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XADE_a - Adelung - Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
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Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart




Erstellt: 2021-01

A

Adelung, Johann Christoph
Hochdeutsches Wörterbuch
Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart,
mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten,
besonders aber der Oberdeutschen

(E?)(L?) http://www.bastisoft.de/misc/adelung/

Zu den Daten

Hier finden Sie den vollständigen Text des "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen" von Johann Christoph Adelung. Er entspricht der Ausgabe von 1811, die vom Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek eingescannt und mit einem Texterkennungsprogramm in Textform überführt wurde. Text und Bilder hat die sogenannte Digitale Bibliothek auf Ihrem Web-Server verfügbar gemacht, jedoch nicht als fortlaufenden Text. Das ist die Lücke, die diese Datei füllen soll.

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Sebastian Koppehel


Erstellt: 2010-02

a (W3) [Adelung]


a, ein Vocal, und zugleich der erste Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher unter allen Vocalen für die Aussprache der einfachste und leichteste ist, er mit der weitesten Öffnung des Mundes gebildet wird, daher er auch der erste vernehmliche Ton ist, welchen die Natur in den neugebornen Kindern von sich gibt. Sprichw. Wer A sagt muß auch B sagen, wer sich einmahl in etwas eingelassen hat, muß darin fortfahren.Bey den Hochdeutschen hat dieses a nur einen einzigen Laut, welcher entweder gedehnt ist, wie in da, Gabe, laben, oder geschärft, wie in was, raffen, Pallast. Allein in den verschiedenen Mundarten wird es fast durch alle Schattirungen der Aussprache hindurch geführet; wovon man, was die Oberdeutschen Provinzen betrifft, Popowitschens Untersuchung vom Meere S. 89, 288 f. nachsehen kann. Am häufigsten nähert man es daselbst dem o, da es denn dem Schwedischen u sehr ähnlich wird. Oft wird das a von dem o gänzlich verdränget, und es gibt auch noch Hochdeutsche, welche Odem für Athem sprechen und schreiben. In manchen Provinzen verwandelt man es in den unangenehmen Doppellaut oa, z. B. foahren, troan, für fahren, tragen, und in noch andern läßt man ein u hinter her schleichen, wie jau für ja, oder fetzet wohl gar das u an dessen Stelle, wie hust du, für hast du, ju für ja, Klufter für Klafter. Von der Bezeichnung des gedehntem a, S. Orthogr. Th. I, S. 248. In der Ableitung und der Wörter wird dieses a sehr oft in ä verwandelt; als Anfang, anfänglich; Zahl, zählen; Pfalz, Pfälzer; Hand, Hände; Mangel, Mängel; ich dachte, ich dächte; ich schlage, du schlägst, er schlägt; wovon die Regeln, wenn anders welche davon gegeben werden können, in der Sprachlehre gesucht werden müssen.Das a privativum, welches einige in den alten Deutschen Mundarten angetroffen haben wollen, ist nichts anders, als eine verkürzte Aussprache des heutigen un oder ohn; z. B. adeilon, untheilhaft, ateilig, verlustig, Achusti, Untugend, Amalia, die Unbefleckte, von Mail.Auf gleiche Art sprechen einige Niedersachsen noch heut zu Tage Amacht, amächtig, awiesig, Awiesigkeit u. s. f. für Ohnmacht, ohnmächtig, unweise oder läppisch u. s. f. Eben diese Bewandtniß hat es auch mit Wachters so genanntem a positivo, welches wohl auch nichts anders, als der durch eine geschwinde Aussprache verkürzte unbestimmte Artikel ein ist, Statt dessen nicht nur viele Deutsche Provinzen im geschwinden Reden, sondern auch die Engländer allemahl, ein a oder ä, und wenn ein Vocal darauf folgt, an gebrauchen; z. B. a Finger, a Fisch, a Gürtel, a Glas, än, oder an Altar, an Ofen, an Arm, an Ochs und s. f. und Engl. a finger, a fish, a girdle, a glass, an altar, an oven, an arm, an ox, u. s. f. welcher Artikel denn nachmahls mit vielen Hauptwörtern auf eine nunmehr unzertrennliche Art zusammen geschmolzen seyn kann. S. Ein, und Ameise. Das a drucket, wie in den meisten Sprachen, so auch in der Deutschen, fast alle Bewegungen und Leidenschaften der Seele aus, und um den Ausdruck zu verstärken, hat man demselben von den ältesten Zeiten an noch die Hauchlaute ch und h beygefüget. S. Ach und Ha.Am Ende vieler heutigen eigenthümlichen Nahmen der Flüsse und Örter ist a aus acha, aha, oder ach, d. i. Wasser, zusammen gezogen. S. Ach.


Ä (W3) [Adelung]


Ä ein einfacher Vocal, welcher einen Mittellaut zwischen dem a und hohen e hat, und so, wie das a, bald gedehnt, bald aber auch geschärft ausgesprochen wird. Die meisten Sprachlehrer haben diesen Buchstaben für einen wahren Doppellaut ausgegeben; andere haben solches geläugnet, und Gründe für ihre Meinung angeführet, die aber größten Theils wenig oder gar nichts beweisen. Indessen ist doch der Streit sehr leicht zu entscheiden, wenn man nur den Laut selbst von dem Zeichen des Lautes unterscheidet. Der Laut an und für sich selbst, wird mit einer eben so einfachen Öffnung des Mundes hervor gebracht, und läßt so wenig doppeltes oder zusammen gesetztes hören, als die Laute a, e, i, o und u; und wenn er gleich ein Mittellaut zwi dem a und e ist, so folgt daraus noch nicht, daß er aus diesen beyden Vocalen zusammen geflossen ist. In allen Sprachen sind die Vocale nur stufenweise von einander unterschieden, und wenn man die Mundarten mit in Anschlag bringt, so werden diese Stufen unmerklich. Im Deutschen würde es nicht schwer fallen, zwanzig solche Vocalen anzugeben, deren Unterschied dem Gehöre noch immer merklich genug ist; S. Lamberts neues Organon Th. 2, S. 47. Warum sollen aber alle diejenigen Doppellaute heissen, die sich von den fünf am meisten hervorstechenden Vocalen mehr oder weniger entfernen? Noch eins, welches besonders das ä betrifft. Es hat eben denselben Laut, den das erste e in Besen, lesen, Wesen und hundert andern Wörtern hat. Machte der Laut einen Buchstaben zum Doppellaute, so müßte man dieses e auch einen Doppellaut nennen, welches doch noch niemanden eingefallen ist.Aber nun zu dem Zeichen. Gemeiniglich schreibt man die Laute ä, ö, ü, durch Ae, Oe und Ue, und in der kleinen Schrift durch ae, oe, ue und sind nun freylich doppelte Buchstaben, die aber darum keine Doppellaute machen. Als die Deutschen die Lateinischen Buchstaben annahmen, so finden sie in denselben für die Vocale nur fünf Zeichen, und sie hatten doch deren mehr nöthig. Sie halfen sich also dadurch, daß die theils diese Zeichen zusammen setzen, theils den am meisten verwandten Lauten einerley Zeichen gaben. Unwissenheit, Verschiedenheit der Meinungen und vielleicht auch der Mundarten, und die nur nach und nach geschehene Annahme des Lateinischen Alphabetes machten, daß man dabey nicht gleichförmig zu Werke ging; und daher kam es, daß man besonders den Laut ä in einigen Fällen durch das Zeichen a, in andern aber durch ein bloßes e ausdruckte. Die Sprachlehrer, welche selten philosophische Köpfe haben, blieben bey dem Zeichen stehen, und so wurden aus ae, oe, und ue Doppellaute, da man sie höchstens Doppelbuchstaben hätte nennen können. In der größern oder so genannten Versal-Schrift machte man es in den Druckereyen noch ärger, und setzte den andern Vocal aus Armuth an Schriftzeichen gar daneben, Ae, Oe, Ue. Wie viele Schwierigkeiten solche Kindern und Ausländern in Erlernung des Lesens macht, und wie viele Verwirrung solches in einem Wörterbuche nach alphabetischer Ordnung anrichtet, ist leicht einzusehen. Man hat daher in diesem Wörterbuche für die drey Selbstlaute ä, ö, und ü, sowohl in der größern als kleinern Schrift, besondere Zeichen gewählet, die der Natur der Sache hoffentlich mehr angemessen, und nicht so vielen Mißdeutungen unterworfen seyn werden. Man muß daher auch diejenigen Wörter, welche sich mit diesen drey Selbstlautern anfangen, nicht in Ae, Oe und Ue, sondern nach Maßgebung des darauf folgenden Consonanten aufsuchen. Von dem Gebrauche dieses Vocals S. Orthogr. Th. 1, S. 140.


Aa (W3) [Adelung]


Aa, das Zeichen eines gedehnten a, welches erst in den spätern Zeiten, aber nur in einigen wenigen Fällen eingeführet worden, wovon ich die Ursachen in der Orthogr. 1, S. 240 entwickelt habe. Diejenigen, welche die Laute mit ihren Zeichen verwechseln, rechnen auch dieses a unter die Doppellaute. Siehet man aber, wie doch billig ist, bloß auf den Laut, so lässet es sich so wenig unter die Diphthongen zählen, als das ah und alle übrige gedehnte Vocale. Einige haben es wieder abschaffen wollen, weil man dessen Gebrauch in den ältesten Zeiten nicht findet; allein da es heut zu Tage in einigen Wörtern, als Aal, Aas, Aar, Haar, Paar, Schaar, Quaal, Saal u. s. f. überall angenommen ist, und das Alterthum an und für sich nirgends weniger Richter seyn kann, als in der Sprache: so würde solches eine so vergebliche als unnöthige Neuerung seyn. In der Verlängerung des Wortes wird dieses aa oft in ein gedehntes ä verwandelt, als Äser, quälen, Älchen, Härchen, Pärchen u. s. f. In andern aber bleibt es, als die Aale, die Haare, haarig, paaren, u. s. f. In denausländischen Wörtern macht es zwey Sylben aus, als Aaron, Baal.


Aal (W3) [Adelung]


Der Aal, des -es, plur. die Aale, Diminut. das Älchen. 1) Eigentlich ein bekannter Fisch mit einem langen und schlüpfrigen Körper, wovon die gewöhnlichste eßbare Art in süßen Wassern lebt; Muraena Anguilla, L. Seine Schlüpfrigkeit hat einige sprichwörtliche Redensarten veranlasset, welche aber nur im gemeinen Leben üblich sind. 2) Figürlich, in den Küchen, ein Gebackenes aus Butterteige in Gestalt eines Aales. Bey den Tucharbeitern die falschen Brücke, welche bey dem Walken in den Tüchern entstehen. Älchen nennet man auch die kleinen länglichen Würmer in dem Sauerteige, Essige und andern sauren Körpern, welche lebendige Jungen zur Welt bringen; auch Essigaale, Kleisteraale.

Anm. 1) Wachters Ableitung ist zu gezwungen. Frisch hingegen hat die Übereinstimmung der Deutschen Benennung mit dem Nahmen dieses Fisches in der übrigen Europäischen und der Hebräischen Sprache glücklicher gezeiget. Nach ihm liegt der Grund der Benennung in der Schlüpfrigkeit; worin ihm auch Herr Ihre beypflichtet. Man könnte ihn aber auch aus der Länge und geringen Dicke dieses Fisches herleiten; denn es scheint, daß Al oder El in den ältesten Sprachen einen jeden langen, dünnen und spitzigen Körper bedeutet habe. S. Ahl und Elle.2) In einigen Oberdeutschen Gegenden declinirt man der Aal, des Aalen, u. s. w., und im Plur. die Aalen. In andern Gegenden ist es weiblichen Geschlechts, die Aal, und in der Schweiz macht man den Plur. Äle.3) Die großen Aale werden in und um Bremen Pann-ale, die mittlern aber Pinnken genannt. Eine Art mit einem dicken Kopfe heißt im Lauenburgischen Klauskopf. Aale, die in trüben Wassern leben, werden in Holland schlechthin Aale, in Deutschland aber Mooraale genannt, dagegen die Aale aus frischen Wassern in Holland Paaling heißen.


Aalbeere (W3) [Adelung]


Aalbeere, S. Alantbeere.


Aaleidechse (W3) [Adelung]


Die Aaleidechse, plur. die -n, eine Art ausländischer Eidechsen mit einem langen aalförmigen Körper, Lacerta anguina, L.


Aalen (W3) [Adelung]


+ Aalen, fangen, ist nur in gemeinen Sprecharten üblich.


Aalfang (W3) [Adelung]


Der Aalfang, des -es, plur. die -änge. 1) Der Fang oder das Fangen der Aale und dessen Art und Weise. 2) Die Zeit, wenn dieser Fisch am bequemsten zu fangen ist; und 3) der Ort, wo solches geschiehet. Der Plur. ist nur in dieser letztern Bedeutung üblich.


Aalgabel (W3) [Adelung]


Die Aalgabel, plur. die -n, eine eiserne Gabel mit drey Zacken, welche mit Widerhaken versehen sind, die Aale damit auf dem Grunde anzuspitzen. Sie heißt auch das Aaleisen, der Aalstecher, der Aalstachel, ingleichen der Dreystachel.


Aalhälter (W3) [Adelung]


Der Aalhälter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ort, wo die gefangenen Aale im Wasser aufbehalten werden.


Aalkasten (W3) [Adelung]


Der Aalkasten, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art des Aalfanges, welche in einem Gebäude an solchen Wassern bestehet, die einen Fall haben, in welchen der Aal zu gewissen Zeiten häufig gefangen wird.


Aalkirsche (W3) [Adelung]


Aalkirsche, S. Ahlkirsche.


Aalmutter (W3) [Adelung]


Die Aalmutter, plur. die -ütter, eine Art Meergroppen, welche keinen Kamm auf dem Kopfe trägt, und lebendige Jungen gebieret, Blennius Mustela vivipara, L. Bey einigen auch Aalfrau, in Schweden Tannlacke. Von einigen wird auch die Aalraupe mit diesem Nahmen belegt.


Aallege (W3) [Adelung]


Die Aallege, S. Aalwehr.


Aalquappe (W3) [Adelung]


Die Aalquappe, S. Aalraupe.


Aalquast,Aalquaße (W3) [Adelung]


Der Aalquast, des -es, plur. die -e, oder, die Aalquaße, plur. die -n, ( S. Quast,) ein Bündel grüner Reiser, welches man an eine lange Stange steckt, und unter das Wasser stellt, da sich denn die Aale und Weißfische häufig darauf setzen.


Aalraupe (W3) [Adelung]


Die Aalraupe, plur. die -n, ein Fisch in süßen Wassern, welcher an der glatten Haut dem Aale gleicht, oder einen großen Kopf und dicken Bauch hat. Gadus Lota, L. Der Nahme Aalraupe, oder Aalraupe, wie er auch gefunden wird, ist ohne Zweifel von rauben, weil er ein Raubfisch ist, und dabey dem Aale gleicht. In der Schweiz heißt er Raubaal, am Rheine verderbt Ruffelß, Ruffolk, in andern Gegenden Ruppe, in Österreich die Rutte, in Baiern der Rutten. Sein Holländischer und Niedersächsischer Nahme ist Quappe, auch wohl Aalquappe, Aalquabbe, Dän. Quabbe, Engl. Quab, von dem Niedersächsischen Quapp, ein Beutel, Wamme, oder Schlauch, wegen seines dicken Bauches. In einigen Oberdeutschen Gegenden wird er auch Trusch, Trusche, Trüsche, genannt. Mit der Niedersächsischen Benennung kommt die Griechische K - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und die daraus gemachte Lateinische Gobio überein; obgleich Wachter die beyden letztern von Kopf oder Caput herleitet, wegen des dicken Kopfes dieses Fisches.


Aalreuse (W3) [Adelung]


Die Aalreuse, plur. die -n, Reusen, so fern sie zum Aalfange gebraucht werden.


Aalstecher (W3) [Adelung]


Der Aalstecher, des -s, plur. ut. nomin. sing. S. Aalgabel.


Aalstreif (W3) [Adelung]


Der Aalstreif, des -es, plur. die -e, ein schwarzer Streif, welchen besonders fahle Pferde auf dem Rücken haben; weil die Aale mit einem ähnlichen dunkeln Streife gezeichnet sind. Auch der Aalstrich.


Aalwehr (W3) [Adelung]


Das Aalwehr, des -es, plur. die -e, ein durch Zäune oder Pfähle verengter Ort in einem Flusse, vor welchen man Hamen oder Fischkörbe stellet, Fische und besonders Aale darein zu fangen, Nieders, Aallege, von Lage, Nachstellung.


Aar (W3) [Adelung]


Der Aar, des -en, plur. die -en, (nicht Aare), eine sehr alte Benennung aller großen Raubvögel, und besonders des Adlers, welche heut zu Tage noch am meisten in Niedersachsen üblich ist. So wie der Aar das Huhn, der Hecht die Gründel frißt. Opitz. Bald werdet ihr im Meer der Hayen, am Gestade. Der Aaren Beute seyn. Raml.

Anm. Frisch und Wachter haben die Übereinstimmung dieses Nahmens in den ältern und neuern Sprachen sehr gut gezeiget, daher ich hier weiter nichts hinzu setzen will, als das er noch jetzt in Bretagne einen Adler bedeutet, und daß die erste Hälfte des Latein. Aruspex vermuthlich auch hierher gehöret, so wie die letzte Hälfte zu dem Geschlechte des alten spähen gerechnet werden kann.


Aaron (W3) [Adelung]


Aaron, eine Pflanze, S. Arum.


Aarweihe (W3) [Adelung]


Die Aarweihe, plur. die -n, eine Art Weihen oder Geyer, welche dem Aaren oder Adler ähnlich ist; eine Benennung, welche größten Theils nur in Niedersachsen vorkommt. In einigen Gegenden gebraucht man es, so wie das einfache Weihe, männlich, der Aarweihe.


Aas (W3) [Adelung]


Das Aas, des Aases, plur. die Äser. 1 In die Fäulniß gegangenes Fleisch eines gefallenen Thieres; ohne Plural. Es stinkt wie Aas. S. auch Luder. Luthers Aas vom eßbaren Fleische geschlachteter Thiere ist veraltet, und gehöret vermuthlich auch zu Aß. 2. Ein riechender todter Körper, mit dem Plural; eigentlich nur von Thieren, im verächtlichen Verstande auch von Menschen. Auf jeder Küste liegen Äser von Barden. Ebert. Im gemeinen Leben im verächtlichsten Verstande auch von lebendigen Personen, besonders weiblichen Geschlechtes.

Anm. Dieses Wort ist mit dem folgenden Aß, von essen, nicht zu verwechseln, von welchem es sich auch in der gelindern Aussprache des s in der Verlängerung des Wortes unterscheidet. Es lautet schon im 10ten Jahrh. As und Az, bald darauf aber Aweis und Auwesel, von welchen letztern Formen doch noch ungewiß ist, ob sie bloße Verlängerung der ersten sind. 1477 lautete der Plural in Schwaben Osse und in Luthers Bibel die Aase. Der Stammbegriff scheint Fäulniß, Schmutz zu seyn; daher ist noch im Niedersächsischen asig, schmutzig, naß, asen, schmutzige Arbeit verrichten, ingleichen, auf eine ekelhafte Art in etwas herum wühlen, sich zuasen, sich beschmieren.


Aasblatter (W3) [Adelung]


Die Aasblatter, plur. die -n, bösartige, schwarze, stinkende Blattern; in Niedersachsen Aaspocken.


Aasen (W3) [Adelung]


Aasen, verb. reg. act. nur bey den Gärbern, das Aas oder Fleisch auf der linken Seite der Felle abschaben, sie abaasen; wofür die Kürschner fleischen gebrauchen.


Aasfliege (W3) [Adelung]


Die Aasfliege, plur. die -n, eine Art gemeiner großer Fliegen, welche sich gern bey dem Aase aushält; die Fleischfliege, Schmeißfliege, Musca cadaverina, L.


Aasfressend (W3) [Adelung]


Aasfressend, adj. ein Beywort solcher Thiere, welche sich von dem Aase nähren, und von den fleischfressenden noch unterschieden werden können; im gemeinen Leben aasfressig.


Aasgeyer (W3) [Adelung]


Der Aasgeyer, des -s, plur. ut. nom. sing. eine allgemeine Benennung aller derjenigen Geyer, welche nicht auf den Raub ausgehe, sondern sich von Äsern nähen; Roßgeyer, weil sie den gefallenen Pferden nachgehen; bey den ältern Schriftstellern Reibgeyer, von dem veralteten Reib, Aas. Martini in dem Schaupl. der Natur und andere hingegen, nennen den Hasengeyer oder Gänseaar, die größte Art unter den Raubgayern, den Aasgeyer.


Aaskäfer (W3) [Adelung]


Der Aaskäfer, des -s, plur. ut. nom. sing. eine Art Käfer, welche sich im Aase aufhalten, und daher sehr stinken; Silpha, L. S. Gräber und Todtengräber.


Aaskopf (W3) [Adelung]


Der Aaskopf, des -es, plur. die -köpfe, in der Baukunst, ein Zierath der Dorischen Ordnung, besonders in den Friesen und Zwischentiefen, welcher dem Kopfe eines todten und von der Haut entblößten Opferthieres gleicht.


Aaspocke (W3) [Adelung]


Die Aaspocke, plur. die -n, S. Aasblatter.


Aasseite (W3) [Adelung]


Die Aasseite, plur. die -n, bey den Lederarbeitern, diejenige Seite des Leders, welche auf dem Fleische gewesen ist; edler die Fleischseite.


Aaß (W3) [Adelung]


Das Aaß, Nahrung, Speise, Aaßen, fressen, S. Aß und Aßen.


Ab (W3) [Adelung]


Ab, eine Partikel, welche in gedoppelter Gestalt vorkommt.I. Für sich allein, und als ein eigenes Wort. 1. Als ein Umstandswort, (a) eine Trennung, Absonderung zu bezeichnen; doch nur im gemeinen Leben. Der Kopf ist ab. Kopf ab! Hand ab! (b) Für hinab, und figürlich, eine Entfernung zu bezeichnen, in Verbindung mit auf. Den Berg auf und ab fahren, gehen, reiten, d. i. bald hinauf, bald hinab, und figürlich sich bald nähern, bald entfernen. Nach einer noch weitern Figur ist auf und ab im gemeinen Leben so viel als ungefähr: zehn Thaler auf und ab. c. Als eine Präposition, für von, an vor und aus; in welcher Gestalt es im Hochdeutschen völlig veraltet ist, aber noch im Oberdeutschen lebt: ab dem Wege kommen, ab den Augen gehen, einen Gräuel ab den Götze haben. Daher auch die gleichfalls nur Oberdeutschen Zusammensetzungen, abhinnen, von hinnen, bevorab, zumahl, hierab, hiervon, hieraus, worab, woraus, abhanden, ( S. dieses Wort.) u. s. f.II. In der Zusammensetzung, in welcher Gestalt es im Hochdeutschen am üblichsten ist, und am häufigsten mit Verbis gebraucht wird. Es vertritt alsdann die Stelle des Vorwortes von, mit welchem keine Verba zusammen gesetzet werden können, und bezeichnet überhaupt eine Trennung und Absonderung, deren besondere Art durch das beigefügte Zweitwort näher bestimmt wird. Insbesondere aber,1) eine Entfernung von einem nähern Orte nach einem niedrigern, in welcher Bedeutung es für hinab, oder herab steht, wie in abfallen, abfließen, abhangen, abhängig, abklappen, abnehmen, für herab, nehmen, absteigen u. s. f. Und hierher gehören auch die Umstandswörter bergab, herab, hinab und abwärts.2) Eine Entfernung von einem Orte, so wohl in eigentlicher als uneigentlicher Bedeutung, für weg, oder hinweg; als abgeben, abtreten, abreisen, abfahren, abstehen, abziehen u. s. f. in welchem Falle der terminus a quo als ein höher gelegener Ort voraus gesetzet wird. Hiermit ist,3) der Begriff der Trennung oder Absonderung verbunden, wie in abbeißen, abblasen, abpflücken, abbürsten, abstreifen, abschneiden u. s. f. wobey sich die Partikel ab so wohl auf diejenige Sache beziehet, welche angesondert wird, als auch metonymisch auf die, von welcher die Absonderung geschieht. Denn man sagt so wohl, den Staub abbürsten, (nehmlich von dem Kleide) als auch das Kleid abbürsten; die Federn abrupfen, (nehmlich der Gans) und die Gans abrupfen u. s. f. Doch läßt sich diese letztere Wortfügung nicht in allen Fällen gebrauchen, sondern nur da, wo der Gebrauch sie, um der Kürze willen, eingeführet hat. Ingleichen, 4) der Begriff der Erreichung, wie in abgehen, ablangen, absehen, abspannen, u. s. f. durch gehen, langen, sehen, spannen, erreichen. Aus diesen vier Bedeutungen, welche man als die eigentlichen ansehen kann, fließen folgende figürlichere: 5) des Verminderns und Tilgens, wie in abbüßen, abarbeiten, abdienen, absitzen u. s. f. das ist, eine Schuld oder Strafe durch Buße, Dienste, Arbeit, Verhaft u. s. f. vermindern und bezahlen; ingleichen, 6) des Entkräftens und Schwächens, als abängsten, abtreiben, (ein Vieh), sich abseufzen, sich abweinen u. s. f. Die meisten Zeitwörter dieser Art sind niedrig, und nur dem gemeinen Gebrauche zu überlassen. 7) Der Nachbildung, der Übertragung der Gestalt einer Sache auf die andere, wie in abbilden, abmahlen, abschreiben, abzeichnen u. s. f. 8) Der Vollendung, weil man von demjenigen abzulassen, oder sich zu entfernen pfleget, was seine Endschaft und Vollkommenheit erreicht hat, wie abfüttern, abkochen, abbrauen, absieden, abspeisen neutr. das Ableben u. s. f. Auch von diesen Zeitwörtern sind viele niedrig und nur im gemeinen Leben üblich. In andern ist der Begriff der Vollendung etwas versteckter, und da dienet das ab,9) zum Theil die Bedeutung des folgenden Zeitwortes zu verstärken, wie in abglühen, abprügeln, abscheiden, Abschied, abschließen (eine Rechnung), absondern, absterben, abwägen u. s. f. obgleich auch bey vielen dieser der Begriff der Entfernung, Vollendung u. s. f. Statt findet. Endlich 10) bezeichnet es auch vor einigen Wörtern, die nicht von Verbis bekommen, so viel als das Gegentheil dessen, womit es verbunden ist; wie in Abgott, Abgrund, Abgunst, abhold, abgeschmackt, wo die Bedeutung gleichfalls eine Figur der Entfernung ist.

Anm. 1) In Ansehung der Conjugation gehöret ab zu den trennbaren Partikeln, weil es sehr oft von seinem Verbo getrennt wird; ich messe ab, maß ab, nicht ich abmesse, abmaß. Es hat daher auch allemahl den Hauptton: abbringen, Abart, Ab-bruch, obgleich in solchen Fällen, wo auf das ab noch eine Partikel folgt, um der Länge des Wortes willen, das Verbum einen merklichern Nebenton bekommt als in andern Fällen: aberkennen, abgewinnen, abverdienen. 2) Ab, Nieders. Holl. Goth. Schwed. und Dän. af, Angels. und Engl. of, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Latein: ab, abs, ist ein sehr altes Stammwörtchen, welches in den meisten Sprachen angetroffen wird. Wenn es so viel als hinab bedeutet, so gebrauchen die Niedersachsen dafür ihr daal; als daalbreken, daalriten u. s. f für abbrechen, abreißen. Luthers abe, welches in der Deutschen Bibel häufig vorkommt, ist veraltet.


Abaasen (W3) [Adelung]


+ Abaasen, verb. reg. act. bey den Gärbern, die Häute auf der Fleischseite abschaben; S. Aasen.


Sich (W3) [Adelung]


+ Sich Abächzen, verb. reg. recipr. sich durch Seufzen oder Ächzen entkräften; im gemeinen Leben.


Abackern (W3) [Adelung]


Abackern, verb. reg. act. durch ackern oder pflügen absondern, entziehen. Einem eine Furche, ein Stück Feldes abackern, abpflügen.


Abändern (W3) [Adelung]


Abändern, verb. reg. act. 1) Eigentlich, ein wenig ändern, d. i. in Nebenumständen anders bestimmen. Ein Kleid abändern, ein wenig ändern. Besonders zur Vermeidung der Einförmigkeit. Pope hat seine Perioden ungemein abgeändert. Dusch. Seine Schreibart abändern. Den Unterschied von ändern, umändern und verändern, S. in diesen Wörtern. 2) Bey einigen neuern Sprachlehrern bedeutet es so viel, als decliniren, d. i. durch Casus verändern; wo doch das Wort den Begriff nicht erschöpft. 3) Im Kanzelley-Style ist abändern so viel als ändern überhaupt. Einen Mißbrauch abändern, ihn aufheben, wegschaffen, einen Befehl abändern, ihn widerrufen.


Abänderlich (W3) [Adelung]


Abänderlich, adj. et. adv. was abgeändert werden kann oder darf, in allen Bedeutungen des Verbi.


Abänderung (W3) [Adelung]


Die Abänderung, plur. die -en. 1) Eine geringe Änderung, andere Bestimmung in Nebendingen. Einförmige Perioden ohne alle Abänderung. In der Naturlehre ist daher Abänderung so viel als Spielart, Varietas, d. i. die zufällige Abweichung von andern Körpern. Einer Art, und dieser Körper selbst. 2) Bei einigen Sprachlehrern, die Declination. 3) In den Kanzelleyen, die Änderung, Aufhebung.


Abängsten (W3) [Adelung]


+ Abängsten, und dessen Frequentat. Abängstigen, verb. reg. act. et recipr. sehr ängsten oder ängstigen, durch Angst entkräften; im gemeinen Leben. Einen abängsten, sich abängsten.


Abarbeiten (W3) [Adelung]


Abarbeiten, verb. reg. act. 1) Durch Arbeit wegschaffen. Einen Ast abarbeiten. Daher ist bey einigen Handwerkern abarbeiten, durch Wegschaffung des Unebenen glatt machen, und der Abarbeiter, der solches verrichtet. 2) Durch Arbeit von etwas los machen. Ein Schiff arbeitet sich ab, von der Sandbank, oder von dem, der es geentert hat. 3) Durch vieles Arbeiten abnützen. Und die Schneiden an den Sensen und Hauen - waren abgearbeitet, 1. Sam. 13, 21. 4) Durch vieles Arbeiten entkräften. Süß ist der Trost, der den matten abgearbeiteten Sclaven erquicket, wenn er sich unschuldig weiß. Am häufigsten als ein Reciprocum, sich abarbeiten. 5) Eine Schuld mit seiner Arbeit bezahlen. Den Vorschuß abarbeiten. 6) Bey den Tuch- und Zeugmachern, ein Stück Zeug mit der Arbeit zu Ende bringen; auch abwirken.


Abarbeitung (W3) [Adelung]


Die Abarbeitung, plur. inusit. in den vorigen Bedeutungen.


Abärgern (W3) [Adelung]


+ Abärgern, verb. reg. act. et recipr. durch Ärgerniß entkräften, bis zur Ermattung ärgern. Jemanden abärgern, sich sehr abärgern.


Abärnten (W3) [Adelung]


Abärnten, S. Abernten.


Abart (W3) [Adelung]


Die Abart, plur. die -en, die Abweichung von der ursprünglichen Art, ohne Plural; und ein solches abweichendes Ding, mit dem Plural. Der Rheinwein ist eine Abart des Ungarischen Weines. Der Pudel, der Spitz, der Windhund u. s. f. sind lauter Abarten des Schäferhundes. Da es denn in der Naturlehre oft für Spielart gebraucht wird. In engerer Bedeutung, eine von der besseren ursprünglichen Art abgewichene Art, ein ausgeartetes Ding. Den kaum nach langer Zeit der Enkel Abart löscht, Hall. Von Tadel freye Herden, Noch lange nicht, wie wir zur Abart so vermocht, Withof; wo es in dem letzten Falle das Abstractum ist.


Abarten (W3) [Adelung]


Abarten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, von der ursprünglichen Art abweichen. Der Sohn ist von den Tugenden des Vaters abgeartet. Weiße Menschen arten in heißen Ländern nach und nach in braune ab. Abarten bezeichnet eine geringere, ausarten oder eine größere Abweichung von der eigentlichen Art.


Abartung (W3) [Adelung]


Die Abartung, plur. die -en, 1) Der Zustand des Abartens; ohne Plural. 2) Ein Ding, dessen gewöhnliche Art zufälliger Weise verändert worden; wie Abart.


Abartig (W3) [Adelung]


Abartig, -er, -ste, adj. et adv. abgeartet, abartend. Abartige Bienen, abgeartete.


Abäschern (W3) [Adelung]


Abäschern, verb. reg. act. in den Küchen, schleimige Fische mit heißer Asche abreiben. Ein anderes dem Klange nach gleiches Wort S. in Abeschern.


Abaßen (W3) [Adelung]


+ Abaßen, verb. reg. act. welches aber nur noch bey den Jägern üblich ist, und so viel als abfressen bedeutet. Es wird indessen nur von den Hirschen und dem Wildpret gesagt, wenn es das junge Holz oder die Ähren abbeißt. S. Aß. Wenn es das Gras abbeißt, so wird solches abrasen genannt.


Abästen (W3) [Adelung]


Abästen, verb. reg. act. der Äste berauben. Einen Baum abästen.


Abäthmen (W3) [Adelung]


Abäthmen, verb. reg. act. bey verschiedenen Metallarbeitern, eine Kapelle oder andern Körper ausglühen, um alle in den Poris befindliche Luft zu vertreiben. S. Athem. Daher die Abäthmung.


Abätzen (W3) [Adelung]


Abätzen, verb. reg. act. durch ätzende Mittel wegschaffen, abbeitzen. Daher die Abätzung.


Abäugeln (W3) [Adelung]


+ Abäugeln, verb. reg. act. bey den Jägern, die Spur bloß mit den Augen, ohne Hund, suchen.


Abäußern (W3) [Adelung]


* Abäußern, verb. reg. act. an einigen Orten, einen Leibeigenen oder Unterthan von dem Gute, welches er besessen, treiben. Am Niederrheine wird solches auch abmeiern genannt. Daher die Abäußerung.


Abba (W3) [Adelung]


Abba, ein Syrisches Wort, welches durch die Übersetzung des neuen Testamentes in die biblische Schreibart gekommen ist, und so viel als Vater bedeutet, aber nur von Gott gebraucht wird. Es ist so wie Aba, Appa, Ba, Baba, Papa, Atta und andere, das erste Stammeln unmündiger Kinder, und ein Wort, welches die Natur sie gewisser Maßen selbst lehret; daher sich dasselbe auch in den meisten ältern und neuern Sprachen ähnlich geblieben ist.


Abbacken (W3) [Adelung]


Abbacken, verb. irreg. S. Backen. 1) Als ein Neutrum mit seyn. Das Brot ist abgebacken, wenn die Rinde im Backen von der Krume abgelöset wird. Ausgewachsenes Getreide macht, daß das Brot abbäckt. 2) Als ein Activum, (1) das Backen des Brotes vollenden oder zu Ende bringen. Der Bäcker hat bereits abgebacken. (2) Durch jähe Hitze das Brot abbacken machen.


Abbaden (W3) [Adelung]


Abbaden, verb. reg. act. 1) Völlig rein baden, oder im Bade ab-waschen. Ein Kind abbaden. Ingleichen durch Baden wegschaffen. 2) Das Baden zu Ende bringen.


Abbähen (W3) [Adelung]


Abbähen, verb. reg. act. gehörig bähen. Brot und Semmel abbähen.


Abbaizen (W3) [Adelung]


Abbaizen, S. Abbeitzen.


Abbaken (W3) [Adelung]


* Abbaken, verb. reg. act. in der Schifffahrt, mit Baken bezeichnen. Das Fahrwaffer abbaken.


Abbalgen (W3) [Adelung]


1. Abbalgen, (von Balg,) verb. reg. act. einem Thiere den Balg abstreifen. Einen Fuchs abbalgen.


Abbalgen (W3) [Adelung]


2. + Abbalgen, (von balgen,) verb. reg. recipr. Sich abbalgen, im gemeinen Leben, sich durch Balgen oder Kaufen ermüden.


Abbamsen (W3) [Adelung]


+ Abbamsen, verb. reg. act. bey den Weißgärbern und Pergamentern so viel, als abpelzen, d. i. die Felle gehörig durchklopfen. S. Bams.


Abbannen (W3) [Adelung]


* Abbannen, S. Abfinden, in der Anmerkung.


Abbatissinn (W3) [Adelung]


Abbatissinn, S. Äbtissinn.


Abbauen (W3) [Adelung]


Abbauen, verb. reg. act. 1) Mit dem Ertrage des Bergbaues bezahlen. Den Receß abbauen, die Zubuße von dem gewonnenen Erze bezahlen. 2) gleichfalls nur im Bergbaue, zu Ende bauen, d. i wegen der großen Tiefe der Arbeit nicht weiter fortbauen können. So sagt man z. B. die Zeche ist abgebauet. 3) Eben daselbst. Die in den Firsten übrig gebliebenen Anbrüche abbauen, d. i. wegbrechen. 4) Die zufließenden Tagewasser abbauen, ebendaselbst, durch geführte Grubengebäude wegschaffen. 5) Ein Gebäude ganz oder zum Theil wegnehmen, in der Baukunst. Einen Ärker abbauen. Besonders von leichten Holzgebäuden. Eine Bude abbauen. So auch das Abbauen, seltener die Abbauung.


Abbaumen (W3) [Adelung]


+ Abbaumen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, von einem Baume nieder fliegen, nur bey den Jägern, und auch hier nur von dem großen Geflügel oder den Raubvögeln. Ingleichen von Thieren, von einem Baume niedersteigen, wie abholzen.


Abbäumen (W3) [Adelung]


Abbäumen, verb. reg. act. bey den Webern, das fertige Gewebe von dem Baume nehmen. S. Baum.


Abbeeren (W3) [Adelung]


Abbeeren, verb. reg. act. die Beeren abbrechen. Ingleichen, der Beeren berauben. Einen Strauch abbeeren.


Abbeißen (W3) [Adelung]


Abbeißen, verb. irreg. act. ( S. Beißen,) durch Beißen absondern. Daher die sprichwörtliche R. A. sich vor Angst die Nägel abbeißen; sich vor Lachen fast die Zunge abbeißen.


Abbeitzen (W3) [Adelung]


Abbeitzen, verb. regul. act. 1) Mit Beitzen oder einer beißenden Schärfe wegbringen; abätzen. Die Haare abbeitzen, bey den Gärbern und Lederbereitern. Ein Fell abbeitzen,die Haare von demselben abbeitzen. Abgebeitzte Wolle, welche mit Kalk von den Schaffellen abgebeitzet worden, Beitzwolle. 2) Gehörig beitzen, durch Beitzen gar machen, bey den Weitzgärben. So auch die Abbeitzung.


Abbersten (W3) [Adelung]


Abbersten, verb irreg. neutr. ( S. Bersten,) mit haben, bersten und abfallen, abspringen. Der Kalk ist überall abgeborsten.


Abberufen (W3) [Adelung]


Abberufen, verb. irreg. act. ( S. Rufen,) von einem Orte weg berufen, feyerlich abrufen. Der Gesandte ist bereits abberufen worden. Daher die Abberufung, das Abberufungsschreiben.


Abbestellen (W3) [Adelung]


+ Abbestellen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, eine bestellte Sache wieder absagen. Ein Kleid, einen Tagelöhner abbestellen.


Abbethen (W3) [Adelung]


Abbethen, verb. reg. act. 1) Eine bestimmte Anzahl von Gebethen hersagen. Den Rosenkranz abbethen. Gewisse Mannspersonen haben ihren Vorrath von Lobsprüchen, den sie immer abbethen. 2) + Durch Bethen abwenden. Ein Unglück abbethen.


Abbetteln (W3) [Adelung]


Abbetteln, verb. reg. act. durch Betteln oder vieles Bitten erhalten. Einem etwas abbetteln. Man muß ihm alle Worte abbetteln.


Abbetten (W3) [Adelung]


+ Abbetten, verb. reg. act. Sich von einem abbetten, sein, Bette von des andern seinem entfernen, nicht mehr bey ihm schlafen. Sich von der Wand abbetten, das Bett von der Wand rücken.


Abbeugen (W3) [Adelung]


Abbeugen, verb. reg. act. S. Abbiegen.


Abbezahlen (W3) [Adelung]


+ Abbezahlen, verb. reg. act. nur im gemeinen Leben. 1) Völlig bezahlen, besonders eine Schuld. 2) Einen Theil davon bezahlen.


Abbiegen (W3) [Adelung]


Abbiegen, verb. irreg. act. ( S. Biegen,) durch Biegen entfernen oder absondern. Die Sprößlinge der Nelken zum verpflanzen abbiegen. Daher die Abbiegung.

Anm. Die vollere Alemannische Mundart sagt für abbiegen, abbeugen, und hierin folgt ihr die erhabene, dichterische Schreibart der Hochdeutschen, weil abbeugen wegen des breiten Doppellautes den Mund mehr füllet. S. Beugen und Biegen.


Abbiethen (W3) [Adelung]


Abbiethen, verb. irreg. act. ( S. Biethen.) + Einen abbiethen, mehr biethen, als ein anderer, und ihn dadurch vertreiben; edler, ihn überbiethen. In einigen Gegenden auch wie aufbiethen, proclamiren, da denn Abgeboth so viel wie Aufgeboth ist.


Abbild (W3) [Adelung]


Das Abbild, des -es, plur. die -er, ein im Hochdeutschen seltenes Wort für Bildniß. Wie angenehm ist doch die Liebe!Erregt ihr Abbild zarte Triebe; Was wird das Urbild selber seyn: Hall. Ingleichen in weiterm Verstande, das was einem andern Dinge ähnlich ist. Die Sonne quoll hervor, wie Kuh aus Güte quillt, Sie, Gottes Abbild selbst, verließ ihr Ebenbild.In die vor Dankbarkeit mir abgefloßne Zähre, Withof. In einer Urkunde Königs Johann von Böhmen von 1334 bedeutet dieses Wort so viel als ein Beyspiel: darum, daß andere Leuthe dar Abbilde nehmen.


Abbilden (W3) [Adelung]


Abbilden, verb. reg. act. 1) Eigentlich die Gestalt einer Sache, auf sinnliche Art nachahmen, ein Bild von einem Dinge machen. Einen Garten abbilden. Eine Frucht in Wachs abbilden. Gott unter menschlicher Gestalt abbilden. 2) Figürl. überhaupt so viel, als lebhaft vorstellen, wofür doch schildern edler und üblicher ist. 3) Ein Vorbild einer Sache seyn. Moses bildete Christum ab.


Abbildung (W3) [Adelung]


Die Abbildung, 1) Die Handlung des Abbildens; plur. inusit. 2) Das dadurch entstandene Bild, oder die dadurch entstandene Vorstellung selbst; wofür doch Bild, Bildniß, Nachbild u. s. f. üblicher sind. Plur. die -en.


Abbilligen (W3) [Adelung]


* Abbilligen, verb. reg. act. welches nur noch in dem Kanzelley-Style einiger Gegenden üblich ist, gerichtlich absprechen, aberkennen; wie zubilligen, zuerkennen. Von dem veralteten Bill, Recht, S. Billig.


Abbinden (W3) [Adelung]


Abbinden, verb. irreg. act. ( S. Binden.) 1) Was angebunden war, durch Auflösung des Bandes los machen. Den Mantelsack abbinden. Den Wein im Herbste abbinden. 2) In einer Entfernung von dem andern anbinden; daher in der Landwirthschaft, ein Kalb abbinden, figürlich so viel als es entwöhnen, weil es alsdann besonders angebunden und allein gestellet wird. 3) Durch Binden, oder durch ein angelegtes Band absondern. Eine Warze, eine Ader, ein Fleischgewächs, ein Glied abbinden; bey den Wundärzten. 4) Die Verbindung einer Sache zu Stande bringen, völlig fertig binden. So heißt bey den Zimmerleuten, ein Gebäude abbinden, so viel, als alle Säulen, Bänder, Riegel, Schwellen u. s. f. gehörig mit einander verbinde; ingleichen bey den Faßbindern, ein Faß abbinden, es mit allen gehörigenReifen oder Bändern versehen. Daher die Abbindung, in allen obigen Bedeutungen.


Abbiß (W3) [Adelung]


Der Abbiß, des -sses plur. die -sse, überhaupt die Handlung des Abbeißens, ohne Plural; der Ort, wo etwas abgebissen worden, und das abgebissene Stück selbst, mit dem Plurale. Besonders, 1) bey den Jägern, der Ort, wo das Wildpret das junge Laubholz, Getreide u. s. f. abgebissen hat. 2) Abbiß, oder Teufelsabbiß, eine Pflanze, welche zu den Scabiosen gehöret, Scabiosa succisa, L. Den Nahmen hat sie daher, weil ihre Herzwurzel kurz abgebissen zu seyn scheinet, welches der Aberglaube dem Teufel zuschrieb, und sich daher dieser Pflanze wider vorgegebene Bezauberungen bediente. Engl. Devilsbit.


Abbitte (W3) [Adelung]


Die Abbitte, plur. inusit. die Bitte um Vergebung eines begangenen Fehlers oder Verbrechens. Abbitte thun. Einem Abbitte thun. Eine gerichtliche Abbitte, welche vor Gerichte geschiehet. Die R. A. kniende Abbitte thun, rühret aus der Oberdeutschen Mundart her, wo man den Particip. Activ. wenn sie adverbialiter stehen, ein e anzuhängen pfleget; richtiger kniend Abbitte thun.


Abbitten (W3) [Adelung]


Abbitten, verb. irreg. act. ( S. Bitten,) durch Bitten gleichsam tilgen oder auslöschen, einer Vergehung wegen um Vergebung bitten. Einem etwas abbitten. Dagegen etwas abbitten ohne Dativ nicht so gewöhnlich ist. Denn er kam nicht, um Fehler abzubitten. Gieseke.


Abblasen (W3) [Adelung]


Abblasen, verb. irreg. ( S. Blasen.) 1) Activum. (a) Durch Blasen wegbringen, den Staub abblasen; und dann auch metonymisch, das Buch abblasen, den Staub von dem Buche blasen. (b) Ein Lied abblasen, dessen Melodie von einem höhern Orte, z. B. einem Thurme, blasen. (c) Durch das Blasen auf einem Instrumente von einem höhern Orte verkündigen. Der Wächter bläst die Stunden ab. Ein Fest abblasen. (d) Das Ende einer Zeit oder Handlung durch Blasen verkündigen. So wird in Schweden der Reichstag von dem Thurme abgeblasen.2) Neutrum, mit haben. (a) Zum Abzuge blasen. Der Obergott war froh, befahl, nun abzublasen, Opitz. Auf gleiche Art bedeutet es bey den Jägern, das Ende der Jagd durch das Hifthorn verkündigen. (b) Zum letzten Mahle blasen. Der Wächter bläst ab. (c) Aufhören zu blasen. Daher das Abblasen, seltener die Abblasung, und dieses nur zuweilen in den thätigen Bedeutungen.


Abblatten (W3) [Adelung]


+ Abblatten, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, die Blätter eines Baumes oder einer Pflanze abbrechen, welches besonders bey dem Weine, Tabak und Kohl geschiehet. Den Wein abblatten, in der Schweiz falchen. Bey den Jägern ist abblatten, wenn das Wild von dem grünen Laube frißt.


Abblättern (W3) [Adelung]


Abblättern, verb. reg. act. wie das vorige, nur daß es von allgemeinerm und zum Theil auch edlerm Gebrauche ist. Man sagt auch sich abblättern, von manchen Körpern, wenn sich ihre Theile in Gestalt einzelner Blätter von einander geben. Der Kuchen, der Stein u. s. f. hat sich ganz abgeblättert. Daher die Abblätterung.


Abbläuen (W3) [Adelung]


Abbläuen, verb. reg. 1) + Activum von bläuen, schlagen, im gemeinen Leben, sehr schlagen. Und sorgte, ihr mit jedem Tage Den Rücken zehnmal abzubläuen. Weiße. 2) Neutrum, mit haben, von blau, die blaue Farbe fahren lassen. Das Tuch bläuet sehr ab.


Abblicken (W3) [Adelung]


Abblicken, verb. regul. neutr. welches das Hülfswort haben, erfordert, und auf den Schmelzhütten und bey den Probirern so viel, als gehörig blicken, zum Zeichen der völligen Reinigkeit blicken, bedeutet. Daher das Abblicken.


Abblühen (W3) [Adelung]


Abblühen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, das Blühen vollenden. Bis der Weinberg, oder der Weinstock abgeblühet hat. Das Getreide hat noch nicht abgeblühet. Mir dem Hülfsworte seyn, aufhören zu blühen, für verblühen, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich, wenigstens unedel: die Rosen sind abgeblühet, besser verblühet.


Abblüthen (W3) [Adelung]


Abblüthen, verb. reg. act. an einigen Orten, der Blüthen berauben. Die Orangenbäume abblüthen.


Abborgen (W3) [Adelung]


Abborgen, verb. reg. act. von einem borgen, entlehnen. Welchem Collins haben sie diesen armseligen Einwurf abgeborgt: Less. So auch die Abborgung.


Abbrand (W3) [Adelung]


Der Abbrand, des -es, plur. inus. in den Schmelzhütten dasjenige, was dem Blicksilber im Brennen, oder in der Reinigung, am Gewichte abgehet.


Abbraten (W3) [Adelung]


Abbraten, verb. irreg. act. ( S. Braten,) fertig braten, in den Küchen. Eine Gans, ein Huhn abbraten, wenn sie kalt gegessen werden sollen.


Abbrauchen (W3) [Adelung]


* Abbrauchen, verb. reg. act. durch den Gebrauch verderben, abnützen; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Verbum, welches aber bey dem Opitz vorkommt. Dein Rock ist abgebraucht. Und figürlich. Das Grauseyn schleicht herbey. Dein Stolz ist abgebraucht.


Abbräunen (W3) [Adelung]


Abbräunen, verb. reg. act. in den Küchen, gehörig braun machen. Einen Braten abbräunen.


Abbrausen (W3) [Adelung]


Abbrausen, verb. reg. neutr. mit haben, das Brausen, d. i. Gähren, vollenden. Der Most hat abgebrauset.


Abbrechen (W3) [Adelung]


Abbrechen, verb. irreg. ( S. Brechen.) Es ist:I) Ein Activum. (1) Durch Brechen absondern, und zwar a) in der eigentlichen Bedeutung, z. B. Blumen, Früchte abbrechen. Der Wind hat den Baum gerade über der Wurzel abgebrochen. Daher auch die sprichwörtlichen R. A. + etwas über das Knie abbrechen, oder, eine Sache zu grün abbrechen, d. i. sich dabey übereilen, nicht die rechte Zeit erwarten, sie obenhin verrichten. + Eine Ursache vom Zaune brechen, oder abbrechen, einen leeren Vorwand anführen. Ingleichen so viel, als mit einiger Gewalt abnehmen, los machen. Die Hunde abbrechen, wenn sie sich verbissen haben. Dem Pferde die Hufeisen abbrechen, ein Schloß abbrechen u. s. f. Die Glieder abbrechen, bey den Soldaten, lange Glieder in mehrere kurze theilen. In dem Brauwesen ist, das Bier abbrechen, das mit dem Hopfen gekochte Bier in den Kühlfässern mit langen Stangen, welche vorn durchlöcherte Breter haben, fleißig umrühren. b) Figürlich. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Abziehen, entziehen, doch mit dem Nebenbegriffe mehrerer Gewalt. Einem etwas an dem Lohne abbrechen. Ich habe ihm nichts abgebrochen, nehmlich an dem Preise, an der Bezahlung u. s. f. Können sie sich denn nicht eine Stunde von ihrer Ruhe abbrechen? Ich habe mir schon vieles an meiner Zeit abgebrochen. Er bricht sich nicht ab, d. i. versaget seinem Körper nichts, was zur Nothdurft und zum Vergnügen gehöret. Sich den Wein abbrechen, keinen Wein mehr trinken. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Plötzlich unvollender endigen, besonders von Wörtern, Ausdrücken u. s. f. in welchem Falle aber nur das Particip. passiv. üblich ist. Abgebrochene Wörter. Er antwortete mir mit nichts, als mit Thränen und abgebrochenen Seufzern. S. Abgebrochenheit. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Den Fortgang einer Sache plötzlich hemmen, ihr plötzlich ein Ende machen. Die Unterhandlungen abbrechen. Wir wollen unser Gespräch abbrechen. (2) Niederbrechen, einreißen. Ein Gebäude, ein Haus, ein Dach, eine Mauer u. s. f. abbrechen. Den Zeug abbrechen, bey den Jägern, den gestelltenZeug wegnehmen. Hingegen ein Jagen abbrechen, eben daselbst, den Jagdbogen enger fassen. (3) Mit dem Begriffe der Vollendung ist es in den Blechhämmern üblich, wo die Bleche abgebrochen werden, wenn man sie zum letzten Mahle glühet und glatt klopfet.II) Ein Neutrum (1) mit dem Hülfsworte seyn, abgebrochen werden, in der ersten eigentlichen Bedeutung. Das Messer bricht ab, die Nadel ist abgebrochen. (2) Mit haben, nicht weiter fortfahren, aufhören. Mit dem zweyten Bande brach er ab. Lassen sie uns davon abbrechen. Du brichst mit Fleiß ab, (hörest auf davon zu reden), weil du dich fühlst, Gell. Mit einem abbrechen, die bisherige Verbindung mit ihm aufheben.

Anm. Abbrechen, mit Auslassung des Accusativs, für Abbruch thun, ist im Hochdeutschen veraltet, war aber sonst üblich; z. B. den veindten abbrechen, Theuerd. Kap. 93. Seiner Seele abbrechen, Pred. Sal. 4, 8. Warum dürften wir dem Leibe abbrechen: Opitz Die poetische R. A. eines Tage abbrechen, gewaltsam verkürzen, ist alt. Schon Stricker sang im 13ten oder 14ten Jahrhunderte: Herre dueselber dein rich (Gericht) Brich ihm sein tage abe. In Oberdeutschland bedeutet, das Licht abbrechen, so viel, als dasselbe putzen; daher bezeichnet Abbreche daselbst auch eine Lichtputze.


Abbrechung (W3) [Adelung]


Die Abbrechung, plur. inusit. die Handlung des Abbrechens in den eigentlichen Bedeutungen des Activi. S. auch Abbruch.


Abbreiten (W3) [Adelung]


Abbreiten, verb. reg. act. ein Kunstwort der Kupferhämmer für breit machen,oder schlagen; besonders von dem gegossenen Kupfer, wenn es unter dem Breithammer zu breiten Scheiben geschlagen wird; auch abpochen. Daher die Abbreitung.


Abbrennen (W3) [Adelung]


Abbrennen, verb. irreg. ( S. Brennen,) welches auf gedoppelte Art üblich ist.I) Als ein Activum, da es auch zum Theil schon regelmäßig conjugiret wird, ich brennete ab, abgebrennet, obgleich die irreguläre Form, brannte ab, abgebrannt, noch die gewöhnlichste ist. (1) Durch Feuer absondern. Die Haare abbrennen. Eine Warze mit einem glühenden Eisen abbrennen. (2) Durch Feuer zerstören, in die Asche legen, von großen Massen. Die Feinde haben die Stadt, das Haus, das Dorf u. s. f. abgebrannt oder abgebrennt. Einen Wald abbrennen, um Acker daraus zu machen, welches auch abschwenden heißt; ingleichen metonymisch, den Acker abbrennen, d. i. das Gras, oder die Stoppeln auf demselben abbrennen. (3) Anzünden, losbrennen, besonders von Feuerwerken und Schießgewehren. Ein Gewehr, eine Kanone abbrennen. Das Feuerwerk wird bald abgebrennet werden. In der Chymie bedeutet es, Weingeist über gewisse Körper verbrennen lassen. Ingleichen, entzündbare, besonders mineralische Körper in einem glühenden Schmelztiegel plötzlich entzünden. Geschiehet dieses mit einem merklichen Knalle, so heißt es verpuffen. (4) Das Brennen einer Sache vollenden, ingleichen, einem Körper durch das Feuer die gehörige Vollkommenheit geben, und auf diese Art wird das Zeitwort in verschiedenen Künsten und Handwerken gebraucht. So bedeutet es z. B. bey den Ziegelstreichern und Kalkbrennern so viel, als dem Ofen mit Reisholze die letzte Hitze geben, welches auch ausbrennen genannt wird. Bey den Töpfern, die getrockneten Gefäße gehörig brennen. In der Schmelzkunst heißt abbrennen, das Blicksilber durch das Feuer von aller Unart reinigen; wo aber auch der Begriff der Verminderung Statt finden kann. S. Abbrand. Bey den Gelbgießern ist abbrennen auf eine sehr uneigentliche Art, die Farbe des Messinges mit Scheidewasser erhö- hen, indem man es damit bestreicht und es alsdann schnell in kaltes Wasser steckt, damit das Messing von dem Scheidewasser nicht zu sehr angegriffen werde. Auf ähnliche Art bezeichnet es bey den Eisenarbeitern die Härtung des Eisens und Stahles, wenn solches durch Ausglühung und nachmahlige Ablöschung geschiehet. Auf den Blechhütten hingegen ist abbrennen so viel, als die Eisenbleche zum ersten Mahle in das flüssige Zinn tauchen, um sie dadurch zu verzinnen; bey welchen Arten des Gebrauches der Grund der Benennung zuweilen freylich etwas dunkel ist. So auch die Abbrennung, in allen Bedeutungen des Activi.II) Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, und allemahl irregulär conjugiret wird. (1) Niederbrennen, durch Feuer verwüstet werden, von Gebäuden, Wäldern und hohen Massen. Das Haus brannte ab. Die Stadt ist abgebrannt. Ingleichen seine Wohnung durch Feuer verlieren. Unsere Freunde sind abgebrannt. Ein abgebrannter Mann, der das Seinige in einer Feuersbrunst verloren hat. (2) Entzündet werden. Das Gewehr muß schnell abbrennen. (3) Durch Feuer abgesondert werden. Der Ast ist abgebrannt. (4) In der Feuerwerkskunst, sich fruchtlos entzünden, versagen. Das Zündkraut ist abgebrannt.

Anm. Der Unterschied in der Conjugation zwischen dem Activo und dem Neutro hat seinen guten Grund, ob er gleich noch von den wenigsten beobachtet wird; S. Brennen. In einigen Fällen ist es gleichgültig, ob man das Activum oder Neutrum gebraucht. So kann man sagen ein abgebrennetes Haus, und ein abgebranntes Haus; weil hier beyde Bedeutungen Statt finden können. Einen abbrennen, für, sein Haus und Vermögen in die Asche legen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. In Österreich heißt Abbranntler, einer der für abgebrannte Kirchen sammelt.


Abbreviiren (W3) [Adelung]


Abbreviiren, verb. reg. act. aus dem mittlern Lat. abbreviare, doch nur in der Grammatik. Ein Wort abbreviiren, es abkürzen. Daher die Abbreviatur, plur. die -en, die Abkürzung, ein abgekürztes Wort.


Abbringen (W3) [Adelung]


Abbringen, verb. irreg. act. ( S. Bringen.) 1) Eigentlich wegbringen, wegschaffen. Ich kann den Schmutz nicht abbringen. In der Landwirthschaft bringt man das Heu, das Getreide ab, wenn man es abmähet, oder abschneidet. 2) Figürlich. a) Entfernen. Einen von dem rechten Wege abbringen. Ich bin dadurch ganz von meinem Gegenstande abgebracht worden. b) Bewegen, etwas fahren zu lassen. Einen von seiner Meinung, von seinem Sinne, von seinem Vorhaben abbringen. Nichts konnte ihn von dem Müßiggange abbringen. c) Aufhören machen, von Gebräuchen und Gewohnheiten. Eine Gewohnheit, ein Recht, eine Mode abbringen; besonders wenn solches nach und nach, durch bloße Unterlassung der Ausübung geschiehet. Geschiehet es durch einen Befehl, so heißt es eigentlich abschaffen, obgleich dieses im gemeinen Leben auch abbringen genannt wird. Daher die Abbringung in den obigen Bedeutungen.


Abbröckeln (W3) [Adelung]


Abbröckeln, verb. reg. act. in Gestalt kleiner Brocken abbrechen. Den Kalk von der Mauer abbröckeln. Sich abbröckeln, in kleinen Brocken herab fallen. So auch die Abbröckelung.


Abbruch (W3) [Adelung]


Der Abbruch, des -es, plur. die -üche, von dem Verbo abbrechen, in einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Die Handlung des Abbrechens, so wohl in der eigentlichen Bedeutung, besonders in den Bergwerken, als auch in den uneigentlichen des Abzuges am Preise, am Gelde; ohne Plural. Ich muß ohne Abbruch bezahlet werden. Sich Abbruch thun, sich an der Nothdurft und am Vergnügen etwas abbrechen. In den Marschländern bedeutet Abbruch, Nieders. Afbrake, Afdrang, dasWegspühlen eines angesetzten Landes oder Ufers durch die Wellen oder den Strom. 2) Dasjenige was abgebrochen ist, besonders in den Bergwerken, ingleichen in den Marschländern, ein von dem Wasser wieder weggespühltes angesetztes Land; mit dem Plural. Bey den Schriftgießern ist Abbruch das überflüssige Metall, welches über der Form stehen bleibt, und abgebrochen wird. Am häufigsten aber 3) in figürlicher Bedeutung, für Verminderung des Vermögens, des Ansehens, des Rechtes, der Würde, wofür auch das sich weiter erstreckende Nachtheil gebraucht wird; ohne Plural. Einem Abbruch thun. Abbruch an seiner Ehre, an seinem guten Nahmen, an seinem Vermögen leiden. Dadurch geschiehet seinem Ansehen Abbruch. Den Gesetzen Abbruch thun. Zuweilen auch für Schaden, Nachtheil überhaupt. Dem Feinde vielen Abbruch thun. Im Bergbaue ist dem harten Gesteine Abbruch thun, es durch geschickte Mittel brechen.

Anm. Das Beywort abbrüchig, könnte allenfalls etwas bedeuten, das sich leicht abbrechen läßt. Allein, wenn es einige für nachtheilig gebrauchen, so ist das völlig wider die Natur der Beywörter auf -ig. Eben dieses gilt auch von unabbrüchig.


Abbrühen (W3) [Adelung]


Abbrühen, verb. reg. act. 1) Mit heißem Wasser wegbringen. Die Federn, die Haare abbrühen; und dann auch metonymisch, ein Huhn, ein Schwein abbrühen, demselben die Federn, die Haare abbrühen. 2) Gehörig brühen. Das Kraut wohl abbrühen.


Abbrunften (W3) [Adelung]


Abbrunften, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bey den Jägern, die Brunsthitze abgekühlet haben, aufhören zu brunsten. S. Brunst.


Abbuden (W3) [Adelung]


+ Abbuden, verb. reg. neutr. mit haben, die Buden abbrechen, im gemeinen Leben.


Abbürsten (W3) [Adelung]


Abbürsten, verb. reg. act. mit der Bürste wegschaffen; den Staub abbürsten. Ingleichen metonymisch, mit der Bürste reinigen; den Hut, das Kleid u. s. f. abbürsten.


Abbüßen (W3) [Adelung]


Abbüßen, verb. reg. act. durch Buße, d. i. Reue, Strafe, oder Genugthuung tilgen. Seine Sünden abbüßen. Ein Verbrechen mit Gelde abbüßen. Daher die Abbüßung.


Abcirkeln (W3) [Adelung]


Abcirkeln, S. Abzirkeln.


Abcopiren (W3) [Adelung]


Abcopiren, verb. reg. act. etwas, es copiren, eine Copie davon nehmen, in manchen Bedeutungen abschreiben, abzeichnen, u. s. f. Ehedem abcopeyen. S. Copie.


Abdachen (W3) [Adelung]


Abdachen, verb. reg. act. 1) Des Daches berauben. Ein Haus abdachen. 2) Abhängig wie ein Dach machen; besonders in der Kriegsbaukunst und dem Gartenbaue. S. das folgende. Im Deichbaue abflachen.


Abdachung (W3) [Adelung]


Die Abdachung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abdachens; ohne Plural. 2) Eine solche abhängig gemachte Fläche, welche mit dem Horizonte einen spitzigen Winkel macht; mit dem Plural. In der Kriegsbaukunst unterscheidet man Böschung (Franz. Talut,) und Abdachung, Franz. Pente.) Diese steiget allmählich, jene aber steiler in die Höhe. Das Glacis hat die Abdachung nach dem Felde, die Böschung aber nach dem Graben zu. Der Wall hat oben eine Abdachung; unten aber eine gedoppelte Böschung, die eine inwendig und die andere auswendig. S. auch Abhang.


Abdämmen (W3) [Adelung]


Abdämmen, verb. reg. act. durch einen Damm absondern, abhalten, oder ableiten. Das Wasser abdämmen. Daher die Abdämmung.


Abdampfen (W3) [Adelung]


Abdampfen, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, bey den Scheidekünstlern, sich im Dämpfe auflösen und verfliegen, evaporiren. Alle Feuchtigkeiten abdampfen lassen. 2. Activum, abdampfen lassen. Substanzen bis zur Trockenheit abdampfen. Daher die Abdampfung. S. Dampfen.


Abdanken (W3) [Adelung]


Abdanken, verb. reg. 1. Activum, der bisherigen Dienste entlassen. Seine Bedienten abdanken. Soldaten abdanken. Ein abgedankter Soldat, Officier. Der König von Frankreich hat die Parlaments - Räthe abgedankt. Bey der Reformation wurden die meisten katholischen Geistlichen abgedankt. Einen Minister abdanken. Nach geendigter Jagd werden die Treiber und Jäger abgedankt, wenn man sie aus einander gehen läßt. Ja alsdann dankt man auch wohl den Hund ab, wenn man ihm für seine Dienste schmeichelt, welches auch ablieben genannt wird. Und dann auch figürlich. Scherz und Lachen werden abgedankt, man nimmt ein ernsthaftes Gesicht an. Der abgedankte Schild, Günth. Ein abgedanktes Kleid, ein abgelegtes. Pferde und Wagen abdanken, abschaffen.2, Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. a) Ein Amt, einen Dienst niederlegen. Der Minister hat abgedanket. Alle seine Leute danken ab. Pitt dankte aus einem unwürdigen Verdrusse ab, daher erstaunte ganz Europa über seine Abdankung. Man sagt zwar auch, von einem Amte abdanken; aber am häufigsten bedienet man sich doch dieses Zeitwortes absolute, und ohne Beyfügung eines Substantives. b) Abschied nehmen, im weitesten Verstande; doch im Hochdeutschen nur noch von dem Nachtwächter, wenn er mit anbrechendem Morgen zum letzten Mahle abruft. Ehedem war es in weiterer Bedeutung üblich. Der Lazar wird erweckt, und dankt den Würmern ab, Scultet. c) Eine Versammlung mit Dank für ihre Gegenwart entlassen, ohne Accusativ. Bey einer Leiche abdanken, die Abdankung thun, welches vermittelt einer kurzen Rede geschiehet. Im Oberdeutschen sagt man, einer Leiche abdanken.

Anm. Abdanken in der thätigen Bedeutung des Entlassens führet eigentlich nichts Beleidigendes bey sich, so wie absetzen, welches allemahl ein Vergehen voraus setzet, und denn auch nur von Würden und Ehrenstellen gebraucht wird; dagegen abdanken von viel weiterm Umfange der Bedeutung ist. Man kann auch eben nichts sagen, daß es niedrig wäre; indessen wird es doch nur von geringern Bedienten, von höhern aber nur höchstens in der mittlern Schreibart gebraucht. In der höhern, und von angesehenen Personen wird man allemahl lieber entlassen, und in der neutralen Bedeutung, sein Amt, seine Stelle niederlegen gebrau-chen. Was die Etymologie betrifft, so bringt sich der Begriff des Dankes gleichsam von selbst auf, und in manchen Bedeutungen, z. B. in der letztern neutralen, ist er unläugbar. Da indessen danken ehedem in mehrern längst veralteten Bedeutungen vorkam, so kann sich auch eine derselben noch in diesem Worte erhalten haben. So bedeutete es auch sprechen und sagen, wie die Latein. dicere und dicare, und so könnte abdanken wohl nach dem Lat. abdicare gebildet seyn. Wenigstens ist der Begriff des Dankes für geleistete Dienste, oder für das anvertrauete Amt, in den meisten Bedeutungen so erloschen, daß der bloße Begriff der Entlassung oder Niederlegung übrig geblieben ist. Hier in Dresden heißt das äußerste Ende der Ränitz-Gasse der Abdankeplatz, weil ehedem die Missethäter bis dahin den Staupbesen bekamen, und dann entlassen wurden.


Abdankung (W3) [Adelung]


Die Abdankung, plur. die -en. 1) Die Entlassung eines andern aus seinen Diensten. 2) Die eigene Niederlegung eines Amtes; in beyden Fällen ohne Plural. 3) Die Rede, worin den Leichenbegleitern für die Begleitung gedankt wird. Die Abdankung thun. Eine Abdankung halten. Ingleichen die Danksagungsrede eines Schauspielers an die Zuhörer, nach geendigtem Schauspiele.


Abdankungsrede (W3) [Adelung]


Die Abdankungsrede, plur. die -n, wie das vorige in der letzten Bedeutung. Es muß diese Rede nicht mit der Standrede oder Parentation verwechselt werden.


Abdarben (W3) [Adelung]


Abdarben, verb. reg. act. et reciproc. bis zu dem Grade des Darbens oder Nothleidens entziehen. Ich darbe es meinem Leibe, ja meiner Seele selbst ab, Gell. Sie darbten sich oft das frische Wasser ab, Ebend. Ich habe meinem eigenen Maule den Bissen abgedarbt, Ebend. Es ist eigentlich ein Reciprocum. Gebraucht man es ja als ein Activum, so kann es doch nur von den Theilen dessen gebraucht werden, der sich etwas abdarbet, wie aus obigen Beyspielen erhellet. Einem andern etwas abdarben, ist nicht gebräuchlich.


Abdarren (W3) [Adelung]


Abdarren, S. Abdörren.


Abdecken (W3) [Adelung]


Abdecken, verb. reg. act. 1) Die Decke einer Sache, und was deren Stelle vertritt, wegnehmen. Das Dach abdecken. Noch mehr aber metonymisch, eine Sache ihrer Decke berauben. Den Tisch abdecken. Das Haus abdecken. Der Wind hat das ganze Haus abgedeckt. 2) Figürlich deckt der Jäger das Wild ab, wenn er es auswirft: im Oberd. ihm die Decke abnehmen. Ferner wird es in der anständigern Sprechart für das niedrige schinden gebraucht, d. i. dem umgefallenen Viehe die Haut abziehen. So auch die Abdeckung. 3) Derb ausprügeln, im gemeinen Leben, so wie zudecken; wo es wohl eigentlich nicht zu Decke gehöret, sondern eine unmittelbare Onomatopöie ist, wie das bekannte tax, tax erit in tergo tuo.


Abdeckerey (W3) [Adelung]


Die Abdeckerey, plur. die -en; 1) das Amt eines Abdeckers, und 2) dessen Wohnung.


Abdeckerleder (W3) [Adelung]


Das Abdeckerleder, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut. nom. sing. dasjenige Leder, welches von dem Abdecker dem gefallenen Viehe abgezogen worden; im Gegensatze dessen, was die Fleischer abziehen.


Abdeichen (W3) [Adelung]


Abdeichen, verb. reg. act. in den Marschländern, vermittelst eines Deiches absondern, einschließen. S. Deich. Daher die Abdeichung.


Abdielen (W3) [Adelung]


Abdielen, verb. reg. act. 1) Mit Dielen oder Bretern absondern. Eine Kammer abdielen. 2) Mit den gehörigen Dielen versehen; dielen, bedielen. Den Fußboden, ein Zimmer, abdielen.


Abdienen (W3) [Adelung]


Abdienen, verb. reg. act. 1) + Durch persönliche Dienste bezahlen; im gemeinen Leben. Der Knecht dienet eines Schuld, der Sol- dat einen Vorschuß ab. Abdienen gehet mehr auf die persönlichen Dienste selbst, das gleichfalls niedrige abverdienen aber auf den Verdienst oder den Werth des Dienstes nach Gelde berechnet. 2) An einigen Oberdeutschen Höfen heißt es so viel, als die Speisen von der Tafel tragen, so wie aufdienen daselbst, die Tafel damit besetzen, bedeutet.


Abdingen (W3) [Adelung]


Abdingen, verb. irreg. act. ( S. Dingen) einen Nachlaß an dem geforderten Kaufpreise durch Dingen erhalten; edler abhandeln. Ich habe ihm fünf Thaler abgedungen. Er läßt sich nichts abdingen.

Anm. Ehedem bedeutete dieses Zeitwort auch so viel als abspänstig machen; wovon man ein Beyspiel beym Haltaus h. v. sehen kann. Im Oberdeutschen sagt man für abdingen auch abmarkten.


Abdisputiren (W3) [Adelung]


+ Abdisputiren, verb. reg. act. einem etwas, es ihm abstreiten; im gemeinen Leben.


Abdocken (W3) [Adelung]


Abdocken, verb. reg. act. abwickeln, bey den Jägern, von Leinen, Seilen und Archen. S. Docke und Docken.


Abdonnern (W3) [Adelung]


+ Abdonnern, verb. reg. imperf. mit haben. Es hat abgedonnert, im gemeinen Leben, es höret auf zu donnern.


Abdoppeln (W3) [Adelung]


Abdoppeln, verb. reg. act. bey den Schustern, die Rahmen an den Weiberschuhen mit einem gedoppelten Faden durchnähen, welches bey den Männerschuhen durchnähen heißt. Weiß abdoppeln.


Abdorren (W3) [Adelung]


"Abdorren", verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt.

1) Durch Austrocknen abgesondert werden, dürre werden und absterben oder abfallen. Die Warze dorret ab. Der Aussatz ist ausgedorret. Die Blumen sind abgedorret. Das Holz dorret ab, wenn es auf dem Stamme dürre wird, welches auch abstehen, und abfliegen genannt wird.

2) Sehr dürre werden, für ausdorren. Der abgedorrte Leib, Gryph.


Abdörren (W3) [Adelung]


Abdörren, verb. reg. act. 1) Durch Austrocknen absondern. 2) Zur Gnüge dörren, gehörig dürre machen. Getreide abdörren. Malz abdörren, wofür man auch wohl abdarren sagt; S. Darre. Figürlich auf den Bergwerken, das in den Kienstöcken noch befindliche Silber oder Bley völlig heraus schmelzen. Daher die Abdörrung.


Abdraht (W3) [Adelung]


Der Abdraht, des -es, plur. inus. bey den Zinngießern, die Späne, welche bey dem Drehen oder Drechseln des Zinnes abgehen.


Abdrängen (W3) [Adelung]


Abdrängen, verb. reg. act. durch Drängen absondern, oder wegdrängen, welches aber wenig gebräuchlich ist. S. Abdringen.


Abdräuen (W3) [Adelung]


Abdräuen, verb, reg. act. durch Drohungen erpressen, gewöhnlicher abdrohen. S. Dräuen. Ein Beyspiel aus dem 14ten oder 15ten Jahrhunderte stehet im Haltaus h. v.


Abdrechseln (W3) [Adelung]


Abdrechseln, verb. regul. act. 1) Durch Drechseln absondern. 2) Völlig fertig drechseln. Eine Kugel abdrechseln.


Abdrehen (W3) [Adelung]


Abdrehen, verb. reg. act. 1) Durch Umdrehen absondern. Einem die Knöpfe abdrehen, d. i. von dem Rocke. Einem Vogel den Kopf abdrehen. 2) Wie abdrechseln in beyden Bedeutungen; da denn abdrehen mehr bey den Künstlern, abdrechseln aber mehr im gemeinen Leben üblich ist.


Abdreschen (W3) [Adelung]


Abdreschen, verb. irreg. act. S. Dreschen. 1) Eigentlich. a) Durch Dreschen absondern, oder bekommen. Man hat dießmahl aus einem Schocke nicht so viel abgedroschen, als ehedem; für ausdreschen. Abgedroschenes Stroh, leeres. b) Das Getreide abdreschen, das vorräthige Getreide, oder eine bestimmte Quantität desselben ausdreschen. c) Das Dreschen beschließen, als ein Neutrum, doch auch mit haben. Wir werden bald abgedroschen haben. d) Durch Dreschen bezahlen. Eine Schuld abdreschen. 2) Figürlich, a) + für abprügeln, aber nur in niedrigen Redensarten. Man drasch ihn weidlich ab, Bernh. b) Im Partic. Passiv. ist abgedroschen, etwas das schon oft gesagt, oder oft wiederhohlet worden. Das ist lauter abgedroschenes Zeug, d. i. ein schon oft wiederhohltes Geschwätz. Abgedroschene (längst bekannte) Wahrheiten mit aufgeblasenen Backen predigen. Und mit dieser abgedroschenen Ausflucht denken, sie durchzukommen. Less. c) Heimlich verabreden, in verächtlicher Bedeutung. Das haben sie längst mit einander abgedroschen. Ein abgedroschener Handel.


Abdringen (W3) [Adelung]


Abdringen, verb. irreg. act. ( S. Dringen.) durch Dringen, ungestümes Anhalten, Dröhen, oder sonst eine Art von Gewalt von einem erhalten; ungefähr wie abdrücken. Einem Geld, einen Eid, ein Versprechen, eine Erklärung abdringen. Er hat mir zehn Thaler abgedrungen, d. i. von mir erbettelt. Von allem, was das Glück den Fürsten übergeben, Ist das betrübteste, das Recht auf Tod und Leben, Es dringt uns Strafen ab. Schleg.


Abdrohen (W3) [Adelung]


Abdrohen, verb. reg. act. durch Drohungen erhalten. Einem etwas abdrohen. Im Oberdeutschen abdräuen.


Abdruck (W3) [Adelung]


Der Abdruck, des -es, plur. die -ücke.

1) Die Handlung des Abdruckens und Abdrückens; ohne Plural. Der Abdruck eines Gewehres, eines Buches, einer Pflanze, einer Figur in Wachs, in Thon, in Zinne, in Gyps u. s. f. Hieher gehöret auch die figürliche Bedeutung für den letzten Athem eines Sterbenden, welche aber niedrig ist, wenn gleich Canitz singt: Wenn mich die Zeit wegnimmt, Die du zum Abdruck mir bestimmt.

2) Das durch Abdrücken und Abdrucken entstandene Bild. Der Abdruck einer Pflanze, eines Siegels, einer Münze, eines Kupferstiches. Der erste, der zweyte Abdruck u. s. f. einen Abdruck von etwas machen oder nehmen. Auch bedeutet Abdruck in diesem Verstande so viel, als das Lateinische Exemplar, wenn von einem Buche die Rede ist, die Abdrücke der ersten Auflage u. s. f. In der Naturgeschichte sind Abdrücke, oder Spursteine, solche Steine, an welchen ein ehemahliger thierischer oder vegetabilischer Körper seine äußere Gestalt zurückgelassen hat. Figürlich kommt Abdruck auch für ein Ebenbild überhaupt vor. Er ist der Abdruck seines Vaters, d. i. er ist ihm sehr ähnlich. Alle Werke der Natur sind Abdrücke der Gottheit, Gell.

3) An den Schießgewehren, die kleine bewegliche Zunge, vermittelst deren sie abgedruckt werden; auch der Abzug.


Abdrucken (W3) [Adelung]


Abdrucken, verb. reg. act. 1. Activum, durch Drücken nachahmen oder abbilden; und zwar, (1) durch das Drücken in einen weichen Körper. Ein Siegel in Wachs, eine Statue in Thon, eine Münze in Zinn abdrucken u. s. f. Ingleichen metonymisch, ein Buch abdrucken, bey den Buchbindern, mit dem Stämpel Figuren auf das Buch drucken. Und dann auch figürlich. Diese Züge, in denen sich die Verzweifelung und das Bild des Todes abdruckt. (2) Durch das Drucken mit Farben auf die Oberfläche eines andern Körpers. Einen Kupferstich abdrucken. Ein Buch abdrucken. Der Bogen ist noch nicht abgedruckt; in welcher Bedeutung es auch den Begriff der Vollendung mit in sich schließet. 2. Ein Neutrum mit haben, die aufgedruckte Farbe fahren lassen.


Abdrücken (W3) [Adelung]


Abdrücken, verb. reg. act.

1) Durch Drücken absondern, besonders in den im gemeinen Leben üblichen sprichwörtlichen R. A. Die Angst will das Herz abdrücken. Es würde ihm das Herz abgedrückt haben, wenn er es nicht ausgeplaudert hätte. Ingleichen figürlich für abdringen, doch mit dem Nebenbegriffe mehrern Nachtheiles von Seiten des andern. Einem eine Waare abdrücken. Noch einen neuen Schmuck den Männern abzudrücken, Gell.

2) Durch Drücken los machen, von Handgewehren, Schlössern u. s. f. die vermittelst einer Feder gespannt sind. Ein Gewehr abdrücken. Den Pfeil, den Bogen abdrücken. Drauf drückte sie die Schlösser selber ab, Rost. Daher die Abdrückung in beyden Bedeutungen.

Anm. Abdrücken, als ein Neutrum, für sterben, er wird bald abdrücken, ist niedrig. Von dem Unterschiede zwischen drucken und drücken. S. diese Wörter.


Abdrucksstange (W3) [Adelung]


Die Abdrucksstange, plur. die -n, in dem Schlosse eines Gewehres, eine kleine Stange, welche in die Nuß einspringt, damit das Gewehr nicht losgehe.


Abdunkeln (W3) [Adelung]


Abdunkeln, verb. reg. act. bey den Färbern, eine helle Farbe in dem Färben in eine dunklere verwandeln.


Abdunsten (W3) [Adelung]


Abdunsten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich in Dünste auflösen und verstiegen wie abdampfen. Einen flüssigen Körper abdunsten lassen. Daher die Abdunstung.


Abdünsten (W3) [Adelung]


Abdünsten, verb. reg. act. in Gestalt der Dünste vertreiben, das Abdunsten eines flüssigen Körpers zuwege bringen. Wasser, Wein u. s. f. abdünsten. Daher die Abdünstung.


Abebenen (W3) [Adelung]


Abebenen, verb. reg. act. völlig eben machen. Einen Garten, ein Feld abebenen. Einen Pelz abebenen, ihn am Rande gerade schneiden. Daher die Abebenung.


Abeifern (W3) [Adelung]


+ Abeifern, verb. reg. recipr. sich abeifern, sich durch Eifern oder Zürnen abmatten.


Abelmosch (W3) [Adelung]


Abelmosch, S. Bisamkorn.


Abend (W3) [Adelung]


Der Abend, des -es, oder -s, plur. die -e. 1) Die Zeit zwischen Tag und Nacht, oder kurz vor und nach dem Untergange der Sonne. Es wird Abend. Es gehet gegen den Abend. Der Abend überfiel uns. Der Abend brach an, da ich ihn verließ. Diesen Abend will ich zu dir kommen. Auf den Abend sehe ich dich. Gegen Abend. Mit dem Abend (d. i. bey Anbruch des Abends) in die Stadt kommen. Zu Abend essen, im gemeinen Leben, d. i. die Abendmahlzeit halten. Guten Abend! der gemeine Abendgruß; daher, einem einen guten Abend wünschen, sagen oder biethen. Sprw. Ein feuriger Abend bedeutet einen heitern Morgen. Es ist noch nicht aller Tage Abend, omnium dierum sol nondum occidit, Liv. In figürlicher Bedeutung, besonders in biblischen R. A. bezeichnet Abend das Ende einer gewissen bestimmten Zeit. Am Abend der jüdischen Cärimonien. Um den Abend wirds Licht seyn, Zach. 14, 7. So auch in der poetischen Schreibart für das Ende des Lebens, oder das Alter.Mein Abend kommt heran, jetzt sollen Thränen rinnen, Can. 2) Der Tag vor einem Feste, mit Beyfügung des Wortes heilig, oder auch des Nahmens Festes. Der heilige Abend, der Pfingstabend, der Osterabend. So auch Fastenabend, der Tag vor dem ersten Tage in der Fasten; Sonnabend, der Tag vor dem Sonntage, u. s. f. In Oberdeutschland heißt der Tag vor einem Feste auch der Vorabend. 3) Die Gegend am Himmel, wo die Sonne im Äquinoctio unterzugehen scheint, Westen. Gegen Abend liegen. Der Wind kommt aus oder von Abend. In dieser Bedeutung hat das Wort keinen Plural, wird auch nur mit den Präpositionen aus, gegen, gen und von, ohne Artikel, ja ohne alle Abänderung gebraucht. Nur die Dichter erlauben sich auch hier zuweilen Ausnahmen; so saget z. B. Dusch: die letzten Inseln des Abends.

Anm. 1) Nichts ist gewöhnlicher, als daß in der Declination dieses Wortes im Singular das e in der letzten Sylbe verbissen wird; am Abend für am Abende, des Abends für des Abendes. Allein da es im Plural ohne alle Ausnahme ein e bekommt, so sollte es dasselbe auch im Singular haben; weil es sonst eine Ausnahme von der Regel machen würde. Einige der Alten sindhierin genauer. Ottfried sagt am Abande, und der Vers des Rythm. de S. Annone: Einis abindis.2) Von der biblischen R. A. zwischen Abends S. das Adv. Abends.3) Abend, beym Kero Abunt, beym Notker Habant, beym Ottfried und Tatian Aband und Abant, Nieders. Avend, Holl. Avent, Angels. Aefen, Engl. Even, Evening, ist bisher von dem alten in der Hochdeutschen Mundart nicht mehr üblichen Zeitworte aben, absteigen, abnehmen, abgeleitet worden, dessen Stammwort wiederum die Partikel ab ist. Weil aber die nordischen Mundarten in diesem Worte wider ihre Gewohnheit härtere Mitlauter haben, indem Abend bey den Isländern Apton, bey den Schweden Affton, und bey den Dänen Aften heißt: so nimmt Herr Ihre mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit das Isl. aptan, Goth. aftana, und Angels. aeftana, nach, für das Stammwort an; so daß Abend eigentlich den letzten Theil des Tages bedeuten würde. Von Abend hatte man ehedem auch das unpersönliche Zeitwort abenden für Abend werden, so wie man von Tag saget, es taget; Is abandet, beym Tatian. Die Holländer und gemeinen Deutschen Mundarten haben es auch noch jetzt. Wachter hat schon angemerket, daß Abend in der Bedeutung einer Himmelsgegend neueren Ursprunges ist. Die Gothen nannten diese Gegend Saithqua, von Saitgan, ponere; die Angelsachsen Westdael; die nordischen Völker Sol-biorg, gleichsam die Schlafstätte der Sonne; die Franken und Alemannen aber Sedelgang d. i. Niedergang.


Abendandacht (W3) [Adelung]


Die Abendandacht, plur. die -en. 1. Die andächtige Gemüthsfassung am Abend; ohne Plural. Seine Abendandacht halten. 2. Eine erbauliche Betrachtung am Abend, ingleichen das Abendgebeth.


Abendbesuch (W3) [Adelung]


Der Abendbesuch, des -es, plur. die -e. 1. Der Besuch, welchen man am Abend macht oder bekommt. 2. Die besuchenden Personen.


Abendbrot (W3) [Adelung]


+ Das Abendbrot, des -es, plur. inusit. eine besonders in Niedersachsen übliche Benennung des Abendessens, vornehmlich, wenn von geringen Personen die Rede ist.

Anm. In denjenigen Provinzen, wo das Landvolk des Tages sehr oft und gemeiniglich sechsmahl isset, hat man ein gedoppeltes Abendbrot. Das erste, welches Nachmittags um drey Uhr gegessen wird, heißt in Niedersachsen das kleine Abendbrot, Halbabendbrot, ingleichen Vesperbrot, im Hannöverischen des Veremahl oder Verigermahl, in Oberdeutschland aber Jausen ingleichen Unteressen, und Abendzehr. Das zweyte wird schlechthin Abendbrot, in Westphalen Nachtmisse, im Chur-Braunschw. Nagtsen und in Oberdeutschl. Nachtimbiß und Nachtessen genannt.


Abenddämmerung (W3) [Adelung]


Die Abenddämmerung, plur. inus. die schwache Erleuchtung des Erdbodens durch die Refraction der Sonnenstrahlen, wenn sich die Sonne unter dem Horizonte verborgen hat. Angels. Aefenglomung. In Nieders. de Uhlenflucht, weil die Eulen alsdann auszufliegen anfangen.


Abendessen (W3) [Adelung]


Das Abendessen, des -s, plur. ut nomin. sing. 1. Eine Speise, welche man Abends, vor dem Schlafengehen zu sich nimmt, die Abendspeise. Schinken ist kein gutes Abendessen. 2. Das Speisen zur Abendzeit, die Abendmahlzeit; ohne Plural. Jemanden zum Abendessen rufen.

Anm. Die Alten, welche dieses zusammen gesetzte Wort nicht hatten, sagten dafür Abantcaumo und Abandmuas, und etwas später Nachtmahl, Nachtessen. Bey dem Ulphilas findet man Nahtamatz, und bey den Scandiern Nattord. Von Abandmuas hatten die Franken und Alemannen auch das Verbum abandmuasen, zu Abend essen.


Abendgang (W3) [Adelung]


Der Abendgang, des -es, plur. die -gänge, im Bergbaue, ein Gang, welcher nach Abend zu streicht.


Abendgebeth (W3) [Adelung]


Das Abendgebeth, des -es, plur. die -e. 1. Das Gebeth, in welchem man sich Abends vor Schlafengehen dem Schutze der Vorsehung empfiehlet; im gemeinen Leben der Abendsegen. 2. In einigen Gegenden, z. B. in Schlesien, ist es eine Bethstunde, welche Abends in der Kirche gehalten wird.


Abendglocke (W3) [Adelung]


Die Abendglocke, plur. inus. der Klang der Glocke, so fern er den Abend, oder die Zeit des Abendgebethes ankündiget.


Abendjagd (W3) [Adelung]


Die Abendjagd, plur. die -en, eine Jagd, welche bey der Nacht, vermittelst angezündeter Strohfackeln gehalten wird; auch die Fackeljagd.


Abendkost (W3) [Adelung]


+ Die Abendkost, plur. car. Das Abendessen, im gemeinen Leben, besonders in Niedersachsen. Zum süßen Schluß der Abendkost, Haged.


Abendland (W3) [Adelung]


Das Abendland, des -es, plur. die -länder, ein Land, welches gegen Abend liegt; am häufigsten im Plural.


Abendländer (W3) [Adelung]


Der Abendländer, des -s, plur. ut. nom. sing. der Einwohner eines gegen Abend gelegenen Landes.


Abendländisch (W3) [Adelung]


Abendländisch, adj. aus einem gegen Abend gelegenen Lande, oder dazu gehörig. Abendländische Sitten, Gewächse u. s. f.


Abendlich (W3) [Adelung]


Abendlich, adj. 1. Was zum Abende gehöret, oder am Abende geschiehet. Ein abendlicher Schmaus, Uz. Die abendliche Sonne warf noch die letzten ihrer Strahlen auf uns, ehe sie unterging, Dusch; die Abendsonne. 2. Gegen Abend gelegen, westlich; im Hochdeutschen nur selten.

Anm. Schon bey dem Kero findet man Abuntlih. Frisch sagt, dieses Beywort habe keine Analogie, daher man es habe veralten lassen. So viel ist gewiß, daß sich dessen die Dichter noch am häufigsten bedienen. Aber was die Analogie betrifft, so haben wir ja nächtlich und mitternächtlich in ähnlicher Bedeutung.


Abendlicht (W3) [Adelung]


Das Abendlicht, des -es, plur. car. 1. Figürlich bey den Dichtern, der Abendstern, der Abend. Komm du schönes Abendlicht, Das der Lieb Erfüllung giebet, Nachtstern komm und säume nicht. Opitz. 2. Das Zodiakal-Licht, wenn es sich im Frühlinge Abends zeiget.


Abendlied (W3) [Adelung]


Das Abendlied, des -es, plur. die -er, ein geistlicher Gesang, der Abends beym Schlafengehen gesungen wird.


Abendluft (W3) [Adelung]


Die Abendluft, plur. die -lüfte. 1) Die Luft oder ein gelinder Wind, der aus Abend kommt. 2) Die kühle Luft Abends nach Untergang der Sonne; ohne Plural. Die kühle Abendluft genießen.


Abendlust (W3) [Adelung]


Die Abendlust, plur. car. ein Vergnügen, welches man Abends genießet.


Abendmahl (W3) [Adelung]


Das Abendmahl, des -es, plur. car. 1) Ehedem das Abendessen, die Abendmahlzeit, in welcher nun veralteten Bedeutung, welche noch Joh. 12, 2, und Marc. 6, 21. vorkommt, auch der Plural üblich war. Die Schweden sagen noch jetzt Aftonmal. 2) Jetzt bedeutet das Abendmahl, das heilige Abendmahl, oder das Abendmahl des Herrn, in den protestantischen Kirchen noch den sacramentlichen Genuß des Leibes und Blutes Christi, welcher sonst auch das Sacrament des Altares, der Tisch des Herrn, die Communion, im gemeinen Leben das Nachtmahl und Gottestisch genannt wird, und hier ist der Plural nicht gebräuchlich. Das heilige Abendmahl halten, austheilen. Das Abendmahl empfangen, genießen. Zum heiligen Abendmahle gehen. Einem das Abendmahl reichen.

Anm. Wachter merket an, daß dieses Wort in beyden Bedeutungen den Alten unbekannt gewesen. Von der ersten Bedeutung S. Abendessen. Die Angelsachsen, Gothen und Scandierbedienten sich Statt desselben in der zweyten Bedeutung des Wortes Husl, Hunsl und Hust, Opfer, und die Franken des Wortes Wizzod, Gesetz, Beobachtung. Die unter dem gemeinen Volke noch übliche Betheuerung: ich will das heilige Abendmahl darauf nehmen, ist ein Überbleibsel der ehemahligen purgationis per eucharistiam, wovon Gericken ad Schottel. S. 197 und Grupens Observat. S. 63 nachgesehen werden können.


Abendmahlzeit (W3) [Adelung]


Die Abendmahlzeit, plur. die -en, die Mahlzeit, die man Abends hält, das Abendessen, in anständigen Ausdrücken von vornehmen Personen.


Abendmarkt (W3) [Adelung]


Der Abendmarkt, des -es, plur. die -märkte, an einigen Orten, eine Art von Vormarkt, welcher jeden Abend vor den Wochenmärkten gehalten wird.


Abend-Musik (W3) [Adelung]


Die Abend-Musik, plur. die -en, eine Musik, die man jemanden zu Ehren Abends veranstaltet. Einem eine Abend-Musik bringen. Ital. Serenata. Bringt man sie unter dem Fenster, so heißt sie ein Abendständchen.


Abendopfer (W3) [Adelung]


Das Abendopfer, des -s, plur. ut nom. sing. Bey den ältern Juden, dasjenige Brandopfer, welches Abends angezündet wurde, und die ganze Nacht durch brennen mußte. Schon bey dem Notker Abentopher.


Abend-Punct (W3) [Adelung]


Der Abend-Punct, des -es, plur. die -e; in der Astronomie, derjenige Punct, in welchem die Sonne untergehet, wenn sie im Äquator stehet, der wahre und eigentliche Abend.


Abendregen (W3) [Adelung]


Der Abendregen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eigentlich ein Regen, der Abends fällt. 2) In einigen Stellen von Luthers Bibelübersetzung, z. B. Jac. 5, 7. bedeutet es so viel, als der gleichfalls biblische Ausdruck Spatregen, wodurch diejenige Regenzeit angedeutet wird, welche in den Morgenländern kurz vor der Ernte im Aprill einfällt, im Gegensatze des Frühregens oder Morgenregens, der zur Saatzeit im October oder November fällt. Alle diese Benennungen sind freylich unbequem und bloß nach dem Hebräischen und Griechischen gebildet. Daher der Herr Hofrath Michaelis allerdings Beyfall verdienet, daß er in seiner Übersetzung für Spat- und Abendregen den Ausdruck Frühlingsregen gewählet hat.


Abendroth (W3) [Adelung]


Das Abendroth, des -es, plur. car. die Abendröthe. O laßt uns den Glanz des Abendrothes und den sanften Schimmer des Mondes betrachten! Gesn. froh bin ich, wenn das Abendroth am Himmel mich bescheinet, ebend. Dieses Wort kommt schon unter den Schwäbischen Kaisern, aber im männlichen Geschlechte vor. Si bran uf schone Sam der abend rot, singt Rudolph von Rottenburg. Bey dem gemeinen Manne, besonders in Niedersachsen ist dieses Wort üblicher, als Abendröthe; außerdem wird es in der Kürze willen am häufigsten in der höhern Schreibart gebraucht.


Abendröthe (W3) [Adelung]


Die Abendröthe, plur. die -n, 1) Der rothe Schein, der gleich nach dem Untergange der Sonne am Horizonte gesehen wird, und von der Refraction der Sonnenstrahlen in der Luft herrühret. 2) Die durch diese Strahlen gefärbten Wolken. In dieser Bedeutung sagt der Landmann: die Abendröthe ziehe über Land, wenn die solcher Gestalt erleuchteten Wolken gegen Osten fort ziehen, worauf den andern Tag heiteres Wetter zu erfolgen pfleget. Der Plural, die Abendröthen, ist wenig gebräuchlich, kommt aber doch zuweilen bey den Naturlehrern und Dichtern vor.


Abends (W3) [Adelung]


Abends, adv. am Abende, auf den Abend. Gestern Abends. Heute Abends. Abends zuvor. Ich werde erst Abends spät wieder kommen. Ich kann ihn vor Abends nicht sprechen. Den neunten Abends.

Anm. Eigentlich ist dieses Wort, so wie die verwandten Morgens, Mittags, Montags, Dinstags u. s. f. der verkürzte Genitiv des Substantives Abend, für Abendes, welches daraus erhellet, daß man auch mit Artikel des Abends, des Morgens sagt. Etwas mehr sticht die adverbische Beschaffenheit vor, wenn es mit der Präposition vor verbunden wird, die doch sonst keinen Genitiv regieret, vor Abends. Allein da dessen ungeachtet, der Begriff eines Substantives immer noch der merklichste ist, so schreibt man es am richtigsten mit einem großen Buchstaben. S. Orthogr. Theil 1, S. 351.


Abendschicht (W3) [Adelung]


Die Abendschicht, plur. die -en, in den Berg- und Hüttenwerken, die Schicht oder Arbeitszeit, welche Abends ihren Anfang nimmt, und an einigen Orten auch die Nachtschicht genannt wird, an andern aber von ihr noch verschieden ist.


Abendsegen (W3) [Adelung]


+ Der Abendsegen, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben so viel als das Abendgebeth. Den Abendsegen bethen.


Abendseite (W3) [Adelung]


Die Abendseite, plur. die -n, die gegen Abend gelegene Seite eines Landes, Feldes, Berges, Gebäudes u. s. f.


Abendsonne (W3) [Adelung]


Die Abendsonne, plur. die -n, bey den Dichtern, der Glanz der untergehenden Sonne. Und Abendsonnen kühlten sich zögernder im Meer, Mich. Fig. auch der Abend. Wir arbeiten von der Morgensonne bis zu der Abendsonne, und was haben wir denn gewonnen? Gesn.


Abendspeise (W3) [Adelung]


Die Abendspeise, plur. die -n, eine Speise, so fern sie Abends genossen wird, wie Abendessen 1.


Abendständchen (W3) [Adelung]


Das Abendständchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Abend-Musik.


Abendstern (W3) [Adelung]


Der Abendstern, des -es, plur inusit, die Venus, wenn sie der Sonne nachgeht, und also bey ihrem Untergange in Westen sichtbar wird. Für stillere Stunden in der Dämmerung, wenn der Abendstern über mir wandelt, sparete ich die Thränen um dich, Dusch. Der Abendstern winkt unsrer Erde, Die Ruh am Horizont herauf. Zach. Opitz nennt ihn auch den Vesperstern.


Abendstillstand (W3) [Adelung]


Der Abendstillstand, des -es, plur. inusit. bey den Astronomen, wenn ein Planet Abends in einem Puncte des Thierkreises einige Tage stille zu stehen scheint; Statio vespertina.


Abendstunde (W3) [Adelung]


Die Abendstunde, plur. die -n, eine der Stunden des Abends. Figürlich, der Abend, die abendliche Zeit. Wie glücklich werden wir daselbst die stillen Abendstunden finden, Dusch.


Abendthau (W3) [Adelung]


Der Abendthau, des -es, plur. car. Der Thau, der zur Abendzeit aus der Luft fällt, und aus den Dünsten entsteht, welche den Tag über in die Luft aufgestiegen sind.


Abendtisch (W3) [Adelung]


Der Abendtisch, des -es, plur. inus. die gewöhnliche Abendmahlzeit, doch nur collective. Ich habe den Abendtisch bey ihm, speise alle Abende bey ihm. Er bezahlet für den Abendtisch wöchentlich zwey Gulden. Einem den Abendtisch geben.


Abenduhr (W3) [Adelung]


Die Abenduhr, plur. die -en, in der Gnomonik, eine Sonnenuhr, die auf einer Fläche beschrieben wird, welche gerade gegen Abend liegt, und also nur die Nachmittagsstunden zeiget.


Abendviole (W3) [Adelung]


Die Abendviole, S. Nachtviole.


Abendvogel (W3) [Adelung]


Der Abendvogel, des -s, plur. die -vögel, eine Art Schmetterlinge, welche nur Morgens und Abends in der Dämmerung herum flieget, auch der Dämmerungsvogel, Sphinx, L.


Abendvolk (W3) [Adelung]


Das Abendvolk, des -es, plur. die -völker, ein Volk, welches gegen Westen oder Abend wohnet; am häufigsten im Plural.


Abendwärts (W3) [Adelung]


Abendwärts, adv. gegen Abend, der Himmelsgegend nach, nach Westen zu. Abendwärts gehen, schiffen, wohnen u. s. f.

Anm. Abendwärts mit der zweyten Endung des Hauptwortes zu verbinden, z. B. abendwärts der Stadt, ist eben so ungewöhnlich, als die biblischen R. A. gegen abendwärts, Joh. 8, 9, 12. Kap. 16. 3. zum abendwärts, Kap. 19. 11. und von abendwärts der Stadt, 2 Chron. 32. 30.


Abendweite (W3) [Adelung]


Die Abendweite, plur. die -n, in der Astronomie, der Abstanddesjenigen Punctes, in welchem ein Stern untergehet, von dem Abend-Puncte, Amplitudo occidua.


Abendwind (W3) [Adelung]


Der Abendwind, des -es, plur. die -e, 1) Ein Wind, der aus Abend, oder Westen kommt; der West, Westwind. 2) Ein Wind, der am Abende wehet. O daß die kühlen Abendwinde dir nicht schaden, und der feuchte Thau! Gesn.


Abenteuer (W3) [Adelung]


Das Abenteuer, des -s, plur. ut nom sing. 1) Ein ungefährer Zufall, woran das Glück mehr Theil hat, als der Vorbedacht. In dieser Bedeutung ist das Wort noch bey den Handwerkern üblich, wo Abenteuer erwarten, oder sein Handwerk auf Abenteuer treiben, so viel heißt, als auf bestellte Arbeit warten, ingleichen Arbeit auf den Kauf verfertigen. In beyden Fällen bedeutet es so viel, als auf gut Glück arbeiten. 2) Ein seltsamer, wunderbarer oder gefährlicher Zufall, doch mehrentheils nur noch in scherzhaftem und verächtlichem Sinne. Ein Abenteuer wagen. Ein Abenteuer bestehen, jetzt nur noch im Scherze, eine gefährliche, oder doch seltsame Handlung unternehmen. Auf Abenteuer ausgehen, eine lächerliche, mißliche Sache unternehmen.

Anm. 1. Ehedem bedeutete Abenteuer auch, 1) eine herzhafte, männliche That; in welcher Bedeutung es sehr oft im Theuerdank vorkommt. Z. B. Kap. 115. Darumb sol ein yeder Man Sich kheiner abenthewer understan Aus Hochfart und eyteler eer. Und Kap. 57. Noch so wil ich mein abenthewerVersuchen gegen dem Held werth. Ingleichen die Erzählung einer wunderbaren Begebenheit. Conrad von Würzburg nennet sein Gedicht von Troja, eine Aventure. Der häufige Gebrauch, den die alten Romanenschreiber von diesem Worte machten, hat ihm endlich einen verächtlichen Nebenbegriff gegeben. 2) Die Begebung in die Gefahr eines Verlustes, und diese Gefahr selbst. So heißt es z. B. in der Würtenbergischen Landesordnung Tit. 11. so wird er darum seine Abentheuer und Gefahr stehen müssen. Und in einer Sächsischen Verordnung von 1482 wird gesaget, daß man den Gastwirthen für ihre Sorge, Abenteuer und Mühe einen ziemlichen Gewinn gönnen sollte. 3) Eine seltsame, wunderbare Erscheinung. So heißt bey dem Opitz Ebentheuer so viel als ein Wunderthier, und Gryphius nennet die Irrlichter ein Abentheuer der Nacht. Noch einige andere gleichfalls veraltete Bedeutungen führet Frisch h. v. an.2. Abenteuer, in der Oberd. Mundart um 1377 Aventäwer, Nieders. Eventür, Dän. Eventyr und Aventyr, Schwed. Äfwentyr, beym Berel. Acsintyr, kommt seit mehrern Jahrhunderten in den Deutschen und Nordischen Mundarten vor. Die Abstammung dieses Wortes hat die Sprachforscher von jeher sehr gemartert und sie oft auf abenteuerliche Muthmaßungen geführet, wovon man die vornehmsten beym Ihre angeführet findet. Wachter nimmt für drey verschiedene Bedeutungen dieses Wortes auch drey verschiedene Ableitungen an. Wenn er es in der Bedeutung einer tapfern That von dem Goth. Aba, ein Mann, und dürren, wagen, herleitet: so scheint ihm das zu Statten zu kommen, daß im Theuerdank und dessen Zeitgenossen theuer und theuerlich beständig so viel als tapfer, und eine theuerliche Gethat, so viel als eine herzhafte That bedeuten. Allein Herr Ihre zeigt v. Äfwentyr, daß Wachter in Ansehung des Aba sehr unrecht daran ist. Das natürlichste ist also wohl, daß man es von dem Franz. Avanture, und dieß von dem Lat. Adventus oder Eventus herleitet, wovon adventura, eventura, adventurarius, eventurare u. s. f. im mittlern Lateine in allen obigen Bedeutungen häu- fig vorkommen. Dadurch läßt sich alsdann auch die Schreibart Abenteuer rechtfertigen, welche in einigen Mundarten gewöhnlich ist. Allein das th, welches gemeiniglich in der dritten Sylbe geschrieben wird, läßt sich mit nichts vertheidigen. In den mittlern Zeiten sagte man bald die Abenteuer, bald das Abenteuer, und in Oberdeutschland ist es noch mehrentheils weiblichen Geschlechts; vermuthlich nach dem Muster des Franz. Avanture. Das Verbum abenteuern, wagen, sich mit jemanden abenteuern, mit ihm kämpfen, u. s. f. ist in der Hochdeutschen Mundart veraltet.


Abenteuerlich (W3) [Adelung]


Abenteuerlich, -er, -ste, adj. 1) Wunderbar ohne alle Wahrscheinlichkeit, seltsam, thöricht. Eine abenteuerliche, (unglaubliche, fabelhafte) Geschichte. Ein abenteuerlicher Mensch, Einfall, Gedanke u. s. f. Und wird nicht wunderbar nur abenteuerlich. Uz. 2. Fürchterlich, voll unerwarteter Auftritte. Es schien, als wenn sich die Natur hier eine besondere Mühe gegeben, diese ganze Gegend recht schwarz, traurig und abenteuerlich zu machen, Zach. Ehedem bedeutete es auch gefährlich, und ein abenteuerlicher Gesell, war ein Mensch, der weit gereiset war, viel erfahren hatte.


Abenteuerlichkeit (W3) [Adelung]


Die Abenteuerlichkeit, plur. die -en. 1) Die abenteuerliche Beschaffenheit einer Sache; ohne Plural. 2) Eine abenteuerliche Sache selbst; mit dem Plural.


Abenteurer (W3) [Adelung]


Der Abenteurer, des -s, plur. ut nom. sing. der auf Abenteuer, oder thörichte Glücksfälle ausgeht, keine bestimmte und vernünftige Lebensart hat. Ehedem bedeutete es einen jeden, der etwas wage, auch in einem guten Verstande, z. B. einen Freywilligen im Kriege, einen Gewerken im Bergbaue, einen Kaufmann, und im Engl. ist Adventurer noch jetzt ein Kaufmann, der über See handelt.


Abenteurig (W3) [Adelung]


* Abenteurig, adj. für abenteuerlich, welches aber wenig mehr gehöret wird.


Aber (W3) [Adelung]


Aber, eine Partikel, welche in gedoppelter Gestalt vorkommt.I. * Als ein Nebenwort der Zeit, für wiederum. Im Hochdeutschen ist es bis auf einige zusammen gesetzte Wörter, als abermahl, Aberacht, Abersaat, u. s. f. völlig veraltet, ob es gleich in Luthers Bibelübersetzung noch oft vorkommt und in Oberschwaben auch noch jetzt üblich ist. Die im gemeinen Leben übliche R. A. ich habe es tausend- und aber tausendmahl gesagt; ingleichen, seyn sie tausendmahl willkommen, und aber tausendmahl willkommen, Less. O Geitz und aber Geitz! Opitz, sind auch noch ein Überbleibsel davon.In einigen andern zusammen gesetzten Wörtern ist es aus after entstanden, und deutet alsdann eine unächte Beschaffenheit desjenigen Begriffes an, mit welchem es verbunden ist; wie z. B. in Aberknoblauch, Aberäsche u. s. f. besonders aber in den veralteten Aberkönig, Aberpapst u. s. f. für Afterkönig, Afterpapst.Es scheint, daß dieses Nebenwort, welches bey dem Kero und andern ältern Schriftstellern Auur, Abur, geschrieben wird, besonders der Alemannischen Mundart eigen gewesen. Doch kommen auch das Isl. aptur, das Goth. aftra. das Angels. eft, und das Schwed. ater, in eben dieser Bedeutung vor. Bis zu Ende des 15ten Jahrhunderts war es als ein Nebenwort der Zeit sehr gebräuchlich; z. B. Nu sint die liehten langen sumer tage Mir aber ane froeide hingescheiden, Markgraf Heinrich von Weißen. Allein nachmahls fing es an, nach und nach zu veralten, bis es von dem gleichbedeutenden wiederum völlig verdränget wurde, und dessen meisten Composita, z. B. Aberung, Wiederhohlung, Abirburt, Wiedergeburt, aburfangan, wiederhohlen, Aberene,Urgroßvater, Aberthat, Ausschweifung u. s. f. haben kein besseres Schicksal gehabt. Andere, wie z. B. Aberwille für Unwillen, sind noch in der Schweiz und andern Oberdeutschen Gegenden üblich.II. Als ein Bindewort, dessen Bedeutungen mit allen ihren Schattirungen eben nicht leicht zu bestimmen sind. Vielleicht werden sich die meisten derselben unter folgende Fälle bringen lassen. Es steht,1. Im Nachsatze, wo es dessen Verhältniß gegen den Vordersatz andeutet, und bezeichnet alsdann:(1) Die Ursache, warum der Ausspruch im Vordersatze nicht Statt findet. Er könnte gesund seyn, aber andere hetzen ihn auf. Ich hätte es gethan; aber, ach! es ist mein Vater. Ich hätte dir vergeben; nun aber, da du so frech bist u. s. f. Es wäre möglich, aber es ist verbothen, oder, so aber ist es verbothen.(2) Einen völligen Gegensatz dessen, was im vorher gehenden gesaget worden, und kann alsdann oft auch durch hingegen oder im Gegentheile ersetzet werden. Die Männer wissen von nichts als von Feuer und Schwerte; wir aber haben gelindere Mittel, uns zu rächen. Das sind Fehler der Sitten, nicht aber des Alters. Ich dachte immer, die Kälte oder die Hitze würde ihm die Gedanken schwächen; aber nein! er blieb artig, ohne Unterlaß witzig, Gell. Die schöne Morgenröthe hatte ihm sonst Lieder abgelocket; aber jetzt sang er nichts, Gesner. O, sage was du willst, du liebst ihn doch im Stillen, Ich aber lieb ihn nicht, Gell. (3) Eine nähere Bestimmung in Gestalt eines Gegensatzes, ingleichen eine Ersetzung ode Compensation dessen, was im Vordersatze war behauptet oder geläugnet worden. Ihre Schönheit blendet zwar nicht; aber sie gehet an das Herz. Du bist freylich nicht die schönste; aber du wirst gewiß versorgt werden, Gell. Da denn der Vordersatz nicht eben gerade eine Verneinung enthalten darf. Sie hat jetzt Besuch bey sich; sie wird aber auf den Abend die Ehre haben, ihnen ihre Visite zu geben, Gell. Die stille Gegend hat ihn bisher aufgehalten; aber jetzt kam er zurück, Gesner. Zwar kommen donnernde Wolken im segenvollen Sommer; aber murre nicht, wenn Zeus unter deine Hand voll Tage auch trübe Stunden mischet, Gesn.(4) Eine Einschränkung des Vordersatzes, für allein; und zwar, a) eine Vernichtung oder Entkräftung dessen, was im Vordersatze war gesaget worden, oder doch der Wirkung desselben. Ich suchte ihn; aber er war nicht da. Ich wartete auf ihn; aber er kam nicht. Sie hatte sich recht schön, sehr schön geputzt; aber, es ist alles eitel, Gell. Sie wissen, ich kann ihnen nichts abschlagen; aber ich bin gar zu krank, Gell. Wir sehen weit hinaus auf fremde Gefilde von Glück; aber Labyrinthe versperren den Zugang, Gesn. Ich wollte wünschen, daß es meine Kräfte zuließen; so aber muß ich mich noch heute auf den Weg machen, Less. Eh Sylvia noch kam, so hatt ich vielen Muth; Kaum aber sah ich sie, so wich bey ihrem Blicke, Mein erst so dreistes Herz schon ganz beschämt zurücke, Gell. b) Einen Einwurf; besonders wenn derselbe fragweise vorgetragen wird; ingleichen einen möglichen Fall in Gestalt eines Einwurfes. Die Natur ist hier schön; wird sie es aber auch für mich seyn? Ach, wenn ich ihn fände! - - Aber, ich träume. Sie sagen, sie liebten mich; aber wie kann ich glauben, ihnen zu gefallen? c) Eine Bedingung oder Ermahnung, in Gestalt eines Gegensatzes. Morgen erwarte ich sie; aber daß sie mir den Daphnis nicht vergessen. Vielleicht wird mir diese Pflicht künftig nicht schwer fallen; aber entziehen sie mir dabey ihre Hülfe nicht. Der Doctor hat mir befohlen, mich aus einem Zimmer in das andere zu begeben; aber wenn er mir erst Kräfte eingegeben hätte, Gell. d) Eine Einschränkung, oder Erläuterung des vorigen, Beyfügung eines Nebenumstandes u. s. f. Ach Phillis, wie schön bist du! Aber nicht nur deine Schönheit hat mich zur Liebe gereitzet, Gesn. Was? eines Mords wegen? Antw. Ja, aber eines honneten Mords, Less. Fürstenkinder haben Freude; Aber lange nicht, wie wir, Weiße. Denn unsrer Jugend gönnt die Liebe Viel Unschuld; aber nicht zu viel, Haged. Wenn die Einschränkung nachtheilig oder bedenklich ist, so wird der Nachlaß auch wohl verschwiegen, und das aber wiederhohlet; z. B. Es kann noch etwas aus ihm werden; aber, aber - - - Und in diesem Verstande kann aber auch als ein Substantiv gebraucht werden; z. B. die Sache hat ein Aber, eine bedenkliche Einschränkung, oder, sie ist nur unter gewissen Bedingungen wahr. Es ist nichts so schön, es ist ein Aber dabey. Das Aber eines Kenners ist schmeichelhafter, als alle Ausrufungen des Pöbels.In den meisten der obigen Fälle gehet die Partikel zwar entweder ausdrücklich, oder doch dem Verstande nach vorher. Das Semicolon ist das gewöhnlichste Zeichen, welches zwey mit aber verbundene Sätze unterscheidet, es müßte denn wegen der Kürze des Vordersatzes ein Komma hinlänglich seyn, oder ein Ausrufungs- oder Fragezeichen dessen Stelle einnehmen. Wenn Ausdrücke vorkommen, in welchen das aber im Nachsatze sich unter keinen der vorigen Fälle bringen läßt: so steht es daselbst wohl nicht an seinem rechten Orte. Z. B. Scherz ich, so ertönet mir Ein scherzhaftes Lied von dir; Will ich aber traurig seyn, Klagend stimmst du mit mir ein. Hier sollten beyde Sätze durch das einfache und mit einander verbunden seyn.Aber dienet oft auch, die Bedeutung verschiedener anderer Bindewörter zu verstärken; z. B. doch aber, jedoch aber, dennoch aber. Auf ähnliche Art sagten auch die Römer sed contra, sed enim u. s. f. Nur nach oder und vor allein, oder aber, aber allein, z. B. er muß mich bezahlen, oder aber ich verklage ihn, ist es völlig überflüssig. Indessen kommt doch dieser Pleonasmus zuweilen bey dem Opitz vor. Z. B. Das Best aus zweyen ist, gar nie gebohren werden, Nie, oder aber doch bald scheiden von der Erden. Auf der andern Seite wird auch die Bedeutung des aber zuweilen sehr schön durch andere Partikeln schattiret. Z. B. Sie lachen über mich, daß ich mich bey solchen Kleinigkeiten aufhalten kann. - - Ja wohl Kleinigkeiten! Wenn man denn nun aber u. s. f. Less. Wenn man denn nun aber einen Mann vor sich hat, der sich auf solche Kleinigkeiten brüstet, ebend. Nur hüte man sich vor dem unartigen Pleonasmus der Kanzelleyen, den noch aber und dieweil, u. s. f.2. Am Anfange einer Rede oder Periode, gleichsam einen Gegensatz des vorher gegangenen anzukündigen. Oft aber dienet es bloß dazu, einen Übergang von einer Sache auf die andere zu machen, wenn gleich beyde keine begreifliche Verbindung mit einander haben. Dieses geschieht besonders, (1) In affectvollen Ausdrücken, in Fragen, Ausrufungen u. s. f. Aber sehen sie einmahl, ihr Diener steht noch da, Less. Aber, was hat Amyntas zu dem Körbchen gesagt? Gesn. Aber wieder auf deinen Bruder zu kommen. Besonders wird aber gebraucht, wenn ein unerwarteter Umstand, oder eine schleunige Veränderung des Ent-schlusses der angefangenen Rede Einhalt thut. In melancholischen Gängen von Laub will ich irren. - - Aber, Himmel! was entdeckt mein Auge am Ufer im Sande? Ebend.(2) Im Umgange, wo oft die Einbildungskraft Dinge zusammen bringt, die keinen andern Zusammenhang unter sich haben, als daß sie uns gelegentlich in den Sinn kommen. Alsdann deutet das Französische a propos und das Deutsche aber eine solche gelegentliche Verknüpfung zweyer ganz verschiedener Gegenstände an, und es ist nichts seltenes, daß vermittelst solcher Aber endlich die ganze Welt durch die Musterung gehet, und man zuletzt fragen muß, wo das Gespräch angefangen hat.

Anm. Der biblische Gebrauch dieses Bindewortes, da es nicht nur in Luthers, sondern auch in den meisten ältern Übersetzungen das Hebr. 7 und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - fast beständig ausdrücken muß, z. B. Die Geburt Christi war aber also; Jesus aber antwortete und sprach u. s. f. ist wider die Natur der Deutschen Sprache. Es war daher nicht zu billigen, daß einige besonders Schweizerische und hexametrische Dichter vor einiger Zeit diesen Mißbrauch des aber allgemein zu machen suchten. So bath der Redliche, und Palämon ward gesund. Aber Amyntas sah den mächtigen Segen in seiner Herde, Gesn. In der komischen Schreibart hingegen thut dieser Gebrauch eine desto bessere Wirkung. Z. B. - So drangen die Knaben Jauchzend aus ihrem dumpfigen Kerker und liefen zum Schauplatz. Aber der Küster steckte die Fasces des wichtigen Lehramts, Seine birkene Ruth und den Stock an das schwitzende Fenster. Zach. Also sprach er prahlend und stolz, und drohte noch dreymal Mit dem knotigen Stock dem schon verblichenen Cyper. Aber das Fräulein weinte laut. Ebend. Aber kann so wohl zu Anfange eines Satzes, als auch nach einem oder mehrern Wörtern stehen. man kann sagen: aber hat er es noch? oder, hat aber er es noch? und, hat er es aber noch? da denn die Stelle bloß von dem Nachdrucke abhänget, welchen man auf das aber, oder auf ein anderes Wort leget. Übrigens verändert dieses Bindewort die natürliche Wortfügung nicht.Dieses Bindewort kommt zwar schon bey den ältesten Deutschen Schriftstellern, als dem Kero, dem Übersetzer des Isidor, dem Ottfried, Notker und andern, aber doch nur sehr selten vor. Die Niedersachsen sagen zwar auch aver und averst; allein sie bedienen sich Statt dessen eben so oft ihres man, wofür die Holländer und Dänen men und mar sagen. Da das Nieders. man ehedem auch me und meh geschrieben und gesprochen wurde, so scheinet es von mehr abzustammen, so wie das Franz. mais, das Ital. ma und Span. mas von magis. Dieß macht es wahrscheinlich, daß auch so wohl das Bindewort, als das Nebenwort aber, von ober oder über herkommt, obgleich andere dasselbe von ab herleiten wollen.


Aberacht (W3) [Adelung]


* Die Aberacht, plur. inusit, ehedem, 1) eine wiederhohlte Acht oder Achtserklärung; von aber, wiederum. 2) So viel als Oberacht, eine Achtserklärung, welche im Nahmen des Königes oder Kaisers geschiehet; im Gegensatze der Unteracht, welche von einem Unterrichter herrühret, und sich nur über eine gewisse Gegend erstreckt. In beyden Bedeutungen ist das Wort veraltet, und nur noch bey den Schriftstellern der mittlern Zeiten üblich. S. Haltaus v. Oberacht.


Aberäsche (W3) [Adelung]


Die Aberäsche, S. Eberäsche.


Aberglaube (W3) [Adelung]


Der Aberglaube, des -ns, plur. car. 1) Derjenige Zustand des Gemüthes, da man äußern Handlungen und Erscheinungen mehr Kraft beylegt, als ihrer eigentlichen Beschaffenheit gemäß ist. In engerer Bedeutung der Glaube an eingebildete unsichtbare wirkende Ursachen, die Neigung, natürlichen Dingen übernatürliche Kräfte beyzulegen. 2) In der höhern Schreibart, auch figürlich für abergläubige Menschen. Wie manche Scepter hat der Aberglaube nicht zerbrochen, wie viel Thronen hat er nicht umgestürzt, wie viele gütige Monarchen hat er nicht der Wuth eines aufgebrachten Pöbels Preis gegeben! Der Aberglaube zürnt im Dunkel heiliger Wetter Und schleudert Fluch und Bann auf Denken mehr als Spötter. Dusch

Anm. Aberglaube ist ohne Zweifel nach dem Lateinischen Superstitio gebildet worden, daher Aber hier nicht so wohl after, als vielmehr über bedeutet; Overglivinghe, in einem alten geschriebenen Wörterbuche. Dieses Wort, welches neuern Ursprunges ist, war den ältern Jahrhunderten unbekannt. Der alte Übersetzer des Isidor braucht dafür Dhrugida, spätere Schriftsteller aber Apostüzlerey, Beyglaube u. s. f. Biglove ist auch noch bey den Niedersachsen üblich.


Abergläubig (W3) [Adelung]


Abergläubig, -er, -ste, adject. et adv. Aberglauben habend oder enthaltend, darin gegründet. Ein abergläubiger Mensch. Abergläubige Gebräuche. Daher die Abergläubigkeit, wenn man es nöthig finden sollte, den Zustand oder die Fertigkeit als ein Abstractum, von dem Aberglauben selbst, als einem Concreto, zu unterscheiden.

Anm. So wie man gläubig, kleingläubig und ungläubig sagt; so sollte man doch abergläubig und nicht abergläubisch sagen, obgleich solches von den meisten geschiehet. Abergläubisch ist wie viele andere Beywörter auf isch, wenigstens gemein und niedrig.


Ab-erkennen (W3) [Adelung]


Ab-erkennen, verb. irreg. act. ( S. Erkennen.) Einem etwas aberkennen, es ihm durch ein Erkenntniß, oder förmliches Urtheil absprechen. - - Es mag der Leute Wahn Mir immerhin die Klugheit aberkennen, Haged. In der Schweiz bedeutet abkennen, durch ein Urtheil abschaffen, aufheben.


Aberklaue (W3) [Adelung]


Die Aberklaue, S. Afterklaue.


Abermahl (W3) [Adelung]


Abermahl, adverb. temp. noch einmahl, wieder einmahl, von neuen. Er ist abermahl in die Stadt gegangen. Man rufte mich abermahl bey Seite.

Anm. Abermahl von aber, wiederum, ist erst in den mittlern Zeiten entstanden, und es scheinet, als wenn dieses Nebenwort im Hochdeutschen nach und nach veralten würde. Viele sprechen und schreiben abermahle; allein da in einmahl, zweymahl, dreymahl u. s. f. allemahl, diesmahl, und andern, welche eine bestimmte Zeit bezeichnen, kein s angetroffen wird, so ist es auch hier überflüssig. S. Mahl die Anm. Abermahl ist das Himmelreich gleich, Math. 13. für ferner, ist veraltet.


Abermahlig (W3) [Adelung]


Abermahlig, adject. von neuen, noch einmahl geschehend. Ein abermahliges Verlangen. Eine abermahlige Bitte. Es verstattet der Bedeutung wegen keine Steigerung.


Abernten (W3) [Adelung]


Abernten, verb. reg. act. 1. Die Erntenfrüchte völlig abschneiden oder abhauen. Das Getreide abernten. Ingleichen das Feld von den Früchten leer machen. Das Feld der Verwandlung ist für Werke, welche das Gepräge unserer Zeit haben, schonvöllig abgeerntet, Dusch. 2. Die Erntearbeit vollenden; als ein Neutrum, mit haben.


Aberraute (W3) [Adelung]


Die Aberraute, plur. car. ein Nahme, welchen einige der Stadtwurz geben; ohne Zweifel von dem Griechischen und Lateinischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Abrotonum, woraus andere auch Abraute, Ebenraute, Alpraute, und Affrusch, die Dänen aber Abred machen.


Abersaat (W3) [Adelung]


* Die Abersaat, plur. von mehrern Arten, die -en, nur in einigen Gegenden, was auf einem bereits abgeernteten Felde gesäet wird, von aber, wiederum; in andern Gegenden die Schmalsaat.


Aberwitz (W3) [Adelung]


Der Aberwitz, des -es, plur. car. 1) Die Thorheit, welche aus allzu vielem Wissen entstehet. 2) Die Einbildung eines großen Verstandes bey augenscheinlichem Mangel desselben. 3) Die völlige Abwesenheit des Verstandes. In Aberwitz gerathen, verfallen.

Anm. Aber scheint in den beyden ersten Fällen so viel als über zu bedeuten; obgleich auch die Bedeutung des Unächten hier Statt finden kann. Uparwizzo kommt bey dem Raban Maurus in der guten Bedeutung eines Philosophen vor, oder eines, der mehr weiß, als andere Leute. In den spätern Zeiten findet man für Aberwitz auch Hinterwitz und Nachwitz.


Aberwitzig (W3) [Adelung]


Aberwitzig, -er, -ste, adject. von Aberwitze befallen, in Aberwitz gerathen, darin gegründet. Ein aberwitziger Mensch. Aberwitziges Zeug vorbringen. Er ist aberwitzig geworden.


Abeschern (W3) [Adelung]


+ Abeschern, verb. reg. act. et recipr. sich durch eine heftige Bewegung in Schweiß und außer Athem bringen; ein Wort, welches nur an einigen Orten in Ober- und Niedersachsen im gemeinen Leben üblich ist. Er ist ganz abgeeschert, Weiße. Er hatte sich ganz abgeeschert.

Anm. Das einfache eschern ist, so viel ich weiß, nicht üblich. Es ist ohne Zweifel eine Nachahmung des feichenden Lautes, den man in solchen Umständen von sich gibt. Da es nun mit dem Zeitworte äschern von Asche nichts gemein hat, obgleich einige es auf eine höchst gezwungene und unwahrscheinliche Art von dem Bestreuen mit Asche an der "Aschermittwoche" herleiten wollen: so ist auch nicht nöthig, es in der ersten Sylbe mit einem ä zu schreiben. Nahe verwandt ist damit das gleichfalls gemeine äspern, welches S.


Abessen (W3) [Adelung]


Abessen, verb. irreg. S. Essen. Es ist 1. ein Activum. (1) Durch Essen wegschaffen. Die Kirschen von dem Baume abessen. Das Fleisch von dem Knochen abessen. Und dann auch durch Essen lehr machen. Einen Knochen abessen. (2) Eine Forderung, die man an einen andern hat, durch Essen vermindern oder tilgen. Ich habe meinen Vorschuß bey ihm abgegessen. (3) + Ich habe dir nichts abgegessen, habe nichts von dir genossen, nichts von dem Deinigen verzehret. 2. Ein Neutrum mit haben, aufhören bey Tische zu essen, die Mahlzeit vollenden.Sie haben noch nicht abgegessen. Von Vornehmen sagt man dafür abspeisen, und von noch Höhern, von der Tafel aufstehen, die Tafel aufheben.


Abfachen (W3) [Adelung]


Abfachen, verb. reg. act. in Fächer theilen. Daher die Abfachung.


Abfädmen (W3) [Adelung]


Abfädmen, verb. reg. act. Die Schoten abfädmen, die so genannten Fäden an den Schoten der Erbsen, Bohnen, u. s. f. abziehen.


Abfahen (W3) [Adelung]


Abfahen, S. Abfangen.


Abfahren (W3) [Adelung]


Abfahren, verb. irreg. S. Fahren. Es ist1. Ein Activum, und bedeutet: (1) Durch Fahren, oder im Fahren absondern. Ein Stück von der Mauer abfahren. Die Schienen von den Rädern abfahren. Einem einen Arm, einen Fuß abfahren. (2) Das Zugvieh durch vieles Fahren abmatten. Die Pferde sind ganz abgefahren worden. (3) Einen Weg abfahren, ihn durch mehrmahliges Fahren machen; ingleichen ihn durch ein Fuhrwerk abmessen. (4) Eine Forderung oder Schuld durch Fahren vermindern oder tilgen. So kann der Kutscher einen erhaltenen Vorschuß abfahren. (5) Heu und Grummet abfahren, von dem Acker. 2. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt. (1) Sich mit einem Fuhrwerke von einem Orte entfernen. Die Post ist schon abgefahren. Der Schiffer wird bald abfahren. Wir sind von dem rechten Wege abgefahren. Auch wohl in weiterer Bedeutung überhaupt so viel als abreisen, wenn solches gleich zu Fuße geschiehet. (2) * Hinab fahren, herab fahren; im Hochdeutschen ungewöhnlich. Da, (nehmlich auf dem Rheine) kömmt das edle Maß auf Dordrecht abgefahren, Das Niederland erfreut, Opitz. (3) Fig. von andern schnellen Bewegungen lebloser Dinge von einem Orte. Der Hammer, die Axt ist abgefahren, nehmlich von dem Stiele. Das Messer fuhr im Schneiden ab. (4) Im verächtlichen Sinne von dem Tode eines Menschen. Auch er ist abgefahren.


Abfahrt (W3) [Adelung]


Die Abfahrt, plur. inusit. 1) Das Abreisen von einem Orte vermittelst eines Fuhrwerks oder Schiffes. 2) In weiterer Bedeutung, besonders in den Rechten, ein jeder Abzug von einem Orte; ja auch wohl das Abzugsgeld. 3) Die Abfahrt aus diesem Leben, fig. der Tod; auch wohl in guter Bedeutung.


Abfahrtsflagge (W3) [Adelung]


Die Abfahrtsflagge, plur. die -n, in der Schifffahrt, die Flagge, welche auf das Hintertheil des Schiffes gesteckt wird, ein Zeichen zur Abfahrt damit zu geben.


Abfahrtsgeld (W3) [Adelung]


Das Abfahrtsgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) In den Rechten an einigen Orten, so viel als Abzugsgeld, oder das Geld, welches Unterthanen, die aus einem Lande oder Gerichte abziehen, von ihrem Vermögen der Obrigkeit entrichten müssen. 2) Bey den Handwerkern, ein Reisegeld, welches die Gesellen zuweilen bekommen, wenn sie zum ersten Mahle auswandern.


Abfahrtsschuß (W3) [Adelung]


Der Abfahrtsschuß, des -sses, plur. die -schüsse, in der Schifffahrt, der Kanonenschuß, der zum Zeichen der Abfahrt eines Schiffes dient.


Abfall (W3) [Adelung]


Der Abfall, des -es, plur. die -fälle; bedeutet nach Maßgebung des verschiedenen Gebrauches des Zeitwortes abfallen, 1) im physischen Sinne. (1) Das Fallen von einem höhern Orte, nach einem niedrigern; ohne Plural. Der Abfall der Blätter von den Bäumen. Der Abfall des Wassers. (2) Der Ort, durch welchen dieses Fallen geschiehet, besonders vom Wasser; ingleichen figürlich die abschüssige Lage des Bodens, der Fall. Einem Damme oder Pflas=ter den gehörigen Abfall geben. (3) Dasjenige, was von einer andern Sache abfällt oder abgehet, besonders in figürlicher Bedeutung. So heißen bey verschiedenenen Handwerkern die Abgänge von ihrer Arbeit auch Abfall oder Abfälle; z. B. bey den Fleischern verschiedene Nebentheile der geschlachteten Thiere, als Kopf, Füße, Leber u. s. f. welche in Osnabrück Potthast, in Hamburg Hüßputt, im Hannöv. Reßelse, an andern Orten die Zulage, das Kleine, letzteres mit Vorsetzung des Nahmens des Thieres, von welchem es ist, z. B. Hasenklein u. s. f. heißt. So auch der Abfall von dem Getreide, oder Spreukorn, im Hannöv. Reß von ressen, abfallen. In Wasserwerken und Wasserkünsten wird das überflüssige Wasser, welches abgeleitet, oder an andere überlassen wird, gleichfalls der Abfall genannt, welchen Nahmen auch wohl die Röhre führet, durch welche dieses Wasser abgeführet wird. In dieser Bedeutung des Abganges sagen einige auch wohl das Abfall.2) In moralischer Bedeutung. (1) Die bösliche Verlassung eines rechtmäßigen Herrn oder einer Religion. Der Abfall von einem Herrn, vom Glauben, von der Religion. Der Abfall zu dem Feinde. Einen zum Abfalle bewegen, verleiten, verführen. Der Stolz ist nach der Vernunft ein Abfall von der Wahrheit, Gell. (2) + Die Verschlimmerung seines häuslichenZustandes; im gemeinen Leben. In Abfall der Nahrung kommen oder gerathen, für Verfall. So auch in den Bergwerken, die Abnahme des innern Gehaltes der Erze. (3) Die zufällige Abweichung von der gewöhnlichen Beschaffenheit, die Verschiedenheit in Nebendingen. Eigentlich von der schwächern Beschaffenheit. In einem etwanigen Abfalle von Farben in Ansehung ihrer Lebhaftigkeit und Reinigkeit mochte die ganze Luft-Perspectiv des Polignotus bestehen, Less. In weiterer Bedeutung aber auch eine solche Abweichung überhaupt. Es gibt so viele Schattirungen der Empfindungen, als Abfälle zwischen einer Habichts- und Stumpfnase, Göthe. Wo doch wegen der Vieldeutigkeit dieses Wortes Abänderung, Abstufung u. s. f. klärer und deutlicher sind. (4) Einschränkung, Verminderung desjenigen, was vorher war behauptet worden. Das ist ein großer Abfall, kommt mit der davon gemachten Hoffnung, Versicherung, u. s. f. nicht überein. Das leidet einen starken Abfall, ist einer großen Einschränkung unterworfen. In dieser Bedeutung findet man auch wohl den Plural. Diese Regel leidet große Abfälle, Gottsch. (5) Bey einigen auch so viel als Contrast. Es ist unbeschreiblich, welchen Abfall ihr Betragen gegen ihre Kleidung machte, wie sehr es dagegen abstach. (6) Einige Sprachlehrer haben auch die Casus der Nennwörter Abfälle nennen wollen, aber damit wenig Beyfall erhalten.


