm
ausgeblieben. (c) Aufhören. Das Fieber ist ausgeblieben. (d)
Ausgelassen werden. Hier sind viele Worte ausgeblieben. (e)
Unterbleiben. Die Strafe bleibt gewiß nicht aus. Das wird nicht
ausbleiben, es wird gewiß geschehen. (f) Nicht fortkommen besonders
von Pflanzen und Gewächsen. Es sind viele Bäume, die gepflanzet
worden, ausgeblieben. So auch das Ausbleiben, plur. car. Sein langes
Ausbleiben macht mich unruhig.
Anm. Das Adverbium ausbleiblich ist mehr
in dem zusammen gesetzten unausbleiblich, als für sich allein üblich.
Im gemeinen Leben wird für ausbleiben in allen obigen Bedeutungen auch
oft außer bleiben gebraucht. S. Außen, Anm.
Ausbleichen (W3) [Adelung]
Ausbleichen, verb. reg. 1. Activum, durch Bleichen heraus bringen. Es
ist zwar ein Flecken, aber doch ein Flecken, den die Zeit ausbleichet,
Less. 2. Neutrum. 1) Mit seyn, bleicher werden. Die Farbe ist
ausgebleichet; wofür doch verbleichen mit irregulärer Conjugation
üblicher ist. 2) Mit haben, aufhören zu bleichen. Daher die
Ausbleichung.
Ausblühen (W3) [Adelung]
Ausblühen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu blühen. Die Rosen
haben ausgeblühet.
Ausbluten (W3) [Adelung]
Ausbluten, verb. reg. 1. Activum, mit dem Blute von sich geben, in
der höhern Schreibart. Die Adern bluten Todesangst aus, Klopfst. 2.
Neutrum, mit haben. 1) Alles Blut vergießen, gleichfalls nur in der
höhern Schreibart. Laß mein Herz vor dir ganz ausbluten, Dusch, allen
seinen blutenden Gram ausschütten. 2) Aufhören zu bluten. Er hat
ausgeblutet.
Ausböden (W3) [Adelung]
* Ausböden, verb. reg. act. Ein Faß ausböden, bey den Böttchern, den
Boden darein bringen.
Ausbohlen (W3) [Adelung]
Ausbohlen, verb. reg. act. inwendig mit Bohlen versehen. Einen Stall
ausbohlen. Daher die Ausbohlung.
Ausborgen (W3) [Adelung]
Ausborgen, verb. reg. act. an andere verborgen. Geld aus borgen.
Daher die Ausborgung.
Ausbracken (W3) [Adelung]
Ausbracken, verb. reg. act. als Brack, oder als das Untaugliche
seiner Art wegschaffen, ingleichen metonymisch, von dem Bracke
befreyen; ein Wort, welches vornehmlich in der Landwirthschaft üblich
ist, wo es von der Aussonderung und Fortschaffung des untauglichen
Viehes im Herbste gebraucht wird, welche Verrichtung man sonst auch
ausmerzen nennet. Die Schafe, das Rindvieh ausbracken. Daher die
Ausbrackung. S. Brack.
Ausbragen (W3) [Adelung]
* Ausbragen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Kürschner. Die Felle
ausbragen, sie über ein Eisen ziehen, welches breiter und schärfer
ist, als der Buckeler. S. Bragen. Daher die Ausbragung.
Ausbraten (W3) [Adelung]
Ausbraten, verb. irreg. S. Braten. 1. Ein Activum. (a) Durch Braten
heraus bringen. Alles Fett ausbraten. (b) Zur Genüge braten lassen.
Eine Kalbskeule ausbraten. Daher die Ausbratung.2. Neutrum, mit dem
Hülfswort seyn. (a) Im Braten heraus bringen. Es bratet alles Fett
aus. (b) Zur Genüge braten. Laß die Keule ausbraten.
Ausbrauchen (W3) [Adelung]
Ausbrauchen, verb. reg. act. 1) Durch den Gebrauch ausleeren,
besonders von flüssigen Arzeneyen. Die Arzeney ist bereits
ausgebraucht. 2) Nicht mehr gebrauchen. Wie - - Der ausgebrauchte
Theil von uns sich selbst verschwitzt, Hall. Daher die Ausbrauchung,
Ausbrauen (W3) [Adelung]
Ausbrauen, verb. reg. act. 1) Im Brauen die gehörige Vollkommenheit
geben. Ein Bier, das wohl ausgebrauet ist. 2) Altes Malz brauet sich
besser aus, als frisches, läßt alle seine kräftigen Theile leichter
fahren. 3) Das Brauen vollenden, aufhören zu brauen; als ein Neutrum.
Ausbrausen (W3) [Adelung]
Ausbrausen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu brausen, so wohl
eigentlich von dem Winde, als auch uneigentlich von dem Biere und
Moste, ingleichen noch figürlicher, von Menschen und Thieren, deren
Wuth sich geleget hat. Der Wind, das Meer, das Bier, der Most hat
ausgebrauset. Wenn nur sein gährendes Herz erst ausgebrauset hat,
Less.
Ausbrechen (W3) [Adelung]
Ausbrechen, verb. irreg. ( S. Brechen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum.1. Durch Zerbrechen heraus bringen, so
wohl eigentlich, als auch in verschiedenen weitern und figürlichen
Bedeutungen. Einen Zahn ausbrechen. Einen Kern ausbrechen, aus der
Schale brechen. Einen Faden ausbrechen, bey den Webern, ihn, wenn er
in dem Aufzuge an einen unrechten Ort gezogen ist, abreißen und an den
rechten Ort bringen. Äste, Früchte ausbrechen, bey den Gärtnern,
untaugliche oder überflüssige Äste und Früchte an einem Baume
abbrechen, damit die übrigen desto besser wachsen. Ingleichen
metonymisch, einen Baum ausbrechen, ihn von den überflüssigen Ästen
und Früchten befreyen. Die Bienen ausbrechen, sie tödten, und das Werk
und Honig ganz heraus nehmen; mit einem alten Kunstworte zeideln. Die
gar gemachten Felle ausbrechen, bey den Weißgärbern, sie auch einem
Eisen ausstrecken, ihre Geschmeidigkeit zu vermehren, welches auch
stollen genannt wird. Die Brauer brechen Bier oder Wasser aus, wenn
sie es aus der Pfanne oder dem Bottige in die Rinnen schöpfen. Bey den
Jägern bedeutet es so viel als auswühlen, und die Landwirthe
gebrauchen es absolute von den Schafen und Pferden, wenn sie die
letzten Füllen- oder Lämmerzähne verlieren, welches zwischen dem
vierten und fünften Jahre zu geschehenpfleget. Bey den Pferden nennet
man dieses Ausbrechen auch schieben, abschieben.2. Im Erbrechen von
sich geben, im gemeinen Leben. Daher die Ausbrechung.II. Als ein
Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert.1. Ausgebrochen werden.
Der Zahn ist ausgebrochen. Der Damm brach an zwey Orten aus.2. Aus
einem Orte brechen, sich mit Gewalt aus einem Orte befreyen. Der
Verhaftete ist ausgebrochen. Noch mehr aber reciproce, sich
ausbrechen. Der Gefangene hat sich ausgebrochen. In dem Bergbaue
bedeutet ausbrechen so viel als auslenken, auf einem überfahrnen Gange
weiter fortbrechen. Rechts oder links ausbrechen, bey den Fuhrleuten,
aus dem Geleise biegen. Von dem rechten Wege ausbrechen, abkommen.3.
Den Augen auf eine unerwartete Art merklich werden, schnell hervor
kommen. 1) Eigentlich. Das Feuer bricht aus. Es ist in unserer
Nachbarschaft ein Feuer ausgebrochen. Die Blattern sind bereits an dem
Kinde ausgebrochen. Der Schweiß brach ihm aus. Mir bricht der
Angstschweiß hierüber aus. Die Freude brach mit großem Ungestüme aus.
Wie oft haben wir nicht Gelegenheit zu hassen, ohne diesen Haß ausbrechen zu lassen! Es ist meine größte Wollust, die Regungen des
Vergnügens bey andern ausbrechen zu sehen, Gell.
2) Figürlich, dem
Gehöre auf eine schnelle und lebhafte Art merklich werden. (a) Lautbar
werden, kund werden. Es ist endlich ausgebrochen, wer es gethan hat.
Es ist ein Geschrey (Gerücht) ausgebrochen. Wie glücklich schätzte ich
mich, wenn endlich dein Geheimniß ausbrach! Dusch. (b) In etwas
ausbrechen, es lebhaft von sich hören lassen. Er brach in ein lautes
Gelächter aus. In lauter Klagen und argwöhnische Beschwerden
ausbrechen. Sein Zorn brach in laute Schmähungen aus. Er brach in
diese Worte aus.
Anm. In dieser letzten Bedeutung hat ausbrechen alle
Mahl den Begriff einer heftigen Gemüthsbewegung bey sich, die sich
durch Worte und Töne an den Tag legt. Ausbrechen absolute, für
sprechen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, ob es gleich in Schlesien
und Oberdeutschland üblich zu seyn scheint. So geht es, brach er aus,
was fremd ist, muß stets gelten, Günth. Der Herr, so brach er oftmahls
aus, Verdient allhier ein ewig Haus, ebend. Es hängt in dieser
Bedeutung mit sprechen genau zusammen, so wie es in der Bedeutung des
Entsetzens zu brechen, glänzen, scheinen, gehöret. Allein beyde Verba
sind vermuthlich nur figürliche Bedeutungen von brechen, frangere, so
fern es ursprünglich eine Onomatopöie ist. S. Brechen und Sprechen.
Ausbrechen, für sich ausbreiten. Denn du wirst ausbrechen zur Rechten
und zur Linken, Es. 54, 3, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.
Ausbreiten (W3) [Adelung]
Ausbreiten, verb. reg. act. aus einander breiten, demjenigen, was
zusammen gelegt war, einen größern Raum in der Breite geben.1.
Eigentlich. Die Flügel ausbreiten. Die Arme ausbreiten. Die Hände zu
Gott ausbreiten. In welcher Bedeutung die gemeinen Mundarten so wohl
in Ober- als Niederdeutschland, spreiten, ausspreiten, gebrauchen.2.
In weiterer Bedeutung, einen größern Umfang, so wohl in der Breite als
Länge geben. Ein Tuch ausbreiten. Der Baum breitet sich sehr aus,
seine Zweige nehmen einen großen Raum ein. In den Blechhämmern breitet
man das Blech aus, wenn man demselben unter dem Hammer seine bestimmte
Breite gibt.
3. Figürlich. a) Bekannt machen. Ein Geheimniß ausbreiten, unter die
Leute bringen. b) Fortpflanzen, sich vervielfältigen. Dieß Geschlecht
hat sich weit ausgebreitet. Die Pflanzen breiten sich weit aus. Seine
Kenntnisse ausbreiten, sie erweitern, über mehr Gegenstände
erstrecken. c) Vielen mittheilen. Die Krankheit, das Übel, das Gerücht
hat sich weit ausgebreitet. Würde das Gute dadurch nicht über viele
ausgebreitet werden? d) Vertheilen, verbreiten. Die Liebe hat auch
Freuden, welche über die rauhesten Wege Blumen streuen, und über die
finstern Traurigkeiten frohe Strahlen ausbreiten, Dusch. Drohende
Klippen, die Nacht und heiliges Grauen um sich ausbreiten, ebend. e)
Sich über eine Sache ausbreiten, umständlich darüber reden. f) Sich in
einem merklichen Raume erstrecken, einen merklichen Umfang haben. Vor
uns breitet sich in unaufhörlicher Pracht ein von blauen Gebirgen
umgrenztes Thal aus, Dusch. Besonders wird das Particip. Pass.
ausgebreitet in der edlern Schreibart oft für vielfach, groß, einen
weiten Umfang habend, gebraucht. Ausgebreitete Absichten. Eine
ausgebreitete Erkenntniß. Ein ausgebreiteter Nutzen.So auch die
Ausbreitung.
Ausbrennen (W3) [Adelung]
Ausbrennen, ein Verbum, welches auf doppelte Art üblich ist.I. Als
ein Activum, so wohl mit regulärer als irregulärer Conjugation, ich
brennete aus, ausgebrennet, und ich brannte aus, ausgebrannt; wovon
doch die letztere Form immer noch die gewöhnlichere ist. 1) Das
Inwendige in einer Sache verbrennen, und sie dadurch hohl oder weiter,
oder auch nur rein machen; größten Theils metonymisch, so daß die
Sache selbst genannt, das Inwendige derselben aber verstanden wird.
Tressen, Tobakspfeifen ausbrennen. Einen Bienenstock ausbrennen, ihn
mit einem angezündeten Strohwische reinigen. Ein von der Sonne
ausgebrennetes (ausgedorrtes) Feld. In den Bergwerken bedeutet
ausbrennen durch Feuersetzen eine Öffnung in einer Grube machen. 2)
Durch das Feuer den gehörigen Grad der Vollkommenheit geben.
Ausgebrannte Töpfe, Ziegel u. s. f. die Gehörig gebrennet worden. 3)
Das Brennen beschließen. So bedeutet ausbrennen bey den Ziegel- und
Kalkbrennern, dem Ofen die letzte Hitze geben. S. auch Abbrennen.
Ingleichen in den Schmelzhütten, aufhören zu schmelzen. Daher die
Ausbrennung.II. Als ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation, und dem
Hülfsworte seyn. 1) Sein Inneres durch Feuer verlieren. Die Stadt ist
fast völlig ausgebrannt, fast alle Häuser in derselben sind in die
Asche gelegt worden. Ein ausgebranntes Haus, dessen Inwendiges von dem
Feuer verzehret worden. 2) Aufhören zu brennen. Laß das Feuer
ausbrennen. Das Feuer ist ausgebrannt.
Ausbringen (W3) [Adelung]
Ausbringen, verb. irreg. act. S. Bringen, aus einem Orte bringen,
heraus bringen, oder hinaus bringen. 1. In eigentlicher und weiterer
Bedeutung. Das Both, die Schaluppe ausbringen, in der Seefahrt, sie
aus dem Schiffe in das Wasser lassen. Ich kann den Flecken nicht
ausbringen, ich kann ihn nicht aus der Wäsche bringen. Silber
ausbringen, in den Schmelzbütten, ausschmelzen. Junge ausbringen, in
der Hauswirthschaft, für ausbrüten.2. Figürlich. 1) Bekannt machen,
unter die Leute bringen. Ein Geschrey, ein Gerücht ausbringen. Eine
Heimlichkeit ausbringen. Einen Gesundheit ausbringen, sie unter die
Gäste bringen. S. Bringen. Dem Neumond und der Mitternacht Sey dieser
Weihtrunk ausgebracht, Haged. Nach dem er ihn (den Becher) von neuem
ausgebracht, ebend. 2) Bewirken, durch seine Bemühung von jemanden
erhalten, nur in einigen Fällen, und am häufigsten in den Kanzelleyen.
Einen Befehl ausbringen, bey den Obern durch seyn Bitten veranlassen.
Sie haben die Untersuchung an sie ausgebracht, Raben. sie haben
gemacht, daß ihnen die Untersuchung aufgetragen worden. Der Hirtenlohn
wird nach der Hufe ausgebracht, aufgebracht. In Oberdeutschland ist
diese Bedeutung auch außer den Gerichten üblich. Der Zähren Bach, die
noch die minste GunstNicht ausgebracht, Opitz. So auch die
Ausbringung.
Anm. Im Oberdeutschen bedeutet dieses Wort auch
ausbreiten; wenigsten hat Opitz es ein Mahl in diesem Verstande
gebraucht: Seht nun, wie dieß Gesetz auch worden ausgebracht.
Ausbrodemen (W3) [Adelung]
* Ausbrodemen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, auswittern,
in dem Bergbaue; S. Brodem. Daher die Ausbrodemung, oder wie die
Bergleute sprechen, die Ausbrödung, für die Auswitterung.
Ausbruch (W3) [Adelung]
Der Ausbruch, des -es, plur. die -brüche. 1) Der Zustand des
Ausbrechens in den Bedeutungen des Neutrius. Der Ausbruch des Feuers,
der Blattern, einer Krankheit, einer Leidenschaft u. s. f. Zum
Ausbruche kommen, einen Ausbruch gewinnen, ausbrechen, in der dritten
Bedeutung des Neutrius. Wer hat seyn Herz stets so in seiner Gewalt,
daß er allen Regungen den Ausbruch verbiethen könnte? Kaum hielt noch
die Vernunft des Zornes Ausbruch aus, Weiße. 2) Dasjenige, was
ausgebrochen worden. So wird derjenige Ober-Ungarische Wein Ausbruch
genannt, der aus den reifsten ausgebrochenen, ausgelesenen, Beeren von
selbst auströpfelt.
Anm. Das Oberdeutsche Adjectiv ausbrüchig, für
bekannt, lautbar, ist im Hochdeutschen nicht üblich.
Ausbrühen (W3) [Adelung]
Ausbrühen, verb. reg. act. das Inwendige einer Sache brühen, oder sie
mit siedendem Wasser reinigen. Ein Faß, ein Geschirr ausbrühen.
Ausbrüsten (W3) [Adelung]
Ausbrüsten, verb. reg. act. bey den Fleischern, die Brusthöhle eines
geschlachteten Viehes ausleeren, das Geschlinge heraus nehmen. Daher
die Ausbrüstung.
Ausbrüten (W3) [Adelung]
Ausbrüten, verb. reg. act. 1) Bis zur Vollkommenheit brüten, durch
Brüten hervor bringen. (a) Eigentlich, von dem Federviehe. Junge
ausbrüten. Ingleichen metonymisch, Eyer ausbrüten. Eyer ohne Hühner
ausbrüten. (b) Figürlich, etwas Böses ersinnen. Er brütet nichts Gutes
aus. 2) Aufhören zu brüten, als ein Neutrum, mit haben. So auch die
Ausbrütung.
Ausbüchsen (W3) [Adelung]
Ausbüchsen, verb. reg. act. mit einer Büchse, d. i. einem breiten
Ringe, ausfüttern, bey verschiedenen Handwerken. Eine Nabe ausbüchsen.
S. Büchse. So auch die Ausbüchsung.
Ausbuckeln (W3) [Adelung]
Ausbuckeln, verb. reg. act. bey den Goldschmieden, wie ausbäulen.
Einen silbernen Teller ausbuckeln, die Buckeln heraus klopfen.
Ausbügeln (W3) [Adelung]
Ausbügeln, verb. reg. act. 1) Durch Bügeln heraus bringen. Falten,
Nähte ausbügeln. Ingleichen metonymisch, die Wäsche, ein Kleid
ausbügeln. 2) Zur Genüge bügeln. Wäsche ausbügeln. 3) Aufhören zu
bügeln. So auch die Ausbügelung.
Ausbündig (W3) [Adelung]
"Ausbündig", adj. et adv. "in seiner Art vorzüglich". Ausbündig gelehrt, ausbündig schön, ausbündig lasterhaft. Die ausbündigste Tugend.
Anmerkung: Dieses Wort wird am häufigsten als ein Adverbium, seltener als ein Adjectiv gebraucht. In dem letztern Falle ist wenigstens der Comparativ nicht gewöhnlich. Es kommt von "Ausbund" her, vermuthlich so fern es ehedem ein Abstractum war, welches die Endung "ig" zu beweisen scheinet. In der Schweiz ist für "ausbündig" auch "fürbündig" üblich.
Ausbürgen (W3) [Adelung]
* Ausbürgen, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden üblich
ist. Ein Pfand ausbürgen, es auslösen.
Ausbürger (W3) [Adelung]
* Der Ausbürger, des -s, plur. ut nom. sing. eine Benennung, welche
noch in einige Oberdeutschen Gegenden üblich ist, und einen fremden
oder auswärtigen Bürger bezeichnet. Besonders bedeutet sie, 1) einen
Bürger einer Stadt, der sich aber außerhalb derselben aufhält, und
auch wohl ein Ausmann genannt wurde. 2) Einen Bürger einer Stadt, der
nur in deren Vorstadt wohnet, in welchem Verstande dieser Ausdruck mit
Pfahlbürger einerley ist. 3) Einen Einwohner einer Stadt, der in einer
andern das Bürgerrecht hat, im Gegensatze der Inbürger, welche
Bedeutung noch in Neuschatel üblich ist. 4) Einen jeden Fremden,
welche Bedeutung noch in der Schweiz Statt findet, wo aber dieses Wort
zugleich einen verächtlichen Nebenbegriff hat, etwa so, wie - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - bey den Griechen. In eben diesen
Gegenden bedeutet daher auch Ausbürgerschaft so wohl den Zustand eines
Ausbürgers, als auch den ganzen Hausen solcher Ausbürger in allen
obigen Bedeutungen.
Ausbürsten (W3) [Adelung]
Ausbürsten, verb. reg. act. mit der Bürste heraus schaffen. Den Staub
ausbürsten. Noch mehr aber metonymisch, mit der Bürste reinigen. Den
Hut, das Kleid ausbürsten. Daher die Ausbürstung.
Ausbuschen (W3) [Adelung]
* Ausbuschen, verb. reg. act. welches nur in den Marschländern üblich
ist, buschweise ausreißen, ausgäten. Gras, Unkraut ausbuschen. Daher
die Ausbuschung.
Ausbüßen (W3) [Adelung]
Ausbüßen, verb. reg. act. 1) * Ausbessern, welche Bedeutung aber im
Hochdeutschen veraltet ist, und nur noch bey den Jägern und Hutmachern
gehöret wird. Garne, Netze, ein Hutfach ausbüßen. S. Büßen. 2) Für
etwas büßen, im gemeinen Leben. Ich habe es ausbüßen müssen. So auch
die Ausbüßung.
Auscuriren (W3) [Adelung]
Auscuriren, verb. reg. act. bis zur völligen Gesundheit curiren; nur
im gemeinen Leben.
Ausdampfen (W3) [Adelung]
Ausdampfen, verb. reg. neutr. und zwar, 1) mit dem Hülfsworte seyn,
in Gestalt eines Dampfes verfliegen. Die Feuchtigkeit ist bereits
ausgedampfet. 2) Mit dem Hülfswort haben,aufhören Dampf von sich zu
geben. Die Kohlen haben ausgedampfet. Daher die Ausdampfung.
Ausdämpfen (W3) [Adelung]
Ausdämpfen, verb. reg. act. 1) In Gestalt eines Dampfes vertreiben.
Feuchtigkeiten ausdämpfen. 2) Vermittelst eines Dampfes heraus
treiben. Füchse und Dachse ausdämpfen, bey den Jägern, sie durch Feuer
und Rauch aus ihren Bauen treiben. 3) Auslöschen, wie das einfache
dämpfen. Kohlen ausdämpfen. S. Dämpfen. So auch die Ausdämpfung.
Ausdauern (W3) [Adelung]
Ausdauern, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, bis an
Ende dauern oder aushalten. In der Kälte nicht ausdauern können.
Ingleichen bis ans Ende standhaft verbleiben. Im Leiden ausdauern. 2.
Activum, ertragen, erdulden. Die Kälte nicht ausdauern können.
Ausdehnbar (W3) [Adelung]
Ausdehnbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig, durch einen größern Raum
verbreitet zu werden. Daher die Ausdehnbarkeit.
Ausdehnen (W3) [Adelung]
Ausdehnen, verb. reg. act. durch Dehnen vergrößern, durch einen
größern Raum ohne Zerreißung der Theile verbreiten; da es sich denn
von dem bloßen dehnen noch unterscheiden läßt. 1. Eigentlich. Leder
ausdehnen. Das Metall unter dem Hammer, oder vermittelst des Hammers
ausdehnen. Edle Lust, der Lohn der Tugend, dehnt Den Heldenbusen aus,
Wiel. In weiterer Bedeutung nennet man in der Philosophie alle
diejenigen Dinge ausgedehnt, welche aus trennbaren Theilen zusammen
gesetzet sind; in der Mathematik aber, alles, was durch Theile gedacht
wird.2. Figürlich. 1) Verlängern, der Zeit nach größten Theils mit dem
Nebenbegriffe einer ungebührlichen Verlängerung. Er dehnt seyn
unnützes Geschwätz zu Stunden aus, Weiße. 2) Den logischen Umfang
eines Satzes oder Wortes erweitern. Einen Begriff ausdehnen. 3)
Reciproce, einen beträchtlichen Umfang haben, in der höhern
Schreibart. Hier dehnte sich ein tiefes Thal aus, wo brüllende Rinder
im hohen Grase wadeten, Dusch. Ich sahe vor mir eine weit ausgedehnte
und noch schlummernde Landschaft, ebend.
Ausdehnung (W3) [Adelung]
Die Ausdehnung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Ausdehnens. 2) In
der Philosophie, die Eigenschaft eines Dinges, nach welcher dasselbe
aus trennbaren Theilen zusammen gesetzet ist, die Extension; und in
der Mathematik, die Eigenschaft eines Dinges, nach welcher es durch
Theile gedacht wird. In beyden Fällen als ein Abstractum, ohne Plural.
Ausdeichen (W3) [Adelung]
Ausdeichen, verb. reg. act. vermittelst eines Deiches ausschließen.
Ein Stück Land ausdeichen. Ausgedeichtes Land. S. Deich. Daher die
Ausdeichung.
Ausdenken (W3) [Adelung]
Ausdenken, verb. irreg. act. S. Denken, durch Nachdenken heraus
bringen. Das ist sehr klug ausgedacht. Ich kann nicht ausdenken, was
seine Absicht seyn mag. Nun müßt ihr mir eine List ausdenken helfen,
Weiße.
Ausdeuten (W3) [Adelung]
Ausdeuten, verb. reg. act. auslegen, deuten. Träume ausdeuten. Einem
etwas als einen Hochmuth ausdeuten. Alles auf das ärgste ausdeuten.
Deuten sie mir es für keine Furchtsamkeit aus, Dusch. Daher die
Ausdeutung.
Ausdichten (W3) [Adelung]
* Ausdichten, verb. reg. act. wie ausdenken, nur daß es nicht mehr
gebräuchlich ist. Es war nicht auszudichten, Was der, so noch nicht
da, für Lehre würd errichten, Opitz.
Ausdielen (W3) [Adelung]
Ausdielen, verb. reg. act. inwendig mit Dielen versehen. Ein Zimmer
ausdielen. Daher die Ausdielung.
Ausdienen (W3) [Adelung]
Ausdienen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1) Bis zu Ende
einer bestimmten Zeit dienen. Seine Zeit, seine Jahre, ausdienen. Er
hat bald ausgedienet. 2) Zu fernern Diensten
untauglich seyn, und also derselben entlassen werden. Man dient bey
Hofe leichtlich aus. Ein ausgedienter, ein Invalide. Im Scherze
gebraucht man dieses Wort auch von leblosen Sachen, die zum fernern
Gebrauche untüchtig geworden sind. Das Kleid hat ausgedient.
Ausdingen (W3) [Adelung]
Ausdingen, verb. irreg. act. S. Dingen, wie ausbedingen, sich durch
ein Gedinge, oder durch einen Vertrag vorbehalten. Das ding ich mir
aus. Ich habe es mir ausgedungen. Daher die Ausdingung. Uzdingen kommt
in dieser Bedeutung schon in dem Schwabenspiegel vor.
Ausdocken (W3) [Adelung]
Ausdocken, verb. reg. act. bey den Jägern, aus der Docke nehmen. Das
Hängeseil ausdocken, es von der Docke ablaufen lassen. S. Docke. Daher
die Ausdockung.
Ausdonnern (W3) [Adelung]
Ausdonnern, verb. reg. imperf. aufhören zu donnern. Es hat
ausgedonnert. In der höhern Schreibart wird es auch zuweilen als ein
persönliches Neutrum mit haben gebraucht. Überall Donnerwolken, Eh die
ausgedonnert u. s. f. Gieseke.
Ausdorren (W3) [Adelung]
Ausdorren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, von innen aus
dürre werden. Der Erdboden dorret aus. Der Mensch dorret ganz aus,
wird nach und nach völlig mager. S. Dorren. Daher die Ausdorrung.
Ausdörren (W3) [Adelung]
Ausdörren, verb. reg. act. von innen aus dürre machen. Die Luft
dorret die Körper aus. Eine zu schnelle Hitze dörret das Land aus. S.
Dörren. Daher die Ausdörrung.
Ausdrängen (W3) [Adelung]
Ausdrängen, verb. reg. act. aus einem Orte, aus der Verbindung mit
andern drängen.
Ausdrechseln (W3) [Adelung]
Ausdrechseln, verb. reg. act. durch Drechseln aushöhlen. Einen Becher
ausdrechseln. Ingleichen, aufhören zu drechseln, als ein Neutrum, mit
haben. Daher die Ausdrechselung.
Ausdrehen (W3) [Adelung]
Ausdrehen, verb. reg. act. 1) Durch Drehen heraus bringen. Einem
etwas ausdrehen, aus der Hand. Sich ausdrehen, wie ein Aal aus den
Händen, und figürlich, im gemeinen Leben, Ausflüchte machen,
entwischen. 2) Wie ausdrechseln. Einen Becher ausdrehen. Daher der
Ausdrehstahl zum Hohldrehen. S. Drehen.
Ausdreschen (W3) [Adelung]
Ausdreschen, verb. irreg. act. S. Dreschen. 1) Durch Dreschen heraus
bringen. Korn, Erbsen u. s. f. ausdreschen. Ingleichen metonymisch,
durch Dreschen leer machen. Die Garben sind nicht recht ausgedroschen.
Wie auch durch Dreschen erhalten. Man hat dieß Mahl aus einem Schocke
nur drey Scheffel ausgedroschen. 2) Aufhören zu dreschen, das Dreschen
beschließen; als ein Neutrum, mit haben. Daher die Ausdreschung.
Ausdruck (W3) [Adelung]
Der Ausdruck, des -es, plur. die -drücke, das durch Ausdrucken
entstandene Bild; eine Benennung, welche in der eigentlichen Bedeutung
wenig oder vielleicht gar nicht vorkommt, weil in derselben die
Benennung Abdruck gewöhnlicher ist. Allein in den Wissenschaften kommt
dieses Wort in verschiedenen figürlichen Bedeutungen vor. Es
bezeichnet daselbst, 1) dasjenige Mittel, wodurch Empfindungen und
Vorstellungen geäußert werden, das Zeichen derselben; im Gegensatze
des Eindruckes, welchen sie bey andern machen. Daher werden in der
Redekunst die Wörter und Redensarten, in der Musik die Töne und
Tonsätze, in den bildenden Künsten, die Gesichtszüge, die Geberden u.
s. f. und in der Tanzkunst die Stellung, Bewegung und Geberden,
Ausdrücke genannt. Empfindungen, die allen Ausdruck übersteigen,
welche sich auf keine Art ausdrucken lassen. Er heftete seine Augen
auf ihn mit einem Ausdrucke und Blicke, der sich nur denken läßt. Ein
Gemählde von vollkommenen Ausdrucke, welches alle diejenigen
Empfindungen hervor bringt, die der Künstler hervor bringen wollte. In
den Sprachen ist Ausdruck eine allgemeine Benennung, welche nicht
allein eigentliche Wörterund Redensarten, sondern auch Interjectionen
unter sich begreift, weil sie insgesammt Mittel sind, Empfindungen und
einzelne Vorstellungen zu äußern. 2) Die Art und Weise, wie diese
Mittel oder Ausdrücke gebraucht und angewendet werden. Daher sagt man,
ein Redner habe einen schlechten Ausdruck, wenn seine Aussprache und
Stellung nicht geschickt sind, den verlangten Eindruck in das Gemüth
des Zuhörers zu machen. Ein Mahler, der im Ausdrucke stark ist. Ein
Tänzer ohne Ausdruck. S. das folgende.
Ausdrucken (W3) [Adelung]
Ausdrucken, verb. reg. act. durch Drucken allen seinen Theilen nach
abbilden. 1) Eigentlich. Ein Siegel in Wachs ausdrucken, Ein
Kupferstich, der nicht recht ausgedrucket worden.2) Figürlich. (a)
Abbilden, überhaupt. Jede Vorstellung werde ich da auf deinem Gesichte
ausgedrückt (ausgedruckt) lesen, Dusch. Diese blühende Bildung, die
alle irdische Schönheit ausdrückte, (ausdruckte) laß mich sie
vergessen, ebend. Sein Gesicht druckt den ganzen Schrecken seiner
Seele aus. (b) Eine deutliche Vorstellung von etwas erwecken,
besonders so fern solches durch Worte geschiehet. Etwas mit Worten
ausdrucken. Sich deutlich, undeutlich ausdrucken. Er weiß sich sehr
gut auszudrucken. Die Sprache ist zu schwach, dir alles auszudrucken,
was ich empfinde. Thränen sind, wenn wir auf die Welt kommen, die
einzige Sprache, wodurch wir unsere Bedürfnisse ausdrucken.
Anm. Das
Substantiv, die Ausdruckung ist nicht üblich, weil Ausdruck dafür
gewöhnlicher ist; S. auch Ausdrücken. Wenn einige Hochdeutsche
Schriftsteller ausdrucken beständig mit dem folgenden ausdrücken
verwechseln, so ist solches ein Merkmahl der ihnen noch anklebenden
Niedersächsischen Mundart. Denn obgleich beyde Verba eigentlich nur
der Mundart nach verschieden sind, so hat doch in der edlern Bedeutung
die Oberdeutsche Mundart schon längst den Vorzug behalten, wie mehrern
Wörtern widerfahren ist. S. auch Drucken.
Ausdrücken (W3) [Adelung]
Ausdrücken, verb. reg. act. 1) Durch Drücken heraus bringen. Das
Wasser ausdrücken, aus einem Schwamme. Den Saft aus einer Pflanze, den
Liter aus einem Geschwüre ausdrücken. Ingleichen metonymisch, den
Schwamm, die Pflanze, das Geschwür ausdrücken. 2) Durch Drücken aus
löschen, ein sonst ungewöhnlicher Gebrauch. Schnell drücket ihre Wuth
Das Lebenslicht ihm aus, Weiße. 3) Durch Drücken ausdehnen, in welchem
Verstande die Kammmacher die Hornplatten ausdrucken (richtiger
ausdrücken,) wenn sie selbige erwärmen und pressen. Daher die
Ausdrückung.
Anm. Einige Schriftsteller gebrauchen dieses letztere
Substantiv für Ausdruck. Allein solches ist theils wider den
Unterschied, den die edlere Schreibart zwischen ausdrucken und
ausdrücken bereits hergebracht hat, theils auch wider den
Sprachgebrauch, der die Verbalia auf ung nie gern anders als in der
Bedeutung der Handlung gebraucht, wenn andere abgeleitete Substantiva
vorhanden sind.
Ausdrücklich (W3) [Adelung]
Ausdrücklich, -er, -ste, adj. et adv. welches nur in der figürlichen
Bedeutung des Verbi ausdrucken üblich ist. 1) Für deutlich. Ich habe
es ihm mit ausdrücklichen Worten gesagt. Noch mehr, 2) für bestimmt,
mit deutlichen Worten ausgedruckt. Ein ausdrücklicher Befehl. Ich habe
es ihm ausdrücklich befohlen. 3) Mit Vorsatze und Bewußtseyn. Gott
weiß, daß ich weder so thöricht noch so boßhaft bin, daß ich ihn
ausdrücklich beleidigen wollte. Wer weiß auch, ob er ausdrücklich
meinetwegen hergekommen ist. Es ist ihm ausdrücklich dazu gegeben
worden.
Anm. Dieses Wort stammet nicht von ausdrücken, sondern von Ausdruck
her, welches in der Verlängerung seyn u in ein ü verwandelt, wie von
Betrug, betrüglich, Flucht, flüchtig, klug, klüglich, u. s. f. kommen.
Ausdrusch (W3) [Adelung]
Der Ausdrusch, des -es, plur. car. in der Landwirthschaft. 1) Das
Ausdreschen. Bey dem Ausdrusche des Getreides. 2) Ausgedroschenes
Getreide. Die Drescher pflegen von zehen Scheffeln Ausdrusch einen
Scheffel Drescherlohn zu bekommen.
Ausduften (W3) [Adelung]
Ausduften, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, in Gestalt
eines Duftes heraus steigen. Üblicher als das Verbum ist das
Substantiv die Ausduftung, so wohl für das Ausduften, als auch für den
Duft selbst. Die süßen Ausduftungen der Blumen erquicken die
Lebensgeister.
Ausdüften (W3) [Adelung]
Ausdüften, verb. reg. act. in Gestalt eines Duftes von sich geben.
Die Bäume düften süße Gerüche aus. Daher die Ausdüftung.
Ausdulden (W3) [Adelung]
Ausdulden, verb. reg. neutr. mit haben, bis zu Ende dulden. Laß mich
ausdulden. Ingleichen, das Dulden überstanden haben. Er hat nun
ausgeduldet. So auch die Ausduldung.
Ausdunsten (W3) [Adelung]
Ausdunsten, verb. reg. neutr. 1) Mit dem Hülfsworte seyn, in Gestalt
eines Dunstes verfliegen. Das Wasser, die Feuchtigkeit dunstet aus,
ist ausgedunstet. 2) Mit dem Hülfsworte haben, den Dunst fahren
lassen, Dunst von sich geben. Das Wasser, die Bäume dunsten aus. Daher
die Ausdünstung, so wohl für das Ausdunsten, als auch für diejenigen
Feuchtigkeit, welche in Gestalt eines Dunstes verfliegen.
Ausdünsten (W3) [Adelung]
Ausdünsten, verb. reg. act. 1) In Gestalt der Dünste von sich geben.
Der Kranke dünstet viele böse Säfte aus. 2) In Gestalt der Dünste aus
einem Körper vertreiben. Das Quecksilber, die Feuchtigkeit ausdünsten.
Daher die Ausdünstung, so wohl für die Handlung, als auch für die
Feuchtigkeiten, welche als Dünste vertrieben werden.
Ausecken (W3) [Adelung]
Ausecken, verb. reg. act. eckig ausschneiden.
Ausegen (W3) [Adelung]
Ausegen, verb. reg. act. mit der Ege heraus bringen. Wurzeln, Quecken
ausegen. Ingleichen aufhören zu egen. Daher die Ausegung.
Auseinander (W3) [Adelung]
Auseinander, richtiger aus einander, S. Einander.
Auseisen (W3) [Adelung]
Auseisen, verb. reg. act. aus dem Eise heraus schaffen, was
eingefroren ist los machen. Die Räder eines Wagens, einen Wagen
auseisen.
Auseisen (W3) [Adelung]
* Das Auseisen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Schmelzhütten, ein
Eisen mit einem langen Stiele, eine Öffnung in den Schmelzofen damit
zu machen.
Auseitern (W3) [Adelung]
Auseitern, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu eitern. Die Wunde
hat ausgeeitert.
Auserlesen (W3) [Adelung]
Auserlesen, verb. irreg. act. für auslesen, aussuchen, welches eben
so ungewöhnlich geworden ist, als die vorigen, und wovon das Particip.
Passiv. auserlesen für vortrefflich, noch am meisten üblich ist. Das
ist ja ein auserlesener King, Gell.
Anm. Thaz uuir faren inti arlesemes
iz uz, daß wir gehen und es auslesen, heißt es bey dem Tatian, 72, 5,
woraus erhellet, theils, daß dieses Wort ehedem auch in der
gegenwärtigen Zeit üblich gewesen, theils auch, daß man das Vorwort
aus in derselben hinter das Verbum geworfen. S. Auserkiesen, die Anm.
Auserschallen (W3) [Adelung]
* Auserschallen, verb. irreg. neutr. mit seyn, S. Schallen, ein im
Hochdeutschen veraltetes Wort für erschallen. Von euch ist
auserschollen das Wort des Herren, 1 Thess. 1, 8.
Ausersehen (W3) [Adelung]
Ausersehen, verb. irreg. act. ( S. Sehen,) unter mehrern ersehen,
auslesen, zu etwas bestimmen. Sich einen Ort ausersehen. Die Nacht zu
einer Unternehmung ausersehen. Du warest das Opfer, das meine Rache
sich zuerst ausersehen hatte, Dusch. Die Alten sich zu Mustern
ausersehn, Haged.
Anm. Das Präsens ist von diesem Verbo ungewöhnlich,
wie bey den vorigen; außer im Conjunctivo, da solches Statt findet
kann. S. Auserkiesen, Anm.
Ausersinnen (W3) [Adelung]
* Ausersinnen, verb. irreg. act. für ersinnen, aussinnen, welches
aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, obgleich noch Canitz sang:
Bald ward ein Wapenrecht mit Regeln ausersonnen.
Auserwählen (W3) [Adelung]
Auserwählen, verb. reg. act. aus mehrern auswählen, erwählen; ein
Wort, welches nur noch im biblischen Verstande gebraucht wird. Gott
hat uns auserwählt, zur Seligkeit erwählet. Ein Auserwählter, der nach
dem gehörigen Gebrauche der Gnadenmittel von Gott zur Seligkeit
erwählet ist.
Anm. Ehedem wurde dieses Wort auch im eigentlichsten
Verstande für aussuchen, auslesen gebraucht. Auserwelte Bysande,
ausgesuchte Byzantiner, und, mit ausserwelten steinen, kommt in
Strykers altem Gedichte vor. Man findet dieses Verbum ehedem auch für
adoptiren gebraucht. Die Auserwählung, welche einige Theologen für
Gnadenwahl einführen wollen, hat wenig Liebhaber gefunden. S. die Anm.
zu Auserkiesen.
Ausessen (W3) [Adelung]
Ausessen, verb. irreg. act. S. Essen, durch Essen ausleeren, im
gemeinen Leben. Sie haben alles ausgegessen, nichts übrig gelassen.
Ausessen, was ein anderer eingebrocket hat, für eines andern Vergehen
büßen, ist niedrig.
Ausfachen (W3) [Adelung]
Ausfachen, verb. reg. act. inwendig mit Fächern versehen. Einen
Schrank ausfachen. Daher die Ausfachung.
Ausfächsern (W3) [Adelung]
Ausfächsern, verb. reg. act. mit Fächsern belegen, im Weinbaue. Einen
Weinberg ausfächsern.Ausfädeln, verb. reg. act. die Fäden eines
Gewerbes heraus ziehen oder zupfen, um es aufzulösen. Ein Stück
Taffet, Leinwand ausfädeln. Sich ausfädeln, die Fäden fahren lassen,
sagt man von Zeugen. Es ist das Diminutivum von ausfädemen, welches in
Oberdeutschland in eben dieser Bedeutung üblich ist. Von Fase sagt man
dafür auch wohl ausfasen, ausfäseln, ausfäsern und von Zase,
auszäsern. S. auch Aufdrehen und Drieseln.
Ausfahren (W3) [Adelung]
Ausfahren, verb. irreg. ( S. Fahren,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Durch vieles Fahren vertiefen. Einen
Acker, einen Weg ausfahren. Ein ausgefahrner Weg. Die Furchen mit dem
Pfluge wohl ausfahren, in dem Ackerbaue. Zuweilen auch überhaupt mit
einer Vertiefung in die Länge versehen. Die Fensterrähmen mit Nuthen
ausfahren, bey den Tischlern. 2) Vermittelst eines Fuhrwerkes auswärts
schaffen. Getreide ausfahren, aus dem Lande fahren, wofür man doch
lieber ausführen gebraucht.II. Ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte
seyn abgewandelt wird, aus einem Orte fahren, hinaus fahren, heraus
fahren; doch nach Verschiedenheit der Bedeutungen des Wortes fahren,
mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) Vermittelst eines Fuhrwerkes. Der
Herr ist ausgefahren, außer dem Hause gefahren. Wir sind vor acht
Tagen von Hamburg ausgefahren. 2) Figürlich. (a) Bey den Bergleuten
bedeutet ausfahren so viel als aus der Grube steigen. S. Fahren. (b)
Von andern Arten einer schnellen Bewegung aus einem Orte. Der Satan
ist von dem Besessenen ausgefahren. Die Seele ist ihm ausgefahren,
sagt man in verächtlicher Bedeutung von einem Verstorbenen. Die Hand,
der Fuß fuhr mir aus, glitte aus. Mit dem Fuße ausfahren, ausgleiten.
(c) Nach einer noch weitern Figur, für ausbrechen, besonders von
Ausschlägen auf der Haut. Die Blattern sind in seinem Gesichte
ausgefahren, zum Vorscheine gekommen. Im Gesichte ausgefahren seyn,
Finnen, Ausschläge u. s. f. haben. Das Kind fährt am ganzen Leibe aus.
Bist du denn etwa ausgefahren? Gell. im Gesichte. Und war der
Branntewein im Antlitz ausgefahren, Günth.
Ausfahrt (W3) [Adelung]
Die Ausfahrt, plur. die -en. 1) Das Ausfahren aus einem Orte; ohne
Plural. Besonders kommt dieses Wort bey den Bergleuten für das
Aussteigen aus der Grube vor. 2) Der Ort, durch welchen man
auszufahren pfleget, ein Thorweg; mit dem Plural.
Ausfall (W3) [Adelung]
Der Ausfall, des -es, plur. die -fälle. 1) Das Ausfallen. (a) In
eigentlich Bedeutung. Der Ausfall des Getreides aus den Ähren. Bey den
Ärzten wird das Austreten gewisser Theile des menschlichen Körpers aus
ihnen ordentlichen Lage gleichfalls ein Ausfall genannt; z. B. der
Ausfall der Bärmutter, des Afters, eines Auges u. s. f. (b) Figürlich,
das Ausstoßen gegen den Feind in der Fechtkunst, welches mit einer
Bewegung des Körpers nach vornen zu verbunden ist. Ingleichen ein
feindlicher Angriff aus einem Orte, besonders von Belagerten. Einen
Ausfall thun. Einen Ausfall auf den Feind thun. Einen Ausfall aus dem
Lager, aus dem Walde thun. Den Ausfall aushalten, zurück treiben.2)
Was ausfällt, nur in einigen Fällen. * Der Ausfall von Erdäpfeln war
schlecht, was man von Erdäpfeln einerntete. Einen Ausfall abschneiden,
diejenigen Truppen, welche den Ausfall thun. * In einigen Gegenden
auch die abgehende, fehlende Summe. Ein Ausfall an der Einnahme von
hundert Thalern, für Abgang. Ein großer Ausfall bey dem Dreschen, wenn
weniger Getreide ausgedroschen wird, als man erwartete.3) Der Ort, aus
welchem ein Ausfall geschiehet. Besonders wird in Städten die
heimliche Thür so genannt, aus welcher bey Belagerungen die Ausfälle
auf den Feind zu geschehen pflegen.
Anm. Ausfall für Entwickelung,
besonders in einem Schauspiele, ist nur im Oberdeutschen üblich. In
ähnlicher Bedeutung sagte Schlegel: Ihr großer Ausfall ist Tod oder
Leben, wo dieses Wort für Ausschlag zu stehen scheinet.
Ausfallen (W3) [Adelung]
Ausfallen, verb. irreg. ( S. Fallen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum, durch einen Fall aus seiner Lage
bringen. Sich die Achsel ausfallen.II. Als ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte seyn, aus etwas heraus fallen.1. In eigentlicher Bedeutung.
Der Same fällt aus, aus den Hülfen. Die Zähne fallen ihm aus. Das Haar
ist ihm ausgefallen. Die Rose ist ausgefallen, und die Dornen sind
geblieben, Weiße.2. Figürlich. 1) Einen Ausfall, d. i. feindlichen
Angriff, aus einem Orte thun. Ausfallen, d. i. ausstoßen, im Fechten,
aus seiner Lage auf den Feind fallen oder stoßen. Ingleichen aus einer
Stadt, einem Lager, Walde u. s. f. den Feind angreifen; in welcher
Bedeutung aber einen Ausfall thun gewöhnlicher ist, als ausfallen. 2)
Aus der Art schlagen, im gemeinen Leben, besonders bey den Gärtnern.
Die Nelke ist ausgefallen, ist ausgeartet, schlechter geworden. 3) *
Ausgehen, sich verlieren, nur in einigen Gegenden. Diese Art Blumen
ist ausgefallen, hat sich verloren. Ingleichen für unterbleiben,
wegfallen. Der ganze Abschnitt hätte hier füglich ausfallen können. 4)
Zum Vorschein kommen, doch wohl nur in der R. A. das Loos ist für
mich, für dich ausgefallen. 5) Gerathen, sich endigen, in Ansehung der
Art und Weise der Endigung. Die Sache ist gut, übel ausgefallen. Ich
hoffe, es soll noch alles zum Besten ausfallen. Der Feldzug ist sehr
schlecht ausgefallen. Besonders in oder nach einer Bearbeitung
beschaffen seyn. Dieser Stahl fällt in der Arbeit nicht so gut aus,
als der Steyermärkische, d. i. läßt sich nicht so gut bearbeiten, oder
bekommt in der Bearbeitung kein so gutes Ansehen.
Ausfangen (W3) [Adelung]
Ausfangen, verb. irreg. act. S. Fangen, durch Fangen leer machen, im
gemeinen Leben. Einen Teich ausfangen, alle Fische in demselben
fangen.
Ausfasen (W3) [Adelung]
Ausfasen, verb. reg. 1. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, die
Fäden gehen lassen, von gewirkten Zeugen. Der Taffet faset aus.2. Ein
Activum, die Fäden einzeln ausziehen oder auszupfen, in welcher
Bedeutung auch die Diminutiva und Frequentativa ausfaseln und
ausfasern üblich sind. S. Ausfädeln.
Ausfaulen (W3) [Adelung]
Ausfaulen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, 1) Im Innern
von der Fäulniß verzehret werden. Der Baum ist ausgefaulet. 2)
Verfaulen und ausfallen.
Ausfausten (W3) [Adelung]
* Ausfausten, verb. reg. act. welches so wohl bey den Bäckern für
ausstoßen üblich ist, S. dieses; als auch bey den Hutmachern, den
aufgeformten Hut mit der Faust ausdehnen, und ihm dadurch seine
Gestalt geben.
Ausfechten (W3) [Adelung]
Ausfechten, verb. irreg. act. S. Fechten. 1) Durch ein Gefecht
ausmachen, doch mehr in der figürlichen Bedeutung, durch Gründe und
Gegengründe ausmachen. Etwas mit einem ausfechten, vor Gerichte. Sie
mögen es mir einander ausfechten. 2) Aufhören zu fechten, als ein
Neutrum.
Ausfegen (W3) [Adelung]
Ausfegen, verb. reg. act. durch Fegen hinaus schaffen. Den Koth
ausfegen. Ingleichen metonymisch, durch Fegen reinigen. Ein Zimmer
ausfegen. Der biblische figürliche Gebrauch für vertilgen, ist
veraltet.
Ausfehmen (W3) [Adelung]
* Ausfehmen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft und dem
Forstwesen einiger Gegenden, aus der Fehm, d. i. aus der Mast
nehmen. Die Schweine ausfehmen, die zur Mast in die Wälder genommenen
Schweine wieder daraus entlassen. S. Fehm. Daher die Ausfehmung.
Ausfeilen (W3) [Adelung]
Ausfeilen, verb. reg. act. von feilen, limare. 1) Durch Feilen
aushöhlen. Ein Stück Metall ausfeilen. 2) Durch Feilen heraus bringen,
heraus feilen. Ein Loch, einen Kostflecken ausfeilen. 3) Vermittelst
der Feile zur Vollkommenheit bringen, mit der Feilen die letzte
Gestalt geben. Einen Schlüssel ausfeilen. Ingleichen figürlich, für
ausbessern. Eine Schrift, ein Gedicht ausfeilen. Daher die
Ausfeilung.
Anm. Von dem Adverbio feil, hat man in Oberdeutschland das
Verbum ausfeilen, für feil biethen, ausbiethen, welches aber im
Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist.
Ausfenstern (W3) [Adelung]
+ Ausfenstern, verb. reg. act. einen derben Verweis geben, S.
Fenstern.
Ausfertigen (W3) [Adelung]
Ausfertigen, verb. reg. act. fertig machen und fortschicken, und
zwar, 1) zur Bekanntmachung fertig machen; aber nur von schriftlichen
Aufsätzen. Einen Befehl, eine Ladung ausfertigen. Ein Buch, eine
Schrift ausfertigen, sie drucken lassen. 2) * Einen Sohn, oder eine
Tochter ausfertigen, sie außer dem Heirathsgute noch mir den nöthigen
Nebengütern versehen. S. Ausstatten und Aussteuer.Daher die
Ausfertigung. 1) Die Handlung des Ausfertigens. 2) Dasjenige, was
ausgefertiget wird, in der ersten Bedeutung, ein schriftlicher Befehl.
3) Dasjenige, womit ein Kind in der zweyten Bedeutung ausgefertiget
wird, das Nebengut, z. B. Kleider, Schmuck, Hochzeitkosten u. s. f.
Ausfeuern (W3) [Adelung]
Ausfeuern, verb. reg. act. 1) Ein Zimmer ausfeuern, es durch Heitzung
gehörig erwärmen. 2) Ein Faß ausfeuern, bey den Böttchern, unter das
aufgeschlagene Faß Feuer machen, damit sich die Dauben zusammen
ziehen. 3) Aufhören zu feuern, d. i. mit Feuergewehren zu schießen;
als ein Neutrum. Das Regiment hat ausgefeuert.
Ausfeyern (W3) [Adelung]
* Ausfeyern, verb. reg. act. bis zu Ende einer bestimmten Zeit
feyern, oder nicht arbeiten. Die Woche ausfeyern müssen, im Bergbaue,
wo es eine Art der Strafe ist.
Ausfiedern (W3) [Adelung]
* Ausfiedern, verb. reg. act. in dem Bergbaue, mit Federn, d. i.
eisernen Keilen, ausfüllen. So werden z. B. die in die Wände gehauenen
Ritzen ausgefiedert, wenn man eiserne Keile hinein treibt, um sie
dadurch zu gewinnen und zu zersetzen.