Abfallen (W3) [Adelung]


Abfallen, verb. irreg. S. fallen. Es ist,1. Ein Activum, durch Fallen, oder im Fallen absondern. Ein Stück von der Wand abfallen. Er hat sich die Nase abgefallen. Am häufigsten aber,2. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert. (1) In physischer Bedeutung. a) Von einem höhern Orte abgesondert werden und herunterfallen. Die Blätter, Früchte u. s. f. sind abgefallen. Die eingebildete Glückseligkeit der Jugend ist eine unfruchtbare Blüthe, welche nach dem Frühlinge abfällt, ohne eine Frucht zu setzen, Dusch. So auch, der Kalk fällt ab, von der Mauer. Der Hut ist ihm abgefallen. Ingleichen das Wasser fällt ab, es nimmt ab, wird vermindert. Bey den Jägern bedeutet abfallen, von den großen Geflügel, von dem Baume fliegen, welches auch abbaumen, abstehen genannt wird. b) Abgesondert werden, besonders von demjenigen, was in der Arbeit, als minder brauchbar, abgehet, bey verschiedenen Handwerkern und Arbeitern. Im Bergbaue fällt ein Gang ab, wenn er sich von einem andern Gange absondert. (2) Im moralischen Verstande. a) Einen Herrn oder eine erkannte Wahrheit böslich verlassen. Von einem abfallen, seine Partey verlassen. Von dem Glauben, von der Religion abfallen. So auch, von der Tugend abfallen. Ein Abgefallener, ein Apostat. b) Eine Verminderung, Ausnahme, Einschränkung leiden, verschieden seyn. Das fällt gar sehr ab. Es fällt viel ab von ihrem Willen, Logau. So auch von den Farben. Diese Farbe fällt von der andern gar sehr ab, ist von ihr sehr verschieden; und in den Bergwerken, die Erze fallen ab, d. i. werden ärmer, am innern Gehalte schlechter. Bey den Jägern ist abfallen, schmal, mager werden.

Anm. Die im gemeinen Leben übliche Redensart, er ist vom Fleische abgefallen, oder, er fällt am ganzen Leibe ab, für, er nimmt ab, wird mager, ist eben so unrichtig und wider den Sprachgebrauch, als die Redensart, einer Meinung abfallen, d. i. anderer Meinung seyn. Die Bäume fallen ab, für, das Laub fällt von den Bäumen, ist eine ungewöhnliche Metonymie. Der biblische Gebrauch für fliehen, z. B. Ps. 78, 9. die Kinder Ephraim fielen ab zur Zeit des Streites, ist ungewöhnlich und veraltet.


Abfällig (W3) [Adelung]


+ Abfällig, adj. et adv. von Abfall, welches nach Art aller solcher Adjectiven auf ig etwas anzeigen würde, was gewöhnlicher Weise abfällt, z. B. Blätter, Blumen, u. s. f. Allein in dieser Bedeu- tung scheint es nur in Oberdeutschland üblich zu seyn. So saget zum Beyspiel Bluntschli, ein Zürchischer Geschichtsschreiber: das Laub blieb an den Bäumen, so daß weder Reifen noch Schnee selbiges mögen abfällig machen. Am häufigsten wird dieses Beywort in der figürlichen Bedeutung, und auch hier oft sehr unrichtig gebraucht. Z. B. ein Abfälliger in der Religion, von einem, der wirklich abgefallen ist, besser ein Abgefallener. Abfällig werden, für abfallen, und abfällig machen, für zum Abfalle bewegen, möchten sich noch eher vertheidigen lassen. Luthers Wortfügungen, einem abfällig werden oder machen, für von einem, 5. Mos. 2, 4. Es. 36, 7. und die noch ungewöhnlichere, Judas machte viel Volks abfällig ihm nach, Apg. 5, 37. taugen nichts. Abfällige leere Entschuldigungen, für ungegründete, die von sich selbst dahin fallen, kann man den Kanzeleyen überlassen.


Abfallsröhre (W3) [Adelung]


Die Abfallsröhre, plur. die -n, in den Wasserwerken und Wasserkünsten, diejenige Röhre, welche das überflüssige Wasser wieder abführet. S. Abfall.


Abfalzen (W3) [Adelung]


Abfalzen, verb. reg. act. 1) Bey den Gärbern, mit dem Falzmesser wegnehmen oder reinigen. Das Fleisch von der Aasseite abfalzen. Ein Fell abfalzen; eine Arbeit, welche sonst auch abaasen, bey den Sattlern aber abfleischen genannt wird. 2) Bey den Tischlern und Zimmerleuten ist abfalzen oder abfälzen, Falze mit den Gesimshobeln in Säulen und an Bretern machen; welches auch ausfalzen, ingleichen fälzen schlechthin genannt wird.

Anm. Frisch leitet dieses Zeitwort in der ersten Bedeutung von Fell her. In der zweyten stammet es ohne Zweifel von Falte ab. S. Falz.


Abfangen (W3) [Adelung]


Abfangen, verb. irreg. act. S. Fangen. 1) Durch Fangen seinem rechtmäßigen Herren entziehen. Einem die Tauben, dem Nachbar das Wild abfangen. So auch figürlich, einem das Wasser abfangen, heimlich entziehen und auf seinen Grund und Boden leiten. 2) In den Bergwerken, das Gestein oder Erdreich mit Hölzern oder Balken stützen, oder einfassen, damit es nicht einfalle. Den Sand mit Zimmerwerk abfangen, bey Absinkung eines Schachtes. 3) Bey den Jägern, einen Hirsch abfangen, ihm den Fang geben, oder ihn mit dem Hirschfänger tödten. So auch die Abfangung.


Abfärben (W3) [Adelung]


Abfärben, verb. reg. 1) Ein Activum, bey den Gärbern, dem Leder die gehörige Farbe geben. 2) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, farbige Theile fahren lassen. Das Tuch färbt ab. Die Wand hat abgefärbt.


Abfaßen (W3) [Adelung]


Abfaßen, verb. reg. act. von dem Franz. Face, bey den Tischlern eine scharfe Ecke mit dem Hobel abstoßen, welches auch brechen genannt wird.


Abfassen (W3) [Adelung]


Abfassen, verb. reg. act. Könnte 1) eigentlich so viel bedeuten, als durch Fassen absondern oder vollenden, ingleichen aufhören zu fassen, welche Bedeutungen aber nicht üblich sind. Doch ist bey den Huf- und Waffenschmieden abfassen so viel, als ein Stück Eisen auf dem Amboße umschlagen; und bey den Jägern bedeutet es abwickeln, wie abdocken. Bey den Material-Krämern bedeutet es abtheilen, d. i. trockne Sachen zum voraus lothweise u. s. f. abwägen und einwickeln, damit es bey dem einzelnen Verkaufe nicht so viele Zeit wegnehme. 2) Figürlich, die Worte und Sätze einer Rede oder Schrift ordnen. Einen Bericht, einen Satz, eine Bittschrift, eine Klage, ein Urtheil, eine Schrift abfassen. Etwas schriftlich abfassen, aufsetzen, verfassen. Ab hat hier den Begriff der Vollendung, gleichsam gehörig fassen. Abfassen wird nur von kürzern, verfassen aber von längern Aufsätzen gebraucht. Ein Buch abfassen sagt man nicht, aber wohl verfassen. Daher die Abfassung, in beyden Bedeutungen.


Abfasten (W3) [Adelung]


+ Abfasten, verb. reg. act. 1) Sich abfasten, sich durch Fasten entkräften. 2) Durch Fasten büßen. Eine Sünde, eine Vergehung abfasten. Beydes im gemeinen Leben.


Abfaulen (W3) [Adelung]


Abfaulen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, durch Faulen abgesondert werden. Die Wurzel fault ab, ist abgefault. Von einem edlen Baum ein abgefaulter Ast, Can.


Abfäumen (W3) [Adelung]


Abfäumen, verb. reg. act. von Faum, folglich nicht abfeimen. 1) Eigentlich, den Faum oder Schaum abschöpfen, von dem Schaume befreyen. Honig, Talg u. s. f. abfäumen, abschäumen. 2) Figürlich in der Redensart, ein abgefäumter Schalk, der Ausbund von allen Schälken, ein listiger, durchtriebener Mensch, der zu allen Schelmereyen gleichsam verfeinert ist. Ich weiß, daß er ein abgefäumter Schlangenkopf ist, Weiße.


Abfechten (W3) [Adelung]


+ Abfechten, verb. irreg. act. S. Fechten. 1) Einem etwas abfechten, durch Fechten von ihm erhalten. 2) Sich abfechten, sich durch Fechten ermüden.


Abfedern (W3) [Adelung]


Abfedern, verb. reg. act. an einigen Orten, der Federn berauben. Eine Gans, ein Huhn abfedern, rupfen.


Abfegen (W3) [Adelung]


Abfegen, verb. reg. act. durch Fegen absondern, oder wegschaffen. Den Staub, Unrath abfegen. Ingleichen durch Fegen reinigen. Den Tisch, die Bücher abfegen. Abfegende Mittel heißen bey einigen Ärzten auch diejenigen Arzeneyen, welche die Schärfe des Geblütes durch Ausführen lindern, abstergentia, abluentia. Daher die Abfegung, in den obigen Bedeutungen.


Abfeilen (W3) [Adelung]


Abfeilen, verb. reg. act. 1) Mit der Feile wegnehmen, absondern. Das Gröbste abfeilen. Ein Stück von einem Nagel abfeilen. Ingleichen durch Feilen verkürzen oder kleiner machen. Einen Nagel abfeilen. 2) Mit der Feile zur Vollkommenheit bringen, völlig fertig feilen. Einen Schlüssel abfeilen.


Abfeilicht (W3) [Adelung]


+ Das Abfeilicht, des -es; plur. car. bey einigen Eisenarbeitern, so viel als Feilstaub, oder Feilspäne.


Abfeimen (W3) [Adelung]


Abfeimen, S. Abfäumen.


Abfertigen (W3) [Adelung]


Abfertigen, verb. reg. act. 1) Fertig machen, und fortschicken; so wohl von Personen als Sachen. Einen Brief, einen Bothen, ein Schiff abfertigen. Einen Courier an jemanden abfertigen, abschicken. 2) Die schuldige Bezahlung, verlangte Antwort u. s. f. geben, und damit gehen lassen, nach vollendetem Geschäfte gehen lassen. Ich bin bald abgefertiget worden. 3) Figürlich. Einen kurz oder kahl abfertigen, ihm eine herbe Antwort geben und damit gehen lassen. So siehet er ihn kaum halb über Achsel an, Und fertigt ihn kahl ab, Opitz. So auch: jemanden schimpflich abfertigen, ihn mit einer Tracht Schläge abfertigen.


Abfertigung (W3) [Adelung]


Die Abfertigung, plur. die -en. 1) Das Absenden eines Bothen oder einer Sache; ohne Plural. Der Bothe wartet auf eine Abfertigung. 2) Die Bezahlung, Antwort, Entschließung, u. s. f. damit jemand gehe. Die Leute bekommen ihre Abfertigung aus der Kriegskasse, ihre Bezahlung. 3) Eine herbe oder unerwartete Antwort, womit jemand entlassen wird. Da hast du deine Abfertigung.


Abfesseln (W3) [Adelung]


Abfesseln, verb. reg. act. Einen abfesseln, ihn der Fessel entledigen, ihm die Fessel abnehmen; edler entfesseln.


Abfeuern (W3) [Adelung]


Abfeuern, verb. reg. act. 1) Bey den Feuergewehren so viel als abbrennen. Ein Gewehr, eine Kanone, eine Flinte abfeuern. Unter Abfeuerung der Kanonen. 2) In den Schmelzhütten das Feuer abgehen lassen, das Feuern beschließen. Daher die Abfeuerung, in beyden Bedeutungen.


Abfiedeln (W3) [Adelung]


+ Abfiedeln, verb. reg. act. 1) Durch Fiedeln; d. i. hin und her reiben, absondern; im gemeinen Leben. 2) In den Schmelzhütten auf dem Oberharze, den groben Abstrich, der nicht zergangen ist, mit einem Eisen abziehen.


Abfiedern (W3) [Adelung]


Abfiedern, verb. reg. act. bey den Glasern an einigen Orten, die überflüssigen Theile des Glases mit dem Fiedermesser oder Fügeeisen abkneipen; eine Arbeit, welche bey den meisten Glasern auch abfügen genannt wird.


Abfinden (W3) [Adelung]


Abfinden, verb. irreg. act. S. Finden. Einen abfinden, ihn wegen seiner Ansprüche befriedigen, ihm geben, was ihm gehöret, und damit gehen lassen. Seine Gläubiger abfinden, oder sich mit ihnen abfinden. Doch gabst du ihr aus eitlem Sinn Den besten Kern des Lebens hin, Gott ward mit Hülsen abgefunden, Can. Besonders in den Rechten, jemanden durch ein Äquivalent von allen Ansprüchen auf eine Erbschaft ausschließen. Einen Prinzen abfinden, ihm seinen Unterhalt auswerfen, damit er auf die Länder keinen weitern Anspruch machen dürfe. Ein abgefundener oder apanagirter Herr. In gleicher Bedeutung saget man auch, sich mit einem wegen einer Sache abfinden, sich durch Abtretung des schuldigen Theiles mit ihm vergleichen. Sie werden sich schon mit mir abfinden, Gell.

Anm. Ein Urtheil finden, bedeutete ehedem so viel, als ein Urtheil sprechen, und abfinden, durch Urtheil und Recht entscheiden. Daher sind die Abfinder in den Holsteinischen Landgerichten das, was in andern Gegenden die Beysitzer und Schöppen sind. Vermuthlich stammt die heutige Bedeutung des Zeitwortes abfinden daher. Abfinden und abgüten werden in dem gemeinen Rechte oft als Synonyma gebraucht. In andern Gegenden, z. B. im Jülichischen, wird abgüten nur von den Töchtern gebraucht, wenn sie vermittelst einer Mitgabe von der Erbschaft ausgeschlossen werden. In dem Deutschen Staatsrechte findet noch ein anderer Unterschied Statt. Abgefundene Töchter sind diejenigen, welche vermittelst einer erhöheten Mitgabe nach Ausgang des männlichen Geschlechtes ihrer Linie durch die entfernten Stammvettern von der Erbschaft zwar ausgeschlossen worden, aber doch nach Erlöschung des ganzen männlichen Stammes ihren Regreß darauf behalten; abgegütete Töchter aber diejenigen, welche durch eine ansehnliche Erhöhung des Heirathsgutes auf immer davon ausgeschlossen worden. Für abfinden, apanagiren, war ehedem auch abbannen üblich, von Bann, Gericht, gerichtliche Entscheidung; Abgebannte Brüder, abgefundene. Und es ist die Frage, ob sich das mittlere Lat. apanare, Franz. apanager; davon nicht schicklicher würde herleiten lassen, als von panis, wie gemeiniglich geschiehet. Eine Bemerkung, welche ich dem Hrn. Diac. Rinderling in Kalbe zu danken habe.


Abfindung (W3) [Adelung]


Die Abfindung, plur. die -en, die Befriedigung eines andern wegen seiner Ansprüche; besonders in Erbschaftssachen, der Vergleich über den Theil, den der andere zu fordern berechtiget ist, und auch wohl dieser Theil selbst. Abfindungsgelder sind daher solche Gelder, welche von den Lehnsfolgern oder Landerben, zur Befreyung des Lehnes, bezahlet werden müssen.


Abfinnen (W3) [Adelung]


Abfinnen, verb. reg. act. 1) Bey den Grobschmieden und Schlossern, das Eisen mit der Finne, oder dem dünnen Ende des Hammers, dünner schlagen. 2) Bey den Klämpenern, mit der Finne des Hammers Ecken in das Blech treiben. Gemeiniglich sprechen die Klämpener dieses Zeitwort abpinnen aus, welches denn dem Niedersächsischen afpinnen näher kommt. S. Finne 2.


Abfischen (W3) [Adelung]


Abfischen, verb. reg. act. 1) Ausfischen. Einen Teich abfischen, alle Fische aus demselben fangen. 2) Das Fischen zu Ende bringen. 3) + Abschöpfen; im gemeinen Leben. Das Fett abfischen, das Beste von einer Sache an sich nehmen. Daher die Abfischung in den obigen Bedeutungen.


Abfitzen (W3) [Adelung]


Abfitzen, verb. reg. act. bey den Mäurern, eine mit Kalk be-worfene und ausgestrichene Mauer mit dem Sprengpinsel glatt machen. S. Fitzen 2.


Abflachen (W3) [Adelung]


Abflachen, verb. reg. act. im Deichwesen, so viel als abdachen. Daher die Abflachung, die Abdachung.


Abflammen (W3) [Adelung]


Abflammen, verb. reg. act. bey den Gärbern, Leder mit Talg tränken, und diesen über einem Kohlfeuer einziehen lassen.


Abflattern (W3) [Adelung]


Abflattern, verb. reg. 1) Ein Reciprocum, sich abflattern, sich durch Flattern abmatten, von Vögeln und dem Federviehe. 2) Ein Neutrum, mit dem Hülfsw, seyn, von dem Geflügel, sich flatternd entfernen. Figürlich aber auch von der flüchtigen Entfernung einer leichtsinnigen Person. Er ist schon wieder abgeflattert.


Abflauen (W3) [Adelung]


+ Abflauen, verb. reg. act. in fließendem Wasser abspülen; nur noch in einigen Fällen. So bedeutet es 1) in den Bergwerken, die gepochten Erze abwaschen; welches so wohl in Abflaufässern, als auch auf Abflauherden geschiehet, welche aus Unwissenheit auch wohl Abflachherde und Abflichherde genannt werden. 2) In Oberdeutschland aber, die mit Seife und Lauge gewaschene Wäsche in kaltem Wasser abspülen; welches man in Ober- und Niedersachsen spülen nennt. S. Flauen.


Abflecken (W3) [Adelung]


Abflecken, verb. reg. neutr. mit haben, Theile fahren lassen, und dadurch Flecken verursachen. Nasse Farbe fleckt ab.


Abfledern (W3) [Adelung]


Abfledern, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, das ausgedroschene Getreide mit einem Flederwische an einer langen Stange abkehren, es dadurch von den Ähren zu reinigen.


Abflegeln (W3) [Adelung]


Abflegeln, verb. reg. act. bey einigen Landwirthen, Früchte von verschiedener Art und Länge, wie z. B. Weitzen und Linsen, welche unter einander gebauet worden, vermittelst des Flegels, d. i. durch Dreschen, von einander absondern.


Abfleischen (W3) [Adelung]


Abfleischen, verb. reg. act. 1) Bey den Sattlern und Kürschnern, das noch an den Fellen befindliche Fleisch abschaben, welches bey den letztern auch abziehen, bey den Gärbern aber abaasen heißt. Es geschieht solches bey ihnen mit krummen scharfen Messern, welche daher Abzieheisen oder Abfleischeisen genannt werden. S. auch Abfalzen. 2) * Für zerfleischen, bey dem Flemming; aber im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Abflichherd (W3) [Adelung]


Der Abflichherd, S. Abflauen.


Abfliegen (W3) [Adelung]


Abfliegen, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, S. Fliegen, 1) Eigentlich sich fliegend entfernen, hinweg fliegen, von Vögeln und dem Federviehe. 2) Figürlich auch von andern schnellen und unerwarteten Bewegungen lebloser Dinge. Der Pfeil ist von der Sehne abgeflogen. Er stieß sich, daß ihm der Hut abflog. 3) Im Forstwesen flieget das Holz ab, wenn es auf dem Stamme dürre wird und abstirbt; welches auch abdorren und abstehen heißt.


Abfließen (W3) [Adelung]


Abfließen, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, S. Fließen. 1) * Von einer Höhe hinunter fließen, hinab fließen; im Hochdeutschen ungewöhnlich. - Wie fleußt der Thränen Bach Die bleichen Wangen ab, Opitz. 2) Hinweg fließen, wobey doch der erste Begriff mit zum Grunde liegt. Das Wasser fließt durch die Röhre ab. Als die Wasser der Sündfluth abgeflossen waren. Der abgeflossene Strom kehret nicht wieder zu seiner Quelle zurück, Dusch. Daher das Abfließen. S. auch Abfluß.


Abflößen (W3) [Adelung]


Abflößen, verb. reg. act. abfließend machen, so wohl von einer Höhe hinab, als auch von einem Orte hinweg. Holz abflößen, auf dem Flusse. Daher die Abflößung.


Abfluß (W3) [Adelung]


Der Abfluß, des -sses, plur. die -üsse, 1) Das Abfließen des Wassers; ohne Plural. Der Ab- und Zufluß des Meeres, die Ebbe und Fluth. 2) Der Ort, durch welchen ein flüssiger Körper abfließt.


Abfodern (W3) [Adelung]


Abfodern, S. Abfordern.


Abfolgen (W3) [Adelung]


Abfolgen, verb. reg. neutr. welches aber nur im Infinitiv mit dem Zeitworte lassen üblich ist, eine Person oder Sache einem andern auf sein Verlangen aushändigen. Einen Gefangenen abfolgen lassen. Er will mir das Meinige nicht abfolgen lassen. Wenn einige dafür verabfolgen sagen, so ist solches eine unnöthige Verlängerung. In Oberdeutschland gebraucht man dieses Zeitwort auch als ein thätiges. So heißt es z. B. bey dem Bluntschli: daß den Armen Korn abgefolget werden möge.


Abfolgung (W3) [Adelung]


Die Abfolgung, plur. inusit: die Aushändigung oder Zurücksendung dessen, was man von einem andern in seiner Gewalt hat. Man hat um die Abfolgung des Gefangenen angehalten.


Abfordern (W3) [Adelung]


Abfordern, verb. reg. act.

1) Eine Person oder Sache von einem Orte wegrufen. Man hat ihn von dem Rathause abgefordert, weggerufen. Am häufigsten, wenn man über die Person oder Sache ein Recht hat. Einen abfordern, ihn aus eines andern Dienst oder Gewalt zurück berufen. Der König hat die Sache von dem Gerichte abgefordert. Von der Welt abgefordert werden, figürlich für sterben. Wenn der Tag kommt, da der Herr des Lebens mich abfordern wird.

2) Einem etwas abfordern, es von ihm fordern. Wer nichts hat, dem kann man nichts abfordern. Man forderte uns kein Geld für den Einlaß ab. Einem Gefangenen den Degen abfordern. Die Kleider von dem Schneider abfordern. Von der unbilligen Auslassung des r in diesem Zeitworte, S. Fordern.


Abforderung (W3) [Adelung]


Die Abforderung, plur. die -en. 1) In der Bedeutung des Verbi überhaupt. Abforderungsbriefe, Avocatoria. 2) Das Recht, flüchtige Unterthanen zurück zu fordern, welches auch das Abforderungsrecht, das Besatzungsrecht, ingleichen das Satzrecht genannt wird.


Abformen (W3) [Adelung]


Abformen, verb. reg. act. 1) Bey verschiedenen Künstlern und Handwerkern, die Gestalt einer Sache in einen weichen Körper drücken, um hierin den Abdruck oder Abguß zu verfertigen. Eine Bildsäule, eine Glocke u. s. f. abformen. 2) Das Modell zu einem Kunstwerke aus einem weichen Körper formen. 3) Bey den Schustern, den Schuh wieder von dem Leisten herunter schlagen. Daher die Abformung. In Oberdeutschland, besonders in Baiern, bedeutet abfürmen figürlich jemand anschwärzen, einen nachtheiligen Begriff von ihm erwecken.


Abformiren (W3) [Adelung]


Abformiren, verb. reg. act. bey den Buchbindern, ein aus dem Lateinischen entlehntes Kunstwort, den angesetzten Deckeln der Bücher ihre völlige Gestalt geben.


Abfragen (W3) [Adelung]


Abfragen, verb. reg. act. S. Fragen, durch Fragen von einem heraus bringen. Einem etwas abfragen. Er läßt sich alles abfragen, man kann alles von ihm heraus bringen. Und wer sie nicht beym Trunk entdecken kann, Sucht sie umsonst den Schönen abzufragen, singt Hagedorn von der Wahrheit. + So fraget man den Bauern die Künste ab, so pflegt man die Dummen auszufragen, ist eine niedrige sprichwörtliche Redensart. Noch niedriger und zugleich possierlich ist die R. A. der Niedersachsen: er sollte wohl der Kuh das Kalb abfragen, d. i. er hat die Gabe einen auf das genaueste auszufragen.


Abfressen (W3) [Adelung]


Abfressen, verb. irreg. act. S. Fressen. 1) Eigentlich von Thieren, durch Fressen absondern oder verzehren. Die Raupen haben die Blätter abgefressen. Die Käfer fressen die Knospen ab. Ingleichen durch Fressen leer machen, verwüsten. Das Vieh hat die Äcker abgefressen. Die Schnecken fressen die Weinstöcke ab. Wenn dieses Zeitwort in dieser und andern Bedeutungen des Abessens auch von Menschen gebraucht wird, so geschiehet solches nur in sehr niedrigen Redensarten. 2) Figürlich auch von leblosen Dingen, für verzehren. Der Gram frißt ihm das Herz ab, verkürzet seyn Leben. Wenn einige dafür sagen,er frißt sich das Herz ab, nehmlich durch Gram, so ist die Figur ein wenig zu hart und unedel.


Abfrieren (W3) [Adelung]


Abfrieren, verb. irreg. neutr. mit seyn, S. Frieren. 1) Durch Frost abgesondert werden. Die Nase ist ihm abgefroren, wofür man in einigen Gegenden sehr unrichtig sagt, er hat sich die Nase abgefroren. 2) Sehr frieren. Er ist tüchtig abgefroren.


Abfröhnen (W3) [Adelung]


Abfröhnen, verb. reg. act. 1) Durch Frohn- oder Handdienste bezahlen. Eine Schuld, einen Vorschuß abfröhnen. 2) Die schuldigen Frohndienste leisten. Die Hoftage abfröhnen. Daher die Abfröhnung.


Abfügen (W3) [Adelung]


Abfügen, verb. reg. act. 1) Bey den Glasern die überflüssigen Glastheile oder auch die Zacken, die der Diamant an den Glasscheiben stehen gelassen, mit dem Fügeeisen abkneipen. S. auch Abfiedern. 2) Bey den Tischlern, Breter, welche zusammen geleimet werden sollen, mit dem Fügehobel glatt hobeln.


Abfuhre (W3) [Adelung]


Die Abfuhre, plur. inusit. das Wegschaffen einer Sache von einem Orte vermittelst des Fuhrwerkes, in der eigentlichen Bedeutung des Verbi abführen. Die Abfuhre des Holzes, der Lebensmittel, des Getreides, u. s. f. das Wegführen desselben, die Wegschaffung.


Abführung (W3) [Adelung]


Die Abführung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abführens, in den meisten Bedeutungen des Zeitwortes; ohne Plural. 1) Bey den Ärzten, ein abführendes Arzeneymittel. Eine Abführung einnehmen.


Abfüllen (W3) [Adelung]


1. Abfüllen, (von voll,) verb. reg. act. durch Schöpfen oben wegnehmen. Ein Maß Wasser, Bier, u. s. f. abfüllen, von dem Fasse. Ingleichen metonymisch, die Fülle eines flüssigen Körpers vermindern. Den Wein abfüllen. Das Faß, (den Wein, Bier u. s. f. in dem Fasse,) abfüllen. Daher die Abfüllung.


Abfüllen (W3) [Adelung]


2. Abfüllen, (von Füllen, pullus,) verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, in den Stutereyen, ein Füllen werfen. Daher die Abfüllung.


Abfurchen (W3) [Adelung]


Abfurchen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft. 1) Durch Furchen abtheilen. 2) Furchenweise abpflügen.


Abfüttern (W3) [Adelung]


Abfüttern, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, das Vieh gehörig satt füttern, besonders demselben gegen die Nacht das letzte Futter geben. Daher Abfütterung.


Abgabe (W3) [Adelung]


Die Abgabe, plur. die -n. 1) Die Handlung des Abgebens in den eigentlichen Bedeutungen des Zeitwortes; ohne Plural. Die Abgabe eines Briefes, eines Buches u. s. f. 2) Dasjenige, was einem andern abgegeben wird; besonders, was Unterthanen von ihrem liegenden und fahrenden Vermögen der Obrigkeit entrichten. Die Abgaben einfordern. Seine Abgaben entrichten, berichtigen. Eine Abgabe auf den Wein legen. Die Abgabe von dem Weine, Biere u. s. f. Ein Land, das mit vielen Abgaben beschweret ist. Abgabe ist zwar keine ganz allgemeine Benennung alles dessen, was Unterthanen der Obrigkeit zu entrichten haben; indessen schließet es doch mehrere besondere Arten in sich, dergleichen z. B. Steuer, Accise, Kopfgeld u. s. f. sind. S. auch Auflage.


Abgähren (W3) [Adelung]


Abgähren, verb. irreg. neutr. ( S. Gähren,) mit haben, bis zu Ende gähren, völlig ausgähren. Das Bier hat bereits abgegohren.


Abgang (W3) [Adelung]


Der Abgang, des -es, plur. die -gänge.

1) Die Handlung des Abgehens von einem Orte, ohne Plural; und zwar,

(1) in engerer Bedeutung, vermittelst der Füße. Der Abgang des Bothen. Abgang nehmen, bedeutet in den Seifenwerken so viel als Schicht machen, von der Arbeit abgehen.

(2) In weiterer Bedeutung, fast eine jede Entfernung von einem Orte. Der Abgang der Post, des Briefes, des Schiffes, der Gelegenheit, nehmlich eine Sache oder Person fortzuschaffen. Mit Abgang der Post. Vor Abgang des Briefes.

(3) Figürlich.

(a) Der Vertrieb der Waaren. Diese Waare hat guten Abgang, findet viele Käufer, hat schlechten oder gar keinen Abgang. Der Kaufmann hat guten Abgang, an Waaren.

(b) Die Unterlassung der Ausübung, des Gebrauches einer Sache. Dieser Gebrauch kommt in Abgang, ist schon lange in Abgang gerathen. Etwas in Abgang bringen. In Abgang gekommene (besserveraltete) Moden.

(c) Die Abnahme, nachtheilige Verminderung. Ich spüre noch keinen Abgang an meinen Kräften. Sein Hauswesen kommt in Abgang. In Abgang der Nahrung gerathen, kommen. Jemanden in den Abgang der Nahrung bringen. Die Schäferey leidet durch die Pocken dieses Jahr großen Abgang.

(d) Zuweilen auch Mangel, der Zustand, da eine Sache abgegangen ist. Der Abgang des Wassers, oder an Wasser. Der Abgang an Lebensmitteln. Man spüret keinen Abgang daran.

(e) Das Absterben. Der Abgang aus diesem Leben. Der tödtliche Abgang. Nach Abgang des männlichen Geschlechtes, der weiblichen Linie.

2) Was von einer Sache abgehet.

(1) In körperlicher Bedeutung, was bey ihrer Verfertigung, als minder brauchbar abgesondert wird; als ein Collectivum, so wohl im Singular, als im Plural allein. Bey verschiedenen Arbeitern haben diese Abgänge besondere Nahmen. Bey den Metallarbeitern heißen sie mehrentheils Krätz, oder Gekrätz, bey den Goldschlägern die Schabine, bey den Fleischern Abfall, im Forstwesen Afterschlag und Abraum, bey den Böttchern Miesel, u. s. f. In dieser Bedeutung ist im gemeinen Leben auch das Verkleinerungswort im Plur. die Abgänglein, und das abgeleitete die Abgängsel üblich.

(2) Was einer Sache in der Bearbeitung oder Behandlung an Zahl, Maß oder Gewicht abgehet; ohne Plural. Dieses Erz hat auf hundert Pfund sechzig Pfund Abgang, d. i. ein Zentner Erz gibt nur vierzig Pfund reines Metall. Der Abgang bey dem Getreide durch Mäusefraß, der Verlust. Der Abgang an der Casse, der Defect.


Abgängig (W3) [Adelung]


+ Abgängig, adj. et adv. Abgang habend, in den mehresten Bedeutungen des Zeitwortes abgehen. Eine abgängige Waare, welche gut abgehet. Eine abgängige Post, welche im Begriffe ist, abzugehen, besser die abgehende. Abgängige Stücke Holz, welche von etwas abgehen. Einige gebrauchen dafür abgänglich; allein beyde Beywörter sind nur den niedrigen Sprecharten eigen.


Abgärben (W3) [Adelung]


+ Abgärben, verb. reg. act. im niedrigen Scherze, so viel als abprügeln.


Abgaukeln (W3) [Adelung]


Abgaukeln, verb. reg. act. Einem etwas, es durch Gaukeley, Blendwerk von ihm erhalten.


Abgeben (W3) [Adelung]


Abgeben, verb. irreg. act. S. Geben.1) In eigentlicher Bedeutung. (1) Von sich geben, einem andern übergeben, besonders von Dingen, welche uns anvertrauet worden, oder von uns andern anvertrauet werden. Der Brief ist richtig abgegeben worden. Wo ist der Brief abzugeben? Ich habe etwas an dich abzugeben. Ich habe das Buch an euren Bruder abgegeben. Er hat die Sache abgegeben, einem andern übertragen. Das Commando abgeben. Seinen Degen abgeben. Im Kartenspiele, die Blätter im Spiele von sich geben, häufiger ablegen. Von den Pferden gebraucht, heißt abgeben, vermuthlich als ein Neutrum, so viel als schieben, d. i. die Zähne verlieren.2) Einen Theil von etwas an einen andern geben. (1) Eigentlich. Er hat mir nichts davon abgegeben. Jedes Regiment soll hundert Mann abgeben. (2) In engerer Bedeutung, einen Theil seiner Habe oder seines Erwerbes an die Obrigkeit geben. Zoll von etwas abgeben. Von dieser Waare muß man viel abgeben, oder diese Waare gibt viel ab. (3) + Die unpersönliche figürliche Redensart, es wird nicht viel abgeben, es ist wenig Gewinn dabey zu hoffen, kann man immer dem großen Haufen überlassen. (4) + Einem etwas abgeben, so wohl ihm eine derbe, bittere Antwort, als auch einen Schlag geben. (5) + Verursachen. Es wird etwas abgeben, nehmlich Verdruß, Zank, Schläge. Das wird einen rechten Lärm abgeben. Es gibt Schläge ab, es setzt Schläge.3). Sich mit jemanden abgeben, sich mit ihm einlassen, Umgang, Unterredung, Gemeinschaft mit ihm haben, mit einem schwachen verächtlichen Nebenbegriffe. Gib dich mit dem Thoren nicht ab. Sich mit den Kindern abgeben, sich mit ihnen zu thun machen. Sich mit einer Sache abgeben, Theil daran nehmen, sich mit ihr beschäftigen.4) Sich mit einer Sache abgeben, sich damit als mit einer Nebensache beschäftigen, ohne sie gründlich zu verstehen. Sich mit dem Griechischen abgeben. Er gibt sich mit Verse Machen, mit Curiren u. s. f. ab. Gottsched nannte diesen Gebrauch des Zeitwortes abgeben einen häßlichen Mißbrauch; aber er sagte nicht warum. Genug diese Art zu reden ist alt und im gemeinen und gesellschaftlichen Leben allgemein.5) Zu etwas gebraucht werden, sich zu etwas gebrauchen lassen, so wohl von Personen, als von Sachen, zu etwas dienen, ohne dazu bestimmt zu seyn. Dieser Stock sollte einen guten Spazierstock abgeben. Das kann einen Mantel abgeben. Er gibt einen Dollmetscher, Mahler, Arzt u. s. f. ab. Er würde einen guten Soldaten abgeben. Oft auch überhaupt zu etwas dienen, dessen Stelle vertreten. Wie freue ich mich, daß ich heute einen Zeugen ihres Vergnügens abgeben soll! Gell. Die Empfindungen können keinen Bestimmungsgrund dessen, was recht oder unrecht ist, abgeben. Aber ein Mißbrauch ist es, wenn dieses Wort von der pflichtmäßigen Bekleidung eines Amtes oder Verwaltung einer Stelle gebraucht wird. So heißt es im Jöcherschen Gel. Lex. immer, er gab einen Professor, einen Advocaten u. s. f. ab, für er war ein Professor u. s. f. weil sich da der Begriff der Nebenbeschäftigung immer mit einschleicht.

Anm. In dieser letzten Bedeutung findet man bey dem Opitz häufig das einfache geben. Z. B. er hat einen artlichen Poeten gegeben. Ferner, Ach daß ich einen Fremdling gebe, Und bey den Mesechitern lebe! Ingleichen, Ich will um meines Gottes Thor Viel lieber einen Hüter geben.


Abgeboth (W3) [Adelung]


Das Abgeboth, des -es, die -e, S. Abbiethen.


Abgebrochenheit (W3) [Adelung]


Die Abgebrochenheit, plur. car. von abgebrochen und abbrechen, diejenige Eigenschaft einer Rede, wenn sie aus mehrern unverbundenen Hauptbegriffen bestehet, dergleichen besonders heftigen Gemüthsbewegungen eigen ist; eine fortgesetzte Ellipse.


Abgehen (W3) [Adelung]


Abgehen, verb. irreg. S. Gehen. Es ist:

I. Ein Activum, und bedeutet alsdann,

(1) durch Gehen oder im Gehen absondern, abnützen. Die Absätze an den Schuhen abgehen.

(2) Durch Gehen oder mit Schritten abmessen. Einen Platz, einen Weg abgehen. Wir haben die ganze Wiese abgegangen.

(3) + Sich abgehen, als ein Reciprocum, sich durch vieles Gehen ermüden; im gemeinen Leben.

II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, und den Begriff der Entfernung, der Absonderung, der Verminderung und des Aufhörens durch alle Schattirungen der eigentlichen und uneigentlichen Bedeutungen ausdrucket.

1. Der Entfernung, und zwar theils,

(a) im eigentlichen Verstande, vermittelst der Füße, für von einem Orte gehen. Der Bothe ist abgegangen. Einen Bothen abgehen lassen. Von dem rechten Wege abgehen. Abgehen, von der Schaubühne abtreten. Lisette ging betrübt zu der Gesandtschaft ab, Zach. Theils aber auch

(b) auf jede andere Art, als ein allgemeiner Ausdruck für die besondern abreiten, abfahren, absegeln u. s. f.Die Post geht ab. Einen Brief, eine Waare abgehen lassen, absenden. Der Courier ist bereits abgegangen, abgeritten, abgefahren. Ich werde morgen nach Berlin abgehen, abreisen. Mit der Post abgehen.

(c) Sich entfernen überhaupt, in einigen Fällen. Hier gehet die Straße ab. Von seinem Texte, von der Materie abgehen, ausschweifen.

(d) Käufer finden, gesuchet werden, besonders von Waaren. Das Buch will nicht abgehen. Die Waare geht stark ab. Der Wein gehet gut ab. Der im gemeinen Leben von einer solchen Waare übliche Ausdruck: sie geht reißend ab, ist eine falsche Ellipse, die so viel sagen soll, daß man sich gleichsam um sie reiße, welches aber durch das thätige Mittelwort reißend nicht ausgedruckt wird. + Die Kinder gehen ihm gut ab, so wohl sie werden schnell versorgt, als auch im Scherze, sie sterben ihm schnell dahin.

(e) Sich mit dem Gemüthe entfernen, anderer Meinung seyn. Von einem abgehen, so wohl seine Partey verlassen; als auch anderer Meinung seyn. Von eines Meinung abgehen. In dieser Sache muß ich von dir abgehen. Hierin gehen sie von einander ab.

(f) Nachgeben, von seinen Forderungen nachlassen. Hiervon kann ich nicht abgehen. Und überhaupt, anderes Sinnes werden. Von seinem Vorhaben, von seiner Entschließung abgehen. Er geht nicht ab, er bleibt standhaft dabey.

(g) Die Verbindung mit jemanden aufheben. Von einem Kaufmanne, Künstler, Handwerker u. s. f. abgehen, nichts mehr von ihm kaufen, nicht mehr bey ihm arbeiten lassen. Von seinem Advocaten, Beichtvater, Arzte abgehen.

(h) Einen Dienst, oder ein Amt niederlegen, auch wenn es der Ordnung zu Folge auf eine Zeit geschiehet. Von einem Amte abgehen. Der regierende Bürgermeister geht morgen ab. So sagt man auch an einigen Orten von dem Gesinde, daß es abgehe, wenn es abzieht.

(i) Sterben, so wohl von dem Viehe: es sind ihm in diesem Jahre viele Schafe abgegangen; als auch in edlerer Bedeutung von dem Menschen, wo es vielleicht eine Anspielung auf das Abgehen des Schauspielers von der Schaubühne ist. Mit Tode abgehen, und auch nur schlechthin, abgehen. Wann aber er schleicht zu den Vätern hin Und gehet ab - - Opitz. Geht wo ein Schulregent in einem Flecken ab, Mein Gott, wie rasen nicht die Dichter um sein Grab! Can. Diese Bedeutung ist nicht neu. In dem 1514 gedruckten Deutschen Livius kommt schon die R. A. mit Tode abgehen vor, und in einem andern zu Mainz 1518 gedruckten Buche lieset man: er ist todtshalben abgegangen. Ingleichen im Theuerdank: Von der ich gehört hab Wie yetzt ir Vater ab Mit tode sey gegangen.

2. Der Absonderung.

(a) Abgesondert werden. Von dem Holze wird im Behauen noch viel abgehen. Die Farbe gehet ab, der gefärbte Körper läßt färbende Theile fahren. Im Schmelzen geht von dem Bleye viel ab.

(b) Abgesondert und geschieden werden. Das Silber geht auf der Kapelle ab, im Hüttenwesen, es wird von allem Zusatze geschieden. Der Nagel geht mir ab. Der Urin gehet blutig ab. Es ist ihm ein Wurm abgegangen. Es ist ihr ein Kind abgegangen, und das Abgehen der Leibesfrucht hat den Begriff des allzu frühen Abganges einer unzeitigen Geburt bey sich, daher auch einige Abgängling für eine solche abgegangene unzeitige Leibesfrucht gebrauchen.

3. Der Verminderung und des Mangels, und zwar

(a) vermindert werden, Abzug leiden. Von dieser Summe muß noch viel abgehen. Es geht kein Heller ab. + Was abgeht, geht an Gelde ab.

(b) Mangeln, fehlen. Das Geld gehet ihm ab. Einer schlechten Haushaltung gehet immer etwas ab. Damit ihr auch auf jenen Tag besteht, So will er das, was eurer Lieb abgeht, Von seiner Liebe geben. Opitz. Es ging auch dieses Mahl nichts der Bewirthung ab, Haged. Wenn Theben einst Athen der Mundart Vorzug gab, Was ging Böotien an seiner Freyheit ab, Kästn. Es geht ihm nichts ab, er leidet keinen Mangel. So auch, er läßt sich nichts abgehen, er thut seinem Leibe gütlich. Oft schließt abgehen in dieser Bedeutung auch das Gewahrwerden, die lebhafte Empfindung des Verlustes oder Mangels ein, in welcher Bedeutung es in Oberdeutschland sehr üblich ist, und alsdann so viel als das mehr Niedersächsische vermissen bedeutet; z. B. es gehen mir zehn Thaler ab, nicht bloß, sie fehlen mir, sondern, ich empfinde es, daß ich sie verloren habe.

4. Des Aufhörens, und zwar,

(a) nach und nach aufhören. Das Feuer abgehen lassen. Eine Gewohnheit abgehen lassen. In Oberdeutschland sagt man auch ein abgegangenes, d. i. verfallenes, eingegangenes, Schloß.

(b) Einen Ausgang gewinnen, mit Beyfügung der Art und Weise; wie ablaufen. Wir wollen sehen, wie es abgeht. Die Sache ist schlecht, gut, nach Wunsche abgegangen. Es wird ohne Blutvergießen, ohne Thränen nicht abgehen.


Abgelebt (W3) [Adelung]


Abgelebt, partic. pass. von dem veralteten Verbo ableben. 1) Vor Alter matt und kraftlos. Ein abgelebtes Alter, Dusch. Das Alter beugte schon den abgelebten Rücken. Zach. 2) Im figürlichen Scherze, veraltet: Die schlummert auf bestäubtem Boden Bey andern abgelebten Moden, Uz. 3) * Verstorben; in dieser Bedeutung ist abgeleibt im Hochdeutschen unbekannt, in Oberdeutschland aber sehr häufig, wo man oft höret. Se. abgeleibte kaiserl. Majestät, die abgeleibten Seelen, die Seelen der Verstorbenen. S. Leib.


Abgelegen (W3) [Adelung]


Abgelegen, -er, -ste, das Partic. Präter. des in dieser Bedeutung ungewöhnlichen Verbi abliegen. 1) Entfernt, von der Erdfläche und den darauf befindlichen Gegenständen; edler entlegen. Sehr weit abgelegene Länder. Weit von dem Meere abgelegen seyn. 2) In engerer Bedeutung, in einer entfernten und dabey unbequemen Gegend gelegen. Ein abgelegener Ort. So abgelegen die Gegend auch ist. Die Stadt ist zu sehr abgelegen, in Rücksicht auf einen andern Handelsort, eine Straße, u. s. f.


Abgelegenheit (W3) [Adelung]


Die Abgelegenheit, plur. inusit. die entfernte und unbequeme Lage eines Ortes.


Abgeneigt (W3) [Adelung]


Abgeneigt, part. pass. des ungewöhnlichen Verbi abneigen; nicht bloß einen Mangel der Neigung, wie ungeneigt, sondern vermöge der Präposition ab, schon einen gewissen Grad der gegenseitigen Neigung empfindend; am häufigsten als ein Adverbium. Einem abgeneigt, nicht günstig, seyn. Er ist mir nicht abgeneigt, ist mir so ziemlich günstig. Ich bin nicht abgeneigt, es zu thun.


Abgeneigtheit (W3) [Adelung]


Die Abgeneigtheit, plur. car. der Gegensatz der Geneigtheit, der thätige Mangel der Neigung; ein neues Wort, das Abstractum der Abneigung zu bezeichnen. Die Abgeneigtheit vom Guten, der Zustand, die Fertigkeit der Abneigung.


Abgesandt (W3) [Adelung]


Abgesandt, partic. pass. von absenden, welches aber vornehmlich als ein Substantiv üblich ist, und jemanden bezeichnet, der von einem Staate oder Fürsten an den andern in öffentlichen Angelegenheiten geschickt wird. Einige Lehrer des Staatsrechts habeneinen Unterschied unter einen Gesandten und Abgesandten machen, und behaupten wollen, daß jener nur von souverainen Monarchen, dieser aber nur von Ständen und Unterthanen geschickt werde. Allein dieser Unterschied ist weder in der Abstammung noch in dem Gebrauche gegründet, und Abgesandter scheint eine bloß, der Oberdeutschen Mundart nicht ungewöhnliche Verlängerung des gleich viel bedeutenden Gesandter zu seyn. Die Abgesandtinn ist die Gemahlinn eines Abgesandten; eine solche abgeschickte Person weiblichen Geschlechtes aber würde eine Abgesandte heißen. S. Gesandter.


Abgeschiedenheit (W3) [Adelung]


Die Abgeschiedenheit, plur. inus. 1) Der Zustand der Absonderung von einer Sache, im moralischen Verstande. Die friedliche Abgeschiedenheit von der Welt, in den Klöstern; da denn auch wohl ein hoher Grad der Einsamkeit mit diesem Nahmen belegt wird. 2) Bey den Mystikern, der Zustand der Unterdrückung aller Empfindungen und ihres Bewußtseyns, mit einem Griechischen Kunstworte, die Apathie; sonst auch die Abgezogenheit. Wie süß ist doch ein freyer Wandel,In voller Abgezogenheit, Arnold.


[Adelung]

Abgeschmackt (W3) [Adelung]


Abgeschmackt, -er, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich ungeschmack, entweder gar keinen, oder doch einen widerlichen Geschmack habend, besonders wegen Mangel des Salzes. Kann man das abgeschmackte ungesalzene genießen? Hiob 6, 6. nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. Das sind, gerechter Gott! die abgeschmackten Früchte, Gryph. 2) Figürlich, der allgemeinen Empfindung des Schicklichen, der gesunden Vernunft, in einem hohen Grade zuwider laufend, thöricht, ungereimt, im gemeinen Leben absurd. Ein abgeschmacktes Gedicht. Ein abgeschmackter Mensch; wie bey den Römern insipiens von sapere in eben der Bedeutung üblich war. Ein abgeschmackter Einfall. Sich auf eine sehr abgeschmackte Art betragen.

Anm. 1. Ab bedeutet hier so viel als un. Das Wort ist eigentlich das Particip. Passiv. von abschmecken, so fern es ehedem irregulär conjugiret wurde, es schmackte ab, abgeschmackt; stehet aber, freylich wider alle Analogie, an Statt des Partic. Activi abschmeckend. Indessen ist es doch schon sehr alt, und wird durch den allgemeinen Gebrauch unterstützet. Frisch, der nicht sahe, daß es das Particip. Passiv. ist, wußte sich in das t am Ende nicht zu finden, hielt es für einen fehlerhaften Zusatz und wollte abgeschmack geschrieben wissen; worin ihm denn auch manche andere nachfolgten. Im Niedersächsischen bedeutet Abschmack, einen unangenehmen Nebengeschmack, und in einigen Gegenden ist auch das Verbum abschmecken, für, einen solchen Nebengeschmack haben, üblich. 2. In den Ober- und Niederdeutschen Provinzen hat man noch verschiedene andere Wörter, den verdorbenen Geschmack, oder Mangel des gehörigen Geschmackes der flüssigen und festen Körper auszudrucken. Dergleichen sind die Niedersächsischen liflaf, sulwassen, fade, abel, flakk und flau, und das Oberdeutsche laff; obgleich jedes derselben seine eigene Nebenbedeutung hat.


Abgeschmacktheit (W3) [Adelung]


Die Abgeschmacktheit, plur. die -en. 1) Der Zustand, da etwas abgeschmackt ist; ohne Plural. 2) Eine abgeschmackte Sache mit demselben.


Abgewähren (W3) [Adelung]


Abgewähren, verb. reg. act. in den Bergwerken so viel, als abschreiben, im Gegensatze des zugewähren oder zuschreiben. Daher ein Abgewährzettel oder eine Bescheinigung, daß die Gewähr in das Gegenbuch eingetragen worden. S. Gewähr.


Abgewinnen (W3) [Adelung]


Abgewinnen, verb. irreg. act. S. Gewinnen. Durch glückliche Bemühung, durch Bemühung verbunden mit Glück von einem andern erhalten. Zunächst im Spiele. Einem sein Geld abgewinnen. In weiterer Bedeutung auf andere Art, woran das Glück seinen Theil hat, von einem bekommen. Einem den Vorzug abgewinnen. Dem Feinde eine Schlacht abgewinnen. Glauben sie, daß dieß der Weg ist, einer Frau ihre Liebe abzugewinnen? Weiße. In noch weiterer Bedeutung, auf jede mühsame Art von einer Person oder Sache erhalten. Ich, der ich mir noch nie einen reimlosen Vers habe abgewinnen können, Less. Er sahe kein Mittel, der Natur diese Veränderung abzugewinnen, ebend. Einer Sache Geschmack abgewinnen, eigentlich, ihren wahren Geschmack empfinden; figürlich Geschmack an derselben bekommen, Gefallen daran finden.

Anm. Abgewinnen bedeutete ehedem auch durch Urtheil und Recht erhalten. Der Gebrauch dieses Zeitwortes mit Auslassung der vierten Endung der Sache ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, obgleich Günther singt: Die Jugend war an nichts, als der Gestalt zu schauen, Die in dem Sarge noch der Schönsten abgewinnt.


Abgewohnen (W3) [Adelung]


* Abgewohnen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, durch die Gewohnheit verlieren; sehr ungewöhnlich, besser entwöhnen.


Abgewöhnen (W3) [Adelung]


Abgewöhnen, verb. reg. act. 1) Durch Gewohnheit oder öftere Übung verlieren machen. Einem das Spielen abgewöhnen. Sich das Fluchen abgewöhnen. Die Wortfügung, einen oder sich von etwas abgewöhnen, die man auch zuweilen findet, ist wenigstens ungewöhnlich. 2) Ein Kind abgewöhnen; besser entwöhnen, es von der mütterlichen Brust zu andern Speisen gewöhnen. - Ein Kind, Das von der Milch wird abgewöhnt, Opitz.


Abgezogenheit (W3) [Adelung]


Die Abgezogenheit, plur. car. S. Abgeschiedenheit.


Abgießen (W3) [Adelung]


Abgießen, verb. irreg. act. S. Gießen. 1) Den oben befindlichen flüssigen Körper durch Gießen von dem übrigen Theile absondern. Das Fett von der Brühe abgießen. Das Gefäß ist zu voll, man muß etwas abgießen. Alles Wasser abgießen. 2) Durch Gießen abbilden, Einen Kopf in Bley, eine Frucht in Wachs, eine Münze in Gyps abgießen. So auch die Abgießung. S. auch Abguß.


Abgießer (W3) [Adelung]


Der Abgießer, des -s, plur. ut. Nom. sing. der etwas durch Gießen abbildet. Ehedem pflegte man die falschen Münzer so zu nennen, weil sie die guten Münzen abgossen.


Abgift (W3) [Adelung]


* Die Abgift, plur. die -en, ein veraltetes und nur noch bey den Rechtslehrern übliches Wort, für Abgabe. S. Gift.


Abglanz (W3) [Adelung]


Der Abglanz, des -es, plur. car. eigentlich das glänzende Bild einer Sache, und dann auch ein glänzendes Ebenbild, doch nur von Gott gebraucht. Schon lernten beßre Menschen in einer Welt, so schön, So reich und so harmonisch den Abglanz Gottes sehn, Dusch. Ab hat hier den Begriff der Nachbildung. Indeß ist doch dieser Ausdruck unbequem, und kann heterodoxe Mißdeutungen veranlassen, besonders, wenn Christus der Abglanz seines Vaters genannt wird.


Abglätten (W3) [Adelung]


Abglätten, verb. regul. act. völlig glatt machen; besonders bey den Buchbindern, die Lederbände gehörig glätten. Daher die Abglättung.


Abgleichen (W3) [Adelung]


Abgleichen, verb. reg. act. daher Imperf. ich gleichte ab, und im Part. Pass. abgegleicht, S. Gleichen völlig gleich machen, bey verschiedenen Handwerkern, z. B. bey den Uhrmachern, dieFeder abgleichen, ihr überall eine gleiche Stärke geben; auf den Blechhämmern, das Eisenblech bis zur Hälfte ausdehnen und dünn schlagen. Auch in Rechnungssachen, wo es auch ausgleichen, abrechnen, und mit einem ausländischen Worte scontriren und rescontriren genannt wird. Daher die Abgleichung, die Abrechnung, der Scontro, Rescontro.


Abgleiten (W3) [Adelung]


Abgleiten, verb. irreg. neutr. ( S. Gleiten,) welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, durch Gleiten von etwas abkommen. Von der Leiter, von der Treppe, von einem Steine abgleiten; und dann auch wohl figürlich, von dem rechten Wege abgleiten, unmerklich in einen Irrthum gerathen. In den niedrigen Mundarten ist auch das Frequentat. abglitschen üblich. - Doch glitschen ihre Augen Sogleich von Gruppen ab, die nicht für Mädchen taugen, Wiel. In eben diesen Mundarten sind auch die gleich bedeutenden Wörter abrutschen, abhutschen und abschurren bekannt, welche insgesammt den Schall nachahmen, der mit dem Abgleiten verbunden ist, und daher, so wie abglitschen, in einem hohen Grade niedrig sind.


Abglimmen (W3) [Adelung]


Abglimmen, verb. irreg. und regul. neutr. ( S. Glimmen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, zu Ende glimmen, nach und nach aufhören zu glimmen. Die Kohlen sind schon abgeglommen, oder abgeglimmet.


Abglitschen (W3) [Adelung]


+ Abglitschen, S. Abgleiten.


Abglühen (W3) [Adelung]


Abglühen, verb. regul. act. 1) Durch und durch glühen, und dadurch geschmeidig machen, ausglühen; ein Zeitwort, welches bey den Metallarbeitern üblich ist. 2) Den Wein abglühen, Wein mit Gewürzen gehörig kochen, oder warm werden lassen. S. Glühen. So auch die Abglühung.


Abgott (W3) [Adelung]


Der Abgott, des -es, plur. die -götter, ein endliches oder erdichtetes Wesen, welchem man göttliche Ehre erweiset. So ist die Sonne der Abgott der Sabier. Am häufigsten von einer körperlichen Abbildung einer solchen vorgegebenen Gottheit, welche mit einem verächtlichen Ausdrucke auch ein Götze, ein Götzenbild genannt wird. Am häufigsten von beyden Geschlechtern; indem die Abgöttinn in diesem eigentlichen Verstande nicht üblich ist. Figürlich, der Gegenstand einer sehr hohen, einer übertriebenen Verehrung oder Liebe. Einen Abgott aus etwas machen. In welcher Bedeutung auch wohl das Fämininum gebraucht wird. Abgöttinn meiner Seele!Anm. Angels. und Nieders. Afgod, Dänisch und Schwedisch Afgud, und bey den ältesten Fränkischen Schriftstellern Afgot, Abkot, und Abgud. Ab hat in dieser Zusammensetzung allein Ansehen nach die Bedeutung der Nachbildung, ob es gleich auch den Begriff des Unechten verstattet.


Abgötter (W3) [Adelung]


Der Abgötter, des -s, plur. ut. nom. sing. von beyden Geschlechtern, eine Person, welche erdichtete göttliche Wesen verehret, noch mehr aber, welche körperlichen Dingen oder Bildern göttliche Ehre erweiset, und welche in einem härtern und verächtlichen Verstande ein Götzendiener, eine Götzendienerinn genannt wird.


Abgötterey (W3) [Adelung]


Die Abgötterey, plur. die -en. 1) Eigentlich die Verehrung einer falschen Gottheit; ohne Plural. 2) Figürlich, die übertriebene Verehrung auch anderer Gegenstände; ohne Plural. Abgötterey mit etwas treiben. 3) Einzelne abgöttische Handlungen; mit dem Plural.


Abgöttisch (W3) [Adelung]


Abgöttisch, -er -te, adj. et adv. der Abgötterey ähnlich, in derselben gegründet. Eine abgöttische Handlung. Einen abgöttisch verehren. Eine abgöttische Meinung von sich selbst.


Abgraben (W3) [Adelung]


Abgraben, verb. irreg. act. S. Graben. 1) Durch Graben niedriger machen. Einen Hügel, Berg abgraben. 2) Durch Graben wegnehmen, entziehen. Einem etwas von seinem Acker abgraben. 3) Vermittelst eines Grabens absondern. Einen Acker, ein Stück Feldes abgraben, mit einem Graben einschließen. Einen Weg abgraben, dessen Gebrauch durch einen vorgezogenen Graben untersagen. Das Feuer in einem Walde abgraben, dessen Ausbreitung durch einen gezogenen Graben hindern. 4) Durch einen Graben ableiten. Einen Fluß, einen Teich abgraben. Einer Stadt das Wasser abgraben. So auch die Abgrabung.


Abgrämen (W3) [Adelung]


Abgrämen, verb. reg. recipr. sich abgrämen, sich durch Gram entkräften, abzehren. Ein jeder sehne sich nach dem fatalen Glück, Zu ihren Füßen sich zum Schatten abzugrämen, Wiel. Etwas ungewöhnliches ist es, wenn Günther dieses Zeitwort als ein thätiges gebraucht: Grämt euch den Purpur ab, bis wir so bleich erscheinen, Als dieses Leichentuch, das eure Schwester nimmt.


Abgrasen (W3) [Adelung]


Abgrasen, verb. reg. act. das Gras abfressen, wofür die Jäger abrasen sagen. Ingleichen das Gras abmähen, nur von Angern. Einen Hain, oder Anger abgrasen. An einigen Orten wird es auch für schrepfen gebraucht. Die junge Saat abgrasen. Daher die Abgrasung.


Abgreifen (W3) [Adelung]


Abgreifen, verb. irreg. act. ( S. Greifen,) durch vieles Angreifen oder Begreifen abreiben, abnützen. Ein abgegriffener Hut.


Abgrund (W3) [Adelung]


Der Abgrund, des -es, plur. die -gründe. 1) Eigentlich im Gegensatze des Grundes, ein Ort der keinen Grund hat, oder sich doch schwer ergründen läßt, eine sehr große Tiefe, so wohl auf dem festen Lande, als in dem Wasser. Der Abgrund des Meeres, in einem Berge. Der Abgrund zwischen zwey Bergen, eine große Tiefe. 2) Figürlich. (a) Eine jede große Entfernung. Meine Seele war, trotz der Abgrunde, die uns trenneten, stets bey dir, Weiße. (b) Eine unbegreifliche Sache, bey welcher sich der Verstand im Nachdenken verlieret. So reden die Gottesgelehrten von einem Abgrunde der Güte und Liebe Gottes. (c) Eine fürchterliche Gefahr, ein augenscheinliches Verderben. An welchem Abgrunde stand ich! Dusch. Ich schaudre, ja es liegt vor uns der Abgrund offen, Weiß.

Anm. Abgrund, Nieders. Dän. und Schwed. Afgrund, beym Ulphilas Afgrunditha, beym Kero, Ottfried und Notker Abcrunt und Abgrund, ist schon von den ältesten Zeiten an in der Bedeutung eines unergründlichen Ortes üblich gewesen.


Abgründen (W3) [Adelung]


Abgründen, verb. reg. act. 1) Ergründen, obgleich seltener. 2) Bey den Tischlern, die Vertiefung, wohin eine Einschiebeleiste kommen soll, mit dem Grundhobel aushobeln, welches auch ausgründen genannt wird.


Abgucken (W3) [Adelung]


Abgucken, verb. reg. act. einem etwas, es ihm verstohlner Weise absehen; in der vertraulichen Sprechart.


Abgunst (W3) [Adelung]


+ Die Abgunst, plur. car. die Gemüthsbeschaffenheit, da man andern das Gute, welches sie besitzen, nicht gönnet; am häufigsten im gemeinen Leben für das edlere Mißgunst.

Anm. Abgunst ist von Ab und Anst, Wohlwollen, wofür man nachmahls mit dem vorgesetzten Ge, Geanst, und noch später Gunst sagte. Abanst kommt bey den Kero, Abjunst aber schon bey dem Tatian vor. Ab hat hier die Bedeutung des Verneinens; Abgunst sollte also so viel als Ungunst, oder Abneigung anzeigen. Es hat diese Bedeutung auch wirklich gehabt; indessen ist es doch auch schon sehr frühe für Mißgunst und Neid gebraucht worden.Es haben einige zwischen Neid, Mißgunst und Abgunst einen Unterschied in der Bedeutung annehmen wollen. Neid kann allenfalls den höchsten Grad der Mißgunst bezeichnen; allein Mißgunst und Abgunst scheinen völlig gleich bedeutend zu seyn, und hier eigenmächtig etwas festsetzen wollen, würde keinen Nutzen haben. Der wahre Unterschied ist der, daß Abgunst heut zu Tage mehr in Niederdeutschland und im gemeinen Leben, Mißgunst aber am meisten in Oberdeutschland und der anständigern Sprechart üblich ist. Das Schwed. Afund und Dän. Avind ist dem ersten Ursprunge getreuer geblieben; doch sagt man in Dänemark auch, wie in Niedersachsen, Afgunst. Ehedem war auch das Zeitwort abansten für mißgönnen üblich, wofür die Schweden noch jetzt afunna sagen. S. auch Gönnen.


Abgünstig (W3) [Adelung]


Abgünstig, -er, -ste. et adv. 1. + Abgeneigt, in welcher Bedeutung das Substantivum nicht üblich ist; im gemeinen Leben. Einem abgünstig seyn. 2. Für das edlere mißgünstig. Auf eines Lob abgünstig seyn.


Abgurgeln (W3) [Adelung]


Abgurgeln, verb. reg. act. an einigen Orten im gemeinen Leben so viel, als die Gurgel abschneiden. S. auch Abhalsen.


Abgürten (W3) [Adelung]


Abgürten, verb. reg. act. den Gurt auflösen, und was damit befestigt war, abnehmen. Sich den Degen abgürten. Dem Pferde den Sattel abgürten. Ingleichen metonymisch, das Pferd abgürten. So auch die Abgürtung.


Abguß (W3) [Adelung]


Der Abguß, des -sses, plur. die -güsse, von Abgießen. 1) Die Handlung des Abgießens, so wohl in der Bedeutung der Verminderung, als der Nachahmung eines andern Körpers; ohne Plural. 2) Das durch Abgießen in der letzten Bedeutung entstandene Bild. Der Abguß einer Münze, einer Statue u. s. f.


Abgüten (W3) [Adelung]


* Abgüten, verb. reg. act. vermittelst Ertheilung eines Gutes, besonders eines Heurathsgutes von den Ansprüchen an etwas ausschließen; ein Wort, welches vornehmlich in den Rheinischen Provinzen in Erbfolgssachen üblich ist. Von dem Unterschiede unter abfinden und abgüten, S. Abfinden. Daher die Abgütung, in eben dieser Bedeutung.


Abhaaren (W3) [Adelung]


Abhaaren, verb. reg. 1. + Neutrum mit haben, die Haare fahren lassen, im gemeinen Leben. Der Pelz haaret ab. 2. Activum, bey den Lohgärbern, die Haare mit dem Haareisen wegnehmen; auch abhären und abpöhlen. Daher die Abhaarung.


Abhacken (W3) [Adelung]


+ Abhacken, verb. reg. act. durch Hacken oder Hauen absondern, im gemeinen Leben. Einem den Kopf, die Hand abhacken. Daher die Abhackung.


Abhadern (W3) [Adelung]


Abhadern, verb. reg. act. durch Hader, d. i. Zank und unnöthige Rechtshändel von einem erzwingen. Einem ein Haus, einen Garten, eine Summe Geldes abhadern.


Abhäften (W3) [Adelung]


Abhäften, verb. reg. act. was angehäftet war, los machen. Daher die Abhäftung.


Abhageln (W3) [Adelung]


+ Abhageln, verb. reg. imperson. aufhören zu hageln, im gemeinen Leben. Es hat abgehagelt.


Abhägen (W3) [Adelung]


Abhägen, verb. reg. act. vermittelst eines Hages oder Zaunes absondern, einschließen. Ein Stück Feldes, einen Acker zur Wiese abhägen. Daher die Abhägung.


Abhäkeln (W3) [Adelung]


Abhäkeln, verb. reg. act. was mit Häkeln oder kleinen Haken befestigt ist, los machen.


Abhaken (W3) [Adelung]


Abhaken, verb. reg. act. 1) Was mit Haken befestiget ist, los machen. 2) Wo man den Acker Statt des Pfluges mit dem Haken bearbeitet, da ist abhaken, vermittelst des Hakens von dem Grunde eines andern wegnehmen.


Abhalsen (W3) [Adelung]


Abhalsen, verb. reg. act. 1) Den Hals, die Kehle abschneiden; im gemeinen Leben einiger Gegenden, wie abkehlen und abgurgeln. 2) Den Leithund abhalsen, bey den Jägern, ihm die Halse, oder das Halsband abnehmen. So auch die Abhalsung.


Abhalten (W3) [Adelung]


Abhalten, verb. irreg. S. Halten. 1. Activum. (1) Eigent- lich, etwas in einer Entfernung von einer andern Sache halten. So heißt z. B. besonders in Niedersachsen, die kleinen Kinder abhalten, sie so von sich halten, daß sie ihre Nothdurft verrichten können. (2) Figürlich. (a) Die Annäherung einer Person oder Sache hindern, es geschehe auf welche Art es wolle. Das Wasser abhalten. Den Feind von der Stadt abhalten. Den Hund mit dem Stocke abhalten. Kann wohl deine Leibwache den unsichtbaren Kummer abhalten, der dir überall nachschleicht Dusch. (b) An Vollbringung einer Sache hindern, auch in sehr weitem Verstande, es geschehe durch körperliche Gewalt, physische Hindernisse, Bewegungsgründe, u. s. f. Einen von der Flucht, von einer schändlichen That, von seiner Arbeit abhalten. Jemanden von dem Essen, von der Kirche abhalten. Es soll mich nichts abhalten, dir zu dienen. Neutrum mit haben, nur in der Seefahrt, so steuern,daß das Schiff von dem Winde abkomme, ihn in den Rücken bekomme. Unsere Flotte segelte nahe am Winde, hielt hierauf von ihm ab, und ging auf den Feind los.


Abhaltung (W3) [Adelung]


Die Abhaltung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abhaltens in allen obigen Bedeutungen; ohne Plural. 2) Dasjenige, was uns an der Verrichtung einer Sache hindert, davon abhält. Diese Abhaltungen haben.


Abhandeln (W3) [Adelung]


Abhandeln, verb reg. act. 1) Von Handeln, mercari, (a) durch Handel, d. i. Kauf oder Tausch, von einem andern an sich bringen. Einem ein Haus, einen Garten, ein Stück Waare abhandeln. (b) An dem geforderten Kaufpreise durch Handeln, d. i. Biethen und Wiederbiethen, einen Erlaß erhalten, vulg. abdingen. Wir haben noch zehn Thaler abgehandelt.2) Von handeln, thun, verrichten, in so fern es von den Verrichtungen des Geistes gebraucht wird. (a) * Durch sorgfältige Bemühung, durch gegenseitige Überlegung, durch Erwägung der Gründe und Gegengründe zu Stande zu bringen suchen. Einen Frieden, einen Vergleich abhandeln, unterhandeln. (b) * In den Rechten ist abhandeln oft so viel, als eine Sache schlichten, durch einen Ausspruch abthun. (c) Mündlich oder schriftlich nach allen Gründen und Umständen ausführen. Einen Satz, ein Thema, abhandeln. Eine Sache schriftlich abhandeln. Die Lehre von der Tugend in einer Rede abhandeln.


Abhanden (W3) [Adelung]


+ Abhanden, adv. welches nur von Sachen, und auch hier nur mit den Zeitwörtern seyn und kommen üblich ist. Abhanden seyn, nicht bey den der Hand, abwesend seyn; abhanden kommen, verlegt oder verloren werden.

Anm. Abhanden, oder wie es richtiger geschrieben wird, ab Handen, ist eine Oberdeutsche Redensart, die sich aber auch im Hochdeutschen erhalten hat, ob man gleich daselbst reinere Ausdrücke für diesen Begriff hat, und gebrauchen sollte. Ab ist das alte Vorwort von, und handen ist der Oberdeutsche Dativ. Plur. von Hand. Ein Hochdeutscher würde dafür sagen müssen, von Händen kommen oder seyn. Man sieht hieraus, was man von dem Ausspruche Gottscheds zu halten hat, wenn er sagte, abhanden sey von einem Halb-Lateiner gemacht worden, der gewußt, daß ab im Lateinischen von heiße. Wenn einige Hochdeutsche von abhanden sagen, so geschieht es freylich nur von solchen, denen die Bedeutung des Oberdeutschen Wortes ab unbekannt ist. Das Beywort abhändig, für abwesend, flüchtig, und das Zeitwort abhändigen, veräußern, entreißen, sind nicht nur in Oberdeutschland, sondern auch im Niedersächsischen, Schwedischen und Dänischen üblich. Ältere Beyspiele von abhändig führet Haltaus h. v. an.


Abhandlung (W3) [Adelung]


Die Abhandlung, plur. die -en, von der zweyten Bedeutung des Zeitwortes. 1) Die Unterhandlung und Vollendung eines Geschäftes; ohne Plural. Die Abhandlung eines Vertra-ges, eines Friedens u. s. f. 2) Die mündliche oder schriftliche Ausführung eines Satzes oder einer Materie. Eine Abhandlung schreiben, drucken lassen u. s. f.


Abhang (W3) [Adelung]


Der Abhang, des -es, plur. die -änge, von dem Neutro abhangen. 1) Die abhängige Seite einer Fläche, besonders eines Berges. Ein sanfter Abhang, wenn die Höhe unvermerkt abnimmt. Ein starker, jäher Abhang, wenn die Abnahme sehr merklich ist. Sein sanfter Abhang glänzt von reifendem Getreide, Hall. Ingleichen die Neigung, welche eine abhängige Fläche gegen den Horizont hat. Der Garten hat drey Fuß Abhang; ein Umstand, den man bey dem Wasser den Fall nennet. 2) Das Abhangen von einem andern, in figürlicher Bedeutung und ohne Plural, der Zustand, da ein Ding seinem Wesen oder auch nur seinen Umständen nach, in einem andern gegründet ist; noch häufiger die Abhängigkeit.

Anm. Der Plural ist schon in der ersten Bedeutung selten, in der zweiten aber ist er es noch mehr. Es ist daher nicht nachzuahmen, wenn Kleist singt: Sieh Wesen ohne Gestalten, merk ihre Abhäng und Kräfte. Die abhängige Seite eines Berges wird sonst auch die Berglehne, die Thalhänge, und wenn sie sehr steil ist, die Bergwand, in Oberdeutschland der Hang, die Laiten, der Abstieg, die Abseite, die Berghalde, im Bergbaue das Gehänge, in den Niederdeutschen Marschländern die Glöyung, und im Garten- und Festungsbaue die Abdachung, Böschung genannt; ohne dabey auf den schwachen oder starken Abhang zu sehen, welche in vielen Fällen wieder ihre eigene Benennungen haben.


Abhangen (W3) [Adelung]


Abhangen, verb. reg. neutr. ( S. Hangen,) welches mit haben verbunden wird.1. In eigentlicher Bedeutung (a) + Von etwas herunter hangen, wofür man noch richtiger und edler herab hangen sagt. (b) Von körperlichen Flächen, sich neigen; mit dem Horizonte einen spitzigen Winkel machen. Der Fußboden hangt etwas ab; in welcher Bedeutung das Zeitwort doch nicht so üblich ist, als die abgeleiteten Abhang und abhängig. (c) In einer Entfernung von etwas hangen. Der Mantel hängt noch ziemlich weit von der Wand ab. Noch mehr aber2. In figürlicher Bedeutung, in einem andern Dinge seinem Wesen, oder seinen Umständen nach gegründet seyn. Von einem abhangen, ihm unterworfen, Gehorsam schuldig seyn. Dieß hängt ganz allein von mir ab, steht allein in meinem Willen, in meiner Gewalt. Die Stärke und Schwäche des Geistes hangen sehr von der Art ab, wie man die Dinge ansteht. Wie viel hängt von einem Augenblicke ab! Dusch. Alle zufällige Dinge hangen von Gott ab, haben ihm ihr Daseyn und alle ihre Bestimmungen zu verdanken. Hängt denn die Wahrheit von dem Munde desjenigen ab, der sie vorträgt? Less. bekommt sie ihren Werth von ihm? Von des Siegers Gnade abhangen.

Anm. Opitz gebraucht in dieser Bedeutung auch das einfache Hangen: der, von welchem alles hanget.


Abhängen (W3) [Adelung]


Abhängen, verb. reg. act. dasjenige, was angehänget war, abnehmen, herab hängen. Die Gewichte einer Uhr abhängen. Die Blasebälge abhängen, in den Schmelz- und Hammerwerken, damit sie nicht mehr gehen.


Abhängig (W3) [Adelung]


Abhängig, -er, -ste, adj. et adv. 1) Eigentlich, herab hangend, doch nur von den Flächen, mit dem Horizonte einen spitzigen Winkel machend. Die abhängige Seite des Berges. Ein abhängiger Ort. 2) Figürlich, zu einem andern Dinge gehörig, seinen Grund in demselben habend, demselben unterworfen. Diese Sache ist von jener abhängig. Die ganze Natur ist von Gott abhängig.

Anm. Abhängig, kommt von dem Neutro abhangen; das ä in der zweyten Sylbe ist das bloße Zeichen der Ableitung. Statt dessen findet man auch, obwohl nur selten, mit einer andern Endsylbe, das unedlere abhänglich. Abheng für abhängig in der ersten Bedeutung kommt im Theuerdank vor.


Abhängigkeit (W3) [Adelung]


Die Abhängigkeit, plur. inusit. das Abhangen von einem andern in der figürlichen Bedeutung, der Zustand, da ein Ding in dem andern gegründet ist; in der höhern Schreibart der Abhang, in der niedrigern, die Abhänglichkeit. In der Abhängigkeit leben.


Abhangung (W3) [Adelung]


Die Abhangung, plur. inusit. von dem Neutro abhangen. 1) * Das Herabhangen von einem Orte; sehr ungewöhnlich. 2) Die Abhängigkeit, Dependenz.


Abhängung (W3) [Adelung]


Die Abhängung, plur. inusit. von dem Activo abhängen, die Handlung des Abhängens.


Abhären (W3) [Adelung]


Abhären, S. Abhaaren.


Abhärmen (W3) [Adelung]


Abhärmen, verb. reg. recipr. sich abhärmen, sich durch Harm entkräften, verzehren; im gemeinen Leben abgrämen. Blaß, wie ein Eremit stand er hier abgehärmt, Zach. Der ungezäumte Neid, der sonst nach allem geitzt, Verlieret hier die abgehärmten Blicke, Rost.


Abhärten (W3) [Adelung]


Abhärten, verb. reg. act. gehörig hart machen, so wohl in der eigentlichen, als figürlichen Bedeutung. Den Stahl abhärten. Ein abgehärtetes Volk. Er ist gegen alle Unbequemlichkeiten der Witterung abgehärtet. Durch Arbeit abgehärtet werden. Der Winter härtet ab und macht die Geister munter, Günth. Sein Gemüth ist gegen alles Mitleiden abgehärtet. Daher die Abhärtung.


Abhaschen (W3) [Adelung]


+ Abhaschen, verb. reg. act. einem etwas, es von ihm erhaschen.


Abhaspeln (W3) [Adelung]


Abhaspeln, verb. reg. act. Fäden oder Stricke durch Haspeln von etwas herunter bringen. Daher die Abhaspelung.


Abhauben (W3) [Adelung]


Abhauben, verb. reg. act. bey den Jägern, dem Falken die Haube abnehmen. Einen Falken abhauben. So auch die Abhaubung.


Abhäucheln (W3) [Adelung]


Abhäucheln, verb reg. act. durch Häucheln von einem erhalten. Einem etwas abhäucheln. Gott läßt sich nichts abhäucheln. Daher die Abhäuchelung.


Abhauen (W3) [Adelung]


Abhauen, verb. irreg. act. ( S. Hauen,) durch Hauen oder mit Hieben absondern. Einen Baum, Getreide, Gras abhauen. Einen den Kopf abhauen. Das Getreide mit der Sense abhauen. Daher die Abhauung. Beym Tatian kommt für abhauen abafurhouuan vor.


Abhäuten (W3) [Adelung]


Abhäuten, verb. reg. 1 Activum, der Haut berauben, die Haut abziehen. Bey den Jägern, von dem Bären für auswirken. Auch außer dem in der anständigern Sprechart für abdecken, ab ziehen oder schinden. In den Küchen, der zarten Haut unter dem Felle berauben. Einen Kälberstoß, einen Hasen abhäuten. 2. Neutrum mit haben, das Häuten oder Ablegen der Haut vollenden, von solchen Insecten, welche sich zu häuten pflegen. Wenn der Seidenwurm abgehäutet hat, fängt er an zu spinnen. So auch die Abhäutung.


Abheben (W3) [Adelung]


Abheben, verb. irreg. act. S. Heben, herab heben, durch Heben von etwas wegnehmen. Ein Tischblatt abheben. Den Kessel abheben, von dem Feuer. Die Speisen abheben, von der Tafel, S. Abhub. Die Karten abheben, im Kartenspiele. So. auch das Abheben, seltener die Abhebung.


Abheften (W3) [Adelung]


Abheften, S. Abhäften.


Abheilen (W3) [Adelung]


Abheilen, verb. reg. 1. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, durch Heilen abgesondert werden, heilen und abfallen. Der Ausschlag heilet ab. Die Blattern sind abgeheilet. 2 Activum, durch Beförderung des Heilens zum Abfallen bringen. Dieses Pflas=ter wird die Blattern schon abheilen. Daher die Abheilung.


Abheischen (W3) [Adelung]


* Abheischen, verb. reg. act. fordern, abfordern, S. Heischen. Die Schuld wird abgeheischt, Opitz. In der Hochdeutschen Mundart ist dieses Zeitwort nicht üblich, wohl aber in der Oberdeutschen.


Abhelfen (W3) [Adelung]


Abhelfen, verb. irreg. act. S. Helfen. 1) + Eigentlich, von einem höhern Orte herunter helfen; im gemeinen Leben. Einem abhelfen, von dem Wagen, oder einem anderen erhöheten Orte, besser herab helfen. Helfen sie mir den Sack ab. 2) Figürl. mit dem Dative der Sache, einer Sache abhelfen, sie als ein Übel aufhören machen. Der Sache ist noch abzuhelfen. Dem Dinge ist leicht abzuhelfen. Einem Fehler abhelfen. Wenn dieses das Lächerliche allein an mir ist, so kann ich ihm bald abhelfen. Raben Der Krankheit abzuhelfen suchen. - Ach möchte sich begeben Daß doch ein grimmes Thier abhülfe meinem Leben, Opitz. Welche letztere R. A. doch ungewöhnlich ist. Mit dem Accusative der Person, einen von der Mühe abhelfen, ihn davon befreyen, ist undeutsch, so wie die R. A. einen abhelfen, ihn aus der Welt schaffen, ihn von dem Brote helfen, niedrig. Daher die Abhelfung, in der eigentlichen Bedeutung.


Abhelflich (W3) [Adelung]


* Abhelflich, adj. welches aber nur in den Kanzelleyen in der R. A. üblich ist, einer Sache abhelfliche Maße geben oder verschaffen, d. i. ihr abhelfen, sie aufhören machen.


Abhellen (W3) [Adelung]


Abhellen, verb. reg. act. von hell; gehörig hell machen, eigentlich nur von flüssigen Körpern, das Helle derselben von dem trüben Bodensatze abgießen, abklären. Den Wein abhellen.


Abhenken (W3) [Adelung]


Abhenken, verb. reg. act. welches eigentlich das Intensivum von abhängen ist, aber mit demselben gleich bedeutend gebraucht wird, ob es gleich seltener vorkommt, das angehenkte abnehmen, S. Henken.


Abherkommen (W3) [Adelung]


* Abherkommen, ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Verbum für herab kommen. Die abherkommen waren von Jerusalem, Marc. 3, 22. In der Oberdeutschen Mundart ist es nichts seltenes, daß man die mit her und hin zusammen gesetzten Nebenwörter umkehret. So heißt es z. B. im Theuerdank Kap. 95.Gebt uns den fremden Man außer, für heraus.So auch abhin, für hinab. Luther hat mehrere dergleichen Oberdeutsche Wörter aus der ältern Schriftsprache beybehalten.


Abhetzen (W3) [Adelung]


Abhetzen, verb. reg. act. durch Hetzen oder Jagen entkräften. Die Hunde abhetzen. Einen Hirsch oder anderes Wild abhetzen, so daß dessen Fleisch zur Speise untüchtig wird.


Abheucheln (W3) [Adelung]


Abheucheln, S. Abhäucheln.


Abheulen (W3) [Adelung]


+ Abheulen, verb. reg. recipr. sich abheulen, sich durch Heulen abmatten, entkräften; im gemeinen Leben.


Abhinnen (W3) [Adelung]


* Abhinnen, eine veraltete Oberdeutsche Partikel, für von hier, und in einigen Fällen von hinnen, S. Hinnen.


Abhobeln (W3) [Adelung]


Abhobeln, verb. reg. act. 1) Eigentlich mit dem Hobel wegschaffen. Einen Ast, eine Ungleichheit abhobeln. Ingleichen mit dem Hobel gehörig glatt machen. Ein Bret abhobeln. Bey den Weißgärbern werden die Felle abgehobelt, wenn sie mit dem Schlichtmonden auf der Fleischseite bearbeitet werden. 2) + Fi- gürlich, gesittet machen, ein niedriger Ausdruck, so noch ein Überbleibsel der ehemahligen Pennal-Gebräuche ist. Daher die Abhobelung.


Abhocken (W3) [Adelung]


+ Abhocken, verb. reg. act. eine Last durch Niederhocken von den Schultern ablegen, im Gegensatze des Aufhockens. In den niedrigen Sprecharten abhucken.


Abhohlen (W3) [Adelung]


Abhohlen, verb. reg. act. 1) Von einem Orte hohlen. Einen Übelthäter, einen Brief u. s. f. abhohlen. Jemanden aus einer Gesellschaft abhohlen, abrufen und begleiten. Der Wagen wird mich abhohlen. 2) Bey den Kattundruckern werden die gedrückten Zeuge abgehohlet, wenn man sie mit Weitzenkleye auskochet, das Gummi und die Stärke der Farbe wieder wegzuschaffen. So auch die Abhohlung.


Abhold (W3) [Adelung]


* Abhold, adv. welches noch aus der Oberdeutschen Mundart übrig, aber größten Theils veraltet ist, für ungünstig, abgeneigt. Einem abhold seyn.


Abholzig (W3) [Adelung]


* Abholzig, -er, -ste, adj. et adv. im Forstwesen, ein abholziger Baum, der über dem Stamme zu schwach ausfällt, und folglich zu Bauholz unbrauchbar ist, und auch abschüssig genannt wird.


Abhorchen (W3) [Adelung]


Abhorchen, verb. reg. act. nach dem Muster des Zeitwortes abhören, durch Horchen erfahren oder lernen. Sie hat uns alle unsere Geheimnisse abgehorcht, Weiße. O wenn die frohen Lieder dir gefielen, die meine Muse oft den Hirten abhorcht! Gesn.


Abhören (W3) [Adelung]


Abhören, verb. reg. act. 1) In den Rechten, einen Zeugen seine Aussage gehörig thun lassen. Einen Zeugen abhören. Man hat ihn noch nicht abgehöret. Daher die Abhörung. 2) Durch das Gehör von einem anderen erfahren, erlernen. Was hörest du dir davon ab? Less. Daran wüßte ich mir nun nichts abzuhören, ebend.


Abhub (W3) [Adelung]


Der Abhub, des -es, plur. car. von abheben, dasjenige, was abgehoben wird, besonders in den Bergwerken, die Unart, welche in der Wäsche von den Erzen abgehoben wird, welches vermittelst der Abhubkiste geschiehet. An einigen Höfen nennet man die Speisen, welche von der herrschaftlichen Tafel abgetragen werden, den Abhub.


Abhucken (W3) [Adelung]


Abhucken, S. Abhocken.


Abhülsen (W3) [Adelung]


Abhülsen, verb. reg. act. von der Hülse befreyen. Die Mandeln abhülsen.


Abhungern (W3) [Adelung]


Abhungern, verb. reg. recipr. durch Hunger entkräften. Sich abhungern.


Abhuren (W3) [Adelung]


+ Abhuren, verb reg. recipr. Sich abhuren, sich durch Hurerey entkräften; ein niedriges Wort, welches Luther indessen doch in der Bibelübersetzung mit aufgenommen hat.


Abhüten (W3) [Adelung]


Abhüten, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, von dem weidenden Viehe abfressen lassen, abweiden. Die Saat, das Gras abhüten. Ingleichen metonymisch, einen Acker, ein Stück Feldes, eine Wiese abhüten. So auch die Abhütung.


Abhütten (W3) [Adelung]


* Abhütten, verb. reg. act. im Bergbaue, eine Grube oder Zeche aus Nachlässigkeit oder Muthwillen verderben, und zu Grunde richten, welches auch abköhlen genannt wird. Vermuthlich von Hütte, so fern es ehedem alles Zimmerwerk bedeutete, und bey den Bergleuten zum Theil noch bedeutet. Daher die Abhüttung.


Abjagen (W3) [Adelung]


Abjagen, verb reg. act 1) + Durch Jagen ermüden. Ein Pferd abjagen. Sich abjagen. 2) Bey den Jägern, einer großen Jagd ein Ende machen, und zwar durch Erlegung alles eingestellten Wildes, welches auch abschießen genannt wird. Ein Abjagen halten. Daher die Abjagungsflügel, die zunächst an dem Laufe durchgehauenen Wege, woraus das Abjagen gehalten wird. 3) Durch Jagen von einem andern erhalten, ihm unversehens und mit Gewalt abnehmen. Dem Feinde den Raub abjagen. - Ein Lamm das er dem Wolf erst abgejaget, Opitz. 4) + Plötzlich verursachen, doch nur in einigen meisten Theils niedrigen R. A. Einem eine Angst, einen Schrecken abjagen. So auch die Abjagung.


Äbicht (W3) [Adelung]


* Äbicht, adj. et adv. welches noch in einigen Provinzen, z. B. in Schlesien, auch im Hochdeutschen bey einigen Handwerkern, z. B. den Hutmachern, Tuchmachern u. s. f. üblich ist, und so viel als umgekehrt bedeutet. Die äbichte Seite des Tuches, die linke, umgekehrte. + Einem eine Äbichte geben, eine Maulschelle mit verwandter Hand.

Anm. Äbicht, oder wie es in einigen Provinzen auch geschrieben wird, eiwig, ist ein altes und in Oberdeutschland noch überall gebräuchliches Wort. Abahe beym Kero, aboha beym Isidor, und abaho beym Ottfried, bedeuten nicht allein im physischen, sondern auch im moralischen und figürlichen Sinne, so viel als verkehrt, falsch; wovon Schilters Gloss. v. Abahe nachzusehen ist. Das Schwed. afwig hat noch eben dieselben Bedeutungen, S. Ihre h. v.


Äbichten (W3) [Adelung]


Äbichten, verb. reg. act. bey den Tuchmachern, ein Tuch auf der linken Seite karten. S. das vorige.


Abjochen (W3) [Adelung]


Abjochen, verb. reg. act. das Joch abnehmen. Die Ochsen abjochen.


Abirren (W3) [Adelung]


Abirren, verb reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, durch Irrthum von etwas abkommen. Von dem rechten Wege abirren.


Abirrung (W3) [Adelung]


Die Abirrung, plur. die -en. 1) Das Abirren, ohne Plural. Die Abirrung des Lichts oder der Firsterne, in der Astronomie, die scheinbare Veränderung ihrer Stellen am Himmel. 2) Irrige Abweichungen von etwas, mit dem Plural.


Abkalben (W3) [Adelung]


Abkalben, verb. reg. neutr. mit haben, das Kalben vollenden, in der Landwirthschaft, gehörig kalben. Die Kühe haben nach und nach abgekalbet.


Abkämmen (W3) [Adelung]


Abkämmen, verb reg. act. 1) Von Kamm, pecten, mit dem Kamme herab bringen, ingleichen, mit dem Kamme reinigen. Abgekämmte Wolle. 2) Von Kamm, die Spitze, das Obertheil, in der Kriegsbaukunst, den obern Rand der Wolle und Brustwehren abschießen, gleichsam den Kamm abnehmen. So auch die Abkämmung.


Abkämpfen (W3) [Adelung]


Abkämpfen, verb. reg. act. kämpfend abtreiben, ein Zeitwort, welches besonders bey den Jägern von den Hirschen gebraucht wird, wenn einer den andern in der Brunstzeit abtreibet.


Abkanten (W3) [Adelung]


+ Abkanten, Abkanteln, verb. reg. act. der Kanten berauben. Ein Bret abkanten, bey den Holzarbeitern, die scharfe Ecke abnehmen. Einen Zeug abkanten, die Kante oder Einfassung abschneiden.


Abkanzeln (W3) [Adelung]


+ Abkanzeln, verb. reg. act. Jemanden abkanzeln, eigentlich seine Vergehungen von der Kanzel bekannt machen.


Abkappen (W3) [Adelung]


Abkappen, verb. reg. act. 1) Von Kappe, die Kappe abnehmen, bey den Falkenieren. den Falken abkappen, ihn abhauben. Hierher gehöret auch wohl die figürliche Bedeutung, wenn im gemeinen Leben, einen abkappen, so viel ist, als ihm einen unerwarteten derben Verweis, eine herbe Antwort geben. Er ist weidlich abgekappet worden. 2) Von kappen, hauen, schneiden, so viel als abhauen: Das Ankertau, ingleichen den Anker abkappen. Einen Mast abkappen. Die Bäume abkappen, ihre Gipfel oder Zweige abhauen. In dieser Bedeutung ist das Zeitwort am häufigsten in Niedersachsen üblich, und wird in einigen Gegenden auch abkoppen, abküppen ausgesprochen. So auch die Abkappung.


Abkargen (W3) [Adelung]


Abkargen, verb. reg. act. durch Kargheit oder niedrige Sparsamkeit entziehen. Sie kargt ihrem Manne sogar die Nothdurft ab.


Abkarten (W3) [Adelung]


Abkarten, verb. reg. act. nur in der figürlichen von dem Kartenspiele hergenommenen Bedeutung, etwas Böses heimlich verabreden. Er hatte es schon so mit ihr abgekartet. Ein abgekartetes Spiel. Ein abgekarteter Handel.


Abkauf (W3) [Adelung]


Der Abkauf, gen. des -es, plur. doch seltener die -käufe, die Handlung des Abkaufens, und zuweilen auch wohl die abgekaufte Sache selbst.


Abkaufen (W3) [Adelung]


Abkaufen, verb. reg. act 1) Käuflich von einem andern an sich bringen. Einem etwas abkaufen. 2) Eine Sache durch Geld hindern, sich durch Geld von etwas befreyen. Eine Strafe abkaufen. Die Bürger haben die Plünderung abgekauft, oder auch, haben sich von der Plünderung abgekauft. Ich habe die Beschwerden von meinem Hause abgekauft. Man verläßt oft die Welt aus Begierde alte Sünden abzukaufen, Zimmerm. So auch die Abkaufung in beyden Bedeutungen.


Abkäufer (W3) [Adelung]


Der Abkäufer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, eine Person, welche einem andern etwas abkauft, der Käufer, zum Unterschiede von dem Verkäufer.


Abkäuflich (W3) [Adelung]


Abkäuflich, adv. vermittelst des Abkaufes, als ein Abkauf. Etwas abkäuflich von jemanden erhalten.


Abkehlen (W3) [Adelung]


Abkehlen, verb. reg. act. 1) Die Kehle abstechen, bey den Fleischern. Ein Kalb, einen Ochsen abkehlen. 2) Bey den Tischlern, mit den gehörigen Kehlen versehen.


Abkehr (W3) [Adelung]


* Die Abkehr, plur. car. die Abneigung, ingleichen die Aufhebung der Gemeinschaft mit einer Person oder Sache; ein seltenes Wort, für Abkehrung. Die Abkehr von Gott, von der Sünde. Es ist besonders in Niedersachsen für Widerwillen und Abscheu üblich, wo auch abkehrig, abgeneigt, abwendig bedeutet.


Abkehren (W3) [Adelung]


Abkehren, verb. reg. Es ist 1) * ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, sich entfernen, die Verbindung mit etwas aufheben; eine Bedeutung, welche noch in den Bergwerken üblich ist, wo man von einem Arbeiter, der nicht mehr an einem Orte arbeiten, oder von einem Gewerken, der nicht mehr bauen will, saget: er kehret ab.2) Ein Activum, und zwar, (a) von kehren, wenden, so viel als von etwas wegwenden, in der eigentlichen und figürlichen Bedeutung. Sein Gesicht von etwas abkehren. Eine Gefahr, ein Unglück abkehren, besser abwenden. Sich von der Welt abkehren, alle Gemeinschaft mit ihr aufheben. (b) Von kehren, bürsten, mit der Bürste oder dem Besen wegschaffen. Den Staub von dem Kleide, von der Wand abkehren. Ingleichen metonymisch, mit der Bürste reinigen. Den Hut, das Kleid, die Wand abkehren. So auch die Abkehrung in allen obigen Bedeutungen, besonders der figürlichen.


Abkeifen (W3) [Adelung]


+ Abkeifen, verb. irreg. act. S. Keifen. Einem etwas abkeifen, durch Keifen oder Zanken von ihm erhalten.


Abkeltern (W3) [Adelung]


Abkeltern, verb. reg. act. 1) In der Kelter gehörig auspressen. Die Beeren abkeltern. 2) Das Keltern des Weines zu Ende bringen; als ein Neutrum. Wir haben bereits abgekeltert.


Abketteln (W3) [Adelung]


Abketteln, verb. reg. act. bey den Strumpfwirkern, die Maschen bey dem Abnehmen mit der Kettelnadel gehörig befestigen.


Abkimmen (W3) [Adelung]


Abkimmen, verb. reg. act. bey den Böttchern, die Kimme einer Daube abschneiden. S. Kimme. Daher die Abkimmung.


Abkippen (W3) [Adelung]


Abkippen, verb. reg. neutr. mit seyn, auf der Kippe stehend abgleiten. Das Bret kippte ab.


Abklaffen (W3) [Adelung]


* Abklaffen, verb. reg. neutr. mit haben, ein nur in den Oberdeutschen Mundarten übliches Zeitwort, für abstehen, in der eigentlichsten Bedeutung. Die Thür klaffet ab, schließt nicht genau. S. Klaffen.


Abklappen (W3) [Adelung]


Abklappen, verb. reg. act. eine Klappe, oder was ihr ähnlich ist, niederlassen. Ingleichen metonymisch, einen Tisch abklappen.


Abklären (W3) [Adelung]


Abklären, verb. reg. act. gehörig klar machen. Dieses geschieht theils, indem man das Klare eines flüssigen Körpers von dem Trüben abgießt, den Kaffe, einen Liquor abklären; theils auch, wenn man die Unreinigkeiten, welche das Klarwerden hindern, wegschaffet. So saget man den Zucker abklären, d. i. abschäumen. Sich abklären, von dem Himmel, besser aufklären. S. auch die Abklärung. Abklären bey den Färbern, S. Abklören.


Abklatschen (W3) [Adelung]


+ Abklatschen, verb. reg. act. bey einigen Metallarbeitern, in Holz geschnittene Formen in flüssiges Metall abdrücken, welches auch abplanschen, noch besser aber abschlagen genannt wird, weil es wirklich vermittelst eines Schlages geschieht.


Abklauben (W3) [Adelung]


Abklauben, verb. reg. act. mit den Fingern nach und nach abnehmen. Den Kalk von der Mauer abklauben. Die verdorreten Blattern abklauben. Ingleichen mit andern Werkzeugen. Das Fleisch von einem Knochen abklauben, und einen Knochen abklauben, mit den Zähnen.


Abkleiden (W3) [Adelung]


Abkleiden, verb. reg. act. 1) + Die Kleider ablegen, auskleiden, entkleiden. Sich abkleiden. 2) Mit einer Zwischenmauer oder einer Scheidewand abtheilen. Ein Zimmer abkleiden. Kleid bedeutet in den ältesten Mundarten alles, was die Härte der Witterung abhält, dasher wird es auch in mehreren Fällen von Holzarbeiten gebraucht. So auch Bekleiden.


Abkleidung (W3) [Adelung]


Die Abkleidung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abkleidens in beyden Bedeutungen; ohne Plural. 2) Ein abgekleideter Platz, und die Scheidewand selbst, wodurch ein Ort abgekleidet wird.


Abklemmen (W3) [Adelung]


Abklemmen, verb. reg. act. durch Klemmen absondern. Sich einen Finger abklemmen. Daher die Abklemmung.


Abklopfen (W3) [Adelung]


Abklopfen, verb. reg. act. 1) Durch Klopfen wegbringen. Den Staub von dem Hute abklopfen. Ingleichen durch Klopfen reinigen. Den Hut abklopfen 2) Zur Gnüge klopfen oder schlagen. Eyer abklopfen. Und dann auch im Scherze, einen abklopfen, ihn wacker ausprügeln. So auch die Abklopfung.


Abklören (W3) [Adelung]


+ Abklören, verb reg act. ein Kunstwort der Färber, die Farbe aus einer gefärbten Waare wieder heraus bringen, welches edler abziehen, absieden genannt wird. Dieses Zeitwort kommt von dem Franz. Couleur, und stammet vermuthlich aus Niedersachsen her, wo sich dieses Französische Wort in mehrere Wörter eingeschlichen hat, z. B. Klöre, die Farbe, verklören, die Farbe verlieren, verschießen.


Abklötzen (W3) [Adelung]


Abklötzen, verb reg. act. Einen Sägeblock abklötzen, an dessen Stammende, so weit als der Kerb gehet, der bey dem Abhauen gemacht worden, einen Klotz abhauen, damit der Block gerade werde.


Abknappen (W3) [Adelung]


+ Abknappen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, besonders in Niedersachsen von knapp. 1) Eigentlich in kleinen Stücken abbrechen, in welcher Bedeutung es aber nicht üblich ist, außer daß die Bergleute davon das Frequentat. abknapsen haben, das Abschlagen eines Stückes von dem Stufwerke damit anzudeuten. 2) Figürlich, unbilliger Weise abziehen, abkürzen, abzwacken. Sich etwas abknappen, abdarben. Dem Gesinde etwas an seinem Lohne abknappen. S. Knapp.


Abknattern (W3) [Adelung]


Abknattern, verb. reg. act. bis zu Ende knattern lassen, von verschiedenen Metallen und Mineralien, welche so lange mit Kochsalz über Kohlen geröstet werden, bis sie nicht mehr knattern oder prasseln. Auch Abprasseln.


Abkneipen (W3) [Adelung]


Abkneipen, verb. irreg. act. S. Kneipen, mit den Fingern, den Nägeln oder einer Zange, absondern, abzwicken. Ein Stück von einem Nagel mit der Zange abkneipen. Bringt sie (die Tauben) dem Priester, der soll die erste zum Sündopfer machen, und ihr den Kopf abkneipen hinter dem Genicke, und nicht abbrechen, 3 Mos. 5, 8. So auch Kap. 1, 15. In den niedrigen Sprecharten abknirpsen.


Abknicken (W3) [Adelung]


Abknicken, verb. reg. act. 1) Einknicken und abbrechen. 2) Bey den Jägern, von Genick, das Genick abstechen, welches bey dem Rothwilde mit dem Genickfänger, bey dem Geflügel aber mit einer Feder geschiehet. Eben daselbst wird es auch als ein Neutrum von dem Wilde gebraucht, wenn es im Jagen todt niederfällt.


Abknöpfen (W3) [Adelung]


Abknöpfen, verb. reg. act. aufknöpfen und herunter nehmen.


Abknüpfen (W3) [Adelung]


Abknüpfen, verb. reg. act. durch Auflösung eines Knotens, herab nehmen. Ein Band, ein Seil abknüpfen. Einen Gehenkten wieder abknüpfen.


Abkochen (W3) [Adelung]


Abkochen, verb. reg. act. 1) Zur Gnüge kochen, gar kochen. Einen Fisch abkochen. Abgekochtes Wasser, ein abgekochter Trank. Besonders gewisse Speisen zum künftigen Gebrauche kochen. Milch, Fleisch abkochen. 2) Bey den Färbern auch so viel als absieden, welches S.


Abköhlen (W3) [Adelung]


* Abköhlen, verb. reg. act. in den Bergwerken, so viel als abhütten, welches S.


Abkommen (W3) [Adelung]


Abkommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) mit dem Hülfsworte seyn. 1) Eigentlich von einem Orte oder einer Sache entfernet werden, doch mit verschiedenen Nebenbegriffen. Von dem rechten Wege abkommen, sich verirren. Ich konnte aus der Gesellschaft nicht abkommen, konnte oder durfte sie nicht verlassen. Er kann ganz wohl abkommen, er wird durch keine Geschäfte abgehalten zu kommen. + Er kann abkommen, man kann seiner entbehren. Von seiner Rede, von seinem Vorhaben, von seinem Zwecke abkommen, davon entfernet werden. Um kurz von der Sache abzukommen, sie kurz zu endigen. Um von dem Menschen abzukommen, um seiner los zu werden, nicht um des Menschen abzukommen. + Ich konnte nicht wohlfeiler abkommen, aus der Sache kommen. 2) Figürlich, aus dem Gebrauche kommen, sich aus dem Gebrauche verlieren, abgebracht werden. Eine Gewohnheit abkommen lassen. Das ist bey uns ganz abgekommen. Ein abgekommener Gebrauch.

Anm. Zu den im Hochdeutschen entweder gar nicht, oder doch nur selten üblichen Bedeutungen dieses Zeitwortes, welche aber in Oberdeutschland noch sehr gewöhnlich sind, gehören vornehmlich folgende. (a) Herstammen; davon haben wir indessen noch die Hauptwörter, der Abkömmling und die Abkunft. (b) Mit einem abkommen, sich mit ihm vergleichen, S. den folgenden Artikel. (c) Von einem Amte abkommen, dessen entsetzet werden. (d) Einer Sache abkommen, sie nach und nach verlieren, darum kommen. Von dem Viehe abkommen. Ob wir sein dadurch kommen ab, Theuerd. Kap. 66. ob wir dadurch seiner los werden können. Was trauren wir denn viel, daß der und jener stirbt, Und kömmt der Sorgen ab, Opitz. Eben diese Wortfügung hat auch Luther in seiner Bibelübersetzung mit aufgenommen. (e) Am Verstande, an Kräften, an Leibes-Gestalt abnehmen. Er kommt am Leibe ab, Steinb. Er kommt wegen vieler Arbeit ab, ebend. Siehe, wie ich ab sey kommen, Wie mir alle Kraft genommen, Opitz.


Abkommen (W3) [Adelung]


Das Abkommen, des -s, plur. car. bedeutet außer den Bedeutungen des Verbi auch den Vergleich in einer streitigen Sache. Ein gütliches Abkommen mit einem treffen. Ist denn kein Abkommen zu treffen? Diese Bedeutung ist durch die Kanzelleyen aus Oberdeutschland zu uns gekommen, wo das Verbum in dieser Bedeutung nicht ungewöhnlich ist. Für das Abkommen in diesem Verstande findet man bey einigen auch wohl die Abkommung.


Abkömmling (W3) [Adelung]


Der Abkömmling, des -es, plur. die -e, einer aus den Nachkommen einer Person oder eines Geschlechtes, ein Substantiv, welches bey uns nach und nach zu veralten scheint, so wie die ähnliche Bedeutung des Zeitwortes schon veraltet ist.


Abkömmniß (W3) [Adelung]


+ Die Abkömmniß, plur. die -e, bey den Bergleuten, so viel als das Abkommen, oder die Entfernung eines Trumms von dem Hauptgange, und ein solcher abgekommener Trumm selbst. Die Bergleute verunstalten dieses Wort, indem sie es gemeiniglich Abkenniß aussprechen. Komniß von kommen ist in der Oberdeutschen Mundart auch noch in Überkomniß und Vorkomniß üblich, welche beyde einen Vertrag bedeuten.


Abköpfen (W3) [Adelung]


Abköpfen, verb. reg. act. das Frequentat. von abkappen, abschneiden, abhauen, welches einige Mundarten abkoppen aussprechen, oder auch von Kopf, welches zuweilen einen jeden Gipfel bedeutet. Die Spitze einer Sache abbrechen, besonders in der Landwirthschaft von Pflanzen; in einigen Gegenden abküpfeln. Den Tabak abköpfen, die Gipfel an den Stängeln abbrechen. Die Bäume abköpfen, welches an einigen Orten auch abmutzen genannt wird, den ganzen Gipfel abhauen. Daher die Abköpfung. Abköpfen für köpfen oder enthaupten, ist noch in Oberdeutschland üblich.


Abkoppeln (W3) [Adelung]


Abkoppeln, verb. reg. act. von der Koppel los machen. Die Pferde, die Jagdhunde abkoppeln.


Abkräften (W3) [Adelung]


* Abkräften, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen für entkräften üblich ist.


Abkramen (W3) [Adelung]


+ Abkramen, verb. reg. act. nur im gemeinen Leben, für abräumen.


Abkrämpen (W3) [Adelung]


Abkrämpen, verb. reg. act. die Krämpe an einem Dinge niederlassen. Den Hut abkrämpen.


Abkranken (W3) [Adelung]


* Abkranken, verb. reg. neutr. mit seyn, welches bey den Dichtern des vorigen Jahrhunderts, und noch jetzt in Oberdeutschland nicht ungewöhnlich ist, durch eine langwierige Krankheit entkräftet werden. Der abgekrankte Leib, Gryph. S. Krank und Kranken.


Abkränken (W3) [Adelung]


+ Abkränken, verb. reg. act. et reciproc. durch Gram entkräften. Sich abkränken. Das Herz ist mühsam abgekränket, Opitz. Kommt ihr abgekränkte Herzen, Gryph. Ein höher Wesen stärkt den abgekränkten Geist, Ebend.


Abkratzen (W3) [Adelung]


Abkratzen, verb. reg. act. durch Kratzen herunter bringen. Den Salpeter von den Wänden abkratzen. Ingleichen durch Kratzen leer machen, reinigen. Eine Wand abkratzen.


Abkrauten (W3) [Adelung]


Abkrauten, verb. reg. act. von dem Unkraute gehörig reinigen, bey den Winzern, wo es auch nur krauten genannt wird. Einen Weinberg abkrauten.


Abkriegen (W3) [Adelung]


+ Abkriegen, verb. reg. act. 1) Von kriegen, bekommen. (a) Herab bringen. Ich kann es nicht abkriegen. (b) Zugleich mit andern bekommen. Er kriegt von unsern Gütern nichts ab. (c) Figürlich, etwas Nachtheiliges davon tragen, einen Verweis, eine Strafe bekommen, einen Verlust leiden. Warte, für die kleine Bosheit mußt du eins abkriegen, Weiße. Er ruhet nicht ehe, bis er etwas abkriegt, bis ihm etwas Übels widerfähret. So wie das einfache kriegen in der guten Sprech- und Schreibart veraltet ist, so gilt solches auch von dessen Zusammensetzungen; außer daß abkriegen in der zweyten figürlichen Bedeutung, noch zuweilen in der vertraulichen und scherzhaften Sprache gehöret wird. 2) Von Krieg, bellum. Einem etwas abkriegen, es ihm im Kriege entreißen; ganz ungewöhnlich.


Abkröschen (W3) [Adelung]


Abkröschen, verb. reg. act. bis zum Ende kröschen lassen. So kröschen die Buchdrucker das Leinöhl ab, wenn sie es mit einem Stücke Brotes sieden, und dadurch reinigen.


Abkühlen (W3) [Adelung]


Abkühlen, verb. reg. act. gehörig kühl oder kalt machen. Eisen in Wasser, Stahl in Milch abkühlen, ablöschen, wenn beyde vorher glühend gemacht worden. In den Schmelzhütten hat man so wohl Abkühltröge, etwas darin abzukühlen, als auch Abkühlrinnen, Wasser auf das verblickte Silber zu leiten, es abzukühlen. Sich abkühlen. Der Regen kühlt die Luft ab. Die Weste kühlten sich an Silberbächen ab, Wiel. Das Wetter kühlt sich ab, ist ein gemeiner Ausdruck des Landmannes, wenn weit entfernte Blitze, deren Donner man nicht hören kann, einen Wiederschein in den Wolken machen.


Abkühlfaß (W3) [Adelung]


Das Abkühlfaß, S. Kühlfaß.


Abkühlung (W3) [Adelung]


Die Abkühlung, plur. die -en, die Handlung des Abkühlens, und auch wohl ein flüssiger Körper, womit etwas abgekühlet wird.


Abkümmern (W3) [Adelung]


+ Abkümmern, verb. reg. recipr. Sich abkümmern, sich durch Kummer verzehren.


Abkündigen (W3) [Adelung]


Abkündigen, verb. reg. act. welches das Frequentat. von dem im Hochdeutschen ungebräuchlichen abkünden ist. 1) Eigentlich, von einem erhabenen Orte bekannt machen; besonders von der Kanzel. Einen Verstorbenen abkündigen. Am häufigsten, die bevorstehende eheliche Verbindung zweyer Personen von der Kanzel bekannt machen, welches in Obersachsen gemeiniglich aufbiethen, in einigen Gegenden abbiethen, in Oberdeutschland aber verkünden, sonst aber auch mit einem Lateinischen Ausdrucke proclamiren genannt wird. 2) * In den Rechten sich von einer Sache los sagen, auf dieselbe Verzicht leisten.


Abkündigung (W3) [Adelung]


Die Abkündigung, plur. die -en, 1) Die Bekanntmachung von einem erhabenen Orte, besonders verlobter Personen; ein Kirchengebrauch, welcher in Obersachsen auch das Aufgeboth, oder Aufboth, in manchen Gegenden das Abgeboth, die Proclamation, in Oberdeutschland die Verkündigung, im Jülichischen der Kirchenruf, und in Ostfriesland die Kirchensprache genannt wird. Ehedem hieß er auch der Bann, wovon die Abkündigung im Franz. noch jetzt Ban de mariage genannt wird. 2) * Die Lossagung von einer Sache, die Verzicht auf dieselbe.


Abkunft (W3) [Adelung]


Die Abkunft, plur. car. 1) Die Abstammung, die Herkunft. Er ist von guter Abkunft. Ein Mensch von schlechter Abkunft. Völker von deutscher Abkunft. 2) Der Vergleich, das Abkommen. Eine Abkunft mit jemanden treffen, sich mit ihm vergleichen. Beyde Bedeutungen sind von zwey im Hochdeutschen veralteten Bedeutungen des Zeitwortes abkommen.


Abküpfeln (W3) [Adelung]


+ Abküpfeln, verb. irreg. act. welches das Diminutivum des folgenden, und größten Theils nur in Franken üblich ist, wo es so viel als beschneiden bedeutet, und vornehmlich von dem Beschneiden des Weines gebraucht wird.


Abküpfen (W3) [Adelung]


Abküpfen, + Abküpfen, verb. reg. act. Intensiva von abkuppen, die Spitze abschneiden. Ich will nur meine Feder erst abküpfen, Less.


Abkuppen (W3) [Adelung]


Abkuppen, verb. reg. act. an einigen Orten so viel als abkappen, d. i. die Kuppe, oder Spitze von etwas abschneiden oder abbrechen.


Abkürzen (W3) [Adelung]


Abkürzen, verb. reg. act. 1) Eigentlich kürzer machen. Wörter abkürzen, abbreviiren. Eine Predigt, eine Rede, eine Schrift abkürzen, sie enger zusammen ziehen und dadurch kürzer machen. Sich das Leben abkürzen. 2) Von etwas abziehen; am häu-figsten mit dem Nebenbegriffe der unbilligen Verminderung. Einem etwas an der Bezahlung abkürzen. Einem den Lohn abkürzen. Etwas seinem Leibe abkürzen. Die Alten brauchten das einfache Kürzen in beyden Bedeutungen.


Abkürzung (W3) [Adelung]


Die Abkürzung, plur. die -en, die Handlung des Abkürzens; ingleichen eine abgekürzte Sache, besonders ein abgekürztes Wort, eine Abbreviatur. Jemanden ohne Abkürzung bezahlen, ohne ihm etwas abzuziehen.


Ablachen (W3) [Adelung]


+ Ablachen, verb. reg. recipr. sich ablachen, bis zur Ermattung lachen.


Ablactiren (W3) [Adelung]


+ Ablactiren, verb. reg. act. ein aus dem Lateinischen ablactare entlehntes Kunstwort der Gärtner, eine Art des Pfropfens, einen Zweig ohne ihn abzuschneiden, auf einen andern Stamm pfropfen, welches auch absäugeln und absäugen genannt wird, welches S.


Abladen (W3) [Adelung]


Abladen, verb. irreg. act. ( S. Laden,) eine aufgeladene Last herunter heben. Die Fracht, das Holz, Steine abladen, sie von dem Wagen heben. Ingleichen von einer aufgeladenen Last befreyen. Den Wagen, einen Esel abladen. Daher die Abladung.


Ablader (W3) [Adelung]


Der Ablader, des -s, plur. ut nom. singul. ein Arbeiter, der sich in den Städten zum Abladen der Waaren und Güter gebrauchen läßt, und auch Auflader genannt wird; an einigen Orten Wagenlader, Schröter, in Hamburg Litzenbrüder, in Böhmen Baumträger und Maskupträger, in Zürich und Strasburg Spänner u. s. f. Der im gemeinen Leben übliche Plural Abläder, mit der Umendung des a in ä, ist ein Überbleibsel der ehemahligen irregulären Conjugation des Verbi, ich lade, du lädst, er lädt. Da man es jetzt regulär gebraucht, so bleibt auch in den Abgeleiteten die Form billig regulär.


Ablage (W3) [Adelung]


Die Ablage, plur. die -n, 1) Die Handlung des Ablegens, ohne Plural, und das was abgelegt wird. Besonders in den Rechten, eine Handlung zwischen Ältern und Kindern, da jene diese durch eine Aussteuer von aller künftigen Erbschaft auschließen; da denn auch wohl das, was Kinder auf diese Art bekommen, die Ablage genannt wird. Die Abtheilung ist davon noch verschieden. S. Ablegen. 2) Im Forstwesen, ein Ort am Wasser, wo man die Bäume, welche abgeflößet werden sollen, niederleget. 3) * Die Ablage, von Lage, die Entfernung; im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Ablager (W3) [Adelung]


* Das Ablager, des -s, plur. die -läger, bedeutete ehedem, 1) ein jedes Einkehren auf der Reise, und der Ort, wo solches geschahe. Daher sagte man, ein Ablager halten, sein Ablager an einem Orte nehmen, wenn Reisende, besonders vornehme Personen, die mit einem großen Gefolge reisen, an einem Orte einkehren. 2) Besonders das Recht, welches ein Schutz und Landesherr hat, in den Klöstern und bey seinen Vasallen und Schutzverwandten einzukehren, und sich von ihnen verpflegen zu lassen; ein Recht, welches auch die Ausspann, die Atz, die Atzung, das Atzungsrecht, und im barbarischen Latein Albergaria genannt wird. S. Abliegen, ingleichen Haltaus v. Ablager und Lager.


Abländen (W3) [Adelung]


Abländen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, in der Seefahrt, vom Lande abfahren, im Gegensatze des Anländens. Daher die Abländung.


Ablang (W3) [Adelung]


+ Ablang, adj. et. adv. länglich, was mehr Länge als Breite hat. Es scheinet, daß dieses Wort erst in den neuern Zeiten, aus dem Lateinischen oblongus gebildet worden, daher es auch nicht überall aufgenommen ist. Eine ablange Vierung. Logau gebrauchte schon ablangs rund, und eine ablange Kundung, für ein Oval, sagte I. C. Sturm um 1670.


Ablangen (W3) [Adelung]


+ Ablangen, verb. reg. act. im gemeinen Leben. 1) Mit ausgestrecktem Arme erlangen. Es stehet zu weit, ich kann es nicht ablangen, kann nicht bis dahin langen. 2) Mit ausgestrecktem Arme herab langen oder hohlen, und dann auch überhaupt so viel als abhohlen. Einen Brief ablangen. - Aus Rache fiel mir ein, Ein überflüssiges Huhn zu Zeiten abzulangen, sind Worte des Fuchses beym Hagedorn. S. Langen, reichen.


Ablängen (W3) [Adelung]


Ablängen, verb. reg. act. 1) In den Bergwerken, in die Länge graben oder bauen. Eine Strecke ablängen. 2) Bey den Zimmerleuten, nach der gehörigen Länge abhauen oder abschneiden. Einen Stamm zu einer Röhre ablängen.


Ablaschen (W3) [Adelung]


Ablaschen, verb. reg. act. im Forstwesen, einen Weg durch einen Wald an den Bäumen bezeichnen; weil es durch Laschen geschiehet. S. dieses Wort.


Ablaß (W3) [Adelung]


Der Ablaß, des -sses, plur. -ässe. 1) Die Handlung des Ablassens eines flüssigen Körpers; ohne Plural. Der Ablaß eines Teiches. + Ohne Ablaß, besser ohne abzulassen, oder unablässig. 2) Der Ort, durch welchen das Wasser abgelassen wird, im Gegensatze des Einlasses. 3) In der Römischen Kirche eigentlich die Erlassung oder Milderung der kirchlichen Strafe der Sünde, Indulgenz; ob es gleich auch sehr häufig von der Vergebung der Sünde selbst gebraucht worden, und zum Theil noch jetzt gebraucht wird. Ablaß geben, ertheilen, bekommen, predigen. Daher der Ablaßbrief, diejenige Urkunde, worin dieser Ablaß ertheilet wird; der Ablaßprediger, der den Ablaß bey feyerlichen Gelegenheiten öffentlich verkündiget; das Ablaßjahr, ein Jubeljahr, dessen Feuer in Rom mit vorzüglichem Ablasse versehen ist; die Ablaßkirche, eine Kirche, welche mit vorzüglichem Ablasse versehen ist; der Ablaßkram, der unerlaubte Handel mit dem Ablasse; der Ablaßkrämer, der ihn treibt; die Ablaßwoche, die Frohnleichnamswoche, u. s. f. 4) Weil in der Römischen Kirche gewisse Tage, z. B. die Kirchweihe mit vorzüglichen Ablässen versehen sind, so werden an verschiedenen Orten auch die an solchen Tagen angestellten weltlichen Feyerlichkeiten Ablaß genannt. So heißt z. B. zu Grünstadt in Thüringen der Jahrmarkt der Ablaß, und auf vielen Dörfern werden die ländlichen Feste, welche nach der Ernte und gemeiniglich bey der Kirchweihe angestellet werden, auch Ablässe genannt.

Anm. Ablaß von der Vergebung der Sünde gebraucht, ist ein altes Wort, welches bey unsern ältesten Schriftstellern vorkommt. Ablazi, Ottfr. Dar du mir ablaz hebest, in tempore misericordiae, Notk. Ps. 118, 149. Goth. Ableta und Schwed. Ablata. Antlaß, gleichsam Entlaß, bedeutet in der Alemannischen Mundart eben dasselbe. Antlaz, Kero; Antlaz sunton, Vergebung der Sünden, Notk. ein Wort, welches noch jetzt in Oberdeutschland üblich ist, wo der Frohnleichnamstag auch der Antlaßtag, die Woche, worein derselbe fällt, die Antlaßwoche, und der grüne Donnerstag der Antlaßpfingsttag genannt wird; weil diese Zeiten vorzüglich mit Ablaß versehen sind.


Ablassen (W3) [Adelung]


Ablassen, verb. irreg. S. Lassen, welches in seinen meisten Bedeutungen elliptisch ist, und ein anderes ausgelassenes Zeitwort voraus setzet. Es ist aberI. Ein Activum, und bedeutet alsdann überhaupt, einen Körper seiner natürlichen Bewegung überlassen. Besonders, 1) was zurück gehalten war, seiner Schnellkraft überlassen. Den gespannten Bogen ablassen. Ein Schloß ablassen, dessen Feder abgehen lassen, im gemeinen Leben, es abschnappen. Ein Schiff ablassen, es vom Stapel laufen lassen. Einen Teich, einen Fluß ablassen, das Wasser in demselben abfließen lassen. Ein Faß Wein, (den Wein im Fasse,) ablassen, abzapfen. Den Ofen ablassen, in den Schmelzhütten, das flüssige Metall aus demselben abfließen lassen, welches auch abstechen genannt wird. 2) Je-manden eine Sache ablassen, abtreten, sie ihm überlassen. 3) Abschicken, absenden. Einen Brief, ein Schreiben an jemanden ablassen, erlassen. Er hat versprochen, einige Zeilen an mich abzulassen. 4) Etwas am Preise ablassen, nachlassen, eine Verminderung des geforderten Preises bewilligen. Ich kann von den zehn Thalern nichts ablassen. 5) Die Sohlen ablassen, bey den Schustern, bedeutet so viel, als sie am Rande abhängig schneiden, dünner machen, welches vermittelst eines gegen die Spitze des Messers gehaltenen Hornes geschiehet, welches daher das Ablaßhorn genannt wird.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, aufhören etwas zu thun, Gemeinschaft damit zu haben, darnach zu streben, eine Sache nicht weiter fortsetzen; doch nur mit einem Substantive und der Präposition von. Von der Arbeit ablassen. Vom Bösen ablassen. Von seinem Vorsatze, von einem Prozesse ablassen. Von einer Person ablassen, die Liebe zu ihr fahren lassen. Sind sie denn nicht selbst Schuld, daß er von ihr ablässet? Gell. Von einem ablassen, so wohl ihm seine Hülfe versagen, als auch aufhören, ihn zu strafen, kommt in Luthers Bibelübersetzung zwar oft, außerdem aber fast gar nicht mehr vor. Eben so unangenehm klingen im Hochdeutschen die Oberdeutschen R. A. ablassen zu zürnen, zu weinen, zu bauen u. s. f. für aufhören. Überhaupt fängt es in dieser ganzen neutralen Bedeutung an zu veralten, und wird daher nur noch am häufigsten im gemeinen Leben und in der biblischen Schreibart gebraucht. Daher die Ablassung in allen obigen Bedeutungen, besonders des Activi.

Anm. Ablassen, war in der vierten thätigen Bedeutung ehedem von weiterm Umfange, wie man aus einigen Beyspielen beym Haltaus h. v. sehen kann. Und von dieser Bedeutung kommt vermuthlich auch das Hauptwort Ablaß in der kirchlichen Bedeutung her.


Ablativ (W3) [Adelung]


Der Ablativ, des -es, die -e, aus dem Lat. Ablativus, die sechste Endung in der Declination der Nennwörter der Lateinischen Sprache; dagegen die Deutschen deren nur vier haben. Die von einigen Sprachlehrern versuchten Deutschen Nahmen Nehmendung und Nehmfall sind bloße buchstäbliche Übersetzungen des Lateinischen, welche den Begriff keines Weges erschöpfen; also als Kunstwörter fehlerhaft sind.


Ab-latten (W3) [Adelung]


Ab-latten, verb. reg. act. der Latten berauben. Ein Dach ablatten, die Latten davon abbrechen.


Ablauben (W3) [Adelung]


Ablauben, verb. reg. act. von Laub, des Laubes berauben. Einen Baum, einen Ast ablauben.


Ablauern (W3) [Adelung]


Ablauern, nicht Ablauren, verb. reg. act. durch Lauern ersehen, erhalten, in verächtlichem Verstande, wofür man in der vertraulichen Sprechart ablauschen sagt. Eine Gelegenheit, einen Vortheil ablauern. Einem etwas ablauern, es ihm heimlich absehen. Einem einen Kunstgriff ablauern.


Ablauf (W3) [Adelung]


Der Ablauf, des -es, plur. die -läufe, von dem folgenden, ob es gleich nicht in allen Bedeutungen desselben üblich ist. 1) Die Handlung des Ablaufens, in den eigentlichen Bedeutungen des Verbi, so fern es ein Neutrum ist; ohne Plural. Der Ablauf des Meeres, die Ebbe. Das Wasser muß seinen Ablauf haben. Der Ablauf der Post, eines Briefes u. s. f. der Abgang. 2) Das Ende einer gewissen bestimmten Zeit; doch am häufigsten nur mit gewissen Vorwörtern ohne Artikel, und ohne Plural. Von Ablauf des Jahres. Mit Ablauf des Monathes, der Woche, des Winters, u. s. f. Der Ablauf eines Wechsels, dessen Verfallzeit. 3) Der Ort, durch welchen das Wasser abläuft. Der Ablauf eines Teiches, welcher auch wohl ein Teichfenster heißt. 4) Bey verschiedenen Künstlern die unmerkliche Vereinigung zweyer ungleicher Flächen vermittelst einer eingebogenen, und diese letztere Fläche selbst. So ist in der Baukunst Ablauf ein Glied, welches aus einem eingebogenen Viertel-Zirkel besteht, und ein vorspringendes oberes Glied mit dem untern verbindet, zum Unterschiede von dem Anlaufe.


Ablaufen (W3) [Adelung]


Ablaufen, verb. irreg. S. Laufen, welches theils als ein Neutrum, theils aber auch als ein Activum üblich ist.I. Als ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird.1) Von einem höhern Orte laufen und sich entfernen. (a) Eigentlich. Die Dächer müssen abhängig seyn, damit das Wasser ablaufen könne. Die Fluth läuft ab, und ruft mich von dem Lande, Dusch. Ein Schiff ablaufen lassen, es von dem Stapel laufen lassen. Die Fläche läuft allmählich ab, senkt sich. (b) Von vorragenden Flächen, wenn sie sich unmerklich niederwärts oder zurück ziehen. So ist bey den Tischlern und andern Holzarbeitern ablaufen lassen, so viel als die obere vorragende Fläche vermittelst eines Viertel-Zirkels mit der untern vereinigen, S. Ablauf. (c) Auf dem Fechtboden bezeichnet die R. A. seinen Gegner ablaufen lassen, eine Art zu pariren, da man dessen Klinge an der seinigen fruchtlos hinab gleiten lässet. Hiervon ist auch die figürliche R. A. entstanden, einen ablaufen lassen, d. i. seine Beleidigung verächtlich abweisen. (d) Sich schnell von einem Orte entfernen, wie abgehen. Die Post wird bald ablaufen, abfahren, abgehen. Einen Brief ablaufen lassen, fortschicken.2) Völlig zu Ende laufen, und daher aufhören. a) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Die Uhr ist abgelaufen, die Schnur, woran die Gewichte hängen, ist abgewickelt und zu Ende. Die Spulen sind abgelaufen, bey den Webern. b) Figürlich, von der Zeit, zu Ende gehen. Bis die Zeit der Prüfung abgelaufen seyn wird, Mosh. Seine Jahre mit Schrecken ablaufen sehen. Der Wechsel ist noch nicht abgelaufen, noch nicht verfallen. Ein abgelaufener Wechsel. c) Sich endigen, mit Bemerkung der Art und Weise. Die Sache ist wohl, übel, nach Wunsch abgelaufen. Wir wollen sehen, wie der Krieg, das Vorhaben, der Anschlag u. s. f. ablaufen wird. Die Person, und zuweilen auch die Sache bekommen mit. Wie wird es noch mit mir ablaufen. Es mag mit uns ablaufen, wie es will.II. Als ein Activum.1) Durch Laufen, oder schnelles Bewegen abnutzen. Sich die Sohlen, die Schuhe ablaufen. Sich bald die Füße ablaufen. Der Mühlstein hat sich ganz abgelaufen, ist stumpf geworden. Sich die Hörner ablaufen, oder auch die Hörner ablaufen, figürlich im gemeinen Leben, seinen Ungestüm durch Schaden verlieren, durch Erfahrung klüger werden. + Das habe ich längst an den Schuhen abgelaufen, das weiß ich schon von meiner Kindheit an. + Sich ablaufen, bis zur Ermattung laufen.2) Im Besitze eines Dinges durch Laufen zuvor kommen, mit dem Dative der Person; besonders in Wettläufen und Rennspielen. Einem den Preis, das Kleinod ablaufen. Und dann auch figürlich, einem durch Hurtigkeit oder List in einer Sache zuvor kommen. Einem den Weg ablaufen. Er hat mir den Rang, den Vortheil abgelaufen. Er wird ihm nicht viel ablaufen. Einem kleine Ränke ablaufen, sie durch Gegenränke vereiteln.3) Von einem Orte wegschaffen, besonders in den Bergwerken, wo das Erz ablaufen, die Fortbringung nach den Förderschächten bezeichnet; weil laufen daselbst überhaupt so viel bedeutet, als mit dem Karren fortschaffen.4) Durch Laufen erreichen. + Man kann es mit dem nassen Finger ablaufen, im Scherze, es ist sehr nahe.


Abläufer (W3) [Adelung]


Der Abläufer, des -s, plur. ut. nom. sing. was abläuft und abgelaufen ist, besonders, 1) bey den Tuchmachern, die abgelaufen und also leer gewordenen großen Spulen. 2) Bey den Webern, ein Fehler, der daraus entstehet, wenn sie die Fäden unrecht in das Sieb, oder aus einem Gange in den andern ziehen.


Ablaugen (W3) [Adelung]


Ablaugen, verb. reg. act. bey den Färbern, die Lauge aus dem Garne heraus waschen. Daher die Ablaugung.


Ablauren (W3) [Adelung]


Ablauren, S. Ablauern.


Ablauschen (W3) [Adelung]


Ablauschen, verb. reg. act. in der vertraulichen Sprechart, durch Lauschen ersehen, erhalten. Der Beyfall, den er uns abgelauschet hat, Less. S. Ablauern.


Abläutern (W3) [Adelung]


Abläutern, verb. reg. act. einen flüssigen oder flüssig gemachten Körper völlig lauter oder klar machen, es geschehe nun, durch einen Zuschlag, oder durch Abschäumen, oder durch das Setzen lassen, oder auf andere Art. Ein Metall abläutern. Zucker abläutern. Ein abgeläuterter Wein. In den Bergwerken wird abläutern so wohl von dem Waschen der Erze, als auch von dem Durchrädern derselben in Wasser gesagt. Das letzte geschiehet in dem Abläuterfasse; das erste aber vermittelst der Abläuterkiste, von den Abläuterjungen. Daher die Abläuterung.


Ableben (W3) [Adelung]


Das Ableben, des -s, plur. car. eigentlich der Infinitiv des veralteten Verbi ableben für sterben, doch so, daß das Unangenehme und Widrige, was man gemeiniglich mit dem Worte Tod verbindet, durch diesen Ausdruck gemildert wird. Nach meinem Ableben. Nach meines Vaters Ableben.

Anm. Ableben, in Oberdeutschland ableiben, kommt zunächst von Lyb, das Leben, nicht aber von Leib, corpus, her. Es war ehedem sehr gebräuchlich für sterben, ist aber außer dem aus dem Infinitive gemachten Hauptworte und dem Partic. Pass. abgelebt, wenigstens im Hochdeutschen nicht mehr üblich, obgleich Frisch das Zeitwort ableben, noch in der Bedeutung des Überlebens und des Erlebens anführet. Eben so ungebräuchlich ist das Oberdeutsche ableibig werden, und das alte Niedersächsische aflivig werden, für sterben. Im Suidas - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Ablecken (W3) [Adelung]


Ablecken, verb. reg. act. durch Lecken wegschaffen. Den Zucker ablecken. Ingleichen mit der Zunge reinigen. Den Teller, die Finger ablecken.


Abledern (W3) [Adelung]


+ Abledern, verb. reg. act. nur in den niedrigen Sprecharten. 1) Die Haut, das Leder abziehen, wie abdecken. 2) Derb abprügeln:


Ableeren (W3) [Adelung]


Ableeren, verb. reg. act. abräumen und leer machen. Ein Bret, den Tisch ableeren. Daher die Ableerung.


Ablegen (W3) [Adelung]


Ablegen, verb. reg. welches sowohl in der thätigen, als in der Mittelgattung üblich ist.

I. Das Activum bedeutet,

1. Herab legen, von einem höhern Orte legen, nur in einigen Fällen. So sagt man, ein Geschütz ablegen, es von den Laveten legen.

2. Aus einander legen, auch in einigen Fällen. Die Schriften ablegen, oder ablegen schlechthin, in den Buchdruckereyen, sie aus einander nehmen, und wieder in ihre Kästen legen.

3. Von sich weglegen, eine Bedeutung von weitem Umfange.

a) Eigentlich, in vielen Fällen. Die Kleider, die Schuhe, den Mantel, den Degen, den Hut, die Trauer ablegen; im Gegensatze des Anlegen. Legen sie ab, eine höfliche Einladung, den Hut und andere entbehrliche Kleidungsstücke von sich wegzulegen. Eine Last ablegen. Den Skat ablegen, im Tarok-Spiele, die überflüssigen Karten von sich legen. Den Skis ablegen, eben daselbst, ihn von sich legen, und dafür ein anderes Blatt nehmen.

(b) Figürlich mit allerley Nebenbedeutungen und Figuren.

(1) Sich einer lästigen Sache entledigen; nur in einigen Fällen. Eine Schuld ablegen, ein Capital ablegen, es bezahlen. Hierher gehöret auch die in den Rechten übliche Bedeutung, wo ein Kind ablegen, so viel ist, als es in Ansehung der künftigen Erbschaft abfinden, so daß es keinen Anspruch mehr daran hat. S. auch Abfinden und Abtheilen. * Einen Erben ablegen, ihn abfinden, befriedigen. Aus einigen beym Haltaus v. Ablegen angeführten Beyspielen erhellet, daß dieses Zeitwort ehedem in mehrern Fällen in der Bedeutung des Bezahlens gebraucht worden.

(2) Bezahlen und seiner Dienste entlassen. So sagt man im Bergbaue, dem Forstwesen u. s. f. die Arbeiter ablegen, sie ihrer Arbeit entlassen; im Gegensatze des Anlegens.

(3) Sich eines Geschäftes entledigen, in vielen einzelnen Fällen. Eine Rede, eine Predigt ablegen, wofür man doch lieber halten sagt. Einen Gruß von jemanden ablegen, überbringen. Ein Bekenntniß, ein Zeugniß, eine Probe, einen Besuch ablegen. Eine Rechnung ablegen, Rechnung thun. Einen Eid ablegen. + Seine Pflicht, seine Schuldigkeit ablegen, besser thun.

(4) Kleidungsstücke oder ähnliche zum täglichen Gebrauche bestimmte Dinge auf immer von sich weglegen, in einigen Gegenden absetzen. Ein Kleid, ein Paar Schuhe ablegen, sie als minder brauchbar nicht mehr tragen wollen. Ein abgelegtes Kleid. + Die Kinderschuhe ablegen, die Kinderjahre verlassen. Die Sterblichkeit ablegen, sterben.

(5) Sich nachtheiliger oder tadelhafter Dinge entwöhnen. Sorgen, Thorheiten, Laster, eine Gewohnheit ablegen. Legen sie doch die Vorurtheile des Pöbels ab. Die Furcht, den Neid ablegen.

(6) Durch Legen und Entfernen von dem Mutterstamme fortpflanzen, im Gartenbaue. Baumreiser, Pflanzen, Nelken ablegen, einen Zweig davon umbiegen und mit Erde beschütten, damit er Wurzel schlage, und zu einer eigenen Pflanze werde; welches man auch absenken, senken, legen, einlegen nennet. S. Ableger. In den neuern Zeiten hat man auch angefangen, auf ähnliche Art Bienenstöcke abzulegen.

4) + Etwas mit einem andern ablegen, heimlich verabreden, im gemeinen Leben. Ein abgelegter Handel. S. auch Abkarten.

II. Das Neutrum, mit dem Hülfsworte haben.

1) Entbunden werden. Besonders gebraucht man es in Niedersachsen von dem Kalben der Kühe. Sie hat abgelegt, sagt man auch wohl aus Beachtung von einer unverheiratheten Person, wenn sie heimlich entbunden werden.

2) In der Schifffahrt bedeutet, mit dem Schiffe ablegen, so viel als vom Lande absegeln, sich aus dem Hafen auf die Rhede legen, so wie anlegen, sich dem Lande nähern.

3) + Das Gesicht legt ihm ab, die Kräfte legen ihm ab, verlassen ihn, im gemeinen Leben. + Er legt sehr ab, nimmt an Gestalt und Kräften ab.

4) + Einem ablegen, dessen Partey verlassen, ingleichen ihm Unrecht geben. + Er wird ihm niemahls ablegen, wird nie etwas auf ihn kommen lassen. + Der Ungerechtigkeit ablegen, Raben entsagen. + Er legt niemanden ab, stimmt einem jeden bey. Daher das Ablegen und die Ablegung, letzteres in den eigentlichen Bedeutungen des Activi. S. auch Ablage.


Ableger (W3) [Adelung]


Der Ableger, des -s, plur. ut. nom. sing. eigentlich im Gartenbaue, derjenige Zweig einer Pflanze oder eines Baumes, welcher zur künftigen Fortpflanzung abgeleget worden; ein Senker, Absenker. Ingleichen ein abgelegter Bienenstock. Im Tarok-Spiele heißt der Skis zuweilen auch der Ableger, weil er abgeleget wird.


Ablehnen (W3) [Adelung]


Ablehnen, mit dem hohen e, verb. reg. act. als ein Darlehn von jemanden bekommen. Einem Geld, ein Pferd, ein Buchu. s. f. ablehnen. In der höhern Schreibart ableihen. Daher die Ablehnung. S. auch Ableihen.


Ablehnen (W3) [Adelung]


Ablehnen, (mit dem tiefen e, verb. reg. act. 1) Eigentlich, einen Körper von einem Orte weglehnen. Das Bret von der Wand ablehnen. 2) Figürlich, mit Glimpf von sich abwenden. Einen Verdacht von sich ablehnen. Einwürfe ablehnen, entkräften. Einen Antrag, eine Gevatterschaft, eine Ehre ablehnen, auf eine glimpfliche Art ausschlagen. In den Kanzelleyen ist davon das Beywort unablehnlich üblich, für unwiderleglich. In Oberdeutschland wird dieses Zeitwort ableinen gesprochen und zuweilen auch geschrieben, und an andern Orten findet man auch ablenden dafür: Wann dann es Gott beliebt, die Stäbe zu verwenden, Kein Rathschalg noch Gewalt vermag es abzulenden, Opitz. Welches aber auch von lenken hergeleitet werden kann, S. Haltaus v. Lenden. Das Hauptwort die Ablehnung ist am meisten in der figürlichen Bedeutung üblich.


Ableibig (W3) [Adelung]


Ableibig, adv. S. Ableben die Anm.


Ableihen (W3) [Adelung]


Ableihen, verb. irreg. act. S. Leihen, so viel als ablehnen, als ein Darlehn erhalten, in der höhern Schreibart. Einem eine Summe Geldes, ein Buch, ein Pferd ableihen. So auch die Ableihung.

Anm. Ablehnen und ableihen, sind so wie die einfachen lehnen und leihen bloß in der Mundart unterschieden, indem jenes mehr Nieder-dieses aber mehr Oberdeutsch ist. Man hält daher auch ableihen für edler und anständiger als ablehnen, weil es durch den allgemeinen Gebrauch im Hochdeutschen nicht so verunedelt worden, als das letztere.


Ableiten (W3) [Adelung]


Ableiten, verb. reg. act. 1) Eigentlich, von einem Ort hinab wegleiten; am häufigsten von flüssigen Körpern. Das Wasser ableiten. Einen Fluß, einen Teich, einen See ableiten, den Blitz ableiten. 2) Figürlich. (a) Durch Bewegungsgründe von etwas abbringen. Jemanden von dem rechten Wege ableiten. Einen von seinem Vorhaben, von der Tugend ableiten. (b) Herleiten, die Abstammung von etwas behaupten. Ein Geschlecht von Carln dem Großen ableiten. Ein Wort aus dem Griechischen, von einem andern ableiten, dessen Abstammung darthun. Ingleichen, ein Wort durch Veränderung, oder Beyfügung einer Sylbe (welche daher die Ableitungssylbe heißt,) aus einem andern bilden. So ist z. B. günstig ein abgeleitetes Wort von Gunst, und ig die Ableitungssylbe. Daher die Ableitung in allen obigen Bedeutungen.


Ableiter (W3) [Adelung]


Der Ableiter, des -s, plur. ut nomin. sing. ein Werkzeug, eine Anstalt, den Blitz von einem Gebäude abzuleiten; der Blitzableiter.


Ablenden (W3) [Adelung]


* Ablenden, S. Ablehnen.


Ablenken (W3) [Adelung]


Ablenken, verb. reg. act. 1) Von einer Sache weglenken, in eigentlicher Bedeutung. Die Pferde von dem Wege ablenken, 2) Figürlich. (a) Das Gespräch von etwas ablenken, von einem Gegenstande weglenken. (b) Wie ablehnen in der figürlichen Bedeutung. Einen Verdacht von sich ablenken, Less. Daher die Ablenkung.


Ablernen (W3) [Adelung]


Ablernen, verb. reg. act. durch Zeichen oder Beobachten von einem andern erlernen. Einem eine Kunst, einen Handgriff ablernen. Die Luft, vom Wahn mich zu entfernen,Und deinem Flaccus abzulernen, Wie man durch ächten Witz gefällt, Haged.


Ablerschen (W3) [Adelung]


Ablerschen, S. Ablörschen.


Ablesen (W3) [Adelung]


Ablesen, verb. irreg. act. S. Lesen.1) Von lesen, colligere, einzeln herab oder wegnehmen. Die Blüthen von den Baume, die Steine von dem Acker ablesen. Die Weintrauben, die Raupen ablesen. Ingleichen durch ein solches Ablesen reinigen. Einen Acker ablesen., die Steine auf demselben; einen Weinberg ablesen, die Weintrauben in demselben abbrechen und einsammeln; ingleichen, einen Baum ablesen, die Raupen, Blüthen u. f. f. auf demselben einzeln abnehmen.2) Von lesen, legere, etwas Geschriebenes oder Gedrucktes laut oder öffentlich herlesen. Einen Brief, einen obrigkeitlichen Befehl ablesen. Jemanden ablesen, dessen Nahmen herlesen. Daher die Ablesung, besonders in der letzten Bedeutung.


Ableser (W3) [Adelung]


Der Ableser, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, der oder die das Ablesen besonders der Weintrauben verrichtet; der Leser.


Ablieben (W3) [Adelung]


+ Ablieben, verb. reg. act. ein Kunstwort der Jäger. Einen Leithund ablieben, einen Hund, den man abrichten will, unter allerley Liebkosungen von der Fährte abrufen, damit er solche wieder finden lerne. Ingleichen ihn zur Belehrung gehörig liebkosen.

Anm. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist wohl nicht das Zeitwort lieben, amare, sondern das veraltete Kleiben, Angels. clypian, rufen, dessen Stammwort noch in der Wallisischen Sprache übrig ist, wo Clef, die Stimme bedeutet. Ablieben würde also abrufen bedeuten, so wie zulieben 2. Sam. 22, 42. nach Luthers Übersetzung, zurufen bedeutet. S. auch Klaffen. Ablieben, für abschmeicheln, durch Liebkosungen von einem erhalten, welches bey dem Logau vorkommt, ist von lieben, amare, wird aber von ihm nur im Scherze gebraucht.


Abliefern (W3) [Adelung]


Abliefern, verb. reg. act. 1) In eines andern Gewahrsame liefern. Getreide, Soldaten, Geld, einen Gefangenen abliefern. 2) Gehörig oder völlig liefern. Die Bauern haben das ausgeschriebene Getreide noch nicht abgeliefert. Daher die Ablieferung, so wohl die Handlung des Ablieferns, als auch was geliefert wird.


Abliegen (W3) [Adelung]


Abliegen, verb. irreg. act. S. Liegen. Es ist 1. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, entfernt liegen, welches aber nur zuweilen im gemeinen Leben gehört wird. Üblicher und edler ist das Particip. abgelegen, S. dasselbe. 2. Ein Activum. (a) Durch Liegen absondern, im Liegen abdrücken. Das Pferd hat sich die Haare abgelegen. (b) Durch Liegen, d. i. im Gefängnisse, büßen oder bezahlen. Eine Schuld im Gefängnisse abliegen, wofür man doch lieber absitzen sagt. (c) Zur Genüge liegen. So sagt man, das Bier, der Wein muß erst abliegen, ehe man ihn trinken kann. Ein abgelegenes Bier. (d) + Sich abliegen, durch langes Liegen entkräften, ist niedrig.

Anm. Abliegen bedeutete ehedem auch so viel, als auf der Reise an einem Orte einkehren, so wie man jetzt absteigen in dieser Bedeutung gebraucht. Und davon ist noch das Hauptwort Ablager übrig, welches S.


Ablisten (W3) [Adelung]


Ablisten, verb. reg. act. Einem etwas ablisten, es durch List von ihm erhalten. Daher die Ablistung.


Abloben (W3) [Adelung]


+ Abloben, verb. reg. act. geloben, etwas zu unterlassen. Das Fluchen abloben.


Ablocken (W3) [Adelung]


Ablocken, verb. reg. act. 1) Eigentlich, von einem anderen zu sich locken. Einem einen Hund, die Tauben ablocken. 2) Figürlich. (a) Durch List oder Schmeicheley von jemanden erhalten. Einem sein Geld ablocken, wofür man im gemeinen Leben auch wohl das niedrige Frequent. ablockern gebraucht. Einem sein Geheimniß ablocken. Aus allzu jungfräulicher Bedenklichkeit wagte sie es nicht, dir ein Bekenntniß abzulocken. Weiße.(b) Durch angenehme oder rührende Empfindungen entstehen machen. Das wird ihm Thränen ablocken. Ich will ihm damit noch Zähren ablocken. Wüßte sie, wie viele wehmüthige Thränen ihm dein Unglück abgelockt hat, von Brawe. Die schöne Morgenröthe hatte ihm sonst Lieder abgelockt, Gesn. Aber wenn Günther sagt: Die Schmähsucht läßt sich durch den Eifer nicht bekehren, Den ein gerechter Schmerz der Unschuld abgelockt, so stehet das Zeitwort ablocken hier wohl nicht an seinem rechten Orte., So auch die Ablockung.


Ablohnen (W3) [Adelung]


Ablohnen, verb. reg. act. den völligen verdienten Lohn geben; ingleichen, mit Reichung des bedungenen Lohnes verabschieden. Gesinde ablohnen. Zimmerleute, Mäurer, Handlanger ablohnen. Einen Gesellen ablohnen, bey einigen Handwerkern. So auch die Ablohnung.


Ablörschen (W3) [Adelung]


* Ablörschen, oder ablerschen, verb. reg. act. welches nur im Bergbaue üblich ist; in eine geringe Tiefe graben, zum Unterschiede von absinken; ein Wort von unbekannter, wenigstens ungewisser Abstammung. S. auch Gelörsche.


Ablöschen (W3) [Adelung]


Ablöschen, verb. reg. act. 1) Gehörig kalt oder kühl machen, besonders einen glühenden oder heißen Körper mit einem flüssigen gehörig oder völlig abkühlen. Ein glühendes Eisen in Wasser, in Öhl ablöschen. Ingleichen, völlig auslöschen; die Kohlen, das Feuer ablöschen. Und dann figürlich, den Durst ablöschen, besser löschen. 2) Von etwas wegwischen, besonders was mit Kreide oder auf ähnliche Art angeschrieben war. Eine Rechnung, eine Schuld, von der Tafel ablöschen. So auch die Ablöschung.


Ablösen (W3) [Adelung]


Ablösen, verb. reg. act. überhaupt so viel als los machen, doch mit verschiedenen Nebenbegriffen. Es bedeutet aber,1) In den eigentlichern Bedeutungen; (a) was an- oder aufgebunden, oder auf ähnliche Art befestiget war, los machen. Den Mantelsack ablösen. Angebundene Gewächse von dem Stocke ablösen. (b) Behutsam abschneiden; vornehmlich bey den Jägern und Wundärzten. Das Fleisch von den Beinen ablösen. Ein Glied, ein Fleischgewächs ablösen. Wenn dieses Ablösen vermittelst einer Säge geschiehet, so nennen die Wundärzte es lieber absetzen. (c) Los machen auf mancherley andere Art. So heißen bey den Ärzten, ablösende Mittel, besonders diejenigen, welche den zähen Schleim auf der Brust auflösen und abführen. (d) Das Reciproc. sich ablösen, für losgehen, sich absondern, wird gleichfalls von mancherley Arten der eigenen Ablösung gebraucht. Das Fleisch löset sich von den Zähnen ab. Der Schleim löset sich ab. Der Gang löset sich ab, in den Bergwerken, er hängt mit dem Gestein nicht unmittelbar zusammen. Der Kalk hatte sich abgelöset.2) In figürlichern Bedeutungen. (a) Für losschießen, besonders von dem groben Geschütze, besser lösen. Ein Geschütz, eine Kanone ablösen, losbrennen; wo die Figur vermuthlich von den alten Rüstwerken hergenommen ist, welche mit mancherley Arten von Federn gespannet waren. (b) Absondern, abscheiden. So sagt man z. B. in den Bergwerken: Die Gänge werden an den Saalbändern durch den Besteg von dem Gesteine abgelöset, geschieden. (c) In noch figürlicherer Bedeutung, eine Sache durch Erstattung des Werthes, der Gebühr, oder der Kosten an sich bringen. Ein Pfand, ein verpfändetes Gut ablösen, einlösen. So auch in den Gerichten, einen Bericht, ein Urtheil u. s. f. ablösen, mit Bezahlung der Gerichtsgebühren zu sich nehmen. Ingleichen, einen Zins, Zehenten u. s. f. ablösen, abkaufen. Daß man im 14ten Jahrhundert in der Niedersächsischen Mundart auch gesagt, einem ein Pfand ablösen, erhellet aus dem Bremisch-Nieders. Wörterbuche v. Los. (d) Jemanden ablösen, dessen Stelle entweder selbst, oder durch einen andern ersetzen, und ihn dadurch von seiner Verrichtung, oder von einer Verbindlichkeit los machen. Einen von der Arbeit ablösen. Die Wache ablösen. Ingleichen, einen von der Wache ablösen. Es löset immer einer den andern ab. Ein abgelöseter Deich, heißt in den Marschländern, ein Deich, vor welchem ein neuer weiter hinaus gelegt ist. In Oberdeutschland sagt man in einem noch weitern Umfange der Bedeutung, mit etwas ablösen, abwechseln, dessen Stelle ersetzen. Entzückung löst mit Wehmuth ab, Hall. Allein im Hochdeutschen ist diese Wortfügung nicht üblich.


Ablöslich (W3) [Adelung]


Ablöslich, adj. was sich ablösen lässet, besonders in den Rechten, ablösliche Zinsen, welche gegen Erlegung des Kapitals wieder aufhören, und welche in einigen Mundarten auch ablösige Zinsen genannt werden.


Ablösung (W3) [Adelung]


Die Ablösung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Ablösens in allen Bedeutungen des Zeitwortes. 2) In den Rechten auch das Geld, mit welchem ein Bericht, ein Urtheil u. s. f. abgelöset wird. 3) In den Bergwerken, dasjenige, was den Gang von dem Gesteine ablöset, der Raum zwischen dem Gange und dem Gesteine, welcher auch das Besteg genannt wird.


Ablöthen (W3) [Adelung]


Ablöthen, verb. reg. act. was angelöthet ist, durch Schmelzung des Lothes wieder abnehmen.


Abludern (W3) [Adelung]


+ Abludern, verb. reg. act. welches nur in der niedrigsten Sprechart üblich ist, für das etwas anständigere abdecken.


Ablügen (W3) [Adelung]


+ Ablügen, verb. irreg. act. S. Lügen. Einem etwas ablügen, im gemeinen Leben, es vermittelt einer Lüge von ihm erhalten. Oft wird dieses Zeitwort auch irrig mit abläugnen verwechselt.


Ablugsen (W3) [Adelung]


+ Ablugsen, verb. reg. act. in niedrigen Ausdrücken. 1) Ablauern. Einem etwas ablugsen, heimlich absehen. 2) Durch List und Ränke von einem erhalten. Einem Geld ablugsen.

Anm. Wachter leitet das verwandte belugsen von Luchs, lynx, her, und schreibt es folglich mit einem ch. Das Bremisch-Nieders. Wörterbuch hält das Wort Luke, eine Öffnung, Fallthüre, für das Stammwort, und schreibt es abluksen. Allein da eben daselbst hinzu gesetzt wird, daß es im Hannöverischen so viel bedeute, als verborgen auflauern, so kann man den Begriff des Lauerns figürlicher als den Hauptbegriff ansehen, und das Wort für das Frequentat. des noch im Oberdeutschen gangbaren lugen, sehen, lauern, halten, woraus vermittelst der sehr gewöhnlichen frequent. Ableitungssylbe -sen, lugsen gebildet worden. S. Lugen.


Abmachen (W3) [Adelung]


+ Abmachen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, und im gemeinen Leben so viel als absondern, los machen, ohne Bestimmung der Art und Weise. Das Pferd abmachen, los binden. Ein Bret abmachen, abbrechen. 2) Völlig fertig machen, die letzte Zubereitung geben. Ein Gericht Essen abmachen. Ein Stück Leinwand, Zeug abmachen, bey den Webern. 3) Figürlich, eine streitige Sache zu Ende bringen; edler abthun. Es sind noch wichtige Sachen abzumachen. Ich glaubte, sie hätten eine wichtige Sache mit einander abzumachen. S. Machen.


Abmähen (W3) [Adelung]


Abmähen, verb. reg. act. mit der Sense abbauen. Das Getreide, das Gras abmähen. Metonymisch, die Wiese, den Acker abmähen. Die Nieders. und gemeine Oberdeutsche Mundart spricht dieses Zeitwort abmeihen aus. Was wir haben ausgestreut, Wird von andern abgemeyt, Opitz. Schon bey dem Ulphilas kommt afmaitan für abschneiden vor, S. Mähen. Wenn einige neuere Schriftsteller in der poetischen Schreibart von dem Viehe sagen, daß es die Pflanzen mit denZähnen oder der Zunge abmähe, so ist solches eine Figur, welche in das Possierliche fällt.


Abmahlen (W3) [Adelung]


1. Abmahlen, (von mahlen, molere,) verb. reg. act. außer daß das Partic. Pass. abgemahlen heißt, ( S. Mahlen,) das auf die Mühle gebrachte Getreide, oder so viel, als auf einmahl aufgeschüttet wird, völlig fertig mahlen. Wenn ich meinen Steinen etwas aufzuschütten habe, so mahle ich es ab, Less.


Abmahlen (W3) [Adelung]


2. * Abmahlen, (von Mahl, signum,) verb. reg. act. durch Zeichen bestimmen; nur an einigen Orten. Ein Feld abmahlen, wie abmarken. Einen Fluß abmahlen, die tiefen oder seichten Stellen mit Zeichen bemerken.3.


Abmahlen (W3) [Adelung]


Abmahlen, (von mahlen, pingere,) verb. reg. act. 1) Eigentlich, die Gestalt einer Sache durch Mahlen abbilden. Eine Stadt, eine Landschaft, eine Person abmahlen. 2) + Figürlich, lebhaft beschreiben, gemeiniglich mit den Nebenwörtern übel, häßlich u. s. f. Einen übel abmahlen. Er ist sehr häßlich bey mir abgemahlet worden, oder er ist mir sehr häßlich abgemahlet worden.


Abmahnen (W3) [Adelung]


Abmahnen, verb. reg. act. ermahnen, etwas zu unterlassen, oder zu meiden. Einen von Bösen, von einem Laster, von einer Handlung abmahnen. Daher die Abmahnung.


Abmärgeln (W3) [Adelung]


Abmärgeln, verb. reg. act. in einem hohen Grade entkräften, besonders durch schwere Arbeit von Kräften bringen. Ein Vieh abmärgeln. Ein abgemärgeltes Pferd. Sich abmärgeln. Die Krankheit hat ihn sehr abgemärgelt. Daher die Abmärgelung.

Anm. Es stammet von Mark, medulla, her, in welchem verschiedene ältere Mundarten Statt des k ein g haben, und bedeutet eigentlich, gleichsam das Mark aus den Beinen pressen; man müßte es denn als ein zusammen gezogenes Diminutivum von dem Niedersächsischen marachen, abmarachen, ansehen, welches eben das bedeutet, und welches man gemeiniglich von dem alten Mar, Marach, ein Pferd, herleitet. S. auch Ausmärgeln. In beyden Fällen wird es richtiger mit einem ä als e geschrieben. In Oberdeutschland ist in dieser Bedeutung auch abkräften, und abkräftigen üblich.


Abmarken (W3) [Adelung]


Abmarken, verb. reg. act. von Mark, limes, mit Marken oder Gränzen bezeichnen und dadurch absondern. Ein Feld, einen Acker, eine Flur abmarken. Daher die Abmarkung.


Abmarkten (W3) [Adelung]


* Abmarkten, S. Abdingen.


Abmarsch (W3) [Adelung]


Der Abmarsch, des -es, plur. inusit. der Abzug der Soldaten von einem Orte. Zum Abmarsche blasen. Den Abmarsch nehmen. Von dem Franz. Marche.


Abmarschiren (W3) [Adelung]


Abmarschiren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, eigentlich ein Französisches Zeitwort, mit einem Deutschen Vorworte. Es wird nur von Soldaten gebraucht, wenn deren mehrere von einem Orte wegziehen, besonders wenn solches in geschlossener Ordnung geschiehet. Die Wache marschiret ab. Das Regiment ist bereits abmarschiret. Im gemeinen Leben auch für fortgehen überhaupt. Wenn du nicht gleich abmarschirest.


Abmartern (W3) [Adelung]


+ Abmartern, verb. reg. act. sehr martern, in figürlicher Bedeutung. Einen mit etwas abmartern. Sich abmartern.


Abmaße (W3) [Adelung]


* Die Abmaße, plur. inusit. ein sehr ungewöhnliches Wort von abmessen. Die Abmaße nach etwas nehmen, die Sache darnach bestimmen.


Abmatten (W3) [Adelung]


Abmatten, verb. reg. act. matt machen; und zwar, 1) Matt und kraftlos machen. Sich durch Arbeit abmatten. Die große Hitze mattete die Soldaten ab. Durch Hunger abgemattet. 2) Matt, d. i. glanzlos machen, ohne Glanz lassen, besonders von dem Golde. Das Gold abmatten, bey verschiedenen Metallarbeitern, es nach der Vergoldung so lassen, wie es ist, ohne es zu poliren; bey denen aber, welche mit Wasserfarbe vergolden, es mit einer schwachen Zinnoberfarbe bestreichen. 3) Abgemattetes Kohl, Kohlenstaub, im Hüttenbaue. So auch die Abmattung in beyden Bedeutungen.


Abmehren (W3) [Adelung]


* Abmehren, verb. reg. act. welches nur allein im Oberdeutschen üblich ist. 1. Von mehren, theilen, abtheilen, S. Abfinden und Mehren. 2. Von mehr, plus, durch die meisten Stimmen abschaffen. Ein Gesetz abmehren.


Abmeiern (W3) [Adelung]


* Abmeiern, verb. reg. act. S. Meier, in verschiedenen Oberdeutschen und Niedersächsischen Gegenden, einen Meier oder Pachter, eines Gutes entsetzen, von dem Gute vertreiben. Daher die Abmeierung.


Abmeißeln (W3) [Adelung]


Abmeißeln, verb. reg. act. mit dem Meißel absondern, wegschaffen. Einen Ast abmeißeln. Eine Ungleichheit auf dem Steine abmeißeln. Ingleichen vermittelst des Meißels eben und glatt machen. Einen Stein abmeißeln. Daher die Abmeißelung.


Abmergeln (W3) [Adelung]


Abmergeln, S. Abmärgeln.


Abmerken (W3) [Adelung]


Abmerken, verb. reg. act. durch Aufmerksamkeit von einem erlernen, oder zu erkennen suchen, absehen. Einem einen Handgriff abmerken. Er thut alles, was er mir nur an den Augen abmerken kann.

Anm. In den Schriften der vorigen Jahrhunderte findet man dieses Zeitwort auch mit der vierten Endung allein, für das einfache merken. Nicht lang darnach es sich begab Das Unfall ward merkhen ab Ein künftigs Wetter, Theuerdank Kap. 43.


Abmessen (W3) [Adelung]


Abmessen, verb. irreg. act. S. Messen. Es bedeutet1) Eigentlich. (a) Das Maß einer Sache genau bestimmen. Einen Thurm, einen Acker abmessen. Etwas mit der Schnur, mit der Ruthe, mit Schuhen abmessen. Er gehet mit stolzen abgemessenen Schritten einher, in figürlicher Bedeutung. Verse, Sylben abmessen. Besonders (b) zur Erreichung eines gewissen Endzweckes messen. Einen Ort zum Lager, einen Platz zum Hause abmessen. Einen Garten abmessen, das Maß seiner künftigen Größe bestimmen. Sechs Ellen von einem Stücke Zeuges abmessen, um sie abzuschneiden.2) Figürlich. (a) Das Verhältniß einer Sache nach einer andern einrichten und genau bestimmen. Die Strafe nach dem Verbrechen abmessen. Eine übel abgemessene Handlung. Ein weises Wesen hat alle unsere Pflichten nach unsern Kräften abgemessen. Wer für sein Vaterland keine Liebe empfindet, wird alle seine Dienste nach seinen eigenen Vortheilen abmessen, Dusch. Wer sein Betragen nach den Urtheilen des großen Haufens abmisset, ist seiner selbst niemahls sicher. (b) Nach dem Maße oder Verhältnisse eines andern Dinges beurtheilen. Andere nach sich abmessen. Die Glückseligkeit nach dem Reichthume abmessen. So auch die Abmessung in allen obigen Bedeutungen.


Abmetzen (W3) [Adelung]


Abmetzen, verb. reg. act. bey den Müllern, die für das Mahllohn gesetzte Metze von etwas nehmen. Daher die Abmetzung.


Abmiethen (W3) [Adelung]


Abmiethen, verb. reg. act. zur Miethe von jemanden nehmen, oder den Gebrauch einer Sache von jemanden gegen einen gewissen Miethzins erhalten. Einem ein Pferd, ein Haus, einen Garten, ein Zimmer abmiethen. Nieders. abheuern. Daher die Abmiethung, ingleichen der Abmiether, Fämin. die Abmietherinn, im Gegensatze des Vermiethers.


Abmisten (W3) [Adelung]


Abmisten, verb. reg. act. in der Landwirthschaft. 1) Den Mist völlig wegschaffen. 2) Vom Miste reinigen. Einen Stall abmisten. Das Vieh abmisten. Daher die Abmistung.


Abmodeln (W3) [Adelung]


Abmodeln, verb. reg. act. das Modell von etwas nehmen.


Abmühen (W3) [Adelung]


* Abmühen, verb. reg. act. sehr bemühen, ermüden, ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Zeitwort, welches noch bey dem Opitz vorkommt; - Durch Unverstand der Heiden abgemüht.


Abmüßigen (W3) [Adelung]


Abmüßigen, verb. reg. act. 1) Als das Frequentativum des ungewöhnlichen abmüßen, Muße machen, von etwas abhalten, größten Theils aber nur als ein Reciprocum. Sich von etwas abmüßigen, die Verrichtung desselben aufschieben. Wenn sie sich hiervon abmüßigen können. Ich habe mich hiervon nicht gern abgemüßiget. Einen abmüßigen, ihn von einer Arbeit abhalten, ist nicht so gewöhnlich. 2) * Von müssen, ist abmüßigen in den Kanzelleyen oft so viel als abnöthigen, abdringen. Jemanden eine Erklärung abmüßigen. Daher die Abmüßigung.


Abmutzen (W3) [Adelung]


+ Abmutzen, verb. reg. act. stutzen, abstutzen, im gemeinen Leben einiger Gegenden. Ein Thier abmutzen, ihm den Schwanz abhauen. Bäume abmutzen, sie stutzen.


Abnagen (W3) [Adelung]


Abnagen, verb. reg. act. durch Nagen absondern. Das Fleisch abnagen, nehmlich von dem Knochen. Sich die Nägel abnagen. Metonymisch. Einen Knochen abnagen. Figürlich sagt man auch: der Kummer nagt ihm das Herz ab, er wird von heimlichen Kummer verzehret; ingleichen, aber nicht auf die beste Art, sich das Herz abnagen, durch Kummer. Daher die Abnagung, doch nur im eigentlichsten Verstande.


Abnähen (W3) [Adelung]


Abnähen, verb. reg. act. 1) Durch Nähen absondern, abtheilen. So heißt bey den Nähterinnen, einen Rock abnähen, durchgenähete Felder machen, daß die unter dem Oberzeuge gelegte Wolle nicht auf und nieder rücken könne. 2) Durch Nähen abbilden. Einen Baum, eine Landschaft abnähen. 3) Durch Nähen vermindern, tilgen. Eine Schuld abnähen.


Abnahme (W3) [Adelung]


Die Abnahme, plur. inusit. 1) Das Abnehmen in einigen Bedeutungen des Neutrius, der Zustand der Verminderung an innerer Stärke. Die Abnahme des Gedächtnisses, des Gesichtes. Die Abnahme der Kräfte, und an Kräften. Die Abnahme am Fleiße, an Tugend. Er ist in Abnahme gerathen, in Verfall der Nahrung. Die Abnahme (der Verfall) der Handlung. Dieser Gebrauch ist ganz in Abnahme gerathen, ist nicht mehr üblich. Die Natur hat seit ihrem ersten Anfange eine sehr merkliche Abnahme aller ihrer Kräfte erlitten. Der Anwachs und die Abnahme alter und neuer Reiche. Von der Verminderung der Größe, der Dauer u. s. f. gebraucht man lieber den Infinitiv, z. B. das Abnehmen des Mondes, des Tages, der Nacht u. s. f.2) Die Handlung des Abnehmens in einigen wenigen eigentlichen Bedeutungen des Activi. Denn so sagt man zwar, die Abnahme einer Rechnung, die Abnahme des Eides; aber nicht die Abnahme des Hutes, der Bäume, des Bartes u. s. f. in welchen Fällen man sich entweder des Infinitivs oder des Hauptwortes, die Abnehmung, bedienet. Verschiedene gebrauchen es auch für den Abgang einer Waare, z. B. die reißende Abnahme ihrer Werke, Gottsch. Dieser Kaufmann hat keine Abnahme, seine Waaren gehen nicht ab. Allein dieser Gebrauch ist gewiß nicht der beste, besonders da Abnahme hier wider die Analogie den Zustand bedeuten soll, da einem eine Waare abgenommen oder abgekaufet wird.3) * Die Entlassung eines abgelebten Leibeigenen von dem Gute, S. Abschied.


Abnarben (W3) [Adelung]


Abnarben und Abnärben, verb. reg. act. 1) Bey den Lederbereitern und Pergamentern, die Haare von der äußern Seite abstoßen; welche Seite alsdann narbig aussiehet, und daher die Narbenseite genannt wird, im Gegensatze der Aas- oder Fleischseite. In dieser Bedeutung lautet es gemeiniglich abnärben. 2) Bey andern Lederarbeitern ist abnarben, die Narbe, d. i. die- Oberhaut der Felle abnehmen. 3) In Niederdeutschland ist abnarben, eine Heide abmähen. S. Narbe. Daher die Abnärbung und Abnarbung.


Abnarren (W3) [Adelung]


+ Abnarren, verb. reg. act. im gemeinen Leben, durch Possen, durch leere Vorspiegelungen, von jemanden erhalten. Die Gaukler wissen einem sein Geld artig abzunarren.


Abnaschen (W3) [Adelung]


Abnaschen, verb. reg. act. durch Naschen von etwas nehmen. Den Rahm von der Milch abnaschen.


Abnehmen (W3) [Adelung]


Abnehmen, verb. irreg. S. Nehmen, welches auf zweyerley Art üblich ist.I. Als ein Activum, wo es überhaupt den Begriff des Herabnehmens und der Absonderung ausdruckt, so daß nehmen als ein allgemeines Zeitwort verschiedene besondere Arten des Nehmens begreift, und zwar1. In eigentlicher Bedeutung. (a) Von einem höhern Orte, oder von der Oberfläche eines Dinges herab nehmen. Den Hut abnehmen, ihn von dem Kopfe ziehen. Die Früchte abnehmen, sie von dem Baume brechen oder pflücken. Abnehmen, im Kartenspiele, die obern Karten abheben. (b) Von einer Person oder Sache nehmen, mit verschiedenen Nebenbedeutungen. Den Gefangenen das Gewehr abnehmen, es sie ablegen lassen. Einem ein Buch, Hut und Stock abnehmen, aus seiner Hand nehmen. Einem eine Last, eine Bürde abnehmen, in eigentlicher, noch mehr aber in uneigentlicher Bedeutung. Den Rahm abnehmen, von der Milch, ingleichen metonymisch, die Milch abnehmen, den Rahm von der Milch abschöpfen. (c) Vermittelst des Messers, der Schere, der Säge oder ähnlicher Werkzeuge wegnehmen, in der anständigern Schreib- und Sprechart. Einem ein Glied abnehmen, abschneiden. Sich die Haare, den Bart abnehmen, abscheren lassen. Den Schafen die Wolle abnehmen. Noch etwas abnehmen, abschneiden, abhauen, absägen u. s. f. (d) Im Stricken bedeutet abnehmen, die Maschen vermindern, damit ein Strumpf enger werde, welches vermittelst des Abstrickens zweyer Maschen auf einmahl geschiehet. In Niedersachsen abkanteln, mindern.2) Figürlich. (a) Ein Kalb abnehmen, in der Landwirthschaft, es von der Kuh trennen, und dadurch entwöhnen; auch abbinden. (b) Abkaufen. Einem eine Waare abnehmen. (c) Von einer Sache befreyen, derselben entledigen. Einem eine Last, eine Bürde abnehmen, in figürlicher Bedeutung. Bedauerst du mich, daß der Tod mir diese Bürde abnimmt?. Dusch. So auch, einem ein Amt abnehmen. (d) Ablegen lassen. Einem einen Eid, eine Rechnung abnehmen. Das Gedinge abnehmen, im Bergbaue, die verdingte Arbeit besichtigen. (e) Mit List oder Gewalt einer Sache berauben. Dem Feinde den Raub abnehmen. Einem sein Geld abnehmen, im Spiele abgewinnen. (f) Aus etwas erkennen, urtheilen. Die Sache, woraus man es erkennet, bekommt an, oft auch aus. Es läßt sich dieses leicht daraus oder daran abnehmen, schließen. So viel ich abnehmen kann. Ich konnte es leicht an deinem Gesichte abnehmen. Die Stunde eines Ganges abnehmen, im Bergbaue, dessen Streichen nach dem Compasse wahrnehmen, messen. Kommt, nehmet ab an mir, ob jemahls euer Herz, Empfunden solche Pein, Opitz. Im Oberdeutschen entnehmen.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, bedeutet es so wohl an körperlicher Größe, als auch an Dauer, an Kräften und innerer Güte nach und nach vermindert werden. (a) An körperlicher oder doch scheinbarer Größe. Der Mond nimmt ab. Das Abnehmen des Mondes. Im abnehmendem Monde, wofür man im Osnabrückischen im Wannen sagt. Der Mond ist im Abnehmen. (b) An Anzahl und Menge.Die Soldaten nehmen ab, es werden ihrer immer weniger. Die Heiligen haben abgenommen. Das Geld nimmt ab. (c) An Leibesgestalt und Kräften. Er hat sehr abgenommen, ist mager geworden. Er nimmt zusehends ab. Am Leibe, an Kräften abnehmen. (d) An Vermögen und Ansehen. Dieses Haus hat gar sehr abgenommen. Dieses Geschlecht kommt, geräth ins Abnehmen, ist in Abnehmen gerathen. (e) An Dauer. Die Tage nehmen ab. Die Nächte haben abgenommen. (f) An innerer Stärke. Die Hitze, die Kälte nimmt ab. Mein Gesicht, Gedächtniß hat gar sehr abgenommen. Die Krankheit nahm ab. Die Lust zum Studiren wird bey ihm bald abnehmen.

Anm. Abnehmen, beym Notker abanemen, hatte in der thätigen Gattung ehedem noch verschiedene andere Bedeutungen, die man bey dem Haltaus h. v. finden kann.


Abnehmen (W3) [Adelung]


Das Abnehmen, des -s, plur. car. der Infinitiv des vorigen, welcher in allen Bedeutungen desselben gebraucht werden kann. So wohl in den thätigen, wo auch Abnehmung üblich ist, als auch, und zwar am häufigsten, in den neutralen. In beyden wird in einigen Fällen auch Abnahme gebraucht.


Abnehmer (W3) [Adelung]


Der Abnehmer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, eine Person, welche einem andern etwas abnimmt, doch nur in der Bedeutung des Abkaufens. So nennen die Kramer und Handwerker diejenigen, die ihnen Waare in Menge abnehmen, ihre Abnehmer. Viele Abnehmer haben. Eine gute Waare findet leicht Abnehmer.

Anm. Dieses Wort scheint ehedem einen weiteren Umfang der Bedeutung gehabt zu haben. Abanemare bedeutet bey dem Notker einen jeden, der etwas wegnimmt. Ein Paar andere, im Hochdeutschen gleichfalls nicht mehr übliche Bedeutungen, kommen bey dem Haltaus h. v. vor.


Abneigen (W3) [Adelung]


* Abneigen, verb. reg. act. von etwas wegneigen, und figürlich, sich von etwas abneigen, demselben ungünstig werden. Beyde Bedeutungen sind jetzt ungewöhnlich. In der letztern aber ist noch das Mittelwort abgeneigt übrig, welches S.


Abneigung (W3) [Adelung]


Die Abneigung, plur. inus. 1) Die Neigung von etwas hinweg, in eigentlicher Bedeutung. 2) In der figürlichen, Entfernung des Gemüthes von einer Person oder Sache, als ein gemilderter Ausdruck für Widerwillen; im Gegensatze der Zuneigung. Abneigung gegen einen, oder gegen eine Sache haben, bey sich empfinden. Die natürliche Abneigung, die Antipathie. S. auch Abgeneigtheit.


Abnießeln (W3) [Adelung]


+ Abnießeln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden ist, und im Bergbaue so viel bedeutet, als abnutzen. Die Bergeisen abnießeln. Nicht so richtig abnießeln.


Abnießen (W3) [Adelung]


* Abnießen, verb. irreg. act. S. Genießen, welches nur noch in den Rechten üblich ist, wo es so viel bedeutet, als eine Sache nützen oder brauchen, den Genuß, Nießbrauch einer Sache haben. Daher die Abnießung, der Nießbrauch. Ältere Beyspiele von beyden Wörtern kommen bey dem Haltaus vor.


Abnieten (W3) [Adelung]


Abnieten, verb. reg. act. bey den Schlössern, was angenietet war, durch Abfeilung des Nietes abnehmen.


Abnöthigen (W3) [Adelung]


Abnöthigen, verb. reg. act. durch Nöthigen, durch unwiderstehliche Bewegungsgründe, von einem erhalten. Ich wundere mich nicht, daß der heutige Tag dir einige Unruhe abnöthiget, Gell. Mein Entschluß kostet mir eine Verläugnung, die mir stille Zähren abnöthiget, Dusch. So auch durch höfliche Worte von jemanden erhalten. Daher die Abnöthigung.


Abnützen (W3) [Adelung]


Abnützen, Abnutzen, verb. reg. act. 1) Bey den Rechtslehrern, als ein Überbleibsel der Oberdeutschen Mundart, die Nutzung oder den Genuß einer Sache haben, wie abnießen. Ein Gut abnützen. 2) Durch Gebrauch schlechter, unbrauchbarer machen, besonders von Werkzeugen. Ein Messer abnützen. Der Stein nützt sich durch langes Schleifen ab. Ein abgenütztes Beil. Bey den Bergleuten abnießeln. Alle geschaffene Dinge werden durch die Zeit und den Gebrauch abgenützt. Ein Trinkgeschirr, das noch nicht abgenützt, Haged. Daher die Abnützung in beyden Bedeutungen.

Anm. Die Oberdeutschen lieben in diesem Zeitworte das breite u, abnutzen, die Obersachsen aber das rundere ü. Es wäre zu wünschen, daß nutzen und nützen so unterschieden würden, wie trinken und tränken, sinken und senken, und hundert andere, so daß nutzen das Neutrum, nützen aber das Activum ausdrückte; alsdann würde abnützen dem abnutzen in allen Fällen vorzuziehen seyn, weil es sich schicklicher von dem Activo nützen, als von dem Neutro nutzen ableiten lässet. Für Abnützung in der ersten Bedeutung findet man auch Abnutz, S. Haltaus h. v.


Aböden (W3) [Adelung]


Aböden, verb. reg. act. im Forstwesen, völlig öde machen. Einen Wald aböden, ihn durch Ausbauung der Bäume öde machen. So auch die Abödung. In einigen Gegenden ist auch das Frequentativum abödigen und die Abödigung üblich. S. auch Abräumen.


Aboliren (W3) [Adelung]


+ Aboliren, verb. reg. act. aus dem Lateinischen abolere, aufheben, abschaffen. Ein Gesetz aboliren.


Abolition (W3) [Adelung]


Die Abolition, plur. die -en, aus dem Lateinischen abolitio. 1) + Die Aufhebung, Abschaffung. 2) Besonders in den Rechten, die Aufhebung der Schuld und Strafe aus landesherrlicher Macht.


Abominabel (W3) [Adelung]


+ Abominabel, adj. et. adv. aus dem Franz. abominable, abscheulich.


Abonniren (W3) [Adelung]


+ Abonniren, verb. reg. recipr. aus dem Franz. abonner. Sich oder sich zu etwas abonniren, sich als ein Theilnehmer zu einem Geschäfte unterschreiben; mit einem Lat. Ausdrucke subscribiren. Daher der Abonnent, des -en, plur. die -en, der sich als Theilnehmer unterschrieben hat, der Subscribent.


Abordnen (W3) [Adelung]


Abordnen, verb. reg. act. mit einem Befehle oder mit Vollmacht abschicken. Einen Bevollmächtigten, einen Bothen abordnen. Ein Abgeordneter, der von einem Höhern zwar mit Vollmacht, aber ohne einen bestimmten öffentlichen Charakter abgeschicket worden, mit einem Lat. Worte ein Deputirter. Vermuthlich mehr von dem Franz. Ordre, Befehl, als vom Lat. ordo, Ordnung. Daher die Abordnung.


Abort (W3) [Adelung]


* Der Abort, des -es, plur. die -e, ein abgelegener Ort, nur in Niedersachsen.


Abörtern (W3) [Adelung]


* Abörtern, verb. reg. act. 1) Von Ort, das Ende; bey den Tischlern, das abgehobelte Holz nach der wahren Länge absägen. 2) In den Rechten durch gerichtliches Erkenntniß entscheiden, aburtheilen. S. Erörtern.


Abortiren (W3) [Adelung]


Abortiren, verb. reg. neutr. mit haben, zu früh gebären; ein Zeitwort, welches ohne Roth aus dem Lat. abortire aufgenommen worden, weil es unsern Vorfahren an guten Deutschen Ausdrücken nicht fehlte. Das gebräuchlichste war mißgebären, dessen sich noch Opitz bedienet, und wovon wir das Hauptwort die Mißgeburt haben, welches aber jetzt ganz etwas anders ausdruckt, als ehedem, da es weiter nichts als eine unzeitige Leibesfrucht bedeutete. In diesem letztern Sinne findet man bey dem Opitz auch Frühgeburt, und bey andern Mißfall, Abgängling, und für abortiren, einen Mißfall haben.


Abpachten (W3) [Adelung]


Abpachten, verb. reg. act. pachtweise von jemanden erhalten; im Gegensatze des verpachten. Einem ein Gut, dem Landesherren die Zölle abpachten. Daher der Abpachter, Fämin. die -inn, und die Abpachtung.


Abpacken (W3) [Adelung]


Abpacken, verb. reg. act. was aufgepackt war, herab nehmen. Waaren, einen Koffer abpacken. Ingleichen des Gepäckes entledigen. Einen Wagen, ein Pferd, einen Esel abpacken. So auch die Abpackung.


Abpassen (W3) [Adelung]


+ Abpassen, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist. 1) Mit dem Zirkel abmessen, besonders in Niedersachsen, wo Paß den Zirkel bedeutet. 2) Figürlich, die bequemste Zeit oder Gelegenheit mit Vorsicht abwartin. Eine Gelegenheit, eine bequeme Zeit zu etwas abpassen. Ach sie hätten es in der Welt nicht besser abpassen können! Weiße. Passe es ab, wenn der König vorbey reitet. Und hätte nur Sejan den Vortheil abgepaßt, Canitz. S. Passen.


Abpeitschen (W3) [Adelung]


Abpeitschen, verb. reg. act. 1) Mit der Peitsche absondern. Eine Blume abpeitschen. 2) + Sehr peitschen. Einen wacker abpeitschen.


Abpelzen (W3) [Adelung]


Abpelzen, verb. reg. act. 1) Bey den Weißgärbern und Pergamentern, ein Fell gehörig durchklopfen, welches auch abbamsen genannt wird. 2) + Im gemeinen Leben, für abprügeln.


Abpfählen (W3) [Adelung]


Abpfählen, verb. reg. act. mit eingesteckten Pfählen bemerken, oder absondern. Einen Acker, ein Stück Feldes, eine Wiese abpfählen. Die Gränzen abpfählen. Daher die Abpfählung.


Abpfänden (W3) [Adelung]


Abpfänden, verb. reg. act. mit Gewalt zum Pfande nehmen. Einem ein Pferd, sein Hausgeräth abpfänden. Daher die Abpfändung.


Abpflöcken (W3) [Adelung]


Abpflöcken, verb. reg. act. mit Pflöcken, d. i. kleinen Pfählen bezeichnen.


Abpflücken (W3) [Adelung]


Abpflücken, verb. reg. act. mit den zwey vordersten Fingern der Hand abbrechen. Eine Blume, eine Pflanze, unreifes Obst abpflücken. Ingleichen durch Pflücken, d. i. Rupfen, kahl machen; eine Gans, ein Huhn abpflücken, welche letztere Bedeutung aber mehr Niedersächsisch ist.


Abpflügen (W3) [Adelung]


Abpflügen, verb. reg. act. 1) Mit dem Pfluge absondern, Einem Baume die Wurzeln abpflügen. Den Rand eines Ackers abpflügen. 2) Durch Pflügen entziehen. Einem eine Furche, ein Stück Acker abpflügen, welches man an einigen Orten abzackern nennet.


Abpinnen (W3) [Adelung]


+ Abpinnen, S. Absinnen.


Abplanschen (W3) [Adelung]


+ Abplanschen, S. Abklatschen und Planschen.


Abplacken (W3) [Adelung]


+ Abplacken, verb. reg. recipr. Sich abplacken, sich bis zur Ermattung plagen, sich durch schwere Arbeit abmatten.


Abplaggen (W3) [Adelung]


* Abplaggen, (nicht abplacken,) verb. reg. act. von dem Niedersächsischen Plagge, Rasen; in Niedersachsen, den Rasen abstechen. Ingleichen die kleinen Erhöhungen in einem abgelassenen Bruche abhauen, um das Bruch zu ebenen.


Abplätten (W3) [Adelung]


Abplätten, verb. reg. act. völlig glatt und eben plätten. Manschetten abplätten. Ein Hemd abplätten. Einen Draht abplätten, in den Gold- und Silber-Fabriken. Ingleichen das Plätten vollenden.


Abplätzen (W3) [Adelung]


Abplätzen, verb. reg. act. 1) Im Forstwesen, die verkauften Bäume mit dem Waldhammer zeichnen; und daher auch, 2) bey den Böttchern und Zimmerleuten, einen geschlossenen Holzkauf vollziehen. S. auch Anplätzen. 3) Bey den Kupferschmieden ist abplätzen so viel als ablöschen, welches in dem Plätzfasse geschiehet.

Anm. Frisch leitet dieses Wort von Platz, locus, her, weil vorher ein kleines Plätzchen an dem Baume abgehauen wird, damit man ihn daselbst mit dem Waldhammer zeichnen könne. Allein schicklicher nimmt man plätzen, einen kleinen Schlag geben, welches das Activum von plagen, und das Frequentativum von dem Angels. plaetan, schlagen, ist, für das Stammwort an. S. Plätzen und Plätzer.


Abplündern (W3) [Adelung]


Abplündern, verb. reg. act. bey den Täschnern, einen Stuhl abplündern, dasjenige, womit er bezogen ist, abnehmen. S. Plündern.


Abpochen (W3) [Adelung]


Abpochen, verb. reg. act. 1) Von pochen, schlagen, durch Pochen oder Stoßen absondern; ingleichen das Pochen oder Schlagen vollenden; wie auch sehr pochen und schlagen. So werden auf den Kupferhämmern die Schrote zu Scheiben abgepachet, wenn sie zu breiten runden Scheiben geschlagen werden, welches auch abbreiten heißt. 2) Von pochen, minari, durch Pochen oder heftiges Drohen erhalten. Einem etwas abpochen. Daher die Abpochung, in der ersten Bedeutung.


Abpöhlen (W3) [Adelung]


+ Abpöhlen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Gärber, für abhaaren, die Haare abstoßen, welches ohne Noth aus dem Franz. poile, das Haar, gebildet ist.


Abposten (W3) [Adelung]


Abposten, verb. reg. act. in gewissen Posten oder Summen abzählen, ein Zeitwort, welches nur im Forstwesen üblich ist, wo es so viel bedeutet, als das verkaufte Holz dem Käufer in gewissen Posten zuzählen. Daher die Abpostung.


Abprägen (W3) [Adelung]


Abprägen, verb. reg. act. 1) Völlig ausprägen. Eine Münze, ein Schaustück abprägen. 2) Die Gestalt einer Sache durch das Gepräge abbilden, so wohl in eigentlicher, als auch in figürlicher Bedeutung.So wird in uns die Welt in Bildern abgeprägt, Dusch. Daher die Abprägung, in der eigentlichen Bedeutung.


Abprallen (W3) [Adelung]


Abprallen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, an oder von etwas herab prallen, ingleichen wegprallen. Die Art prallte an dem Aste ab. Der Ball ist von der Mauer abgeprallt.


Abprasseln (W3) [Adelung]


Abprasseln, S. Abknattern.


Abprellen (W3) [Adelung]


Abprellen, verb. reg. das Activum von abprallen, von etwas herab oder hinweg prallen machen.


Abpressen (W3) [Adelung]


Abpressen, verb. reg. act. 1) Durch Pressen absondern. 2) Zur Genüge pressen, und daher aus der Presse nehmen, bey den Buchbindern. Ein Buch abpressen. Bey den Strumpfwirkern bedeutet abpressen, die gemachten Maschen auf den Nadeln des Stuhles vermittelst der Nadelpresse vereinigen. 3) Figürl. durch Pressen, d. i. unerlaubte Zwangsmittel, von jemanden erhalten. Einem Geld, seine Einwilligung, ein Geständniß abpressen. So auch die Abpressung.


Abprotzen (W3) [Adelung]


Abprotzen, verb. reg. act. in der Geschützkunst, von dem Protzwagen heben; im Gegensatze des aufprotzen. Ein Stück, eine Kanone abprotzen.


Abprügeln (W3) [Adelung]


Abprügeln, verb. reg. act. gehörig, nach Verdienst prügeln. Einen abprügeln, ihn derb, wacker abprügeln.


Abpuffen (W3) [Adelung]


+ Abpuffen, verb. reg. act. 1) Durch Püffe, d. i. dumpfig klingende Schläge, absondern. So nennen verschiedene Handwerksleute das Abziehen des todten Viehes, abpuffen. Einem Aase die Haut abpuffen, ingleichen, ein umgefallenes Stück Vieh abpuffen. 2) Mit der Faust wacker schlagen. Einen wacker abpuffen; palmis depuvire, Lucil. 3) In der Chymie, so viel als verpuffen, welches üblicher ist. S. dasselbe.


Abputzen (W3) [Adelung]


Abputzen, verb. reg. act. überhaupt, den Putzen und die hervor ragende Unreinigkeit wegschaffen. Besonders, 1) den Putzen an dem Lichte wegnehmen. Das Licht abputzen, oder putzen. 2) Glatt, eben machen; so heißt bey den Mäurern abputzen, den angeworfenen Kalk mit dem Reibebrete gleich aus einander streichen. 3) In noch weiterm Umfange der Bedeutung, als unrein, untauglich wegschaffen. Die Unreinigkeiten abputzen. Noch mehr aber metonymisch, gehörig reinigen, säubern. Die Weinstöcke abputzen. Ein Gefäß abputzen. Die Wurzeln eines Baumes umher abputzen. 4) + Figürlich, einen wacker abputzen, ihm einen derben Verweis geben, im gemeinen Leben. S. auch Ausputzer.


Abquälen (W3) [Adelung]


+ Abquälen, verb. reg. act. 1) Im gemeinen Leben, durch Quälen, ingleichen durch unverschämtes Bitten, von einem erhalten. Einem etwas abquälen. 2) Sehr quälen. Drum hab ich auch zu weinen angefangen, Und meinen Geist mit Fasten abgequält, Opitz.


Abquerlen (W3) [Adelung]


Abquerlen, verb. reg. act. gehörig querlen. Die Suppe mit einem Eye abquerlen, in den Küchen.


Abquetschen (W3) [Adelung]


Abquetschen, verb. reg. act. durch Quetschen absondern. Sich den Finger abquetschen. Daher die Abquetschung.


Abquicken (W3) [Adelung]


Abquicken, verb. reg. act. welches nur in den Hüttenwerken und der Scheidekunst üblich ist. 1) Golderz abquicken, es durch Quecksilber von andern Mineralien scheiden, welches in dem Abquickbeutel von Leder oder Parchent geschiehet. 2) Das abgetriebene Silber auf dem Herde mit Wasser abkühlen. S. Quick. Daher die Abquickung in beyden Bedeutungen.


Abrädeln (W3) [Adelung]


Abrädeln, verb. reg. act. vermittelst eines kleinen Rades absondern. Den Teig rings herum abrädeln, in den Küchen und bey den Pasteten-Bäckern.


Abraffen (W3) [Adelung]


Abraffen, verb. reg. act. 1. Durch Raffen oben abnehmen, besonders in den Mühlen. Die Müller raffen von vier Säcken oft ein Viertel ab. 2) In der Landwirthschaft, das gehauene Getreide auf dem Felde zusammen raffen, um es in Garben zu binden, welches von den Abraffern geschiehet.


Abrafft (W3) [Adelung]


+ Das Abrafft, des -es, plur. inusit. dasjenige was abgeraffet wird, besonders in den Mühlen, was an Korn, Schrot und Mehl oben in dem Laufe bleibt, und von den Müllern zur Ungebühr heimlich weggeraffet wird, daher es auch nur Raps oder Räps heißet.


Abrahams-Baum (W3) [Adelung]


Der Abrahams-Baum, des -es, plur. die -Bäume, ein Nahmen des Keuschbaumes, der in Italien und Frankreich wild, in Deutschland aber in den Gärten wächst. S. Keuschbaum.


Abrahmen (W3) [Adelung]


Abrahmen, verb. reg. act. den Rahm oder die Sahne von der Milch nehmen; auch abfahnen. Die Milch abrahmen. In einigen Mundarten, z. B. der Lausitzischen, auch Niedersächsisch abrohmen, ingleichen abflöten.


Abrainen (W3) [Adelung]


* Abrainen, verb. reg. act. an einigen Orten, mit Rainen, d. i. Grenzen, absondern, abmarken. Ein Feld abrainen. Daher die Abrainung.


Abrasen (W3) [Adelung]


Abrasen, verb. reg. act. das Gras auf den Wiesen und Rasenflecken abfressen; ein Wort, welches größten Theils nur bey den Jägern gehöret wird.


Abraspeln (W3) [Adelung]


1. Abraspeln, verb. reg. act. mit der Raspel wegnehmen. Einen Ast, eine Ecke abraspeln. Ingleichen mit der Raspel eben machen. Ein Bret, ein Stück Holz abraspeln.


Abraspeln (W3) [Adelung]


2. + Abraspeln, ausfallen, von dem Getreide, S. Abrispeln.


Abraspen (W3) [Adelung]


Abraspen, S. Abrispen.


Abrathen (W3) [Adelung]


Abrathen, verb. irreg. act. S. Rathen. Durch guten Rath von einer Sache abzuhalten suchen. Einen abrathen. Ingleichen, einen von etwas abrathen, wie auch, einem eine Sache abrathen. Daher die Abrathung. Abrathen bedeutet eigentlich durch guten Rath von einem Gegenstande entfernen; daher ist es fehlerhaft, wenn man die Person, so fern sie die Stelle der Sache vertritt, in der dritten Endung setzt, einem von etwas abrathen. Wohl aber stehet die Person im Dative, wenn die Sache im Accusative beygefüget wird: einem etwas abrathen.


Abrauben (W3) [Adelung]


* Abrauben, verb. reg. act. als einen Raub entziehen. Einem etwas abrauben; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Zeitwort, welches aber im Opitz vorkommt. Abgeraubtes Gut.


Abrauchen (W3) [Adelung]


Abrauchen, verb. reg. act. et neutr. im letztern Falle mit seyn, in der Scheidekunst, so wohl abdampfen, sich in Rauch auflösen, als abdampfen machen. Einen flüssigen Körper in der Wärme abrauchen, oder abrauchen lassen.


Abraufen (W3) [Adelung]


Abraufen, verb. reg. act. durch Raufen ab- oder wegnehmen. Die Wolle von einem Felle abraufen. Abgeraufte Wolle, welche auch Raufwolle heißt.


Abraum (W3) [Adelung]


Der Abraum, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des Abräumens, doch nur in einigen wenigen Fällen. So bedeutet das Wort im Forstwesen, so wohl die Abführung, des einem Käufer angewiesenen und gefälleten Holzes, als auch die Abödung eines Waldes, d. i. die völlige Ausrottung des Holzes mit Stamm und Wurzeln. 2) Was ab- oder weggeräumt wird. So bezeichnet es im gemeinen Leben alles, was von einer Sache nach der daran verrichteten Arbeit übrig bleibt, und weggeräumt wird. Ingleichen im Forstwesen, die kleinen Äste und Zweige eines gefälleten Baumes, welche nicht zu Lager- und Klafterholz taugen, und welche an einigen Orten auch der Afterschlag, Abschlag, in der Schweiz das Abholz, und in Sachsen der Schoppen, der Schuppenschlag genannt werden, von Schopf, der Wipfel. Im Bergbaue, die Dammerde, welche eine Erzader, oder einen Steinbruch bedecket, und abgeräumt werden muß. Im Bauwesen, den Schutt u. s. f.


Abräumen (W3) [Adelung]


Abräumen, verb. reg. act. von einem Raume oder Platze wegschaffen, wegschaffen um Raum zu machen. Die Schüffeln, Töpfe, Bücher abräumen, von dem Tische schaffen. Ingleichen, leer machen. Den Tisch, die Bank, den Stuhl abräumen. Besonders im Forstwesen, so wohl, die gefälleten Bäume aus dem Walde schaffen; als auch, das Holz in einem Walde ausrotten, aböden, ausstocken. Einen Gang abräumen, im Bergbaue, die darüber liegende Dammerde wegschaffen.

Anm. Die Oberdeutsche Mundart liebet, wie in andern Fällen, also auch hier, in der zweyten Sylbe das a, daher man auch bey den meisten Förstern dieses Wort abraumen aussprechen höret.


Abraupen (W3) [Adelung]


Abraupen, verb. reg. act. die Raupen ablesen, wegschaffen. Einen Baum abraupen, ihn von den Raupen befreyen.


Ab-rechen (W3) [Adelung]


Ab-rechen, verb. reg. act. mit dem Rechen abnehmen. Besonders in der Landwirthschaft, die durch das Dreschen abgeschlagenen Ähren und Stürzel mit dem Rechen wegnehmen.


Ab-rechling (W3) [Adelung]


+ Das Ab-rechling, des -es, plur. inusit. eben diese Ähren und Stürzel, welche von einigen Landleuten auch das Grobe, das Afterig, und das Kleine genannt werden.


Abrechnen (W3) [Adelung]


Abrechnen, verb. reg. act. 1) Durch Rechnen absondern, abziehen. Diese zehn Thaler müssen von der Summe abgerechnet werden. 2) Mit einem abrechnen, zusammen rechnen, und die Rechnung schließen.


Abrechnung (W3) [Adelung]


Die Abrechnung, plur. die -en. 1) Die Absonderung durch Rechnen, oder der Abzug von der Rechnung; ohne Plural. Einem etwas auf Abrechnung geben, auf Abschlag, damit es abgerechnet werde. 2) Die Zusammenrechnung mit jemanden. Abrechnung mit einem halten.


Abrechte (W3) [Adelung]


* Die Abrechte, plur. die -n, ein nur bey den Tuchbereitern übliches Wort, die linke Seite eines Tuches zu bezeichnen, von recht, und ab, un. Daher ist bey ihnen abrechten, die groben Haare auf der linken Seite der Tücher wegkratzen.


Abrechten (W3) [Adelung]


Abrechten, verb. reg. act. durch einen Rechtshandel von einem erhalten. Einem etwas abrechten.


Abrecken (W3) [Adelung]


Abrecken, verb. reg. act. gehörig recken, nur auf den Blechhämmern, wo die erste Ausdehnung des zu Blech bestimmten Eisens abrecken genannt wird.


Abrede (W3) [Adelung]


Die Abrede, plur. die -n. 1) Eine vollendete gemeinschaftliche Unterredung über etwas, Verabredung. Abrede mit einem nehmen. Abrede wegen einer Sache nehmen. Genommener Abrede nach. Der genommenen Abrede nachkommen. 2) Die Verneinung einer Sache; doch nur in der R. A. nicht in Abrede seyn. Ich bin es nicht in Abrede, läugne es nicht. Ichbin nicht in Abrede, daß nicht mancher Fehler dabey sollte vorgegangen seyn. Er ist nichts in Abrede, Less. Bejahender Weise ist dieses Wort nicht gebräuchlich.

Anm. Ab druckt in der ersten Bedeutung ein Vollenden, in der zweyten aber den Gegensatz aus. Der Plural ist in der ersten Bedeutung selten, in der zweyten aber ganz ungewöhnlich.


Abreden (W3) [Adelung]


Abreden, verb. reg. 1. Activum a) Sich wegen einer Sache hinlänglich unterreden, sich über etwas bereden. Etwas mit einem abreden. Es ist eine abgeredete Sache. Abgeredeter Maßen. Reden sie das Nöthige mit ihm ab, Less. b) + Sich abreden, durch vieles Reden ermüden. 2. * Neutrum, mit haben, aberwitzig reden, besonders in hitzigen Krankheiten; welche Bedeutung im Hochdeutschen aber eben so ungewöhnlich ist, als die Bedeutung des Abrathens, welche letztere nur Steinbach anführet.

Anm. In Oberdeutschland ist auch das Nebenwort abredig, in der zweyten Bedeutung des Hauptwortes Abrede üblich; etwas abredig seyn, es verneinen. Allein im Hochdeutschen kennet man es nicht.


Abregnen (W3) [Adelung]


+ Abregnen, verb. imperf. reg. im gemeinen Leben, bis zur Erschöpfung regnen, völlig ausregnen. Es hat schon abgeregnet.


Abreiben (W3) [Adelung]


Abreiben, verb. irreg. act. S. Reiben. 1) Durch Reiben wegschaffen. Den Roth abreiben, von dem Kleide reiben. Den Rost abreiben. Ingleichen durch Reiben gehörig reinigen, glätten. Die Kleider abreiben. Ein Gewehr mit Bimsstein, eine Fläche mit Schachtelhalm abreiben. 2) Durch Reiben abnützen. Die Schuhe abreiben. Das Geld reibt sich durch vieles Ausgeben ab. 3) Durch Reiben zur Vollkommenheit bringen. Die Farben abreiben, gehörig, zur Genüge reiben. Einen Wetzstein abreiben, ihm durch Reiben die gehörige Gestalt geben. So auch die Abreibung.


Abreichen (W3) [Adelung]


Abreichen, verb. reg. act. 1) Mit ausgestrecktem Arme erreichen, daran reichen. Ich kann es kaum abreichen, kann daran reichen. 2) + Im gemeinen Leben auch wohl so viel, als abgeben, einen Brief abreichen.


Abreifen (W3) [Adelung]


Abreifen, verb. reg. 1. * Neutrum, mit seyn, von reif, maturus, völlig reif werden; im Hochdeutschen sehr ungewöhnlich.Ihr abgereifter Witz beschämte tausend Frauen, Günth.2. Activum, von Reif, circulus, den Reif oder Rand einer Sache wegnehmen. So bedeutet reifen oder abreifen bey den Schlössern, an der groben geschwärzten Schlösserarbeit mit dem Reifkolben die scharfen Ecken abstoßen. Ingleichen in der Holstein. Landgerichtsordnung, einem von seinem Acker etwas abreifen, abzwacken. Daher die Abreifung in der Bedeutung des Activi.


Abreihen (W3) [Adelung]


Abreihen, verb. reg. act. was aufgereihet ist, aus einander nehmen. Perlen, Äpfel abreihen.


Abreise (W3) [Adelung]


Die Abreise, plur. inusit. die Reise von einem Orte. Am Tage vor meiner Abreise. Unsere Abreise ist auf morgen festgesetzet. Seine Abreise beschleunigen.


Abreisen (W3) [Adelung]


Abreisen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, von einem Orte reisen. Wann werden sie abreisen? + Über Hals und Kopf abreisen, in der größten Eil. Der König ist bereits von Berlin abgereiset.


Abreißen (W3) [Adelung]


Abreißen, verb. irreg. S. Reißen.1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, schnell und mit Gewalt abgehen, abgerissen werden. Der Strick riß ab. Der Knopf ist abgerissen. Die Kleider sind abgerissen, durch langen Gebrauch zerrissen.2) Als ein Activum. (a) Durch Reißen absondern, so wohl in der eigentlichen Bedeutung, vermittelst eines Risses absondern. Ein Stück von einem Kleide, von einem Zeuge, von einem Papiere abreißen. Das Pferd hat sich abgerissen, hat die Halfter zerrissen. Als auch in uneigentlicherer, mit Gewalt absondern. Einer Taube den Kopf abreißen. Das Siegel abreißen. Ein Schloß abreißen. Ich riß ihr armes Häuschen ab, Weiße. Sein frischer Lorber ward ihm vom Tode abgerissen, Dusch. Und in figürlicher. Sich von einem, oder von einer Gesellschaft abreißen, sich ungern, mit einer Art von Zwange von derselben trennen. (b) Durch den Gebrauch zerreißen, abnützen, besonders von Kleidungsstücken. Er reißt viel Kleider ab. Ein abgerissener (zerrissener) Rock; wofür die Oberdeutschen abschleißen, verschleißen, sagen. Ein abgerissener Mensch, der in zerrissenen Kleidern einher gehet. (c) Durch Reißen, d. i. Zeichnen, abbilden. Eine Person, ein Gebäude, eine Gegend abreißen. Daher die Abreißung, in der ersten und zweyten Bedeutung des Activi.


Abreißer (W3) [Adelung]


Der Abreißer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug zum Abreißen, d. i. Figuren, oder Linien zu reißen, bey verschiedenen Handwerkern. Bey den Holzarbeitern ist es ein Pfriemen, Linien damit vorzureißen; bey den Gärtnern, ein mit Eisen beschlagener Stab, die Figuren in den Lustgärten damit abzureißen.


Abreiten (W3) [Adelung]


Abreiten, verb. irreg. S. Reiten. Es ist:1. Ein Neutrum, mit seyn, von einem Orte wegreiten. Wir sind gestern von Hause, von Dresden, aus Berlin abgeritten.2. Ein Activum. (a) Durch Reiten, oder im Reiten absondern. Er hat dem Pferde beyde Hufeisen abgeritten. (b) Durch vieles Reiten entkräften. Sich abreiten, ein Pferd abreiten, ein abgerittenes Pferd. (c) Gehörig zureiten. Ein Pferd abreiten. Ein auf der Schule abgerittenes Pferd.


Abrennen (W3) [Adelung]


Abrennen, verb. irreg. S. Rennen, welches auf gedoppelte Art üblich ist.1. Als ein Neutrum, mit seyn, von einem Orte hinweg rennen. Sie sind von hier abgerannt. Die Pferde rannten von dem Wege ab.2. Als ein Activum, da es billig regulär conjugiret werden sollte, obgleich es noch von den wenigsten geschiehet. (a) Durch Rennen oder im Rennen absondern. Einem den Hut abrennen. Ingleichen, sich die Hörner abrennen, in figürlichem Verstande, wie sie ablaufen, durch nachtheilige Erfahrung klüger werden.Der sich bereits schon längst die Hörner abgerannt, Rost.(b) Durch Rennen einer Sache berauben, im Rennen zuvor kommen, so wohl in eigentlicher als figürlicher Bedeutung, wie ablaufen. Einem den Rang, den Vortheil abrennen.Dem Heere, so ihr naht, das Vortheil abzurennen, Opitz. S. Rennen.


Abrichten (W3) [Adelung]


Abrichten, verb. reg. act. einer Sache die gehörige Richtung geben, doch mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) Im eigentlichsten Verstande. So bedeutet auf den Eisenhämmern, das Stabeisen abrichten, es völlig gerade richten, welches vermittelst des Abrichthammers auf dem Abrichtstabe oder Abrichtstocke, einer Art eines Amboßes, geschiehet. Die Schienen abrichten, ihnen die gehörige Krümme geben. Bey den Tischlern richtet man ein Bret ab, wenn es so wohl in der Länge als Breite gerade abgehobelt wird. Bey den Böttchern richtet man den Boden ab, wenn man ihn rings herum eben macht. 2) In weiterer Bedeutung, einer Sache die gehörige Richtung zur völligen Bearbeitung geben, besonders durch richtige Abmessung. Dahin gehöret das Abrichten oder Formiren der Buchbinder, wenn nach dem Ansetzen die gehörige Größe der Schalen eines Buches bestimmt wird; ingleichen abrichten in den Bergwerken, das Bühnloch und den Anfall, worein der Stämpel gelegt wird, richtig abmessen. Auch bey den Mäurern wird eine Mauer abgerichtet, wenn sie mit der Setzwage abgewäget wird, damit sie überall wasserrecht bleibe. 3) In figürlicher Bedeutung, die gehörige Fertigkeit beybringen,durch beygebrachte Fertigkeiten geschickt machen, so wohl von Thieren. Einen Jagdhund abrichten. Einen Hund zur wilden Schweinsjagd abrichten. Ein Pferd zur Jagd, einen Vogel zur Beitze abrichten. Als auch von Menschen. Einen Bedienten, einen Lehrling abrichten. Er ist auf seinen Nutzen vortrefflich abgerichtet. Seine Kinder auf das Stehlen, oder zum Stehlen abrichten. Er ist zu aller Bosheit abgerichtet. Daher die Abrichtung in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Abrichten gehet in der dritten Bedeutung mehr auf die Fertigkeit, so wie unterrichten mehr auf die Erkenntniß. Abrichten, durch Urtheil und Recht absprechen, von richten, judicare, ist veraltet, so wie verschiedene andere Bedeutungen dieses Zeitwortes, welche beym Haltaus h. v. nachgesehen werden können. Abrichten bedeutet in Preußen auch so viel als beschmutzen, so wie in andern Niedersächsischen Gegenden zurichten.


Abriegeln (W3) [Adelung]


Abriegeln, verb. reg. act. durch Vorschiebung des Riegels verschließen. Eine Stube abriegeln.


Abrieseln (W3) [Adelung]


Abrieseln, verb. reg. neutr. mit seyn, los gehen und herunter rieseln, sich in kleinen festen Theilchen absondern, wofür in einigen Gegenden abröhren üblich ist. Der Kalk ist von der Mauer abgerieselt. Der Sand rieselte von dem Berge ab. S. Rieseln.


Abriffeln (W3) [Adelung]


+ Abriffeln, verb. reg. act. welches ein Intensivum von abreiben und abraufen ist, S. Riffeln. Den Flachs abriffeln, oder riffeln, die Samenkapseln vermittelst der Raufe oder Riffel absondern.


Abrinden (W3) [Adelung]


+ Abrinden, verb. reg. act. der Rinde berauben. Einen Baum abrinden, die Rinde abschälen. Das Brot abrinden.


Abrindig (W3) [Adelung]


Abrindig, -er, -ste, adj. et adv. Abrindiges Brot, abgebackenes, wenn die Rinde von der Krume abstehet. + Sich abrindig sitzen oder gehen, im Scherze, sich durch vieles Sitzen oder Gehen Blasen verursachen.


Abrinnen (W3) [Adelung]


+ Abrinnen, verb. irreg. neutr. S. Rinnen, welches das Hülfswort seyn erfordert, hinab rinnen. Das Wasser ist von dem Berge abgeronnen, doch nur in der niedrigen Sprechart.


Abrippen (W3) [Adelung]


Abrippen, verb. reg. act. von welchem doch nur das Particip. Pass. im gemeinen Leben üblich ist. Ein gut abgeripptes Pferd, welches einen guten Bau der Rippen hat.


Abrispen (W3) [Adelung]


+ Abrispen, verb. reg. neutr. mit seyn, in der Landwirthschaft. Der Hafer rispet ab, wenn er bey dem Aufharken aus der Rispe fällt; in manchen Gegenden abraspen, abraspeln.


Abriß (W3) [Adelung]


Der Abriß, des -sses, plur. die -sse, von abreißen, in der dritten Bedeutung des Activi, die Abbildung einer Sache nach ihren wesentlichen Theilen, der Riß, Entwurf. Der Abriß eines Hauses, einer Festung. Einen Abriß von etwas machen oder nehmen. Einen Abriß lesen, oder nennen, bey den Webern, den Arbeitern stückweise sagen, was für Fäden vermöge des Abrisses gehoben werden müssen.


Abrohren (W3) [Adelung]


Abrohren, verb. reg. act. mit dem gehörigen Rohre versehen. So wird von den Mäurern eine Decke oder Wand abgerohret, wenn sie gehörig mit Rohr beschlagen wird.


Abröhren (W3) [Adelung]


* Abröhren, S. Abrieseln.


Abrollen (W3) [Adelung]


Abrollen, verb. reg. 1. Ein Neutrum. (a) + Mit seyn, rollend herab fallen. Es rollten Steine von dem Berge ab. Die Thränen rollten hier von ihren Wangen ab, Rost. (b) Mit haben, das Rollen der Wäsche vollbringen. Die Wäscherinnen haben abgerollet. In einigen Gegenden abmangeln.2. Ein Activum. (a) + Hinab rollen. Einen Stein von dem Berge abrollen. (b) Was zusammen gerollet war, völlig aus einander rollen. Ein Stück Zeuges abrollen. (c) Bey den Buchbindern, die krausen Einfassungen der Bücher mit dem Rolleisen völlig abdrucken. Geschiehet es mit Stämpeln, so heißt es abstämpeln. (d) Mit der Wäschrolle zur Genüge glätten. Ein Stück Zeuges abrollen.


Abrosten (W3) [Adelung]


Abrosten, verb. reg. neutr. mit seyn, durch Rost abgesondert werden. Der Knopf ist von der Stange abgerostet.


Abrotten (W3) [Adelung]


+ Abrotten, verb. reg. neutr. mit seyn, durch Fäulniß abgesondert werden, besonders in Niedersachsen. So sagt man von dem Getreide, daß es abrotte, wenn es zu lange auf dem Schwade liegen bleibt, so daß es ausfällt.


Abrücken (W3) [Adelung]


Abrücken, verb. reg. act. von etwas hinweg rücken. Den Tisch abrücken. Den Stuhl von der Wand abrücken. Die Zeilen abrücken, absetzen, neue anfangen. Daher die Abrückung.


Abrudern (W3) [Adelung]


Abrudern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, vermittelst der Ruder sich von einem Orte entfernen. Von dem Lande abrudern.


Abruf (W3) [Adelung]


Der Abruf, des -es, plur. inusit. von dem folgenden. 1) Die Verkündigung von einem höhern Orte. 2) Die Abforderung oder das Abrufen eines Vasallen aus einem fremden Dienste.


Abrufen (W3) [Adelung]


Abrufen, verb. irreg. act. S. Rufen. 1) Von einem erhabenen Orte mit lauter Stimme verkündigen. Der Nachtwächter hat schon zehen abgerufen, weil solches ehedem von einem erhöheten Orte geschah. 2) Zum letzten Mahle rufen. Der Wächter ruft ab, hat schon abgerufen, ruft gegen Morgen zum letzten Mahle ab. 3) Von einem Orte wegrufen. Jemanden aus der Kirche, aus der Komödie abrufen. Einen von seinen Geschäften abrufen. Einem die Kunden, die Kaufleute abrufen, eine gewöhnliche Unart der kramenden Handwerker, wenn sie nicht weit von einander feil haben. Besonders in fremden Diensten befindliche Vasallen zu sich rufen, mit einem Lateinischen Worte avociren. S. auch Abberufen. 4) Durch Rufen erreichen. Er ist bereits so weit, daß man ihn nicht mehr abrufen kann. 5) + Sich abrufen, sich matt und müde rufen, ist niedrig. Daher die Abrufung.

Anm. Geld abrufen, wird in Oberdeutschland auch für verrufen gesaget; ingleichen der Abruf des Geldes.


Abrühren (W3) [Adelung]


Abrühren, verb. reg. act. 1) Zur Genüge rühren, zu einem Breye rühren. Das Mehl, die Eyer abrühren, in den Küchen. Die Suppe mit einem Eye abrühren, wie abquerlen. 2) Durch Rühren absondern. Pflaumen abrühren, sie im Sieden durch Umrühren von den Kernen absondern.


Abründen (W3) [Adelung]


Abründen, oder Abrunden, verb. reg. act. gehörig rund machen. Ein Brett, ein Stück Metall abründen. So auch die Abründung oder Abrundung.


Abrupfen (W3) [Adelung]


Abrupfen, verb. reg. act. durch Rupfen absondern, wegschaffen. Blätter von einem Baume abrupfen. Der Gans die Federn abrupfen. Ingleichen, durch Rupfen kahl machen. Eine Gans, ein Huhn abrupfen. Daher die Abrupfung.

Anm. Die figürliche Bedeutung, in welcher Opitz sang: Wenn nachmahls uns der kurzen Rast Gewinn Wird abgerupft, so fliegen wir dahin, ist im Hochdeutschen nicht gebräuchlich.


Abrüsten (W3) [Adelung]


Abrüsten, verb. reg. neutr. mit haben, ein Gerüst abbrechen, im Gegensatze des aufrüsten.


Abrutschen (W3) [Adelung]


+ Abrutschen, verb. reg. neutr. mit seyn, in den niedrigsten Sprecharten für abgleiten.


Abrütteln (W3) [Adelung]


Abrütteln, verb. reg. act. durch Rütteln absondern, wegschaffen.


Absäbeln (W3) [Adelung]


Absäbeln, verb. reg. act. mit dem Säbel abhauen. Einem den Kopf, einen Arm absäbeln. S. Säbel.


Absacken (W3) [Adelung]


Absacken, verb. reg. act. 1) Eigentlich, eine in einem Sacke befindliche Last abnehmen. Einen Esel absacken. 2) + Figürlich, doch nur im niedrigen Scherze, einen des Seinigen berauben. Einem sein Geld, eine gemachte Beute absacken.

Anm. Absacken in der Bedeutung des Abpflügens, wird richtiger abzacken und abzackern geschrieben. S. das letzte.


Absäen (W3) [Adelung]


Absäen, verb. reg. act. 1) Bey den Fell- und Lederbereitern, dieFelle inwendig vor dem Beitzen mit Schrot von Getreide gehörig bestreuen. S. auch Ansäen. 2) Abgesäeter Lein, in Schlesien, der durch wiederhohlte Aussaat schlechter geworden ist, im Gegensatze des frischen Samens. 3) Ein abgesäeter Acker, der durch fortgesetzte Bestellung entkräftet worden, dem man keine Brache oder Ruhe verstattet hat.


Absage (W3) [Adelung]


Die Absage, plur. die -n, von dem folgenden. 1) Die Aufkündigung oder Widerrufung einer vorher bedungenen oder bestellten Sache; die Aufsagung. Besonders, 2) * die ehedem so übliche Aufkündigung der Freundschaft, und damit verbundene Ankündigung thätlicher Feindseligkeiten. Einem Absage thun. Ingleichen die Schrift, worin solches geschahe, welche auch ein Absagebrief, oder Fehdebrief, und im Nieders. Entsagebrief genannt wurde. 3) * Die Begebung eines Rechts, die Verzicht. In allen drey Bedeutungen kommt dieses Wort heut zu Tage wenig mehr vor.


Absagen (W3) [Adelung]


Absagen, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum. 1) Eine getroffene Abrede widerrufen, eine bestellte Sache aufsagen. Eine bestellte Arbeit absagen. Einen Besuch absagen lassen. Die Versammlung absagen. 2) + Einem etwas absagen; es ihm absprechen, nur im gemeinen Leben.II. Ein Neutrum, mit haben, und dem Dative der Person. 1) * Einem absagen, ihm thätliche Feindseligkeiten ankündigen. Diese Bedeutung ist mit den ehemahligen Formalien der Sache selbst veraltet, und nur noch der Ausdruck, ein abgesagter, d. i. öffentlicher, erklärter Feind, davon übrig. 2) Sich einer Person oder Sache förmlich begeben, erklären, daß man keinen Theil an derselben, keine Verbindung mit ihr haben wolle; edler ihr entsagen. Einem Knechte, einer Sache, einer Person absagen. Dem unordentlichen Leben absagen. Sind diese Ergetzungen es werth, daß man ihnen zu Gefallen der Vernunft und der Gottheit absaget? Kästn. Und sie, sie selbst sagen Climenen ab? Cron. So auch die Absagung, in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Einem etwas absagen, für abschlagen, im Gegensatze des Zusagens, und, einem das Leben absagen, bey dem Opitz, Ps. 109, 31. für absprechen, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. Der Unterschied, welcher in den Rechten zwischen Absage in der zweyten Bedeutung und Fehde gemacht wird, ist eine bloße Grille der neuern Rechtslehrer. Wachter leitet absagen in der zweyten Bedeutung nicht von sagen, dicere, sondern von dem alten sachan, litem contestari, her; aber ohne Roth und ohne Anführung hinlänglicher Beweisgründe. S. auch Entsagen, ingleichen Sache.


Absägen (W3) [Adelung]


Absägen, verb. reg. act. mit der Säge absondern. Einen Ast, einen Baum, ein Glied absägen. Daher die Absägung.


Absahnen (W3) [Adelung]


Absahnen, verb. reg. act. die Milch absahnen, die Sahne davon nehmen, wie Abrahmen.


Absatteln (W3) [Adelung]


Absatteln, verb. reg. act. den Sattel abnehmen. Ein Pferd absatteln.


Absatz (W3) [Adelung]


Der Absatz, des -es, plur. die -sätze, von absetzen, doch nur in einigen Bedeutungen. 1) Die Handlung des Absetzens, ohne Plural; nur in einigen wenigen Fällen. Der Absatz einer Münzsorte, besser die Abwürdigung, Verrufung derselben. Ein Glas ohne Absatz austrinken, ohne es von dem Munde abzusetzen. + Zuweilen auch in weiterer Bedeutung, die Unterbrechung einer Handlung. Ohne Absatz laufen, welches aber zweydeutig ist. 2) Der Zustand, da etwas abgesetzet wird; auch ohne Plural, und gleichfalls nur in einigen figürlichen Bedeutungen. (1) Der Vertrieb, Verkauf einer oder mehreren Waaren. Vielen Absatz haben, viele Waaren verkaufen. Ein Kaufmann hat starken, schlechten Absatz wenn er viel, wenig verkauft. Ich verspreche mir von dieser Waare einen guten Absatz. In dieser Be- deutung sagt man im Oberdeutschen Verschließ oder Verschluß, in Westphalen Slett, Slette, und in andern Niedersächsischen Gegenden Bedrief, (2) * Der Zustand merklicher Unähnlichkeit bey erwarteter Ähnlichkeit. Einen Absatz gegen etwas machen, einen Contrast, dagegen abstechen. Es ist unbeschreiblich, welchen rührenden Absatz ihr Betragen gegen ihre Kleidung machte. Die Liebe macht in den Augen eines Menschen, der ihr Gegenstand nicht ist, einen Absatz, der diesem letztern nachtheilig werden kann, Hermes. In dieser Bedeutung ist es von einigen Neuern versucht worden, das ausländische Contrast zu ersetzen, wozu es aber wegen seiner Vieldeutigkeit eben nicht sehr geschickt ist. S. Absetzen, auch Abstich und Abstechen.3) Dasjenige, was abgesetzet wird, oder abgesetzet worden, mit dem Plural; in verschiedenen Bedeutungen des Zeitwortes. Besonders der Ort, wo eine gerade Linie oder Fläche, und in weiterer Bedeutung, wo eine Handlung in ihrem Fortgange unterbrochen wird. Der Absatz eines Berges, wo er in seiner geraden Höhe unterbrochen wird. Der Absatz an einem Kohre oder Halme, welcher auch der Knoten, und in Oberdeutschland das Gleich, d. i. Gelenk, genannt wird. Der Absatz in der Baukunst, die Glieder des Säulenfußes zwischen dem Grundsteine und dem Würfel. Der Absatz in den Gärten, ein eingefaßtes Blumenbeet längs den Gängen und Wänden. Der Absatz einer Treppe. Der Absatz an einem Fahrschachte, in den Bergwerken, so auch ein Abtritt, ingleichen eine Wechselbühne genannt wird. Der Absatz eines Ganges, wenn der Gang von seinem Streichen absetzet oder abweichet. Der Absatz in einer Schrift, wenn eine neue Zeile vorne angefangen wird, und in weiterer Bedeutung, oft eine jede Abtheilung in derselben. Der Absatz in einem Liede, die Strophe. Der Absatz an den Schuhen, der erhöhete Theil unter der Ferse. Daher bey den Schuhmachern der Absatzdraht, womit die Absätze vermittelst des Absatzortes und der Absatzwecken angenähet werden; der Absatzschneider, der die hölzernen Absätze für die Schuhmacher schneidet.


Absätzig (W3) [Adelung]


+ Absätzig, adj. et adv. welches nur in den Bergwerken üblich ist. Ein absätziger Ort, dessen Beschaffenheit eine Abänderung leidet; wenn sich z. B. in einem geschmeidigen Steine eine Bergfeste zeiget.


Absäubern (W3) [Adelung]


Absäubern, verb. reg. act. sauber machen, von Unreinigkeiten befreyen. Einen Topf, ein Geschirr absäubern. Das Erz absäubern, in den Bergwerken. Daher die Absäuberung.


Absaufen (W3) [Adelung]


+ Absaufen, verb. irreg. act. S. Saufen. 1) Durch Saufen wegnehmen. Etwas oben absaufen. 2) Sich durch Saufen in Ansehung einer Schuldforderung bezahlt machen. Eine Schuldforderung absaufen. 3) Durch Saufen einer Sache berauben, ein dem gelehrten Pöbel auf Universitäten hinlänglich bekannter Gebrauch. Und Leipzigs Krone ward dem Feigen abgesoffen, Zach. 4) Sich absaufen, durch unmäßiges Trinken entkräften. In allen diesen Bedeutungen gehöret es, so wie das einfache saufen, in die niedrigste Schreib- und Sprechart.


Absäugeln (W3) [Adelung]


Absäugeln, verb. reg. act. welches das Diminutivum von absäugen ist, und von den Gärtnern auch in dessen Bedeutung gebraucht wird.


Absaugen (W3) [Adelung]


Absaugen, verb. irreg. act. S. Saugen. 1) Das Äußere einer Sache durch Saugen wegnehmen. 2) Durch vieles Saugen entkräften. Das Kind hat die Amme ganz abgesogen.


Absäugen (W3) [Adelung]


Absäugen, verb. reg. act. 1) Zur Genüge säugen. Ein Kind absäugen, es bis zur Sättigung säugen. 2) * Entwöhnen, im Hochdeutschen ungewöhnlich. Als er ist abgeseuget vonsiner muter, heißtes in einem alten Psalter von 1503. 3) Durch Säugen absondern, besonders im Gartenbaue, einen Zweig eines Baumes, ohne ihn abzuschneiden, auf einen andern Stamm pfropfen; welche Verrichtung auch absäugeln und ablactiren genannt, und irrig mit dem Ablegen verwechselt wird. Daher die Absäugung.


Absceß (W3) [Adelung]


Der Absceß, des -sses, plur. die -sse, aus dem Lateinischen abscessus, bey den Mundärzten, ein Geschwür, eine Eiterbeule.


Abschaben (W3) [Adelung]


Abschaben, verb. reg. act. durch Schaben wegschaffen. Den Koth von dem Kleide, das Moos von den Bäumen abschaben. Ingleichen durch Schaben reinigen. Das Kleid, den Baum abschaben. Wie auch durch Schaben glatt machen, beschaben. Ein Holz mit Glas abschaben.


Abschäbsel (W3) [Adelung]


+ Das Abschäbsel, des -s, plur. inus. was von einer Sache abgeschabet worden, das Schabsel.


Abschachteln (W3) [Adelung]


Abschachteln, verb. reg. act. bey verschiedenen Künstlern, mit Schachtelhalm abreiben, oder glatt machen. Einen Tisch, ein Kästchen abschachteln.


Abschaffen (W3) [Adelung]


Abschaffen, verb. reg. act. von schaffen, befehlen. 1) Was man gewöhnlich um sich hatte, zu seinem Dienste hatte, wegschaffen, von Menschen und Thieren. Einen Bedienten abschaffen. Sein Gesinde abschaffen. Pferde und Wagen abschaffen. Einen Hund, eine Katze, das Federvieh abschaffen. 2) Durch einen Befehl aufhören machen, aufheben. Ein Gesetz, einen Gebrauch, eine Gewohnheit abschaffen. Die vielen Feyertage sind in den meisten Ländern abgeschaffet worden. Dieser Mißbrauch ist längst abgeschaffet worden. So auch die Abschaffung.

Anm. Die Sache, welche abgeschaffet wird, wird in beyden Fällen als nachtheilig, wenigstens als überflüssig voraus gesetzt; daher dieses Zeitwort allemahl einen harten Nebenbegriff hat. In der ersten Bedeutung wird es im Hochdeutschen außer den angeführten Fällen nicht leicht gebraucht. Allein in Oberdeutschland bedeutet es überhaupt so viel, als sich einer Person entledigen, und man sagt daselbst so wohl, einen Bettler abschaffen, einen mit Ungestüm abschaffen, d. i. abweisen, als auch, einen aus der Gesellschaft abschaffen.


Abschälen (W3) [Adelung]


Abschälen, verb. reg. act. der Schale berauben, als Schale absondern, schälen. Obst abschälen, abgeschälte Äpfel. Einen Baum abschälen. Die Rinde abschälen. Sich abschälen, als Schale, blätterweise abgehen; in den gemeinen Sprecharten abschelfern. Einen wilden Boden abschälen, den Rasen mit dem Schälpfluge wegnehmen, ihn entrasen. Daher die Abschälung.


Abschalmen (W3) [Adelung]


+ Abschalmen, verb. reg. act. welches in der Niedersächsischen Mundart, besonders in der Mark Brandenburg, im Forstwesen üblich, und eigentlich mit abschälen einerley ist. Besonders bedeutet es daselbst, 1) die Bäume im Walde vermittelst des Anschälens zeichnen; und dann, 2) figürlich, einen Theil der Weide in den Wäldern absondern, welches vermittelst eines solchen Anschälens der Bäume geschiehet. S. Schalm und Schalmen.


Abschank (W3) [Adelung]


* Der Abschank, des -es, plur. car. S. Abschenken.


Abschärfen (W3) [Adelung]


Abschärfen, verb. reg. act. 1) Der Schärfe, besonders der scharfen Ecken berauben. So wird bey den Buchbindern und Schustern das Leder abgeschärft, wenn es am Rande dünner geschnitten wird. In eben demselben Verstande gebrauchen es auch die Holz- und Metallarbeiter. 2) Bey den Jägern so viel als ablösen oder abschneiden. Daher die Abschärfung.


Abscharren (W3) [Adelung]


Abscharren, verb. reg. act. durch Scharren wegbringen. Den Ruß, den Teig abscharren. Den Kalk von der Wand abschar- ren. Ingleichen durch Scharren gehörig reinigen. Den Trog, die Wand abscharren. Die Hauptwörter Abscharrsel und Abscharricht, für dasjenige, was abgescharret wird, sind nur im Oberdeutschen üblich.


Abschatten (W3) [Adelung]


Abschatten, verb. reg. act. einen Schattenriß von etwas machen; Franz. silhouetter. Eine Person abschatten. So auch die Abschattung.


Abschauen (W3) [Adelung]


* Abschauen, verb. reg. act. Einem etwas, nur im Oberdeutschen, für, es ihm absehen.


Abschauern (W3) [Adelung]


+ Abschauern, verb. reg. act. vermittelst einer Scheidewand absondern, nur in einigen Gegenden. In Niedersachsen abscheren. S. auch Abkleiden.


Abschaufeln (W3) [Adelung]


Abschaufeln, verb. reg. act. mit der Schaufel von etwas wegschaffen. Den Schnee abschaufeln, von dem Dache. Ingleichen, auf diese Art reinigen. Das Dach abschaufeln.


Abschaum (W3) [Adelung]


Der Abschaum, des -es, plur. car. 1) Eigentlich, was abgeschäumet worden, eine abgeschäumte Unreinigkeit; welche Bedeutung doch selten ist. 2) Figürlich, das schlechteste, schändlichste seiner Art. Der Abschaum des Witzes eines Zotenreißers. Er ist der Abschaum von allen bösen Buben. Der Abschaum des menschlichen Geschlechts, Faex perditorum sentina et purgamenta reipublicae.


Abschäumen (W3) [Adelung]


Abschäumen, verb. reg. act. in Gestalt des Schaumes wegschaffen. Die Unreinigkeiten abschäumen. Ingleichen, von dem Schaume befreyen, der in Gestalt des Schaumes vorhandenen Unreinigkeiten entledigen. Das Fleisch, den Honig, den Zucker abschäumen. Daher die Abschäumung.


Abscheeren (W3) [Adelung]


Abscheeren, S. Abscheren.


Abscheiden (W3) [Adelung]


Abscheiden, verb. irreg. ( S. Scheiden,) welches auf gedoppelte Art üblich ist.1. Als ein Activum, von andern Dingen scheiden.

a) In der Chymie, Körper, die mit einander vermischt sind, von einander sondern. Gold von dem Silber abscheiden, wo aber das einfache Scheiden üblicher ist. In den Hüttenwerken nennet man besonders das Scheiden des Goldes von dem Silber vermittelst des Scheidewassers, abscheiden.

b) In den Rechten an einigen Orten, Kindern ihren Antheil an der künftigen Erbschaft geben, und sie dadurch von allen künftigen Ansprüchen ausschließen, welches an einigen Orten auch absondern, abtheilen, abschichten, und ablegen genannt wird. Abgeschiedene Kinder.

c) * Den Abschied geben, verabschieden, welche Bedeutung aber veraltet ist, und unter andern nur noch in Luthers Übersetzung der Bibel vorkommt, wo man Matth. 5, 32. Kap. 19, 9. Luc. 16, 18. das Partic. Pass. eine Abgescheidete findet. S. Scheiden.

d) Von der Verbindung mit andern Menschen absondern, in welcher Bedeutung doch nur das Particip. abgeschieden üblich ist. Ein abgeschiedenes Leben führen, ein einsames. In den Klöstern sollte man von der Welt abgeschieden seyn, abgesondert. S. auch Abgeschiedenheit.

2. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich von einem Orte entfernen, aber jetzt nur noch als ein gemilderter Ausdruck des Sterbens. Aus dieser Welt, oder von der Welt abscheiden. Er ist bereits abgeschieden, d. i. verstorben; wofür man auch verscheiden saget. Ich habe Lust abzuscheiden und bey Christo zu seyn, Phil. 1, 27. Die abgeschiedenen Seelen, die Seelen der Verstorbenen.So auch die Abscheidung in der thätigen Bedeutung, das Abscheiden, besonders in der neutralen, und der Abschied in beyden.

Anm. Abscheiden für abreisen, Goth. afskaida, war ehedem sehr gebräuchlich.Die Kunigin im ein urlaub gab, Mit solchem da schid der pot ab, Thruerb. Unfalo vom Heldan abschid, ebend. Und in Oberdeutschland kommt diese Bedeutung noch vor. S. Abschied.


Abscheider (W3) [Adelung]


Der Abscheider, des -s, plur. ut. nom. sing. in den Hüttenwerken derjenige, welcher das Gold vermittelst des Scheidewassers von dem Silber scheidet.


Abschenken (W3) [Adelung]


* Abschenken, verb. reg. act. das bestimmte Maß Getränkes austheilen. Besonders an einigen Höfen, den Cavaliers, welche dem Hofe folgen, auf Reisen etwas zum Schlaftrunke reichen, welches der Abschank genannt wird.


Abscheren (W3) [Adelung]


Abscheren, verb. irreg. act. S. Scheren. 1) Mit dem Schermesser wegnehmen. Die Haare, den Bart abscheren. Ingleichen auf solche Art reinigen; glatt machen. Das Haupt abscheren. 2) * Mit einer, Scheidewand absondern, abtheilen, in einigen Gegenden abschauern, in andern abkleiden.


Abscheu (W3) [Adelung]


Der Abscheu, des -es, plur. car. 1) Der höchste Grad der Abneigung der Empfindungen von einem Gegenstande. Einen Abscheu vor etwas haben, oder tragen, ist besser, als an etwas. Einem einen Abscheu vor etwas beybringen. Ich empfinde bey mir einen gewissen Abscheu vor diesem Gedanken, Dusch. 2) Figürlich, der Gegenstand des Abscheues. Diese Sache ist mir ein Abscheu. Er ist ein Abscheu in jedermanns Augen. Es ist ein Abscheu von einem Menschen, Gell.

Anm. In einigen Gegenden ist es im weiblichen Geschlechte üblich, die Abscheu. S. Scheu.


Abscheuern (W3) [Adelung]


Abscheuern, (nicht abscheuren, S. Scheuern,) verb. reg. act. 1) Durch Scheuern wegbringen. Den Schmutz abscheuern. Ingleichen, durch Scheuern gehörig reinigen. Einen Kessel, ein Gefäß abscheuern. 2) + Jemanden abscheuern, ihm einen derben Verweis geben.


Abscheulich (W3) [Adelung]


Abscheulich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Abscheu erweckend. Ein abscheulicher Mensch, ein abscheuliches Gesicht, abscheuliche Bilder, ein abscheulicher Gestank, ein abscheuliches Laster, eine abscheuliche That. Das ist abscheulich. Ich war mir selbst abscheulich, Dusch. Je näher ich dem Abscheulichen komme, desto abscheulicher wird er mir, Weiße. 2) + Sehr groß, sehr heftig, doch nur im gemeinen Leben und in niedrigen Ausdrücken. Abscheuliche Summen, abscheuliche Unkosten. Nun juckt mir das Schienbein abscheulich, Gell. Abscheulich reich, abscheulich schön u. s. f. sind noch widersinniger.


Abscheulichkeit (W3) [Adelung]


Die Abscheulichkeit, plur. die -en, 1) Die Eigenschaft, Abscheu zu erregen; ohne Plural. Kein Wort vermag, die Abscheulichkeit dieses Anschlages auszudrucken. 2) Eine abscheuliche Sache, mit dem Plural.


Abscheuren (W3) [Adelung]


Abscheuren, S. Abscheuern.


Abschichten (W3) [Adelung]


+ Abschichten, verb. reg. act. für abtheilen; besonders in den Rechten an einigen Orten, so viel, als abfinden, abscheiden, abtheilen, d. i. mit einem Theile des Vermögens von der künftigen Erbschaft ausschließen.


Abschicken (W3) [Adelung]


Abschicken, verb. reg. act. 1) Von einem Orte wegschicken, absenden. Einen Bothen, einen Brief, Waare abschicken, wofür man in der höhern Schreib- und Sprechart absenden saget. 2) Sein Gebeth zu Gott abschicken, Seufzer zu dem Himmel, fromme Wünsche zur Vorsicht abschicken, in figürlicher Bedeutung. Daher die Abschickung.


Abschieben (W3) [Adelung]


Abschieben, verb. irreg. S. Schieben.1) Ein Activum. (a) Durch Schieben von einem Orte entfernen, von etwas hinweg schieben. Den Tisch, einen Schrank abschieben, von der Wand. Und zuweilen im gemeinen Leben auch figürlich, eine Schuld, ein Verbrechen von sich abschieben. (b) Jemanden abschieben, im Kegelspiele, wenn auf die meisten geschoben wird, mehr schieben, als er. (c) Was zu viel war, abschieben, eben daselbst, durch Schieben vermindern. Das Verlorne abschieben, es wieder gewinnen.2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, nur in der Landwirthschaft, wo es von den Pferden, dem Horn- und Schafviehe gebraucht wird, und die letzten Füllen-Kalbs- oder Lammeszähne verlieren, bedeutet, welches bey den Schafen im fünften oder sechsten Jahre geschiehet. Die Kuh hat noch nicht abgeschoben. Abgeschobenes Vieh, welches abgeschoben hat.


Abschied (W3) [Adelung]


Der Abschied, des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte abscheiden. Es führet überhaupt den Begriff der Absonderung und Abtheilung bey sich, wird aber nur in den figürlichen Bedeutungen des Verbi gebraucht. Es bezeichnet,

1) Nach Maßgebung des Activi abscheiden.

(a) Die Entlassung eines andern aus seinen Diensten; ohne Plural. Einem seinen Abschied geben, auch ihn verabschieden, so wohl in gutem als bösem Verstande; ersteres nur im gemeinen Leben, und wenn man ohne Achtung spricht. Einem Bedienten, einem Soldaten, einem Gesellen seinen Abschied geben. Den Abschied verlangen, fordern. Seinen Abschied nehmen, einen Dienst verlassen. Hiermit hast du deinen Abschied. Ingleichen das schriftliche Zeugniß, das man einem solchen bey seiner Entlassung gibt. Figürlich sagt man: den Sünden, den Lastern Abschied geben, sie verlassen, sie ablegen. Der Welt Abschied geben, so wohl sich der Verbindung mit der Welt und allen irdischen Dingen entziehen, als auch sterben.

(b) Was bey dem Schlusse einer gerichtlichen oder andern feyerlichen Versammlung beschlossen und ausgesprochen wird. So bedeutet Abschied in den Rechten die gerichtliche Entscheidung einer Sache, und die Schrift, welche solche enthält. So auch ein Landtagsabschied, ein Reichstagsabschied, oder Reichsabschied, ein Schluß, der bey dem Abschiede der Reichs- oder Landstände bekannt gemacht wird. (c) In einigen Niedersächsischen Gegenden, die Entlassung eines abgelebten Leibeigenen von dem Gute, da man ihn in einem Häuschen zur Ruhe setzet, die Abnahme. Der ihm zu seinem Unterhalte ausgesetzte Theil wird alsdann das Altentheil genannt.

2) Von dem Neutro, die Abreise von einem Orte, oder die Entfernung aus einer Gesellschaft, ohne Plural. Noch mehr aber die feyerlichen Umstände, welche die Höflichkeit in solchen Fällen eingeführet hat. Abschied von jemanden nehmen. Hinter der Thür Abschied nehmen, ohne Abschied zu nehmen fortgehen oder fortreisen. Der Abschied aus diesem Leben, der tödtliche Hintritt. Daher die Abschieds-Audienz eines Gesandten oder anderer vornehmen Personen; der Abschiedsbrief, der Abschiedsbesuch, das Abschieds-Compliment, die Abschiedsrede, das Abschiedsgedicht, der Abschiedsschmaus u. s. f.

Anm. Würde der Unterschied in der Conjugation zwischen dem Activo Scheiden und dem Neutro Scheiden beobachtet, so müßte auch dieses Hauptwort, so fern es von dem Imperfecto des Activi gebildet ist, Abscheid geschrieben und gesprochen werden, so wie man Halbscheid, und zuweilen auch Unterscheid findet. Einige Mundarten sagen auch wirklich Abscheid. Allein im Hochdeutschen ist Abschied allgemein. Der Plural, die Abschiede, kann nur von schriftlichen Zeugnissen der Entlassung, ingleichen von gerichtlichen Abschieden und den Abschieden der Land- und Reichstage gebraucht werden. Abschied ist in dieser Bedeutung vermuthlich nach dem mittlern Lateinischen Recessus gebildet worden, und beziehet sich zunächst auf das Auseinandergehen einer Versammlung. Von Reichsabschieden kommt dieses Wort zuerst unter dem Kaiser Friedrich dem Vierten vor. Die Rechtslehrer sindnicht einig, wie Abschied, Bescheid, und Urtheil von einander unterschieden sind. So viel ist gewiß, daß unter diesen drey Wörtern oft gar kein Unterschied beobachtet wird, zumahl da die Gewohnheit jedes Ortes bald dieses bald jenes von den gedachten drey Wörtern angenommen hat. Siehet man auf die Abstammung, so wird man denen beypflichten müssen, die eine sogenannte Sententiam interlocutoriam, oder den Ausspruch eines Richters über einen Nebenpunct, ingleichen den Ausspruch des Richters auf einseitiges Ansuchen einer Partey einen Bescheid, das Endurtheil aber, wodurch die Hauptsache entschieden wird, einen Abschied nennen, obgleich in den meisten Gerichten dafür das Wort Urtheil üblich ist. In den Graubünden wird auch der schriftliche Vortrag einer wichtigen Sache, welche an die ganze Versammlung gebracht wird, ein Abschied genannt. Daß Abschied ehedem auch einen bestimmten Theil von Gütern oder Einkünften, womit jemand abgeschieden wurde, bedeutet habe, erhellet aus dem Haltaus h. v.


Abschiedsbrief (W3) [Adelung]


Der Abschiedsbrief, des -es, plur. die -e, 1) Ein Brief, worin man von jemanden Abschied nimmt. 2) In den Rechten an einigen Orten ein Schreiben oder Bericht, welchen der Unterrichter nach geschehener Appellation an den Oberrichter ertheilet, Apostoli, Litterae dimissoriae. Ingleichen, ein schriftliches Zeugniß, welches man jemanden bey seinem Abschiede gibt.


Abschiefern (W3) [Adelung]


Abschiefern, verb. reg. act. nach Art des Schiefers, d. i. in dünnen Blättern, absondern. Sich abschiefern, sich auf solche Art ablösen. Die Wasserfarben schiefern sich durch vieles Reiben ab. Daher die Abschieferung.


Abschienen (W3) [Adelung]


Abschienen, verb. reg. act. 1) Mit den gehörigen Schienen versehen. 2) Die Schienen abnehmen. 3) In dem Bergbaue einiger Gegenden, eine Grube abziehen oder abmessen. Daher wird in den Ungarischen Bergwerken der Markscheider Abschiener genannt.


Abschießen (W3) [Adelung]


Abschießen, verb. irreg. S. Schießen, welches in gedoppelter Gattung üblich ist.1. Als ein Activum (a) Durch eine schnelle sausende Bewegung herab oder forttreiben. Einen Pfeil, einen Bolzen abschießen. Dann aber auch metonymisch, von allerley Schießgewehren. Einen Bogen, eine Armbrust, eine Flinte, eine Büchse, eine Kanone abschießen. (b) Vermittelst eines Schusses absondern. Einen Vogel abschießen, von der Stange. Einem eine Hand, den Fuß, den Arm u. s. f. abschießen. (c) Im Jagdwesen, alles eingestellte Wild niederschießen, und dadurch einer großen Jagd ein Ende machen; abschießen, ein Abschießen halten, welches auch abjagen, und ausschießen genannt wird. (d) Einen abschießen, näher am Ziele treffen als er, und ihn dadurch des Preises berauben.2. Als ein Neutrum. (a) Mit dem Hülfsworte seyn. (1) Mit einer schnellen schießenden Bewegung herab fallen, besonders von dem Wasser. Das Dach muß abhängig seyn, damit das Wasser abschießen könne. (2) Figürlich von den Farben, sein erstes Ansehen verlieren, an der Luft lichter werden, verschießen. Die Farbe ist sehr abgeschossen. Diese Farbe wird nicht so leicht abschießen. (b) Mit dem Hülfsworte haben, zum letzten Mahle schießen; bey den Schützen-Compagnien.Daher die Abschießung in den Bedeutungen des Activi.


Abschiffen (W3) [Adelung]


Abschiffen, verb. reg. 1. Activum, zu Schiffe fortbringen. Güter, Waaren abschiffen. Daher die Abschiffung. 2. Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, zu Schiffe von einem Orte wegfahren, absegeln. Vom Lande abschiffen. Sie waren schon aus dem Hafen abgeschiffet.


Abschildern (W3) [Adelung]


Abschildern, verb. reg. act. 1) Eigentlich, so viel als abmahlen. Eine Person, eine Blume abschildern. Noch mehr aber, 2) figür- lich, in der edlern und höhern Schreibart, sinnlich abbilden. Mit einem Gesichte, auf dem alle Furien abgeschildert sind. Diese Thräne, diese Seufzer, diese Sprache der Natur, wo sich die empfindlichste Seele mit so vieler Aufrichtigkeit abschildert, Weiße. Ingleichen lebhaft beschreiben. Ach laß mich die traurige Scene meines Jammers abschildern! Dusch. So auch die Abschilderung.


Abschinden (W3) [Adelung]


+ Abschinden, verb. irreg. act. S. Schinden, in gemeinen und niedrigen Ausdrücken, schneidend abziehen. Einem Stücke Vieh die Haut, das Fell abschinden. Dem Baume die Rinde abschinden. Und dann metonymisch, ein todtes Vieh, einen Baum abschinden.


[Adelung]

Abschlachten (W3) [Adelung]


Abschlachten, verb. reg. act. 1) Gehörig schlachten. Ein Schwein, ein Kalb, eine Kuh abschlachten. 2) Ohne Beysatz des Accusativs, das jährliche Schlachten des Mastviehes vollenden. Wir haben bereits abgeschlachtet. Daher die Abschlachtung.


Abschlag (W3) [Adelung]


Der Abschlag, des -es, plur. die -äge bedeutet:I. Nach Maßgebung der thätigen Bedeutung des Zeitwortes abschlagen. 1) Dasjenige, was abgeschlagen wird. So nennet man, (a) an einigen Orten den Tannenabschlag, Lichenabschlag u. s. f. dasjenige, was bey dem Fällen der Bäume und bey dem Schlagen des Klafterholzes an Ästen, Zweigen u. s. f. abgehet, und auch der Afterschlag, Schuppenschlag, der Abraum heißt. (b) Was durch Schlagen abgebildet worden; z. B. bey den Schriftgießern, die so genannte Matrize, welche entstehet, wenn der in Stahl geschnittene Stämpel in ein weicheres Metall geschlagen und dadurch abgebildet wird, daher eine solche Matrize auch der Abschlag heißt. 2) Die Handlung des Abschlagens, doch nur in einigen wenigen Fällen. Besonders die künstige Abrechnung, von dem veralteten abschlagen, abrechnen; doch nur mit der Präposition auf und einem Verbo. Einem etwas auf Abschlag geben oder bezahlen, einen Theil einer Summe bezahlen, der von derselben abgerechnet werden soll. Ich will es auf Abschlag nehmen. 3) Der Ort, wodurch das Wasser abgeschlagen, d. i. abgeleitet, wird. So werden in dem Teichwesen, diejenigen Abläufe, durch welche das überflüssige Wasser eines Teiches seitwärts abgeleitet wird, auch Abschläge genannt.II. Von dem Neutro des Zeitwortes, der Zustand, da etwas abschlägt, d. i. schnell vermindert wird. (a) Die schnelle Verminderung des Preises. Der Abschlag der Waare. In Abschlag kommen oder gerathen, wohlfeiler werden. (b) Wenn jemand von demjenigen, was er vorher behauptet oder gefordert hatte, bald darauf viel nachläßt, so pflegt man gleichfalls zu sagen: das ist ein großer Abschlag; wofür auch Abfall üblich ist. (c) Der Abschlag der Kälte, ihre plötzliche Abnahme.

Anm. Der Plural ist nur in den Bedeutungen des Activi üblich, wo es ein körperliches Individuum ausdrückt. Abschlag für eine abschlägige Antwort:- Bey mir findt ir kein Abschlag, Theuerd. Kap. 82.ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Abschlagen (W3) [Adelung]


Abschlagen, verb. irreg. S. Schlagen, welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, da es denn so, wie das einfache schlagen verschiedene Bedeutungen hat. (a) Durch Schlagen absondern, und zwar so wohl eigentlich. Früchte, Nässe, Äpfel, Birnen abschlagen. Ein Stück von einem Steine abschlagen. Einem den Hut abschlagen. Einem Pferde ein Hufeisen abschlagen. Den Reif von einem Fasse abschlagen. Abschlagen bey den Jä-gern, wenn die Hirsche und Rehböcke die Haut von ihrem Gehörne an den Bäumen abstoßen und abreiben. Als auch in weitern Bedeutungen, für abhauen, abhacken, abbrechen, abziehen u. s. f. Einem den Kopf, die Hand abschlagen, abhauen. Ein Schloß abschlagen, abbrechen. Den Mist abschlagen, in der Landwirthschaft, ihn mit Misthaken von dem Wagen ziehen. Bey den Köhlern bedeutet abschlagen, an einem angezündeten Meiler die untern Plätze zumachen, und um und um eine Hand breit niederstechen. Bey den Kürschnern ist es so viel, als ein Stück von einem Pelze abschneiden. (b) Mit Hammerschlägen aus einander treiben, niederbrechen, im Gegensatze des Aufschlagens. Ein Bettgestell, eine Bude, eine Bühne abschlagen, ein Gezelt abschlagen. (c) Durch einen Schlag abwenden. Einen Streich, einen Stoß abschlagen, in der Fechtkunst, wofür man jetzt lieber pariren sagt. Noch mehr aber, (d) mit Schlägen in figürlicher Bedeutung abtreiben. Den Feind abschlagen. Den Sturm, d. i. den stürmenden Feind, abschlagen. (e) Vermittelst eines Schlages nachbilden oder abbilden. Einen Stämpel in Kupfer oder Messing abschlagen, bey den Schriftgießern und Stämpelschneidern. Eine Münze in Bley abschlagen, S. Abklatschen. In engerm Verstande sind abgeschlagene Münzen solche, wo das in die Platte geschlagene Gepräge sich auf der einen Seite rechts, und auf der andern links darstellet, nummi incusi. (f) Gehörig schlagen. Das Eyweiß mit einem Querl abschlagen. Ingleichen sehr schlagen. Einen wacker abschlagen. Er ist tüchtig abgeschlagen worden. (g) Ableiten, von flüssigen Dingen. Einen Fluß abschlagen, ihm einen andern Lauf geben. Einen Teich abschlagen, ablassen. An einigen Orten sagt man auch, das Bier abschlagen, für abziehen. So auch, sein Wasser abschlagen, seinen Urin fließen lassen. (h) Sich entfernen. Sich von dem Wege abschlagen. Sich von dem Wildpret, oder den wilden Sauen abschlagen, bey den Jägern, wenn ein Thier die übrigen seiner Art verläßt, und sich allein begibt. Im Wald mich von der Straß abschlug, Hans Sachs. (i) Durch Schlagen ein Zeichen zum Abzuge geben. So wird bey den Soldaten die Wache abgeschlagen, wenn der Tambour nach abgelöseter Wache einige Schläge auf der Trommel thut, worauf die Soldaten aus einander gehen, welches auch abtruppen genannt wird. (k) Vorsagen. Einem etwas abschlagen. Ich bath ihn zu mir, allein er schlug es ab. Er hat uns unsere Bitte rund abgeschlagen. Einen Besuch abschlagen. Diese Bedeutung stammet entweder durch eine Figur von der Bedeutung des Abtreibens her, oder auch von dem alten Gebrauche, da, wenn ein Betrag von einem Obern aufgehoben werden sollte, derselbe die Hände der Contrahenden aus einander schlug.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt. 1) Schnell vermindert werden, schnell abnehmen, besonders von dem Preise der Waaren, im Gegensatze des Aufschlegens. Das Getreide schlägt ab, wird wohlfeiler. Diese Waare ist gar sehr abgeschlagen. In dem barbarischen Latein sagte man in dieser Bedeutung ehedem auch abatere. Auf eine ähnliche Art sagt man auch, die Kälte, das Wetter schlägt ab, es wird gelinder; und in Westphalen schlägt die Kuh ab, wenn sich ihre Milch vermindert. 2) Von seiner Richtung schnell abweichen, nur in einigen Fällen. So sagt man, eine Kugel schlägt ab, wenn sie nicht gerade nach dem Ziele fliegt. Das Gewehr schlägt ab, wenn es die Kugel abschlagen macht. Die Niederdeutschen gebrauchen dieses Neutrum häufig mit dem Hülfsworte haben, das Korn, die Kälte hat abgeschlagen. Allein in der ersten Bedeutung wenigstens ist seyn analogischer und auch im Hochdeutschen üblicher. S. Schlagen. Anm. Das Hauptwort die Abschlagung, ist nur in den eigentlichen Bedeutungen des Activi üblich. Das Neutrum wird mit dem zweyten Hauptworte Abschlag ausgedruckt. Abschlagen, bedeutete ehedem auch abziehen, abkürzen; z. B. dez lones abslahen, im Schwadenspiegel. Mehrere Beyspiele haben Haltaus h. v. und das Bremisch-Niedersächsische Wörterbuch Th. 4. S. 807. Allein von dieser Bedeutung ist nur noch das Neutrum, vermindert werden, und das Hauptwort Abschlag, für Verminderung übrig; obgleich noch jetzt einige sagen, eine Münze abschlagen, abwürdigen; das Brot abschlagen, den Preis desselben herunter setzen.


Abschlägig (W3) [Adelung]


Abschlägig, adj. et. adv. von dem Hauptworte Abschlag, einen Abschlag, d. i. Verneinung, in sich fassend. Es ist größten Theils nur in der R. A. üblich, einem eine abschlägige Antwort geben, oder ertheilen. Eine abschlägige Antwort bekommen, erhalten, davon tragen. Man verwechselt dieses Beywort sehr oft, obgleich irrig, mit dem folgenden, und saget dafür eine abschlägliche Antwort.


Abschläglich (W3) [Adelung]


Abschläglich, adj. et. adv. von dem Zeitworte abschlagen, was abgeschlagen, d. i. abgerechnet, werden soll. Eine abschlägliche Bezahlung, die auf Abschlag geschieht. Einen abschläglich bezahlen.


Abschlämmen (W3) [Adelung]


Abschlämmen, verb. reg. act. 1) Vom Schlamme reinigen. Einen Teich, einen Graben abschlämmen. 2) Durch zugegossenes und wieder abgegossenes Wasser von Unreinigkeiten gehörig reinigen. So auch die Abschlämmung. Die breitere Oberdeutsche Mundart behält auch in diesem Zeitworte das a, abschlammen.


Abschläudern (W3) [Adelung]


Abschläudern, verb. reg. 1. Activum, mit der Schläuder forttreiben. Einen Stein abschläudern. Daher die Abschläuderung. 2. Neutrum, mit seyn, schläudernd abfahren. So schläudern, bey den Zeugwirkern die Spulen ab, wenn sie unter dem Spulen ab- und ausspringen.


Abschleichen (W3) [Adelung]


+ Abschleichen, verb. irreg. recipr. S. Schleichen. Sich abschleichen, sich wegschleichen, heimlich fortgehen. Sie haben sich von der Gesellschaft abgeschlichen, Cron.


Abschleifen (W3) [Adelung]


1. Abschleifen, verb. irreg. act. S. Schleifen, polire. 1) Durch Schleifen wegbringen. Eine Spitze von dem Messer abschleifen. Den Rost abschleifen. Eine Kupferplatte abschleifen, die darauf gestochenen Figuren abschleifen. 2) Zur Genüge schleifen, einem Körper durch Schleifen seine gehörige Gestalt geben. Eine marmorne Tafel abschleifen. Eine Klinge abschleifen. In den Spiegel-Fabriken ist der Abschleifer derjenige, der die Glastafeln glatt schleift. Daher die Abschleifung.


Abschleifen (W3) [Adelung]


2. Abschleifen, verb. reg. act. von schleifen, schleppen. 1) Durch vieles Schleifen, oder Schleppen abnutzen. Die Schuhe abschleifen. 2) Auf der Schleife abführen. Güter, Waaren abschleifen. Das Faß ist schon abgeschleifet worden. So auch die Abschleifung.


Abschleiffel (W3) [Adelung]


+ Das Abschleiffel, des -s, plur. inusit. was im Schleifen oder Poliren von einem Körper abgeht, und auch der Schliff genannt wird, Schleifspäne.


Abschleimen (W3) [Adelung]


Abschleimen, verb. reg. act. des Schleimes berauben. Zucker abschleimen. Teichfische in fließendem Wasser abschleimen. Daher die Abschleimung.


Abschleißen (W3) [Adelung]


Abschleißen, verb. irreg. S. Schleißen. Es ist vornehmlich im Oberdeutschen üblich; und zwar:I. Als ein Activum, und da bedeutet es, (a) durch den Gebrauch abnützen, von Kleidungsstücken. Die Kleider, die Schuhe abschleißen. Ein abgeschlissenes, abgetragenes, Tuch. (b) Abreißen, schleifen. Das Thürmlein auf dem Kloster war abgeschlissen, Bluntschli. Daher die Abschleißung. (c) Abspalten.II. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, abgenützet werden. Die Schuhe schleißen ab. Die Kleider sind abgeschlissen.


Abschlendern (W3) [Adelung]


Abschlendern, verb. reg. neutr. mit seyn, mit langsamen, trägen Schritten abgehen. Er ist eben abgeschlendert. S. Schlendern.


Abschlenkern (W3) [Adelung]


Abschlenkern, verb. reg. act. schlenkernd fortschaffen, abschläudern. Den Koth von der Hand abschlenkern. S. Schlenkern.


Abschleppen (W3) [Adelung]


+ Abschleppen, verb. reg. act. 1) Heimlich entwenden und forttragen, im verächtlichen Verstande. Die Köchinnen haben Abschlepper, welche das Essen abschleppen. 2) Figürlich, durch Schleppen, d. i. vieles Tragen, abnützen. Die Kleider, die Schuhe abschleppen.


Abschlichten (W3) [Adelung]


Abschlichten, verb. reg. act. völlig glatt machen, in verschiedenen Fällen des gemeinen Lebens. Bey den Weißgärbern, die Felle abschlichten, sie mit dem Schlichtmonden reinigen. Ein Bret abschlichten, bey den Tischlern, es mit dem Schlichthobel glatt hobeln. Getriebene Arbeit abschlichten, bey den Klempenern, sie mit dem Abschlichthammer glätten. Die Kernstange abschlichten, bey den Stückgießern, den auf dieselbe getragenen Kernlehm mit Schlichte überziehen.


Abschließen (W3) [Adelung]


Abschließen, verb. irreg. act. S. Schließen. 1) Eigentlich. (a) Was angeschlossen war, los schließen. Einen Übelthäter abschließen. (b) Die Feder eines Schlosses ablassen. Ein Schloß abschließen. Ingleichen, die Thür, das Zimmer, das Haus abschließen. 2) Figürlich, den Schluß einer Sache machen, sie völlig zu Ende bringen, besonders von Rechnungen und Verträgen. Eine Rechnung abschließen. Die Handelsbücher abschließen, die Hauptsumme von der Einnahme und Ausgabe ziehen. Wir haben mit einander abgeschlossen, völlig abgerechnet. Einen Vertrag abschließen. Ein abgeschlossener, völlig zu Stande gebrachter, Handel. So auch die Abschließung, in allen obigen Bedeutungen.


Abschlüpfen (W3) [Adelung]


Abschlüpfen, verb. reg. neutr. mit seyn, von etwas hinweg schlüpfen, unvermerkt abgleiten. Damit das Band nicht abschlüpfe.


Abschlürfen (W3) [Adelung]


Abschlürfen, verb. reg. act. schlürfend abtrinken. Die Sahne von der Milch, das Fett von der Brühe abschlürfen.


Abschluß (W3) [Adelung]


Der Abschluß, des -sses, plur. doch seltener, die -schlüsse, von der figürlichen Bedeutung des Verbi abschließen, die Endigung, Berichtigung, der Schluß einer Sache, besonders einer Rechnung, oder eines Vertrages. Der Abschluß einer Rechnung, eines Handelsbuches, eines Geschäftes, eines Vertrages. Damit wir zum Abschlusse kommen.


Abschmack (W3) [Adelung]


* Der Abschmack, des -es, plur. car. ein verdorbener Geschmack; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort. S. Abschmecken.


Abschmausen (W3) [Adelung]


Abschmausen, verb. reg. act. durch Schmausen berauben. Einem sein Vermögen abschmausen.


Abschmecken (W3) [Adelung]


* Abschmecken, verb. reg. neutr. mit haben, welches im Hochdeutschen nur selten gehöret wird, einen verdorbenen Geschmack haben. Wenn eine Speise lange stehet, so wird sie abschmeckend. Üblicher sind Abgeschmackt und Abgeschmacktheit, welche S.


Abschmeicheln (W3) [Adelung]


Abschmeicheln, verb. reg. act. durch Schmeicheln von jemanden erhalten. Einem etwas abschmeicheln. Und mein Kind selbst hat er mir abgeschmeichelt, Weiße. Daher die Abschmeichelung.


Abschmeißen (W3) [Adelung]


+ Abschmeißen, verb. irreg. act. S. Schmeißen, schmeißend, durch Werfen, absondern. Die Äpfel von den Bäumen abschmeißen. Ingleichen herunter schmeißen. Das Pferd hat seinen Reiter abgeschmissen. Einem den Kopf abschmeißen, abschlagen. Die Hände sind entzwey, der Kopf ist abgeschmissen, Gryph. Anm. Abschmeißen für abwerfen ist mit dem einfachen schmeißen und allen dessen Zusammensetzungen nur noch in den niedrigen Sprecharten üblich.


Abschmelzen (W3) [Adelung]


Abschmelzen, verb. irreg. S. Schmelzen.I. Als ein Activum, wo es zuweilen regulär conjugiret wird. Imperf. ich schmelzte ab, Partic. abgeschmelzt. (a) Durch Schmelzen absondern, abschmelzen lassen. Er hat den Knopf von dem Becher, den Deckel von der Kanne abgeschmelzt. Das Bley von dem Silber abschmelzen, wofür man in den Hüttenwerken kunstmäßiger abtreiben sagt. Etwas von einem Dinge abschmelzen, es kleiner zu machen. (b) Zur Genüge schmelzen, durch Schmelzen reinigen. Butter abschmelzen. Abgeschmelzte Butter, Schmelzbutter.II. Als ein Neutrum. 1) Mit dem Hülfsworte seyn, abgeschmelzet werden, schmelzen und abfallen. Der Fuß von dem Leuchter ist abgeschmolzen. 2) Mit haben, das Schmelzen beschließen; wofür im Hüttenbaue Schicht machen üblicher ist.


Abschmieren (W3) [Adelung]


Abschmieren, verb. reg. Es ist, 1. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, das Schmer oder Fett fahren lassen. Das Leder schmiert ab. 2. Ein Activum. (a) Geschwinde und nachlässig abschreiben, im verächtlichen Sinne. Etwas abschmieren. (b) + Derb abprügeln, in niedrigen Ausdrücken. Einen wacker abschmieren.


Abschmutzen (W3) [Adelung]


Abschmutzen, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, den Schmutz fahren lassen. Die Stiefeln schmutzen ab, die Wand schmutzet ab. 2. Activum, schmutzig machen, am häufigsten im Oberdeutschen. Viele Wäsche abschmutzen. Die Hochdeutschen sagen dafür lieber einschmutzen.


Abschnallen (W3) [Adelung]


Abschnallen, verb. reg. act. mit Öffnung der Schnalle abnehmen. Den Mantelsack abschnallen. Sich das Degengehenk abschnallen. Er schnallt den Harnisch ab, legt Helm und Lanze nieder, Wiel.


Abschnappen (W3) [Adelung]


Abschnappen, verb. regul. welches in gedoppelter Gattung gebraucht wird.

I. Als ein Neutrum.

(a) Mit dem Hülfsworte seyn, mit einem schnappenden Schalle schnell abfahren, von Schlössern und ähnlichen Dingen. Der Hahn am Schlosse, das Schloß ist abgeschnappt. Die Thür schnappte ab. + Figürlich, doch nur in den niedrigen Sprecharten, sterben. Er ist abgeschnappt.

(b) + Mit dem Hülfsworte haben, im Reden oder Schreiben plötzlich abbrechen. Wir glaubten noch mehr zu hören, aber er schnappte plötzlich ab, brach ab. In weiterer Bedeutung, plötzlich aufhören überhaupt. Die Tändelwoche schnappt kurz ab, wie der neumodische Styl.II. Als ein Activum, abschnappen machen, in der ersten Bedeutung. Das Schloß, die Thür abschnappen. Schnappe die Thür ab, daß uns niemand störe.


Abschnellen (W3) [Adelung]


Abschnellen, verb. regul. 1. Activum, mit einer Schnellkraft abfahren machen. In Obersachsen im gemeinen Leben auch abschnicken. 2. Neutrum mit seyn, mit einer Schnellkraft abfahren.


Abschnippen (W3) [Adelung]


+ Abschnippen, verb. reg. act. die Spitze eines Dinges abschneiden. Die Haare, die Wolle abschnippen, bey den Tuchmachern. Daher die Abschnipperlinge, singul. inusit. bey den Tuchmachern, die Abgänge der Wolle damit zu bezeichnen, vom Nieders. snippern, snippeln, in kleine Stücke zerschneiden. S. auch Beschnippen.


Abschnittlein (W3) [Adelung]


+ Das Abschnittlein, des -s, plur. ut nom. sing. das Verkleinerungswort des vorigen, ein kleiner abgeschnittener Theil; besonders was bey der Bearbeitung als unnütz abgeschnitten wird. So heißen in den Blech-Fabriken und bey den Klempenern die Abgänge von dem Bleche Abschnittlein. Andere Handwerker nennen solche kleine Abgänge, welche im Schneiden von dem Leder, Pergamente, Tuche u. s. f. abgehen, Abschnitzlein, und Abschnitsel.


Abschnittswinkel (W3) [Adelung]


Der Abschnittswinkel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geometrie, derjenige Winkel, welchen eine Linie, die den Zirkel berühret, daselbst mit dessen Sehne machet, Angulus Segmenti.


Abschnitzen (W3) [Adelung]


Abschnitzen, verb. reg. act. welches das Iterativum von abschneiden ist. 1) Mit mehrern behutsamen und kleinen Schnitten absondern. 2) Durch kleine behutsame Schnitte nachahmen. Eine Figur, eine Gestalt abschnitzen. Im gemeinen Leben macht man von diesem Verbo ein Diminutivum abschnitzeln.


Abschnüren (W3) [Adelung]


Abschnüren, verb. reg. act. 1) Nach aufgelöseter Schnur abnehmen. 2) Mit einer Schnur abmessen, bey den Zimmerleuten, Markscheidern, Gärtnern u. s. f. Ein Beet im Garten, einen Gang abschnüren, dessen Gestalt mit der Meßschnur bestimmen. 3) Mit einer Schnur absondern. Eine Warze abschnüren, abbinden. Wenn der Henker dem Diebe die Gurgeladern abschnüret.


Abschöpfen (W3) [Adelung]


Abschöpfen, verb. reg. act. 1) Durch Schöpfen oben abnehmen. Das Fett von der Brühe, den Schaum von dem Zucker, den Rahm von der Milch abschöpfen. 2) Auf solche Art einer andern Sache berauben. Die Milch abschöpfen, die Sahne von derselben abnehmen. Wie auch, durch Abschöpfen von einer Unreinigkeit reinigen. Den Zucker, das Wachs, den Honig abschöpfen, wofür man doch lieber und besser abschäumen sagt. So auch die Abschöpfung.


Abschoß (W3) [Adelung]


Der Abschoß, des -sses, plur. doch nur von mehrern Arten, die -sse, in den Rechten, so wohl dasjenige Geld, welches Personen, wenn sie aus einem Lande, oder aus einem Gerichte in das andere ziehen, von ihrem Vermögen der Landes- oder Gerichtsobrigkeit bezahlen müssen, und welches auch das Abfahrtsgeld, die Nachsteuer u. s. f. genannt wird; als auch, was von Erbschaften und andern ähnlichen Geldern in solchen Fällen gegeben wird, das Abzugsgeld, der Abzug. In Sachsen ist es nur in der ersten Bedeutung üblich.


Abschräpfen (W3) [Adelung]


Abschräpfen, S. Abschröpfen.