Ausfilzen (W3) [Adelung]
Ausfilzen, verb. reg. act. 1) Mit Filz besetzen, mit Rehhaaren
ausstopfen, bey den Sattlern und Täschnern. 2) + Im gemeinen Leben,
einen scharfen Verweis geben. Der Tod wird ausgefilzt, Can. Daher man
einen solchen derben Verweis selbst auch wohl einen Ausfilzer zu
nennen pflegt. S. 1. Filz.
Ausfinden (W3) [Adelung]
Ausfinden, verb. irreg. act. ( S. Finden,) in der figürlichen
Bedeutung des einfachen Verbi finden, durch Nachdenken heraus bringen,
erfinnen, zuweilen auch für erfinden. Eine Ursache ausfinden. Und die
Zahl des Maßes des Allerhöchsten auszufinden, Hiob. 11, 7; nach des
Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. Wenn er Nun, wie er glaubt, den
Einfall ausgefunden, Haged. Ein ausgefundnes Ziel weist zu dem andern
weiter, Dusch. Daher die Ausfindung.
Anm. Es scheinet immer, als wenn
dieses Oberdeutsche Wort der Hochdeutschen Mundart nicht recht
angemessen wäre. In der gebundenen Rede hat es sich, um der
Bequemlichkeit des Sylbenmaßes willen, in einigen Fällen doch
nothwendig gemacht.
Ausfindig (W3) [Adelung]
Ausfindig, S. Ausfündig.
Ausfischen (W3) [Adelung]
Ausfischen, verb. reg. act. 1) + Heraus fischen, doch nur in der
niedrigen figürlichen R. A. etwas ausfischen, es ausfündig machen,
ausfragen. 2) Durch Fischen leer machen. Einen Teich ausfischen. 3)
Aufhören zu fischen; als ein Neutrum. So auch die Ausfischung.
Ausflammen (W3) [Adelung]
Ausflammen, verb. reg. act. vermittelst eines Flammenfeuers
austrocknen oder reinigen, ein Kunstwort der Feuerwerker. Ein Stück
ausflammen, es locker mit Pulver laden, und anzünden, um es
auszutrocknen. Daher die Ausflammung.
Ausflattern (W3) [Adelung]
Ausflattern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, hinaus
flattern, im vertraulichen Scherze von flüchtigen und leichtsinnigen
Personen, für ausgehen. Er ist schon wieder ausgeflattert.
Ausflechten (W3) [Adelung]
Ausflechten, verb. irreg. act. S. Flechten. 1) Aus einander flechten,
ein Geflechte auflösen. Eingeflochtene Haare wieder ausflechten. 2)
Heraus flechten, doch nur in der im gemeinen Leben üblichen
figürlichen R. A. sich aus einer Sache ausflechten, sich mit Lift von
einer Sache los machen, oder von einem Verdachte befreyen. Daher die
Ausflechtung.
Ausfleischen (W3) [Adelung]
Ausfleischen, verb. reg. act. vom Fleische leer machen, in welchem
Verstande die Weißgärber die Felle mit dem Fleischeisen ausfleischen.
Aber niedrig und ungewöhnlich ist es, wenn Logau das Particip. Passiv.
in figürlicher Bedeutung für mager gebraucht: Um einen Sack voll Geld
nahm Glaukus, wie ich meyne,Sein ausgefleischtes Weib, den alten Sack
voll Beine.
Ausflicken (W3) [Adelung]
Ausflicken, verb. reg. act. im gemeinen Leben, durch Flicken
ausbessern. Kleidungsstücke, zerbrochene Fenster, ein baufälliges Haus
ausflicken. Daher die Ausflickung.
Ausfliegen (W3) [Adelung]
Ausfliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Fliegen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, hinaus fliegen, aus einem Orte fliegen. 1) Eigentlich,
besonders von dem Fliegen der jungen Vögel aus dem Neste. Die Vögel
sind schon ausgeflogen, aus dem Neste. 2) Figürlich, doch nur im
gemeinen Leben. Der junge Mensch ist erst ausgeflogen, verläßt jetzt
seines Vaters Haus zum ersten Mahle. Ingleichen überhaupt für
ausgehen. Er ist schon ausgeflogen, aus dem Hause gegangen. S. auch 2.
Ausflucht.
Ausfließen (W3) [Adelung]
Ausfließen, verb. irreg. neutr. ( S. Fließen,) mit dem Hülfsworte
seyn, heraus fließen, aus einem Orte fließen. Der Wein ist
ausgeflossen, aus dem Falle. Figürlich: O willkommne Thränen - fließt!
Möchte doch mein Leben in euch ausfließen! Weiße.
Ausflucht (W3) [Adelung]
1. Die Ausflucht, plur. die -flüchte, von Flucht, so fern es von
fliehen kommt, die Flucht aus einem Orte, und der Weg, dessen man sich
dazu bedienet; doch nur in der figürlichen Bedeutung, eine
ungegründete Ursache vermittelst deren man sich einer Verbindlichkeit
zu entziehen sucht, ungegründete Entschuldigung. Kahle (grundlose)
Ausflüchte. Ausflüchte suchen. Ein Verbrecher sucht vor Gericht
Ausflüchte, wenn er sich von der Pflicht, die Wahrheit zu gestehen,
los zu machen sucht. Er weiß alle Mahl eine Ausflucht zu finden. Er
hat immer eine Ausflucht, einen Vorwand. Einem alle Ausflucht
benehmen. S. auch Ausrede.
Ausflucht (W3) [Adelung]
2. Die Ausflucht, plur. car. von fliegen, der Flug aus einem Orte;
besonders von den Bienen, da denn auch so wohl das Flugloch, als die
Gegend, wohin sie fliegen, die Ausflucht genannt werden. Ingleichen,
die erste Ausflucht eines jungen Menschen, seine erste Reise in die
Fremde. Ein junger Mensch, der jetzt seine erste Ausflucht thun,
Weiße.
Anm. Das Substantiv von fliegen lautet im Hochdeutschen Flug, im
Niedersächsischen aber Flugt. Es sollte also hier billig der Ausflug
heißen; obgleich jenes üblicher ist. Die Hochdeutschen
haben diese Ausflucht von den Niedersachsen geerbet, bey welchen
Utflugt in der jetzt angeführten Bedeutung am gewöhnlichsten ist.
Ausflug (W3) [Adelung]
Der Ausflug, des -es, plur. die -flüge. 1) Die Handlung des
Ausfliegens, ohne Plural. Der Ausflug der Vögel, der Tauben u. s. f.
S. auch das vorige. 2) Der Ort, nach welchem der Ausflug gerichtet
ist. So wird bey den Jägern an einigen Orten in figürlicher Bedeutung
dasjenige ein Ausflug genannt, was gemeiniglich ein Auslauf heißt; S.
dieses Wort.
Ausfluß (W3) [Adelung]
Der Ausfluß, des -sses, plur. die -flüsse. 1) Der Zustand des
Ausfließens, ohne Plural. Der Ausfluß eines Stromes. 2) Der Ort,
wodurch ein flüssiger Körper ausfließet. Das Wasser hat keinen
Ausfluß. Die Ausflüsse eines Stromes, dessen Mündungen. 3) Dasjenige
was ausfließet; besonders feine Theile, welche sich in flüchtiger
Gestalt von den Körpern trennen. Dünste sind wässerige Ausflüsse. Auch
in der höhern Schreibart. Balsamische Ausflüsse der Rosen, ihr
angenehmer Geruch.
Ausfluth (W3) [Adelung]
* Die Ausfluth, plur. die -en, nur im Bergbaue, eine Rinne, welche
das Aufschlagewasser abführet.
Ausfolgen (W3) [Adelung]
* Ausfolgen, verb. reg. neutr. welches nur in einigen Gegenden im
Infinitiv mit lassen üblich ist, wofür man im Hochdeutschen lieber
abfolgen gebraucht. Einen Gefangenen ausfolgen lassen. Um Ausfolgung
seines Vermögens anhalten.
Ausfordern (W3) [Adelung]
Ausfordern, verb. reg. act. heraus fordern. Trumpf ausfordern, im
Kartenspiele. Ingleichen zum Zweykampfe fordern. Einen ausfordern; in
welcher Bedeutung aber heraus fordern üblicher ist. Die Substantiva
die Ausforderung, der Ausforderungsbrief, und der Ausforderer, kommen
gleichfalls vor. S. Fordern.
Ausfördern (W3) [Adelung]
Ausfördern, verb. reg. act. im Bergbaue, heraus schaffen. Erz, Berge
ausfördern, aus der Grube schaffen. Daher die Ausförderung. S.
Fördern.
Ausforschen (W3) [Adelung]
Ausforschen, verb. reg. act. durch Forschen oder mehrmahliges Fragen
erfahren. Einen Fremden ausforschen, den Ort seines Aufenthaltes
erfragen. Alle Mahl, wenn ich ein Geheimniß ausforschen will, ist mir,
als wenn ich auf bösen Wegen ginge, Hermes. Etwas von einem
ausforschen, von ihm zu erfahren suchen. Ingleichen metonymisch, einen
ausforschen, seyn Geheimniß zu erfahren suchen. So auch die
Ausforschung.
Ausfragen (W3) [Adelung]
Ausfragen, verb. reg. act. durch Fragen erfahren, oder zu erfahren
suchen. Einen Fremden ausfragen, dessen Aufenthalt erfragen. Er ist
nicht auszufragen, man kann den Ort seines Aufenthaltes nicht
erfragen. Ingleichen, einen ausfragen, seyn Geheimniß durch Fragen von
ihm zu erfahren suchen.
Ausfressen (W3) [Adelung]
Ausfressen, verb. irreg. act. S. Fressen. 1) Heraus fressen. Der Hund
hat die Brühe ausgefressen. Wie auch metonymisch, durch Fressen
ausleeren. Der Hund hat die Schüssel ausgefressen. Ingleichen
absolute, die Pferde haben ausgefressen, haben das Futter, welches
ihnen in die Krippe geschüttet wurde, aufgefressen. Figürlich: der
Krieg frisset das Land aus, macht es arm. 2) Hohl fressen. Die Mäuse
fressen den Käse, die Würmer die Nüsse aus. Von dem Salze ausgefressen
werden. 3) Durch vieles Fressen unkenntlich machen, wegschaffen. So
sagt man in der Landwirthschaft, das Pferd hat die Bohnen, oder die
Kennungen ausgefressen, wenn durch langen Gebrauch der Zähne die
schwarzen Puncte in denselben unkenntlich werden. Ingleichen, das
Pferd frißt sich aus, hat sich ausgefressen, wenn es diese Puncte
verloren hat. 4) Sich ausfressen, sich fett fressen, von Thieren.
Ausfrieren (W3) [Adelung]
Ausfrieren, verb. irreg. neutr. ( S. Frieren,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, von dem Froste völlig durchdrungen werden. Der Teich
ist ganz ausgefroren, bis auf den Grund zugefroren. Die Wäsche
ausfrieren lassen, damit sie desto weißer werde.
Ausfrischen (W3) [Adelung]
* Ausfrischen, verb. reg. act. inwendig frisch machen, doch nur bey
den Jägern, wo die Hunde ausfrischen, so viel bedeutet, als ihnen eine
Purganz eingeben. Daher die Ausfrischung.
Ausführbar (W3) [Adelung]
Ausführbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig ausgeführet, in das Werk
gerichtet, zu werden. Dieser Vorschlag ist nicht ausführbar. Daher die
Ausführbarkeit.
Ausfuhre (W3) [Adelung]
Die Ausfuhre, plur. inusit. das Ausführen einer Sache auf einem Orte,
in der eigentlichen Bedeutung des Verbi. Die Ausfuhre des Getreides,
der Wolle u. s. f. nehmlich aus dem Lande.
Ausführen (W3) [Adelung]
Ausführen, verb. reg. act. 1) Aus einem Orte führen. (a) Vermittelst
eines Fuhrwerkes. Getreide ausführen, aus dem Lande. Wolle, Waaren
ausführen u. s. f. Ingleichen metonymisch, vermittelst eines
Fuhrwerkes ausleeren. Einen Graben, einen Teich ausführen, den Koth
oder Schlamm in demselben ausführen. (b) Durch Zeigung des Weges, oder
andere, besonders physische Hülfsmittel. Die Soldaten ausführen, aus
der Stadt, oder dem Lager. Einen Übelthäter ausführen, aus der Stadt
zum Richtplatze. Einen Leithund ausführen, bey den Jägern, ihn an dem
Hängeseile in die freye Luft führen, damit er sich erluftige.
Geschiehet solches zur Arbeit, so wird es ausziehen genannt.
Ausführende Arzeneymittel, bey den Ärzten, evacuantia, welche die
Unreinigkeiten aus dem Leibe führen.2) Völlig zu Ende führen, doch nur
in folgenden figürlichen Bedeutungen. (a) Durch Anführung der nöthigen
Beweise zu Ende bringen. Eine Sache in Schriften ausführen,
vollständig beweisen. Seine Sache vor Gericht ausführen. Seine
Forderung wider jemanden ausführen. (b) Überhaupt zu Ende bringen,
wobey doch wohl vornehmlich auf das Daseyn der nöthigen Mittel gesehen
wird. Einen Bau ausführen. Er fängt vieles an, kann aber nicht
ausführen. Einen Anschlag ausführen, bewerkstelligen. Seine Sache mit
dem Schwerte ausführen. Mit ihrer offenen und sanften Miene haben sie
schon manchen Streich ausgeführet.
Anm. Das Niedersächsische utfören
hat in dieser letzten Bedeutung einen gehässigen Nebenbegriff, indem
es alle Mahl den Gebrauch unerlaubter Mittel mit einschließet. Dieß
hat vielleicht Luthern bewogen, daß er in der Übersetzung der Bibel
für ausführen gemeiniglich hinaus führen gebrauchet, welches sonst im
Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist. Das Substantiv die Ausführung,
kann von der Handlung des Ausführens in allen obigen Bedeutungen
gebraucht werden, die Ausführung eines Entwurfes; nur daß man, wenn
von der Fortschaffung vermittelst eines Fuhrwerkes aus dem Lande die
Rede ist, lieber die Ausfuhre gebraucht. Übrigens bedeutet Ausführung
im rechtlichen Verstande auch so viel als einen vollständigen Beweis
selbst.
Ausführlich (W3) [Adelung]
Ausführlich, -er, -ste, adj. et adv. mit allen nothwendigen einzelnen
Theilen versehen, in figürlicher Bedeutung. Ein ausführlicher Beweis,
der alle Umstände, welche zu dem Beweise gehören, in sich fasset. Eine
ausführliche Erzählung, wo kein nöthiger Umstand ausgelassen ist. Ein
ausführlicher Begriff, in der Weltweisheit, wo die angegebenen
Merkmahle zureichen, die Sache jederzeit von allen andern zu
unterscheiden. Etwas ausführlich beweisen, beschreiben, erzählen u. s.
f.
Ausführlichkeit (W3) [Adelung]
Die Ausführlichkeit, plur. inus. die Eigenschaft, nach welcher eine
Sache ausführlich ist. Die Ausführlichkeit einer Rede, einer
Erzählung, eines Beweises u. s. f.
Ausfüllen (W3) [Adelung]
Ausfüllen, verb. reg. act. 1) Durch Schöpfen leer machen. Ein Gefäß
ausfüllen. Etwas davon ausfüllen. In einigen Gegenden sagt man auch
eine Flasche ausfüllen, für ausleeren. 2) Das Innere eines Dinges mit
etwas voll machen. Einen Graben ausfüllen, mit Erde, Schutt u. s. f.
voll machen. Bey den Rahmnähterinnen werden die Blumen mit Stichen
ausgefüllet. Eine Lücke, einen leeren Raum ausfüllen. Der Ehrgeitz
füllet seine Seele so aus, daß kein Platz für die Furcht mehr übrig
ist. Ein leerer Raum in ihrer Zeit, den sie mit keinen andern
Beschäftigungen auszufüllen wissen, Kästn. Daher die Ausfüllung.
Ausfündig (W3) [Adelung]
Ausfündig, adv. welches nur mit dem Verbo machen gebraucht wird, und
alsdann im Hochdeutschen gebräuchlicher ist, als das Verbum ausfinden.
Etwas ausfündig machen, es nach angestelltem Suchen finden, entdecken.
Man hat den Fremden nicht ausfündig machen können. Wir haben ein
Mittel ausfündig gemacht.
Anm. Es ist nicht unmittelbar von dem Verbo
ausfinden, sondern zunächst von dem veralteten Substantivo Ausfund,
welches noch bey dem Tschudi Th. 2, S. 361, vorkommt, daher es billig
mit einem ü geschrieben wird. Die meisten Sprachlehrer rechnen es zu
denjenigen unabänderlichen Adjectiven, welche in der ersten und
vierten Endung üblich sind; das heißt mit wenig Worten, es ist ein
Adverbium, zumahl da es wohl mit einem Verbo, nie aber mit
Substantiven verbunden wird.
Ausfüttern (W3) [Adelung]
1. Ausfüttern, verb. reg. act. von Futter, innere Bekleidung,
inwendig mit dem nöthigen Futter versehen. Ein Kleid ausfüttern, wo
man doch lieber das einfache füttern gebraucht. Ein Loch mit Messing,
mit Eisen ausfüttern. Daher die Ausfütterung.
Ausfüttern (W3) [Adelung]
2. Ausfüttern, von Futter, pabulum, verb. reg. act. 1) Mit dem
gehörigen Futter versehen. Ein Regiment Cavallerie ausfüttern.
Ingleichen durch fleißiges Füttern groß und stark machen. Ein Pferd,
ein Stück Rindvieh ausfüttern. 2) Bis zu Ende einer gewissen Zeit
füttern. Das Rindvieh ausfüttern, es den Winter hindurch füttern. Das
Gut hat so vielen Heugewinn, daß acht Pferde ausgefüttert werden
können. 3) Durch Füttern leer machen. Die Knechte haben den ganzen
Kasten voll Hafer ausgefüttert. So auch die Ausfütterung.
Ausgabe (W3) [Adelung]
Die Ausgabe, plur. die -n. 1) Die Handlung des Ausgebens, in der
eigentlichen und weitern Bedeutung dieses Wortes. Die Ausgabe der
Briefe auf der Post. Die Ausgabe eines Buches, die Bekanntmachung
desselben durch den Druck. 2) Dasjenige, was man ausgibt, besonders
dasjenige Geld, welches man zu seinen Bedürfnissen auszugeben
verbunden ist. Viele Ausgaben haben. Seine Ausgaben einziehen. In
welcher Bedeutung der Plural am gebräuchlichsten ist. Ingleichen die
Rechnung, die darüber geführet wird. Die Ausgabe mit der Einnahme
vergleichen. Wie auch, so viel von einer Sache auf ein Mahl heraus
gegeben wird. So nennet man von machen Büchern, welche nicht auf ein
Mahl, auch nicht theilweise bekannt gemacht werden, diejenigen Bogen,
welche man jedes Mahl zusammen ausgibt, die erste, die zweyte Ausgabe
u. s. f.
Ausgähren (W3) [Adelung]
Ausgähren, verb. irreg. neutr. ( S. Gähren,) welches das Hülfswort
haben erfordert, so viel als nöthig ist, gähren, die gehörige Zeit
gähren. Das Bier hat nicht ausgegohren. Ein gutes ausgegohrnes Bier.
Ingleichen, aufhören zu gähren, nicht mehr gähren. Das Bier hat noch
nicht ausgegohren. Bey den Bergleute lautet dieses Wort ausgüren, w.
s.
Ausgang (W3) [Adelung]
Der Ausgang, des -es, plur. die -gänge. 1. Das Ausgehen, als das
Abstractum dieses Wortes, und größten Theils ohne Plural. a) In
eigentlicher Bedeutung, das Ausgehen aus einem Orte. Der Ausgang der
Israeliten aus Ägypten. Der Herr behüte deinen Ausgang und deinen
Eingang. Der Ausgang Christi vom Vater, dessen Menschwerdung, und der
Ausgang des heil. Geistes von dem Vater und Sohne, in der Theologie.
Die Ausgänge des Jungmeisters, bey den Handwerken, wenn derselbe auf
Befehl des Obermeisters ausgehen muß. Das Wildbret hat seinen Ausgang
auf die Felder, sagt man bey den Jägern, wenn es die Felder um seiner
Nahrung willen besucht.b) Figürlich das Ende. 1) Das Ende einer
Handlung, eines Geschäftes, besonders in Rücksicht auf dessen gute
oder böse Beschaffenheit. Eine Sache zu einem gewünschten Ausgange
bringen. Einen traurigen Ausgang gewinnen. Der Ausgang wirds lehren.
Die Geschichte soll, denk' ich, bald einen Ausgang gewinnen, Weiße. So
auch der Ausgang eines Schauspieles, diejenige Begebenheit, wodurch
die Handlung ihr völliges Ende erreicht, welche durch die Auflösung
oder Entwickelung vorbereitet wird. 2) Das Ende einer Zeit. Mit
Ausgang des Jahres, des Monathes. Zu Ausgang des Winters oder des
Sommers. 3) Das Ende dem Orte oder Raume nach, doch nur in einigen
wenigen Fällen. So nennt man in den Buchdruckereyen das Ende eines
Absatzes den Ausgang, und im Plural die Ausgänge.2. Der Ort, durch
welchen man aus einem Orte gehet. Das Haus hat einen verborgenen
Ausgang. Die Gasse hat keinen Ausgang. Dem Wasser einen Ausgang
verschaffen, einen Ort, wo es abfließen kann. Der Hirsch hat die
schönsten Ausgänge, heißt es bey den Jägern, wenn er sich solche
Stände erwählet, wo er nicht weit nach dem Wasser, in die Wiesen und
Felder hat.
Ausgärben (W3) [Adelung]
+ Ausgärben, verb. reg. act. für ausprügeln. Jemanden derb ausgärben.
Ausgäten (W3) [Adelung]
Ausgäten, verb. reg. act. heraus gäten. Das Unkraut ausgäten,
Niedersächs. weiden. Daher die Ausgätung. In den meisten Ausgaben der
Deutschen Bibel wird es Matth. 13, 28; 29, 40, irrig ausgeten und
ausgetten geschrieben. S. Gäten.
Ausgattern (W3) [Adelung]
+ Ausgattern, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich
ist, für ausforschen, ausfündig machen. Wenn er gleichwohl seyn
Hannchen ausgattern könnte, Weiße. S. Ausgattern und Gattern.
Ausgeben (W3) [Adelung]
Ausgeben, verb. irreg. ( S. Geben,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum.1. Hinaus geben, aus einem Orte geben,
von sich weggeben. 1) Eigentlich. Die Briefe ausgeben, auf der Post.
Almosen ausgeben, austheilen. Eine Tochter ausgeben, sie verheirathen,
ausstatten, 1. Mos. 29, 26. Ein Buch ausgeben, durch den Druck bekannt
machen. Ausgeben, in dem Kartenspiele bedeutet an einigen Orten so
viel als ausspielen. In den Haushaltungen bedeutet ausgeben, von dem
vorhandenen Vorrathe dem Gesinde so viel geben, als jedes Mahl nöthig
ist. Die Parole ausgeben, bekannt machen. Die Ausgebung der Parole. Am
häufigsten wird dieses Wort von dem Gelde gebraucht. Geld für etwas
ausgeben. Eine Münzsorte für voll ausgeben. Er gibt viel aus, viel
Geld, er lässet viel aufgehen. Daher Ausgebegeld, welches man zu den
täglichen Ausgaben gebraucht, Münze. 2) Figürlich, die Beschaffenheit
einer Sache bestimmen, mit für; wobey doch die Wahrheit der Bestimmung
noch als zweifelhaft angesehen, wenigstens unentschieden gelassen
wird. Ein
Gut für das seinige ausgeben. Seinen eigenen Willen für Gottes Willen
ausgeben. Sich für einen Arzt, für einen Edelmann ausgeben u. s. f.
Einen für todt ausgeben. Wenn meine Frau dasjenige wäre, wofür sie
dieselbe ausgeben, so wäre ich ja ein Narr, Gell.2. + Sich ganz
ausgeben, im gemeinen Leben, sich durch vieles Ausgeben vom Gelde
entblößen, alles bare Geld ausgeben.II. Als ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte haben. 1) Von sich geben, ergiebig seyn, nur im gemeinen
Leben einiger Gegenden. Dieses Getreide gibt viel, gibt wenig aus,
gibt vieles Mehl. Das Mehl gibt wohl aus, gibt vieles Brot. 2) Bey den
Jägern wird ausgeben von dem Bellen der Leithunde gebraucht. Der Hund
gibt aus, bellet. Ingleichen von dem Hifthorne. Das Horn gibt gut aus,
hat einen lauten Ton.
Ausgeber (W3) [Adelung]
Der Ausgeber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Ausgeberinn,
plur. die -en, eine Person die etwas ausgibt, oder heraus gibt, in der
eigentlichen Bedeutung des Verbi. Der Ausgeber eines Wechsels, der
denselben von sich gibt, und dagegen Geld in Empfang nimmt. Die
Ausgeberinn, in den Haushaltungen, eine Person, welche dem Gesinde die
nöthigen Lebensmittel und andere Bedürfnisse heraus gibt, und zugleich
die Aufsicht über die Haushaltung führet; an einigen Orten eine
Hausjungfer, die Beschließerinn, in Liefland die Ausspeiserinn, in
einigen Niedersächsischen Gegenden die Altfrau, und auf den
Sächsischen Landgütern auch wohl die Käsemutter. In einigen Klöstern
wird auch der Ökonomus der Ausgeber genannt.
Ausgeboth (W3) [Adelung]
* Das Ausgeboth, des -es, plur. die -e, das erste Geboth. S.
Ausbiethen.
Ausgeburt (W3) [Adelung]
Die Ausgeburt, plur. die -en, so viel als die Geburt, doch nur in der
figürlichen Bedeutung für ein Werk des Geistes. Die unreifen
Ausgeburten einer erhitzten Einbildungskraft.
Ausgecken (W3) [Adelung]
+ Ausgecken, verb. reg. act. für aushöhnen. S. Gecken.
Ausgehen (W3) [Adelung]
Ausgehen, verb. irreg. S. Gehen, welches in doppelter Gattung üblich
ist.I. Als ein Neutrum, und zwar wiederum,1. Mit dem Hülfsworte seyn,
aus einem Orte gehen. 1) Eigentlich, da es gemeiniglich absolute und
mit Verschweigung des Termini a quo gebraucht wird. Ausgehen, aus dem
Hause, oder unter die Leute gehen. Der Herr ist ausgegangen. Ich gehe
heute nicht aus. Viel an einem Orte aus- und eingehen. Ausgehende
Waaren, welche ausgeführet werden. Der Degen gehet schwer aus, aus der
Scheide. Wenn die Absicht, warum man ausgehet, durch ein Substantiv
ausgedrucket wird, so bekommt dieses die Präposition auf. Auf Beute,
auf Abenteuer ausgehen. Auf einen Luchs, auf einen Wolf ausgehen, bey
den Jägern, dessen Aufenthalt ausfündig zu machen suchen. Daher denn
die figürlichen R. A. Er gehet auf nichts Gutes aus, er hat böse
Anschläge. Man ging ausdrücklich darauf aus, ihn lächerlich zu machen.
Von einem Orte ausgehen, ist biblisch; daher aus die figürlichen R. A.
von einer Gemeine, von einer Religion ausgehen, dieselbe verlassen,
höchstens nur in biblischen Ausdrücken gebraucht werden können.
Indessen gebraucht man doch diese Wortfügung zuweilen, wenn der Ort,
wo man ausgegangen ist, genau bezeichnet werden soll; z. B. Der Bothe
ist heute früh von Leipzig ausgegangen.2) Figürlich. a) Von dem
heiligen Geiste, in der Theologie. Der heilige Geist gehet aus von dem
Vater und Sohne, wird von denselben gesandt. Das Ausgehen des heiligen
Geistes. b) Leer ausgehen, nichts erhalten. Frey ausgehen, ungestraft
bleiben. Ich werde dich nicht leer ausgehen lassen, wenn du mir
behülflich bist. Er ist ohne Strafe frey und ledig ausgegangen. Im
gemeinen Leben, und selbst in Schriften, wird dieseArt zu reden auf
verschiedene Weise ausgedruckt; z. B. Das wird dir nicht ungenossen
ausgehen. Ich kann es zufrieden seyn, daß man ihm auch jenes nicht für
genossen ausgehen lässet, Less. Allein, wenn der Mensch ein Raubthier
werden, und Unrecht üben will, so gehet es ihm nicht ungestraft aus,
Michael. Wie aber geht es dem für so genossen aus? Canitz. Es
scheinet, daß alle diese Wortfügungen verderbte Ellipsen sind, wozu
die übel verstandene R. A. frey, oder ungestraft ausgehen, Anlaß
gegeben; man müßte sie denn zu der achten Bedeutung dieses Verbi
rechnen wollen. c) Nach außer zu gerichtet seyn. Der ausgehende
Winkel, der hervor springende, im Gegensatze des eingehenden. b)
Bekannt werden. Einen Befehl ausgehen lassen, besser ergehen. Er ist
ein Befehl ausgegangen. Ein Buch ausgehen lassen, durch den Druck
bekannt machen. Lassen sie es doch im Druck ausgehen, Gell. Diese
ganze Bedeutung gehöret im Hochdeutschen unter die veralteten, und
wird nur noch zuweilen von Ungelehrten und in der biblischen
Schreibart gebraucht. e) Aus der Verbindung mit etwas gerathen. Die
Haare gehen ihm aus, fallen ihm aus. Der Athem, die Seele gehet ihm
aus, er stirbt, im gemeinen Leben. Ingleichen ausgegeben, verkauft,
verbraucht seyn. Das Geld ist mir ausgegangen, ich habe alles bare
Geld ausgegeben. Die Waare ist ausgegangen, sie ist insgesammt
verkauft worden. Wie auch sich nach und nach verlieren. Diese Pflanze
ist in dieser Gegend ausgegangen, wächst hier nicht mehr. Der Baum
gehet aus, stirbt ab. f) Nach und nach verschwinden, unscheinbar
werden, besonders von Farben. Diese Farbe ist gar sehr ausgegangen.
Der Flecken wird so bald nicht ausgehen. Ingleichen sich wegbringen,
auslöschen lassen. Was mit Kreide geschrieben worden, gehet leicht
wieder aus. g) Erlöschen, von dem Feuer. Das Feuer gehet aus. Das
Licht ist ausgegangen. Das Feuer ausgehen lassen. Nach einer noch
weitern Figur sagt man im gemeinen Leben auch von einer Person, welche
ohne heftige äußere Bewegungen verstirbt, sie gehe aus wie ein Licht.
h) Sich enden, in welcher Bedeutung die Bergleute so wohl das Verbum
als auch das Participium das Ausgehende sehr häufig für das Ende, dem
Orte und dem Raume nach, gebrauchen. Das Flötz gehet zu Tage aus,
zeiget sich gleich an der Dammerde. Das Ausgehen, oder das Ausgehende
eines Ganges, dessen Ende, besonders nach der Dammerde zu. Wo die
Röhre ihr Ausgehen hat, wo sie sich endiget. Indessen kommt diese
Bedeutung der Endigung auch zuweilen außer dem Bergbaue vor. Das Wort
gehet auf ein A aus, es endiget sich mit einem A. Das Unglück wird
über dich ausgehen, wird sich bey dir endigen, du wirst dafür büßen
müssen. Es gehet alles über mich aus. i) + In Erfüllung gehen, doch
nur im gemeinen Leben, und in der R. A. mein Traum gehet mir aus,
trifft jetzt ein, wird erfüllet. Wer weiß, geht dein Traum nicht heute
aus, Weiße. Auf ähnliche Art wird in dem alten Gedichte auf den h.
Anno V. 262, das Verbum ergehen gebraucht: Der troum allir so irging,
Sam der engil vane himile geschint. Der Traum wurde völlig so
erfüllet, als ihn der Engel vom Himmel geoffenbaret hatte.2. Mit dem
Hülfsworte haben, so lange gehen, als nöthig ist, in welcher Bedeutung
es doch wohl nur allein in der Landwirthschaft von dem Teige gebraucht
wird. Den Teig ausgehen lassen, ihn so lange gehen oder gähren lassen,
als erfordert wird. Ingleichen aufhören zu gehen. Der Teig hat
ausgegangen. In dieser letzten Bedeutung des Aufhörens kann ausgehen
auch von
mehrern Dingen gebraucht werden, denen das Verbum gehen zukommt.II.
Als ein Activum, durch Gehen ausfündig machen. So sagt man bey den
Jägern, ein Wildbret ausgehen, und im Bergbaue, einen Gang ausgehen,
ihn mit der Wünschelruthe suchen. Auch in gemeinen Leben kommt
ausgehen zuweilen in dieser Bedeutung vor.
Ausgeitzen (W3) [Adelung]
Ausgeitzen, verb. reg. act. im Pflanzenbaue, den Geitz, d. i. die
überflüssigen Blätter und Ranken abbrechen. Den Tobak ausgeitzen. Die
Kürbisse ausgeitzen, die überflüssigen Ranken ausschneiden. Daher die
Ausgeitzung.
Ausgelassenheit (W3) [Adelung]
Die Ausgelassenheit, plur. die -en, von Ausgelassen in Auslassen. 1)
Die Fertigkeit ausgelassen zu seyn, oder seinen Einfällen und
Begierden den Ausbruch ohne alle Einschränkungen zu lassen; ohne
Plural. Die Ausgelassenheit dieses Menschen ist groß. 2) Eine
ausgelassene Handlung. Sie verüben noch immer viele Ausgelassenheiten.
Das Parterre legt seyn Mißvergnügen gern durch allerley
Ausgelassenheiten an den Tag. S. Auslassen.
Ausgeschenk (W3) [Adelung]
* Das Ausgeschenk, S. Ausschenken.
Ausgesessen (W3) [Adelung]
Ausgesessen, S. Aussitzen.
Ausgiebig (W3) [Adelung]
Ausgiebig, adj. et adv. S. Ergiebig.
Ausgießen (W3) [Adelung]
Ausgießen, verb, irreg. act. S. Gießen. 1. heraus, oder hinaus
gießen, einen flüssigen Körper aus einem Gefäße gießen. 1) Eigentlich.
Das Wasser ausgießen. Das Rind mit dem Bade ausgießen, im gemeinen
leben, das Nützliche mit dem Unnützlichen verwerfen. 2) Figürlich,
größten Theils nur in der höhern Schreibart der Neuern, als eine
Nachahnung ähnlicher biblischen Ausdrücke. (a) In Menge vertheilen.
Seinen Zorn über jemanden ausgießen. Todesblässe goß sich über seyn
blühendes Antlitz aus, Dusch. Reichthum und Schönheit scheinen mir
gleich verschwenderisch auf die weiten Fluren ausgegossen, ebend.
Welch ein volles Maß von Segen goß da deine Vaterliebe über mich aus!
ebend. Die Ausgießung des heil. Geistes, in der biblischen Schreibart.
(b) Sein Herz vor einem ausgießen, für das gewöhnlichere aber nicht so
edle ausschütten. Ich will mein ganzes Herz vor dir ausgießen, Dusch.
Ich goß in tausend Gelübden und Seufzern meine Empfindungen aus,
ebend.2. Mit einem flüssig gemachten Körper ausfüllen. Ein Loch
ausgießen, mit Bley, Wachs, u. s. f. Einen hohlen Körper mit Bley
ausgießen.3. Durch Ausgießung eines flüssigen Körpers auslöschen. Das
Feuer ausgießen. Eine Flamme mit Wasser ausgießen. In Breitingers
krit. Dichtk. Th. 2, S. 97, wird dieser Gebrauch unbillig verworfen,
und dafür gesetzet: eine Flamme durch einen starken Zuguß Wasser
tödten und erstickten; eine weitschweifige und völlige ungewöhnliche
Art des Ausdruckes.4. Die Jäger gebrauchen es auch absolute und als
ein Neutrum mit haben, für heftig schweißen, d. i. bluten.So auch die
Ausgießung. Uzkiezzen kommt schon bey dem Notker und Willeram vor.
Ausgipfeln (W3) [Adelung]
Ausgipfeln, verb. reg. act. Einen Baum ausgipfeln, dessen Gipfel
beschneiden, ihn des Gipfels berauben.
Ausglätten (W3) [Adelung]
Ausglätten, verb. reg. act. durch Glätten heraus bringen. Falten in
einem Kleide ausglätten.
Ausgleichen (W3) [Adelung]
Ausgleichen, verb. reg. act. S. Gleichen, völlig gleich machen, in
verschiedenen Fällen. Eine Rechnung ausgleichen, im mittlern Lateine
exaequare. Die Münzen ausgleichen, in den Münzen, sie wägen und
justiren. Die Bleche ausgleichen, auf den Blechhämmern, sie gleich
schlagen. Ein Pferd hat ausgegleicht, als ein Neutrum, wenn im achten
Jahre die Eckzähneden übrigen an Länge gleich geworden sind. S. auch
Abgleichen. Daher die Ausgleichung.
Ausgleiten (W3) [Adelung]
Ausgleiten, verb. irreg. neutr. ( S. Gleiten,) mit seyn, aus der Bahn
gleiten. Mit dem Fuße ausgleiten. Das Pferd ist ausgeglitten. Der Wein
und er sind ausgeglitten, Weiße. In den gemeinen Mundarten
ausglitschen, in Niedersachsen utgliden, utglitschen, utklisken,
utglippen, in Preußen ausschorren, und im Österreichischen auskrollen,
womit das Italiänische crollare überein kommt. S. auch Abgleiten.
Ausglocken (W3) [Adelung]
Ausglocken, verb. reg. act. mit der Glocke ausplätten, bey den
Wäscherinnen. Manschetten ausglocken.
Ausglühen (W3) [Adelung]
Ausglühen, verb. reg. act. durchaus glühend machen. Eisen. Stahl,
Kupfer, Silber, Draht u. s. f. ausglühen, um es geschmeidig zu machen,
bey verschiedenen Metallarbeitern. Daher die Ausglühung.
Ausgraben (W3) [Adelung]
Ausgraben, verb. irreg. act. S. Graben. 1) Heraus graben, durch
Graben heraus hohlen. Einen Baum, einen Stein ausgraben. Eine Warze
ausgraben. 2) Durch Graben tief oder hohl machen. Einen Teich
ausgraben. Ingleichen, mit dem Grabstichel aushöhlen, 2. Mos. 28, 36;
2 Chron. 2, 7. So auch die Ausgrabung.
Ausgräten (W3) [Adelung]
Ausgräten, verb. reg. act. in den Küchen, der Gräten berauben. Einen
Fisch ausgräten. Daher die Ausgrätung.
Ausgriebsen (W3) [Adelung]
Ausgriebsen, S. Auskröbsen.
Ausgrößern (W3) [Adelung]
* Ausgrößern, verb. reg. act. ein Kunstwort der Kammacher. Die
eingeschnittenen Zähne eines Kammes ausgrößern, den Zwischenraum
zwischen denselben größer machen, welches vermittelst der Größerfeile
geschiehet. Daher die Ausgrößerung.
Ausgrübeln (W3) [Adelung]
Ausgrübeln, verb. reg. act. im gemeinen Leben, durch Grübeln, d. i.
vieles Nachdenken, haraus bringen. Ein Ding ausgrübeln. Alles
ausgrübeln wollen. Daher die Ausgrübelung.
Ausgründen (W3) [Adelung]
Ausgründen, verb. reg. act. 1) Bey den Tischlern, eine Vertiefung für
eine Einschiebeleiste mit dem Grundhobel aushobeln; wofür auch
abgründen üblich ist. Bey den Bildhauern und Formschneidern, erhabene
Theile durch Vertiefung an den Seiten bilden. 2) * Figürlich für
ergründen, den Grund oder die wahre Beschaffenheit einer Sache
erforschen. Der es ausgründen möchte, Sir. 24, 39; in welcher
Bedeutung es aber doch größten Theils veraltet ist.
Ausgüren (W3) [Adelung]
* Ausgüren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches aber
nur in den Bergwerken üblich ist, für ausgäten. Der Gang güret durch
das Gesteine aus, es tritt eine Gur von dem Gange aus dem Gesteine. S.
Gur und Ausgäten.
Ausguß (W3) [Adelung]
Der Ausguß, des -sses, plur. -güsse. 1) Die Handlung des Ausgießens,
in der ersten Bedeutung dieses Verbi; ohne Plural. Der Ausguß des
Wassers. 2) Dasjenige, was ausgegossen wird. Dahin gehöret der Ausguß
in den Schmelzhütten, d. i. dasjenige Werk, welches aus dem Herde
vermittelt der Ausgußkelle in die Ausgußpfännchen gegossen wird.
Ingleichen, was man von diesem Werke zu Nehmung der Stichprobe in ein
Grübchen aus einen Siegelstein zu gießen pflegt. Hallers: mich
durchläuft ein Ausguß kalter Schrecken, ist eine viel zu harte Figur.
3) Der Ort, durch welchen ein flüssiger Körper ausgegossen, oder
hinaus gegossen wird. So wird die Öffnung, durch welche man die
Unreinigkeiten aus den Häusern gießet, ein Ausguß, Durchguß, oder
Gußstein genannt. Ausgüsse oder Ausgußröhren, in den Bergwerken, sind
Schläuche, oder Röhren, durch welche das Wasser aus den Pumpen
fließet.
Aushaaren (W3) [Adelung]
Aushaaren, oder aushären, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben,
die Haare fahren lassen. Der Pelz, das Pferd haaret aus. S. auch
Abhaaren.
Aushacken (W3) [Adelung]
Aushacken, verb. reg. act. 1) Durch Hacken heraus hohlen, vornehmlich
von dem Hacken der Vögel. Einem die Augen aushacken. Sprichw. Keine
Krähe hackt der andern die andern Die Augen aus. 2) Hohl oder zackig
hacken, eine ausgehackte Gestalt geben. Eine Frisur zu einem
Frauenzimmerkleide aushacken, sie vermittelst eines eisernen
Instrumentes zackig bilden. Die Schuhe aushacken, bey den Schustern,
sie mit kleinen Schnitten zieren. 2) Durch hacken oder Bauen eine Art
von Zubereitung geben. Die Faßdauben aushacken, bey den Böttchern, sie
im Walde dünner hauen. So auch die Aushackung.
Aushacker (W3) [Adelung]
Der Aushacker, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas aushacket. Z. B.
bey den Böttchern, ein Arbeiter, der die Faßdauben im Walde aus dem
Groben hacket. Bey den Schustern und Frauenzimmerschneidern, ein
eisernes Werkzeug, die Schuhe und Zeuge damit auszuhacken.
Aushäften (W3) [Adelung]
Aushäften, verb. reg. act. völlig fertig häften. So werden bey den
Tuchscherern die fertigen Tücher ausgehäftet, d. i. mit Bindfaden
gehäftet. Auf ähnliche Art pflegen auch die Buchbinder die Bücher
auszuhäften. Daher die Aushäftung.
Aushalftern (W3) [Adelung]
Aushalftern, verb. reg. act. von der Halfter los machen. Sich
aushalftern, eigentlich nur von den Pferden, in der niedrigen
Sprechart aber auch wohl figürlich, sich von einem Zwange, von einer
Verlegenheit befreyen.
Aushalten (W3) [Adelung]
Aushalten, verb. irreg. ( S. Halten,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende
halten, nach dem verschiedenen Gebrauche des Verbi halten. 1) In der
Musik, die Stimme am Ende nicht sinken lassen, den letzten Ton länger
dehnen. Gut, falsch, aushalten. 2) Bis zu Ende bleiben. Er kann nicht
lange an einem Orte aushalten. Bey einem aushalten. Seine Jahre bey
einem Herrn aushalten. Ich hielt eine Stunde geduldig bey ihm aus. Da
kann die Furcht vor dem Tode nicht aushalten, Mosheim; obgleich dieser
Ausdruck für die edle Schreibart nicht Würde genug hat. 3) Standhaft
bleiben. Im Leiden aushalten. In allen Verdrusse, in allen
Versuchungen aushalten. Alle seine Philosophie konnte nicht gegen ihre
Schönheit aushalten. 4) Erdulden, ertragen, überstehen. Schläge
aushalten. Er kann die Rosten nicht aushalten. Den ersten Unfall
aushalten. Die Probe aushalten, in der Probe als echt, wahr, standhaft
u. s. f. befunden werden. Meine Liebe ist stark genug, die härteste
Prüfung auszuhalten, Dusch. O sie wird diese Probe gewiß nicht
aushalten! Weiße. Es ist mit ihm nicht auszuhalten, im gemeinen Leben,
er ist unerträglich.II. * Als ein Activum, absondern, aussondern,
scheiden, welche Bedeutung doch nur in dem Bergbaue und dem Forstwesen
üblich ist. In dem erstern sagt man, eine Stufe aushalten, das Gestein
von Derselben absondern; in dem letztern aber, die Bäume, das Holz
aushalten, Das Nußholz von dem Scheitholze aussondern;Anm. Daher die
Aushaltung, besonders in der Bedeutung des Activi und der ersten
Bedeutung des Neutrius. An dem Rheinstrome bedeutet, sich etwas
aushalten, so viel, als ausbedingen, welches mit der thätigen
Bedeutung dieses Verbi überein kommt, und woraus zugleich erhellet,
daß aushalten in derselben so viel bedeutet, als ausbehalten. Im
Oberdeutschen sagt man auch, einem die Unkosten zu etwas aushalten,
sie tragen, darreichen.
Aushämmern (W3) [Adelung]
Aushämmern, verb. reg. act. durch Hammer heraus bringen, bey den
Metallarbeitern. Eine Bäule aushämmern.
Aushändigen (W3) [Adelung]
Aushändigen, verb, reg. act. aus seiner Hand übergeben. Einem etwas
aushändigen, es ihm mit Übertragung des Eigen-thumes übergeben. Daher
die Aushändigung. S. auch Einhändigung.
Aushangen (W3) [Adelung]
Aushangen, verb. irreg. neutr. ( S. Hangen,) welches das Hülfswort
haben zu sich nimmt, ausgehänget seyn. Hier hängt ein Zeichen aus.
Aushängen (W3) [Adelung]
Aushängen, verb. reg. act. heraus hängen, oder hinaus hängen. Ein
Zeichen aushängen. Waaren zum Verkaufe aushängen. Ein Aushängebogen,
in den Buchdruckereyen, einer von den ersten abgedruckten Bogen einer
Schrift, welche ausgehänget, oder von den andern abgesondert werden.
Daher die Aushängung.
Ausharren (W3) [Adelung]
Ausharren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur
noch zuweilen in der höhern Schreibart gebraucht wird, bis zu Ende
harren, ausdauern. Eine ausharrende Geduld, die bis an das Ende
standhaft bleibet. Etwas ausharren, als ein Activum, für erdulden,
aushalten, ist nur im Oberdeutschen üblich.
Aushärten (W3) [Adelung]
Aushärten, verb. reg. act. durchaus hart machen, größten Theils nur
in der figürlichen Bedeutung. Ausgehärtete Soldaten. Ein Gemüth wider
die Zufälle des Lebens aushärten, Opitz. S. auch Abhärten. Daher die
Aushärtung.
Aushaspen (W3) [Adelung]
Aushaspen, oder Aushäspen, verb. reg. act. Eine Thür aushaspen, sie
aus den Haspen oder Häspen heben.
Aushauch (W3) [Adelung]
Der Aushauch, des -es, plur. inusit. in der höhern Schreibart. 1) Die
Handlung des Aushauchens, in eigentlicher und figürlicher Bedeutung.
2) Dasjenige, was ausgehauchet wird, so wohl eigentlich als figürlich.
O wie stärket ihn da der Aushauch duftender Kräuter! Zachar.- Nicht
flieht den athemraubenden Aushauch Von goldnen Kerkern der Städte,
Kleist.
Aushauchen (W3) [Adelung]
Aushauchen, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, den
Hauch oder Athem ausstoßen. 2. Activum, mit dem Hauche, oder in
Gestalt des Hauches von sich geben. In meinen Umarmungen hauchte er
die göttliche Seele aus, v. Brawe. Die Kräuter hauchen jetzt ihren
ersten Wohlgeruch aus. Er heulte, lästerte und haucht' in tausend
Flüchen Sein schwarzes leben aus, Weiße Hauche dort die trübe
SeeleLangsam im Gesängen aus, v. Thümmel.
Aushauen (W3) [Adelung]
Aushauen, verb. irreg. act. S. Hauen. 1) Durch Hauen heraus hohlen.
Das Brandsilber aushauen, in den Schmelzhütten, wo es mit dem Aushauer
geschiehet. Die Goldschmiede verrichten solches Ausbauen vermittelst
eines besondern Aushauerstämpels, welcher aus einem dicken
cylindrischen Eisen bestehet, welches unten hohl und scharf ist. 2)
Durch Hauen aushöhlen. Einen Trog, eine Kinne aushauen. Daher der
Aushauer, ein Hammer der Schmiede; die runden Löcher damit auszuhauen.
Mit dem Meißel eine gewisse Gestalt geben. in Marmor, in Stein
aushauen. Ein Stück Blech aushauen. 4) Das Innere einer Sache durch
Hauen vermindern oder leer machen. Einen Baum aushauen, die unnöthigen
Zweige abhauen. Einen Wald aushauen, denselben durch Fällung einiger
Bäume dünne, helle machen, welches auch ausschoren genannt wird. Ein
ausgehauenes Feld heißet in dem Bergbaue, in welchem alles Erz bereits
heraus gefördert ist. 5) Zum Verkaufe zerhauen; in welcher Bedeutung
dieses Wort bey den Fleischern üblich ist, da es dem Einbauen, d. i.
dem Zerhauen des Fleischers zum Einsalzen, entgegen gesetzet wird. 6)
Mit Ruthen ausbauen, vermittelst des Staupbesens des Landes
verweisen.So auch die Aushauung.
Ausheben (W3) [Adelung]
Ausheben, verb. irreg. act. S. Heben, heraus heben, aus einem Arte
heben. 1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung, in welcher es doch
größten Theils nur auf einige besondere Fälle eingeschränket ist.
Einen Baum ausheben, so wohl mit dem Hebezeuge aus der Erde heben, als
auch überhaupt so viel als ausgraben. Gewächse ausheben, aus der Erde
nehmen, wozu die Gärtner einen eigenen Ausheber haben. Eine Thür, ein
Fenster ausheben, aus den Angeln heben. Bier oder Wein ausheben, mit
dem Heber aus einem Fasse ziehen. In dem Schlagewerke der Uhren hat
man ein Rad von acht und vierzig Zähnen, welches bey jedem
Stundenschlage alle Mahl einen Zahn des Rechens in dem Vorlegewerke
aushebet, und daher der Schöpfer, das Schöpfrad, oder der Ausheber
genannt wird. Ausheben absolute, bey den Buchdruckern, die in den
Winkelhaken gesetzten Zeilen auf das Schiff tragen. 2) Figürlich,
auslesen und wegnehmen, aber auch nur in einigen Fällen. Recruten
ausheben, aus dem Landvolke auslesen. Es wurden aus jeder Compagnie
zehn Mann ausgehoben. Bey einigen Handwerken haben die Witwen
verstorbener Meister den Hub oder Aushub, d. i. das Recht, bey den
übrigen Meistern sich einen Gesellen auszuheben, oder auszulesen; S.
Bretschneider und Tafelschneider. Ingleichen figürlich. Es ist die
Pflicht eines Geschichtschreibers unter den Begebenheiten nur die
wichtigsten auszuheben. So auch die Aushebung.
Aushecken (W3) [Adelung]
Aushecken, verb. reg. act. 1) Junge zur Welt bringen, eigentlich nur
von Vögeln, besonders von kleinern, und solchen, welche sich paarweise
zusammen geben; und Es. 34, 15, auch von dem Igel. Figürlich und in
verächtlicher Bedeutung, durch Nachsinnen heraus bringen. Was werden
sie noch aushecken? Wenn Jarell für alte GrillenNeue Nahmen
ausgeheckt, Kästn. Ingleichen überhaupt veranlassen, hervorbringen.
Die Freundschaft hat freylich auf meiner Seite diesen Fehler
ausgeheckt, Weiße. 2) Aufhören zu hecken, als ein Neutrum, mit haben.
Die Vögel haben ausgehecket, ihre Heckzeit ist vorbey.
Ausheften (W3) [Adelung]
Ausheften, S. Aushäften.
Ausheilen (W3) [Adelung]
Ausheilen, verb. reg. act. völlig heil machen, die Heilung vollenden.
Er ist noch nicht ausgeheilt. Ein Hirsch, der sich nicht wohl befand,
Blieb lange Zeit daheim, die Ballen auszuheilen, Haged. Daher die
Ausheilung.
Ausheimisch (W3) [Adelung]
* Ausheimisch, adj. et adv. nur in einigen Gegenden, für ausländisch,
fremd, im Gegensatze des einheimisch.
Ausheitern (W3) [Adelung]
Ausheitern, verb. reg. act. völlig heiter machen, größten Theils nur
als ein Reciprocum. Der Himmel hat sich ausgeheitert. Ingleichen
figürlich, ein ausgeheitertes Gemüth. Sein Glück schien sich
ausheitern zu wollen. S. auch Aufheitern.
Ausheitzen (W3) [Adelung]
Ausheitzen, verb. reg. act. durch und durch heitzen, um dadurch eine
Art von Zubereitung zu geben. Einen Ofen, (der erst gesetzt worden)
ausheitzen. Ein (frisch getünchtes) Zimmer ausheitzen. Daher die
Ausheitzung.
Aushelfen (W3) [Adelung]
Aushelfen, verb. irreg. act. S. Helfen, im gemeinen leben, aus einer
Verlegenheit helfen, doch größten Theils nur mit dem Nebenbegriffe
eines Vorschusses. Einem mit Gelde, mit Getreide aushelfen, es ihm in
einem dringenden Nothfall borgen.Einem aushelfen, absolute, z. B. der
Herr half ihnen aus, ist wohl im Oberdeutschen, aber nicht im
Hochdeutschen üblich. Daher die Aushelfung.
Aushellen (W3) [Adelung]
Aushellen, verb. reg. act. völlig helle machen, als ein Reciprocum.
Das Wetter, der Himmel hellet sich aus. S. auch Ausheitern, welcher
edler ist.
Aushemmen (W3) [Adelung]
Aushemmen, verb. reg. act. bey den Fuhrleuten, den Hemmschuh oder die
Hemmkette wegnehmen, im Gegensatze des einhemmen
Aushenken (W3) [Adelung]
Aushenken, verb. reg. act. welches das Frequentativum von aushängen
ist, und mit demselben einerley Bedeutung hat, ob es gleich seltener
gebraucht wird.
Aushieb (W3) [Adelung]
Der Aushieb, des -es, plur. die -e, dasjenige, was ausgehauen wird,
doch nur in einigen Fällen. So wird z. B. in den Schmelzhütten
dasjenige, was der Wardein zur Verfertigung der Probe mit dem
Aushiebmeißel von dem Brandsilber aushauet, der Aushieb genannt. Im
gemeinen leben spricht man dieses Wort oft Aushub aus; allein alsdann
wird es mit dem Abstracto von ausheben verwechselt. Von hauen ist
Hieb, von heben aber Hub.
Aushobeln (W3) [Adelung]
Aushobeln, verb. reg. act. bey den Tischlern. Ein Bret aushobeln, es
bis zu der verlangten Dicke behobeln.
Aushohlen (W3) [Adelung]
Aushohlen, verb. reg. 1. Activum, für heraus hohlen, doch nur in der
im gemeinen Leben üblichen figürlichen Bedeutung. Einen aushohlen, ihn
ausforschen. Und mit seinen freundlichen Geberden hohlt er dich aus,
Sir. 13, 14.2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, den Arm zum
Wurfe oder zum Schlage von sich strecken. Weit aushohlen. In weiterer
Bedeutung auch von einem, der laufen oder springen will. Weit, kurz
aushohlen. Er hohlet weit aus, um einen kleinen Sprung zu thun.
Figürlich, im Reden weit aushohlen, die entfernten Umstände oder
Gründe den nähern vorziehen. Du hohlst mit deiner Erzählung so weit
aus, als wenn du eine Lügen sagen wolltest, Schleg. Daher die
Aushohlung. Fängt er wieder mit seinen verwünschten weiten
Aushohlungen an? Weiße.
Aushohler (W3) [Adelung]
Der Aushohler, des -s, plur. ut nom. fing. in der Seefahrt, ein Tau
am Bugspriete, womit die Rahe nach außen zu gehalten wird.
Aushöhlen (W3) [Adelung]
Aushöhlen, verb. reg. act. hohl machen. Einen Apfel, ein Stück Holz
aushöhlen. Urplötzlich sind der Felsen graue Rücken Zu Tempeln und
Pallästen ausgehöhlt, Raml. Daher die Aushöhlung, welches nicht allein
die Handlung des Aushöhlens, sondern oft auch die gemachte Vertiefung
selbst bezeichnet. So werden in der Baukunst die Vertiefungen, welche
an den Schäften einiger Säulen von unten bis oben hinaus gehen, auch
Aushöhlungen genannt.
Anm. Im Angelsächsischen lautete dieses Zeitwort
aholan. Die Frequentativa aushöhlern, und aushölkern sind nur in den
gemeinen Mundarten üblich.
Aushöhnen (W3) [Adelung]
Aushöhnen, verb. reg. act. so viel als verhöhnen. Einen aushöhnen,
verspotten; in den gemeinen Mundarten hohnecken, hohneckeln.
Aushölzen (W3) [Adelung]
* Aushölzen, verb. reg. act. bey den Schustern, Absätze aushölzen,
bey hölzernen Absätzen durch beschneiden die gehörige Gestalt geben,
sie ausschneiden. Daher die Aushölzung.
Aushorchen (W3) [Adelung]
Aushorchen, verb. reg. act. Jemanden aushorchen, ihn heimlich
aushorchen.
Aushören (W3) [Adelung]
Aushören, verb. reg. act. bis zu Ende an- oder zuhören. Ich bitte
sie, meine Erzählung erst auszuhören. Fallen sie mir nicht in die
Rede, sondern hören sie mich erst aus.
Aushub (W3) [Adelung]
Der Aushub, des -es, plur. inusit. dasjenige, was ausgehoben wird, in
einigen wenigen Fällen; ingleichen bey einigen Handwerken, das Recht,
nach einigen gefallen einen Gesellen bey andern Meistern auszuheben.
S. Ausheben, ingleichen Aushieb.
Aushülsen (W3) [Adelung]
Aushülsen, verb. reg. act. aus Hülsen nehmen, von den Hülsen
befreyen. Erbsen, Bohnen, Kastanien aushülsen. Niedersächsisch paalen,
Holländ. pellen, Franz. peler, Engl. to peel, von Paalen, Engl. Peel,
die Hülsen.
Aushungern (W3) [Adelung]
Aushungern, verb. reg. act. durch Hunger völlig entkräften
Ausgehungerte Truppen. Eine Stadt aushungern, sie durch Hunger zur
Übergabe zwingen.
Aushunzen (W3) [Adelung]
+ Aushunzen, verb. reg. act. welches nur in der niedrigsten Sprechart
aufgenommen ist, für ausschelten, beschimpfende Verweise geben. Und
wenn es niemand thut, so hunzt die Frau mich aus, sagt der Schulze bey
dem Gellert. S. Hunzen.
Aushuren (W3) [Adelung]
+ Aushuren, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu huren. Sodom und
Gomorra haben ausgehuret, Judä v. 7.
Aushusten (W3) [Adelung]
Aushusten, verb. reg. act. im Husten hervor bringen. Blut aushusten.
Ingleichen aufhören zu husten, als ein Neutrum.
Aushüthen (W3) [Adelung]
Aushüthen, verb. reg. act. Die Wiesen und Äcker mit dem Schafviehe
aushüthen, überall behüthen, in der Landwirthschaft.
Ausjagen (W3) [Adelung]
Ausjagen, verb. reg. act. heraus jagen, hinaus jagen, doch größten
Theils nur in der figürlichen und im gemeinen leben üblichen R. A.
einem einen Angstschweiß ausjagen, austreiben, verursachen.
Ausjäten (W3) [Adelung]
Ausjäten, S. Ausgäten.
Ausjochen (W3) [Adelung]
Ausjochen, verb. reg. act. von dem Joche befreyen, in der
Landwirthschaft. Die Ochsen ausjochen, ausspannen. Daher die
Ausjochung.
Auskalben (W3) [Adelung]
Auskalben, verb. reg. neutr. mit haben. 1) Aufhören Kälber zu werfen,
in der Landwirthschaft. die Kuh hat ausgekalbet. 2) * Als ein
Reciprocum sagt man in einigen Gegenden, die Kuh hat sich ausgekalbet,
wenn den schweren Geburten alles aus dem Leibe fällt, welches in
anderen Gegenden sich ausblasen genannt wird.
Auskälten (W3) [Adelung]
Auskälten, verb. reg. neutr. mit seyn. 1) Durchaus kalt werden. 2)
Durch kalte Nässe ausfaulen, in einigen Gegenden. Wenn die Haar zu
lange unter Wasser stehet, so muß sie auskälten.
Auskämmen (W3) [Adelung]
Auskämmen, verb. reg. act. 1) Durch Kämmen heraus bringen. Durch
Kämmen in Ordnung bringen. Die Haare auskämmen. Die Dachdecker kämmen
ein fertiges Strohdach aus, wenn sie alles Überflüssige mir dem Kamme
wegschaffen.
Auskämpfen (W3) [Adelung]
Auskämpfen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu kämpfen. Nun
hast du ausgeduldet, ausgekämpfet, von einem Verstorbenen.
Auskappen (W3) [Adelung]
Auskappen, verb. reg. act. welches eigentlich ausschneiden bedeuten
müßte. Allein bey den Fleischern bedeutet es, ohne Schnitt heraus
nehmen; z. B. den Leberdarm auskappen. Daher die Auskappung.
Auskargen (W3) [Adelung]
Auskargen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu kargen. Nun hat
er ausgekarget, von einem verstorbenen Geitzigen.
Auskaufen (W3) [Adelung]
Auskaufen, verb. reg act. 1) Einen auskaufen, ihm alle seine Waare
abkaufen. Hierher gehöret auch die im gemeinen Leben übliche R. A.
einen reichen Mann zu beschreiben: er ist so reich, daß er sich von
niemanden auskaufen lässet. 2) Einem andern Käufer zuvor kommen, im
gemeinen Leben. Einen auskaufen. Einem eine Waare, ein Haus u. s. f.
auskaufen, eine Sache kaufen, um welche ein anderer schon gehandelt
hatte. 3) Die Zeit auskaufen, sie allen ihren Theilen nach wohl
anzuwenden suchen. Die Gelegenheit auskaufen, sich derselben mit
Sorgfalt bedienen. Daher die Auskaufung.
Auskegeln (W3) [Adelung]
Auskegeln, verb. reg. act. sich den Regel verrenken, von den Pferden.
Das Pferd hat sich ausgekegelt. In den gemeinen Mundarten wird dieses
Wort häufig in auskeilen verstümmelt
Auskehlen (W3) [Adelung]
Auskehlen, verb. reg. act. von Kehle, so fern es eine Höhlung
bedeutet, mit hohlen Streifen oder Rinnen versehen, in de Baukunst.
Eine Säule auskehlen. Daher die Auskehlung.
Auskehren (W3) [Adelung]
Auskehren, verb. reg. act. heraus oder hinaus kehren, so fern solches
mit der Bürste oder dem Besen geschiehet. Den Staub auskehren, aus dem
Kleide. Den Roth auskehren, aus dem Zimmer. Noch mehr aber
metonymisch, auf solche Art reinigen. Das Kleid, den Hut, das Zimmer
auskehren. Daher die Auskehrung.
Auskehrig (W3) [Adelung]
Das Auskehrig, oder Auskehricht, des -es, plur inusit. der Unrath,
welcher mit dem Besen aus einem Zimmer gekehret wird; das Kehrig, in
Oberdeutschland der Mist, die Misten, das Ausfeget, das Feget, das
Fegsal, das Kehrsal, in Niedersachsen Mull, Fegels, Schwed. Mull,
Holländ. Vaegsal, in Preußen der Unlust.
Auskeilen (W3) [Adelung]
Auskeilen, verb. reg act. 1) Mit Keilen versehen. 2) Sich auskeilen,
in dem Bergbaue, als ein Keil spitzig zugehen und endlich gar
verschwinden. Der Gang keilet sich aus. ingleichen, der Gang keilet
den Berg aus, welches eben dasselbe bedeutet. 3) Zusammen geleimte
Breter auskeilen, bey den Tischlern, sie durch Wegnehmung der Keile
von den Leimzwingen los machen. 4) + Sich auskeilen, von den Pferden,
S. Auskegeln. Daher die Auskeilung.
Auskeimen (W3) [Adelung]
Auskeimen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, einen Keim
treiben. Die Erbsen, das Malz hat ausgekeimet.
Auskellen (W3) [Adelung]
+ Auskellen, verb. reg. act. mit der Kelle ausschöpfen, im gemeinem
Leben. Daher die Auskellung.
Auskeltern (W3) [Adelung]
Auskeltern, verb. reg. act. vermittelst der Kelter auspressen. Den
Most auskeltern. Noch mehr aber metonymisch, vermittelst der Kelter
ausleeren. Die Weintrauben auskeltern. Ingleichen aufhören zu keltern,
als ein Neutrum. Daher die Auskelterung.
Auskerben (W3) [Adelung]
Auskerben, verb. reg. act. mit Kerben versehen. Ausgekerbte Schilde
in der Wapenkunst. Daher die Auskerbung.
Auskernen (W3) [Adelung]
Auskernen, verb. reg. act. den Kern ausbrechen. 1) Eigentlich.
Mandeln, Nüsse, auskernen. 2) Figürlich, so fern Kern das Beste einer
Sache bedeutet, auslesen. So kommt dieses Wort in dem Bergbaue vor,
wenn das beste Erz von dem geringern abgesondert wird. Ein
ausgekernter Riem, ist bey den Fleischern ein gewisses Stück Fleisch
von dem hintern Viertel des Rindviehes. So auch die Auskernung.
Auskesseln (W3) [Adelung]
Auskesseln, verb. reg. act. die Gestalt eines Kessels geben. Wenn in
dem Bergbau eine Grube einbricht, so daß ein solcher verschütteter Ort
oben eine Vertiefung bekommt, so sagt man, er kesselt sich aus. S.
Kessel.
Ausketzern (W3) [Adelung]
* Ausketzern, verb. reg. act. welches gleichfalls nur in dem Bergbaue
üblich ist, mit Ritzen versehen. Eine Wand ausketzern,
Ritzen hinein hauen, um Keile hinein zu treiben. S. Aufketzern und
Ketzern.
Auskielen (W3) [Adelung]
* Auskielen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, alle
nöthigen Kiele oder Federn bekommen;, ein sonst ungewöhnliches Wort,
welches nur bey dem Opitz angetroffen wird: Und wie ein Adler thut;
der nicht läßt ungeflogen, Wiewohl er kümmerlich erst jetzt hat
ausgekielt.
Auskippen (W3) [Adelung]
Auskippen, verb. reg. act. vermittelst der Wage auslesen, auswägen;
ein Ausdruck, welcher besonders von dem Gelde gebraucht wird. Die
Dukaten, Louis d'Or auskippen. S. Kippen.
Auskitzeln (W3) [Adelung]
Auskitzeln, verb. reg. act. im gemeinen Leben, so lange Kitzeln, bis
man dessen gewohnt wird. Er ist schon ausgekitzelt.
Ausklagen (W3) [Adelung]
Ausklagen, verb. reg. act. 1) Durch eine gerichtliche Klage auf das
Äußerste bringen. Er ist schon ausgeklagt. Eine ausgeklagte Schuld,
ein ausgeklagter Wechsel. 2) Aufhören zu klagen, als ein Neutrum.
Ausklären (W3) [Adelung]
Ausklären, verb. reg. act. 1) Völlig klar machen. Ausgeklärtes Mehl,
bey den Bäckern, das feinste Weitzenmehl. Der Himmel, das Wetter hat
sich ausgekläret. 2) In der Landwirthschaft kläret man den Wetzen aus,
wenn man die unter demselben befindlichen Rockenähren mit einem Stocke
oder einer Sense abschlägt. Daher die Ausklärung.
Ausklatschen (W3) [Adelung]
Ausklatschen, verb. reg. act. 1) Durch Händeklatschen beschimpfen,
und gleichsam vertreiben. 2) + Ausplaudern, ausschwatzen. Ein
Geheimniß ausklatschen. 3) + Aufhören zu klatschen, d. i. zu plaudern,
als ein Neutrum mit haben. Wenn wirst du ausgeklatschet haben.
Ausklauben (W3) [Adelung]
Ausklauben, verb. reg. act. 1) Klaubend, d. i. mit den vordersten
zwey Fingern, auslesen. Erbsen, Linsen u. s. f. ausklauben, auslesen.
Die Erze ausklauben, in den Bergwerken, sie auslesen. 2) Heraus
klauben, doch nur in der figürlichen Bedeutung, durch das Nachdenken
heraus bringen, ersinnen. Etwas Neues ausklauben. Was besser
Gottesdienst ist nirgend auszuklauben, Für Gottes Ruhm zugleich und
für der Menschen Glauben, Opitz.
Anm. Im Hochdeutschen wird dieses
Wort in der ersten Bedeutung sehr selten, in der zweyten aber nur in
verächtlicher Bedeutung gebraucht. Im Hochdeutschen hingegen, wo es in
beyden Bedeutungen üblich ist, hat es keinen niedrigen Nebenbegriff.
Opitz muß bloß nach dieser Mundart beurtheilet werden.
Auskleiben (W3) [Adelung]
Auskleiben, verb. reg. act. 1) Inwendig bekleiben. Einen Schrank
auskleiben. 2) Verkleiben, zukleiben. Die Löcher in den Wänden, eine
Wand mit Lehm auskleiben. Daher die Auskleibung. S. Kleiben und
Kleber.
Auskleiden (W3) [Adelung]
Auskleiden, verb. reg. act. 1) Der Kleider entledigen. Sich
auskleiden, in der edlern Sprechart für das niedrigere ausziehen.
Einen andern auskleiden. 2) Mit Kleidern besonderer Art versehen. Sich
als einen Bauer auskleiden. Sich auf das Beste auskleiden.
Ausgekleidete Puppen. Daher die Auskleidung.
Auskleinen (W3) [Adelung]
* Auskleinen, verb. reg. act. welches nur in dem Bergbaue üblich ist,
in kleinen Stücken heraus bringen, besonders von dem Herausklauben der
Erze aus den Halden, weil der Ertrag davon sehr geringe ist. So auch
die Auskleinung.
Auskleistern (W3) [Adelung]
Auskleistern, verb. reg. act. inwendig bekleistern. Einen Kasten mit
Papier auskleistern.
Ausklingeln (W3) [Adelung]
Ausklingeln, verb. reg. act. durch Klingeln beschimpfen; eine
ehemahlige Strafe der Pagen in Dresden, da sie von der Küche aus um
den Schloßhof geführet wurden, und ein Kochjunge voran ging, welcher
mit einem blechernen Kochlöffel auf eine Casserolle klingelte.
Ausklopfen (W3) [Adelung]
Ausklopfen, verb. reg. act. 1) Durch Klopfen heraus bringen. Den
Staub ausklopfen, aus den Kleidern. Anis, Kümmel u. s. f. ausklopfen.
Ingleichen metonymisch, auf diese Art reinigen oder von etwas
befreyen. Die Kleider, die Felle ausklopfen. 2) In den Bergwerken, das
Ende des Tagewerkes durch Klopfen anzeigen. So auch die Ausklopfung.
Ausklügeln (W3) [Adelung]
Ausklügeln, verb. reg. act. durch Klügeln heraus bringen. Er will
alles ausklügeln. Daher die Ausklügelung.
Ausknebeln (W3) [Adelung]
Ausknebeln, verb. reg. act. durch Herausthuung des Knebels in
Freyheit setzen. Einen Hund ausknebeln, beyden Jägern, ihn von der
Kette los machen; im Gegensatze des Einknebelns. Auch, einen Hund
ausknebeln, wenn er sich verbissen hat, vermittelst des Knebels los
machen. Daher die Ausknebelung.
Auskneten (W3) [Adelung]
Auskneten, verb. reg. act. zur Genüge kneten, so lange kneten, als
nöthig ist; bey den Bäckern auswirken. Ingleichen, aufhören zu kneten,
Hos. 7, 4. Daher die Ausknetung in der ersten Bedeutung.
Ausknüpfen (W3) [Adelung]
Ausknüpfen, verb. reg. act. durch Öffnung des Knotens heraus nehmen,
aufknüpfen und heraus nehmen.
Auskochen (W3) [Adelung]
Auskochen, verb. reg. 1. Activum. 1) Durch Kochen heraus bringen. Das
Fett auskochen, aus dem Fleische. Ingleichen auf solche Art reinigen.
Ein Gefäß auskochen. Die Wäsche auskochen. 2) Zur Genüge kochen. Der
Koch hat das Fleisch nicht ausgekochet. 2. Neutrum. 1) Mit seyn, im
Kochen auslaufen. Die Köchinn hat alles Wasser auskochen lassen. 2)
Mit haben, aufhören zu kochen, nicht mehr kochen. Daher die
Auskochung.
Anm. Etwas mit einem auszukochen, auszumachen, haben, sie
mögen es mit einander auskochen, ausmachen, und, die Sachen sind noch
nicht ausgekocht, noch nicht zur Reife gekommen, sind niedrige Arten
zu reden.
Ausköken (W3) [Adelung]
+ Ausköken, verb. reg. act. welches in die niedrigste Sprechart
gehöret, ausspeyen, im Erbrechen von sich geben, aber doch Es. 28, 7,
figürlich gebraucht wird. Sie sind toll im Weißagen und köken die
Urtheil aus.
Auskommen (W3) [Adelung]
Auskommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) welches mit dem
Hülfswort seyn verbunden wird.1. Heraus oder hinaus kommen. 1) In
eigentlicher Bedeutung, obgleich nur selten. Die jungen Hühner sind
noch nicht ausgekommen, aus den Eyern. Man kann hier weder aus- noch
einkommen; wo man aber noch häufiger das kommen wegläßt: man kann hier
weder aus noch ein. 2) In weiterer Bedeutung, aus dem Hause kommen,
unter die Leute kommen. Ich bin heute noch nicht ausgekommen. Er kommt
das ganze Jahr nicht aus. 3) Figürlich. (a) Bekannt werden, im
gemeinen Leben. Die Sache wird gewiß auskommen. Ich muß mein
Möglichstes thun, daß es nicht auskomme. Durch mich soll es nicht
auskommen. (b) Entstehen, doch nur von Feuersbrünsten. Es ist Feuer in
der Stadt ausgekommen. Das Feuer ist bey ihm, durch ihn ausgekommen.
Kero gebraucht usquehman auch in andern Fällen für entstehen.2. Bis zu
Ende kommen, doch nur in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. 1) Zu
einer gewissen Absicht genug haben. Der Schneider wird mit dem Zeuge
nicht auskommen. Besonders zu seinem Unterhalte genug haben. Ich kann
mit diesem Gehalte nicht auskommen. Er kann gar wohl auskommen, hat
seinen reichlichen Unterhalt. S. auch das folgende Hauptwort.
2) Seine Absicht mit etwas erreichen. Er Kann seiner Rechnung nicht
auskommen, kann sie nicht gehörig ablegen. Mit dieser Entschuldigung
werden sie dieß Mahl nicht auskommen, Gell. 3) Mit einem auskommen,
friedlich mit ihm leben. Es kann niemand mit ihm auskommen. Es ist mit
ihm nicht auszukommen. Wie gut werden sie nicht mit ihm auskommen!
Gell.
Auskommen (W3) [Adelung]
Das Auskommen, des -s, plur. car. 1) Was man zu seinem Unterhalte
gebraucht. Sein nothdürftiges Auskommen haben, so viel haben, als man
zu seiner gegenwärtigen Nothdurft gebraucht. Sein reichliches
Auskommen haben, so viel haben, als auch zum Wohlstande gehöret. Eine
Bedienung mit einem geringen Auskommen. Sein Auskommen an einem Orte,
bey einer Waare, bey einer Sache finden. Im Oberdeutschen hat man
davon das Adjectivum auskömmlich; ein auskömmliches Amt, wobey man
seyn Auskommen hat. 2) Der friedliche Umgang mit einem andern, im
gemeinen leben. Ich sehe wohl, mit euch ist kein Auskommen. 3) Mittel
und Wege zur Erreichung einer Absicht. ein Auskommen treffen. S. auch
Auskunft.
Auskoppeln (W3) [Adelung]
Auskoppeln, verb. reg. act. von der Koppel los machen, befreyen. Die
Jagdhunde auskoppeln.
Auskörnen (W3) [Adelung]
Auskörnen, verb. reg. act. die Körner heraus brechen oder heraus
nehmen; doch nur in der figürlichen Bedeutung, für Auslesen,
aussuchen. Eine ausgekörnte, d. i. auserlesene Waare, wo man doch wohl
richtiger ausgekernte sagen würde. S. Auskernen.
Auskosten (W3) [Adelung]
Auskosten, verb. reg. act. 1) Durch Kosten auslesen. Einen Wein
auskosten. Ein ausgekosteter, auserlesener, Wein, Zimmt, Gewürze u. s.
f. auskosten. 2) Durch vieles Kosten alle machen. Daher die
Auskostung.
Ausköthen (W3) [Adelung]
Ausköthen, verb. reg. act. die Köthe verrenken, sich ausköthen. Das
Pferd hat sich ausgeköthet. Daher die Ausköthung. In den gemeinen
Mundarten wird dieses Wort oft auskütten, und auskeuen gesprochen.
Auskragen (W3) [Adelung]
* Auskragen, verb reg. act. hervor stehend machen; ein Wort, welches
nur noch in der Baukunst üblich ist, wo es vornehmlich von den Mauern
gebraucht wird, wenn sie in einer gewissen Höhe immer weiter heraus
gerücket werden. Daher die Auskragung. S. Kragstein und Kragen.
Auskrähen (W3) [Adelung]
Auskrähen, verb. reg. act. durch Krähen verkündigen. Minervens
muntrer Hahn kräht oft den Morgen aus, Günth.
Auskramen (W3) [Adelung]
Auskramen, verb. reg. act. den Kram, d. i. die Waare auslegen. Waaren
auskramen. Figürlich und zugleich mit einiger Verachtung, aus
Prahlerey sehen lassen, zeigen. In einer Rede seine ganze
Gelehrsamkeit auskramen. Daher die Auskramung.
Auskranken (W3) [Adelung]
+ Auskranken, verb. reg. act. durch Krankheit aus dem Körper
schaffen. Eine genossene schädliche Speise auskranken müssen.
Auskratzen (W3) [Adelung]
Auskratzen, verb. reg. act. kratzend heraus bringen. Einem die Augen
auskratzen. Etwas Geschriebenes auskratzen. Daher die Auskratzung.
Auskrebsen (W3) [Adelung]
Auskrebsen, verb. reg. act. Einen Bach auskrebsen, alle Krebse in
demselben wegfangen. Daher die Auskrebsung.
Auskriechen (W3) [Adelung]
Auskriechen, verb. irreg. neutr. ( S. Kriechen,) mit seyn, heraus
kriechen. Die Küchlein, die Vögel, sind noch nicht ausgekrochen, aus
den Eyern.
Auskröbsen (W3) [Adelung]
Auskröbsen, verb. reg. act. von dem Kröbs oder Kerngehäuse befreyen.
Äpfel auskröbsen. Im gemeinen Leben auch häufig ausgriepsen. S. Kröbs.
Auskrücken (W3) [Adelung]
Auskrücken, verb. reg. act. mit der Krücke reinigen. Den Backofen
auskrücken, bey den Bäckern.
Auskühlen (W3) [Adelung]
Auskühlen, verb. reg. act. durchaus kühl machen. ein Zimmer, einen
Ofen auskühlen. Das Brot auskühlen lassen, als ein Neutrum. In den
Küchen kühlet man das Fleisch aus, wenn man es, nachdem es eine Zeit
lang gekocht hat, in warmen Wasser abwäschet.
Auskundschaften (W3) [Adelung]
Auskundschaften, verb. reg. act. durch Kundschaft heraus bringen,
ausforschen. Alles auskundschaften. Was wolltest du für Geheimnisse
haben, als mich auszukundschaften? Schleg. Im Oberdeutschen ist in
dieser Bedeutung auskunden und auskündigen üblich, obgleich
auskündigen daselbst auch so viel als verkündigen bedeutet. Daher die
Auskundschaftung. S. Kundschaft.
Auskunft (W3) [Adelung]
Die Auskunft, plur. inusit. das Abstractum von auskommen, in dessen
figürlichen Bedeutungen. 1) Für das Auskommen, in der Bedeutung des
Unterhaltes. Seine gute Auskunft haben, 2) Für Mittel und Wege zu
Erreichung einer Absicht, wofür auch wohl Auskunftsmittel gebraucht
wird, welches aber wegen der vielen Consonanten eine ungewöhnliche
Härte hat. Eine Auskunft erdenken. Ich kann hier keine Auskunft
finden. Das ist hier die einzige Auskunft. 3) Nachricht. Auskunft über
etwas geben. 4) * Der Ausgang einer Sache, im Oberdeutschen, Wir
können uns einer erwünschten Auskunft der hervor stehenden
Unterhandlungen schmeicheln.
Auskünsteln (W3) [Adelung]
Auskünsteln, verb. reg. act. künstlich und durch Nachdenken
verfertigen, heraus bringen. Er künstelt immer etwas Neues aus.
Auskutten (W3) [Adelung]
* Auskutten, verb. reg. act. welches nur in dem Meißnischen
Erzgebirge für ausgraben üblich ist, und am häufigsten von den Halden
gebraucht wird. Eine Halde auskutten, welches sonst ausklauben heißt.
Von den alten Deutschen Raute, Rot, eine Grube. S. Kutten.
Auslachen (W3) [Adelung]
Auslachen, verb. reg. act. 1) Mit Schadenfreude über jemanden lachen;
dagegen verlachen mit Spott und Verachtung verbunden ist, belachen
aber bloß andeutet; daß man über etwas als eine lächerliche Sache
lacht. jemanden auslachen, mit Schadenfreude über ihn lachen. Es lacht
ihn jedermann aus. Man wird dich damit auslachen. Daher die Auslachung
und die Beywörter auslachenswerth und auslachenswürdig. 2) Zu Ende
lachen, seinen Trieb zu lachen befriedigen, als ein Neutrum. aber
lassen, sie uns jetzt erst recht auslachen, Weiße.
Ausladen (W3) [Adelung]
Ausladen, verb. irreg. act. S. Laden. 1) Heraus laden, d. i. hervor
stehend machen; in welcher Bedeutung besonders das Particip. Pass.
ausgeladen, in der Baukunst und bey verschiedenen Holzarbeitern von
den Gesimsen gebraucht wird, für hervor ragend. S. auch Ausladung.
Laden scheinet in diesem Falle noch seine erste eigenthümliche
Bedeutung zu haben, da es so viel als einen Haufen bezeichnete, in
welchem Verstande das Isländ. lad, hlad, und das Schwedische Zeitwort
lada, häufen, noch gebräuchlich ist. 2) eine Last, oder eine Sache,
die als eine last betrachtet wird, heraus heben. Waaren ausladen, aus
dem Schiffe. Ingleichen metonymisch. Ein Schiff ausladen. S. auch
Löschen. 3) Ein Gewehr ausladen, die Ladung aus demselben heraus
ziehen, welches vermittelst des Ausladezeuges oder des Kugelziehers
geschiehet. So auch die Ausladung.
Auslader (W3) [Adelung]
Der Auslader, des -s, plur. ut nom. fing. 1) Ein Arbeiter, der zum
Ausladen der Waaren oder Schiffe bestellet ist. S. auch Ablader und
Auflader. 2) In der Physik ist es ein Werkzeug zum Ausziehen der
elektrischen Funken und zur Entladung der Falschen und Batterien.
Ausladung (W3) [Adelung]
Die Ausladung, plur. die -en. Von der ersten Bedeutung des Verbi. 1)
Das Hervorragen eines Theiles an einem Ganzen
von dem andern; in der Baukunst, das Hervorragen eines Gesimses vor
dem andern, ohne Plural; der Vorsprung, der Auslauf. 2) Das Maß dieser
Hervorragung, oder die Weite,, um welche ein Glied oder dessen Theil
weiter hervor raget, als das andere, wodurch es sich von dem Auslauf
unterscheidet, welches die Weite andeutet, um welche der äußerste Rand
eines Gliedes von der Achse der Säule entfernet ist, obgleich manche
beyde Ausdrücke als gleichgültig betrachten. 3) Derjenige Theil eines
Ganzen, der vor dem andern hervor raget. So werden in einigen Gegenden
in dem Reiche die Ärker auch Ausladungen genannt.2. Von der zweyten
Bedeutung des Verbi, die Handlung des Ausladens der Waaren oder eines
Schiffes.
Auslage (W3) [Adelung]
Die Auslage, plur. die -n. 1) Das Auslegen, oder das Abstractum
dieses Wortes, doch nur so fern es von dem Gelde gebraucht wird. Die
Auslage thun, Geld für einen andern auslegen. 2) Was ausgelegt wird.
(a) Ausgelegtes Geld. Einem die Auslage wieder erstatten. Alle
Auslagen vergüten. (b) In den Marschländern ein Deich, der weiter
hinaus gegen das Wasser zu geleget oder gezogen wird. 3) Der Ort, auf
welchem etwas ausgeleget wird. So pflegen die Kaufleute einen Tisch,
auf welchem sie ihre Waaren zur Schau auslegen, eine Auslage zu
nennen; in Hamburg die Toonbank, von dem Niedersächsischen tonen,
zeigen.
Ausland (W3) [Adelung]
* Das Ausland, des -es, plur. die -länder, ein auswärtiges, oder
außer einem gewissen Bezirke, außer gewissen Verbindungen liegendes
Land; ein Wort, welches so wohl im Ober- als Niederdeutschen üblich,
im Hochdeutschen aber fremd ist, ob es gleich hier an einem
schicklichen Worte mangelt, diesen Begriff auszudrucken, auch die
abgeleiteten Ausländer, und ausländisch völlig gangbar sind. Zu dir,
der auch des Auslands Weisheit kennet, Alxing. In den Niederdeutschen
Marschländern ist es ein stelpflichtiges Land, welches von der
Sielarbeit in Natura befreyet ist, aber dafür zu den baren Kosten
doppelt zahlet; im Gegensatze des Einlandes, welches nebst dem
ordentlichen Geldbeytrage, auch die Arbeiten in Natura verrichten muß.
S. auch Außenland, welches aber hiervon noch verschieden ist.
Anm.
Ußgeland und Ingeland bedeuten in den Urfunden der mittlern Zeiten
mehrmals Äcker, welche außerhalb und innerhalb einer Herrschaft
liegen. Bey dem Spelmann ist Utland dasjenige Land, welches ein Herr
an andere austhut, um es anzubauen. Ottfried gebraucht Uzlente
überhaupt für Land und Ufer, im Gegensatze des Wassers. Daher bedeutet
ausländen in der Schweiz noch jetzt, aus dem Wasser an das Land
bringen; z. B. einen Todten ausländen.
Ausländer (W3) [Adelung]
Der Ausländer, des -s, plur. ut nom. fing. Fämin. die Ausländerinn,
plur. die -en, der, oder die aus einem fremden oder auswärtigen Lande
gebürtig ist, im Gegensatze des Einländers, oder Inländers.
Anm. In
Boxhorns Glossen wird Uzlenti durch exules erkläret. Kero nennet einen
Ausländer Gangar, von gehen, gleichsam einen Wanderer. In dem 1514
gedruckten Deutschen Livius findet sich dafür das Wort Herkommermann,
und in Schwaben werden Ausländer Ausgesessene genannt. S. auch
Ausbürger.
Ausländisch (W3) [Adelung]
Ausländisch, -er, -te, adj. et adv. was aus einem fremden oder
auswärtigen Lande ist, im Gegensatze des inländischen oder
einheimischen. Ausländische Waaren, ausländische Sitten. Einige
Handwerker nennen auch diejenigen Ausländische, welche nicht zu einer
und eben derselben Zunft gehören, wenn sie gleich von Einem Handwerke
sind.
Auslangen (W3) [Adelung]
Auslangen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur im
gemeine Leben üblich ist, bis zu Ende langen, d. i. auskommen. Ich
lange mit so wenig Zeug nicht aus. Ich kann damit nicht auslangen.
Auch in der figürlichen Bedeutung. Du wirst damit nicht auslangen, du
wirst mit dieser Entschuldigung, Ausflucht u. s. f. nicht fortkommen,
deine Absicht nicht erreichen. Daher die Auslangung.
Auslängen (W3) [Adelung]
Auslängen, S. Auslenken.
Auslassen (W3) [Adelung]
Auslassen, verb. irreg. act. ( S. Lassen,) welches, so wie die
meisten mit lassen zusammen gesetzten Verba, ein anderes Verbum voraus
setzet. Es bedeutet aber, 1) ausschmelzen, oder ausfließen lassen.
Butter, Fett, Talg auslassen, ausschmelzen. Ausgelassene Butter. 2)
Aus einander lassen. Ein Kleid auslassen, bey den Schneidern, es durch
Auftrennung einer eingeschlagenen Naht weiter machen. Den Leithund
auslassen, bey den Jägern, ihm das Seil nachlassen. 3) Ausbleiben
lassen, weglassen. Eine Stelle, ein Wort auslassen. Ein ausgelassenes
Wort. 4) * Ausgehen lassen, von dem Feuer. Den Ofen auslassen, in den
Schmelzhütten, aufhören zu arbeiten, Schicht machen. 5) Hinaus lassen.
(a) Eigentlich. Einen auslassen, aus dem Zimmer. Das Vieh auslassen,
aus dem Stalle. (b) Figürlich, bekannt werden lassen. (1) * Einen
Befehl auslassen, in Oberdeutschland, wofür man in Hochdeutschen
lieber erlassen sagt. (2) Seine Gedanken über etwas auslassen, bekannt
machen. Ingleichen metonymisch, sich über etwas auslassen, seine
Gedanken darüber durch Worte an den Tag geben. Er ließ sich hierüber
sehr nachdrücklich gegen mich aus. Weil ihre falsche Zunge sichHat
ausgelassen wider mich, Opitz, Pf. 109. Ob es gleich in dieser
absoluten Bedeutung im Hochdeutschen nicht mehr gebräuchlich ist. (3)
* Sich auslassen, sich zeigen, eine im Hochdeutschen seltene
Bedeutung. Wie dieses Gaben der Natur sind, also hat menschliche Kunst
und Arbeit sich hierbey nicht weniger ausgelassen, Opitz. Der Vers
erfordert Muth, der Muth entspringt vom Himmel; Giebt dieser
Sonnenschein, so läßt sich jener aus, Günth. (4) Freyen Lauf lassen,
ausbrechen lassen. Seine Empfindlichkeit über etwas auslassen. Lassen
sie doch ihren Eifer nicht an mir aus, Gell. Dann wird dein Freund
noch ein Mahl seinen Zorn für die Sache der Tugend auslassen. Dusch.
Lassen sie ihren Schmerz in verdiente Verwünschungen aus, Less. Sie
würde alle ihre Wuth (edler, ihre ganze Wuth) gegen diese Unschuldige
auslassen, ebend. (5) Gehöret hierher auch das Particip. Passiv
ausgelassen, denjenigen sittlichen Zustand zu bezeichnen, da man seine
Begierden, besonders den trieb zur Lustigkeit ohne alle
Einschränkungen zu befriedigen sucht. Er ist ganz ausgelassen, auf
eine ausschweifende Art lustig. Ein ausgelassener Mensch. Warum soll
ich denn auf eine ausgelassene Art lustig seyn? Gell. S. auch
Ausgelassenheit.So auch die Auslassung in allen eigentlichen
Bedeutungen des Verbi.
Anm. Die Figur in der letzten Bedeutung scheinet
von dem jungen Viehe hergenommen zu seyn, welches seine Freude auf
eine ausschweifende Art an den Tag leget, wenn es aus den Ställen
gelassen wird. Auf dieses Bild scheinet Opitz gezielet zu haben, wenn
er an einem Orte fragt: Wo ist der tolle Mars nicht leider
ausgelassen? Eben derselbe gebraucht das Verbum auslassen in diesem
Verstande in einer guten Bedeutung, für seine Freude durch äußerliche
Zeichen an den Tag legen:
Ich lasse mich vor Freuden aus, Weil ich kann sehen und verstehen u.
s. f. Ps. 122. Es lasse nunmehr Gottes Haus, Der Berg Zion sich
fröhlich aus, Ps. 48. Welches aber im Hochdeutschen nicht nachgeahmet
werden darf. Übrigens kommt Uzlazen, Uzlazzen, und Uzliazzen, in der
eigentlichen Bedeutung schon bey dem Notker und Ottfried vor.
Auslauf (W3) [Adelung]
Der Auslauf, des -es, plur. die -läufe. 1) Die Handlung des
Auslaufens; doch nur in einigen Bedeutungen, und ohne Plural. Der
Auslauf des Wassers, eines Schiffes. Die Flotte ist bereits zum
Auslaufe fertig. 2) Das Hervorragen der Theile eines Ganzen, besonders
in der Baukunst, wo das Hervorragen der Glieder oder Stücke ein
Ordnung der Auslauf genannt wird. Auch führet diesen Nahmen die Weite,
um welche ein solches Glied von der Achse der Säule oder von der Mitte
des Körpers, auf welchem er liegt, hinaus reicht. An den Kanonen ist
es die Entfernung der Zierrathen von der Seele des Geschützes. S. auch
Ausladung. 3) * Dasjenige was ausläuft, oder eine gewisse gegebene
Größe über übersteiget. So wird in den Salzwerken der Gewinn, der nach
Abzug der Kosten dem Gutsherren zufällt, und der in dem Bergbaue die
Ausbeute heißt, der Auslauf, oder, wie man auch an einigen Orten sagt,
der Ausläufer, die Ausläufte, genannt. Auf seinem Auslaufe sitzen,
diese Nutzung genießen. 4) Der Ort, auf welchen man aus einem andern
Orte läuft. In dem Jagdwesen heißt derjenige ebene und lichte Platz
vor einem Tagen, auf welchen die eingestellten Hirsche und Sauen
vorgejaget werden, der Auslauf oder Ausflug.
Auslaufen (W3) [Adelung]
Auslaufen verb, irreg. ( S. Laufen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Aus ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn.1. Aus einem
Orte laufen. 1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Die Schiffe
sind bereits ausgelaufen, aus dem Hafen. Die Flotte ist zum Auslaufen
fertig. Der Sand, das Wasser (in der Uhr) ist ausgelaufen. Er läuft
alle Tage aus geht unter die Leute, aus dem Hause, in verächtlicher
Bedeutung. Der Wein, das Bier läuft aus, aus dem Fasse. Noch mehr aber
metonymisch, das Faß, der Zimmer, das Gefäß läuft aus, wofür die
Böttcher sagen, das Faß thränt oder weinet. Die Erbsen laufen aus, in
der Landwirthschaft, theils wenn sie aus dem Hülsen fallen, theils
aber auch, wenn sie, nachdem sie gesäet worden, durch einen Regen von
der Erde entblößet werden. 2) Figürlich. (a) Sich ausbreiten, einen
größern Raum einnehmen. So sagt man von Bäumen und Pflanzen, wenn ihre
Wurzeln Sprossen über sich in die Höhe treiben, daß sie auslaufen; S.
auch Ausläufer. Wenn in den Buchdruckereyen eine Schrift wieder
aufgeleget wird, und diese Auflage wird an Bogenzahl stärker als die
erste, so heißt es gleichfalls, die Schrift ist um zwey, drey Bogen
ausgelaufen. Ingleichen überhaupt hervor ragen, hervor stehen. Die
Gesimse einer Säule laufen zu beyden Seiten aus. S. Auslauf. (b) Sich
endigen, doch nur in der niedrigen R. A. Alles Unglück wird über dich
auslaufen.2. Von einem gewissen Ziele anfangen zu laufen. Die Ehre ist
am Ziele, und von dem Ziele läuft man nicht aus, Less.II. Aus einem
Reciprocum. Sich auslaufen. 1) + Im gemeinen Leben sich durchlaufen
die gehörige Bewegung machen. Das Kind muß sich auslaufen. Ingleichen,
sich durch Laufen ermüden. Wenn man sich den ganzen Tag hindurch
ausgelaufen hat. 2) Die Zapfenlöcher laufen sich aus, wenn sie durch
die Länge der Zeit erweitert werden. Ausgelaufene Zapfenlöcher.III. *
Als ein Activum, in welcher Gattung es aber nur in dem Bergbaue üblich
ist, wo es so viel bedeutet, als die aus derGrube geförderten Erze
oder Berge vermittelst des Auslaufkarrens weiter schaffen. Eine Last
von 70 Pfund zu Tage auslaufen. S. Laufen.
Ausläufer (W3) [Adelung]
Der Ausläufer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Bedienter, welchen
man zum verschicken gebraucht. 2) Die Sprossen aus den Wurzeln eines
Baumes oder einer Pflanze, welche in einigen Gegenden Würzlinge
heißen. Die Bäume werden oft durch Ausläufer fortgepflanzt. Bey dem
Hopfen werden diese Ausläufer Laufschleiche genannt. 3) In den
Salzwerken, so wie Auslauf 3).
Ausläufte (W3) [Adelung]
* Die Ausläufte, plur. inusit. S. Auslauf 3).
Auslaufung (W3) [Adelung]
Die Auslaufung, plur. inusit. die Handlung des Auslaufens in der
thätigen Bedeutung des Verbi. In der Baukunst zuweilen auch so viel
wie Auslauf 2); S. dieses Wort.
Auslaugen (W3) [Adelung]
Auslaugen, verb. reg. act. 1) Vermittelst einer Lauge, oder warmen
Wassers, heraus bringen. Salz auslaugen, aus der Asche. Kupfer
auslaugen, es mit warmen Wasser aus den gerösteten Kupfererzen
ausziehen. Ingleichen auf solche Art von dem Salze oder den
salzartigen Theilen befreyen. Ausgelaugete Asche, ausgelaugete
Kupfererze. 2) Von einer Lauge gehörig durchbringen lassen. Neue
Fässer auslaugen. So auch die Auslaugung.
Auslausen (W3) [Adelung]
* Auslausen, verb. reg. act. in dem Bergbaue. 1) Die Wandruthen und
Unfälle aushauen, daß der Kämpfelzapfen darein getrieben werden kann.
Daher die Auslausung. 2) Die verschlungenen Glieder einer Kette wieder
in Ordnung bringen. In beyden Bedeutungen scheinet es nur eine
verderbte Aussprache von auslösen zu seyn. 3) Eben daselbst, Läuse, d.
i. hölzerne Keile, zur Ausfüllung in die Zimmerung treiben, wenn
selbige nicht paßt.
Auslauten (W3) [Adelung]
Auslauten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, einen Laut von
sich geben, im gemeinen Leben. Er kann kaum auslauten.
Ausläuten (W3) [Adelung]
Ausläuten, verb. reg. act. 1) Das Ende einer Sache durch Läuten
anzeigen. Die Kirche, die Messe ausläuten, im Gegensatze des
Einläutens. 2) Das letzte Zeichen mit den Glocken geben; ingleichen
aufhören zu läuten, als ein Neutrum. Man hat schon ausgeläutet. Daher
die Ausläutung.
Ausläutern (W3) [Adelung]
* Ausläutern, verb. reg. act. welches nur im Forstwesen üblich ist,
lauter, oder helle machen; auslichten. Einen Wald, ein Holz
ausläutern, aushauen. Daher die Ausläuterung.
Ausleben (W3) [Adelung]
Ausleben, verb. reg. act. bis zur Ende einer Zeit oder Begebenheit
leben; wodurch es sich von erleben, und überleben unterscheidet, ob es
gleich nur im gemeinen Leben üblich ist. Er hofft dieses Jahr noch
auszuleben.
Auslecken (W3) [Adelung]
Auslecken, verb. reg. act. durch Lecken heraus schaffen. Den Honig,
die Milch auslecken. Ingleichen auf solche Art leer machen, oder
reinigen. Die Schüssel auslecken.
Ausledern (W3) [Adelung]
Ausledern, verb. reg. act. 1) Inwendig mit Leder versehen. Eine Pumpe
ausledern; auch nur ledern schlechthin. 2) + Ausprügeln, in den
niedrigen Sprecharten.
Ausleeren (W3) [Adelung]
Ausleeren, verb. reg. act. 1) Völlig leer machen. Ein Zimmer, einen
Schrank, ein Gefäß ausleeren. Einem den Beutel ausleeren, in gemeinen
Scherze, ihn durch Verleitung zu Ausgaben von barem Gelde entblößen.
Die Jäger gebrauchen dieses Wort von den Hunden, wenn sie ihre
Nothdurst verrichten. 2) Aus dem menschlichen Körper schaffen.
Bauchflüsse, wo Blut durch den Stuhlgang ausgeleeret wird. Die
Ausleerung des Blutes, die Aberlaß. Schweiß und Ausdünstung sind
Ausleerungen von ganz verschiedener Art.
Auslegen (W3) [Adelung]
Auslegen, verb. reg. act. 1) Hinaus legen. (a) In eigentlicher
Bedeutung. Die Leinwand auslegen, zum Bleichen. Seine Waaren auslegen,
zum Verkaufe, oder zur Schau. (b) Figür-
lich, so fern legen ehedem auch für bezahlen gebraucht wurde, an einen
andern bezahlen, doch mit den Nebenbegriffen, daß solches für einen
andern zu einem bestimmten gebrauche und als ein Darlehn geschiehet;
und auch hier wird es nur von kleinen Summen gebraucht. Für jemanden
auslegen, bezahlen. Ich will es inzwischen auslegen. Es ist mein
ausgelegtes Geld. (c) Zur Vermehrung hinlegen; nur in einigen Fällen.
Sein Geld auf Wucher auslegen, an andere verleihen. Auf 400 Stämme
guter Maulbeerbäume kann man 10 bis 12 Loth Eyer (von Seidenwürmern)
auslegen. 2) In etwas Vertieftes legen, und es gleichsam damit
ausfüllen. Etwas mit Silber, Gold, Elfenbein Bernstein u. s. f.
auslegen. Ausgelegte Arbeit, die auf solche Art gezieret ist. 3) Aus
einander legen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, den Sinn einer
Rede, die Absicht einer Handlung erforschen und anzeigen. Eine
Schrift, einen Satz auslegen. Das wird ihm übel, gut ausgeleget. Etwas
zum besten, zum schlimmsten, oder auf das beste, auf das schlimmste
auslegen. Einem etwas als einen Hochmuth auslegen; welche Wortfügung
mit als der mit für und zu vorzuziehen ist: einem etwas für einen
Hochmuth, oder zum Hochmuthe auslegen.
Anm. In dieser letzten Bedeutung
ist auslegen eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Lat. explicare.
Ehe die Gewohnheit den Gebrauch des Deutschen Verbi fest gesetzet
hatte, suchte man den Sinn des Lateinischen auf andere Art
auszudrucken. Kero gebraucht dafür kefaldan, gleichsam entfalten,
Ottfried antfristan, über dessen Bedeutung die Sprachforscher noch
nicht einig sind, und Tatian, arrekin, erreichen.
Ausleger (W3) [Adelung]
Der Ausleger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Auslegerinn. 1)
Eine Person, welche eine Schrift, oder Stelle in derselben ausleget.
Die Ausleger der heiligen Schrift. Die Geschichte ist eine Auslegerinn
der göttlichen Vorsehung. 2) Eine Art Wachtschiffe. S. Auslieger.
Auslegung (W3) [Adelung]
Die Auslegung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Auslegens, ohne
Plural, besonders in der dritten Bedeutung dieses Wortes, die
Erforschung de Sinnes einer Schrift oder Rede. Daher die
Auslegungskunst, die Kunst, eines andern Reden oder Schriften zu
erklären, die Hermeneutik. 2) Der erforschte Sinn einer Rede oder
Schrift selbst. Eine richtige, falsche, gezwungene Auslegung. Alle
diese Auslegungen erreichen den Sinn der rede nicht. 3) Diejenige
Schrift, worin die Rede oder Schrift eines andern ausgeleget wirb.
Auslehnen (W3) [Adelung]
Auslehnen, verb. reg. act. an andere verlehnen. Sein Geld auf Wucher
auslehnen. Ein Pferd auslehnen. Daher die Auslehnung. S. auch
Ausleihen, und Lehnen.
Auslehren (W3) [Adelung]
Auslehren, verb. reg. act. zur Genüge unterrichten, bis zur
Vollkommenheit lehren, im gemeinen Leben. - Wer diesem folgen kann,
Der ist schon ausgelehrt, und hat genug gethan, Opitz. S. auch
Auslernen.
Ausleiden (W3) [Adelung]
Ausleiden, verb reg. act. et neutr,. im letzten Falle mit haben, wie
ausdulden. 1) Bis zu Ende leiden. Laß mich ausleiden. 2) Ein Leiden
überstehen, aufhören zu leiden. Er hat nun ausgelitten. Ausgelitten
hast du, ausgerungen, armer Jüngling, deinen Todesstreit, Wiel.
Ausleihen (W3) [Adelung]
Ausleihen, verb. irreg. act. S. Leihen, an andere verleihen, wie
auslehnen; nur daß ausleihen eigentlich Oberdeutsch ist, und im
Hochdeutschen für edles gehalten wird, als dieses. S. Leihen. Sein
geld ausleihen, Geld auf Zinsen ausleihen. Ein Pferd ausleihen. Daher
der Ausleiher, der etwas an andere leihet, und die Ausleihung.
Auslenken (W3) [Adelung]
Auslenken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, auswärts
lenken, hinaus lenken. In den Bergbaue, wo diesesWort gemeiniglich
auslängen gesprochen wird, bedeutet es einen Ort neben dem Gange
treiben; ingleichen auf einem überfahrenes Gange weiter fortbrechen;
S. auch Ausbrechen. Ortweise von dem Hauptgange auslenken, einen Ort
von dem Hauptgange nach, zufälligen Geschichte treiben. Daher die
Auslenkung.
Anm. Ramler gebraucht dieses Wort ein Mahl in der
eigentlichen Bedeutung für ausweichen. Siehe er lenkt unsern
Ehrenbogen aus. Vermuthlich ist hier durch einen Druckfehler der
Accusativ für den Dativ gesetzt worden, welche letztere Endung
auslenken in dieser Bedeutung erfordern würde. An einem andern Orte
gebraucht er in eben dieser Bedeutung das sonst ganz ungewöhnliche
verlenken: und ob er auch diesen Triumph verlenkt.