Abschrauben (W3) [Adelung]


Abschrauben, verb. reg. act. los schrauben und abnehmen. Ein Schloß, den Hahn von der Flinte abschrauben. Daher das Abschrauben.


Abschrecken (W3) [Adelung]


Abschrecken, verb. reg. act. 1) Durch Schrecken von etwas entfernen, abhalten. Das Wild abschrecken, es des Nachts erschrecken, und dadurch von dem Felde in das Gehölz jagen. Jemanden von seinem Vorhaben abschrecken. Er läßt sich durch nichts abschrecken. Ihre Geschichte ist so abschreckend (von dem Laster,) daß ich nichts gelesen habe, das so warnend wäre. 2) In verschiedenen Fällen, einen erhitzten Körper mäßig mitWasser besprengen. Einen Fisch mit Essig abschrecken, damit er blau anlaufe, in den Küchen. 3) * Einem etwas abschrecken, durch Schrecken von ihm erzwingen, ist im Oberdeutschen üblicher als im Hochdeutschen. Ir etwan groß geld abschrecken, H. Sachs. So auch die Abschreckung.


Abschreiben (W3) [Adelung]


Abschreiben, verb. irreg. act. S. Schreiben. 1) Durch vieles Schreiben abnützen. Eine Feder abschreiben. Ich habe mir bald die Finger abgeschrieben. 2) Eine Schrift durch Schreiben auf etwas anders übertragen, copiren. Ein Buch, ein Stück aus einem Buche, ein Gedicht, abschreiben. 3) Durch Schreiben wegnehmen, besonders in Rechnungssachen, im Gegensatze des An- und Zuschreibens. Eine Summe in einer Rechnung, in Banco abschreiben. Einem eine Summe, oder etwas abschreiben, es auf seiner Rechnung auslöschen. Einem ein Bergtheil, ein Haus, ein Stück Acker abschreiben, es unter seinem Nahmen auslöschen. 4) Schriftlich absagen. Einem etwas abschreiben. Einen Besuch, eine bestellte Arbeit, einen bestimmten Tag abschreiben. 5) Durch Schreiben bezahlen. Eine Schuld bey jemanden abschreiben. Daher das Abschreiben, und in einigen Fällen die Abschreibung. S. auch Abschrift.


Abschreiber (W3) [Adelung]


Der Abschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämininum die -inn, von Abschreiben, eine Person, welche etwas abschreibt, ein Copist.


Abschreiten (W3) [Adelung]


Abschreiten, verb. irreg. S. Schreiten. Es ist:I. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, aber nur in der figürlichen Bedeutung des Entfernens üblich ist. Von seinem Vorhaben abschreiten. Er ist von dem Wege der Tugend abgeschritten.II. Ein Activum, mit Schritten abmessen. Einen Garten, ein Feld, einen Platz zu einem Gebäude abschreiten. Daher die Abschreitung in dieser thätigen Bedeutung.


Abschreyen (W3) [Adelung]


Abschreyen, verb. irreg. act. S. Schreyen. 1) Mit einem Geschreye verkündigen. Etwas abschreyen. Der Wächter schreyet ab, rufet ab. 2) Mit einem Geschreye absprechen. - Viel stolze Kluge schreyen Dem armen Sterblichen des Willens Freyheit ab, Haged. 3) + Sich abschreyen, sich durch vieles Schreyen abmatten.


Abschrift (W3) [Adelung]


Die Abschrift, plur. die -en, eine abgeschriebene Schrift, eine Copie, im Gegensatze des Originals, oder der Urschrift. Eine Abschrift von etwas nehmen, oder verfertigen. Einem eine Abschrift von etwas geben.


Abschriftlich (W3) [Adelung]


Abschriftlich, adj. et adv. in Gestalt einer Abschrift. Ein abschriftlicher Beyschluß. Die verlangte Urkunde folget abschriftlich hierbey.


Abschröpfen (W3) [Adelung]


Abschröpfen, nicht so richtig abschräpfen, ( S. Schröpfen,) verb. reg. act. in der Landwirthschaft, der Spitzen mit der Sichel berauben. Den Weitzen, das Korn abschröpfen, auch nur schröpfen schlechthin. Daher die Abschröpfung.


Abschrote (W3) [Adelung]


Die Abschrote, plur. die -n, bey den Schlössern, ein kleiner Meißel in dem Amboße, kleine Stücken Eisen darauf abzuschroten. Der Schrotmeißel, Blockmeißel.


Abschroten (W3) [Adelung]


Abschroten, verb. reg. act. außer daß es im Partic. Pass. abgeschroten hat. Es ist nur noch in einigen seiner ehemahligen vielfachen Bedeutungen, besonders im gemeinen Leben üblich. 1) Von schroten, wälzen, hinab wälzen. Ein Faß Bier, ein Faß Wein abschroten, es von dem Wagen wälzen. 2) Von schroten, in die Quere theilen, es mag nun durch Schneiden, Sägen oder Hauen geschehen, bey verschiedenen Handwerkern. Ein Stück von einem Klotze abschroten, mit der Schrotsäge absägen. Den Draht abschroten, bey den Nadlern, ihn mit der Schrotschere abschneiden. Ein Stück Eisen abschroten, bey den Schmieden und Schlössern, es mit dem Schrotmeißel abhauen. 3) Das Getreide abschroten, bey den Müllern, es gehörig schroten, d. i. grob mahlen. 4) Einen Graben abschroten, ihm die gehörige Abdachung geben. 5) Eine Quelle abschroten, sie versetzen, ihren Lauf unterbrechen. Die Quelle ist abgeschroten.

Anm. Dieses alte Zeitwort wird, so wie das einfache schroten, größten Theils nur noch von einigen Handwerkern und Lebensarten aufbehalten. Ehedem war es gebräuchlicher. Min lib ist aba gescroten, mein Leben ist abgeschnitten, heißt es bey dem Notker. Das Niedersächsische afschraden bedeutet schräge abschneiden, einen schmalen Streif nach der Länge abschneiden, welches dem ersten Begriffe des einfachen Zeitwortes am nächsten kommt. S. Schroten.


Abschultern (W3) [Adelung]


Abschultern, verb. reg. act. von der Schulter nehmen oder legen. Besonders bey den Soldaten, das Gewehr von der Schulter in die rechte Hand nehmen.


Abschuppen (W3) [Adelung]


Abschuppen, verb. reg. act. der Schuppen berauben. Einen Fisch abschuppen.


Abschuß (W3) [Adelung]


Der Abschuß, des -sses, plur. die -schüsse, von dem Neutro abschießen. 1) Das Herabschießen des Wassers, dessen schneller Abfluß von einem abhängigen Orte; ohne Plural. Der Abschuß des Wassers, des Stromes. 2) Der Ort, wo das Wasser schnell abfließen kann, der Abfluß; im Hochdeutschen selten. Man muß dem Strome mehr Abschüsse verschaffen. 3) Eine jede stark abhängige Fläche. Der Abschuß des Daches, des Hügels, des Berges, des Ufers.


Abschüssig (W3) [Adelung]


Abschüssig, -er, -ste, adj. et adv. einen Abschuß habend, stark abhängig. Ein abschüssiges Ufer. Die abschüssige Seite eines Berges. Der Berg ist hoch und abschüssig. In dem Forstwesen nennt man einen Baum abschüssig, wenn er über dem Stammende zu schnell an Dicke abnimmt und spitzig wird, welches auch abholzig heißt.


Abschüssigkeit (W3) [Adelung]


Die Abschüssigkeit, plur. inusit. der Zustand, da eine Fläche abschüssig ist.


Abschütteln (W3) [Adelung]


Abschütteln, verb. reg. act. welches das Iterativum des folgenden ist. 1) Durch Schütteln herab bringen. Den Staub abschütteln. Früchte von einem Baume abschütteln. Bald wird der kalte Nordwind den Schmuck der Bäume abschütteln. + Er schüttelt alles wieder ab, Ermahnungen, Verweise, Strafen, machen bey ihm keinen Eindruck, werden sogleich wieder vergessen. Ingleichen auch wohl, einen Baum abschütteln, durch Schütteln seiner Früchte berauben. Das Joch abschütteln, figürlich, sich von einer Sclaverey, einer Unterdrückung befreyen. 2) Heftig schütteln. Das Fieber hat mich wacker abgeschüttelt.


Abschütten (W3) [Adelung]


Abschütten, verb. reg. act. durch Schütten von einem Körper oben wegnehmen. Das Gefäß ist zu voll, schütte etwas ab; besser abgießen. Es ist zu viel Mehl in dem Gefäße, schütte etwas ab. In Oberdeutschland sagt man auch, das Joch abschütten, wofür im Hochdeutschen abschütteln häufiger ist. Daher die Abschüttung.


Abschützen (W3) [Adelung]


Abschützen, verb. reg. act. 1) Den Lauf des Wassers vermittelst des Schutzbretes hemmen. Einen Bach, einen Teich abschützen. Dann auch figürlich im Berg- und Hüttenbaue, die Bälge, das Kunstgezeug abschützen, ihre Bewegung durch Hemmung des Wassers aufhalten, sie abhängen. 2) Durch Aufziehung des Schutzbretes ablassen. So sagt man auch, einen Teich, einen Fluß abschützen. Daher die Abschützung.


Abschwämmen (W3) [Adelung]


Abschwämmen, S. Abschwemmen.


Abschwären (W3) [Adelung]


Abschwären, verb. irreg. neutr. ( S. Schwären,) mit dem Hülfsworte seyn, durch ein Geschwür abgesondert werden. Der Nagel ist ihm abgeschworen.


Abschwärmen (W3) [Adelung]


Abschwärmen, verb. reg. neutr. mit haben, von den Bienen, das Schwärmen vollenden. Der Stock hat bereits abgeschwärmt.


Abschwarten (W3) [Adelung]


+ Abschwarten, verb. reg. act. bey den Fleischern, die Schwarte oder Haut abziehen. Einen Kalbskopf abschwarten. Auf den Bretmühlen schwartet man einen Bretblock ab, wenn man die so genannten Schwarten, oder die äußersten Breter absäget.


Abschwärzen (W3) [Adelung]


Abschwärzen, verb. reg. Ist 1. ein Activum, völlig schwarz machen, welche Bedeutung aber nur selten vorkommt. Denn abschwärzen, für einschwärzen, in der R. A. viele Wäsche abschwärzen, und für anschwärzen in dem Ausdrucke, einen abschwärzen, sind Oberdeutsch. 2. Ein Neutrum, mit haben, die Schwärze fahren lassen. Der Hut schwärzet ab, die Stiefeln schwärzen ab.


Abschwatzen (W3) [Adelung]


Abschwatzen, verb. reg. act. 1) Durch Schwatzen, d. i. gute oder listige Worte, von einem erhalten. Einem Geld, seine Einwilligung u. s. f. abschwatzen. 2) Durch leeres Geschwätz absprechen. Der Offenbarung Würde und Faßlichkeit abschwatzen, Herd.


Abschwefeln (W3) [Adelung]


Abschwefeln, verb. reg. act. von dem beygemischten Schwefel befreyen. Den Rieß, die Steinkohlen abschwefeln. Daher die Abschwefelung.


Abschweifen (W3) [Adelung]


Abschweifen, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum. 1) Im Wasser abspülen. Fische, Garn, Wäsche abschweifen. Bey der Zubereitung der rohen Seide heißt abschweifen oder absieden auch, die rohen Seidenhäuschen in warmes Wasser einweichen. - So soll der Thränensee Auch schweifen von mir ab die Flecken meiner Sünden, Opitz. 2) Bey den Tischlern, mit der Schweifsäge krumm ausschneiden, ausschweifen.II. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich weit von einem Gute entfernen; nur selten. Von dem Wege der Tugend, von der Wahrheit abschweifen. Im Oberdeutschen bedeutet es auch, sich in einem Vortrage von seinem Gegenstande entfernen, ausschweifen, eine Digression machen; in welchem Verstande es aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. So auch die Abschweifung in beyden Bedeutungen.

Anm. Aus dem Haltaus erhellet, daß Abschweif und das Beywort abschweifig ehedem auch in der Bedeutung der Abweichung von der schuldigen Treue gebraucht worden.


Abschwelgen (W3) [Adelung]


Abschwelgen, verb. reg. recipr. Sich abschwelgen, sich durch Schwelgerey entkräften, bis zur Entkräftung schwelgen.


Abschwemmen (W3) [Adelung]


Abschwemmen, verb. reg. welches das Activum von abschwimmen ist, abschwimmen machen, wegschwemmen. 1) Holz abschwemmen, wofür man doch lieber abflößen sagt. 2) Vermittelst vielen Wassers wegschaffen. Den Koth von etwas abschwemmen. Ingleichen auf solche Art reinigen. Die Pferde abschwemmen, oder nur schwemmen. 3) Der Platzregen hat die Felder abgeschwemmet, die obere Erde weggespület. Der Fluß schwemmet das Ufer ab, spület Erde davon ab. So auch die Abschwemmung.


Abschwenden (W3) [Adelung]


* Abschwenden, verb. reg. welches das Activum von abschwinden ist, verschwinden machen, und dadurch veröden oder verwüsten. Dieses Zeitwort wird nur noch in einigen, besonders nördlichen Gegenden von dem Abbrennen der Wälder gebraucht: einen Wald abschwenden, welches man in Liefland röden, und in Preußen pösern nennet. Einen Acker abschwenden, bedeutet auch in ei- nigen Gegenden, z. B. in Pommern, das alte Gras auf demselben abbrennen. S. Schwenden. Daher die Abschwendung.


Abschwimmen (W3) [Adelung]


Abschwimmen, verb. irreg. neutr. ( S. Schwimmen,) mit dem Hülfsworte seyn, von etwas wegschwimmen. Von dem Ufer abschwimmen. Er ist von dem Lande abgeschwommen.


Abschwinden (W3) [Adelung]


* Abschwinden, verb. irreg. neutr. ( S. Schwinden,) mit dem Hülfsworte seyn, abnehmen, abzehren; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Zeitwort. Von der Pein die ich empfunden,Ist mein Antlitz abgeschwunden, Opitz.


Abschwingen (W3) [Adelung]


Abschwingen, verb. irreg. act. S. Schwingen. 1) Durch Schwingen absondern. Den Staub von einem Tuche abschwingen. 2) Durch Schwingen reinigen, zur Genüge schwingen. Ein Tuch abschwingen. Den Flachs abschwingen, in der Landwirthschaft, wo es auch die gehörige Bearbeitung durch Schwingen, ingleichen die Vollendung des Schwingens andeuten kann. 3) Sich abschwingen, sich mit einer schnellen schwingenden Bewegung herablassen. Sich von dem Pferde abschwingen. Daher die Abschwingung in den beyden ersten Bedeutungen.


Abschwitzen (W3) [Adelung]


Abschwitzen, verb. reg. act. 1) Durch Schwitzen wegschaffen, und metonymisch durch Schwitzen reinigen. So nennen die Gärber, die Felle abschwitzen, wenn sie die Haare von denselben mit Salz wegbeißen, weil das Salz in denselben gleichsam ein Schwitzen hervor bringt. Abgeschwitztes Leder, welches auf solche Art zubereitet worden. 2) Durch Schwitzen büßen. Seine Sünden im Fegefeuer abschwitzen, im Scherze. 3) + Sich abschwitzen, durch vieles Schwitzen entkräften. Daher die Abschwitzung, besonders in der ersten Bedeutung.


Abschwören (W3) [Adelung]


Abschwören, verb. irreg. act. S. Schwören. 1) Einen Eid abschwören, ihn ablegen, die Eides-Formel feyerlich nachsprechen. 2) Sich eidlich von etwas los sagen, es verschwören. Seine Religion, eines Dienste, einen Irrthum abschwören. 3) Eine Sache eidlich, mit einem feyerlichen Schwure läugnen. Einen Diebstahl, ein empfangenes Darlehn, einen Wechsel, eine Schuld, seine Hand, seine Unterschrift u. s. f. abschwören. Hierher gehöret wohl auch die niedrige R. A. da man von einem in Ansehung der Eide leichtsinnigen Menschen sagt: er sollte dem Teufel wohl ein Bein abschwören. Daher die Abschwörung in allen obigen Bedeutungen.


Absegeln (W3) [Adelung]


Absegeln, verb. reg. Es ist,1. Ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird, von einem Orte wegsegeln. Das Schiff ist bereits abgesegelt. Der Schiffer wird bald absegeln.2. Ein Activum, die Segel einziehen, in welcher Bedeutung es doch nur bey den Holländischen Windmühlen in Deutschland üblich ist, wo man die Ruthen absegelt, wenn man die Segel an denselben zusammen wickelt.


Absehen (W3) [Adelung]


Absehen, verb. irreg. act. S. Sehen. 1) Von etwas hinweg sehen, das Gesicht davon abwenden, und zwar so wohl in eigentlicher als figürlicher Bedeutung. Lasset uns von diesem Gegenstande absehen. Wenn ich auch davon absehe, es nicht in Betrachtung ziehe, davon abstrahire.2) Zu Ende sehen, das Ende einer Sache mit dem Gesichte erreichen. (a) In eigentlicher Bedeutung. Ich kann diese Fläche nicht absehen. Ein Garten, dessen Länge nicht abzusehen ist, unabsehbar ist. (b) Figürlich, den Endzweck, die Folgen einer Sache mit den Augen des Verstandes erreichen. Ich kann nicht absehen, wozu dieses dienen soll. Ich kann das Ende davon nicht absehen. Ich sehe nicht ab, was dir dieses nutzen soll. Es ist schwerlich abzusehen, warum er das nicht thun wollte. Less.3) Abwarten und sich zu Nutze machen. Seinen Vortheil absehen, ersehen. Er sahe die Gelegenheit ab. Der ober paur nam eben war Und sahs zuvor mit Fleys ab gar, Das er die stein mit maß abließ, Theuerd. Kap. 69. 4) Nach etwas zielen; etwas absehen, noch mehr aber, auf etwas absehen. Den Bogen spannen und sein Ziel So absehen, als der schießen will, Opitz. Besonders in der figürlichen Bedeutung, zur Absicht, zum Endzwecke haben, in welcher Bedeutung der Ausdruck abgesehen seyn, sehr häufig ist. Ich weiß nicht, worauf es damit abgesehen seyn muß, was die Absicht dabey seyn muß. Es muß doch auf etwas abgesehen seyn. Es war damit auf dein Bestes, auf unsern Untergang, auf euern Vortheil abgesehen.5) Durch Zusehen erlernen. Einem einen Handgriff absehen. Er hat es mir abgesehen. Ingleichen durch Aufmerksamkeit aus jemandes Mienen erkennen. Ich that alles, was ich ihm nur an den Augen absehen konnte.


Absehen (W3) [Adelung]


Das Absehen, des -s, plur. ut nom. sing. der Infinitiv des vorigen Zeitwortes, substantive gebraucht. Es bedeutet:1) Die Handlung des Absehens in allen Bedeutungen des Verbi, besonders in dessen vierten, die Bemühung nach einem gewissen Endzwecke; ohne Plural. Ich habe es in dem Absehen gethan daß u. s. f. Sein Absehen gehet dahin, oder ist darauf gerichtet. Ihr Absehn geht allein auf eine holde Dame, Zach. Ein Absehen auf etwas haben, dessen Besitz zu erlangen suchen. Es ist mir lieb, daß sie ein ehrliches Absehen auf meine Tochter haben, Gell. Absehen druckt als der Infinitiv mehr die Bemühung nach einem gewissen Endzwecke, Absicht aber mehr den Endzweck selbst aus, obgleich beyde häufig verwechselt werden.2) Dasjenige, wovon man auf etwas absiehet, oder zielet. So heißt an einigen Schießgewehren, besonders an den Kugelbüchsen, das Stückchen Metall auf deselben, wodurch man zielet, das Absehen, ingleichen die Absicht, oder das Gesicht, das Vister. Auf geometrischen und astronomischen Meß-Instrumenten ist das Absehen, oder die Diopter, ein senkrecht stehendes Blech oder Bretchen, mit einer Öffnung, wodurch man nach den verlangten Puncten siehet. In dieser Bedeutung allein ist der Plural gebräuchlich.


Abseide (W3) [Adelung]


Die Abseide, plur. inusit. im Seidenbauk, eigentlich diejenige Seide, die der Haspeler mit der Ruthe von den Seidenbälglein abziehet, wenn er den reinen Faden sucht, und dann auch alle Arten der Floret-Seide.


Abseifen (W3) [Adelung]


Abseifen, verb. reg. act. der Seife berauben, besonders bey den Seidenbereitern, die Seife, mit welcher die rohe Seide abgekocht worden, abspülen. Daher die Abseifung.


Abseigen (W3) [Adelung]


Abseigen, S. Abseihen.


Abseigern (W3) [Adelung]


Abseigern, verb. reg. act. 1) In den Bergwerken, die Tiefe eines Schachtes mit einer Schnur, oder einem Senibleye abmessen; von seiger, welches in den Bergwerken so viel als senkrecht bedeutet. 2) In den Hüttenwerken, das Seigern, d. i. das Scheiden des Silbers von dem Kupfer vollenden, zu Ende bringen. In dieser Bedeutung kommt es von seigern her, welches das Frequentativum von seihen ist. So auch die Abseigerung in beyden Bedeutungen.


Abseihen (W3) [Adelung]


Abseihen, verb. reg. act. 1) Durch Seihen absondern, wegschaffen. Das Wasser von den Erbsen, von der Grütze abseihen. 2) Metonymisch, durchseihen und dadurch reinigen. Die Milch abseihen. Wasser, Wein abseihen. Daher die Abseihung.


Abseite (W3) [Adelung]


Die Abseite, plur. die -n, in der Baukunst, alles dasjenige, was sich als Nebengebäude zur Seite eines Hauptgebäudes befindet. Besonders die gewölbten Gänge zur Seite des Schiffes einer Kirche. Auch wohl, obgleich seltener, die Flügel, oder Nebengebäude an weltlichen Gebäuden. In Meißen, selbst auf dem Lande, bedeutet es alles, was hinter einem Wohnhause angebauet ist.

Anm. Dieses Wort bedeutet im Oberdeutschen auch die abhängige Seite eines Berges, Daches oder einer andern Fläche. In dem Buche der Natur, welches 1483 gedruckt worden, wird auch der Abseiten nach (unter) der Brust des menschlichen Körpers gedacht. Abseite, im barbarischen Latein Absidis, Absida, kommt von Gebäuden in den mittlern Zeiten sehr oft vor. Es ist aber noch nicht ausgemacht, ob es in dieser Bedeutung Deutschen Ursprunges ist, oder vielmehr von dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Gewölbe, Bogen, herkomme. Mehrere Bedeutungen des Latein. Ausdrucks haben Spelmann und du Fresne gesammelt.


Abseits (W3) [Adelung]


* Abseits, ein im Hochdeutschen veraltetes Nebenwort des Ortes, welches noch hin und wieder im Oberdeutschen vorkommt, für beyseit. Abseits gehen, sitzen, stehen. Hiervon ist noch ein anderer Oberdeutscher Ausdruck, abseiten, oder richtiger ab Seiten, zu unterscheiden, für von Seiten; ab Seiten meiner, von meiner Seite, wo ab das Alemannische Vorwort für von ist.


Absenden (W3) [Adelung]


Absenden, verb. irreg. act. S. Senden, in der höhern Schreibart, so viel als abschicken. Einen Bothen, einen Brief, Waaren absenden. Daher die Absendung und ein Abgesandter; S. das letztere an seinem Orte.


Absengen (W3) [Adelung]


Absengen, verb. reg. act. 1) Durch Sengen wegbringen. Sich die Haare, einem Vogel die Federn absengen. Ingleichen durch Sengen reinigen. Eine Gans, ein Huhn, ein geschlachtetes Schwein absengen, es nach dem Rupfen oder Abbrühen durch Sengen von den noch übrig gebliebenen Federn oder Haaren befreyen; eine Verrichtung, welche man in einigen Oberdeutschen Gegenden auch flämen nennet, ohne Zweifel von Flamme. Daher die Absengung.


Absenken (W3) [Adelung]


Absenken, verb. reg. welches das Activum von absinken ist. 1) Im Gartenbaue, durch Senken fortpflanzen. Bäume, Weinstöcke, Pflanzen absenken, einen Zweig derselben, woran sich eine Knospe befindet, niederbeugen, und mit Erde bedecken, damit die Wurzeln des Auges sich entwickeln und anwachsen können, wie ablegen. 2) Im Bergbaue, die Tiefe hinab arbeiten, abteufen. Einen Schacht absenken, graben. Ein Luftloch oder einen Tageschacht auf den Stollen absenken. Ohne Zweifel ist es ein Mißbrauch, wenn die Bergleute dieses Zeitwort absinken aussprechen, und es auch irregulär abwandeln. S. Senken und Sinken. Daher die Absenkung.


Absenker (W3) [Adelung]


Der Absenker, des -s, plur. ut nom. sing. im Gartenbaue, dasjenige Reis eines Gewächses, welches zur Fortpflanzung abgesenket wird, der Ableger, Senker, das Senkreis.


Absetzen (W3) [Adelung]


Absetzen, verb. regul. welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, und da bedeutet es,1. Herab setzen, von einem höhern oder obern Orte herunter setzen, niedersetzen, und zwar,1) Eigentlich, eine Last absetzen. Ingleichen etwas aus der Hand setzen. Die Speisen absetzen, sie, ehe sie auf die Tafel kommen, in der Nähe auf den Absetztisch setzen. In dieser eigentlichen Bedeutung kommt es nur wenig vor, desto häufiger aber,2) In der weitern, in welcher es auf mancherley Art gebraucht wird. (a) Schnell und auf kurze Zeit von etwas entfernen. Das Gewehr absetzen, es, nachdem es an den Backen gelegt war, abnehmen. So auch, im Trinken absetzen. Austrinken, ohne abzusetzen. (b) Für abwerfen. Das Pferd hat ihn abgesetzet, abgeworfen. Ingleichen bey dem Opitz, von dem Pferde schießen. Jetzt setzt ein kahler Troß, der in dem Vortheil liegt, Den besten Helden ab. (c) Für abschneiden, bey den Wundärzten. Ein Glied absetzen. Eine Brust absetzen. Einen Kopf absetzen, bedeutet in der Kunstsprache der Nachrichter so viel, als ihn abhauen. (d) Für abschlagen, besonders im Bergbaue. Ein Stück von einer Stufe, von dem Gesteine absetzen. (e) Für abziehen. Besonders in den Schmelzhütten, wenn bey dem Bley- und Kupfersteine der Stich geschehen ist, das was sich oben auf dem Werke gesetzet hat, abziehen. (f) Für abstreichen. Besonders bey den Tuchscherern, die ausgeschornen Tücher mit der Bürste auf dem Schertische streichen, welches auch zustreichen genannt wird. Der Tisch, worauf solches geschiehet, heißt daher der Absetztisch. (g) Für aussetzen und zurück lassen. Einen Koffer bey einem absetzen. Der Bothe hat ein Päktchen Waare bey uns abgesetzet. Einen Reisenden an einem Orte absetzen, von Kutschern, Fuhrleuten u. s. f. ihn daselbst zurück lassen. (h) * Kleider absetzen, wofür doch im Hochdeutschen ablegen üblicher ist, welches S. (i) + Zur Folge haben, nur im gemeinen Leben, und ohne Passivum. Es wird Schläge absetzen. Es setzte viele Thränen ab, es wurden viele Thränen dabey vergossen. Es setzte schon wunderliche Reden ab, als er so früh starb.3) In der figürlichen. (a) In Menge verkaufen, doch nur von eigentlich so genannten Waaren. Waaren absetzen. Wir haben diese Messe nicht viel abgesetzet. S. Absatz. (b) Für abwürdigen, des äußern Werthes berauben. Eine Münze absetzen, verrufen. (c) Noch mehr aber, jemanden wegen eines Vergehens der ihm aufgetragenen Würde berauben. Einen Beamten absetzen. Er ist abgesetzet, oder von seinem Amte abgesetzet worden. Einen König, Bischof, Priester, Civilbedienten u. s. f. absetzen. In der edlern Schreibart entsetzen. Da Absetzen in dieser Bedeutung den Begriff der Entfernung von einem höhern Orte hat, so führet es auch theils den Begriff einer Würde, theils eines wahren oder voraus gesetzten Vergehens bey sich, wodurch es sich von abdanken, entlassen und andern ähnlichen hinlänglich unterscheidet. In einigen Gegenden sagt man auch, einen Bauer absetzen, ihn von dem Gute setzen, im Gegensatze des Aufsetzens.2. Wegsetzen, setzend entfernen. Und zwar,1) Eigentlich. + Den Stuhl von der Wand, den Tisch von der Mauer absetzen. Nur im gemeinen Leben.2) In weiterer Bedeutung, den geraden Fortgang einer Sache unterbrechen, einen Absatz machen. Im Schreiben die Zeilen absetzen. Bey den Schmieden bedeutet absetzen, das Eisen an die Schärfe des Amboßes halten, damit es daselbst von den Schlägen nicht getroffen werde, sondern einen Absatz bekomme.3) In figürlicher Bedeutung. (a) * Entwöhnen. Ein Kind absetzen, welche R. A. in Schlesten sehr gewöhnlich, im Hochdeutschen aber nicht üblich ist. Desto häufiger gebraucht man absetzen in dieser Bedeutung in Obersachsen von dem zahmen Viehe. Lämmer, Kälber, Ferkel, Füllen absetzen, von der Muttermilch abgewöhnen. Absetzkälber, Absetzferkel, Absetzlämmer, sind daher solche junge Thiere, die man von den Müttern entfernet, um sie dadurch zu entwöhnen. (b) Abstechen machen, vornehmlich bey den Mahlern. Einen Schrank grün absetzen, das Leistenwerk u. s. f. grün anstreichen, wenn das übrige von einer andern Farbe ist. Dann aber auch in weiterer Bedeutung, einen Gegenstand durch einen unähnlichen oder entgegen gesetzten mehr heben oder hervor stechen machen. Die Farben absetzen, dunklere Farben neben den lichtern auftragen. So wenig eine Landschaft ohne Mannigfaltigkeit das Auge lange vergnüget, wenn das Schöne nicht hier gegen einen unfruchtbaren Hügel, dort gegen ein Sandfeld, dort wiederum gegen, wilde Dornstauden abgesetzet ist, Dusch. Schönheiten, die alle von einer, oder doch von nahe verwandter Art, und nicht genugsam gegen andere abgesetzet sind, ebend. Was wir an andern am meisten bewundern, Schönheit und Reitz, sind in ihr nur die Schatten, ein größeres Licht dagegen abzusetzen, Less. Sie wird die zärtlichen Stellen nicht verderben; sie wird sie noch genug absetzen, ebend. S. auch das Neutrum.3. Völlig zu Ende setzen, das Setzen einer Sache vollenden, besonders in den Buchdruckereyen. Eine Columne, einen Bogen absetzen. Ingleichen,4. Durch Setzen mit Schriften copiren. Eine Handschrift, ein Manuscript absetzen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Unterbrochen werden, seine Richtung und Beschaffenheit verändern. Besonders in den Bergwerken, der Gang setzt ab, fällt aus seiner Stunde, ingleichen verliert sich. Das Gestein setzt ab, wird brüchiger. 2) Verschieden seyn, und dadurch einander heben, einander mehr hervor stechen machen. Zunächst von Farben. Je lebhafter die Farben im Achat-Onyx sind, je stärker sie absetzen, desto höher wird der Stein geschätzt. Aber auch in andern Fällen, wie abstechen, in Vergleichung mit einem andern Dinge lebhaft empfunden werden. Der alte Hut setzt gegen das neue Kleid schlecht ab. Im Hochdeutschen in dieser Bedeutung nur selten. 3) + Von einem absetzen, ihn verlassen. Alles was ich hochgeschätzet, Hat jetzt von mir abgesetzet, Gryph. Im Hochdeutschen nur im gemeinen Leben.

Anm. Das Verbale die Absetzung, wird am häufigsten von dem Absetzen von einem Amte, und von dem Absetzen, d. i. Entwöhnen, des Viehes gebraucht. S. auch Absatz.


Abseufzen (W3) [Adelung]


+ Abseufzen, verb. reg. recipr. sich abseufzen, sich durch Seufzen oder Gram entkräften.


Abseyn (W3) [Adelung]


+ Abseyn, verb. irreg. neutr. ( S. Seyn,) welches sehr elliptisch ist, und daher im Hochdeutschen entweder gar nicht mehr gehöret wird, oder doch nur im gemeinen Leben vorkommt. Es bedeutet, 1) abgesondert seyn. Der Nagel ist ab, abgebrochen. Dem Bilde ist der Kopf ab, abgestoßen. Da Holoferni der Kopf ab war, abgehauen war, Richt. 15. 2) Abgelaufen seyn. Die Spule ist ab, ich will eine andere hohlen. 3) Abgeschaffet, aufgehoben, entkräftet seyn. Die Verheißung ist abe, Röm. 4, 14. Auf eben diese Art sagt man noch in den Rechten, besonders in den Reichskanzelleyen: dieses soll nichtig, todt und ab seyn, abgeschaffet seyn.

Anm. Weil dieses Zeitwort sehr elliptisch ist, so schreibt man es lieber getheilet, ab seyn. In Oberdeutschland bedeutet es auch so viel als entstehen, unterlassen. Z. B. die wir nicht abseyn werden.


Abseyn (W3) [Adelung]


+ Das Abseyn, des -s, plur. car. die Abwesenheit. In meinem Abseyn. Während meines Abseyns. - Wer den, der ihn liebt, In seinem Abseyn läßt bey ihm vergessen werden, Opitz. Mit Recht, sagt ihre Nachbarinn, Liegt dessen Abseyn dir im Sinn, Haged.


Absicht (W3) [Adelung]


Die Absicht, plur. die -en, von dem Verbo absehen.1) Die Handlung des Absehens in uneigentlicher Bedeutung, und ohne Plural. (1) Die Beziehung auf einen gewissen Gegenstand, auf ein gewisses Verhältniß, wie Rücksicht. Die Erkenntniß der Sünde in Absicht auf Gott, so wohl nach seinem Urtheile, als auch in Erwägung der Folgen in unsern Verhält-nissen gegen Gott. In Absicht auf die strenge Kälte. Wenn ich sie gleich den vierten nenne, so ist sie doch in aller Absicht die erste, Less. In dieser Bedeutung wird es ohne Artikel, und nur mit dem Vorworte in gebraucht. (2) Die Bemühung nach einem gewissen Endzwecke, wie das Absehen. Meine Absicht ist darauf gerichtet. Ich habe es in guter Absicht gethan. Er hat eine Absicht auf die junge Witwe hier im Hause.2) Dasjenige, worauf man absiehet; mit dem Plural. (1) Eigentlich, an den Schießgewehren das Stückchen Metall auf dem Rohre, wodurch man zielet, um den Zweck zu treffen, das Absehen, das Vister. Ingleichen an einigen geometrischen und astronomischen Instrumenten, die Dioptern, die Absehen, wodurch man siehet. Noch mehr (2) im figürlichen Verstande, dasjenige, was man bey einer Handlung mit Bewußtseyn und deutlicher Erkenntniß will, durch dieselbe zu erreichen sucht. Seine Absicht erreichen. Traurig, daß ihm seine Absicht fehl geschlagen war. Ihre Verwandelung hat bloß dein Glück zur Absicht. Unsere Absicht mit dem Briefe schlägt leider fehl, Gell. Die Natur erschuf den Menschen zu größern Absichten, als zu bloßer Betrachtung, Dusch. Sollte er wohl unerlaubte Absichten haben? Da es denn zuweilen auch für Ursache gebraucht wird. Gut, das ist auch die Absicht, warum ich nicht will erkannt werden, Weiße.

Anm. Absicht setzt vermöge der eigentlichen Bedeutung des Verbi absehen, allemahl ein vernünftiges Wesen voraus; Zweck und Endzweck aber können auch unvernünftigen und leblosen Dingen beygeleget werden. Der Endzweck einer Schrift, der Endzweck der Welt; aber, die Absicht Gottes, die Absicht der Natur, so fern der Schöpfer darunter verstanden wird, die Absicht eines Menschen. Die Besserung der Zuhörer ist die Absicht des Predigers, aber der Zweck oder Endzweck seiner Predigt.


Absichten (W3) [Adelung]


+ Absichten, verb. reg. act. nur im Niedersächsischen für absieben. S. Sichten.


Absichtlich (W3) [Adelung]


Absichtlich, adj. et adv. mit ausdrücklicher Absicht, in einer bestimmten Absicht gegründet. Leser, welche absichtlich lesen, mit klarem Bewußtseyn, warum sie lesen. Eine absichtliche Beleidigung, in der Absicht zu beleidigen. Er hat es absichtlich gethan.


Absieben (W3) [Adelung]


Absieben, verb. reg. act. vermittelst des Siebes absondern. Die Spreu von dem Getreide absieben. Ingleichen vermittelst des Siebes reinigen. Das Getreide absieben. Niedersächsisch absichten.


Absieden (W3) [Adelung]


Absieden, verb. irreg. act. S. Sieden. 1) Gehörig sieden. Einen Fisch absieden. Seide absieden, mit guter Seife kochen und dadurch zubereiten. S. auch Absud. 2) Durch Sieden reinigen. Ein Stück Zeuges absieden, die Farbe heraus sieden. 3) Zum künstigen Gebrauche sieden. Milch absieden.


Absingen (W3) [Adelung]


Absingen, verb. irreg. act. S. Singen, hersingen, singend hersagen. Ein Lied auf der Gasse absingen. Das Evangelium, die Epistel vor dem Altare absingen. Daher die Absingung.


Absinken (W3) [Adelung]


* Absinken, verb. irreg. neutr. ( S. Sinken,) welches das Hülfswort seyn erfordern, und herab sinken, und niedersinken bedeuten würde, wenn es üblich wäre. Daß die Bergleute dieses Zeitwort für das thätige absenken gebrauchen, ist schon oben bemerket worden.


Absitzen (W3) [Adelung]


Absitzen, verb. irreg. ( S. Sitzen,) welches in gedoppelter Gartung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, von dem Pferde steigen, absteigen. Von dem Pferde absitzen. Man ließ die Dragoner absitzen. Das Pferd bringt den Reiter zum Absitzen, setzt, wirft ihn ab. Von dem Wagen absitzen, wie man ehedem auch sagte, ist jetzt nicht mehr üblich. II. Als ein Activum. 1) Durch Sitzen vermindern. So sagt man, so wohl eine Schuld absitzen, von einem Schuldner, wenn er aus Unvermögen zu bezahlen, dafür in dem Gefängnisse büßen muß; als auch, einen Vorschuß, eine Forderung absitzen, von dem Gläubiger, wenn er sich durch den Besitz des Nießbrauches eines Gutes oder Hauses bezahlt macht. 2) + Bey den Tuchmachern wird es für absetzen, oder abnehmen gebraucht. Das Tuch von dem Rahmen absitzen, abnehmen. 3) + Bis zu Ende der bestimmten Zeit sitzen. Die Miethzeit absitzen, im gemeinen Leben. 4) + Sich absitzen, sich durch langes Sitzen entkräften, besonders von brütendem Federviehe.

Anm. Absitzen, als ein Neutrum für entfernt wohnen, weit abgesessene Leute, Opitz, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Absocken (W3) [Adelung]


* Absocken, verb. reg. neutr. mit seyn, nur in den Salzhütten, für abtröpfeln. Die Salzstücke absocken lassen, abtröpfeln. S. Socken.


Absod (W3) [Adelung]


Der Absod, S. Absud.


Absohlen (W3) [Adelung]


* Absohlen, verb. reg. act. in den Bergwerken, so viel als abnützen, doch nur von den Bergseilen. Die Bergseile absohlen. Es scheinet, daß dieses Zeitwort, welches außer dem Bergbaue nicht gehöret wird, von Seil herkomme, weil es nur allein von den Seilen gebraucht wird.


Absolviren (W3) [Adelung]


+ Absolviren, verb. reg. act. von dem Lat. absolvere. 1) Von der Schuld und Strafe eines Schuld gegebenen Verbrechens frey sprechen, los sprechen; im gerichtlichen Verstande. 2) Die Vergebung der Sünde im Beichtstuhle ankündigen; im kirchlichen Verstande. 3) Zu Ende, zu Stande bringen; in den niedrigen Sprecharten.


Absolut (W3) [Adelung]


+ Absolut, adj. et. adv. von dem Lat. absolutus. 1) An und für sich betrachtet, ohne Beziehung auf ein anderes Ding, im Gegensatze des relativ; im philosophischen Style. 2) Ohne Bedingung, unbedingt, schlechterdings. Ich will es absolut. Ein absoluter Herr, ein unumschränkter.


Absolution (W3) [Adelung]


+ Die Absolution, plur. die -en, von dem Lat. absolutio. 1) In den Rechten, die gerichtliche Lossprechung von der Schuld und Strafe eines Verbrechens, dessen jemand beschuldiget worden. 2) In der Theologie, die Ankündigung der Vergebung der Sünden nach der Beichte.


Absonderlich (W3) [Adelung]


+ Absonderlich, adj. et adv. was abgesondert werden kann, von andern abgesondert zu werden verdienet, und wirklich abgesondert ist, so wohl 1) in der eigentlichen Bedeutung, als auch 2) in der uneigentlichen, besonders in Rücksicht auf die verschiedenen Ursachen der Absonderung. (a) Für eigen, besonder. Dieses erfordert ein absonderliches Buch. Ein absonderliches Zimmer. (b) Für allein, einsam. Absonderlich wohnen, schlafen, essen. Mit einem absonderlich, (allein) reden. Welche Nothwendigkeit leget dir auf, die Zeit dermaßen absonderlich zu verschleißen, und in solcher Einsamkeit herum zu wandern? Opitz. (c) Für einzeln. Jemanden über einen absonderlichen Umstand befragen. Die absonderlichen Umstände erzählen. Insgemein und absonderlich. (d) Für vor andern, insonderheit. Dieß ist überall üblich, absonderlich aber in Franken. Alles wird jetzt theurer, absonderlich das Getreide. (e) Vorzüglich. Eine absonderliche Klugheit, Schönheit, Gnade. Ich bin ihnen absonderlich Dank schuldig. Es ist nichts absonderliches daran. (f) Seltsam, sonderbar. Ein absonderlicher Mensch.

Anm. In allen obigen Bedeutungen ist dieses Wort nur noch in einigen Kanzelleyen und den Oberdeutschen Mundarten üblich. In der anständigern Schreib- und Sprechart bedienet man sich dafür der Wörter besonder und besonders.


Absondern (W3) [Adelung]


Absondern, verb. reg. act. von einem andern Dinge sondern oder trennen, als ein allgemeiner Ausdruck, der die besondere Art und Weise unbestimmt läßt. 1) Eigentlich, dem Orte nach. Ein räudiges Schaf von der Herde, die Lämmer von den Schafen absondern. Die Gefangenen von dem Regimente absondern. Ein großer Fluß sonderte uns von einander ab. Er lebt von allen Menschen abgesondert. Ein abgesonderter Ort. Man sondere den Begriff der Tugend von der Freundschaft ab, so verschwindet ihr Werth und ihr heiliger Glanz, Gell. Fleisch, Muskeln, Drüsen, Häute, sind in den thierischen Körpern lauter Maschinen, welche theils salzige, theils öhlige, theils geistige, theils wässerige Theile aus dem Blute absondern; so lange diese Absonderungen (Secretiones) gehörig von Statten gehen, befindet sich der Mensch in seinem natürlichen gesunden Zustande. 2) In Gedanken absondern, eine Sache deutlicher als eine andere denken, abstrahiren, wofür einige das unbequeme abziehen einführen wollen. Sich Merkmahle von etwas absondern, abstrahiren. Daher die Absonderung, die "Abstraction", und das Absonderungsvermögen, die Kraft der Seele, Dinge von einander abzusondern. 3) Der Verbindung, dem Zusammenhange, der Gemeinschaft nach. Sich von einer Gesellschaft absondern. Sich von der Welt absondern. So auch in den Rechten, besonders in Niedersachsen, mit Reichung eines Theils seines Vermögens von allen künftigen Ausprüchen auf seine Verlassenschaft abfinden. Ein Kind absondern. Abgesonderte Kinder, Brüder, Schwestern. Man pflegt diese Handlung auch abfinden, ablegen, abtheilen und in Soest abschichten zu nennen. Doch wird zu der Absonderung besonders erfordert, theils daß solche von den Ältern bey ihren Lebzeiten, theils aber auch mit Einwilligung der Kinder geschiehet. Das Hauptwort, die Absonderung, kann in allen obigen Bedeutungen gebraucht werden.

Anm. Angels. asyndrian, Schwed. assindra, Holl. afzonderen.


Absonnig (W3) [Adelung]


+ Absonnig, absönnig, adj. et adv. im gemeinen Leben von den Strahlen der Sonne entfernt. Ein absonniger (schattiger) Ort. Ein absönniges Gebirge, bey den Bergleuten, welches von der Sonne nicht beschienen wird.


Absorgen (W3) [Adelung]


+ Absorgen, verb. reg. recipr. Sich absorgen, im gemeinen Leben, sich durch vieles Sorgen entkräften.


Abspalten (W3) [Adelung]


Abspalten, verb. reg. act. außer daß es im Partic. Pass. abgespalten hat, ( S. Spalten,) vermittelst eines Spaltes absondern. Ein Stück von einem Brete abspalten. So auch, sich abspalten, sich vermittelst eines Spaltes ablösen. Daher die Abspaltung.


Abspänen (W3) [Adelung]


+ Abspänen, verb. reg. act. welches in den gemeinen Mundarten so wohl in Ober- als Niederdeutschland üblich ist, so viel als entwöhnen bedeutet, und so wohl von Menschen als Thieren gebraucht wird. Niedersächsisch afspeinen, afspönen, speinen, spenen, spennen.

Anm. Das Stammwort ist das Angels. Spana, Schwed. Spena, Isl. Spini, Holl. Spene, Sponne, Alem. Spune, Spunne, welches so wohl die Brust an den Weibern der Menschen und Thiere, als auch die Milch bedeutet. In Österreich heißet die Spän und in Schwaben das Gespind noch jetzt die Milch. In Westphalen bedeutet Spunner, das Kuheiter, und in Dithmarsen Spön die Zitzen daran. Das Zeitwort spänen bedeutete ehedem eben so wohl säugen, als auch abspänen, d. i. abgewöhnen. Frisch bemerket ganz richtig, daß die erste und eigentliche Bedeutung dieses Wortes noch in dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ziehen, aufbehalten wird. Für abspänen gebrauchen die Hochdeutschen von Kindern lieber abgewöhnen, und in noch edlerer Schreib- und Sprechart entwöhnen. Von Thieren, besonders von Kälbern, ist in Obersachsen und an- dern Gegenden, abbinden, absetzen, abstoßen, und von Ferkeln, an einigen Orten auch abstecken üblich. S. auch Spanferkel.


Abspannen (W3) [Adelung]


1. * Abspannen, verb. reg. act. durch Bereden, Locken oder Körnen abwendig machen. Einem sein Gesinde, sein Vieh, seine Kunden, seine Arbeit abspannen. Daher die Abspannung. S. auch Abspänstig.

Anm. Dieses Zeitwort ist im Hochdeutschen wenig mehr üblich, und kommt nur in Luthers Katechismo und in den Rechten an einigen Orten vor. Es kommt von dem alten spanen, Angels. Sponan, Schwed. Spana, bereden, reißen, locken, her, dessen erste Bedeutung gleichfalls ziehen gewesen seyn mag, so wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - beyde Bedeutungen hat, und von welchem es das Intensivum seyn kann, wie aus dem verdoppelten n erhellet. Das einfache spanan, bereden, kommt in unsern ältesten Alemannischen und Fränkischen Schriftstellern sehr häufig vor.


Abspannen (W3) [Adelung]


2. Abspannen, verb. reg. act. von Spannen, was gespannet, oder angespannet war, los machen. Den Hahn an einem Feuergewehre, die Sehne am Bogen abspannen. Die Pferde, die Ochsen abspannen, sie von dem Wagen, Pfluge los spannen. Ingleichen metonymisch, den Wagen abspannen. Daher die Abspannung.


Abspännig (W3) [Adelung]


+ Abspännig, adj. et adv. bey den Bergleuten und in einigen gemeinen Mundarten, so viel als abspänstig. Einem einen Arbeiter, sein Gesinde abspännig machen.


Abspänstig (W3) [Adelung]


Abspänstig, adj. et adv. ungetreu, abgeneigt, so fern man durch Beredung oder Reißung dazu verleitet worden. Einem sein Gesinde abspänstig machen. Einem abspänstig werden.

Anm. Abspänstig ist von 1. Abspannen so fern es durch Bereden abwendig machen bedeutet. Das st ist in den von spannen, bereden, abgeleiteten Wörtern nichts seltenes. Spenst, Gispuans, Kespanst, kommen bey dem Ottfried und Kero für Beredung vor, und Notker gebraucht Ps. 67, 31. spenstige und ferleitige Meniscen, für Menschen, die sich leicht bereden und verführen lassen.


Absparen (W3) [Adelung]


Absparen, verb. reg. act. durch Sparsamkeit entziehen. Er hat es sich, seinem Munde, seinem Leibe abgesparet.


Abspeisen (W3) [Adelung]


Abspeisen, verb. reg. Es ist:I. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, aufhören zu speisen, Mahlzeit zu halten, von vornehmen Personen. Sie haben abgespeiset, werden bald abgespeiset haben.II. Ein Activum. (a) Mit Speise sättigen, die gehörige Speise reichen. Sein Gesinde abspeisen. Er hat täglich viele Leute abzuspeisen. An den Höfen heißt der abspeisende Marschall, der diesen Tag das Abspeisen, die Abspeisung hat, d. i. die Speisen für den Hof besorget. (b) + Einen abspeisen, im gemeinen Leben, ihm das Abendmahl reichen. Sich privatim abspeisen lassen. (c) Figürlich, mit solchen Dingen zu befriedigen suchen, die dem Verlangen des andern keine Genüge thun. Jemanden mit leerer Hoffnung, mit guten Worten, mit eiteln Versprechungen abspeisen. - Die Hoffnung beßrer Zeiten. Speist mein Verlangen nur mit faulen Fischen ab, Günth.- Wenn Schmeichler preisen, Das Ohr der Eitelkeit mit Lügen abzuspeisen, Dusch.


Abspiegeln (W3) [Adelung]


Abspiegeln, verb. reg. act. die Gestalt eines Dinges in einem Spiegel, oder gleichsam als in einem Spiegel abbilden. Wenn der sanfte Fluß zwischen den lispelnden Röhren dahin gleitete, und die lieben Wolken abspiegelte, Werth. Leid.


Abspinnen (W3) [Adelung]


Abspinnen, verb. irreg. act. S. Spinnen. 1) Durch Spinnen leer machen. Den Rocken abspinnen. 2) Durch Spinnen bezahlen. Eine Schuld, einen erhaltenen Vorschuß abspinnen. Daher die Abspinnung.


Abspitzen (W3) [Adelung]


Abspitzen, verb. reg. act. 1) Mit einer Spitze abnehmen. So spitzen die Mäurer einen hervor ragenden Stein ab, wenn sie ihn mit der Zweyspitze abhauen. 2) Der Spitze berauben. 3) Gehörig spitz machen. So auch die Abspitzung.


Absplittern (W3) [Adelung]


Absplittern, verb. reg. 1) Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich in Gestalt eines Splitters ablösen. 2) Activum, in Gestalt der Splitter absondern. Daher die Absplitterung.


Absprechen (W3) [Adelung]


Absprechen, verb. irreg. act. S. Sprechen.

1) Durch einen förmlichen Spruch, d. i. gerichtliches Urtheil, einer Sache berauben. Einem den Besitz eines Gutes absprechen. Der Richter hat ihm das Leben abgesprochen.

2) In weiterer Bedeutung, die Erlangung eines künstigen Gutes verneinen. Die Ärzte haben ihm das Leben abgesprochen, haben versichert, daß er an dieser Krankheit werde sterben müssen. Man spricht mir alle Hoffnung ab, den Gegenstand der Hoffnung, die gehoffte Sache. Ich will ihm sein Glück nicht absprechen.

3) Jemanden die Anwesenheit einer Eigenschaft verneinen. Man spricht ihm alles Verdienst, alle Gelehrsamkeit ab. Ich will ihm diesen Vorzug nicht absprechen. Daher die Absprechung in der ersten Bedeutung.

Anm. In verschiedenen Provinzen hat dieses Verbum noch einige andere Bedeutungen, die man auch wohl in das Hochdeutsche einzuführen versucht hat.

(a) Unrecht geben. Wir können ihm nicht ganz absprechen.

(b) Abschaffen. Die Kaiser haben selbst den Irrthum abgesprochen,Den Mißbrauch hingethan, die Bilder weggebrochen, Opitz.

(c) Verabreden, besonders in Niedersachsen. Etwas mit einander absprechen. Daher Absprache daselbst auch Abrede bedeutet.


Abspreitzen (W3) [Adelung]


Abspreitzen, verb. reg. act. in dem Bergbaue, mit den gehörigen Spreitzen, d. i. Stützen, versehen. Einen Schacht, einen Gang abspreitzen. Daher die Abspreitzung.


Absprengen (W3) [Adelung]


Absprengen, verb. reg. act. abspringen machen. Eine Saite absprengen. Ein Stück von einer Maner mit Pulver absprengen. Dem Pferde im Reiten ein Hufeisen absprengen. Gläser und Kolben mit dem Abnehmeisen absprengen, bey den Scheidekünstlern. Die Krebse pflegen sich die Scheren abzusprengen. Daher die Absprengung. In dem Ausdrucke, die Gasse auf und ab sprengen, ist es, wie in andern ähnlichen, kein Compositum.


Absprießen (W3) [Adelung]


Absprießen, verb. irreg. neutr. ( S. Sprießen,) mit dem Hülfsworte seyn, welches in der höhern Schreibart in figürlicher Bedeutung für abstammen, gebraucht wird, aber größten Theils nur in der Oberdeutschen Mundart üblich ist. S. auch Absprossen.


Abspringen (W3) [Adelung]


Abspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) mit dem Hülfsworte seyn. 1) In der eigentlichsten Bedeutung, sich mit einem Sprunge von etwas entfernen. Der Hase ist von dem Wege abgesprungen. Ingleichen hinab springen. Von dem Pferde, von dem Wagen abspringen. So gleich springt Raufbold ab, d. i. von dem Pferde, Zachar. 2) In weiterer Bedeutung, schnell von etwas entfernet werden, für absprallen. Die Art springt von dem Aste ab. Die Rugel sprang von der Wand ab. Besonders, wenn solches mit einem Zerbrechen verbunden ist. Die Farbe, der Leim springt ab. Die Saite ist abgesprungen. 3) Figürlich, sich mit dem Gemüthe plötzlich von etwas entfernen, schnell anderes Sinnes werden. Von einer Meinung, von einer Partey, von einer Religion abspringen. So auch absolute, er will wieder abspringen. Auf gleiche Art bedeutet dieses Zeitwort in den Bergwerken, sein Vorhaben ändern, besonders wenn ein Muther einen aufgenommenen Ort verläßt, und einen andern wählet. Ingleichen 4) starken Abfall, oder starke Einschränkung leiden. Man vergleiche beyde, so wird man sehen, wie sehr dieses gegen jenes abspringt.


Absprossen (W3) [Adelung]


Absprossen, verb. reg. neutr. welches aber im Partic. Pass. abgesprossen hat, und mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird, in der edlern und dichterischen Schreibart so viel als abstammen. Er ist von Helden abgesprossen, noch edler entsprossen.

Anm. Absprießen und absprossen sind, so wie die einfachen Zeitwörter sprießen und sprossen, bloß in der Mundart unterschieden, jenes ist in Ober- dieses aber in Niederdeutschland üblich. Beyde aber werden nur in der höhern Schreibart gebraucht.


Absprößling (W3) [Adelung]


Der Absprößling, des -es plur. die -e, in der höhern Schreibart, eine Person, zuweilen auch eine Sache, welche von einer andern abgesprossen ist, ein Abkömmling.


Absprung (W3) [Adelung]


Der Absprung, des -es, plur. die -ünge. 1) Das Abspringen in der ersten, eigentlichen Bedeutung des Zeitwortes. Der Hase macht einen großen Absprung, springt weit von der Fährte ab, bey den Jägern. 2) Das Abspringen in der dritten figürlichen Bedeutung des Verbi. Der Absprung von der Religion, von einer Partey, von einer Meinung. Ingleichen die plötzliche Entfernung von einer Materie. Weil ihr von der Hauptsache einen abermahligen Absprung nehmet, in den Kanzelleyen. 3) Der Abfall, die beträchtliche Einschränkung des Gesagten oder Geforderten. Das ist ein großer Absprung, Abfall. 4) * In einigen Gegenden, die Begebung eines Rechtes oder eines Anspruches. Einem zehn Thaler für den Absprung geben, für den Abtritt. Da es denn auch wohl die Schadloshaltung für diesen Abtritt bedeutet.

Anm. In der zweyten Bedeutung des Zeitwortes gebraucht man lieber den Infinitiv, das Abspringen, als dieses Hauptwort.


Abspülen (W3) [Adelung]


Abspülen, verb. reg. act. 1) Durch Spülen wegschaffen. Den Roth von den Pferden, von einem Gefäße abspülen. 2) Metonymisch, durch Spülen von außen reinigen. Die Pferde, den Wagen, ein Gefäß, das Garn, die Häringe abspülen. Ingleichen von dem Wasser, vermindern, erniedrigen. Das Wasser spület die Berge ab. Der Fluß hat das Ufer abgespület. Daher die Abspülung.


Abspulen (W3) [Adelung]


Abspulen, verb. reg. act. von der Spule abwinden. Garn, Seide, Wolle abspulen, bey den Webern und in den Spinnereyen. Ingleichen das Garn von den Schläuchen abspulen, große Spulen auf kleinere Spulen oder Pfeifen treiben, bey den Tuchmachern und andern Webern. Daher der Abspuler, und im Fämin. die Abspulerinn, diejenige Person, welche solches verrichtet.


Abstählen (W3) [Adelung]


Abstählen, verb. reg. act. 1) Bey den Färben, die Brühe in der Blauküpe probiren, welches dadurch geschiehet, daß man ein in dieselbe getunktes Läppchen in den so genannten Stahl steckt, und es an die Luft setzt. 2) In einem hohen Grade abhärten. Ein abgestählter Mensch.


Abstammen (W3) [Adelung]


Abstammen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, herkommen, dem Geschlechte nach, herstammen. Er stammt von hohen Ahnen ab. Wir stammen alle von Adam ab. Ingleichen von Wörtern. Dieß Wort stammet von keinem andern ab. Daher die Abstammung in beyden Fällen. Abstämmling, für Abkömmling, Absprößling, ist ungewöhnlich und unnöthig.


Abstämmen (W3) [Adelung]


Abstämmen, verb. reg. act. 1) Im Forstwesen, von dem Stamme sondern, d. i. abhauen. Einen Baum abstämmen. 2) Mit dem Stömmeisen wegnehmen, absondern, bey den Tischlern. Daher die Abstämmung. In einigen Mundarten lautet dieses Zeitwort auch abstammen.


Abstämpeln (W3) [Adelung]


Abstämpeln, verb. reg. act. bey den Buchbindern, mit den gehörigen Stämpelzierathen versehen. Ein Buch abstämpeln.


Abstampfen (W3) [Adelung]


Abstampfen, verb. reg. act. 1) Durch Stampfen absondern. 2) Durch Stampfen abnützen. 3) Gehörig stampfen. 4) Das Stampfen vollenden.


Abstand (W3) [Adelung]


Der Abstand, des -es, plur. die -ände, von abstehen. 1) Das Abstehen, in so fern die Entfernung eines Ortes von dem andern dadurch angedeutet wird. Der Abstand eines Hauses von dem andern. Der Abstand eines Sternes von dem andern. Der Abstand der Sonne von der Erde. In allen diesen Fällen nur von solchen Dingen, welchen man ein Stehen beylegt. 2) Figürlich, die Entfernung, so wohl der Zeit nach. Das wird erst in beträchtlichen Abständen der Zeit merklich. Als auch der Macht und Würde nach. Siehe deinen Abstand von mir an, du bist reich, ich habe nichts, Weiße. Wie blind oder eitel müßte ich nicht seyn, wenn ich den großen Abstand zwischen ihm und mir nicht sehen sollte! Dusch. Ach, der Abstand zwischen dir und mir ist zu weit, zu unendlich! ebend. 3) In den Rechten, das Abstehen von einem Rechte, oder die Begebung desselben; ohne Plural. Ich habe ihm fünfzig Thaler für den Abstand gegeben. In Niedersachsen sagt man in dieser Bedeutung, Abstand thun, welches aber im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist.


Abständer (W3) [Adelung]


+ Der Abständer, des -s, plur. ut nom. sing. im Forstwesen, ein abgestandener Baum.


Abständig (W3) [Adelung]


+ Abständig, adj. et adv. welches nur im Forstwesen üblich ist, und von dem Holze gebraucht wird, wenn es abgestanden, oder auf dem Stamme verdorret ist. Abständiges Holz. Das Holz ist abständig geworden.


Abstatten (W3) [Adelung]


Abstatten, verb. reg. act. 1) In den Rechten, mit Ertheilung der gehörigen Mitgabe verheirathen. Eine Tochter, eine Jungfrau abstatten, wofür aber ausstatten gebräuchlicher ist. 2) * Entrichten, nur in einigen Gegenden. Die Unkosten abstatten, erstatten. Die Gebühren abstatten, entrichten. 3) In der edlern und feyerlichern Schreibart, so viel als ertheilen, leisten, geben, ablegen. Einen Besuch bey jemanden abstatten, ablegen. Einen Gruß von jemanden abstatten, ablegen. Ein Zeugniß abstatten, ablegen. Einem die letzte Ehre abstatten, erweisen. Dank abstatten, sagen. Schon wollte ich ihm den feurigsten Dank abstatten. Daher die Abstattung in beyden Bedeutungen.

Anm. Das einfache statten bedeutete in den Nordischen Mundarten ehedem auch so viel als geben und schenken, und hiervon leitet Ihre beyde Bedeutungen des Deutschen abstatten ab. Es läßt sich hören; es hat aber auch die Ableitung von Statt, locus und statten, den gehörigen Platz anweisen, stellen, nichts unwahrscheinliches. Denn wenn eine Tochter abgestattet wird, so verläßt sie die Stätte oder Wohnung ihres Vaters und bekommt ihre eigene. Auf gleiche Art sagten die Lateiner von locus, locare, und elocare, wovon das Deutsche abstatten und ausstatten eine bloße Übersetzung ist, welches von mehrern, besonders gerichtlichen Ausdrücken gilt.


Abstäuben (W3) [Adelung]


Abstäuben, verb. reg. act. den Staub wegschaffen, noch mehr aber metonymisch, von dem Staube reinigen. Ein Buch, den Tisch, die Schuhe, die Wand abstäuben. Daher die Abstäubung. In den gemeinen Mundarten sind auch die Frequentativa abstäubern, abstöbern und abstöpern, üblich.


Abstäupen (W3) [Adelung]


Abstäupen, verb. reg. act. gehörig oder nach Verdienst stäupen. Ein Kind abstäupen.


Abstechen (W3) [Adelung]


Abstechen, verb. irreg. S. Stechen. Es ist:I. Ein Activum, und bedeutet:1) Herab stechen, mit Stichen von einem höhern Orte herunter bringen. Seinen Gegner von dem Pferde abstechen. So auch, ein Fuder Heu, Stroh, Garben abstechen, in der Landwirthschaft, es mit der Gabel abladen, Nieders abstaken. 2) Mit einem Stiche absondern. Einem Thiere die Kehle, sich die Gurgel abstechen. Rasen abstechen. Ein abgestochener Rasen. Bey den Drechslern ist abstechen mit dem umgekehrten Meißel abnehmen. Von dieser Art des Abstechens hat bey den Zinngießern ein gewisses Dreheisen den Nahmen des Abstecheisens. Ingleichen metonymisch, mit einem Stiche in die Gurgel tödten. Ein Schwein, ein Kalb, ein Schaf, eine Gans, ein Huhn abstechen.3) Im Stechen übertreffen, so wohl, (a) eigentlich in den Ritterspielen, einen abstechen, den Ring oder aufgesteckten Preis mit der Lanze eher erreichen als er; als auch (b) uneigentlich, in jeder andern Sache den Vorzug abgewinnen, übertreffen. So sagt man im Kartenspiele, einen abstechen, ihn durch eine höhere Karte des Stiches berauben. Ingleichen im Scheibenschießen, näher als ein anderer zum Ziele treffen. Ferner: Der Tauben Atlas stach Dianens Silber ab, Günth. Dieser Blumen Jaspis kann Sarder und Schmaragd abstechen, Gryph. 4) Mit Stechen ableiten. Das Wasser abstechen, abgraben. Ingleichen, einen Fluß, Teich, Sumpf abstechen. Den Wein abstechen, abzapfen, in einigen Gegenden. So auch in den Hüttenwerken, das geschmolzene Erz abstechen, es vermittelst eines Stiches durch das Auge in die Abstechgrube oder den Abstechherd ableiten. Auf den hohen Öfen wird das Eisen mit dem Abstechstachel gleichfalls abgestochen.5) Mit Stechen oder Graben nachbilden. Eine Zeichnung, ein Gemählde, ein Kupfer abstechen, mit dem Grabstichel nachstechen. Ein Muster abstechen, bey den Nähterinnen, ein Muster nach allen Zügen mit Nadeln durchstechen, und dadurch auf ein untergelegtes Papier abbilden. Ein Lager, einen Garten, einen Platz zu einem Hause abstechen, durch ausgestochene oder ausgegrabene Erde bezeichnen. Geschiehet solches durch eingeschlagene Stäbe, so heißt es abstecken.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, als verschieden lebhaft empfunden werden, und zwar in Vergleichung mit einem andern Dinge, welches alsdann die Vorwörter gegen und von, seltener und nicht so richtig mit bekommt. Diese Farbe sticht gut, schlecht gegen jene ab. Der alte Hut sticht schlecht gegen das neue Kleid ab. Ihre fröhlichen Entzückungen stechen mit den gründlichen Eigenschaften ihrer Schwester vortrefflich ab, Less. Sie überlegen nie, daß die Stickerey von dem Grunde abstechen muß, Ebend. Man wird durch das Abstechende beyderseitiger Gedanken ungemein gerühret werden. Alberts gelassene Außenseite sticht gegen die Unruhe meines Charakters sehr lebhaft ab, Werth. Leid. Das Perfect und Plusquamperf. sind von diesem Neutro wenig üblich.

Anm. Das Hauptwort das Abstechen kann in allen Bedeutungen der thätigen so wohl, als Mittelgattung, die Abstechung aber nur in den eigentlichen Bedeutungen der ersten gebraucht werden. Doch kommt das letztere auch zuweilen in der neutralen Bedeutung vor. Lessing hat (in der Minna von Barnhelm) die Abstechung seiner Personen aus den Verstößungen ihrer Charaktere heraus zu hohlen gewagt, Sonnenf. für Contrast. Die Charaktere, welche zur Abstechung gegen die Hauptfigur geordnet worden, ebenders. S. auch Abstich.


Abstecken (W3) [Adelung]


Abstecken, verb. reg. act. 1) Was mit Nadeln angesteckt war, los stecken. Das Halstuch, eine Schleife abstecken, wofür man in Oberdeutschland abhäfteln und abspäneln sagt. 2) Durch Stecken bezeichnen. Ein Lager, einen Garten, den Lauf einer Jagd abstecken, mit eingesteckten Pfählen, welches vermittelst des Absteckeisens, ingleichen der Absteckschnur oder Abstecklinie geschiehet.Doch diese Dunkelheit hat abgesteckte Schranken, Opitz.3) * Abgesondert stecken oder stellen. In diesem Verstande bedeutet abstecken, von den Ferkeln gebraucht, an einigen Orten so viel als absetzen, d. i. entwöhnen. So auch die Absteckung in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Von dem Unterschiede zwischen abstechen und abstecken, der so oft vernachlässiget wird, S. Stechen und Stecken.


Abstehen (W3) [Adelung]


Abstehen, verb. irreg. ( S. Stehen,) welches auf gedoppelte Art üblich ist.

I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn.

1) Von etwas entfernt oder abgesondert stehen. Der Tisch stehet weit von der Wand ab. Der Schrank stehet nicht weit genug ab, von der Mauer. Der Stuhl muß noch weiter abstehen. S. Abstand.

2) Sich in der stehenden Stellung entfernen.

(a) Eigentlich, nur in einigen wenigen Fällen. Der Jäger stehet ab, wenn er den Anstand vergebens verläßt. Das große Geflügel stehet bey den Jägern ab, wenn es von einem Baume fliegt, welches auch abbaumen genannt wird. (b) Figürlich. (1) Ablassen, nicht fortsetzen. Von dem Schreiben, Bauen abstehen. Von einem Kaufe, von einer Klage, von einer Forderung, von seinem Vorhaben, seiner Meinung abstehen. Er ist von seinem Rechte, von seinen Ansprüchen abgestanden, hat sich derselben begeben. Die Wortfügung einer Sache abstehen, z. B. Noch wollt er dennoch nichtSeiner poßheit absteen, Theuerd. Kap. 25. ist Oberdeutsch. (2) Verderben, besonders von flüssigen Dingen. Der Wein, der Essig, das Bier ist abgestanden. Abgestandener Essig. Ingleichen von den Bäumen, wie abdorren und abfliegen. Der Baum wird bald abstehen. Ein abgestandener Baum. Wie auch von den Fischen, sterben. Die Fische sind abgestanden. Ein abgestandener Aal. Wenn es den Fischen im Winter an Luft mangelt, oder das Wasser in den Teichen verdorben ist, so pflegen sie aus ihrem Lager in der Tiefe herauf und an die Muhnen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - zu kommen, und dieses heißt aufstehen. Leistet man ihnen nicht schleunige Hülfe, so sterben sie, und dieß heißt im eigentlichsten Verstande abstehen, weil sie alsdann in einiger Entfernung von dem Ufer stille stehen. Vielleicht ist der Ausdruck von diesem Umstande entlehnet, und hernach auf die Bäume und flüssigen Dinge übergetragen worden.II. Als ein Activum. 1) Einem etwas abstehen, abtreten, es ihm überlassen; am häufigsten in Niedersachsen. 2) * Eben daselbst sagt man auch ein Amt abstehen, es niederlegen, ein abgestandener (abgegangener) Bürgermeister, bey welcher R. A. man nur nicht an einen abgestandenen Fisch denken muß. Schon die Griechen sagten in dieser Bedeutung, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein obrigkeitliches Amt niederlegen. 3) + Sich abstehen, als ein Reciprocum, sich müde stehen, von vielem Stehen Schaden leiden. Das Pferd hat sich in dem Stalle ganz abgestanden.

Anm. Abstehen, Goth. afstandan, Schwed. afsta, wird in den Provinzen noch auf verschiedene andere Arten gebraucht, die aber im Hochdeutschen unbekannt sind. (a) Einem abstehen, seine Partey verlassen, ist so wohl in Oberdeutschland, als in Niedersachsen gebräuchlich, aber im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich, als die R. A. von einem abstehen, in gleicher Bedeutung. (b) Abschlagen, z. B. Theuerd. Kap. 105. (c) Absteigen, aussteigen, wovon im Theuerdank häufige Beyspiele vorkommen, z. B. Als er nun abgestanden was Vom scheff, Kap. 43.- Herr steet ab drat Zu Füßen von eurem pferdt, Kap. 38. Und Kap. 64. An das Land abstehen. (d) Stille stehen. Die Mühlen stunden mehrentheils ab, Bluntschli, ein Zürchischer Geschichtschreiber.


Abstehlen (W3) [Adelung]


Abstehlen, verb. irreg. act. S. Stehlen. 1) Eigentlich, verstohlner Weise entwenden. Dem lieben Gott die Tage abstehlen, Gell. Ich stahl ihr schnell ein Mäulchen ab, Gerstenb. Durch ein verdreht Gesicht, durch ein verwirrt Erzählen Glückt es dem Zänker nicht, ihm Beyfall abzustehlen, Kästn. 2) In weiterer Bedeutung, heimlich ablernen, verstohlner Weise absehen. Einem eine Kunst, einen Handgriff abstehlen.


Absteifen (W3) [Adelung]


Absteifen, verb. reg. act. 1) Gehörig steif machen. 2) Einen Schacht absteifen, im Bergbaue, ihn inwendig mit den gehörigen Steifen oder Spreitzen versehen, damit er nicht einfalle; welches auch abspreitzen genannt wird.


Absteigen (W3) [Adelung]


Absteigen, verb. irreg. neutr. ( S. Steigen,) welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird. 1) Herab steigen. Von dem Pferde, von dem Wagen absteigen, oder auch absolute, absteigen. 2) In weiterer Bedeutung, auf der Reise einkehren. Wir sind unter Weges in keinem Gasthofe abgestiegen. Bey einem absteigen. Daher das Absteige-Quartier, wo man gewöhnlich abzusteigen pflegt. 3) Figürlich, in den Geschlechtsregistern, die absteigende Linie, diejenigen Personen, welche in gerader Linie von einem angenommenen Stammvater herkommen; im Gegensatze der aufsteigenden Linie.


Absteinen (W3) [Adelung]


+ Absteinen, verb. reg. act. 1) Durch Grenzsteine absondern. Einen Acker absteinen. 2) Mit den gehörigen Grenzsteinen versehen. Eine Flur absteinen. Beydes im gemeinen Leben.


Abstellen (W3) [Adelung]


Abstellen, verb. reg. act. 1) * Eigentlich, der Stelle berauben, in welcher Bedeutung aber dieses Zeitwort nicht üblich ist. 2) Figürlich, als schädlich abschaffen, aufhören machen. Eine übele Gewohnheit abstellen. Dieser Mißbrauch muß abgestellet werden. Daher die Abstellung.


Abstemmen (W3) [Adelung]


Abstemmen, S. Abstämmen.


Abstempeln (W3) [Adelung]


Abstempeln, S. Abstämpeln.


Absteppen (W3) [Adelung]


Absteppen, verb. reg. act. Einen Rock absteppen, bey den Nähterinnen, ihn gehörig durchnähen.


Absterben (W3) [Adelung]


Absterben, verb. irreg. neutr. ( S. Sterben,) welches das Hülfswort seyn erfordert. Es bedeutet:1) So viel als das einfache sterben, indem die Partikel nur die Bedeutung verstärkt, versterben; und zwar, (a) eigentlich, wo aber nur der Infinitiv als ein Hauptwort üblich ist, und Statt des härtern Wortes Tod gebraucht wird. Vor meinem Absterben. Es ist die Pflicht unserer Freunde, bey unserm Absterben Thränen zu vergießen. (b) Figürlich, von den Gliedern und Theilen des menschlichen Leibes, fühllos werden, alle Empfindung verlieren, zum animalischen Leben nach und nach unbrauchbar werden. Der Aussatz nimmt den Gliedern mit der Zeit das Gefühl, bis sie endlich gar absterben. Ein abgestorbenes Glied. Der Unglückliche, dessen Leben unter einer schleichenden Krankheit allmählich abstirbt, Götze. Ingleichen von den Bäumen, verdorren, abstehen. Der Baum stirbt auf dem Stamme ab. Ein abgestorbener Baum. Wie auch in den Bergwerken von den Erzen. Die Erze sterben ab, nehmen ab, werden geringer. Ferner, alle Lebhaftigkeit verlieren. Handel und Wandel, alles ist abgestorben.2) Durch den Tod aller seiner Individuen beraubet werden, aussterben. Ein Kloster absterben lassen, die Mönche in dem Kloster. Dieses Haus wird bald absterben. Ein längst abgestorbenes Geschlecht. Ingleichen figürlich. Ein abgestorbener Wald. Schon lange grünt uns nicht mehr der abgestorbene Wald, Der in die süßen Schatten uns rief, Zachar. 3) Durch den Tod von etwas getrennet werden, und zwar a) in eigentlicher Bedeutung. Seine Ältern sind ihm sehr früh abgestorben. Es ist mir an ihm ein sehr guter Freund abgestorben. b) Figürlich, sich auf immer von etwas trennen, im moralischen und theologischen Verstande, keine Empfindung mehr von und gegen etwas haben. Der Sünde, der Welt, den Wollüsten abgestorben seyn. Der Eitelkeit absterben. Welcher Mensch ist so sehr verloren, daß er schon aller Reue abgestorben sey: Dusch.


Absteuer (W3) [Adelung]


* Die Absteuer, plur. die -n, an einigen Orten z. B. in der Mark Brandenburg, eine Art des Abschosses oder des Abfahrtsgeldes, welches ein Unterthan bey seinem Abzuge aus einer Gerichtsbarkeit erleget. So heißt es in der Märkischen Amtsordnung N. 68. Ein Hüfner gibt einen Thaler Abfahrtsgeld, ein Coffäte einen halben Thaler Absteuer. S. Abzug.


Absteuern (W3) [Adelung]


Absteuern, verb. reg. act. in der Schifffahrt, so viel als ablenken, abstoßen. Das Schiff von dem Lande absteuern.


Abstich (W3) [Adelung]


Der Abstich, des -es, plur. die -e, von abstechen. 1) Alles dasjenige, was abgestochen worden. Besonders in den Hüttenwerken, die durch das Stichauge in den Tiegel oder Stichherd geflossene Materie. Ingleichen bey den Nähterinnen, was nach einem Muster zum Ausnähen abgestochen ist. 2) * Bey einigen, obgleich nur selten, die Abstechung, der Contrast. Das machte mit seiner gewöhnlichen Heiterkeit einen Abstich, besser, stach dagegen ab, fiel dagegen auf.


Abstimmen (W3) [Adelung]


Abstimmen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) * Eigentlich, nicht zusammen stimmen, von den Tönen in der Musik. 2) * Figürlich, anderer Meinung seyn. Von einem abstimmen. Beyde Bedeutungen sind, so wie das Bey- und Nebenwort abstimmig in der letztern, im Hochdeutschen wenig, im Oberdeutschen aber desto mehr bekannt. 3) Einen abstimmen, dessen Stimme oder Votum durch die folgenden Vota verwerfen; für das ausländische abvotiren.


Abstoßen (W3) [Adelung]


Abstoßen, verb. irreg. act. S. Stoßen. Es ist:I. Ein Activum, und bedeutet:1. Mit einem Stoße absondern, und zwar 1) eigentlich. Ein Stück von der Mauer abstoßen. Dem Ochsen sind die Hörner abgestoßen worden, und er hat sich die Hörner abgestoßen. Daher die sprichwörtliche R. A. sich die Hörner abstoßen, durch gefundenen Widerstand behutsamer, nachgebender werden, S. auch Ablaufen. Einem zum Galgen verurtheilten das Genick, einem zum Rade verurtheilten das Herz abstoßen. + Die Angst will ihm das Herz abstoßen, tödten. Daher die sprichwörtliche R. A. er mußte es ausplaudern, sonst hätte es ihm das Herz abgestoßen. Es wird dir das Herz nicht abstoßen, nehmlich, wenn du es verschweigest. 2) In weiterer Bedeutung, drückt es verschiedene, mit einem Stoße verbundene Arten der Absonderung aus. So bedeutet z. B. abstoßen bey den Tischlern so viel als abhobeln. Das Rauhe am Holze mit dem Hobel abstoßen, und metonymisch, ein Bret abstoßen, ihm die Ungleichheiten mit dem Hobel benehmen. Bey den Weißgärbern und Pergamentern bedeutet, die Haare abstoßen, ingleichen metonymisch, ein Fell abstoßen, die Haare von dem noch nassen Felle auf dem Streich- oder Abstoßbaume, mit dem Abstoßmesser abschaben. Bey den Mäurern und Zimmerleuten ist abstoßen, die scharfen Ecken an einem Steine oder Stücke Bauholz abhauen. 2. Mit einem Stoße entfernen. 1) Eigentlich. Den Kahn abstoßen, von dem Ufer. Den Stuhl von der Wand abstoßen. 2) In weiterer Bedeutung, a) an einigen Orten, besonders in Oberdeutschland, so viel als entwöhnen, von Thieren. Kälber, Füllen, Lämmer abstoßen. b) In der Landwirthschaft, von dem Rindviehe, die Kälberzähne abstoßen, sie verlieren, welches bey den Pferden abschieben und schieben, und bey den Rindern abzahnen und zahnen genannt wird. c) Bey den Treibejagden, denjenigen Treibeleuten, welche aus der Linie gekommen sind und zurück bleiben, fortzugehen befehlen, bis sie mit den übrigen eine Linie machen. d) In der Landwirthschaft stößet man die Bienen ab, wenn man sie tödtet, und ihnen den Honig nimmt. 3) Figürlich. Eine Schuld abstoßen, bezahlen, im gemeinen Leben.3. Mit Stoßen zur Vollkommenheit bringen, durch Stöße die gehörige Gestalt geben. So heißt in den Hüttenwerken, eine Höhle oder Grube abstoßen, sie mit Gestübe oder Asche ausfüllen, und selbige fest einstampfen.4. Sich abstoßen, durch vieles Anstoßen abgenützet werden. Die Kleider stoßen sich ab. Die Schuhe haben sich abgestoßen.II. Ein Neutrum. 1. Mit dem Hülfsworte seyn. Von dem Lande abstoßen, mit dem Schiffe oder Kahne von dem Lande abfahren. Wir sind gestern früh vom Lande abgestoßen. 2. Mit haben, nur bey den Jägern, so viel als abblasen, d. i. das Ende der Jagd durch einen Stoß in das Hifthorn verkündigen.

Anm. Das Hauptwort die Abstoßung kann in allen eigentlichen Bedeutungen des Activi gebraucht werden. In Oberdeutschland bedeutet abstoßen, von Waaren gebraucht, auch so viel als absetzen, d. i. verkaufen, und der Abstoß, so viel als Absatz oder Verkauf.


Abstract (W3) [Adelung]


"Abstract", adj. et adv. von dem Lat. "abstractus".

1) An einem andern Dinge befindlich, aber von demselben abgesondert gedacht; im Gegensatze des concret. Die Tugend ist ein abstracter Begriff, ein abgesonderter, allgemeiner, bey einigen auch wohl, aber nicht so schicklich, ein abgezogener; weil sie nicht für sich bestehet, sondern immer an einem andern Dinge befindlich ist, S. "Abstrahiren".

2) Ein abstracter Kopf, der Fertigkeit besitzet, abstracte Begriffe zu bilden.

3) Durch allzu starke "Abstraction" dunkel, schwer zu verstehen.

4) + Zerstreut, unaufmerksam. Ein abstracter Mensch.


Abstrafen (W3) [Adelung]


Abstrafen, verb. reg. act. gehörig strafen, mit der verdienten Strafe belegen, doch nur von leichten Strafen. Einen seiner Vergehen wegen abstrafen. Ein Kind mit Worten, mit der Ruthe abstrafen. Sich abstrafen lassen, sich der verdienten Strafe unterwerfen. Daher die Abstrafung.


Abstrahiren (W3) [Adelung]


Abstrahiren, verb. reg. act. von dem Lat. "abstrahere". 1. In Gedanken absondern, besonders unselbstständige Begriffe von selbstständigen Dingen absondern; bey einigen, obgleich nicht so schicklich, "abziehen". Sich Merkmahle "abstrahiren". 2. + "Von etwas abstrahiren", als ein Neutrum, mit haben, davon abstehen, die Hoffnung dazu, und das Bemühen darnach aufgeben.


Abstreifen (W3) [Adelung]


Abstreifen, verb. reg. act. durch Streifen absondern. Die Blätter eines Zweiges abstreifen, und metonymisch, einen Zweig abstreifen. Ingleichen bey den Jägern, einem Thiere die Haut abziehen, ohne solche am Bauche zu öffnen, welche Haut alsdann ein Balg genannt wird. Einem Wolfe, Luchse, Fuchse, Hasen, Biber, Marder, einer Otter, Katze den Balg abstreifen; ingleichen metonymisch, einen Wolf, Luchs, Fuchs, Hasen abstreifen. So auch, einen Aal, eine Schlange abstreifen. Daher die Abstreifung.


Abstreiten (W3) [Adelung]


Abstreiten, verb. irreg. act. S. Streiten. 1) Durch einen Rechtshandel entziehen, abrechten. Er hat mir einen Garten, ein Haus abgestritten. Noch mehr aber, 2) streitig machen, durch Gründe und Gegengründe zu entziehen suchen. Einem seinen Grund und Boden abstreiten. Ein Kind sucht Kindern oft den Apfel abzustreiten, Haged. 3) Mit Gründen gegen geäußerte Gegengründe absprechen, dessen Besitz verneinen. Man will uns alle Vorzüge abstreiten. 4) Durch Gründe gegen eines andern Gegengründe verneinen. Das lasse ich mir nicht abstreiten.


Abstrich (W3) [Adelung]


Der Abstrich, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des Abstreichens, in manchen einzelnen Fällen. 2) Was abgestrichen wird. Besonders in den Hüttenwerken, die Unart, welche sich bey dem Abtreiben des Silbers auf dem Treibeherde in die Höhe begibt, und abgestrichen wird. In den Zinnwäschen wird die taube Schlacke, welche in dem Siebe abgehoben wird, gleichfalls der Abstrich genannt.


Abstricken (W3) [Adelung]


Abstricken, verb. reg. act. 1) Von stricken, acu texere. (a) Durch Stricken leer machen. Eine Nadel abstricken. (b) Durch Stricken bezahlen. Eine Schuld abstricken. 2) * Von Strick, laqueus, gewaltsam berauben. Einem sein Vermögen abstricken, verkümmern. Einem Lande die Zufuhre, die Lebensmittel abstricken, abschneiden. Hast alle Weg und Bahn Den Bothen abgestrickt, daß niemand für dich kann, Opitz. Ich besorgte, daß durch solche Ankunft anderer mir meine Einsamkeit möchte abgestrickt werden, ebend. Eben derselbe übersetzt auch die Worte Grotii, Votaque mors rumpit, durch der Tod strickt alles ab. Daher die Abstrickung. Anm. In dieser zweyten Bedeutung ist das Wort vornehmlich in Oberdeutschland üblich; allein es kommt in der Bedeutung des Verkümmerns auch zuweilen in der gerichtlichen Sprache anderer Gegenden vor. Haltaus hielt es für das Niedersächsische abstrecken, abziehen; allein es läßt sich ganz füglich von Strick ableiten. S. Strick und Verstricken.


Abströmen (W3) [Adelung]


Abströmen, verb. reg. 1. Activum. (a) Auf einem Strome hinab fließen machen. Holz abströmen. (b) Durch Strömen abreißen, absondern. Der Rhein strömet immer viel von seinem Ufer ab. 2. Ein Neutrum, mit seyn, (a) In der Schifffahrt, durch den Strom in den See abgetrieben werden. (b) Heftig abfließen.


Abstrossen (W3) [Adelung]


Abstrossen, verb. reg. act. in den Bergwerken, strossenweise gewinnen, oder abhauen. Das Erz, einen Gang abstrossen.


Abstufen (W3) [Adelung]


Abstufen, verb. reg. act. 1) Von Stufe, ein Stück, im Bergbaue, stufen- oder stückweise abhauen. Erz abstufen. 2) * Von Stufe, gradus, stufenweise verschieden machen; ein nur von einigen Schriftstellern gewagtes Wort, welches so wie das Substantiv, die Abstufung, doch wenig Beyfall gefunden hat. Der Dichter muß seine Charaktere gehörig abzustufen wissen. Welche Mannigfaltigkeit in der Abstufung seiner Charaktere! Alle kleine Verflößungen der Leidenschaften, Schattirungen, und Abstufungen. Wo Abänderung wohl eben das würde gesagt haben.


Abstülpen (W3) [Adelung]


Abstülpen, verb. reg. act. die Stulpe oder Krämpe niederlassen. Den Hut abstülpen, die Krämpe an demselben niederlassen. Niedersächsisch abstulpen, wo es überhaupt den Deckel abnehmen bedeutet.


Abstümpfen (W3) [Adelung]


Abstümpfen, und abstumpfen, verb. reg. act. 1) * Stumpf machen. Das Beil; den Degen abstümpfen; im Hochdeutschen ungewöhnlich. Besonders 2) der Spitze oder der scharfen Ecke berauben. Ein abgestümpfter Kegel, conustruncatus. Ingleichen im Bergbaue, einen Stein abstümpfen, die scharfen Ecken an demselben abschlagen.


Absturz (W3) [Adelung]


Der Absturz, des -es, plur. die -stürze, die jähe Seite eines Berges oder Felsens, S. Sturz. - So zeigen sich Hier enge Pfade, dort ein steiler Absturz, Schleg.


Abstürzen (W3) [Adelung]


Abstürzen, verb. reg. act. 1) Hinab stürzen, vornehmlich in der Oberdeutschen Mundart. Sie werden oftermahls ganz plötzlich abgestürzet, Von ihrer Majestät, Opitz.- Er hat die Herrlichkeit Und Ansehn Israels, den Ruhm der alten Zeit Vom Himmel abgestürzt, ebend. 2) In weiterer Bedeutung, so viel als abladen, abwerfen. Ein Fuder Kohlen abstürzen, im Bergbaue und dem Forstwesen. 3) Im Stürzen absondern. Sich den Hals abstürzen. Daher die Abstürzung.


Abstutzen (W3) [Adelung]


Abstutzen, verb. reg. act. abschneiden oder abhauen und kürzer machen. Sich die Haare abstutzen. Einem Pferde die Ohren, den Schwanz abstutzen. Den Buchsbaum abstutzen. Bey den Tuchscherern bedeutet, wollene Zeuge abstutzen, sie zum ersten Mahle scheren. Daher die Abstutzung.


Absuchen (W3) [Adelung]


Absuchen, verb. reg. act. 1) Suchen und abnehmen. Die Raupen von einem Baume absuchen. 2) Gehörig durchsuchen. So suchen die Jäger ein Stück Feld, eine Wiese, ein Revier ab, wenn sie solche sorgfältig durchgehen, und den Hund fleißig suchen lassen. So auch die Absuchung.


Absud (W3) [Adelung]


Der Absud, des -es, plur. inus. von absieden. 1) Die Handlung des Absiedens. In der Münze wird die Reinigung der Münzen vor dem Prägen durch Sieden, der Absud oder Weißsud genannt. Bey den Färbern ist der Absud oder Absod, die Probe der ächten Beschaffenheit der Farbe in einem wollenen Tuche, indem man dasselbe mit Alaun, Seife oder Weinstein absiedet. 2) Dasjenige, was abgesotten ist. So ist der Absud in den Apotheken, ein flüssiger Körper, welcher die Kräfte eines andern durch Sieden in sich genommen hat; mit einem Lat. Worte, ein Decoct. Ein Absud von Lorberblättern.


Absurd (W3) [Adelung]


+ Absurd, -er, -este, adj. et. adv. von dem Lat. absurdus, der gesunden Vernunft zuwider, ungereimt, abgeschmuckt.


Absurdität (W3) [Adelung]


+ Die Absurdität, plur. die -en, von dem vorigen. 1. Der Zustand, da etwas absurd ist, ohne Plural; die Ungereimtheit, Abgeschmacktheit. 2. Eine ungereimte Sache, eine Ungereimtheit, Abgeschmacktheit.


Absüßen (W3) [Adelung]


Absüßen, verb. reg. act. 1) Gehörig süß machen, wofür doch süßen oder versüßen üblicher sind. Eine Arzeney absüßen. 2) In der Scheidekunst und dem Hüttenwesen bedeutet absüßen, die salzigen und sauern Theile von einem in Säuren aufgelöseten Körper abwaschen. Gold oder Silberkalk absüßen. In den Hüttenwerken geschieht solches in dem kupfernen Absüßkessel. In mehr uneigentlicher Bedeutung ist absüßen bey den Stärkmachern, in dem getretenen Weitzen die reine Stärke durch hinzu gegossenes Wasser von den Hülsen absondern, welches in der Absüßwanne oder dem Absüßbottiche geschiehet. So auch die Absüßung.


Abt (W3) [Adelung]


Der Abt, des -es, plur. die Äbte, ein Prälat, der einer Abtey vorgesetzet ist. Ein insulirter Abt, der bischöfliche Ehrenzeichen und Vorrechte hat. Ein gefürsteter Abt, im Deutschen Reiche, der zugleich die fürstliche Würde besitzet. Sprichwort: Wie der Abt so die Mönche. Wenn der Abt die Würfel auflegt, hat das Convent Macht zu spielen. Den Abt reiten lassen, sich ohne Zwang lustig machen; Und drauf lassen wir den Abt Auf dein Wohlergehen reiten, Can. ist eine sprichwörtliche R. A. welche vermuthlich von einem ernsthaften Abte entstanden, den man in Gesellschaften nicht gerne gesehen, und ihn daher auch nicht da zu bleiben genöthiget. Von dem Fämin. S. Äbtissinn.

Anm. Abt, Latein. Abbas, Angels. Abbad, Dän. Abbed, Schwed. Abbot, ist ein Syrisches Wort, welches einen Vater bedeutet, und zugleich mit der bezeichneten Sache aus den Morgenländern in die Abendländer gebracht worden. S. Abba.


Abtafeln (W3) [Adelung]


+ Abtafeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur im Scherze im gemeinen Leben üblich ist, von der Tafel aufstehen, aufhören zu speisen.


Abtäfeln (W3) [Adelung]


Abtäfeln, verb. reg. act. mit dem gehörigen Täfelwerke versehen. Ein Zimmer abtäfeln. Daher die Abtäfelung.

Anm. In Oberdeutschland bedeutet, einen abtäfeln, ihn gleichsam mit lebendigen Farben abmahlen, nach allen seinen Fehlern schildern, und hier ist es von dem Lat. tabula, ein Gemählde, entlehnet.


Abtakeln (W3) [Adelung]


Abtakeln, verb. reg. act. der Takel oder Schiffsseile berauben, in der Sprache der Seefahrer. Ein Schiff abtakeln, das Tauwerk aus dem Schiffe nehmen und verwahren. Daher die Abtakelung.


Abtanzen (W3) [Adelung]


Abtanzen, verb. reg. act. 1) Durch Tanzen, oder im Tanzen entziehen. Einem ein Frauenzimmer abtanzen. 2) Tanzend abnehmen. Einer Braut den Kranz abtanzen. 3) Durch Tanzen absondern. Sich die Absätze von den Schuhen abtanzen. 4) + Sich abtanzen, sich durch vieles Tanzen entkräften.


Abtauschen (W3) [Adelung]


Abtauschen, verb. reg. act. durch Tausch von jemanden erhalten, tauschweise an sich bringen. Ich habe ihm ein Buch, seinen Garten abgetauschet. Daher die Abtauschung.


Abteufen (W3) [Adelung]


* Abteufen, verb. reg. act. bey den Bergleuten, in die Teufe, das ist Tiefe, arbeiten, für abtiefen. Einen Schacht abteufen, graben, absinken. Daher die Abteufung.


Abtey (W3) [Adelung]


Die Abtey, plur. die -en. 1) Ein zu einer Prälatur erhobenes Kloster, dessen Vorgesetzter ein Abt ist. 2) Die Pfründe, Würde, das Amt eines Abtes. Eine einträgliche Abtey erhalten. 3) Das Gebieth eines solchen Klosters oder Abtes. 4) Die Wohnung eines Abtes. In der Abtey wohnen.


Abteylich (W3) [Adelung]


Abteylich, adj. et adv. zur Abtey gehörig. Abtheyliche Zinsen, Güter u. s. f.


Abtheilen (W3) [Adelung]


Abtheilen, verb. reg. act. 1) Theilen, d. i. in Theile zerlegen, und diese Theile merklich machen, welcher letztere Begriff in der Partikel ab liegt; dagegen eintheilen mehr auf die bestimmte Anzahl der Theile siehet. Die Grade auf dem Quadranten abtheilen. Ein Feld, eine Fläche, ein Zimmer, ein Kriegsheer, ein Buch abtheilen. Ein Ganzes in seine Theile abtheilen. Den Tag in zwölf Stunden abtheilen.Wie theilt der Sonnenlauf so schnell die Zeiten ab, Can. Wörter abtheilen, oder auch nur theilen, welches vermittelst des Abtheilungszeichens (-) oder auch nur Theilungszeichens geschiehet. 2) Mit einem Theile eines gemeinschaftlichen Vermögens abfinden, absondern. Seine Rinder abtheilen. Abgetheilte Rinder. Nachgeborne Prinzen abtheilen. Ein abgetheilter Herr oder Prinz, den man mit einem ausländischen Worte gemeiniglich einen apanagirten Prinzen nennet. Diese Art des Abtheilens wird in den besondern Rechten verschiedener Orte auch abfinden, ablegen, abmehren, absondern, abscheiden u. s. f. genannt. S. diese Wörter.


Abtheilung (W3) [Adelung]


Die Abtheilung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abtheilens, in beyden Bedeutungen. 2) Einer derjenigen merklich gemachten Theile, worin, ein Ganzes abgetheilet worden. Die erste, zweyte Abtheilung eines Buches, einer Schrift, eines Gartens, eines Gebäudes u. s. f.


Abthon (W3) [Adelung]


Der Abthon, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der an einigen Orten, besonders Oberdeutschlandes, dem so genannten Frauenhaare gegeben wird, und ohne Zweifel aus der Lat. Benennung Adiantum verunstaltet ist. S. Frauenhaar.


Abthun (W3) [Adelung]


Abthun, verb. irreg. act. S. Thun.1. Herab thun, wegthun, d. i. ablegen, abziehen, von sich legen, und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung. Den Hut abthun, abnehmen, ingleichen von sich legen. Den Mantel, die Schürze, den Ring abthun. Den Unflath am Fleische abthun. Die Hand von einem abthun, besser abziehen, verlassen, sich seiner nicht mehr annehmen. 2) In figürlicher Bedeutung. (a) Abschaffen, abstellen. Eine Gewohnheit, einen Mißbrauch abthun. Den Unterschied abthun, Opitz. In beyden Bedeutungen kommt dieses Zeitwort im Hochdeutschen wenig mehr, im Oberdeutschen aber desto häufiger vor, aus welcher Mundart es auch Luther in seine Bibelübersetzung aufgenommen hat. (b) Zu Stande bringen, beylegen, weil eine Sache alsdann gleichsam weggethan wird. Eine Rechnung, einen Streit abthun. Wir haben noch viel mit einander abzuthun. Das ist eine längst abgethane Sache. Die Schuld ist abgethan.2. Hinrichten, schlachten. Einen Übelthäter abthun, im verächtlichen Verstande. Besonders gebraucht man es in den Küchen von dem Federviehe. Ein Huhn, eine Gans, ein Paar Tauben abthun. In Oberdeutschland wird es in der Bedeutung des Schlachtens und Hinrichtens häufiger gebraucht. Wozu wird so viel Vieh von euch doch abgethan? Opitz. Wie, daß man dir den Hund zum Opfer abgethan! Ebend. Der Knabe ward gestürzt, die Jungfrau abgethan, Ebend.

Anm. 1. In Oberdeutschland höret man dieses Verbum auch sehr häufig mit der zweyten Endung des Substantives, für, sich einer Sache begeben, sich ihrer entschlagen, Verzicht darauf leisten. Sich der Welt, eines Amtes, eines Gebrauches abthun. Ingleichen mit der dritten, einer Sache abgethan, ihr abgestorben seyn. Wer aber ganz dem Leib ist abgethan, Und nimmt sich nur der Himmels Sorgen an, Opitz. Bis ich der Sterblichkeit inkünftig abgethan, Ebend. Mehrere Beyspiele führet Haltaus h. v. an.

Anm. 2. Abthun, Niedersächsisch afdoen, in der dritten Bedeutung des Tödtens, wird gemeiniglich zu thun, facere, gerechnet. Allein es scheint vielmehr, daß es von tödten abstamme, welches die Niedersachsen mit Auslassung des mittlern dt, doen schreiben und sprechen. Vielleicht haben die Oberdeutschen, die dieses Zeitwort von den Niedersachsen entlehnet, dessen wahre Bedeutung nicht gewußt, und es daher nicht nur zu thun (Nieders. doon) gerechnet, sondern es auch auf gleiche Art conjugiret. Was diese Vermuthung bestätiget, ist dieses, daß statt dessen bey einigen Oberdeutschen Schriftstellern wirklich abtödten gefunden wird, welches denn dem Goth. afdauthjan näher kommt.


Abtiefen (W3) [Adelung]


Abtiefen, S. Abteufen.


Abtilgen (W3) [Adelung]


* Abtilgen, verb. reg. act. welches nur in Oberdeutschland üblich ist, und tilgen und abschaffen bedeutet, aber doch 2. Macc. 4, 4. vorkommt: und tilgete die alten ehrlichen Gesetze ab.


Äbtissinn (W3) [Adelung]


Die Äbtissinn, plur. die -en, die Vorsteherinn einer weiblichen Abtey, im Schwabenspiegel Abtissa, vom Lat. Abbatissa, daher das Wort in Titulaturen auch oft noch Abbatissinn lautet. Von der Gattinn eines protestantischen Abtes hingegen, gebraucht man das Wort Äbtinn.


Äbtlich (W3) [Adelung]


Äbtlich, adj. et. adv. dem Abte gehörig, in dessen Würde gegründet. Die äbtliche Würde, äbtliche Ehrenzeichen, Truppen, u. s. f. Äbtisch, welches ehedem in dieser Bedeutung sehr üblich war, ist veraltet. Um das Jahr 1385 findet sich auch abtig, in gleicher Bedeutung: Unser abtige Ingesiegel.


Abtoben (W3) [Adelung]


Abtoben, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, aufhören zu toben. Seine Wuth wird bald abgetobet haben. Der Sturm hat abgetobet.


Abtraben (W3) [Adelung]


Abtraben, verb. reg. neutr. mit seyn, wegtraben, d. i. fortgehen, im verächtlichen Verstande. Er mußte leer abtraben.


Abtrag (W3) [Adelung]


Der Abtrag, des -es, plur. car. die Handlung des Abtragens, doch nur 1) in der figürlichen Bedeutung der Bezahlung. Der Abtrag einer Schuld, der obrigkeitlichen Gefälle. Ingleichen 2) in den Rechten, Schadloshaltung, Vergütung, Ersatz eines zugefügten Schadens, so wohl an Vermögen, als auch an der Ehre. Einem einer Beleidigung wegen Abtrag thun oder machen. Damit ihnen Abtrag geschehe. Abtrag begehren, verlangen. In dieser Bedeutung wird das Wort mehrentheils ohne Artikel gebraucht.


Abtragen (W3) [Adelung]


Abtragen, verb. irreg. act. S. Tragen.1. Herab tragen, doch nur, (a) in metonymischer Bedeutung, durch Tragen niedriger machen, nach und nach einreißen. Ein Gebäude, einen Berg, eine Mauer, einen Wall, ein Dach abtragen. Poch- und Kunsträder, eine Radstube abtragen, in den Bergwerken. (b) In figürlicher Bedeutung bey den Feldmessern, einen Riß abtragen, oder auf das Feld abtragen, den- selben nach dem wahren Maße auf das Feld übertragen, nach einer Zeichnung auf dem Papiere eine ähnliche Figur auf dem Felde machen. Ingleichen gewisse Maße von dem Maßstabe mit dem Zirkel abnehmen und auf das Papier tragen.2. Wegtragen, und zwar, a) in eigentlicher Bedeutung. Die Speisen abtragen, von dem Tische, und nach einer gewöhnlichen Metonymie auch, den Tisch abtragen. Das Getreide von der Tenne abtragen. Einen Leithund abtragen, bey den Jägern, ihn, wenn man ihn abrichtet, von der Fährte tragen, damit er sie wieder finden lerne. b) Figürlich, für bezahlen. Seine Schuld abtragen. Zoll, Steuern und Gaben abtragen. Die Zinsen auf den bestimmten Tag abtragen. Hierher gehöret, c) auch die veraltete Bedeutung des Ersetzens, oder Vergütens, wovon Haltaus Beyspiele anführet, und wofür man jetzt lieber sagt, Abtrag thun. Wachter glaubt, daß mit dieser gerichtlichen Bedeutung auf die ehemahlige Strafe der Ehebrecher angespielet werde, welche in einigen nördlichen Gegenden einen Stein tragen mußten. Allein wenn man sich erinnert, daß in den ältesten Zeiten alle Bezahlung, folglich auch der gerichtliche Ersatz mit Feldfrüchten oder Viehe geschahe, so wird man den Begriff des Abtragens in der eigentlichsten Bedeutung hier wahrscheinlicher finden, als eine so gezwungene Anspielung.3. Durch langes Tragen abnützen. Ein Kleid abtragen. Ein abgetragener Hut. Ein Paar Schuhe trägt sich bald ab. Ingleichen, + sich abtragen, sich durch vieles Tragen, d. i. lange Fruchtbarkeit entkräften, von Fruchtbäumen.4. Durch Tragen zur Vollkommenheit bringen. So heißt bey den Jägern, einen Falken abtragen, ihn so lange tragen, bis er zahm und abgerichtet wird.Daher die Abtragung in allen obigen Bedeutungen. In der Schweiz bedeutet es auch so viel als eintragen, und da ist denn auch Abtrag für Ertrag üblich.


Abträufeln (W3) [Adelung]


Abträufeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfswort seyn, welches eigentlich das Frequentativum und Diminutivum von dem ungewöhnlichen abtraufen ist, wofür man im Hochdeutschen abtriefen sagt; in Gestalt kleiner Tropfen herab fallen. Das Wasser abträufeln lassen.


Abtreiben (W3) [Adelung]


Abtreiben, verb. irreg. S. Treiben, welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum.1. Hinweg treiben, in welcher Bedeutung treiben von weitem Umfange ist, und mancherley, von einander oft sehr verschiedene Mittel in sich fasset. So sagt man, den Feind abtreiben oder ihn von der Stadt, von den Festungswerken abtreiben, Gewalt mit Gewalt abtreiben. Die Bienen abtreiben, S. Abtrommeln. Ingleichen in den Rechten. Einen von seinem Besitze, von einem Gute abtreiben. Einen von einem Kaufe abtreiben, so wohl durch ein höheres Geboth, als auch durch das Einstandsrecht. Ferner, einem Kinde die Würmer abtreiben, durch Arzneymittel. Sich ein Kind abtreiben, dessen unzeitige Geburt durch Arzneymittel verursachen. Abtreibende Mittel, in der Arzneykunst. Wie auch in dem Bergbaue, das Gestein abtreiben, locker gewordenes Gestein völlig los brechen. In Forstwesen, Holz abtreiben, ein Revier, einen Wald abtreiben, alle darin befindliche Bäume fällen und wegschaffen. So auch nach einer bey den mit ab zusammen gesetzten Zeitwörtern sehr gewöhnlichen Metonymie, in den Hüttenwerken, Gold und Silber abtreiben, alle Unreinigkeiten vermittelst des Bleyes von demselben wegtreiben. Derjenige Schmelzer, welcher solches verrichtet, wird daher der Abtreiber genannt, der nebst seinen Gehülfen einen gesetzten Abtreibelohn, und zum Trinkgelde ein so genanntes Abtreibebier erhält. Ferner beyden Jägern, einen Ort, ein Dickicht abtreiben, alles Wildbret aus demselben treiben. Ingleichen bey den Papiermachern, das Papier abtreiben, das gemachte Papier an den Enden mit einem großen Reibeisen abreiben.2. Durch vieles Treiben entkräften, von dem Zug- und Lastviehe. Das Zugvieh abtreiben, ein abgetriebenes Pferd.II. Als ein Neutrum, mit seyn, nur in der Schifffahrt. Ein Schiff treibet ab, wenn es von seiner Fahrt abgebracht wird. Daher die Abtreibung in den activen Bedeutungen.


Abtrennen (W3) [Adelung]


Abtrennen, verb. reg. act. was an eine andere Sache befestiget ist, mit einiger Gewalt absondern. Besonders bey den Nähterinnen, was auf- oder angenähet ist, mit einem schneidenden Werkzeuge nach und nach ablösen. Einen Ärmel von dem Hemde, die Spitzen von einer Haube abtrennen. Daher die Abtrennung. In den übrigen Fällen bedienet man sich lieber des einfachen Trennen. Für abtrennlich ist trennbar edler und üblicher.


Abtreten (W3) [Adelung]


Abtreten, verb. irreg. S. Treten. Es ist:I. Ein Activum, und bedeutet: 1) Durch Treten, oder im Treten absondern. Einen Nagel, ein Stück von einer Mauer abtreten. Den Absatz abtreten. Ingleichen metonymisch, durch vieles Treten oder Gehen abnutzen. Die Schuhe abtreten. Ein abgetretener Absatz. 2) Durch Treten bezeichnen. Ein Beet, einen Weg im Garten abtreten. 3) Durch Treten zur Vollkommenheit bringen. Einen Weg abtreten, fest treten. Den Lehmen, den Thon wohl abtreten, ihn zur Genüge treten, bey den Töpfern. 4) Überlassen. Einem sein Recht, sein Haus, seine Güter, sein Amt, die Regierung abtreten. Er mußte seinen Gläubigern Haus und Hof abtreten. Gern will ich dem, der nach mir kommt, den Besitz alles dessen abtreten, was ich noch das Meinige nenne, Dusch. Ich trete dir den Sieg ab, erkenne mich für überwunden. Es ist dieses ohne Zweifel die figürliche Bedeutung der folgenden zweyten der Mittelgattung, in welcher das Zeitwort wegen der damit verbundenen Thätigkeit zu einem Activo gemacht worden.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt. 1) Herab treten, vornehmlich in der weitern Bedeutung des Einkehrens. Bey einem abtreten, nemlich von dem Wagen, d. i. auf kurze Zeit einkehren. Es wird heute ein guter Freund bey mir abtreten. Wir sind in keinem Gasthofe abgetreten. 2) Wegtreten, sich entfernen, und zwar, (1) eigentlich, einen Abtritt nehmen. Von der Schaubühne abtreten. Der Richter befahl den Parteyen, daß sie abtreten sollten. (2) Figürlich. a) Sich seines Rechtes, seiner Ansprüche begeben. Ich trete gern von meinem Rechte ab, Dusch. Valer mußte abtreten. b) Von einem abtreten, seine Partey verlassen. Von einer Gesellschaft abtreten, die Verbindung mit derselben aufheben. So auch, von einem geschlossenen Kaufe abtreten, abgehen. Von seiner Religion, von seiner Meinung abtreten, dieselbe verlassen. Tretet ab von der Ungerechtigkeit, Luth.

Anm. Die Abtretung läßt sich in allen Bedeutungen des Activi gebrauchen, dagegen in den Bedeutungen des Neutrius das Hauptwort der Abtritt üblich ist.


Abtrieb (W3) [Adelung]


Der Abtrieb, des -es, plur. inusit. die Handlung des Abtreibens, doch nur in folgenden beyden Fällen. 1) Im Forstwesen, der Abtrieb des Holzes, eines Waldes, das Fällen und Wegschaffen der Bäume in demselben. 2) In den Rechten, das Abtreiben eines Käufers von dem Kaufe einer Sache, vermittelst des Einstands- oder Näherrechts, welches Recht an einigen Orten gleichfalls der Abtrieb genannt wird.


Abtriefen (W3) [Adelung]


Abtriefen, verb. reg. neutr. ( S. Triefen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, tropfenweise abfallen, herab triefen. Das Fett trieft ab. Den Braten mit dem abtriefenden Fette begießen. Es wird etwas für mich abtriefen, figürlich, ich werde einigen Gewinn bey der Sache haben. Der Ausdruck, der Himmel trieft ab, für es regnet, dessen sich Opitz Pf. 68, 4. bedienet, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Abtrift (W3) [Adelung]


Die Abtrift, plur. inus. das Recht, seine Schafe auf fremde Felder zu treiben, und von ihnen abweiden zu lassen. S. Trift.


Abtrinken (W3) [Adelung]


Abtrinken, verb. irreg. act. S. Trinken. 1) Das Obere eines flüssigen Körpers herab trinken. Das Glas ist zu voll, man muß etwas abtrinken. Den Schaum abtrinken. Der Wein im Fasse ist schon bis auf die Hälfte abgetrunken. 2) Durch Trinken des aufgegossenen flüssigen Körpers schwächen, kraftlos machen. Der Thee ist schon abgetrunken, hat durch aufgegossenes und getrunkenes Wasser bereits alle Kraft verloren. Den abgetrunkenen Kaffee wieder aufkochen. Die (zum Bischof gebrauchten) Pomeranzen sind schon abgetrunken. 3) Durch stärkeres Trinken von einem andern erhalten. Einem seine Schöne abtrinken, S. Absaufen. 4) + Sich durch Trinken wegen einer Forderung bezahlt machen. Eine Schuld, eine Rechnung bey einem Weinschenken abtrinken.


Abtritt (W3) [Adelung]


Der Abtritt, des -es, plur. die -e, von dem Verbo abtreten.1) Die Handlung des Abtretens, so fern dieses Zeitwort ein Neutrum ist; ohne Plural. (1) Die Einkehr auf der Reise. Einen Abtritt bey einem nehmen, bey ihm abtreten. 2) Die Entfernung an einen nahe gelegenen Ort. Einen Abtritt nehmen, abtreten. Der Richter befahl den Parteyen, einen Abtritt zu nehmen, sich auf kurze Zeit zu entfernen. 3) Die Begebung eines Rechtes. Wir mußten ihm hundert Thaler für den Abtritt geben. (4) Die Verlassung einer Partey oder Sache, am meisten in Oberdeutschland. Der Abtritt von einem, von einer Gesellschaft, von einer Religion, von einer Meinung u. s. f.2) Ein Ort, auf welchen man von einem höhern Orte niedertritt, der Absatz. Der Abtritt vor einer Thür. Falle nicht, hier ist ein Abtritt.3) Ein Ort, an welchen man sich bey Seite begibt. (1) In den Bergwerken, kleine Sitze in den Schächten zum Ausruhen, welche auch Absätze, und Wechselbühnen genannt werden. (2) Im gemeinen Leben, ein abgesonderter Ort zur Erleichterung des Leibes. Da es der Wohlstand nothwendig gemacht hat, manche Dinge nicht bey ihrem rechten Nahmen zu nennen, so hat man auch diesem Orte schon in den mittlern Zeiten verschiedene, theils allgemeine, theils mildere Nahmen gegeben, den damit verbundenen schmutzigen Begriff zu verstecken. So nannte man ihn z. B. ehedem das Läublein, von Laube, den Gang, Ausgang, das Sprachhaus u. s. f. Und an manchen Orten führet er noch jetzt die Nahmen das Häuschen, die Gelegenheit u. s. f. S. auch Privet und Secret. Abtritt ist eine ähnliche Benennung, welche anfänglich auch dem strengsten Wohlstande nicht anstößig scheinen konnte, aber durch den immer gemeiner gewordenen Gebrauch auch schon niedrig zu werden anfängt, daher sich viele Statt derselben lieber des Ausdruckes heimliches Gemach bedienen.4) Dasjenige, was abgetreten worden, in der ersten Bedeutung des Activi. So nennen die Jäger dasjenige junge Getreide oder Gras, welches der Hirsch mit seinen Schalen abgetreten hat, den Abtritt.


Abtrocknen (W3) [Adelung]


Abtrocknen, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum. 1) Die Nässe von einem andern Körper wegschaffen, in der niedrigen Sprechart abwischen. Sich den Schweiß abtrocknen. Die Thränen abtrocknen. Aber ach,verlorne Thränen, seine Hand trocknet euch nicht ab! Less. Ingleichen, der Nässe berauben, trocken machen. Sich die Augen, die Hände, das Gesicht mit einem Tuche abtrocknen. Sich abtrocknen. Den Tisch abtrocknen. 2) Völlig trocken machen, vermittelst der Wärme oder Luft. Obst im Ofen abtrocknen. Die Wäsche abtrocknen. Daher die Abtrocknung.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, trocken werden und abfallen. Die Blattern sind bereits völlig abgetrocknet.


Abtrollen (W3) [Adelung]


+ Abtrollen, verb. reg. neutr. mit seyn, abgehen, fortgehen, im verächtlichen Verstande. S. Trollen.


Abtrommeln (W3) [Adelung]


Abtrommeln, verb. reg. act. durch Trommeln vertreiben; ein Ausdruck, welcher besonders von den Bienen gebraucht wird, wenn man ihnen den Honig nimmt, ohne sie zu tödten, indem man sie mit angebranntem Schwefel betäubet, hierauf einen leeren Stock unter einen vollen hält, und mit den Händen auf den ersten trommelt, da sie denn in den untern fallen; welches auch abtreiben genannt wird.


Abtröpfeln (W3) [Adelung]


Abtröpfeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, welches das Diminutivum von dem folgenden ist, in kleinen Tropfen herab fallen.


Abtropfen (W3) [Adelung]


Abtropfen, verb. reg. neutr. gleichfalls mit dem Hülfsworte seyn, tropfenweise herab fallen.


Abtrotzen (W3) [Adelung]


Abtrotzen, verb. reg. act. durch Trotzen von einem erzwingen. Er würde mich nie ansehen können, ohne mich heimlich anzuklagen, wie viel ich ihm abzutrotzen, mich unterstanden, Less. Wer trotzte Waffen oder WeisheitIhr (nehmlich der Natur) oder ihrem Schöpfer ab? Gleim.


Abtrumpfen (W3) [Adelung]


+ Abtrumpfen, verb. reg. act. Einen abtrumpfen, eigentlich, ihn im Kartenspiele mit einem Trumpfe abstechen. Figürlich, ihn mit einer derben Gegenrede abfertigen. Er ist wacker abgetrumpfet worden.


Abtrünnig (W3) [Adelung]


Abtrünnig, adj. et adv. den bisherigen Verbindungen untreu. Von seinem rechtmäßigen Herrn abtrünnig werden. Ein Abtrünniger in oder von der Religion. Die Abtrünnigen, d. i. Anführer, zum Gehorsam bringen.

Anm. Abtrünnig, oder wie es auch hieß, trunnig und trünnig, bedeutete ehedem eigentlich einen Überläufer von dem Kriegesheere, und hernach einen jeden Entrunnenen, wie aus dem Haltaus h. v. erhellet. Es scheint zunächst nicht so wohl von dem Zeitworte abtrennen, als vielmehr von dem damit genau verwandten, aber längst veralteten Hauptworte Trunn herzukommen. Wenigstens ist in dem Verbo das u und i ehedem so selten nicht gewesen, wie Frisch zeiget. Ein Abtrünniger hieß ehedem auch ein Abtrünner und Abtrünnling. Antrunnigi, apostasia, in Gloss. Pez. ist wohl von rennen, und der Partikel ant, oder ent zusammen gesetzt, gleichsam Entrennung. Indessen ist Abtrünnig heut zu Tage im Hochdeutschen nicht mehr so sehr üblich, als in Oberdeutschland, wo man auch das Hauptwort die Abtrünnigkeit, Abfall von der Religion oder von seinem Herrn, hat.


Abtruppen (W3) [Adelung]


Abtruppen, verb. reg. 1. + Neutrum, mit seyn, truppweise abgehen, von mehrern Personen. Sie sind schon abgetruppt. 2. Activum. Die Wache abtruppen, bey den Soldaten, nach abgelöseter Wache mit der Trommel das Zeichen zum Auseinandergehen geben, welches auch abschlagen genannt wird.


Abtuschen (W3) [Adelung]


Abtuschen, verb. reg. act. 1. Mit Tusche nachbilden. Eine Zeichnung abtuschen. 2. + Wacker abprügeln, in der niedrigen Sprechart, von tuschen, schlagen.


Aburtheilen (W3) [Adelung]


Aburtheilen, verb. reg. act. in den Rechten, 1) durch Urtheil und Recht aberkennen. Einem etwas aburtheilen. 2) Mit einem Endurtheile entscheiden. Einen abgeurtheilten Rechtshandel wieder auf die Bahn bringen.


Abverdienen (W3) [Adelung]


+ Abverdienen, verb. reg. act. 1) Durch Dienste von einem andern an sich bringen. Einem viel Geld abverdienen. 2) Durch Dienste und deren Werth bezahlen. So kann der Handwerker einen Vorschuß, eine Schuld abverdienen, wenn er sich selbige an dem verdienten Arbeitslohne abziehen läßt. S. auch Abdienen.


Abvieren (W3) [Adelung]


Abvieren, verb. reg. act. ins Gevierte bringen, viereckt, würfelförmig machen, und zwar, 1) in der eigentlichen Bedeutung. Einen Stein, einen Klotz abvieren, zu einem Würfel hauen. 2) In der figürlichen, in welcher aber nur das Partic. Pass. abgeviert üblich ist, gesetzt, auf alle Fälle gefaßt, verschlagen. Ein abgevierter, d. i. gewandter, Mann, der sich in alles zu schicken weiß. Eine stolze abgeführte Dame, denn so nennen sie unsere Aufwärter, Opitz. Die Römer wußten schon, was hier sey zu erlangen, Das abgeführte Volk hat wohl das Land durchgangen, Eben.

Anm. Abgeviert in der figürlichen Bedeutung ist am meisten in Oberdeutschland üblich. Es ist bloß der Unwissenheit zuzuschreiben, daß man es größten Theils so schreibt und spricht, als wenn es von abführen herkäme, wie schon Frisch v. Vier gezeiget hat. Vieren, gevieren und abvieren in der eigentlichen Bedeutung sind alte und bekannte Zeitwörter. Gisiarun bedeutete aber auch schon zu Ottfrieds Zeiten so viel als zubereiten, tüchtig machen, einrichten, wie aus den beym Schilter v. Fiar angeführten Beyspielen erhellet. Einige Alte wußten die wahre Abstammung schon, wie man aus einem von Frisch angeführten Beyspiele sehen kann, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Lat. vir quadratus, ein weiser, standhafter, unbeweglicher Mann, haben wohl eine mehr als bloß zufällige Ähnlichkeit damit, ob sie gleich in der Bedeutung einige Verschiedenheit haben.


Abvisiren (W3) [Adelung]


Abvisiren, verb. reg. act. welches in Ansehung seiner zweyten Hälfte aus dem Lat. visus, oder vielmehr dem Ital. visiera gemacht worden, durch Visiren abmessen. Besonders im Forstwesen, die Länge eines Baumes, ehe er gefället wird, auf solche Art messen.


Abvotiren (W3) [Adelung]


+ Abvotiren, verb. reg. act. von votiren und dem Lat. votare. Jemanden abvotiren, dessen Meinung oder Stimme durch die folgenden mehrern Vota verwerfen; auch abstimmen.


Abwachen (W3) [Adelung]


+ Abwachen, verb. reg. recipr. sich abwachen, sich durch vieles Wachen entkräften.


Abwage (W3) [Adelung]


Die Abwage, plur. inusit. ein neu gemachtes Wort einiger neuen Meßkünstler. 1) Der Unterschied, welchen eine Tiefe gegen eine Höhe, und diese gegen jene hat. 2) In der Mechanik, die Entfernung so wohl der Last als der Kraft, von dem Ruhepunkte, der Abstand.


Abwägen (W3) [Adelung]


Abwägen, verb. reg. am häufigsten irreg. act. S. Wägen.1. Das Gewicht einer Sache gehörig bestimmen. 1) Eigentlich. Die Güter abwägen lassen. Ehedem zählte man das Geld nicht ab, sondern man wägte es ab. 2) In weiterer Bedeutung, das Gefälle eines Flusses, den Abhang eines Erdreiches, und überhaupt die horizontale Lage eines Ortes gegen den andern durch die Grund- oder Wasserwage bestimmen, nivelliren. Eine Fläche abwägen. Den Fall des Wassers mit der Wasserwage abwägen, welches in der Abwägungskunst gelehret wird. So auch, den Mahlpfahl abwägen, bey den Mühlen. Schächte abwägen, im Bergbaue, anweisen, wie solche von unten und oben gehörig zusammen treffen. 3) Figürlich, das Verhältniß einer Sache gegen die andere genau bestimmen. Alle seine Worte auf der Goldwage abwägen. Die Bewegungsgründe müssen auf das genaueste gegen einander abgewäget werden. Wäg unser Schicksal ab, sprich, welches heischt mehr Zähren, Weiße. Der Freund der stets sein Glück nach meinem abgewogen, Ebend. 2. Nach dem Gewichte abtheilen. Den Soldaten das Brot abwägen. Wäget mir von dieser Waare zehn Pfund ab. So auch die Abwägung.

Anm. Abwägen wird von den meisten eben so irregulär conjugiret als wiegen. Allein es wäre zu wünschen, daß man den Unterschied zwischen den Activis und Neutris in der Conjugation überall so genau beobachtete, als in senken und sinken, tränken und trinken, sprengen und springen, setzen und sitzen und andern geschiehet. Wägen würde alsdann mit allen seinen Compositis regulär gehen, und bloß die thätige Bedeutung haben, so wie wiegen mit seinen Compositis und mit seiner irregulären Conjugation allein die Mittelgattung ausdrücken würde. Aber alsdann würde abwiegen, welches einige für abwägen gebrauchen, gar keine Bedeutung haben. S. Wägen und Wiegen.


Abwälzen (W3) [Adelung]


Abwälzen, verb. reg. act. 1) Herab wälzen. Steine von dem Berge, Klötze von der Mauer abwälzen. Auf deine Seele wälzt mein unbegrenzt Vertrauen Die schwerste meiner Sorgen ab, Wiel. 2) Wegwälzen. Und wurden gewahr, daß der Stein abgewälzet war, Marc. 16. Alles von sich abwälzen, in figürlichem Verstande, alles Beschwerliche von sich abzuwenden suchen. Daher die Abwälzung.


Abwandeln (W3) [Adelung]


Abwandeln, verb. reg. act. 1) Von wandeln, wenden, bey einigen neuern Sprachlehrern so viel als conjugiren, oder ein Verbum durch seine Zeiten und Personen verändern. Daher die Abwandelung, wofür einige Zeitwandelung einführen wollen, weil sie auch die Declination mit jenem Nahmen belegt hatten. Da man von neuen Kunstwörtern mit Recht fordert, daß sie nicht allein den Begriff erschöpfen, sondern ihn auch klar und bestimmt ausdrucken sollen, dieses aber von abwandeln nicht gesagt werden kann, so ist das fremde conjugiren ihm immer noch vorzuziehen. Zeitwandeln ist noch schlechter, weil die Composition sich auf eine ungewöhnliche Ellipse gründet. 2) * Von dem veralteten Wandel, Buße, Ersetzung, für ersetzen, büßen. Und Fehler -Durch strenge Bußen abzuwandeln, Wiel. In dieser Bedeutung ist das Zeitwort nur in Oberdeutschland üblich.


Abwandern (W3) [Adelung]


Abwandern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich wandernd entfernen, wegwandern. Zum unsterblichen Leben abwandern.


Abwärmen (W3) [Adelung]


Abwärmen, verb. reg. act. zur Genüge wärmen, durch die gehörige Wärme zu einem gewissen Gebrauche geschickt machen. So werden in den Hüttenwerken die Öfen, Schmelzherde und Kapellen abgewärmet, d. i. erhitzet und ausgeglühet, ehe sie gebraucht werden. So auch die Abwärmung.


Abwarten (W3) [Adelung]


Abwarten, verb. reg. act. 1) Von warten, expectare, warten bis jemand komme, bis etwas erfolge, erwarten. Wir wollen ihn hier abwarten, erwarten. Ich will es schon abwarten. Ich kann seine Ankunft nicht abwarten. Es will abgewartet seyn, man muß darauf warten. Besonders, das Ende einer Sache erwarten. Den Gottesdienst abwarten. Er wollte die Schlacht erst abwarten. 2) Von warten, curare, die gehörige Zeit und Sorgfalt auf etwas wenden. Einen Termin abwarten, sich zur bestimmten Zeit einfinden. Sein Amt, seine Geschäfte, seine Arbeit abwarten, sie mit dem gehörigen Fleiße verrichten. Ich kann es nicht abwarten, kann nicht die gehörige Zeit darauf wenden. Die Sache will abgewartet, d. i. mit Sorgfalt gewartet, seyn. Den Schweiß abwarten. Daher die Abwartung.

Anm. Die Oberdeutsche Mundart gebraucht dieses Zeitwort in der ersten Bedeutung mit der zweyten Endung des Nennwortes, der Zeit, des Gottesdienstes abwarten, und in der zweyten Bedeutung so wohl mit der zweyten als dritten Endung, seinen Geschäften abwarten, eines Dinges und einem Dinge abwarten; worin manche Hochdeutsche es ihr nach thun.


Abwärts (W3) [Adelung]


Abwärts, ein Nebenwort des Ortes, welches aus dem alten Hauptworte Wart und dem Vorworte ab zusammen gesetzet ist. 1) Hinabwärts, von oben nach unten zu. Alles Wasser fließt abwärts. Abwärts gehen, schiffen. 2) Seitwärts, in einiger Entfernung. Es führte sie abwärts an das Fenster. Oft reichte Mars ein volles Glas, Wenn ihr Vulcan nur abwärts saß, Der himmlisch lächelnden Cythere, Haged. In dieser Bedeutung gebraucht schon Ottfried abuuertaz für abwesend.

Anm. Abwärts mit der zweyten Endung des Substantives, z. B. abwärts des Berges, ist nur den Oberdeutschen Mundarten eigen.


Abwaschen (W3) [Adelung]


Abwaschen, verb. irreg. act. S. Waschen. 1) Eigentlich durch Waschen wegbringen. Den Koth, den Wust von etwas abwaschen. Das Abwaschen des Unflathes vom Fleische. Ingleichen metonymisch, durch Waschen gehörig reinigen. Sich die Hände, das Gesicht abwaschen. Sich abwaschen. Eine Leiche abwaschen. Das Geschirr abwaschen. 2) In weiterer Bedeutung, wegspülen, wegschwemmen. Der Regen wäscht den Lehm von der Wand ab. Der Fluß hat alle Erde von dem Ufer abgewaschen. Ingleichen metonymisch. Der Regen wäscht die Berge ab. Der Fluß hat das Ufer abgewaschen. 3) Durch Waschen bezahlen. Eine Schuld bey jemanden abwaschen. So auch die Abwaschung.


Abwässern (W3) [Adelung]


Abwässern, verb. reg. act. 1) * Von dem überflüssigen Wasser befreyen; nur in einigen Gegenden. Die Wiesen abwässern, Den Feldern eine Abwässerung verschaffen. 2) Gehörig wässern. Den Stockfisch abwässern.


Abweben (W3) [Adelung]


Abweben, verb. reg. act. ein Gewebe zu Ende bringen, das Weben vollenden. Ein Stück Tuch abweben; auch abwirken,


Abwechseln (W3) [Adelung]


Abwechseln, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum, und bedeutet,1) Durch Wechsel, d. i. Tausch, an sich bringen, doch nur von dem Gelde. Einem ein Goldstück abwechseln. Ich habe meinem Freunde sein altes Silbergeld abgewechselt. Ehedem gebrauchte man es auch von einem jeden Tausche, für abtauschen.2) Wechselweise auf einander folgen lassen, und zwar, (a) gleichgültige Sachen für einander setzen, ablösen. Ein Regiment abwechseln, ein anderes an dessen Stelle setzen. Es wechselt immer einer den andern ab. Diese Bedeutung ist in Oberdeutschland am häufigsten, wo man auch sagt, die Wache abwechseln, d. i. ablösen. (b) In weiterer Bedeutung, abändern, Dinge von verschiedener Art auf einander folgen lassen. Mit den Speisen abwechseln. Ingleichen, die Speisen abwechseln. Gott hat seine Einrichtungen in dem Reiche der Natur unendlich abgewechselt.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, wechselsweise auf einander folgen. Glück und Unglück wechseln immer mit einander ab. Ein abwechselndes Glück. Das Fieber wechselt ab. Ein abwechselndes Fieber. Alle Dinge wechseln in der Welt ab, folgen wechselsweise auf einander.


Abwechselung (W3) [Adelung]


Die Abwechselung, plur. die -en, in allen obigen Bedeutungen, so wohl der thätigen als Mittelgattung, besonders in der Bedeutung der Veränderung. Die Abwechselung lieben. Esgeschiehet bloß um der Abwechselung willen. Die Abwechselungen, welche mit allen erschaffenen Dingen vorgehen, belehren uns, daß sie einmahl einen Anfang gehabt haben, und daß der, von dem sie entstanden sind, keinen Abwechselungen unterworfen seyn müsse. In Oberdeutschland ist in dieser Bedeutung auch das Hauptwort der Abwechsel üblich.


Abweg (W3) [Adelung]


Der Abweg, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, ein Weg, der von dem rechten Wege abführet; ingleichen, ein Nebenweg, Umweg, wie auch ein Schleifweg. Die Straße hat viele Abwege. Durch Abwege entkommen, Einen Abweg nehmen, fahren, reiten. 2) Figürlich, was der Tugend, der Rechtschaffenheit u. s. f. entgegen gesetzt ist. Der junge Mensch ist auf Abwege gerathen, auf Ausschweifungen. Abwege suchen, leere Ausflüchte.

Anm. Von Abweg, beym Ottfried auuigg, hatte man ehedem auch ein Beywort, welches böse, verderbt bedeutete. Auuekkiu Slahta, gebraucht Notker für ein verderbtes Geschlecht, und bey dem Berelio bedeutet afvega, verborgen, geheim. Man findet in der Oberdeutschen Mundart auch das Nebenwort abwegs, welches aber im Hochdeutschen unbekannt ist.


Abwegsam (W3) [Adelung]


Abwegsam, adj. et adv. außer dem Wege gelegen. Ein abwegsamer Ort.


Abwehen (W3) [Adelung]


Abwehen, verb. reg. act. 1) Herab wehen. Der Wind hat alles Obst von den Bäumen abgewehet. Der Wind wehete die Ziegel von den Dächern ab. 2) Wegwehen. Die Weste wehen auf schnellen Flügeln meine Seufzer von Themiren ab. Von der Aussprache des ersten e in diesem Zeitworte, S. Wehen.


Abwehren (W3) [Adelung]


Abwehren, verb. reg. act. 1) Die Annäherung einer Sache hindern, sie mit Nachdruck abhalten, mit der vierten Endung des Nennwortes. Das Vieh von der Saat abwehren. Der Pelz wehret die Kälte ab. Einem die Fliegen abwehren. Es ist nicht mehr abzuwehren. Die Sorgfalt -Mit der ich mich bemüht, dein Unglück abzuwehren, Gell. 2) In weiterer Bedeutung, an etwas hindern, oft mit der dritten Endung der Person. Er läßt sich nicht abwehren. Sie sucht den Kindern abzuwehren, Michael. 3) Einem Übel abhelfen, gleichfalls mit der dritten Endung; obgleich diese Bedeutung und Construction im Hochdeutschen eben nicht die gewöhnliche ist. Der aus Sicilien der Theurung abgewehrt, Gell. 1. Abweichen, ver. reg. von weich, mollis. Es ist 1) ein Activum, durch Erweichen absondern. Ein Pflas=ter abweichen. Daher die Abweichung. 2) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, weich werden und abfallen. Das Pflas=ter ist abgeweichet. Vermuthlich gehöret hierher auch das Oberdeutsche das Abweichen, die Diarrhöe, der Durchfall. Das Abweichen haben.2. Abweichen, verb. irreg. neutr. ( S. Weichen,) welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, sich nach und nach und unvermerkt von etwas entfernen, und zwar, 1) eigentlich, dem Orte nach. Von dem rechten Wege abweichen. Abweichen von der Magnetnadel, wird gebraucht, wenn sie nicht gerade nach Norden zeigt, sondern sich auf einer oder der andern Seite davon entfernet. Eine abweichende Sonnenuhr ist eine Vertical-Uhr, welche nicht gerade nach einer der vier Weltgegenden siehet, sondern davon abweicht. Daher das Abweichungs-Instrument, instrumentum declinatorium, in der Gnomonik, ein Instrument, die Abweichung einer jeden Fläche von einer der vier Hauptgegenden zu finden. In der Astronomie bedeutet abweichen, von den Sternen gebraucht, sich von dem Äquator nach einem der beyden Pole entfernen, welche Abweichung vermittelst des Abweichungszirkels, des circuli declinationum, den man in Gedanken durch die Weltpole und den gegebenen Stern ziehet, gemessen wird. 2) Figürlich. (a) Der Zeit nach. In dieser Bedeutung ist besonders das Participium abgewichen für verwichen, verflossen, vergangen, üblich. Im abgewichenen Jahre, in der abgewichenen Woche, in dem abgewichenen Monathe, in abgewichener Nacht; wofür die Niedersachsen ehedem bigeweken, jetzt aber verleden und verschenen, gebrauchen. (b) Der Beschaffenheit nach. (1) Verschieden seyn. Die Menschen weichen bloß nach Maßgabe ihrer Erziehung von einander ab. (2) Sich von etwas entfernen, im moralischen Verstande. Von den Sitten der Vorfahren, von den Gebräuchen der Alten, von seinem Lehrer, von der allgemeinen Gewohnheit abweichen. Oft mit einer nachtheiligen Nebenbedeutung, welche in dem Begriffe der Heimlichkeit, des Unvermerkten, welchen das Verbum weichen hat, gegründet zu seyn scheinet. Von dem Wege der Tugend, von der Wahrheit, von seiner Religion, von seinen Grundsätzen abweichen. Daher die Abweichung in allen obigen Bedeutungen.