Auslernen (W3) [Adelung]
Auslernen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende
lernen. 1) Der Zeit nach, in welcher Bedeutung es bey den Handwerken
sehr üblich ist. Auf ein Handwerk, oder eine Kunst auslernen, oder
ausgelernet haben. Ein ausgelernter Junge, der bereits ausgelernet
hat. 2) Figürlich, der Erkenntniß nach. Auf etwas ausgelernet haben,
im gemeinen Leben, sehr erfahren darin seyn. Sie, ein Mann, der in der
Kunst zu verführen ausgelernet hat, Less. Zuweilen auch als ein
Activum. Die Gefahr läßt sich nicht auslernen. Einen Menschen
auslernen, ihn völlig kennen lernen.
Anm. Bey den Handwerkern wird
dieses Wort auch thätig für auslehren gebraucht; z. B. einen Jungen
auslernen, ihn die gesetzte Zeit in der Lehre behalten. Dieser
Gebrauch rühret aus der sehr alten Verwechselung der Wörter lehren und
lernen her, die besonders den Niedersachsen anhängt. S. diese Wörter.
Auslesen (W3) [Adelung]
Auslesen, verb. irreg. act. S. Lesen. 1. Von Lesen, colligere, aus
mehrern Dingen heraus lesen oder suchen. Sich eine Waare auslesen.
Ausgelesene Mannschaft. Er hat das Auslesen, d. i. die Freyheit des
Auslesens. Ingleichen durch Auslesung des Untauglichen reinigen.
Erbsen, Früchte auslesen.2. Von lesen, legere bis zu Ende lesen. Ein
Buch auslesen. Lies wenigstens deinen Brief ganz aus, Dusch. Sie
lies't das Jahr hindurch die Bibel zwey Mahl aus, Gell. So auch die
Auslesung.
Ausleute (W3) [Adelung]
Die Ausleute, S. Ausmann.
Auslichten (W3) [Adelung]
* Auslichten, verb. reg. act. licht, helle machen; ein Wort, welches
nur im Forstwesen üblich ist, für aushauen, durch Fällung mehrerer
Bäume licht, oder helle machen. Einen Wald auslichten. Ein stark
ausgelichtetes Holz. An einigen Orten ist dafür ausläutern und
ausleuchten üblich. Daher die Auslichtung.
Ausliefern (W3) [Adelung]
Ausliefern, verb. reg. act. in eines andern Gewalt liefern. Einem
eine Gekaufte Waare, ein eingelösetes Pfand ausliefern. Einen
Ausreißer an das Regiment, einen Verbrecher der Obrigkeit ausliefern.
Daher die Auslieferung.
Ausliegen (W3) [Adelung]
Ausliegen, verb. irreg. S. Liegen. Es ist, 1. ein Activum. 1) Durch
langes Liegen hohl machen. 2) Durch langes Liegen fortschaffen. Ich
zweifelte, daß der Wein den moderigen Geschmack ausliegen wird. Das
Mehl hat alle Feuchtigkeiten ausgelegen. 2. Ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte haben, lange genug liegen, durch langes Liegen vollkommen
werden. Der Wein muß ausliegen, oder muß sich ausliegen. Ein
ausgelegener Wein.
Auslieger (W3) [Adelung]
Der Auslieger, des -s, plur. ut nom. fing. in der Seefahrt, ein jedes
Schiff, welches auf einem Posten lieget, ein Wachtschiff, Nieders.
Utlegger, Utligger; im Hochdeutschen zuweilen auch ein Ausleger,
welches aber nicht so richtig ist.
Ausloben (W3) [Adelung]
* Ausloben, verb. reg. act. zu geben versprechen, besonders in
Niedersachsen. Den Kindern der Meier zu große Abfindungen ausloben.
Für die Ausfuhre einer Waare eine Prämie ausloben.
Auslochen (W3) [Adelung]
* Auslochen, verb. reg. act. 1-9 Vermittelst eines Loches heraus
hohlen, oder aus einem loche heraus hohlen, in dem Bergbaue. Erze
auslochen, sie nur unter dem Rasen und in schwebenden Mitteln, nicht
aber aus der Tiefe hohlen. 2) Mit einem Zapfenloche versehen, bey den
Zimmerleuten und andern Holzarbeitern. Eine Säule, eine Schwelle
auslochen. So auch die Auslochung.
Auslocken (W3) [Adelung]
Auslocken, verb. reg. act. heraus locken, doch nur in der figürlichen
Bedeutung. Ein Geheimniß von einem auslocken, es durch List zu
erfahren suchen. Ingleichen metonymisch, einen auslocken. Sie thut
verschiedene Fragen, ihn auszulocken, Less. Daher die Auslockung.
Ausloden (W3) [Adelung]
* Ausloden, heraus sprossen, von dem Holze, S. Loden.
Auslohen (W3) [Adelung]
Auslohen, verb. reg. act. durch Lohe, d. i. ein Flammenfeuer, heraus
bringen, aber reinigen, bey den Feuerwerkern. Eine Stützform auslohen,
sie mit Reisholze ausbrennen. Daher sie Auslohung.
Auslohnen (W3) [Adelung]
Auslohnen, verb. reg. act. Die Arbeiter auslohnen, in dem Bergbaue,
ihnen den gehörigen Lohn auszahlen. Daher die Auslohnung.
Auslöschen (W3) [Adelung]
Auslöschen, ein Verbum, welches auf gedoppelte Art üblich ist.I. Als
ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, und irregulärer Conjugation, S.
Löschen, ausgehen, unscheinbar werden. 1) Von dem Feuer, völlig
aufhören zu brennen. Das Feuer lischt aus. Das Licht ist ausgeloschen.
2) Von einer Schrift. Die Schrift ist völlig ausgeloschen. In beyden
Fällen ist das Zeitwort verlöschen im Hochdeutschen gebräuchlicher. 3) Der Kranke wird bald ausloschen, sterben; im gemeinen Leben.II. Als
ein Activum. mit regulärer Conjugation, verlöschen machen, unscheinbar
machen. 1) Eigentlich von dem Feuer, und einer Schrift. Das Feuer, das
Licht auslöschen. Etwas Geschriebenes auslöschen. Meine Thränen
löschen alles aus, was die Hand niederschreiben will, Dusch.. 2)
Figürlich, vergehen machen. Es gehöret viel dazu, ehe er das Andenken
seiner jugendlichen Thorheiten auslöschen wird. Deine Ehre hat einen
ewigen Schandfleck erhalten, den nichts als Blut wieder auslöschen
kann, Dusch. Eben das, was unsere Liebe zu dem Vaterlande vermehren'
sollte, hat sie ausgelöschet. Eine Schuldpost auslöschen,
ausstreichen, von der ehemaligen Art auf wächserne Tafeln zu
schreiben. Daher das Bey- und Nebenwort auslöschlich, was sich
auslöschen läßt, und das Hauptwort die Auslöschung, beyde in den
Bedeutungen des Activi.
Auslosen (W3) [Adelung]
Auslosen, verb. reg. act. 1) Vermittelst des Loses ausheben. Rekruten
auslosen. 2) Vermittelst des Loses unter die Leute bringen,
ausspielen. Waaren auslosen. Ein Pferd auslosen. So auch die
Auslosung.
Auslösen (W3) [Adelung]
Auslösen, verb. reg. act. los machen und heraus nehmen. 1) In
eigentlicher und weiterer Bedeutung, da dieses Wort auch als ein
edlerer Ausdruck für ausschneiden gebraucht wird. Einem die Zunge
auslösen. ingleichen für heraus nehmen. Die Vögel, die Lerchen
auslösen, bey den Jägern, sie aus den Schneiden, oder aus dem
Klebegarne nehmen. 2) Figürlich, durch Bezahlungen des Lösegeldes frey
machen. Einen Gefangenen auslösen. Ein Pfand auslösen, das darauf
geborgte Geld wieder erstatten. Die Bälge oder Fänge der Raubthiere
auslösen, bey den Jägern, das gesetzte Schieß- oder Fangegeld
bezahlen, und alsdann die Bälge oder Fänge an sich nehmen. Hierher
gehört auch die Redensart, einen auslösen, in dem Gasthofe fürihn
bezahlen, und in edlerer Bedeutung, einen der in obrigkeitlichen
Verrichtungen ist, ein gewisses Geld satt des täglichen Unterhaltes
geben. So werden z. B. in Sachsen die Landstände bey Landtägen von dem
Landesherren ausgelöset, d. i. es wird ihnen ein gewisses Geld für den
täglichen Unterhalt gegeben. Wachte leitet das Verbum in dieser
Bedeutung von lösen, verabschieden, her, und erkläret es durch
honorifice dimittere; allein man siehet ohne Mühe, daß hier mit
auslösen zunächst auf die Auslösung in dem Gasthofe gezielet wird, in
dem die Landstände ehedem bey Hofe gespeiset wurden.
Auslösung (W3) [Adelung]
Die Auslösung, plur, die -en. 1) Die Handlung des Auslösens, in allen
obigen Bedeutungen, und ohne Plural. 2) Dasjenige Geld, womit eine
Sache oder Person ausgelöset wird. Besonders dasjenige, was einer
Person, die in obrigkeitlichen Diensten ist, außer ihrem Gehalte, an
barem Gelde zur täglichen Nochdurst gereichet wird; die Diäten. 3) An
dem Gehwerte der Schlaguhren ist die Auslösung eine bewegliche Stange,
welche mit ihrem Ende aus den Schlagnägeln des Rades lieget, um das
Schlagewerk in der Bewegung zu hemmen, und demselben, wenn es nöthig
ist, wieder seinen freyen Lauf zu lassen.
Auslüften (W3) [Adelung]
Auslüften, verb. reg. act. von der Luft völlig durchstreichen lassen.
Kleider, Betten, ein Zimmer auslüften. Daher die Auslüftung.
Ausmachen (W3) [Adelung]
Ausmachen, verb. reg. act. welches ist seinen eigentlichen
Bedeutungen nur im gemeinen Leben vorkommt, in einigen figürlichen
aber auch von edlerm Gebrauche ist.1. Mit einiger Bemühung heraus
machen oder heraus bringen. 1) Eigentlich, wo diese allgemeine und
unbestimmte Bedeutung durch den Gebraucht nur auf einige einzelne
Fälle eingeschränket worden. Besonders gebraucht man es im gemeinen
Leben von Dingen, welche in einer Art von Schale eingeschlossen sind,
für ausbrechen. Nüsse, Kastanien, Erbsen, Krebse u. s. f. ausmachen,
von der Schale befreyen. Auch sagt man, einen Flecken ausmachen, aus
einem Kleide oder Zeuge heraus bringen. 2) Figürlich, ausfündig
machen. Einem Geld ausmachen, jemanden ausfündig machen, der ihm Geld
leihet. Einen Bothen, Arbeiter u. s. f. ausmachen. Ich habe ihn noch
nicht ausmachen, d. i. erfragen, können. Der Jäger macht Wild aus,
wenn er dessen Aufenthalt ausfündig macht. Ingleichen, bedingen,
bestellen. Machen sie uns bey ihm ein Quartier aus, Gell.2. Das Äußere
einer Sache mit etwas besetzen, oder zieren, besonders von
Kleidungsstücken. Ein Kleid mit Gold und Silber ausmachen. Ein braunes
Kleid schwarz ausgemacht. Das Kleid ist um und um, mit ungemeiner
Pracht Und einer bunten Reih von Sternen ausgemacht. Gryph. Daher
dasjenige, womit ein Kleid besetzt ist, besonders an dessen
Extremitäten, von einigen auch die Ausmachung genannt wird. Einen
Sattel mit Sammet oder Leder ausmachen, bekleiden, bey den Sattlern.3.
Ausfüllen, voll machen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, alle
Theile eines Ganzen enthalten. Der Winter macht den meisten Theil des
Jahres aus. Das macht die Tugend noch nicht aus. Es macht eine große
Summe aus. Es macht nicht viel aus, es beträgt nicht viel. Das macht
den schönsten Augenblick meines Lebens aus. Das macht es noch nicht
aus, damit ist die Sache noch nicht gethan, es ist noch nicht
zureichend. Diejenige Kraft, welche das Wesen der Seele ausmacht. Das
Passivum ist in dieser Bedeutung nicht gebräuchlich. Nach einer noch
weitern Figur, zuweilen auch der Gegenstand einer Gemüthsveränderung
seyn. Kunstwerke des Alterthums, welche die Bewunderung aller
Jahrhunderte ausmachen.
4. Zu Ende machen, vollenden. So gebraucht man dieses Wort in dem
Kegelspiele, von demjenigen, der ein Spiel endiget. Noch häufiger
kommt es im gemeinen Leben von der Endigung und Entscheidung eines
streitigen Geschäftes vor. Etwas mit einem ausmachen, seine Ansprüche
an demselben gültig machen, ausführen. Seine Sache mit dem Degen
ausmachen. Ich will es schon mit ihm ausmachen. Wir haben noch viel
mit einander auszumachen. Was hast du für Geheimnisse mit ihr
auszumachen? Weil diese Frage die ganze Stadt angeht, so mag sie auch
die ganze Stadt ausmachen, Gell. d. i. entscheiden. Es mit einem gar
ausmachen, seinem Leben, seinem Glücke ein Ende machen, ist biblisch
und größten Theils veraltet. Das Particip. Passiv. ausgemacht wird
auch überhaupt für entschieden, gewiß, gebraucht. Das ist eine
ausgemachte Sache, es ist unläugbar. Eine ausmachte Wahrheit. Das ist
so ausgemacht noch nicht, so unläugbar gewiß noch nicht.
Anm. Einen
ausmachen, d. i. ausforschen, ist Oberdeutsch, so wie die R. A. einen
Stoß ausmachen, für pariren. Einen ausmachen, für schelten, und, er
hat es ausgemacht, er ist gestorben, gehöret unter die niedrigern
Sprecharten. Das Substantiv die Ausmachung, ist nur in den beyden
erstern Bedeutungen üblich. In der Mark Brandenburg verstehet man
unter Ausmachung dasjenige Geld, welches jemanden in einer Erbschaft
ausgemacht, oder vermacht worden, und welches daselbst auch ein
Ausspruch heißt; ein Legat.
Ausmadratzen (W3) [Adelung]
Ausmadratzen, S. Ausmatratzen.
Ausmagern (W3) [Adelung]
* Ausmagern, verb. reg. act. S. Ausmärgeln.
Ausmahlen (W3) [Adelung]
1. Ausmahlen, (von mahlen molere,) verb. reg. act. außer daß es im
Particip. Passiv. ausgemahlen hat. 1) Durch Mahlen, oder vermittelst
der Mühle heraus bringen. Das Getreide zu sehr ausmahlen, viel Mehl
aber wenig Kleye im Mahlen zu erhalten suchen. Das Wasser ausmahlen,
es vermittelst einer besondern Mühle aus einem Teiche, Sumpfe u. s. f.
heraus bringen. Ingleichen metonymisch, aus solche Art ausleeren.
Einen Teich, einen Morast ausmahlen. 2) Aufhören zu mahlen, nicht mehr
mahlen; als einem Neutrum.
Ausmahlen (W3) [Adelung]
2. Ausmahlen, verb. reg. act. 1. * Von mahlen, so fern es signare
bedeutet, an verschiedenen Orten, so viel, als auszeichnen, auslesen
und zeichnen. Besonders gebraucht man dieses sonst veraltete Wort in
einigen Gegenden von dem Zehenten: den Zehenten ausmahlen, daher
derjenige, dem solches oblieget, auch der Zehentmahler genannt wird.2.
Von mahlen, so fern es pingere bedeutet. 1) Ein Gemählde vollenden,
zur Vollkommenheit bringen. Die Landschaft ist noch nicht ausgemahlet.
Ein ausgemahltes Porträt. 2) Völlig mit Farben bemahlen, illuminiren.
Einen Kupferstich ausmahlen. Die Einbildungskraft mahlet die Gemählde
aus, die der Verstand gezeichnet hat, Gell. 3) Inwendig bemahlen. Ein
Zimmer ausmahlen lassen.So auch die Ausmahlung.
Ausmangeln (W3) [Adelung]
Ausmangeln, verb. reg. act. mit dem Mangelholze ausdehnen. Den Teig
ausmangeln.
Ausmann (W3) [Adelung]
* Der Ausmann, des -es, plur. die Ausleute, an einigen Orten, ein
Bürger, welcher außer dem Orte, wo er das Bürgerrecht hat, wohnet;
ingleichen ein Fremder überhaupt. S. Ausbürger.
Ausmärgeln (W3) [Adelung]
Ausmärgeln, verb. reg. act. im gemeinen Leben, gleichsam des Markes
berauben, an Kräften und Vermögen erschöpfen. Ein Pferd ausmärgeln.
Ein ausgemärgelter Acker. In einigen Gegend ist dafür von den Äckern
und Feldern ausmagern üblich. Daher die Ausmärgelung. S. Abmärgeln und
Märgel.
Ausmarken (W3) [Adelung]
Ausmarken, verb. reg. act. von Mark, Grenze. 1) Mit Marken oder
Grenzen völlig bezeichnen. Einen Wald, ein Feld aus-marken. 2) Durch
Marken oder Grenzen von einem gewissen Bezierke auschließen. Eine Flur
ausmarken. So auch die Ausmarkung.
Ausmärker (W3) [Adelung]
* Der Ausmärker, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z.
B. der Wetterau, der Einwohner einer Holzmark, welcher aber die rechte
und Freyheiten der Mark nicht zu genießen hat; im Gegensatze der
Inmärker. S. Holzmark. Oft auch überhaupt der Besitzer solcher Felder,
welche außerhalb der Mark oder Flur eines Dorfes liegen; in Gegensatze
des Heimhüfners oder Inmärkers.
Ausmarschiren (W3) [Adelung]
Ausmarschiren, verb. reg. neutr. mit seyn, aus einem Orte marschiren,
von Truppen. Daher der Ausmarsch.
Ausmärzen (W3) [Adelung]
Ausmärzen, S. Ausmerzen.
Ausmästen (W3) [Adelung]
Ausmästen, verb. reg. act. völlig fett mästen. Ein ausgemästetes
Schwein.
Ausmatratzen (W3) [Adelung]
Ausmatratzen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Sattler, mit Haaren
oder Wolle ausstopfen. Einen Sattel, einen Wagen ausmatratzen. Daher
die Ausmatratzung. S. Matratze.
Ausmauern (W3) [Adelung]
Ausmauern, verb. reg. act. inwendig mit Mauerwerk versehen. Einen
Keller, einen Graben, ein Grab ausmauern. Daher die Ausmauerung.
Ausmeißeln (W3) [Adelung]
Ausmeißeln, verb. reg. act. 1) Vermittelst des Meißels in die Tiefe
verfertigen. Ein Loch ausmeißeln. 2) Vermittelst des Meißels heraus
bringen. Einen Ast ausmeißeln.
Ausmergeln (W3) [Adelung]
Ausmergeln, S. Ausmärgeln.
Ausmerzen (W3) [Adelung]
Ausmerzen, ver. reg. act. das Untüchtige und Unbrauchbare aus mehrern
Dingen einer Art auslesen und absondern; ingleichen metonymisch, vom
diesem Unbrauchbaren befreyen; im Niedersächsischen ausbracken. Die
Schafe ausmerzen, diejenigen Schafe, welche zur Zucht untauglich sind,
von den brauchbaren absondern. Figürlich, und in gemeinen Leben auch
von andern Dingen. Etwas ausmerzen, von bessern Dingen seiner Art
absondern, ausschließen. Einen aus der Zahl seiner Freunde ausmerzen.
Daher die Ausmerzung.
Anm. Gemeiniglich leitet man dieses Wort von dem
Namen des Monates März ab, und glaubet, daß es eigentlich von dem
Schafviehe gebraucht werde, welches man in diesem Monathe auszumerzen
pflege. Allein da diese Ausmerzung oder Ausbrackung auch, und wohl
hauptsächlich im Herbste geschiehet: so stehet dahin, ob man Wachters
und Heumanns Meinung, die es mit Mark zu dem Griechischen - hier
nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich sondere ab, und zu dem
Persischen März. Eine Mark, Zeichen, rechnen, nicht für
wahrscheinlicher halten müsse. Frisch führet aus Altenstaigs
Vocabulario das Wort Merzler an, welches daselbst einen Trödler
bedeutet, oder einen solchen, der mit alten Kleidern handelt. Da nun
die wahre Abstammung dieses Wortes immer noch ungewiß ist, so ist die
gewöhnlichste Schreibart mit einem e, immer noch die sicherste, indem
die mit einem ä sich bloß auf die unsichere Ableitung von März
gründet.
Ausmessen (W3) [Adelung]
Ausmessen, verb. irreg. act. S. Messen. 1) Das Maß einer Sache
finden. Einen Wald, ein Lager, ein Feld, ein Stück Zeuges ausmessen.
2) Nach dem Maße einzeln verkaufen. Bier, Korn, Wein u. s. f.
ausmessen. Daher der Ausmesser, eine verpflichtete Person, das
Getreide auszumessen. 3) In den Bergbaue so viel als austreiben. Der
Ältere hat den Jüngern ausgemessen, aus dem Felde getrieben;
vermuthlich, weil dazu die vorhergehende Vermessung des Feldes nöthig
ist. So auch die Ausmessung.
Ausmetzen (W3) [Adelung]
Ausmetzen, verb. reg. act. bey den Müllern, das ihnen gesetzte Maß
mit der Metze aus dem Mehlkasten messen. Daher die Ausmetzung.
Ausmeubliren (W3) [Adelung]
Ausmeubliren, verb. reg. act. inwendig mit den nöthigen Meublen
versehen. Ein Zimmer ausmeubliren.
Ausmiethen (W3) [Adelung]
* Ausmiethen, verb. reg. act. 1) Zur Miethe austhun, wofür man doch
lieber vermiethen sagt. 2) Einen ausmiethen, ihn durch Erhöhung der
Miethe vertreiben; ingleichen mehr Miethe biethen als ein anderer
gibt, und ihn dadurch vertreiben. So auch die Ausmiethung.
Ausmindern (W3) [Adelung]
* Ausmindern, verb. reg. act. dem, der am mindesten, oder wenigsten
biethet, überlassen; ein Ausdruck, der wohl am häufigsten in
Niedersachsen vorkommt, wo manche Arbeitern, z. B. an den Deichen, in
öffentlichen Auctionen denen zugeschlagen werden, die das wenigste
fordern. Der Ausminder, ist diejenige Person, die den Ausruf
verrichtet, der Proclamator; daher in weiterer Bedeutung der Ausrufer
bey jeden Versteigerung in Hamburg der Ausminder, oder bey der in
Niedersachsen gewöhnlichen Verbeißung des d der Utminner genannt wird.
Man siehet hier - aus, daß dieses Wort nicht, wie doch in dem
Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuche behauptet wird, von mein, meus,
herkommt. Daher die Ausminderung.
Ausmisten (W3) [Adelung]
Ausmisten, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, den Mist hinaus
schaffen, ingleichen von dem Miste reinigen. Einen Stall ausmisten.
Figürlich im harten Verstande, das Schlechte aus einer Sache
wegschaffen. Daher die Ausmistung.
Ausmitteln (W3) [Adelung]
* Ausmitteln, verb. reg. act. welches im Oberdeutschen am
bekanntesten ist. 1) Ausfündig machen. Man hat den Thäter noch nicht
ausmitteln können. S. Mittel. 2) Aussondern, auch nur im
Oberdeutschen. Daher die Ausmittelung.
Ausmünzen (W3) [Adelung]
Ausmünzen, verb. reg. act. in Gestalt einer Münze unter die Leute
bringen. Gold, Silber ausmünzen. Die Mark Silber zu zwanzig Gulden
ausmünzen. Daher die Ausmünzung.
Ausmustern (W3) [Adelung]
Ausmustern, verb. reg. act. 1) Von mustern, besichtigen, bey der
Besichtigung als untauglich aussondern; zunächst von Soldaten.
Soldaten ausmustern. dann aber auch von andern Sachen. Zeuge
ausmustern.2. * Von mustern, so fern es kleiden, putzen bedeutet,
ausputzen. Eine Sache auf das beste ausmustern; welche Bedeutung im
Oberdeutschen gebräuchlicher ist, als im Hochdeutschen.Daher die
Ausmusterung.
Ausnähen (W3) [Adelung]
Ausnähen, verb. reg. act. mit Figuren benähen, mit genäheten Blumen
ausfüllen. Spitzen, Handblätter ausnähen. Mit Gold und Silber
ausnähen. Daher die Ausnähung.
Ausnarren (W3) [Adelung]
+ Ausnarren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu
narren, d. i. ausschweifend zu seyn, in der niedrigsten Sprechart.
Crispus meynt, wer in der Jugend ausgenarrt, sey klug bey Jahren,
Logau.
Ausnaschen (W3) [Adelung]
Ausnaschen, verb. reg. 1: Activum, durch Naschen ausleeren. 2.
Neutrum, mit haben, aufhören zu naschen.
Ausnehmen (W3) [Adelung]
Ausnehmen, verb. irreg. act. S. nehmen, aus einem Orte nehmen, heraus
nehmen. 1. Eigentlich. Vögel ausnehmen, aus dem Neste. Einen Zahn
ausnehmen, ausziehen. Das Eingeweide ausnehmen, aus einem Thiere. Noch
mehr abermetonymisch, besonders von Fischen und Vögeln. Einen Fisch,
ein Huhn u. s. f. ausnehmen. Waaren ausnehmen, sie auf Kredit
kaufen.2. Figürlich. 1) Ausschließen, eine Sache nicht mit unter den
übrigen verstanden haben wollen. Eine Pflicht, von welches niemand
ausgenommen ist. Ich nehme niemanden aus, ich behaupte meinen Satz
allgemein. Ich nehme nichts aus. In dieser Bedeutung wird das
Particip. Passiv. ausgenommen zuweilen als eine Partikel gebraucht, in
welchen Falle am liebsten den Accusativ vor sich hat. Diese Pflicht
verbindet einen jeden, keinen ausgenommen. Andere Wortfügungen, z. B.
mit der Endung des vorher gehenden Zeitwortes, ingleichen mit den
Partikeln daß, wo u. s. f. klingen im Hochdeutschen hart, und werden
lieber auf andere Art ausgedruckt: z. B. er hat einem jeden etwas
geschenket, ausgenommen mir nicht, für, nur mir nicht; ich bin überall
gern, ausgenommen wo man mich nicht gerne siehet.3. Sich ausnehmen,
sich von andern Dingen seiner Art, besonders durch das äußere Ansehen,
auf eine vorzügliche Art unterscheiden. Dieser Zeug nimmt sich
vortrefflich aus, hat ein schönes Ansehen. Mit schmaler Gestalt, durch
keine Kleidung erkünstelt, Nimmt sie unter den Nymphen sich aus,
Zachar. Hierher gehöret auch da Particip. Activi, ausnehmend, welches,
besonders in Obersachsen, häufig für vorzüglich gebraucht wird, was
sich auf eine besondere Art ausnimmt. Ein ausnehmender Trost. Ein
ausnehmendes Lob. Sagst du es ihm denn selbst, daß du ihn so
ausnehmend liebst? Gell. Ich bin mit ausnehmender Hochachtung, u. s.
f. ebend. Ich freue mich ausnehmend, ebend. Laß dir das einen
Bewegungsgrund seyn, deinen Eifer durch ausnehmende Thaten sichtbar zu
machen, Dusch. Ehedem gebrauchte man dafür da Particip, Passiv. in der
ersten figürlichen Bedeutung des Zeitwortes ausnehmen. Ein Pfaff an
Chunst volchomen Und an Weishait auzgenommen, in der alten Chronik, in
den Beyträgen zur kritischen Hist. der Deutschen Sprache, B. 1. S.
594.Das Hauptwort die Ausnehmung ist nur in der ersten eigentlichen
Bedeutung, in der ersten figürlichen aber die Ausnahme üblich.
Ausneigen (W3) [Adelung]
* Ausneigen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen ungewöhnlich
ist, aber von dem Opitz ein Mahl für austrinken gebraucht worden. S.
Neige und Neigen.
Ausöden (W3) [Adelung]
* Ausöden, verb. reg. act. öde, leer machen. Ein Fischwasser ausöden,
alle Fische daraus wegfangen. Die Fischbrut ausöden, vertilgen.
Auspachten (W3) [Adelung]
Auspachten, verb. reg. act. durch ein höheres Geboth aus einem Pachte
verdrängen. Einen Pachter auspachten. So auch die Auspachtung.
Auspacken (W3) [Adelung]
Auspacken, verb. reg. act. einen Pack öffnen, ingleichen was
eingepackt ist, heraus nehmen. Waaren, Bücher auspacken. Einen Ballen
auspacken. Daher die Auspackung.
Auspappen (W3) [Adelung]
Auspappen, verb. reg. act. Einen Schrank auspappen, ihn inwendig mit
Papier bekleiden.
Auspariren (W3) [Adelung]
Auspariren, verb. reg. act. von sich weg pariren. Einen Stoß
auspariren, in der Fechtkunst.
Auspauken (W3) [Adelung]
Auspauken, verb. reg. act. mit Rührung einer Pauke, oder großen
Trommel, aus einem Orte verweisen, welches an einigen Orten eine
Strafe liederlicher Weibsbilder ist. Daher die Auspaukung.
Auspauschen (W3) [Adelung]
* Auspauschen, verb. reg. act. völlig klein schlagen, ingleichen
durch Schalgen und Stampfen heraus bringen, und metonymisch,
auf solche Art leer machen; ein Kunstwort des Bergbaues. Ausgepauschte
Schlacken, unnütze, taube Schlacken, die den Erzen schon ein Mahl
zugesetzet worden, und keinen Gehalt mehr haben. S. Pauschen und
Päuschel.
Auspeitschen (W3) [Adelung]
Auspeitschen, verb. reg. act. mit Ruthen aus einem Orte peitschen,
aushauen. Einen Verbrecher auspeitschen. Figürlich, ein
ausgepeitschtes Lied, ein ausgepeitschtes Märchen, im gemeinen Leben,
welches schon jedermann bekannt ist. Daher die Auspeitschung.
Auspfählen (W3) [Adelung]
Auspfählen, verb. reg. act. inwendig mit Pfählen versehen. Ingleichen
mit Pfählen bezeichnen. Ein Feld auspfählen. Daher die Auspfählung.
Auspfänden (W3) [Adelung]
Auspfänden, verb. reg. act. Einen Schuldner auspfänden, ihn des
Seinigen, statt eines Unterpfandes für den Gläubiger, berauben, mit
Gewalt ein Unterpfand aus seinem Haufe nehmen. Daher die Auspfändung.
Auspfarren (W3) [Adelung]
Auspfarren, verb. reg. act. aus einer Pfarre nehmen, im Gegensatze
des einpfarren. Eine Gemeinde auspfarren, sie aus dem bisherigen
Kirchspiele nehmen.
Auspfeifen (W3) [Adelung]
Auspfeifen, verb. irreg. act. S. Pfeifen, mit einem verächtlichen
Pfeifen vertreiben, mit Pfeifen beschimpfen, so wohl in eigentlicher,
als figürlicher Bedeutung. Er schreibt, man pfeift ihn aus, Haged.
Ingleichen, aufhören zu pfeifen, als ein Neutrum.
Auspflügen (W3) [Adelung]
Auspflügen, verb. reg. act. mit dem Pfluge heraus bringen. Einen
Stein, eine Wurzel auspflügen. Daher die Auspflügung.
Auspfützen (W3) [Adelung]
* Auspfützen, verb reg. act. im Bergbaue, ausschöpfen. Die Tagewasser
auspfützen. S. Pfütze. Daher die Auspfützung.
Auspichen (W3) [Adelung]
Auspichen, verb. reg. act. inwendig mit Pech überziehen. Ein Faß
auspichen. Daher die Auspichung.
Ausplappern (W3) [Adelung]
Ausplappern, verb. reg. act. wie Ausplaudern.
Ausplatten (W3) [Adelung]
Ausplatten, oder Ausplätten, verb. reg. act. 1) Durch Platten oder
Plätten herausbringen. Falten ausplätten. 2) Völlig glatt plätten. Die
Wäsche ausplätten. 3) Aufhören zu plätten, als ein Neutrum.
Ausplatzen (W3) [Adelung]
* Ausplatzen, verb. reg, neutr. mit dem Hülfsworte seyn, in dem
Bergbaue so viel als abprallen, auf einem härtern Körper abspringen.
Auf dem festen Gesteine platzen die Bergeisen aus.
Ausplaudern (W3) [Adelung]
Ausplaudern, verb. reg. act. durch Plaudern bekannt machen. Ein
Geheimniß ausplaudern. Ingleichen aufhören zu plaudern, als ein
Neutrum. Daher die Ausplauderung.
Ausplumpen (W3) [Adelung]
Ausplumpen, S. Auspumpen
Ausplündern (W3) [Adelung]
Ausplündern, verb. reg. act. durch Plündern ausleeren, des Seinigen
berauben. Die Diebe haben ihn bis auf das Hemde ausgeplündert. Daher
die Ausplünderung.
Auspochen (W3) [Adelung]
Auspochen, verb. reg. act. 1) Durch Pochen aus einem Orte vertreiben.
Einen Marder auspochen, bey den Jägern, ihn durch Schlagen an den
hohlen Baum, in welchem er sich versteckt hatte, treiben. Dahin auch
das Auspochen auf Universitäten. 2) Hinlänglich pochen oder klopfen.
Das Pelzwerk der Motten wegen auspochen, ausklopfen. 3) Absolute, in
dem Bergbaue, durch Pochen das Zeichen zum Ausfahren geben,
ausklopfen. Daher die Auspochung.
Auspolstern (W3) [Adelung]
Auspolstern, verb. reg. act. inwendig mit Polstern versehen,
bekleiden. Ein Canapee, Stühle auspolstern. Daher die Auspolsterung.
Ausposaunen (W3) [Adelung]
Ausposaunen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, figürlich, mit
merklichen Geräusche bekannt machen, laut ausplaudern. Er posaunet
alles aus.
Ausprägen (W3) [Adelung]
Ausprägen, verb. reg. act. 1) Durch Prägen unter die Leute bringen,
wie ausmünzen. Gold, Silber, ausprägen. 2) Im Prägen deutlich
ausdrucken. Das Bildniß ist auf dieser Münze nicht gut ausgepräget.
Daher die Ausprägung.
Auspredigen (W3) [Adelung]
Auspredigen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu predigen, so
wohl eigentlich, als auch figürlich, aufhören zu tadeln, zu ermahnen.
Haben sie bald ausgeprediget?
Auspressen (W3) [Adelung]
Auspressen, verb. reg. act. durch Pressen heraus bringen. 1)
Eigentlich. Most, Öhl u. s. f. auspressen. Ingleichen metonymisch,
vermittelst der Presse seines Saftes berauben. Weintrauben, Oliven,
Citronen auspressen. 2) Figürlich, für erzwingen. Geld von einem
auspressen. Ingleichen zu heftigen unangenehmen Gemüthsbewegungen
dringen. Einem Thränen, Seufzer auspressen. Das presset mir diesen
Wunsch aus. Unglücklicher! Auch dir hat edle Schwermuth Thränen,
Verliebte Thränen ausgepreßt, Cron. Daher die Auspressung, besonders
in der eigentlichen Bedeutung.
Ausprüfen (W3) [Adelung]
Ausprüfen, verb. reg. act. durch Prüfen auslesen. Ein ausgeprüfter
Wein. Ingleichen auf alle mögliche Art prüfen. Eine ausgeprüfte Treue.
Ausprügeln (W3) [Adelung]
Ausprügeln, verb. reg. act. aus einem Orte prügeln, ingleichen nach
Verdienst prügeln, sehr prügeln. Einen derb ausprügeln.
Auspumpen (W3) [Adelung]
Auspumpen, und in einigen gemeinen Mundarten ausplumpen, verb. reg.
act. vermittelst einer Pumpe heraus bringen. Das Wasser auspumpen.
Ingleichen metonymisch, vermittelst einer Pumpe von Wasser leer
machen. Einen Brunnen, einen Teich, einen Keller auspumpen.
Auspunctiren (W3) [Adelung]
Auspunctiren, verb. reg. act. durch Punctiren heraus bringen,
erforschen; ein Kunstwort der Astrologen und Chiromanten.
Ausputzen (W3) [Adelung]
Ausputzen, verb. reg. act. 1. Von putzen, reinigen. 1) Im Putzen
auslöschen. Das Licht ausputzen. 2) das Innere einer Sache putzen,
oder reinigen. Ein Gefäß ausputzen. Einen Baum ausputzen, bey den
Gärtnern, ihn der unnöthigen Zweige berauben, ihn ausschneiden.
Figürlich, einen ausputzen, im gemeinen Leben, ihm einen derben
Verweis geben. S. das folgende Wort.2. Von putzen, so fern es
schmücken, zieren, bedeutet. 1) Das Innere einer Sache zieren,
ausschmücken. Ein Zimmer ausputzen. 2) Heraus putzen, durch Putzen ein
gutes äußeres Ansehen geben. Sie hat sich vortrefflich ausgeputzet.So
auch die Ausputzung.
Ausputzer (W3) [Adelung]
Der Ausputzer, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas ausputzet.
Figürlich, im gemeinen Leben, ein scharfer Verweis. Einem einen derben
Ausputzer geben. Es scheinet dieser figürliche Gebrauch wider die
Natur solcher Hauptwörter auf er zu seyn, indem selbige sonst alle
Mahl auf eine Person deuten; indessen ist derselbe doch alt, und
ziemlich allgemein. Die Oberdeutschen gebrauchen in eben dieser
Bedeutung das einfache Putzer, und bey den Niedersachsen heißt ein
solcher Verweis ein Utsitzer, von sitzen, mit der Ruthe hauen.
Ausquartiren (W3) [Adelung]
Ausquartiren, verb. reg. act. aus einem Quartire nehmen; im
Gegensatze des einquartiren. Soldaten ausquartiren.
Ausquetschen (W3) [Adelung]
Ausquetschen, verb. reg. act. durch Quetschen heraus bringen. Den
Stadt ausquetschen.
Ausräden (W3) [Adelung]
* Ausräden, Ausraiden, und die Frequentativa Ausrädeln, Ausrädern,
und Ausreitern, verb. reg. act. welche insgesamt aus sieben bedeuten,
aber am stärksten im Oberdeutschland üblich sind. S. Räder. Ausrädern
ist auch in dem Bergbaue nicht ungewöhnlich.
Ausradiren (W3) [Adelung]
Ausradiren, verb. reg. act. von dem Latein. radere. 1) Mit einem
Messer ausfratzen, ausschaben, vornehmlich etwas Geschriebenes. Ein
Wort, einen Buchstab ausradiren. 2) In die Tiefe radiren. Ausradirte
Arbeit, bey den Glasmahlern, wo Figuren oder Buchstaben in den
gefärbten Firniß radiret, und hernach mit Gold beleget werden.
Ausrahmen (W3) [Adelung]
Ausrahmen, verb. reg. act. aus dem Rahmen spannen oder nehmen.
Ausrammeln (W3) [Adelung]
Ausrammeln, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu rammeln, oder
sich zu begatten, von den Hafen.
Ausrangiren (W3) [Adelung]
+ Ausrangiren, (sprich ausrangschiren,) verb. reg. act. von dem
Franz. ranger, aus seiner bisherigen Reihe und Ordnung heraus nehmen,
im Gegensatze des einrangiren. Besonders als untauglich aus seiner
bisherigen Reihe wegschaffen.
Ausrasen (W3) [Adelung]
Ausrasen, verb. reg. neutr. mit haben, das Rasen beschließen,
aufhören zu rasen; besonders in figürlicher Bedeutung, aufhören
jugendliche Ausschweifungen zu begehen, die Jugendhitze ablegen. Er
muß erst ausrasen. Er hat noch nicht ausgeraset. S. Rasen.
Ausrasten (W3) [Adelung]
Ausrasten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, zur Genüge
rasten, oder ruhen; in den höheren Schreibart, wofür im gemeinen Leben
ausruhen üblicher ist.
Ausrauchen (W3) [Adelung]
Ausrauchen, verb. reg. Es ist: 1. Ein Activum. 1) Durch Rauch aus
einem Ort vertreiben, in welcher Bedeutung die Jäger die Füchse
auszurauchen pflegen. 2) Durch Rauchen leer machen. Eine Pfeife Tobak
ausrauchen. 2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, aufhören Rauch
von sich zu geben. Der Ofen, das Feuer hat ausgeraucht. Ingleichen,
aufhören Tobak zu rauchen. Daher die Ausrauchung, in der Bedeutung des
Activi.
Ausräuchern (W3) [Adelung]
Ausräuchern, verb. reg. act. welches das Frequentativum des vorigen
ist. 1) Inwendig beräuchern. Ein Zimmer ausräuchern. Ein Faß mit
Wachholderbeeren ausräuchern. 2) Zur Genüge räuchern. Das Fleisch ist
noch nicht ausgeräuchert. Gut ausgeräuchertes Fleisch. Daher die
Ausräucherung, in der ersten Bedeutung.
Ausraufen (W3) [Adelung]
Ausraufen, verb. reg. act. heraus raufen. Gras, Kraut ausraufen. Sich
die Haare ausraufen. Daher die Ausraufung. S. Ausrupfen.
Ausräumen (W3) [Adelung]
Ausräumen, verb. reg. act. hinaus schaffen und dadurch Raum machen.
Tische, Bänke, Bücher ausräumen, au einem Zimmer. Ingleichen
metonymisch, ein Zimmer, ein Haus ausräumen, alle bewegliche
Gerätschaften aus demselben schaffen. Ingleichen erweitern, bey
einigen Handwerkern. Ein Loch ausräumen. Daher der Ausräumer, ein
Bohrer, Löcher damit zu erweitern, und die Ausräumung.
Ausräuspern (W3) [Adelung]
Ausräuspern, verb. reg. act. Sich ausräuspern, durch Räuspern allen
Schleim aus dem Schlunde schaffen.
Ausrechnen (W3) [Adelung]
Ausrechnen, verb. reg. act. durch Rechnen herausbringen. Etwas
ausrechnen. Ein aufgegebenes Exempel ausrechnen. Figürlich, in
gemeinen Leben so viel als anrechnen, auslegen. Einem etwas als einen
Fehler ausrechnen. Daher die Ausrechnung.
Ausrecken (W3) [Adelung]
+ Ausrecken, verb. reg. act. welches nur in den niedrigen Sprechart
üblich ist. 1) Von sich reden, ausstrecken. Die Hände ausrecken. 2)
Ausdehnen. Ein Stück Leder ausrecken. Daher die Ausreckung.
Ausrede (W3) [Adelung]
Die Ausrede, plur. -n, das Abstractum des folgenden Verbi. 1) die
physische Beschaffenheit der rede, von welcher die Aussprache ein
Theil ist; ohne Plural. Eine angenehme, eine gute, eine schlechte
Ausrede haben. In weiterer Bedeutung begreift man unter diesem
Ausdrucke zuweilen auch wohl den gan-zen äußern Vortrag einer
feyerlichen Rede, den Anstand. 2) So viel wie Ausflucht, in gelinderer
Bedeutung, ein Vorwand, sich von einer Schuld oder Verbindlichkeit zu
befreyen. Eine Ursache suchen. Er hat alle Mahl eine Ausrede. 3)
Ausrede für Aussage ist nur in Oberdeutschland üblich.
Ausreden (W3) [Adelung]
Ausreden, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als
ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Wie das einfache reden,
Worte und Töne von sich geben, im gemeinen Leben. er ist so heiser,
daß er kaum ausreden kann; welches viel leicht der einzige Fall ist,
in welchem es in dieser Bedeutung gebraucht wird. 2) Eine rede zu Ende
bringen. Einen nicht ausreden lassen. Laß mich nur ausreden. haben sie
bald ausgeredet?II. Ales ein Activum. 1) Mit Worten gehörig
ausdrucken, vollkommen beschreiben. Welche Zunge wird das Ausreden
können? Wer will seines Lebens Länge ausreden? Es. 57, 8. In welcher
Bedeutung bey dem Ottfried irredinon vorkommt. 2) Leer reden, alles
sagen, was man weiß. Wenn man sich zu sehr ausredet, ist man in
Gefahr, matt zu werden. Wenn wir unser Herz ausgeredet haben, Gell. 3)
Aus dem Sinne reden, durch Worte von etwas abbringen, im gemeinen
Leben. Einem eine irrige Meinung, ein böses Vorhaben ausreden. Er läßt
sich nichts ausreden. Und beyde sich den Urquell aller Fehden Den
Ehstand ewig auszureden, Michael. 4) Sich ausreden, sich durch Worte
von einer Schuld oder Verbindlichkeit zu befreyen suchen, sich
entschuldigen. Sich mit etwas ausreden. Er redet sich immer mit einem
andern aus, schiebt die Schuld auf einen andern. Aber, einen bey
jemanden ausreden, für entschuldigen, ist nur in Oberdeutschland
üblich.
Anm. Ausreden für aussagen, bekennen, ingleichen für
ausplaudern, sind gleichfalls nur der Oberdeutschen Mundart eigen. Das
Substantiv die Ausredung ist wenig gebräuchlich, indessen kommt es
doch zuweilen in der zweyten und dritten Bedeutung des Activi vor. In
den vierten Bedeutung ist ausreden nach dem Latein. excusare gebildet,
in welchem man das im Hochdeutschen veraltete kösen, kosen und kusen,
reden, nicht verkennen kann.
Ausregnen (W3) [Adelung]
Ausregnen, verb. reg. welches nur als ein unpersönliches Neutrum
gebraucht wird. Es hat ausgeregnet, es hat aufgehört zu regnen
Ausrehden (W3) [Adelung]
* Ausrehden, verb. reg act. welches nur in den Niederdeutschen
Seestädten üblich ist, für ausrüsten, doch nur in engerer Bedeutung
mit Masten, Segeln, dem Tauwerke und allem nöthigen Reisegeräthe
versehen; dagegen ausrüsten such die Mannschaft und
Kriegesgeräthschaften unter sich begreift. Ein Schiff ausrehden. Daher
die Ausrehdung, so wohl für die Handlung des Ausrüstens, als auch in
dem Begriffe alles dessen, was zu der Ausrüstung eines Schiffes
gehöret. S. Rehde.
Ausreiben (W3) [Adelung]
Ausreiben, verb. irreg. act. S. Reiben. 1) Durch Reiben heraus
bringen. Einen Flecken ausreiben. Den Roth ausreiben, aus dem Kleide.
Ingleichen metonymisch, durch Reiben reinigen. Das Kleid ausreiben. 2)
Aus einander reiben. So pflegen die Schuster die Nähte an den Schuhen
mit einem besondern Ausreibeholze auszureiben, oder eben zu machen. 3)
Aufhören zu reiben: als ein Neutrum. So auch die Ausreibung in den
beyden ersten Bedeutungen.
Ausreichen (W3) [Adelung]
Ausreichen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende
reichen, genug seyn. Das Geld wollte nicht ausreichen. Der Schneider
wird mit sechs Ellen nicht ausreichen, daran genug haben, damit
auskommen.
Ausreisen (W3) [Adelung]
Ausreisen, verb. reg. neutr. 1) Mit dem Hülfsworte seyn, aus einem
Orte reisen. Wir sind erst vor acht Tagen von Berlin ausgereiset.
Ingleichen, besonders in Niedersachsen, für verreisen. Er ist
ausgereiset. 2) Mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu reisen: Habt ihr
einmahl ausgereiset?
Ausreißen (W3) [Adelung]
Ausreißen, verb irreg. ( S. Reißen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Heraus reißen. Einem dem Zahn, die
Zunge, die Haare ausreißen. Das Unkraut mit der Wurzel ausreißen. 2)
Aus einander reißen. Die Fluth hat alle Dämme ausgerissen.II. Als ein
Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn.1. Aus einander gerissen werden. 1)
Eigentlich. Das Knopfloch riß aus. Der Stich reißt aus. Die Dämme sind
ausgerissen. 2) Figürlich, in gemeinen Leben, von der Geduld. Meine
Geduld wird endlich ausreißen, erschöpfet werden.2. Nach außen zu
reißen, oder gespalten werden. 1) Eigentlich. Wenn das Holz in Spalten
ausreißen will, so wissen es die Böttcher so zu schlagen, daß der Riß
wieder hinein gehet. 2) Figürlich, sich schnell entfernen, durchgehen.
Die Pferde rissen aus. Die Einbildung spornt seine Triebe, Wie Rosse
reißen sie aus, Kleist. Ingleichen von Menschen, entfliehe,
gemeiniglich in verächtlicher Bedeutung. Als man ihn ergreifen wollte,
riß er aus. Die Feinde Sind ausgerissen. Ausgerissene Soldaten, die
ihre Fahnen böslich verlassen haben; S. das folgende, ingleichen
Reißaus. Zuweilen, obgleich nicht eben auf die beste Art, auch wohl
von leblosen Dingen. Wenn die Fluth gleich einem anschwellenden Ocean
über die Ebene ausreißt. Es scheinet, daß in dieser Bedeutung eben
dieselbe Figur zum Grunde liege, nach welcher man in ähnlichen
Verstande nicht Stich halten gebraucht.Das Hauptwort die Ausreißung
wird nur in den Bedeutungen des Activi gebraucht.
Ausreißer (W3) [Adelung]
Der Ausreißer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Entflohener,
besonders von Soldaten, der seine Fahne böslich verlässet, von der
letzten Bedeutung des vorigen Wortes. In dem Galischen Gesetze wird
ein solcher Ausreißer Austrappo genannt, von trappen, traben, laufen.
Etwas später kommt das Wort Herisliz vor, eigentlich die
Heereslassung, oder Verlassung des Heeres. Noch später nannte man
solche Ausreißer Heerflüchtige. Das Französische Deserteur ist von
engerer Bedeutung, und bezeichnet einen Soldaten, der seinen Dienst
auf immer böslich verläßt. 2) Im Bergbaue, ein Erztrumm, welches sich
von dem Hauptgange zu Tage wendet.
Ausreiten (W3) [Adelung]
Ausreiten, verb. irreg. ( S. Reiten) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, aus einem Orte
reiten. Wir sind gestern früh von Dresden ausgeritten. In weiterer
Bedeutung, so viel als über Feld reiten, spazieren reiten. Der Herr
ist nicht zu Hause; er ist ausgeritten.II. Als ein Activum. 1) Durch
reiten heraus bringen, oder leer machen. So wird an einigen Orten der
Hafer ausgeritten, wenn man ihn auf der Reittenne von Pferden
austreten lässet. Sich die Stiefeln ausreiten lassen eine Art selbige
auszuziehen. 2) An die freye Luft reiten. Ein Pferd ausreiten.
Ausreiter (W3) [Adelung]
Der Ausreiter, des -s, plur. ut nom sing. 1. Von reiten, equitare,
ein reitender Diener, der Theils zu Verschickungen in obrigkeitlichen
Angelegenheiten, theils auch zu Bereitung der Straßen gebraucht wird,
und zuweilen auch ein Einspänniger, ein Landreiter heißt.2. Von
reiten, bereiten, ingleichen ausrichten, von welchem Verbo dieses Wort
in einigen besondern Fällen abzustammen scheinet, da man es nicht
füglich von dem vorigen ableiten kann. Z. B. in dem Kloster zu
Lüneburg ist der Ausreiter ein vornehmer Beamter, der die Aussicht
über die Güter des Klosters hat, und an andern Orten ein Schaffner
oder Großkeller heißt. Ausreiter würde hier also so viel als einen
Aufseher bedeuten; welche Muthmaßung dadurch bestärket wird, daß in
Bremen diejenigen Rathsherren, welche die Einkünfte der Stadt
verwalten, Reder genannt werden, welches Niedersächsische Wort
unstreitig von reden, bereiten, abstammet. In einigen Städten
Obersachsens heißen die Aufwärter und Diener der Stadträthe
gleichfalls Ausreiter, ob sie gleich niemahls auf ein Pferd kommen,
sondern ihre Geschäfte zu Fuße ausrichten.
Ausreitern (W3) [Adelung]
* Ausreitern, verb. reg. act. in einigen Gegenden für aussieben, S. 2
Reiter und Ausräden.
Ausrenken (W3) [Adelung]
Ausrenken, verb. reg. act. ein Glied aus seinem Gelenke bringen,
verrenken. Einem der Arm, sich den Fuß ausrenken. Daher die
Ausrenkung.
Ausreuten (W3) [Adelung]
Ausreuten, verb. reg. act. welches mit ausrotten einerley Bedeutung
hat, nur daß es aus der Oberdeutschen Mundart entlehnet ist, und im
Hochdeutschen für edler gehalten wird, als ausrotten. Alle Pflanzen -
die werden ausgereutet, Matth. 15, 13. Diese Betrachtung allein ist
fähig, alle Unruhe auf ewig aus unserer Seele auszureuten. So auch die
Ausreutung. S. Ausrottung.
Ausrichten (W3) [Adelung]
Ausrichten, verb. reg. act. welches nach dem verschiedenen Gebrauche
des einfachen richten, auch von verschiedener Bedeutung ist.1. Von
richten, dirigere, bedeutet ausrichten so viel als gerade richten. So
richten die Kupferschmiede eine Bäule in einem Geschirre aus, wenn sie
selbige durch Hammerschläge heraus bringen; und wenn in den Bergwerken
der Kübel im Gange stecken bleibet, so wird er gleichfalls
ausgerichtet, d. i. los gemacht oder gerade gerichtet. Die
Strumpfwirker richten die Strümpfe aus, wenn sie selbige rauhen und
scheren, wo es so viel als zurichten bedeutet.2. Von richten, so fern
es besorgen thun, verrichten bedeutet. 1) Veranstalten, die Kosten zu
etwas hergeben; doch nur in den Redensarten, einen Schmaus, ein
Gastgeboth, eine Hochzeit, eine Rindtaufe ausrichten, selbige auf
seine Kosten anstellen. 2) * Ausfündig machen, entdecken; in welcher
Bedeutung man in dem Bergbaue sagt: einen Gang ausrichten, sich neue
Baue ausrichten. Ingleichen bey den Jägern, so lange suchen, bis man
Wild auf der Spur hat. in einem andern Verstande bedeutet es bey den
Jägern so viel, als eine Strecke des Waldes mit Dohnen bestecken. 3)
Ein Geschäft in das Werk richten; doch auch nur mit einigen durch den
Gebrauch bereits eingeführten Substantiven. Denn so sagt man wohl in
gemeinen Leben, eines Befehl ausrichten, einen Gruß von jemanden
ausrichten, ein Geschäft ausrichten, kann ichs nicht ausrichten? Aber
nicht, ein Amt, eine Gesandtschaft ausrichten u. s. f. Eben so
ungewöhnlich ist der biblische Gebrauch für vollenden, Matth. 10, 23;
ihr werdet die Städte Israel nicht ausrichten bis des Menschen Sohn
kommt. 4) Eine verlangte Wirkung hervor bringen, welcher Gebrauch der
häufigste ist. Das Geld kann alles ausrichten. Mit Gewalt richtet man
bey den Schönen nichts aus. Wir richten nichts bey ihn aus. Alle meine
Ermahnungen richten nichts aus. Du wirst mit ihm nichts ausrichten.
Damit ist es nicht ausgerichtet, das macht die Sache noch nicht aus,
ist bey weitem nicht zureichend. Aus welchen Beyspielen zugleich
erhellet, daß es in dieser Bedeutung am häufigsten mit der Verneinung
verbunden wird.
3. * Von richten, judicare, in der niedrigen Sprechart, beurtheilen,
doch alle Mahl in einem gehässigen Sinne. Jemanden ausrichten, ihn
verläumden; ingleichen, ihm einen heftigen Verweis geben. Allein, da
im Schwedischen Rid, Streit, Zank, bedeutet, von welchem Worte ritu ut
für ausschelten üblich ist, auch Ritt in Niedersachsen für Schlägerey,
Streit, Zank, nicht unbekannt ist, so stehet es dahin, ob sich
ausrichten in der Bedeutung des Ausscheltens nicht besser zu einem von
diesen Wörtern würde rechnen lassen. In einer Weißenburgischen Urkunde
von 1390 heißt es bey dem Schilter in Glossar. S. 682. Da yr kein Man
von den gütern die er inne hatte von lehenswegen usgerichtet were, und
dieselben güter bizher also genossen hette ane alle rechtliche
ansprache. Schilter merkt dabey au, daß ausgericht hier dem litigloso
entgegen gesetzet werde; allein ausrichten scheinet hier so viel zu
seyn, als tadeln, straffällig befinden.
Anm. Veraltete, oder nur in
einigen Gegenden übliche Bedeutungen sind: bezahlen. Den Zoll, die
Steuern ausrichten. Sein Gelübde ausrichten; welche Bedeutung noch in
Oberdeutschland gewöhnlich ist. Ehedem sagte man auch einen
ausrichten, d. i. abfinden, wegen einer Erbschaft befriedigen. Das
Hauptwort die Ausrichtung S. hernach besonders.
Ausrichter (W3) [Adelung]
Der Ausrichter, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher etwas
ausrichtet, doch nur in einigen nicht überall üblichen Fällen. 1) In
den Bergwerken, derjenige Arbeiter, der bey dem Ausfödern der Tonnen
das Seil gehörig richtet. 2) Der Ausrichter eines Ganges, eben
daselbst, der denselben entdeckt hat. 3) Dem die Ausrichtung, oder
Vollziehung eines letzten Willens ausgetragen ist. Eines besseren
Testamentes Ausrichter, Hebr. 7, 22. Dieser Gebrauch ist im
Hochdeutschen veraltet, seitdem man an dem Lateinischen Executor mehr
Geschmack gefunden hat. 4) In einigen Oberrheinischen Gegenden,
besonder bey den Landsiedeleyen, bedeutet dieses Wort so viel als
einen Lehnträger, weil seine vornehmste Pflicht ist, im Nahmen der
Miterben eines Landsiedels die schuldige Zinsen und Pachtgelder
auszurichten, d. i. zu bezahlen.
Ausrichtig (W3) [Adelung]
* Ausrichtig, und Ausrichtsam, zwey im Hochdeutschen veraltete Bey-
und Nebenwörter, für hurtig, munter und willfährig in Ausrichtung
eines aufgetragenen Geschäftes. Jerobeam war ausrichtig, 1. Kön. 11,
28.
Ausrichtung (W3) [Adelung]
Die Ausrichtung, plur. die -en. 1) die Handlung des Ausrichtens, in
allen Bedeutungen des Verbi und ohne Plural. 2) Im gemeinen Umgange
auch wohl ein Schmaus, ein Gastmahl, besonders ein Gastmahl, welches
bey einer Hochzeit, einer Kindtaufe oder einer andern feyerlichen
Gelegenheit angestellet wird. 3) * In den Rechten einiger Gegenden,
Kleidung und anderes Geräth, was einer Braut außer dem Brautschatze
gegeben wird, und an andern Orten auch die Einrichtung heißt.
Ausrieseln (W3) [Adelung]
Ausrieseln, verb. reg. neutr. mit seyn, heraus rieseln, rieselnd
ausfallen; wofür in einigen Gegenden ausröhren und ausrühren üblich
ist.
Ausringen (W3) [Adelung]
Ausringen, verb. irreg. act. S. Ringen. 1) Durch Ringen, d. i.
zusammen drehen, heraus bringen. Das Wasser ausringen, aus der Wäsche.
Ingleichen metonymisch, die Wäsche ausringen. Daher die Ausringung. 2)
Das Ringen vollenden. Ausgelitten hast du, ausgerungen, armer
Jüngling, deinen Todesstreit, Wiel. wo es doch eigentlich nur als ein
Neutrum gebraucht werden sollte.
Ausrinnen (W3) [Adelung]
Ausrinnen, verb. irreg. neutr. ( S. Rinnen,) mit dem Hülfsworte seyn,
heraus rinnen. Das Wasser rinnt aus, aus dem Fasse.
Ausrippen (W3) [Adelung]
* Ausrippen, verb. reg. act. von den Rippen befreyen. Den Tobak
ausrippen, das Weiche der Blätter von den starken Rippen streifen.
Ausritt (W3) [Adelung]
Der Ausritt, des -es, plur. inus. von ausreiten, der Ritt aus einem
Orte, oder in die Ferne; nur im Scherze. Einen Ausritt thun, auf
Abenteuer ausreiten.
Ausroden (W3) [Adelung]
* Ausroden, verb. reg. act. welches eigentlich die Niedersächsische
Form für ausrotten ist. In einigen Gegenden bedeutet die Erdäpfel
ausroden oder ausrotten so viel als sie ausgraben.
Ausrohren (W3) [Adelung]
Ausrohren, verb. reg. act. inwendig mit Rohr versehen. Ein Zimmer
ausrohren, es zu einer Gypswand oder Gypsdecke mit Rohr ausschlagen.
Ausröhren (W3) [Adelung]
* Ausröhren, verb. reg. act. S. Ausrieseln.
Ausrollen (W3) [Adelung]
Ausrollen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, durch Rollen, oder
vermittelst des Rollsiebes reinigen. Getreide ausrollen.
Ausrotten (W3) [Adelung]
Ausrotten, verb. reg. act. mit der Wurzel ausreißen. 1) Eigentlich.
Einen Baum, einen Wald ausrotten; im Forstwesen ausstocken. 2) In
weiterer und figürlicher Bedeutung, eine Sache ihrer ganzen Art nach
Vertilgen. Das Unkraut ausrotten. Das Ungeziefer ausrotten. So auch
die Ausrottung.
Anm. Ausrotten, Schwed. utrota, Engl. root out, Holl.
utraden, kommt entweder von Rot, die Wurzel her, welches Wort noch in
dem Englischen Root übrig ist, daher Notker für ausrotten auch
uzirunurzillen, und ein anderer Schriftsteller zu Anfange des 15ten
Jahrhunderts entwurczen sagt; oder auch von reißen, welches im
Niedersächsischen noch jetzt riten lautet. S. Rotten. Für ausrotten
ist im Oberdeutschen ausreuten, und in Niedersachsen ausraden und
ausroden üblich. Der Ausrotter, Ezech. 7, 25 ist ungewöhnlich.
Ausrucken (W3) [Adelung]
Ausrucken, und Ausrücken, wovon jenes im Oberdeutschen am üblichen
ist, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, aus einem Orte rucken,
oder rücken, d. i. langsam einher ziehen, besonders von Soldaten. Zur
Schlacht ausrücken, aus dem Lager. Die Truppen sind bereits augerückt.
Daher die Ausrückung. S. Rucken und Rücken.
Ausruf (W3) [Adelung]
Der Ausruf, des -es, plur. inus. das Ausrufen, ingleichen die Worte,
welche ausgerufen werden. Etwas durch einen öffentlichen Ausruf
bekannt machen. Du nennest immer deinen Nahmen; Dein Ausruf handelt
nur von dir, sagt Hagedorn von dem Guckguk. In engerer Bedeutung ist
der Ausruf, oder die Ausrufung, Latein. Excalmatio, der Ausdruck einer
lebhaften Gemüthsbewegung durch die Stimme. An einigen Orten nennet
man auch eine Auction einen Ausruf. Etwas unter öffentlichem Ausrufe
verkaufen.
Ausrufen (W3) [Adelung]
Ausrufen, verb. irreg. ( S. Rufen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist. I. Als Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Laut rufen,
eine lebhafte Gemüthsbewegung durch die Stimme ausdrucken. Wie sehr,
rief er aus, schmerzet diese Wunde! 2) Das Rufen beschließen, aufhören
zu rufen. Der Wächter hat ausgerufen. II. Als ein Activum, durch Rufen
verkündigen. Etwas zum Verkaufe ausrufen. Den Frieden ausrufen lassen.
Einen als König, oder zum Könige ausrufen. Daher die Ausrufung, und
das Ausrufungszeichen, oder dasjenige Zeichen, welches einem
geschriebenen oder gedruckten Ausrufe in der ersten Bedeutung
beygefüget zu werden pfleget (!)
Ausrufer (W3) [Adelung]
Der Ausrufer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, der dazu
bestellt ist, gewisse Sachen öffentlich auszurufen. In einigen Städten
sind die Ausrufer geringe Stadtbediente, welche Lebensmittel und
andere Bedürfnisse, welche zu verkaufen sind, auf den Gassen ausrufen.
An andern Orten, z. B. zu Frankfurt am
Main, heißt auch der Proclamator auf Auctionen ein Ausrufer. S. auch
Ausmindern.
Ausruhen (W3) [Adelung]
Ausruhen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, so viel als
nöthig ist ruhen, zur Genüge ruhen. Die Pferde ausruhen lassen. Ich
habe noch nicht ausgeruhet. Von der Arbeit ausruhen. Ein Paar Stunden,
ein Paar Tage ausruhen. Sich ausruhen, als ein Reciprocum, ist wieder
den guten Sprachgebrauch, ob es gleich im gemeinen Leben zuweilen
gehöret wird, und selbst Kleist sagt: Wo soll mein irrendes Auge sich
ausruhen? Da ruhen ein Neutrum im strengsten Verstande ist, so ist es
keiner Reciprocation fähig.
Ausrühren (W3) [Adelung]
* Ausrühren, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, durch Rühren
heraus bringen. Die Erbsen rühren sich aus, d. i. fallen bey vieler
Bewegung aus den Hülsen. Daher Die Ausrührung. S. Ausrieseln.
Ausründen (W3) [Adelung]
Ausründen, verb. reg. act. inwendig rund machen; ingleichen rund
ausarbeiten. Daher die Ausründung.
Ausrupfen (W3) [Adelung]
Ausrupfen, verb. reg. act. heraus rupfen, gemeiniglich nur von Federn
und der Wolle. Einer Gans die Federn, dem Schafe die Wolle ausrupfen.
Daher die Ausrupfung. Es ist das Intensivum von ausraufen, welches
nicht nur von weiterm Umfange der Bedeutung, sondern auch von einem
edleren Gebrauche ist.
Ausrüsten (W3) [Adelung]
Ausrüsten, verb. reg. act. mit der gehörigen Rüstung versehen. 1)
Eigentlich, da es besonders von Soldaten und Schiffen gebraucht wird.
Soldaten, Truppen ausrüsten. Ein Schiff, eine Flotte ausrüsten, sie
außer dem Tafel- Tau- und Unterwerke auch mit Kanonen, Pulver, Bley
und Mannschaft versehen. S. auch Ausrehden. 2) In weiterer Bedeutung,
mit Kraft und Vermögen versehen. Wie kann der Mensch unglücklich seyn,
da er mit so vielen Kräften ausgerüstet ist, das Schöne zu empfinden?
Dusch. Daher die Ausrüstung, so wohl in der Bedeutung der Handlung,
als auch desjenigen, womit etwas in der ersten eigentlichen Bedeutung
ausgerüstet wird.
Ausrütteln (W3) [Adelung]
Ausrütteln, verb. reg. act. 1) Durch Rütteln heraus bringen. Die
Körner ausrütteln, aus dem Strohe. Ingleichen metonymisch, das Stroh
ausrütteln. 2) Sehr rütteln. So auch die Ausrüttelung.
Aussaat (W3) [Adelung]
Die Aussaat, plur. inusit. in der Landwirthschaft, das Aussäen des
Getreides; noch mehr aber dasjenige Getreide, welches zum Aussäen
bestimmt ist, und in einer andern Betrachtung in einigen Gegenden auch
die Einsaat, im Hannöverischen und Westphalen aber der Einfall genannt
wird. An einigen Orten wird die Größe der Äcker nach der Menge des
Getreides, welches in selbige gesäet werden kann, bestimmt, und da
sagt man ein Acker von drey, vier Scheffel Aussaat.
Aussacken (W3) [Adelung]
+ Aussacken, verb. reg. act. aus dem Sacke schütten; doch nur im
gemeinen Leben, im Gegensatze des einsacken.
Aussäen (W3) [Adelung]
Aussäen, verb. reg. act. säen, den Samen ausstreuen, besonders von
dem Säen des Getreides. Wir sä'n auf Wahrheit aus und ärndten Zweifel
ein, Dusch. Daher die Aussäung.
Aussage (W3) [Adelung]
Die Aussage, plur. die -n. 1) Die Handlung des Aussagens; ohne
Plural. Noch häufiger aber 2) dasjenige, was jemand aussaget, das
Zeugniß von einer erlebten Begebenheit. Seiner Aussage nach.
Besonders, was vor Gerichte ausgesaget wird, die feyerliche Aussage
der Zeugen, des Klägers, oder der Beklagten, in welcher Bedeutung
ehedem auch das einfache die Sage üblich war. Nach Aussage zweyer
Zeugen. Ihre Aussage stimmt nicht überein.
Anm. In Niedersachsen
bedeutet dieses Wort auch noch, 1) ein Versprechen, 2) eine Ausnahme,
und 3) die Aussetzung oder Bestimmung eines Antheils an der künftigen
Erbschaft. S. das folgende.
Aussagen (W3) [Adelung]
Aussagen, verb. reg. act. 1) Aussprechen, mit Worten gehörig
ausdrucken, im gemeinen Leben. Es ist nicht auszusagen, wie viele
Leute da waren. 2) Heraus sagen, auf feyerliche Art sagen, besonders
wenn dasselbe vor Gerichte geschiehet. Etwas wider jemanden aussagen.
Vor Gerichte aussagen. Die Zeugen haben wider ihn ausgesagt. Etwas
eidlich aussagen. Den erlittenen Schaden aussagen. 3) Sich aussagen,
in dem Kartenspiele, ansagen, daß man die zur Gewinnung des Spieles
nöthigen Augen habe. So auch die Aussagung.
Anm. Das Niedersächsische
utseggen, bedeutet außerdem noch, 1) versprechen, und 2) eine Ausnahme
machen. 3) In den hamburgischen Statuten ist einem etwas aussagen so
viel, als ihm etwas aussetzen, von einer künftigen Erbschaft
bestimmen. S. auch Ausspruch.
Aussägen (W3) [Adelung]
Aussägen, verb. reg. act. mit der Säge heraus bringen. Einen Ast
aussägen. Ingleichen aufhören zu sägen. Daher die Aussägung.
Aussatz (W3) [Adelung]
Der Aussatz, des -es, plur. inus. 1) Eine in Europa jetzt
ungewöhnliche ansteckende Krankheit, welche aber ehedem in den
Morgenländern, besonders unter den Juden sehr häufig war, und wovon
des Herrn Hofr. Michaelis vortreffliche Anmerkung, Th. 1 der
Bibelübersetzung S. 4 der Anmerkungen nachzusehen ist. In weiterer
Bedeutung pflegen einige auch einen ansteckenden Krebs bey den
Pferden, der den ganzen Leib überziehet, ingleichen die so genannten
Finnen bey den Schweinen, und den Grind oder die Räudigkeit an den
Bäumen, einen Aussatz zu nennen.2. In dem Billiardspiele, die Handlung
des Aussetzens, und der Ort, wohin man seinen Ball setzet. In andern
Fällen von der Handlung des Aussetzens, z. B. daran ist gar kein
Aussatz, daran ist nichts auszusetzen, ist es im Hochdeutschen
ungewöhnlich.3. Dasjenige, was ausgesetzet wird; nur in einigen
Fällen. So wird das Geld, welches im Spiele ausgesetzet wird,
ingleichen die Figur von einen Kaufmannsladen der Aussatz genannt.
Anm.
Der Nahme Aussatz, in der ersten Bedeutung, beziehet sich nicht so
wohl auf die Aussetzung oder Absonderung der mit dem Aussatze
behafteten von aller menschlichen Gemeinschaft, als vielmehr auf den
Ausschlag, der sich dabey auf die Haut setzet. Von eben diesen
Mählern, oder Ausschlage auf der Haut, nannte man den Aussatz ehedem
auch Malezey, Malatsch, Malzerey, den Masel, die Miselsucht, im
Angels. Hreofle, Hreofyns, beym Tatian Ruf, im Gothischen Thrutsfill;
und Aussätzige Riobman, Malazige, Malzige, Malitze, Malze, Holländ.
Malaedsch und Ital. Malato. Weil man dergleichen Leute von allem
menschlichen Umgange auszuschließen pflegte, so hießen sie daher auch
Feldsiechen, Fernsiechen und Sondersiechen, und der Aussatz die
Feldsucht. Indessen ist es noch nicht ausgemacht, ob diejenige
Krankheit, welche man in den mittlern Zeiten in Deutschland mit diesem
Nahmen belegte, der wahre morgenländische Aussatz gewesen. Ottfried
nennt einen Aussätzigen Horngibruader, ein Wort, dessen Bedeutung so
klar noch nicht ist.
Aussätzig (W3) [Adelung]
Aussätzig, -er, -ste, adj. et adv. mit dem Aussatze behaftet. Ein
Aussätziger. S. das vorige.
Aussäubern (W3) [Adelung]
Aussäubern, verb. reg. act. das Innere einer Sache säubern. Ein
Gefäß, ein Zimmer, ein Haus aussäubern. Daher die Aussäuberung.
Aussaufen (W3) [Adelung]
+ Aussaufen, verb. irreg. act. S. Saufen, austrinken, von Thieren,
und in der härtesten und niedrigsten Sprechart auch von Menschen,
saufend ausleeren. Daher das eben so niedrige, ein
Saufaus, der in dem Saufen eine vorzügliche Stärke besitzet, und die
Aussaufung.
Aussaugen (W3) [Adelung]
Aussaugen, verb. irreg. act. S. Saugen. 1) Durch Saugen heraus
bringen. (a) Eigentlich. Das Blut aussaugen. Das Gift aussaugen, aus
der Wunde. (b) Figürlich, durch List und Gewalt entziehen. Einem das
Blut aussaugen, ihn durch Wucher, Bedrückung u. s. f. seines Vermögens
berauben. 2) Durch vieles Saugen entkräften. (a) Eigentlich. Das Kind
saugt seine Amme ganz aus. Noch mehr aber (b) figürlich, im gemeinen
Leben, nach und nach entkräften, arm machen. Einen Acker aussaugen,
ihn durch unwirthschaftliche Bestellung seiner Kräfte berauben. Die
vielen Gäste saugen ihn ganz aus, bringen ihn um seyn Vermögen. Das
Land mit Auflagen aussaugen, Einen bis auf das Mark, bis auf das Blut
aussaugen. Sie Saugen bis auf Mark und Blut Die Armen aus, Opitz Ps.
73. 3) Die gehörige Zeit saugen, als ein Neutrum, mit haben. Die
Ferkel, ein Kind, ein Kalb aussaugen lassen so auch die Aussaugung.
Aussäugen (W3) [Adelung]
Aussäugen, verb. reg. 1. Activum, die gehörige Zeit säugen; im
gemeinen Leben. Ein Kind aussäugen. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu
säugen, nicht mehr säugen.
Aussauger (W3) [Adelung]
Der Aussauger, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen Neuern, ein
Gewächs, welches von dem Safte anderer lebt, wie die Mistel, das
Baumoos, der Baumschwamm; ein Nahme, welcher wenigstens schicklicher
ist, als der Ausdruck Schmarotzerpflanze, womit andere diese Art
Gewächse belegen.
Ausschaben (W3) [Adelung]
Ausschaben, verb. reg. act. heraus schaben, ingleichen hohl schaben.
Daher auch die Ausschabung.
Ausschaffen (W3) [Adelung]
1. Ausschaffen, verb. irreg. act. von schaffen, creare, in der Schöpfung
mit allen seiner Art möglichen Vollkommenheiten versehen; ein Verbum,
welches einige neuere Dichter versucht haben.
Ausschaffen (W3) [Adelung]
2. Ausschaffen, verb. reg. act. von schaffen, befehlen, hinaus schaffen,
besonders in der Oberdeutschen Mundart. So werden in Frankfurt bey
einer Kaiserwahl die Fremden ausgeschaffet, d. i. aus der Stadt
geschaffet. So auch die Ausschaffung.
Ausschäften (W3) [Adelung]
* Ausschäften, verb. reg. act. welches nur im Schiffbaue üblich ist.
Ein Schiff ist auf 50 Stücke ausgeschäftet, wenn es so viel Kanonen
führet.
Ausschalen (W3) [Adelung]
Ausschalen, verb. reg. act. inwendig mit Schalbretern, d. i.
leichten, rauhen Bretern versehen; beschalen. So werden die Decken in
den Zimmern ausgeschalet, damit man sie berohren und hernach gypsen
könne. Daher die Ausschalung.
Ausschälen (W3) [Adelung]
Ausschälen, verb. reg. act. 1) Aus der Schale nehmen, von der Schale
befreyen. Nüsse, Bohnen, Knoblauch ausschälen. Bey den Fleischern
bedeutet ausschälen, an geschlachteten Schweinen den innern Speck
ausschneiden oder ablösen. + Einen ausschälen, figürlich, ihn des
Seinigen berauben, ist niedrig. 2) Von schälen, spülen, ist ausschälen
bey den Wäscherinnen einiger Gegenden so viel als ausspülen, das mit
der Seife gewaschene Zeug in frischem Wasser spülen. Daher die
Ausschälung.
Ausschalmen (W3) [Adelung]
Ausschalmen, verb. reg. act. in dem Forstwesen, besonders
Niedersachsens, durch Beschalmung, d. i. Beschälung der Bäume
auszeichnen, anweisen. Einen Platz zur Weide ausschalmen. S. Schalm.
Daher die Ausschalmung.
Ausschämen (W3) [Adelung]
+ Ausschämen, verb. reg. recipr. 1) Er hat sich ausgeschämt, sagt man
im gemeinen Leben von einem Menschen, welcher die Fähigkeit sich zu
schämen verloren hat, sich nicht mehr schämen kann. 2) Sich die Augen
ausschämen, gleichfalls nur im gemeinen Leben, einen hohen Grad der
Scham empfinden.
Ausschänden (W3) [Adelung]
+ Ausschänden, verb. reg. act. Jemanden ausschänden, ihm schimpfliche
und niedrige Vorwürfe machen, im gemeinen Le-ben; wofür in niedrigern
Sprecharten auch wohl ausschändiren gehört wird.
Ausschank (W3) [Adelung]
Der Ausschank, des -es, plur. car. von ausschenken, 2, der Verlauf
des Getränkes in kleinen Maßen. Die Polizey muß über den Ausschank des
Bieres wachen.
Ausschärfen (W3) [Adelung]
Ausschärfen, verb. reg. act. bey den Jägern, so viel als
ausschneiden. S. Schärfen. Daher die Ausschärfung.
Ausscharren (W3) [Adelung]
Ausscharren, verb. reg. act. 1) Heraus scharren. Eine Leiche wieder
ausscharren, für ausgraben, verächtlich. 2) Einen ausscharren, ihn
durch Scharren mit den Füßen beschimpfen und hinaus treiben. 3)
Aufhören zu scharren; als ein Neutrum. So auch die Ausscharrung.
Ausscharten (W3) [Adelung]
* Ausscharten, verb. reg. act. bey den Kürschnern, so viel wie als
auszacken, schartig oder zackig bilden. S. Scharte. so wird von ihnen
das Leder oder Futtertuch mit dem Ausschartungseisen, welches ein
halber dicht gezähnter Mond mit einem Stiele ist, ausgeschartet. Daher
die Ausschartung.
Ausschattiren (W3) [Adelung]
Ausschattiren, verb. reg. act. durchaus mit dem gehörigen Schatten
versehen. Eine Zeichnung ausschattiren.
Ausschauen (W3) [Adelung]
Ausschauen, verb. reg. neutr. welches in Oberdeutschland für aussehen
und hinaus sehen üblich ist, und nur zuweilen von einigen
Hochdeutschen gebraucht wird. Oft schaut sie vergebens In die
Finsterniß aus, Zachar.
Ausschaufeln (W3) [Adelung]
Ausschaufeln, verb. reg. act. hinaus schaufeln. Das Wasser
ausschaufeln. Ingleichen vermittelst der Schaufel ausleeren. Einen
Teich, eine Pfütze ausschaufeln. Daher die Ausschaufelung.
Ausschäumen (W3) [Adelung]
Ausschäumen, verb. reg. act. 1) Mit dem Schaume auswerfen; ingleichen
figürlich, und mit Betrachtung, in der heftigsten Leidenschaft des
Zornes, der Wuth, durch Worte von sich geben. Lästerungen wider Gott,
seine eigene Schande ausschäumen. 2) Aufhören zu schäumen, ingleichen
figürlich, aufhören zu toben, zu rasen; als ein Neutrum. Man muß seine
Wuth ausschäumen lassen.
Ausscheiden (W3) [Adelung]
Ausscheiden, verb. irreg. ( S. Scheiden,) welches auf gedoppelte Art
üblich ist.I. Als ein Activum, da es zugleich regulär conjugiret
werden kann, obgleich solches nur selten geschiehet, von andern Dingen
scheiden, absondern. So werden in dem Bergbau die Erze ausgeschieden,
oder ausgescheidet, wenn sie von den Bergen oder tauben Gesteine
abgesondert werden, welche mit einem anandern Ausdrucke auch
ausschlagen heißt.II * Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich
entfernen, aus einer Gesellschaft weggehen; welche Bedeutung indessen
im Hochdeutschen selten ist. Ich dächte, ich schiede gänzlich aus, so
liegen sie einander selbst in den Haaren, Less.Daher die Ausscheidung,
in der thätigen Bedeutung.
Ausschelten (W3) [Adelung]
Ausschelten, verb. irreg. act. S. Schelten, sehr schelten, nach
Verdienst schelten. Daher die Ausscheltung.
Ausschenken (W3) [Adelung]
Ausschenken, verb. reg. act. von schenken, gießen. 1) Ein Getränk
ausgießen; im Gegensatze des Einschenkens. Das Bier, den Wein
ausschenken, aus der Flasche gießen, welche Bedeutung doch in
Niedersachsen am häufigsten ist. 2) Ein Getränk nach kleinern Maßen
verkaufen. Wein, Bier ausschenken, maßweise verkaufen; in
Oberdeutschland auswirthen, und verleutgeben, von Leutgeb, ein Gast-
oder Schenkwirth. 3) Einen Gesellen
ausschenken, bey den Handwerkern, ihm bey dem Wegwandern den
Ehrentrunk reichen, im Gegensatze des Einschenkens; daher auch der
ganze Abschied bey ihnen das Ausgeschenk heißet. So auch die
Ausschenkung.
Ausscheren (W3) [Adelung]
Ausscheren, verb. irreg. act. S. Scheren. 1) Heraus scheren. 2) Zum
letzen Mahle scheren, durch Scheren fertig, vollkommen machen. Die
Tuchscherer scheren die Tücher aus, wenn sie selbige, nachdem sie
gefärbt worden, zum dritten und letzten Mahle scheren. Das erste
Scheren wird bärteln, das zweyte aber schlechthin scheren genannt.
Daher die Ausscherung.
Ausscheuern (W3) [Adelung]
Ausscheuern, verb. reg. act. das Inwendige einer Sache scheuern. Ein
Gefäß ausscheuern. Jemanden ausscheuern, figürlich, ihm einen harten
Verweis geben.
Ausschicken (W3) [Adelung]
Ausschicken, verb. reg. act. außer dem Hause schicken, in die Ferne
schicken. Bothen ausschicken. Ich habe schon nach ihm ausgeschickt,
einen Bothen nach ihm geschickt. Er schickt nach Leuten aus, Gell.
Daher die Ausschickung.
Ausschieben (W3) [Adelung]
Ausschieben, verb. irreg. S. Schieben. 1. Activum, heraus schieben;
nur in einigen Fällen. Das Brot ausschieben, bey den Bäckern, es mit
dem Schieber aus dem Ofen nehmen. Einen Tisch ausschieben, ihn durch
Herausziehung eines verdeckten eingeschobenen Blattes, welches der
Ausschieber genannt wird, verlängern. 2. Neutrum, mit haben, anfangen
zu schieben, im Kegelspiele.
Ausschienen (W3) [Adelung]
Ausschienen, verb. reg. act. inwendig mit Schienen versehen.
Ausschieren (W3) [Adelung]
* Ausschieren, verb. reg. act. auslesen, im gemeinen Leben einiger
Gegenden, besonders Niedersachsens. Eyer, Nußholz ausschieren. S.
Schieren.
Ausschießen (W3) [Adelung]
Ausschießen, verb. irreg. ( S. Schießen,) welches in doppelter
Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Hinaus schießen, und heraus
schießen. 1) Vermittelst des Schusses aus einem Gewehre heraus
bringen. Einem ein Auge ausschießen. 2. Auswerfen, welches die erste
und eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist. Im Hochdeutschen wird es
in diesem Falle nur in weiterer und figürlicher Bedeutung für auslesen
gebraucht, in so fern das Untaugliche davon abgesondert wird. Geld
ausschießen, als untauglich von dem übrigen auswerfen. So auch Papier,
Waaren, Lämmer u. s. f. ausschießen. Das Nußholz von dem Feuerholze
ausschießen, in dem Forstwesen, welches in einem Niedersächsischen
Worte auch ausschieren genannt wird; S. auch Aushalten. Eine
ausgeschossene, als untauglich verworfene, Waare. S. Ausschuß. Auf den
Papiermühlen gibt es besondere Weibspersonen, welche das gute Papier
von dem Ausschusse absondern, und daher Ausschießerinnen genannt
werden. In Niedersachsen ist dieses Verbum noch in seiner eigentlichen
Bedeutung für auswerfen, ausgraben üblich, weil man allda die Gräbern
auszuschießen, d. i. auszugraben pfleget. S. Schießen. 2. Durch
Schießen leer machen. Einen Wald ausschießen, alles Wild in demselben
niederschießen. Ein ausgeschossenes Revier. Ein Auschießen halten, in
dem Jagdwesen, alles eingestellte Wildbret niederschießen. S.
Abschießen. 3. Ein Gewehr wird durch langen Gebrauch ausgeschossen,
dünne gemacht. 4. Etwas ausschießen, eine Art des Ausspielens, da
derjenige eine ausgesetzte Sache erhält, welcher dem Ziele am nächsten
schießt.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, heraus wachsen,
herauf wachsen. Der Same ist ausgeschossen.Daher die Ausschießung, in
den Bedeutungen des Activi.
Ausschiffen (W3) [Adelung]
Ausschiffen, verb. reg. act. aus dem Schiffe an das Land bringen,
ausladen. Truppen, Waaren ausschiffen. Daher die Ausschiffung.
Ausschimpfen (W3) [Adelung]
Ausschimpfen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, einen ausschimpfen,
ihn heftig mit Worten beschimpfen. Ingleichen aufhören zu schimpfen;
als ein Neutrum. Daher die Ausschimpfung.
Ausschinden (W3) [Adelung]
+ Ausschinden, verb. irreg. act. ein niedriges Wort, welches in allen
seinen Bedeutungen nur in den größten Sprecharten vorkommt. 1) Aus
einem Körper heraus schinden, oder schneiden, in welcher Bedeutung es
auch in den gemeinsten Mundarten selten ist; S. Schinden. Ein aus dem
Leibe seiner Mutter geschnittenes Kind wurde in Oberdeutschland ehedem
ein Ausschindling genannt. S. Ausschnittling. 2) Durch Schinden, d. i.
übermäßige Bedrückungen, entkräften, arm machen. Seine Unterthanen
ausschinden. 3) Mit unmäßigen Wucher verlaufen. Sein Getreide
ausschinden. So auch die Ausschindung.
Ausschlachten (W3) [Adelung]
Ausschlachten, verb. reg. act. bey den Fleischern, einem
geschlachteten Viehe die Haut ablösen, die Eingeweide heraus nehmen,
und das Fleisch zum Gebrauche zerhauen. So auch die Ausschlachtung.
Ausschlacken (W3) [Adelung]
Ausschlacken, verb. reg. act. in den Schmelzhütten, die Schlacken bey
dem Schmelzen der Erze absondern. Daher die Ausschlackung.
Ausschlafen (W3) [Adelung]
Ausschlafen, verb. irreg. S. Schlafen. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte
haben, zur Genüge schlafen, so lange schlafen, als zur Ruhe nöthig
ist. Sie reden so verdrießlich, wie man ein Mensch, der nicht
ausgeschlafen hat. 2. Activum, durch hinlängliches Schlafen verlieren.
Den Zorn, den Rausch, den Wein ausschlafen.
Ausschlag (W3) [Adelung]
Der Ausschlag, des -es, plur. die -schläge, ein Wort, welches nur in
einigen Bedeutungen des folgenden Verbi und auch hier nur in einigen
einzelnen Fällen üblich ist.I. Von dem Activo ausschlagen wird dieses
Wort in den Tapeten-Fabriken gebraucht, wo es viele Stücke Tapeten
andeutet, als zum Ausschlagen eines Zimmers erfordert werden. In den
Hüttenwerken wird auch die ausgelaugte Asche Ausschlag genannt. In
einem anderen Verstande ist im Bergbaue der Ausschlag, was von den aus
der Grube geschaften Wänden abgeschlagen wird. Bey den Kürschnern wird
der Umschlag eines Pelzes auch der Ausschlag genannt.II. Von dem
Neutro ausschlagen.1. Das Ausschlagen, so fern dadurch zunächst eine
Handlung ausgedruckt wird; ohne Plural. 1) In eigentlicher Bedeutung.
So sagt man im gemeinen Leben, den Ausschlag thun, den ersten Schlag
thun. Am häufigsten gebraucht man dieses Wort von einer Wage, die
Neigung der Zunge aus ihrem senkrechten Stande anzudeuten, welche
durch das Übergewicht der einen Schale verursacht wird. Die Wage
bekommt den Ausschlag, d. i. das Gleichgewicht wird gehoben. Das gibt
der Wage den Ausschlag. Hierauf gründet sich, 2) die figürliche
Bedeutung, die Veränderung anzudeuten, welche ein Geschäft erleidet,
oder welche man in demselben hervor bringet, besonders wenn die
Beendigung desselben dadurch beschleuniget wird. Das gibt der Sache
den Ausschlag. Wenn gleich die Liebe für meinen Sohn den Ausschlag auf
der einen Seite beförderte, so hat sie doch nicht alles gethan, Dusch.
In einigen Oberdeutschen Gegenden bedeutet dieses Wort auch das
Endurtheil eines Richters, den richterlichen Ausspruch, welche
Bedeutung auch das Schwed. Utslag hat. Herr Ihre glaubt in seinem
Glossario Suio-Goth. es sey in dieser Bedeutung eine bloße Nachahmung
des Latein. decisio, welches von caedere, schlagen, herkommt. Allein
es ist wahrscheinlicher, daß die Figur von dem Ausschlagen einer Wage
entlehnet ist. Übrigens ist der Ausschlag in der Bedeutung eines
Endurtheiles im Hochdeutschen nicht gebräuchlich.2. Dasjenige, was
ausschlägt, oder aus einem Körper nach dessen Oberfläche getrieben
wird. In dieser Bedeutung wird es nur von den Unreinigkeiten des
menschlichen Körpers gebraucht, wenn sich selbige einen Weg durch die
äußere Haut bahnen, ohne eben merkliche Erhöhungen zu machen; in
Oberdeutschland die Ausgeschlechte und das Angeflög. Finnen im
Gesichte, die Krätze u. s. f. sind dergleichen Ausschläge. Einen
Ausschlag bekommen. Den Ausschlag befördern. Der Ausschlag trocknet
ab. Daher das Ausschlagsfieber, bey den Ärzten, ein Fieber, welches
mit Ausschlägen der Haut verbunden ist. In dieser Bedeutung wird auch
der Plural von mehrern Arten des Ausschlages gebraucht.
Anm. In den
Rechten einiger Gegenden ist der Ausschlag oder Ausschlagsverkauf, ein
solcher Verkauf, wobey der Verkäufer sich die Freyheit vorbehält, die
verkaufte Sache nach einer gewissen Zeit wieder zurück zu nehmen, und
einem andern zu verkaufen, wenn der erste Käufer nicht mehr geben
will.
Ausschlägeln (W3) [Adelung]
* Ausschlägeln, verb. reg. act. ein Kunstwort der Steinschleifer.
Einen Stein ausschlägeln, hohl schleifen.
Ausschlagen (W3) [Adelung]
Ausschlagen, verb. irreg. ( S. Schlagen,) welches in doppelter
Gattung üblich ist.I. Als ein Activum.1. Heraus schlagen, durch
Schlagen heraus bringen. Ein Fach in der Wand ausschlagen. Einem ein
Auge, einen Zahn ausschlagen. Das Getreide mit Flegeln ausschlagen,
brechen. Die Erze ausschlagen, in dem Bergbaue, sie mit dem
Ausschlagefäustel klein schlagen, um das Erz von dem tauben Gesteine
abzusondern; welches von besonderen Arbeitern geschieht, welche daher
Ausschläger genannt werden. Ein Ey ausschlagen, metonymisch, es mit
einem Schlage öffnen und ausleeren. In weiterer Bedeutung dient dieses
Wort verschiedene besondere Fälle auszudrucken, in welche eine Sache
vermittelst einer heftigen Bewegung aus der andern gebracht wird. Dem
Hirsche seyn Gehörn ausschlagen, heißt bey den Jägern so viel als es
ihm abhauen. Die Zimmerleute schlagen einen Baum, den sie beschlagen
wollen, aus, wenn sie senkrecht herunter einige Späne heraus hauen,
damit die Späne bey dem Beschlagen nicht zu lang werden. Und in
figürlicher Bedeutung werden in dem Forstwesen Bäumen ausgeschlagen,
wenn sie mit dem Waldeisen bezeichnet und dadurch von andern Bäumen
ausgesondert werden.2. Aus einander schlagen. So werden in den Münzen
die Schrötlinge ausgeschlagen, wenn man sie breit und eben schlägt;
und bey den Jägern werden die Leinen ausgeschlagen, wenn sie sich
verschlungen oder verwickelt haben. Die Weisgärber schlagen die Felle
aus, wenn sie selbige aus dem Äscher nehmen und aufhängen; wo aber
auch die vorige Bedeutung Statt finden kann.3. Inwendig beschlagen.
Ein Zimmer mit Tapeten, einen Schrank mit Leinwand, einen Kasten mit
Wachstuch ausschlagen.4. Auswärts schlagen. Wenn die Kupfer eines
Buches ausgeschlagen werden sollen, so müssen sie an Falze gesetzet
werden. Bey den Schneidern und Kürschnern bedeutet ausschlagen, mit
einer Verbrämung versehen.5. Von sich wegschlagen. 1) Eigentlich.
Einen Stoß ausschlagen, in der Fechtkunst, für pariren. 2) Etwas, das
angebothen wird, nicht annehmen wollen. Ein Amt ausschlagen. Er hat
diesen Antrag gänzlich ausgeschlagen. Sie werden mir doch diesen
Strauß nicht ausschlagen? In Oberdeutschland gebraucht man dieses
Zeitwort in noch weiterem Umfange der Bedeutung, für versagen, verachten. Schlag aus sein sündliches Begehren, heißt es bey dem
Opitz, Pf. 141; und andern Orten sagt man auch, guten Rath, Warnungen,
Ermahnungen ausschlagen. Allein im Hochdeutschen ist dieser Gebrauch
eben so ungewöhnlich, als die Arten zu reden, sich die bösen Gedanken,
die Sorgen ausschlagen, aus den Gedanken schlagen.II. Als ein Neutrum,
in welcher Gattung es wieder auf doppelte Art gebraucht wird.1. Mit
dem Hülfsworte haben. 1) Anfangen zu schlagen, den ersten Schlag thun.
Wer hat ausgeschlagen? Wer hat den Anfang der Schlägerey gemacht? 2)
Von sich schlagen, auswärts schlagen. Das Pferd hat mit dem Fuße
ausgeschlagen. Hinten ausschlagen, von den Pferden. Figürlich kommt
ausschlagen in dieser Bedeutung in der Wapenkunst für ausstrecken vor.
Mit ausgeschlagener Zunge, wird daselbst von dem Adler gebraucht,
dagegen man die Löwen eine vorgeschlagene Zunge beyleget. 3) Sich
auswärts neigen, besonders von der Zunge in der Wage, und metonymisch
von der Wage selbst, wenn sie durch ein Übergewicht in der einen
Schale aus dem wagerechten Stande gebracht wird. Die Wage schlägt aus.
Die Wage ausschlagen lassen. 4) Bis zu Ende schlagen. Ehe es neun ganz
ausschlägt, von der Uhr. Ingleichen von den Sangvögeln. Der Vogel
schlägt nicht ganz aus, schlägt seyn Stück nicht bis zu Ende. Einen
Vogel nicht ausschlagen lassen. Ferner, aufhören zu schlagen. Die
Nachtigallen haben nunmehr ausgeschlagen, wenn sie nicht mehr
schlagen.2. Mit dem Hülfsworte seyn, so fern schlagen eine hervor
keimende Bewegung von innen nach außen andeutet, an der Oberfläche zum
Vorscheine kommen. 1) Von den Knospen der Bäume und Gewächse. Die
Knospen schlagen aus. Noch mehr aber metonymisch. Die Bäume sind schon
ausgeschlagen, haben Knospen getrieben. Wenn der Weinstock ausschlagen
wird. 2) Wenn die Dünste an den kalten Wänden frieren, und also eine
Art von Reif hervor bringen, sagt man gleichfalls, die Wände schlagen
aus. Ingleichen, die Kälte schlägt an den Wänden aus. Ingleichen, die
Kälte schlägt mir aus, wenn die eingezogene kalte Luft in der Wärme
nach den äußern Theilen des Leibes gehet, und daselbst ein Schauern
verursachet. 3) Von den Unreinigkeiten des menschlichen Körpers, wenn
sie nach der Oberfläche zu bringen, und auf der Haut zum Vorscheine
kommen. Die Krätze schlägt bey ihm aus. Noch mehr aber metonymisch: im
Gesichte, am Kinne ausgeschlagen seyn. Er ist am ganzen Leibe
ausgeschlagen. 4) Figürlich, zum Vorscheine kommen, sichtbar, merklich
werden. Wenn eine brennbare Materie Feuer fänget, so glimmet sie, dann
fängt es an zu brennen, es lodert, und schlägt endlich in helle
Flammen aus.Gern wär er, allzu gern, in Flammen ausgeschlagen, Less.
Die Krankheit schlägt bey ihm aus, kommt zum Ausbruche. Die Krankheit
ist in ein Fieber ausgeschlagen. 5) Ingleichen, einen Ausgang
gewinnen, besonders in Rücksicht auf dessen Beschaffenheit. Die Sache
ist wohl, ist übel ausgeschlagen. Die Sache ist anders ausgeschlagen,
als man dachte. Damit diese Verwirrung zu keiner Verordnung
ausschlage. Beruhigen sie sich, die Wirkung dieses kleinen Betruges
wird unfehlbar zu ihrem Vortheile ausschlagen, Weiße.
Anm. Das
Substantiv, die Ausschlagung, ist größten Theils nur in der ersten
Bedeutung des Activi gewöhnlich; in den meisten übrigen Bedeutungen
ist Ausschalg eingeführet. Einen ausschlagen, verweisen, ist veraltet,
und das Essen ausschlagen, für anrichten, ist Oberdeutsch.
Ausschlämmen (W3) [Adelung]
Ausschlämmen, verb. reg. act. von dem im Innern befindlichen Schlamme
reinigen. Einen Graben, einen Teich ausschlämmen. Daher die
Ausschlämmung.
Ausschlauchen (W3) [Adelung]
* Ausschlauchen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Brunnengräber. Die
Röhre einer Wasserleistung ausschlauchen, sie mit der Schlauchruthe
von den Schwämmen reinigen.
Ausschlauen (W3) [Adelung]
* Ausschlauen, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden
bekannt ist. Wälsche Nüsse ausschlauen, sie aus der Schlaue oder
grünen Schale brechen.
Ausschleifen (W3) [Adelung]
1. Ausschleifen, verb. irreg. act. S. Schleifen, polire. 1) Durch
Schleifen heraus bringen. Eine Scharte ausschleifen. 2) Gehörig
schleifen. Ein Barbiermesser ausschleifen. 3) Hohl schleifen. 2)
Aufhören zu schleifen, als ein Neutrum. Daher die Ausschleifung.
Ausschleifen (W3) [Adelung]
2. Ausschleifen, verb. reg. act. von schleifen, ziehen, hinaus
schleifen. Einen Übelthäter ausschleifen.
Ausschleimen (W3) [Adelung]
Ausschleimen, verb. reg. act. von dem inwendigen Schleime reinigen.
Eine Bouteille ausschleimen.
Ausschlendern (W3) [Adelung]
Ausschlendern, verb. reg. neutr. mit seyn, nachlässig spazieren
gehen, in der vertraulichen Sprechart. Ein wenig ausschlendern.
Ausschlichten (W3) [Adelung]
Ausschlichten, verb. reg. act. in den Münzen. Die Zaine
ausschlichten, sie unter dem Hammer dünner strecken.
Ausschliefen (W3) [Adelung]
Ausschliefen, verb. irreg. neutr. ( S. Schliefen,) mit dem Hülfsworte
seyn, auskriechen, heraus kriechen; ein Verbum, welches am häufigsten
im Oberdeutschen üblich ist, indem im Hochdeutschen das Frequentativum
ausschlüpfen gewöhnlicher ist. S. dieses Wort.
Ausschließen (W3) [Adelung]
Ausschließen, verb. irreg. act. S. Schließen. 1. Hinaus schließen,
durch Verschließung eines Ortes draußen zu bleiben nöthigen. 1)
Eigentlich. Wir müssen eilen, sonst werden wir ausgeschlossen,
nehmlich aus der Stadt, oder dem Hause. Noch mehr aber, 2) figürlich,
ausnehmen, in etwas nicht mehr begreifen, aussondern. Einen von der
Wahl, von der Erbschaft, von der Gemeinde ausschließen. Ich schließe
niemanden aus. Keinen ausgeschlossen. Das Geboth zu bethen schließt
das Geboth der Liebe und des Mitleidens nicht aus, Gell. Ein
ausschließendes Privilegium, welches alle andere von einem gewissen
Vorrechte ausschließt. Einem etwas ausschließungsweise beylegen, ihm
allein, mit Ausschließung aller anderer. 2. Einen Gefangenen
ausschließen, ihn seiner Bande entledigen, wofür in manchen Fällen ein
gewisses Ausschließegeld gegeben wird. 3. Eine Zeile ausschließen, bey
den Buchdruckern, sie in dem Winkelhaken endigen, mit Spatien
beschließen. So auch die Ausschließung.
Ausschließlich (W3) [Adelung]
Ausschließlich, adj. et adv. andere von etwas ausschließend. Ein
ausschließliches Privilegium, wofür doch ein ausschließendes üblicher
ist. Ihm kommt das Recht ausschließlich zu, ihm allein, mit der
Ausschließung aller anderer.
Ausschlüpfen (W3) [Adelung]
Ausschlüpfen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, heraus
schlüpfen, oder kriechen. Die Küchlein sind noch nicht ausgeschlüpfet,
aus den Eyern. S. Ausschliefen.
Ausschlürfen (W3) [Adelung]
Ausschlürfen, verb. reg. act. heraus schlürfen, ingleichen schlürfend
leer machen. Weich gesottene Eyer ausschlürfen. Daher die
Ausschlürfung.
Ausschluß (W3) [Adelung]
Der Ausschluß, des -sses, plur. inusit. von der figürlichen Bedeutung
des Verbi ausschließen. Er hält dieses für die einzige Ursache seines
Ausschlusses, warum er ausgeschlossen worden.
Ausschmähen (W3) [Adelung]
Ausschmähen, verb. reg. act. Jemanden ausschmähen, ihm empfindliche
Verweise geben; für die niedrigen ausschänden und ausschimpfen.
Ausschmälen (W3) [Adelung]
Ausschmälen, verb. reg. 1. Activum, sehr auf jemanden schmälen. Du
verdientest, daß ich dich rechtschaffen ausschmälte. 2. Neutrum, mit
haben, aufhören zu schmälen. Wirst du bald ausgeschmälet haben?
Ausschmauchen (W3) [Adelung]
Ausschmauchen, verb. reg. act. durch Schmauch heraus bringen. Einen
Fuchs ausschmauchen, aus seiner Höhle. Ingleichen durch ein
schmauchendes Feuer leer machen, reinigen. S. Auslohen. Daher die
Ausschmauchung.
Ausschmeißen (W3) [Adelung]
Ausschmeißen, verb. irreg. ( S. Schmeißen,) welches wenig mehr
gebraucht wird, weil auswerfen und ausschlagen in der anständigern
Sprechart dessen Stelle eingenommen hat. 1. Activum. Einen Zahn, ein
Auge ausschmeißen, auswerfen, ausschlagen. 2. Neutrum, mit haben. 1)
Das Pferd schmeißt aus, schlägt aus. 2) Den Anfang mit Schlagen
machen. wer hat ausgeschmissen? ausgeschlagen. S. Schmeißen.
Ausschmelzen (W3) [Adelung]
Ausschmelzen, ein Verbum, welches auf doppelte Art gebraucht wird.I.
Als ein Activum, wo es billig regelmäßig conjugiret werden sollte,
obgleich selbiges nur selten geschiehet, durch Schmelzen heraus
bringen, ingleichen metonymisch, auf solche Art reinigen, leer machen.
Fett ausschmelzen. Erze, Steine ausschmelzen, wofür in den
Schmelzhütten seigern und ausseigern üblich ist.II. Als ein Neutrum,
mit irregulärer Conjugation, S. Schmelzen. 1) Mit dem Hülfsworte seyn,
ausgeschmelzet werden, schmelzen und heraus fließen. Das Fett ist
ausgeschmolzen. 2) Mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu schmelzen,
oder flüssig zu seyn. Das Bley hat ausgeschmolzen.Daher die
Ausschmelzung in der Bedeutung des Activi.
Ausschmieden (W3) [Adelung]
Ausschmieden, verb. reg. act. 1) So lange schmieden, als nöthig ist.
Das Eisen ist nicht recht ausgeschmiedet worden. 2) Unter dem Hammer
ausdehnen, länger und zugleich dünner schmieden. 3) Einen zum
Festungsbaue Verurtheilten ausschmieden, ihn mit Abnehmung der Eisen
entlassen; im Gegensatze des einschmieden.
Ausschmieren (W3) [Adelung]
Ausschmieren, verb. reg. act. 1) Inwendig voll schmieren. Die Ritzen
eines Ofens ausschmieren. 2) Inwendig beschmieren. Einen Ofen, einen
Topf ausschmieren. 3) Verächtlich, für ausschreiben, ohne Wahl und
Beurtheilungskraft ausschreiben. Ausgeschmiertes Zeug. So auch die
Ausschmierung.
Ausschmollen (W3) [Adelung]
Ausschmollen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu schmollen, in
der vertraulichen Sprechart.
Ausschmücken (W3) [Adelung]
Ausschmücken, verb. reg. act. 1) Das Innere einer Sache schmücken.
Ein Zimmer ausschmücken. 2) Schmücken um gesehen zu werden, zur Schau
schmücken. Eine Braut ausschmücken. Ein ausgeschmücktes Pferd. So auch
die Ausschmückung.
Ausschnallen (W3) [Adelung]
Ausschnallen, verb. reg. act. vermittelst Öffnung der Schnalle heraus
nehmen.
Ausschnauben (W3) [Adelung]
Ausschnauben, verb. reg et irreg. act. S. Schnauben. 1) Im gemeinen
Leben, schnaubend leer machen. Die Nase ausschnauben, ingleichen sich
ausschnauben; wofür aber im Hochdeutschen ausschnäutzen üblicher ist.