Abweifen (W3) [Adelung]


Abweifen, verb. reg. act. vermittelst der Weife abnehmen, abhaspeln. Das Garn von der Spule oder Spindel abweifen, und metonymisch, die Spule oder Spindel abweifen. Daher die Abweifung.


Abweinen (W3) [Adelung]


Abweinen, verb. reg. act. 1) Durch Thränen erhalten, ein ungewöhnliches Verbum, welches aber doch dem Sprachgebrauche gemäß ist, und von Günthern gebraucht wird. - Ein Kaiser,Den Sehnsucht und Gebeth dem Himmel abgeweint. 2) + Sich abweinen, durch viel Weinen abmatten. 3) Durch Thränen tilgen, büßen. O, daß du vergeben könntest! daß ich zu deinen Füßen das alles abweinen könnte! Göthe.


Abweisen (W3) [Adelung]


Abweisen, verb. irreg. act. S. Weisen. 1) Eigentlich, mit der Hand ein Zeichen geben, sich zu entfernen. Einen abweisen. 2) In figürlicher Bedeutung. (a) Jemandes Bitten, Verlangen, Anbringen nicht annehmen wollen, ihn mit seinem Anbringen von sich wegweisen; mit einem verächtlichen Nebenbegriffe. Einen Bettler abweisen. Er will sich nicht abweisen lassen. Er ist mit seinem Gesuche abgewiesen worden. Er wurde mit seiner Klage abgewiesen. Auch mit dem Accusativ der Sache. Eine Bitte abweisen, eigentlich von sich wegweisen. (b) In den Rechten, besonders der mittlern Zeiten, durch gerichtliches Urtheil des Besitzes einer Sache berauben, wovon beym Haltaus Beyspiele zu finden sind. (c) Die Feinde sind mit blutigen Köpfen abgewiesen worden, abgetrieben. Einen mit Schlägen abweisen. Daher die Abweisung.


Abweißen (W3) [Adelung]


Abweißen, verb. reg. 1. Ein Activum, völlig weiß machen, gehörig tünchen. Ein Zimmer abweißen. 2. Ein Neutrum mit haben, die weiße Farbe fahren lassen. Die Wand weißet ab. Daher die Abweißung in der ersten Bedeutung.


Abweite (W3) [Adelung]


* Die Abweite, plur. die -n, die Entfernung; ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort. Landkarten, die auf kleine Abweiten gerichtet sind.


Abwelken (W3) [Adelung]


Abwelken, verb. reg. 1. Activum, völlig oder gehörig welk machen. Obst in einem Ofen, Pflaumen an der Sonne abwelken. 2. Neutrum, mit seyn, welk werden und abfallen.Die Blumen sind bereits abgewelket. Daher die Abwelkung in der thätigen Bedeutung.


Abwenden (W3) [Adelung]


Abwenden, verb. reg. et irreg. act. et recipr. S. Wenden. 1) Die horizontale Richtung von etwas wenden. Die Augen abwenden, von etwas. Mit abgewandtem Gesichte reden. Ein Schiff vom Lande abwenden. Einen Hieb, einen Streich von sich abwenden; und figürlich, der Himmel hat den Streich abgewendet, der mein qualvolles Leben endigen sollte, Dusch. 2) Figürlich, die Annäherung eines Übels hindern. Die Gefahr abwenden. Ein Unglück von dem Staate abwenden. Das wolle Gott abwenden! Ehedem nur wenden. Wende Schaden und Verdruß, Can. 3) Mit dem Gemüthe, der Neigung, von etwas entfernen. Einen andern von seinem Vorhaben abwenden, sein Vorhaben zu ändern bewegen. Sich von seinem Vorhaben abwenden, sich anders entschließen. Sein Gemüth von dem Kummer, sein Herz von der Liebe abwenden, dem Kummer, der Liebe entsagen. Bleibt ihr Herz so, wie ihre Augen, von mir abgewandt? Weiße, mir abgeneigt. Sich von einem abwenden, so wohl alle Verbindung mit ihm aufheben, als auch ihm abgeneigt werden. Daher die Abwendung.


Abwendig (W3) [Adelung]


Abwendig, adv. welches von dem vorher gehenden Zeitworte gemacht worden, so fern dasselbe eine Abneigung von etwas beybringen bedeutet. 1) Anderes Sinnes. Einen von seinem Vorhaben abwendig machen. Er läßt sich durch nichts abwendig machen, von seiner Entschließung abbringen. Besonders, 2) ungetreu, abgeneigt, ein gemilderter Ausdruck dessen, was man sonst abtrünnig, treulos nennet; wie abspänstig. Abwendig von einem werden. Du machst meine Bedienten von mir abwendig. Er hat ihm seine Gattinn abwendig gemacht. Die Gemüther abwendig machen.

Anm. Im Niedersächsischen abkehrig. Die Oberdeutsche Mundart gebraucht auch für dieses Nebenwort das einfache wendig. Du hast nicht verstatten wollen, Daß der Feind dein Eigenthum, Von dir wendig machen sollen, Gryph. Die meisten Sprachlehrer rechnen abwendig unter diejenigen Adjective, welche indeclinabel sind, und nur in der ersten und vierten Endung gebraucht werden. Aber warum nennet man es nicht lieber geradezu ein Adverbium, da es nie mit Substantiven, sondern jederzeit mit Verbis, und unter diesen nur allein mit werden und machen verbunden wird?


Abwerfen (W3) [Adelung]


Abwerfen, verb. irreg. S. Werfen. Es ist:I. Ein Activum, welches ein anständigerer Ausdruck für das niedrige abschmeißen ist. 1) Mit einem Wurfe absondern. (a) Eigentlich. Äpfel, Birnen abwerfen. Einer Bildfäule den Arm abwerfen, vermittelst eines darnach geworfenen andern Körpers. (b) Figürlich. Einen abwerfen, im Würfelspiele, mehr Augen werfen als er. 2) Von einem höhern Orte herunter werfen, und zwar, (a) eigentlich. Das Pferd hat den Reiter abgeworfen. Das Joch abwerfen, besonders in der figürlichen Bedeutung, sich einer unangenehmen Verbindlichkeit mit Gewalt entziehen. (b) In weiterer Bedeutung, verschiedene besondere Arten der Absonderung, die mit einiger Gewalt verbunden sind. So sagt man, eine Brücke abwerfen, sie abbrechen oder abtragen. Bey den Jägern wird, das Gehörn abwerfen, und auch nur schlechthin abwerfen, von den Hirschen und Rehböcken, gesagt, wenn sie ein neues Gehörn bekommen, indem sie alsdann das alte an einem Baume abzustoßen pflegen, welches in Ansehung des neuen Gehörnes, auch aufsetzen genannt wird. Außerdem bedeutet abwerfen auch in dem Jagdwesen, theils das Jagdzeug von den Stellstangen abnehmen, theils die aufgestrickten Maschen von dem Strickholze herunter thun. Auf den hohen Ofen werden die Schlacken mit der Abwerfgabel von dem Herde abgeworfen, d. i. abgezogen. In den Blechhämmern bedeutet abwerfen, das überflüssige Zinn von den verzinnten Blechen in dem Abwerfpfännchen abschmelzen. Wenn im Weinbaue den jungen Weinstöcken im dritten Jahre alles Holz über der Erde abgeschnitten wird, so heißt solches an einigen Orten, besonders in Franken, gleichfalls abwerfen, oder reißen. (c) Figürlich, eintragen. Es wirft die Kosten einer neuen Reise nicht ab. Dieses Gut wirft jährlich ein Ansehnliches ab. Eine Arbeit, welche wenig abwirft. (b) * Sich mit einem abwerfen, entzweyen; wofür doch überwerfen üblicher ist.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich nimmt. 1) Bey den Jägern, von den Hirschen und Rehböcken, das Gehörn völlig verlieren, wenn nehmlich abwerfen absolute, ohne den Accusativ, gebraucht wird. 2) Von den Hunden, Katzen und einigen andern Thieren, und bey den Jägern von den Wölfen und Füchsen, so viel als das einfache werfen, Junge werfen. Die Hündinn, die Wölfinn hat abgeworfen, ihre Jungen geboren. 3) Das Werfen vollenden, keine Jungen mehr werfen, von Thieren. Die Hündinn hat bereits abgeworfen.


Abwesen (W3) [Adelung]


Das Abwesen, des -s, plur. car. ist eigentlich der Infinitiv des im Hochdeutschen längst veralteten Zeitwortes abwesen, entfernt seyn. Es ist in meinem Abwesen geschehen. Auch dieses Hauptwort ist im Hochdeutschen ziemlich ungewöhnlich, seitdem es von dem daraus gebildeten Abwesenheit verdränget worden. Indessen kommt es noch in Luthers Übersetzung 2. Cor. 10, 1. 11. Kap. 13, 2. Pf. 2, 12. vor. S. Wesen.


Abwesend (W3) [Adelung]


Abwesend, das Particip. des vorhin gedachten Zeitwortes abwesen, welches als ein Bey- und Nebenwort üblich ist, im Gegensatze des anwesend. Er ist abwesend, nicht gegenwärtig. Ich bin lange Zeit von Hause, aus der Stadt, aus meinem Vaterlande abwesend gewesen. Ein Abwesender, der nicht zugegen ist. In figürlicher Bedeutung heißt abwesend seyn, zerstreut, mit seinen Gedanken abwesend seyn. So auch, ein verstörtes und abwesendes, zerstreutes, Gesicht.


Abwesenheit (W3) [Adelung]


Die Abwesenheit, plur. die -en, der Mangel der Gegenwart einer Person oder Sache, im Gegensatze der Anwesenheit. In seiner Abwesenheit. Es geschahe in meiner Abwesenheit. In Abwesenheit des Königes. Dergleichen häufige Abwesenheiten sind dem Rufe eines jungen Mädchens nachtheilig. Die Abwesenheit einer Bestimmung durch das Gesetz. Abwesenheiten des Geistes haben, zerstreut seyn. In Abwesenheit meiner, seiner u. s. f. wie einige zu reden pflegen, ist ein Überbleibsel der Oberdeutschen Mundart.


Abwetten (W3) [Adelung]


Abwetten, verb. reg. act. durch Wetten von jemanden erhalten. Einem zehn Thaler abwetten.


Abwettern (W3) [Adelung]


Abwettern, verb. reg. 1. + Neutrum mit haben, aufhören zu wettern, d. i. zu donnern und blitzen. Es hat endlich abgewettert. Üblicher ist abwittern. 2. * Activum. Eine Schwelle abwettern, bey den Zimmerleuten, sie schräge hauen, wie an den Treibhäusern, damit das Wetter, d. i. das Wasser, ablaufen könne.


Abwetzen (W3) [Adelung]


Abwetzen, verb. reg. act. 1) Durch Wetzen wegschaffen. Die Spitze von einem Messer, den Rost von einer Klinge abwetzen. Ingleichen, 2) metonymisch durch Wetzen dünner machen, abnützen. Das Messer abwetzen, durch zu vieles Wetzen dünn machen. Das Geld wird durch vieles Ausgeben abgewetzt, oder wetzt sich durch vieles Ausgeben ab, reibt sich ab. Ein abgewetzter Wetzstein, der durch vieles Wetzen abgenützt worden. Daher die Abwetzung.


Abwichsen (W3) [Adelung]


+ Abwichsen, verb. reg. act. abprügeln; in den niedrigen Sprecharten. S. Wichsen.


Abwickeln (W3) [Adelung]


Abwickeln, verb. reg. act. was aufgewickelt war, durch Wickeln abnehmen. Garn, Seide, Wolle, abwickeln. Ingleichen metonymisch, einen Knauel abwickeln. Daher die Abwickelung.


Abwiegen (W3) [Adelung]


Abwiegen, S. Abwägen, in der Anmerkung.


Abwinde (W3) [Adelung]


Die Abwinde, plur. die -n, ein Werkzeug der Weber und Nähterinnen, Seide, Wolle, und leinen Garn darauf abzuwinden, welches auch nur schlechthin die Winde heißt.


Abwinden (W3) [Adelung]


Abwinden, verb. irreg. act. S. Winden. Durch Winden abnehmen. Garn, Seide, Wolle, abwinden. Ingleichen metonymisch, einen Knauel Garn, eine Spule abwinden. So auch ein Seil abwinden, ein über eine Welle gewickeltes Seil herab winden. Daher die Abwindung.


Abwirken (W3) [Adelung]


Abwirken, verb. reg. act. welches nach Maßgebung des einfachen Zeitwortes wirken verschiedene Bedeutungen hat. 1) Durch Wirken absondern. Besonders bey den Jägern, für abziehen. Einem Thiere die Haut abwirken, und metonymisch, einen Hirsch, einen Gäms, ein Schwein abwirken, mit Aufschneidung des Felles am Bauche die Haut abziehen, im Gegensatze des Abstreifens. 2) Zur Genüge wirken. So heißt bey den Bäckern, den Teig wohl abwirken, so viel als ihn gehörig durchkneten. 3) Aufhören zu wirken, zu Ende wirken, besonders in den Salzsiedereyen, aufhören zu sieden. Ingleichen, das Wirken oder Weben vollenden, wie abweben. So auch die Abwirkung.

Anm. Abwirken, für abbrechen oder zerstören, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Indessen sang doch Opitz: Die There sind versenkt, die Riegel ganz zerbrochen, Und sämmtlich abgewirkt.


Abwischen (W3) [Adelung]


Abwischen, verb. reg. act. 1) Durch Wischen wegbringen. Den Staub von dem Tische, den Schweiß von dem Gesichte, das Blut von den Händen abwischen. Der Wangen Lilien und Rosen lagen nun In Tüchern abgewischt, Zachar. In welchem letztern Beyspiele zugleich der Begriff der übertragenen Farbe mit Statt findet. Sich die Thränen abwischen. Einem die Thränen abwischen, figürlich dessen Kummer lindern. Thränen, die wir nicht abwischen, wenn wir können, sind so gut als Thränen, die wir erzwingen, Dusch. Ingleichen, abwischen und auslöschen, mit Kreide geschriebene Buchstaben abwischen. Eine Rechnung abwischen, von der Tafel. 2) Metonymisch, durch Abwischen reinigen. Den Tisch, die Fenster, die Hände, das Gesicht abwischen.


Abwittern (W3) [Adelung]


Abwittern, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu wittern, wie abwettern 1. Es hat endlich abgewittert.


Abwölfen (W3) [Adelung]


Abwölfen, verb. reg. neutr. mit haben, das Wölfen, oder Gebären vollenden, nicht mehr Junge werfen, besonders bey den Jägern von den Hündinnen. S. Wolf.


Abwuchern (W3) [Adelung]


Abwuchern, verb. reg. act. Einem etwas abwuchern, durch Wucher von ihm erhalten.


Abwürdigen (W3) [Adelung]


Abwürdigen, verb. reg. act. seiner Würde berauben. Das wird ihn in jedermanns Augen zu einem Scheusal der Natur abwürdigen. Besonders von Münzen. Eine Münze, eine Geldsorte abwürdigen, sie ihres scheinbaren Werthes berauben, sie absetzen, verrufen. Daher die Abwürdigung.


Abwürgen (W3) [Adelung]


Abwürgen, verb. reg. act. völlig würgen, schlachten, umbringen, eigentlich von dem Geflügel. Tauben, Hühner, Gänse, Enten abwürgen. In der höhern Schreibart zuweilen überhaupt für schlachten, tödten. Und würgten wir ihm gleich auf jedes TagelichtDrey hundert Ochsen ab, Opitz.- Hier hat man dich geehrt, Die Opfer abgewürgt, Ebend. Daher die Abwürgung.


Abwürzen (W3) [Adelung]


Abwürzen, verb. reg. act. mit dem gehörigen Gewürze versehen. Eine Speise abwürzen. Die Speisen wohl abwürzen. Und im niedrigen Scherze, einen abwürzen, mit einer bittern Antwort, einem derben Verweise abfertigen. So auch die Abwürzung.


Abwüthen (W3) [Adelung]


Abwüthen, verb. reg. 1. Recipr. sich abwüthen, bis zur Entkräftung wüthen. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu wüthen.


Abzackern (W3) [Adelung]


* Abzackern, verb. reg. act. an einigen Orten, besonders in Franken, so viel als abackern, abpflügen. Vielleicht von dem Zacken am Pfluge, und dem ungewöhnlichen Zeitworte zacken, wovon zackern das Frequentativum ist. S. Zackern. + Einem etwas abzäckern, ihm in kleinen Summen ablocken, ist nur in einigen niedrigen Sprecharten üblich.


Abzahlen (W3) [Adelung]


Abzahlen, verb. reg. act. völlig bezahlen, durch Bezahlen tilgen. Eine Schuld, eine Rechnung abzahlen. Ingleichen mit Bezahlung einer Schuld abfinden, abfertigen. Einen abzahlen. Ich habe ihn längst abgezahlt. Und im gemeinen Scherze, einen abzahlen, ihm nach Verdienste höhnisch oder mit Verweisen begegnen; ingleichen sich an einem rächen. In den niedrigen Sprecharten abbezahlen. So auch die Abzahlung.


Abzählen (W3) [Adelung]


Abzählen, verb. reg. act. 1) Zählend wegnehmen, von einer größern Summe eine kleinere wegzählen. Ich habe von diesen hundert Thalern fünfzig abgezählet. 2) Herzählen, genau nach einer gegebenen Zahl bestimmen. Geld abzählen. Das Geld ist schon abgezählt. Die Garben in dem Felde, die Mandeln nach Schocken abzählen. Etwas an den Fingern abzählen, herzählen; und in figürlicher Bedeutung, das kann ich mir an den Fingern abzählen, davon kann ich mich sehr leicht überzeugen, das kann ich leicht begreifen. So auch die Abzählung.


Abzahnen (W3) [Adelung]


Abzahnen, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, die letzten Kinderzähne verlieren. Das Kind hat schon abgezahnt, im gemeinen Leben. 2. Activum, bey den Tischlern, mit dem Zahnhobel abhobeln. Daher die Abzahnung.


Abzanken (W3) [Adelung]


Abzanken, verb. reg. act. durch Zank von jemanden erhalten. Einem etwas abzanken.


Abzapfen (W3) [Adelung]


Abzapfen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, einen flüssigen Körper vermittelst des Zapfens ablaufen lassen. Wein, Bier, Essig abzapfen. Ingleichen metonymisch, ein Faß Bier abzapfen. 2) In weiterer Bedeutung, durch eine Röhre ablaufen lassen. Das Wasser eines Teiches, und einen Teich abzapfen. Einem Wassersüchtigen das Wasser abzapfen. Sich Blut abzapfen lassen, im Scherze, für, sich die Ader schlagen lassen. So auch die Abzapfung.


Abzäumen (W3) [Adelung]


Abzäumen, verb. reg. act. von dem Zaume befreyen. Ein Pferd abzäumen. Daher die Abzäumung.


Abzäunen (W3) [Adelung]


Abzäunen, verb. reg. act. 1) Mit einem Zaune absondern, einschließen. Ein Stück Feldes, eine Wiese abzäunen. 2) Vermittelst des Zaunes entziehen. Einem ein Stück Acker, ein Stück von dem Garten abzäunen, seinen Zaun zu weit in dessen Acker oder Garten machen. Daher die Abzäunung.


Abzehenten (W3) [Adelung]


Abzehenten, verb. reg. act. im gemeinen Leben an einigen Orten, 1) den Zehenten von etwas völlig entrichten, absolute und ohne Nennwort. 2) Mit Ertheilung des Zehenten abfinden. Die Drescher, die Schnitter, den Pfarrer abzehenten. So auch die Abzehentung.


Abzehren (W3) [Adelung]


Abzehren, verb. reg. Es ist:I. Ein Activum, durch Zehren vermindern, absondern, und zwar, 1) + im gemeinen Leben, eine Summe, die man zu fordern hat, durch Zehrung, d. i. durch Essen und Trinken, vermindern und tilgen. Seine Forderung bey einem abzehren. 2) Nach und nach entkräften, mager machen. Die langwierige Krankheit hat ihn ganz abgezehret. Eine abzehrende Krankheit, die den Körper nach und nach abzehret. Sich abzehren, oder abgezehret werden, mager, kraftlos werden. Ein abgezehrter Leib. Ein abgezehrter Wolf, Haged. Mein Gebein wird abgezehret, Opitz. Sich durch Sorgen, durch Gram abzehren.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, abgezehret werden, in der Bedeutung, des mager, kraftlos werden. Er zehrt zusehends ab.


Abzehrung (W3) [Adelung]


Die Abzehrung, plur. inusit. 1) Die Handlung des Abzehrens in den Bedeutungen des Activi. 2) Eine abzehrende Krankheit, wie Auszehrung.


Abzeichen (W3) [Adelung]


Das Abzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. am häufigsten in den gemeinen Mundarten, ein natürliches Zeichen, besonders, wodurch eine Person oder ein Thier von dem andern unterschieden wird. Ein Abzeichen an sich tragen. Abzeichen und Kennzeichen unterscheiden sich durch die vorgesetzten Bestimmungswörter: das erste siehet zunächst auf den Unterschied von andern, dieses auf die Erkenntniß. Überdieß hat der Gebrauch jenes auf natürliche Zeichen eingeschränkt, dagegen dieses auch von künstlichen und willkürlichen gebraucht wird.


Abzeichnen (W3) [Adelung]


Abzeichnen, verb. reg. act. 1) Die Gestalt einer Sache durch Zeichen bemerken. Ein Lager abzeichnen, abstecken. Einen Platz zu einem Gebäude, zu einem Garten u. s. f. abzeichnen. 2) Durch Zeichen, d. i. Linien und Striche, abbilden. Ein Lager, einen Garten, ein Gebäude, eine Blume abzeichnen. Eine Person mit Kohlen, mit Röthel abzeichnen.


Abzeichnung (W3) [Adelung]


Die Abzeichnung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Abzeichnens; ohne Plural. 2) Ein durch Abzeichnen entstandenes Bild einer Sache.


Abzielen (W3) [Adelung]


Abzielen, verb. reg. 1. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, und so viel bedeutet, als das einfache zielen, nur mit einigem Nachdrucke, gleichsam von sich wegzielen. Am häufigsten figürlich, zum Endzwecke haben. Auf etwas abzielen. Sein Vorhaben zielet auf lauter Unglück ab. Alle meine Bemühungen zielen auf dein Bestes ab. 2. Ein Activum, mit der vierten Endung des Nennwortes, ob es gleich in dieser Gattung nur selten vorkommt. Etwas abzielen. Zum mindsten wird bey dieser Art von Liebe nichts körperliches abgezielt, Wiel.


Abzirkeln (W3) [Adelung]


Abzirkeln, verb. reg. act. mit dem Zirkel abmessen. Eine Figur abzirkeln. Ingleichen figürlich, aber nur in der vertraulichen Sprechart, genau bestimmen. Wer kann alle Worte so genau abzirkeln. Daher die Abzirkelung.


Abzucht (W3) [Adelung]


Die Abzucht, plur. die -züchte, von abziehen, der Ort, durch welchen ein flüssiger Körper abgezogen, d. i. abgeleitet wird. Besonders in den Hüttenwerken, die kreuzweise geführten Canäle unter den Öfen und Herden, die Feuchtigkeiten abzuleiten, welche, in so fern sie diese an sich ziehen, auch Anzüchte genannt werden. Ingleichen in Oberdeutschland, eine Cloak, oder ein Graben, den Unflath abzuführen.

Anm. Abzucht ist ein gutes, aber in der Büchersprache der Hochdeutschen wenig bekanntes Wort. S. auch Canal.


Abzug (W3) [Adelung]


Der Abzug, des -es, plur. die -züge, von abziehen.1. Die Handlung des Abziehens. 1) Von dem Activo. Seine Karte gleich in den ersten Abzügen verlieren. Nach Abzug aller Unkosten. Am häufigsten 2) in den Bedeutungen der Mittelgattung. (a) Der Abzug des Feindes, einer Armee. Zum Abzuge blasen. Sich zum Abzuge rüsten. Die Besatzung bedung sich einen freyen Abzug. (b) Der Abzug des Gesindes, aus einem Dienste, oder eines Unterthanen aus einer Gerichtsbarkeit. Daher die Abzugszeit, die Zeit, da das Gesinde gewöhnlich abzuziehen pfleget. Ingleichen der Abzugsbrief, an einigen Orten, ein Schein, womit ein Leibeigener beweisen muß, daß er mit Bewilligung seines Herrn abgezogen ist. (c) Die Entfernung einer jeden andern Person aus einer Gegend, die Abreise. Sein Abzug geht mir herzlich nah, Haged. In diesen Bedeutungen ist der Plural selten.2. Dasjenige, was abgezogen wird. (a) In Rechnungssachen, was von einer Summe abgezogen wird. Ich muß ohne Abzug bezahlet werden. Bey der Verwechselung einer Geldsorte wird dasjenige, was von der bessern abgezogen wird, der Abzug, und in Ansehung des schlechtern Geldes Aufgeld genannt. So auch, (b) in den Rechten, dasjenige Geld, welches von einer Erbschaft, die einem Fremden zufällt, abgezogen, und auch das Abzugsgeld, ingleichen der Erbgulden genannt wird. Daher das Abzugsrecht, das Recht, dergleichen Abzug zu fordern, welches zuweilen auch wohl schlechthin der Abzug heißt. An einigen Orten wird auch die Nachsteuer, welche ein Einwohner, wenn er in eine fremde Gerichtsbarkeit ziehet, von seinem unbeweglichen Vermögen entrichten muß, der Abzug genannt. S. Abschoß, Absteuer. (c) In den Hüttenwerken, Schlacken und andere Unarten, welche sich auf das flüssige Metall setzen, und abgezogen werden. Dasjenige Kupfer, welches aus solchem Abzuge geschmelzet wird, wird daher am Unterharze das Abzugskupfer, an andern Orten Königskupfer genannt. In der Schweiz heißet dasjenige schäumige Wesen, welches sich auf der mit Lab geschiedenen Milch setzet, gleichfalls der Abzug. (d) Im Weinbaue werden diejenigen Enden der Weinstöcke, welche abgezogen, d. i. nicht so tief, als die Senker in die Erde gelegt werden, Abzüge genannt. In den drey ersten Fällen ist der Plural gleichfalls nicht gebräuchlich.3. Das Werkzeug, welches zum Abziehen dienet. So führet in den Hüttenwerken das eiserne Instrument, womit die Unart von dem flüssigen Metalle abgezogen wird, den Nahmen des Abzuges; und an den Schießgewehren wird der kleine eiserne Griff unter dem Schlosse, womit das aufgezogene Gewehr abgedrückt wird, und welcher in dem Abzugsbleche geht, gleichfalls der Abzug genannt. S. auch Abdruck.4) Der Ort, durch welchen ein flüssiger Körper abgezogen, d. i. abgeleitet, wird. So werden so wohl die Abläufe des Wassers aus den Teichen, als auch die Gräben auf dem Acker, die Canäle in den Hüttenwerken, und zur Abführung des Unrathes in den Städten, welche sonst Abzüchte, Schleusen, u. s. f. heißen, auch Abzüge genannt. In weiterer Bedeutung führet auch der Fall des Wassers, wodurch dessen Ab-fluß befördert wird, diesen Nahmen. Daher sagt man, das Wasser hat keinen Abzug, dem Wasser einen Abzug geben.


Abzupfen (W3) [Adelung]


Abzupfen, verb. reg. act. durch Zupfen absondern. Seide abzupfen. Die Blätter von den Bäumen abzupfen. Ingleichen metonymisch, Rosen, Blumen abzupfen. Daher die Abzupfung.


Abzwacken (W3) [Adelung]


Abzwacken, verb. reg. act. 1) Eigentlich, durch Zwacken, d. i. mit den zwey Vorderfingern, oder einem den Fingern ähnlichen Werkzeuge, z. B. einer Zange, wegnehmen, in welcher Bedeutung aber jetzt abzwicken üblich ist. 2) Figürlich, unter dem Scheine Rechtens und in kleinen Theilen abdringen. Ein Geiziger zwackt überall etwas ab. Man zwackte mir hier und da etwas ab. Einem das Seinige abzwacken. Daher die Abzwackung.


Abzwecken (W3) [Adelung]


Abzwecken, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, so viel als abzielen, in der Mittelgattung. Dieß zwecket darauf ab, der Endzweck hiervon ist. 2. * Activum, sich zum Endzwecke setzen; sehr ungewöhnlich und hart. Der von mir abgezweckte Erfolg. Daher die Abzweckung.


Abzwicken (W3) [Adelung]


Abzwicken, verb. reg. act. welches mit abzwacken einerley Ursprung und Bedeutung hat, nur daß abzwicken allein in der eigentlichen, abzwacken aber mehr in der figürlichen Bedeutung üblich ist. Einen Nagel abzwicken, mit der Zange abkneipen. Bey den Schustern hingegen bedeutet abzwicken, die Aufziehzwecken heraus ziehen und dadurch abnehmen; im Gegensatze des Aufzwickens. Daher die Abzwickung.


Abzwingen (W3) [Adelung]


Abzwingen, verb. irreg. act. S. Zwingen, durch Zwang von jemanden erhalten. Die Furcht zwingt oft den Bösen das Bekenntniß ihrer Unthaten ab, Dusch.


Acacie (W3) [Adelung]


Acacie, S. Schotendorn.


Academie (W3) [Adelung]


Die Academie, S. Akademie.


Accent (W3) [Adelung]


Der Accent, des -es, plur. die -e, von dem Lat. Accentus. 1) In der Sprachlehre, überhaupt die Abänderung der Stimme in der Aussprache der Wörter, Sylben und Vocale; ohne Plural. Allein da es mehrere Arten dieser Abänderung gibt, welche man ohne Unterschied Accent oder Ton zu nennen pflegt, so hat solches zu allen Zeiten viele Verwirrungen in den Sprachlehren verursacht. Im Deutschen unterscheidet man die drey vornehmsten Abänderungen der Stimme durch die Nahmen Ton, Accent und Quantität oder Zeitmaß am richtigsten so. (a) Der Ton ist die merkliche Erhebung der Stimme, mit welcher eine Sylbe vor der andern ausgesprochen und dadurch gleichsam heraus gehoben wird. So wird in den Wörtern gehen, der Abfall, die erste, in verwesen und verlassen aber die mittelste Sylbe mit einer vorzüglichen Erhebung der Stimme vorgetragen. Das nennet man fast in allen Sprachen den Accent, im Deutschen aber am richtigsten den Ton. S. dieses Wort. (b) Der Accent ist alsdann die längere oder kürzere Verweilung der Stimme auf einem Vocale, und theilet sich folglich in den geschärften Accent, wenn die Stimme schnell über den Vocal wegeilet, wie in ab, ob, mit und den ersten Sylben der Wörter treffen, fallen, binden; und in den gedehnten, wenn die Stimme länger darauf verweilet, wie in da, gar, her und in den ersten Sylben der Wörter gehen, stehen, lieben. In verstehen haben die erste und letzte Sylbe den geschärften, die mittelste aber den gedehnten Accent. Daraus erhellet, daß der Accent mit dem Tone zwar oft zusammen trifft, aber nichts weniger als einerley mit demselben ist. Hiervon ist (c) noch die Quantität, das Zeitmaß, oder die prosodische Länge und Kürze der Sylben, unterschieden, welche im Deutschen zwar ganz von dem Tone abhängt, aber mit demselben wieder nicht einerley ist. Alles was den Haupt- oder ganzen Ton hat, ist in der Prosodie lang; was den halben oder Nebenton hat, ist gleichzeitig, d. i. es kann lang oder kurz gebraucht werden; was aber tonlos ist, ist kurz. S. davon mit mehrern die Sprachlehre. 2) Das Zeichen des Accentes. Wo man Accent für Ton gebraucht, da pflegt man auch die Tonzeichen mit dem Nahmen der Accente zu belegen. Allein im Deutschen nennet man nur diejenigen Zeichen Accente oder Accent-Zeichen, womit man die Schärfung oder Dehnung eines Vocales bezeichnet, und welche (´) und (`) sind; z. B. da, ab. Daher accentuiren, die Sylben mit diesen Accent-Zeichen versehen, in andern Sprachen aber, sie mit den gehörigen Tonzeichen versehen. 3) Bey einigen der neuern Dichter oft so viel, als die Stimme, Worte, Töne, wo es eine unnöthige Nachahmung des Franz. Accent ist, welches gleiche Bedeutung hat. Alsdann aber wird es nur im Plural gebraucht. Die Nachtigall schwieg und horchte die zärtlichen Accente; Gesn. 4) In der Musik, nach dem Ital. Accento, eine Art zu singen, oder zu spielen, da man, ehe die vorgeschriebene Note ausgedruckt wird, schon die darüber oder darunter stehende hören läßt, der Vorschlag.


Acceptiren (W3) [Adelung]


+ Acceptiren, verb. reg. act. aus dem Lateinischen accipere, barbarisch Lat. acceptare, annehmen. Besonders in der Handlung, einen Wechsel acceptiren, sich zu dessen Bezahlung verbindlich machen. Daher der Acceptant, des -en, plur. die -en, der sich zur Bezahlung eines Wechsels verbindlich macht.


Acceß (W3) [Adelung]


Der Acceß, des -sses, plur. inusit. von dem Lat. Accessus; bey verschiedenen Gerichtshöfen und Collegiis, die Freyheit, Theil an ihren Verhandlungen zu nehmen, ohne ein förmliches Glied von ihnen zu seyn, der Zutritt; womit zuweilen die nächste Anwartschaft auf diejenige Stelle, welche in einem solchen Collegio am ersten erlediget wird, verbunden ist. Daher der Accessist, des -en, plur. die -en, der einen solchen Zutritt hat.


Accidenz (W3) [Adelung]


Das Accidenz, des -es, plur. die Accidenzien, die mit einem Amte verbundenen zufälligen und ungewissen Einkünfte, im Gegensatze des gewissen Gehaltes, zufällige Amtsgebühren, Sporteln. Vom Lateinischen Accidens und Accidentia.


Accise (W3) [Adelung]


Die Accise, plur. inusit. 1) Überhaupt eine obrigkeitliche Auflage auf Lebensmittel und solche Waaren, welche sich durch den Gebrauch abnützen lassen, wenn sie in ein Land, oder in eine Stadt eingeführet werden. Besonders, so wohl die Abgabe von den von außen in ein Land eingeführten Waaren, welche in Sachsen die Land-Accise genannt, und Churfürst Johann Georg des Ersten Verordnung von 1615 zu Folge, für die Sicherheit der Landstraßen gegeben wird; als auch die Abgabe von den Nahrungsmitteln, welche von dem Lande zum Verkaufe in die Stadt geführet werden, welche in Sachsen den Nahmen der Consumtions-Accise, ingleichen der General-Accise führet, weil von deren Erlegung niemand ausgenommen ist. Accise von etwas geben. Diese Waare gibt viel, wenig Accise. Accise auf etwas legen. Ingleichen, die zusammen gesetzten Wörter, accisbar, der Accise unterworfen, die Accisbarkeit; accisfrey, von Erlegung derselben befreyet, die Accisfreyheit; das Accis-Collegium, welches die oberste Aussicht über alles, was zur Accise gehöret, und in Sachsen besonders über die General-Accise hat; die Accis-Kammer, das Gemach, wo die Accise entrichtet wird; der Accise-Zettel, ein Schein, daß die Accise entrichtet worden; der Accise-Bediente, Accis-Einnehmer u. s. f. 2) Im gemeinen Leben, auch der Ort, wo sich die Accise-Bedienten versammeln, und wo die Accise entrichtet wird. Auf die Accise gehen.

Anm. Da Accise, Niedersächsisch Zise, heut zu Tage nur von solchen Auflagen gebraucht wird, die von den im Handel und Wandel umlaufenden Waaren gehoben werden, und wodurch von dem Gewinne des Käufers wirklich etwas abgekürzet und gleichsam abgeschnitten wird; so glaubt man gemeiniglich, daß dieses Wort von accidere, beschneiden, herstamme. Diese Ableitung istschon alt, indem an einigen Orten der Schweiz, besonders in Graubünden, eine solche Abgabe im Deutschen der Schnitz, der Landschnitz, im Franz. Taille, im mittlern Lat. aber Incisio, Incisura, genannt wird. Allein in des du Cange Glossar. v. Assisa, der neuesten Ausgabe, wird gezeiget, daß es vielmehr von Assisa abstamme, welches Wort in den mittlern Zeiten nicht allein eine Versammlung der Reichs- und Landstände, sondern auch die von denselben bewilligten Abgaben bedeutete. Es wäre also ursprünglich eine allgemeine Benennung aller Abgaben, die nachmahls bloß auf die umlaufenden Waaren eingeschränkt worden, und mit der Sache selbst aus Frankreich und den Niederlanden nach Deutschland gekommen ist. Das Niedersächsische Zise findet sich schon im Magdeburgischen um das Jahr 1314, wo es Syse geschrieben wird; welches des du Cange Ableitung zu bestätigen scheinet. Nach der Verschiedenheit der Waaren und Lebensmittel, ingleichen der Absicht, um welcher willen diese Abgabe gehoben wird, bekommt sie wieder allerley besondere Benennungen, die aber fast in jedem Lande verschieden sind.


Accord (W3) [Adelung]


Der Accord, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich, und zwar in der Musik, (a) der Zusammenklang mehrerer Töne, und diese Töne selbst. Gemeiniglich werden zu einem Accorde drey Töne erfordert, der Grundton, dessen Tertie und dessen Quinte. (b) Der Zusammenklang mehrerer Instrumente, besonders bey den Orgelbauern, ein ganzes Stimmwerk von allerley Pfeifen, welche zu einander gehören. 2) Figürlich, ein Vertrag, besonders, (a) im Kriege, der Vertrag zwischen den Belagerern und Belagerten wegen der Übergabe eines Ortes. Eine Festung mit Accord einnehmen. Einen Accord treffen, schließen. Die Besatzung hat den Accord angenommen. (b) Im gemeinen Leben, fast ein jeder Vertrag wegen einer zu liefernden Arbeit und Waare. Einen Accord mit einem machen. Wie auch der Vertrag eines bösen Schuldners mit seinen Gläubigern, etwas für das Ganze zu nehmen.

Anm. Dieses Wort ist aus dem Franz. und Ital. Accord und Accordo zu uns gekommen, welche wieder aus dem barbarischen Latein Accordium entstanden sind; S. du Cange Gloss. h. v.


Accordiren (W3) [Adelung]


Accordiren, verb. regul. Es ist:I. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, und bedeutet alsdann, 1) eigentlich, zusammen klingen, von Tönen und musikalischen Instrumenten. Diese Töne, diese Instrumente accordiren nicht mit einander. 2) Figürlich. (a) + Überein stimmen, sich schicken. Seine Worte accordiren nicht mit seinen Handlungen, besser, stimmen nicht damit überein. (b) Unterhandeln, besonders im Kriege, wegen der Übergabe eines Ortes unterhandeln. Die Besatzung verlangte zu accordiren. Ingleichen, von einem bösen Schuldner, wenn derselbe mit seinen Gläubigern handelt, daß sie für ihre ganze Forderung etwas nehmen sollen. Er hat accordirt. Er verlangt zu accordiren. + Ferner im gemeinen Leben, wegen einer Sache unterhandeln, und wirklich einig werden. Wegen einer Arbeit, wegen einer Lieferung von Waaren mit jemanden accordiren.II. Ein Activum. 1) Eigentlich, zusammen klingend machen, in der Musik. Töne, Instrumente accordiren. 2) Figürlich. (a) Überein stimmend machen, so wohl bey den Kaufleuten, wo die Rechnungen accordiren, so viel bedeutet, als sie gegen einander halten, ob sie zusammen treffen; als auch bey den Mahlern, die Farben accordiren, sie verschmelzen, damit das Harte vermieden werde. Ein Gemählde accordiren, die Übereinstimmung der Farben hinein bringen. (b) + Bewilligen, doch nur im gemeinen Leben. Ich habe es ihm noch nicht accordiret, zugestanden. Anm. Man könnte dieses aus dem Französischen und mit demselben aus dem barbarisch Lateinischen accordare erborgte Zeitwort gar füglich entbehren. Wenigstens sollte man es aus dem gesellschaftlichen Leben völlig verbannen, weil nicht die geringste Nothwendigkeit vorhanden ist, es beyzubehalten.


Accurat (W3) [Adelung]


+ Accurat, -er, -este, adj. et adv. aus dem Lateinischen accurratus. 1) Objective, genau, richtig, der Sache, dem Ebenmaße, dem Vorbilde in allen Theilen gemäß. 2) Subjective, Fertigkeit besitzend, sich der Genauigkeit, Richtigkeit in allen Stücken zu befleißigen. Ein sehr accurater Mann. In beyden Bedeutungen ist es im Deutschen überflüssig.


Accusativ (W3) [Adelung]


Der Accusativ, des -es, plur. die -e, in der Sprachlehre, die vierte Endung in der Declination. Die Deutschen Sprachlehren haben seit Schottels Zeit dafür Klagendung oder Klagefall einzuführen gesucht, welches aber eine bloße buchstäbliche Übersetzung des Lateinischen Ausdruckes ist, und von den vielen Fällen, worin dieser Casus gebraucht wird, nur einen einzigen, und noch dazu sehr eingeschränkten, bezeichnet.


Ach (W3) [Adelung]


1. * Ach, eines der ältesten Wörter der Nordischen Mundarten, welches Wasser, und besonders fließendes Wasser bedeutete. Im Deutschen ist dasselbe nur noch als ein eigenthümlicher Nahme vieler Bäche und Flüsse, und in den Nahmen noch mehrerer Städte und Dörfer übrig, welche an solchen fließender Wassern liegen. In allen Provinzen findet man kleinere Flüsse, welche Acha, Aha, Ach, oder nur schlechthin A heißen, und in Fulda, Gotha, Conna, und hundert anderen Nahmen gehöret das letzte a gleichfalls hierher, welches augenscheinlicher wird, wenn man ihre ältere Schreibart betrachtet, wo sie Fuldaha, Gotaha, Connaha lauten. Bey den Angelsachsen hieß Ea ein jedes Wasser, womit auch das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey dem Hesychius, das heutige Französische Eau, Wasser, das Dänische Aa und Schwedische A ein Fluß, und das Deutsche Aue, überein kommen. Die Alemannen und andere noch ältere Völker setzten ihren gewöhnlichen Hauchlaut hinein, und da ward Aha, Acha, Ach, bey den älteren Griechen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bey den Gothen Ahwa, und bey den Lateinern Aqua, daraus. Ein mehreres von diesem Worte haben Frisch, v. Ach, Schilter, v. Ach, und Ihre in Gloss. v. A angeführet.


Ach (W3) [Adelung]


2. Ach, eine Interjection, welche der natürliche Ausdruck nicht nur aller Leidenschaften, mit allen ihren Schattirungen, sondern auch aller Gemüthsbewegungen und lebhaften Vorstellungen überhaupt ist. Es ist also, und zwar 1) eigentlich und zunächst, der Ausdruck des Schmerzens, und zwar nach allen seinen Stufen und Abänderungen. Ach, ich Unglücklicher! Ach, wie schmerzet diese Wunde! Ach und weh! Daher die gemeine Redensart, Ach und weh schreyen. In dieser Bedeutung wird Ach! auch zuweilen als ein Substantiv gebraucht, welches indeclinabel ist, und alsdann bedeutet es so wohl den Ausbruch der schmerzhaften Empfindung durch Seufzer, als auch den Schmerz selbst. Mein Ach ist deine Freude. Das Ach, das ihn mitleidig machen soll, Gell. Manich achFueget mir dü reine, sang Werner von Teusen, unter den Schwäbischen Dichtern. 2) Der Angst. Ach, wie beklemmt es mir das Herz! Ach, wie schlägt mir das Herz! Ach, ach, ich bin des Todes! 3) Der Furcht. Ach, was wird dieses Anzeichen bedeuten! 4) Des Schreckens. Ach, ein Geist! ein Geist! Ach, mein ganzes Geblüt starret mir in den Adern! Ach, das ist ja erschrecklich! 5) Des Unwillens. Ach, daß ich jetzt nicht Zeit habe, dich nach Verdienst zu strafen! Ach, daß du kalt wärest! Ach, wir brauchen deiner Hülfe nicht! Ach, denken sie mir nur nicht wieder daran! Ach, warum wird er dich dennnicht haben wollen! 6) Des Mitleidens, der Bedaurung. Ach, das ist ewig Schade! Ach, daß der gute Mann gestorben ist! Ach, du armes Kind! 7) Der Wehmuth, des Grames. Ach, liebstes Kind, Julchen wird glücklicher, weit glücklicher, als sie! Gell. Ach, wenn ihr wüßtet, was das gute Kind ausgestanden hat! Weiße. Besonders des zärtlichen Kummers, indem mit seinem Ach und O niemand verschwenderischer umgeht, als die Verliebten. Ach, ich Unglücklicher, wie gut wäre es für mich, wenn ich sie weniger liebte! Ach, werden sie es denn niemahls glauben, wie zärtlich ich sie liebe? 8) Der Klage. Ach, bin ich doch so müde! Ach, die Haussorgen nehmen einen gar sehr mit! 9) Der Sehnsucht, des Verlangens, des Wunsches. Ach, wollte doch der Himmel, daß ich etwas zu ihrer Beruhigung beytragen könnte! Ach, warum kann nicht die ganze Welt ihrer Großmuth zusehen! Ach, hätte ich diese unglückliche Entdeckung doch nie gemacht! Ach, lassen sie mich es doch sehen! Ach ja, thun sie es doch! 10) Des Beyfalls, des Vergnügens, der Freude, der Entzückung. Ach, das ist schön! Ach, wie entzücken sie mich durch ihre Güte! Ach, hören sie doch, was für ein Glück und bevor steht! Ach, wie froh bin ich, daß ich ihn nicht gesehen habe! Ach, was ist der Umgang mit großen Herzen für eine Wollust? Gell. 11) Der Bewunderung. Ach, was für ein vortrefflicher Mann er nicht ist! Ach, das ist ja etwas Englisches! Ach, Himmel! mit welcher Annehmlichkeit, mit welcher Unschuld sagt sie dieß! Gell. 12) Endlich begleitet dieses Wörtchen oft auch weit schwächere Empfindungen, und da dienet es der folgenden Rede gleichsam zum Eingange, anzudeuten, daß das Herz seinen Antheil daran habe. Ich habe ihnen recht viel zu sagen, ach viel. Ach, es hat nichts zu sagen. Ach, wenn sie so hübsch ist, wie ihr seyd, so muß das ein artiges Pärchen werden, Weiße. Indessen ist nicht zu läugnen, daß es oft sehr übel angebracht wird, und besonders im gesellschaftlichen Umgange von manchen Personen, auch an solchen Stellen eingeflickt wird, wo kein begreiflicher Antheil des Herzens vorhanden ist, wohin denn das so gemeine ach ja! ach nein! ach freylich! und andere Kernausdrücke der gezierten Sprechart, in den meisten Fällen gehören.

Anm. 1. Ach ist der Schall, den der von einer beängstigten Brust ausgestoßene Athem verursacht. Es ist die natürliche Sprache des Herzens, und daher ist es sich auch, so wie dieses, unter allen Himmelsstrichen und in allen Sprachen gleich. Der Hebräer seufzete - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Grieche - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ohne Hauchlaut, der Lateiner Aha, Ah, der Perser Ah. S. auch Ächzen. Einige Deutsche gröbere Mundarten haben ihr och! und die Niedersachsen ihr o! außer wenn es einen Beyfall, eine Bewunderung ausdrücken soll, welche Empfindungen sie lieber mit aa! an den Tag legen.2. So wie sich die Leidenschaft keiner Regel unterwirft, so bindet sich auch dieses Wörtchen an keine bestimmte Wortfügung. Wenn es ein Nennwort bey sich hat, so steht dieses am häufigsten in der ersten Endung. Ach, ich armer Mann! Etwas seltener findet man es mit der zweyten. Ach miner not, klagt Heinrich von Framenberg, einer von den Schwäbischen Dichtern. Ach meines Jammers und Herzeleides! Jer. 10, 19. Wenn man es mit der dritten Endung findet, so rühret diese von dem ausgelassenen weh her, welches oft mit ach verbunden wird. Mit der vierten Endung, z. B. ach mich armen! ist es wohl eine Nachahmung des Lateinischen, obgleich schon Notker, vermuthlich durch die Vulgata verleitet, ah mih! hat.3. Gemeiniglich stehet ach zu Anfange des Satzes, der die Empfindung entwickelt; aber es kann seinen Platz auch hinter einem oder mehrern Worten finden; ein Umstand, der besonders den Dichtern wohl zu Statten kommt. Mitleidig, ach! verweilte, Ich keinen Augenblick, Weiße. Gnug, Hannchen war für mich geboren, Und, ach! sie ist verloren, Ebend. 4. Wenn die Empfindung, welche dieses Wörtchen ankündiget, so stark ist, daß sie sich durch einen wahren Ausruf äußert, so erfordert es auch das Ausrufungszeichen; nur daß dieses zu Ende des ganzen Satzes, der den Ausruf enthält, gesetzet, das ach aber bloß mit einem Komma begleitet wird: ach, welch ein Schmerz! Macht dieses Wörtchen aber einen Ausruf allein aus, wie in den oben angeführten Stellen, so bekommt es dieses Zeichen auch unmittelbar nach sich. S. die Orthogr.


Achat (W3) [Adelung]


Der Achat, des -es, plur. die -e, bey den neuern Naturkennern, ein Geschlechtsnahme aller feinen Hornsteine, welche verschiedene, so wohl einfache als vermischte Farben haben, eine feine Politur annehmen, und daher unter die Halbedelsteine gerechnet werden. Der Deutsche Nahme rühret aus dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - her, welches der Nahme eines Flusses in Sicilien war, der jetzt Drillo heißt, und an welchem die ersten Achate gefunden worden. Hieraus erhellet, daß die Schreibarten Agat und Agath unrichtig sind, wozu die Verwechselung mit dem Agtsteine und dem Gagat wohl auch das ihrige mag beygetragen haben.


Achat-Galle (W3) [Adelung]


Die Achat-Galle, plur. die -n, eine fremdartige Materie, welche zuweilen den Achat wie ein Saalband umgibt, und sich, wie die Glasgalle von dem Glase, von ihm trennen läßt.


Achat-Kiesel (W3) [Adelung]


Der Achat-Kiesel, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen Neuern ein Nahme eines bräunlichen Achates, mit gelblichen, braunen, schwärzlichen und grauen Streifen, welcher in Ägypten einheimisch ist, daher er von einigen auch nur der Ägyptische Stein genannt wird.


Achat-Kugel (W3) [Adelung]


Die Achat-Kugel, plur. die -n, ein rohes Stück Achat in rundlicher Gestalt, welches auch eine Achat-Niere genannt wird.


Achat-Muschel (W3) [Adelung]


Die Achat-Muschel, plur. die -n, eine jede Muschelart, welche bey ihrer glänzenden Politur und schönen Farben einem polirten Achate gleicht, deren es bey den Liebhabern mehrere Arten gibt. Von eben der Art sind auch die Achat-Schnecken.


Achat-Onyx (W3) [Adelung]


Der Achat-Onyx, des -es, plur. die -e, eine Steinart, welche aus einer Vermischung des Achates mit dem Onyx bestehet.


Achel (W3) [Adelung]


Die Achel, am Getreide, S. Age.


Achse (W3) [Adelung]


Die Achse, (sprich Akse,) plur. die -n, 1) Eigentlich, dasjenige Querholz, auf welchem der Obertheil eines Wagens oder Karrens ruhet, und um welches sich die Räder bewegen. Die vordere Achse, oder Vorderachse, die hintere Achse, oder Hinterachse. In metonymischer Bedeutung auch wohl der Wagen selbst, doch nur in der R. A. etwas auf der Achse herzu führen, eine Waare auf der Achse kommen lassen, fortbringen, im Gegensatze der Fortbringung derselben zu Wasser. 2) In weiterer Bedeutung ein jeder langer, runder Körper, um welchen sich ein anderer herum drehet. Ingleichen, 3) in der Mathematik, eine jede gerade Linie, welche durch den Mittelpunct eines Körpers gehet oder gedacht wird. Daher die Erdachse, die Weltachse, die Achse des Thierkreises, die Sehachse u. s. f. In der höhern Geometrie führet diejenige Linie, welche alle gerade, innerhalb einer krummen, parallel gezogene Linien, in zwey gleiche Theile theilet, und mit ihnen einen rechten Winkel macht, gleichfalls diesen Nahmen. 4) In der Anatomie, das dritte, oder vielmehr das zweyte Wirbelbein des Halses, weil das erste Wirbelbein sich auf demselben, wie um eine Achse drehet; Epistrophus.

Anm. Achse, Alem. Ahsa, Angels. Eax, Nieders. Asse, Dän. Ax, Russ. Oss, Engl. Axel tree, Schwed. Axel, Ital. Asse,haben mit dem Lateinischen und Griechischen Axis und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - einerley Ursprung. Es ist aus der Wurzel Ach, Ack, und der Ableitungssylbe -se gebildet, Ach-se, oder auch aus Achs und der Endsylbe -e. Aber welches der Stammbegriff ist, wird sich bey dem hohen Alter dieser Wörter wohl schwerlich entscheiden lassen. Wahrscheinlich ist es die lange, spitzige Gestalt, so daß es als ein Verwandter von Ecke, Age, (Niedersächsisch Achel,) Igel, dem Lat. Acus, und hundert andern dieser Art anzusehen ist. S. auch das folgende. Da in der Aussprache zwischen dem chs und x kein Unterschied ist, so wäre es in dieser Rücksicht gleichgültig, mit welchem Buchstaben man es schreibt. Im Hochdeutschen ist das ch am gebräuchlichsten und richtigsten, weil es den Bau des Wortes Ach-se unverstümmelt darstellt, welchen Axe nur verdunkeln würde; zumahl, da es mit dem Lat. axis zwar verwandt, aber nicht aus demselben entlehnet ist. Aber wenn es den Theil eines Wagens bedeutet, Achse, und wenn es von einen Weltkörper gebraucht wird, Axe schreiben zu wollen, ist eine Grille, indem solches bloße Abänderungen einer und eben derselben Bedeutung sind.


Achsel (W3) [Adelung]


Die Achsel, plur. die -n. 1) Eigentlich, der oberste Theil des Armes, wo er in das Schulterblatt gefüget ist, und der zum Tragen dienet. Etwas auf die Achsel nehmen. Figürliche R. A. sind: Jemanden über die Achsel ansehen, ihm einen verächtlichen Seitenblick zuwerfen, ihn verachten, geringe schätzen. Die Achsel ziehen oder zucken, zum Zeichen, daß man Bedenklichkeiten bey einer Sache habe, die man nicht gern sagen wolle, oder daß man das geduldig leiden müsse, was man nicht ändern kann, Nieders. mit einem eigenen Worte tuckschuldern, gleichsam zuckschultern. Daher, das Achselzucken. Ich antwortete ihm mit einem beredten Achselzucken, Raben. In Schwaben sagt man dafür die Achseln schupfen, oder schmucken. Auf beyden Achseln tragen, zwey widrig gesinnten Herren dienen, häucheln. + Etwas auf die leichte Achsel nehmen, sich eine schwere Sache als sehr leicht vorstellen, ist eine harte und ungewöhnliche Figur. 2) In weiterer Bedeutung, führet bey einigen Zergliederern auch wohl das ganze Armbein den Nahmen der Achsel oder des Achselbeines.

Anm. Die letzte Sylbe ist die Ableitungssylbe -El, welche ein Werkzeug, Ding, Subject bezeichnet, S. -el, und in dieser Gestalt ist es schon alt, wie aus dem Ahsalo des Kero, dem Ahsela des Notker, dem Lat. axilla, dem Angels. Ehsle, Eaxle, und dem Wallisischen Asgell erhellet. Dieses letztere bedeutet einen Flügel; daher Wachter und Ihre glauben, daß das Stammwort gleiche Bedeutung gehabt, und erst nachmahls auf den obersten Theil des Armes übergetragen worden, so wie die Lateiner aus ala das Diminutivum axilla gemacht hätten. Allein es ist ungegründet, daß axilla das Diminutivum von ala ist; -illa ist vielmehr mit der Deutschen Ableitungssylbe -el gleich bedeutend, daher es hier nur auf die Wurzelsylbe Achs ankommt, welche gleichfalls das vorige Ack, Eck, mit dem Begriffe der Höhe, der Schärfe, der hervor ragenden Beschaffenheit zu seyn scheinet. S. auch Axt, Hacke, Age, Igel, Ecke. In Baiern bedeutet die Uchse und Yexe, mit drey Sylben, in Schwaben Weichse und Uchse, bey dem Rabanus Maurus Oahchasa, die Höhle unter dem Arme, für welche die Hochdeutschen keinen eigenen Nahmen haben. - Thewrdank dem Ritter gab ein Stich Unnder den Uchsen zum Herzen ein, Theuerd. Kap. 77. Rabanus Maurus unterscheidet Uchse und Achsel sehr genau; jene heißt bey ihm, wie schon gedacht, Oahchasa, diese aber Ahsala. Achsel und Schulter werden im gemeinen Leben oft für gleich bedeutend gehalten. Allein dieses bedeutet eigentlich den obersten Theil des Rückens an den Achseln, und jenes den Theil zwischen dem obersten Ende des Armes und dem Halse.


Achselader (W3) [Adelung]


Die Achselader, plur. die -n, eine Ader, die nach der Achsel zu gehet, Vena axillaris. Bey dem Verheyn heißt besonders die Milchbrustader, Ductus thoracicus, die Achselader.


Achselband (W3) [Adelung]


Das Achselband, des -es, plur. die -bänder, ein zierliches Band, oder eine Bandschleife, welche noch in einigen Fällen von Soldaten und Livree-Bedienten auf der rechten Achsel getragen wird, und ehedem dazu diente, die doppelten über beyde Schultern kreuzweise geschlungenen Scherpen der Soldaten damit anzubinden; die Achselschnur, wenn es eine runde Schnur ist.


Achselbein (W3) [Adelung]


Das Achselbein, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welcher von einigen Zergliederern dem Schulterblatte, von andern aber dem darein gefügten Armbeine gegeben wird. Irrig aber ist es, wenn einige die Schlüsselbeine, claviculas, mit diesem Nahmen belegen.


Achselfleck (W3) [Adelung]


Der Achselfleck, des -es, plur. die -e, oder im Diminut. das Achselfleckchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein schmaler Streifen an den Hemden, der sich von dem Halsbunde bis zum Anfange des Ärmels erstrecket; das Achselstück.


Achselhemd (W3) [Adelung]


Das Achselhemd, des -es, plur. die -en, ein grobes Weiberhemd des Gesindes auf dem Lande, ohne Ärmel. In manchen Gegenden auch ein halbes Hemd der Mannspersonen, gleichfalls ohne Ärmel.


Achselschnur (W3) [Adelung]


Die Achselschnur, plur. die -schnüre, S. Achselband.


Achselseil (W3) [Adelung]


Das Achselseil, des -es, plur. die -e, ein Band oder Seil, welches über die Achsel gehänget wird, wenn man eine Last auf der Trage trägt, oder auf dem Schiebebocke fortschiebet; das Trageseil, Trageband, in Schlesien die Schande.


Achselstück (W3) [Adelung]


Das Achselstück, S. Achselfleck.


Achselträger (W3) [Adelung]


+ Der Achselträger, des -s, plur. ut nom. sing. in dem Munde des großen Haufens, einer, der auf beyden Achseln trägt, ein Häuchler. Das Unschickliche in diesem zusammen gesetzten Worte, welches eigentlich einen bedeuten müßte, der Achseln trägt, hat schon Frisch bemerket. Die Niedersachsen nennen einen solchen Menschen Hoikenträger, von Hoiken, einer veralteten Art Mäntel, und der R. A. den Hoiken auf beyden Schultern tragen. Die Oberdeutschen druckten den Begriff eines solchen Häuchlers ehedem durch Paidenthalbner, eigentlich Beidenhalbner, aus, der auf beyden Halben, d. i. Seiten, trägt, oder auch, der es mit jedem von beyden Theilen halb hält; welches aber eben so sprachwidrig gebildet ist.


Achsenblech (W3) [Adelung]


Das Achsenblech, des -es, plur. die -e, die eisernen Schienen, welche oben und unten an die Achse angenagelt werden, damit sie sich nicht abreibe; das Achseisen oder Achseneisen, die Achsenschiene.


Achseneisen (W3) [Adelung]


Das Achseneisen, S. das vorige.


Achsengeld (W3) [Adelung]


Das Achsengeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er, an einigen Orten eine Abgabe, welche von dem Fuhrwerke entrichtet wird.


Achsennagel (W3) [Adelung]


Der Achsennagel, des -s, plur. die -nägel, ein starker eiserner Nagel, der vor das Rad in die Achse gesteckt wird, damit es nicht herab laufe. In den gemeinen Mundarten hat dieser Nagel verschiedene andere Nahmen, worunter Lünse der vornehmste ist, der auch Lunse, Lunze, Lönse, Linse, Lünsch, Lehne, Leine, Lyn u. s. f. ausgesprochen wird, und von Lehnen abstammt.


Achsenriegel (W3) [Adelung]


Der Achsenriegel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Geschützkunst, der vorderste von den zwey hölzernen Riegeln, wodurch die Laveten-Wände vorn zusammen gehalten werden.


Achsenring (W3) [Adelung]


Der Achsenring, des -es, plur. die -e, ein Ring an der Achse, das Spalten derselben zu verhüten, und deren an einer Achse mehrere sind.


Achsenschiene (W3) [Adelung]


Die Achsenschiene, S. das Achsenblech.


Achsenstoß (W3) [Adelung]


Der Achsenstoß, des -es, plur. die -stöße, der Stoßring an der Achse, S. dieses Wort.1. Acht, eine Haupt- oder Grundzahl, welche ihren Platz zwischen der Sieben und Neun hat, und in gedoppelter Gestalt üblich ist.1. Als ein Adjectivum, welches in allen Endungen und Geschlechtern unveränderlich ist. Acht Männer, acht Städte, acht Kinder. Der Besitzer dieser acht Häuser. Ein Vater von acht Kindern. Acht Tage, d. i. eine Woche, so wie man lieber vierzehen Tage, als zwey Wochen, sagt. Heut über acht Tage, oder wie man auch im gemeinen Leben mit Auslassung des Vorwortes saget, heut acht Tage werden wir abreisen. So auch, gestern acht Tage waren wir beysammen, gestern vor acht Tagen. Die Glocke schlägt acht. Alle acht gingen zugleich fort. Es waren der Männer acht, es waren acht Männer. Es kamen ihrer acht, es kamen acht von ihnen. Acht und zwanzig, acht und dreyßig, acht und vierzig u. s. f. nicht zusammen gezogen achtundzwanzig, weil zwey mit und verbundene Wörter keine Composita machen können; außer wenn Zeitzahlen als Substantiva gebraucht werden, wo die gemeinschaftliche Ableitungssylbe die Zusammenziehung entschuldigt: ein Achtundzwanziger, ein Achtunddreyßiger, ein Mann von acht und zwanzig, von acht und dreyßig Jahren. Ein Achtundvierziger, ein Wein von dem Jahre 1748. Eine Achtundfunfzigerinn, eine Frau von acht und funfzig Jahren u. s. f.2. Als ein Hauptwort, eine Zahlfigur zu bezeichnen. Die Acht, plur. die -en. Eine Römische Acht, eine Arabische Acht. Die Acht oder eine Acht, ein Blatt von acht Augen, in dem Kartenspiele. Zwey Achten, zwey Blätter von acht Augen u. s. f.

Anm. 1. Von der Übereinstimmung dieses Deutschen Zahlwortes mit dessen Benennung in andern Sprachen kann man den Frisch nachsehen. Es bleibt in allen Fällen unverändert; außer wenn es ohne Substantiv mit solchen Präpositionen verbunden wird, welche die dritte Endung regieren, da es denn, wie alle übrige Hauptzahlen noch ein en am Ende annimmt, den Casum zu bezeichnen. Wähle dir aus den achten eins. Er fähret mit achten, mit acht Pferden. Ich komme nach achten, nach acht Uhr. Ich sahe ihn vor achten, vor acht Uhr. Die beyden letztern Fälle sind nur im gemeinen Leben üblich, und nicht völlig richtig, weil hier kein Dativ zu bezeichnen ist. Richtiger spricht man vollständig, vor, nach acht Uhr. Hierher gehöret auch die Spanische Münzsorte, welche im Deutschen ein Stück von achten genannt wird, weil sie acht Reales de Plata hält, gleichsam ein Stück von acht Realen.2. Acht kann, wie andere Zahlwörter, mit allen Adjectiven zusammen gesetzet werden, zu denen es sich nur dem Verstande nach schickt. Besonders hält es sich gern zu den Adjectiven auf ig: Achtseitig, achtfüßig, achtbeinig, achteckig, achtäugig u. s. f. Diese Wörter verstehen sich größten Theils von selbst, und bedürfen keiner weitern Erklärung. Aber achtmahl, achthundert, achttausend sind keine wahren Zusammensetzungen, sondern müssen acht Mahl, acht hundert, acht tausend geschrieben werden, wenn gleich die Ableitungen achtmahlig, der achthundertste, achttausendste um der gemeinschaftlichen Ableitungssylbe willen die Zusammenziehung fordern. S. die Orthogr. ingleichen Mahl.2. Die Acht, ein Substantiv, welches nur im Singular, und zwar größten Theils ohne Artikel, auch nur mit den Verbis haben, nehmen, geben, lassen und fallen üblich ist. Es bedeutet,1. Wahrnehmung mit Bewußtseyn. Etwas an einem in Acht nehmen, gewahr werden. Ohne, daß es jemand in Acht nahm, bemerkte. Das würde auch ein Blinder in Acht nehmen, sehen. Ich hatt' es nicht in Acht genommen, Haged. Diese Bedeutung fängt an, selten zu werden, und wird nur noch zuweilen im gesellschaftlichen Umgange gehöret.2. Aufmerksamkeit, sorgfältige Beobachtung. Auf etwas Acht haben oder geben. Gib genau Acht. Nehmt meine Worte wohl in Acht, merkt genau darauf. Ein jeder habe Acht auf mich. Ich habe es aus der Acht oder außer Acht gelassen, ich habe nicht darauf gemerket, nicht mehr daran gedacht, und im gemeinen Leben auch wohl, es ist mir aus der Acht gefallen, ich habe es wieder vergessen.3. Sorgfalt, Anwendung der Aufmerksamkeit, so wohl ein Gut zu bewahren, als ein Übel zu vermeiden. Eine Sache in Acht nehmen, sie sorgfältig vor Schaden bewahren. Nimm das Deine wohl in Acht, suche es zu erhalten. Er nimmt seine Gesundheit außerordentlich in Acht. Er nimmt sich gar nicht in Acht, ist in seinem Betragen sehr unvorsichtig; ingleichen, hegt nicht die gehörige Sorgfalt für seine Gesundheit. Sich vor einem in Acht nehmen, sich vor ihm hüthen, alle Verbindung mit ihm zu vermeiden suchen, ingleichen, sich vor allem Schaden von seiner Seite zu bewahren suchen. Nimm dich in Acht, daß du ihm nicht zu nahe kommst, hüthe dich. Man hat sich wohl mit ihm in Acht zu nehmen, Less. man muß in dem Umgange mit ihm beständig auf seiner Huth seyn.

Anm. 1. In der Ableitung dieses Wortes und des dazu gehörigen Verbi achten, sind die Wortforscher verschiedener Meinung. Wachters Einfall, der das neue Holländische Wort achter, nach, als das Stammwort ansiehet, ist wohl der unwahrscheinlichste unter allen. Frisch fällt auf das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und behauptet, daß der Begriff des Verfolgens, des Treibens, der Hauptbegriff sey, der in dem Worte Acht, proscriptio, noch der herrschende sey, und durch eine gewöhnliche Figur auf die Verfolgung mit den Kräften des Geistes angewendet worden. Ihre findet viele Ähnlichkeiten mit dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich denke, und nach ihm ist denken die erste und eigentliche Bedeutung dieses Zeitwortes. Alle kommen darin überein, daß Acht von dem Verbo achten herkomme. Mir ist es wahrscheinlicher, daß dieses von jenem abstamme. Acht aber kann füglich von einem Verbo herkommen, welches ehedem sehen bedeutet, und zu Auge gehöret hat; S. dieses und Achten. Daß das t in achten nicht wesentlich ist, und daß Acht auch mit einem u nach dem A gefunden wird, erhellet aus dem Frisch. Die Bildung hat auch nichts Ungewöhnliches, denn die Gothen machten aus auchjan, ahjan, sehen, in einer andern Bedeutung Auhode, so daß das t der Ableitungslaut -de, oder auch -t seyn kann, welcher gebraucht wurde, Abstracta aus Verbis zu bilden; wie Sicht, Flucht, Sucht u. s. f. von sehen, fliehen, siechen. Der Begriff des Sehens würde also der Stammbegriff in diesem Worte seyn.2. Dieses Substantiv war ehedem mit dem Artikel nicht so selten, als heut zu Tage. Ni nemen in thia ahta Manno scalk slahta, singt Ottfried B. 3. K. 3. V. 31. Und in Stryckers Rhythm. kommt die ahte für Beobachtung, Aufmerksamkeit vor. Sie suln mih finden in der acht, sie sollen mich auf der Huth finden, bey der Winsbeckinn. Hieraus erhellet zugleich, daß diejenigen irren, welche es für ein Adverbium halten, und daher mit einem kleinen a schreiben. Es ist vielmehr ein wahres Substantiv, welches aber auf dem Wege ist, völlig abzusterben, daher sein Gebrauch jetzt nur noch so eingeschränkt ist. In allen drey Bedeutungen wurde es ehedem sehr häufig mit der zweyten Endung verbunden. So nam sy (die wilde Sau) ires Jägers acht, Und lief an in mit solcher macht, Theuerd. Kap. 61.Habe doch des Erden Kreises acht, Wie er ihn wüst und öde macht, Opitz. Seiner Wirthschaft, der Nahrung Acht haben, kommen bey eben demselben vor. In Oberdeutschland ist diese Wortfügung noch jetzt gebräuchlich, aber die Hochdeutschen haben sie veralten lassen. Verschiedene jetzt nicht mehr übliche Bedeutungen dieses Wortes haben Wachter, Frisch und Haltaus gesammelt.3. Die Acht, plur. car. die Verfolgung und Gefangennehmung eines Übelthäters auf richterlichen Ausspruch. Die Aberacht oder Oberacht, Unteracht, Reichsacht, Stadtacht, S. diese Wörter. Jemanden in die Acht thun, erklären, erkennen. Mit der Acht wider jemanden verfahren, ihn mit der Acht belegen. Einen der Acht entbinden, von der Acht befreyen.

Anm. Frisch und Wachter halten in diesem Worte verfolgen für den Hauptbegriff, und da würde es ein Verwandter von jagen, dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, dem Lat. agere, treiben, u. s. f. seyn. Es kann aber auch der Begriff des Hasses der Stammbegriff seyn, weil Reichsacht von den Schriftstellern der mittlern Zeiten oft durch des Reiches Haß umschrieben wird, auch das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich hasse, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Haß, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Feind, damit verwandt zu seyn scheinen. Übrigens gehöret dieses Wort mit seinen Zusammensetzungen unter diejenigen, welche mit der Sache selbst größten Theils aus der Übung gekommen sind; indem man von der Acht, dem Achts-Processe und der Achtserklärung nur noch zuweilen bey den Reichsgerichten reden höret. Daß zu Aachen die Gerichtsstube noch jetzt die Acht genannt wird, wird niemanden befremden, der da weiß, daß dieses Wort ehedem auch so viel als Berathschlagung, und den Ort, wo solche angestellet wurde, bedeutet hat. Für Acht findet man in den mittlern Zeiten auch Verfehmung, Veste, Urpön u. s. f. Von dem Unterschiede zwischen Acht und Bann, S. Bann.


Ächt (W3) [Adelung]


Ächt, S. Echt.


Achtbar (W3) [Adelung]


* Achtbar, -er, -ste, adj. et adv. Acht, d. i. Achtung, Ansehen habend, Achtung verdienend; ein Wort, welches nur noch in den großen Theils auch schon veralteten Titeln achtbar, großachtbar, hochachtbar und vorachtbar gebraucht wird. Ehedem war auch das einfache achtbar, ein Titel, der sogar fürstlichen und andern Standespersonen beygeleget wurde. Bey der nach und nach erfolgten Abwürdigung der Titel, fiel er auf die Ritter von dem fünften Schilde, auf Rathsherren bürgerlichen Standes, auf Doctores und andere Gelehrte. Heut zu Tage wird er nur gemeinen Bürgern gegeben, und auch hier am häufigsten noch in den Reichsstädten. Das Hauptwort, die Achtbarkeit, für Ansehen, Ehre, Würde, ist noch mehr veraltet.


Achtbätzner (W3) [Adelung]


Der Achtbätzner, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden im Reiche, eine Münzsorte von acht Batzen, d. i. ein halber Gulden, weil der Gulden daselbst sechzehn Batzen hält.


Achtdraht (W3) [Adelung]


Der Achtdraht, des -es, plur. inusit. von dem Zahlworte acht, in einigen Gegenden der Nahme eines groben Landtuches.


Achte (W3) [Adelung]


Achte, die Ordnungszahl von acht, octo, welche wegen des in der Hauptzahl schon vorhandenen t Statt der Sylbe te, wie andere Zahlen, nur ein bloßes e am Ende bekommt. Der achte Tag, die achte Stunde, das achte Jahr.

Anm. Bey dem Ulphilas heißt diese Ordnungszahl ahtaude, im Angels. eathode, bey dem Kero ahtodo, in den spätern Zeiten auch achteste, achtente, und achtete.


Achteck (W3) [Adelung]


Das Achteck, des -es, plur. die -e, ein Körper, welcher acht Ecken hat. Daher das Adjectiv achteckig.


Achtel (W3) [Adelung]


Das "Achtel", des -s, plur. ut nom. sing. ein von der Ordnungszahl "der achte" abgeleitetes Substantiv, den achten Theil eines größern Maßes, zuweilen auch wohl, ein größeres Maß, welches acht kleinere in sich begreift, zu bezeichnen. Besonders kommt dieses Wort in den Künsten und im gemeinen Leben in verschiedenen Fällen vor.

1) Als ein Maß fester und flüssiger Körper. In Preußen ist ein Achtel Holz, ein Haufen Scheitholz, der neun Schuh hoch und acht Schuh breit ist. Im Würtembergischen ist Achtel ein Getreidemaß; 4 Achtel machen daselbst einen Vierling, oder eine Unze, 16 Achtel aber ein Simri, und 128 Achtel einen Scheffel. In Frankfurt am Main hingegen ist ein Achtel so viel als ein "Malter", indem es daselbst 4 Simri oder acht Metzen hält. In Ansehung flüssiger Dinge ist dieses Wort besonders in Augsburg üblich, wo ein Achtele der achte Theil eines Maßes, der vierte Theil eines Seidels, und die Hälfte eines Quärtels ist. An andern Orten ist Achtel der achte Theil einer Tonne, daher man daselbst ein Achtel Butter, ein Achtel Bier u. s. f. höret.

2) In den Bergwerken ist Achtel der vierte Theil einer Schicht, welche acht Kuxe in sich begreift.

3) In der Markscheidekunst führet diesen Nahmen der achte Theil einer Stunde, oder eines von den vier und zwanzig Theilen, worin daselbst der Zirkel Statt der Grade eingetheilet wird. Eben daselbst ist es aber auch der achte Theil eines Lachters, da es denn 10 Zoll hält.

4) In der Musik ist das Achtel eine ein Mahl geschwänzte Note, oder der achte Theil eines Tactes.

5) Ein Achtelsthaler ist an einigen Orten so viel als der achte Theil eines Thalers, d. i. drey Groschen.

Anm. Daß dieses Wort nicht so wohl aus achte Theil zusammen gezogen, sondern vermittelst der Ableitungssylbe "-el", von der Ordnungszahl achte gebildet worden, werde ich bey "-El" zu zeigen suchen. Man hat von diesem Worte in einigen Gegenden auch das Verbum "achteln", in acht Theile theilen, welches aber nicht überall gebräuchlich ist.


Achten (W3) [Adelung]


Achten, verb. reg. act. 1) Aufmerksam anhören, aufmerksam beobachten; am häufigsten mit der Präposition auf, seltener und vornehmlich im Oberdeutschen, mit der zweyten Endung. Ein Miethling achtet der Schafe nicht. Man achtet meiner Worte nicht, man höret nicht darauf. Kein einziger achtet auf deinen Kummer, und die meisten spotten desselben, Dusch.2) Mit einem Urtheile beobachten, dafür halten. Etwas für Gewinn, für Schaden achten. Etwas für eine Schande, für eine Ehre achten. Ich habe es für gut geachtet. Sich weit von dem Unglücke achten. In dieser Bedeutung fängt es im Hochdeutschen an zu veralten, indem halten und in manchen Fällen glauben dafür üblicher sind. Die Wortfügung mit der vierten Endung ohne Präposition, ich achte ihn treu, halte ihn für treu, ist Oberdeutsch. Besonders,3) Mit Bestimmung des Werthes dafür halten, für schätzen, mit den Adverbiis, hoch, geringe, werth, u. s. f. oder andern Vergleichungswörtern. Etwas dem Golde gleich achten. Eine Sache für nichts achten. Ich achte mich dieser Gnade unwürdig. Wüßten sie, wie hoch ich sie im Herzen achte. Ich werde mein Leben für nichts achten, wenn ich dich verlieren soll, Dusch. Auch hier ist im Hochdeutschen schätzen üblicher und edler. In noch eingeschränkterer Bedeutung,4) Für wichtig halten und sich darnach bestimmen. Das muß ein Soldat nicht achten, daraus muß er sich nichts machen. Es macht mir zwar viele Kosten, aber das achte ich nicht. Kein Ansehen der Person achten. Was acht ich es, wenn über mirKanonen-Donner brüllt, Gleim. In Oberdeutschland ist auch in dieser Bedeutung die zweyte Endung nicht selten, die auch zuweilen im Hochdeutschen vorkommt: Entheiligt die Altäre vor Gottes Angesicht Und achtet seiner Qualen und seines Zornes nicht, Dusch. Des Lebens nicht achten, der Schande nicht achten. Ingleichen hoch, werth halten. Er wird geachtet. Er ist sehr geachtet. Man achtet ihn nicht. Die zweyte Endung, man achtet seiner nicht, sie achtet ihres Mannes nicht, ist im Oberdeutschen üblicher, als im Hochdeutschen.5) Mit dem Vorsatze zu folgen beobachten. Auf Träume, auf Vögelgeschrey achten, sie nicht nur beobachten, sondern sie auch als eine Vorschrift seines Verhaltens ansehen. Im Hochdeutschen ist auch diese Bedeutung ungangbar geworden, außer daß der Ausdruck: wornach man sich zu achten, noch eine gewöhnliche Schlußformel obrigkeitlicher Befehle ist.

Anm. In den ältesten Mundarten hatte dieses Zeitwort kein t. Bey den Gothen hieß es ahgan, ahjan, und bey einigen der ältesten Alemannischen Schriftsteller ahon. Das t ist entweder das Merkmahl eines Intensivi, oder auch der unmittelbaren Abstammung von dem vorigen 2 Acht. Ohne Zweifel bedeutete es anfänglich sehen, wahrnehmen, welche Bedeutung noch in Acht übrig ist, und war also mit Auge genau verwandt. S. dieses. Die Übertragung von dem körperlichen Sehen auf die Wirkungen des Verstandes ist eine in allen Sprachen sehr gewöhnliche Figur. Das Verbale Achtung, S. hernach besonders.


Ächten (W3) [Adelung]


Ächten, verb. reg. act. gerichtlich verfolgen, in die Acht erklären. Einen Friedbrüchigen ächten. Ein Geächteter.

Anm. Das Fränkische und Alemannische ahton und echton, bedeutete unter andern auch bedrücken und verfolgen, und hernach in engerer Bedeutung, gerichtlich verfolgen; Angels. ehtan, Niedersächsisch echten. In der Oberdeutschen Mundart findet man auch achten mit dem breiten - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ingleichen das Frequentativum ächtigen. S. 3. Acht.


Achtens (W3) [Adelung]


Achtens, ein Nebenwort der Zahl, zum achten.


Achter (W3) [Adelung]


Der Achter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Zahl von achten, ein Ganzes, das aus acht bestimmten Theilen bestehet, acht Theile enthält. Besonders in Thüringen und Franken eine Münze von acht Pfennigen, ein halber Batzen, welche auch ein Achtpfenniger heißt. An andern Orten ein Achtgroschenstück oder halber Gulden. Hierher gehöret auch das Schweizerische Diminutiv. Achterli, welches in Bern ein Fruchtmaß ist, welches acht Sechzehnerli hält. Ingleichen das Österreichische Weinmaß ein Achtering, welches so viel als ein Maß, oder 1 2/3 Köpf, oder 4 Seidel ist. Vierzig solche Achtering machen einen Eimer. Bey den Jägern ist ein Achter, ein Hirsch von acht Enden. 2) Ein Glied aus einem Collegio von acht Personen. 3) Ein Achter, könnte auch einen Wein bedeuten, der im Jahre 1708 gewachsen ist. Von einer noch andern Bedeutung des Wortes Achter, S. Achtsmann.


Ächter (W3) [Adelung]


Der Ächter, des -s, plur. ut nom. sing. einer der geächtet, oder in die Acht erkläret worden. Dieses Wort kommt nicht unmittelbar von dem Verbo ächten her, weil es sonst jemanden bedeuten müßte, der einen andern in die Acht thut, in welcher Bedeutung ein Feind, Verfolger bey den Franken Ahtor, Ehter, und bey den Angels. Ehtere hieß; sondern von 3. Acht, mit der Ableitungssylbe -er, welche in den ältesten Mundarten einen Mann andeutete, gleichsam Vir banni.


Achtering (W3) [Adelung]


Das Achtering, S. Achter.


Achterley (W3) [Adelung]


Achterley, adject. indeclinab. von acht verschiedenen Arten und Beschaffenheiten. Achterley Menschen. Achterley Eigenschaften. Ein Stück Zeug von achterley Farben. Dieses Wort ist im gemeinen Leben am häufigsten; in der anständigern Schreibart bedienet man sich lieber einer Umschreibung, z. B. acht Arten von Menschen, ein Stück Zeug von acht verschiedenen Farben. S. -Ley.


Achtersleute (W3) [Adelung]


Achtersleute, S. Achtsmann.


Achtfach (W3) [Adelung]


Achtfach, adj. et adv. ein vermehrendes Zahlwort, acht Mahl genommen. Eine Sache achtfach wieder erstatten. S. Fach.


Achtfältig (W3) [Adelung]


Achtfältig, adj. et adv. gleichfalls ein vermehrendes Zahlwort, welches mit dem vorigen gleich bedeutend ist, aber im Hochdeutschen seltener gebraucht wird. S. Fältig.


Achthalb (W3) [Adelung]


Achthalb, adject. indeclin. sieben und ein halbes. Achthalb Scheffel. Ein Kind von achthalb Monaten. S. auch Halb.


Achthalber (W3) [Adelung]


Der Achthalber, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich, eine Größe von sieben und einer halben andern Größe; ein Nahme, welcher in Preußen den Brandenburgischen und Sächsischen Zweygroschenstücken gegeben wird, weil sie 71/2 Preußische Groschen machen.


Achtjährig (W3) [Adelung]


Achtjährig, adj. et adv. was acht Jahre dauert oder gedauert hat. Ein achtjähriger Krieg. Ein achtjähriges Kind, das acht Jahre alt ist.


Achtig (W3) [Adelung]


Achtig, die Ableitungssylbe, S. Icht und Artig.


Achtlos (W3) [Adelung]


Achtlos, -er, -ste, adj. et adv. ohne Acht; d. i. Aufmerksamkeit, Sorgfalt, Hochachtung. Ein achtloser Mensch. Eine achtlose Gleichgültigkeit.Gleich achtlos sieht sie uns zu ihren Füßen liegen. Wiel.


Achtlosigkeit (W3) [Adelung]


Die Achtlosigkeit, plur. die -en. 1) Nachlässigkeit, Mangel der Aufmerksamkeit und der Hochachtung; ohne Plural. 2) Eine nachlässige, leichtsinnige Handlung.


Achtmahl (W3) [Adelung]


Achtmahl, besser acht Mahl, getheilt, S. Mahl.


Achtmahlig (W3) [Adelung]


Achtmahlig, adj. von acht Mahl, welches hier richtig zusammen gezogen wird, da eine gemeinschaftliche Ableitungssylbe dazu kommt. Ein achtmahliges Versprechen, welches acht Mahl geschehen ist.


Achtmann (W3) [Adelung]


Der Achtmann, des -es, plur. die -männer, und wenn es niedrige Personen sind, im Plural auch wohl Achtleute, einer aus einem Collegio von acht Personen. So heißen z. B. zu Halle in Sachsen diejenigen acht Personen an einer Kirche, welche die Kirche verstellen, und an andern Orten Vorsteher, Kirchenväter genannt werden, Achtmänner.


Achtpfenniger (W3) [Adelung]


Der Achtpfenniger, des -s, plur. ut nom. sing. S. Achter.


Achtsam (W3) [Adelung]


Achtsam, -er, -ste, adj. et. adv. mit Acht, d. i. Aufmerksamkeit, Sorgfalt; im Gegensatze des unachtsam. Er ist sehr achtsam darauf. Und seht ihn nur recht achtsam an. Man höre bey seiner achtsamen Wahl zuerst auf die Stimme des Herzens, Gell. für sorgfältig. Die achtsame Beschauung der Werke Gottes, eben derselbe, für aufmerksam. Es wird im Hochdeutschen immer seltener, indem aufmerksam und sorgfältig deutlicher und bestimmter sind; obgleich der Gegensatz unachtsam noch völlig gangbar ist, weil sich von den beyden eben gedachten keine solche Gegensätze bilden lassen. Achtsamlich verdient, wie alle dergleichen ohne Noth durch lich verlängerte Wörter, am wenigsten beybehalten zu werden.


Achtsamkeit (W3) [Adelung]


Die Achtsamkeit, plur. inusit. die Aufmerksamkeit, ingleichen die Sorgfalt; im Gegensatze der Unachtsamkeit. Es verliert sich eben so sehr aus dem Gebrauche, als das Adjectiv.


Achtschatz (W3) [Adelung]


* Der Achtschatz, des -es, plur. car. bedeutet nur noch an dem kaiserlichen Gerichte zu Rothweil, das Geld, womit sich ein Geächteter von der Acht los kaufet, der Achtschilling. S. Haltaus v. Achtschatz.


Achtschildig (W3) [Adelung]


Achtschildig, adj. et adv. Ein achtschildiger Edelmann, der seine acht Ahnen beweisen kann. S. Ahn.


Achtserklärung (W3) [Adelung]


Die Achtserklärung, plur. die -en, so wohl die feyerliche Erklärung in die Acht, als auch die Schrift, in welcher solches geschiehet, S. 3. Acht.


Achtsmann (W3) [Adelung]


Der Achtsmann, des -es, plur. die -männer, oder Achtsleute. 1) An einigen Orten, z. B. in dem Ding und Recht in Hollstein, noch so viel als Schöppe, oder Beysitzer in einem Gerichte, in der veralteten Bedeutung des Zeitwortes achten, da es rathschlagen, ingleichen Recht sprechen bedeutete. Es werden diese Beysitzer auch wohl Achter, ingleichen Achtersleute genannt. S. Haltaus v. Achtsleute. 2) An andern Orten wird ein gerichtlicher Taxator ein Achtsmann genannt.


Achts-Prozeß (W3) [Adelung]


Der Achts-Prozeß, des -sses, plur. die -sse, das gerichtliche Verfahren, welches vor der Achtserklärung vorher zu gehen pflegt; ein Wort, welches, so wie die Sache selbst, nur noch in den Reichsgerichten vorkommt.


Achtstrahl (W3) [Adelung]


Der Achtstrahl, des -es, plur. die -e, bey den Naturkundigen, eine Art geritzter Seesterne mit acht Strahlen, Octactis. S. Strahl.


Achtstündig (W3) [Adelung]


Achtstündig, adj. et adv. acht Stunden dauernd. Ein achtstündiges Feuer, welches acht Stunden angehalten hat.


Achtstündner (W3) [Adelung]


Der Achtstündner, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, 1) diejenigen Bergleute, welche nur acht Stunden in der Grube arbeiten, im Gegensatze der Zwölfstündner. 2) Eine große Sanduhr, in den Huthäusern, welche acht Stunden läuft, nach welcher sich die Bergleute bey dem Ein- und Ausfahren richten.


Achttägig (W3) [Adelung]


Achttägig, adj. et adv. was acht Tage dauert oder gedauert hat. Eine achttätige Krankheit. Ein achttätiges Kind, welches acht Tage alt ist.


Achttheil (W3) [Adelung]


Achttheil, S. Achtel.


Achttheilig (W3) [Adelung]


Achttheilig, adj. et adv. aus acht Theilen bestehend.


Achtung (W3) [Adelung]


Die Achtung, plur. inusit. von achten. 1) + Ohne Artikel und größten Theils nur mit dem Verbo geben, so viel als Aufmerksamkeit und 2 Acht, im gemeinen Leben. Achtung auf etwas geben. Gib Achtung. Gebet Achtung auf meine Worte. Warum geben sie auf meine kleinste Miene Achtung, und nicht auf meine Worte? Gell. Ingleichen, Aufsicht. Gib Achtung auf meinen Sohn, auf das Gesinde. 2) Das innere Urtheil von des andern Vorzügen und Verdiensten, so wohl active, als passive. Viele Achtung für jemand haben. Meine Achtung gegen ihn kennet keine Grenzen. Der schuldigen Achtung für sein Vaterland zu nahe treten. Achtung ist in diesem Gebrauche etwas weniger als Hochachtung; jene kann ein Höherer gegen einen Geringern haben, aber dieser muß gegen jenen Hochachtung haben. Ingleichen passive, für Ansehen. Er lebt in großer Achtung, es achtet ihn jedermann hoch. In Achtung stehen. Einen in Achtung bringen. Er ist in keiner Achtung. Daher Achtungswürdig. 3) * Die Befolgung, wohl nur noch in den Kanzelleyen, wo es z. B. heißt: Wir lassen euch dieses zu eurer Nachricht und Achtung zufertigen; wofür denn auch wohl Nachachtung gebraucht wird.


Achtzehen (W3) [Adelung]


Achtzehen, Achtzehn, eine indeclinable Hauptzahl für acht und zehen. Achtzehen Monathe. Achtzehen Jahre. Ein Kind von achtzehen Wochen. So auch achtzehenjährig, achtzehentägig, u. s. f.

Anm. Es scheinet, daß die ältesten Franken diese Zahl noch nicht mit Einem Worte ausdrücken können, denn im Salischen Gesetze wird achtzehen hundert, durch tue nuenet chunna, d. i. zwey Mahl neun hundert gegeben. Angels. eahtatyne, Holl. achtien, Nieders. achtein, Dän. atten.


Achtzehner (W3) [Adelung]


Der Achtzehner, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Ganzes, das achtzehen Theile hält. So heißt eine Münzsorte in Preußen, welche 18 Preußische Groschen gilt; ein Achtzehner. 2) Ein Glied aus einem Collegio von achtzehen Personen. In dieser Bedeutung kommt das Wort in der Schweiz vor. 3) Ein Wein, der in dem Jahre 1718 gewachsen ist.


Achtzehnte (W3) [Adelung]


Achtzehnte, adj. et adv. welches die Ordnungszahl von achtzehen ist. Der achtzehnte Monath. Der achtzehnte Theil. In den Bergwerken ist das Achtzehnte, der achtzehnte Theil, welchen der Landesherr von tief ausgebaueten Zechen Statt des gewöhnlichen neunten bekommt.


Achtzig (W3) [Adelung]


Achtzig, eine indeclinable Hauptzahl, für zehen Mahl acht. Bey dem Willer ahzoh, bey dem Tatian ahtuzug, bey dem Notker ahzeg, Angels. eahtatig, Holl. achtentigh, Nieders. achtig.


Achtziger (W3) [Adelung]


Der Achtziger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Mitglied aus einem Collegio von achtzig Personen. 2) Achtzig Jahre alt. Er ist schon ein Achtziger. Sie ist bald eine Achtzigerinn. 3) Im Jahre 1680 gewachsen oder verfertiget. So kann ein Achtziger, so wohl einen Wein bedeuten, der 1680 oder 1780 gewachsen ist, als auch einen Thaler, der in diesen Jahren gepräget worden.


Achtzigste (W3) [Adelung]


Achtzigste, adj. et adv. welches die Ordnungszahl von achtzig ist. Bey dem Kero aktozogosto.


Ächzen (W3) [Adelung]


Ächzen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, vom Schmerz erpreßte Ach! oder Seufzer von sich hören lassen. Vor Schmerzen ächzen. Ein leidendes Thier wird, wenn der Schmerz dasselbe anfällt, eben so wohl wimmern und ächzen, als der Held Philoktet, Herd.

Anm. Ächzen kommt von Ach! und druckt mit diesem den Schall aus, den eine schmerzhafte Empfindung veranlasset. Zugleich ist es das Intensivum von dem längst veralteten achen, welches ehedem in der Deutschen Sprache vorhanden war, und noch jetzt von andern Völkern aufbehalten wird. Ein Beweis davon ist das alte Fränkische und Alemannische agan und ahan, wovon die Franzosen ihr ahannen haben, das alte Britannische ochain, das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Englische to ake und das Slavonische ochati. Schon die Griechen hatten das Intensivum - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Andere Deutsche, besonders Niedersächsische Mundarten, druckten das Ächzen durch anken und janken aus.


Acker (W3) [Adelung]


Der Acker, des -s, plur. die Äcker, Diminutivum Äckerchen, Oberdeutsch Äckerlein. 1) Ein gebautes, zum Feldbaue urbar gemachtes Feld, wenn es gleich dieses Jahr nicht bestellet wird. Den Acker bestellen, zur Hervorbringung der Feldfrüchte geschickt machen. Den Acker düngen, pflügen, egen, zusäen oder besäen. Einen Acker aussaugen, ausmärgeln, durch Unterlassung des Düngens, oder durch Versagung der nöthigen Ruhe, entkräften. Figürlich, auch wohl zuweilen, was auf dem Acker wächst. Der ganze Acker ist verhagelt. Einen Acker abbrennen, die Stoppeln oder das Unkraut auf demselben anzünden.2) Das Erdreich, der Boden eines solchen Ackers in Betrachtung seiner natürlichen Beschaffenheit; ohne Plural. Ein schwarzer Acker, fetter Acker, sandiger Acker, Lehmacker, Thonacker, guter Weitzenacker u. s. f. Ich glaube, daß Herr Stosch in den Krit. Anm. S. 36 Recht hat, wenn er versichert, daß man das Wort in dieser Bedeutung von dem Boden eines Waldes, eines Gartens oder einer Wiese nie gebrauche.3) Ein Flächenmaß, welches in einigen Gegenden nicht bloß von dem tragbaren Lande, sondern auch von Holzungen, Wiesen, Weinbergen und Teichen gebraucht wird, und überhaupt so viel Land begreift, als mit einem Pfluge in einem Tage umgepflüget werden kann, sonst aber von sehr verschiedener Größe ist. In Sachsen, wo man alles Land, es mag tragbares Feld, oder Wiese, oder Waldung seyn, nach Äckern mißt, hält ein Acker 300 Quadrat-Ruthen, jede von 71/2 Ellen und 2 Zoll Leipziger Maß. In Oberdeutschland bestimmt man nur das Maß der Felder und Wälder nach Äckern, das Maß der Wiesen aber nach Tagewerken. Allein in Österreich ist für Äcker auch das Wort Joch, und Bifang, und in der Schweiz die Benennung Juchart üblich. Anmanchen Orten ist Morgen und Acker einerley; in den meisten Gegenden aber sind sie verschieden. In Sachsen ist ein Morgen nur ein halber Acker.

Anm. 1. Dieses Wort ist sich in den meisten Europäischen und in vielen Morgenländischen Sprachen ähnlich geblieben. Zu den von Frisch und Wachter gesammelten Beyspielen kann man noch das Persische ackar setzen. Was dessen Abstammung betrifft, so könnte man theils auf das Morgenländische und besonders Arabische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, er hat gegraben, rathen, wovon auch das Hebräische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, einer der die Erde umgräbt, herkommt, theils auf das alte Nordische und Isländische aka, fahren, davon akare, ein Fuhrmann. Beyde Begriffe werden sich zu dem Ackerbaue nicht übel schicken.2. Feld und Acker werden im gemeinen Leben oft als gleich bedeutend angesehen, gemeiniglich aber genau unterschieden. Feld bedeutet ein tragbares Land, es mag gebauet werden oder nicht. Acker aber nur ein wirklich gebauetes Feld, wenn es gleich nicht alle Jahr bestellet wird. Auf diese Art sind die zusammen gesetzten Wörter Brachacker und Brachfeld, Sommerfeld und Sommeracker, Winterfeld und Winteracker, Weitzenfeld und Weitzenacker u. s. f. völlig gleich bedeutend.3. Wenn Acker ein Feldmaß ist und ein bestimmtes Zahlwort vor sich hat, so wird Statt des Plurals der Singular gesetzt, z. B. zehen Acker Wiesen, funfzig Acker Feld, hundert Acker Wiesewachs. Man hat dieses tadeln wollen; aber nicht bedacht, daß wir sehr viele andere Nahmen haben, welche ein Maß, Gewicht und oft auch nur Zeit bedeuten, und mit bestimmten Zahlwörtern keinen Plural leiden, ohne Zweifel, weil Zahl, Maß, und Gewicht hier als bloße Materialia betrachtet werden, welche als solche niemahls eines Plurals fähig sind. S. mein Lehrgeb. Th. 1, S. 377-383.4. Wenn Acker mit den Nahmen der Pflanzen zusammen gesetzet wird, so bezeichnet es theils solche Pflanzen, welche wild wachsen, im Gegensatze derjenigen Pflanzen gleiches Nahmens, welche nur in den Gärten fortkommen, theils solche, welche auf den Äckern angetroffen werden, im Gegensatze der Wasser- Wiesen- und Waldpflanzen gleicher Art. Andere Zusammensetzungen, z. B. Ackerarbeit, Ackerbestellung, Ackergeräth, Ackergeschirr, Äckerreich, u. s. f. sind leicht zu verstehen, daher sie im folgenden übergangen worden.


Acker-Akademie (W3) [Adelung]


Die Acker-Akademie, plur. die -n, eine zur Beförderung des Ackerbaues gestiftete Akademie, dergleichen man z. B. in Dänemark hat. In andern Ländern ist sie mit unter den ökonomischen Gesellschaften begriffen.


Ackerbau (W3) [Adelung]


Der Ackerbau, des -es, plur. car. 1) Eigentlich und zunächst, die Beschäftigung mit der Bestellung des Ackers, der Feldbau. In weiterer Bedeutung, aber nicht so richtig, der ganze Erdenbau über der Erde, den Weinbau, Gartenbau, die Viehzucht, das Forstwesen u. s. f. nicht ausgeschlossen, der Landbau. Den Ackerbau treiben. Von dem Ackerbaue leben. Sich auf den Ackerbau legen. 2) Die Kunst oder Wissenschaft beyder Beschäftigungen. Den Ackerbau erlernen. Der Ackerbau ist die nützlichste Wissenschaft unter allen. 3) Diejenigen Ackerfelder, welche zu einem Gute gehören. Dieses Gut hat vielen Ackerbau. Der Hof hat wenig Ackerbau.


Ackerbeet (W3) [Adelung]


Das Ackerbeet, des -es, plur. die -e, der Theil eines Ackers zwischen zwey ausgestrichenen Furchen, welcher an andern Orten, besonders in Niedersachsen, ein Rücken genannt wird.


Ackerbohne (W3) [Adelung]


Die Ackerbohne, S. Saubohne.


Ackerbürger (W3) [Adelung]


Der Ackerbürger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Bürger, welcher sich zugleich von dem Ackerbaue nähret, dergleichen es in kleinen Städten viele giebt.


Ackerdistel (W3) [Adelung]


Die Ackerdistel, plur. die -n, ein Nahme, welchen auch die Haferdistel oder das Schartenkraut führet, weil es gerne auf den Fruchtäckern wächset; Serratula arvensis, L.


Ackereichel (W3) [Adelung]


Die Ackereichel, plur. die -n, S. Erdnuß.


Ackerfeld (W3) [Adelung]


Das Ackerfeld, des -es, plur. die -er, ein aus Äckern, d. i. bearbeiteten Ländereyen, bestehendes Feld; im Gegensatze des Gartenfeldes. Zu diesem Gute gehören vier Hufen Ackerfeld.


Ackerfrohn (W3) [Adelung]


Der Ackerfrohn, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden ein Nahme des Feldhüters, Feldvogtes, Flurschützen.


Ackerfrohne (W3) [Adelung]


Die Ackerfrohne, plur. die -n, Frohndienste, welche zur Bestellung des Ackers, mit Pflügen, Düngen, u. s. f. geleistet werden.


Ackergalle (W3) [Adelung]


Die Ackergalle, plur. die -n, in der Landwirthschaft, ein kleiner Quell auf dem Acker, wo das Wasser nur unvermerkt aus der Erde dringet. S. Galle.


Ackergaul (W3) [Adelung]


Der Ackergaul, des -es, plur. die -gäule, ein Pferd geringerer Art, so wie man es zum Ackern gebraucht.


Ackergeld (W3) [Adelung]


Das Ackergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, 1) Dasjenige Geld, welches man der Grundherrschaft von den Äckern entrichtet, Ackerzins. 2) Auch das Geld, welches man für das Ackern, d. i. für die Bestellung des Ackers, bezahlet; in Thüringen Artlohn.


Ackergericht (W3) [Adelung]


Das Ackergericht, des -es, plur. die -e, ein Gericht, welches über die Feld- und Flurstreitigkeiten zu erkennen hat, dergleichen z. B. zu Frankfurt am Main ist; das Feldgericht, Flurgericht. An andern Orten führen dergleichen Gerichte andere Nahmen. S. Feldgericht.


Ackerhaken (W3) [Adelung]


Der Ackerhaken, S. Haken.


Ackerheu (W3) [Adelung]


Das Ackerheu, des -es, plur. car. dasjenige Heu, welches von Brachäckern gewonnen wird, zum Unterschiede von dem Wiesenheu.


Ackerhof (W3) [Adelung]


Der Ackerhof, des -es, plur. die -höfe, an einigen Orten, ein Vorwerk, zu welchem Ackerbau gehöret; ingleichen, ein Bauergut.


Ackerhohlunder (W3) [Adelung]


Der Ackerhohlunder, S. Attich.


Ackerholz (W3) [Adelung]


Das Ackerholz, des -es, plur. die -hölzer, im Forstwesen, ein Nahme der Busch- und Laubhölzer, weil sie an den meisten Orten ackerweise ausgemessen und verkauft werden, im Gegensatze der schwarzen oder todten Hölzer.


Ackerhuhn (W3) [Adelung]


Das Ackerhuhn, S. Feldhuhn, Rephuhn.


Äckerig (W3) [Adelung]


Das Äckerig, S. Eichel.


Bei Adelung findet man:


Die "Acker-Kamille", plur. die -n, eine Kamillenart mit kegelförmigen Böden, welche mit borstigen Spreublättchen besetzt sind. Sie wächset auf den Äckern Europens, "Streichblume", "Krötendill"; "Anthemis arvensis, L."


Ackerklee (W3) [Adelung]


Der Ackerklee, S. Hasenklee.


Ackerklette (W3) [Adelung]


Die Ackerklette, plur. die -n, ein Nahme der kleinen Klette oder Spitzklette, weil sie gerne auf den Brachäckern wächset.


Ackerknecht (W3) [Adelung]


Der Ackerknecht, des -es, plur. die -e, auf großen Landgütern, ein Knecht, der die Bestellung des Ackers zu besorgen hat, im Gegensatze des Bauknechtes, der Fuhrknecht, oder Pferdeknecht, an einigen Orten ein Änke, oder Enke, und in der Mark Brandenburg, dem Frisch zu Folge, ein Ledighütter.


Ackerknoblauch (W3) [Adelung]


Der Ackerknoblauch, des -es, plur. inusit. eine Knoblauchsart mit purpurfarbigen, schirmförmigen Blumen, welche in den Wäldern, auf den Feldern und Wiesen wächset, Feldknoblauch; Allium vineale, L.


Ackerkohl (W3) [Adelung]


Der Ackerkohl, des -es, plur. inusit. ein Nahme, 1) des so genannten Kainkohles oder wilden Kohles, welcher gern in Gartenfeldern wächset; Lapsana communis, L. 2) Des Acker-senfes, Hederichs, wilden Senfes; Sinapis arvensis, L. Niedersächsisch Küdik.


Ackerkrähe (W3) [Adelung]


Die Ackerkrähe, plur. die -n, ein Nahme der gewöhnlichen schwarzen Saatkrähe, Corvus frugilegus, L. welche von den Feld- und Holzkrähen noch unterschieden wird.


Ackerkraut (W3) [Adelung]


Das Ackerkraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, welcher von einigen auch der Bachbunge oder Bachbohne gegeben wird, welches S.


Ackerkrebs (W3) [Adelung]


Der Ackerkrebs, des -es, plur. die -e, S. Erdgrille.


Ackerkummet (W3) [Adelung]


Das Ackerkummet, des -es, plur. die -e, ein mit Leinewand überzogenes Kummet für die Ackerpferde, im Gegensatze des Fahrkummetes, welches mit Leder überzogen ist.


Ackerland (W3) [Adelung]


Das Ackerland, des -es, plur. die -länder, Land, welches gebauet wird, oder doch zum Ackerbau geschickt ist; im Gegensatze des Gartenlandes, Wiesenlandes u. s. f.


Ackerlattig (W3) [Adelung]


Der Ackerlattig, S. Feldlattig.


Ackerlehne (W3) [Adelung]


Die Ackerlehne, plur. die -n, an einigen Orten, z. B. der Lausitz, ein kleiner Hügel auf den Äckern, Feldlehne.


Ackerleine (W3) [Adelung]


Die Ackerleine, plur. die -n, in der Landwirthschaft, eine dünne Leine, womit die Pferde vor dem Pfluge regieret werden; das Leitseil.


Ackerlerche (W3) [Adelung]


Die Ackerlerche, plur. die -n, in einigen Gegenden die gewöhnliche Feld- oder Sanglerche.


Ackerlohn (W3) [Adelung]


Der Ackerlohn, des -es, plur. car. der Lohn für die gesammte Bestellung des Ackers; in engerer Bedeutung der Lohn für das Pflügen, der Artlohn, Pfluglohn.


Ackermaß (W3) [Adelung]


Das Ackermaß, des -es, plur. die -e, ein Maß, wonach die Äcker gemessen zu werden pflegen, das Feldmaß, dergleichen Morgen, Acker, Juchart, Hufe u. s. f. sind.


Ackermann (W3) [Adelung]


Der Ackermann, des -es, plur. die Ackerleute. 1) Ein Mann, der den Ackerbau verstehet und ausübet; eine glimpflichere Benennung dessen, was man sonst einen Bauer nennt. 2) In engerer Bedeutung in einigen Gegenden, z. B. im Braunschweigischen, ein völliger Bauer oder Vollbauer, ein Pferdner, zum Unterschiede von dem Halbbauer oder Halbspänner. Angels. Aecermon, Aecer-ceorl, Alemann. Acharman, Schwed. Akermann, beym Tatian auch Akarbigengiro. Die gemeinen Mundarten sprechen es mit einem s, Ackersmann aus. 3) In einigen Gegenden ein Nahme des Kalmus, der so wie Ackerwurz, welchen er gleichfalls führet, ohne Zweifel aus Acorus verderbt ist. S. Kalmus.


Ackermännchen (W3) [Adelung]


Das Ackermännchen, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Bachstelzen, welche grau und schwarz ist, und ihre Nahrung in dem frisch geackerten Lande suchet. Niedersächsisch Ackermännken, im Hannöverschen Ackermere.


Ackermaus (W3) [Adelung]


Die Ackermaus, S. Feldmaus.


Ackermelde (W3) [Adelung]


Die Ackermelde, S. Waldmelde.


Ackermesser (W3) [Adelung]


Das Ackermesser, des -s, plur. ut nom. sing. ein in Italien vom dem Marchese del Borro um das Jahr 1713 erfundenes Werkzeug, mit Ersparung des Zugviehes zu pflügen.


Ackermohn (W3) [Adelung]


Der Ackermohn, des -es, plur. inusit. S. Agrimone.


Ackermünze (W3) [Adelung]


Die Ackermünze, plur. inusit. ein Nahme, 1) einer Art der wilden Poley, welche auf den Äckern wächset, und auch von einigen Bachmünze genannt, richtiger aber von derselben noch unterschieden wird; Mentha arvensis, L. S. Feldmünze. 2) Einer Art der wilden Melisse, mit zweytheiligen Blumenstielen, welche aus den Winkeln der Blätter entspringen, und länger als die Blätter sind, Acker-Nept, Melissa Nepeta, L.


Ackern (W3) [Adelung]


Ackern, verb. reg. act. von Acker. 1) Überhaupt so viel als pflügen. 2) Besonders, bey der Sommersaat, zum letzten Mahle pflügen, welches auch zur Saat pflügen, und saatfurchen, in der Mark Brandenburg aber, in Ansehung der Gerstensaat, strei- chen, genannt wird. Das letzte Pflügen bey der Wintersaat wird dagegen an den meisten Orten ären genannt. 3) Bey den Kupferstechern bedeutet es die zur schwarzen Kunst bestimmte Platte mit der Wiege aufreißen, um hernach das Licht hinein zu schaben.


Acker-Nept (W3) [Adelung]


Der Acker-Nept, des -es, plur. inusit. an einigen Orten, eine Art der Ackermünze, welches S. Die Hälfte ist aus dem Lateinischen Nahmen Nepeta gebildet.


Ackerpflege (W3) [Adelung]


Die Ackerpflege, plur. die -n, eine Gegend, in Ansehung ihres Ackerbaues betrachtet. Ein in der besten Ackerpflege gelegenes Gut. S. Pflege.


Ackerrain (W3) [Adelung]


Der Ackerrain, des -es, plur. die -e, ein Rain zwischen zwey Äckern; der Feldrain, auch nur Rain schlechthin.


Ackerraute (W3) [Adelung]


Die Ackerraute, plur. inusit. ein Nahme, der von einigen auch dem Erdrauche, Taubenkropfe gegeben wird, weil er auf den Äckern wächset; Fumaria officinalis, L.


Ackerrecht (W3) [Adelung]


Das Ackerrecht, des -es, plur. die -e. 1) Gerechtsame und Verbindlichkeiten, welche dem Ackerbaue ankleben. 2) Der Inbegriff derselben; entweder im Singular allein, oder im Plural allein.


Ackerrettig (W3) [Adelung]


Der Ackerrettig, des -es, plur. inusit. eine Art des Hederiches, mit länglich runden einfächerigen Schoten, und entweder gelben; oder weißen, oder weißen mit violbraunen Strichlein gezierten Blumen. Von dem Ackerkohle unterscheidet man ihn am besten durch die Kelchblätter, welche an jenem offen stehen, an dem Ackerrettige aber geschlossen sind; Raphanus Raphanistrum, L.


Ackerried (W3) [Adelung]


Das Ackerried, des -es, plur. die -e, ein sumpfiger, mit Rohr bewachsener Platz auf einem Acker. S. Ried.


Ackerriedgras (W3) [Adelung]


Das Ackerriedgras, des -es, plur. inusit. eine Art Schmielen, mit langen, an der innern Seite tief gefurchten und sehr scharfen, an der äußern Seite aber glatten Blättern; Aira cespitosa, L.


Ackerrixe (W3) [Adelung]


Die Ackerrixe, plur. die -n, an einigen Orten, der Nahme des so genannten Wachtelköniges oder Schnerfes, welche S.


Ackerruhrkraut (W3) [Adelung]


Das Ackerruhrkraut, des -es, plur. inusit. eine Art Ruhrkraut, mit einem büschelförmigen Stamme, und seitwärts befestigten kegelförmigen Blumen; Filago arvensis, L.


Ackersalat (W3) [Adelung]


Der Ackersalat, S. Feldlattich.


Acker-Scabiose (W3) [Adelung]


Die Acker-Scabiose, plur. die -n, eine Scabiosenart, mit vierspaltigen gestrahlten Krönchen, in Querstücke getheilten Blättern, und einem mit steifen Borsten besetzten Stamme; Scabiosa arvensis, L.


Ackerschnecke (W3) [Adelung]


Die Ackerschnecke, plur. die -n, diejenigen Erdschnecken oder nackten Schnecken, welche sich auf den Äckern aufhalten, und von den Feld- Gras- Holz- Berg- Land- und Wegeschnecken wohl, aber nicht sehr verschieden seyn mögen.


Ackerscholle (W3) [Adelung]


Die Ackerscholle, plur. die -n, ein von dem Pfluge abgelösetes Stück Erde, eine Erdscholle.


Ackersenf (W3) [Adelung]


Der Ackersenf, des -es, plur. inusit. eine wilde Senfart, mit vieleckigen, knotigen, ebenen Schoten, welche in großer Menge unter der Gerste blühet; Sinapis arvensis, L. Ackerkohl, Hederich. S. auch Ackerrettig.


Ackersmann (W3) [Adelung]


Der Ackersmann, S. Ackermann.


Ackerspark (W3) [Adelung]


Der Ackerspark, des -es, plur. inusit. eine Pflanze, welche zu den Sparkarten gehöret, und an einigen Orten auch Knöterich oder Knebel, genannt wird. Sie hat schmale und fadenförmige Blätter, welche wie ein Querl um den Stängel sitzen, und etwas weiße große Blumen; Spergula arvensis, L.


Ackersteuer (W3) [Adelung]


Die Ackersteuer, plur. die -n, diejenige Steuer, welche dem Landesherren von den Äckern entrichtet wird; der Hufenschoß, die Hufensteuer, so fern sie nach den Hufen gegeben wird.


Ackerstraußgras (W3) [Adelung]


Das Ackerstraußgras, S. Windhalm.


Ackertag (W3) [Adelung]


Der Ackertag, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, z. B. in Meißen, ein Tag, an welchem jemand zur Frohne ackern muß. Ein Gut hat z. B. zwölf Ackertage, wenn dessen Besitzer so viel Tage zur Frohne ackern muß.


Der Ackertheil, des -es, plur. die -e, in den Bergwerken, so viel als der Erbtheil oder Erbkur, d. i. derjenige Kux, welcher dem Grundherrn des Bergwerkes frey gebauet wird.


Die Ackertrappe, plur. die -n, die gewöhnliche große Art Trappen, welche sich auf den Feldern aufhält; die Feldtrappe.


Die Ackertrespe, plur. inusit. eine Trespenart, welche lange, scharfe, etwas haarige Blätter, einen hohen Halm, einen ausgebreiteten Strauß, lange und dünne Nebenstängel, und in jedem Kelche sechs bis acht Blüthen mit ziemlich langen Grannen hat; Bromus arvensis, L.


Das Ackervieh, des -es, plur. car. das zum Ackerbaue nöthige Zugvieh, d. i. Pferde und Ochsen.


Die Ackerviole, S. Frauenspiegel.


Der Ackerumsatz, des -es, plur. die -sätze. 1) Diejenige Veränderung in den Äckern, da ein jeder Eigenthümer seine zerstreut liegenden Grundstücke durch Tausch in an einander hangende große Stücke zusammen bringt; der Ackertausch, in einigen Gegenden die Magschiftung. 2) In andern Gegenden verstehet man unter Ackerumsatz diejenige Einrichtung, da man die Ackerfelder wechselweise einige Jahre als Anger, und hernach wieder als Getreidefelder nutzet, welches auch die Wechselwirthschaft und Koppelwirthschaft genannt wird.


Der Ackervogel, S. Feldläufer.


Der Ackervogt, des -es, plur. die -vögte. 1) An einigen Orten, ein Wächter, welcher die Äcker und Feldfrüchte bewachen muß, S. Flurschütz. 2) An andern Orten ist es der Aufseher über die Fröhner auf dem Felde, und oft über den ganzen Ackerbau eines Gutes, welcher auch Feldvogt genannt wird.


Die Ackerwalze, plur. die -n, in dem Ackerbaue, eine starke, schwere Walze, welche durch Pferde fortgeschleppet wird, die Klöße auf den Äckern zu zerdrücken.


Der Ackerweg, des -es, plur. die -e, ein Weg, der allein auf Äcker zuführet; ein Feldweg.


Das Ackerwerk, des -es, plur. die -e. 1) * Der Ackerbau, die Ackerarbeit; ohne Plural, aber wenig mehr gebräuchlich. 2) Ein Vorwerk, nur in einigen Gegenden, wie Ackerhof.


Die Ackerwiese, plur. die -n, in einigen Gegenden, z. B. in Thüringen, eine Wiese, welche eigentlich Ackerland ist, und in manchen Jahren auch so bestellet wird; die Feldwiese.


Die Ackerwinde, plur. von mehrern Arten, die -n, eine Pflanze aus dem Geschlechte der Winden, mit pfeilförmigen Blättern, die an beyden Enden spitzig sind, und mit oft einblümigen Blumenstielen, kleine Winde; Convolvulus arvensis, L.


Die Ackerwurz, plur. car. ein Nahme, der von einigen so wohl, 1) dem Kalmus, als auch 2) der Tormentill oder Blutwurz gegeben wird. S. diese Wörter. In der ersten Bedeutung ist er vermuthlich aus Acorus verderbet worden.


Der Ackerzins, des -es, plur. von mehrern Summen, die -e, der Zins, oder das Pachtgeld von zinsbaren, oder gepachteten Äckern; das Ackergeld.


Die Ackerzwiebel, plur. die -n, ein Zwiebelgewächs, welches auf feuchten Äckern und in den Wäldern wächset, theils weiße, theils gelbe lilienförmige Blumen bringt, und auch Vogelkraut, Vo- gelmilch, Hühnermilch, und Feldzwiebel genannt wird; Ornithogalum, L.


Der Act, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Actus, derjenige Theil eines Schauspieles, in welchem die Handlung ununterbrochen fortgehet; die Handlung, oft auch, aber nicht so richtig, der Aufzug, indem in den wenigsten tragischen Stücken ein Aufzug des Vorhanges Statt findet.


Acten (W3) [Adelung]


Die Acten, sing. car. eine aus dem Lateinischen Worte Acta gebildete Benennung, 1) aller öffentlichen Verhandlungen, welche schriftlich abgefasset worden. Besonders, 2) gerichtlich niedergeschriebener Gerichtshändel; und 3) in noch engerer Bedeutung, die von den streitenden Parteyen dem Gerichte übergebenen Streitschriften, im Gegensatze des Protocolles. 4) In der Schweiz sind Acten bedeckte Abzugsgräben auf dem Felde; aber da ist das Wort aus Aquaeductus zusammen gezogen.


Acteur (W3) [Adelung]


+ Der Acteur, (sprich Actör,) des -s, plur. die -s, Fämin. die Actrice, (sprich Actriße,) plur. die -n, zwey ohne Noth aus dem Französischen erborgte Wörter, einen Schauspieler und eine Schauspielerinn zu bezeichnen.


Actie (W3) [Adelung]


Die Actie, (sprich Akzie,) plur. die -n, derjenige Antheil, welchen jemand an einer Handlungs- oder andern Gesellschaft nimmt, welche Capitalia zu ihren Unternehmungen gebraucht; ingleichen die Obligation, welche jemand über diesen seinen Antheil bekommt, so fern selbige wieder ein Gegenstand des Handels ist. Das Wort scheinet aus dem Holländischen Actie, von dem Lat. Actio, entlehnet zu seyn; im Franz. heißen dergleichen Actien Actions, und im Engl. Stocks. Daher der Actien-Händler, der mit solchen Actien einen wucherlichen Handel treibt; Engl. Stock-jobber.


Action (W3) [Adelung]


+ Die Action, plur. die -en, ein ohne Noth aus dem Franz. Action und Lat. Actio entlehntes Wort, ein Gefecht zu bezeichnen; ingleichen in der Physik, Action und Reaction, Druck und Gegendruck, oder Wirkung und Gegenwirkung, Wirkung und Widerstand.


Activ (W3) [Adelung]


+ Activ, -er, -este, adj. et adv. aus dem Lat. activus, thätig, im Gegensatze des passiv, oder leidend; ingleichen geschäftig, lebhaft, thätig. Sehr activ seyn. In beyden Fällen kann man es entbehren. Daher der Activ-Handel, der Handel, welchen man auf eigene Rechnung treibt, zum Unterschiede von dem Passiv-Handel, wohin der Commissions- und Speditions-Handel gehören. Ferner die Activ-Schuld, eine Schuld, welche ein anderer mir zu bezahlen hat, zum Unterschiede von einer Passiv-Schuld, welche ich zu bezahlen habe. Daher + die Activität, plur. inusit. die Thätigkeit, Lebhaftigkeit. In Activität setzen, thätig, wirksam machen.


Activum (W3) [Adelung]


Das Activum, des Activi, plur. die Activa, aus dem Latein. Activum, in der Sprachlehre, die thätige Gattung der Verborum, zum Unterschiede von dem Passivo, der leidenden, und dem Neutro, der Mittelgattung oder mittlern Gattung.


Actrice (W3) [Adelung]


Die Actrice, S. Acteur.


Actuarius (W3) [Adelung]


Der Actuarius, des -rii, plur. die -rii, aus dem mittlern Lat. der Gerichtsschreiber.


Adam (W3) [Adelung]


Adam, -s, plur. car. 1) Der Nahme des ersten Menschen, der Hebräischen Ursprunges ist, und als ein eigenthümlicher Nahme von den Juden auch auf die Christen fortgepflanzet worden; wo er im Diminutiv. oft nur Damchen lautet. 2) Der alte Adam, eine biblische Benennung der Erbsünde, zum Andenken des durch den ersten Menschen auf das ganze menschliche Geschlecht vererbten Übels.


Adams-Apfel (W3) [Adelung]


Der Adams-Apfel, des -s, plur. die -Äpfel. 1) Eine Art Citronen, deren Frucht größer und dunkler von Farbe, als eine Pomeranze ist. Die Schale hat viele Narben, welche so aussehen, als wenn davon gebissen worden; daher denn die mor-genländische Leichtgläubigkeit solche zu derjenigen Frucht gemacht hat, die für Adams Lüsternheit so unwiderstehliche Reitze hatte; daher sie auch der Paradies-Apfel genannt wird. 2) An der Kehle des menschlichen Körpers, die äußere Erhöhung des ersten und größten Knorpels der Luftröhre, welche in der Anatomie der Schildknorpel heißt, und von welcher der Aberglaube die Überlieferung hat, daß sie durch ein Stück von dem verbothenen Apfel entstanden, welches dem Adam daselbst sitzen geblieben; Pomum Adami, Franz. le Morceau oder Pomme d'Adam, Holländ. Adamsbrok. Da andere die noch genauere Nachricht haben wollen, daß dieses Stück des verbothenen Apfels das Kerngehäuse, oder der so genannte Kröbs gewesen, so wird diese Erhöhung, von ihnen auch der Kröbs, und in Oberdeutschland das Gröbschel genannt. Noch andere nennen sie Adamsbissen, den Kehlkopf, die Niedersachsen bey dem Chyträus das Kropfbein, und der große Haufe den Bierknoten.


Adams-Feige (W3) [Adelung]


Die Adams-Feige, plur. die -n, ein Nahme der kleinen Indianischen Feige, welche auch die Maulbeerfeige genannt wird, weil die Blätter des Baumes den Maulbeerblättern gleichen; Ficus Indica, L.


Adams-Holz (W3) [Adelung]


Das Adams-Holz, des -es, plur. inusit. eine Art schwarzen festen Holzes, welches in dem südlichen Rußlande und Siberien aus der Erde gegraben wird, und vermuthlich verschlemmtes Ebenholz ist.


Addiren (W3) [Adelung]


Addiren, verb. reg. act. aus dem Lat. addere, in der Rechenkunst zusammen zählen. Daher die Addition, plur. inusit. die Zusammenzählung.


Addresse (W3) [Adelung]


+ Die Addresse, plur. die -n, aus dem Franz. die Überschrift eines Briefes, die Aufschrift; ingleichen die Nachricht, wo man jemanden zu erfragen hat; ein eben so entbehrliches Wort als das Verbum addressiren. Sich an jemanden addressiren, sich an ihn wenden. Einen Brief an jemanden addressiren, überschreiben, richten. Einen an jemanden addressiren, an ihn weisen, empfehlen. Daher das Addreß-Comtoir, eine öffentliche Anstalt zu öffentlichen Anfragen und Bekanntmachungen, auch das Intelligenz-Comtoir, im Oberdeutschen mit einem guten einheimischen Ausdrucke das Fragamt; das Addreß-Blatt oder Intelligenz-Blatt, ein wöchentlich gedrucktes Blatt, welches öffentliche Anfragen und Bekanntmachungen enthält. An einigen Orten wird auch ein Leih-Haus ein Addreß-Haus genannt.


Ade (W3) [Adelung]


* Ade, ein aus dem Französischen a Dieu verderbtes Abschiedswort, für Lebe wohl! dessen sich die Dichter des vorigen Jahrhunderts oft zu bedienen pflegten. Ade! Weld Ade! Gryph.Nun Ade ihr Feldgöttinnen, Nun Ade du grüne Luft! Opitz. Und das bekannte Lied: Welt Ade! ich bin dein müde. Die Neuern haben zwar dieses verstümmelte Wort mit allem Rechte veralten lassen, aber dafür ist noch im gemeinen Leben das nicht viel bessere adje üblich.


Adel (W3) [Adelung]


Der Adel, des -s, plur. car. 1. Ein gewisser Vorzug des Standes und Geschlechtes, welcher diejenigen, so damit begabet sind, unter andern auch berechtiget, ihrem Geschlechtsnahmen das Vorwörtchen von vorzusetzen, S. Von. Und zwar, (a) in eigentlicher Bedeutung, im Gegensatze des bürgerlichen Standes. Einer von Adel. Er ist von Adel. Er ist von gutem alten Adel. Ich weiß, daß ihm mein Adel im Wege steht. Sein Vater hielt steif über den alten Adel. (b) Figürlich, Würde, erhabene Eigenschaften des Geistes, Hoheit der Seele. Der Adel des Geistes ist mehr werth, als aller Adel des Geschlechtes. Der Adel seiner Seele both allen Widerwärtigkeiten des Schicksals Trotz. Sich unter den Adel seines Wesens erniedrigen. 2. Mehrere mit der adeligen Würde begabte Personen. Der hohe Adel, d. i. Fürsten, Grafen und Barone. Der niedere Adel, die gemeinen Edelleute. Der mittelbare Adel, der einem Reichsstande mit Eid und Pflicht zugethan ist. Der unmittelbare Adel, der allein dem Kaiser und dem Reiche unterworfen ist, der Reichsadel. Der Landadel, der Stadtadel. Der ganze umliegende Adel kam in die Stadt.

Anm. Die Etymologen sind bey der Ableitung dieses Wortes auf sehr verschiedene und zum Theil ungereimte Meinungen gerathen; bey welchen ich mich hier nicht aufhalten, sondern bloß auf Wachters, Frischens und Ihre's Wörterbücher, und Grupens Observatt. rerum et antiquit. German. S. 513. verweisen will. Die Endsylbe ist bloß die Ableitungssylbe -el, ein Ding, Subject, zu bezeichnen; es kommt hier also nur auf die Sylbe ad, oder wie sie ehedem lautete od, an, und diese bedeutete ehedem Eigenthum, Besitz, ein Gut; S. Ihre's Glossar. v. Od, ingleichen hier die Wörter Allodial und Kleinod. Diese Ableitung ist nicht allein sehr ungezwungen, sondern auch der ältesten Verfassung der Deutschen gemäß, wo sich der Adel ganz auf den Kriegesstand gründete, dieser aber allein der freye Besitzer der Ländereyen war. S. auch Edel.


Adelfisch (W3) [Adelung]


Der Adelfisch, des -es, plur. die -e, in Oberdeutschland, eine Art schmackhafter Weißfische, die wegen der kurzen an der Oberlippe befindlichen Nase, an der Elbe auch Schnäpel, sonst aber auch weiße Bläulinge genannt werden; Salmo Lavaretus, L. Der Nahme Adelfisch soll so viel bedeuten als edler Weißfisch. Vermuthlich ist es eben der Fisch, welcher an andern Orten unter dem Nahmen Adelfelches oder Sandfelches bekannt ist; wenigstens ist dieses auch ein edler Weißfisch.


Adelheit (W3) [Adelung]


Adelheit, ein noch heut zu Tage hin und wieder üblicher weiblicher Taufnahme, welcher vermittelst der Ableitungssylbe für Abstracta, heit, von Adel gebildet ist, und adeligen Stand und Würde bedeutet. In Niedersachsen und Westphalen wird aus diesem Nahmen in dem Munde des Volkes Ahlke, Tählke, Thaulke, und in der verkleinernden Form Leidjen, worin ein Wortforscher der folgenden Jahrhunderte wohl schwerlich den Nahmen Adelheit wieder finden wird.


Adelig (W3) [Adelung]


Adelig, adj. et. adv.

1) Eigentlich, "mit dem Adel bekleidet". "Von adeliger Geburt". "Von adeligem Geblüte herkommen". Ein adeliges Geschlecht. Adeliges Siegel und Wapen.

2) Figürlich, "nach Art des wahren Adels", "großmüthig", "tapfer", "vortrefflich". Eine adelige That. Das ist nicht adelig. In dieser figürlichen Bedeutung fängt das Beywort an zu veralten, vermuthlich weil die Sache selbst bey unserm heutigen Adel aus der Gewohnheit gekommen ist.

Anm. Die gemeine Schreibart "adelich", mit einem "ch" am Ende, ist nicht etymologisch richtig; denn wäre "-lich" hier die Ableitungssylbe, so müßte es "adellich", mit zwey "l" heißen. Da aber das Wort von je her nur mit einem "l" geschrieben worden, so findet hier nur die Ableitungssylbe "ig" Statt. Zu behaupten, daß das eine "l" ausgeworfen worden, heißt die Ausnahmen von der Regel ohne Noth und Nutzen häufen. "Adellich" war indessen schon den Alten bekannt, denn bey dem Pez heißt "adallicho", "eleganter", und im Angelsächsischen kommt "aethellice" vor. Auch die Schweden und Dänen schreiben "adelig", mit einem "g".


Adeln (W3) [Adelung]


Adeln, verb. reg. act. 1) Eigentlich, adelige Würde und Vorzüge ertheilen. Von dem Kaiser geadelt werden, sich adeln lassen. 2) Figürlich, über andere erheben, der innern Würde nach. Tugend adelt, Hall. - Der Vorzug weiser Sitten Macht alles herrlicher und adelt auch die Hütten, Haged. Die Freyheit adelt euch, und nicht ein fremdes Land, Schleg. Im Schwabenspiegel adeln. Das Verbale die Adelung ist ganz ungewöhnlich.


Adelsbeere (W3) [Adelung]


Die Adelsbeere, S. Elsebeere.


Adelsbrief (W3) [Adelung]


Der Adelsbrief, des -es, plur. die -e, diejenige Urkunde, in welcher ein Bürger geadelt wird.


Adelskunde (W3) [Adelung]


Die Adelskunde, plur. inusit. die Kunde oder Kenntniß des Adels, seiner Vorzüge und Befugnisse, wovon denn die Wapenkunde ein Theil ist.


Adelschaft (W3) [Adelung]


* Die Adelschaft, plur. inusit. ein nunmehr veraltetes Wort, den Adel, oder die adelige Würde anzudeuten, welches indessen noch bey dem Opitz vorkommt.


Adelstand (W3) [Adelung]


Der Adelstand, des -es, plur. car. 1) Adelige Würde und Vorzüge. Jemand in den Adelstand erheben. 2) Collective, die Edelleute eines Landes oder einer Gegend, als ein Körper betrachtet, wofür man doch lieber der Ritterstand sagt.


Adept (W3) [Adelung]


Der Adept, des -en, plur. die -en, aus dem Lateinischen Adeptus. 1) Ein jeder, welcher in den Geheimnissen seiner Kunst oder Wissenschaft erfahren ist. 2) In engerer Bedeutung, ein Goldmacher.


Aderbinde (W3) [Adelung]


Die Aderbinde, plur. die -n, ein schmaler Streif Leinwand, die Ader nach dem Aderlassen damit zu verbinden, auch die Aderlaßbinde.


Aderbruch (W3) [Adelung]


Der Aderbruch, des -es, plur. die -brüche, in der Arzneywissenschaft, eine Art falscher Brüche, welche in einer Geschwulst der Samengefäße bestehet, welche durch Aderkröpfe hervor gebracht wird; der Krampfaderbruch, Cirsocele, Varicocele, Hernia varicosa.


Aderhäutchen (W3) [Adelung]


Das Aderhäutchen, des -s, plur. ut nom. sing. die äußere Haut der Nachgeburt, welche mit vielen Adern durchflochten ist; das Netzhäutchen, Chorion.


Äderig (W3) [Adelung]


Äderig, -er, -ste, adj. et adv. viele Adern habend, in allen Bedeutungen dieses Wortes. Ein äderiges Fleisch, welches viele Sehnen und Nerven hat. Äderiges Holz, äderiger Marmor.

Anm. Einige, besonders Oberdeutsche, schreiben und sprechen aderig, welches sich endlich auch noch vertheidigen lässet, weil nicht alle abgeleitete Beywörter das a in der ersten Sylbe des Hauptwortes in ä verwandeln. Man findet auch adericht und adricht mit der Ableitungssylbe -icht, welche eine Ähnlichkeit anzeiget. Adericht würde also etwas ausdrücken, das den Adern gleich siehet, oder deren Stelle vertritt, und sich von dem Holze und Steinen ganz wohl brauchen lassen. Da aber diese Züge wirklich Adern heißen, so kann ihnen auch äderig mit allem Rechte zukommen. Die Beywörter auf -ig und -icht werden in hundert andern Fällen mit einander verwechselt; und es ist zu vermuthen, daß wir dieser Verwechselung auch das adericht zu verdanken haben.


Aderkropf (W3) [Adelung]


Der Aderkropf, des -es, plur. die -kröpfe, in der Arzneywissenschaft, eine Geschwulst, welche durch die Erweiterung einer Blutader verursacht wird, wenn ein dickes oder aufgehaltenes Ge-blüt selbige verstopfet; Varix. Ein solcher Aderkropf wird auch eine Krampfader, und an den Schenkeln schwangerer Personen im gemeinen Leben, die Kindesader genannt. Ein Aderkropf an der Kniekehle eines Pferdes heißt die Blutschwelle, der Blutspath.


Aderlaß (W3) [Adelung]


Der Aderlaß, des -sses, plur. die -lässe, das Abzapfen des Blutes durch die Öffnung einer Blutader. Einem Kranken einen Aderlaß verordnen. Und weil der Doctor ihr den Aderlaß befohlen, Gell.