2) Aufhören zu schnauben, verschnauben; als ein Neutrum. Ein Pferd
ausschnauben lassen, in welcher letztern Bedeutung auch ausschnaufen,
gewöhnlich ist. S. Schnaufen. So auch die Ausschnaubung.
Ausschnäutzen (W3) [Adelung]
Ausschnäutzen, verb. reg. act. durch Schnäutzen reinigen. Die Nase
ausschnäutzen. Ingleichen metonymisch, sich ausschnäutzen. S.
Schnäutzen. So auch die Ausschnäutzung.
Ausschneiden (W3) [Adelung]
Ausschneiden, verb. irreg. act. S. Schneiden. 1) Heraus schneiden.
Einem die Zunge ausschneiden. ein Blatt ausschneiden, aus einem Buche.
Ingleichen metonymisch. Ein Kalb ausschneiden, es castriren, in der
Landwirthschaft. Die Bäume ausschneiden, bey den Gärtnern, ihnen die
unnöthigen
Zweige benehmen. S. Ausschneiteln. 2) Nach einer gewissen Figur
schneiden. In Papier ausschneiden. Blumen, Früchte ausschneiden. Einen
Kragen rund ausschneiden. Ein ausgeschnittener Kragen. Die Absätze
ausschneiden, bey den Schustern, den hölzernen Absätzen durch
Beschneiden die gehörige Gestalt geben. 3) Gewirkte oder gewebte
Waaren ellenweise verkaufen, weil sie alsdann abgeschnitten werden
müssen. Tücher, Seidenzeuge u. s. f. ausschneiden. S. Ausschnitt. Auch
die Bäcker pflegen zuweilen das Brot auszuschneiden, wenn sie
abgeschnittene Stücke nach Pfennigen verkaufen.
Ausschneiteln (W3) [Adelung]
Ausschneiteln, verb. reg. act. welches das Frequentativum und
Diminutivum des vorigen ist, und nur in der Landwirthschaft gebraucht
wird. Die Bäume ausschneiteln, die kleinen Nebenzweige an denselben
wegschneiden. Hopfenstangen ausschneiteln, sie gehörig beschneiden.
Daher die Ausschneitelung.
Ausschnieben (W3) [Adelung]
Ausschnieben, verb. reg. neutr. ( S. Schnieben,) mit haben, bis zu
Ende schnieben, aufhören zu schnieben, wofür doch verschnieben
üblicher ist.
Ausschnitt (W3) [Adelung]
Der Ausschnitt, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des
Ausschneidens; ohne Plural. Besonders bey den Tuchmachern und andern
ähnlichen Kramern, die Freyheit, ihre Waaren ausschneiden, d. i.
ellenweise verkaufen zu dürfen. Daher die Ausschnitthandlung, welche
diese Freyheit hat. 2) Was ausgeschnitten worden. Der Ausschnitt eines
Zirkels, einer Kugel, in der Mathematik; Sector. Der Ausschnitt an dem
Kragen.
Ausschnittling (W3) [Adelung]
Der Ausschnittling, des -es, plur. die -e, zuweilen, obgleich selten,
ein aus dem Leibe seiner Mutter geschnittenes Kind, welches in
Oberdeutschland auch ein Ausschindling heißt.
Ausschnitzen (W3) [Adelung]
Ausschnitzen, verb. reg. act. durch Schnitzen, d. i. künstliches
Schneiden, eine gewisse Gestalt geben. In Holz ausschnitzen. So auch
das Diminutivum ausschnitzeln.
Ausschnüren (W3) [Adelung]
Ausschnüren, verb. reg. act. durch Öffnung einer Schnur heraus
nehmen. Ein Frauenzimmer ausschnüren, es von der Schnürbrust befreyen,
im Gegensatze des Einschnürens. Sich ausschnüren. Daher die
Ausschnürung.
Ausschnupfen (W3) [Adelung]
Ausschnupfen, verb. reg. act. durch Schnupfen leer machen. Eine Dose
Tobak ausschnupfen.
Ausschöpfen (W3) [Adelung]
Ausschöpfen, verb. reg. act. durch Schöpfen heraus hohlen. Das Wasser
ausschöpfen, aus dem Brunnen, einem Teiche, einem Gefäße. Ingleichen,
auf solche Art leer machen. Einen Brunnen, einen Teich, ein Faß
ausschöpfen; im Bergbaue auspfützen. Daher die Ausschöpfung.
Ausschoren (W3) [Adelung]
* Ausschoren, verb. reg. act. im Forstwesen einiger Gegenden. Einen
Wald ausschoren, hin und wieder Bäume in demselben aushauen, um ihn
dünner zu machen, ihn auslichten. S. Schoren.
Ausschossen (W3) [Adelung]
Ausschossen, verb. reg. neutr. mit haben, Schosse oder Schößlinge
treiben. Ein Baum hat stark ausgeschosset, wenn er viele Beyzweige
getrieben hat.
Ausschößling (W3) [Adelung]
Der Ausschößling, des -es, plur. die -e, ein Reis oder kleiner Zweig,
der aus dem Stamme oder der Wurzel ausschießet, oder heraus wächset.
S. auch Ausläufer.
Ausschramm (W3) [Adelung]
Der Ausschramm, des -es, plur. inusit. in dem Bergbaue, eine lettige
Bergart, welche leicht zu gewinnen, oder los zu hauen ist, und auch
die Ablösung, der Besteg genannt wird. S. Schramm.
Ausschrauben (W3) [Adelung]
Ausschrauben, verb. reg. et irreg. act. S. Schrauben, durch Öffnung
der Schraube heraus nehmen. Daher die Ausschraubung.
Ausschreiben (W3) [Adelung]
Ausschreiben, verb. irreg. act. S. Schreiben. 1) Heraus schreiben.
Etwas ausschreiben, es aus einem Buche schreiben. In engerer Bedeutung
schreibt man jemanden aus, wenn manStellen aus dessen Schrift
abschreibt und für seine Gedanken ausgibt, wodurch man zum
Ausschreiber wird. 2) Bis zu Ende schreiben, im Gegensatze des
Abkürzens. Eine Rechnung ausschreiben, sie vollständig aussetzen. Ein
Wort ganz ausschreiben. 3) Durch ausgeschickte Schreiben bekannt
machen, anbefehlen. Einen Landtag, eine Lieferung, einen Bußtag, eine
Schatzung ausschreiben. Daher ein ausschreibender Fürst, in dem
Deutschen Staatsrechte, ein Fürst der das Recht hat, die Stände seines
Kreises zu Kreistagen zu berufen. Ausschreibende Städte, diejenige
Städte, welche die übrigen zu Städtetagen berufen. 4) Aufhören zu
schreiben; als ein Neutrum. So auch die Ausschreibung, und das
Ausschreiben, des -s, plur. ut nom. sing. ein öffentlicher Brief,
worin etwas ausgeschrieben wird.
Ausschreiten (W3) [Adelung]
Ausschreiten, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, ( S.
Schreiten,) hinaus schreiten. Die Kinder schritten beyseit aus, 1.
Chron. 14, 9, aus dem Wege.
Ausschreyen (W3) [Adelung]
Ausschreyen, verb. irreg. act. S. Schreyen. 1) Mit einem Geschreye
bekannt machen. Eyer, Milch ausschreyen, mit lautem Geschreye
ausrufen. Ein Ding überall ausschreyen, bekannt machen. So auch
figürlich: einen als einen Dieb, oder für einen Dieb ausschreyen. Ich
bin gar nicht so reich, als mich die Leute ausschreyen, Gell. 2) Durch
Schreyen vollkommener machen. Seine Stimme ausschreyen, im gemeinen
Leben. 3) Aufhören zu schreyen; als ein Neutrum. Ein Kind ausschreyen
lassen.
Ausschroten (W3) [Adelung]
Ausschroten, verb. reg. act. außer daß es im Particip. Pass.
ausgeschroten hat.1. Von schroten, nagen, heraus nagen oder fressen;
doch nur in einigen Fällen, in den gemeinen Mundarten. Die Mäuse
schroten den Käse aus, fressen ihn hohl.2. Von schroten, wälzen,
heraus wälzen. Ein Faß Bier ausschroten, aus dem Keller. Daher
figürlich an einigen Orten Bier ausschroten, faßweise verkaufen; im
Gegensatze des Ausschenkens. Es kommt die Zeit, daß ich ihnen will
Schröter schicken, die sie ausschroten sollen, aus dem Lande treiben,
Jer. 48, 12, ist eine andere, aber im Hochdeutschen ungewöhnliche
Figur. Daher die Ausschrotung, und an einigen Orten auch der
Ausschrot, für die Handlung des Ausschrotens, in der zweyten
Bedeutung.
Ausschuhen (W3) [Adelung]
* Ausschuhen, verb. reg. act. den Schuh ausziehen, in welcher
Bedeutung dieses Wort aber nur in den Jüdischen Gebräuchen vorkommt,
da die Witwe dem Bruder ihres verstorbenen Mannes, zum Zeichen, daß er
sich seiner Ansprüche, die er nach Mosis Gesetz an sie hat, begibt,
mit gewissen Feyerlichkeiten einen Schuh ausziehet. Daher das
Ausschuhungsrecht. In weiterer Bedeutung heißt, die Kunst ausschuhen,
im Bergbaue, das Leder von dem Kolben derselben wegnehmen. Daher die
Ausschuhung.
Ausschuppen (W3) [Adelung]
Ausschuppen, verb. reg. act. schuppig ausschneiden, ein Kunstwort der
Heraldik, wo derjenige Schuppenschnitt ausgeschuppt heißt, wo die
Schuppen nach unten zu gekehret sind.
Ausschüren (W3) [Adelung]
* Ausschüren, verb. reg. act. im Hüttenbaue, die Ofenbrüche und
Schlacken aus dem Ofen ziehen.
Ausschürfen (W3) [Adelung]
Ausschürfen, verb. reg. act. im Bergbaue, so viel als ausgraben. S.
Schurf und Schürfen. Daher die Ausschürfung.
Ausschuß (W3) [Adelung]
Der Ausschuß, des -sses, plur. die -schüsse. 1. Die Handlung des
Ausschießens, oder Absonderns einer Sache von der andern, ohne Plural,
in welcher Bedeutung aber diese Wort wenig vorkommt. 2. Dasjenige, was
von andern Dingen seiner Art ausgeschossen, oder ausgeworfen worden.
Da man so wohl das Schlechte als auch das Gute auswerfen kann, so wird
Ausschuß in beyden Bedeutungen gebraucht.
1) Von dem Schlechtesten in seiner Art; im gemeinen Leben der Brack,
Pafel, Povel, und an einigen Orten auch Ausschüßling, Nieders.
Utschott. Der Ausschuß von Schafen, vom Gelde u. s. f. Das ist nur
Ausschuß. Ein Ausschußbogen, bey den Buchdruckern, ein fehlerhafter
Abdruck, welcher auch ein Mönchsbogen genannt wird.2) Von dem
Brauchbarsten in seiner Art; wo dieses Wort in weiterer Bedeutung von
gewissen Personen gebraucht wird, die von andern abgesondert worden,
um in ihrem Nahmen zu handeln, Schwed. Utskott; z. B. der Ausschuß
einer Bürgschaft, welche von den Bürgern erwählet werden, mit dem
Rathe in Unterhandlung zu treten. Der Ausschuß der Landstände, oder
einer Landschaft, diejenigen, welche von den Landständen zu Abthuung
der gemeinen Landesangelegenheiten verordnet werden; in Baiern die
Verordneten, welche in Sachsen in dem weitern und engern Ausschuße
bestehen, wovon jener mehr, dieser aber weniger Personen in sich
fasset. Daher der Ausschußtag, eine Versammlung des Ausschusses,
dessen Beschlüsse Ausschußtagesabschiede genannt werden. An einigen
Orten wird auch das bewehrte Landvolk, welches zur Beschirmung des
Landes unter den übrigen Unterthanen ausgesucht wird, die Landmiliz,
ein Ausschuß genannt. Daher den Ausschuß aufbiethen, mustern u. s. f.
Ein einzelnes Glied eines solchen Ausschusses heißt in den gemeinen
Mundarten auch wohl ein Ausschüsser.
Ausschütteln (W3) [Adelung]
Ausschütteln, verb. reg. act. welches das Frequentativum des
folgenden ist, durch Schütteln heraus bringen. Den Staub, die Körner
ausschütteln. Ingleichen auf solche Art reinigen. Das Stroh
ausschütteln. Die Lumpen ausschütteln, bedeutet in den Papiermühlen,
sie nur obenhin auslesen. Daher die Ausschüttelung.
Ausschütten (W3) [Adelung]
Ausschütten, verb. reg. act. heraus schütten, hinaus schütten. 1)
Eigentlich. Das Mehl, Getreide ausschütten, aus dem Sacke. Ingleichen
metonymisch, den Sack ausschütten. Die Weinstöcke ausschütten, in
Franken, sie von der Erde, womit sie im Herbste bedeckt worden,
befreyen; welches in andern Gegenden aufziehen heißt. So auch von
flüssigen Körpern, ob man gleich im Hochdeutschen von denselben lieber
ausgießen gebraucht. Das Kind mit dem Bade ausschütten, das Gute mit
dem Bösen verwerfen. Dein Nahme ist eine ausgeschüttete Salbe, Hohel.
1, 3. 2) In engerer Bedeutung wird dieses Wort bey den Jägern absolute
gebraucht, für junge werfen, und zwar so wohl von den Hunden, als auch
bey einigen von dem Wildbrete. In Oberdeutschland ist dieser Gebrauch
noch gemeiner, und kommt daselbst auch von dem Werfen der Katzen und
andere Thiere vor. 3) Figürlich. (a) In reichem Maße zutheilen, in der
höhern Schreibart. Sind so viele Vortheile des Lebens, die das Glück
über dich ausgeschüttet hat, noch zu wenig, dich glücklich zu machen?
Dusch. Seinen Zorn über jemanden ausschütten, völlig auslassen. (b)
Völlig ausleeren, bekannt machen, entdecken. Schütten sie doch nicht
alle ihre Weisheit aus. Alle seine Geheimnisse ausschütten. Seine Noth
vor einem ausschütten. Besonders in der R. A. seyn Herz vor einem
ausschütten. Es ist schon Erleichterung genug, sein Herz in den Schooß
eines Freundes auszuschütten, Weiße. In welcher Bedeutung es auch
zuweilen mit der dritten Endung gebraucht wird. Denen sie ihr ganzes
Herz ausschüttet, Gell. S. auch Ausgießen. + Ich möchte mich vor
Lachen ausschütten, ist eine niedrige R. A. einiger Obersachsen. So
auch die Ausschüttung.
Ausschwämmen (W3) [Adelung]
* Ausschwämmen, verb. reg. act. von Schwamm, inwendig mit dem
Schwamme reinigen, nur bey den Töpfern, welche das gedrehte Geschirr
ausschwämmen, wenn sie mit einem Schwam-me darin herum fahren, das
zurück gebliebene Wasser heraus zu bringen. In andern Bedeutungen S.
Ausschwemmen.
Ausschwänken (W3) [Adelung]
Ausschwänken, verb. reg. act. durch Schwänken eines flüssigen Körpers
reinigen. Ein Glas ausschwänken, mit Wasser. Sich den Mund
Ausschwänken. S. Schwänken. Daher die Ausschwänkung.
Ausschwären (W3) [Adelung]
Ausschwären, verb. irreg. neutr. ( S. Schwären,) welches das
Hülfswort seyn erfordert, durch Schwären heraus gebracht werden. Einen
Splitter ausschwären lassen. Das Auge ist ihm ausgeschworen. Daher die
Ausschwärung.
Ausschwärmen (W3) [Adelung]
Ausschwärmen, verb. reg. neutr. mit haben, das Schwärmen vollendet
haben, nicht mehr schwärmen. Die Bienen haben ausgeschwärmet.
Figürlich, aufhören, sich auf eine geräuschvolle Art zu belustigen.
Ausschwatzen (W3) [Adelung]
Ausschwatzen, verb. reg. act. 1) Durch Schwatzhaftigkeit bekannt
machen. Etwas aufschwatzen. Mein Kind, du schwatzest ja dein ganz
Geheimnis aus, Gell. 2) Durch Schwatzen, d. i. vieles Reden, aus den
Gedanken bringen. Einem etwas ausschwatzen, es ihm ausreden. Wie
freudig ihm mein Trost die Grillen ausgeschwatzt, Günth. 3) Bis zu
Ende schwatzen, aufhören zu schwatzen; als ein Neutrum. Einen
ausschwatzen lassen. Daher die Ausschwatzung.
Ausschwefeln (W3) [Adelung]
Ausschwefeln, verb. reg. act. 1) Inwendig mit angezündeten Schwefel
beräuchern. Ein Weinfaß ausschwefeln. Ein Zimmer ausschwefeln, es von
dem Kalkgeruche zu befreyen. 2) Durch Schwefel heraus bringen. Flecken
ausschwefeln, aus der Wäsche. Die Wäsche ausschwefeln, sie auf solche
Art von Flecken reinigen.
Ausschweif (W3) [Adelung]
* Der Ausschweif, des -es, plur. die -e, das Ausschweifen in der
figürlichen Bedeutung des Verbi, besonders im Reden; ingleichen eine
Rede, welche nicht zur Sache gehöret. In beyden Bedeutungen ist
indessen das Wort Ausschweifung üblicher. Bey den Bortenwirkern werden
auch die ausgezackten Bogen einer Tresse oder Spitze Ausschweife
genannt.
Ausschweifen (W3) [Adelung]
Ausschweifen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I.
Als ein Activum. 1) Durch Schweifen, oder Schwänken reinigen, doch am
häufigsten im Oberdeutschen, für ausschwänken; S. Schweifen. Ein Glas
ausschweifen. Den Mund ausschweifen. Die Wäsche, die Wolle
ausschweifen. S. auch Abschweifen.2) Eine ausschweifende, d. i. von
der geraden Linie abgehende, Gestalt geben. Ein Hemd am Halse
ausschweifen, rund ausschneiden. Am häufigsten ist dieses Wort bey
Tischlern üblich, wenn sie ihren Arbeiten eine bogenartige Gestalt
geben, oder sie mit solchen Zierathen versehen.II. Als ein Neutrum,
mit dem Hülfsworte seyn, von der geraden Linie abweichen, doch nur am
häufigsten in folgenden figürlichen Bedeutungen. 1) Im Reden von
seiner Hauptabsicht abweichen, Dinge vortragen, welche nicht
unmittelbar zur Sache gehören; im Oberdeutschen abschweifen. Von
seinem Vorhaben, von seiner Materie ausschweifen. Ein Redner, welcher
in seinem Vortrage sehr ausschweifet. 2) Von der gehörigen
Mittelstraße abweichen. Im Trinken, im Spiele, in der Liebe
ausschweifen. Beschwöre ihn, seinen Schmerz nicht ausschweifen zu
lassen. Eine ausschweifende Freude. Ausschweifende, (abenteuerliche)
Gedanken. Ein auschweifender (liederlicher) Mensch.
Ausschweifung (W3) [Adelung]
Die Ausschweifung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Ausschweifens,
so wohl in den Bedeutungen des Activi, als auch des Neutrius; ohne
Plural. 2) Eine ausschweifende Rede, die nicht nur zur Hauptsache
gehöret; eine Digression, im Oberdeutschen
eine Abschweifung. Ingleichen ausschweifende Handlungen, welche wider
die guten Sitten laufen. Viele Ausschweifungen begehen. Sich grober
Ausschweifungen schuldig machen.
Ausschweißen (W3) [Adelung]
Ausschweißen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Eisenhämmer, durch
Schweißen reinigen. Das Eisen ausschweißen. S. Schweißen. Daher die
Ausschweißung.
Ausschwelgen (W3) [Adelung]
Ausschwelgen, verb. reg. neutr. - mit haben, aufhören zu schwelgen,
nicht mehr schwelgen.
Ausschwemmen (W3) [Adelung]
Ausschwemmen, verb. reg. act. 1) Durch Schwemmen aushöhlen. Der Regen
schwemmt die Felder aus, hat die Wege ausgeschwemmet. 2) Durch Schwemmen, d. i. schwimmen machen, heraus bringen. Den Unflath
ausschwemmen, aus der Wolle. Ingleichen metonymisch, auf solche Art
reinigen. Die Wolle ausschwemmen. So auch die Ausschwemmung. S.
Schwemmen.
Ausschwenken (W3) [Adelung]
Ausschwenken, S. Ausschwänken.
Ausschwingen (W3) [Adelung]
Ausschwingen, verb. irreg. S. Schwingen. 1. Activum, durch Schwingen
heraus bringen. Das Werrig ausschwingen, aus dem Flachse. Ingleichen
metonymisch, auf solche Art reinigen. Den Flachs, den Hafer
ausschwingen. Wie auch aus einander schwingen. Die Wäsche
ausschwingen. So auch die Ausschwingung. 2. * Neutrum, vermuthlich mit
seyn. Bey den Uhrmachern schwingt die Spindel aus, wenn sie mit ihren
Lappen aus den Zähnen des Steigerades weicht, da denn die Uhr stehen
bleibt.
Ausschwitzen (W3) [Adelung]
Ausschwitzen, verb. reg. 1. Activum, mit dem Schweiße von sich geben.
Blut ausschwitzen. Alle Unreinigkeiten ausschwitzen. Die figürliche
Redensart, etwas ausschwitzen, es vergessen, ist niedrig. Daher die
Ausschwitzung.2. Neutrum. 1) Mit seyn, schwitzend heraus bringen. Das
Gummi ist ausgeschwitzet, aus dem Baume. 2) Mit haben, aufhören zu
schwitzen, nicht mehr schwitzen.
Aussegeln (W3) [Adelung]
Aussegeln, verb. reg. neutr. mit seyn, aus einem Orte segeln. Die
Flotte ist heute früh ausgesegelt, aus dem Hafen.
Aussehen (W3) [Adelung]
Aussehen, verb. irreg. ( S. Sehen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Bis zu Ende einer Sache sehen, im
gemeinen Leben, und zwar so wohl dem Orte, als der Zeit nach. Eine
Allee, die nicht auszusehen ist. Lange, nicht auszusehende Wege,
Klopst. ich konnte die Komödie nicht aussehen. 2) Durch Besehen
auslesen. Sich etwas aussehen. Einen zu etwas aussehen, erwählen,
bestimmen; in welcher Bedeutung doch ausersehen üblicher ist. 3) Sich
fast die Augen über etwas aussehen, mit unverrückter Anstrengung
darauf sehen, im gemeinen Leben.II. Als ein Neutrum, mit dem
Hülfsworte haben. 1) Hinaus sehen, welches doch in dieser Bedeutung
weit üblicher ist, obgleich die Oberdeutschen ihr ausschauen, und die
Niedersachsen ihr utkiken in derselben häufiger gebrauchen. Michal,
die Tochter Saul, sahe zum Fenster aus, 1. Chron. 16, 29. Ingleichen,
obgleich auch nur selten, in das Freye sehen. Von hier kann man weit
aussehen. Nach etwas aussehen, sich darnach umsehen, im gemeinen
Leben. Figürlich sagt man wohl im gemeinen Leben, die Sache hat noch
ein weites Aussehen, sieht noch weitläufig aus, ingleichen, ein weit
aussehender, d. i. weitläufiger und daher ungewisser, Handel. Allein
der Augenschein lehret schon, daß dieser Gebrauch nicht einmahl
grammatisch richtig ist, weil hier das Activum anstatt des Passivi
gesetzet wird, indem es doch wohl so viel heißen soll, als eine Sache,
die noch in einer weiten Ferne gesehen wird. Sollte hier aber die
folgende Bedeutung der äußern Gestalt Statt finden, so müßte es
wenigstens heißen, ein weitläuftiges Aussehen, ein
weitläuftigaussehender Handel. 2) Eine gewisse bestimmte äußere
Gestalt haben. (a) Eigentlich. Schwarz. gelb, roth, weiß aussehen.
Wohl, übel, häßlich, alt, jung, blaß aussehen. Du siehst recht sauer
aus. Er sieht so verhungert aus, wie ein Goldmacher. Er sieht so
fürchterlich nicht aus, als das Gerücht ihn macht. Es sieht nicht gar
zu ordentlich in seinem Zimmer aus. Sauer sollte die Traube seyn? Sie
sieht mir doch nicht darnach aus. Die Obersachsen, besonders Meißner,
gebrauchen in dieser Bedeutung häufig das einfache sehen, sie sehen ja
ganz verdrießlich aus, Gell. S. Sehen. (b) Figürlich, beschaffen seyn.
Wie sahe es damals in der Stadt aus? Da sieht es noch sehr windig aus,
Less. Besonders mit den Präpositionen um und mit. Es siehet schlimm,
gefährlich um ihn, oder mit ihm aus, welches sich so wohl auf den
physischen, als auch bürgerlichen Zustand eines Menschen beziehen
kann, Aber wie steht es um die Ehre aus? Nur mit den Folgen sieht es
sehr unsicher aus. Wie wird es nach unserm Tode mit dem Nachruhme
aussehen? Gell. Auf gleiche Art wird auch der Infinitiv das Aussehen,
Substantive für die äußere Gestalt und Beschaffenheit gebraucht. Die
Sache muß bald ein anderes Aussehen gewinnen. S. auch Aussicht.
Ausseigern (W3) [Adelung]
Ausseigern, verb. reg. act. welches das Frequentativum des folgenden,
aber nur im Bergbaue üblich ist, für tröpfelnd ausschmelzen lassen.
Das Kupfer ausseigern. S. Seigern. Daher die Ausseigerung. S. auch
Aussickern.
Ausseihen (W3) [Adelung]
Ausseihen, verb. reg. act. durch Seihen heraus bringen; ingleichen
metonymisch, auf solche Art reinigen. Die Milch ausseihen. Daher die
Ausseihung.
Ausseimen (W3) [Adelung]
Ausseimen, verb. reg. act. in der Bienenzucht. Den Honig ausseimen,
ihn als Seim oder reinen Honig aus dem Gewirke fließen lassen. Daher
die Ausseimung.
Außen (W3) [Adelung]
Außen, ein Umstandswort des Ortes, welches auf doppelte Art gebraucht
wird.1. Für sich allein, für draußen. Man hat mich außen vor dem
Zimmer beunruhiget. Die Fremden bleiben außen vor der Stadt. Außen am
Garten mußte ein kleiner Bach eine grasreiche Wiese durchschlängeln,
Gesn. Welcher Gebrauch doch der Sprache des täglichen Umganges
angemessener ist, als der anständigern Schreibart. Nicht viel besser
ist der Gebrauch mit Verbis, wo es bloß das verlängerte aus, foris,
ist: außen bleiben, außen stehen, außen lassen, für ausbleiben,
ausstehen, auslassen; welche Form besonders im Oberdeutschen, wo man
ohnehin die Verlängerungen aller Art liebt, sehr häufig ist.
Erträglicher ist es in der Zusammensetzung mit einigen Substantiven.
S. die folgenden, welche aber gleichfalls Überbleibsel der
Oberdeutschen Mundart sind, und daher nicht nach Willkür mit neuen
vermehret werden dürfen. So würde z. B. Außenreue, eine verstellte
Reue, Außenglanz, ein Glanz von außen, nicht allein dunkel, sondern
auch wider die Analogie des neuern Hochdeutschen seyn. Selbst von der
bereits gangbaren sind die meisten nur im gemeinen Leben üblich, daher
man sie in der edlern Schreibart lieber umschreibet, der äußere
Schein, für Außenschein.2. Mit der Präposition von, in welcher Gestalt
es im Hochdeutschen am üblichsten ist. 1) Eine Bewegung von einem
äußern Orte her anzudeuten; im Gegensatze des von innen. Der Geruch
kommt von außen, aus der außer dem Hause oder dem Zimmer befindlichen
Luft. Den Athem von außen an sich ziehen. was kann uns nicht alles
schädlich seyn? Von außen die Welt, die Menschen, die Zufälle, von
innen unsere Begierden. 2) Den Sitz einer Handlung an der äußern
Fläche eines Körpers zu bezeichnen; im Gegensatze dessen, was inwendig
geschiehet, oder des von innen. Von außen scheint er fromm.
Unter einem demüthigen Scheine von außen verbirgt er die schwärzeste
Bosheit.
Anm. Es ist von aus und der Ableitungssylbe en zusammen
gesetzet, welche letztere hier so viel als an bedeuten kann, wie aus
der alten Schreibart uzzana, uzan, bey dem Kero und Ottfried, und utan
im Angelsächsischen, erhellet. Allein das uzzana der Alten wurde auch
für außer und sondern gebraucht.
Aussenden (W3) [Adelung]
Aussenden, verb. irreg. act. S. Senden, auswärts senden. Bothen,
Diener aussenden. Bey dem Notker uslenden. Daher Die Aussendung.
Außengraben (W3) [Adelung]
Der Außengraben, des -s, plur. die -gräben, in der Kriegsbaukunst,
der äußere Graben, welcher um das Glacis, oder die Brustwehre der
Contrescarpe geführet wird, der Vorgraben.
Außenland (W3) [Adelung]
* Das Außenland, des -es, pur. die -länder, in den Marschländern,
alles Land, welches außer einem Deiche liegt; das Vorland, in Nieders.
Butendiek, Butenland, Groden.
Außenlinie (W3) [Adelung]
Die Außenlinie, plur. die -n, die äußere Linie. Die Außenlinien einer
Figur, der Umriß, Contour.
Außenposten (W3) [Adelung]
Der Außenposten, des -s, plur. ut nom. sing. in der Kriegskunst, der
äußere Posten. Alle Feldwachen und Außenposten einziehen.
Außenschein (W3) [Adelung]
Der Außenschein, des -es, plur inusit. der äußere Schein, doch mehr
im gemeinen Leben, als in der edlern Schreibart. Nach dem Außenscheine
urtheilen.
Außenseite (W3) [Adelung]
Die Außenseite, plur. die -n, die äußere Seite. Eigennützige haben
dich durch eine schöne Außenseite betrogen, Dusch.
Außenstand (W3) [Adelung]
Der Außenstand, des -es, plur. die -stände, Geld, welches ausstehet,
oder nach der Oberdeutschen Mundart, außen stehet; ein Wort, welches
auch in der Hochdeutschen Kanzelleyen bekannt ist. Ausstand ist
indessen der Hochdeutschen Mundart gemäßer, weil das Verbum ausstehen
in dieser Bedeutung nicht unbekannt ist.
Außentheil (W3) [Adelung]
Der Außentheil, des -es, plur. die -e, der äußere Theil eines
Körpers, in welcher Bedeutung es aber wenig gebräuchlich ist. Dagegen
haben einige neuere Philosophen die partes extra partes, oder die
trennbaren Substanzen, woraus eine Substanz zusammen gesetzet ist,
Außentheile genannt, welche Benennung aber sehr unschicklich ist, und
einen falschen Begriff veranlasset.
Außenwand (W3) [Adelung]
Die Außenwand, plur. die -wände, die äußere Wand eines Gebäudes, zum
Unterschiede von den Mittelwänden. An den dreymaschigen Fischergarnen
werden die beyden auswendigen Netze die Außenwände genannt.
Außenwerk (W3) [Adelung]
Das Außenwerk, des -es, plur. die -e, in der Kriegsbaukunst, ein
Werk, welches außer dem Graben des Hauptwalles angebracht wird.
Außer (W3) [Adelung]
Außer, eine Partikel, welche in doppelter Gestalt vorkommt.I. Als
eine Präposition, welche mit der dritten Endung des Nennwortes
verbunden wird, und eine Ausschließung andeutet; und zwar,1.
Eigentlich, eine Ausschließung dem Orte nach, außerhalb, im Gegensatze
des veralteten inner. Außer der Stadt wohnen. Ich habe etwas
Nothwendiges außer dem Hause zu verrichten. Auch außer den Pallästen
der Reichen wohnt unter der Hütte von Stroh wahre Freude. Suche die
Quelle deiner Zufriedenheit nicht außer dir auf. Glückseligkeit außer
der Tugend suchen, heißt die Seligkeit in der Hölle erwarten,
Dusch.Hierher gehören auch folgende figürliche Redensarten. Außer sich
seyn, oder kommen, sich seiner nicht mehr bewußt seyn. Er war vor
Freude ganz außer sich. Ich komme ganz außer mir, Gell. Die gemeinen
R. A. sich außer Athem laufen, reden,schreyen, u. s. f. etwas außer
Acht lassen, für aus dem Athem, aus der Acht, scheinen noch
Überbleibsel des alten Gebrauches zu seyn, da außer sehr oft für die
Präposition aus gesetzt wurde.2. Figürlich, der Person und Sache nach,
wo das folgende Hauptwort gemeiniglich den Artikel verlieret. Außer
Stande seyn, nicht im Stande seyn. Er ist ganz außer Stande sich zu
helfen. Ingleichen für ohne. Außer Gefahr, außer Schuld seyn. Sich
außer Schuld setzen. Nun bin ich außer Sorgen, nun ist meine Sorge
gehoben, nun habe ich keine Sorge mehr dafür. Außer Fassung, außer
Thätigkeit gesetzt werden. Wenn die Thorheit gar zu groß ist, so ist
gewiß das Herz selten außer Schuld, Cron. Wie auch über. Außer diesen
Geldsorten hatte er noch andere. Zuweilen auch der Zeit nach,
besonders in der gemeinen Redensart: es ist außer der Zeit, es ist
nicht die gehörige Zeit dazu.Hierher gehöret auch die adverbische R.
A. außer dem, welche von vielen irrig als ein Wort außerdem
geschrieben wird, für, dieses ausgenommen. Ich halte sie für etwas
eitel, stolz und gebietherisch; außer dem hat sie ein ganz gutes Herz,
Gell. Ingleichen für über dieses. Man unterhielt, man kleidete ihn;
außer dem verhalf man ihm auch zu einer guten Bedienung.II. Als eine
Conjunction, für ausgenommen, da es denn entweder mit dem Casu des
dazu gehörigen Verbi, oder mit den Partikeln, daß, wo, wenn u. s. f.
verbunden wird. Ich habe niemanden, gebethen, außer dich. Ich habe an
niemanden, außer an dich, geschrieben. Sie waren alle zugegen, außer
diese zwey. Es gehet alles gut, außer daß der eine Punct noch nicht
bewilliget worden. er gehet alle Tage spaziren, außer wenn es übel
Wetter ist.
Anm. 1. Verschiedene Sprachlehrer schreiben der Präposition
außer drey Endungen zu, den Genitiv, den Dativ, oder Ablativ, und den
Accusativ. Was den Genitiv betrifft, so kommt er freylich zuweilen
vor; allein er ist eigentlich der Oberdeutschen Mundart eigen, wo
außer mit außerhalb verwechselt wird. Der Pilgram, welchen du siehst
außer Weges wallen, Opitz. Wohin auch die noch im Hochdeutschen
übliche adverbische Redensart, außer Landes, gehöret. Außer Landes
seyn, wohnen, in der Fremde. Wenn man der Präposition außer einen
Accusativ zuschreibet, so wird die Conjunction außer, welche zuweilen
den Casum des Verbi bey sich hat, mit der Präposition verwechselt. Z.
B. ich habe niemanden außer dich, wo dich, nicht von der Partikel,
sondern von dem Verbo sehen abhänget. Indessen ist nicht zu läugnen,
daß es auch außer diesem Falle zuweilen mit der vierten Endung
verbunden wird, besonders wenn es so viel wie das Lateinische praeter
bedeutet; z. B. außer die vielen Wunden ist auch die Niederlage auf
beyden Seiten gleich gewesen, in Steinbachs Wörterbuche. Und außer ihn
lebt wohl fürwahr kein ärgrer Nabal in dem Lande, Günth. Welche
Wortfügung ohne Zweifel eine unzeitige Nachahmung des Lateinischen
ist. Wenn aber Gellert an einem Orte sagt: er setzt mich durch seine
gar zu große Sparsamkeit außer den Stand jemanden Gefälligkeiten zu
erzeigen: so hat ihn vermuthlich die Regel verleitet, nach welcher
einige Präpositionen, wenn sie eine Bewegung nach einem Orte zu
ausdrucken, mit der vierten Endung verbunden werden. Allein diese
Regel lässet sich hier nicht anwenden, weil die einfache Präposition
aus, mit welcher außer zusammen gesetzet worden, derselben nicht
unterworfen ist. Über dieß ist die ganze Redensart ein wenig
ungewöhnlich; wie denn auch der Artikel hier wider den Sprachgebrauch
ist.
Anm. 2. Außer, in der Schweiz außert, ist von aus entstanden, und
wurde von den Alten auch für dieses Vorwort ge-
braucht. Uzar theru menigi, aus der Menge, Ottfried. Ih sprihu uzar
iu, ich rede aus euch, ebend. Die Stelle unsers heutigen außer vertrat
bey ihnen die Partikel uzana, oder außen, wovon bey dem Kero, Tatian,
Notker und Ottfried häufige Beyspiele vorkommen. Die an das aus
angehängte Sylbe ar ist vermuthlich das Nebenwort her, so daß außer,
so viel als ausher bedeutet.
Außerdem (W3) [Adelung]
Außerdem, richtiger außer dem, S. das vorige.
Äußere (W3) [Adelung]
Der, die, das Äußere, im Superlativ Äußerste, ein Adjectiv, dem der
Comparativ fehlet, was auswendig an einer Sache ist, im Gegensatze des
Innern, und im Superlativ das letzte, so wohl dem Orte, als der
Beschaffenheit nach. 1. Dem Orte nach. Die äußere Fläche einer Sache.
Das äußere Ansehen. Gegenstände die zum äußern Glück gehören. Sein
Äußeres, (seyn äußeres Ansehen und Betragen,) ist gut, nur seyn Herz
taugt nichts. Die äußerste Rinde eines Baumes. Die äußersten (die
letzten) Morgenländer.2. Der Beschaffenheit nach, in welcher Bedeutung
mir der Superlativ üblich ist. Der äußerste, d. i. genaueste, letzte,
Preis. Die äußersten Mittel ergreifen. Sein Äußerstes thun, alle
Kräfte anstrengen. Sich auf das Äußerste bemühen. Die äußerste Armuth.
In der äußersten Noth stecken. Einen auf das Äußerste bringen. Es bis
auf das Äußerste ankommen lassen. Eine Pflicht von der äußersten
Wichtigkeit, von der allergrößten Einige Neuere haben dieses Wort auch
noch in einem etwas verschiedenen Verstande für das Latein. Extremum
einführen wollen. Von einem Äußersten auf das andere fallen. Viele
suchen die Glückseligkeit in einem Übermaße, und jeder fällt an der
einen oder der andern Seite auf das Äußerste, Dusch.3. * Der äußere
Rath, in einigen Oberdeutschen Städten, der größere, zum Unterschiede
von dem innern, oder kleinern. S. auch das Adverbium Äußerst an seinem
Orte.
Anm. Die Endsylbe er hat viele verleitet, dieses Wort für einen
Comparativ zu halten, dem der Positiv fehle, obgleich in der Bedeutung
nichts von einer Comparation befindlich ist. Allein man hat nicht
bedacht, daß er auch eine Ableitungssylbe für Adverbia ist, wie aus
bitter, sauer. finster, tapfer, alber (jetzt albern) u. a. m.
erhellet. Der äußere ist die concrescirte Form von außer, so wie aus
inner, hinter, vorder (für sich allein jetzt veraltet) über und unter,
der innere, hintere, vordere, obere und untere gebildet werden. Warum
aber von diesen und andern ähnlichen Wörtern der Comparativ nicht
üblich ist, habe ich in meinem Lehrgebäude Th. 2. S. 83 zu zeigen
gesucht.
Außergerichtlich (W3) [Adelung]
Außergerichtlich, adj. et adv. was außer dem Gerichte ist und
geschiehet. Ein außergerichtlicher Befehl eines Richters. Ein
außergerichtlicher Vergleich. An dem Kammergerichte zu Wetzlar wird in
engerer Bedeutung eine jede Handlung außergerichtlich genannt, bey
welcher eine von den drey zu einem Gerichte gehörigen Personen, der
Richter, der Kläger und der Beklagte, abwesend ist.
Außerhalb (W3) [Adelung]
Außerhalb, ein Umstandswort des Ortes, welches die zweyte Endung
erfordert, außer dem körperlichen Raume eines Dinges. Außerhalb der
Stadt, des Hauses. Es ist von dem veralteten Substantive die Halbe,
oder Seite, zusammen gesetzet, und bedeutet eigentlich, an der äußern
Seite. Eben diese Zusammensetzung macht den Genitiv nothwendig, und
jede andere Endung fehlerhaft. Wenn daher Luther Ein Mahl sagt,
außerhalb Christo, so ist solches nicht nachzuahmen, noch weniger aber
zu grammatischen Regel zu machen; zumahl da außerhalb in dieser
Verbindung irrig für außer stehet. Jenes wird im Hochdeutschen alle
Mahl von einem körperlichen Raume gebraucht. Uzerunhalb kommt schon
bey dem Notker mit dem Genitiv vor.
Äußerlich (W3) [Adelung]
Äußerlich, adj. et adv. was von außen an einem Dinge empfunden wird.
Die äußerliche Gestalt eines Dinges. Dem äußerlichen Anscheine nach,
dem äußern. Er weiß sich äußerlich sehr freundlich zu stellen, von
außen. Diese Arzeney wird nur äußerlich gebraucht, von außen. Er
bleibt an dem Äußerlichen kleben.
Anm. Man kann zwar dieses Wort weder
für veraltet, noch für unedel erklären; allein, da es, so fern es ein
Adjectiv ist, mit drey Sylben eben das sagt, als das kürzere der
äußere, so hat dieses in der edlern Schreibart vor jenem billig den
Vorzug, so wie man für das Adverbium äußerlich lieber von außen
gebraucht. Die Wurzel ist äußerlich grau und innerlich weiß, besser
von außen, oder auswendig. Es will äußerlich verlauten, von außen,
unter der Hand, ist Oberdeutsch, so wie die R. A. in Steinbachs
Wörterbuche: er stellt sich gegen uns gar äußerlich, welche daselbst
durch, infrequens est nobis, übersetzt wird. Übrigens ist äußerlich
keiner Comparation fähig.
Äußern (W3) [Adelung]
Äußern, verb. reg. act. 1) Außer sich in Wirkungen zeigen, von außen
gewahr werden lassen. Er äußerte einen starken Verdacht, er ließ
merken, daß er einen starken Verdacht habe. Sein Mißfallen an etwas
äußern, zu erkennen geben. Der Mensch äußert seinen Willen durch
Worte. Die anziehende Kraft, welche der Magnet gegen das Eisen äußert.
So auch als ein Reciprocum: sich äußern, außer sich merklich werden.
Es wird sich bald äußern, ob es wahr ist. Es äußert sich kein Wild.
Die Blattern äußern sich, kommen zum Vorscheine. Die
Veränderungsgesetze, nach welchen sich die Kraft der Geschöpfe äußert.
So wie sich seinen Sinnen äußert, von außen darstellt. Es äußern sich
allerley Schwierigkeiten. Besonders, durch Worte zu erkennen geben.
Der engere Ausschuß hat sich hierüber noch nicht geäußert. 2) Die
Verbindung mit etwas aufheben, vermeiden, mit der zweyten Endung des
Nennwortes. Sich eines Umganges äußern, denselben zu vermeiden suchen.
Wil er sih sin uzzern, im Schwabenspiegel. Wer ist es, der sich selbst
des Grabes äußern kann! Opitz. Pf. 89 3) * Sich seiner Vorzüge
begeben. er äußerte sich selbst, Phil. 2. 7; welcher Gebrauch aber
außer der biblischen Schreibart im Hochdeutschen nicht mehr üblich
ist.So auch die Äußerung, die Bekanntmachung durch äußere Zeichen. Die
Äußerungen der Thiere gegen einander. Großmüthige Handlungen erfordern
eine seltene Äußerung der Kraft der Seele. Besonders in der Bedeutung
einer Entdeckung durch Worte. Alle diese Äußerungen wurden mit vieler
Gleichgültigkeit angehöret.
Anm. Äußern, im Niedersächs. ütern, Engl.
utter, Schwed. yttra, kommt von außen her. Von außen haben die Friesen
dagegen ihr üten und die Holländer uytten in eben derselben Bedeutung.
Jemanden äußern bedeutet im Osnabrückischen so viel, als einen
Leibeigenen aus dem Gute setzen. Außer dem wird es in Niedersachsen
auch für ausfragen gebraucht.
Außerordentlich (W3) [Adelung]
Außerordentlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was außer der
gewöhnlichen Ordnung geschiehet. Jemanden außerordentlich aufrufen.
Ein außerordentlicher Gesandter, der nur in besonderen Fällen
geschickt wird, und mehr ist als ein ordentlicher. Ein
außerordentlicher Professor, der noch nicht in die geschlossene Zahl
besoldeter Professoren aufgenommen ist, und daher weniger ist, als ein
ordentlicher. 2) In weiterer Bedeutung, für ungewöhnlich.
Außerordentlich groß, klein, u. s. f. Ein außerordentlicher Mensch,
der ungewöhnliche Eigenschaften, so wohl
im guten als bösen Verstande besitzet. Das ist ganz etwas
außerordentliches, außerordentlich Schönes.
Äußerst (W3) [Adelung]
Äußerst, adv. im höchsten Grade. Äußerst betrübt. Äußerst verliebt.
Äußerst böse. Er war mit seiner Wahl äußerst zufrieden. S. Äußere.
Außerwesentlich (W3) [Adelung]
Außerwesentlich, adj. et adv. einem Dinge nicht wesentlich, zufällig.
Außerwesentliche Eigenschaften, zufällige.
Aussetzen (W3) [Adelung]
Aussetzen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist.I. Als
ein Activum. 1. Inwendig durch Setzen bekleiden. Einen Saal mit
Steinen aussetzen.2. Heraus setzen, oder hinaus setzen. 1) Eigentlich.
Volk, Truppen aussetzen, aus dem Schiffe. Ein Kind aussetzen, es in
das Ferne setzen, und es verlassen. Waaren zum Verkaufe aussetzen.
Sich Waaren aussetzen, in der Absicht, sie zu kaufen. Bäume aussetzen,
sie verpflanzen, bey den Gärtnern. Einen aussetzen, im Bergbaue, ihn
aus seiner Vierung auf die Halde setzen. Sich aussetzen, im
Billiard-Spiele, seine Kugel an das Ende der Tafel setzen. 2)
Figürlich. (a) Bestimmen. Einen Preis aussetzen. Einem etwas zu seinem
Unterhalte aussetzen. Ein Capital für die Armen aussetzen. (b) Einer
Wirkung frey oder bloß stellen. Tag und Nacht dem Wetter ausgesetzt
seyn. Unser Leben ist vielen Gefahren ausgesetzt. Großen Veränderungen
ausgesetzt seyn. (c) * Anlegen, vom Gelde, eine im Hochdeutschen
ungewöhnliche Bedeutung. Man kann das Geld auf keinen bessern Wucher
aussetzen, als wohlzuthun, Dusch. (d) Die Fortsetzung einer
angefangenen Sache verschieben. Die Brunnen-Cur ein Paar Tage
aussetzen. Eine Sache ausgesetzt seyn lassen. Ingleichen absolute. wir
haben heute ausgesetzt, die Fortsetzung des Geschäftes verschoben. (e)
Tadeln. Was haben sie an mir auszusetzen? Eine Sache, woran noch viel
auszusetzen ist.3. Aus einander setzen. Die Stimmen aussetzen in der
Musik, jeder Stimme ihre Noten besonders vorschreiben. Die Beete im
Garten, die Pflanzen in einem Beete, die Steine in einem Schmucke
aussetzen, vertheilen, am meisten in Oberdeutschland. Zuweilen wohl
auch auswärts setzen. So setzen die Tuchscherer die Blätter der
Tuchschere aus, wenn sie selbige nach dem Schleifen mit dem
Aussetzhammer zurecht richten.4. Bis zu Ende setzen. Einen Bogen
aussetzen, bey den Buchdruckern, ihn fertig setzen und schließen.II.
Als ein Neutrum, mit haben. 1. * Die Gänge, Klötze setzen aus, im
Bergbaue, wenn sie zu Tage ausgehen, sich bis an die Dammerde
erstrecken, und daselbst sichtbar werden. 2. Aufhören zu setzen. So
sagt man zuweilen in der Landwirthschaft ausgesetzte Schafe, alte
Schafe, welche aufgehöret haben, Zähne zu setzen, obgleich das
Particip. Passiv. wider die Natur der Neutrorum ist.So auch die
Aussetzung.
Ausseyn (W3) [Adelung]
Ausseyn, verb. irreg. neutr. ( S. Seyn,) welches sehr elliptisch ist,
und daher richtiger getheilet, aus seyn geschrieben wird, ( S. Aus,
Adverb. 1) auch nur im gemeinen Leben üblich ist. 1) Entfernet,
verreiset seyn. Ihr seyd lange aus gewesen. Ich werde nicht lange aus
seyn. Ingleichen figürlich, auf etwas aus seyn, etwas im Sinne haben,
gemeiniglich von einem bösen Ausschlage. 2) Ausgeleeret seyn. Das
Glas, das Faß ist aus. 3) Beendigt seyn. Der Krieg, der Winter, die
Predigt, das Spiel, das Lied ist aus. Die Luft wird bald aus seyn.
Ingleichen figürlich, es ist aus mit ihm, seyn Wohlstand hat ein Ende,
ingleichen, seyn Leben hat ein Ende. Es wird mit seiner Hoffnung bald
aus seyn. In welcher Bedeutung dieses Wort häufig in der Deutschen
Bibel vorkommt. S. Seyn.
Aussichern (W3) [Adelung]
* Aussichern, verb. reg. act. welches nur im Bergbaue üblich ist, wo
es, die Feuchtigkeit ausziehen, bedeutet. S. 2. Sichern.
Aussicht (W3) [Adelung]
Die Aussicht, plur. die -en. 1. Das Aus- oder Hinaussehen, in der
thätigen Gattung des Verbi; ohne Plural. 1) Eigentlich. Einem die
Aussicht verwehren. Das Haus hat die Aussicht auf das Meer, aus dem
Hause siehet man auf das Meer. Hier konntest du eine artige Aussicht
über das lachende Land haben, Dusch. Hier will ich die weite Aussicht
über diese Ebene von allen Hindernissen befreyen, ebend. In engerer
Bedeutung ist Aussicht in den Rechten, das Recht, durch einen gewissen
Ort des Gutes seines Nachbarn zu sehen; Servitus prospectus. Daher ein
Aussichtsfenster, ein Fenster, durch welches man eine freye Aussicht
hat, im Gegensatze der Lichtfenster, die nur das Tageslicht einlassen.
2) Figürlich, das Hinaussehen mit den Augen des Geistes, die
Betrachtung der Zukunft, und die angestellte Betrachtung selbst; in
welchem letzteren Falle auch der Plural Statt findet. Freudige
Aussichten eines Christen in die Ewigkeit, ist der Titel gewisser
moralischen Betrachtungen. Die Liebe, die mich jeden Augenblick mit
Aussichten in eine glänzendere Zukunft entzücket, Dusch.2. Die Gegend,
wohin man siehet. 1) Eigentlich. Das Haus hat eine schöne Aussicht.
Einem die Aussicht verbauen, benehmen. Sie müßten sehr fühllos seyn, wenn bey dem Anblicke jener lachenden Aussichten keine sanfte Wollust
sich ihrer Seele bemeistern sollte, von Brawe. Himmel, welche Aussicht
breitet sich vor meinem Auge aus! Gesn. 1) In engerer Bedeutung sind
Aussichten in der Mahlerkunst, der Baukunst und dem Gartenbaue,
perspectivische Anordnungen, welche das Auge täuschen und demselben
eine weite Aussicht darstellen, die doch nicht vorhanden ist. 3)
Figürlich, wohin man mit den Augen des Geistes siehet. Die besten
Aussichten haben, die beste Hoffnung für die Zukunft. Erweitere deine
Aussichten, und stelle dir das Feld der Handlungen nicht kürzer vor,
als es ist, Dusch. Welch eine weite Aussicht über Scenen des Jammers
eröffnen sich hier! ebend.3. Die Art, wie ein Gegenstand in seiner
gewissen Entfernung gesehen wird, wofür das Prospect üblicher ist.
Aussichten von Städten, Prospecte. Figürlich, die äußere Gestalt.
Folge mir mit deinen Gedanken, ich will dir die Welt in einer
melancholischen Aussicht vor Augen stellen, Dusch.
Aussieben (W3) [Adelung]
Aussieben, verb. reg. act. vermittelst des Siebes heraus bringen. Die
Spreu aussieben. Ingleichen auf solche Art reinigen. Das Getreide
aussieben. Daher die Aussiebung.
Aussiechen (W3) [Adelung]
Aussiechen, verb. reg. 1. Activum, durch Siechen, d. i. langwierige
Krankheit aus dem Körper schaffen. Begangene Ausschweifungen
ausstechen müssen. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu siechen.
Aussieden (W3) [Adelung]
Aussieden, verb. reg. irreg. act. S. Sieden, durch Sieden heraus
bringen, wie auskochen, nur das es von edlerem Gebrauche ist. Das Fett
aussieden.. Ingleichen auf solche Art reinigen. das Garn, das Silber,
Münzen aussieden. Wie auch aufhören zu sieden; als ein Neutrum. Daher
die Aussiedung.
Aussiekern (W3) [Adelung]
* Aussiekern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, welches nur
im gemeinen Leben, besonders im Bergbaue üblich, und das Neutrum von
ausseigern ist, für heraus tröpfeln. Daher die Aussiekerung.
Aussingen (W3) [Adelung]
Aussingen, verb. irreg. act. S. Singen. 1) Singend hinaus führen, im
gemeinen Leben. Eine Leiche aussingen. 2) Bis zu Ende singen. Ein Lied
ganz aussingen. Man lasse ihn doch aussingen. 3) Aufhören zu singen;
als ein Neutrum.
Aussinnen (W3) [Adelung]
Aussinnen, verb. irreg. act. S. Sinnen, durch Nachsinnen heraus
bringen. Ein Mittel, eine List aussinnen.
Sein Sinn ist nimmer auszusinnen, Opitz. Daher die Aussinnung.
Aussitzen (W3) [Adelung]
Aussitzen, verb. irreg. neutr. ( S. Sitzen,) mit dem Hülfsworte
haben. 1) Außer dem Hause sitzen, in einigen niedrigen Ausdrücken, wie
ausstehen. Die Krämer sitzen mit ihren Waaren aus, auf dem Markte. In
Schwaben bedeutet ein Ausgesessener einen Ausländer. 2) Bis zu Ende
einer gewissen bestimmten Zeit sitzen, so wohl mit dem Accusative in
Gestalt eines Activi. Er hat seine Zeit ausgesessen, so wohl im
Gefängnisse, als auch in dem Pachte eines Gutes. Einen Pachter seine
Zeit aussitzen lassen. Als auch absolute. Das Huhn hat ausgesessen,
hat die gehörige Zeit gebrütet.
Aussöhnen (W3) [Adelung]
Aussöhnen, verb. reg. act. völlig versöhnt machen. Einen aussöhnen.
Die Reue hat wahrhaftig den Himmel ausgesöhnt, Dusch. Sich jemanden
aussöhnen, in der höhern Schreibart, ihn gegen sich versöhnt machen.
Ich weiß wodurch ich mir sie am ersten aussöhnen kann; Weiße. Das
Elend des Thyest Hat mich ihm ausgesöhnt, ebend. Ingleichen, sich mit
einem aussöhnen, die Freundschaft wieder herstellen. Einen mit dem
andern aussöhnen. Einen Sohn bey seinem Vater aussöhnen, den Vater
gegen ihn versöhnt machen. In Oberdeutschland sagt man auch etwas
aussöhnen, dafür genug thun, ein Vergehen durch Reue u. s. f. tilgen.
Allein dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. S. Söhnen
und Versöhnen. So auch die Aussöhnung.
Aussömmern (W3) [Adelung]
Aussömmern, verb. reg. act. gehörig sömmern, so viel sömmern als
genug ist. Die Betten aussömmern. S. Sömmern.
Aussondern (W3) [Adelung]
Aussondern, verb. reg. act. heraus nehmen und besonders stellen. Die
kranken Schafe aussondern. Ingleichen metonymisch, auf dergleichen Art
von andern Dingen trennen. Die Schafe aussondern, die untauglichen von
denselben absondern. In einigen Niedersächsischen Gegenden bedeutet,
ein Kind aussondern, so viel als, dasselbe abtheilen, ihm einen Theil
des Vermögens geben und es von sich lassen. So auch die
Absonderung.
Anm. Ausgesondert war ehedem auch für auserlesen,
vortrefflich, üblich. So ist ir schoene als us gesundert Swer si siht
das den des wundert Wie sis eine muge getragen, Burkart v. Hohenvels.
Aussoren (W3) [Adelung]
* Aussoren, verb. reg. act. dürre machen, austrocknen, nur in einigen
Niedersächsischen Gegenden. Ostwinde soren das Land aus. S. Dürre, die
Anm.
Aussortiren (W3) [Adelung]
+ Aussortiren, verb. reg. act. nach den Sorten oder Arten in Ordnung
bringen; im gemeinen Leben.
Ausspähen (W3) [Adelung]
Ausspähen, verb. reg. act. auskundschaften, erforschen. Laß uns einen
glücklichen Aufenthalt ausspähen, Dusch. Wenn man jede Regung seines
Herzens ausgespähet hat, ebend. Sie späht mein Wünschen aus und kommt
ihm oft zuvor, Weiße. Floh in den Wald, auf daß er nicht wird'
ausgespähet, Opitz. Daher die Ausspähung, und der Ausspäher.Dieses
Verbum war so wie das einfache spähen im Hochdeutschen veraltet. Erst
die neuern Dichter haben es in der höhern Schreibart wieder
eingeführt. S. Spähen.
Ausspalten (W3) [Adelung]
Ausspalten, verb. reg. act. durch Spalten heraus bringen. Den Kiehn
ausspalten, aus dem magern Holze.
Ausspann (W3) [Adelung]
* Die Ausspann, plur. inusit. 1) Im gemeinen Leben, ein Wirthshaus,
wo jemand sein Zugvieh ausspannen und daselbst herbergen kann; im
Gegensatze der eigentlichen Schenken. 2) Inden Rechten der mittlern
Zeiten, ein Recht, vermöge dessen ein Schutzherr oder dessen Bediente
an einem Ort unentgeldlich aufgenommen und verpflegt werden mußten;
das Ablager, die Atzung, Jus Albergariae. 3) In einigen Gegenden auch
die Zeit, welche das Zugvieh ohne zu fressen pflügen muß. Eine
Ausspann oder Ausspannung pflügen. Eine lange Ausspann machen. In
Oberdeutschland ist dieses Wort auch in dem männlichen Geschlechte
üblich, der Ausspann.
Ausspannen (W3) [Adelung]
Ausspannen, verb. reg. act. 1) Aus einander spannen. Die Finger, die
Arme ausspannen. Ingleichen ausdehnen. Ein Seil, ein Tuch, die Segel
ausspannen. 2) Heraus spannen. Das Nähzeug ausspannen, aus dem Rahmen.
Die Pferde ausspannen, aus dem Geschirre. Ingleichen, 3) figürlich und
absolute, die Pferde aus dem Geschirre spannen, wie auch mit dem
Zugviehe einkehren. Hier kann man ausspannen. S. Ausspann. So auch die
Ausspannung.
Ausspänner (W3) [Adelung]
Der Ausspänner, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten so viel
wie Anspänner, d. i. ein Besitzer eines Bauergutes; im Gegensatze
eines Hintersassen. S. Pferdner, Hübner. Bey den Zeugmachern ist der
Ausspanner, ein Gestell, worauf die geleimte Kette ausgespannt und
getrocknet wird.
Aussparen (W3) [Adelung]
Aussparen, verb. reg. act. so aber wenig gebräuchlich ist, für
aussparen, zum künftigen Gebrauche versparen. Wenn der Mahler den
Himmel anlegt, so müssen die Figuren und Gebäude ausgesparet, nicht
berühret, nicht mit Farben belegt, werden.
Ausspaziren (W3) [Adelung]
+ Ausspaziren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, in die
freye Luft spaziren, im gemeinen Leben. Kommt laßt uns ausspaziren,
Opitz. S. Spaziren.
Ausspeisen (W3) [Adelung]
* Ausspeisen, verb. reg. act. an Lebensmitteln austheilen; ein Wort,
welches nur an manchen Höfen gangbar ist. So werden daselbst den
Köchen das Fleisch, Brot, Gemüse u. s. f. und dem Mundschenken der
Wein für die herrschaftliche Tafel ausgespeiset. Der dazu gesetzte
Beamte wird der Ausspeiser genannt. In eben demselben Verstande hat
man auch in kleinern Wirthschaften Ausspeiserinnen, welche an andern
Orten Ausgeberinnen heißen.
Ausspenden (W3) [Adelung]
Ausspenden, verb. reg. act. austheilen, am häufigsten im gemeinen
Leben Ober- und Niederdeutschlandes. Almosen, Lebensmittel ausspenden.
Das heilige Abendmahl ausspenden. Aber auch nicht selten in der höhern
Schreibart. Gebt mir - die theuern Urnen auszuspenden, Raml. S.
Spenden. Daher die Ausspendung, und der Ausspender, der etwas
austheilet.
Aussperren (W3) [Adelung]
Aussperren, verb. reg. act. 1) Aus einander sperren. Die Beine
aussperren. 2) Hinaus sperren, am häufigsten in Oberdeutschland, für
ausschließen. Einen aussperren, durch Versperrung oder Verschließung
der Stadt oder des Hauses draußen zu bleiben nöthigen. So auch die
Aussperrung.
Ausspeyen (W3) [Adelung]
Ausspeyen, verb. irreg. act. S. Speyen, aus dem Munde speyen. 1)
Eigentlich. Blut ausspeyen. Ingleichen absolute und in der harten und
niedrigen Sprechart, den Speichel auswerfen. Über etwas ausspeyen, aus
der Verachtung. Vor einem ausspeyen, aus Abscheu. 2) Figürlich. (a)
Mit Heftigkeit auswerfen, von sich geben. Der Berg speyt Feuer aus. Er
schlug das Raubthier jüngst, das der beschneyte Riphäus auf mich
ausgespien, Raml. (b) Mit Heftigkeit vorbringen, ausstoßen, in
verächtlicher Bedeutung. Lästerungen wider jemanden ausspeyen. Gift
und Galle ausspeyen, schmähen und toben. (c) Aus seiner Gesellschaft,
Verbindung stoßen, gleichfalls mit Verachtung. O speyt ihn aus von
euch! daß er die beste Sache Der besten Bürger nicht durch sich
verdächtig macht, Less.
Anm. Opitz macht von diesem Verbo das ungewöhnliche Substantiv
Ausgespey, für Auswurf, indem er das Gold des Glückes Ausgespey
nennet.
Ausspielen (W3) [Adelung]
Ausspielen, verb. reg. act. 1) Im Kartenspiele, anfangen zu spielen,
das erste Blatt auswerfen. Wer spielt aus? absolute. 2) Einem andern
zuspielen. Den Ball ausspielen, einem andern zuschlagen. Trumpf
ausspielen. 3) In Gestalt eines Spieles unter die Leute bringen. Ein
Pferd, ein Haus, ein Gut ausspielen. 4) Durch Spielen vollkommener
machen. Ein musikalisches Instrument ausspielen, es durch den Gebrauch
verbessern. Eine ausgespielte Violine. 5) Bis zu Ende spielen. Ein
Spiel ausspielen. Eine Uhr ausspielen lassen. Gönnen sie immer die
Freude, die angefangene Rolle nach meinem Gutdünken auszuspielen,
Less. 6) Aufhören zu spielen; als ein Neutrum.So auch die Ausspielung,
in der zweyten Bedeutung.
Ausspinnen (W3) [Adelung]
Ausspinnen, verb. irreg. act. S. Spinnen. 1) Spinnend, oder in
Gestalt eines gesponnenen Fadens ausdehnen. Mein Schicksal spann erst
den Faden meines Lebens aus, und das deinige wand ihn auf, Dusch. Und
spinnt den alten Stoff zu neuen Faden aus, ebend. 2) Aufhören zu
spinnen; als ein Neutrum.
Ausspintisiren (W3) [Adelung]
+ Ausspintisiren, verb. reg. act. welches nur in der niedrigen
Sprache des Umganges üblich ist, für ausspinnen, ergrübeln, S.
Spintisiren. Da geht er nun und will alles ausspintisiren, Less.
Ausspioniren (W3) [Adelung]
Ausspioniren, verb. reg. act. im gemeinen Leben, durch Spioniren
erforschen. Ein Mensch, der alles ausspioniret. S. Spioniren.
Ausspotten (W3) [Adelung]
Ausspotten, verb. reg. act. durch Verspottung dem Gelächter anderer
bloß stellen. Jemanden ausspotten. Daher die Ausspottung.
Aussprache (W3) [Adelung]
Die Aussprache, plur. inusit. 1) Die Stimme und der Ton eines
Sprechenden, und deren Art und Weise. Er hat eine gute, grobe,
angenehme, starke, deutliche Aussprache. 2) Besonders das Aussprechen
der Buchstaben, Sylben und Wörter. Eine falsche Aussprache, ein Fehler
in der Aussprache, oder wider die Aussprache. Ehedem bedeutete dieses
Wort auch Ausrede, Ausflucht, Entschuldigung.
Aussprechen (W3) [Adelung]
Aussprechen, verb. irreg. act. S. Sprechen. 1) Durch vernehmliche
Töne ausdrücken. Ein Wort nicht recht aussprechen. In engerer
Bedeutung, 2) durch Worte völlig ausdrucken. Seine Wohlthaten lassen
sich nicht aussprechen. Auch in der Wapenkunst bedeutet, ein Wapen
aussprechen, dessen Farben durch Worte ausdrucken, es blasoniren. 3)
In noch engerer Bedeutung, einen Ausspruch thun, ein Urtheil fällen.
Der Richter hat für ihn ausgesprochen. In dem Salzwerke zu Halle
bedeutet dieses Wort auch feyerlich bestimmen, beschließen. Ein kaltes
Lager aussprechen. Drey oder vier Tage aussprechen, in der künftigen
Woche zu sieden beschließen.
Anm. Das Substantiv die Aussprechung wird
für die Verrichtung des Aussprechens, besonders in der Wapenkunst
gebraucht. S. auch Aussprache und Ausspruch. Das Nieders. utspreken
hat über dieß noch die Bedeutung des Versprechens, promittere,
ingleichen des Ausnehmens, eine Ausnahme machen.
Aussprechlich (W3) [Adelung]
Aussprechlich, -er, -ste, adj. et adv. fähig ausgesprochen, oder
durch vernehmliche Töne, besonders durch Worte ausgedruckt zu werden;
welches doch mehr in dem Gegensatze unaussprechlich, als für sich
allein üblich ist.
Ausspreiten (W3) [Adelung]
Ausspreiten, verb. reg. act. ein Wort, welches nur in den gemeinen
Mundarten für ausbreiten üblich ist, obgleich einige Schrift-steller
es auch in der höhern Schreibart gebraucht haben; S. Spreiten. Er hat
rund um sich her das Wasser ausgespreitet, Opitz. Schleunig schwinget
er sich mit ausgespreiteten Flügeln Über die schreckliche Höhe hinaus,
Zachar. So auch die Ausspreitung. Das Intensivum davon ist
ausspreitzen, welches gleichfalls hin und wieder im gemeinen Leben
vorkommt. Die Arme ausspreitzen. Ein Tuch ausspreitzen.
Aussprengen (W3) [Adelung]
Aussprengen, verb. reg. act. ausspringen machen. 1) Heraus sprengen.
Ein Stück aus einer Mauer aussprengen, mit Pulver. 2) Hinaus sprengen.
Ein Pferd aussprengen, in der Reitkunst, es aus dem Schritte gleich
von der Faust in den Galopp springen lassen. Figürlich, ausbreiten,
unter die Leute bringen. Ein Gerücht aussprengen. Man hat
ausgesprengt, daß u. s. f. wo die Figur vermuthlich von einem Wasser
hergenommen ist, welches man in die Luft sprenget, und dadurch
verbreitet. So auch die Aussprengung.
Ausspreuen (W3) [Adelung]
* Ausspreuen, verb. reg. act. wie Spreu zerstreuen, ein
ungewöhnliches Wort, welches nur bey dem Opitz vorkommt: Du hast -Den
hin den andern her gestreut, Und unter Völkern ausgespreut, Pf. 44. S.
Aussprühen.
Aussprießen (W3) [Adelung]
Aussprießen, verb. irreg. neutr. ( S. Sprießen,) mit dem Hülfsworte
seyn, welches am häufigsten in der Oberdeutschen Mundart üblich ist,
heraus oder hervor sprießen. S. Aussprossen.
Ausspringen (W3) [Adelung]
Ausspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) 1) Mit dem
Hülfsworte seyn, heraus springen. Es ist ein Stück aus dem Messer
ausgesprungen. Auch metonymisch, das Messer ist ausgesprungen.
Ingleichen aus einem verwahrten Orte flüchtig werden; edler
entspringen. Ein ausgesprungener Mönch, der aus seinem Kloster
entsprungen ist. Ausspringende Winkel, figürlich für auswärts gehende
Winke, im Gegensatze der einspringenden, in der Kriegsbaukunst. 2) Mit
haben, aufhören zu springen, oder zu tanzen.
Ausspritzen (W3) [Adelung]
Ausspritzen, verb. reg. 1. Neutrum, mit seyn, spritzend heraus
fahren. Es ist alles Wasser ausgespritzet. 2. Activum. 1) Heraus
spritzen, spritzend ausstoßen. Die Bildsäule spritzet Wasser aus. 2)
Durch Einspritzung einer flüssigen Materie ausfüllen. Die Blutgefäße
mit Wachs ausspritzen. Eine Lunge ausspritzen, in der Anatomie.
Ingleichen auf solche Art reinigen. Eine Wunde ausspritzen. So auch
die Ausspritzung.
Aussprossen (W3) [Adelung]
Aussprossen, verb. reg. neutr. welches doch im Particip. Pass.
ausgesprossen hat, und mit dem Hülfsworte seyn abgewandelt wird,
hervor sprossen, eigentlich von Pflanzen. Es sprossen Zweige aus der
Wurzel aus. Wenn man heiße Zinnschlacken in kaltes Wasser wirft, so
sprossen kleine Zinnzacken aus. In den Schmelzhütten sprosset das
Silber im Feuer aus, wenn kleine Körner desselben stehen bleiben und
nicht schmelzen wollen. In Oberdeutschland ist für dieses Zeitwort
aussprießen gewöhnlicher.
Aussprößling (W3) [Adelung]
Der Aussprößling, des -es, plur. die -e, etwas das heraus oder hervor
gesprossen ist, wofür man doch lieber das einfache Sprößling
gebraucht.
Ausspruch (W3) [Adelung]
Der Ausspruch, des -es, plur. die -sprüche, was ausgesprochen wird,
doch nur in engerer Bedeutung, ein mit Worten ausgedruckter Satz. Der
Ausspruch des Orakels. Ein göttlicher Ausspruch. In noch engerer
Bedeutung, ein Urtheil, besonders eines Richters. Ich überlasse es
deinem Ausspruche, lasse es auf deinen Ausspruch ankommen. Einen
Ausspruch thun, fällen. Die Sache beruhet nur noch auf den Ausspruch
des Richters, welcher gerichtliche Ausspruch im gemeinen Leben auch
nur ein Spruch genannt wird.
Anm. In einigen Niedersächsischen
Gegenden, besonders in Hamburg und Lübeck, bedeutet Ausspruch auch die
Abteilung her. Ältern mit ihren Kindern. Einen Ausspruch thun, die
Kinder abtheilen. Ja ein solcher ausgeschiedener Theil wird auch
zuweilen selbst ein Ausspruch genannt. In der Mark Brandenburg ist der
Ausspruch ein jedes Geld, welches jemanden in einem Testamente
vermacht wird; das Erbgeld, die Ausmachung. S. auch Aussagen.
Aussprühen (W3) [Adelung]
Aussprühen, verb. reg. act. sprühend auswerfen, von sich geben. Der
Berg sprüht Feuer aus. - Der Priester sprüht schon seinen Argwohn aus,
Weiße.
Ausspucken (W3) [Adelung]
Ausspucken, verb. reg. act. Speichel auswerfen, absolute; ingleichen
als Speichel oder mit dem Speichel auswerfen. Blut ausspucken. S.
Spucken und Ausspützen.
Ausspülen (W3) [Adelung]
Ausspülen, verb. reg. act. 1) Durch Spülen heraus bringen, ingleichen
metonymisch, auf solche Art das Innere einer Sache reinigen. Ein Gefäß
ausspülen. Den Mund ausspülen. Die Wäsche ausspülen, im Wasser von der
zurück gebliebenen Seife reinigen; in einigen Gegenden ausschälen. 2)
Durch Spülen aushöhlen. Der Strom hat das Ufer ausgespület. Daher die
Ausspülung.
Ausspünden (W3) [Adelung]
Ausspünden, verb. reg. act. inwendig mit gespündeten Bretern
bekleiden. Einen Brunnen ausspünden. Daher die Ausspündung.
Ausspüren (W3) [Adelung]
Ausspüren, verb. reg. act. durch Nachspüren erforschen. ein Wild,
einen Dieb, eine Sache ausspüren. Daher die Ausspürung.
Ausspützen (W3) [Adelung]
Ausspützen, verb. reg. act. welches nur zuweilen in der anständigen
Schreib- und Sprechart gebraucht wird, das gemeinere ausspucken und
härtere ausspeyen zu vermeiden. S. Spützen.
Ausstaffiren (W3) [Adelung]
Ausstaffiren, verb. reg. act. 1) Mit der gehörigen Staffirung
versehen. Ein Kleid mit Gold und Silber ausstaffiren. Ingleichen das
Oberzeug und Futter eines Kleides am Saume umschlagen und zusammen
nähen, bey den Schneidern. 2) Figürlich, mit den nöthigen Kleidern und
Zubehöre versehen. Einen ausstaffiren. Ingleichen ausputzen, doch im
gemeinen Leben. Ein Zimmer ausstaffiren. Wie sich etwa ihre Pathen an
Ehrentagen werden ausstaffiret haben, Less. S. Staffiren. Daher der
Ausstaffirer, des -s, plur. ut nom. sing. der Kleider und andere
Sachen ausstaffiret; ingleichen die Ausstaffirung, so wohl für die
Handlung des Ausstaffirens, als auch für dasjenige, womit ein Kleid
oder andere Sachen ausstaffiret wird. S. Staffiren.
Ausstaken (W3) [Adelung]
* Ausstaken, verb. reg. act. welches zunächst aus dem
Niedersächsischen entlehnet ist, den Raum zwischen zwey Riegeln oder
Balken, den man mit Lehm ausfüllen will, vorher mit Staken, d. i.
kurzen Stangen, versehen. Daher die Ausstakung. Im Hochdeutschen ist
dafür auswindeln üblich.
Ausstallen (W3) [Adelung]
Ausstallen, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist.
Die Pferde ausstallen, sie in einen andern Stall bringen.
Ausstämmen (W3) [Adelung]
Ausstämmen, verb. reg. act. bey den Tischlern und Zimmerleuten, mit
dem Stämmeisen heraus bringen; ingleichen aushöhlen. Daher die
Ausstämmung.
Ausstampfen (W3) [Adelung]
Ausstampfen, verb. reg. act. durch Stampfen heraus bringen, Die
Körner ausstampfen, aus den Ähren. Ingleichen metonymisch, die Ähren
ausstampfen. Daher die Ausstampfung. Oft auch aufhören zu stampfen;
als ein Neutrum.
Ausstand (W3) [Adelung]
Der Ausstand, des -es, plur. die -stände, im gemeinen Leben, was
ausstehet, besonders ausstehendes Geld, ausstehendeSchulden, und mit
der Oberdeutschen Verlängerung, der Außenstand. In Oberdeutschland
bedeutet Ausstand auch der Abzug aus einem Dienste. S. Ausstehen. Das
Adjectiv ausständig, ausständiges Geld, ausständige Schulden, ist
außer Oberdeutschland und einigen Hochdeutschen Kanzelleyen wenig
gebräuchlich. In einigen Gegenden hat man auch das Substantiv der
Ausständer, einen Bienenstock zu bezeichnen, der ausgewintert worden,
oder zum Auswintern geschickt ist.
Ausstänkern (W3) [Adelung]
Ausstänkern, verb. reg. act. 1) Durchaus mit Gestank erfüllen. Das
ganze Haus ausstänkern. 2) Ausspüren, ausfündig machen; im Scherze und
verächtlichen Verstande. S. Stänkern.
Ausstatten (W3) [Adelung]
Ausstatten, verb. reg. act. mit Überlieferung eines gewissen
Vermögens von sich lassen. Einen Sohn ausstatten, ihm so viel geben,
als zu Errichtung seiner eigenen Haushaltung nöthig ist. Eine Tochter
ausstatten, sie verheirathen, und sie dabey mit dem nöthigen
Hausgeräthe und den nöthigen Kleidern versehen. Nieders. ausraden, von
Rad, Geräth, mit dem nöthigen Geräthe versehen; in Friesland utbodeln
von Budel, Güter, Vermögen, gleichsam aus dem Hauptgute abfinden. S.
auch Aussteuern und Heirathsgut. Daher die Ausstattung, nicht allein
für die Handlung des Ausstattens, sondern auch für alles dasjenige,
was einem Kinde bey dieser Gelegenheit an Kleidern, Hausgeräth u. s.
f. mit Ausschließung des Heirathsgutes mitgeben wird.
Anm. Ausstatten
ist nach dem Lateinischen elocare gebildet. S. Abstatten. In
Oberdeutschland bedeutet es auch ausliefern; z. B. einen Missethäter
ausstatten, welches vielleicht noch dessen erste und eigentliche
Bedeutung ist.
Ausstäuben (W3) [Adelung]
Ausstäuben, verb. reg. act. im Innern von dem Staube reinigen. Ein
Zimmer ausstäuben. Daher die Ausstäubung.
Ausstäubern (W3) [Adelung]
Ausstäubern, verb. reg. act. welches das Iterativum des vorigen ist.
1) Für ausstäuben, doch nur figürlich und im gemeinen Leben. Einen
ausstäubern, ihn gleichsam wie Staub hinaus treiben, wofür auch das
Intensivum ausstäupern üblich ist. 2) Aussuchen, durchsuchen,
eigentlich von denjenigen Hunden, welche gemeiniglich Stäuber oder
Stöber genannt werden; ausstöbern. Die Stäuber pflegen alle Graben und
Hecken auszustäubern. S. auch Aufstöbern.
Ausstäupen (W3) [Adelung]
Ausstäupen, verb. reg. act. vermittelst des Staupenschlages
verweisen. Einen Übelthäter ausstäupen. Daher sie Ausstäupung.
Ausstechen (W3) [Adelung]
Ausstechen, verb. irreg. act. S. Stechen. 1. Vermittelst eines
Stiches heraus hohlen. 1) Eigentlich. Torf, Erde, einen Rasen
ausstechen. Einem die Augen ausstechen. Ausgestochene Austern. 2) In
weiterer Bedeutung, für ausschneiden. Die Wamme ausstechen, bey den
Kürschnern, sie aus dem Balge schneiden. Ingleichen für ausschauen.
Kleine Scheiben aus einer Eisenplatte mit einem stählernen Hauer
ausstechen, bey verschiedenen Metallarbeitern. 3) Figürlich. (a)
Austrinken, ausleeren, im Scherze. Ein Glas ausstechen, Opitz. Ich
habe manche Flasche Wein mit ihm ausgestochen, Less. (b) Jemanden
ausstechen, im gemeinen Leben, ihn mit List aus einem Vortheile
treiben, gleichsam ihn aus dem Sattel stechen, mit Anspielung auf die
alten Thurniere. Er hat mich bey ihm ausgestochen, mich aus seiner
Gunst gesetzet. 2. Mit Stichen aushöhlen. Einen Teich, einen Graben
ausstechen. In Stein, in Metall ausstechen. 3. Aus einander stechen.
Spitzen ausstechen, bey den Wäscherinnen, gewaschene Spitzen nach dem
Zäckchenmuster wieder durchstechen, damit sie neu scheinen.So auch die
Ausstechung in den eigentlichen und weitern Bedeutungen.
Ausstecken (W3) [Adelung]
Ausstecken, verb. reg. act. heraus oder hinaus stecken. Eine Fahne
ausstecken. Daher die Aussteckung.
Ausstehen (W3) [Adelung]
Ausstehen, verb. irreg. ( S. Stehen,) welches auf doppelte Art
gebraucht wird.I., Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, außer dem
Hause stehen, auswärts stehen. Mit Waaren ausstehen, auf dem Markte.
Der vor dem in fremden Landen, Als ein Doctor ausgestanden, Gell. Oft
auch so viel, als am Pranger stehen. Figürlich auch von dem Gelde,
welches man bey andern stehen oder zu fordern hat, in welcher
Bedeutung man in Oberdeutschland außen stehen, sagt. Vieles Geld bey
andern Leuten ausstehen, zu fordern, haben. Mein Gold steht noch aus.
Ausstehende Schulden.II. Als ein Activum, bis zum Ende einer
bestimmten Zeit stehen. 1) Eigentlich, im gemeinen Leben. Die ganze
Predigt ausstehen. 2) Figürlich. a) Bey den Innungen und Handwerkern,
die Lehrjahre ausstehen, die erforderliche Zeit über in der Lehre
verbleiben. Er hat die Jahre bey mir ausgestanden. b) Leiden,
erdulden, Schwed. utsta. Schmerzen, Hitze, Kälte, Angst, Ungemach,
Mühe, Arbeit ausstehen. Er hat viel ausgestanden. Ich stehe die größte
Qual aus. Ingleichen ertragen, übertragen, überstehen. Eine schwere
Krankheit, lange Belagerung ausstehen. Das ist noch auszustehen. Daher
die Ausstehung in den thätigen Bedeutungen.
Anm. In Oberdeutschland
gebraucht man ausstehen auch für abziehen. Die Magd wird morgen
ausstehen. Aus einem Amte, aus einem Dienste, aus einer Kost
ausstehen.
Aussteifen (W3) [Adelung]
Aussteifen, verb. reg. act. durchaus steif machen. Ein Kleid
aussteifen. Ingleichen im Innern mit Steifen verstehen. So steifet man
ein Brunnenloch aus, wenn man es mit Bretern und Balken ausschalet,
damit die Erde nicht nachschieße. Daher die Aussteifung.
Aussteigen (W3) [Adelung]
Aussteigen, verb. irreg. neutr. ( S. Steigen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, heraus steigen, am häufigsten absolute. Aussteigen,
aus dem Waagen, oder aus dem Schiffe steigen.
Ausstellen (W3) [Adelung]
Ausstellen, verb. reg. act. hinaus stellen. 1) Eigentlich Wachen,
Posten ausstellen. Waaren ausstellen, aussetzen. Besonders zur Schau,
zur Besichtigung hinstellen. Gemälde, Zeichnungen ausstellen. 2)
Figürlich. (a) Von sich stellen. Einen Revers, eine Handschrift, einer
Wechsel ausstellen. (b) Einer Veränderung aussetzen, bloß stellen.
Einen der öffentlichen Beschimpfung ausstellen, Raben. Der Arme ist
den Zufällen des Schicksals nicht mehr ausgestellet, als der Reiche,
Dusch; wofür doch aussetzen gewöhnlicher ist. (c) Aufschieben. Etwas
auf eine andere Zeit ausgestellt seyn lassen; wofür gleichfalls
aussetzen üblicher ist. Ingleichen völlig unterlassen. Ein Vorhaben
gar ausstellen. (d) Tadeln, vorzüglich in Oberdeutschland, für das
Hochdeutsche aussetzen. Er stellt mit höchstem Fleiß die kleinsten
Mängeln aus, Gryph. (e) * Einen gelinden Verweis geben; im
Oberdeutschen. Dieß wird dem Amte ausgestellet. Das Ausstellen ist in
der Oberdeutschen Kanzelleysprache die gelindeste Art des Verweises;
darauf folgt das stärkere Vorhalten; hierauf das noch stärkere
Verheben; ferner das Ahnden, und endlich das Verweisen, als die
stärkste Art.Daher die Ausstellung in allen obigen Bedeutungen,
besonders in Oberdeutschland, für Tadel. Ausstellungen wider etwas
machen, es tadeln. Das Adjectiv ausstellig, etwas ausstellig machen,
es tadeln, ist gleichfalls nur in der Oberdeutschen Mundart
gebräuchlich.
Ausstemmen (W3) [Adelung]
Ausstemmen, S. Ausstämmen.
Aussterben (W3) [Adelung]
Aussterben, verb. irreg. neutr. ( S. Sterben,) mit dem Hülfsworte
seyn, durch den Tod der Einwohner oder Besitzer leer werden. Das Haus,
das Dorf, die Stadt ist ausgestorben. Die Stadt ist wie ausgestorben,
wenn es todt, oder nicht lebhaft darin ist. Ingleichen durch den Tod
aufhören. Das ganze Geschlecht ist ausgestorben. Und mit euch muß die
Weisheit aussterben, Hiob 12, 2.
Aussteuern (W3) [Adelung]
Aussteuern, verb. reg. act. 1) Mit Ertheilung eines eigenen Vermögens
von sich lassen. Einen Sohn aussteuern, ihm seine eigene Haushaltung
errichten. Noch mehr aber, eine Tochter aussteuern, sie ausstatten,
ihr nicht nur die Ehesteuer geben, sondern sie auch mit dem nöthigen
Geräthe, Kleidern u. s. f. versehen; welches letztere in engerer
Bedeutung auch wohl allein unter diesem Worte verstanden wird. 2) In
den Begräbniß- und andern ähnlichen Gesellschaften steuert man sich
aus, wenn man eine gewisse bestimmte Anzahl versteuert hat, und
alsdann von allen fernern Beyträgen frey ist. So auch die
Aussteuerung.
Anm. Aussteuern, Schwed. utstyra, kommt in der noch
üblichen Bedeutung wohl am ersten in dem Schwabenspiegel vor, wo es
uzstiuren geschrieben wird. S. auch Heirathsgut. Das Nieders. utstüren
bedeutet über dieß auch aussenden, welches vielleicht die erste und
eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist. In dem Augsb. Stadtbuche von
1272 kommt Histivr, Heimsteuer, für Aussteuer vor.
Aussticken (W3) [Adelung]
Aussticken, verb. reg. act. mit Blumen ausnähen.
Ausstöbern (W3) [Adelung]
Ausstöbern, verb. reg. act. S. Ausstäubern.
Ausstochern (W3) [Adelung]
Ausstochern, verb. reg. act. Die Zähne ausstochern, durch Stochern
reinigen.
Ausstocken (W3) [Adelung]
Ausstocken, verb. reg. act. in dem Forstwesen, die Stöcke der
gefälleten Bäume ausgraben, nach dem Latein. exstirpare. Einen Wald
ausstocken, ihn ausrotten urbar machen. Daher die Ausstockung.
Anm. In
der Würtembergischen Jagdordnung bedeutet die Hunde ausstocken, so
viel als sie ausfüttern, welches Wort Frisch von Stock molossorum
copia, herleitet. S. Stock.
Ausstollen (W3) [Adelung]
* Ausstollen, verb. reg. act. bey den Weißgärbern, die gar gemachten
Felle auf dem Stolleisen gehörig ausdehnen und bearbeiten.
Ausstopfen (W3) [Adelung]
Ausstopfen, verb. reg. act. durch Stopfen ausfüllen, voll stopfen.
Ein Bett mit Federn, ein Küssen mit Sand ausstopfen. Einen Vogel, ein
Thier ausstopfen. In Oberdeutschland ausschopfen. Daher die
Ausstopfung.
Ausstören (W3) [Adelung]
Ausstören, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist.
1) Überall herum stören, auf eine unanständige Art durchsuchen. Alles
ausstören. 2) Auf solche Art finden. So auch die Ausstörung.
Ausstoß (W3) [Adelung]
Der Ausstoß, des -es, plur. die -stöße. 1) Der Stoß, welchen man im
Fechten auf seinen Gegner thut. 2) In der Feuerwerkskunst, die
gemischte Ladung von halb Korn- und halb
Mehlpulver, womit der Boden der Luftkugeln bedeckt wird, die
Versetzung auszustoßen oder auszutreiben; Französisch la Chasse.
Ausstoßen (W3) [Adelung]
Ausstoßen, verb. irreg. ( S. Stoßen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, auf einen
andern stoßen, in der Fechtkunst.II. Als ein Activum. 1) Hinaus
stoßen. Einen ausstoßen, aus dem Hause. Figürlich, als unwürdig von
einer Gesellschaft ausschließen. 2) Durch einen Stoß heraus bringen.
Einem ein Auge ausstoßen. Einen Meiler ausstoßen, bey den
Kohlenbrennern, ihn ausladen. Die Wege im Garten ausstoßen, mit dem
Stößer reinigen. Dem Fasse den Boden ausstoßen, im gemeinen Leben, mit
zu großer Heftigkeit verfahren. Figürlich, mit Heftigkeit von sich
geben, vorbringen. Seufzer ausstoßen. Die größten Beschuldigungen, die
sie wieder mich ausstoßen, sind nicht als Beweise ihres aufrichtigen
Herzens, Gell. Am häufigsten in verächtlicher Bedeutung. Schimpfreden,
Fluche, Gotteslästerungen ausstoßen. 3) Gehörig stoßen, durch Stoßen
den verlangten Grad der Güte geben, bey verschiedenen Handwerkern. Die
Bäcker stoßen den Teig aus, wenn sie ihn zum letzten Mahle mit
geballten Fäusten zerstoßen, welches auch ausfausten und durchknebeln
genannt wird. Bey den Lohgärbern wird das aus der Grube gebrachte
Leder mit dem Ausstoßeisen ausgestoßen oder gereiniget. Die Hutmacher
stoßen den gewalkten Hut aus, wenn sie ihn auf der Form mit der Faust
oder dem Ausstoßer die gehörige Gestalt geben. Bey den Buchbindern
werden die Breter ausgestoßen, wenn ihre Kanten mit dem Ausstoßhobel
abgenommen werden. Eine Ecke ausstoßen, bey den Mäurern, sie mit der "Kardätsche" glatt machen. Daher die Ausstoßung.
Ausstrecken (W3) [Adelung]
Ausstrecken, verb. reg. act. 1) Von sich strecken. Die Hände, die
Arme ausstrecken. Vergebens strecke ich meine Arme nach dir aus.
Ruchloser, schon strecket der Richter seine strafende Rechte über dich
aus, Dusch. Jetzt strecket die Ungerechtigkeit ihre grausamen Fäuste
nach meinem Eigenthume aus, ebend. 2) Ausdehnen. So strecken die
Schmiede ein dickes Eisen aus, wenn sie es dünner und länger
schmieden, welches auch ausziehen genannt wird. Auch die Hutmacher
strecken die Hüte aus, wenn sie selbige bey dem rein streichen mit der
Hand ausdehnen. Ingleichen figürlich. Welche Schatten von ügeln und
einsamen Bäumen streckten sich über die grüne Ebene aus! Dusch.So auch
die Ausstreckung.
Ausstreichen (W3) [Adelung]
Ausstreichen, verb. irreg. ( S. Streichen,) welches in doppelter
Gattung gebraucht wird.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn,
auswärts streichen, d. i. flüchtig herum gehen, im gemeinen Leben. Er
streicht bey Nacht aus. Der ein ist wie ein Löw' erhitzt, Der auf den
Raub pflegt auszustreichen, Opitz. Bey den Jägern bedeutet es gegen
Abend auf den Lerchenstrich gehen; ingleichen schnell laufen, von den
Hunden. In dem Bergbaue bedeutet das Ausstreichen des Ganges so viel
als dessen Ausgehen, wo er an der Oberfläche zum Vorscheine kommt. Der
Gang streicht zu Tage aus.II. Als ein Activum. 1. Mit Streichen aus
einem Orte treiben. Einen Dieb ausstreichen, für das niedrige
auspeitschen. 2. Aus einander streichen, eben streichen, gehörig
streichen. Die Weißgärber streichen die Felle aus, wenn sie selbige
nach dem Walken mit dem Streicheisen reinigen. Dagegen es bey den
Lohgärbern so viel als ausstoßen, oder von dem Fleische reinigen ist.
Die planirten Bogen ausstreichen, eben streichen, beyden Buchbindern.
3. Mit Strichen auslöschen. Eine Stelle in einem Briefe, ein Wort,
eine Schuld ausstreichen. 4. Durch Streichen aushöhlen. Die Furchen
mit dem Pfluge wohl ausstreichen, in der Landwirthschaft. 5. Heraus
streichen, d. i. gleichsam bestreichen oder bemahlen, um öffentlich
gesehen zu werden, in der figürlichen R. A. einen, oder etwas
ausstreichen, sehr loben; wofür man aber im Hochdeutschen lieber
heraus streichen sagt, obgleich auch dieses nur in den gemeinen Umgang
gehöret. Indessen gebraucht doch Opitz dieses Wort sehr oft in dem
anständigsten Zusammenhange, selbst von Gott, für preisen. Z. B. Du
des Levi werthes Haus Streich des Herren Lob heraus, Pf. 135. Und an
einem andern Orte: Streicht löblich aus dem Herren seine Werke. Frisch
führet aus Kaiserbergs Post. Bl. 18 folgende Stelle an, welche den
Ursprung dieser figürlichen R. A. anzeiget: Das Buch ist so hübsch
gerubrizirt und ausgestrichen; wo ausstreichen so viel als mit Farben
auszieren bedeutet. So auch die Ausstreichung in den fünf ersten
Bedeutungen des Activi.
Ausstreifen (W3) [Adelung]
Ausstreifen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, so aber wenig
gebräuchlich ist, aus einem Orte streifen, auswärts streifen. Die
Goldarten streifen aus, gingen auf Beute aus.
Ausstreiten (W3) [Adelung]
Ausstreiten, verb. irreg. S. Streiten. 1. Activum, einen Streit
vollenden. Den Streit des Glaubens ausstreiten. 2. Neutrum mit haben,
aufhören zu streiten.
Ausstreuen (W3) [Adelung]
Ausstreuen, verb. reg. act. hinaus streuen, aus einem Orte streuen.
1. Eigentlich. Den Samen ausstreuen. 2. Figürlich. 1) Austheilen. Der
Himmel hat dir die Reichthümer versagt, die er oft über Unwürdigere
ausgestreut hat, Dusch. Streue Wohlthaten, milde um dich aus, ebend.
2) Unter die Leute bringen, im nachtheiligen Verstande. Irrthümer,
Lügen ausstreuen.
Ausstrich (W3) [Adelung]
Der Ausstrich, des -es, plur. inusit. im Bergbaue, dasjenige Zinnerz,
welches das Wasser aus dem Flusse an das Ufer heraus gestrichen oder
heraus geschoben hat.
Ausströmen (W3) [Adelung]
Ausströmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich
stromweise ergießen, am häufigsten figürlich in der höhern Schreibart.
Die Empfindungen strömen so stark, wie meine Thränen, in Klagen aus,
Dusch.
Ausstückeln (W3) [Adelung]
Ausstückeln, verb. reg. act. stückweise ausschneiden, ein Wort,
welches nur in den Münzen üblich ist, wenn aus den geplätteten
Schienen runde Scheiben, so groß als die Münze werden soll,
ausgeschnitten werden. Daher Ausstückelung.
Ausstudiren (W3) [Adelung]
Ausstudiren, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich
ist. 1) Durch Studiren, oder Nachdenken, heraus bringen. Ich habe mir
viele Mühe geben müssen, das alles auszustudiren. Ich habe ihn schon
ausstudirt, ihn schon kennen gelernet. Das Recht, das Krieg hat
eingeführt, Wird in fünf Tagen ausstudirt, Logau. 2) Sein Studiren auf
Universitäten zu Ende bringen; als ein Neutrum. Ausstudiret haben. S.
Studiren.
Ausstumpeln (W3) [Adelung]
* Ausstumpeln, verb. reg. act. ein Kunstwort der Kohlenbrenner, die
Zwischenräume des großen Holzes mit kleinerm Holze ausfüllen. S.
Stumpeln.
Ausstürmen (W3) [Adelung]
Ausstürmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende
stürmen. Lassen sie ihr Herz ausstürmen; je stärker es brauset, desto
ruhiger wird es hernach. Ingleichen aufhören zu stürmen.
Ausstürzen (W3) [Adelung]
Ausstürzen, verb. reg. act. umstürzen und ausschütten. Das Wasser,
das Erz ausstürzen. Ingleichen umstürzen und aus-
leeren. Ein Gefäß ausstürzen. Den Kübel ausstürzen, im Bergbaue. Daher
der Ausstürzer, in den Bergwerken, der diese Arbeit verrichtet, und
die Ausstürzung.
Ausstützen (W3) [Adelung]
Ausstützen, verb. reg. act. inwendig mit den gehörigen Stützen
versehen. Einen Brunnen ausstützen, wenn er gegraben wird.
Aussuchen (W3) [Adelung]
Aussuchen, verb. reg. act. 1) Unter mehreren Dingen heraus suchen.
Das Beste aussuchen. Eine Waare aussuchen. Sich einem Ort zum
Aufenthalte aussuchen. 2) Völlig durchsuchen. Einen Ort, das ganze
Haus aussuchen. Er hat alles ausgesucht, aber nichts gefunden. Ich
habe den ganzen Schrank ausgesucht, Gell. So auch die Aussuchung.
Aussüßen (W3) [Adelung]
Aussüßen, verb. reg. act. in der Scheidekunst, die salzigen und
sauern Theile durch süßes Wasser heraus bringen, edulcorare, wie
Absüßen. Daher die Aussüßung.
Aust (W3) [Adelung]
* Der Aust, des -es, plur. car. bey den Fischern ein Nahme desjenigen
Insectes, welches im Hochdeutschen unter dem Nahmen des Uferaases am
bekanntesten ist. S. dieses Wort. Es ist eigentlich das
Niedersächsische Aust, für August, weil dieses Insect im
August-Monathe mit Strohsteuer herbey gelocket und zum Köder gebraucht
wird.
Austäfeln (W3) [Adelung]
Austäfeln, verb. reg. act. inwendig mit Tafelwerk bekleiden. Ein
Zimmer austäfeln. Daher die Austäfelung
Austanzen (W3) [Adelung]
Austanzen, verb. reg. act. bis zu Ende tanzen; Einen Tanz nicht ganz
austanzen. Ingleichen, aufhören zu tanzen; als ein Neutrum.
Austapeziren (W3) [Adelung]
Austapeziren, verb. reg. act. inwendig mit Tapeten bekleiden. Ein
Zimmer austapeziren. S. Tapeziren. Daher die Austapezirung.
Austauschen (W3) [Adelung]
Austauschen, verb. reg. act. für eine Sache eine andere gleicher Art
geben. Ich will es dir wieder austauschen. Oft auch von einem
betrüglichen Tausche, der wider Willen des andern geschiehet; dagegen
im guten Verstande auswechseln üblich ist. Einem seine Waare
austauschen. Daher die Austauschung.
Auster (W3) [Adelung]
Die Auster, plur. die -n, eine eßbare Seemuschel mit zwey Schalen.
Austern säen, nennen die Niederdeutschen Austernfischer, wenn sie die
jungen Austern von den Steinen oder alten Austern los machen, und in
die See an schicklichen Orten ausstreuen. Daher der Austerhandel, die
Austerschale, der Austernsammler, Austernfischer, die
Austernfischerey, der Austernfang u. s. f.
Anm. Der Nahme dieses
Schalthieres ist sich in allen Europäischen Sprachen ähnlich. Das
Nieders. Oster und im Plural Osters, das Holländ. Oester, das Schwed.
Ostra, das Angels. Ostre, das Engl. Oyster, das Franz. Huitre, das
Wallisische Vesirem, das Bretagnische Istr, das Latein. Ostrea und das
Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, können ihre
gemeinschaftliche Abstammung gewiß nicht verläugnen.
Austerbank (W3) [Adelung]
Die Austerbank, plur. die -bänke, eine Untiefe in der See, auf
welcher Austern gefunden werden; ein Austerngrund.
Austermann (W3) [Adelung]
Der Austermann, des -es, plur. die -männer, eine Art Seespecht mit
kurzem Schwanze, langen Flügeln, langen rothen Füßen, und einen rothen
Schnabel, wie der Storch, der an der Wurzel eingekerbt, am Ende aber
glatt ist. Er nähert sich von Austern, daher er auch Austerndieb,
Austernfischer, Austernvogel, und Engl. Oyster-catcher, Franz. le
Preneur d'huitres, Latein. Ostralega genannt wird. Außer dem nennt man
ihn auch die Meerälster; Haematopus Ostralegus, L.
Austernessel (W3) [Adelung]
Die Austernessel, plur. die n, ein gegliederter Wurm oder Art
Seenesseln, welche sich auf den Klippen und Austerschalen aufhält, und
einen runden bunten Saum, wie eine Blume hat, daher sie auch
See-Anemone, Seeblume. Seenelke, und wegen einer andern Ähnlichkeit
auch Seestrumpf und Seetasche genannt wird. Actinia senilis. L.
Austernschaber (W3) [Adelung]
Der Austernschaber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug der
Austernfischer mit einem Kasten und langen Stiele, die Austern damit
von den Steinen zu schaben.
Austheilen (W3) [Adelung]
Austheilen, verb. reg. act. an andere vertheilen; im Oberdeutschen
ausspenden. Geld, Korn, Geschenke austheilen. Das heilige Abendmahl
austheilen. Die Beute unter die Soldaten austheilen. Das Glück theilt
seine Gaben wunderlich aus. Die Hände der Vorsicht theilen alle Mahl
weise aus. Figürlich. Befehle austheilen. Stöße, Schläge austheilen.
Daher der Austheiler, in den Bergwerken, derjenige, der die Ausbeute
unter die Gewerken austheilet, und die Austheilung.
Austheren (W3) [Adelung]
Austheren, verb. reg. act. inwendig mit Ther bestreichen.
Austhun (W3) [Adelung]
Austhun, verb. irreg. act. ( S. Thun,) ein Wort, welches in allen
seinen Bedeutungen nur in dem gemeinen Umgange gebraucht wird,
vermuthlich weil der Begriff, den es gewähret, sehr allgemein und
unbestimmt ist. Es wird aber gebraucht, 1) für ausziehen, von sich
legen, von Kleidungsstücken. Ein Kleid austhun. Schuhe und Strümpfe
austhun, sich auskleiden. 2) Für auslöschen. Ein Licht austhun. Das
Feuer austhun. Eine Schuld, eine Rechnung austhun. 3) Andern leihen.
Geld auf Zinsen austhun. Ingleichen von Feldgütern, Äcker, Güter
austhun, verpachten.
Anm. Austhun, für sich auslassen, er thut sich
dessen nicht aus, er läßt es sich nicht merken, ingleichen groß
austhun, prahlen, klein austhun, dessen Gegensatz, sind selbst im
Oberdeutschen niedrig.
Austhüren (W3) [Adelung]
* Austhüren, verb. reg. act. bey den Windmüllern, die Thüren oder
dünnen Breter aus den Mühlflügeln nehmen.
Austiefen (W3) [Adelung]
Austiefen, verb. reg. act. tief ausgraben. Einen Keller, einen Graben
austiefen. Ingleichen bey den Kupferschmieden, wie austiefen. Daher
die Austiefung.
Austilgen (W3) [Adelung]
Austilgen, verb. reg. act. vertilgen, des Daseyns der Art nach
berauben; fast wie vertilgen. Daher Unkraut austilgen. Ein Geschlecht
austilgen. Ingleichen, des wirksamen Daseyns, der Folgen berauben.
Sollte dieser Anblick nicht ihren Haß austilgen? Weiße. Ach könnte ich
doch das ganze Gedächtniß meiner Handlungen austilgen! Dusch. O
tilgten jene Nacht Die Götter auch aus meinem Leben aus! Weiße. So
auch die Austilgung.
Austoben (W3) [Adelung]
Austoben, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende
toben, so wohl eigentlich, als figürlich. Einen austoben lassen. Den
Most, das Bier austoben lassen. Die Jugend muß austoben. Ingleichen
aufhören zu toben. Die Angst, die sich gequält, hat endlich ausgetobt,
Schleg.
Austonnen (W3) [Adelung]
Austonnen, verb. reg. act. inwendig mit Bretern bekleiden, in dem
Bergbaue. Einen Schacht austonnen. Daher die Austonnung.
Austraben (W3) [Adelung]
Austraben, verb. reg. neutr. welches wohl nur im Infinitiv üblich
ist; in der R. A. ein Pferd austraben lassen, es so stark traben
lassen, als es kann.
Austrag (W3) [Adelung]
Der Austrag, des -es, plur. die -träge. 1) Die Handlung des
Austragens, so fern dieses Wort entscheiden bedeutet, die Entscheidung
einer zweifelhaften Sache, besonders eine gerichtliche Entscheidung,
ehedem auch Austracht, Ußtrack, und im Nieders. Utdrag; größten Theils
nur in der R. A. bis zum Austrag der Sache, nach Austrag der Sache,
vor Austrag der Sache. Daher 2) in dem Deutschen Staatsrechte die
Austräge, im Plural, und ohne Singular, privilegierte und oft selbst
gewählte Schiedsrichter der Reichstände sind, vor welchen ihre
Streitigkeiten in der ersten Instanz ausgemacht werden, und welche
wieder in ge-
willkürte Austräge und Reichsausträge getheilet werden. Jene werden
von den streitigen Ständen selbst nach eigenem Willkür angeordnet,
diese aber sind von dem gesammten Reiche eingeführet und mit den
gehörigen Vorschriften versehen worden. S. das folgende Verbum,
ingleichen Bundesaufträge, Landesausträge, Familienausträge,
Stammausträge, Reichsausträge.
Anm. In Baiern bedeutet Austrag auch die
Wohnung eines Tagelöhners, ein Häuschen ohne Acker, und ein solcher
Tagelöhner wird daselbst ein Austrägler genannt.
Austragen (W3) [Adelung]
Austragen, verb. irreg. ( S. Tragen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Hinaus tragen. 1). Eigentlich. Eine
Leiche austragen. Du wirst das Bad austragen, dafür büßen, müssen. Brot, Semmeln austragen, bey den Bäckern, sie in die Brotbank tragen,
ingleichen sie auf dem Lande herum tragen. 2) Figürlich, ausplaudern,
im gemeinen Leben. Ein Geheimniß austragen. Er tragt alles aus.
Jemanden austragen, ihn auf eine nachtheilige Art bekannt machen. 2.
Aus einander tragen, d. i. entwickeln; eine Bedeutung, welche sich
bloß auf Wachters Treu und Glauben gründet, der dem einfachen tragen,
die Bedeutung des Verwickelns beylegt, obgleich das von ihm angeführte
Latein. tricae und Französ. Intrigue, die Sache noch nicht beweisen.