Anm. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort nicht nur Aderläß und Aderlässe, sondern es ist daselbst auch meisten Theils weiblichen Geschlechtes, die Aderlaß, oder die Aderlässe. Beydes ist wider die Analogie der Hochdeutschen Mundart. Das Substantiv von lassen lautet nicht nur in allen damit zusammen gesetzten Wörtern Laß, sondern ist auch jederzeit männlichen Geschlechtes, wie aus Ablaß, Anlaß, Durchlaß, Einlaß, Erlaß, Gelaß, Unterlaß u. a. m. erhellet.


Aderlassen (W3) [Adelung]


+ Aderlassen, verb. reg. welches einige als ein einziges Wort für die R. A. Ader lassen gebrauchen. Ich habe adergelassen, kann bedeuten, ich habe einem andern die Ader geöffnet, und ich habe mir eine Ader öffnen lassen. Man thut indessen besser, wenn man dieses Wort getheilt schreibet, obgleich die Schweden gleichfalls das Zeitwort aderlata haben; außer, wenn der Infinitiv als ein Substantiv gebraucht wird, da man, wie in tausend ähnlichen Fällen, ganz richtig das Aderlassen schreibt.


Aderlaßkreuz (W3) [Adelung]


Das Aderlaßkreuz, des -es, plur. die -e, ein Kalenderzeichen, welches aus einem Kreuze mit einem einfachen oder doppelten Querstriche bestehet, und denjenigen Tagen beygefügt wird, welche zum Aderlassen gut, und vorzüglich gut seyn sollen. Frisch merket an, daß dieses Kreuz aus einer menschlichen Figur mit ausgestreckten Armen entstanden, an welcher alle Adern zum Besten der Wundärzte bezeichnet waren; das Aderlaßzeichen.


Aderlaßtafel (W3) [Adelung]


Die Aderlaßtafel, plur. die -n, die Vorstellung derjenigen Adern an einem gemahlten Menschen oder Pferde, aus welchen Blut gelassen werden kann; ein Hülfsmittel, welches jetzt nur noch bey den Roßärzten, Quacksalbern und unwissenden Wundärzten in einigem Ansehen stehet.


Aderlaßzeichen (W3) [Adelung]


Das Aderlaßzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Aderlaßkreuz.


Adermennige (W3) [Adelung]


Adermennige, S. Agrimone.


Ädern (W3) [Adelung]


Ädern, verb. reg. act. 1) Mit Adern im eigentlichen Verstande versehen, in welcher Bedeutung das Partic. Passiv. geädert am üblichsten ist. Ein wohl geädertes Bild, bey den Bildhauern, ein Bild, an welchem alle Adern gehörig ausgedruckt sind. 2) Mit Adern in weiterer Bedeutung, d. i. den Adern ähnlichen Zügen, versehen. So ädern die Kunsttischler, wenn sie das Holz nach Art des äderigen Marmors auslegen, und die Blecharbeiter, wenn sie Laubwerk und andere Zierrathen mit einem zarten Meißel aushauen, als wenn es gestochen wäre. Auch bey den Sattlern bedeutet ädern, zierliche Adern in einen Sattel ausnähen oder steppen.

Anm. Ädern muß ehedem auch so viel als ausädern, d. i. aller Adern berauben, und in figürlicher Bedeutung martern, bedeutet haben, wie aus einigen Stellen bey dem Opitz erhellet. - Der lose Haufe -Der mir anthut Schmach und Spott Und mich ädert auf den Tod. Ferner Da tausend Schmerzen mir den kranken Muth betrüben, Und ädern meinen Geist. Ingleichen Indem das ganze Land auf seiner Baare steht, Indem uns Freund und Feind bis auf die Seele geht Und ädert in den Grund.


Aderschlag (W3) [Adelung]


Der Aderschlag, des -es, plur. die -schläge, der Schlag der Pulsader, welche von ihrer schlagenden Bewegung auch die Schlagader genannt wird.


Aderwasser (W3) [Adelung]


Das Aderwasser, des -s, plur. inusit. ein kleberiges, gelbliches Wasser, welches dem Geblüte durch die Wasseradern zugeführet wird; richtiger das Blutwasser.


Adjectiv (W3) [Adelung]


Das Adjectiv, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Adjectivum, in den Sprachlehren, ein Redetheil, welcher eine beygelegte Beschaffenheit, d. i. eine Eigenschaft bezeichnet, und daher nur vor Substantiven stehen kann, weil nur diese einer Eigenschaft fähig sind. Früh ist eine Beschaffenheit, und kann in so fern nur vermittelst eines Verbi dem Substantive beygelegt werden: der Winter kommt früh. Soll sie dem Substantive unmittelbar beygeleget werden, so muß die Beschaffenheit vermittelst der Concretion zur Eigenschaft erhöhet werden, und alsdann heißt ein solches Wort ein Adjectiv: der frühe Winter. Im Deutschen nennt man die Adjective gemeiniglich Beywörter, welcher Ausdruck aber viel zu weit ist, indem auch die Adverbia, Artikel, Zahlwörter und viele Pronomina wahre Beywörter sind. Am richtigsten nennt man sie, wenn man einen Deutschen Ausdruck verlangt, Eigenschaftswörter, weil dieß den wahren Begriff derselben ausdruckt.


Adjudant (W3) [Adelung]


Der Adjudant, des -en, plur. die -en, ein subalterner Officier bey einem Regimente oder Bataillion, welcher dem Major bey Erhaltung guter Ordnung an die Hand gehet. Aus dem veralteten Franz. Adjudant, Adjutant, wofür jetzt Aide-Major üblich ist.


Adjunct (W3) [Adelung]


Der Adjunct, des -en, plur. die -en, von dem Lateinischen Adjunctus, überhaupt ein jeder, der einem andern zur Unterstützung in seinen Amtsverrichtungen zugeordnet ist, es mag nun solches auf Lebenszeit, oder nur zu einem gewissen Geschäfte geschehen. So heißt derjenige, der bey einer Commission dem Commissario zugeordnet wird, sein Adjunct. Ferner gibt es Adjuncten der Amtleute, welche besonders Amts-Adjuncten genannt werden; Adjuncten der Professoren auf manchen Universitäten, die zugleich die Anwartschaft auf die erledigten Stellen in den Facultäten haben; Adjuncten der Superintendenten, wie z. B. in den Fürstlich-Sächsischen Ländern, welche wahre Ephori sind, eine gewisse Anzahl von Pfarren unter ihrer Aufsicht haben, und an andern Orten Inspectores und Präpositi genannt werden u. s. f. Daher die Adjunctur, plur. die -en, so wohl die Würde und das Amt eines Adjuncten, als auch die unter seiner Aufsicht stehende Gegend.


Adjungiren (W3) [Adelung]


Adjungiren, verb. reg. act. aus dem Lat. adjungere. Jemanden einem andern adjungiren, ihn demselben zum Gehülfen in seinem Amte verordnen, gemeiniglich mit der Hoffnung der Nachfolge. S. Adjunct.


Adler (W3) [Adelung]


Der Adler, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutiv. Adlerchen. 1) Ein Nahme, welchen man denjenigen Vögeln aus dem Falkengeschlechte gibt, welche die andern an Größe übertreffen, und befiederte Füße haben. Der Adler stößt auf Gänse, Hasen und Rehe, ist der größte und stärkste unter allen Raubvögeln, hat einen schnellen Flug, und erhebt sich in demselben höher als alle andere Vögel; Eigenschaften, um welcher willen man ihn schon in den ältesten Zeiten für den König, d. i. den edelsten, unter den Vögeln gehalten hat. Seine Augen sind safrangelb und feurig, daher man scharfe und blitzende Augen in der höhern Schreibart Adleraugen zu nennen pfleget. Wenn er alt geworden ist, mauset er sich, und bekommt neue Federn, wodurch er gleichsam verjüngtwird; ein Umstand, den schon die ältesten Dichter der Juden zu nutzen gewußt. Sprw. Ein Adler hecket keine Tauben. Adler fangen keine Fliegen. 2) Das Bild eines Adlers in den Wapen. Der Reichsadler, der Preußische Adler, der Polnische Adler; und in der höhern Schreibart auch das Reich selbst, welches einen solchen Adler im Wapen führet, besonders das Römische Reich, dessen vornehmstes Kriegeszeichen schon in den ältesten Zeiten ein Adler war. 3) Ein Gestirn am Himmel, welches aus eilf Sternen bestehet, und dessen rechter Flügel an den Äquator stößt.

Anm. Die ältesten Deutschen nannten den Adler nur Aar, welches eine allgemeine Benennung aller großen Raubvögel war. Hernach unterschied man auch unter diesen die größten und stärksten, und nannte sie Adelare, gleichsam edle Aaren, woraus in noch spätern Zeiten Adler geworden. Siu muot der fluget also ho Alsam der edel adelar, Markgraf Heinrich von Meißen, unter den Schwäbischen Dichtern. In dem Fragmente des Gedichtes von dem Kriege Carls des Großen, bey dem Schilter, kommen thie adelaren in der mehrern Zahl vor, und die Holländer schreiben und sprechen diesen Nahmen noch jetzt Adelaar.


Adlerbeere (W3) [Adelung]


Die Adlerbeere, S. Arlesbeere.


Adlereule (W3) [Adelung]


Die Adlereule, plur. die -n, eine Eule, welche nicht so breit ist, als der Uhu, und kürzere Füße hat; Bubo Italicus, Franz. Le Grand Duc.


Adlerholz (W3) [Adelung]


Das Adlerholz, des -es, plur. inusit. ein seltenes Holz, welches in beyden Indien und China wächst, und fast wie Aloeholz riecht, daher es auch oft mit diesem verwechselt wird. Die Spanier nennen es Lacca.


Adlerkraut (W3) [Adelung]


Das Adlerkraut, des -es, plur. inusit. eine Art des Farrenkrautes, welches häufig in den Wäldern wächst; Pieris aquilina, L. Einige der ältern Kräuterkenner nennen es Farrenkrautweiblein.


Adlerorden (W3) [Adelung]


Der Adlerorden, des -s, plur. ut nom. sing. ein Ritterorden, dessen Ehrenzeichen in dem Bilde eines Adlers bestehet. Man pflegt diese Orden vornehmlich nach der Farbe des Adlers zu unterscheiden. Denn so hat man den schwarzen, den weißen, und den rothen Adlerorden.


Adlerpfennig (W3) [Adelung]


Der Adlerpfennig, des -es, plur. die -e, bey dem großen Haufen, alle diejenigen Pfennige, welche in ihrem Gepräge einen Adler führen, deren denn freylich vielerley Arten sind.


Adlersbeere (W3) [Adelung]


Die Adlersbeere, S. Arlesbeere.


Adlersblume (W3) [Adelung]


Die Adlersblume, S. Akeley.


Adlersnase (W3) [Adelung]


Die Adlersnase, S. Habichtsnase.


Adlerstein (W3) [Adelung]


Der Adlerstein, des -es, plur. die -e, ein hohler Stein, welcher einen andern lockern Stein in sich hat, und daher klappert, der Klapperstein; Aetites. Den Nahmen hat er von der Überlieferung des gemeinen Mannes, daß er in den Nestern der Adler gefunden würde. Diejenigen Arten, welche Statt eines Steines, Sand oder Wasser enthalten, werden Geodes und Hydrotites genannt. Im Deutschen hat man keine besonderen Nahmen für sie, indem man alle drey Arten unter der allgemeinen Benennung des Klappersteines begreifet. Indessen stehet doch in einem vor einem halben Jahrhunderte im Hennebergischen gedruckten Vocabelbuche bey Aetites, Adlerstein, und bey Geodes, Atterstein.


Adlerzange (W3) [Adelung]


Die Adlerzange, plur. die -n, in den Seigerhütten, Zange, welche aus zwey Haken an einem Baume bestehet, und womit die Kienstöcke heraus gehoben werden; vermuthlich wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt.


Administriren (W3) [Adelung]


+ Administriren, verb. reg. act. von dem Lat. administrare, verwalten, besonders im Nahmen eines andern verwalten. Daher die Administration, so wohl die Verwaltung eines Amtes, besonders der Regierung eines Landes im Nahmen eines andern; als auch der thätige oder ausübende Theil der Regierung, zum Unterschiede von der Legislation, oder der Gesetzgebung, welche Bedeutung in der Englischen Verfassung vorzüglich üblich ist, wo die Gesetzgebung der Nation, die ausübende Gewalt oder Administration aber dem Könige zustehet. Ferner der Administrator, des -s, plur. die -stratores, derjenige, welcher etwas verwaltet, der jemandes Güter in dessen Nahmen verwaltet, ingleichen, der die Regierung eines Landes in dem Nahmen eines andern verwaltet; der Reichsverweser.


Admiral (W3) [Adelung]


Der Admiral, des -es, plur. die -rale, nicht -räle. 1) Eigentlich, der vornehmste Befehlshaber einer Flotte, und zwar nicht allein einer Kriegsflotte, sondern auch derjenige, welchen mehrere zusammen segelnde Kauffahrer zu ihrem Führer erwählen. 2) Eine Art seltener und theurer Meerschnecken, welche unter allen Schalthieren die schönsten Farben zeiget. Dieser Nahme ist neu und bloß willkürlich, so wie auch der folgende, indem die neuern Naturkenner auch 3) eine Art Schmetterlinge den Admiral zu nennen pflegen; Atalanta, L.

Anm. Admiral wird gemeiniglich aus dem Arabischen Amir oder Emir hergeleitet, welches einen Herrn oder Befehlshaber bedeutet, und durch die Züge der so genannten Saracenen in Europa bekannt geworden seyn soll; S. du Fresne Gloss. v. Amir. Indessen wäre noch zu untersuchen, ob es nicht vielmehr von dem alten Ital. Miraglio, der Spiegel des Schiffes, herstammet. Da dieß ehedem der eigentliche Platz des Befehlshabers war, so ertheilte er seine Befehle al miraglio. So viel ist wohl gewiß, daß das Wort in Italien am frühesten vorkommt. Das d findet sich auch in dem Spanischen Admirante. Der Plural, die Admiräle, ist eine Unart der Niedersachsen, welche auch Generäle, Herzöge, u. s. f. haben.


Admiralität (W3) [Adelung]


Die Admiralität, plur. die -en, so wohl die Gerichtsbarkeit, welche im Nahmen des Admirales ausgeübet wird, ohne Plural; als auch dasjenige Collegium, welches die oberste Aufsicht im Seewesen hat. Daher das Admiralitäts-Gericht, das Admiralitäts-Collegium, die Admiralitäts-Rechte, plur. tant. d. i. die Einkünfte, welche ein Admiral an manchen Orten von den Schiffen zu heben hat.


Admiralschaft (W3) [Adelung]


Die Admiralschaft, plur. inusit. die Würde eines Admirales, besonders bey den Kauffahrteyschiffen. In Admiralschaft fahren, sich einen gemeinschaftlichen Befehlshaber wählen.


Admirals-Flagge (W3) [Adelung]


Die Admirals-Flagge, plur. die -n, diejenige Flagge des Admirals-Schiffes, welche von dem Topp des großen oder mittelsten Mastes wehet.


Admirals-Schiff (W3) [Adelung]


Das Admirals-Schiff, des -es, plur. die -e, das vornehmste Schiff einer Flotte, auf welchem sich der Admiral befindet.


Adolf (W3) [Adelung]


Adolf, oder nach dem Lat. Adolph, ein alter männlicher Taufnahme, der im gemeinen Leben gern in Dolf, Dolfchen und Olfchen verkürzet wird. Das hohe Alter dieses Nahmens erhellet aus dessen Bestandtheilen. Die letzte Sylbe olf, ist vermuthlich die alte Form des Wortes Hülfe, welche auch in den Nahmen Rudolf, Ludolf, Landolf, Gangolf, Arnolf, Gandolf, u. s. f. in dieser Gestalt vorkommt. Nur die erste Sylbe Ad ist dunkel, ob man sie gleich gemeiniglich von Atta, Vater, herleitet, und das Ganze durch einen helfenden Vater erkläret. In der breiten Longobardischen Mundart lautete dieser Nahme Athaulfus.


Adonis-Blume (W3) [Adelung]


Die Adonis-Blume, plur. die -n, oder das Adonis-Röschen, eine Pflanze, welche wild unter dem Getreide wächst; Feuerröschen, Feld-Anemone, Feuerflamme, Brunet-Röschen, Teufelsauge, und unter den Landleuten auch wohl braune Mädchen;Adonis, L. Von einigen wird auch die Anemone Adonis-Röschen genannt.


Adoptiren (W3) [Adelung]


Adoptiren, verb. reg. act. aus dem Lat. adoptare, an Kindes Statt annehmen. Daher die Adoption, die Annahme an Kindes Statt. Im Oberdeutschen hat man dafür den Deutschen Ausdruck anwünschen, und Anwünschung; aber man siehet gleich, daß dieß eine verstandlose buchstäbliche Übersetzung des Lateinischen Ausdruckes ist, welche gerade nichts von dem Begriffe ausdruckt.


Advent (W3) [Adelung]


Der Advent, des -es, plur. car. ein Kirchenwort, aus dem Lateinischen Adventus, die vier Wochen zu bezeichnen, welche zunächst vor Weihnachten hergehen, und wo in den Kirchen von verschiedenen Arten der Zukunft Christi geprediget wird. Daher die Advents-Zeit, die Advents-Sonntage, die Advents-Woche u. s. f.


Advents-Vogel (W3) [Adelung]


Der Advents-Vogel, des -s, plur. die -Vögel, eine Art Taucher oder Lommen der nördlichen Meere, der sich nur allein um den vierten Advents-Sonntag auf dem Lande sehen läßt, daher er auch den Nahmen bekommen hat; bey den Norwegern Imber, Immer, Colymbus Immer, L.


Adverbium (W3) [Adelung]


Das Adverbium, des -bii, plur. die -bia, in der Sprachlehre, ein Redetheil, welcher etwas Unselbstständiges, an und für sich betrachtet, ausdruckt, und in dieser Gestalt nur vermittelst eines Verbi einem Substantive beygeleget werden kann. Der Winter kommt früh, die Sonne gehet auf. Fast alle bekannte Sprachen machen unter diesem Unselbstständigen keinen weitern Unterschied, daher macht das Adverbium bey ihnen nur einen einzigen Redetheil aus; allein die Deutsche unterscheidet hier zwey Arten desselben, die Beschaffenheit, und den Umstand; daher haben wir für das Adverbium anderer Sprachen zwey Redetheile, das Adverbium Qualitatis, und das Adverbium Circumstantiä, welche wesentlich von einander unterschieden sind, wie ich in meinem Lehrgebäude weitläufig gezeiget habe. Die Deutschen Sprachlehrer nannten das Adverbium von Schottels Zeit an, bald Zuwort, bald Nebenwort, bald Zeitnebenwort, wovon das mittlere am üblichsten geworden ist, ungeachtet es nichts von dem Begriffe ausdruckt. Da man im Deutschen zwey Redetheile unterscheiden muß, wovon jeder einen eigenen Nahmen bedarf, so sind die Ausdrücke Beschaffenheitswort, und Umstandswort noch die schicklichsten, weil sie die Begriffe bestimmt und klar ausdrucken. Die Art zu decliniren, das Adverb, des -es, die -e, ist viel zu hart, und schneidet über dieß eine wesentliche Ableitungssylbe mit weg; daher man am besten thut, wenn man die Lateinische Declination behält. Allenfalls ginge im Plural die Adverbien an.


Advocat (W3) [Adelung]


Der Advocat, des -en, plur. die -en, eine Person, welche von der Obrigkeit angenommen ist, andere vor Gerichte zu vertreten, von dem Latein. Advocatus; im Oberdeutschen ehedem ein Fürsprach, Fürsprecher, in der Tyrolischen Landesordnung, ein Redner, in Liefland ein Rechtsfinder, im Hochdeutschen ein Anwalt, Sachwalter, (ehedem auch Sachführer,) ein rechtlicher Beystand. Daher advociren, andere vor Gerichte vertreten; die Advocatur, das Amt eines Advocaten; die Advocaten-Gebühren u. s. f.


Aerometrie (W3) [Adelung]


Die Aerometrie, plur. inusit. aus dem Griech. und Lat. Aerometria, die mathematische Lehre von den Eigenschaften der Luft.


Aerostat (W3) [Adelung]


Der Aerostat, des -en, plur. die -en, aus dem Französ. Aerostat, und dieß aus dem Lat. machina aerostatica, eine in den neuesten Zeiten versuchte Benennung eines Luft-Ballons, welche doch dem Begriffe nicht ganz angemessen ist.


Aerostatik (W3) [Adelung]


Die Aerostatik, plur. inusit. aus dem Griech. und Lat. Aerostatica, derjenige Theil der Aerometrie, welcher von dem Gleichgewichte der Luft, so wohl mit sich als andern Körpern handelt.


Äfern (W3) [Adelung]


* Äfern, oder Äffern, ein im Hochdeutschen längst veraltetes Verbum, welches aber noch Sprichw. 17, 9. vorkommt: wer eine Sache äfert, macht Fürsten uneins, wo die meisten Herausgeber aus Unwissenheit der wahren Bedeutung eifern daraus gemacht haben. Äfern von dem veralteten aber, wiederum, bedeutete ehedem wiederhohlen, eine längst vergessene Sache wieder aufrühren, rege machen; bey dem Ottfried, Afaron, avaron. Schottel nannte noch die Relativa, freylich sonderbar genug, wiederäfferige Wörtlein. Ein mehreres haben Schilter, Wachter, Frisch, und Diet. von Stade in der Erklärung der vornehmsten Wörter in Luthers Bibel, h. v. S. auch After und 2 Eifern.


Affe (W3) [Adelung]


Der Affe, des -n, plur. die -n, Fämin. die Äffinn, Diminutiv. das Äffchen, Oberdeutsch Äfflein. 1) Eigentlich, ein Thier, welches unter allen bekannten Thieren dem Menschen am nächsten kommt, nur daß alles an ihm mehr unausgearbeitet und verwildert ist. Es ist in Amerika, Indien und Afrika sehr häufig, wo es dessen verschiedene Arten gibt. Man theilet sie überhaupt in drey Classen, in ungeschwänzte, welches die Affen im engsten Verstande sind, in kurzgeschwänzte, welche mit einem allgemeinen Nahmen Baviane heißen, und in langgeschwänzte, welches eigentlich Meerkatzen sind. Sprichwörtliche R. A. sind: einem Affen drehen, jemand bey der Nase herum führen; Affen ausnehmen, ein thörichtes Geschäft verrichten; je höher der Affe steigt, desto mehr zeigt er seinen Schwanz, je höher ein Untüchtiger steigt, desto mehr verräth er seine Schwäche. 2) Figürlich, theils eine Person, welche ohne Beurtheilungskraft nachahmet, jemandes Affe seyn; theils aber auch eine Person mit einem häßlichen Gesichte, und in beyden Fällen auch von einer Person weiblichen Geschlechtes; denn Äffinn ist in der figürlichen Bedeutung nicht gewöhnlich. Was? Einen alten Affen meine Frau zu nennen? Weiße. 3) In der Mathematik, ein Werkzeug, welches aus zwey Parallelogrammen bestehet, und einen Riß zu vergrößern und zu verkleinern dienet, ein Storchschnabel, Instrumentum Pantographum; vermuthlich von der Nachahmung. 4) In der Mechanik, ein Hebezeug, große Lasten mit Vortheil in die Höhe zu bringen, welches gleichfalls ein Storchschnabel genannt wird.

Anm. Der Nahme dieses Thieres ist sich in den meisten bekannten Sprachen ähnlich. Zu den von Wachter, Frisch und Ihre angeführten Nahmen kann man noch das Nieders. Aape, Schwed. Apa, Dän. Abe und Abekat, und Böm. Opice setzen. Man glaubt, daß Afrika von diesen Thieren den Nahmen habe, und so viel als das Land der Affen bedeute, welchen Nahmen die Phrygier und Celten diesem Welttheile gegeben, weil dieses Thier das erste und wichtigste gewesen, was den ersten Seefahrern daselbst in die Augen gefallen. In dem niedrigen Maulaffe scheint die letzte Hälfte nicht so wohl zu diesem Worte, als vielmehr zu offen zu gehören, S. dasselbe. Im Oberdeutschen lautet die erste Endung des Singulars der Affen.


Affect (W3) [Adelung]


Der Affect, des -es, plur. die -en, vom Lateinischen Affectus, ein hoher Grad einer Gemüthsbewegung und dessen Ausbruch. Viele Affecten haben. Seinen Affecten nachhängen. Voller Affecten seyn. Seine Affecten zwingen, bändigen u. s. f.

Anm. Leidenschaft und Affect werden oft für gleich bedeutend gehalten, sind es aber nicht. Affect bezeichnet eine jede starke Gemüthsbewegung; aber Leidenschaft setzet vermöge der Ableitungssylbe-schaft eine Thätigkeit voraus, und bezeichnet eine zur Fertigkeit gewordene Gemüthsbewegung. Man kann dieses ausländische Wort nicht ganz entrathen, weil wir kein einheimisches haben, welches den Begriff, den wir einmahl mit Affect verbinden, er-schöpfte; denn Gemüthsbewegung ist das Geschlecht, von welchem Affect eine Art, d. i. einen höhern Grad bezeichnet.


Affectiren (W3) [Adelung]


+ Affectiren, verb. reg. act. aus dem Franz. affecter. 1) Den Schein von etwas zu haben suchen, ohne übereinstimmige Gemüthsfassung im Äußern annehmen. Freundlichkeit affectiren. 2) Auf eine gezwungene und unnatürliche Art nachahmen; in welcher Bedeutung besonders das Participium affectirt üblich ist. Ein affectirter Mensch. In beyden Fällen ist das Wort im Deutschen überflüssig, weil es hier an guten einheimischen Ausdrücken nicht fehlt, den Begriff zu bezeichnen; besonders läßt sich das Participium sehr gut durch gezwungen, gesucht, verstellt, geziert u. s. f. ausdrucken; z. B. Es misch ein heimlich Mißvergnügen Sich in die Freundlichkeit, sie sey gesucht, verstellt, Weiße.


Affectlos (W3) [Adelung]


Affectlos, -er, -este, adj. et adv. der Affecten beraubt, ohne Affect. So auch die Affectlosigkeit.


Affect-Zeichen (W3) [Adelung]


Das Affect-Zeichen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Orthographie, ein orthographisches Zeichen, welches die Gemüthsstellung des Sprechenden bezeichnet; dergleichen denn das Fragezeichen und das Ausrufungszeichen sind.


Äffen (W3) [Adelung]


Äffen, verb. reg. act. 1) Auf eine ungeschickte Art, ohne Beurtheilungskraft nachahmen; doch nur in dem zusammen gesetzten nachäffen, welches S. 2) Jemandes Leichtgläubigkeit mißbrauchen, ihn gleichsam zum Affen machen, oder ihm wie einem Affen begegnen, ihn täuschen. Einen äffen. Ich lasse mich nicht äffen. Wo mich nur nicht ein Schatten äfft, Günth. Was macht den Stern vor uns verschwinden, Äfft unsern Fleiß wohl sein Betrug? Kästn. Die Götter lassen sich nicht äffen, Haged.

Anm. Die Provinzen sind an gleich bedeutenden Worten sehr reich. So drucken das Oberdeutsche fatzen, das Westphälische öven, gleichsam üben, das Niedersächsische brüden, brüen, foppen, fuppen und fokken, das Englische to fob, von dem alten fop, ein alberner Mensch u. s. f. fast eben denselben Begriff aus.


Affenbeere (W3) [Adelung]


Die Affenbeere, plur. die -n, in einigen Gegenden ein Nahme des Felsenstrauches; Empetrum, L. In Nieders. Apenbeere, wovon das Hochdeutsche eine Übersetzung zu seyn scheinet. Was aber die erste Hälfte hier sagen will, ist mir unbekannt, denn von Affe, Nieders. Ape, kann sie wohl nicht seyn.


Affen-Bezoar (W3) [Adelung]


Der Affen-Bezoar, des -s, plur. ut nom. sing. S. Affenstein.


Affenfisch (W3) [Adelung]


Der Affenfisch, S. Meeraffe.


Affengesicht (W3) [Adelung]


Das Affengesicht, des -es, plur. die -er. 1) Ein ungestaltes possierliches Gesicht, wie an einem Affen. Ingleichen, eine mit einem solchen Gesichte begabte Person. 2) Der Nahme einer Ostindischen Pflanze; Mimusops, L.


Affen-König (W3) [Adelung]


Der Affen-König, des -es, plur. die -e, der König unter den Affen; eine Würde, welche man den Brasilischen Affen, Aquiqui genannt, beylegt, unter welchen sich einer befinden soll, der die andern zu gewissen Zeiten durch sein Geschrey zusammen rufet.


Affenliebe (W3) [Adelung]


Die Affenliebe, plur. car. eine blinde, unvernünftige Liebe, besonders der Ältern gegen ihre Kinder, dergleichen die Affen gegen ihre Jungen haben, welche sie oft aus allzu großer Zärtlichkeit zu erdrücken pflegen.


Affen-Muse (W3) [Adelung]


Die Affen-Muse, plur. inusit. der Nahme einer Pflanze auf den Moluken, welche zu den Musen gehöret, eine aufrecht stehende Blumenkolbe und abfallende Blumenscheiden hat; Musa Troglodytarum, L.


Affennase (W3) [Adelung]


Die Affennase, plur. die -n, eine stumpfe aufgeworfene Nase, dergleichen die Affen haben.


Affenstein (W3) [Adelung]


Der Affenstein, des -es, plur. die -e, eine Art Bezoar, welche sich in den Bavianen, einer großen Art Affen, erzeugen soll, Affen-Bezoar.


Äfferey (W3) [Adelung]


Die Äfferey, plur. die -en, Mißbrauch der Leichtgläubigkeit eines andern, die Täuschung. Von äffen, welches S.


Äffern (W3) [Adelung]


Äffern, S. Äfern.


Äffinn (W3) [Adelung]


Die Äffinn, plur. die -en, das Weibchen des Affen, S. Affe.


Affner (W3) [Adelung]


Der Affner, S. Afner.


Affodillen
Affodillilie
Affodillwurz (W3) [Adelung]


Affodillen, Affodillilie, Affodillwurz, S. Asphodille.


Afholder (W3) [Adelung]


Der Afholder, des -s, plur. inusit. oder Affolter, Afholderbaum, ein Nahme, welcher in einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden dem Wasserhohlunder gegeben wird, der bey andern auch Hirschholder, Rosenholder, Schwelgenbaum heißt. S. diese Wörter. In andern Gegenden führet auch die weiße Mistel diesen Nahmen, S. Mistel. Der Ursprung des Nahmens Afholder ist noch ungewiß, indem derselbe so wohl aus Opulus, als auch aus Afterhohlunder verderbt seyn kann; denn Aphaldera und Apholdera, ein Apfelbaum der alten Fränkischen und Alemannischen Schriftsteller, gehöret nicht hierher, weil solches aus Aphal, Apfel, und Deru, ein Baum, zusammen gesetzet ist.


Afholderwurz (W3) [Adelung]


Die Afholderwurz, plur. inusit. bey einigen Schriftstellern, so viel als Asphodill-Wurz, welches S.


Afner (W3) [Adelung]


Der Afner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, welchen die Weber auch dem Rädelkamme geben, und welchen sie auch Öfner aussprechen.


Afrika (W3) [Adelung]


Afrika, genit. Afrika's, oder, obgleich nicht so häufig, Afrikens, der südliche Theil der alten Welt, welcher von den Affen den Nahmen haben soll, S. dieses Wort. Daher Afrikanisch, diesem Welttheile eigen, aus demselben gebürtig; der Afrikaner, Fämin. die Afrikanerinn, ein Einwohner dieses Welttheiles.


Afrusch (W3) [Adelung]


Afrusch, in einigen Gegenden, ein Nahme der Stabwurz, welcher ohne Zweifel aus Abrotanum verunstaltet worden, S. Stabwurz.


After (W3) [Adelung]


After, eine ehemahlige Präposition, welche nach bedeutete, jetzt aber nur noch in der Zusammensetzung mit einigen Verbis, noch mehr aber mit Substantiven üblich ist. Sie bedeutet alsdann,1. Überhaupt, was der Zeit, dem Orte und der Ordnung nach auf ein anderes folget, und zwar, a) der Zeit nach, wie in Aftergeburt, Afterkind, Aftersabbat, Aftersprache, bey den Handwerkern, Aftermontag, in Oberschwaben, so viel als der Dinstag, Aftersonntag, ehedem der Montag u. s. f. In einem andern Verstande bedeuten Aftersonntag, Aftermontag, u. s. f. in den Urkunden des 13ten und der folgenden Jahrhunderte so viel als den folgenden Sonntag, den folgenden Montag. b) Dem Orte nach, für hinter, in Afterdarm, Afterleder, Afterstück, Afterrede, in der figürlichen Bedeutung der übeln Nachrede u. s. f. c) Der Ordnung nach, wie in Afteranwalt, Afterbelehnung, Afterbürge, Aftererbe, Afterlehn, u. a. m.2. In figürlicher Bedeutung, was in Ansehung der Gestalt und des innern Werthes einem andern Dinge gleicher Art nachzusetzen ist, und zwar, a) in Ansehung der Gestalt, was einem andern Dinge ähnlich ist, aber sich doch noch merklich von demselben unterscheidet; als Afterkegel, Afterkugel, Afterblatt, Afterflügel, Afterhorn, Afterkamehl u. s. f. Die meisten Wörter dieser Art sind neu, und von den Lehrern der Naturgeschichte zusammen gesetzet worden, solchen Körpern aus dem Thier- und Pflanzenreiche, welche andern bekannten Thieren und Pflanzen ähnlich sehen, aber noch keinen bekannten Nahmen hatten, eigene Nahmen zu geben, worin ihnen die Mathematiker des vorigen Jahrhunderts schonmit ihrem Beyspiele vorgegangen waren, welche die Benennungen Conoides und Sphaeroides durch Afterkegel und Afterkugel ausdruckten. b) Was geringer und schlechter ist, als ein anderes bestimmtes Ding gleicher Art; wie in Afterholz, Afterkorn, Aftermehl, After-Topas, Afterkönig, Afterpabst, u. s. f. Viele dieser Wörter haben sich aus den alten Mundarten noch bey den Künstlern und Handwerkern erhalten. Aber viele haben wir auch den neuen Schriftstellern zu verdanken; denn in dieser Bedeutung des Unächten lassen sich noch täglich neue Wörter damit bilden. Dahin gehören, Zachariä's Afterblitz, die Afterehre, das Afterglück. So schwärzt sein Afterglück das Laster und die Schande, Haged. Die Afterliebe, und hundert andere, welche im folgenden nicht besonders angeführet werden dürfen. Nur in der ersten eigentlichen Bedeutung ist es zu neuen Zusammensetzungen ungeschickt, weil der Begriff des Unächten zu sehr vorsticht; daher Aftergraf, für Vice-Graf, Afterbürgermeister, ein nachgeordneter oder Stellvertreter, u. s. f. nicht zu billigen sind. Eben diese Bedeutungen könnten auch bey den Verbis Statt finden; allein die mit after zusammen gesetzten Verba sind selten, und wir kennen im Hochdeutschen nur das einzige, aber auch schon veraltete Afterreden; denn von afterbelehnen ist nur allein das Partic. Pass. ein Afterbelehnter üblich, und aftersiedeln wird nur noch zuweilen in einigen Gegenden gehöret. Von der Conjugation dieser Wörter S. das folgende Afterreden.

Anm. After, Alemann. und Fränk. after, aefter, Goth. aptar, Angels. aeft, Isl. aptur, Schwed. eftir, Dän. efter, Engl. after, und das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, haben mit dem veralteten Umstandsworte aber, mit dem gleichfalls ungewöhnlichen Zeitworte äfern, mit dem Umstandsworte oft, und vielleicht auch mit äbig einerley Stamm, für welchen man die Präposition af oder ab hält. Affa und aft sollen in Franken, Österreich und Schwaben noch jetzt hernach bedeuten. S. Frisch v. Affter und Ihre v. Eftir. Die Niedersachsen und Holländer haben dafür achter, doch nur in der Bedeutung des Vorwortes hinter.


After (W3) [Adelung]


1. Der After, des -s, plur. die -n, der hintere Theil eines Körpers; besonders, 1) der hintere Theil des menschlichen Körpers, das Gesäß, posteriora; eine Benennung, welche in Oberdeutschland am üblichsten ist. Im Hochdeutschen nennet man den Mastdarm an Menschen und Thieren zuweilen noch den After. S. Afterdarm. 2) Bey den Sattlern, die Rücklehne eines Sattels, woran sich der After des Reiters lehnet, da es denn von manchen auch wohl Äfter und Efter geschrieben und gesprochen wird. Bey den Sattlern in der Grafschaft Schönberg soll das vordere Stück Holz an einem Sattelgestelle, welches zwey Flügel hat, der Efter, und der Sattelknopf, in welchem sich diese zwey Stücke schließen, der Efterknopf heißen. Die Niedersächsischen Sattler sprechen dieses Wort achter aus. 3) Bey den Jägern werden die Afterklauen oft auch nur die Aftern genannt.

Anm. After war, wenn es hinter bedeutete, so wohl bey den Pontischen Gothen, als auch bey den Alemannen ein Adjectiv, welches seinen Comparativ und Superlativ hatte. An den aftarin, bedeutete schon bey dem Notker an dem Hintern, woraus zugleich erhellet, daß es anfänglich, so wie das Lateinische posteriora, ein Plurale gewesen.


After (W3) [Adelung]


2. Das After, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. überhaupt, was in der Bearbeitung einer Sache von derselben abgehet, und daher geringer und schlechter ist. Besonders, 1) in den Bergwerken, alles, was von den gepochten und gewaschenen Erzen übrig bleibt, und wenig Silber hält; ingleichen der Schlamm, welcher bey dem Abläutern der Schliche abgewaschen wird, und über den Planenherd in die in dem Aftergraben befindlichen Afterfalle läuft. 2) Bey den Müllern, dasjenige Getreide, welches schon ein oder mehrere Mahle aufgeschüttet worden, und welches alsdann das Aftermehl liefert, welches auch wohl selbst das oder der After genannt wird. 3) Bey einigen Fleischern auch das Gekröse oder Geschlinge des geschlachteten Viehes, weil es geringer ist, als das übrige Fleisch. 4) In der Landwirthschaft an einigen Orten, besonders in Oberdeutschland, so viel als das Aftergetreide, welches S.

Anm. In den beyden ersten Fällen wird dieses Wort auch wohl als ein Masculinum gebraucht, der After.


Afteranwalt (W3) [Adelung]


* Der Afteranwalt, des -es, plur. die -e, in den Rechten, besonders Oberdeutschlandes, der Anwalt, den ein anderer Anwalt Statt seiner bestellet; Actor substitutus.


Afterbelehnen (W3) [Adelung]


Afterbelehnen, ein Verbum, von welchem nur das Partic. Pass. üblich ist, ein Afterbelehnter; der von einem Lebensmanne mit einem Leben weiter belehnet worden.


Afterbelehnung (W3) [Adelung]


* Die Afterbelehnung, plur. die -en, in dem Lehnrechte, die Belehnung, welche von einem Lehensmanne, mit dem von einem andern empfangenen Lehen geschiehet; Subinfeudatio.


Afterbier (W3) [Adelung]


Das Afterbier, des -es, plur. car. in Oberdeutschland so viel als Kofent oder Nachbier.


Afterbürde (W3) [Adelung]


* Die Afterbürde, plur. die -n, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort für Aftergeburt oder Nachgeburt. Bürde bedeutet hier nicht so wohl Last, als vielmehr Geburt, von bären, oder gebären. Die Jäger gebrauchen es noch von der Nachgeburt der Thiere. Außerdem ist es auch in Schwaben üblich, wo es Afterburdi ausgesprochen wird. Schwed. Efterbörd.


Afterbürge (W3) [Adelung]


* Der Afterbürge, des -n, plur. die -n, in den Rechten, ein Bürge, der sich für einen andern Bürgen verpflichtet, im Falle diesen seine Verbindlichkeit nicht erfüllen sollte, ein Rückbürge.


Afterdarm (W3) [Adelung]


* Der Afterdarm, des -es, plur. die -därme, der äußerste Theil der Gedärme, welcher sich am Grimmdarme anfängt, und bis zu dem Ausgange in dem Gefäße reicht; Intestinum rectum, der After, der Mastdarm, Grimmdarm, und bey dem Viehe, der fette Darm, oder Fettdarm, in Gloss. Pez. Aphtarlinga, und Crozdarma. Die Benennung Afterdarm ist noch am meisten in Oberdeutschland üblich.


Afterdrohne (W3) [Adelung]


Die Afterdrohne, plur. die -n, in der Bienenzucht, eine Art kleiner Drohnen, welche bey einem kalten Frühlinge in den Stöcken gefunden werden, und wegen der Kälte zu keinen vollkommenen Drohnen werden können; auch, aber nicht so richtig, Afterthränen. S. Drohne.


Aftereinsetzung (W3) [Adelung]


* Die Aftereinsetzung, plur. die -en, in den Rechten; die Ernennung eines nachgesetzten Erben, im Falle der zuerst eingesetzte absterben, oder nicht zur Erbschaft gelangen sollte.


Aftererbe (W3) [Adelung]


* Der Aftererbe, des -n, plur. die -n, der auf solche Art zum Erben eingesetzet worden; ein Nacherbe.


Afterfalle (W3) [Adelung]


Die Afterfalle, plur. die -n, S. Aftergefälle.


Afterfinne (W3) [Adelung]


Die Afterfinne, plur. die -n, bey den neuern Lehrern der Naturgeschichte, eine Art der Finnen oder Floßfedern, welche sich zuweilen bey den Fischen auf dem Rücken befindet, und nur aus einer Haut ohne Gräten besteht; die Fettfinne, Afterfloßfeder, Pinna adiposa.


Afterflügel (W3) [Adelung]


Der Afterflügel, des -s, plur. ut nom. sing. eine Benennung derjenigen kleinen Federn an den Vögeln, welche sich an dem Daumenknochen des Flügels befinden, Ala spuria, notha, exterior.


Aftergeburt (W3) [Adelung]


* Die Aftergeburt, plur. die -en, am häufigsten in der Oberdeutschen Mundart, so viel als Afterbürde, welches S.


Aftergefälle (W3) [Adelung]


Das Aftergefälle, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, breterne Kasten, worin das After aufgefangen wird.


Aftergetreide (W3) [Adelung]


Das Aftergetreide, des -s, plur. car. S. Afterkorn.


Aftergraben (W3) [Adelung]


Der Aftergraben, des -s, plur. die -gräben, in den Bergwerken, ein Graben, durch welchen das After in die Aftergefälle gehet.


Afterhase (W3) [Adelung]


Der Afterhase, des -n, plur. die -n, S. Meerschwein.


Afterhaufen (W3) [Adelung]


Der Afterhaufen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, ein Platz, wo das After auf einen Haufen geschüttet worden.


Afterherr (W3) [Adelung]


Der Afterherr, S. Afterlehnsherr.


Afterheu (W3) [Adelung]


* Das Afterheu, des -es, plur. car. an einigen Orten, besonders Oberdeutschlandes, so viel als das Nachheu, Grummer, welches S.


Afterholz (W3) [Adelung]


Das Afterholz, des -es, plur. car. im Forstwesen, alles Holz, welches nicht grün von dem Stamme kommt, sondern von Windfällen, Schneebrüchen und dürren Wipfeln gesammelt wird.


Afterhorn (W3) [Adelung]


Das Afterhorn, des -es, plur. die -hörner, in der Naturgeschichte der Neuern, ein hornähnlicher Auswuchs mancher Thiere, der aber doch kein eigentliches Horn ist; dergleichen z. B. die geschnittenen Böcke und Ziegen haben.


Afterhummel (W3) [Adelung]


Die Afterhummel, plur. die -n, bey einigen ein Nahme der Drohnen oder Brutbienen. S. Drohne.


Afterig (W3) [Adelung]


Das Afterig, des -s, plur. doch nur von mehreren Arten, die -e. 1) Das Afterkorn, welches S. 2) In Obersachsen, der Unrath, welchen die Bienen auf den Boden fallen lassen; an andern Orten das Grießig.


Afterkamehl (W3) [Adelung]


Das Afterkamehl, des -es, plur. die -e, der Nahme eines morgenländischen Thieres, welches dem Kamehle gleicht, aber einen ebenen Rücken und dagegen eine höckerige Brust hat; Camelus spurius, Kl.


Afterkaninchen (W3) [Adelung]


Das Afterkaninchen, des -s, plur. ut nom. sing. S. Halbkaninchen und Meerschwein.


After-kanonisch (W3) [Adelung]


* After-kanonisch, adj. et. adv. die after-kanonischen Bücher der heiligen Schrift, deutero-canonici; eine sehr unschickliche Benennung, weil after jetzt nur mit dem Begriffe des Unächten zu neuen Zusammensetzungen angewandt werden kann.


Afterkegel (W3) [Adelung]


Der Afterkegel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den neuern Meßkünstlern, ein dem Kegel ähnlicher Körper, welcher entstehet, wenn sich eine krumme Linie um eine Axe drehet; Conoides.


Afterkiel (W3) [Adelung]


Der Afterkiel, des -es, plur. die -e, an den Schiffen, ein starker Balken, welcher an dem Kiele befestiget wird, dessen untere Seite zu verstärken.


Afterkind (W3) [Adelung]


Das Afterkind, des -es, plur. die -er. 1) * Eine veraltete Benennung eines nachgebornen Kindes; Postumus. 2) * In den Rechten, auch wohl ein Kind, welches geboren wird, nachdem der Vater bereits sein Testament gemacht hat. 3) Ein uneheliches, unächtes Kind, nur bey einigen neuern Dichtern. Allein die Schmeicheley, des Glückes Afterkind, Günth. Der Neid, des Glückes Aftersohn, Rost.


Afterklaue (W3) [Adelung]


Die Afterklaue, plur. die -n, bey den Jägern, die kleinen Klauen, oder Hornspitzen, welche so wohl das rothe, als auch das schwarze Wildpret unten an den Läuften über den Ballen hat, und welche von einigen auch die Aberklauen, die Aftern, das Geäftere, die Spornen, ingleichen die Oberrücken, die Oberklauen genannt werden; wo Ober vermuthlich für aber oder after stehet. Auch die Hunde haben zuweilen ähnliche Afterklauen an den Hinterfüßen mit einem krummen Nagel.


Afterkohlen (W3) [Adelung]


Die Afterkohlen, sing. inusit. in den Bergwerken, das kleine Gestiebe von den Kohlen, welches einige auch wohl in der einfachen Zahl, das Afterkohl nennen.


Afterkönig (W3) [Adelung]


Der Afterkönig, des -es, plur. die -könige, ehedem so viel als der Stellvertreter eines Königes, ein Vicekönig. Jetzt nur noch, obgleich selten, ein Gegenkönig, der sich unrechtmäßiger Weise zum Könige aufwirft.


Afterkorn (W3) [Adelung]


Das Afterkorn, des -es, plur. inus. 1) In der Landwirthschaft an einigen Orten, das geringere Korn, welches bey dem Werfen mit der Wurfschaufel zurück bleibt; das Aftergetreide, in Franken das Äfterig, in Baiern, das Gaffter, und in Niedersachsen das Achterkorn, das Achterste. 2) In einigen Gegenden auch das Mutterkorn, S. dieses.


Afterkugel (W3) [Adelung]


Die Afterkugel, plur. die -n, in der Geometrie, eine unächte Kugel, d. i. eine solche Kugel, welche entstehet, wenn sich eine Ellipse um eine ihrer Achsen drehet; Sphaeroides.


Afterläufer (W3) [Adelung]


Der Afterläufer, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, ein Arbeiter, der das After auf einen Haufen läufet, d. i. führet.


Afterlauge (W3) [Adelung]


Die Afterlauge, plur. inus. bey den Weißgärbern, eine Lauge aus Asche, den Thran aus den gewalkten semischgaren Fellen damit heraus zu waschen.


Afterleder (W3) [Adelung]


Das Afterleder, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Schustern, 1) schlechte Abgänge von dem Leder; ohne Plural. 2) Das inwendige Spornleder an den Stiefeln, welches die Gestalt eines halben Mondes hat.


Afterlehen (W3) [Adelung]


Das Afterlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Lehnrechten, ein Lehen, welches von einem Vasallen oder Lehnsmanne weiter verliehen wird; Subfeudum.


Afterlehner (W3) [Adelung]


Der Afterlehner, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, besonders in Franken und Hessen, der Besitzer eines Bauergutes, welches nur ein Theil einer Hufe ist, im Gegensatze des Hüfeners, welcher eine volle Hufe besitzet. S. auch Aftersiedler.


Afterlehnsherr (W3) [Adelung]


Der Afterlehnsherr, des -en, plur. die -en, derjenige, der ein empfangenes Leben weiter verleihet, im Gegensatze des Oberlehnsherren; Dominus feudi intermedius; fecundarius, dergleichen ehedem auch ein Afterherr genannt wurde.


Afterlehnsmann (W3) [Adelung]


Afterlehnsmann, des -es, plur. die -männer, oder -leute, der von einem Vasallen weiter belehnet wird; Subvasallus.


Aftermehl (W3) [Adelung]


Das Aftermehl, des -es, plur. car. bey den Müllern, dasjenige Mehl, welches aus dem zum dritten Mahle abgemahlenen Getreide entstehet, und auch nur schlechthin das After, sonst auch das Pollmehl und Mittelmehl heißt.


Aftermoos (W3) [Adelung]


Das Aftermoos, des -es, plur. doch nur so fern Arten dieses Geschlechtes angedeutet werden, die -e, ein Pflanzengeschlecht, mit unkenntlichen Geschlechtern, welches dem Moose in vielen Stücken ähnlich, in andern aber noch davon unterschieden ist, und bey welchem Wurzel, Stamm und Blatt nur Ein Stück zu seyn scheinen; Algae, L. Die Flechten, Lichenes, die Grasfeder, Conferva, und das Meergras, Fucus, gehören dahin.


Aftermotte (W3) [Adelung]


Die Aftermotte, plur. die -n, bey den neuern Lehrern der Naturgeschichte, eine Benennung aller derjenigen Würmer oder Larven, welche die Futterale oder Gänge, welche sie zu ihrer Bedeckung machen, nicht mit sich nehmen, dagegen die wahren Motten sie überall mit sich herum tragen; Afterschaben.


Aftern (W3) [Adelung]


Aftern oder aftern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben bekommt, bey den Jägern, die Afterklauen in der Fährte ausdrucken, welches besonders von dem rothen Wildprete geschiehet. Der Hirsch aftert jederzeit auswärts, das Thier aber einwärts. In des Spaten Sprachschatze wird aftern auch mit derBedeutung des Verhinderns angeführet, welche aber im Hochdeutschen völlig unbekannt ist.


Afterpacht (W3) [Adelung]


Der Afterpacht, des -es, plur. die -pächte, ( S. Pacht,) der Pacht, welcher von dem ersten Pächter einem andern übertragen wird. Daher der Afterpächter.


Afterpapst (W3) [Adelung]


Der Afterpapst, des -es, plur. die päpste, ein unrechtmäßiger Papst, im Gegensatze des rechtmäßigen.


After-Polyp (W3) [Adelung]


Der After-Polyp, des -en, plur. die -en, bey den neuern Naturkundigen, eine weiche Thierpflanze, welche einen beweglichen sich zusammen ziehenden Rand hat, der, wenn er sich ausdehnet, sich wellenförmig beweget; Brachyonus, L.


Afterrede (W3) [Adelung]


* Die Afterrede, plur. die -n, böse Nachrede hinter eines andern Rücken, im mittlern Lat. Dorsiloquium; eine glimpfliche Benennung der Verleumdung, welche aber im Hochdeutschen fast völlig veraltet ist. S. das folgende.


Afterreden (W3) [Adelung]


* Afterreden, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, hinter eines Rücken, in seiner Abwesenheit, Böses von ihm reden. Dieses Zeitwort, dessen sich noch Luther bedienet hat, kommt jetzt fast gar nicht mehr vor, und wenn es ja noch im theologischen Verstande gebraucht wird, so geschiehet solches nur absolute, ohne ein Nennwort. Ehedessen aber sagte man so wohl, von einem afterreden, als auch einem afterreden, z. B. Jac. 4, 11. Afterredet nicht; wer seinem Bruder afterredet, der afterredet dem Gesetz. So auch 1 Petr. 2, 12.

Anm. After ist bey den Verbis eine von denjenigen Partikeln, welche ihre Stelle vor dem Verbo die ganze Conjugation hindurch unverändert behalten: ich afterrede, du afterredest, afterredete, aftergeredet. Es bedeutet hier hinter; afterreden ist also eigentlich, hinter eines Rücken reden, und in eingeschränkter Bedeutung, Böses in seiner Abwesenheit reden. Dieser Begriff ist in den Deutschen Mundarten noch auf andere ähnliche Art ausgedruckt worden; denn das Alemann. hinderreden, und im Substantiv Hinderrede, (in Scherzii Philos. mor. S. 14,) hintarsprechan und hintarchoson, ingleichen aftersprechan und afterkosen, das ehemahlige Niedersächs. backreden, das Dän. bagtale das Schwed. baktala und das heutige Nieders. bakwaschen von Back, Rücken, ingleichen die Nieders. und Holländ. Hauptwörter Achterklapp, Bakwort und Bakrede, sagen genau eben das. Ja in der alten Persischen Sprache soll schon Achterratz so viel als Afterrede bedeutet haben.


After-Sabbath (W3) [Adelung]


* Der After-Sabbath, des -es, plur. inusit. in Luthers Übersetzung des neuen Testamentes Luc. 6, 1. der Tag nach dem Sabbathe, oder wie andere wollen, der erste Sabbath nach dem andern Tage des Osterfestes, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Ohne auf den Griechischen Ausdruck zu sehen, müßte die erste Bedeutung der letztern allerdings vorgezogen werden, weil sie dem Gebrauche des Wortes after am gemäßesten ist. Denn auf gleiche Art würde der Montag ehedem der Aftersonntag genannt, und der Dienstag heißt in Schwaben noch jetzt der Aftermontag.


Afterschabe (W3) [Adelung]


Die Afterschabe, S. Aftermotte und Riehwurm.


Afterschanze (W3) [Adelung]


* Die Afterschanze, plur. die -n, in der Befestigungskunst, bey einigen so viel, als eine Verschanzung, oder ein Retranchement auf dem Felde.


Afterschirm (W3) [Adelung]


Der Afterschirm, des -es, plur. car. in dem Deutschen Staatsrechte, die Schirmgerechtigkeit, besonders über geistliche Güter, die jemand von dem eigentlichen Schutzherren übertragen worden; der Afterschutz.


Afterschirmherr (W3) [Adelung]


Der Afterschirmherr, des -en, plur. die -en, ein solcher untergeordneter Schirmherr, besonders geistlicher Güter; Afterschutzherr, Aftervogt, Advocatus substitutus.


Afterschlacke (W3) [Adelung]


Die Afterschlacke, plur. die -n, in den Hüttenwerken, Schlacken, welche zwey Mahl durch die Probe gegangen sind.


Afterschlag (W3) [Adelung]


Der Afterschlag, des -es, plur. inusit. im Forst- und Zimmerwesen, die Äste und Wipfel der abgehauenen Bäume; der Abraum, Afterzagel, S. diese Wörter. In einigen Orten auch die Gräte. S. auch Haltaus h. v. Eine andere längst veraltete Bedeutung dieses Wortes führet Frisch v. After an.


Afterschmetterling (W3) [Adelung]


Der Afterschmetterling, S. Frühlingsfliege.


Afterschutz (W3) [Adelung]


Der Afterschutz, des -es, plur. car. S. Afterschirm.


Aftersiedel (W3) [Adelung]


Das Aftersiedel, des -s, plur. ut nom. sing. und in der verkleinernden Form, das Aftersiedlein, des -s, plur. ut nom. sing. in den Lebensrechten, besonders in Franken und Hessen, einer von denjenigen kleinern Theilen, worin jemand sein Lehen zertheilet hat. S. Siedel.


Aftersiedeln (W3) [Adelung]


Aftersiedeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, mit einem andern in einem solchen abgetheilten Stücke eines Lehens sitzen. Particip. Passiv. aftergesiedelt.


Aftersiedler (W3) [Adelung]


Der Aftersiedler, des -s, plur. ut nom. sing. der ein Stück von einem zertheilten Lehngute, als ein Afterlehnsmann besitzet. S. auch Afterlehner.


Aftersilber (W3) [Adelung]


Das Aftersilber, des -s, plur. inus. in den Hüttenwerken, unreines Silber, welches noch After bey sich führet.


Aftersohn (W3) [Adelung]


Der Aftersohn, S. Afterkind.


Afterspinne (W3) [Adelung]


Die Afterspinne, plur. die -n, in der Naturgeschichte der Neuern, eine Spinnenart mit langen Fühlhörnern, Lauffüßen, eyrundem Körper und vier Augen; der Weberknecht, Phalangium, L.


Aftersprache (W3) [Adelung]


* Die Aftersprache, plur. die -n. 1) Üble Nachrede, wie Afterrede, jetzt ganz veraltet. 2) Bey den Handwerkern, und besonders den Schustern, eine Versammlung, die sie ehedem nach der so genannten Morgensprache hielten, und in welcher sie nur von Nebendingen und Kleinigkeiten handelten, dagegen sie sich in der Morgensprache mit wichtigen Gegenständen beschäftigten. Und auf solche Morgensprachen allezeit vierzehen Tage hernach eine freye Aftersprach gewesen ist, u. s. f. Ordnung der Schuster zu Zeit von 1684. S. auch Haltaus h. v.


Afterstück (W3) [Adelung]


Das Afterstück, des -es, plur. die -e, bey den Sattlern, das hintere Stück eines Sattels.


Afterthräne (W3) [Adelung]


Die Afterthräne, S. Afterdrohne.


After-Topas (W3) [Adelung]


Der After-Topas, des -es, plur. die -e, ein Nahme des Böhmischen Rauch-Topases, Morion, welcher eigentlich ein schwärzlicher Krystall ist.


Afterweisel (W3) [Adelung]


Der Afterweisel, des -s, plur. ut nom. sing. in der Bienenzucht, der Weisel der Drohnen, der Drohnenweisel.


Afterwelt (W3) [Adelung]


* Die Afterwelt, plur. inus. ein veraltetes Wort für Nachwelt, welches einige Neuere, um des bequemen Sylbenmaßes willen, wieder in Gang zu bringen gesucht haben. Vergebens schreiben wir für Welt und Afterwelt, Haged. Der, hoffend auf die Krone der Afterwelt, Den bürgerlichen Ehren entsagete, Raml. Wegen der Zweydeutigkeit des after, welches in neuern Zusammensetzungen allemahl den Begriff einer unächten Beschaffenheit hat, sollte man sich dieses Wortes lieber enthalten, um nicht wider seinen Willen einen Begriff rege zu machen, den Günther in einer Stelle ausdrücklich vor Augen hatte, als er sagte: Herzen, die der Himmel bindt, Füllen keine Wollustflammen, Die die Afterwelt empfindt, d. i. die ausschweifende, ausgeartete Welt.


Afterwespe (W3) [Adelung]


Die Afterwespe, plur. die -n, bey einigen ein Nahme der Schlupfwespen, oder der Fliegen mit vier Flügeln.


Afterzagel (W3) [Adelung]


* Der Afterzagel, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden des Rheines, so viel als der Afterschlag, d. i. die Äste und Gipfel der gefälleten Bäume. S. Zagel.


Afterzeidler (W3) [Adelung]


Der Afterzeidler, des -s, plur. ut nom. sing. um Nürnberg, diejenigen, welche den Bienenbau in den kaiserlichen und Reichswäldern von den privilegirten Zeidlern pachtweise im Besitz haben. S. Zeidler.


Afterzins (W3) [Adelung]


Der Afterzins, des -es, plur. die -e, in einigen Gegenden, z. B. um Nürnberg, eine Art Zinse, welche außer den Eigenzinsen von einem Gute gegeben werden, und auch Gatterzinse heißen. S. dieses Wort.


Afterzwang (W3) [Adelung]


Der Afterzwang, des -es, plur. inus. der Zwang des Afters oder im After, wofür doch Stuhlzwang üblicher ist, welches S.


Agath (W3) [Adelung]


Agath, S. Achat.


Agende (W3) [Adelung]


Die Agende, plur. die -n, ein Kirchenwort, welches aus dem mittlern Latein. Agenda, von den Protestanten beybehalten worden, die Vorschrift des öffentlichen Gottesdienstes und der dazu gehörigen Amtsverrichtungen der Geistlichen zu bezeichnen; die Kirchen-Agende. S. du Fresne Gloss. v. Agentes.


Agent (W3) [Adelung]


Der Agent, des -en, plur. die -en, aus dem Lat. agens, ein jeder, der eines andern, besonders eines Höhern Privat-Geschäfte an einem Orte besorgt; der Geschäftträger, im Oberdeutschen Gerhab, Gewalthaber. Daher die Agentur, plur. die -en, das Amt eines Agenten, welches auch wohl die Agentschaft genannt wird. Der Agent regierender Herren, hat keine öffentlichen, sondern nur Privat-Geschäfte zu besorgen, daher er auch mit keinen Beglaubigungsschreiben versehen wird.


Aggregat (W3) [Adelung]


Das Aggregat, des -es, plur. die -e, aus dem Lat. Aggregatum, ein Haufen mehrerer zusammen gebrachter Dinge. Besonders, 1) in der Rechenkunst, wo das Aggregat so viel als die Summe ist. 2) In der Physik ist das Aggregat, eine Verbin- dung mehrerer solcher Theile zu einem Ganzen, welche wieder aus merklich verschiedenen Theilen bestehen, und ein auf solche Art zusammen gesetztes Ding; die Zusammenhäufung, ein Haufwerk.


Aglarkraut (W3) [Adelung]


Das Aglarkraut, des -es, plur. car. ein Nahme, welcher in Österreich der Hauhechel, oder dem Stachelkrante, Ononis spinosa, L. beygeleget wird; ohne Zweifel von den Ageln, Agen, oder Stacheln, womit es besetzt ist. S. Age und Hauhechel.


Aglaster (W3) [Adelung]


Aglaster, S. Älster.


Agley (W3) [Adelung]


Agley, S. Akeley.


Agnes (W3) [Adelung]


Agnes, ein weiblicher Taufnahme, dessen Ursprung noch dunkel ist. Vielleicht ist er eine Verkürzung von Ignatia.


Agrest (W3) [Adelung]


Der Agrest, des -es, plur. inus. vom Lat. Agresta, und dieß vom Ital. Agresto, ein jeder säuerlicher Saft. Besonders in den Küchen und Apotheken, 1) ein aus unreifen Weintrauben gepreßter Saft, er mag mit Zucker abgesotten seyn oder nicht. 2) Eingemachte unreife Weinbeeren selbst.


Agrimone (W3) [Adelung]


Die Agrimone, plur. inusit. eine Pflanze, welche wild an den Wegen und Zäunen, und auf ungebaueten Feldern wächst; Agrimonia Eupatoria, L. Da diese Pflanze schon lange als ein heilsames Wundkraut bekannt ist, so ist ihr Nahme in dem Munde des Volkes auch gar sehr verunstaltet, und bald Adermennig, bald Angermennig, am häufigsten aber Odermennig daraus gemacht worden. Im Dän. heißt sie Agermaane, gleichsam Ackermohn. Es wäre zu untersuchen, ob dieses letztere nicht ihr wahrer Nahme ist, aus welchem der Lateiner Agrimonia gemacht worden. Übrigens wird sie im Deutschen auch Leberkraut, Leberklette, Königskraut, Gränsich, Bruchkraut, Drachenkraut und Heil aller Welt genannt.


Agtstein (W3) [Adelung]


Der Agtstein, des -es, plur. inusit. eine Benennung, welche an einigen Orten, besonders in Oberdeutschland, dem Bernsteine gegeben wird. Wachter glaubt, es müsse Achstein heißen, von Ach, Wasser, weil er im Wasser gefunden werde, oder Augstein, weil er den Augen heilsam sey. Allein es ist wohl gewiß, daß dieser Nahme von dem veralteten aiten, brennen, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - herkommt, und also Brennstein bedeutet, welches mit dem mehr Niedersächsischen Bernstein genau überein kommt. Man findet ihn auch in den ältern Zeiten wirklich Aidstein geschrieben. S. Eiter und Eiternessel. Verschiedene Schriftsteller, die des Mineralreiches unkundig waren, haben sich durch die Ähnlichkeit der Nahmen verleiten lassen, so wohl den Achat als auch den Gagat, Agtstein zu nennen, so sehr auch alle drey verschieden sind. Oft nennet man auch den Gagat schwarzen, den Bernstein aber gelben Agtstein. Übrigens sind in Oberdeutschland so wohl das Adjectiv agtsteinen, als auch alle die Zusammensetzungen üblich, welche mit dem Worte Bernstein gemacht werden.


Ägypten (W3) [Adelung]


Ägypten, Genit. Ägyptens, plur. car. ein bekanntes Königreich auf der östlichen Grenze Africa's. Daher Ägyptisch, aus Ägypten, daselbst einheimisch, daselbst erfunden, entstanden. Die Ägyptische Salbe, bey den Hufschmieden, eine Salbe aus Honig, Essig, Leber-Aloe und Grünspan. Ferner ein Ägyptier, oder Ägypter, Fämin. -inn. Das Wort stammet aus dem Griechischen her, und da es hier ein - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und im Lat. ein ae hat, so ist die Schreibart mit einem bloßen e, Egypten, wider die Gesetze der nächsten Abstammung, und das Beyspiel der Franzosen und anderer Völker, deren Sprachen keine Eigenthümlichkeit mehr haben, kann selbige so wenig rechtfertigen, als die Gewohnheit der vorigen Jahrhunderte, wo man a und e ohne allen Unterschied gebrauchte.


Ahlbaum (W3) [Adelung]


Der Ahlbaum, des -es, plur. die -bäume, in einigen Gegenden, ein Nahme des Zaun- oder Heckenkirschbaumes, Lonicera Xylosteum, L. dessen Frucht alsdann Ahlkirsche genannt wird.


Ahlbeere (W3) [Adelung]


Die Ahlbeere, S. Alantbeere.


Ahle (W3) [Adelung]


Die Ahle, plur, die -n, ein spitziges Werkzeug von Stahl verschiedener Handwerker, besonders solcher, die in Leder arbeiten, Löcher damit in dasselbe vorzustechen. Die krummen Ahlen heißen bey den Schustern und Sattlern gemeiniglich Orte; Pfriemen aber sind eine Art dickerer und stärkerer Ahlen.

Anm. Dieses Wort ist in allen drey Geschlechtern üblich, der Ahl, des -es, und im Plural die Ahle, und das Ahl. Am häufigsten wird es indessen im weiblichen Geschlechte gebraucht. Die Niedersachsen haben dieses Wort auch; doch gebrauchen sie Statt dessen auch Ort, Souel, Suel, Subbel oder Sugel. Dieses letztere kommt mit dem barbarisch Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, dem Lat. Subula, dem Schwed. Syl, dem Dän. Syel, und dem Ital. Sublia genau überein. Das Stammwort ist unstreitig das alte Nordische sy und Lat. suere, nähen. Wenn aber Wachter davon auch die Ahle herleiten will, so ist das eine von den willkürlichen und künstlichen Ableitungen, die bey ihm nichts seltenes sind. Frisch merkt richtiger an, daß Ahle die Benennung von der scharfen Spitze hat, und also mit Achel, Age, und dem Lat. Acus verwandt ist. S. Age und Ecke. Mit Ahl kommen auch das Angels. Aele, Ale, das Engl. Awl, und das Holländ. Aelsene überein.


Ahlenmacher (W3) [Adelung]


Der Ahlenmacher, des -s, plur. ut nom. sing. oder der Ahlenschmid, des -s, plur. die -schmiede, ein Handwerker, der die Ahlen verfertiget.


Ahlkirsche (W3) [Adelung]


Die Ahlkirsche, plur. die -n. 1) An einigen Orten, besonders in Schlesten, die Frucht des schwarzen Vogelkirschbaumes, und dieser Baum selbst; Prunus Padus, L. S. Vogelkirsche. 2) In andern Gegenden führet die Zaun- oder Heckenkirsche, Lonicera Xylosteum, L. diesen Nahmen. 3) In noch andern ist es ein Nahme der Faulbeere oder Elsebeere, Rhamnus Frangula, L. S. Elsebeere.


Ahm (W3) [Adelung]


Die Ahm, plur. die -en, ein Maß flüssiger Dinge, besonders des Weines, welches in jedem Lande zwar von verschiedenem Gehalte ist, aber doch meisten Theils zwey Eimer hält. In Sachsen hält eine Ahm 126 Kannen; im Hannöverischen, in Lübeck, in Hamburg, und in Hessen 40 Stübchen oder 80 Kannen; im Osnabrückischen 112 Kannen oder Maß; in Bremen 15 Stübchen oder 180 Quart; in Cöln 104 Maß; in der Pfalz 12 Viertel; in Basel 32 alte oder 40 neue Pott, und in Danzig 4 Anker. In der Pfalz machen 10 Ahm, in Frankfurt, im Würtembergischen, im Hannöverischen, und ganz Niedersachsen aber 6 Ahm ein Fuder.

Anm. Wenn dieses Wort eine bestimmte Zahl vor sich hat, so lautet es im Nomin. Plural. nur Ahm, Sechs Ahm, zehn Ahm, wie man sechs Fuß, zehn Mann u. s. f. sagt. S. auch Acker, Ahm ist an einigen Orten nicht nur männlichen Geschlechtes, der Ahmen, sondern es wird auch so wohl in Ober- als Niederdeutschland häufig Ohm geschrieben und gesprochen. Indessen scheint das a doch der Abstammung gemäßer zu seyn. Denn schon bey den Griechen war - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - in der Bedeutung eines Gefäßes üblich, woraus hernach die Lateiner ihr Amphora zusammen gesetzt haben. Engl. Ame, Awn, Ome, Holländ. Ame, Aem, Dän. Ahme, Schwed. Am, Isl. Amr. S. auch Eimer.


Ähmchen (W3) [Adelung]


Das Ähmchen, des -s, plur. ut nom. sing. das Verkleinerungswort des vorigen, welches in der Mark Brandenburg ein Biermaß ist, so 24 Quart oder Maß hält, und deren vier eine Tonne, acht aber ein Faß machen.1. Ahmen, imitari, S. Nachahmen.2. Ahmen, oder Ohmen, verb. reg. act. den körperlichen Inhalt eines leeren Fasses messen, es mag eine Ahm halten oder nicht. Ein Faß ahmen. Daher der Ahmer, die dazu bestellte obrigkeitliche Person, der Visirer. Es ist noch ungewiß, ob dieses Wort von dem vorigen Ahm abstammet, oder nur eine zufällige Ähnlichkeit des Klanges mit demselben hat. Denn im alten Franz. bedeutet Esme, ein Gewicht, und esmer, aesmer, aymer, haumer, hausmer, so wohl wägen, als auch visiren, eichen. S. Carpentiers Glossar. v. Esmerare.


Ahmig (W3) [Adelung]


Ahmig, oder Ohmig, adj. et adv. eine Ahm haltend. Ein ahmiges Faß. Am häufigsten mit Zahlwörtern; zweyahmig, dreyahmig u. s. f.


Ahn (W3) [Adelung]


Der Ahn, des -en, plur. die -en. 1) * Der Großvater; eine im Hochdeutschen veraltete, im Oberdeutschen aber noch völlig gangbare Bedeutung, wo es in Österreich und Baiern Än, Ändel und Andel, am Rheinstrome Anichen und Annichen, lautet. In eben diesen Gegenden heißt die Großmutter die Ahn, und die Ahnfrau. In Oberschwaben heißt der Großvater Ehni, die Großmutter aber Ahna, der Altervater der Urahn, Urahni, in andern Gegenden Aberahn, Alterenn, und die Großmutter Urahna. In Baiern ist Ähnl der Großvater, Ahnl die Großmutter, und Guckahnl die Urgroßmutter. Was der Ahn zusammen scharrt, heißt es in dem alten Liede: Wohl dem der um den armen Mann. 2) Überhaupt einer von den Vorältern, welche über die Großältern hinauf steigen, Hast munter dich geübet Zu zieren deinen Stand mit etwas, das kein Ahn, Kein Schild noch offner Helm den Menschen geben kann, Opitz. Des Ahnen Aberwitz wird auch des Enkels seyn, Hall. wo es aber zunächst den Großvater zu bezeichnen scheint. Oder nennt ihr diese Vortheile etwas das der Fleiß eures Ahnen verdiente? Dusch. Sein Ur-Ur-Ur-Ur-Älterahn War älter noch als unser aller Ahn, Less. Aller dieser Beyspiele ungeachtet, ist es doch in dieser Bedeutung im Hochdeutschen im Plural am üblichsten, Vorältern, collective ohne Unterschied des Geschlechtes zu bezeichnen besonders adelige Vorältern. Von adeligen Ahnen entsprossen. Seine acht Ahnen beweisen; beweisen, daß man ehelicher Weise von acht adeligen Vorältern, so wohl von väterlicher als mütterlicher Seite, also auf beyden Seiten von sechzehn adeligen Personen abstamme und also ein echtschildiger Edelmann sey.

Anm. Das Wort ist alt, aber zunächst im Oberdeutschen einheimisch. Schon in den Florent. Glossen ist Ano, avus, Ana, avia, und Altirano, proavus. Bey dem Ottfried sind ira anon, ihre Ahnen, und Altano, einer der Vorältern. In dem Sachsenspiegel wird dieses Wort in allem Ernste von Anus, der Hintere, hergeleitet. Wachter läßt es von der Partikel an, Frisch aber von dem Lat. Avus abstammen; das erste ist zu künstlich, das letztere aber zu unwahrscheinlich. Vermuthlich ist das Angels, eanian, gebären, das Stammwort, und im Türkischen bedeutet Ana wirklich die Mutter. Wahrscheinlich ist auch das Lat. Anus, eine alte Frau, damit verwandt, und in einigen Oberdeutschen Gegenden ist eine Ahne noch jetzt eine alte Frau.


Ahnden (W3) [Adelung]


1. Ahnden, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, eine dunkele Empfindung von einer künftigen Sache haben. Es wird auf gedoppelte Art gebraucht. 1) Als ein persönliches Verbum. Was ahnden sie? was sagen sie? Göthe. Ein kleiner Anfangs-versuch, an dem man aber, was noch dahinten sey, ahnde und rathe, Herd. Daher haben denn auch einige das Particip. Präs. gebraucht. Meine ahnende (ahndende) Angst hatte nicht falsch geweissaget. Mit ahnender Betrübniß, Schleg. Da diese ganze persönliche Form mehr Nieder- als Hochdeutsch ist, so gilt dieses vornehmlich auch von dem Participio. 2) Am häufigsten unpersönlich, mit der dritten Endung der Person. Es ahndet mir nichts Gutes, oder mir ahndet nichts Gutes. Das hat mir lange geahndet. Meinem Herzen ahndete ein Unglück. Es ahnt mir, Schlesien verliere seine Schwäne; Ich sah sie, sah ich recht, vorlängst nach Norden fliehn, Günth. Anm. Bey den Niedersachsen bedeutet es auch Empfindung, Begriffe von etwas haben; z. B. das Kind ahnet die Schläge noch nicht, hat noch keine Begriffe davon. Eben dieselben schreiben und sprechen gern ahnen, und die gröbern Mundarten aunen, so wie sie das d und t in der Mitte vieler andern Wörter aus Trägheit verschlucken; z. B. been, für beden, oder Hochdeutsch bethen, döen, für tödten, höen, für hüten u. s. f. Indessen ist es doch in diesem Worte bey ihnen nicht allgemein, denn man findet bey ihnen auch aanden. Es ist also ein Fehler, wenn manche Hochdeutsche die Niedersächsische Bequemlichkeit nachahmen und gleichfalls ahnen schreiben und sprechen; zumahl da sogleich erhellen wird daß das d zur Wurzel gehöret. Denn Frischens Ableitung von an, und Ihre's von ohne, so daß die Emfindung des Mangels der Stammbegriff sey, sind viel zu künstlich und unwahrscheinlich. Es ist vielmehr glaublich, daß in dem vorhin gedachten Niedersächsischen aanden, Begriff von etwas haben, empfinden, der Stammbegriff verborgen liegt, und dann kann man mit Wachtern immer das alte Nordische Ande, Aund, Geist, für das Stammwort annehmen, welches noch jetzt im Isländischen Ond, im Dänischen aber Aand lautet. Ahnden kommt in der Bedeutung der dunkeln Empfindung des Zukünftigen bey den Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern, so viel ich weiß, nicht vor, wohl aber das gleichbedeutende Suanon, welches noch in Niedersachsen üblich ist, S. Schwanen, ingleichen das folgende.


Ahnden (W3) [Adelung]


2. Ahnden, verb. reg. act. sein Mißfallen über eine Sache mit Worten oder mit der That zu erkennen geben, eine Sache bestrafen. Das Böse ahnden. Wollen wir diesen Schimpf nicht ahnden? Der Frevel muß an ihm und an den Seinigen geahndet werden. Es ist hier von sehr weitem Umfange, indem es alle Arten der Bestrafung von dem bloßen Verweise an, unter sich begreift, und im letztern Falle im Oberdeutschen eine gelindere Art des Verweises andeutet, als verweisen, obgleich eine stärkere als vorhalten und ausstellen.

Anm. Das vorhin gedachte Aand, Aund, bedeutet in den alten Mundarten nicht allein den Geist, die Seele, das Gemüth, sondern auch alle stärkere Gemüthsbewegungen, besonders aber, 1) des Zornes, des Eifers. So braucht Kero das Hauptwort der Ando, für Zorn, Eifer. Wanda ih iz andon, wenn ich es ahnde, d. i. bestrafe, Notker. Auf ir drey Haubtlewt tets ir andt, Theuerd. Kap. 99. war sie zornig. 2) Der Unlust, des Mißfallens. Denn mir das anndt thut, Theuerd. Kap. 58. es kränket mich. Herr mich bedünckt euch thu ant Hierinn also zu liegen still, Ebend. Kap. 66. In Baiern ist ahnti und ahndig noch jetzt mürrisch, verdrießlich, und in den gemeinen Mundarten, besonders in Oberdeutschland, ist die R. A. sehr gemein: es thut mir ahnd, es schmerzet mich. 3) Der Sehnsucht, wohin die unter dem großen Haufen aller Provinzen Oberdeutschlandes so bekannte R. A. gehöret: es thut mir ahnd um ihn oder nach ihm. Auch bey den alten Isländern findet man, margum war ant heim, viele sehneten sich nach Hause. 4) Des Wohlgefallens, obgleich etwas seltener. Were es unserm herren ande, wäre es unsern Herren lieb, Minnes.Wachter, der für jede Bedeutung eines Wortes so gern ein neues Stammwort annimmt, leitet ahnden in der Bedeutung des Unwillens, der gerechten Bestrafung von and, ent, gegen, wider, ab. Allein man sieht leicht, wie gekünstelt und gezwungen eine solche Herleitung ausfallen muß. Braucht man für Aand, Aund, Geist, Seele, noch ein Stammwort, so kann man es mit Herrn Ihre ganz füglich zu dem Geschlechte des Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und des Deutschen wehen rechnen; indem die Benennungen des Geistes in den meisten Sprachen von dem Winde, und dem Athem hergenommen sind, Aande auch im Dänischen noch jetzt Athem, und aande athemen bedeutet. Da das erste a in allen diesen Wörtern gedehnt ist, und in einigen Mundarten sogar in den Doppellaut au verwandelt worden: so siehet man leicht, daß das h nach demselben nicht füglich weggelassen werden könne.


Ahndung (W3) [Adelung]


Die Ahndung, plur. die -en, nach Maßgebung obiger beyder Zeitwörter. 1) Die dunkele Empfindung des Zukünftigen. Als unser Herz vielleicht von trauriger Ahndung schlug, Dusch. Traurige Ahndungen verfolgen mich, und die Nächte quälen mich mit fürchterlichen Träumen, Weiße. 2) Thätige Erweisung des Mißfallens, Bestrafung, so wohl mit Worten, als mit der That. Würde ich mir nicht selbst die schärfste Ahndung von meiner Herrschaft zuziehen? Weiße. In dieser letzten Bedeutung ist der Plural seltener.


Ähneln (W3) [Adelung]


+ Ähneln, ähnlich seyn, S. Ähnlichen.


Ahnen (W3) [Adelung]


Die Ahnen, S. Ahn.


Ahnenprobe (W3) [Adelung]


Die Ahnenprobe, plur. die -n, der Beweis, daß man von der vorgeschriebenen Zahl von Ahnen abstamme. S. Ahn.


Ahnenrecht (W3) [Adelung]


Das Ahnenrecht, des -es, plur. inus. das Recht derer, welche viele Ahnen zählen können, d. i. das Recht, welches die von erweislich altem und unbeflecktem Adel genießen.


Ahnenzahl (W3) [Adelung]


Die Ahnenzahl, plur. inusit. die zur Erlangung gewisser Vorzüge nothwendige Anzahl ebenbürtiger Ahnen.


Ahnfrau (W3) [Adelung]


Die Ahnfrau, plur. die -en. 1) In Oberdeutschland, die Großmutter, wenn man derselben mit einer Art von Ehrerbiethung gedenket; in der Oberpfalz die Fraula. 2) Unter den Ahnen eine Person weiblichen Geschlechtes, doch auch nur, wenn man mit Ehrerbiethung von derselben spricht. S. Ahn.


Ahnherr (W3) [Adelung]


Der Ahnherr, des -en, plur. die -en. 1) So wie das vorige, der Großvater; in der Oberpfalz Herrla. 2) Einer aus den Ahnen. In beyden Fällen nur alsdann, wenn man mit Achtung von demselben reden will. Den großen Ahnherrn eines größern Urenkels, Raml. 3) Figürlich, auch ein jeder Vorgänger in einer Kunst, Wissenschaft oder Sache. Phil. von Zesen, der Ahnherr aller Neuerer in der Orthographie.


Ähnlich (W3) [Adelung]


Ähnlich, -er, -ste, adj. et adv. ein wenig gleich, mehrere übereinstimmige Merkmahle habend; zum Unterschiede von gleich, wenn alle Merkmahle überein stimmen. Das Gemählde ist ihm ziemlich ähnlich. Der Sohn steht seinem Vater im geringsten nicht ähnlich. Das ist der Wahrheit vollkommen ähnlich. Er ist ihm in den Sitten, in der Sprache ähnlich. Das sieht ihm sehr ähnlich, ist seiner Art zu handeln, seiner Gemüthsbeschaffenheit gemäß. Ein ähnlicher Fall ist mir noch nicht vorgekommen. Es geschahe mir ein ähnlicher Antrag. Was hat man wohl von einer ähnlichen Veränderung zu besorgen? In der Mathematik nennt man Dinge ähnlich, wenn sie einerleyVerhältnisse haben, d. i. wenn alles bis auf die Größe an ihnen einerley ist; gleich hingegen, wenn auch die Größe einerley ist. Im gemeinen Leben hingegen werden gleich und ähnlich sehr oft für einander gesetzt, S. Gleich.

Anm. Aus der alten Oberdeutschen Schreibart, anachilihho bey dem Isidor, und angelich noch bey dem Tschudi, erhellet, daß die letzte Hälfte dieses Wortes lich oder gleich ist. In der ersten Hälfte haben schon Wachter und Frisch das Vorwort an erkannt: nur haben sie dessen Nachdruck verfehlet, wenn sie auf die Bedeutung des Ursprunges fallen. Vielleicht leistet uns die Niedersächsische Mundart hier bessere Dienste. Hier wird an häufig mit Adverbien und Adjectiven verbunden, wenn nur etwas weniges von der Eigenschaft angedeutet werden soll, in welchem Falle die Hochdeutschen ihr lich anzuhängen pflegen; z. B. angelb, gelblich, anroth, röthlich, ansüß, füßlich, anhart, härtlich, anreich, reichlich, ankleyig, ein wenig kleyig oder lettig, u. s. f. Angleich oder ähnlich würde dem zu Folge ein wenig gleich bedeuten, und dessen heutigen Gebrauch sehr gut ausdrucken. S. An

Anm. 7. An wird in dieser Zusammensetzung zugleich gedehnt ausgesprochen, woraus sich das seit langer Zeit hergebrachte h in ähnlich erklären läßt. Die Niedersachsen haben dieses Beywort, so viel ich weiß, nicht, ungeachtet anlic schon bey den Angelsachsen üblich war. Es scheint auch im sechzehnten Jahrhunderte, wenigstens in einigen Oberdeutschen Gegenden, fremd gewesen zu seyn, indem es in der Baseler Ausgabe des neuen Testamentes Lutheri von 1523 mit in das Verzeichniß der unbekannten Wörter gesetzt, und daselbst durch gleich erkläret wird. Es scheinet, daß man von diesem Worte auch ein Verbum ahnen gehabt; wenigstens läßt sich dieses Wort in der alten sprichwörtlichen R. A. Gute Nahmen gerne ahnen, conveniunt rebus nomina saepe suis, am besten hierher rechnen.


Ähnlichen (W3) [Adelung]


+ Ähnlichen, verb. reg. neutr. mit haben, ähnlich seyn; nur im gemeinen Leben, wo man dafür auch ähneln hat.


Ähnlichkeit (W3) [Adelung]


Die Ähnlichkeit, plur. die -en. 1) Die Übereinstimmung mehrerer Merkmahle; ohne Plural. Dieß Gemählde hat viel Ähnlichkeit mit ihm. Die Ähnlichkeit zwischen beyden ist so groß eben nicht. 2) Mehrere überein stimmende Merkmahle selbst. Das sind Ähnlichkeiten, die einem jeden in die Augen fallen.


Ahorn (W3) [Adelung]


Der Ahorn, des -es, plur. die -e, oder der Ahornbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, der zu den harten Laubhölzern gehöret; Acer, L. Er hat ein hartes und weißes Holz, und ist aus Asien über Griechenland und Italien nach Deutschland gekommen, wo er jetzt in den Wäldern, doch nur noch einzeln wächst. Wegen seines angenehmen Schattens und geraden Stammes ist er in den Spaziergängen sehr beliebt. - Im stillen Schatten des Ahorns Ruht, ungerühmt von panegyrischem Marmor, Des Weisen Aschenkrug, Zach.

Anm. 1. Der Deutsche Nahme dieses Baumes ist vermittelst einer nicht ungewöhnlichen Verwechselung des c mit dem h aus dem Latein. Acer, gebildet. Luthers Plural Ahörnen, Sir. 24, 19. ist ganz ungewöhnlich. In den Slavonischen Mundarten heißt dieser Baum Gawor.

Anm. 2. Man kennet in den Deutschen Wäldern fünf Arten dieses Baumes. 1) Den gemeinen weißen Ahorn, der grün-gelbliche Blumen, eine weißliche Rinde und das weißeste Holz hat, und dessen Blätter auf der untern Seite weißgrau und mit einer zarten Wolle bedeckt sind. Er wird in den gemeinen Mundarten auch Anchore, Amhorn, die Ohre, in Thüringen und Franken, die Ehre und Arle, in Schlesien die Urle, in Sachsen, wegen des vornehmsten Gebrauches, der davon gemacht wird, Spindel- oder Spillenholz, in der Schweiz Waldäsche und Steinahre, und in andern Gegenden Geißbaum genannt. 2) Der gemeine Ahorn mit scheckigen Blättern. 3) Die Lehne ( S. dieses Wort,) welche in Norden und Niedersachsen häufig wächst, eine weiße glatte Rinde, und ein hartes und zähes Holz hat, welches aber nicht so weiß und fein ist, als an dem vorigen. 4) Die Lehne mit scheckigen Blättern, welche eine bloße Abänderung der vorigen ist. 5) Der kleine Deutsche Ahorn, welcher kleine, unten hellgrüne, oben aber dunkle Blätter und eine gelbbraune Rinde hat, und unter dem Nahmen des Masholders, oder der Maserle am bekanntesten ist; S. Masholder.


Ahornlaus (W3) [Adelung]


Die Ahornlaus, plur. die -läuse, eine Art Blattläuse, welche auf den Ahornarten angetroffen werden; Aphis aceris, L.


Ahornen (W3) [Adelung]


Ahornen, adj. et. adv. aus Ahornholze verfertigt, zum Ahornbaume gehörig; im Hochdeutschen sehr ungewöhnlich.


Ahornzucker (W3) [Adelung]


Der Ahornzucker, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, ut nom. sing. Zucker, welcher aus dem Safte des Ahornbaumes, besonders des weißen, gesotten wird.


Ahre (W3) [Adelung]


+ Die Ahre, oden Ähre, plur. die -n, ein Nahme, der in den gemeinen Mundarten auch dem Ahorne gegeben wird; S. dieses Wort.


Ähre (W3) [Adelung]


1. * Die Ähre, plur. die -n, ein nur in einigen Provinzen, z. B. in Thüringen, Franken und am Ober-Rheine, übliches Wort, den Platz in einem Hause unmittelbar nach der Hausthüre, aus welchem man in die Zimmer tritt, zu bezeichnen; die Hausflur, das Vorhaus. In einigen Gegenden Ern, im mittlern Lat. Oriolum, und Era, welches aber auch eine Tenne bedeutet. Es ist mit dem Lat. Area verwandt, woraus aber nicht folget, daß es unmittelbar davon abstamme.


Ähre (W3) [Adelung]


2. Die Ähre, plur. die -n. Diminutiv. das Ährchen, der oberste Theil der Halmen an den Grasarten, besonders an den Getreidearten, welcher der Sitz der Blüthe und des Samens ist. Ähren bekommen, oder gewinnen. Das Korn fängt an in die Ähren zu schießen, es gehet in die Ähren, wenn die Ähren aus ihren Schoßbälgen hervor kommen. Ähren lesen, auslesen, sammeln, in Schwaben klauben, ein Hülfsmittel armer Leute, nach abgeschnittenen und aufgebundenen Getreide, die übrig gebliebenen Ähren aufzusammeln. Daher die Ährenlese, oder Halmlese, und der Ährenleser, oder Halmleser. Dort schwimmen die Westwinde auf der grünen Fläche der ährenvollen Gefilde, Dusch. In der Kräuterkunde heißt eine Ähre, eine jede Sammlung von Blüthen, welche entweder ohne, oder mit sehr kurzen angedrückten Stängeln an dem Hauptstängel sitzen.

Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. Aar, Are, und im Holländ. Are. Viele rechnen es mit zu dem Geschlechte, zu welchem ären, pflügen, Arbeit in Ansehung seiner ersten Sylbe, Ärnde, Jahr, und noch andere gehören. Allein wenn man bedenket, daß dieses Wort in allen alten Mundarten in der Mitte eine starke Aspiration hatte, wie aus dem Angels. Aechir, woraus nachmals Ear zusammen gezogen worden, dem Gothischen Ahs, dem heutigen Dänischen Ax, und dem alten Alemann. Ahir (denn diese sprachen das h wie das heutige ch aus) und dem heutigen Oberschwäbischen Aher erhellet; so wird man Wachtern gerne beyfallen, wenn er behauptet, daß in dieser Benennung zunächst auf die Agen, Acheln oder Grannen an den Fruchtähren gesehen worden, und daß man daher dieses Wort auch zu Agen, Ahle, Ecke, und so vielen andern dieses Geschlechts rechnen müsse. Bey den Wenden in Krain bedeutet Ersh, Korn, Dinkel.


Ähren (W3) [Adelung]


Ähren, verb. reg. act. von dem vorigen, Ähren sammeln, oder auflesen, welches an einigen Orten auch nachähren genannt wird. In Oberdeutschland sagt man, sich ähren, von dem Getreide, wenn es Ähren bekommt, oder in die Ähren schießt.


Ähren (W3) [Adelung]


Ähren, pflügen, S. Ären.


Ährenfisch (W3) [Adelung]


Der Ährenfisch, des -es, plur. die -e, ein kleiner Seefisch, dessen viele Gräten den Spitzen der Ähren gleichen; Stechfisch, Atherina Hepsetus, L. in Italien Anguella.


Ährenfrucht (W3) [Adelung]


Die Ährenfrucht, plur. die -früchte, eine jede Frucht, welche in Ähren erzeiget wird, im Gegensatze der Hülsenfrüchte.


Ährengebund (W3) [Adelung]


Das Ährengebund, des -es, plur. die -bünde, in der Landwirthschaft besonders in Obersachsen, Strohbünde, welche von dem kürzesten Strohe des ausgedroschenen Getreides gemacht, und zur Fütterung gebraucht werden; Wirrbünde, und nach einer verderbten Aussprache Wurmbünde, weil sie aus verworrenen Strohe bestehen, welches in Obersachsen Wirrstroh, in Niedersachsen aber Krummstroh genannt wird.


Ährenkranz (W3) [Adelung]


Der Ährenkranz, des -es, plur. die -kränze, ein aus Kornähren geflochtener Kranz, der an einigen Orten an dem Erntefeste dem Herrn der Ernte in ländlich feyerlichem Gepräuge überreicht wird. Sprich selbst, ist nicht ein Ährenkranz mehr als ein Lorber werth? Weiße. S. Erntekranz.


Ährenlese (W3) [Adelung]


Die Ährenlese, plur. inusit. S. Ähre.


Ährenmonath (W3) [Adelung]


Der Ährenmonath, S. August.


Ährensieb (W3) [Adelung]


Das Ährensieb, des -es, plur. die -e, ein stehendes Sieb, vermittelst dessen das ausgedroschene Getreide durchgesiebt, und von den Ähren oder Agen geschieden wird; an andern Orten eine Kornfege, Fege oder Werfte, und in Obersachsen eine Kornrolle oder Kolle.


Ährenstein (W3) [Adelung]


Der Ährenstein, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welcher in Steiermark einer Art von Asbest gegeben wird, dessen Fäden Ähren vorstellen; Spreustein, Asbestus acerosus.


Ährenweiderich (W3) [Adelung]


Der Ährenweiderich, des -s, plur. inusit. eine Art Weiderichs, dessen purpurrothe oder blaue Blumen in Gestalt einer Ähre zusammengesetzt sind. Er wächst in den Europäischen Sümpfen, und wird für ein gutes Heilkraut gehalten; Blutkraut, rother Weiderich, Lythrum Salicaria, L.


Ährenwurm (W3) [Adelung]


Der Ährenwurm, des -es, plur. die -würmer, ein kleiner Wurm, der innerhalb der Blätterhülsen der Getreidehalmen liegt, und den Stiel aussaugt, worauf die Ähren weiß und abgezehret werden. Befindet er sich in der Gerste, so wird er der Gerstenwurm genannt.


Ährig (W3) [Adelung]


Ährig, adj. et adv. welches aber nicht allein, sondern nur in den Zusammensetzungen kurzährig, vollährig, langährig, kleinährig u. s. f. üblich ist, die verschiedenen Beschaffenheiten der Ähren am Getreide auszudrucken.


Ahrt (W3) [Adelung]


Die Ahrt, aratio, mit den Zusammensetzungen dieses Wortes, S. Art.


Ai (W3) [Adelung]


Ai, ein Doppellaut der Oberdeutschen, welcher von ihnen gemeiniglich in der Gurgel gebildet wird, und daher für einen Hoch- und Niederdeutschen unangenehm klinget. Da die südlichen Oberdeutschen diese Gurgellaute sehr lieben, so sprechen sie fast alle ei wie ai aus, Bain, Stain, ain, und in den gröbsten Mundarten gar wie oi, gleichfalls tief aus der Gurgel gehohlt. Daß diese Aussprache ein bloßer Provinzial-Fehler ist, sahe schon der berühmte Hieronymus Wolf in der 1556 ohne Beyfügung seines Nahmens heraus gegebenen Schrift, de orthographia Germanica ac potius Suevica ein, und rieth daher das ai ganz zu verbannen, welches denn auch nach und nach in der Hochdeutschen Mundart geschahe, und mit desto größerm Rechte geschehen konnte, da es in den meisten Fällen der Abstammung widerspricht. In einigen wenigen behielt man es, theils um des verjährten Ge- brauches willen, wie in Kaiser, theils aus etymologischen Gründen, wie in Hain und Kain, wovon das erstere aus Hagen zusammen gezogen, das letztere aber mit Rand eines Geschlechtes ist; theils zur Unterscheidung einiger gleich lautender Wörter, wie in Waise, orphanus, Saite, chorda. In andern legte man es nach und nach ab, und aichen, vom dem Gemäße, laichen, Froschlaich, Aimer, maischen, Getraide, Haide für Wald, Waitzen, welche noch am längsten damit geschrieben wurden, sind jetzt mit einem ei am üblichsten. Laie, Waid, Isatis, Main, Mainz und andere sind theils fremde Wörter, theils eigene Nahmen, welche sich an keine Regel binden. Laib, ein ganzes Brot, und Fraiß sind ohnehin Oberdeutsche Wörter, welche im Hochdeutschen nicht üblich sind. Wenn nun aber dieser Doppellaut gleich in manchen Wörtern von den Hochdeutschen beybehalten worden, so haben sie doch dessen unangenehme Aussprache durch die Gurgel nicht mit aufgenommen, sondern sie sprechen ai fast so wie ei aus. S. auch Ay. Unverantwortlich ist es, wenn man diesen den Hochdeutschen fremden Doppellaut dazu mißbrauchen will, gewisse Unterschiede in der Bedeutung, auch bey einem unläugbar gemeinschaftlichen Ursprunge, damit zu bezeichnen, und solches gar zu einer grammatischen Regel zu machen, wie man mit Laib, baitzen, Waidwerk u. a. versucht hat. S. diese Wörter.


Aichen (W3) [Adelung]


Aichen, mit seinen Zusammensetzungen, S. Eichen.


Aigelbeere (W3) [Adelung]


Die Aigelbeere, S. Heidelbeere. 1.


Aimer (W3) [Adelung]


Aimer, S. Eimer.


Aja (W3) [Adelung]


Die Aja, plur. die Aja's, ein Spanisches und nur an einigen Höfen übliches Wort, die Hofmeisterinn eines fürstlichen Kindes zu bezeichnen.


Akademie (W3) [Adelung]


Die Akademie, plur. die -n, aus dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, überhaupt ein Ort, wo sowohl Wissenschaften als auch Künste und Leibesübungen gelehret werden. Besonders, 1) eine hohe Schule oder Universität, weil das Landgut vor Athen, wo Plato ehedem die Weltweisheit lehrete, diesen Nahmen führte. Auf die Akademie gehen, nach einer hohen Schule reisen. Seine Lebenszeit auf Akademien zubringen. Von der Akademie zu Hause kommen, wo man im gemeinen Leben auch wohl im Plural sagt, von Akademien zu Hause kommen. 2) Eine Gesellschaft gelehrter Männer, welche sich unter landesherrlichem Schutze zu gewissen Zeiten versammeln, eine oder mehrere Wissenschaften zu bearbeiten. Diese Art von Akademien entstand zuerst in Italien, wo Cosmus, der erste Beherrscher zu Florenz, der einen Griechen mehrmahls die Platonische Philosophie vortragen hörte, zuerst auf den Gedanken kam, eine solche Akademie für die Platonische Philosophie zu stiften, welche sein Enkel, Laurentius der prächtige nachmahls in Ordnung brachte. Eine Akademie der Wissenschaften. Ingleichen der Ort, wo sich eine solche Gesellschaft versammelt. In die Akademie gehen. 3) Eine Kunst- und Ritterschule, ein Ort, wo entweder ritterliche Übungen, oder auch einzelne freye Künste gelehret und geübet werden. So hat man Ritter-Akademien, Akademien der Mahler, der Bildhauer, der Tonkünstler, des Ackerbaues, und in Frankreich sogar der Wundärzte. 4) An einigen Oberdeutschen Höfen heißt auch die Versammlung bey Hofe, wo Concert und Spiel ist, eine Akademie; vermuthlich nach dem Italienischen und Französischen, wo alle öffentliche Örter, wo Musik gehalten, oder in Karten und mit Würfeln gespielet wird, Akademien genannt werden. 5) Bey den Mahlern sind Akademien und Studien nackte Figuren, welche entweder nach der Natur oder nach einem Modelle gezeichnet werden.

Anm. Im Plural sollte dieses Wort Akademieen geschrieben werden. Allein, den Übelstand der auf einander folgenden zwey e zu vermeiden, läßt man das eine weg, und spricht es dennochfünfsylbig aus. Daher akademisch, zu einer Akademie gehörig, in derselben gegründet; der Akademist, des -en, plur. die -en, der in einer Akademie der Künste unterrichtet wird. Das Substantiv ein Akademiker, ein Mitglied einer Akademie der Wissenschaften, ingleichen ein Student, welches einige von Academicus einführen wollen, hat bisher noch nicht allgemeinen Beyfall gefunden.


Akeley (W3) [Adelung]


1. Die Akeley, plur. die -en, eine Pflanze, welche sich durch ihre schöne Blume auszeichnet, und daher in den Gärten geliebt wird; Aquilegia, L.

Anm. Die Sprachforscher und Kräuterkenner haben sich wenig um die Abstammung des Nahmens dieser Pflanze gekümmert. Im Oberdeutschen heißt sie Agley, und dieß, nebst ihrem Lateinischen Nahmen, könnte leicht die Muthmaßung erregen, daß sie von der Stadt Aquileja in Histerreich benannt worden, welche bey den Deutschen Schriftstellern der mittlern Zeiten mehrmahls Agley genannt wird. Allein es scheint vielmehr, daß mit ihrem Nahmen auf die spitzigen und gekrümmten Honigbehältnisse gezielet worden. Agaleia war bey den alten Alemannen der Nahme des Rhamnus, ohne Zweifel auch wegen der Dornen, womit derselbe besetzt ist, und Egle, Eglan, hieß bey den Angelsachsen, eine jede dünne Spitze, besonders die Grannen an den Getreideähren, S. Age und Igel. Der Französische Nahme dieser Pflanze ist Ancolie, und dieser soll gleichfalls die krummen, einem Adlerschnabel ähnlichen Saftbehältnisse ausdrucken. An einigen Orten Deutschlands soll diese Pflanze auch Adlersblume, Glocken, Glockenblume und Schafgarte genannt werden.


Akeley (W3) [Adelung]


2. Akeley, eine Art Weißfische, S. Ukeley.


Akustik (W3) [Adelung]


Die Akustik, plur. car. aus dem Griech. und Lat. Acustica, in der Mathematik und Physik, die Lehre von dem Schalle und Tone, die Gehörlehre. Daher akustisch, adj. et adv. in derselben gegründet. Akustische Werkzeuge, die Wirkung des Schalles auf das Gehör zu verstärken, dergleichen z. B. das Hörrohr ist.


Alabaster (W3) [Adelung]


Der Alabaster, des -s, plur. doch nur von mehrern Arten, ut nom. sing. ein feiner Gypsstein, der nur eine matte Politur annimmt, und gemeiniglich weiß, oft aber auch gelb, grün, grau, roth oder bunt ist. Da einige Arten dieses Steines von einer sehr schönen weißen Farbe sind, so bedienet man sich desselben im gemeinen Leben, ein blendendes Weiß auszudrucken. Hände, so weiß wie ein Alabaster.

Anm. Der Nahme ist aus dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, obgleich die Alten eine ganz andere Steinart, und gemeiniglich weißen Marmor unter diesem Nahmen verstanden. An den Orten, wo der Alabaster gebrochen wird, bekommt derselbe von seiner Farbe und Bildung allerley, und oft sehr wunderliche Nahmen. Denn da hat man den Tigerstein, den Cyper-Katzenstein, den Sonnenstein, den Nußholzstein, den Forellenstein, den Fliegenstein, den Schöne-Mädchenstein, den Wurststein u. s. f.


Alabasterbruch (W3) [Adelung]


Der Alabasterbruch, des -es, plur. die -brüche, ein Ort, wo Alabaster gebrochen wird.


Alabasterdruse (W3) [Adelung]


Die Alabasterdruse, plur. die -n, im Hohensteinischen, ein Alabaster, in welchem die ablaufenden Regengüsse Spalten und Risse verursacht haben, so daß er wie eine Druse aussieht.


Alabasterer (W3) [Adelung]


Der Alabasterer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Künstler, welcher allerley schöne Arbeiten aus natürlichem so wohl als nachgemachtem Alabaster verfertiget, dergleichen besonders in Nürnberg anzutreffen sind.


Alabastergyps (W3) [Adelung]


Der Alabastergyps, des -es, plur. inusit. ein Gyps, welcher aus Alabaster gebrannt wird.


Alabastern (W3) [Adelung]


Alabastern, ad. et adv. 1) Aus Alabaster bereitet; doch nur selten. 2) Dem Alabaster an Weiße ähnlich. Alabasterne Hände.


Alabastersalbe (W3) [Adelung]


Die Alabastersalbe, plur. die -n, in den Apotheken, eine Salbe, zu welcher gepülverter Alabaster kommt, und welche ehedem häufig wider Kopf- und Rückenschmerzen gebraucht wurde, daher sie auch Kopfsalbe und Rücksalbe, genannt wird; Unguentum alabastrinum.


Alabasterstein (W3) [Adelung]


Der Alabasterstein, des -es, plur. die -e, bey einigen so viel als Alabaster.


Alabastrit (W3) [Adelung]


Der Alabastrit, des -en, plur. die -en, aus dem Griechischen und Lateinischen Alabastrites, eine Art Alabaster, welche undurchsichtig, und härter ist, als der gemeine.


Alant (W3) [Adelung]


1. Der Alant, des -es, plur. die -e, der Nahme eines weißlichen eßbaren Flußfisches, welcher mehr Gräten als der Brachsen, auch keinen so guten Geschmack, breite silberfarbene Schuppen, einen großen Kopf und ein weites Maul hat. Wegen des großen Kopfes, wird er im Latein. auch Capito fluviatilis, ingleichen Cephalus, sonst aber Squalus major, in mittlern Lat. Helna, bey dem Linne aber Cyprinus Cephalus genannt. Seine Floßfedern sind roth, sein Fleisch aber ist fett und weich. Er leichet im May und Junius. Dieser Fisch wird in der Mark Brandenburg Alant, Gäse oder Göse, und Döbel, in Sachsen Diebel und Alten, in Meißen Alte, Elte, Altfisch, in Oberdeutschland und der Schweiz Alet und Alant, in Schlesien Alat, am Rheinstrome Diebel, Alte und Elte, in Elsaß Mäuser, weil er die Wassermäuse verschlingt, zu Strasburg Forn oder Furn, in Böhmen aber Hlawe genannt, und ist vermuthlich nur eine Abänderung von dem Fische, der in Oberdeutschland Hassel, bey dem Pictorius Squalus minor, in Niedersachsen Häseling, Dänisch Hässel und Hesseling, bey dem Linne aber Cyprinus Dobula heißt. S. Döbel und Hassel.


Alant (W3) [Adelung]


2. Der Alant, des -es, plur. inusit. eine Pflanze, welche bey uns wild wächset, und deren Wurzel einen starken gewürzhaften Geruch und einen scharfen bittern Geschmack hat; Inula Helenium, L. Ital. Enola, Franz. Aunee; Dän. Ellens-Roed. Den Nahmen Helenium soll sie von der Helenen-Insel haben, von welcher sie zuerst nach Europa gebracht worden, und aus diesem Lateinischen Nahmen soll auch der Deutsche Nahme Alant entstanden seyn. Inula, quam rustici Alam vocant, herba est radice aromatica, odoris summi cum leni acrimonia, heißt es aber schon bey dem Papias, der lange vorher lebte, ehe die St. Helenen-Insel 1502 von den Portugiesen entdeckt wurde.


Alantbeere (W3) [Adelung]


Die Alantbeere, plur. die -n, ein Nahme der schwarzen Johannis-Beere und ihres Strauches, vermuthlich weil sie an herben Geschmacke und widerlichen Geruche dem Alante gleichet. Aalbeere, Ahlbeere, Nieders. Albesing, Holl. Aelbesien sind verderbte Sprech- und Schreibarten des obigen Nahmens.


Alantbier (W3) [Adelung]


Das Alantbier, des -es, plur. inusit. ein Bier, welches mit einem Zusatze von Alantwurzel gebrauet worden, um es dadurch zu einer Arzeney zu machen.


Alantwein (W3) [Adelung]


Der Alantwein, des -es, plur. inusit. ein Wein, der mit Alantwurzel gegoren hat.


Alarm (W3) [Adelung]


Der Alarm, des -es, plur. die -e, aus dem Franz. Alarme, und dieß aus dem Ital. all'arme, woraus sich auch die Schreibart Allarm vertheidigen läßt. Eigentlich das Geschrey, zu den Waffen zu greifen, das Lärmgeschrey, und in weiterer Bedeutung im gemeinen Leben, Tumult, Lärm. S. Lärm. Daher + alarmiren oder allarmiren, durch Lärm beunruhigen.


Alaun (W3) [Adelung]


Der Alaun, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein zusammen ziehendes Erdsalz, welches aus Verbindung der Vitriolsäure mit einer thenartigen Erde entstehen soll. Alaun sieden, durch Sieden und Auslaugen aus den Alaunerzen Alaun bereiten. Den Alaun anschießen lassen. Gesottener, gegrabener, oder gediegener Alaun.

Anm. Alaun, in der Schweiz Alet, Nieders. Aluun, Holl. Aluyn, Dän. und Schwed. Alun, Engl. Allum, Allom, Franz Alun, sind von dem Lat. Alumen, und dieß von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, weil Plinius dieses Mineral ausdrücklich Salsuginem terrae nennet. Den Plural gebraucht man im Handel und Wandel sehr häufig, und oft ohne Noth, theils von mehrern Quantitäten, theils völlig Statt des Singulars: Alaune sieden, die Alaune anschießen lassen, die Alaune reinigen, verwahren, u. s. f.


Alaunartig (W3) [Adelung]


Alaunartig, -er, -ste, adj. et adv. etwas von dem Alaune an sich habend, nach Alaun schmeckend. Alaunartiges Wasser. Alaunartige Erde.


Alaunbergwerk (W3) [Adelung]


Das Alaunbergwerk, des -es, plur. die -e, ein Ort, wo gediegener Alaun, oder doch Alaunerz auf bergmännische Art gewonnen wird.


Alaunblumen (W3) [Adelung]


Die Alaunblumen, sing. inus. bey den Alaunsiedern, das weiße Salz, welches an den Alaunerzen, wenn sie lange genug gewittert haben, ausschlägt.


Alaunbruch (W3) [Adelung]


Der Alaunbruch, des -es, plur. die -brüche, ein Ort, wo Alaun oder alaunhaltige Steine gebrochen werden.


Alaunbrühe (W3) [Adelung]


Die Alaunbrühe, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -n, die Brühe von Alaun, womit die Weißgärber das Leder gar machen; die Garbrühe.


Alaunen (W3) [Adelung]


Alaunen, verb. reg. act. bey verschiedenen Handwerkern, mit Alaun versehen, mit Zuthuung des Alaunes zubereiten. So werden bey den Färbern, Papiermachern und Kupferdruckern die Zeuge, Papiere u. s. f. alaunet, wenn sie mit aufgelösetem Alaune gesotten, oder in denselben eingeweichet werden. Da alle aus fremden Sprachen entlehnte Zeitwörter die Sylbe ge, als das Merkmahl der vergangenen Zeit, nicht annehmen, so gilt solches auch von diesem Zeitworte, obgleich einige gealaunt für alaunet sagen.


Alaunerde (W3) [Adelung]


Die Alaunerde, plur. von mehreren Arten oder Quantitäten, die -n. 1) Eine Erde, welche Alaun in sich enthält. 2) Diejenige Erde, welche einen Bestandtheil des Alaunes selbst ausmacht, und nach einigen kalk- nach andern aber thonartig ist.


Alaunerz (W3) [Adelung]


Das Alaunerz, des -es, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, ein jedes Mineral, aus welchem Alaun gesotten werden kann.


Alaunfaß (W3) [Adelung]


Das Alaunfaß, des -sses, plur. die -fässer, in den Alaunwerken, ein Faß, in welchem die Sode zu Alaun-Krystallen anschießet.


Alaungar (W3) [Adelung]


Alaungar, adj. et adv. bey den Lederbereitern, so viel als weißgar, weil diese Gare mit Alaun und Salz hervor gebracht wird. Alaungares Leder, Alaungarleder, oder Alaunleder, weißgares Leder.


Alaungärber (W3) [Adelung]


Der Alaungärber, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Gärber, welche das Leder auf Ungarische Art mit Alaun und Talg zubereiten, und von den Weißgärbern noch verschieden sind; Franz. Ongrieurs.


Alaungeist (W3) [Adelung]


Der Alaungeist, des -es, plur. inusit. in der Chymie, ein aus dem Alaune destillirter Vitriolgeist.


Alaungrube (W3) [Adelung]


Die Alaungrube, plur. die -n, eine Grube, in welcher entweder gediegener Alaun oder Alaunerz gebrochen wird; der Alaunbruch.


Alaunhaltig (W3) [Adelung]


Alaunhaltig, -er, -ste, adj. et adv. Alaun in sich enthaltend. Alaunhaltige Erde, alaunhaltiges Holz, alaunhaltiges Wasser.


Alaunhaufen (W3) [Adelung]


Der Alaunhaufen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Alaunhütten, das auf einen Haufen geschüttete Alaunerz, welches zur Hervorbringung des Alaunmehles mit Wasser begossen wird.


Alaunholz (W3) [Adelung]


Das Alaunholz, des -es, plur. inusit. 1) Ein Nahme, welchen man alaunhaltigen Steinkohlen beyzulegen pfleget, weil sie einem halb zerstörten Holze nicht unähnlich sehen. 2) Gegrabenes Holz, welches von einem Alaunsalze durchdrungen ist.


Alaunhütte (W3) [Adelung]


Die Alaunhütte, plur. die -n, das Gebäude auf einem Alaunwerke, in welchem die Alaunlauge gemacht und eingesotten wird. In weiterer Bedeutung, der Inbegriff aller zu dem Alaunsieden gehörigen Gebäude; die Alaunsiederey, das Alaunwerk.


Alaunig (W3) [Adelung]


+ Alaunig, adj. et adv. wie alaunhaltig. Alauniges Wasser, alauniger Schiefer, alaunige Steine.


Alaunkessel (W3) [Adelung]


Der Alaunkessel, des -s, plur. ut nom. sing. in den Alaunhütten, ein bleyerner Kessel, worin die alaunhaltige Lauge eingesotten wird; die Alaunpfanne.


Alaunkies (W3) [Adelung]


Der Alaunkies, des -es, plur. die -e, ein Schwefel- oder Vitriolkies, welcher zugleich Alaun in sich enthält.


Alaunlauge (W3) [Adelung]


Die Alaunlauge, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -n, in den Alaunhütten, die aus den Alaunerzen gezogene Lauge, welche hernach eingesotten wird, um das Anschießen des Alaunes zu befördern.


Alaunleder (W3) [Adelung]


Das Alaunleder, des -s, plur. inusit. bey den Lederarbeitern, weißgares Leder, oder solches, welches mit Alaun und Salz gar gemacht worden. S. Alaungar.


Alaunmehl (W3) [Adelung]


Das Alaunmehl, des -es, plur. inusit. 1) Der Bodensatz, welcher nach dem Sieden der Alaunlauge, und nach der Anwendung des Niederschlages, sich in Gestalt eines Mehles setzet. 2) Alaun in Gestalt eines Mehles, welcher sich auf die verwitterten Alaunerze ansetzet; die Alaunblumen.


Alaunmutter (W3) [Adelung]


Die Alaunmutter, plur. die -mütter, eine jede Erd- oder Steinart, so fern sich in derselben Alaun erzeuget.


Alaunpfanne (W3) [Adelung]


Die Alaunpfanne, S. Alaunkessel.


Alaunquelle (W3) [Adelung]


Die Alaunquelle, plur. die -n, eine Quelle, deren Wasser aufgelöseten Alaun bey sich führet.


Alaunschiefer (W3) [Adelung]


Der Alaunschiefer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schiefer, welcher Alaun in sich enthält, und das gemeinste Alaunerz ist.


Alaunsieder (W3) [Adelung]


Der Alaunsieder, des -s, plur. ut nom. sing. ein landwirthschaftlicher Handwerksmann, welcher die Kunst verstehet, den Alaun aus den Alaunerzen zu sieden.


Alaunsiederey (W3) [Adelung]


Die Alaunsiederey, plur. die -en. 1) Diejenige Anstalt, wo solches geschiehet; das Alaunwerk. 2) Die Wissenschaft, den Alaun mit Vortheil aus seinen Erzen zu sieden; ohne Plural.


Alaunstein (W3) [Adelung]


Der Alaunstein, des -es, plur. die -e, eine jede Steinart, aus welcher Alaun gesotten werden kann.


Alaunwasser (W3) [Adelung]


Das Alaunwasser, des -s, plur. ut nom. sing. von mehrern Arten, ein Wasser, in welches Alaun aufgelöset worden, es mag solches von der Natur, oder durch die Kunst geschehen seyn.


Alaunwerk (W3) [Adelung]


Das Alaunwerk, des -es, plur. die -e, eine Anstalt, in welcher Alaun gesotten wird.


Alaunzucker (W3) [Adelung]


Der Alaunzucker, des -s, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, ut nom. sing. in den Apotheken, ein Alaun, der mit Eyweiß und Rosenwasser in Gestalt kleiner Zuckerhüte geformet wird, und von dem Zucker weiter nichts als die Gestalt hat; auch Zuckeralaun.


Albatroß (W3) [Adelung]


Der Albatroß, des -ssen, plur. die -ssen, ein ausländischer Nahme einer Art Wasservögel, welche zu Klein's dreyzehigen Patschfüßen gehören, und sich am Vorgebirge der guten Hoffnung aufhalten; die Johannis-Gans, Plautus Albatrus, Kl.


Albe (W3) [Adelung]


Die Albe, der Alben, S. Albule.


Albeln (W3) [Adelung]


+ Albeln, verb. reg. neutr. mit haben, welches nur in einigen Gegenden Obersachsens üblich ist, und von den Bienen gebraucht wird, matt und kraftlos werden; ingleichen aus der Art schlagen. Daher ausalbeln, ausarten.


Alber (W3) [Adelung]


* Die Alber, plur. die -n, oder der Alberbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Oberdeutscher Nahme des weißen Pappelbaumes, oder der Weißpappel, Populus alba, L. welcherohne Zweifel aus dem Lateinischen Worte albus entstanden ist; weil dieser Baum nicht nur eine weiße Rinde hat, sondern dessen Blätter auch auf der untern Seite weiß sind. Um eben dieses Umstandes willen, wird er im Ital. auch Albare, im Span. Alber, im Holl. Alberboom, Albboom, und im Engl. Abeltree genannt. In den gemeinen Deutschen Mundarten lautet dieser Nahme Abelen, Abelke, Albe, Belle, Tabelke, Alaprobst, u. s. f. In Österreich hingegen wird nur die schwarze Pappel Alber genannt.


Alberbrosse (W3) [Adelung]


* Die Alberbrosse, oder Alberknospe, plur. die -n, der Oberdeutsche Nahme der Pappelaugen, oder Pappelknospen, welches S. Die letzte Hälfte des ersten Wortes ist das Oberdeutsche Brosse, eine Knospe, S. Bröschen.


Alberkeit (W3) [Adelung]


Die Alberkeit, plur. die -en, von dem folgenden Beyworte albern, so wohl die alberne Beschaffenheit einer Sache, ohne Plural, als auch alberne Handlungen selbst. Es ist indessen im Hochdeutschen nicht so gewöhnlich, als das gleich bedeutende Hauptwort, Albernheit.


Albern (W3) [Adelung]


Albern, -er, -ste, - adj. et adv. 1) * Ein widerwärtiges ausländisches, fremdes Ansehen habend; eine längst veraltete Bedeutung, welche aber doch die erste ist, wie aus der

Anm. erhellet. 2) Den Absichten, den Umständen, und in weiterer Bedeutung der gesunden Vernunft in einem hohen Grade unangemessen, ungereimt. Albern reden, handeln. Ein albernes Geschwätz. Ein alberner Mensch, im gemeinen Leben Meißens, ein Alberling. Es klingt zu albern, wenn ich ihnen auf Deutsch sagen wollte, daß ich sie liebe, Dusch. Wenn sie es nun auch gethan hätten, wollten sie wohl so albern seyn, und sich noch dazu auslachen lassen? Gell. Sie können leicht denken, daß ich jetzt eine sehr alberne Figur machte. In einer engern Bedeutung ist albern, Mangel der Beurtheilungskraft bey einem lebhaften Ingenio verrathend und darin gegründet. 3) Einfältig, an gesundem Verstande Mangel leidend. Diese Bedeutung scheinet in der gesellschaftlichen Sprache zu veralten; indessen kommt sie doch in Luthers Bibelübersetzung, und in der höhern Schreibart einiger Neuern vor. Das ist die Glückseligkeit des Thoren, daß ihn der Alberne bewundert, Dusch. So wohl wo Weisheit ist, als wo die Albern leben, Opitz.

Anm. 1. Die Ableitungen dieses Wortes sind insgesammt sehr unglücklich gerathen. Wachter läßt es von bar, bloß, und all, ganz, ganz bloß, d. i. am Verstande, abstammen; Frisch von Alp, Nieders. Alf, Alp, welches bey den alten Deutschen ein jedes Nachtgespenst bedeutete, dem man zuweilen allerley possenhafte Handlungen zuschrieb; andere von dem Westphälischen abel, welches anfänglich sein, klug, witzig bedeutet hat, nun aber mit albern gleich bedeutend ist. Es ist vielmehr aus dem alten al, el, fremd, und bar, Geberde, äußeres Betragen, zusammen gesetzt, ( S. in Ansehung des erstern Alefanz, und Elend, in Ansehung des letztern aber Geberde,) oder vielmehr, vermittelst der Ableitungssylbe bar, welche eine Ähnlichkeit, oft aber auch eine Anwesenheit, einen Besitz bezeichnet, ( S. dieselbe,) von dem vorigen al abgeleitet. Alber bedeutet also ein fremdes Anschen habend, wie ehrbar, scheinbar, sonderbar, wunderbar u. s. f. woraus denn die figürliche Bedeutung des Unangemessenen, des Unschicklichen sehr leicht folget. Es erhellet dieses zum Theil aus dem Niedersächsischen, wo elagt, welches daselbst für albern üblich ist, auf ähnliche Art, von el, fremd, und Laat, Gelaat, das Lassen, die Art, wie etwas in die Augen fällt, zusammen gesetzet ist. Daß dieses bar in ber übergegangen, wird wohl keinen Anstoß machen. Eher könnte das angehängte n befremden; zumahl da dieses Wort in der Oberdeutschen Mundart alber ausgesprochen, und durch alle Endungen ohne n declinirt wird. Ein alberer Mensch. Hören sie doch mit diesem alberen Geschwätze auf. Frisch suchte dieses n auch im Hochdeutschen zu verbannen, bedachte aber nicht, daß en, und verkürzt n eine Ableitungssylbe ist, welche unter andern auch häufig den Adjectiven auf el und er angehängt wird: einzeln, wofür die Oberdeutschen auch nur einzel sagen, eisern, ströhern, kupfern, silbern, nüchtern; schüchtern u. s. f. Siehe En.

Anm. 2. Obgleich dieses Wort der Oberdeutschen Mundart vorzüglich eigen ist, so stehet es doch in der Baseler Ausgabe von Luthers neuem Testamente von 1523 mit unter den unbekannten Wörtern, und wird daselbst durch närrisch, fanteschtisch erkläret. Den Niederdeutschen Mundarten ist es ganz fremd, ob sie gleich an andern gleich bedeutenden Ausdrücken reich genug sind. Besonders drucken sie unser albern durch das vorhin schon gedachte elaat und elaatsk aus.


Albern (W3) [Adelung]


+ Albern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, sich albern betragen, nur im gemeinen Leben.


Albernheit (W3) [Adelung]


Die Albernheit, plur. die -en. 1) Die alberne Beschaffenheit eines Menschen oder einer Sache; ohne Plural. Er glaubt bey aller seiner Albernheit noch zu gut an seinen Katechismus, Weiße. 2) Eine alberne Handlung. Willst du mich mit deinen Albernheiten noch verdrüßlicher machen, als ich schon bin? Weiße. In den niedrigen Sprecharten hat man auch das nach Lateinischer Art gebildete Albertät, plur. -en.


Albertiner (W3) [Adelung]


Der Albertiner, des -s, plur. ut nom. sing. oder der Albertus-Thaler, des -s, plur. ut nom. sing. eine harte Münzsorte, welche von dem Erzherzoge Albert in Österreich den Nahmen hat, und ungefähr 1 Thlr. 6 bis 9 Gr. Sächsisches Geld gilt. Von dem darauf geprägten Burgundischen Kreuze wird sie auch Kreuzthaler, oder Burgundischer Thaler genannt.


Albule (W3) [Adelung]


* Die Albule, plur. die -n, eine Art Weißfische, in den Schweizerischen und Oberdeutschen Seen und Flüssen, die nicht über ein halb Pfund schwer wird, und der Bleihe sehr ähnlich ist, von welcher sie sich bloß durch die geringe Größe und durch die weißere Farbe unterscheidet.

Anm. Der Nahme ist aus dem Lateinischen Albula. Es scheinet, daß Albe, Alben, Albel, Alfen, und wie dieß Wort in den gemeinen Mundarten sonst noch verändert worden, eine allgemeine Oberdeutsche Benennung aller kleinen Weißfische sey, die wegen der schlechten Achtung, worin sie stehen, auch Schneiderfische genannt werden. Henisch erkläret Albel durch, Langel, "Alffen, Weißfischlein, Schneiderfischlein, a vilitate; Zwie-belfischlein, weil er mit Zwiebeln gesotten wird: Rothäugle, von den rothen Augen." Und gleich darauf ist bey ihm "Alfen, Alben, Bliegg, Blickt, Bliggle, alburnus, pisciculus fluviatilis." Blickt ist vermuthlich das Diminutivum von Bleihe, denn auch in Niedersachsen bedeutet Bleiken oder Bleken, eine Art kleiner Weißfische. Das Rothauge hingegen ist eine besondere Art der Weißfische.


Albus (W3) [Adelung]


Der Albus, substant. indeclinab. eine Silbermünze, welche noch am Rheinstrome üblich ist, und gemeiniglich zwey Kreuzer oder acht Pfennige, in Hessen neun Pfennige, in Cöln nur 31/4 Pfennig, in manchen Oberdeutschen Gegenden aber 5 1/3 Pfennig gilt. Der Nahme ist von dem Latein. Albus, und bedeutet so viel als Weißpfennig, im Gegensatze der schwarzen oder Kupfermünze. S. du Fresne v. Albus.


Alchemille (W3) [Adelung]


Alchemille, S. Löwenfuß, ingleichen Sinnan.


Alchymie (W3) [Adelung]


Die Alchymie, plur. car. aus dem Latein. Alchymia, und dieß aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, mit dem Arabischen Artikel Al, der geheime und höhere Theil der Chemie, welcher sich mit der Verwandlung der Metalle beschäftiget, die Kunst Gold zu machen. Daher alchymisch, zu derselben gehörig, in derselben gegründet; der Alchymist, des -en, plur. die -en, der diese Kunst suchet, oder sie zu besitzen sich rühmet, ein Goldmacher; alchymistisch, nach Art der Alchymisten. S. Chymie.


Alcoran (W3) [Adelung]


Alcoran, S. Alkoran.


Aldermann (W3) [Adelung]


Aldermann, S. Ältermann.


Alefanzerey (W3) [Adelung]


+ Die Alefanzerey, plur. die -en, ein größten Theils veraltetes Wort, welches noch hin und wieder im gemeinen Leben für unwitzige Possen, alberne, ungereimte Handlungen gebraucht wird. Alefanz bedeutete ehedem in Oberdeutschland List, Verschlagenheit, besonders aber deren Anwendung zum Gewinn, wie Frisch mit verschiedenen Beyspielen beweiset, denen man noch folgende aus dem ehrlichen Hans Sachs beyfügen kann: - Die Land und Leut beschweren, Als Räuber, Landzwinger, Finantzer, Aufsetzmacher und Alefanzer. Ingleichen an einem andern Orte: Mit Schinderey und Finanz, Mit Wucher, Färkauf und Alefanz. Wie auch: Wie nimbt ober handt die Finanz, Wie spitzig ist der Alefanz. Woraus man siehet, daß Alefanz und Alefanzer damahls ungefähr das bedeutete, was man im Brandenburgischen unter König Fridrich Wilhelm einen Plusmacher und Plusmacherey nannte.

Anm. Frisch leitet dieses Wort von dem Ital. al avanzo ab; allein, wenn auch der Begriff der Verschlagenheit in Absicht auf seinen Vortheil der Stammbegriff wäre, so ist doch eine solche Bildung eines Wortes ganz wider alle Analogie. Ihre läßt es von dem Schwedischen fane, nörrisch, und dieß von dem veralteten Lat. fanus, welches ehedem für fatuus üblich war, abstammen, welches sehr weit gesucht ist, und doch die erste Hälfte des Wortes unerklärt läßt. Bey dem Ottfried findet sich ein Wort elibenzo, welches daselbst mit fremd verbunden wird: Vuir zellent thir es ouch mer Bist elibenzo fremider; wo Schilter es durch einen Verbanneten erkläret; Diet. von Stade sehr albern durch ein einem Elephanten ähnliches Ungeheuer; Wachter aber richtiger, durch einen, der eine fremde ausländische Sprache spricht, von el, fremd, ( S. Elend, Albern,) und dem veralteten benzin, fanzen, reden, sprechen. Alefanz würde also fremdartig in Ansehung der Sprache, wie albern, in Ansehung der Geberde und Tracht bedeuten, wovon denn der Begriff des Ungereimten und Thörichten eine Figur seyn könnte. Daß der Begriff der Verschlagenheit auf seinen Vortheil damit verbunden worden, rühret vielleicht daher, weil man selbigen durch Fremde und von Fremden kennen gelernet. S. auch Firlefanzerey.


Alet (W3) [Adelung]


Der Alet, des -s, plur. die -e, ein Fisch, S. Alant.


Alexandrinisch (W3) [Adelung]


Alexandrinisch, adj. et adv. von dem Substantive Alexander. Besonders nennet man eine gewisse Versart die Alexandrinische, weil sie zuerst in Frankreich im 12ten oder 13ten Jahrhunderte in einen Helden-Romane von Alexander dem Großen gebraucht worden.


Alfranken (W3) [Adelung]


Alfranken, S. Alpranken.


Algebra (W3) [Adelung]


Die Algebra, plur. car. ein Arabisches Wort von ungewisser Abstammung, die Wissenschaft, aus gegebenen endlichen Größen andere ihres gleichen zu finden; auch, obgleich seltener, die Algeber, nach dem Franz. Algebre, und bey den ältern Mathematikern, die Stellkunst, welches doch so viel wie nichts sagt. Daher algebraisch, zu der Algebra gehörig, in derselben gegründet; der Algebraist, des -en, plur. die -en, der die Algebra verstehet.


Alimente (W3) [Adelung]


* Die Alimente, sing. car. aus dem Lat. Alimenta, in den Rechten, der durch die Gesetze bestimmte Unterhalt, welchen jemand in manchen Fällen dem andern geben muß. Daher die niedrigen veralimentiren, diesen Unterhalt reichen, die Alimentation, die Reichung dieses Unterhaltes.


Alkali (W3) [Adelung]


Das Alkali, plur. doch nur von mehreren Arten, ut nom. sing. ein Arabisches Wort, eine Substanz zu bezeichnen, welche mit den Säuren in eine Gährung geräth. Daher alkalisch, nicht so richtig alkalinisch, die Natur eines Alkali habend, laugenartig, weil man das Alkali auch ein Laugensalz nennet.


Alkermes (W3) [Adelung]


Alkermes, S. Kermes.


Alkoran (W3) [Adelung]


Der Alkoran, des -es, plur. die -e, der Nahme des Muhamedanischen Gesetzbuches, Alcoranus, von dem Arabischen kara, er hat gelesen, und dem Artikel Al; auch oft ohne diesen Artikel der Koran.


Alkoven (W3) [Adelung]


Der Alkoven, des -s, plur. ut nom. sing. der abgesonderte Theil eines Zimmers, der vermittelst einer größern Öffnung oder anderer Verzierungen zu einem Schlafgemache abgesondert worden.

Anm. Man könnte leicht in Versuchung gerathen, dieses Wort zu den ursprünglichen Deutschen zu rechnen; denn Kave oder Koben bedeutet in Niedersachsen eine eingeschlossene Ecke, Vieh darein zu stellen; ja in Alfriks Glosse kommt Bed-cofa schon von einem Schlafgemache vor. Allein, es ist wohl ausgemacht, daß wir es vermittelst der Franzosen aus Spanien herhaben, wo Alcoba eben das bedeutet. Das Spanische aber kommt vermuthlich von dem Arabischen Elkanf, ein Schlafzimmer, her, oder vielmehr von Alcova, welches nach einigen Reisebeschreibern bey den Arabern den abgesonderten Theil eines Zimmers bedeutet, wohin heidnische Einwohner ihre Hausgötzen stellen. Das Mecklenburgische Kahlafen, ein Alkofen, ist vermuthlich aus diesem Worte verderbt.


All (W3) [Adelung]


All, Aller, alle, alles, ein Wort, welches in den meisten Fällen den Begriff der Allgemeinheit ausdrucket, und in dreyerley Gestalt üblich ist.I. * Als ein Umstandswort, welches dessen ursprüngliche Gestalt ist, der Zahl, Menge und innern Stärke nach erschöpft. Der Wein ist schon all, es ist kein Wein mehr da, er ist verbraucht. Sein Vermögen all machen, erschöpfen, verzehren. Es wird bald alles all seyn. Bis daß eure Leiber all werden in der Wüsten, 4. Mos. 14, 33. Die Missethat der Ammoniter ist noch nicht alle, 1. Mos. 15, 16. Das größte Vergnügen wird alle, wenn die Frau keine Wirthinn ist, Gell. Eigentlich kann es hier nicht anders als all lauten; wird ihm zuweilen das e angehängt, alle, so geschiehet es um des Wohllautes willen, die harte Einsylbigkeit zu vermeiden. Doch dieses ganze Umstandswort ist in der anständigen Sprech- und Schreibart der Hochdeutschen veraltet, und nur noch im gemeinen Leben, und im gesellschaftlichen Umgange, besonders in Niedersachsen, üblich. In der edlern Schreibart bedient man sich dafür lieber einer Umschreibung.II. Als ein Adjectiv,welches durch die Concretion aus dem vorigen gebildet worden, überhaupt den Begriff der Allgemeinheit bezeichnet, aber so wohl in der Declination, als auch in seinem Verhältnisse gegen andere Wörter viel von der Natur der Pronominum an sich hat, und daher auch von einigen zu diesen, von andern aber richtiger zu den allgemeinen Zahlwörtern gerechnet wird. Vermöge seiner Bedeutung ist es keines Comparatives noch Superlatives fähig, und bestimmt die Substantiva, die es bey sich hat, oder die darunter verstanden werden, so genau, daß ordentlicher Weise kein Artikel mehr Statt hat. Es wird aber in dieser Form auf eine gedoppelte Art gebraucht.1. Mit ausdrücklicher Beyfügung des Substantivi und Pronominis, und da bezeichnet es die Allgemeinheit. 1) Der Zahl nach, oder distributive, in Rücksicht auf die verschiedenen Individua einer gewissen Art, die als zusammen genommen vorgestellet werden sollen, in welchem Falle es mit seinem Substantive und Pronomine alle Mahl im Plural stehet. Alle Menschen müssen sterben. Der Wechsel aller Sachen. Vor allen Dingen. Zu allen Zeiten. Wir alle, die wir hier sind. Er wird noch leben, wenn sie alle todt sind. Das wußten wir alle. Ich komme von ihnen allen. Plato, Seneca, und wie sie alle heißen.Ordentlicher Weise stehet es alsdann vor dem Substantive oder unmittelbar nach dem Pronomine, welches dessen Stelle vertritt. Wenn aber das Substantiv einen Artikel bey sich hat, so tritt es hinter dasselbe, und oft hinter das Verbum; oder vielmehr, wenn man das all um eines Nachdruckes willen aus seiner Stelle reißen, und es hinter sein Substantivum setzen will, so muß dieses den bestimmten Artikel bekommen. Die Leute alle sahen es. Die Juwelen habe ich noch alle. Die Arten, wodurch man das Geld verthut, sind mir alle zu beschwerlich. Die Narren sehen, wie die Menschen, alle einander ähnlich. Im Genitiv findet diese Versetzung nicht Statt; nicht, die Rechtschaffenheit dieser Menschen aller, sondern aller dieser Menschen. Nothwendig hingegen ist sie bey allen Pronominibus, und zwar in allen Endungen. Sie arbeiten alle. Sie lieben alle die Alten. Sie werden alle kommen. Wir können nicht alle so gelehrt sprechen. Wir können nicht alle so gelehrt sprechen. Wir haben alle unsere Fehler, Gell. Ihrer aller Freund, Unser aller Vater.Besonders thut die Inversion nach Substantiven, welche doch nur um eines besondern Nachdruckes willen geduldet werden kann, in der höhern Schreibart gute Dienste, nur daß ein richtiges Gehör erfordert wird, dem alle seine rechte Stelle anzuweisen. Wie hat dieser grausame Frevler die Blumen alle zerstreuet! Die Stimme wird gelassener, die Glieder alle gerathen in einen Stand der Ruhe, Less. Und die Thränen ihres Sohnes flossen alle umsonst, Dusch. Erst werden die Welten alle vergehen, Klopst. Nein! nein! die Weiber stechten alle, Wenn dieses Übel schädlich wär, Gell. O Freund, der du die Sterne Des Himmels alle zählst, Gleim. Die Weisen alle dienen, Die Völker lernen schon, Raml. Diese Wortfügung war schon den Alten bekannt. So singt z. B. Ottfried, Unio er fuar ouh thanne Ubar himila alle, d. i. wie er auch von dannen fuhr über die Himmel alle; und an einem andern Orte, thie odegun alle firliuze er itale, die Reichen alle ließ er leer. Ingleichen, so fint thie thegana alle, so sind die Knechte alle. Ferner, Minnisgon alle, alle Menschen. Alsam die toren alle tuont, Reimar der Alte. Doch da es bey ihnen ganz etwas gewöhnliches war, die Adjectiva den Substantiven nachzusetzen, so scheinet diese Inversion mit dem alle noch ein Überrest davon zu seyn.Zuweilen, wo keine Nothwendigkeit vorhanden ist, die Allgemeinheit besonders auszudrucken, stehet es um eines entweder wahren oder eingebildeten Nachdruckes willen. Z. B. Und wer sind denn alle diese feinen Leute? Sagen sie mir, was sie mit allen den vergeblichen Reden haben wollen. Besonders geschiehet solches mit einigen Zahlwörtern. Alle beyde. Sie kommen alle drey. Ich sah den Kutscher mit allen vier Pferden ersaufen, Gell.Die Redensart auf alle Tage ist elliptisch, und bedeutet so viel, als auf alle gemeine Tage, d. i. auf die Wochen- oder Werktage, im Gegensatze der Fest- und Feyertage. Ein Kleid, ein Hut auf alle Tage. S. auch Alltäglich und Alltags.2) Der Quantität oder Menge nach, collective, in Beziehung auf das Ganze, welches die entweder neben einander bestehenden Individua, oder die auf einander folgenden Theile, ausmachen, und da stehet es mit seinem Substantive im Singular und vertritt die Stelle des Adjectives ganz. Alles Land in Contribution setzen, das ganze. Ich bin ihnen dafür mehr verbunden, als für alle Wartung. Alle meine Freude hat nun ein Ende. Ich arme Frau, komme um alle meine Freude, die ich mir eingebildet hatte, Gell. Alle unsere Sorge wäre durch diese Schickung gehoben, ebend. Es ist mir lieb, daß sie noch nicht alle Hoffnung von mir verloren haben, ebend. Wollen sie uns denn um alle Sittsamkeit und um allen Wohlstand bringen? ebend. Besonders liebt alle in dieser Bedeutung das Substantiv Welt, welches in dieser Verbindung oft verschiedene Nebenbedeutungen bekommt. Alle Welt redet davon, jedermann. Alle Welt fliehet seine Gegenwart. Er freuet sich, wenn es aller Welt wohl gehet. Und wenn ich aller Welt Reichthümer besäße. Das ist in aller Welt bekannt. Nun das begreife ich doch in aller Welt nicht. Dann können sie alle Welt auslachen. S. Welt.Auch in dieser Bedeutung war dieses Wort schon den Alten bekannt. Alla so baurgs, die ganze Stadt, Ulphil. Alliu ruahha, alle Sorge, Kero. Ellu sin giuualto, alle seine Gewalt, Ottfr. Allen dag, den ganzen Tag, Notk. Und swiget allen einen tag, einen ganzen Tag, Reimar der Alte. Allan thesan worolt thiot, alles dieses Volk der Welt, Ottfr.3) Der Intension, der innern Stärke und Vollkommenheit dieses Ganzen nach. Sind sie ein Thor, fing ich in aller Angst an, voller Angst. Er wollte mir es mit aller Gewalt aufdringen. Ich kam noch zu allem Glücke dazu. Er hat alle Ursache dazu gehabt. Ich sage es dir in allem Ernste. Ich redete mit ihm in aller Gelassenheit. Ich sagte in allem Gu-ten zu ihm. Das Loos! das Loos! Um aller Barmherzigkeit willen! Gell. Ich habe alle Hochachtung für sie. Ich that mir alle Gewalt an. Mir muß er mit aller Achtung begegnen. Es ist mit allem Fleiße gemacht. Aller Kürze unbeschadet. Der Plural kommt in dieser Bedeutung wenig vor; doch sagt man: man kann einander in allen Ehren lieben.Soll der Gegensatz von dem alle in dieser Bedeutung ausgedruckt werden, so wird demselben das Vorwort ohne vorgesetzet. Ohne allen Zweifel. Ohne alle Ursache. Ohne alles Bedenken. Das Leichenbegängniß wurde ohne alle Pracht gefeyert. Ohne alle Barmherzigkeit. Ich will mich glücklich schätzen, wenn sie mich nicht ohne alle Hoffnung fortreisen lassen, Gell. Ich bin ja ohne alle Schuld, ebend.4) In Rücksicht auf das Gegentheil des bezeichneten Ganzen, welches dadurch völlig ausgeschlossen und verneinet wird, für nichts als. Ich ziehe euch zu allem Guten. Ich habe ihm alle Wohlthaten erwiesen. Er redet alles Böse von mir. Einem alles Liebe und Gute erweisen. S. im folgenden die Anm.5) In Rücksicht auf jeden einzelnen Theil, der das Ganze mit ausmacht, besonders; in welchem Falle es für jeder stehet, und so wohl im Singular als Plural üblich ist. Aller Anfang ist schwer. Aller Wollust (einer jeden Art von Wollust) ergeben seyn. Alles Wasser ist dazu gut. Das muß ihnen Statt alles Beweises dienen. Das Haus drohet alle Augenblicke (jeden Augenblick) einzufallen. Ich dächte, daß er ihrer alle Stunden werth wäre, Gell. Eben deßwegen singt und bethet sie alle Stunden, weil sie alle Stunden reicher werden will, Gell. Sie ist eine Feindinn aller Eitelkeit, ebend. Auf allen Fall, auf jeden Fall der sich zutragen kann. Alle Tage, alle Jahre, alle Wochen, alle Stunden. Alle Sonnabend gehet er in die Stadt, jeden Sonnabend. Alle vier Jahre, nach jedem dritten Jahre. Alle drey Monathe, nach jedem zweyten Monathe. So auch, alle sechs Meilen, alle zwanzig Ellen, alle zehn Schuh. Indessen kann all nicht in jedem Falle die Stelle des jeder vertreten, besonders, wenn dieses im Singular stehet. Aller Mensch hat seine Fehler, sie fanden bey allem Diebe drey Messer u. s. f. läßt sich nicht sagen, ob man gleich keine andere Ursache, als den Mangel des Gebrauches, davon wird angeben können.Wenn alle in dieser Bedeutung mit solchen Wörtern verbunden wird, die eine Zeit oder ein Maß bedeuten, so ist in einigen Provinzen dafür die zweyte Endung aller gebräuchlich. Man siehet ja nicht aller zwey Meilen einen Galgen, Less. Ich richte mich so ein, daß ich meisten Theils aller sechs Wochen eine neue Herrschaft habe, ebend. Allein dem guten Geschmacke ist diese Wortfügung fremd.2. Mit Auslassung des Substantives und Pronominis, den schon oben bemerkten Begriff der Allgemeinheit auszudrücken. Und zwar,1) Im Plural, wo die Hauptwörter Menschen, Dinge, Sachen, Stücke u. s. f. darunter verstanden werden. Alle sagen es. Aller Augen warten auf dich. Sein Haus steht allen offen. Es war der liebreichste Mann, der mich und alle zum Mitleiden bewog, alle, die ihn sahen. Du übertriffst sie in allen, in allen Stücken. Alle die ihr hier seyd, ihr alle Vornehmlich aber,2) Im Singular, wo das Neutrum alles sehr häufig Statt eines ausgelassenen Substantives, oder auch Statt einer verschwiegenen ganzen Redensart stehet, welche die bezeichnete Allgemeinheit näher bestimmet, und wobey es zuweilen auf verschiedene Nebenbegriffe weiset. Es stehet aber,(a) Sofern nur überhaupt eine Allgemeinheit ausgedruckt werden soll, ohne Bezug auf deren übrige Verhältnisse. Alles zürnet wider mich, alle Menschen. Alles was Waffen tragen konnte. Wo er nur hinkommt, läuft ihm alles entgegen. Gaubius im Haag, Schlosser zu Amsterdam, Camper zu Harlem, alles berühmte Ärzte, d. i. welche Männer insgesammt berühmte Ärzte sind. Denn alles will den grünen Esel sehn, Und alle konnten doch nicht mit dem Esel gehn, Gell. So auch von Sachen. Alles dieses, oder, dieses alles, habe ich längst wahrgenommen. Alles dieses ist Ursache, daß ich nicht gekommen bin. Das thue ich um alles in der Welt nicht, um alle Reichthümer in der Welt. So bald alles fertig seyn wird, will ich dich rufen. So lange ich lebe, will ich alles an dich wenden. Ich verspreche dir alles. Der Himmel gebe ihnen alles, was sie sich selber wünschen. Wegen alles dessen konnte ich nicht kommen. Ich bin in allem seiner Meinung. Er schickt sich zu allem. Die Religion ist das heiligste unter allem, was ein Vernünftiger hochschätzen kann, Gell. Ingleichen, in manchen Fällen mit der Inversion. Allein es hilft ihm alles nichts. Das ist alles nichts. Gedulden sie sich, es wird noch alles gut werden. Das mag ich alles nicht wissen. Da alles, hier ein wahres Collectivum ist, so leidet es auch das Verbum im Plural, wenn das folgende Substantiv denselben erfordert. Alles übrige sind Possen, Gell. Alles das sind Lügen. Aber dieses sind ja alles unschuldige Dinge, ebend. Oft nimmt es auch, besonders im gemeinen Leben, verschiedene Zusätze an, die Allgemeinheit noch nachdrücklicher vorzustellen. Er gilt alles in allem bey ihm. Ich will alles in der Welt für dich thun. Alles mit einander. Alles und jedes.(b) Sofern die einzelnen Theile als zusammen gezählet vorgestellt werden. Es sind in allem sechs Thaler. Es währete in allem vier Wochen. Wie viel sind es in allem. Es kostet mir alles in allem zehn Thaler.(c) So fern der einzelnen Theile viele sind, besonders mit was, und ausrufungsweise. Es ist erstaunlich, was er alles weiß. Ach, was wollte ich nicht alles für dich thun! Was fordern sie nicht alles von mir!(d) So fern dadurch der Gegenstand so erschöpft wird, daß nichts übrig bleibt. Das ist alles, nun ist weiter nichts mehr vorhanden. Das ist noch lange nicht alles, was ich ihnen zu sagen habe. Das ist auch alles, was ich ihm nur wünschen kann. Alles was ich thun kann, ist dieses, oder, dieses ist alles, was ich thun kann. Alles, was sie mir antwortete, war dieses, oder, dieses war alles, was sie mir antwortete.Obgleich alles in allen bisher angeführten Bedeutungen die Stelle eines Substantives vertritt: so ist es doch nicht gewöhnlich, dasselbe mit einem großen Buchstaben zu schreiben. Indessen gibt es Fälle, wo es,III. Als ein Substantiv,im eigentlichen Verstande gebraucht wird. Man bedienet sich dazu so wohl,1. * Des unconcrescirten Adverbii all, den ganzen Umfang gewisser Dinge anzudeuten, in welchem Fall es auch den Artikel vor sich leidet.Das ist ihr ganzes All, ihr Trost und ihre Ruh, Opitz. Allein, da das Umstandswort all in der anständigen Schreibart veraltet ist, so hat man auch dieses Substantiv mit allem Rechte veralten lassen, und die neuern Dichter haben daher nicht wohl gethan, wenn sie es, besonders in dem Begriffe der Welt, wieder zu Ehren zu bringen gesucht, zumahl da es nicht das mindeste Anschauliche hat. Der Vater der Natur denkt, weist in jedem Falle, Im All auf jedes Glied, in jedem Glied aufs Alle, Dusch. Nur eine schwache Änderung darf ihren Gang verdrehn, So wird in einem Schiffbruch das All zu Grunde gehn, Ebend. Und schmölze dieses All in seine Elemente, ebend. In der ersten Stelle ist noch dazu die Declination aufs alle unrichtig, indem die unconcrescirten Adverbia, wenn sie als Substantiva gebraucht werden; völlig indeclinabel sind, das Schwarz, des Schwarz, dem Schwarz. So auch das Grün, das Weiß, das Allgut, u. s. f.2. Als auch des vollständigen Neutrius Alles, in der höhern Schreibart, für aller Trost, aller Reichthum u. s. f. doch nur im Singular, und als ein Indeclinabile ohne Artikel, auch nur mit den Possessivis mein, dein u. s. f. Ja du Hälfte meiner selbst, mein Leben, mein Alles, Weiße. Unser Schutz, unsere Hoffnung, unser Alles ist mit ihm gestorben. Grausamer, was hast du gethan? Du hast meinen Vater, meinen Trost, mein Alles ermordet! Barbar, du hast mich von meinem Alles getrennet!Anmerkungen.I. Wenn im vorigen gesagt worden, daß alle und alles eine Allgemeinheit ausdrucken, so muß solches nicht alle Mahl in dem schärfsten Verstande genommen werden; denn zuweilen stehen sie, vermöge der Vergrößerung, einer in allen Sprachen nicht ungewöhnlichen Figur, für viel. Aus dem vorigen erhellet zugleich, daß dieses Wort eben so oft im Singular, als im Plural gebraucht wird. Daher nicht zu begreifen ist, wo ein gewisser Sprachlehrer seine Gedanken gehabt haben müsse, als er feyerlich behauptete, es finde nur im Plural Statt.2. Da dieses Adjectiv keinen Artikel vor sich leidet, wenn man nur nicht das Pronomen Demonstrativum der, die, das, für den Artikel hält: so ist es auch nur in der bestimmten Declination der Adjectiven üblich. Folglich gehet es so: Singular Plural Aller, alle, alles, Alle. Alles, aller, alles. Aller. Allem, aller, allem. Allen. Allen, alle, alles. Alle. Nur daß es im Dativo Singularis des männlichen und sächlichen Geschlechtes, wenn ein Pronomen vorher gehet, Statt allem, nur allen lautet. Bey dem allen. Wie dem allen sey. Welches auch in andern Fällen um des Wohlklanges willen geschiehet, um nicht zwey em unmittelbar auf einander folgen zu lassen.Da nun alle bloß in der bestimmten Declination der Adjectiven üblich ist, so bekommen auch die darauf folgenden Adjectiven wie in andern Fällen, nur die unbestimmte Declination. Alles äußerliche Ansehen. Aller große und viele Reichthum. Bey allem großen Vermögen. Aller goldenen Schätze ungeachtet. Aller guten Dinge sind drey. Ich erziehe sie zu allem Guten. Ausgenommen ist, (a) das im gemeinen Leben übliche, einem alles Liebes und Gutes erweisen, für alles Liebe und Gute, wie schon Burkard von Hohenfels sang, alles liebes wil ich ir nimer abegan. Ingleichen alles Gutes von einem sprechen, lauter Gutes; dagegen es in andern Fällen alles Gute heißt. (b) Im Nominative des Plurals wird das folgende Adjectiv lieber ohne n als mit demselben declinirt, welches auch nach einiger, mancher, viel und ander Statt findet. Alle gute Männer, für guten. Alle gute Frauen. Alle gute Ermahnungen helfen nichts. Ich habe deiner Tochter alle mögliche Vorstellungen gethan, Gell. Ach es kostet viel, wenn eine Frau alle neue Moden mitmachen will, eben derselbe.Da die Pronomina nur allein die bestimmte Declination der Adjectiven leiden, so behalten sie selbige auch nach dem alle. Alles mein Blut ist in Unordnung gerathen. Er richtet mit allem seinem Gelde nichts aus. Aller dieser Segen, Gell. nicht diese. Mit allem dem. Die Tugend in allem ihrem Glanze zeigen. Bey allem meinem Glücke mache ich vielleicht meine Freundinn unglücklich, Gell. Nichts will ich von allem dem sagen, was sie hier finden soll, Dusch. Sagen sie ihr, daß sie bey allen ihren Büchern eine Närrinn ist, Gell.Es ist daher fehlerhaft, wenn das all in solchen Fällen verstümmelt, und seiner Declinations-Zeichen beraubt wird. Alle mein Blut ist in Unordnung gerathen, für alles. Sie will alle ihr Vermögen daran setzen, Gell. Er richtet mit alle seinem Gelde nichts aus, für mit allem. Bey alle dem, für bey allem dem, oder besser, bey dem allen. Sie ist das Werkzeug, an dem sie alle den Gift ausläßt, den ihr Stolz hervor bringt, Gell. für allen. Bey alle den Schwachheiten meiner Schwägerinn, eben derselbe.Es ist dieser auch noch im Hochdeutschen sehr übliche Fehler ein Überrest der Oberdeutschen Mundart, wo es sehr gewöhnlich ist, für dieses Wort in allen Zahlen, Endungen und Geschlechtern das unconcrescirte Umstandswort all an Statt des concrescirten Adjectives aller, alle, alles zu gebrauchen, und demselben den Artikel nachzusetzen, so wie es noch die Franzosen mit ihrem tout machen. Al der werlte pris, vor al der werlte, al den gruenen walt, us al der werlte, al der Selde der beste teil, al den siu, al die sinne, und hundert andere Beyspiele kommen noch häufig bey den Schwäbischen Dichtern vor. Oft pflegte man auch diesen Artikel mit dem all in Ein Wort zusammen zu ziehen. In alder werlte, vor alder werlte, des froit sich herze und alder lib, sind auch Beyspiele aus den Schwäbischen Dichtern. Wenn nun ein Pronomen folgte, so war es natürlich, daß der Artikel wegfallen mußte, und blieb denn nur das all übrig; z. B. wieder aus den vorigen: Al min truren, dar inne al min froide lit, got nem im al sin ere, al solcher eren u. s. f. Indessen wurde dieses auch nicht alle Mahl beobachtet, denn bey eben denselben findet man auch: Aller min gedane, allen minen muot, alle ir mere, alle ir arbeit, u. s. f. Diese alte indeclinable Form ist, obgleich auf eine sehr unregelmäßige Art, noch jetzt im Oberdeutschen üblich. Z. B. All dein Reichthum. All mein Verstand. All deines Glückes. All das Land, so du siehest. Wie all solches daraus erhellet. Die Stände all des Ihrigen berauben. Von Ausübung all anderer Feindseligkeiten abstehen. Da man es denn mit dem folgenden Nennworte wohl gar in Eines zusammen ziehet. Allthunlicher Dingen nach. Allgedeihlicher Vorschub. Allobiges. Mehrere Beyspiele werden die Schriften der Reichskanzelleyen im Überflusse gewähren. Man sollte daher diese im Hochdeutschen mit Recht veraltete Form nie wieder der Vergessenheit zu entreißen suchen. Wie rauh und kanzelleymäßig klingt nicht folgende Stelle aus dem Schlegel? Wie unnütz ist all äußerlich Bestreben? 3. Außer den obigen angeführten Bedeutungen dieses Wortes wird dasselbe in den Provinzen noch auf verschiedene Arten gebraucht, die aber im Hochdeutschen unbekannt sind. So wird, 1) der Genitivus Pluralis aller in Oberdeutschland als ein Adverbium für ganz gesetzet; oder vielmehr aller ist ein eigenes, vermittelst der Ableitungssylbe - er von all gebildetes Umstandswort, für ganz. - Silenus aller trunken, Opitz. Der eingetheilte Witz wird aller angewandt, Hall. Er war so gar erschrocken, daß er aller zitterte, 2. Marc. 3, 17. am ganzen Leibe. Ihr Körper wird aller zu Ausdruck, Bodmer, für ihr ganzer Körper. Ich bin aller krank. Er ist aller närrisch. Das Papier ist aller naß. In ähnlicher Bedeutung sagte schon Ottfried: Thaz sus aller uuas funtan, daß es aller, oder wirklich, so gefunden wurde; und wenn man den Sächsischen Bergmann fragt, wie es gehe, so ist die Antwort: aller höflich, d. i. ganz hoffnungsvoll. 2) Das Neutrum alles, oder zusammengezogen alls, ist gleichfalls in Oberdeutschland eine versichernde Partikel, für allezeit, immer nur, anders. Man ist alls den Reichen günstiger; als den Armen. Es muß es alls der Teufel gethan haben. Danach fährst du alles im Wagen, Weiße. Auch dieser Gebrauch ist schon alt. Alles bedeutet schon bey dem Kero omnino, und in allum alles steti, heißt bey ihm so viel als an allen Orten. Wiht alles ni, ist auch bey dem Ottfried so viel als nichts. Uua iz alles uuar in uuar, ebend. für wenn es anders wahr wäre. Aichinger, der doch selbst ein Oberdeutscher ist, weiß S. 381. seiner Sprachlehre nicht, was er aus dieser Partikel, die größten Theils ein sehr überflüssiges Flickwort ist, machen soll. Aber er irret sehr, wenn er sie mit also für einerley hält. Auf ähnliche Art gebrauchen 3) die Niedersachsen ihr al. Al darum, eben darum. Das ist al lustig, das ist doch lustig. Aber noch häufiger bedeutet es bey ihnen, 4) so viel als schon, bereits. Er ist al groß, er ist schon groß. Das ist al all, das ist schon all, oder schon zu Ende.4. Man hat viele Wörter, die mit diesem Beyworte zusammen gesetzt sind. Es zeiget sich daselbst in einer dreyfachen Gestalt.(a) Das unconcrescirte Adverbium all, wird so wohl mit Partikeln, als auch mit Adjectiven und Substantiven zusammen gesetzt. Jene haben wir insgesammt der Oberdeutschen Mundart zu danken, die sich durch ihren Hang zur Weitschweifigkeit und zu langen viersylbigen Wörtern vorzüglich unterscheidet. All soll alsdann ihre Bedeutung verstärken, obgleich diese Verstärkung oft sehr unnöthig und unmerklich ist. Dergleichen sind, allbereits, allda, allhier, allwo, allso, oder wie man es beständig schreibt, also, u. a. m. die im folgenden vorkommen werden, wo man aber kein allschon, allforderist, alldaselbst, allfolglichen und hundert andere Oberdeutsche Verlängerungen suchen darf, mit welchen alle Kanzelleyschriften dieser Gegenden reichlich versehen sind. Bey einigen einsylbigen Partikeln hat diese Verlängerung zuweilen ihren Nutzen, weil sie den Numerum der Rede befördern kann, und dem kleinen Worte, wenn es mit einem Nachdrucke versehen ist, mehrern Umfang gibt; besonders wenn diese Partikeln am Ende eines Satzes zu stehen kommen; S. Allda, Allhier, Also. In allen diesen Fällen wird all voran gesetzet, nur in dem einzigen überall hängt es sich hinten an. Vor den Adjectiven und Substantiven hat es theils den Begriff der Allgemeinheit, theils auch der innern Vollkommenheit und Stärke. Dergleichen sind Allgegenwart, allgegenwärtig, Allmacht, allmächtig, allgütig, allgemein u. s. f. In Oberdeutschland hat man auch von diesen Zusammensetzungen eine große Menge: alldasig, alldortig, allgedeylich, allgefällig, allschuldig und tausend andere sind ein Beweis davon. Nur sind die meisten Beywörter dieser Art daselbst unschickliche Zusammensetzungen von aller gedeylicher, aller gefälliger, aller schuldiger; z. B. allgedeylichen Vorschub thun, allgefällige Dienste leisten, allschuldigen Dank sagen. Ein Oberdeutscher wird daher einige unserer neuern Dichter, die mit solchen Zusammensetzungen sehr freygebig sind, gewiß sehr unrecht verstehen, wenn er bey ihnen eine allgefällige Göttinn, einen allgütigen May, eine allwachsame Sorge u. s. f. lieset. Da die ganze unconcrescirte Form all, wie schon gesagt worden, im Hochdeutschen veraltet ist, und nur noch in der niedrigen Sprechart lebt, so ist es wider die Analogie, sie zu neuen Zusammensetzungen zu gebrauchen, so häufig solches auch von manchen Schriftstellern geschiehet, wo man ein allbelebend, allbeseligend, allliebend, allnährend, u. s. f. findet. Allvater, von Gott gebraucht, hat wegen dieser veralteten Form sogar einen komischen Nebenbegriff. Übrigens waren dergleichen Zusammensetzungen schon den Alten geläufig. Alsuslich stehet bey dem Notker für solch. Alatharba bedeutet bey dem Ulphilas sehr bedürftig, alazioro und alafesti, bey dem Ottfried sehr zierlich und sehr fest, und aluualt bey dem Tatian sehr mächtig. Selbst die Angelsachsen sagten ael-grene für sehr grün, und bey den alten und heutigen Isländern kommt diese Art von Intension gleichfalls sehr häufig vor.(b) Der Nominat. so wohl Singular. als Plural. alle findet sich nur in den Adverbiis allemahl, allesammt, allewege, alleweil und allezeit, die dadurch zum Begriffe der Allgemeinheit erhöhet werden. Man hat zwar in den neuern Zeiten auch Zusammensetzungen mit dem Dativo Plur. allen versucht, wohin die Allengefallenheit des Logau gehöret; allein auch diese sind wider die Analogie, weil der erste Theil einer Zusammensetzung nach der Regel seine Biegungszeichen verlieren muß. Es müßte eigentlich Allgefallenheit heißen, welches aber, wenn es auch erlaubt wäre, einen andern Begriff geben würde. Desto häufiger kommt,(c) Der Genit. Plural. aller vor, der sich so wohl zu einigen Substantiven gesellet, die dadurch das Ansehen der Adverbien und Adjectiven bekommen, wie in allerdings, allermaßen, allerseits und allerwegen, ingleichen in allerhand und allerley, als auch, und zwar am häufigsten, zu den Superlativis, deren Bedeutung dadurch verstärket werden soll. Der allerglücklichste Mensch. In dem allerhärtesten Winter. Er war der allerletzte. Der allerbeste Wein. Wer am allerwenigsten hat, muß oft am allermeisten geben. So auch in den aus solchen Adjectiven gemachten Nebenwörtern, allererst, allernächst, allermeist. Da die Superlativi bereits das höchste in ihrer Art andeuten, so hilft dieser so genannte Nachdruck eigentlich zu weiter nichts, als daß durch die Verlängerung des Wortes die Aufmerksamkeit des Zuhörers sich desto länger dabey verweilet. Es kommen daher diese verlängerten Superlativi, die sich gleichfalls aus der weitschweifigen Alemannischen Mundart herschreiben, in der gemeinen und gesellschaftlichen Sprache am häufigsten, in der ernsthaften und höhern Schreibart aber seltener vor. Im gemeinen Leben gehet man mit diesem verstärkenden Zusatze so weit, daß man ihn zuweilen auch solchen Wörtern anhängt, deren Bedeutung schlechterdings keine weitere Erhöhung leidet. Dahin gehöret unter andern das so gemeine, ein allereinzig Mahl, welches der komische Dichter in folgender Stelle sehr gut angebracht hat: Ein allereinzig Mahl in seinem ganzen Leben Hat er dieß Tuch gewebt, Zach. Daß dieses aller wirklich der Genitivus Pluralis ist, erhellet aus der Art, wie die Alten die damit zusammen gesetzten Wörter geschrieben, zumahl wenn man bedenkt, daß der Genitiv bey ihnen, so wie bey den alten Griechen, weit häufiger gebraucht wurde, als bey uns. Allerhandelüte, und allerleige, für allerhand Leute und allerley, kommen im Schwabenspiegel und bey den Schwäbischen Dichtern mehrmahls vor, und wenn Willeram das aller beste Gold nennen will, so drückt er es durch aller golde bezzesto aus. Indessen kommen doch auch die zusammen gezogenen Formen, alleromeist, allervortheroston u. a. m. bey dem Kere und spätern Schriftstellern vor. Diese ganze Form ist freylich noch eine Ausnahme von der Regel, nach welcher in Zusammensetzungen der erste Theil seine Biegungszeichen verlieret; abereine Ausnahme, welche der allgemeine Gebrauch bereits so geheiliget hat, daß der Sprachlehrer dabey die Hand gerne auf den Mund leget und schweiget.4. All, Goth. all, alls, bey den Alemannen, el und all, Angels. eal, Engl. all, whole, Dän. al, ald, Isl. all, Wallis. und Irländ. oll, ist ein altes Wort, welches sich nicht nur in die ersten Zeiten der Nordischen Mundarten verlieret, sondern auch mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - genau überein kommt. In den mittlern Zeiten wurde es in Oberdeutschland ellew und elliu geschrieben, und noch jetzt sprechen die Schwaben es älle aus. Ehedem hatte es von ganz, auch die figürliche Bedeutung gesund. Die heutigen Mundarten haben es aber getheilt. All bedeutet bey den Holländern und Niedersachsen omnis, hel und heel aber ganz, und figürlich gesund. Hel kommt bey den Schwaben, und helen bey den Schweden in eben dieser Bedeutung vor. S. Heil.


Allarm (W3) [Adelung]


Der Allarm ; S. Alarm.


Allbereits (W3) [Adelung]


Allbereits, ein Umstandswort der vergangenen Zeit, für bereits, schon. Es ist allbereits geschehen. Es ist nichts, das ich nicht allbereits an ihn gewendet hätte. Dieses ohne Noth verlängerte Wort ist in dem Kanzelley-Style am üblichsten. Im Hochdeutschen gebraucht man lieber das kürzere bereits, zumahl da es eben das sagt. Die Oberdeutschen Mundarten verbeißen das s, ob sie es gleich in bereits deutlich hören lassen, albereit. Die Niederdeutschen und Nordischen Mundarten lassen das be weg; Nieders. alreeds, Holl. alreede, Engl. already, Dän. allerede, Schwed. allaredan, allaredo. S. Bereits.


Allda (W3) [Adelung]


Allda, ein bezeichnendes Umstandswort des Ortes, für da, daselbst. Er besuchte seine Freunde, die er allda hatte. Ich will dich allda suchen und sprechen. Dieses Wort wird am besten da gebraucht, wenn das kürzere da bey einem auf demselben gelegten Nachdrucke zu wenig Umfang hat; besonders wenn sich eine Periode mit da schließen sollte, da denn allda dem Ausdrucke mehr Ründe und Stärke gibt als jenes. Vielleicht erwarten dich Verläumdung und Undank am Ende deiner Laufbahn, aber die Ehre ist auch allda. In andern Fällen gebraucht man dafür lieber daselbst. Al thar kommt schon bey dem Ottfried vor.


Alldieweil (W3) [Adelung]


* Alldieweil, eine Causal-Conjunction für dieweil, oder weil. Alldieweil nun das nicht geschehen kann, so u. s. f. Diese völlig Alemannische Partikel stehet nur noch in der Kanzelley- und Gerichtssprache in einigem Ansehen, wo man sie wohl noch gar mit einem demnach zu verlängern pflegt, demnach und alldieweil. Bey dem Strycker, bey den Schwäbischen Dichtern und im Schwabenspiegel bedeutet alle dieuuile, und alle di weile, so lange als, und in dem Gedichte auf den Erzbischof Anno bey dem Schilter kommt al di wili für damahls vor. S. Dieweil.


Alldort (W3) [Adelung]


* Alldort, oder alldorten, ein Umstandswort des Ortes, für dort, welches nebst dem davon gemachten Adjective alldortig, gleichfalls in Oberdeutschland zu Hause ist.


Allee (W3) [Adelung]


Die Allee, plur. die -n, nach dem Französischen Allee, in den Gärten, ein zu beyden Seiten mit Bäumen besetzter Gang, ein Schattengang, und wenn er überwölbet ist, ein Bogengang. Den Übelstand drey auf einander folgenden e zu vermeiden, läßt man im Plural das eine e weg, und spricht das Wort dennoch dreysylbig aus, Alleen, für Alleeen.


Allegorie (W3) [Adelung]


Die Allegorie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griech. und Lat. Allegoria, die anschauliche Darstellung einer allgemeinen Wahrheit unter einem sinnlichen Bilde; zum Unterschiede von der Metapher, welche bloß einen einzelnen Begriff unter einem sinnlichen Bilde darstellet. Die Allegorie ist eine fortgesetzte oder ausgeführte Metapher. Daher allegorisch, eine Allegorie enthaltend, darin gegründet, und oft in weiterm Verstande, bildlich, figürlich überhaupt. Der allegorische Styl.


Allein (W3) [Adelung]


Allein, eine Partikel, welche in gedoppelter Gestalt üblich ist.I. Als ein Umstandswort, eine Sache mit Ausschließung aller andern zu bezeichnen. Besonders,1. Eine Sache mit Ausschließung aller andern anzudeuten, oder etwas mit Ausschließung aller andern Dinge von derselben zu behaupten. Den Wein allein trinken, ihn ohne Vermischung mit Wasser trinken. Nur allein Wein trinken, nichts als Wein trinken. Du sollst deinem Gott allein dienen, keinem andern als Gott. Ihm allein, (keinem andern als ihm) gebühret diese Ehre. Dieser allein hat sie alle übertroffen. Vielleicht ist es auch die Katze allein, die sie durch ihre Andacht erbauet, Gell. Ingleichen, mit einigen Zusätzen zur Verstärkung der Bedeutung. Ich war ganz und allein von dem Gefühle eingenommen. Er lebt einzig und allein für andere.Man siehet hieraus, daß allein, wie manche andere Umstandswörter, auch bey Nennwörtern stehen könne. Die Ursache davon wird in der

Anm. gezeiget werden. Es stehet alsdann hinter dem Nennworte, außer wenn eine Präposition darauf folgt, oder nur vorher geht, da es auch vor demselben stehen kann. Allein von dir hoffe ich Trost. Nur allein du hilfst mir, Herr! Uns spricht der Scheinfreund, so wie du, Allein bey guten Tagen zu, Haged. Allein steht hier für nur. Doch kann es dessen Stelle nicht überall vertreten, besonders wenn eine Zweydeutigkeit mit der folgenden Bedeutung zu besorgen ist. Z. B. ich habe nicht geschlafen, ich habe allein geschlummert. Diese Zweydeutigkeit wird in den meisten Fällen vorhanden seyn, wenn allein in dieser Bedeutung den Verbis zugesellet wird.2. In engerer Bedeutung, die Anwesenheit oder Gesellschaft anderer auszuschließen, in welcher Bedeutung es bloß zu den Verbis gehöret. Allein wohnen, schlafen, essen. Lassen sie mich allein. Erlauben sie mir, daß ich sie allein lasse. Ich will dich mit ihm allein lassen. Er ist niemahls gern allein. Kein Unglück kommt allein. Fürchten sie sich denn, mit einer Mannsperson allein zu seyn? Gell. Einsam wirst du dich dünken, und öde werden die Tage seyn, die du allein leben mußt. Dusch. Um des Nachdruckes willen, werden dieser Partikel zuweilen noch einige Zusätze beygefüget. Dahin gehöret besonders das ganz allein, und in der Kernsprache des großen Haufens das Mutter Seel allein.Wenn es am Ende des Satzes stehet, so pflegen viele, aber unnöthiger Weise, ein e daran zu hängen. Er wich in die Wüsten alleine. Lassen sie uns doch nicht alleine.3. In noch engerer Bedeutung, die Beyhülfe anderer auszuschließen. Das Kind kann noch nicht allein gehen. Ich bin der Sache allein nicht gewachsen. Das haben wir ganz allein gemacht. Er spricht ja ganz allein, Gell.

Anm. 1. Ohne allein, für außer, ist im Hochdeutschen veraltet. Sy waren all mit Freud beladen On allein der valsch Neydelhart, Theuerd. Kap. 85. In den neuern Zeiten hat man verschiedene Composita mit dieser Partikel versucht; z. B. Alleinkauf, Alleinhandel, für Monopolium, Alleingespräch, besser Selbstgespräch, Alleinherr und Alleinherrschaft, für Monarch und Monarchie, welche aber wenig Liebhaber gefunden haben, weil die Partikeln zu neuen Zusammensetzungen am unschicklichsten sind.

Anm. 2. Für allein war in allen obigen Bedeutungen anfänglich das Zahlwort ein üblich, welches denn seine ordentliche Abänderung behielt, und der damahligen Gewohnheit zu Folge, den Substantiven und Pronominibus auch nachgesetzet wurde. Ih eine, ich allein, Notker. Si einu, sie allein, ebend. Imo ei-nemo,ihm allein, Tatian. In themo einen brote ni libet ther man, der Mensch lebet nicht von dem Brote allein, ebend. Du ritest hinnen und last mich einen,du reitest von hinnen und lässest mich allein, Ditmar von Ast, unter den Schwäbischen Dichtern. Ich vant si verborgen Eine und ir wengel von trehen nas, ich fand sie verborgen und allein, und ihre Wange von Thränen naß, Heinrich von Moringen. Und daher kommt es auch, daß allein noch heut zu Tage zu Nennwörtern gesetzt wird, ob es gleich nunmehr seine Declination verloren hat. Mit dem verstärkenden Zusatze all, alaine, kommt es zuerst bey dem Strycker vor. Bey noch spätern Oberdeutschen Schriftstellern, z. B. dem Hornegk, findet man dafür auch altersain, altersalain, alterayns.II. Als eine Conjunction, welche1. In allen Stücken mit dem aber überein kommt und daher, so wie dieses, so wohl im Nachsatze, als im Vordersatze, stehen kann, nur daß es seinen Platz allemahl zu Anfang der Rede bekommt, und nicht wie das aber, einem oder mehrern Wörtern nachgesetzt werden kann. Im Nachsatze bezeichnet es theils einen Gegensatz, er wollte gern, allein er kann nicht; theils eine Ersetzung und Einschränkung des Vordersatzes, durch alle mögliche Schattirungen. Z. B. Er ist ein rechtschaffener Mann; allein es hilft ihm nichts. Sie sind zwar etwas weitläufig; allein sie sollen ohne Einwurf Recht haben, Gell. Ich wußte wohl, daß sie es nicht waren; allein ich wollte mir meinen Antrag durch eine verstellte Ungewißheit leichter machen, ebend. Wie spielt die schöne Blase nicht So bunt am goldnen Sonnenlicht? Allein, ein Hauch! Weg ist die Pracht, Und ihrer wird nicht mehr gedacht, Weiße. Im Vordersatze kann allein gleichfalls den Übergang von einer Sache zur andern machen, wenn gleich kein begreiflicher Zusammenhang zwischen beyden vorhanden ist; indeß ist doch in diesem Falle das aber gebräuchlicher.Da sich wohl nicht leicht ein Fall finden wird, in welchem man nicht diese beyden Bindewörter ohne Nachtheil des Verstandes oder des Wohlklanges mit einander vertauschen könnte; so kann alles, was oben bey aber angemerket worden, auch auf dieses angewandt werden.2. Nicht allein, - sondern auch, gehöret unter die verbindenden Redensarten. S. Nicht.

Anm. Für nicht allein - sondern auch, findet sich zwar schon bey dem Notker, nit ein - nub ouh; aber als ein eigentliches Bindewort betrachtet, scheinet allein doch neuern Ursprunges zu seyn; wenigstens ist es mir bey den ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern in dieser Gestalt nicht vorgekommen.


Alleinhandel (W3) [Adelung]


Der Alleinhandel, S. das vorige.


Alleinig (W3) [Adelung]


Alleinig, adj. et adv. von dem vorigen Umstandsworte. 1. + Für allein, in der ersten Bedeutung, so fern dieser Begriff concrescirt, folglich als ein Adjectiv gedacht wird. Drey alleinige Höfe, drey Höfe allein. Diese Verordnung verbietet die Einfuhre aller fremden Waaren mit alleiniger Ausnahme der Böhmischen. In dieser Bedeutung ist das Wort nur in Oberdeutschland gebräuchlich.2. Was nur Eins in seinem Wesen ist, in welcher Bedeutung dieses Wort von einigen Neuern von Gott gebraucht wird, die höchste Einheit seines Wesens auszudrucken. Der alleinige Gott.


Alleluja (W3) [Adelung]


Alleluja, S. Halleluja.


Allemahl (W3) [Adelung]


Allemahl, ein Umstandswort der Zeit. Es bedeutet:1. Eigentlich, zu allen Mahlen, in allen vorkommenden und nöthigen Fällen. Ich erschrecke allemahl, wenn ich sehe u. s. f. Die Hände der Vorsehung theilen allemahl weise aus, Gell. Ich habe sie wohl zehen Mahl gefragt, und allemahl hat sie ja geantwortet, ebend. Das Amt macht wohl satt, aber ich weiß nicht, ob es auch allemahl klug macht, ebend. Ich verbiethe dir es ein- für allemahl, ein Mahl, an Statt alle Mahl. Ein- für allemahl du sollst nicht so sprechen. Allemahl über den andern Tag, so oft der zweyte Tag kommt. Sie soll allemahl über den andern Tag an sie schreiben, Gell.2. Uneigentlich dienet es Statt einer Versicherung, oder zur Verstärkung einer andern versichernden Partikel. Und dennoch ist er allemahl weit erträglicher, als jener. Er wird doch allemahl mehr schaden als nutzen. Zween (zwey) unter uns können allemahl Verstand entbehren, wenn der dritte zugleich in unserm Nahmen verständig ist, Raben. Ein Buch früh bey dem Thee ist allemahl eine gute Sache, Gell.

Anm. Allemahl für so oft, z. B. allemahl, wenn er nach Hause kommt, so ist er voll; allemahl, daß ich hingehe, für, so oft ich hingehe; allemahl, wenn ich ein Geheimniß ausforschen will, ist mir, als wenn ich auf bösen Wegen ginge, Hermes, ist Oberdeutsch. Allemahl und allezeit können in den meisten Fällen für einander gesetzt werden, denn dieses schließt gleichfalls alle vorkommende Zeiten und Gelegenheiten in sich. Alle stehet in dieser Zusammensetzung für jedes, in allezeit aber druckt es auch die Allgemeinheit aus. Billig sollte man dieses Wort in der ersten eigentlichen Bedeutung getheilt schreiben, alle Mahl, weil es wider die Analogie der Deutschen Sprache ist, das Bestimmungswort, wenn es decliniret wird, mit seinem Substantive zusammen zu ziehen, hier auch keine eigentliche Figur, wie in der zweyten Bedeutung, Statt findet. S. Mahl.


Allenfalls (W3) [Adelung]


Allenfalls, ein Umstandswort für auf allen Fall, vielleicht, und zwar am häufigsten in der Gesellschaft des Nebenwortes wenn. Wenn ich ihn allenfalls nicht wieder sehen sollte. Allenfalls ich ihn nicht wieder sehen sollte, mit Auslassung des wenn ist niedrig. In diesem Worte kann die elliptische Form, allenfalls für auf allen Fall, die Zusammenziehung entschuldigen, welche bey der Declinative des all sonst gleichfalls wider die Analogie seyn würde.


Allenthalben (W3) [Adelung]


Allenthalben, ein Umstandswort des Ortes, an allen Orten, auf allen Seiten. Der Bösewicht ist niemahls frey; er hat allenthalben Gesetze über sich, die er fürchten muß, Dusch.

Anm. Dieses Wort ist aus all und Halbe, die Seite, zusammen gesetzet. S. Halbe. Allen halbon, in allen ala halba, in ala halba, an allen haluen, allen halbon, kommen bey dem Ottfried, Willeram und Notker vor. In den spätern Zeiten zog man beyde Wörter vermittelst des t euphonici zusammen, und so findet sich in dem Gedichte auf den h. Anno und im Schwabenspiegel schon allinthalbin und allenthalben. Sonst findet man in den vorigen Zeiten in eben dieser Bedeutung auch allend, allent, von Ende, gleichsam an allen Enden. Die Allenthalbenheit einiger Gottesgelehrten ist eben so barbarisch als das Lateinische Ubiquietas, welches dadurch ausgedruckt werden soll.


Aller (W3) [Adelung]


Aller, S. oben All.


Allerchristlichst (W3) [Adelung]


Allerchristlichst, adject. welches eine Übersetzung des Titels der Könige von Frankreich Christianissimus ist, den schon Clodewig erhalten, Papst Paul der zweyte aber in der zweyten Hälfte des funfzehnten Jahrhundertes erneuert haben soll. Der Allerchristlichste König. Se. Allerchristlichste Majestät. S. du Fresne v. Christiauitas.


Allerdings (W3) [Adelung]


Allerdings, ein Umstandswort. 1. Für ganz oder gänzlich. Sieist nicht allerdings unschuldig. Die Stadt wurde allerdings in die Asche gelegt. Er hat mich allerdings (völlig) bezahlt. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen wenig mehr üblich, ob sie gleich einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt.2. Eine bejahende Partikel, für in jeder Betrachtung, freylich, vollkommen. Sie hat allerdings Ursache, mir meine Zerstreuung vorzuwerfen. Allerdings muß diese dabey seyn.

Anm. Dieses Umstandswort ist eines von den vielen, welche aus dem Substantive Ding gebildet worden. In Oberdeutschland lautet es auch allerding und allerdinge, mit Weglassung des s, welches einer der Ableitungslaute für Adverbia ist; und bey den Schwäbischen Dichtern kommt aller dinge mehrmahls als eine Versicherung vor. Alls tinges bedeutet auch im Schwedischen gänzlich.


Allerdurchlauchtigst (W3) [Adelung]


Allerdurchlauchtigst, adject. welches einer von den Titeln ist, welche heut zu Tage nur Kaisern und Königen in der Anrede gegeben werden, ob er gleich eine ungeschickte Übersetzung des Lateinischen Illustrissimus ist. Allerdurchlauchtigster König. S. Durchlauchtig.


Allererst (W3) [Adelung]


+ Allererst, ein Umstandswort der Zeit, welches nur im gemeinen Leben üblich ist, für erst. Jetzt allererst. Er ist allererst jetzt, oder jetzt allererst gekommen. Ich werde ihn allererst morgen sehen. S. Erst.

Anm. Die verstärkte Ordnungszahl der allererste, bedeutet nichts mehr als der erste. Indessen ist doch die im gemeinen Leben übliche R. A. zu merken: mit dem allerersten, auf das eheste, mit dem ehesten. Do aller erest kommt schon bey dem Willeram, und alrest, aldrest bey dem Stryker und in den Gedichten der Schwäbischen Dichter vor.


Allergetreuest (W3) [Adelung]


Allergetreuest, adject. durch welches gemeiniglich der Titel Fidelissimus übersetzt wird, welchen König Johann der Fünfte von Portugall im Jahre 1748 von Benedict dem Vierzehenten erhielt. Die Zweydeutigkeit des Lateinischen Ausdruckes macht es noch ungewiß, ob allergetreuest oder allergläubigst die wahre Übersetzung dieses Titels ist; denn in der Urkunde selbst kommt nichts vor, was diese Frage mit Gewißheit entscheiden könnte.


Allergläubigst (W3) [Adelung]


Allergläubigst, adject. S. das vorige.


Allerhand (W3) [Adelung]


Allerhand, ein Adjectiv, welches im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart am üblichsten, völlig unbiegsam ist, und dabey keinen Artikel leidet, von aller, d. i. mancherley Art, wie allerley. Allerhand Gutes. Allerhand Menschen. Ein Strauß von allerhand Blumen. Wenn ich argwöhnisch wäre, so könnte ich mir allerhand Gedanken machen, Gell. allerley arge Gedanken.

Anm. Hand scheinet hier das veraltete Chund ober Kund, Geschlecht zu seyn, S. Hand. Allerhande clag, allerhande lüte, finden sich schon in dem Schwabenspiegel. Auf gleiche Art sagte man auch ehedem in Oberdeutschland, mancher hande, für mancherley, zweyerhand, dreyerhand, u. s. f. für zweyerley, dreyerley.


Allerheiligen (W3) [Adelung]


Allerheiligen, der Nahme eines Festes, in der Römischen Kirche, welches den ersten November gefeiert wird, und bey welchem das Wort Fest verstanden werden muß. Auf Allerheiligen will ich zu dir kommen, am Feste aller Heiligen. Papst Bonifacius der Vierte soll dieses Fest angeordnet haben, um dasjenige an demselben wieder zu ersetzen und gut zu machen, was an dem Feste eines jeden einzelnen Heiligen das Jahr über aus Unwissenheit etwa versehen worden. Der Form nach ist das Wort grammatisch unrichtig, weil das Adjectiv mit seinem Substantive nicht zusammen gezogen werden kann, ohne vorher seine Biegungszeichen zu verlieren. Man sollte daher billig getheilt schreiben, aller Heiligen, oder vollständiger, das Fest aller Heiligen, so wie man aller Seelen, am Feste aller Seelen schreibt. Das folgende ist noch unrichtiger zusammen gezogen.


Allerheiligenholz (W3) [Adelung]


Das Allerheiligenholz, des -es, plur. inus. eine Art Brasilien- oder Campecheholzes, welches von der Allerheiligen-Bay in Amerika, in welcher es eingeschiffet wird, den Nahmen hat, und sonst auch Lamoner-Holz genannt wird.


Allerheiligst (W3) [Adelung]


Allerheiligst, adject. ein Titel, der dem Papste von den Gliedern der Römischen Kirche gegeben wird. Der allerheiligste Vater. Das Allerheiligste, des -n, plur. car. war hingegen der Nahme desjenigen abgesonderten Ortes in der Stiftshütte und dem Tempel der Juden, in welchem sich die Bundeslade befand, und welchen niemand als der hohe Priester, und auch dieser des Jahres nur Ein Mahl betreten durfte.


Allerhöchst (W3) [Adelung]


Allerhöchst, adj. et adv. welches der verlängerte Superlativus von hoch ist, und 1) von Gott gebraucht wird, dessen unendliche Erhabenheit über alle Geschöpfe auszudrucken. Der allerhöchste Gott. Ingleichen, als ein Substantiv: der Allerhöchste wolle sie begleiten. 2) In der Hofsprache der Kanzelleyen wird dieses Wort häufig von königlichen und kaiserlichen Personen gebraucht. Se. Majestät haben die allerhöchste Entschließung gefasset. Besonders zur Verlängerung des Fürwortes derselbe. Allerhöchstdieselben geruhen, sich in Unterthänigkeit vortragen zu lassen, u. s. f. Kaiserliche Majestät wollen hiermit ohnverhalten, wie Allerhöchstdenenselben hinterbracht worden. Der Hofstyl wird nun wohl von dergleichen Barbarismen nicht zu reinigen seyn, wenn gleich die Sprachlehrer es noch so oft wiederhohlen, daß die Pronomina keiner Comparation fähig sind. In den Kanzelleyen wird dieses Allerhöchst in noch mehrern eben so widersinnigen Zusammensetzungen angebracht, und man würde daselbst einen verstorbenen Monarchen zu entehren glauben, wenn man ihn nicht den Allerhöchstseligen nennete. S. auch Höchst in Hoch.


Allerley (W3) [Adelung]


Allerley, ein Adjectiv, welches so wie das gleich bedeutende allerhand keiner Biegung fähig ist, und auch keinen Artikel vor sich leidet, von aller, d. i. sehr vieler, Art. Allerley Volk. Allerley Leute. Auf allerley Art. Es wird auch zuweilen als ein Substantiv gebraucht, das Allerley, plur. die Allerley, welches gleichfalls unabänderlich, und eine etwas anständigere Benennung des niedrigern Wortes Mischmasch ist. Es wird alsdann so wohl von Schriften gebraucht, welche mehrere verschiedene Gegenstände enthalten, das Schlesische Allerley, das Leipziger Allerley, als auch in den Küchen, von einem Gerichte, in welchem der sinnreiche Witz des Koches vielerley oft sehr widrige Ingredienzien mit einander zu verbinden weiß, und welches man mit einem Französischen Nahmen auch wohl eine Potage nennet. Ein Allerley. Ein junges Huhn mit Allerley. Kalbfleisch, Fische mit Allerley. Ein Allerleyessen.

Anm. Die ältesten Deutschen Schriftsteller gebrauchen für allerley, allerslachto. Erst bey den Schwäbischen Dichtern kommt aller leige vor. S. Ley.


Allerleygewürz (W3) [Adelung]


Das Allerleygewürz, des -es, plur. inusit. ein Gewürz, welches für Körner des Amomum oder Cardemomum ausgegeben wird; aber vermuthlich die unreif abgenommene und getrocknete Frucht des Pimenta-Baumes, Myrtus Pimenta, L. ist. Es wird auch neue Würze, Jamaika-Pfeffer und Wunderpfeffer genannt, weil es einen gewürzhaften Geschmack von mehrern Gewürzen zugleich, besonders von Pfeffer, Nelken und Zimmet hat.


Allerliebst (W3) [Adelung]


Allerliebst, adj. et adv. von dem Beyworte lieb. 1) Im höchsten Grade geliebt. Allerliebster Freund. Allerliebstes Kind. Mein Allerliebster. + Am allerliebsten, für am liebsten, Was ist es für ein Thier, du Held von seltnen Gaben, Das wir gemeiniglich am allerliebsten haben? Can. ist wider den Gebrauch, so wie alle übrige mit aller verlängerte Superlativi, wenn sie mit am und auf das, als Adverbia gebraucht werden. 2) Der höchsten Liebe werth, und nach einer gewöhnlichen Vergrößerung im gesellschaftlichen Leben, so viel als sehr liebenswürdig, sehr artig. Ein allerliebstes Mädchen. Ach, das ist allerliebst! Sie hat mein Gärtchen allerliebst angelegt, Gell.


Allermannsharnisch (W3) [Adelung]


+ Der Allermannsharnisch, des -es, plur. car. im gemeinen Leben, der Nahme einer Pflanze, welche zu den Laucharten gehöret; Allium Victorialis, L. Die Zwiebel dieser Pflanze ist wie mit einem Harnische bekleidet, und weil sie, einem sehr alten Aberglauben zu Folge, fest machen, und vor dem Teufel bewahren soll, so hat sie daher nicht nur den oben gedachten, den Regeln der Zusammensetzung nach sehr barbarischen, Nahmen, sondern auch die Nahmen Heilwurz, Hülfwurz, Siegwurz und Siegmarswurz erhalten. An einigen Orten, z. B. in Thüringen, wird auch die rothe Schwertlilie, oder runde Siegwurz, Gladiolus communis, L. Allermannsharnisch genannt.


Allermaßen (W3) [Adelung]


* Allermaßen, eine Oberdeutsche Partikel, welche sich auch in einige Niederdeutsche Kanzelleyen eingeschlichen hat. Sie ist 1. ein Adverbium, und bedeutet alsdann, (a) auf alle Art und Weise. In allermaßen, wie es unsere Vorfahren besessen und genossen haben. Aber, da sollte es billig wie zwey Wörter aller Maßen geschrieben werden. (b) Ganz, völlig. Dieß Wasser ist den Augen nicht allermaßen dienlich, Opitz. Uns war nicht allermaßen wohl bey der Sache, ebend. 2. Eine Conjunction, für weil. Er kann nicht kommen, allermaßen er krank ist. In beyden Gestalten ist diese Partikel den reinen Hochdeutschen Schreib- und Sprecharten unbekannt.


Allermeist (W3) [Adelung]


* Allermeist, der verlängerte Superlativ von mehr, der hier nur wegen der besondern adverbischen Bedeutung angeführet wird, da er auch für hauptsächlich, besonders gebraucht wird. Allermeist weil du weist alle Sitten, Apost. Gesch. 26, 3. Allermeist aber bey euch, 2. Cor. 1, 12. Im Hochdeutschen ist diese Partikel längst veraltet, und sie scheinet auch bey den Oberdeutschen wenig mehr üblich zu seyn. Indessen ist sie doch alt; denn allerumeist, kommt in eben derselben Bedeutung schon bey dem Kero, und alleromeist bey dem Ottfried vor.


Allernächst (W3) [Adelung]


+ Allernächst, ein Adverbium des Ortes und zuweilen auch der Zeit, welches aber nur im gemeinen Leben, besonders in Oberdeutschland üblich ist. Er wohnet allernächst bey mir, nahe bey mir an. Frankreich grenzet allernächst an Spanien, zunächst, unmittelbar. Ich habe es allernächst gehöret, den Augenblick. Der Brief, den ich allernächst von dir erhalten habe.


Allerseits (W3) [Adelung]


Allerseits, ein Umstandswort, 1) * des Ortes, für auf allen Seiten, allenthalben. Der Sack war allerseits mit Kräutern ausgeziert, Opitz. Der Weg nach Sion hin liegt allerseits verwüstet, ebend. Der Busch, so allerseits den ganzen Ort umringt, ebend. Bey eben demselben kommt es auch getrennt, in seiner ersten Gestalt vor. Ein steter Gegenwind bekriegt des Lebens Meer, Das aller Seiten wird geworfen hin und her. Allein in dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen unbekannt, wo es 2) nur noch zuweilen für insgesammt gebraucht wird. Welche allerseits Kinder eines Vaters waren, Raben. Die Absicht unserer Zusammenkunft ist ihnen allerseits bekannt, Gell. Besonders wird es noch in den Anreden eines Redners an seine Zuhörer gebraucht. Allerseits hochgeehrte Anwesende. Das davon abgeleitete Adjectiv allerseitig, ihre allerseitige Frömmigkeit, ist wider die neuere Analogie, und daher im Hochdeutschen unrein und unedel.


Allerunterthänigst (W3) [Adelung]


Allerunterthänigst, adj. et adv. welches nur im Curial-Style gegen Kaiser und Könige gebraucht wird. Allerunterthänigst bitten. Ew. Majestät allerunterthänigster Knecht.


Allerwärts (W3) [Adelung]


+ Allerwärts, ein Umstandswort des Ortes, an allen Orten, welches nur im gemeinen Leben für allenthalben üblich ist.


Allerwegen (W3) [Adelung]


Allerwegen, S. Allewege.


Allesammt (W3) [Adelung]


Allesammt, ein Umstandswort, für sämmtlich, insgesammt. Wir grüßen euch allesammt. Wir wollen seines Nahmens Zier Erhöhen allesammt, Opitz. Wir irren allesammt, nur jeder irret anders, Hall.

Anm. Dieses Wort, welches im Hochdeutschen zu veralten anfängt, ist von dem alten sammen, Goth. saman, S. Sammt und Sammeln. Bey dem Ottfried lautet es alsamant, bey dem Stryker allesant und allesammt, und im Theuerdank, allsandt.


Allewege (W3) [Adelung]


Allewege, ein im Hochdeutschen veraltetes Umstandswort, welches noch hin und wieder in den Kanzelleyen vorkommt, in Oberdeutschland aber noch völlig üblich ist. 1) Für allenthalben. - Ich ways ein gepyrg ist mar (mürbe,) Und die stein brechen allweg gar, Theuerd. Kap. 69. Hierher gehöret auch das Niedersächsische allerwegen, welches auch wohl einige Hochdeutsche für allenthalben gebrauchen. 2) Für allezeit, beständig. Jedoch der Held allwegen entrann, Theuerd. Kap. 26.- Das ihm all sein anschleg Wolten felen in alle weg, Theuerd. Kap. 63. In deines Weibes Almanach steht Stilpo allewegeTrüb, Ungestüm, Platzregen, Sturm, Wind, Hagel, Donnerschläge, Logau. 3) Für völlig, gänzlich, auf alle Art und Weise. Welches uns in alleweg empfindlich gewesen. Daß jedermann mit guter Waare in allweg sich bedient finden wird. 4) Für eben jetzt. Er hat es alleweg empfangen.

Anm. Ottfried gebraucht allafart für allenthalben, welches mit allerwegen einerley ist. Indessen sagten schon die Angelsachsen eallewaege für allezeit, wovon auch das Engl. always abstammet. In einer Oberdeutschen Urkunde von 1440 steht albeg für allezeit.


Alleweile (W3) [Adelung]


+ Alleweile, ein Oberdeutsches Umstandswort der Zeit, welches im Hochdeutschen nur noch in den gemeinen Sprecharten üblich ist, für eben jetzt. Ich habe alleweile mit ihm gesprochen. Alleweile kommt er gegangen. Willeram gebraucht allewila für allezeit, beständig.


Allezeit (W3) [Adelung]


Allezeit, ein Umstandswort der Zeit. 1) Zu allen Zeiten, so wohl in dem schärfsten logischen Verstande, eine ununterbrochene Fortdauer anzudeuten, für beständig oder das niedrige immer; als auch in eingeschränkter Bedeutung, zu allen vorkommenden Zeiten und Gelegenheiten, wie jederzeit. Allezeit fröhlich seyn. Man muß allezeit tugendhaft seyn. Es ist allezeit gut arbeiten. Niemand ist allezeit aufgeräumt. In ihrer Gesellschaft wird er mir allezeit gut schmecken, Gell. Er kann so treuherzigmit mir thun, daß mirs allezeit warm ums Herz wird, Weiße. 2) Dienet dieses Wort, so wie allemahl, auch zuweilen zu einer Versicherung, wird aber über dieser Beschäftigung oft zu einem bloßen Füllworte, der Rede etwas mehr Ausdehnung zu geben. Sie werden allezeit denken, ich erzählete ihnen eine Fabel, Gell. S. auch Allemahl, ingleichen Beständig.

Anm. Nieders. altied, Dän. altid. Das Hochdeutsche Allezeit, hat den Ton bald auf der ersten, bald aber auch auf der letzten Sylbe, so wie es der Nachdruck der Rede erfordert. Allezeit findet sich erst bey den Schwäbischen Dichtern.


Allgegenwart (W3) [Adelung]


Die Allgegenwart, plur. car. das Vermögen, auf die vollkommenste Art gegenwärtig zu seyn, ein Vermögen, welches nur allein dem höchsten Wesen zukommen kann.


Allgegenwärtig (W3) [Adelung]


Allgegenwärtig, adj. et adv. auf die vollkommenste Art, folglich an allen Orten zugleich, gegenwärtig. Einige haben von diesem Beyworte ein neues Hauptwort Allgegenwärtigkeit versucht, welches nur dann seinen Nutzen hat, wenn man die Eigenschaft dieses vollkommensten Daseyns, als ein Abstractum von der Allgegenwart, als dem Daseyn selbst zu unterscheiden hat. Für das Adverbium allgegenwärtig findet man in der Oberdeutschen Mundart auch allgegen und allzugegen.


Allgemein (W3) [Adelung]


Allgemein, adj. et adv. allen, oder doch den meisten einer Art gemein, ihnen zukommend. Eine allgemeine Krankheit. Ein allgemeines Übel. Die allgemeine christliche Kirche. Ein allgemeiner Befehl. Ein allgemeines Sprichwort. Dem allgemeinen Gebrauche nachgehen. Mit allgemeiner Bewilligung. Ein allgemeiner Begriff, der allen Dingen einer Art zukommt. Das ist nicht allgemein. Man muß nicht so allgemein urtheilen. Das Gespräch ward bald allgemein, alle anwesende Personen nahmen daran Theil; ingleichen es erstreckte sich über allgemeine Gegenstände.

Anm. Allgemein für überall, oder von jedermann, sie wurden allgemein bewundert, das ist allgemein bekannt, ist ganz wider die Bedeutung dieses Wortes; indessen kommt algemaine doch für einmüthig schon in dem Überreste eines Gedichtes von dem Kriege Carls des Großen, bey dem Schilter vor. Eben so fehlerhaft ist es im Hochdeutschen, wenn einige, besonders Niedersachsen, für gemein, d. i. niedrig, schlecht, allgemein gebrauchen; eine allgemeine Redensart. Allgemeinsam und allgemeinschaftlich für gemeinschaftlich, sind Oberdeutsch. Man muß den Superlativ allgemeinste mit dem durch aller verlängerten Superlativ von gemein, niedrig, allergemeinste, nicht verwechseln, weil beyde einen ganz verschiedenen Begriff haben. Die Angelsachsen und Niedersachsen gebrauchen Statt dieses verlängerten Wortes das einfache mäne, mene. S. das folgende.


Allgemeinheit (W3) [Adelung]


Die Allgemeinheit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft einer Sache, vermöge welcher sie allen, oder doch den meisten Dingen einer Art gemein ist; ohne Pural. Die Allgemeinheit eines Befehls, eines Gesetzes, eines Begriffes, u. s. f. 2) Eine Sache, welche allen gemein ist, oder ihnen zugehöret, besonders Grundstücke, die einer Gemeine gemeinschaftlich zustehen. Gemeinheiten, gemeine Wiesen, Triften, Wälder, u. s. f. In Oberdeutschland werden dergleichen gemeine Güter Almänden, Almeinden und Almenden genannt, daher es zu Strasburg noch Almende- herren, Almendeschreiber, Almendesteine, Grenzsteine der gemeinen Güter, Almendezins, u. s. f. gibt. Allmann bedeutet schon bey dem Ottfried Volk, eine Menge Menschen, und Notker gebraucht alman chunne für das menschliche Geschlecht. In Niedersachsen heißt ein solches gemeines Gut, Meenhet, Meente, und Mahnte, und im Dän. und Schwed. Allmänning.


Allgenugsam (W3) [Adelung]


Allgenugsam, adj. et adv. allen genug, ein Adjectiv, welches einige Neuere eingeführet, eine Eigenschaft des göttlichen Wesens auszudrucken, vermöge welcher es sich und allen Geschöpfen auf die vollkommenste Art genug oder hinlänglich ist. Daher die Allgenugsamkeit.


Allgewaltig (W3) [Adelung]


Allgewaltig, adj. et adv. mit der höchsten Gewalt bekleidet, ein Beywort, welches sich im schärfsten Verstande gleichfalls nur von Gott gebrauchen lässet. Ein Mißbrauch ist es, und eine sehr widerwärtige Übertreibung, wenn einige dieses Wort für gewaltig, heftig überhaupt gebrauchen. O, die Stille der Seele wie allgewaltig rettet sie in allen Gefahren! Allgewaltig wüthet der Schmerz in meiner Seele. Die Allgewaltigkeit für Allmacht, ist neu, aber auch nurichtig, weil das einfache Gewaltigkeit nicht gebräuchlich ist. Die Schweden haben allswaldig und die Isländer allwaldr in eben dieser Bedeutung. S. Allwaltend.


Allgut (W3) [Adelung]


Das "Allgut", plur. inus. ein Nahme, der an einigen Orten derjenigen Pflanze gegeben wird, welche an andern "guter Heinrich", "Schmerbel", "schmieriger Gänsefuß", und bey dem Linne "Chenopodium bonus Henricus" genannt wird. Den Nahmen "Allgut", Engl. "Allgood", hat sie theils wegen ihrer heilsamen Kräfte in der Arzneykunst, theils auch, weil ihre Blätter und Wurzeln eine gute Speise abgeben. S. "Heinrich".

Da derselbe mit "gut", als der adverbischen Form des Adjectives zusammen gesetzet ist, so leidet er auch, wie alle übrige dieser Art, z. B. "das Schwarz", "das Weiß", "das Grün" u. s. f. keine Biegungszeichen. Genit. "des Allgut", Dat. "dem Allgut" u. s. f.


Allgütig (W3) [Adelung]


Allgütig, adj. et adv. im höchsten Grade gütig, welches sich doch nur von Gott gebrauchen läßt. Außerdem ist höchst gütig schicklicher und üblicher.


Allhier (W3) [Adelung]


Allhier, ein Umstandswort des Ortes, für hier, an diesem Orte. All dienet hier bloß zur Verlängerung des Wortes, welche der Numerus der Rede zuweilen nothwendig macht, und welche andere Oberdeutsche durch ihr dahier zu bewerkstelligen suchen. Wer hat allhier der Vorgebürge Rücken Zu Tempeln und Pallästen ausgehöhlt? Raml. Allhiesig, das Beywort für hiesig ist mit dieser Verlängerung unnöthig, weil das einfache schon zweysylbig ist.


Allianz (W3) [Adelung]


Die Allianz, plur. die -en, eine ohne Noth aus dem Franz. Alliance entlehntes Wort, eine Verbindung, oder ein Bündniß, besonders unter freyen Staaten und deren Häuptern, auszudrucken. So auch für Allürter, Bundesgenoß, ein Bundesverwandter, in der Schweiz ein Verbündeter, ein Bündner.


Allmacht (W3) [Adelung]


Die Allmacht, plur. car. die höchste Macht, welche im schärfsten Verstande nur Gott zukommen kann. Es wird alsdann durch die vollkommenste Kraft erkläret, alles mögliche ohne Mühe zu bewirken. Die dichterische Schreibart der Neuern gebraucht dieses Wort zuweilen auch, nach einer freylich etwas starken Hyperbel, von einer jeden vorzüglichen Macht. Die Allmacht ihrer Reitze.


Allmächtig (W3) [Adelung]


Allmächtig, adj. et adv. mit Allmacht begabt. Der allmächtige Gott, und substantive, der Allmächtige. Einige neuere Dichter haben dieses Wort für sehr stark, sehr heftig einführen wollen. - Allmächtigs Mitleid faßt Die bebende Versammlung, Dusch.

Anm. Dieses Wort ist alt. Schon im achten Jahrhundert kannten die Franken das Wort almahtig. Bey den alten Scan-diern lautet es almakti, und bey den heutigen Dänen allmeckig und allmägtig. Die Alten machten hieraus ein neues Hauptwort, die Allmächtigkeit, welches in der goldenen Bulle für Majestät, und geletzte Allmächtigkeit, für beleidigte Majestät vorkommt. Jetzt verdienet es nur dann beybehalten zu werden, wenn man die Eigenschaft als ein Abstractum, von der Allmacht oder höchsten Macht selbst zu unterscheiden nöthig findet.


Allmählich (W3) [Adelung]


Allmählich, adv. mit einer sanften gelinden Bewegung, und figürlich, nach und nach, allgemach. Allmählich sah ich nun das Räthsel aufgeklärt, Weiße.

Anm. Die dieses Wort von Mahl herleiten wollen, werden ihre Ableitung nicht ohne großen Zwang beweisen können. Wachter fällt auf das Wendische maly, klein. Hätten nicht die künstlichsten Herleitungen immer die größten Reitze für ihn, so würde er bey dem bekannten gemach geblieben seyn. Für allgemach sagte man auch allgemächlich, und hieraus ist allmählich entstanden. Jeroschin schrieb, dem Frisch zu Folge, im 14ten Jahrhunderte noch allmächlich; aber im Theuerdank findet man schon gemelig, ohne Aspiration. Vermöge dieser Ableitung muß auch die letzte Sylbe ein ch bekommen, weil es die Ableitungssylbe lich ist. Das h in der Mitte muß gleichfalls beybehalten werden, um das Andenken der nächsten Abstammung zu erhalten. S. Gemach, Allgemach und Mählich.


Allodial (W3) [Adelung]


Allodial, adj. et adv. aus dem mittlern Lat. allodialis, in den Rechten, von niemand zu Lehen rührend, freyeigen; im Gegensatze des feudal, lehnbar, lehnspflichtig. Ein allodiales Gut. Ein Gut allodial machen. Am häufigsten ist es in Zusammensetzungen, von welchen folgende die vornehmsten sind.

Anm. Allod ist ein altes Deutsches Wort, welches aber mit der Zeit veraltet, und durch die Latein. Schriftsteller der mittlern Zeiten mit einer fremden Endung (Allodium) erst wieder zu uns gekommen ist. Od bedeutet das Eigenthum; nur die Sylbe all hat noch einige Dunkelheit, die durch alle Muthmaßungen und Träume der Wortforscher noch nicht aufgekläret worden. S. du Fresne Gloss. v. Alodis, und Ihre Gloss. v. Od. S. auch Kleinod.


Allodial-Erbe (W3) [Adelung]


Der Allodial-Erbe, des -n, plur. die -n, derjenige, welcher ein Allodial-Gut erbet, in Hessen und andern Gegenden der Landerbe, im Gegensatze des Lehenserben.


Allodial-Schuld (W3) [Adelung]


Die Allodial-Schuld, plur. die -en, eine Schuld, welche auf ein Allodial-Gut gemacht wird; zum Unterschiede von einer Lehensschuld.


Allsehend (W3) [Adelung]


Allsehend, adj. et adv. welches eigentlich das Participium des Zeitwortes sehen, mit dem Beyworte all ist, der auf das vollkommenste siehet; ein Wort, welches einige Neuere von Gott gangbar gemacht haben. Der Allsehende Gott. Das Allsehende Auge des Höchsten.


Alltägig (W3) [Adelung]


Alltägig, oder alltäglich, adj. et adv. 1) Eigentlich, was alle Tage kommt, oder geschiehet, für täglich, doch fast nur in der Benennung des alltägigen oder alltäglichen Fiebers. In Oberdeutschland hingegen wird dieses Wort fast in allen Fällen für täglich gebraucht. 2) In eingeschränkter Bedeutung, was den Wochentagen zukommt, oder gehöret, im Gegensatze des festtäglich. Ein alltägliches Kleid. 3) Figürlich, gewöhnlich, gemein, niedrig, im Gegensatze dessen, was selten, ausgesucht, vortrefflich ist. Ein alltäglicher Scherz. S. das folgende.

Anm. Beyde Formen dieses Wortes sind richtig. Alltägig, ist nach der Analogie von eintägig, zweytägig, u. s. f. und alltäglich nach täglich, festtäglich u. s. f. gebildet. Doch ist dieses in den beyden letzten Bedeutungen gebräuchlicher als jenes.


Alltäglichkeit (W3) [Adelung]


Die Alltäglichkeit, plur. inusit. von der letzten Bedeutung des vorigen, die gemeine, gewöhnliche Beschaffenheit. Sich mit seinen Gedanken über die niedrige Alltäglichkeit erheben.


Alltags- (W3) [Adelung]


Alltags-, ein aus alle Tage zusammen gezogenes Bestimmungswort, welches mit verschiedenen Substantiven zusammen gesetzet werden kann. Es bedeutet alsdann, 1) eigentlich, ihre Bestimmung für die gemeinen Wochentage, im Gegensatze der Festtage, wie Alltagskleid, Alltagshut, Alltagsspeise u. s. f. 2) Aber auch figürlich, eine Person oder Sache von gewöhnlicher, und folglich gemeiner, geringer Beschaffenheit. In dieser Bedeutung sagt man, ein Alltagsgesicht, von der gemeinen Bildung einer Person, Günth. Ein langweiliges Alltagsgewäsch, Less. Ein Alltagsheiliger, ein Heiliger von geringerem Range. Ein Alltagspoet. Der Alltagston der gewöhnlichen Predigten. Ein Alltagswitz u. s. f.


Alludiren (W3) [Adelung]


+ Alludiren, verb. reg. act. von dem Lat. alludere, eine Sache auf eine verdeckte mittelbare Art erwähnen, darauf anspielen, mit auf. Auf eine alte Geschichte alludiren, anspielen.


Allusion (W3) [Adelung]


Die Allusion, plur. die -en, von dem Lat. Allusio, und dieß von dem vorigen, die Anspielung. Besonders in den schönen Wissenschaften, die Beziehung auf einen einzelnen Gegenstand, einen andern Begriff dadurch anschaulich zu machen; auch hier die Anspielung.


Allwaltend (W3) [Adelung]


Allwaltend, adject. welches eigentlich das Participium des veralteten Zeitwortes walten, regieren, mit dem Worte all ist, alles regierend, ingleichen, alles vermögend; ein Beywort, welches nur von Gott gebraucht wird. Die allwaltende Beschirmung Gottes.

Anm. Dieses Wort ist sehr alt. Der aluualdendeo kommt bey dem Isidor, ala uualtentan, im Accusat. bey dem Ottfried, und ther alwalten Kaisare, bey dem Tatian vor. Im Nieders. hingegen ist allweldig, der sich zu viel Gewalt anmaßer, übermüthig.


Allweise (W3) [Adelung]


Allweise, adj. et adv. mit der höchsten Weisheit begabt, eine Eigenschaft, die sich gleichfalls nur von dem höchsten Wesen sagen läßt. Das allweise Wesen. Die allweise Vorsehung.


Allweisheit (W3) [Adelung]


Die Allweisheit, plur. car. die höchste Weisheit.


Allwissend (W3) [Adelung]


Allwissend, adj. et adv. alles wissend, von allen Dingen die vollkommenste Wissenschaft habend. Niemand ist allwissend als Gott. Der Allwissende siehet alles und höret alles.


Allwissenheit (W3) [Adelung]


Die Allwissenheit, plur. car. die Eigenschaft, alles auf das vollkommenste zu wissen, das Vermögen, sich alle Dinge auf das vollkommenste vorzustellen.


Allwo (W3) [Adelung]


* Allwo, das ohne Noth verlängerte Umstandswort wo, welches an dessen Statt nur noch in den Kanzelleyen gangbar ist.


Allzu (W3) [Adelung]


Allzu, das mit dem emphatischen all verlängerte Nebenwort zu, wenn es den Adjectiven und Adverbiis vorgesetzet wird, und alsdann einen Überfluß dessen andeutet, wobey es steht. Allzu groß, allzu sehr, allzu klein, allzu zärtlich. In dem ernsthaften und erhabenen Style wird zu lieber ohne diese matte Verlängerung gebraucht. Zu den Participiis schickt sich dieses Wort so wenig als das einfache zu; allzu lermende Ergetzlichkeiten, ist ein Barbarismus. Viele schreiben dieses allzu mit dem folgenden Adjective oder Adverbio als Ein Wort, allzugroß, allzuviel, allzuunwürdig. Allein, da das einfache zu in diesem Falle jederzeit getrennt geschrieben wird, so muß es mit diesem gleichfalls geschehen. Die beyden folgenden gehören nicht hierher.


Allzugleich (W3) [Adelung]


* Allzugleich, eine veraltete Zusammenziehung der Worte alle zugleich.


Allzumahl (W3) [Adelung]


* Allzumahl, ein im Hochdeutschen gleichfalls veraltetes Oberdeutsches Umstandswort, für alle, insgesammt. - Uns Männer allzumahl, Opitz. Doch angesehn das Volk noch durch dieß allzumal Zu keiner Buße kam, ebend. Ist Erz gleich zu den ThürenUnd zu den Riegeln Stahl, Wenn er sie an will rühren,So bricht es allzumahl, ebend.


Almanach (W3) [Adelung]


Der Almanach, des -es, plur. die -e, ein Kalender; eine Benennung, welche im gemeinen Leben wenig mehr vorkommt, aber noch bey den Dichtern lebt. Außer dem gebraucht man es auch am häufigsten von solchen jährlichen Handbüchern, bey welchen die voran gehenden Kalender-Nachrichten nur zur Empfehlung dienen. Ein Musen-Almanach, Theater-Almanach, Kriegs-Almanach, der berichtigte Kirchen- und Ketzer-Almanach u. s. f. wofür doch auch Kalender üblich ist. Rich. Verstechan versichert nach dem Journal Encyclop. die Angelsachsen hätten ihre Runstäbe, welche ihnen Statt des Kalenders gedienet, All-moon-aght, d. i. Tafel aller Monden genannt. Ich habe davon bey andern nichts gefunden; allein gesetzt, seine Versicherung wäre keine bloße etymologische Muthmaßung, so ist doch unser Almanach gewiß nicht daher entlehnet; denn dieses ist ganz Arabisch, und mit der Astronomie, die wir in den mittlern Zeiten von den Arabern erhielten, zu uns gekommen. Im Persischen lautet es Elmenach. Ich finde dieses Wort zuerst bey dem Georg von Peuerbach, einem der ersten Deutschen Astronomen, welcher um 1460 zu Wien lebte und Almanach pro annis pluribus berechnete.


Almandin (W3) [Adelung]


Der Almandin, des -es, plur. die -e, ein Edelstein, der eigentlich zu den Rubinarten gehöret, ganz dunkel und den hochrothen Granaten ähnlich ist, und mit dem wenigsten Feuer spielet; Carbunculus Alabandicus, Almandinus. Er hat den Nahmen von der Stadt Alabanda in Carien, wo er, dem Plinius zu Folge, hergebracht wurde, und sollte also billig Alabandin geschrieben werden. Allein daß das b schon vorlängst durch das m verdränget worden, erhellet aus dem du Fresne v. Alamandinae.


Almende (W3) [Adelung]


Die Almende, plur. die -n, S. Allgemeinheit.


Almer (W3) [Adelung]


1. Die Almer, plur. die -n, der Österreichische Nahme des Faulbaumes, S. dieses Wort.


Almer (W3) [Adelung]


2. Die Almer, plur. die -n, eine Oberdeutsche Benennung eines Schrankes, welche aus dem spätern Lat. Armarium, Armaria und Almaria entstanden ist, wovon auch die Franzosen ihr Armoire, die Spanier ihr Almario, die Holländer ihr Almaris, Armaris, Ammaris, die Ungarn ihr Almarion und die Böhmen ihr Almara haben. In der Oberpfalz ist dieses Wort ungewissen Geschlechtes; allein in Schlesien und dem Meißnischen Erzgebirge sagt man die Almer, und spricht es in dem letztern auch wohl Alment, Almut, und Ulm aus. Auch die Hochdeutschen Kartenmacher nennen den Schrank mit einem Ofen, worin die gemachten Karten getrocknet werden, eine Alme. Das Verkleinerungswort wird bald Älmerlein, bald Elmerlein, bald Almerchen ausgesprochen. Daß ehedem auch Almerey für Sacristey üblich gewesen, erhellet aus dem Frisch. S. du Fresne v. Almaria, Armaria und Eleemosynaria.


Almey (W3) [Adelung]


Der Almey, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der in den Messinghütten auch dem weißen Nicht oder Galmeyfluge gegeben wird, und vermuthlich mit Galmey eines Ursprunges ist. S. Augennicht, Nicht, ingleichen Galmeyflug.


Aloe (W3) [Adelung]


Die Aloe, plur. car. ein Nahme, der verschiedenen ausländischen Producten des Pflanzenreiches beygeleget wird. 1) Einem Indianischen Baume, dessen Holz bitter und schwer ist, aber, wenn es auf Kohlen gelegt wird, einen angenehmen Geruch gibt; Aloeholz, Paradiesholz, Xylaloe, Agallochium. Die beste Art davon, welche in Indien selbst sehr kostbar ist, wird daselbst Calambac genannt. Dieser Aloe geschiehet in der Bibel einige Mahl Meldung, und unter andern auch Ps. 45, 9. wo sie imHebräischen im Plural - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - genannt wird. 2) Einem andern Indianischen und Chinesischen Baume, dessen Holz gleichfalls selten ist, und fast wie das wahre Aloeholz riecht. Die Spanier nennen es Lacca, die Deutschen aber Adlerholz, Augenholz, Kreuzholz. 3) Einer Pflanze, welche in Ostindien, Zeylan und Guinea wächset, und auch Hyacinthen-Aloe genannt wird; Aletris, L. 4) Einer Pflanze, welche sehr viel Unterarten unter sich begreift, welche insgesammt in Ostindien und Afrika zu Hause sind, Eine Art ausgenommen, welche bey dem Blakwell die wahre Aloe heißt, und in Italien und Sicilien auf den Dächern und Mauern wächset; Aloe, L. 5) Noch einer andern Pflanze, welche in Amerika zu Hause ist, aber jetzt in Portugall und Spanien sehr häufig wächset, und bey den Deutschen Gärtnern eigentlich unter dem Nahmen der Aloe, oder der Amerikanischen Aloe bekannt ist; Agave, L. 6) In den Apotheken, einem bräunlichen, harzigen Schleimsafte, welcher hart und brüchig ist, einen durchdringend bittern und ekeln Geschmack und widrigen Geruch hat, und von einer Abänderung der Num. 4. beschriebenen Aloe-Pflanze in Ostindien, Afrika, und den Amerikanischen Inseln gesammelt wird. Die reinste Art desselben, welche eine reine Leberfarbe hat, wird Leber-Aloe, die gröbste unreinste Art aber Roß-Aloe genannt.

Anm. Gemeiniglich glaubt man, daß dieser Nahme aus dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - komme, weil alle diese Pflanzen über Meer nach Europa gebracht werden. Allein es scheinet vielmehr, daß der Num. 1. angezeigte Hebräische Nahme das Stammwort sey. Der bittere Geschmack, welchen das daselbst beschriebene kostbare Holz hat, ist vielleicht die Veranlassung gewesen, das bittere Gummi gleiches Nahmens, und die Pflanzen, welche es liefern, gleichfalls so zu benennen. Isidor unterscheidet schon die Aloa, arborem odoris suavissimi ac summi, von der Aloe, herba amarissimi succi.


Aloe-Holz (W3) [Adelung]


Das Aloe-Holz, des -es, plur. inusit. S. oben Aloe 1 und 2.


Alp (W3) [Adelung]


Der Alp, des -es, plur. die -e, 1) Eigentlich, in der Geisterlehre des großen Haufens, ein bösartiger Geist, dem man den Krampf im Zwergfalle zu schreibet, welcher sich zuweilen bey Schlafenden einfindet, und mit einem Magendrücken und schweren Träumen verbunden ist. Man glaubt alsdann, der Alp komme in Gestalt einer Katze oder andern Thieres, lege sich auf den Menschen und verhindere ihn am Athemhohlen; und dieß nennet man denn, von dem Alpe gedrückt oder geritten werden. Daher das Alpdrücken, dieser Zufall. 2) Figürlich, auch das Keichen oder der schwere Athem bey dem Viehe, welcher an einigen Orten der Hintsch genannt wird.

Anm. Frischens und Wachters Ableitungen dieses Wortes von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - sind viel zu weit hergehohlet. Alle untere Geister, und das, was die Römer Faunen, Satyren und Nymphen hießen, führeten bey allen alten nordischen Völkern den Nahmen der Alfen oder Elfen; vielleicht von dem folgenden Worte Alp, ein Berg, weil man ihnen vornehmlich die Berge zu ihrer Wohnung anwies. Wachter selbst und nach ihm Ihre und andere führen von diesen Alfen und Elfen Beyspiele genug an. Unter andern Wirkungen, deren Ursache die damahligen eingeschränkten Einsichten nicht sogleich begreifen konnten, schrieb man ihnen auch das krampfartige Magendrücken im Schlafe zu, welcher Aberglaube sich denn noch bis auf die heutigen Zeiten erhalten hat. Im Niedersächs. und allen damit verwandten Mundarten ist diese Beschwerde und der Geist, der sie verursachen soll, auch unter dem Nahmen des Mahren bekannt; S. dieses Wort. Die Oberdeutschen nennen ihn hingegen auch das Schröterlein, und nach einer verderbten Aussprache Schrötle, Schretzel, Schretz, Scherzel, ingleichen das Nachtmännlein, Wichtele, den Druden, Nachtdruden, und das Alpdrücken selbst, das Druddrücken. S. Drud. Von der ersten Benennung kommt vermuthlich auch das Slavonische Skrjter her, womit die Böhmen diesen Geist benennen. Einige Niedersachsen kennen ihn auch unter dem Nahmen des Huckup von aufhucken. Bey den Franzosen heißt er Appesart, und Cauchemar, bey den Ital. Pesarvolo, bey den Spaniern Pesadilla, und im Lateine der mittlern Zeiten Babutzicarius. In der Mark Brandenburg wird der fliegende Drache der Alft genannt.


Alpen (W3) [Adelung]


Die Alpen, singul. inus. eine der ältesten Benennungen aller hohen Berge, welche heut zu Tage vorzüglich noch denjenigen Bergen eigen ist, welche Deutschland von Italien scheiden; das Alpengebirge. Obgleich die einfache Zahl, die Alp, im Oberdeutschen gemeiniglich die Alb, oder wie es in der Schweiz gewöhnlich ist, der Alp, im Hochdeutschen mangelt, so ist sie doch in ganz Oberdeutschland gäng und gebe, wo sie eigentlich die mittlern mit Gras bewachsenen Gegenden der hohen Berge bedeutet, welche auch Alpungen genannt werden. Daher kommt die Oberdeutsche Redensart, zu Alp fahren, das Vieh in diese Weide treiben.

Anm. Das hohe Alter dieses Wortes, wovon in den eigenthümlichen Nahmen aller Länder so viele Spuren vorkommen, bestätigen alle Wörterbücher. Gemeiniglich glaubt man, daß es mit albus, weiß, Griechisch - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, von einerley Stamme herkomme, und daß mit dieser Benennung auf die weißen, mit ewigem Schnee bedeckten Gipfel solcher Berge gesehen werde. Es kann seyn; indessen bleibt die Ableitung doch nur eine Muthmaßung, die nichts als eine Ähnlichkeit in dem Schalle beyder Wörter für sich hat. Bey Wörtern von einem so hohen Alter als das gegenwärtige ist, enthält man sich am sichersten aller weitern Ableitung. Notker gebraucht dieses Wort noch als eine allgemeine Benennung für Berg: Muspergisin dien lochen dero alpon, die Bergmaus in den Löchern der Berge, P. 103, 18. Und der Verfasser des Gedichtes von dem Kriege Carls des Großen wider die Saracenen, V. 1896. Tho Kerte ther Helet iunge uf eine hohe ther alben. S. du Fresne Gloss. v. Alpes, und Frisch h. v. In den mit dieser Benennung zusammen gesetzten Wörtern, ist theils der Singular, theils auch der Plural üblich. In diesem bedeutet das Wort oft ein jedes hohes Gebirge. Jene stammen zunächst aus Oberdeutschland her, wo der Singular von Alpen überall gebräuchlich ist.


Alpenbalsam (W3) [Adelung]


Der Alpenbalsam, des -es, plur. car. S. Alprose.


Alpenbärlapp (W3) [Adelung]


Der Alpenbärlapp, des -es, plur. inus. ein Moos, welches zu den Bärlappen gehöret; Lycopodium alpinum, L. Es wird auf den hohen Bergen in Lappland und in der Schweiz gefunden.


Alpenbirke (W3) [Adelung]


Die Alpenbirke, plur. die -n, eine Art kleiner Birken mit zirkelförmigen gekerbten Blättern, welche auf den Bergen in Lappland, ingleichen auf dem Harze wächset; die Zwergbirke, Betula nana, L. Schwed. Fiäll-Biörk.


Alpengeld (W3) [Adelung]


Das Alpengeld, des -es, plur. doch nur von mehrern Summen, die -er, eine Auflage auf die eigenen Leute in den Schweizerischen Gebirgen. S. auch du Fresne v. Alpagium und Alpaticum.


Alpenkiefer (W3) [Adelung]


Die Alpenkiefer, plur. die -n, eine Art Kiefern, welche auf den Alpen wächset, zu keinem hohen Baume wird, sondern ihre Zweige bis 30 Schuhe lang auf der Erde fortkriechen lässet. Sie liefert das so bekannte Krummholzöhl, und wird im gemeinen Leben auch Krummholzbaum, Zunderbaum, Lackholz, Löwenforche, Dosenbaum, Grünholz, Rothfohre, Felsenfohre, in Österreich mit einem Wendischen Nahmen Serp, in Steyermark Läggerstaude, von liegen und lege, niedrig, im Würtembergischen Legfohre, in Österreich und Tyrol Zerm und Zürm genannt. S. Krummholzbaum.


Alpenklee (W3) [Adelung]


Der Alpenklee, des -s, plur. inus. eine Art Klee, der gebirgigen Gegenden; brauner Bergklee, Trifolium alpinum, L.


Alpenkrähe (W3) [Adelung]


Die Alpenkrähe, plur. die -n, S. Bergkrähe.


Alpenkraut (W3) [Adelung]


Das Alpenkraut, des -es, plur. die -kräuter. 1) Ein jedes Kraut, welches auf den Alpen oder andern hohen Bergen wächset. 2) Ohne Plural, besonders ein Oberdeutscher Nahme des Baldrians; S. dieses Wort.


Alpenkreuz (W3) [Adelung]


Das Alpenkreuz, des -es, plur. die -e. S. Alpfuß.


Alpenmohn (W3) [Adelung]


Der Alpenmohn, des -es, plur. inusit. eine Mohnart der Alpen und Pyrenäen; Papaver alpinum. L.


Alpensalz (W3) [Adelung]


Das Alpensalz, des -es, plur. inusit. ein Salz, welches aus den Alpen gegraben werden soll, und in der Medizin gebraucht wird, aber in der Wirkung dem Epsomschen oder Seidlitzer Salze völlig gleich ist.


Alpenscharte (W3) [Adelung]


Die Alpenscharte, plur. inusit. eine Art der Scharte mit beynahe zotigen eyförmigen Kelchen und ungetheilten Blättern, welche auf hohen Gebirgen einheimisch ist; Serratula alpina, L.


Alpfuß (W3) [Adelung]


Der Alpfuß, des -es, plur. die -füße, eine fünfeckige Figur, welche aus fünf geraden Linien mit an einander geschlossenen Enden besteht, und in Einem Zuge gezeichnet werden kann; der Drudenfuß, Signum Pythagoricum. In der Wapenkunst wird diese Figur auch das Alpenkreuz, richtiger Alpkreuz, Pentalpha, Franz. Pentalphe genannt. Auch die sechseckige Figur, welche aus zwey verschrenkten Dreyecken bestehet, davon eins die Spitze über sich, das andere aber unter sich kehret, und deren sich ehedem die Planeten-Steller bedieneten, wird von einigen so genannt. Die Deutschen Nahmen rühren daher, weil man sich dieser Figuren ehedem zu allerley Aberglauben, und besonders auch wider den vermeinten Alp bediente. S. Drudenfuß.


Alphabet (W3) [Adelung]


Das Alphabet, des -es, plur. die -e, eine von den beyden ersten Griechischen Buchstaben hergenommene Benennung des A, B, C. Etwas nach dem Alphabete ordnen. Besonders wird in den Buchdruckereyen und bey den Buchhändlern eine Zahl von 23 gedruckten Bogen mit diesem Nahmen belegt, weil dergleichen Bogen unten mit einem Buchstaben des Alphabetes bezeichnet sind, wobey aber das W ausgelassen wird. Ein Buch von drey Alphabeten, d. i. von 69 Bogen. Außer dem pflegen auch die Buchbinder ihre messingene Schriftstämpel und die Kaufleute ein nach der Ordnung des A, B, C geordnetes Register über die Rubriken der Hauptbücher ein Alphabet zu nennen.


Alphabetisch (W3) [Adelung]


Alphabetisch, adj. et adv. nach der Folge der Buchstaben, nach dem Alphabete. Die alphabetische Ordnung.


Alphof (W3) [Adelung]


Der Alphof, des -es, plur. die -höfe, ein Viehhof der Hirten auf den Alpen.


Alphorn (W3) [Adelung]


Das Alphorn, des -es plur. die -hörner, ein aus Baumrinden verfertigtes Horn der Kuhhirten auf den Alpen.


Alpkirsche (W3) [Adelung]


Die Alpkirsche, plur. die -n, in einigen Gegenden, ein Nahme der schwarzen Vogelkirsche, welches S.


Alpkraut (W3) [Adelung]


Das Alpkraut, des -es, plur. inus. ein Nahme, welcher von einigen dem Hirschklee, oder Wasserdost, Eupatorium, L. gegeben wird, vermuthlich wegen der guten Wirkungen, die man ihm ehedem wider den Alp zugeschrieben. S. Hirschklee.


Älpler (W3) [Adelung]


Der Älpler, des -s, plur. ut nom. sing. in Oberdeutschland, besonders der Schweiz, ein Nahme derjenigen Hirten, welche den Sommer über mit ihrem Viehe die grasreichen Gegenden der Alpen bewohnen.




Alpmeier (W3) [Adelung]


Der Alpmeier, des -s, plur. ut nom. sing. ein Meier oder Aufseher, der an einigen Orten der Schweiz über die Alphöfe und Alpenweiden gesetzt ist.


Alprabe (W3) [Adelung]


Der Alprabe, des -n, plur. die -n. 1) Ein Nahme, welchen die Dohle in der Schweiz führet, wo sie auch Albrapp, Albkachle, Bergdohle, Steinhatz genannt wird. S. Bergdohle. 2) Der Berg-Eremit. S. dieses Wort.


Alpranken (W3) [Adelung]


Die Alpranken, singul. inus. ein Nahme, 1) des Nachtschattens, oder Je länger je lieber, Solanum dulcamara, L. weil die Landleute es dem Viehe wider den Alp oder schweren Athem an den Hals zu hängen pflegen. Im gemeinen Leben Alfranken. S. Nachtschatten. 2) Der Eichenmistel, welche gleichfalls ein bewährtes Mittel wider das Alpdrücken abgeben soll, daher sie auch, besonders in Niedersachsen, Marentacken genannt wird.


Alprauch (W3) [Adelung]


Der Alprauch, des -es, plur. inus. an einigen Orten der Erdrauch; Fumaria officinarum, L. vermuthlich, weil man ihn wegen seiner den Magen stärkenden Kraft gleichfalls als ein gutes Mittel wider den Alp angesehen.


Alpruthe (W3) [Adelung]


Die Alpruthe, plur. die -n, bey dem großen Haufen, in einander gewachsene Zweige eines Baumes, Strauches oder einer Pflanze, dergleichen man oft in Weidengehölzen und unter dem Spargel findet; Alpschoß, im Oberdeutschen ein Drudenbusch. Der Nahme rühret von dem Aberglauben her, den man ehedem mit dergleichen Zweigen getrieben, und wohl noch treibet.


Alpschoß (W3) [Adelung]


Der Alpschoß, des -sses, plur. die -sse, ein Nahme, 1) der vorigen Alpruthe. 2) Des Belemniten oder so genannten Donnersteines, dem in der Rockenphilosophie eine bewährte Wirkung wider den Alp zugeschrieben wird, daher er auch Alpschoßstein, und Alpstein genannt wird. S. Belemnit.


Alpzopf (W3) [Adelung]


Der Alpzopf, des -es, plur. die zöpfe, ein verworrener und verwachsener Haarzopf, der, wenn er mit der Schere durchschnitten wird, blutet; der Weichselzopf, Marenzopf, Marenzotten, Nieders. Elfklatte, Engl. Elf-lock, Schwed. Marlock. Der gemeine Aberglaube schreibet diese Krankheit den bösen Geistern, und unter diesen besonders dem Alpe zu. S. Weichselzopf.


Alpstein (W3) [Adelung]


Der Alpstein, des -es, plur. die -e. 1) S. Alpschoß. 2) Eine jede Steinart, welche der Aberglaube wider das Alpdrücken anzuhängen pflegt; z. B. Korallen, der Chrysolith, Jaspis, und selbst der Adlerstein.


Alraun (W3) [Adelung]


Der Alraun, des -es, plur. die -e. 1) Eine Pflanze mit einer glockenförmigen Krone, und einer kugelrunden Beere, welche mit zwey Fächern versehen ist, ohne Plural; Atropa Mandragora, L. im Deutschen auch Wolfskirsche, Schlafapfel, Hintschapfel. Diese Pflanze, welche in Spanien, Italien und der Insel Creta wild wächset, war wegen ihrer medicinischen Kräfte schon bey den ältesten Völkern bekannt, und der Aberglaube dichtete ihr noch weit mehr Kräfte an, als sie wirklich hatte. Damahls ging Ruben zur Zeit der Weitzenernte aus, und fand Alraun auf dem Felde; den brachte er Lea, seiner Mutter, 1. Mos. 30, 14. f. nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. 2) Die zu einem Hausgeiste zubereitete Wurzel der vorhin beschriebenen Pflanze; wo es auch wohl im Diminutivo gebraucht wird, das Alraunchen. Diese Wurzel ist weiß, dick, unten gespalten, wie zwey über einander geschränkte Menschenbeine, und mit dünnen Zäserchen, wie mit Haaren bedeckt; welches alles ihr einiger Maßen die Gestalt einer menschlichen Bildung gibt. Man pflegt diese Wurzel unter allerley abergläubigen Umständen zu graben, anzukleiden, und als einen heilsamen Hausgeist der Leichtgläubigkeit sehr theuer zu verkaufen. Ein solcher Hausgeist wird noch jetzt an einigen Orten Galgenmännchen, weil die Wurzel unter dem Galgen wachsen soll, Heinzelmännchen, Glücksmännchen, Erdmännchen, Geldmännchen, weil er Geld bringt, Herenmännchen, und in Niedersachsen Alruniken genannt. Weil die wahre Alraunwurzel in Deutschland selten ist, so wird auch wohl die Wurzel der Zaunrübe, Bryonia, L. die in der äußern Gestalt einige Ähnlichkeit mit jener hat, für dieselbe verkauft.

Anm. Schon bey den alten Gothen hieß eine Art Zauberinnen oder weiser Weiber Alirumnae, welche für das heutige Alrunae gehalten wird, und da auch Tacitus einer ähnlichen Aurinia bey den alten Deutschen gedenkt, so wollen viele auch dafür Alruna gelesen wissen. Dem sey wie ihm wolle, so ist das Wort schon sehr alt, und wird am wahrscheinlichsten von all und dem alten runa, wissen, ( S. Raunen,) abgeleitet, eine Person zu bezeichnen, welche alles weiß, eine weise Frau. Da man mit der Wurzel der Pflanze schon sehr frühe Aberglauben getrieben, so läßt sich die Übertragung des Nahmens von einer weisen Frau auf einen vermeinten Geist und dessen Pflanze leicht begreifen. S. Keyßlers Antiquit. septemtr. Wachter v. Alraun, und Ihre v. Runa. Wenn dieses Wort von einer weiblichen Person gebraucht wurde, so war es vermuthlich weiblichen Geschlechtes, die Alraune. Aber in der Bedeutung der Pflanze und ihrer Wurzel ist es unstreitig männlichen Geschlechts, ob gleich Frisch und andere die Pflanze weiblich, die Wurzel aber männlich gebrauchen, und dadurch auch mich in der ersten Ausgabe dieses Wörterbuches zu gleichem Irrthume verleitet haben.


Als (W3) [Adelung]


Als, eine Conjunction, deren Verrichtungen vornehmlich in folgenden Stücken bestehen. Es ist nehmlich:1. Comparativ, eine Vergleichung auszudrucken, da es denn diejenige Sache, welche zum Maßstabe der Vergleichung oder zum Gleichnisse dienet, mit der vorher gehenden verbindet. Es geschiehet solches,1) In eigentlichen Vergleichungen, wo bloß die Ähnlichkeit zweyer Dinge bestimmt werden soll. Da nun das Wesen der Comparativen in der Vergleichung bestehet, so können sie dieses Wörtchen auch am wenigsten entbehren. Ich weiß, daß ihr mehr Einsicht habt als ich. Süßer als Honig. Größer als sie alle. Mein Leben ist mir nicht lieber, als ihre Ruhe. Es könnte ihr kein größeres Unglück widerfahren, als wenn man ihren Schatz ungeraubt ließe, Gell. Man kann ihr keinen größern Vorwurf machen, als daß sie nicht reich ist. Man pflanzt elende Vorurtheile oft lieber fort, als daß man sich bemühete, sie zu bestreiten. Das ist nicht mehr als billig, das ist vollkommen billig. Die Partikel wie dem als noch beyzufügen, sie sah einem Affen ähnlicher, als wie ihnen, ist überflüssig, und macht nur den Ausdruck schleppend. Wohl aber können wie und denn die Stelle des als vertreten; S. diese Wörter. Noch fehlerhafter ist es, wenn nach den Comparativis die Vergleichung verneinungsweise ausgedruckt wird; schärfer als kein zweyschneidig Schwert; alte Leute sagen oft mit einem Worte mehr, als die Jugend in einem Jahre nicht fassen kann, Gell. Obgleich im Positivo gar wohl gesagt werden kann: so scharf als kein schweyschneidig Schwert.Denn auch der Positivus der Adjectiven und Adverbien hat, wenn diese den Gegenstand einer Vergleichung enthalten, das als nach sich. So roth als eine Rose. Es ist so gut als Gold. So viel, als genug ist. Ich trinke so gern Wasser, als Wein. So sehr als sie es verdienet. Deine kleinen Fehler sind fast eben so gut als Schönheiten, Gell. Das Wörtchen so kann alsdann in einigen Fällen auch weggelassen werden. Roth als eine Rose. Kühl als der sanfte West. Schön als die Göttin der Liebe. Nur gehet solches vor gut, viel und den Umstandswörtern nicht an.Wenn der Nachsatz, der den Maßstab der Vergleichung enthält, ein Verbum ist, so kann auch als verbissen werden. So sehr sie es verdienet. So viel genug ist. Sie will mir nichts mehr sagen, bis ihr Bruder kommt. Dieß gilt auch von solchen Redensarten, wo die Form der Vergleichung für ungeachtet stehet. So geitzig als sie ist, so gab sie doch dießmahl. So krank als er war, so ging er doch zu Fuße; wo als auch weggelassen werden kann. Nimmt dich die Zärtlichkeit nur erst vollkommen ein, So sey so stolz du willst, du hörst es auf zu seyn, Gell. Nur geht solches nicht in allen Fällen an; z. B. er mag nun ein so seltsamer Kopf seyn, als er will.2) In Gleichnissen, wo eine Sache durch eine andere ähnliche erläutert werden soll. Er redet davon, als von einer eitelen Beschäftigung. Er stehet als ein Berg Gottes. Mein wallend Herz erhob sich als auf Flügeln, Schleg. In diesem Falle haben einige Dichter solches wegzulassen, und dadurch den Accusativ der Griechen nachzuahmen gesucht. Gott sitzt König immerdar, Opitz. Da ward er böse, zornig, Ein kleiner Mars stand er, Gleim. Ich stand vor ihm gerüstet,Ein andrer Goliath, ebend. Allein diese Ellipse ist zu stark, und hat im Deutschen keine Analogie; macht auch in den meisten Fällen eine unangenehme Dunkelheit der Hauptbegriffe, welche die Dichtung eben so sehr vermeiden muß, als die Prose.Wenn das Gleichniß die Ursache einer Wirkung erläutert; so werden dem als noch die Wörter ob und wenn zugesellet. Du thust eben, als wenn du mich fragtest. Gleich als wenn ich schon überwunden hätte. Ich muß also thun, als ob ich gar nichts wüßte. Es scheinet recht, als ob ich das Ängstliche heute suchte und liebte, Gell. Sie kamen, als wenn sie gerufen wären, ebend. Wenn und ob können auch ausgelassen werden; alsdann wird aber die Wortfügung verändert, und das Verbum unmittelbar nach dem als gesetzet. Es ist, als wendete die Natur darauf doppelten Fleiß. Doch ich that, als schlummert' ich, Weiße.- Du sitzest traurig hier, Als hättest du recht schwere Sorgen, ebend. Das als wegzulassen, ist beynahe auch eine zu starke Ellipse. Mir ist, ich sey erst jetzt aus jener alten Nacht Dich anzuschaun, zu lieben aufgewacht, Weiße. Ihr ist, nachdem sie ihn verloren Und wieder fand, sie hab ihn erst geboren, ebend. Oft dienet diese ganze Vorstellungsart zur Einkleidung eines glimpflichen Verweises, oder einer unwilligen Antwort. Als wüßtest du nicht, daß ich kommen wollte! Pfui, als ob man die Hände sonst zu nichts brauchen könnte! Weiße. Was das für Zeug ist! Als wenn er nicht schon eine Frau hätte! ebend. Ja, als ob es eine Schande wäre, zu nehmen was man uns gibt! ebend. Und als wenn ich das nicht so gut wüßte als du! ebend.Aus obigen Beyspielen erhellet zugleich, daß als wenn und als ob den Conjunctiv nach sich haben; nicht, als wenn diese Partikeln denselben regierten, sondern weil der ungewisse Zustand der Rede denselben erfordert.3) In der unterrichtenden Schreibart, in Anführung eines Beyspieles, oder der einzelnen Theile eines Ganzen. Einige wenige Präpositionen stehen hinter ihren Hauptwörtern, als: der Gestalt nach, dem Himmel zuwider, des Gerichtes wegen. Die Wörter auf - all sind männlichen Geschlechtes als: der Ball, der Fall, der Knall u. s. f. In diesem Falle wird dem als gemeiniglich ein Kolon nachgesetzet. Nur hüthe man sich, daß das als keine Zweydeutigkeit mache. Am vierten Tage wurden andere Weltkörper, als Sonne, Mond und Sterne sichtbar; besser nehmlich, weil als leicht unmittelbar auf andere gezogen, und vergleichend verstanden werden kann.2. Die genaue Bestimmung des Subjectes auszudrucken. Die Bedeutung hängt mit der vorigen genau zusammen; allein die Vergleichung verschwindet und läßt nur den Begriff der Bestimmung zurück. Diese Bestimmung ist,1) Bloß einfach, da es denn eine explanative Conjunction ist. Er hält sich als ein rechtschaffener Mann. Ich kann dieses als eine Pflicht verlangen. Er darf nur sagen, daß wir als Freunde schreiben. Als ein Märtyrer der Wahrheit sterben. Sie hat eine goldene Kette, als ihren ganzen Reichthum, bey mir versetzet. Ich will es Ihnen als eine kleine Erkenntlichkeit geben. Ehe ich als Vater ein Machtwort rede. Ist das die tugendhafte Frau, von der alle Leute, als von einem Wunder ihres Geschlechtes reden? Gell. Nun man sollte denken, ich, als ein funfzigjähriger Mann, sollte wohl wissen, was ein Glück wäre, ebend.Einige Dichter haben das als auch hier, obgleich nicht ohne merkliche Dunkelheit und Härte, wegzulassen versucht. Wenn der, so mich mit Schmach beschwert, Sich jemals hätte Feind erklärt, Opitz. Und unter den neuern besonders Hr. Gleim: Zwar unser Vater ist nicht mehr; Jedoch er starb ein Held. Ingleichen: Ein Held fall ich; noch sterbend droht Mein Säbel in der Hand. 2) Oft enthält diese genauere Bestimmung des Subjectes zugleich eine Einschränkung, welche unter mehrern Gesichtspuncten denjenigen bezeichnet, aus welchem man es betrachtet wissen will; da es denn eine restrictive Partikel ist. Der König als Churfürst. Wir mögen den Menschen als einen Menschen, oder als einen Christen betrachten. Leo X. führete Kriege, aber nicht als Papst, sondern als ein weltlicher Herr. Die Kleider, welche sie als Braut anhatte.Hierher gehöret auch die Gewohnheit, da man das als so gern vor den Relativis voraus zu schicken pfleget, eine genauere Bestimmung dadurch zu erhalten. Unser Freund, als welcher bereits angekommen ist. Was sich an den Grenzen zuträgt, als wohin er auch selbst reiset. Als wozu schon der Befehl ergangen ist. Allein dieser vermeintliche Nachdruck macht die Rede in den meisten Fällen nur schleppend und kanzelleymäßig.3) In andern Fällen, besonders nach nichts und andern verneinenden Ausdrücken, hat als eine ausschließende Bedeutung. Ich weiß ihre Großmuth durch nichts, als die empfindlichsten Thränen zu belohnen, Gell. Die Freundschaft läßt sich bey niemand, als rechtschaffenen Leuten finden. Ich habe sonst keine Vorzüge, als meine Unschuld, Gell. Ich bin auf nichts so stolz, als daß ich einen rechtschaffenen Vater gehabt habe, ebend. Sie dürfen sich dieses Geschenkes wegen nicht so wohl bey mir, als bey dieser liebenswürdigen Frau bedanken, ebend. So auch, nirgends als, kein anderer als, u. s. f. Ingleichen, wenn die Verneinung in Gestalt einer bejahenden Frage vorgetragen wird. Was nutzen mir die Himmels-Sphären, Als daß sie mir im Wege stehn? Gell. 3. Ist es auch copulativ, und wird gebraucht, zwey Glieder der Rede auf eine ganz einfache Art mit einander zu verbinden. Alsdann stehet es aber nicht allein, sondern die ganze Formel heißt, so wohl - als auch. So wohl dieser, als auch jener. So wohl die Kleinen, als auch die Großen. Das auch kann in den meisten Fällen dem Nachdrucke unbeschadet, auch wegfallen. Er besitzt so wohl Tugend, als Verstand; und zuweilen bleibt auch das wohl weg. Ein so natürlicher, als rühmlicher Eifer. So Geduld als Zeit verstrich, Haged. Wenn zwey Hauptwörter durch diese Formel verbunden werden, so kann so wohl, zuweilen auch hinter dem seinigen stehen. Er besitzt Tugend so wohl, als Verstand. Die Annehmlichkeit der Künste so wohl, als ihr Nutzen, oder der Künste Annehmlichkeit so wohl, als ihr Nutzen.Wenn mehrere Glieder folgen, so werden diese mit ferner, wie auch, deßgleichen, nicht weniger, das letzte aber mit endlich, oder dann auch, mit den ersten verbunden.4. Ist es consecutiv, und dienet, eine Zeitfolge anzudeuten, und die Stelle des da zu vertreten, und dann stehet es so wohl zu Anfange einer Rede, als auch im Nachsatze. Als sich die Zeit nahete, u. s. f. Als dieses geschahe, oder geschehen war. Vier Jahre hernach, als sich dieses zugetragen hatte. Ich dachte eben zu verreisen, als ich deinen Brief erhielt. Kaum hatte ich vier Jahre erreicht, als ich merkte, u. s. f. Kaum war er von seinem Schrecken wieder zu sich gekommen, als er sich seine Bestürzung als eine Schwachheit vorwarf. Wie viel empfand mein Herz, als ich sie schlafen sah! Gell. 5. Hilft dieses Wörtchen, als eine causale Partikel, auch das Verhältniß der Wirkung gegen ihre Ursache ausdrucken. Alsdann begleitet es das Bindewort daß, und hat das Wörtchen zu im Vordersatze. Ich bin zu froh, als daß ich tanzen könnte, ich bin so froh, daß ich nicht tanzen kann. Er ist viel zu billig, als daß er sein Wort nicht halten sollte, Gell. Ihr Beyfall ist mir gar zu kostbar, als daß ihn meine Eigenliebe nicht mit Vergnügen anhören sollte, ebend. Ich bin zu zärtlich gerührt, als das ich viel reden könnte, ebend.6. Endlich werden als wenn und als ob auch gebraucht, die Stelle des Bindewortes daß zu vertreten, wenn gleich oft weiter nichts, als eine bloße Fortsetzung der Rede damit angedeutet werden soll; da es denn eine circumscriptive Bedeutung hat. Du äußertest den Verdacht, als wenn sie ungetreu wäre, Dusch. Er will das Ansehen haben, als wenn er es recht gut mit mir meinte. Er hat meinen Vater überreden wollen, als ob ich ihn selbst liebte, und als wenn du hingegen den Herrn Damis liebtest, Gell. Sie wird denken, als ob sie ihm deßwegen erst recht gewogen würde, ebend. Ingleichen, mit Weglassung des wenn, oder ob. Wenn ich nicht den Verdacht von mir abzulehnen suchte, als mache mich die Religion zu einem Verräther der Freundschaft, Less. Allein dieser ganze Gebrauch ist gewiß nicht der beste, und verdienet nur alsdann eine Entschuldigung, wenn mehrere daß auf einander folgen sollten, da man denn, um den Übelklang zu vermeiden, das eine durch als wenn, oder als ob, oder nur als ersetzen kann. Es sey ferne, daß ich behaupten wollte, als müsse man u. s. f. oder als wenn man müsse.

Anm. 1. Als ist aus also entstanden, und druckt ursprünglich eine Vergleichung aus; obgleich diese Bedeutung in manchen Fällen durch verschiedene Nebengriffe geschwächet, und oft gar verdunkelt wird. Es stehet im Hochdeutschen allezeit im Nachsatze, den einzigen Fall ausgenommen, da es eine Zeitfolge bezeichnet. Über dieß bindet es, wenn es zwischen Nennwörtern stehet, allezeit gleiche Casus zusammen. Es ist daher ein Fehler, wenn dieses nicht beobachtet wird; z. B. der gekünstelte Styl des spätern Griechenlandes hat mehr Blumen, als deren unsere Sprache fähig ist; wo es heißen sollte, als unsere Sprache. Paulus zeigt, wie durch Christum als dem Sohne des Allerhöchsten alles geschaffen sey; wo es als den Sohn heißen muß. Bey den Reciprocis kann es zuweilen zweifelhaft scheinen, ob sich das mit als begleitete Substantiv auf das Subject beziehen, folglich im Nominative stehen, oder ob es dem Pronomini Reciproco folgen, und in den Accusativ treten müsse. Man darf alsdann nur das Verbum wiederhohlen, um sich des wahren Casus zu versichern. Er verhält sich als ein Feiger, d. i. so, als sich ein Feiger verhält. Es hungert mich als einen Wolf, nicht als ein Wolf, weil man sagen müßte, als es einen Wolf hungert. Selten stehet bey einigen persönlichen Reciprocis der Accusativ: er hat sich als einen großen Mann gezeigt; wo doch der Nominativ analogischer wäre. Man hüthe sich vor dem Mißklange, wenn mehrere als in verschiedenen Bedeutungen zu nahe auf einander folgen. Es kommt mir mehr als ein Spiel der Einbildungskraft, als eine wahre Geschichte vor. Das eine von den zwey letzten als zu unterdrücken, würde Dunkelheit machen, daher es durch wie ersetzet werden muß: mehr wie ein Spiel der Einbildungskraft als wie eine wahre Geschichte. Einige ältere Sprachlehrer rechnen als nur halb zu den Conjunctionen, halb aber zu den Adverbiis, und schreiben es in dem ersten Falle alß, in dem letztern aber als. Allein zu geschweigen, daß diese Partikel im Hochdeutschen niemahls ein eigentliches Adverbium ist; so ist diese orthographische Unterscheidungssucht schon so lächerlich geworden, daß es unnöthig ist, sich länger dabey aufzuhalten. Anm. 2. Unter den veralteten Bedeutungen dieses Wortes, die im Hochdeutschen gar nicht mehr vorkommen, oder doch nur noch von den Kanzelleyen aufbehalten werden, sind vornehmlich folgende zu merken. (a) Für so, oder eben so, wenn es eine Vergleichung andeutet. Als besonnen war der tewer Man, Theuerd. Kap. 47.- Ich jag noch Als gerne als all mein Lebtag, ebend. Kap. 55. Als lange sich der Tag erstrecket, Hat seine Wolke sie bedecket, Opitz. Dahin auch das gemeine als mir Gott helfe, für so wahr als ec. gehöret. (b) für so, wenn es eine Schlußfolge begleitet. Weil du mein guter Freund bist, als werde ich nicht unterlassen. Demnach dieses Haus verkauft werden soll, als wird solches hiermit bekannt gemacht. (c) Für wenn. Indem er, wenn du kommst, den Haber bald verkauft, Und als er nichts mehr hat, u. s. f. Opitz. Das ehrliche Gemüth, als es an Tugend denkt, So wird ihm süße Lust mit stiller Ruh geschenkt, ebend. (d) Vor gestern und heute, wo es im gemeinen Leben oft überflüssig gesetzet wird. Als gestern kam er zu mir. Ich erwarte ihn als heute. Wo sinds Herr Müllers Schreiben Fing ich als gestern an, Opitz. (e) In einigen Oberdeutschen Redensarten ist als das zusammen gezogene alles. Als das ich wil uf einen tag. Fabeln der Schwäbischen Dichter. Durch das als, Ged. der Minnes. Das redt er als aus valschem Muth, Theuerd.

Anm. 3. Oben ist schon angemerket worden, daß diese Partikel aus also zusammen gezogen ist. Diese Zusammenziehung ist schon alt. Die Sächsischen Mundarten haben auch das l weggeworfen; Nieders. as, Fries. az, Engl. as, womit denn das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - überein kommt.


Als (W3) [Adelung]


Als, der Nahme eines Fisches, S. Alose.


Alsbald (W3) [Adelung]


Alsbald, eine Partikel, welche ist 1) * ein Bindewort, eine Zeitfolge anzudeuten, für sobald, als. Alsbald er der Rät wurd gewahr, Schueff er sy für sich zu khomen, Theuerd. Alsbald dir aber nur was Übels widerfährt Dann, u. s. f. Opitz. Alsbald er gen Jerusalem käme, 2. Macc. 9, 4. Alsbald alles Volk ihn sahe, Marc. 9, 15. Dieses im Oberdeutschen noch übliche Bindewort ist im Hochdeutschen völlig veraltet. Dagegen haben wir von demselben noch,2) Das Umstandswort der Zeit, alsbald, für sogleich, den Augenblick. Er wird alsbald kommen. Du sollst es alsbald erfahren. Allein auch in dieser Bedeutung fängt es schon an, ziemlich sparsam vorzukommen.

Anm. Das Bindewort ist älter als das Umstandswort; doch ist auch jenes so gar alt nicht. Es ist aus alsobald zusammen gezogen, und wird auch noch jetzt von einigen so geschrieben. Der Liebe Traum ist alsobald verschwunden, Schleg. Das Umstandswort ist elliptisch, und bedeutet so viel als: so bald als ich kann, oder so bald als es möglich ist.


Alsdann (W3) [Adelung]


Alsdann, ein Umstandswort der Zeit und Ordnung, welches sich allemahl auf einen vorher gegangenen Ausspruch beziehet. Wenn du dein Versprechen gehalten hast, alsdann will ich das meinige auch halten. Er will morgen kommen; aber alsdann wird es mir auch nicht gelegen seyn. Um acht Uhr wollen wir spazieren gehen; alsdann ist es erst kühl, Gell. Alsdann nur wär' es ein Vergehn, Wenn sie gelassen bliebe, Gell.

Anm. Dieses Wort ist gleichfalls aus alsodann zusammen gezogen, welches daraus erhellet, weil auch sodann mit Weglassung der Sylbe al dafür übrig ist. Es ist gleichfalls neu, denn die ältesten Alemannischen und Fränkischen Schriftsteller gebrauchen dafür nur das einfache thane, thanne, dhanne. Doch kommt bey dem Notker schon isdanna vor. In der höhern Schreibart bedienet man sich auch jetzt lieber des einfachen dann; S. dieses Wort.


Alse (W3) [Adelung]


Die Alse, S. Alose.


Alsenach (W3) [Adelung]


Alsenach, S. Olsenich.


Also (W3) [Adelung]


Also, eine Partikel, welche in gedoppelter Gestalt üblich ist.1. Als eine vergleichende Conjunction, für das einfache so.1) Eine bloß einfache Vergleichung auszudrucken. Ein Laster oftermahls wird also sehr erhöht, Als diese Tugend selbst, die ihm entgegen steht, Opitz. 2) Eine bestimmte Beschaffenheit, in Beziehung auf etwas vorher gegangenes oder Nachfolgendes auszudrücken, für auf diese Art und Weise. Die Schamhaftigkeit will es also haben, Gell. Schön, wenn ich also sagen mag, Schön, wie das Morgenroth, ebend. Man bedienet sich dieser verlängerten Partikel nur noch dann, wenn bey dem kurzen einfachen so die Ründe und Vollständigkeit der Rede leidet. Um dieser letztern willen wird das zusammen gesetzte also am Ende einer Periode beynahe nothwendig. War dieses deine eigene Sprache? Redete dein Herz also? Dusch.2. Als eine illative Conjunction, einen Schluß, der aus dem vorher gegangenen gezogen wird, zu begleiten, da es denn so wohl zu Anfange des Satzes, als auch nach einem oder mehrern Wörtern stehen kann. Es bezeichnet aber, 1) eine einfache Schlußfolge. Sie ist die Erbinn des ganzen Vermögens, und also auch des Rittergutes. Die bloße Ermahnung würde nicht hinlänglich gewesen seyn; ich mußte also nachdrücklichere Maßregeln ergreifen. Also bleibt es dabey, oder es bleibt also dabey. Ohne uns also weiter darum zu bekümmern, wollen wir davon abbrechen. 2) Besonders eine durch das vorher gegangene veranlaßte Frage. Also sollen dich meine Augen nie wieder sehen? Cron. Sie haben mirs also geschenkt? Sie sagen also gar nichts dazu? Gell. Auch dann wenn diese Frage mit Unwillen verbunden ist, und zugleich einen Verweis enthält. Sie wollen ihn also nicht zur Rede setzen? Gell. Also ist deine Ehre nichts? Weiße. So? Also hat er meine Tochter nur in die Rede bringen wollen? Gell. 3) Oft begleitet diese Partikel, besonders im gesellschaftlichen Umgange eine bloße Wiederhohlung einer im vorigen unterbrochenen Rede, da sie denn ihren Platz lieber nach einigen Wörtern, als am Anfange der Rede nimmt. Die damit verbundenen vielen Geschäfte nöthigen mich also, u. s. f.

Anm. Also ist aus All und so zusammen gesetzet, welches erstere bloß den Nachdruck vermehren soll. Es sollte daher, wie andere ähnliche Zusammensetzungen, billig allso geschrieben werden. Allein das einfache l hat einmahl den Gebrauch vieler Jahrhunderte für sich. Notker und Willeram schrieben bereits also, und in alsam, alsus, und dem Nieders. aldus, welche insgesammt für also üblich waren, findet man jederzeit nur ein l. Es hat den Ton gemeiniglich auf der ersten Sylbe; außer wenn der Nachdruck auf dem so ruhet, welches in der vergleichenden Bedeutung zuweilen der Fall ist. Gehest du also mit mir um? Besonders am Ende eines Satzes. Es ist dem also. Redest du also?


Alsobald (W3) [Adelung]


Alsobald, S. Alsbald.


Alsofort (W3) [Adelung]


+ Alsofort, ein überflüssiges Umstandswort, für sofort oder sogleich.


Älster (W3) [Adelung]


Die Älster, plur. die -n, ein Raubvogel, welcher zu dem Geschlechte der Krähen oder Raben gehöret, eine schwarze mit weiß vermischte Farbe und einen langen Schwanz hat, den er beständig bewegt. In der Jugend lernet er reden, und ist alsdann sehr geschwätzig; Corvus Pica, L.

Anm. In Oberdeutschland heißt dieser Vogel Aglaster, Algaster, Agerst und bey dem Pez Agalaster. Bey den Angelsachsen war Agu sein Nahme. Wachter glaubt sehr unwahrscheinlich, daß der Zusatz an dem heutigen Nahmen von dem alten alen, gignere, herrühre, und daß Aglaster, oder nach der Hochdeutschen Mundart, Älster, eigentlich den jungen Vogel dieser Art bezeichne. Die erste Hälfte dieses Nahmens ist vielmehr eine Nachahmung seines natürlichen Geschreyes, welches auch das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Ital. Gazza, und Gazzuolo, das Engl. Agasse, und das Franz. Agace, Geay oder Jay sind, welche alle diesen Vogel, zuweilen aber auch die Dohle bezeichnen; denn beyde Vögel werden von den Schriftstellern, besonders den ältern, oft mit einander verwechselt. Die Schlester nennen die Älster mit dem Zischlaute Schalaster, die Holsteiner Ärter, die Westphalen Erter, die Niedersachsen Hegester, Hester, Heher, andere Mundarten aber Atzel, Ätzel, Hetze, Gatze u. s. f.


Älsterauge (W3) [Adelung]


Das Älsterauge, des -s, plur. die -n, ein Nahme, welchen einige derjenigen Verhärtung der Nerven an den Füßen beylegen, welche unter dem Nahmen des Hühnerauges am bekanntesten ist.


Älsterspecht (W3) [Adelung]


Der Älsterspecht, des -es, plur. die -e, eine Art Buntspechte, die weiß und schwarz gesprenkelt ist, wie eine Älster, übrigens aber einen schwarzen Kopf, und zuweilen auch noch andere Farben hat.


Alt (W3) [Adelung]


Alt, älter, älteste, adj. et adv. welches in verschiedenem Verstande gebraucht wird.1. Die zurückgelegte Dauer einer Sache überhaupt zu bestimmen, in welchem Sinne es im Positivo doch nur als ein Adverbium üblich ist. Wie alt ist er? Er ist sechzig Jahr alt. Das Kind ist noch nicht acht Tage alt. Ich bin so alt als du. Er macht sich älter als er ist. Wer ist der älteste unter uns? Der Brief ist schon vier Wochen alt. Wenn das Alter eines Menschen deutlich bestimmt wird, so kann alt im gemeinen Leben auch weggelassen werden. Sie ist noch nicht achtzehn Jahr. Allein es in diesem Falle als ein Adjectiv zu gebrauchen, z. B. ein sechs Wochen altes Kind, für ein Kind, das sechs Wochen alt ist, ist wider den guten Sprachgebrauch.2. Die lange Dauer einer Sache anzudeuten, und zwar,1) In Rücksicht auf die bloße Länge der Dauer. Eine alte Eiche. Alte Thaler. Altes Geld. Alte Bücher. Von den ältesten Zeiten her. Besonders von der Lebenszeit eines lebendigen Geschöpfes, und unter diesen am häufigsten von dem Menschen. Ein alter Mann. Eine alte Frau. Alte Leute. Er ist schon alt. Sprichw. Jung gewohnt, alt gethan, was man sich in der Jugend angewöhnet, läßt sich im reifern Alter ohne Beschwerde verrichten. Keiner ist zu alt, etwas zu lernen. In der gesellschaftlichen Sprache ist der Ausdruck alte Tage auch in einigen Fällen für das Alter üblich. Wollen sie mir auf meine alten Tage, oder in meinen alten Tagen nicht noch eine Freude machen? Was mich angetrieben hat, in meinen alten Tagen die Feder zu ergreifen. In den Bergwerken bedeutet der alte Mann figürlich ein ehedem gebauetes, aber wieder verfallenes, oder zugestürztes Feld, daher in den alten Mann bauen, so viel ist, als ein verschüttetes Grubengebäude wieder aufräumen. Ur-alt, steinalt, sind im gemeinen Leben übliche Ausdrücke, ein hohes Alter anzudeuten.Ein Alter, eine Alte, wird in dieser Bedeutung, besonders in der vertraulichen Sprechart, auch substantive gebraucht, von einer alten Person. Alter, nimm dich in Acht! Wie froh wird der fromme Alte nicht seyn, wenn er ihren Entschluß hören wird! Gell. An einigen Orten, besonders in Niedersachsen, wird eine Hebamme die Alte genannt, weil dazu nur allein alte Personen genommen zu werden pflegen.2) In Rücksicht auf etwas das jünger ist, an Statt des Comparatives älter. So werden diejenigen Handwerke alte Handwerke genannt, welche in einem Orte oder Lande eher zünftig geworden sind, als andere. Alte Gewerken, in dem Bergbaue, sind diejenigen, welche eine Zeche zuerst zu bauen angefangen haben. So auch, die vier alten Grafen des Reiches, wofür ehedem die Grafen von Schwarzburg, Cleve, Savoyen und Zilley gehalten wurden, im Gegensatze der jüngern Reichsgrafen. Die alten Lateiner, im Gegensatze der neuern oder spätern. So auch im gemeinen Leben. So ein kleiner Naseweis muß nicht darein reden, wenn alte Leute mit einander schwatzen, Weiße. Ingleichen substantive, die Alten, für die Ältern, in Beziehung auf die Kinder. Sie freueten sich über der Alten Rückkunst. Mein Alter wird bald zu Hause kommen. Sieben junge Hühner mit der Alten, mit der Henne. Sprichw. Wie die Alten sungen, so zwitscherten die Jungen.3) In Rücksicht auf verschiedene durch die lange Dauer in den Dingen hervor gebrachte Veränderungen. (a) Durch das Alter entkräftet, unscheinbar, runzelig, besonders von Menschen. Er wird vor der Zeit alt. Die vielen Widerwärtigkeiten haben ihn alt gemacht. (b) Durch das Alter abgenutzt, unbrauchbar geworden. Alte Kleider. Ein altes Haus. (c) Durch Alter unschmackhaft, verderbt. Alte Butter. Altes Fleisch. (d) Durch eine lange Dauer bewährt, geübt. Ein alter Freund. Es ist eine alte ehrliche Haut, im gemeinen Leben. Alte Liebe rostet nicht. Ein alter Soldat, nicht so wohl wegen der Lebenszeit, als vielmehr wegen der langen Übung der Waffen. Das sind alte verständige Leute, die werden ihnen keinen Schaden thun. So auch, ein alter Fuchs, ein alter Schalk, ein alter Sünder. (e) Durch lange Dauer eingewurzelt. Ein alter Haß. Eine alte Krankheit. Ein altes Vorurtheil. Ein alter Aberglaube. (f) Wegen längerer Dauer bekannt. Das ist etwas Altes. Das sind alte bekannte Sachen.3. Das ehemahlige Daseyn einer Sache auszudrucken, und zwar,1) Für vormahlig, vorig, schlechthin. Er hat seine alte Würde wieder erlangt. Die Stadt hat ihre alte Freyheit behalten. Wie fürchte ich mich, diesen angenehmen Traum zu verlieren, und wieder in meinem alten Jammer zu erwachen! Less. Die Sache gehet noch immer ihren alten Gang. Wir wollen es bey dem Alten bewenden lassen. Wir sind gute Freunde, und es bleibt bey dem Alten.2) Was seine Dauer bereits geendiget hat, oder ehedem da gewesen ist. Das alte Testament. Alte Zeiten. Die alte Geschichte, die Geschichte der längst verflossenen Zeiten. So auch substantive, besonders im Plural. Die Alten, d. i. Menschen, die lange vor uns gelebt haben. Wer sich trägt, wie die Alten gingen, der ist bey ihr ehrbar und sittsam, Gell. - Der Schatz, den die guten Alten Aus Einfalt beygelegt, Cron. Wenn von den Alten in den Werken des Geistes die Rede ist, so werden dadurch besonders die Griechen und Römer bezeichnet. Man muß die Alten weder knechtisch, noch mit Verachtung, sondern mit der gehörigen Beurtheilung lesen.3) Was wegen seiner geendigten Dauer aus dem Gebrauche gekommen ist, veraltet. Alte Wörter. Alte Moden. Der alte Kalender.

Anm. 1. Von Alten her Es. 25, 1. für, von Alters her, ist ungewöhnlich. Der im gemeinen Leben übliche Ausdruck, Jung und Alt, wird am häufigsten adverbisch, ohne alle Abänderung gebraucht. Dir unterwirft sich Jung und Alt, Haged. Und Jung und Alt erschienen, Gell. Mit jung und alt, 2. Mos. 10, 9. Jos. 6, 21. Obgleich Luther solchen in andern Stellen decliniret hat. Alte mit den Jungen sollen loben den Nahmen des Herrn, Ps. 148, 12. Ich will die Alten und Jungen zerschmeißen, Jer. 51, 22.

Anm. 2. Wachter leitet dieses Wort von dem ehemahligen alen, wachsen, her, da es denn mit dem Lat. oleo und adultus, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ich wachse, viele Ähnlichkeit haben würde. Auch das Lat. olim scheint seiner ersten Sylbe nach zu der Verwandtschaft zu gehören. Die Ungarische und Lappländische Sprache geben uns vielleicht eine noch nähere Abstammung an. Elam bedeutet im Lappländ. und Elem, Elen, im Ungarischen, ich lebe, Aled oder Elet, im Lappländischen die Lebenszeit und im Ungarischen das Leben. S. Sajnovics Demonstrat. idioma Ungaror. et Lappon. idem esse, S. 35. Alt würde also ursprünglich eigentlich gelebt, und das alte Hauptwort Älte ( S. Alter) die Lebenszeit bedeuten. Indessen ist unser Wort in der Form, worin wir es jetzt haben, schon sehr alt, nur daß die Gothen und die damit verwandten Mundarten das o dem a vorziehen; Goth. old, Engl. old, Dän. old, Holl. oud, Nieders. old, Angels. eald, bey den Alemannen und Franken alt und ald. Die Niedersachsen werfen in der Verlängerung des Wortes das d heraus, de Ollen, für die Alten, und bringen dadurch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , alt, zugleich mit in Erinnerung.