Wenn aber diese Bedeutung Grund hätte, so würde sie den figürlichen
Gebrauch dieses Wortes, da es im rechtlichen Verstande noch zuweilen
für ausmachen, entscheiden, gebraucht wird, sehr gut erklären. Eine
Sache austragen, ausmachen. Etwas mit einem auszutragen haben. Seine
Sache vor Gerichte, mit dem Degen, in der Güte austragen. Mainz erboth
sich, seine Händel mit Cöln vor dem Kaiser und Reiche auszutragen,
auszumachen. S. Austrag. In Königshovens Chronik kommt es auch für
verurtheilen, verdammen vor. S. Schilters Gloss. v. Dragen.II. Als ein
Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, betragen, ausmachen, an Zahl, Maß
und Gewicht. Es trägt nicht viel aus. Es trägt nur einige Thaler aus.
Es wird nur ein Paar Thaler austragen.Daher die Austragung in den
Bedeutungen des Activi.
Austräglich (W3) [Adelung]
Austräglich, -er, -este, adj. et adv. was viel austrägt, in der
Bedeutung des Neutrius. S. Ertrag. Ein austrägliches Amt, ein
austräglicher Dienst; wofür man doch lieber einträglich sagt.
Austrauern (W3) [Adelung]
Austrauern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende
trauern, ingleichen aufhören zu trauern. Die gewöhnliche Zeit
austrauern. Junge Witwen haben bald ausgetrauert.
Austräumen (W3) [Adelung]
Austräumen, verb. reg. act. bis zu Ende träumen. Einen Traum
austräumen. Ingleichen aufhören zu träumen; als ein Neutrum.
Austreiben (W3) [Adelung]
Austreiben, verb. irreg. act. S. Treiben. 1) Heraus treiben, hinaus
treiben, so wohl eigentlich als figürlich. Das Vieh austreiben, auf
die Weide. Des Morgens wenn der Hirt austreibt. Den Teufel austreiben. Den Schweiß austreiben. Schweiß treibende Mittel. Die Wollust treibt
die Tugend aus. Daher die Austreibung. 2) Aufhören zu treiben; als ein
Neutrum, mit haben, besonders mit Hüttenbaue, wo man austreibt, wenn
man den hohen Ofen ausgehen läßt.
Austrennen (W3) [Adelung]
Austrennen, verb. reg. act. heraus trennen, abtrennen und heraus
nehmen; bey den Schneidern und Nähterinnen. Das Futter austrennen, aus
einem Kleide. Daher die Austrennung.
Austreten (W3) [Adelung]
Austreten, verb. irreg. ( S. Treten,) welches auf gedoppelte Art
gebraucht wird.I. Als ein Activum. 1) Heraus treten, durch Treten
heraus bringen. Die Körner austreten, aus den Ähren. Die Trauben
austreten. Einem die Schuhe austreten, im gemeinen Leben, figürlich,
sich in dessen Stelle drängen, ihn durch List eines Vortheils
berauben. 2) Aus einander treten. Den Speichel austreten. Ingleichen
durch Treten erweitern. Die Schuhe austreten. 3) Durch Treten
aushöhlen. Die Stufen einer Treppe austreten. Der Grabstein ist sehr
ausgetreten.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) Den Fuß
im Gehen aufheben. Im geschlossenen Marsche müssen alle Soldaten
zugleich austreten. 2) Aus seinen Grenzen, aus einen bestimmten Orte
treten. Das Wasser tritt aus. Der Fluß ist ausgetreten. Da wo der Bach
auf die Wiese ausgetreten war. Das Austreten des Mastdarmes.
Ingleichen figürlich, auf kurze Zeit flüchtig werden, als ein
gelinderer Ausdruck für das härtere ausreißen. Es sind viele Soldaten
ausgetreten. Der Kaufmann ist ausgetreten. Daher die Austretung in den
Bedeutungen des Activi; und zuweilen auch der Austreter, der
ausgetretene, in der zweyten Bedeutung des Neutrius.
Anm. Austreten für
ausschweifen, in moralischer Bedeutung, Gestalt pflegt auszutreten Und
ist ihr Kuppler selbst, Opitz, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Daß
die gemeinen Leben übliche R. A. die Kinderschuhe noch nicht austreten
haben, noch in der Kindheit leben, dem heutigen Gebrauche des Verbi
nach, einen falschen Begriff gewähre, hat schon Frisch angemerket. Es
sollte heißen: noch nicht aus den Kinderschuhen getreten seyn. Man
müßte denn hier die zweyte thätige Bedeutung der Verbi annehmen, da es
denn eigentlich jemanden bedeuten würde, der noch nicht lange in den
Kinderschuhen gehet.
Austreugen (W3) [Adelung]
+ Austreugen, S. Austrocknen.
Austrieb (W3) [Adelung]
Der Austrieb, des -es, plur. die -e, was aus- oder heraus getrieben
ist; nur in einigen Fällen. Der jüngste Austrieb an dem Weinstocke,
der jüngste Trieb.
Austriefen (W3) [Adelung]
Austriefen, verb. reg. neutr. 1) Mit seyn, heraus triefen. 2) Mit
haben, aufhören zu triefen.
Austrinken (W3) [Adelung]
Austrinken, verb. irreg. act. S. Trinken, trinkend ausleeren. Den
Wein austrinken. Ein Glas austrinken. Ein heißer Durst glaubt Bäche
auszutrinken, Dusch.
Austritt (W3) [Adelung]
Der Austritt, des -es, plur. die -e. 1) Das Austreten in der
Mittelgattung; ohne Plural. Bey meinem Austritte aus dem Hause, als
ich aus dem Hause trat. Der Austritt eines Planeten aus dem Schatten
des andern. So auch figürlich. Der bösliche Austritt eines
Schuldeners. 2) Der Ort auf welchem man austritt, besonders an einigen
Orten, diejenigen Stufen einer Treppe, von welchen man in das Zimmer
tritt. Ingleichen der Balcon vor einem Fenster, auf welchen man aus
dem Zimmer tritt.
Austrockenen (W3) [Adelung]
Austrockenen, zusammen gezogen Austrocknen, verb. reg. Es ist:I. Ein
Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, trocknen und dadurch leer werden.
Der Fluß, der Teich ist ausgetrocknet. Ingleichen im Innern trocken
werden, völlig trocken werden. Die Waare trocknet ganz aus.II. Als ein
Activum, trocken machen und dadurch ausleeren. Die Sonne hat den Fluß
ausgetrocknet. Einen Teich austrocknen. Ingleichen, inwendig trocken
machen. Eine gescheuerte Stube austrocknen. Daher die Austrocknung. In
den gemeinen Sprecharten Obersachsens austreugen, nach den
Niedersächsischen drögen, trocknen.
Austrommeln (W3) [Adelung]
Austrommeln, verb. reg. act. 1) Vermittelst des Trommelschlages
bekannt machen. Etwas austrommeln. 2) Mit Rührung der Trommel
verweisen. S. Auspauken. 3) Durch Trommeln heraus bringen. So trommelt
man an einigen Orten die Bienen aus, wenn man sie durch Trommeln auf
dem Stocke heraus treibet, welches auch abtrommeln genannt wird.
Austrompeten (W3) [Adelung]
Austrompeten, verb. reg. act. vermittelst der Trompete bekannt
machen. In Warschau werden alle Verordnungen austrompetet. Figürlich,
laut bekannt machen, im verächtlichen Verstande, wie ausposaunen.
Auströpfeln (W3) [Adelung]
Auströpfeln, verb. reg. neutr. 1) Mit seyn, heraus tröpfeln, in
Gestalt kleiner Tropfen heraus rinnen. Der Wein ist ausgetröpfelt, aus
dem Fasse. 2) Mit haben, aufhören zu tröpfeln.
Austropfen (W3) [Adelung]
Austropfen, verb. reg. neutr. 1) Mit seyn, heraus tropfen, in Gestalt
der Tropfen heraus rinnen. Der Wein ist ausgetropfet, aus dem Fasse.
2) Mit haben, aufhören zu tropfen.
Austrotzen (W3) [Adelung]
Austrotzen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu trotzen. Hast du
noch nicht bald ausgetrotzet.
Austrumpfen (W3) [Adelung]
+ Austrumpfen, verb. reg. neutr. mit haben, Trumpf ausspielen, im
Kartenspiele.
Austünchen (W3) [Adelung]
Austünchen, S. Ausweißen.
Austunken (W3) [Adelung]
Austunken, verb. reg. act. durch Eintunken heraus bringen, ausleeren.
Eine Brühe austunken. In den niedrigen Sprecharten austütschen.
Austuschen (W3) [Adelung]
Austuschen, verb. reg. act. mit Tusche ausmahlen. Einen Riß, eine
Zeichnung austuschen.
Ausüben (W3) [Adelung]
Ausüben, verb. reg. act. 1) Sehr üben, durch Übung vollkommen machen.
Seinen Verstand ausüben. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung selten,
im Oberdeutschen aber ist sie häufiger. Denn du hast mich gelehrt und
ausgeübt, Opitz. Ps. 119, 51. Und an einem andern Orte sagt eben
derselbe von der Tugend: Sie ist wohl ausgeübt, sich doch empor zu
schwingen. 2) In die Übung bringe, thätig machen. Eine Kunst, eine
Wissenschaft ausüben. Ingleichen 3) in weiterer Bedeutung, begeben,
aber gemeiniglich nur im nachtheiligen Verstande. Rache an jemanden
ausüben. Viele Grausamkeiten, Schandthaten, Verbrechen ausüben. Daher
die Ausübung. Etwas in Ausübung bringen, in der zweyten Bedeutung,
eine erkannte Wahrheit thätig machen. S. Üben.
Auswaschen (W3) [Adelung]
Auswaschen, verb. irreg. neutr. ( S. Waschen,) welches auf doppelte
Art gebraucht wird.I. Mit dem Hülfsworte seyn. 1. Heraus wachsen, am
häufigsten in einer bey Verbis diese Art gewöhnlichen Metonymie. Das
Getreide ist ausgewachsen, wächst aus. Ingleichen figürlich, von
Menschen. Ausgewachsen seyn, bucklig seyn. 2. Zur völligen Größe
wachsen, von Menschen und Thieren. Ein starker, ausgewachsener junger
Mensch.II. Mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu wachsen. Er hat noch
nicht ausgewachsen.Daher die Auswachsung, in der ersten Bedeutung,
besonders von dem Getreide.
Auswägen (W3) [Adelung]
Auswägen, verb. reg. oder nach andern irreg. act. S. Wägen. 1) Heraus
wägen, nach dem Gewichte aussuchen. Die Ducaten auswägen. 2) Hinaus
wägen, nach dem Gewichte vertheilen, oder auch im einzelnen verkaufen.
Butter, Käse u. s. f. auswägen. So auch die Auswägung. S. auch
Auswägen.
Auswahl (W3) [Adelung]
Die Auswahl, plur. inusit. das Auswählen. Eine Auswahl treffen,
auswählen. Ingleichen was ausgewählet worden. Eine Auswahl von Sägen,
Wahrheiten u. s. f.
Auswählen (W3) [Adelung]
Auswählen, verb. reg. act. unter mehreren wählen, wählen und heraus
nehmen. Ich habe es mir ausgewählt. Daher die Auswählung. S. auch
Auserwählen.
Auswalzen (W3) [Adelung]
Auswalzen, verb. reg. act. vermittelst einer Walze heraus bringen.
Die Körner auswalzen, aus den Ähren. Das Getreide auswalzen, in der
Landwirthschaft. Daher die Auswalzung.
Auswandern (W3) [Adelung]
Auswandern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn. 1) Aus einem
Orte wandern. Ein Handwerksbursch wandert aus, wenn er auf die
Wanderschaft gehet. Er wandert von einem Orte aus, wenn er denselben
verläßt, aus demselben wandert. Besonders von Unterthanen, dir mit
ihrer Habe aus einem Lande ziehen; nach dem Latein. emigrare. Daher
die Auswanderung, und das Auswanderungsrecht, die Freyheit, in
gewissen Fällen ungehindert aus einem Orte oder Lande ziehen zu
dürfen; Jus emigrandi. 2) Völlig durchwandern. Er ist die halbe Welt
ausgewandert. 3) Mit dem Hülfsworte haben kann man auch sagen, er hat
nunmehr ausgewandert, er hat aufgehöret zu wandern.
Auswannen (W3) [Adelung]
Auswannen, verb. reg. act. mit der Wanne reinigen. Alles Getreide
auswannen.
Auswärmen (W3) [Adelung]
Auswärmen, verb. reg. act. durch und durch wärmen, zur Genüge wärmen.
Sich auswärmen. In den Schmelzhütten und Kupferhämmern wird dieses
Wort für ausglühen gebraucht. Daher der Auswärmer, der das Eisen
auswärmet, der Auswärmofen, in welchem die Stücke Kupfer gewärmet
werden, die Auswärmzange, womit sie auf den Herd gehoben werden, und
die Auswärmung.
Auswarten (W3) [Adelung]
Auswarten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende
warten, im gemeinen Leben. Die Predigt, die Komödie auswarten. Ich
werde meine Lobrede nicht auswarten, Gell.
Auswärtig (W3) [Adelung]
Auswärtig, adj. et adv. auswärts, d. i. außer unserm Orte oder Lande,
befindend. S. Wart. Ein auswärtiges Freund, der sich außer unserm Orte
oder Lande befindet. Auswärtige Waaren, die aus einem andern Lande
kommen, besser fremde, ausländische Waaren.
Anm. Uzuuertig kommt zwar
schon bey dem Notker vor; allein es bedeutet daselbst auswendig.
Auswärts (W3) [Adelung]
Auswärts, ein Umstandswort des Ortes. 1) Nach außen zu. Auswärts
gehen, die Füße im Gehen auswärts richten, im Gegensatze des einwärts.
Etwas auswärts biegen. 2) Außer unserm Orte oder Lande. Auswärts
wohnen, in der Fremde. Auswärts seyn, außer dem Hause. Auswärts Rath,
Hülfe suchen.
Anm. Engl. outward, Angels. utweard, Holländ. uutwaerds.
Uzuuertes und uzuuert, bedeutet bey dem Notker so viel als außer. S.
Wart.
Auswaschen (W3) [Adelung]
Auswaschen, verb. irreg. act. S. Waschen. 1) Durch Waschen heraus
bringen. Einen Flecken auswaschen. Ingleichen metonymisch, durch
Waschen reinigen. Wolle, schmutzige Wäsche auswaschen. 2) Das Innere
einer Sache waschen. Ein Gefäß, eine Wunde auswaschen. 3) Durch
Waschen aushöhlen, uneigentlich. Der Regen hat die Felder, die Wege
ausgewaschen. 4) Durch Waschen, d. i. Schwatzhaftigkeit, unter die
Leute bringen, im gemeinen Leben. Die Sache ist schon ausgewaschen,
ausgeplaudert. 5) * Ein Floß auswaschen, in einigen Gegenden,
besonders an der Elbe, es an das Land bringen, welches von eigenen
Holzauswäschern geschiehet. S. Waschen. 6) Aufhören zu waschen; als
ein Neutrum, mit haben. So auch die Auswaschung, in den thätigen
Bedeutungen.
Auswässern (W3) [Adelung]
Auswässern, verb. reg. act. durch Einweichung im Wasser von dem
Salze, der Säure u. s. f. befreyen. Häringe, den Stockfisch
auswässern. Daher die Auswässerung.
Auswechseln (W3) [Adelung]
Auswechseln, verb. reg. act. ein Ding für ein anderes gleicher Art
geben; in Preußen auswelschen. Die Gefangenen, die Geißel, die
Ratificationen eines Vertrages gegen einander auswechseln. Bringen sie
mir das Geld wieder, ich will es ihnen auswechseln, anders dafür
geben. S. auch Einwechseln und Austauschen. Einen Schacht auswechseln,
heißt in dem Bergbaue, denselben anstatt des anbrüchigen Holzes mit
frischen Holze bekleiden. Auswechselhäuer sind eben daselbst
diejenigen Arbeiter, welche besonders zu Zimmerarbeiten gebraucht
werden. So auch die Auswechselung.
Ausweg (W3) [Adelung]
Der Ausweg, des -es, plur. die -e, eigentlich ein Weg, vermittelst
dessen man aus einem Orte kommt, in welcher Bedeutung es aber wenig
gebraucht wird. Figürlich, Mittel, sich von einer Verlegenheit zu
befreyen. Einen vernünftigen Ausweg suchen. Keinen Ausweg finden.
Ingleichen, Auswege suchen, Ausflüchte. Er weiß immer Auswege. Endlich
auch, aber seltener, Mittel, einen Endzweck zu erreichen. Ich habe
endlich einen Ausweg gefunden.
Auswehen (W3) [Adelung]
Auswehen, verb. reg. act. durch Wehen auslöschen, von dem Winde. Der
Wind hat das Licht ausgewehet.
Ausweichen (W3) [Adelung]
1. Ausweichen, verb. reg. von weich, mollis. 1. Activum, weich machen
und heraus nehmen. 2. Neutrum, mit seyn, weich werden und heraus
gehen. Daher die Ausweichung.
Ausweichen (W3) [Adelung]
2. Ausweichen, verb. irreg. neutr. ( S. Weichen,) welches das Hülfswort
seyn erfordert, aus seinem Orte weichen, auswärts weichen. Das
Zimmerholz weicht aus, wenn es an dem Gebäude aus seiner Lage weicht.
Der Sand weicht unter dem Fuße aus. De Fuß ist mir ausgewichen, so
wohl eigentlich als figürlich. Mein Fuß wich oft Von seinem Pfad zur
Seite aus, Gieseke. Einem ausweichen, vor ihm aus dem Wege gehen;
ingleichen figürlich, seine Gegenwart zu vermeiden suchen. Wie oft bin
ich mit Zwang die schamroth ausgewichen? Gell. Einem Stoße ausweichen,
ihn pariren. Jemandes Fragen ausweichen, seine Fragen, oder auch deren
Beantwortung zu vermeiden suchen. Um allen meinen Bitten auszuweichen,
überläßt sie sich ihrem Schicksale, Dusch. Daher die Ausweichung.
Anm.
Da dieses Wort als ein Neutrum nur mit dem Dative der Person oder
Sache gebraucht werden kann, so ist es ein Fehler, wenn man es als ein
Passivum gebraucht. In jedem Augenblicke ihrer Regierung ward ein
Gesetz verdreht, ein Befehl übertrieben, ein anderer ausgewichen. Es
sollte heißen, es wurde demselben ausgewichen.
Ausweinen (W3) [Adelung]
Ausweinen, verb. reg. act. 1) Weinend hervor bringen, von Thränen, in
der höhern Schreibart. Noch hast du nicht alle Thränen um sie
ausgeweint, Dusch. Können sie beyde ohne Thränen sehen? Amalia kann es
nicht. Sie soll sie in der Stille ausweinen. Ingleichen mit den
Thränen von sich geben. Sein Sohn umfaßte da seyn Knie und weinte Sein
Leben aus, Weiße. 2) Ausweinen, oder sich ausweinen, zur Genüge
weinen, seinen ganzen Kummer in Thränen ausschütten, gleichfalls in
derhöhern Schreibart. Du eiltest aus meiner Umarmung hinweg, einsam
dich auszuweinen, Dusch. Ich bin der Stadt entflohen Und bin hieher
gekommen,Einmahl recht auszuweinen, Zachar. 3) Sich die Augen
ausweinen, sehr weinen. Ich habe schier meine Augen ausgeweinet,
Klagel. 2, 11. 4) Aufhören zu weinen, als ein Neutrum, mit haben.
Ausweisen (W3) [Adelung]
Ausweisen, verb. irreg. act. S. Weisen. 1) Aus einem Orte weisen,
wofür doch verweisen üblicher ist. Jemanden ausweisen. 2) Bis zu Ende
weisen; doch nur in der figürlichen Bedeutung, durch den Erfolg
bekannt machen. Die Zeit wird es ausweisen. Es wird sich bald
ausweisen müssen. In dieser zweyten Bedeutung ist das Passivum
ungewöhnlich. Daher die Ausweisung, welches oft so viel als das
Zeugniß, den deutlichen Inhalt bedeutet; z. B. nach Ausweisung der
Gesetzes, der Urkunden, wofür man im Oberdeutschen auch Ausweis
gebracht.
Ausweißagen (W3) [Adelung]
* Ausweißagen, verb. reg. neutr. mit haben, welches ungewöhnlich,
wenigstens niedrige Wort nur 1. Sam. 10, 13. vorkommt; und da der
ausgeweißaget hatte, da er aufgehöret hatte zu weißagen.
Ausweißen (W3) [Adelung]
Ausweißen, verb. reg. act. inwendig weißen, oder weiß machen. Ein
Zimmer ausweißen; in Oberdeutschland austünchen. Daher die Ausweißung.
Ausweiten (W3) [Adelung]
Ausweiten, verb. reg. act. durch Ausdehnung in Innern weit machen.
Die Handschuhe, die Schuhe ausweiten. Daher die Ausweitung.
Auswendig (W3) [Adelung]
Auswendig, adj. et adv. von dem ungewöhnlichen Verbo auswenden. 1)
Dem Orte nach, was sich außen an einer Sache befindet, nach außen zu
gewandt ist; im Gegensatze dessen, was inwendig ist. Die auswendige
Seite. Auswendig siehet es weiß, inwendig aber schwarz aus. In der
edlern Schreibart gebraucht man für dieses Wort lieber das Adjectiv
äußere, oder das Adverbium von außen. 2) Figürlich, aus dem
Gedächtnisse, außer dem Buche, in welcher Bedeutung es als ein
Adverbium gebraucht wird. Etwas auswendig können oder wissen. Etwas
auswendig lernen.
Anm. Uzzeneuuendiun kommt schon in der alten Urkunde
der Könige Ludwig und Lothar vom Jahre 810 vor, bedeutet daselbst aber
außerhalb. In Oberdeutschland wird es noch jetzt für auswärtig
gebraucht, z. B. ein auswendiger Mann, ein Ausländer. In der zweyten
Bedeutung gebraucht Kero dafür herz. lihho, wo aber im Lat. ex corde
steht, und Ottfried uzana.
Auswerfen (W3) [Adelung]
Auswerfen, verb. irreg. S. Werfen. Es ist: I. Ein Neutrum, mit haben.
1. Auswärts werfen. Ein Pferd wirft gut aus, wenn es im Gehen die
Vorderschenkel auswärts wirft. Ingleichen von den Pendul-Uhren, wo ein
Perpendikel gut auswirft, oder den gehörigen Auswurf hat, wenn er
einen weiten Zirkelbogen beschreibt. 2. Anfangen zu werfen, im
Würfelspiele; welches auch anwerfen genannt wird.II. Ein Activum. 1.
Durch Auswerfen eines andern Körpers aus seinem Orte bringen. Einem
ein Auge, einen Zahn auswerfen. 2. Hinaus werfen. 1) Eigentlich. Geld
auswerfen, unter das Volk. Das Netz auswerfen. Was für Künste bediente
sie sich, dich in ihr ausgeworfenes Netz zu ziehen? 2) In weiterer
Bedeutung. (a) Mit Heftigkeit von sich geben. Blut, Schleim auswerfen,
für das niedrige ausspeyen. Der Berg wirft Feuer, das Meer Sand aus.
Wie das tobende Meer, Sand und Steine an das Ufer auswirft. (b) Den
Anker auswerfen, in der Seefahrt, ihn auf den Grund des Meeres sinken
lassen. So auch ein Both, einen Kahn auswerfen. (c) Für ausschießen,
auslesen und verwesen. Im
Zählen das böse Geld auswerfen. (d) Figürlich. (1) Verschneiden,
castriren. Ein Pferd auswerfen. Eine Hündinn auswerfen, bey den
Jägern. (2) Einen Graben auswerfen, die Erde und den Schlamm heraus
schaffen. Einen Hasen, einen Fuchs auswerfen, bey den Jägern; S.
Ausweiden. (3) Besonders schreiben. Zahlen auswerfen, in der
Rechenkunst. Eine Summe auswerfen. (4) Aussetzen, bestimmen. Einem
eine Besoldung, einen Gehalt, ein Jahrgeld auswerfen. (5) Jemanden
auswerfen, in der höhern Schreibart, alle Verbindung mit ihm als einem
Unwürdigen aufheben, ihn ausstoßen. Willig verläßt meine Seele eine
Welt, die mich auswirft, und keine Freude mehr für mich haben kann,
Dusch.Daher die Auswerfung. S. auch Auswurf.
Auswetzen (W3) [Adelung]
Auswetzen, verb. reg. act. durch Wetzen heraus bringen. Eine Scharte
auswetzen, welche R. A. im gemeinen Leben auch figürlich gebraucht
wird, einen begangenen Fehler verbessern.
Auswickeln (W3) [Adelung]
Auswickeln, verb. reg. act. aus einander wickeln, auswickeln und
heraus nehmen. Ein Kind auswickeln, es aus den Windeln nehmen.
Figürlich, aber seltener, für entwickeln. Die Auswickelung der
Gedanken. Der thätige Verstand vergleicht, trennt und verbindet, Und
wickelt Folgen aus, Dusch. Ingleichen, sich auswickeln, sich von einer
Verlegenheit befreyen, sich auf eine geschickte Art einer
Verbindlichkeit entziehen, von einem Verdachte befreyen. Daher die
Auswickelung.
Auswiegen (W3) [Adelung]
Auswiegen, S. Auswägen.
Auswindeln (W3) [Adelung]
Auswindeln, verb. reg. act. 1) Aus den Windeln nehmen. Ein Rind
auswindeln. 2) * Einen Boden auswindeln, ihn mit Stabholz, welches mit
Stroh und Lehm umwunden worden, auslegen; daher ein solcher Boden ein
Windelboden heißt.
Auswinden (W3) [Adelung]
Auswinden, verb. irreg. act. S. Winden. 1) Durch winden oder zusammen
drehen heraus bringen, ausringen. Das Wasser auswinden, aus der
Wäsche. Ingleichen metonymisch, die Wäsche auswinden. 2) Einem etwas
auswinden, es ihm aus der Hand winden oder drehen. Der Mann Dem noch
kein stärkerer die Palmen ausgewunden, Günth. Daher die Auswindung.
Auswintern (W3) [Adelung]
Auswintern, verb. reg. Ist 1) ein Activum, durch den Winter bringen,
bis zu Ende des Winters im guten Stande erhalten. Das Vieh, die
Pflanzen auswintern. 2) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, im
Winter verderben, vergehen. Auf den meisten Feldern waren von der
vielen Nässe alle Gründe ausgewintert, die Staat war ausgegangen. Das
Korn ist ausgewintert, im Winter erfroren.
Auswipfeln (W3) [Adelung]
Auswipfeln, verb. reg. act. der Gipfel oder Wipfel berauben, im
Forstwesen. Die Baume auswipfeln. Daher die Auswipfelung. An einigen
Orten sagt man auch, Wein, Bier auswipfeln, durch ausgehängte
Fichtenwipfel feil biethen.
Auswippen (W3) [Adelung]
Auswippen, verb. reg. act. vermittelst der Wage auslesen, im
verächtlichen Verstande. Eine Münzsorte auswippen, die schweren Stücke
aus jüdischer Absicht vermittelst der Wage auslesen. S. Wippe und
Wipper.
Auswirken (W3) [Adelung]
Auswirken, verb. reg. act. 1) Durch Wirken, d. i. Arbeiten, heraus
bringen. (a) Eigentlich, wo dieses Wort am häufigsten metonymisch, und
als ein Kunstwort verschiedener Lebensarten gebraucht wird. Den Huf
eines Pferdes auswirken, oder ein Pferd auswirken, bey den
Grobschmieden, das Überflüssige an dem Hufe mit dem Wirkmesser
wegschneiden. Einen Hirsch, eine Sau auswirken, bey den Jägern, sie
aus der Haut nehmen und zerlegen, wofür doch zerwirken üblicher ist.
Bey den Salzfiedernbedeutet es, das gesottene Salz aus der Pfanne in
Körbe schütten. (b) Figürlich, durch Bitten oder Bemühung erhalten.
Einen Befehl, ein Decret auswirken. Einem ein Amt, eine Gnade
auswirken. 2) Zur Genüge wirken. Den Teig auswirken, bey den Bäckern,
ihn, wenn er nach dem Kneten aufgegangen, noch ein Mahl durcharbeiten.
Die figürliche Bedeutung, in welcher Logau dieses Wort gebraucht, ist
im Hochdeutschen nicht gewöhnlich: Wer nicht versucht, der weiß nicht
was er kann, Die Übung wirkt uns aus, Versuch der führt uns an. 3) Bey
den Webern bedeutet es, ein Gewebe vollenden und es von dem Stuhle
schneiden. 4) Bis zu Ende wirken, als ein Neutrum, mit haben. Eine
Arzeney auswirken lassen. Ingleichen aufhören zu wirken. Die Arzeney
hat ausgewirkt, wirkt nicht mehr. So auch die Auswirkung. S. Wirken.
Auswischen (W3) [Adelung]
Auswischen, verb. reg. act. 1) Inwendig wischen und dadurch reinigen.
Ein Gefäß auswischen. Sich die Augen auswischen. + Einem die Augen
auswischen, ihn mit seinem Schaden klug machen. 2) Durch Wischen
unkenntlich machen. Etwas Geschriebenes, ein Wort, eine Zahl
auswischen. Daher die Auswischung.
Auswittern (W3) [Adelung]
Auswittern, verb. reg. welches auf gedoppelte Art üblich ist.I. Als
ein Neutrum. 1. Mit seyn. 1) Von der Witterung aufgelöset, seiner
vorzüglichen Theile beraubt werden; besonders im Bergbaue. Das Erz
wittert aus, wenn es durch die Luft seines metallischen Gehaltes
beraubet wird. 2) Der Witterung gehörig ausgesetzet seyn. Den Thon ein
Jahr lang unter freyem Himmel auswittern lassen, von der Luft
durchstreichen lassen. 2. Mit haben, aufhören zu wittern, oder zu
donnern. Er kam nachdem es ausgewittert hatte, Lichtw. Bis daß ihr
Eifer ausgewittert, ebend. im figürlichen Verstande.II. Als ein
Activum. 1. Der freyen Luft aussetzen; in einigen Fällen des gemeinen
Lebens. So sagt man von den Bienen, daß sie sich auswittern oder
verwittern, wenn sie an einem hellen Tage vor dem Stocke auf und
nieder fliegen. 2. Auflösen und der vorzüglichen Theile berauben, von
der Witterung, d. i. der Luft und den unterirdischen Dünsten,
besonders im Bergbaue. Die Luft wittert die Erze aus.So auch die
Auswitterung, unter welchem Worte die Bergleute zuweilen auch die
Dünste selbst verstehen.
Auswölben (W3) [Adelung]
Auswölben, verb. reg. act. inwendig mit einem Gewölbe versehen. Eine
Kirche auswölben. Daher die Auswölbung.
Auswuchs (W3) [Adelung]
Der Auswuchs, des -es, plur. die -wüchse. 1) Das Auswachsen eines
Körpers; ohne Plural. Den Auswuchs des Getreides verhindern. Noch mehr
aber, 2) dasjenige, was heraus wächset, gemeiniglich nur von solchen
Dingen, welche wider den ordentlichen Lauf der Natur aus einem
vegetabilischen oder thierischen Körper heraus wachsen. Der Auswuchs
an einem Baume, Ein Auswuchs, d. i. Buckel, an Menschen. In weiterer
Bedeutung wird das überflüssige Metall, welches bey dem Gusse in der
Gießflasche stehen bleibt, der Auswuchs genannt, und bey den
Hutmachern sind die Auswüchse überflüssige Stücke Zeug, welche bey dem
Fachen abgerissen werden. So auch figürlich, was sich an einem Dinge
wider die Regeln der Sittenlehre, des Wohlstandes u. s. f. befindet.
Die Auswüchse moralischer Gestalten, die Fehler der Menschen. Gelehrte
Auswüchse in einem Buche.
Auswühlen (W3) [Adelung]
Auswühlen, verb. reg. act. heraus wühlen, eigentlich, von den
Schweinen. Die Wurzeln, die Pflanzen auswühlen; wofür die Jäger von
den wilden Schweinen ausbrechen sagen. Ingleichen von fließenden
Wasser. Der Strom wühlet die Grundpfähle aus.
Auswurf (W3) [Adelung]
Der Auswurf, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des Auswerfens,
doch nur in einigen Fällen. Der Auswurf des Perpendikels, S.
Auswerfen, das Neutrum. Einen starken Auswurf haben, viel Schleim
auswerfen. Den Auswurf haben, den ersten Wurf haben, in verschiedenen
Spielen. Einen Auswurf thun, Apostelg. 27, 18, die Geräthschaften aus
dem Schiffe werfen. Den Auswurf des Schleimes befördern. 2) Was
ausgeworfen wird. Der Auswurf, der ausgeworfene Schleim. Der Auswurf
eines feuerspeyenden Berges. Der Auswurf einer Mine, die Öffnung,
welche die Mine durch den Auswurf der Erde verursacht, der Trichter.
Ingleichen, was als untauglich ausgeworfen, oder ausgeschlossen wird,
Ausschluß, und von ausgeworfenen oder ausgemerzten Schafen auch wohl
Auswürfling. Der Auswurf des jungen Adels, im verächtlichen Verstande.
Auswürfeln (W3) [Adelung]
Auswürfeln, verb. reg. act. vermittelst der Würfel ausspielen. Ein
Pferd auswürfeln.
Auswurzeln (W3) [Adelung]
Auswurzeln, verb. reg. act. mit der Wurzel ausreißen, ausrotten; ein
im Hochdeutschen seltenes Wort, welches aber 2. Chron. 7, 20; Hiob.
31, 8, 12; Zeph. 11, 4; Jüdä 12 vorkommt. So auch die Auswurzelung.
Auswüthen (W3) [Adelung]
Auswüthen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende
wüthen, ingleichen aufhören zu wüthen. Einen auswüthen lassen. Er hat
ausgewüthet.
Auszahlen (W3) [Adelung]
Auszahlen, verb. reg. act. an einen andern zahlen oder bezahlen. Geld
auszahlen. Einem seyn Sold auszahlen. Daher die Auszahlung.
Auszählen (W3) [Adelung]
Auszählen, verb. reg. act. 1) Nach der Zahl verkaufen, im gemeinen
Leben. Äpfel, Birnen, Kastanien auszählen. 2) Durchzählen, im Bergaue.
Die Arbeiter auszählen. Daher die Auszählung.
Auszahnen (W3) [Adelung]
Auszahnen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu
zahnen, oder Zähne zu bekommen, im gemeinen Leben. Das Rinde hat
ausgezahnet.
Auszanken (W3) [Adelung]
Auszanken, verb. reg. 1. Activum. Jemanden auszanken, derb mit ihm
zanken, im gemeinen Leben. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu zanken.
Auszapfen (W3) [Adelung]
Auszapfen, verb. reg. act. heraus zapfen. Ingleichen figürlich, im
gemeinen Leben, auszapfen und verkaufen, von Getränken. Bier, Wein
auszapfen. Daher die Auszapfung.
Auszäunen (W3) [Adelung]
Auszäunen, verb. reg. act. 1) Inwendig mit einem Zaune versehen.
Einen Graben auszäunen 2) Vermittelst eines Zaunes von einer andern
Sache ausschließen. Einen Acker auszäunen. So auch die Auszäunung.
Auszechen (W3) [Adelung]
Auszechen, verb. reg. 1. Activum, durch Zechen leer machen. Eine
Flasche Wein auszechen. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu zechen.
Auszehenten (W3) [Adelung]
Auszehenten, verb. reg. act. im gemeinen Leben, den Zehenten
aussuchen und nehmen. Ein Geistlicher zehentet den andern nicht aus
Clericus clericum not decimat. Daher der Auszehenter, der das
Auszehenten verrichtet, der Zehenter, Zehentgänger, und die
Auszehentung.
Auszehren (W3) [Adelung]
Auszehren, verb. reg. 1. Activum, heraus zehren, zehren entkräften,
in eigentlicher und uneigentlicher Bedeutung. Jemanden auszehren,
dessen Vermögen völlig verzehren. Die Krankheit zehret ihn aus,
verzehret seine Kräfte und Säfte. Eine auszehrende Krankheit. Auf dem
schönsten Boden gesellschaftlicher Tugenden wachsen oft lauter wilde
Früchte, bis er ganz ausgezehret ist, Dusch. 2. Neutrum, mit dem
Hülfsworte haben, ausgezehret werden. Er zehret aus, hat die
auszehrende Krankheit, Schwindsucht; wo es auch wohl reciproce
ausgedruckt wird, sich auszehren. Für aufhören zu zehren, keine
Nahrung mehr nötig haben, wie Sir. 14, 17. ist es ungewöhnlich.Daher
die Auszehrung, besonders für die auszehrende Krankheit, oder die
Abnahme des Körpers ohne hektisches Fieber; Atrophia, S. Schwindsucht.
Auszeichnen (W3) [Adelung]
Auszeichnen, verb. reg. act. 1) Heraus zeichnen, heraus schreiben.
Sich etwas auszeichnen, aus einem Buche. 2) Auslesen und bezeichnen.
Sich Holz, Waaren auszeichnen. Figürlich, vor andern Dingen seiner Art
bezeichnen, kenntlich machen. Dieses Jahr zeichnet sich in der
Geschichte vorzüglich aus. Eine Miene, die uns auszeichnet, und die
uns zu großen Dingen zu bestimmen scheinet. 3) Nach allen Theilen
zeichnen, eine Zeichnung vollenden. Eine Figur auszeichnen. Daher die
Auszeichnung.
Auszerren (W3) [Adelung]
Auszerren, verb. reg. act. heraus zerren. + Ich werde mir den Ärmel
nicht auszerren lassen, wenn er mich zur Hochzeit bitten sollte.
Ausziehen (W3) [Adelung]
Ausziehen, verb. irreg. ( S. Ziehen,) welches in doppelter Gattung
üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Heraus ziehen. 1) Eigentlich.
Pflanzen ausziehen, aus der Erde. Einem einen Zahn, einen Splitter
ausziehen. Den Degen ausziehen, aus der Scheide. Das Brot ausziehen,
aus dem Ofen. Ingleichen metonymisch, sich ausziehen, die Kleider
ablegen, gleichsam den Leib aus den Kleider ziehen; und nach einer
neuen Metonymie, auch von gewissen enge anschließenden
Kleidungsstücken. den Rock, die Weste, die Schuhe, die Strümpfe
ausziehen. Daher figürlich, im gemeinen Leben, jemanden ausziehen, ihn
plündern, des Seinigen berauben. Werden sie die Waisen bekleiden, die
sie ausgezogen haben? Dusch. 2) Figürlich. (a) Etwas aus einem
Rechnungsbuche ausziehen, ausschreiben. (b) Eine Wurzel ausziehen, in
der Rechenkunst, die Factoren finden, deren Product die gegebene
Potenz ist. (c) Durch Auflösung heraus ziehen, in der Chymie. Die
Kräfte einer Pflanze ausziehen, durch die Destillation. Die Farbe
ausziehen, durch Einweichen, Sieden u. s. f. (d) Sich etwas ausziehen,
bey einem Vergleiche vorbehalten. Sich bey Vermiethung, eines Hauses
ein Zimmer, bey Verpachtung eines Gutes gewisse Früchte ausziehen. (e)
Eine Stadt, eine Herrschaft bey dem Reiche ausziehen, in dem Deutschen
Staatsrechte, sie vertreten, ihre Reichslasten tragen. Ausgezogene
Stände, eximirte. 2. Aus einander ziehen, ausdehnen, in die Länge
ziehen. Die Wäsche ausziehen, wenn sie getrocknet werden. Die Erze
ausziehen, im Hüttenbaue, sie mit der Ausziehküste auf dem Herde hin
und her ziehen. Die Tücher ausziehen, bey den Tuchmachern, sie
ausdehnen. Das Eisen ausziehen, bey den Eisenarbeitern, es dünner und
länger schmieden, es strecken. 3. Ziehend aushöhlen. So ziehen die
Böttcher die Dauben aus, wenn sie selbige mit dem Krummmesser
aushöhlen. Die Büchsenmacher ziehen ein Rohr aus, wenn sie es inwendig
mit Reifen versehen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1.
Aus einem Orte ziehen, denselben mit seinem Gepäcke verlassen,
besonders aus einem Hause ziehen. Er wohnt nicht mehr hier, er ist
ausgezogen. 2. Mit einer gewissen Feyerlichkeit, im Gepränge an einem
Orte gehen, hinaus ziehen, auf das Feld ziehen, So ziehen die Jäger
mir dem Leithunde aus, wenn sie mit demselben auf die Vorsuche gehen.
Der biblische Gebrauch, für
zu Felde ziehen, ist im Hochdeutschen veraltet. 3. Sich in der größten
Geschwindigkeit davon machen. Das Wild zieht aus, wird flüchtig, bey
den Jägern. Sie hätten ihn sollen ausziehen sehen! Weiße. In der
Reitkunst wird ausziehen von dem stärksten Galopp gebraucht, Franz. la
Carriere.Daher die Ausziehung, in den Bedeutungen des Activi. S. auch
Auszug.
Auszieren (W3) [Adelung]
Auszieren, verb. reg. act. das Innere einer Sache zieren. Ein Haus,
ein Zimmer auszieren. Ingleichen nach allen Theilen zieren. Eine Rede
auszieren. Die Ehrenpforte war prächtig ausgezieret. Daher die
Auszierung.
Auszimmern (W3) [Adelung]
Auszimmern, verb. reg. act. inwendig mit Zimmerarbeit versehen. Einen
Schacht auszimmern, im Bergbaue. Daher die Auszimmerung.
Auszinnen (W3) [Adelung]
Auszinnen, verb. reg. act. inwendig verzinnen, mit Zinn überziehen.
Ein Gefäß auszinnen.
Auszipfeln (W3) [Adelung]
Auszipfeln, verb. reg. act. die Zipfel aus einander ziehen, bey den
Weißgärbern, wenn sie die Enden der aufgehängten Felle aus einander
ziehen. Daher die Auszipfelung.
Auszirkeln (W3) [Adelung]
Auszirkeln, verb. reg. act. vermittelst des Zirkels erforschen,
heraus bringen. Etwas auszirkeln. Figürlich, auf das genaueste ab- und
ausmessen. Er will alles ausgezirkelt haben.
Auszischen (W3) [Adelung]
Auszischen, verb. reg. act. mit einem verächtlichen Zischen
verspotten. Einen auszischen. Daher die Auszischung.
Auszug (W3) [Adelung]
Der Auszug, des -es, die -züge. 1) Das Ausziehen in der ersten und
zweyten Bedeutung des Neutrius; ohne Plural. Der Auszug der Truppen.
Ein feyerlicher Auszug. Noch mehr aber, 2) dasjenige, was ausgezogen
worden, doch nur in einigen Bedeutungen dieses Verbi. Der Auszug aus
einem Rechnungsbuche, oder nur schlechthin der Auszug, eine Rechnung,
die aus dem Rechnungsbuche geschrieben worden. Der Auszug aus einem
Buche, oder der Auszug eines Buches, einer Rede, einer Schrift, eine
Rede, in welcher man dasjenige mit wenig Worten ausdruckt, was dort
weitläuftiger enthalten ist. Ingleichen, was man sich bey Verkaufung
oder Verpachtung einer Sache vorbehält. Das jährlich zu leistende
Auszug. Einem den Auszug schmälern, was er sich ausgezogen hatte.
Daher heißt Auszugsleute oder Auszüger im Chursächsischen diejenigen
Bauern, welche ihre Güter übergeben, und sich einen gewissen Auszug
vorbehalten haben. An andern Orten heißen diejenigen, welche die
Landmiliz ausmachen, Auszüge, welche an andern Orten Ausschüsse
genannt werden, weil sie von den Landleuten gleichsam ausgezogen
werden. Die figürliche Bedeutung für Ausbund, in welcher Opitz Rom und
Paris Auszüge der Natur nennet, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, so
wie die Bedeutung einer Ausnahme, welche 1. Maccab, 8, 26. vorkommt:
ohne allen Betrug und Auszug. Ein Auszug in einem Schranke ist so viel
als ein Schubkasten, welcher ausgezogen werden kann. In einigen
Gegenden, z. B. der Lausitz, heißt auch eine Fischgrube in den
Teichen, welche sonst auch ein Stich, oder Beystich genannt wird, ein
Auszug. 3) Dasjenige, womit etwas ausgezogen wird. So heißt in den
Bergwerken ein Werkzeug, womit die Kunströhren am Ende ausgehöhlet
werden, ein Auszug.
Auszupfen (W3) [Adelung]
Auszupfen, verb. reg. act. 1) Zupfend heraus nehmen, Federn, Haare
auszupfen, aus einem Küssen. Fäden auszupfen, aus einem gewebten oder
gewirkten Zeuge. 2) Aus einander zupfen. Die Wolle auszupfen, sie zu
reinigen. Daher die Auszupfung.
Auszürnen (W3) [Adelung]
Auszürnen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu zürnen.
Auszwicken (W3) [Adelung]
Auszwicken, verb. reg. act. heraus zwicken. Die Hutmacher zwicken die
groben Haare aus den Hüten, wenn sie selbige nach dem ersten Walken
mit der Hand ausdrücken, oder mit dem Zwicker heraus nehmen.
Autor (W3) [Adelung]
Der Autor, des -s, plur. die Autoren, ein aus dem Latein. Autor
entlehntes Wort, welches im Deutschen noch am häufigsten gebraucht
wird, den Urheber oder Verfasser eines Buches, einen Schriftsteller zu
bezeichnen. Ein Autor werden, anfangen Bücher zu schreiben. Er ist ein
Autor, er schreibt Bücher, hat Bücher geschrieben, er ist ein
Schriftsteller. Daher die Autorschaft, plur. inusit. im Scherze, der
Stand, der Beruf eines Autors oder Schriftstellers. Die Autorsucht,
plur. car. die ungeordnete Begierde, Bücher zu schreiben. Der
Autorkniff, des -es, plur. die -e, der Kniff, oder das unerlaubte
versteckte Hülfsmittel eines Schriftstellers, seine Leser zu
hintergehen.
Autorisiren (W3) [Adelung]
+ Autorisiren, verb. reg. act. ein ohne Noth aus dem Französ.
autoriser erborgtes Wort. 1) Jemanden zu etwas autorisiren, ihm dazu
die nöthige Gewalt oder Vollmacht ertheilen, ihn dazu bevollmächtigen.
2) Etwas autorisiren, es gesetzmäßig machen, er vermöge seiner Gewalt
für rechtmäßig erklären.
Autorität (W3) [Adelung]
+ Die Autorität, plur. die -en, eben so unnöthig aus dem Latein.
Autoritas und Franz. Autorite. 1) Gewalt, Ansehen, bestimmender
Einfluß auf andere; ohne Plural. Sich viele Autorität zu geben wissen.
2) Das verbindliche Gewicht eines Zeugnisses; mit dem Plural.
Autoritäten vor sich haben, glaubwürdige Zeugnisse.
Auxiliar-Truppen (W3) [Adelung]
+ Auxiliar-Truppen, sing. car. Hülfstruppen, auch aus dem
Französischen.
Avance (W3) [Adelung]
+ Die Avance, (sprich Awangße,) plur. die -n, der Vorschuß.
Avanciren, (sprich awangßiren,) verb. reg. 1. Neutrum, mit seyn, so
wohl fortrücken, vorrücken, von Truppen, als auch höher rücken, in
Ansehung eines Amtes oder einer Ehrenstelle. 2. Activum, höher
bringen, in der letztern Bedeutung, befördern. Das Avancement (sprich
Awangßemang,) plur. die -s, die Beförderung, das Höherrücken. Die
Avantage, (sprich Awangtasche,) plur. die -n, der Vortheil. Der
Avanturier, (sprich Awangtürieh,) plur. die -s, der Abenteurer. Die
Aversion, plur. inusit. die Abneigung, der Abscheu. Avertiren, verb.
reg. act. benachrichtigen. Avisiren, desgleichen. Das Avertissement,
(sprich Awertissemang,) plur. die -s, eine Nachricht, Anzeige. Die
Avisen, sing. car. die Zeitungen. Lauter ohne Roth und Geschmack aus
dem Französischen erborgte Wörter, welche im gemeinen Leben und in der
gezierten Sprechart noch immer häufig genug sind, ungeachtet es der
Deutschen Sprache nicht an schicklichen, gleich bedeutenden Wörtern
fehlet.
Avarey (W3) [Adelung]
Die Avarey, S. Haferey.
Authenticität (W3) [Adelung]
+ Die Authenticität, plur. inusit. aus dem Franz. Authenticite, die
echte, zuverlässige Richtigkeit, höchste Glaubwürdigkeit, Bewärtheit.
Daher authentisch, -er, -te, adj. et adv. mit allen zur höchsten
Glaubwürdigkeit gehörigen Eigenschaften versehen, bewährt, echt.
Automat (W3) [Adelung]
Das Automat, des -es, plur. die -e, aus dem Griechischen, eine
Maschine, welche den Grund ihrer Bewegung in ihrer Zusammensetzung
hat, sich selbst zu bewegen scheint.
Axe (W3) [Adelung]
Die Axe, S. Achse.
Axiom (W3) [Adelung]
+ Das Axiom, des -es, plur. die -e, aus dem Griech und Latein.
Axioma, ein Satz, von dessen Richtigkeit man sogleich bey dem ersten
Anblicke überzeugt wird, ingleichen ein allgemeinen
Satz, welchen man ohne Beweis einräumt; in beyden Fällen im Deutschen
ein Grundsatz.
Axt (W3) [Adelung]
Die Axt, plur. die Äxte, Diminutivum das Äxtchen, Oberdeutsch das
Äxtlein, ein eisernes Werkzeug zum Hauen, welches vorn eine scharfe
Schneide, hinten aber ein Auge hat, durch welches der Stiel gesteckt
wird; ein Keil an einem Stiele, daher die Bergleute eine Holzart auch
nur einen Spaltkeil nennen. Dieses Werkzeug bekommt von seiner Gestalt
und von seinem Gebrauche verschiedene zusammen gesetzte Benennungen;
so hat man Holzäxte, Streitäxte, Zimmeräxte, Stichäxte u. s. f. Etwas
mit der Axt bearbeiten, aus dem Groben. Die Axt stauchen, im Bergbaue,
sie ausschmieden.
Anm. Axt, Nieders. Exse, Holländ. Ackse, Angels. Aex,
Acas, Acase, Engl. Ax, Schwed. Yxa, Altschwed. Öxe, Oxe, Dän. Öxe, bey
dem Notker Acheso, bey dem Tatian Acus, bey dem Ottfried Akus, bey dem
Ulphilas Akizi, im Slavon. Aksta, Ital. Accia, Accetta, ist ein altes
Wort, welches mit dem Lat. Ascia, dem Griech. - hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - und dem Pers. Acinaces verwandt ist. Es gehöret zu
Achel, Ecke, acies, acus, und dem ganzen zahlreichen Geschlechte
derjenigen Wörter, in welcher der Begriff der Schärfe der herrschende
ist. S. auch Hacke. Ecke für Schärfe kommt noch im Lübeckischen Rechte
vor, und im Türkischen bedeutet Ug gleichfalls die Schneide.
Axthelm (W3) [Adelung]
Der Axthelm, des -es, plur. die -e, der hintere dicke Theil einer
Axt, in welchen der Stiel befestiget wird.
Ay (W3) [Adelung]
Ay, ein Oberdeutscher Doppellaut, der, wenn er gehörig ausgesprochen
werden soll, den Hochdeutschen Sprachwerkzeugen nochfremder ist, als
das ai; daher man ihn dem Alterthume zu Ehren nur noch in einigen
eigentümlichen Nahmen beybehalten hat, dergleichen Bayern und Mayn
sind, welche Wörter aber von den meisten schon mit einem bloßen ai
geschrieben werden. Bay, May, der eigenthümliche Nahme Sayn, und
vielleicht noch einige wenige andere haben ihn noch behalten. Diesen
groben Doppellaut in Hayde, Hayn, silva, und Getrayde, wieder
einführen zu wollen; um die beyden erstern von Heyde, paganus, Heide,
ein unfruchtbares Land, Hahn, gallus, und heim, zu Hause,
unterscheiden zu können, war gewiß eine der thörichtsten
orthographischen Grillen. S. Heide und Hain. Da das y ein doppeltes ii
ist, so ist ay eigentlich ein Dreylaut; die rauhern Oberdeutschen
Mundarten lassen auch wirklich einen dreyfachen Vocal hören. Äy,
welches einige Sprachlehrer unter die Zahl der Dreylaute anführen, ist
im Deutschen ein Unding; weil kein Grund vorhanden ist, warum man
lieber Bäyern, als Bayern schreiben sollte. S. auch Ai.
Azerol-Birn (W3) [Adelung]
Die Azerol-Birn, Azerole, S. Lazerol-Birn, und Lazerole.
Azur (W3) [Adelung]
Der Azur, des -es, plur. inusit. der ausländische Nahme eines
glasartigen hoch- oder weißblauen Steines, der gemeiniglich mit Kies
eingesprenget ist, welchen einige irrig für Gold angesehen haben. Im
gemeinen Leben ist er unter dem Nahmen Lazur, Lasurstein und Lazuli am
bekanntesten. S. Lasur. Die Dichter gebrauchen ihn, eine schöne hoch-
oder himmelblaue Farbe auszudrucken. Daher das Adjectiv azurn, von
Azur, oder dem Azur an Farbe ähnlich. Die weiten azurnen Gefilde
Flimmern auf ein Mahl umher mit schärfer strahlenden Sternen, Zachar.
B
C
D
E
F
G
H
I
J
K
L
M
N
O
P
Q
R
S
T
U
V
W
X
Y
Z