Alt (W3) [Adelung]


1. Der Alt, ein Fisch, S. 1. Alant.


Alt (W3) [Adelung]


2. Der Alt, des -es, plur. car. in der Tonkunst, die nächste Stimme an dem Discant, die Altstimme. Den Alt singen. Daher der Altist, des -en, plur. die -en, der den Alt singet. Die Deutschen haben dieses Wort zunächst von dem Ital. l'alto angenommen, welches wieder aus dem Latein. altus gemacht ist, weil diese Stimme in Ansehung der Mittelstimme, oder des Tenors, höher gehet.


Altan (W3) [Adelung]


Der Altan, des -es, plur. die -e. Diminutiv. das Altänchen, ein flaches Dach, oder auch ein freyer Platz auf einem Dache, auf welchem man herum gehen kann.

Anm. Auch dieses Wort ist das Ital. Altana, welches durch die Baumeister nach Deutschland verpflanzet worden. Die ältern Deutschen hatten andere Wörter, einen solchen Platz zu benennen. Denn so findet man dafür die Wörter Hochhaus, Puny, Umlauf, Eßlaube, Truckeney, vermuthlich, weil man die Wäsche auf solchen Altanen trocknete, und am häufigsten Soller. Am Niederrhein wird ein Altan noch jetzt die Laube, oder Läube genannt. Übrigens ist dieses Wort in allen drey Geschlechtern üblich. Das männliche hat im Hochdeutschen den Vorzug; in den meisten Oberdeutschen Gegenden ist es nach dem Muster des Ital. Ausdruckes weiblichen Geschlechtes, die Altane; an andern Orten aber sagt man auch das Altan.


Altandach (W3) [Adelung]


Das Altandach, des -es, plur. die -dächer, ein flaches Dach in Gestalt eines Altanes.


Altar (W3) [Adelung]


Der Altar, des -es, plur. die -äre. Diminutivum das Altärchen, Oberdeutsch das Altärlein. 1) Eigentlich eine Erhöhung über dem Erdboden, Feuer darauf zu machen und der Gott-heit darauf zu opfern, ein Opferherd; dergleichen Altäre in den christlichen Kirchen nicht mehr üblich sind. 2) Ein steinerner Tisch in einer Kirche, vor welchem das Abendmahl ausgetheilet, und andere gottesdienstliche Handlungen verrichtet werden, und in weiterer Bedeutung, ein jeder zu einer gottesdienstlichen Handlung bestimmter Tisch. Daher das Sacrament des Altars. Dem Altare dienen, das gottesdienstliche Lehramt verwalten. Wirf den Altar der Freyheit selber um, Weiße. Der hohe Altar, oder Hochaltar, der vornehmste Altar in dem Thore einer Kirche. 3) Ein Gestirn an der südlichen Hälfte des Himmels, welches man sich in der Gestalt eines Altares vorstellet.

Anm. Dieses Wort ist das Latein. Altare, welches mit der christlichen Religion zugleich in Deutschland eingeführet worden. Die Gothen nannten einen Altar Hunslastads, Opferstätte, die Angelsachsen Weofod, Wigbed, einen geweiheten Tisch, und bey dem Ottfried kommt auch die Benennung Gotesbiete, Gottestisch, vor. Indessen ist doch der Lateinische Ausdruck bey Alemannischen Schriftstellern schon sehr alt, weil altarre, schon bey dem Kero, dem ältesten unter ihnen, und altar bey dem Isidor vorkommt. Bey den Oberdeutschen ist dieses Wort ungewissen Geschlechtes, das Altar, welches dem Lateinischen freylich gemäßer ist. Selbst Luther gebraucht es in der Deutschen Bibel einige Mahl so. Daß das Lat. Altare nicht von altus herkomme, sondern von einem alten Worte alt, Feuer, welches noch in dem Nordischen Elt und Angels. Eald, Feuer, lebet, und Ar, Herd, zusammen gesetzet sey, und also eigentlich einen Feuerherd bedeute, hat Herr Ihre sehr wahrscheinlich gemacht.


Altarblatt (W3) [Adelung]


Das Altarblatt, des -es, plur. die -blätter, das Rückenstück eines Altares. Bey einigen Oberdeutschen Schriftstellern kommen auch die tragbaren Altäre, altaria portatilia, unter dem Nahmen der Altarblätter vor.


Altarbuße (W3) [Adelung]


Die Altarbuße, plur. die -n, bey den Protestanten, die höchste Stufe der Kirchenbuße, da der Büßende sein Verbrechen vor dem Altare kniend bekennet, und um Vergebung bittet; im Gegensatze der Kanzel- und Stuhlbuße.


Altardiener (W3) [Adelung]


Der Altardiener, des -s, plur. ut nom. sing. eigentlich ein jeder, der dasjenige besorget, was zum Dienste des Altares gehöret. Besonders in einigen protestantischen Kirchen, so viel als das folgende Altarmann.


Altargestift (W3) [Adelung]


Das Altargestift, des -es, plur. die -e, was einem Altare in einem Testamente vermacht ist, besonders in der Römischen Kirche.


Altarist (W3) [Adelung]


Der Altarist, des -en, plur. die -en, von dem spätern Lat. Altarista, ehedem eigentlich ein Capellan, der zu einem gewissen Altare bestellet ist, in der Römischen Kirche. An einigen protestantischen Orten werden die Altardiener oder Altarleute noch Altaristen genannt. S. du Fresne v. Altarista.


Altarkerze (W3) [Adelung]


Die Altarkerze, plur. die -n, dicke und lange Wachskerzen, welche auf den Altären gebrannt werden und auf den Altarleuchtern stecken.


Altarlehen (W3) [Adelung]


Das Altarlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Römischen Kirche, besonders der mittlern Zeiten. 1) Das Recht, den zu einem gewissen Altare gehörigen Geistlichen zu bestellen, oder ihn mit dem Altare zu belehnen, welches denn in Ansehung des Priesters ein Altarlehen, in Ansehung des Lehnherren aber ein wahres Patronat-Recht ist. 2) Eben dieses Recht, so fern es einem andern zu Lehen ertheilet wird. 3) Das Lehenrecht über die zu einem Altare gestifteten Güter und Einkünfte, und diese Güter selbst.


Altarmann (W3) [Adelung]


Der Altarmann, des -es, plur. die -männer, oder -leute, in den protestantischen Kirchen, Kirchenpfleger, welche während des Abendmahles bey dem Altare dienen und die Tücher unterbreiten; an einigen Orten Altardiener, ingleichen Altaristen. An manchen Orten sind sie mit den Kirchenvorstehern, und Kirchenvätern einerley, an andern aber noch von ihnen verschieden.


Altarstück (W3) [Adelung]


Das Altarstück, des -es, plur. die -e, das Gemählde über dem Altartische, oder an dem Altarblatte.


Altartuch (W3) [Adelung]


Das Altartuch, des -es, plur. die -tücher, das Tuch mit welchem ein Altar zur Zierde bedecket wird.


Altartüchlein (W3) [Adelung]


Das Altartüchlein, des -s, plur. ut nom. sing. ein kleines Tüchlein, welches in einigen protestantischen Kirchen bey dem Abendmahle unter das Kinn der Communicanten gehalten wird.


Altbacken (W3) [Adelung]


+ Altbacken, Altgebacken, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, und eigentlich von demjenigen Brote gesagt wird, welches nicht von dem neuesten, sondern von dem vorigen Gebäcke ist, oder welches schon vor geraumer Zeit gebacken, und daher hart und spröde ist; im Gegensatze des frischbackenen. Altbackenes Brot. Das Brot ist schon altbacken. Figürlich gebrauchen es auch die Fleischer von demjenigen Fleische, welches von dem vorigen Markttage übrig geblieben ist.


Altbinder (W3) [Adelung]


Der Altbinder, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, besonders in Niedersachsen, ein Faßbinder, der nur alte Fäßer ausbessert.


Altdeutsch (W3) [Adelung]


Altdeutsch, adj. et adv. den Deutschen in den ältesten und ältern Zeiten eigen, nach Art der alten Deutschen. Altdeutsche Treue. Altdeutsche Redlichkeit. Zu Altdeutsch trinken, taumelnd küssen, Ist höchstens nur der Wenden Lust, Haged. Altdeutsch, für die alte Deutsche Sprache, alte Deutsche Wörter, wird besser getheilt altes Deutsch geschrieben.


Alte (W3) [Adelung]


Alte, Alten, ein Fisch, S. 1. Alant.


Älteln (W3) [Adelung]


Älteln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das Diminutivum des folgenden ist, ein wenig alt werden, sein zunehmendes Alter durch äußere Merkmahle verrathen. Er hat seit einiger Zeit ziemlich geältelt. Figürlich auch, nach dem Alter riechen oder schmecken. Das Fleisch, die Butter ältelt, ist ein wenig anbrüchig. Der Wein ältelt, im guten Verstande, verräth sein Alter durch den Geschmack.


Alten (W3) [Adelung]


Alten, verb. reg. neut. welches das Hülfswort haben erfordert, alt werden. Wer jung erschossen wird, der pfleget nicht zu alten, Opitz. Der graue Nestor kann noch ferner friedlich alten, ebend. Im Hochdeutschen kommt dieses Zeitwort nur sparsam vor, weil man sich daselbst lieber des Diminutiv. älteln und des Intensivi altern bedienet.

Anm. Alten war in dieser Bedeutung schon bey den ältesten Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern bekannt. Sold ich si küssen zeinem maleSo mueze ich nicht alden, sang der Herzog von Anhalt unter den Schwäbischen Dichtern. Die Niedersachsen drücken dieses Zeitwort oolden, oolen aus. Alten von andern Gegenständen, als von lebendigen Geschöpfen gebraucht, wie Esr. 14, 4. die Zeit beginnet zu alten, ist wohl selbst in Oberdeutschland ungewöhnlich.


Altentheil (W3) [Adelung]


Das Altentheil, des -es, plur. die -e, in Niedersachsen, derjenige Theil, den sich die Alten, d. i. die Ältern, vorbehalten, wenn sie einen Hof ihren Kindern übergeben; in der Mark Brandenburg das Alttheil. Wenn der Vater seinen Kindern seinen Hof übergibt, so ziehet er sich in das Altentheil zurück, und heißt alsdann ein Altsitzer, Altvater, und wenn es eine Frau ist, Altmutter.


Alter (W3) [Adelung]


Das Alter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Die natürliche Dauer eines jeden Dinges, besonders eines Menschen. So bedeutet Alter oder Menschenalter oft einen Zeitraum von so viel Jahren, als ein Mensch ordentlicher Weise zu leben pfleget. Vor der Sündfluth währete das Alter der Menschen gemeiniglich neun hundert Jahr. Ingleichen einen Zeitraum, in welchem alle zugleich lebende Menschen auszusterben pflegen, eine Generation, wofür man eine Zeit von drey und dreyßig Jahren annimmt. Drey Alter, oder Menschenalter machen also ein Jahrhundert aus. Am häufigsten aber in eingeschränkterer Bedeutung, diejenige Zeit, welche ein Mensch, oder eine Sache durch die Dauer bereits zurückgeleget hat. An Alter zunehmen. Wir sind gleiches Alters, oder von gleichem Alter, in gleichem Alter. Er ist meines Alters, oder in meinem Alter. Das Alter eines Geschlechtes. Dieses Geschlecht ist von hohem Alter. Das Alter einer Stadt, eines Thieres, eines Baumes, u. s. f.2) Ein gewisser Zeittheil der menschlichen Dauer, und der Zustand des Menschen in demselben. So wird das menschliche Leben von einigen in sieben Alter getheilet. Er ist in seinem besten Alter. Das blühende, das männliche, das hohe Alter. Die Jugend hat ohne glücklich zu seyn, Freuden genossen, welche die folgenden Alter nur zu beweinen haben, Dusch. Die Glückseligkeit muß sich über alle Alter ausbreiten, worin wir empfinden und denken, Dusch. Figürlich wird auch die Dauer der Welt in gewisse Zeiträume eingetheilet, welche gleichfalls Alter genannt werden. Das goldene Alter der Welt, die vorgegebene Zeit der Einfalt und Genügsamkeit, da die Wünsche der Menschen sich noch nicht über die wahren Bedürfnisse der Natur erstreckt haben sollen. So auch, das silberne, das eherne Alter. Glückliches Alter unserer Väter, wie verschieden bist du von dem unsrigen! Dusch. In der Astronomie heißen zuweilen auch die scheinbaren Veränderungen des Mondes, Mondesalter, in welchem Verstande Aetas lunae schon bey dem du Fresne vorkommt. In engerer Bedeutung wird zuweilen auch eine längst verflossene Zeit das Alter genannt, doch nur in den adverbischen Redensarten, vor Alters, ehedem, und von Alters her, von langen Zeiten her. In den Rechten bedeutet von Alters her, seit einer Zeit von dreyßig Jahren.3) Eine längere Dauer und die damit verbundenen Vorzüge, im Gegensatze eines Jüngern ohne Plural. So sagt man im gemeinen Leben oft, das Alter haben, oder das Alter von einem andern haben, länger in dem Besitze einer Sache oder eines Rechtes seyn, als er. Ingleichen in den Bergwerken, sein Alter augenscheinlich machen, sein älteres Recht beweisen; das Alter erlangen, die mit dem ältern Rechte verbundenen Vorzüge bekommen; das Alter erhalten, durch pflichtmäßiges Betragen in dem Besitze dieser Vorzüge verbleiben.4) Der letzte Zeittheil des natürlichen Lebens der Menschen; ohne Plural. Mein Alter nahet heran, schleicht herein. Das Alter drückt mich noch nicht. Der Jugend Fleiß ist des Alters Ehre. Sprichw. Alter hilft für Thorheit nicht, alte Leute können eben so wohl Thorheiten begehen, als junge. Vor Alter sterben, aus bloßer Erschöpfung der Kräfte. Figürlich werden unter diesem Worte auch alte Personen verstanden. Das Alter ist mürrisch. Das Alter sucht die Ruh, die Jugend liebt die Freude, Hofmannsw. Im gemeinen Leben ist das Alter auch eine Krankheit der Kinder und jungen Leute, wenn sie sehr alt aussehen, auch das Älterlein; da denn der Aberglaube sie in den Backofen zu schieben pflegt, um sie wieder jung zu backen. Anm. Die Alten hatten so wohl dieses Hauptwort Alter, als das verwandte Elt, Aldi, Angels. Ylde, und noch jetzt sind in Oberdeutschland beyde üblich, doch mit einigem Unterschiede. Die Älte, und in Oberschwaben Alti, wird mehr von der Dauer überhaupt, besonders lebloser Dinge, das Elter oder Älter aber vornehmlich von dem hohen menschlichen Alter gebraucht. S. Alt.


Älterlich (W3) [Adelung]


Älterlich, adj. et adv. von dem Substantive, die Ältern, in dem Zustande, den Verhältnissen der Ältern gegen ihre Kinder gegründet. Die älterliche Zärtlichkeit. Ein neues aber analogisch richtiges Wort.


Ältermann (W3) [Adelung]


* Der Ältermann, des -es, plur. die Älterleute, derjenige der unter mehrern der älteste ist, und um deßwillen gewisse Vorzüge vor andern genießet. Besonders führen diesen Nahmen noch in Niedersachsen die Vorsteher der Kaufleute, Handwerker oder anderer Innungen, welche sonst auch Älteste, Oberälteste, Handwerksmeister, ingleichen Altermannschaften genannt werden. An einigen Niedersächsischen Orten belegt man auch die Kirchenvorsteher mit diesem Nahmen.

Anm. Bey den Angelsachsen wurde der Graf eines Gaues, eine beynahe fürstliche Würde, Ealdermann genannt. Übrigens ist dieses Wort nur allein in Niedersachsen und den damit verwandten Sprachen üblich. Nieders. Oldermann; Engl. Alderman, Schwed. Äldermann, Dän. Oldermand. S. Spellmanns Gloss. und Haltaus Glossar. h. v. Das Englische Alderman bedeutet vorzüglich einen Rathsherren, und wird von ungeschickten Übersetzern immer durch das im Hochdeutschen unbekannte Aldermann gegeben, da sie es doch durch Rathsherr übersetzen sollten.


Ältermutter (W3) [Adelung]


Die Ältermutter, plur. die -mütter, die Mutter des Großvater oder der Großmutter, Engl. Aunt, Nieders. Anke-moor, wo Anke das Verkleinerungswort von Ane, Großmutter, und Ano Großvater ist, S. Ahn. Altmutter und Altvater bedeuten in Oberdeutschland die Großmutter und den Großvater, und daher kommt es, daß man deren Ältern wieder im Comparativo Ältermutter und Ältervater nennet. S. auch Ältervater.


Ältern (W3) [Adelung]


Die Ältern, sing. car. eigentlich der Comparativ von alt, als ein Substantivum gebraucht, Eheleute oder überhaupt ältere Personen beyderley Geschlechts im Verhältnisse gegen ihre Kinder zu bezeichnen. Sprichw. Böse Ältern machen fromme Kinder. Die ersten Ältern, Adam und Eva.

Anm. Wachter leitet dieses Wort von dem alten alen, zeugen, gebären her. Allein es ist wohl ausgemacht, daß es unmittelbar von alt abstammet, daher man es auch billig mit einem Ä, und nicht, wie ehedem üblich war, mit einem E schreibet. Der Comparativ von alt war zwar allen alten Mundarten bekannt, allein in der gegenwärtigen Bedeutung war er doch nur vorzüglich den Franken eigen, obgleich das Angels. Yldran Vorfahren überhaupt bedeutet. Nieders. de Oldern, Olen. In Ostfriesland ist auch der Singular von diesem Worte üblich.


Altern (W3) [Adelung]


Altern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das Intensivum von alten ist, sein zunehmendes Alter durch die äußere Gestalt verrathen. Wenn ich wie sie wäre, ich machte lauter solchen alternden Schönheiten meine Aufwartung, Weiße. Denn Geister altern nicht, sie reifen mit den Jahren, Kästn. Nieders. oldern.


Älternlos (W3) [Adelung]


Älternlos, adj. et adv. der Ältern beraubt. Älternlose Kinder, Waisen. Daher die Älternlosigkeit.


Alterthum (W3) [Adelung]


Das Alterthum, des -es, plur. die -thümer. 1) Das Alter, d. i. eine lange Dauer, in Ansehung der vergangenen Zeit; ohne Plural. Das Alterthum dieses Geschlechtes. Das Alterthum eines Gebäudes. Eine wegen ihres hohen Alterthumsberühmte Stadt. In Oberdeutschland wird Alterthum in dieser Bedeutung des hohen Alters auch von einzelnen Personen gebraucht; allein im Hochdeutschen ist dafür nur allein Alter üblich.2) Die alte längst verflossene Zeit und die Menschen, die darin gelebt haben; gleichfalls ohne Plural. Das heidnische Alterthum. Das christliche Alterthum. Das gelehrte Alterthum. Das schmeckt nach dem Alterthume. Besonders die schöne Zeit der Griechen und Römer, und die Schriftsteller die aus derselben übrig geblieben sind. Der gute Geschmack des Alterthums.3) Ehemalige, in alten Zeiten noch übliche Gebräuche, ingleichen Werke der Kunst, die aus alten Zeiten noch übrig sind, in welcher Bedeutung nur allein der Plural gebraucht wird. Griechische, Römische, Deutsche Alterthümer. Heidnische, christliche Alterthümer. Daher die Alterthumskunde, die Kunde oder Kenntniß der Alterthümer, und in engerer Bedeutung, der Alterthümer der Griechen und Römer; ein Alterthumskundiger, der diese Kenntniß besitzt; ein Alterthumsforscher, der sie sich in einzelnen Fällen zu erwerben sucht.


Ältervater (W3) [Adelung]


Der Ältervater, des -s, plur. die -väter, des Großvaters oder der Großmutter Vater, Nieders. Ankevaer, S. Ältermutter. Wenn man eines Ältervaters oder einer Ältermutter mit Ehrerbiethung gedenken will, so pflegt man beyde Wörter zu theilen, und die Ehrennahmen Herr und Frau dazwischen zu setzen; z. B. Ew. Churfürstl. Durchl. Ältern Herrn Vaters Majestät u. s. f.


Älteste (W3) [Adelung]


Der Älteste, des -n, plur. die -n, der Superlativ von alt, als ein Substantiv gebraucht, der erste und vornehmste in einer Gesellschaft, und zwar eigentlich den Jahren nach, dann aber auch der Würde, der Geschicklichkeit und dem Verstande nach. So werden an einigen Orten, besonders auf dem Lande, noch die Schöppen oder Beysitzer in den Gerichten Älteste genannt; S. Haltaus v. Eltesten. Am häufigsten kommt dieses Wort noch bey den Innungen und Handwerkern vor, wo die angesehensten Glieder zu Ältesten erwählet werden, da sie denn Beysitzer des Obermeisters sind, und mit ihm die ganze Innung vorstellen. Sie werden sonst auch Handwerksälteste, Vormeister, Kerzenmeister, und in Niedersachsen Älterleute genannt; S. diese Wörter.

Anm. Obgleich Ältester, als der Superlativ von alt, hier substantive gebraucht wird, so behält es doch, wie bey allen übrigen Superlativen geschiehet, die ihm als einem Adjective eigene Declination. Es ist also unrichtig, wenn es 2. Joh. 1. der Ältester heißt.


Älteste (W3) [Adelung]


+ Das Älteste, des -n, plur. inusit. bey den Handwerkern, das Amt eines Altgesellen.


Altfisch (W3) [Adelung]


Der Altfisch, S. 1. Alant.


Altflicker (W3) [Adelung]


* Der Altflicker, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, so viel als ein Schuhflicker, der an andern Orten auch Altlapper, Altmacher, Altputzer, Altreiß genannt wird. S. das letzte.


Altflöte (W3) [Adelung]


Die Altflöte, plur. die -n, eine Flöte, die den Alt bläset; zum Unterschiede von einer Diskant-Tenor- und Baßflöte.


Altfränkisch (W3) [Adelung]


Altfränkisch, -er, -te, adj. et adv. nach Art der alten Franken, und in weiterer Bedeutung, veraltet überhaupt. Altfränkische Wörter, Moden, Trachten. Altfränkische (veraltete, abgekommene) Meinungen.


Altfürstlich (W3) [Adelung]


Altfürstlich, adj. et adv. in dem Deutschen Staatsrechte, seit den ältesten Zeiten, d. i. vor der Mitte des 16ten Jahrhundertes, mit der fürstlichen Würde bekleidet. Ein altfürstliches Haus. Die Altfürstlichen, die altfürstlichen Häuser, im Gegensatze der Neufürstlichen, die erst in den neuesten Zeiten, d. i. seit der Mitte des 16ten Jahrhundertes, zu dieser Würde erhoben worden.


Altgebacken (W3) [Adelung]


Altgebacken, S. Altbacken.


Altgeige (W3) [Adelung]


Die Altgeige, plur. die -n, eine Geige, welche den Alt spielet, eine Bratsche; zum Unterschiede von einer Discant-Tenor- und Baßgeige.


Altgeschnitten (W3) [Adelung]


+ Altgeschnitten, adj. et adv. in der Landwirthschaft, so viel als im Alter geschnitten. Ein altgeschnittener Ochse, oder ein Altgeschnittener, ein Stammochse, der im Alter geschnitten worden, und der an einigen Orten wohl gar ein Altschneider, in der Lausitz aber auch ein Poiße genannt wird.


Altgesell (W3) [Adelung]


Der Altgesell, des -en, plur. die -en, bey den Handwerkern, derjenige Gesell, welcher bey einer Innung an einem Orte am längsten als Gesell gewesen, und daher verschiedene Vorzüge genießet. Bey einigen Handwerkern heißt er der Orten- oder Irtengesell, der Ortinger, bey denjenigen aber, die ihre Gesellen Knechte nennen, der Altknecht.


Altgläubig (W3) [Adelung]


Altgläubig, adj. et adv. den alten Glauben, d. i. die alte Religion, habend, der alten Religion gemäß, im Gegensatze des neugläubig. Besonders nennen sich in der Griechischen Kirche diejenigen die Altgläubigen, welche die von dem Patriarchen Nikon in der Mitte des 17ten Jahrhunderts vorgenommene Veränderung in den Kirchengebräuchen verwerfen, aber von der herrschenden Russischen Kirche Roskolniki, d. i. Abtrünnige, genannt werden.


Althee (W3) [Adelung]


Die Althee, plur. inusit. ein aus dem Griech. und Lat. Althea hergenommener Nahme derjenigen Pflanze, welche sonst auch Eibisch, oder weiße Pappel genannt wird. Der Nahme Althea, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich heile, bedeutet so viel als Heilwurz, Hülfswurz, welchen diese Pflanze auch im Deutschen führet.


Altherr (W3) [Adelung]


* Der Altherr, des -en, plur. die -en, ein Nahme, der zu Nördlingen in Schwaben den Rathsherren gegeben wird, und schon in dem alten Gedichte auf den h. Anno von den Römischen Rathsherren gebraucht wird.


Althiebig (W3) [Adelung]


+ Althiebig, adj. et adv. in dem Forstwesen, von den Laubhölzern, über zwanzig Jahre alt. Ein althiebiges Stangenholz, im Gegensatze des jungen, oder hiebigen Stangenholzes, wie diejenigen Schläge genannt werden, die zwischen zwölf und zwanzig Jahren alt sind.


Altjagdbar (W3) [Adelung]


+ Altjagdbar, adj. et adv. bey den Jägern, von den Hirschen, über acht Jahre alt. Ein altjagdbarer Hirsch, der auch ein überjagdbarer Hirsch, oder ein Haupthirsch, ein Capital-Hirsch genannt wird.


Altist (W3) [Adelung]


Der Altist, des -en, plur. die -en, S. 2. Der Alt.


Altklug (W3) [Adelung]


Altklug, adj. et adv. klug, wie die Alten, klüger als es die Jahre mit sich bringen, ein Wort, welches in der vertraulichen Sprechart eigentlich nur von Kindern gebraucht wird; frühklug, welches zugleich edler ist. Altklug thun. Ein altkluges Kind. Und diese holde Lehrerinn Kann auch die Jugend altklug machen, sang einst Hagedorn von der Liebe, Ihr Freunde, laßt uns altklug werden, Und weiser als die Weisen seyn, ebend. Lessing gebraucht dafür das Diminutivum ältlichklug.


Altknecht (W3) [Adelung]


Der Altknecht, des -es, plur. die -e, S. oben Altgesell. Indessen führen auch bey einigen Handwerkern, die ihre Gesellen sonst nicht Knechte zu nennen gewohnt sind, die Altgesellen diesen Nahmen, dergleichen z. B. von den Schneidern bekannt ist.


Altlapper (W3) [Adelung]


* Der Altlapper, des -s, plur. ut nom. sing. so viel als ein Schuhflicker, von Lappe, welches ehedem auch die Schuhsohle bedeutete.


Ältlich (W3) [Adelung]


Ältlich, adj. et adv. ein wenig alt. Ein ältliches Gesicht. Er siehet schon ganz ältlich aus. Ingleichen ein wenig anbrüchig. Ältlich riechen, schmecken.


Altmacher (W3) [Adelung]


* Der Altmacher, des -s, plur. ut nom. sing. S. Altflicker.


Altmilchen (W3) [Adelung]


+ Altmilchen, adj. et adv. welches in der Landwirthschaft von denjenigen Kühen gebraucht wird, welche gälte geblieben sind, und also in diesem Jahre nicht gekalbet haben, im Gegensatze der frischmilchenen. An einigen Orten werden auch trächtige Kühe, welche noch kurz vor ihrer Kalbezeit Milch geben, altmilchene genannt. Im Nieders. altmelk, welches auch auf dem Lande in Obersachsen häufig ist. In einigen Gegenden gebraucht man dafür altmilchig.


Altmodisch (W3) [Adelung]


Altmodisch, -er, -te, adj. et adv. nach einer veralteten Mode. Altmodische Kleider, Wörter, Gesinnungen.


Altmutter (W3) [Adelung]


Die Altmutter, plur. die -mütter. 1) In Oberdeutschland die Großmutter, S. Ältermutter. 2) In Niedersachsen, die abgelebte Frau eines Dienstmannes, die ihr Gut einem ihrer Kinder abgetreten hat. S. Altvater und Altentheil.


Altputzer (W3) [Adelung]


* Der Altputzer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Altflicker.


Altreiß (W3) [Adelung]


* Der Altreiß, des -es, oder des -en, plur. die -en, ein Nahme, der in Oberdeutschland den Schuhflickern gegeben wird, Niederländisch Oldrüse. Die letzte Hälfte dieses Wortes scheinet von dem Zeitworte reißen zu seyn; wenigstens wird wohl kein Vernünftiger auf die Öhldrüsen fallen können, wie doch in dem Manufactur- und Handwerks-Lexiko geschiehet. In einem 1482 in Oberdeutschland gedruckten Vocabel-Buche heißt es: Rewse der alten Schuhmacher, Sutor.


Altschneider (W3) [Adelung]


+ Der Altschneider, des -s, plur. ut nom. sing. S. Altgeschnitten.


Altsitzer (W3) [Adelung]


Der Altsitzer, des -s, plur. ut nom. sing. S. Altentheil.


Altstadt (W3) [Adelung]


Die Altstadt, plur. inusit. ein Nahme, der in vielen Städten demjenigen Theile derselben gegeben wird, welcher zuerst Stadtrecht gehabt hat, im Gegensatze der Neustadt, d. i. der mit Stadtrecht begabten Vorstadt. Daher der Altstädter, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, ein Einwohner der Altstadt.


Altstimme (W3) [Adelung]


Die Altstimme, plur. die -n, S. 2. Der Alt.


Alttestamentlich (W3) [Adelung]


Alttestamentlich, adj. et adv. in dem alten Testamente und dessen Verfassung gegründet; im Gegensatze des neutestamentlich.


Altvater (W3) [Adelung]


Der Altvater, des -s, plur. die -väter. 1) * Der Stammvater eines Geschlechtes, eines Volkes, einer Religion oder einer Secte. Besonders einer der so genannten Erzväter oder Patriarchen des alten Testamentes, welche beyde Benennungen aber üblicher sind, als jene, welche größten Theils veraltet ist. 2) Der Großvater, doch nur im Oberdeutschen, S. Ältermutter. 3) In einigen Niedersächsischen Gegenden wird ein abgelebter Dienstmann, welcher sein Gut an seine Kinder oder andere abgetreten hat, Altvater genannt. S. Altentheil.


Altväterisch (W3) [Adelung]


Altväterisch, -er, -te, adj. et adv. eigentlich nach Art der Altväter oder Vorfahren. Wo altväterische Treue altväterische Sitten begleitet, Zach. Doch größten Theils nur in figürlicher Bedeutung, für veraltet, im verächtlichen Verstande. Altväterische Moden, Trachten, Sitten, Gebäude. Er ist zu vornehm erzogen, als daß er dem gemeinen Manne die altväterische Glückseligkeit einer gesegneten Ehe beneiden sollte.


Altvertraut (W3) [Adelung]


Altvertraut, adj. et adv. so vertraut, als man nach einem alten, langen Umgange zu seyn pfleget. Wir thaten schon so altvertraut, Weiße.


Altvettelisch (W3) [Adelung]


+ Altvettelisch, adj. et adv. nach Art der alten Vetteln oder alten Weiber; ein niedriges Wort, welches man im Hochdeutschen mit allem Rechte veralten lassen, welches aber noch 1. Timoth. 4, 7. von Luthern gebraucht worden.


Altwasser (W3) [Adelung]


Das Altwasser, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, ein Nebenstrom, oder Arm eines Stromes der ehedem dessen Hauptbett gewesen; ein Beystrom.


Am (W3) [Adelung]


Am, die mit dem m, als dem Casus-Zeichen des Dativi Singularis des männlichen und sächlichen Geschlechtes, zusammen gezogene Präposition an, welche in einigen Fällen nothwendig ist, in andern aber nur geduldet wird.1. Nothwendig ist diese Zusammenziehung. 1) Vor den Superlativis, wenn sie als Nebenwörter stehen sollen. Am besten. Am größten. Ich sehe ihn am liebsten unter allen. Hier lebt man am vergnügtesten. In diesem Falle verträgt die Präposition den völlig ausgedruckten Artikel schlechterdings nicht, obgleich auf, wenn es auf ähnliche Art gebraucht wird, denselben leidet; z. B. aufs beste, oder auf das beste. Zwischen den mit an und auf als Adverbia gebrauchten Superlativis findet übrigens noch der Unterschied Statt, daß an eine wirkliche Vergleichung voraus setzet, auf aber nur schlechthin einen hohen Grad andeuten soll. Z. B. Er hat uns aufs beste bewirthet, sehr gut; er hat uns am besten bewirthet, unter allen andern hat uns niemand so gut bewirthet. So auch, er ging am prächtigsten gekleidet, und er ging auf das prächtigste gekleidet; er bewies sich noch am billigsten, unter den übrigen, und er bewies sich auf das billigste. 2) Wenn an den Dativum Singularis regieret und vor einem Hauptworte männlichen oder sächlichen Geschlechtes stehet, welches den bestimmten Artikel in diesem Falle nicht leidet, da denn der Casus an der Präposition bezeichnet werden muß. Ein Engel am Verstande. Ihre guten Absichten ersetzen das, was ihr am Verstande fehlet. Arm am Geiste. Krank am Leibe, am Gemüthe. Er ist noch am Leben. Groß an Gestalt, am Geiste klein, Weiße. Besonders, wenn dadurch adverbische Redensarten gebildet werden. Am Anfange, für anfänglich. Sie wird es am Ende doch errathen. Es ist noch hoch am Tage. Es liegt am Tage. Wenn aber vor einem solchen Substantive noch ein Adjectiv stehet, so bekommt dieses, nicht aber die Präposition das m, indem es hier bloß auf die Bezeichnung des Casus ankommt. Zehn Thaler an barem Gelde. An innerm Werthe reich, Haged. Vor Fämininis kann an den Dativ nicht bezeichnen, weil sich das r nicht mit dem n verbinden läßt; folglich reich an Schönheit.2. Geduldet wird diese Zusammenziehung überall wo an dem stehen sollte, doch nur in der vertraulichen Sprech- und Schreibart, dagegen man sie in der höhern lieber vermeidet; es müßte denn die vollständigere Form den dichterischen Styl matt machen. Der Garten ist gleich am Hause. Am Sonntage. Eine Wunde am Haupte. Am Tage des Gerichtes. So auch wenn ein Adjectiv zwischen an und dem Hauptworte stehet. Am heutigen Tage. Am dritten Tage. Findet aber der Artikel der nicht Statt, sondern es sollte eigentlich der unbestimmte Artikel ein stehen, oder stehet vor dem Substantive ein Pronomen oder ein dem Pronomen ähnliches Adjectiv, so bekommt dieses das m, und an behält seine natürliche Gestalt. Geschiehet das an grünem Holze, wenn man hier grünes Holz unbestimmt, folglich ohne Artikel verstehet; denn im entgegen gesetzten Falle müßte es heißen, am grünen Holze, für an dem grünen Holze. An barem Gelde. An jenem Tage. An einem Tage. An diesem Tage. Es hat mir an meinem Vermögen vielen Schaden gethan. Er arbeitet an deinem Verderben. Dieses gilt auch, wenn ein Genitiv vor dem Hauptworte vorher gehet. An Gottes Segen. In der ohnehin schon halb veralteten Anführungsart der Theologen, Matthäi am letzten Kapitel u. s. f. stehet am für im.


Amalgama (W3) [Adelung]


Das Amalgama, substant. indeclin. aus dem Griech. und Lat. Amalgama, eine Mischung des Quecksilbers mit einem andern verbundenen Metalle. Daher amalgamiren, zwey Metalle auf solche Art verbinden; mit einem Deutschen Kunstworte sie verquicken. Amalgamation, die Verquickung.


Amalia (W3) [Adelung]


Amalia, Genit. Amalia's; oder Amalie, Genit. Amaliens, Dat. Amalien, plur. car. ein eigenthümlicher weiblicher Nahme, der so viel als die Unbefleckte bedeutet, von Mal, Mail, Makel, und dem so genannten a privativo, oder vielmehr dem verkürzten un. S. A. Im gemeinen Leben wird dieser Nahme in Mälchen, und in Niedersachsen in Mälke verkürzt.


Amant (W3) [Adelung]


+ Der Amant, des -en, plur. die -en, aus dem Franz. Amant, im gemeinen Leben, derjenige welcher liebt oder geliebt wird, der Liebhaber, + der Liebste. Fämin. die Amante, plur. die -n, diejenige, welche liebt oder geliebt wird, die Geliebte, + Liebste.


Amarelle (W3) [Adelung]


Die "Amarelle", plur. die -n,

1. Eine Art dunkelrother, großer saurer Kirschen, welche kurze Stiele haben, von einem angenehmen Geschmacke sind, und im Österreichischen "Spanische Weichseln" heißen. Eben daselbst werden die großen, hellrothen, runden, säuerlichen Kirschen, an langen und dünnen Stielen, "Amarellen", in andern Gegenden "Amorellen", "Marillen", "Marellen" und "Ammern" genannt. In Meißen unterscheidet man beyde Arten durch die Nahmen "schwarze Ammern" und "rothe Ammern". Einige belegen auch die "Herzkirschen", und andere die so genannten "Rheinischen Kirschen" mit diesem Nahmen, welches aber wohl nur ein Mißbrauch desselben ist. Der Nahme ist zunächst aus dem Italiänischen "Amarino", "Amarella", welches aus "Cerasum Armeniacum" zusammen gezogen seyn soll, weil diese Kirschen zuerst aus "Armenien" gekommen sind. Henisch hat "Amelbeer" und setzt dazu "Cerasum Julianum". In einer Urkunde von 1300 beym du Fresne wird "Amarina" schon von einer Art säuerlicher Kirschen gebraucht, und in einem 1501 zu Rom gedruckten Deutschen und Italiänischen Vocabulario heißt es: "Cerase", "Kyrsen", la "marasche", die "Wichlen" ("Weichseln") le "verte", die "Ambreln".

2. Eine Art kleiner gelber "Aprikosen", welche nicht so schmackhaft ist, als die übrigen Arten, und auch "Marille" genannt wird; obgleich andere alle Aprikosen überhaupt "Marellen", "Marillen", "Morillen", die Schweizer aber "Barillen" nennen. Auch hier soll der Nahme so viel als "Malum Armeniacum" seyn. Henisch erkläret "Amarelle", durch frühzeitige kleine Pfirsichen, "Pruna Armeniaca", welche schon um "St. Johannis" reif werden, und daher auch "St. Johannis-Pfirsiche" heißen.


Amarellen-Baum (W3) [Adelung]


Der Amarellen-Baum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, der "Amarellen" trägt, es mögen nun Kirschen oder "Aprikosen" seyn.


Amazone (W3) [Adelung]


Die Amazone, plur. die -n. 1) Der Nahme gewisser streitbarer Weiber, welche ehedem in klein Asien an dem Flusse Thermodon, ein eigenes Reich gestiftet haben sollen, deren Geschichte aber völlig fabelhaft ist. 2) Überhaupt eine muthige, kühne weibliche Person. Amazoninn für Amazone ist wider den Sprachgebrauch.


Amazonen-Kleid (W3) [Adelung]


Das Amazonen-Kleid, des -es, plur. die -er, eine in den neuern Zeiten aufgekommene Frauenzimmertracht, welche diesen Nahmen deßwegen bekommen hat, weil sie der männlichen Tracht gleichet, und dem schönen Geschlechte ein männliches Ansehen gibt. Den schlanken Leib umgab ein Amazonenkleid, Zachar.


Amazonen-Stein (W3) [Adelung]


Der Amazonen-Stein, des -es, plur. die -e, eine Art grüner Edelsteine, welche am Amazonen-Flusse gefunden wird. S. davon das Hamburg. Magaz. B. 6, S. 224.


Amazonen-Tobak (W3) [Adelung]


Der Amazonen-Tobak, des -es, plur. inusit. eine Art Tobakes, welcher dicke, an den Enden runde Blätter hat, die so lang als die am Zeugen-Tobak, aber breiter sind. Vermuthlich von dem Amazonen-Flusse in Süd-Amerika, von welchem er zu uns gebracht worden.


Ambacht (W3) [Adelung]


Ambacht, S. Amt.


Ambassadeur (W3) [Adelung]


Der Ambassadeur, (sprich Ambassadör,) des -s, plur. die -s, ein völlig Französisches Wort, einen Gesandten vom ersten Range zu bezeichnen, einen Großbothschafter, (ehedem Hochboth, Hochbothschafter, Scheinboth, Ehrenboth,) zum Unterschiede von einem Envoye, oder Gesandten. Daher die Anbassade, die Großbothschaft, die Würde und das Geschäft eines Ambassadeurs, ingleichen dieser mit seinem ganzen Gefolge.


Amber (W3) [Adelung]


Der Amber, S. Ambra.


Ambition (W3) [Adelung]


+ Die Ambition, plur. inus. aus dem Franz. Ambition, das thätige Verlangen nach etwas höhern, als man gegenwärtig besitzet, besonders das Bestreben nach Ehre, die Ehrbegierde, wofür einige ohne Noth das Wort Ehrtrieb einführen wollen.


Amboß (W3) [Adelung]


Der Amboß, des -es, plur. die -e. 1) Eigentlich ein eifernes Werkzeug aller Schmiede und Metallarbeiter, die Metalle darauf zu schlagen und ihnen dadurch die verlangte Bildung zu geben. 2) In der anatomie, wegen einiger Ähnlichkeit, ein Beinchen in dem Ohre, welches einem Backzahne gleichet, und dessen ausgehöhlte Oberfläche das Haupt des Hammers in sich fasset; Incus.

Anm. Amboß, bey dem Raban. Maurus Anapoz, bey Stryker Anpos, und in einem 1477 gedruckten Vocabulario Anfuße, gehöret ganz den Oberdeutschen Mundarten zu, und ist von an und boßen, botten oder batten schlagen, wovon noch das Franz. pousser übrig ist. Das n in der ersten Hälfte ist um des folgenden b willen erst in den spätern Zeiten in ein m verwandelt worden. Bey den Niedersachsen und in den verwandten Mundarten heißt dieses Werkzeug Ambolt, Dän. Ambolt, Holl. Aembaeld, Ambilt, Engl. Anvil, Angels. Anfilt, und dieses ist auf ähnliche Art von an und fillen, hauen, schlagen, zusammen gesetzt. S. Kafiller. Eben so ist das Lat. Incus von in und cudo, wofür, dem Isidor zu Folge, die ältern Lateiner intus von intundere sagten. Die Gold- und Silberarbeiter nennen dieses Werkzeug, nur schlechthin ein Eisen.


Amboßschmid (W3) [Adelung]


Der Amboßschmid, des -s, plur. die -schmiede, ( S. Schmid,) ein Grobschmid, welcher sich vornehmlich auf die Verfertigung der Amboße legt.


Amboßstock (W3) [Adelung]


Der Amboßstock, des -es, plur. die -stöcke, der hölzerne Klotz, worin der Amboß steckt.


Ambra (W3) [Adelung]


Der Ambra, subst. indecl. plur. car. oder der Amber des -s, plur. car. ein Nahme, welcher verschiedenen wohl riechenden, harzigen Körpern gegeben wird. 1) Eigentlich, einem brennbaren, erdharzigen Körper, der aus Naphta, Säure, Wasser und Erde bestehet, weißlich, gelb, aschgrau, braun, schwarz oder bunt von Farbe ist, überaus angenehm riecht, und aus den morgenländi-schen Gewässern zu uns gebracht wird, wo er zuweilen in den Magen gewisser großer Fische gefunden werden soll. 2) Dem Balsame eines gewissen Amerikanischen Baumes, Liquidambar, L. welcher ein fettes, flüssiges Harz, fast wie der Venedische Terpenthin, ist, mit einem vortrefflichen Geruche, und einem scharfen Gewürzgeschmacke. Er wird auch Falbersaft, und flüssiger weißer Storax genannt, muß aber mit dem ächten Storax nicht verwechselt werden. 3) Dem Wallrathe, welcher auch von einigen weißer Ambra genannt wird; S. Wallrath.

Anm. Ambra, in dem mittlern Lateine, Ambar, Amber, Ambra, Ambrum, Pers. Amber, ist aus dem Arab. Ambar, und kommt eigentlich dem wohl riechenden Erdharze zu, welches aus Ostindien zu uns gebracht wird. Skinner und Eckard glauben, daß der Bernstein ursprünglich diesen Nahmen geführet, und daß folglich dieses Wort aus dem Deutschen anbernen, anbrennen, entstanden sey. Allein es wird sich wohl nicht erweisen lassen, daß Ambra im Deutschen jemahls für Bernstein gebraucht worden; und wenn solches in den mittlern Zeiten in auswärtigen Ländern geschehen, so ist diese Verwechselung einer Unwissenheit zuzuschreiben, welche bey der damahligen geringen Kenntniß der Natur, und sehr eingeschränkten Gemeinschaft mit fremden entlegenen Gegenden leicht begreiflich wird. Indessen rühret es doch von dieser Verwechselung her, daß der Bernstein bey den Franzosen, Italiänern, Engländern u. s. f. noch heut zu Tage gelber Ambra genannt wird, zum Unterschiede von dem eigentlichen wahren Ambra, welcher bey ihnen grauer Ambra heißt.


Ambra-Baum (W3) [Adelung]


Der Ambra-Baum, des -es, plur. die -Bäume. 1) Der eben genannte Amerikanische Baum, der den flüssigen Ambra gibt, und auch wohl Storax-Baum genannt wird; Liquidambra styraciflua, L. 2) Ein Äthiopisches Staudengewächs, dessen Blätter, wenn sie gerieben werden, nach Ambra riechen; Ambra-Staude, Anthospermum, L.


Ambra-Duft (W3) [Adelung]


Der Ambra-Duft, des -es, plur. die -Düfte, in der dichterischen Schreibart, ein wohl riechender Duft, Wohlgeruch.


Ambra-Fisch (W3) [Adelung]


Der Ambra-Fisch, des -es, plur. die -e, eine Art Wallfische an den Küsten des südlichen Amerika, in dessen Wagen zuweilen Ambra gefunden wird; der Ambra-Fresser.


Ambra-Holz (W3) [Adelung]


Das Ambra-Holz, des -es, plur. inusit. ein ausländisches Holz, welches sehr angenehm riecht, und vielleicht das Holz des Ambra-Baumes ist.


Ambra-Kraut (W3) [Adelung]


Das Ambra-Kraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der von einigen auch dem Mastixkraute, oder so genannten Marum, wegen seines angenehmen gewürzhaften Geruches gegeben wird.


Ambra-Kugel (W3) [Adelung]


Die Ambra-Kugel, plur. die -n, in den Apotheken kleine Kügelchen, die aus Bisam und Zucker verfertiget werden. S. Bisamkugel.


Ambra-Schwalbe (W3) [Adelung]


Die Ambra-Schwalbe, plur. die -n, eine Holländische Seeschwalbe, welche stark nach Ambra riechet.


Ambra-Staude (W3) [Adelung]


Die Ambra-Staude, plur. die -n, S. Ambra-Baum.


Ambrosia (W3) [Adelung]


Ambrosia, plur. car. aus dem Griech. und Latein. Ambrosia. 1) In der Götterlehre der Griechen und Römer, die Speise, welche die Götter genossen, und welche alles an Wohlgeruch und Wohlgeschmack übertraf, ohne Artikel; die Götterspeise. Daher ambrosisch, einen vortrefflichen Geruch oder Geschmack habend. Von ihrem Haupte fließen ambrosische Düfte herab. 2) Der Nahme einer Pflanze, S. das Folgende.


Ambrosien-Kraut (W3) [Adelung]


Das Ambrosien-Kraut, des -es, plur. inusit. der Nahme einer ausländischen Pflanze, von einem angenehmen Geruche und gewürzhaftem Geschmacke; Ambrosia, L.


Ameisenbad (W3) [Adelung]


Das Ameisenbad, des -es, plur. die -bäder, ein Bad, welches von Ameisen, oder ganzen Ameisenhaufen zubereitet wird.


Ameisenbär (W3) [Adelung]


Der Ameisenbär, des -en, plur. die -en. ( S. Bär,) 1) Die kleinste unter den Nordischen Bärarten, welche nach den Ameisen sehr lüstern ist. Norweg. Myrebiörn. Andere geben der größten Art unter den Pohlnischen Bären diesen Nahmen. 2) Der folgende Ameisenfresser, Myrmecophaga, L. welches S.


Ameiseney (W3) [Adelung]


Das Ameiseney, des -es, plur. die -er, die länglich runden weißen Puppen der jungen Ameisen, welche Eyern gleichen und in den Haufen der Ameisen gefunden werden.


Ameisenfresser (W3) [Adelung]


Der Ameisenfresser, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, der verschiedenen Thieren beygelegt wird, welche sich von Ameisen nähren. 1) Einem dreyzehigen vierfüßigen Thiere, welches mit dicken grauen Haaren, einem breiten Schwanze, und einer langen conischen Schnautze versehen ist, aus deren Öffnung die lange cylindrische Zunge hervor gehet, mit welcher er die Ameisen fänget; das Erdschwein, Myrmecophaga, L. Es lebt im mittägigen Amerika, wo es Tamendoa, Tramendoa genannt wird, und oft so groß als ein Fleischerhund wird. Im Deutschen wird es auch Ameisenbär, Ameisenjäger genannt. Eine gleichfalls in Amerika einheimische Art dieses Thieres ist einzehig und weiß von Farbe, und wird daher auch Tamandua alba genannt. 2) Einem gepanzerten vier- und fünfzehigen Thiere, welches in Ostindien angetroffen wird, wo es Tatu, oder Tatua, sonst aber auch das Panzerthier, das Schildferkel, Armodillo genannt wird; Manis, L. 3) Einem Malabarischen Thiere, welches einer großen Eidechse gleichet, aber einen spitzigen Kopf hat, wie ein Maulwurf, 1 5/8 Elle lang und 11/2 Elle breit ist. Es ist gleichfalls mit harten glänzenden Schuppen besetzt, und wirdvon den Malabaren Alungu genannt, gehöret aber wohl auch zu dem Manis des Linne und dem Armodillo des Klein. 4) Einem Insecte, welches eigentlich die Larve einer Art von Stinkfliegen ist, welche sich vor ihrer Verwandlung conische Höhlen im Sande macht, sich in deren Spitze verbirgt, und Ameisen und andere Insecten mit vieler Geschicklichkeit darin hascht; Formica Leo, L. sonst auch Myrmicoleon, und Deutsch auch Ameisenlöwe.


Ameisengeist (W3) [Adelung]


Der Ameisengeist, des -es, plur. inusit. in den Apotheken, Weingeist über große Ameisen destilliret.


Ameisenhaufen (W3) [Adelung]


Der Ameisenhaufen, des -s, plur. ut nom. sing. kleine von den Ameisen durch Kunst aufgeführte Erdhügel, welche zur gemeinschaftlichen Wohnung dienen; im Oberdeutschen Scharhaufen.


Ameisenjäger (W3) [Adelung]


Der Ameisenjäger, des -s, plur. ut nom. sing. S. Ameisenfresser N. 1.


Ameisenlöwe (W3) [Adelung]


Der Ameisenlöwe, des -n, plur. die -n, S. Ameisenfresser N. 4.


Amelkorn (W3) [Adelung]


Das Amelkorn, des -es, plur. inusit. in einigen Oberdeutschen Gegenden eine dem Weitzen ähnliche Art des Dinkels oder Speltes; vermuthlich, weil man das folgende Amelmehl daraus verfertiget.


Amelmehl (W3) [Adelung]


Das Amelmehl, des -es, plur. car. ein Oberdeutscher Nahme der Stärke oder des Kraftmehles, von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, nicht weil es, wie du Fresne dafür hält, als das leichteste Mehl, von der Mühle wegstäubet, sondern weil es ehedem ohne Mühle gemacht, und aus dem besten Weitzen ausgedruckt wurde. In dem mittlern Lateine heißt es auch Amidonum, wovon die Franzosen ihr Amidon, und einige Deutsche Gegenden ihr Amidam, Ammitam angenommen haben.


Amen (W3) [Adelung]


Amen, ein durch die Übersetzung der Bibel aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - in die Deutsche Kirchensprache gekommenes Wort, mit welchem ein jedes Gebeth geschlossen zu werden pfleget, und welches so viel als wahrlich, das werde wahr, bedeutet. Kero übersetzt es durch sosi, es sey also, Tatian aber durch war. + Das ist wahr, als Amen in der Kirche, ist eine Betheuerungsformel des großen Haufens. Ich spreche Amen dazu, ich bekräftige, bewillige es.


Amerika (W3) [Adelung]


Amerika, Genit. Amerika's, denn Amerikens würde das Ohr beleidigen, der vierte Welttheil, der, weil er den Europäern am spätesten bekannt geworden, auch die neue Welt, und weil er ihnen gegen Abend liegt, auch West-Indien genannt wird. Der Nahme Americus, von welchem dieser Welttheil den Nahmen hat, Ital. und Span. Amerigo, ist nichts anders als der Deutsche Nahme, Emmerich, Emrich. Amerika bedeutet also eigentlich so viel als Emmerichsland. Daher der Amerikaner, Fämin. die -inn, und das Adjectivum und Adverbium Amerikanisch.


Amethyst (W3) [Adelung]


Der Amethyst, des -en, plur. die -en, ein violetblauer Edelstein, der auch zuweilen ganz weiß ausfällt, und diesen Nahmen von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - hat, weil er der Trunkenheit widerstehen soll.


Amethyst-Druse (W3) [Adelung]


Die Amethyst-Druse, plur. die -n, Amethyst in Gestalt einer Druse, welcher in Sachsen Amethist-Geschiebe genannt wird.


Amethyst-Fluß (W3) [Adelung]


Der Amethyst-Fluß, des -sses, plur. die -Flüsse, ein Fluß, d. i. gefärbter Krystall, der dem Amethyst an Farbe gleicht, unechter Amethyst.


Amethyst-Hyacinthe (W3) [Adelung]


Die Amethyst-Hyacinthe, plur. die -n, eine Hyacinthenart mit glockenförmigen Kronen, welche sechs Mahl bis an die Hälfte gespalten und unten walzenartig sind; Hyacinthus amethystinus, L. Sie ist in Spanien zu Hause, und hat den Nahmen von ihrer schönen blauen Farbe.


Amethyst-Kiesel (W3) [Adelung]


Der Amethyst-Kiesel, des -s, plur. ut nom. sing. Amethyst in Gestalt abgerundeter Kiesel, dergleichen man im Sande und in den Flüssen findet.


Amhorn (W3) [Adelung]


Amhorn, S. Ahorn,

Anm. 2.


Amiant (W3) [Adelung]


Der Amiant, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, ein weißer oder grüner thonartiger Stein, der aus zarten biegsamen Fasern bestehet, welche sich spinnen lassen, daher er auch Bergflachs, Steinflachs, oder Erdflachs genannt wird. Wenn er schwer ist, und harte unbiegsame Faden hat, so heißt er Asbest. Der Nahme ist aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und dieß von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich beflecke, weil er durch das Feuer nicht verändert wird; folglich ist die Schreibart mit einem h fehlerhaft.


Amidam (W3) [Adelung]


Amidam, S. Amelmehl.


Ammann (W3) [Adelung]


* Der Ammann, des -es, plur. die -e, oder -männer, ein noch im Oberdeutschen übliches Wort für Amtmann. So wird noch in Strasburg der Unterschuldheiß, in Lindau der Reichsvogt, in Weil und Buchhorn der Stadtvogt, in Aalen der Stadtschuldheiß; und in Graubünden die vorsitzende Person in einem Gerichte, Ammann genannt. Daher das Ammannamt, die Würde und das Amt eines Ammannes. S. Amtmann.


Amme (W3) [Adelung]


Die Amme, plur. die -n, eine Mutter, welche ein fremdes Kind um einen gewissen Lohn säuget; eine Säugamme, zum Unterschied von einer Hebamme.

Anm. Dieses Wort ist eines der ältesten, nicht nur in der Deutschen, sondern fast in allen Sprachen. Es ist so wie Abba, Appa, Baba, Papa, Atta, Tata, Mama, von der Natur selbst gebildet, indem diese Wörter nichts als das Stammeln unmündiger Kinder sind, welche die Sylben am und ma am ersten und leichtesten hervor bringen. Amme, Oberdeutsch Ammel, Dän. Amme, Schwed. Amma, bey den Lappländern und Tschuwaschen Anna, Griechisch - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bedeuten eigentlich eine Mutter, dann aber auch eine Säugamme. Die Hebräer hatten davon das Zeitwort amma, ernähren, so wie ammen, bey den Holländern noch eben dieses, opamme, bey den Dänen säugen, und ammen im Magdeburgischen, ammeln in Österreich, eine Säugamme abgeben, bedeuten.


Ammeister (W3) [Adelung]


* Der Ammeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Titel, der an einigen Orten Oberdeutschlandes gewissen obrigkeitlichen Personen gegeben wird, und so viel als Ammannenmeister bedeutet. So führen z. B. in Strasburg die obersten sechs Rathspersonen, die die höchste Gewalt bey dem Stadtregimente haben, diesen Nahmen. S. Ammann.


Ammelmehl (W3) [Adelung]


Ammelmehl, S. Amelmehl.


Ammenmährchen (W3) [Adelung]


Das Ammenmährchen, des -s, plur. ut nom. sing. Mährchen, dergleichen die Ammen den Kindern zu erzählen pflegen, alberne Mährchen.


Ammer (W3) [Adelung]


1. Die Ammer, plur. die -n. Diminut. Ammerchen, Oberdeutsch Ämmerlein, ein Sangvogel mit einem dicken starken Schnabel und schönen gelben Federn auf der Brust; in Franken Ämmerling, in Oberdeutschland Hämmerling, Emmeritz, Embritz, woraus auch der spätere Lateinische Nahme Emberiza entstanden ist, welchen er auch bey dem Linne führet. Wegen der goldgelben Brust wird dieser Vogel auch Goldammer, Gelbling, in Niedersachsen Geelfink, Geelgöschen, (gelbes Gänschen,) und Englisch Yellow-Hammer genannt. In der Mark heißt er wegen seines grünlichen Rückens Grünzling, in Thüringen Grünschling, an andern Orten seiner Nahrung Gerstammer, und wegen des Ortes wo er brütet, Waldämmerling. Frisch glaubt, dieser Nahme kommt von Ham, Haus, her, weil sich dieser Vogel im Winter gern um die Scheuern aufhält. Allein es kann der Grund seiner Benennung so wohl in der gelben, als grünlichen Farbe seiner Federn liegen. In Ansehung der erstern würde dieser Nahmezu dem folgenden Worte Ammern gehören; in Ansehung der letztern aber findet sich in dem Lateine der mittlern Zeiten Ameraldus für Smaragd, wovon die Franzosen noch ihr Emeraude haben. In einigen Mundarten ist dieses Wort männlichen Geschlechtes, der Ammer, des -s, plur. die -n,


Ammer (W3) [Adelung]


2. Die Ammer, plur. die -n, eine Art Kirschen, S. Amarelle.


Ämmerling (W3) [Adelung]


Der Ämmerling, des -s, plur. die -e, S. 1. Ammer.


Ammern (W3) [Adelung]


* Die Ammern, oder Ämmern, sing. car. ein in Niedersachsen übliches Wort, glühende Asche anzudeuten, welches in allen verwandten Mundarten angetroffen wird, Angels. Aemyrian, Engl. Embers, Dän. Emmer, Holländ. Ameren, Isländ. Eimyria, Schwed. Mörja. In Westphalen Aumern und Glumern.


Ammey (W3) [Adelung]


Der Ammey, des -es, plur. inusit. eine ausländische Pflanze, welche besonders um ihres gewürzhaften Samens willen geschätzet wird; Ammi, L. Der Ammey-Same, der ehedem als ein Gewürz gebraucht wurde, bekam auch wohl die Nahmen Mohrenkümmel, und Herrenkümmel, ob man gleich auch den Samen des Sison Ammi L. und der Lagoccia L. dafür verkaufte, daher auch beyde Pflanzen den Nahmen Ammey führen.


Amnestie (W3) [Adelung]


Die Amnestie, (dreysylbig,) plur. die -n, (viersylbig,) aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Aufhebung der Schuld und Strafe der wider den Staat begangenen Verbrechen mehrerer; mit einem andern ausländischen Worte der General-Pardon.


Amor (W3) [Adelung]


Der Amor, des -s, plur. die -s, das Lat. Amor, eine erdichtete Gottheit, welche bey den Dichtern des alten Roms für den Gott der Liebe gehalten wurde, und in diesem Verstande auch von den neuern Dichtern beybehalten worden; der Libesgott, Cupido. Amor ist din fakel heis, sang schon Graf Conrad von Kirchberg unter den Schwäbischen Dichtern. Mit dem Plural, der doch nur selten gebraucht wird, haben sich einige neuere witzige Schriftsteller nicht wenig gemartert, indem ihn einige Amoren, andre Amorn, noch andre Amorre, und wieder andre Amor, wie im Singular machten. Alle diese Formen haben keine Analogie. Gebraucht man ja den Plural, so ist der aus dem Lat. Amores verkürzte Plural Amors noch der erträglichste.


Amorelle (W3) [Adelung]


Die Amorelle, S. Amarelle.


Ampel (W3) [Adelung]


* Die Ampel, plur. die -n, eine jetzt nur noch im Oberdeutschen übliche Benennung einer Lampe, welche bey den Schlesischen Dichtern häufig vorkommt. Ohne Zweifel von dem Latein. Ampulla, indem Ampellan im Angels. gleichfalls für Ampulla üblich war.


Ampfer (W3) [Adelung]


Der Ampfer, des -s, plur. inusit. ein Pflanzengeschlecht, welches bey dem Linne den Nahmen Rumex führet. Dieser Nahme begreift bey den neuern Kräuterkundigen mehrere Arten unter sich; eigentlich aber kommt er nur derjenigen Unterart zu, welche wir heute zu Tage auch Sauerampfer nennen, obgleich dieser Zusatz ein wahrer Pleonasmus ist; denn das alte Nordische amper, Isländ. apur, und heutige Holländ. amper, bedeuten bereits herbe, sauer, scharf, und davon hat die Pflanze unstreitig ihren Nahmen bekommen. Die Mengel- oder Grindwurz wird von einigen auch wilder Ampfer genannt, vermuthlich wegen des bittern Geschmackes ihrer Wurzel.


Amphibium (W3) [Adelung]


Das Amphibium, des -bii, plur. die -bia, oder -bien, ein völlig Lat. und Griech. Wort, ein Thier zu bezeichnen, welches in zwey Elementen zugleich leben kann, welches man auch, obgleich mit einem sehr ungeschickten Nahmen, ein beydlebiges Thier zu nennen pflegt, S. dieses Wort. Erträglicher wäre dafür zweylebig, wenn nur die letzte Hälfte mehr Analogie hätte, und das Wort nicht auch zu dunkel und elliptisch wäre.


Amphitheater (W3) [Adelung]


Das Amphitheater, des -s, plur. ut nom. sing. von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, bey den ehemahligen Griechen und Römern, ein von verschiedenen über einander befindlichen Reihen Sitzen eingeschlossener runder Schauplatz, auf welchem die Fechter und Ringer ihre Spiele hielten, und wilde Thiere kämpften. Figürlich, heut zu Tage, theils ein stufenweise erhöhetes Gerüst, große Feierlichkeiten darin vorzustellen, und Platz für die Zuschauer zu haben, theils eine ländliche Gegend, wo sich eine sanfte Anhöhe in der Ründe erhebet. Opitz gebrauchet in der ersten eigenthümlichen Bedeutung ein Mahl Schauhaus dafür.


Amselfisch (W3) [Adelung]


Der Amselfisch, S. Meeramsel.


Ämsig (W3) [Adelung]


Ämsig, S. Emsig.


Amt (W3) [Adelung]


Das Amt, des -es, plur. die Ämter, Diminutiv. Ämtchen, Oberdeutsch Ämtlein, ein altes Wort, welches ehedem so wohl gewisse Dienstleistungen, als auch diejenigen Personen bedeutete, die dazu verbunden waren. Heut zu Tage bezeichnet es,1. Überhaupt.1) Den ganzen Umfang derjenigen Obliegenheiten, wozu jemand von einem Höhern angewiesen ist. Seinem Amte ein Genüge thun, demselben nachkommen, wohl vorstehen. Das ist mein Amt, mein Amt bringt es so mit sich. Das ist meines Amtes nicht, lieget mir nicht ob. Einem in sein Amt greifen, sich eine Verrichtung anmaßen, die einem andern oblieget. Die Freude, welche Ältern über ihre Kinder empfinden, belohnet sie für das mühsame Amt der Auferziehung, Gell. Von Amts wegen, aus einer in dem Amte gegründeten Pflicht. Ingleichen auch wohl einzelne Verpflichtungen und Befugnisse zu gewissen Verrichtungen in dem gesellschaftlichen Leben. In dieser Bedeutung sagt man auch in einzelnen Fällen, ein Amt auf oder über sich nehmen, des andern Amt verrichten. Einem ein Amt, (eine einzelne Verrichtung) auftragen. In der Theologie hat man das Mittleramt Christi, wozu dessen prophetisches, hohepriesterliches und königliches Amt gerechnet wird.2) Die damit verbundene Würde und Vortheile. Ein geistliches, weltliches, obrigkeitliches, öffentliches Amt. Ein ansehnliches, mittelmäßiges, einträgliches Amt. Ein Ehrenamt. Ein Hofamt, Erzamt, Erbamt. Das Predigtamt. Nach einem Amte streben, ein Amt suchen, sich um ein Amt bewerben, um ein Amt anhalten. Ein Amt bekommen, erhalten. In ein Amt kommen. In einem Amte sitzen. Ein Amt verwalten, bekleiden. Ein Amt antreten. Er stehet schon zehen Jahre in einem öffentlichen Amte. Ein Amt niederlegen. Einen seines Amtes entsetzen. Das Amt ist erlediget. EinAmt eingehen lassen. Sprichw. Es ist kein Amt so klein, das nicht den Galgen verdienet. Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand. Das Amt macht wohl satt, aber nicht allemahl klug.2. Ins besondere und in eingeschränkter Bedeutung, einzelne Arten von Ämtern in der zweiten Bedeutung.1) In der protestantischen Kirche das Predigtamt, welches im gemeinen Leben auch nur schlechthin das Amt genannt wird. In das Amt kommen. In welcher Bedeutung schon Apostelgesch. 6, 4. der Ausdruck, das Amt des Wortes, vorkommt. Ingleichen verschiedene gottesdienstliche Amtsverrichtungen. So wird in der Römischen Kirche die feierliche Messe, welche vor dem hohen Altare gehalten wird, das hohe Amt, oder das Hochamt genannt. So auch, das Amt halten, oder singen, Messe lesen. Das Meßamt. Das Choramt, die Haltung der kanonischen Stunden. Das Seelenamt, die gottesdienstlichen Übungen für die Seele eines Verstorbenen. Auch bey den Protestanten heißt das Amt halten, an einigen Orten so viel, als das Abendmahl austheilen. Das Amt der Schlüssel, die Gewalt die Sünde zu vergeben oder zu behalten.2) Die Handhabung der Rechtspflege, und die Verwaltung der landesherrlichen Einkünfte eines Ortes oder einer Gegend, und eine solche Gegend selbst. In diesem Verstande wird das Wort Amt, wenn es schlechthin gesetzt wird, am häufigsten genommen, und da gibt es in verschiedenen Gegenden Deutschlandes Ämter, Kammerämter, Kreisämter, Oberämter, Chatoullen-Ämter u. s. f. Die meisten dieser Deutschen Ämter mit ihren Zubehören sind noch Überbleibsel der alten Curten, Bürge, oder kaiserlichen Schlösser, welche aus bekannten Ursachen nach und nach in die Hände des Adels oder der Landesherren gekommen sind. Dieß ist die einzige und wahre Ursache, warum die meisten landesfürstlichen Amthäuser in Deutschland alle diejenigen Hoheitsrechte besitzen, welche ehedem auf einer alten Deutschen Burg hafteten, und ein wesentliches Kennzeichen derselben sind. Noch in der Hildesheimischen Stiftsfehde von 1630 wurden die Hildesheimischen Ämter Schlösser genannt. S. auch Amtmann und Amtsaß. In andern, besonders Oberdeutschen Gegenden, sind Statt des Nahmens Amt die Benennungen Pflege, Pflegamt, Kellerey, Vogtey, Ort, u. s. f. üblich. Oft wird im gemeinen Leben auch die Wohnung des Vorgesetzten eines solchen Amtes, das Amt genannt, für Amthaus.3) Ein Collegium gewisser, zu einer Verrichtung bestimmter Personen, und das Gebäude, wo selbige ihre Sitzungen halten. In diesem Verstande sagt man so wohl das Amt, für diejenigen Personen, die die Gerichtspflege in einem Amte in der zwejten Bedeutung verwalten, als auch das Postamt, das Bauamt, das Marschallamt, das Steueramt, das Kirchenamt, in Schlesien, das Consistorium, u. s. f.4) Innungen alter und zahlreicher Handwerker, welche einige besondere Vorrechte genießen, zum Unterschiede von den schwächern und geringern Zünften, welche nur Werke oder Gilden genannt werden. In dieser Bedeutung ist das Wort am meisten in Niedersachsen, und besonders in den alten Hanseestädten üblich, wo einige Zünfte, z. B. der Schlösser, Schuster, Schneider, Drechsler u. s. f. das Recht haben, sich Ämter zu nennen. Indessen muß dieser Gebrauch auch in Oberdeutschland nicht ganz fremd seyn, denn Henisch hat Ambacht gleichfalls für Zunft, und Ambachtsmann für Handwerksmann. Das Holländ. Ambacht, und Schwed. Aembete, werden in gleichem Verstande gebraucht. Zuweilen führet auch wohl die Werkstätte eines Handwerksmannes den Nahmen eines Amtes. So kommt an einigen Orten Niedersachsens der Ausdruck Barbieramt für Barbierstube vor. Das Amt berufen, das Handwerk zusammen kommen lassen. In das Amt freyen, durch Heirath eine Stelle in einer geschlossenen Innung erhalten.

Anm. 1. Die älteste Schreibart dieses Wortes, nicht nur bey den Alemannen, sondern auch bey den Angelsachsen ist Ambacht, und schon zu Cäsars Zeiten bedeutete Ambactus einen Clienten, Vasallen. Gemeiniglich hält man dieses Wort für Gallisch, welches sich doch aus Cäsars Stelle nicht erweisen läßt. Zwar versichert Festus, daß Ennius das Wort Ambactus gebraucht, welches in der Gallischen Sprache einen Knecht bedeute; allein Salmasius hat schon gezeigt, daß die Stelle im Festus verderbt ist, und weiter nichts sagt, als das Servus ambactus so viel als circumactus bedeute. Das Wort mag nun echt Römisch oder Gallisch seyn, so kommt es doch mit dem noch jetzt so wohl in den Niederlanden, als in Oberdeutschland üblichen Ambacht sehr genau überein, und erst in den spätern Zeiten zogen die Franken, Niedersachsen und Nördlichen Mundarten dieses Wort in Ambete, Embede, Ampt, und Amt zusammen. Ampt ist hierunter die unrichtigste Schreibart, weil, wenn ja ein Lippenbuchstabe beybehalten werden soll, es Ambt, heißen müßte. Bey den Gothen lautete dieses Wort Andbahts. Sogar bey den Letten ist Ammats, und bey den Finnen Anmatti eine Verbindlichkeit, ein Amt, und im Isländ. bedeutet Ambact eine Magd; aus welchem weiten Umfange das hohe Alter dieses Wortes hinlänglich erhellet; daher sich auch von dessen Abstammung nichts als Muthmaßungen vorbringen lassen, bey welchen ich mich daher nicht aufhalte. Ursprünglich bedeutete Ambacht einen jeden Diener oder Bedienten, hernach einen Diener von höherer Art, einen Vasallen, und dann auch den Dienst und die damit verbundene Würde, welche letztere Bedeutung nunmehr die erste ganz verdränget hat. Von der Gerichtspflege kommt dieses Wort schon 1083 vor, wo es in einer Urkunde bey dem Haltaus heißet: Judiciariam potestatem in Alemere quae ambaht vocatur. Der Oberdeutsche Plural heißt Amte, und diesen hat Luther 2. Chron. 23, 18. und Dan. 3, 12. beybehalten. Das Zeitwort amten, ein Amt verwalten, wirklich bekleiden, der amtende Bürgermeister, der regierende, ist bis auf das davon abgeleitete Beamter veraltet. Indessen war ambahten bey den Alemannen und Franken, andbahtjan bey den Gothen, und embehtan bey den Angelsachsen für dienen üblich. Einige Neuere haben dagegen den Zwitter amtiren, ein Kammeramt verwalten, einführen wollen.

Anm. 2. Amt gehet bloß auf die Dienste oder vorgeschriebene Verrichtungen, Würde aber nur auf den äußerlichen Vorzug, wenn solcher gleich zu keinen Verrichtungen verpflichtet. So sagt man wohl die adelige Würde, die Würde eines Hofrathes, aber nicht das adelige Amt. Die R. A. Kraft meines tragenden Amtes, ist theils unrichtig, weil das Partic. Act. hier keinen begreiflichen Verstand haben kann, theils pleonastisch, weil das Pronomen mein den Begriff, welchen das tragen haben soll, bereits hinlänglich ausdruckt.


Amtfrau (W3) [Adelung]


Die Amtfrau, plur. die -en. 1) Im gemeinen Leben zuweilen die Gattinn eines Amtmannes, die Amtmänninn. 2) In den Nonnenklöstern, eine Nonne, welche ein gewisses Amt in dem Kloster verwaltet.


Amtgeld (W3) [Adelung]


Das Amtgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, in dem Staatsrechte, dasjenige Geld, welches den Erbämtern bey Ertheilung der Lehen gegeben wird.


Amtgericht (W3) [Adelung]


Das Amtgericht, des -es, plur. die -e, ein eigenes Gericht zu Cöln, welches über Verbal-Injurien richtet, zum Unterschiede von dem Gewaltgerichte, den Klageherren, der Weinschelle u. s. f.


Amthaus (W3) [Adelung]


Das Amthaus, des -es, plur. die -häuser. 1) Die Wohnung eines Amtmannes. 2) In Niedersachsen, die Zunftstube einer zu einem Amte erhobenen Zunft.


Amtleute (W3) [Adelung]


Die Amtleute, S. Amtmann.


Amtlos (W3) [Adelung]


Amtlos, adj. et. adv. mit keinem Amte versehen. Amtlos seyn. Eine amtlose Person. Daher die Amtlosigkeit.


Amtmann (W3) [Adelung]


Der Amtmann, des -es, plur. die Amtmänner und Amtleute. 1) Derjenige, der einem landesherrlichen Kammeramte vorgesetzet ist; wo doch die Obliegenheiten und Befugnisse eines Amtmannes nicht in allen Gegenden einerley sind. An manchen Orten hat er so wohl die Justizpflege, als die Hebung der Kammergefälle und die Polizey in den ihm anvertrauten Bezirken; an andern Orten aber nur eines oder das andere dieser Stücke. Daher die Amtmänninn, und in den gemeinen Mundarten die Amtfrau, dessen Gattinn. 2) In Niedersachsen, Amtmann, oder Amtsmann, Ammetsmann, Holl. Ambachtsman, Schwed. Aembetsman, ein Handwerksmeister, der ein Mitglied eines Amtes ist.

Anm. Ambacht, Amt, bedeutete ehedem einen Diener. Als dieses Wort nachmals auch von den Diensten und der damit verbundenen Würde gebraucht wurde, hing man das Wort Mann daran, wenn es einen Diener andeuten sollte, und so entstand in Oberdeutschland das Wort Ambachtmann, Ammann, und unser Hochdeutsches Amtmann. Diese Wörter wurden ehedem von einem jeden Diener gebraucht, daher in dem Schwabenspiegel sogar die Schergen oder Häscher Amtleute genannt werden, und in Aachen wird der erste Gerichtsdiener des Vogt Meiers, der alle gerichtliche Ausfertigungen in der Stadt vollzieht, und in Baiern der Gefangenwärter oder Schließer, ja ein jeder Gerichtsdiener noch jetzt der Amtmann, genannt. In einem edlern Verstande bekamen in den spätern Zeiten diejenigen Personen, welchen die alten ehemahligen Bürge oder Festen mit dem dazu gehörigen Gebiethe und allen Hoheitsrechten anvertrauet wurden, und welche in die Stelle der ehemaligen Burggrafen und Burgvögte eintraten, den Nahmen der Amtleute. Und da die Vorrechte einer solchen Burg sehr ansehnlich waren, so wurden zu solchen Vorgesetzten nur Personen von Adel genommen, welches noch in manchen Gegenden beobachtet wird; obgleich in andern Provinzen die Amtleute, besonders wenn sie die Gerichtspflege zugleich mit gepachtet haben, bloße Kammerpächter sind. In den ältern einfältigern, aber doch pünctlichen Zeiten sprachen diese Burgvögte mit ihren Burgleuten zugleich das Recht, und besorgten auch die Hebung der landesfürstlichen Einkünfte. Als sich aber die letztern häuften, und nach Einführung des Römischen Rechtes die Rechtspflege verwickelter wurde, so beschäftigten sich die Burgvögte und adeligen Amtleute bloß mit der öffentlichen Sicherheit, und ließen die Gerichtspflege und wirthschaftlichen Angelegenheiten durch andere ihnen untergeordnete Personen verwalten, welche Amtsvögte, Amtsrichter, Amtsschösser, Amtsschaffner, Amtskeiler, Amtsverwalter, Amtsverweser u. s. f. genannt wurden; obgleich manche dieser Ausdrücke in einigen Gegenden auch einen bürgerlichen Amtmann bedeuten, der die Stelle eines adeligen vertritt. Von dem doppelten Plural gilt eben das, was von den meisten Zusammensetzungen mit Mann gilt. Spricht man von mehrern Personen dieser Art mit einiger Achtung, so lautet er Amtmänner, außer dem Amtleute. Den letzten Plural gebraucht man auch, wenn man überhaupt Personen dieses Standes verstehet. Die Amtleute klagen über die vielen Durchmärsche und Lieferungen.


Amtmannschaft (W3) [Adelung]


Die Amtmannschaft, plur. die -en, an einigen Orten, 1) die Würde und Verrichtung eines Amtmannes, 2) das ihm untergebene Gebieth, das Amt.


Amtmeister (W3) [Adelung]


Der Amtmeister, des -s, plur. ut nom. sing. in Cöln, der vornehmste in einer Zunft, nach den Zunftherren; an andern Orten ein Obermeister.


Amtsarbeit (W3) [Adelung]


Die Amtsarbeit, und noch häufiger im plur. die -en, Arbeiten, wozu man vermöge seines Amtes verbunden ist.


Amtsaufseher (W3) [Adelung]


Der Amtsaufseher, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, besonders in der Lausitz, ein Adeliger in jedem Amte, der auf das Verhalten des Amtmannes Acht haben muß. S. Amtshauptmann.


Amtsbauer (W3) [Adelung]


Der Amtsbauer, des -n, plur. die -n, ein Bauer, der dem Amte unterworfen, im Gegensatze der adeligen Bauern.


Amtsbescheid (W3) [Adelung]


Der Amtsbescheid, des -es, plur. die -e, ein Bescheid, welchen ein Amtmann, als ordentlicher Richter in einer Sache ertheilet.


Amtsbezirk (W3) [Adelung]


Der Amtsbezirk, des -es, plur. die -e, die zu einem Amte gehörige Gegend. In Niedersachsen auch der Bezirk außer der Hauptstadt und Lade, in welchem alle Meister zu einem Amte oder Innung gehören.


Amtsbothe (W3) [Adelung]


Der Amtsbothe, des -n, plur. die -n, derjenige, der bey einem Amte als Bothe verpflichtet ist. In Niedersachsen auch der Handwerksknecht, und in einigen Innungen der Jungmeister.


Amtsbrief (W3) [Adelung]


Der Amtsbrief, des -es, plur. die -e, in Niedersachsen, eine Urkunde, welche die Gesetze oder Verträge einer Zunft enthält.


Amtsbruder (W3) [Adelung]


Der Amtsbruder, des -s, plur. die -brüder, derjenige, welcher mit einem andern in einerley Amte lebt; der College, Amtsgenoß. So pflegen sich die evangelischen Geistlichen, und in Niedersachsen die Meister eines und eben desselben Handwerkes, Amtsbrüder zu nennen.


Amtsbuch (W3) [Adelung]


Das Amtsbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Buch, worin entweder die gerichtlichen oder die ökonomischen Angelegenheiten eines Amtes verzeichnet werden.


Amtsdiener (W3) [Adelung]


Der Amtsdiener, des -s, plur. ut nom. sing. der Gerichtsdiener eines Amtes; der Amtsfrohn, Amtsknecht.


Amtsdorf (W3) [Adelung]


Das Amtsdorf, des -es, plur. die -dörfer, ein Dorf, welches dem Amte unmittelbar unterworfen ist, im Gegensatze der Gerichts- oder Junkerdörfer, welche unter adelige Gerichte gehören.


Amtseifer (W3) [Adelung]


Der Amtseifer, des -s, plur. car. ein pflichtmäßiger Eifer, ein Eifer, den die Umstände des Amtes, welches man auf sich hat, erfordern.


Amtsfälle (W3) [Adelung]


Die Amtsfälle, oder Amtsgefälle, singul. inusit. 1) Die Einkünfte aus einem Kammeramte. 2) Sporteln, zufällige Einnahmen, die man vermöge seines Amtes, von welcher Art es auch ist, genießet.


Amtsfolge (W3) [Adelung]


Die Amtsfolge, plur. inusit. 1) Die Nachfolge in einem Amte. 2) Die Pflicht der Unterthanen eines Kammeramtes, dem Amtmanne, wenn er sie in gewissen Fällen aufbiethet, zu folgen.


Amtsfrohn (W3) [Adelung]


Der Amtsfrohn, des -es, plur. die -e, S. Amtsdiener.


Amtsfrohne (W3) [Adelung]


Die Amtsfrohne, plur. die -n, ein Frohndienst, welcher einem Amtmanne oder dem Amte geleistet werden muß.


Amtsfuhre (W3) [Adelung]


Die Amtsfuhre, plur. die -n, Fuhren, welche die Unterthanen eines Amtes zur Frohne zu thun verbunden sind.


Amtsgebühr (W3) [Adelung]


Die Amtsgebühr, noch häufiger aber im Plural, die Amtsgebühren. 1) Überhaupt dasjenige Geld, welches man einem andern für die Verwaltung seines Amtes in einzelnen Fällen entrichten muß; Sporteln, Accidenzien. 2) Besonders, die einem Amte gehörigen Gerichtsgebühren.


Amtsgefälle (W3) [Adelung]


Die Amtsgefälle, S. Amtsfälle.


Amtsgehülfe (W3) [Adelung]


Der Amtsgehülfe, des -n, plur. die -n, derjenige, der einen andern in seinen Amtsverrichtungen unterstützet.


Amtsgenoß (W3) [Adelung]


Der Amtsgenoß, des -ssen, plur. die -ssen, zuweilen, obwohl selten, so viel ale ein Amtsbruder.


Amtsgerechtigkeit (W3) [Adelung]


Die Amtsgerechtigkeit, plur. die -en, in Niedersachsen bey einigen Handwerkern, so viel als das Innungsrecht oder Zunftrecht.


Amtsgericht (W3) [Adelung]


Das Amtsgericht, des -es, plur. die -e. 1) Dasjenige Gericht, worin der Amtmann den Vorsitz hat, in Obersachsen auch schlechthin das Amt. 2) In den Niedersächsischen Städten, ein Gericht über die Angelegenheiten der Handwerksämter.


Amtsgeschäfte (W3) [Adelung]


Die Amtsgeschäfte, singul. inusit. Geschäfte, zu welchen man Kraft seines Amtes verpflichtet ist. Mit Amtsgeschäften überladen seyn. Meine Amtsgeschäfte verstatten mir nicht, sie zu besuchen.


Amtsgesicht (W3) [Adelung]


Das Amtsgesicht, des -es, plur. die -er, im Scherze, ein ernsthaftes Gesicht, ein Gesicht, mit welchem man seine Amtsgeschäfte zu verrichten pfleget. Mit einem steifen Amtsgesichte, Das in gemeßnen Falten liegt, u. s. f.


Amtshaltkorn (W3) [Adelung]


* Das Amtshaltkorn, des -es, plur. car. an einigen Orten eine Abgabe, welche die Zünfte jährlich der Stadtobrigkeit geben, und die sie wiederum denen, welche Meister werden wollen, auflegen.


Amtshauptmann (W3) [Adelung]


Der Amtshauptmann, des -es, plur. die -männer, und wenn man ohne besondere Achtung spricht, die -leute, der Hauptmann eines Amtes, d. i. diejenige Person, welche auf die Befolgung der Landesgesetze, auf die Landesökonomie und Polizey in einem Amte zu sehen, und zugleich die Aufsicht über die Beamten und ihre Untergeordneten zu führen hat; wozu in den meisten Ländern Personen von Adel genommen werden. Daher die Amtshauptmannschaft, die Würde eines Amtshauptmannes, ingleichen die seiner Aufsicht anvertrauete Gegend. In Westphalen werden die Amtshauptleute Drosten, in andern Gegenden aber Amtsaufseher, und Landvögte genannt.


Amtshoheit (W3) [Adelung]


Die Amtshoheit, plur. die -en, diejenigen Hoheiten oder Regalten, welche auf den heutigen landesfürstlichen Ämtern, als ehemahligen Schlössern, haften. Daher die Amtshoheitsgefälle, die daraus fließenden Einkünfte.


Amtskammer (W3) [Adelung]


Die Amtskammer, plur. die -n, an einigen Höfen, dasjenige Collegium, welches die Angelegenheiten der landesfürstlichen Kammerämter zu besorgen hat.


Amtskanzelley (W3) [Adelung]


Die Amtskanzelley, plur. die -en, in Oberdeutschland, besonders in Österreich, auch die Gerichte auf den adeligen Herrschaften.


Amtskastner (W3) [Adelung]


Der Amtskastner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Beamter in der Neumark, ingleichen in den Brandenburgischen Fürstenthümern in Franken, welcher vermuthlich so viel als an andern Orten ein Amtsschösser, oder Amtsverwalter ist.


Amtskeller (W3) [Adelung]


* Der Amtskeller, des -s, plur. ut nom. sing. in den Churmainzischen Ämtern, ein Beamter, der unmittelbar auf den Amtmann folgt, mit ihm das Gericht hält, und besonders das Ökonomie- und Cameral-Wesen unter seiner Aufsicht hat. S. auch Keller. Daher die Amtskellerey, eine Gegend, die der Aufsicht eines Amtskellers unvertrauet ist.


Amtskleid (W3) [Adelung]


Das Amtskleid, des -es, plur. die -er, ein Kleid, welches jemand bey besondern feierlichen Amtsverrichtungen anzulegen pflegt. Besonders in den alten Testamente, die Kleidung, welche die Priester bey ihren Amtsverrichtungen anlegen mußten, 2. Mos. 31, 10.


Amtsknecht (W3) [Adelung]


Der Amtsknecht, des -es, plur. die -e. 1) Der unterste Gerichtsdiener, in einem Amte. 2) Gewisse Unterbediente bey den Thalgerichten in Halle.


Amtskosten (W3) [Adelung]


Die Amtskosten, singul. car. Unkosten, welche durch Amtsverrichtungen verursachet werden; in Niedersachsen, der Aufwand, der bey den Handwerkszünften an Essen und Trinken gemacht wird.


Amtslade (W3) [Adelung]


* Die Amtslade, plur. die -n, in Niedersachsen, eine Lade oder Kiste, in welcher die Einkünfte eines Amtes oder Gewerkes verwahret werden.


Amtslehen (W3) [Adelung]


Das Amtslehen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Lehen, welches von einem landesfürstlichen Amte und dessen Vorgesetzten verliehen wird.


Amtsmeister (W3) [Adelung]


* Der Amtsmeister, des -s, plur. ut nom. sing. ein Handwerksmeister, der einem Handwerksamte einverleibet ist.


Amtsnahme (W3) [Adelung]


Der Amtsnahme, des -ns, plur. die -n, der Nahme, welchen jemand von seinem Amte führet; besonders im theologischen Verstande.


Amtspfanne (W3) [Adelung]


Die Amtspfanne, plur. die -n, in den Salzwerken, diejenige Pfanne, in welcher die Amtssohle gesotten wird.


Amtspflege (W3) [Adelung]


Die Amtspflege, plur. die -n, in einigen Oberdeutschen Gegenden, so wohl die Würde eines Amtmannes, als auch die ihm anvertraute Gegend, welche auch wohl schlechthin die Pflege genannt wird.


Amtspflicht (W3) [Adelung]


Die Amtspflicht, plur. die -en. 1) Jede Pflicht, zu welcher man durch sein Amt verbunden ist. 2) Der Eid, welchen man bey dem Antritte eines Amtes ableget. Die Amtspflicht ablegen. Einen in Amtspflicht nehmen.


Amtspflichtig (W3) [Adelung]


Amtspflichtig, adj. et adv. welches nur in der Kanzelleyen üblich ist, einem Kammeramte mit Treu und Pflicht zugethan. Amtspflichtige Unterthanen, die dem Amte unterthan sind.


Amtspredigt (W3) [Adelung]


Die Amtspredigt, plur. die -en, an einigen Orten, die Frühpredigt an den Sonn- und Festtagen in den evangelischen Kirchen.


Amtsrath (W3) [Adelung]


Der Amtsrath, des -es, plur. die -räthe, an einigen Orten, ein Beamter, der die Angelegenheiten der landesfürstlichen Ämter zu besorgen hat. Zuweilen ist es auch nur ein bloßer Titel, der einem Amtmanne gegeben wird. In der Grafschaft Ravensberg gibt es Amtsräthe, die in bürgerlichen und peinlichen Sachen auf dem Lande und in den Städten die erste Instanz haben, und von denen an die Regierung appelliret wird. Zuweilen verstehet man auch unter Amtsrath ein Collegium, welches die Angelegenheiten der Ämter auf dem Lande besorget. So gibt es in dem Canton Zug in der Schweiz einen Stadt- und Amtsrath, der aus 40 Rathsherren bestehet, welche die täglich vorfallenden Geschäfte und Landessachen besorgen.


Amtsrechnung (W3) [Adelung]


Die Amtsrechnung, plur. die -en, die Rechnung über die Einnahme und Ausgabe eines Kammeramtes.


Amtsrichter (W3) [Adelung]


Der Amtsrichter, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten, eine Person, welche die Rechtspflege in einem Amte besorgt, und welche an andern ein Gerichtshalter genannt wird. So sind auf dem Eichsfelde den Amtsvogteyen Amtsvögte vorgesetzet, welche Amtsrichter und Amtsschreiber unter sich haben.


Amtsrolle (W3) [Adelung]


* Amtsrolle, plur. die -n, in Niedersachsen, Urkunden, welche die Gesetze oder Freyheiten eines Handwerksamtes enthalten; Gildebriefe, Innungsbriefe, Amtsbriefe, Zunftbriefe.


Amtssache (W3) [Adelung]


Die Amtssache, plur. die -n, eine Streitsache, welche vor das Amt gehöret; ingleichen eine Sache, welche das Amt angehet.


Amtssaß (W3) [Adelung]


Der Amtssaß, des -ssen, plur. die -ssen. 1) In weiterer Bedeutung, ein jeder, der dem Amte unterworfen ist, ein Amtsunterthan; folglich so wohl die eigentlichen Bauern, als auch diejenigen Edelleute, welche nur amtssäßig sind 2) In engerer und am meisten üblicher Bedeutung, in den Sächsischen Rechten, einer, der zwar ein adeliges Lehngut besitzet, aber doch in der ersten Instanz vor dem Amte stehen muß; ein Amtsschrift-saß, im Gegensatze der Schriftsassen, oder Kanzelleyschriftsassen. S. Amtsschrift.

Anm. In dem Alten aus allen Theilen der Geschichte, wird B. 2. S. 359 f. der Ursprung der Amtssassen und ihres Unterschiedes von den Schriftsassen aus der Kriegsverfassung der mittlern Zeiten hergeleitet. Weil die Amtleute, oder, wie sie damahls auch hießen, die Vögte, zugleich mit für die Sicherheit der Landstraßen wachen mußten, so unterwarfen die Landesherren ihnen einen Theil ihrer Lehenleute, welche damahls die einzige Reiterey ausmachten, und welche unter Anführung der Vögte die Sicherheit des Landes erhalten mußten, den andern Theil aber behielten sie zu ihrem eigenen Gebrauche, wenn etwa ein auswärtiger Krieg ihre Dienste nothwendig machen sollte. Aus jenen sind die heutigen Amtssassen, aus diesen aber die Schriftsassen entstanden. Noch deutlicher und zugleich richtiger wird der Ursprung der Amtssassen, wenn man auf die alte Beschaffenheit der heutigen Ämter, als ehemahliger Bürge und kaiserlicher Schlösser siehet; denn da sind die heutigen Amtssassen nichts anders, als was ehedem die adeligen Burgmänner, Milites castrenses, Castellani, Ministeriales castrenses waren, welche für den Genuß eines Lehengutes die Burg vertheidigen und besetzen halfen. S. Burgmann.


Amtssasserey (W3) [Adelung]


Die Amtssasserey, plur. inusit. in den Kanzelleyen, die Eigenschaft des Besitzers eines adeligen Lehngutes, nach welcher er einem Amte in der ersten Instanz unterworfen ist.


Amtssässig (W3) [Adelung]


Amtssässig, adj. et adv. einem Amte in der ersten Instanz unterworfen.


Amtsschaffner (W3) [Adelung]


* Der Amtsschaffner, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden am Rheinstrome, ein Beamter, der wohl so viel ist, als im Mainzischen ein Amtskeller, oder an andern Orten ein Amtsschösser. Daher die Amtsschaffnerey, so wohl die Würde eines Amtsschaffners, als die ihm anvertraute Gegend. S. Schaffner.


Amtsschildlein (W3) [Adelung]


Das Amtsschildlein, des -s, plur. inusit. ein Stück des hohenpriesterlichen Schmuckes im alten Testamente, welches auf der Brust getragen wurde, und mit Edelsteinen besetzt war, 2. Mos. 28, 15.


Amtsschösser (W3) [Adelung]


Der Amtsschösser, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher die Einkünfte eines Amtes zu berechnen hat, und entweder unter dem Amtmanne stehet, oder in kleinen Ämtern zugleich die Stelle eines Amtmannes vertritt. S. Schösser.


Amtsschreiber (W3) [Adelung]


Der Amtsschreiber, des -s, plur. ut nom. sing. der Gerichtsschreiber eines Amtes. An andern Orten, z. B. im Braunschweigischen, ist der Amtsschreiber nicht ein bloßer Schreiber, sondern ein College des Amtmannes, daher er sich im Französischen auch Second Bailli nennet. An noch andern Orten hat der Amtsschreiber es bloß mit den Frohndiensten eines Amtes zu thun, und alsdann ist die Amtsschreiberey, theils seine Stelle, theils der ihm angewiesene Bezirk, theils endlich auch der Ort seiner Expedition.


Amtsschrift (W3) [Adelung]


Die Amtsschrift, plur. die -en, ein schriftlicher Befehl des Amtmannes; gemeiniglich nur in der R. A. auf Amtsschrift sitzen, einem Amte in der ersten Instanz unterworfen seyn, amtssässig seyn, im Gegensatze des Ausdruckes, auf Kanzelleyschrift sitzen, schriftsässig seyn. S. Amtssaß, ingleichen Haltaus v. Schrift.


Amtsschriftsaß (W3) [Adelung]


Der Amtsschriftsaß, des -ssen, plur. die -ssen, so viel als Amtssaß, welches S.


Amtsschuldheiß (W3) [Adelung]


Der Amtsschuldheiß, des -en, plur. die -en, der regierende Schuldheiß, im Gegensatze des abgegangenen; eine Benennung, welche in dem Canton Bern üblich ist, wo der Amtsschuldheiß das Haupt und die erste Person in der Regierung des Cantons ist. In den Churrheinischen Kreise gibt es gleichfalls Amtsschuldheißen und Amtsschuldheißereyen, wo aber dieses Wort so viel als einen Gerichtshalter, und dessen Gebieth bedeutet.


Amtsschuster (W3) [Adelung]


* Der Amtsschuster, des -s, plur. ut nom. sing. in Niedersachsen, ein zunftmäßiger Schuster, im Gegensatze eines Freyschusters, der nicht zunftmäßig ist.


Amtsschutz (W3) [Adelung]


Der Amtsschutz, des -es, plur. car. der Schutz, welchen jemand von einem landesfürstlichen Kammeramte zu genießen hat.


Amtssiegel (W3) [Adelung]


Das Amtssiegel, des, -s, plur. ut nom. sing. das Siegel eines Amtes, ingleichen in Niedersachsen, das Siegel einer zu einem Amte erhobenen Innung.


Amtssohle (W3) [Adelung]


Die Amtssohle, plur. inusit. in dem Salzwerke zu Halle, diejenige Sohle, welche den Bedienten des Salzwerkes als ein Lohn gegeben wird.


Amtssorge (W3) [Adelung]


Die Amtssorge, plur. die -n, Sorgen, welche mit der gehörigen Verwaltung eines jeden Amtes verbunden sind. Mit Amtssorgen beladen seyn. Einen der Amtssorgen überheben.


Amtsstadt (W3) [Adelung]


Die Amtsstadt, plur. die -städte, eine Stadt, welche einem Amte unterworfen ist.


Amtssteuer (W3) [Adelung]


Die Amtssteuer, plur. die -n, eine Steuer, welche den Unterthanen in den Amtsdörfern aufgeleget wird. Daher die Amtssteuereinnahme, der Amtssteuereinnehmer.


Amtsstube (W3) [Adelung]


Die Amtsstube, plur. die -n, dasjenige Gemach, in welchem der Amtmann Gericht hält: an manchen Orten die Amtsstelle.


Amtstag (W3) [Adelung]


Der Amtstag, des -es, plur. die -e, der Gerichtstag in einem Amte.


Amtstreue (W3) [Adelung]


Die Amtstreue, plur. car. die Treue in Verwaltung seines Amtes, die Fertigkeit, die Obliegenheiten seines Amtes auf das genaueste zu erfüllen.


Amtsverrichtung (W3) [Adelung]


Die Amtsverrichtung, plur. - die -en, Verrichtungen, zu welchen man vermöge seines Amtes verbunden ist. Seine Amtsverrichtungen abwarten. Einen in seinen Amtsverrichtungen hindern.


Amtsverwalter (W3) [Adelung]


Der Amtsverwalter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der die wirthschaftlichen Angelegenheiten eines Kammeramtes und dessen Gefälle besorget, und oft Amtsrentverwalter genannt wird. 2) Der die Stelle eines adeligen Amtmannes vertritt, daher demselben untergeordnet ist, und vermuthlich zu den Zeiten aufgekommen ist, da die Amtleute noch Adelige seyn mußten, und sich daher mehr um die öffentliche Sicherheit ihres Amtes, als um andere Angelegenheiten bekümmerten. 3) Oft werden auch die Amtleute kleiner Ämter nur Amtsverwalter, oder Amtsverweser genannt.


Amtsverwalterey (W3) [Adelung]


Die Amtsverwalterey, plur. die -en, das Amt und die Würde eines Amtsverwalters; ingleichen die ihm untergebene Gegend.


Amtsverwaltung (W3) [Adelung]


Die Amtsverwaltung, plur. die -en, die Verwaltung eines Kammeramtes; die Würde eines Amtsverwalters; ingleichen an einigen Orten, z. B. im Bareuthischen, so viel als ein Unteramt.


Amtsverweser (W3) [Adelung]


Der Amtsverweser, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein jeder, der ein Amt im Nahmen eines andern verwaltet. So sind die Erbbeamten Amtsverweser der Erzämter, und der Reichs-Vice-Kanzler ist der Amtsverweser des Churfürsten von Mainz. 2) Ein bürgerlicher Amtmann, der die Stelle des adeligen, so wohl in gerichtlichen als wirthschaftlichen Angelegenheiten vertritt. S. Amtmann und Amtsverwalter.


Amtsverweserey (W3) [Adelung]


Die Amtsverweserey, plur. die -en, die Würde eines Amtsverwesers; ingleichen die ihm untergebene Gegend, ein Unteramt, dergleichen es in dem Erzstifte Mainz gibt.


Amtsvogt (W3) [Adelung]


Der Amtsvogt, des -es, plur. die -vögte. 1) So wie Amtsverwalter und Amtsverweser, der die Stelle eines adeligen Amtmannes vertritt. Ingleichen ein Beamter eines Unteramtes, oder einer kleinen Gegend. So gibt es auf dem Eichsfelde Amts-vogteyen, denen solche Amtsvögte vorstehen. Auch im Zellischen finden sich Amtsvögte und Amtsvogteyen, über welche in Haushaltungs- und Justizsachen der Großvogt die Aufsicht hatte, welche letztere Würde aber 1772 aufgehoben wurde. S. Amtmann und Amtsverwalter. 2) Der Gerichtshalter in einem Amte. Dergleichen Amtsvögte gibt es in Sachsen, in denjenigen Ämtern, welche aus ehemahligen Klostergütern entstanden sind, wo die Amtsvögte an die Stelle der ehemahligen Klostervögte getreten sind. 3) In manchen Gegenden ist der Amtsvogt ein bloßer Gerichtsdiener des Amtmannes, wie Amtsdiener und Amtsfrohn. 4) An noch andern ist er Vogt, d. i. Vormund, der Gemeinen und ihrer Unmündigen in einem Amte.


Amtvogtey (W3) [Adelung]


Die Amtvogtey, plur. die -en, die Würde eines Amtsvogtes, und der ihm untergebene Bezirk.


Amtswapen (W3) [Adelung]


Das Amtswapen, des -s, plur. ut nom. sing. in der Wapenkunst, ein Wapen, welches jemand wegen des Amtes, das er bekleidet, erhält.


Amulet (W3) [Adelung]


Das Amulet, des -es, plur. die -e, Diminutiv. das Amuletchen, aus dem Lat. Amuletum, ein Gegen- oder Vorbauungsmittel, welches seine Kraft durch bloßes Anhängen an den Körper äußern soll; das Angehänge, im gemeinen Leben Anhängsel.


An (W3) [Adelung]


An, eine Präposition, welche überhaupt die Bedeutungen der Partikeln in und nahe in sich vereinigt, und so wohl mit der dritten, als mit der vierten Endung gebraucht wird.I. Mit der dritten Endung, oder dem Dative, wird sie gebraucht, einen Ort, einen Gegenstand, ein Mittel, und eine Zeit zu bezeichnen.1. Einen Ort, und zwar:1) Das Daseyn oder eine Bewegung in einem Orte oder in einer Sache; da sie denn für in stehet, aber nicht willkürlich gebraucht werden kann, sondern nur in solchen Fällen, wo der Gebrauch sie einmahl eingeführet hat. An meiner Statt, an eurer Statt. Ich habe es an seiner Statt gethan. S. Anstatt. Wenn sie an meiner Stelle wären. Am Leben seyn oder bleiben. Er hat es an der Art, im gemeinen Leben, es ist seine Art so. Am Tage liegen, augenscheinlich, unläugbar seyn. Wie spielt die schöne Blase nicht So bunt am goldnen Sonnenlicht? Weiße. Besonders begleitet an gern das Hauptwort Ort, wenn der Verstand das Vorwort in fordert. An einem Orte wohnen, warten, bleiben, stehen, u. s. f. Er hat an diesem Orte seinen Sitz. Er ist der reichste Mann an diesem Orte. Ich habe diese Gewohnheit an vielen Orten angetroffen. An einem Orte zusammen kommen. An allen Orten; wo an auch ausgelassen, und Statt desselben der Genitiv gesetzet werden kann. Aller Orten trifft er dann Früchte seiner Arbeit an, Weiße. Vor andern Adjectiven ist solches im Hochdeutschen nicht nachzuahmen, ob es gleich im Oberdeutschland häufig geschiehet. Z. B. Um es gehörigen Ortes anzubringen. Dessen Inhalt diensamer Orten kund zu machen. Bey den besondern Benennungen der Örter findet es in der Bedeutung der Präposition in nicht Statt, indem man nicht sagen kann, an einer Stadt wohnen, an dem Dorfe bleiben.Auch hat sich dieses Wort im gemeinen Leben bey Anführung einer Stelle aus dem Kapitel eines biblischen Buches noch in einigem Ansehen erhalten; wovon die Ausdrücke: Lucä am ersten, Matthäi am letzten Kapitel zeugen. Dieser Gebrauch, welcher doch schon großen Theils, und zwar mit Recht, veraltet ist, ist ein Überrest der Oberdeutschen Mundart, welche an in mehrern Fällen, die im Hochdeutschen nicht mehr üblich sind, für in gebraucht. In dem 1472 zu Augsburg gedruckten Buche Belial heißt es beständig: an dem Buch das heißt decret; an dem Kapitel das sich anhebt, imperator u. s. f.Hierher gehöret auch der Gebrauch, da an dem Reciproco sich zugesellet wird, eine Sache ohne Beziehung auf andere zu bestimmen. Der an sich todte Reichthum. Sage mir, wie die Sache an sich selbst ist. Da denn um des Nachdruckes willen auch wohl die Präposition für dazu gesetzet wird. An und für sich selbst.2) Die unmittelbare Verbindung einer Sache mit der Seitenfläche einer andern im Stande der Ruhe anzudeuten. An der Wand hängen. Am Fenster sitzen. An der Thür horchen. Hart an der Mauer wohnen. Die Ochsen stehen am Berge. Die Sterne am Himmel betrachten. An dem Wege sitzen. Frankfurt an der Oder, Cöln an der Spree. An der Krücke gehen, an der Krücke gestützt seyn, und so gehen. Einen an der Hand führen, ihn an der Hand halten und führen. An meiner Seite sank der tugendhafte Jüngling für sein Vaterland, indem er an meiner Seite stand. An dem Berge herum gehen, sich an dem Berge befinden und herum gehen.In weiterer und zuweilen figürlicher Bedeutung, an welcher das dabey befindliche Verbum oft den größten Theil hat, dienet es, verschiedene Arten der so wohl wesentlichen als zufälligen Verbindung zweyer Sachen anzudeuten. Es ist nichts als Haut und Knochen an ihm. Ich muß wissen, was an ihm ist, was für einen Werth er hat. Es ist nichts an der Sache, die Nachricht von derselben ist ungegründet. An Ketten liegen. Ziehet nicht am fremden Joche. Er ist Prediger an der Frauenkirche, Rector an der Thomasschule. Diener am Worte Gottes. An dem Hofe leben, sich am Hofe aufhalten. An Höfen fällt es schwer das Alter zu erreichen, Haged. Die Sache ist am Kammergerichte anhängig, wird am Reichshofrathe, am Oberhofgerichte anhängig gemacht. Er hat viele Fehler, Unarten, Tugenden, Laster an sich. Eine böse Krankheit an sich haben. Diese Unart leide ich nicht an dir. An einem unschuldigen Herzen werden die kleinen Fehler unmerklich, Gell. Und Göttern etwas abzuschlagen, Sey auch an kleiner Dame schön, Wiel. Krank am Leibe, an der Seele. Die Ursache, die Schuld liegt an ihm, er ist Schuld, Ursache daran. Es ist mir viel daran gelegen. Die Sache liegt mir sehr am Herzen.2. Einen Gegenstand, und zwar:1) Den Gegenstand eines so wohl thätigen als leidenden Zustandes des Leibes und des Geistes zu bezeichnen. Du arbeitest lange an dieser Sache. + Am Hungertuche nagen, figürlich, für Hunger leiden. Sich am ersten Gerichte satt essen. Sich an Äpfeln krank essen. Ich schreibe an der letzten Seite. Etwas an der Schuld bezahlen. Händel an einem suchen. An einem zum Mörder, zum Verräther werden. Sie versündigen sich an mir. Sich an einem rächen. Wunder an einem thun. Theil, Antheil an etwas haben. Sich an einem spiegeln. Er hat mir vielen Schaden an meiner Gesundheit gethan. So auch: Sich an etwas ärgern, vergnügen, erquicken, belustigen. Gefallen, Lust, Freude, Mißfallen, Abscheu an etwas haben. Etwas an einem tadeln, loben. Ich vermisse noch viel daran. Ich habe viel daran auszusetzen. Ingleichen. An der Schwindsucht sterben. Am Fieber darnieder liegen. An einem Kirschkerne ersticken.2) Den Gegenstand der Ordnung. Es ist an mir, an dir, an ihnen. Heute an mir, morgen an dir.3) Den Gegenstand des Besitzes, Mangels und Verlustes. Ich habe einen wahren Freund an ihm. Der Mensch hat anseinem Gesichte den wachsamsten Hüter wider die Gefahren des Lebens, Gell. Du glaubtest an mir einen Nebenbuhler zu finden. Sie wissen noch nicht, was sie an mir verlieren. Haben sie nicht an mir genug? Hundert Thaler an Äckern, an barem Gelde. Er hat so viel an Arzeneyen erhalten. An meinem Gehorsam soll es gewiß nicht fehlen. Es fehlet an Wein. Besonders mit den dahin gehörigen Adjectiven. Reich an Hausrath, an liegenden Gründen. Arm an Freuden. Leer an wahrer Liebe. Arm an Geist, wenig Geist oder Witz habend, dagegen arm am Geiste nur den Sitz der Armuth ausdrückt.4) Den Gegenstand des Vorzuges, der Stärke, Schwäche u. s. f. Einen an Tugend, an Klugheit, an Reichthum übertreffen. An Jahren zunehmen. An Kräften abnehmen. Er ist noch ein Kind am Verstande. Groß an Gestalt, am Geiste klein, Weiße. 3. Das Mittel, doch nur das Mittel einer Erkenntniß. Ich erkannte seine Stimme an einem großen Gelächter. Man kennet das Silber an dem Klange. Daran will ich sehen, ob du mich lieb hast.4. Eine gegenwärtige und vergangene Zeit. Am Anfange. Am Ende. Am Morgen. Am Abend. Es ist noch hoch an der Zeit. Es ist an dem, es ist nahe bevor stehend. Es ist an dem, daß ich fort muß. In einer andern Bedeutung ist an dem so viel als wahr. Es ist an dem, daß er es gethan hat, es ist wahr. Doch muß man auch hier dem Herkommen sein Recht lassen, indem an in dieser Bedeutung nicht nach Gutdünken gebraucht werden kann. Es ist z. B. wider den Sprachgebrauch, wenn es bey Rosten heißt: Er ward der Macht der schönsten Schäferinnen An mancher unruhvollen Nacht Zu seiner schönsten Marter innen. Am liebsten stehet an in dieser Bedeutung sowohl bey dem Hauptworte Tag, als auch bey den Nahmen der Wochen- und Feiertage. Am dritten Tage. An jenem Tage. Am Tage des Gerichts. Es geschahe am hellen Tage. Haltet jeden Tag für verloren, an dem ihr nicht eine Wohlthat erweiset. Am Sonntage sagte er mirs. An vorigen Ostern, an Pfingsten, habe ich ihn gesprochen. An wegzulassen, und dafür den Genitiv zu setzen, z. B. welches Tages du davon issest, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.5. Endlich wird diese Präposition auch zu den Superlativen gesetzet, und macht alsdann Adverbia aus ihnen: am besten, am liebsten. S. Am.II. Mit der vierten Endung, oder dem Accusative, wird sie gebraucht, so wohl das Ziel einer Bewegung oder Richtung des Gemüthes, als auch eine Zeit zu bezeichnen.1. Das Ziel einer so wohl körperlichen als geistigen Handlung.1) Den Gegenstand, auf welchen eine körperliche Bewegung gerichtet ist, sie mag nun in eigentlichem oder figürlichem Verstande zu nehmen seyn. An einen Pfahl binden. An den Baum, an die Wand hängen. Einem etwas an den Kopf werfen. An die Tafel schreiben. An eine Blume riechen. Das Feuer brannte mich an die Finger. Sich an etwas halten. Halte dich an mich, an mein Wort, verlasse dich auf mich, auf mein Wort. An seine Arbeit gehen. Sich an einen Ort begeben. Hand an einen legen, im figürlichen Verstande. Einen an den Galgen führen. Einem das Messer an die Kehle setzen. An den Hof gehen. Das Gift dringet schon an das Herz. Einen Bothen an einen schicken. Es ist ein Bothe an mich da. Salz an die Speisen thun. Sich an einen Stein stoßen. Sein Haus stößet an das meinige. An das Ufer fahren. An Bort gehen. Einem an die Hand gehen. An den Bettelstab kommen, gerathen, bringen. Etwas an seine Stelle setzen. Setze dich an meine Stelle. Etwas an einen verkaufen, verhandeln. Er hat seine Tochter an einen Edelmann verheirathet. Hand an das Werk legen. Eine Schrift an das Licht treten lassen. Etwas an den Mann bringen. Die Reihe kommt an dich. Ich wandte mich an ihn. Ich habe viel an ihn gewendet. Er hats an mich gebracht, mich dazu gereitzet. Etwas an sich bringen, an sich ziehen. Mit etwas an sich halten, es zu verschweigen, zu verbergen suchen. An einen Freund schreiben. Es ist ein Brief an mich da. Etwas an einen berichten. Nur muß man sich hüten, an nicht in solchen Fällen zu gebrauchen, wo der Sprachgebrauch dieses Vorwort nicht eingeführet hat. Etwas an einen geben, (außer wenn es für abgeben stehet, ich habe es an ihn gegeben, d. i. abgegeben,) an einen melden, für einem etwas geben, oder melden, ist ungewöhnlich.Wenn dieser Gegenstand zugleich die Grenze der Bewegung oder der Handlung ist, so wird der Präposition noch das Wörtchen bis zugesellet. Das Wasser ging ihm bis an die Schultern. Er dringet mit seinem Frevel bis an den Thron des Fürsten. Bis an das Ende der Welt gehen. Sey getreu bis an den Tod.Hierher gehöret auch der figürliche Gebrauch mit dem Verbo gehen. Es gehet an ein Lästern, an ein Schreyen, an ein Fluchen, an ein Toben, man fängt an zu lästern u. s. f. In welcher Bedeutung es schon bey den Schwäbischen Dichtern heißt: Swenne es an ein scheiden gat.2) Besonders für hinan, oder hinaufwärts, in welchem Falle an hinter dem Hauptworte zu stehen kommt, und dieses seinen Artikel wegwirft. Berg an. Himmel an. Bald stieg sie Himmel an, Dusch. Wenn Wogen Himmel an vom Sturm geschleudert fliegen, ebend. Felsen an, Klopst. Die Hoffnung arbeitet gegen alle unsere Schrecken an, Dusch. Aber auch hier muß man den Sprachgebrauch nicht aus den Augen setzen. Denn wenn Opitz sagt: Der Weinstock breitet sich Baum an; Ingleichen: Die Wahrheit reichet Wolken an, so ist solches im Hochdeutschen nicht nachzuahmen.3) Der Gegenstand einer Richtung des Gemüthes, oder einer andern unkörperlichen Handlung. An etwas denken. An einen glauben. Sich an etwas erinnern. Anspruch an etwas machen. Sich an etwas gewöhnen. An wen halten sie diese Traurede? Gell. Ich kehre mich nicht an deinen Zorn. Eine Frage, Bitte an einen thun. Aber nicht, wie in Oberdeutschland gewöhnlich ist, etwas an einen begehren. 4) Für bey nahe, ungefähr, im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart. Es sind schon an die hundert Jahre. Es hat mir an die zehn Thaler gekostet.2. Eine Zeit, doch nur, wenn das Ziel einer Handlung der Zeit nach ausgedrucket werden soll, und in Verbindung mit dem Wörtchen bis. Von dem Morgen bis an den Abend. Bis an den Tag seines Todes. Bis an den hellen Morgen schlafen. Bis an das Ende der Welt.

Anm. 1. Es gibt Fälle, wo an mit einerley Verbo, und in einerley Bedeutung, obgleich in verschiedenen Rücksichten, mit beyden Endungen richtig gebraucht wird. Z. B. Daß sie sich lagern ans Meer, 2. Mos. 14, 2, und: daß er sich lagern sollte an der Grenze, 1. Maccab. 15, 39. Pflanze dein Volk an deinen heiligen Ort, 2. Marc. 1, 29, und: ein Baum am Wasser gepflanzet, Jer. 17, 8. Gepflanzet an den Wasserbächen, Ps. 1, 3. Jesus satzte sich an das Meer, Matth. 13, 1. und: Elias satzte sich am Bache, 1. Kön. 17. 5. Fehlerhaft hingegensind: Gebunden an der Thür, Marc. 11, 4. Der Glaube an Christo Jesu, Gal. 3, 26. Er hält sich nicht an dem Haupte, Coloss. 2, 19.In andern Fällen hingegen macht die Veränderung der Endung auch eine merkliche Veränderung der Bedeutung. An die Thur pochen, wo die Thür der Gegenstand ist, auf welchen die Bewegung des Pochens gerichtet ist, und an der Thür pochen, an der Thür stehen und pochen. So auch, an der Tafel schreiben, und an die Tafel schreiben; an die Angel beißen, und an der Angel beißen; an dem Berge herum gehen, an den Berg gehen, und Berg an gehen.

Anm. 2. Zuweilen wird an, auch außer der Zusammensetzung zu einem bloßen Umstandsworte; und zwar, (1) wenn es mit von verbunden wird, einen Terminum a quo anzudeuten. Von Kindes Beinen an. Von nun an. Von Stund an. Von der Zeit an. Von heute an. Von hier an. Von diesem Baume an. (2) Wenn es mit den Umstandswörtern oben, unten, und neben verbunden wird. Oben an sitzen. Unten an stehen. Neben an wohnen. Bey an, für neben an ist Niedersächsisch. Hierher gehöret auch, (3) die Oberdeutsche Redensart um und an, für durchaus, gänzlich, welche im Hochdeutschen veraltet ist, aber noch oft bey den Schlesischen Dichtern vorkommt. Herr dein Gericht ist warlich um und an, Gerechtigkeit, Opitz. Er wird die Völker um und an Wie recht und billig ist entscheiden, ebend. Ach so ist es um und an Um die ganze Welt gethan! Gryph.

Anm. 3. In der adverbischen Redensart an einander, muß bald der Dativ bald der Accusativ verstanden werden, nachdem das dabey befindliche Verbum, oder der Zusammenhang es erfordert. Sie liefen alle an einander, einer an den andern. Die Äcker liegen an einander, einer an dem andern. Drey Tage an einander, einer an dem andern. Von den Fällen, in welchen dieses Vorwort mit dem Artikel zusammen gezogen wird, S. Am und Ans.

Anm. 4. In der Aussprache dieser Präposition kommen die Deutschen Mundarten nicht überein. Die meisten Oberdeutschen, besonders die Schlesier, sprechen sie gedehnt aus, als wenn sie ahn geschrieben wäre. Die Niedersächsischen Mundarten geben ihr hingegen einen geschärften Ton, und haben darin auch die Hochdeutschen auf ihrer Seite, nur daß diese das an in der Zusammensetzung, und wenn es ein bloßes Umstandswort ist, gerne dehnen, annehmen, wie ahnnehmen; ingleichen wenn es hinter dem Substantivo oder einem Umstandsworte stehet, Berg an, oben an, von hier an.

Anm. 5. In vielen seiner Bedeutungen ist an aus in entstanden, ja es ist weiter nichts als diese Präposition selbst, an welcher die Oberdeutsche Mundart das i in das breitere a verwandelt hat. Daher kommt es auch, daß es in Oberdeutschland zu allen Zeiten einen weitern Umfang gehabt hat, als es jetzt im Hochdeutschen hat. Iz was imo ana henti, es war in seinen Händen, Ottfr. Gotes Geist imo ana uuas, Gottes Geist war in ihm, ebend. An Gote, in Gott, Notk. An dinem Arme, in deinem Arme, Schwäb. Dicht. Neydelhard lag an seiner Kuh, Theuerd. Kap. 57. Am pet liegen, ebend. Ein jeder zog an sein Gemach, ebend. Kap. 17. In manchen Fällen vertritt es in Oberdeutschland auch die Stelle der Präposition auf. Z. B. An das jaid reiten, auf die Jagd, Theuerd. Kap. 68. Ingleichen der Präposition zu: An dir stet aller min gedank, Dithmar von Ast. Wie auch der Präposition von: Sie begehrten an ihm ein Zeichen vom Himmel, Marc. 8, 11. welche Arten des Gebrauches im Hochdeutschen insgesammt gleich ungebräuchlich sind.

Anm. 6. Diese Präposition ist schon in den ältesten Zeiten mit einigen Partikeln zusammen gesetzet worden; denn daß die letzte Sylbe in oben, unten, hinten, neben, vorn oder vornen, unser an ist, erhellet aus den alten Schreibarten obana, untana, hintana, vorana. Weil es aber hier durch die Aussprache oft sehr unkenntlich wird, so setzet man es in manchen Fällen noch einmahl daran; S.

Anm. 2. In der Oberdeutschen Mundart wird auch diese Partikel, so wie andere mehr, sehr gemißbraucht, so genannte Nachdrücke zu bilden, die oft weiter nichts als müßige Verlängerungen sind; wohin das fornen an, für vorn bey dem Opitz Ps. 139, das füran, hinfüran, im Theuerdank, für künftig, und das anher, ansonst, anwo, andurch, anheut, annebst, annebenst, anbenebenst, anwiederum, anforderist, anmit, anzu u. a. m. der heutigen Oberdeutschen gehören. S. En 3. Enhinter für anhinter hat auch Luther 2. Mos. 3, 1. aufgenommen, und anjetzt, annoch, und anbey sind auch unter den Hochdeutschen üblich geblieben.

Anm. 7. In der Zusammensetzung mit Nenn- und Zeitwörtern kommt an in den meisten der oben angeführten Bedeutungen vor. Am häufigsten aber bezeichnet es: (1) eine Verbindung mit der Seitenfläche eines andern Körpers, so wohl in eigentlicher als figürlicher Bedeutung; wie in anbiegen, anbinden, anfesseln, anflechten, anflicken, anfrieren, anliegen u. s. f. in welchem Falle denn an mit der vierten Endung des Substantives wiederhohlet wird, wenn das Verbum nicht absolute stehet. (2) Eine Berührung der Seitenfläche eines andern Körpers, wie in anfahren, andrängen, anfallen, anfliegen, anfließen, angrenzen, anklopfen. Auch hier wird an wiederhohlet und ihm meisten Theils die vierte Endung des Nennwortes zugesellet. (3) Eine Bewegung und Richtung nach einem Orte oder Gegenstande; wie in anbellen, anbetteln, anfallen, anfeinden, angehen, anblasen, anhauchen, anblicken, anbrüllen, angaffen, anlachen, u. s. f. welche Verba insgesammt mit der vierten Endung des Gegenstandes verbunden werden. Ingleichen in anbefehlen, anbiethen, anbringen, anfluchen, anwünschen, angeloben, anpreisen u. s. f. welche Verba, wenn sie thätig sind, die dritte Endung der Person und die vierte Endung der Sache erfordern. Zuweilen bedeutet an so viel wie heran, wie in anaßen, andringen, Steine oder Sand anfahren, anflößen, ankörnen, anlocken, u. s. f. wo bloß die vierte Endung der Sache Statt findet. In andern Fällen sticht besonders der Begriff der Fülle oder des Wachsthumes hervor, wie in anhäufen, anfüllen, das Wasser läuft an, wächset, einen Teich anlassen, sich anfressen, u. s. f. Hierher gehören auch die im gemeinen Leben üblichen Redensarten mit dem Verbo kommen: angekrochen, angestiegen, angeschlichen, angeflogen kommen. (4) Den Anfang einer Handlung, dergleichen sind: anbeißen, "anbohren", anbrechen, anbrennen, anfahren, in der Sprache der Bergleute, anfaulen, anfressen, anhauchen, anschälen u. s. f. Wobey, (5) oft der Begriff der Wenigkeit oder eines geringen Grades der Handlung, oder derjenigen Beschaffenheit, die das damit verbundene Wort ausdruckt, der herrschende wird; wie in anfrischen, anfeuchten, anschrecken, annetzen, anmischen u. s. f. und in den Nennwörtern Anberg, Anhöhe, Anerle, Anklipp, anrüchtig, u. s. f. welche figürliche Bedeutung, die auch in der Niedersächsischen Mundart sehr häufig ist, theils aus dem Begriffe des Anfanges, theils der Näherung herzuleiten ist. S. auch Ähnlich. (6) Für in wie in anwesend, Anwesenheit; wo es in manchen Fällen bloß nach dem Lateinischen gebildet worden, wie anstellen nach instituere, anstiften nach instigare u. s. f. (7) In Ansatz, Anleit, ansetzen,anleiten, wenigstens in der gerichtlichen Bedeutung dieser Wörter, ist es aus ein entstanden; so wie (8) in Anwerden aus ohne, und (9) in Anlehnen aus ent. (10) Einige setzen noch eine verstärkende Bedeutung des an hinzu, wo an bloß um des Nachdruckes willen stehen soll; allein die meisten der zum Beyspiele angeführten Zeitwörter gehören doch eigentlich zu einem der vorigen Fälle, obgleich durch den figürlichen Gebrauch die wahre Bedeutung des an verdunkelt wird. Andere aber, wie das Oberdeutsche anerfordern, anermessen, anerlauben, anbedeuten, angewähren, anhoffen, angegründete Hoffnung, anerwägen, angönnen, andauern, und hundert andere, sind bloße langweilige Verlängerungen, deren man sich im Hochdeutschen zu enthalten hat, obgleich selbige auch schon in dem Lateine der mittlern Zeiten angetroffen werden, wo man advivere, apperpetuus, adhabere, adhumatio, adgnasci, adstatim, adsimulare, adreddere, für vivere, perpetuus, habere, humatio, nasci, statim u. s. f. findet.

Anm. 8. Im Gothischen und Alemannischen lautete diese Präposition ana, und daher kommt es auch, daß die heutigen Oberdeutschen sie noch gedehnt aussprechen. Bey beyden war sie in den meisten Fällen mit in einerley. Bey den Angelsachsen hingegen lautete sie schon im 9ten Jahrhunderte on, welches die Engländer unverändert beybehalten haben. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Latein. an in Zusammensetzungen, und das Franz. en, welches zum Zeichen seiner Abstammung noch ang ausgesprochen wird, haben mit an die genaueste Verwandtschaft. In den Slavonischen Mundarten lautet dieses Vorwort na, welches denn dessen Übereinstimmung mit nahe, wenigstens in einigen Bedeutungen, bestätiget.


Anaaßen (W3) [Adelung]


Anaaßen, S. Anaßen.


Anabaptist (W3) [Adelung]


Der Anabaptist, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Anabaptista, ein Wiedertäufer, und mit einem mildern, obgleich sehr elliptischen Ausdrucke, ein Taufgesinnter.


Anachoret (W3) [Adelung]


Der Anachoret, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. ein Einsiedler, Eremit.


Analogie (W3) [Adelung]


Die Analogie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griech. und Lat. Analogia, die Ähnlichkeit. Analogia fidei, in der Theologie, die Glaubensähnlichkeit, freylich dunkel genug. Besonders in der Sprachlehre, das übereinstimmige Verfahren in ähnlichen Fällen, die Sprachähnlichkeit. Ein Wort hat keine Analogie, wenn kein anderes ähnliches auf ähnliche Art gebildet ist. Daher analogisch, ähnlich, übereinstimmig.


Ananas (W3) [Adelung]


Die Ananas, plur. ut sing. der fremde Nahme einer Süd-Amerikanischen Pflanze, welche vornehmlich ihrer vortrefflichen Frucht wegen berühmt ist; Bromelia, L. Die Frucht hat die Gestalt einer Artischocke, nur daß sie weit größer ist. Sie wird im Deutschen auch Königsapfel, und im Engl. wegen ihrer Gestalt Pineapple genannt, welches letztere ungeschickte Übersetzer durch Fichtenapfel, oder wohl gar durch Tannzapfen geben. Man gebraucht das Wort, wie andere ähnliche, am richtigsten indeclinabel, folglich auch im Plural, die Ananas. Daher Blumauers Plural, Und mancher Mensch frißt Ananassen, Der kaum der Disteln würdig ist, doppelt fehlerhaft ist, indem, wenn es ja decliniret werden sollte, im Plural die Ananasse heißen müßte.


Ananas-Birn (W3) [Adelung]


Die Ananas-Birn, plur. die -en, eine Art saftiger, gewürzhafter, großer gelber Birnen, mit dunkelgrünen Puncten.


Ananas-Vogel (W3) [Adelung]


Der Ananas-Vogel, des -s, plur. die -Vögel, ein Nahme, welchen einige dem Colibrit, oder Honigsauger geben. S. Colibrit.


Anankern (W3) [Adelung]


Anankern, verb. reg. act. in der Schifffahrt, ein Schiff mit einem Anker und einem oder zwey Tauen befestigen. So auch in der Baukunst, einen Balken an die Träger anankern; mit Ankern befestigen.


Anarbeiten (W3) [Adelung]


Anarbeiten, verb. reg. act. mit etwas verbinden, an etwas befestigen, bey den Schustern. Die Sohlen an das Oberleder anarbeiten.


Anarchie (W3) [Adelung]


Die Anarchie, (dreysylbig,) plur. die -n, (viersylbig,) derjenige Zustand einer bürgerlichen Gesellschaft, nach welchem sie kein gemeinschaftliches Oberhaupt hat, und eine solche bürgerliche Gesellschaft selbst, im Gegensatze des Staates im engern Verstande; aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Anarten (W3) [Adelung]


Anarten, verb. reg. act. wovon aber nur das Particip. Passiv. zuweilen vorkommt. Diese Tugend ist ihm angeartet, angeboren, er hat sie zugleich mit seiner Art bekommen.


Anaßen (W3) [Adelung]


Anaßen, Anäßen oder anätzen, verb. reg. act. bey den Jägern, durch eine Lockspeise anlocken, anködern. S. Äßen und Ätzen. Daher die Anätzung, Anäßung, oder Anaßung.


Anatomie (W3) [Adelung]


Die Anatomie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig) aus dem Griech. Anatomia. 1) Die Zerlegung, Zergliederung; ohne Plural. Besonders die Zergliederung eines menschlichen oder thierischen Körpers, und die Fertigkeit, selbiges nach den Regeln der Kunst zu verrichten; die Zergliederungskunst. 2) Ein Lehrbuch dieser Kunst oder Wissenschaft; mit dem Plural. Daher anatomisch, in dieser Wissenschaft gegründet; anatomiren, zerlegen, zergliedern; der Anatomist, des -en, plur. die -en, nicht so schicklich der Anatomiker, ein Zergliederer.


Anbacken (W3) [Adelung]


+ Anbacken, verb. reg. 1. Neutrum mit dem Hülfswort seyn, für ankleben. 2. Activum, für ankleben machen, ankleiben. In beyden Bedeutungen ist es nur in den gemeinen Mundarten besonders Niedersachsens üblich. S. Backen.


Anbannen (W3) [Adelung]


+ Anbannen, verb. reg. act. in der Sprache des Volkes, so viel als anzaubern, anhexen. Einem etwas anbannen. S. Bannen.


Anbau (W3) [Adelung]


Der Anbau, des -es, plur. inusit. überhaupt der Anfang des Baues, in allen Bedeutungen dieses Wortes. Besonders, 1) der Bau eines bisher ungebaueten Feldes. Der Anbau eines Feldes, eines Stückes Land, einer Wüsteney. Ingleichen, der Bau einer an dem Orte noch nicht gebaueten Pflanze. Der Anbau der Hirse, des Dinkels, des Türkischen Weitzens. 2) Die häusliche Niederlassung an einem Orte, in thätiger und leidentlicher Bedeutung. Der Anbau der Familien an diesem Orte gehet gut von Statten. Der Anbau eines Dorfes, einer Stadt. 3) Ein neuer Bau an einem Gebäude, es zu vergrößern. 4) An einigen Orten wird auch die Ansetzung neuen Landes, welche von Flüssen geschiehet, und dieses angesetzte Land selbst, der Anbau genannt. S. Anflößen, Anschütt.


Anbauen (W3) [Adelung]


Anbauen, verb. reg. act. 1) Den Anfang mit dem Baue einer Sache machen, in einigen Bedeutungen dieses Wortes. Eine Lehde anbauen, ein wüstes Stück Land zum Fruchtfelde machen. Ein wüstes Dorf wieder anbauen. Korn, Gerste, Hirse anbauen. 2) Sich an einem Orte anbauen, sich daselbst häuslich niederlassen. 3) Figürlich. Seinen Verstand in der Jugend anbauen, durch nützliche Kenntnisse bereichern. Eine reiche und angebauete Sprache, eine ausgebildete. 4) Durch Bauen mit etwas verbinden. Einen Flügel an einen Hause anbauen. Es ist noch ein Zimmer angebauet worden. Auch bey den Bild-hauern, einen Vorsprung anfügen, eine Bilderzierath anbringen. 5) Wenn das Wasser Land an einen Ort ansetzet, so sagt man gleichfalls, daß es ein Stück Landes anbaue. So auch die Anbauung.


Anbauer (W3) [Adelung]


Der Anbauer, des -s, plur. ut nom sing. derjenige, welcher eine bis dahin ungebauete Gegend anbauet; ein Colonist, und in manchen Fällen ein Pflanzer.


Anbefehlen (W3) [Adelung]


Anbefehlen, verb. irreg. act. S. Befehlen. 1) Nachdrücklich für das einfache befehlen. Einem etwas anbefehlen, gleichsam es an ihn befehlen, befehlsweise an ihn richten. 2) So viel als empfehlen. Etwas eines Liebe, Treue, Schutze anbefehlen. Sich etwas anbefohlen, empfohlen, seyn lassen.

Anm. Anbefehlen und befehlen sind in dieser zweyten Bedeutung noch am meisten in Oberdeutschland üblich. Die Hochdeutschen sagen dafür lieber empfehlen. Anasilhan bedeutete bey den Gothen übergeben, und pifelahen war schon zu des Kero Zeiten so viel als committere. Das im Hochdeutschen ungewöhnliche Hauptwort Anbefehl für Befehl kommt einige Mahl bey dem Opitz vor.


Anbeginn (W3) [Adelung]


* Der Anbeginn, des -es, plur. inusit. der Anfang. Von Anbeginn der Welt her. Dieses Oberdeutsche Hauptwort ist im Hochdeutschen eben so sehr veraltet, als das einfache Beginn. Es kommt nur noch in der biblischen Schreibart, und um des bequemen Sylbenmaßes willen, zuweilen auch bey den Dichtern vor. Die ältesten Franken und Alemannen gebrauchten dafür Anakin, Anagin, und die Angelsachsen Anginn. Anbeginn findet sich zuerst im 13ten Jahrhunderte. Eine von den beyden vorgesetzten Sylben ist freylich überflüssig, und eine bloße Alemannische Verlängerung. S. Beginnen.


Anbehalten (W3) [Adelung]


+ Anbehalten, verb. irreg. act. S. Halten, an seinem Leibe behalten, nicht ablegen, von Kleidungsstücken, nur in dem niedrigen Leben. Den Rock anbehalten.


Anbeißen (W3) [Adelung]


Anbeißen, verb. irreg. S. Beißen. Es ist, 1. ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, an etwas beißen, und gemeiniglich nur von den Fischen gebraucht wird, wenn sie an die Angel beißen, da es denn absolute stehet. Ich angelte, mit Fröhlichkeit Nach dir, du bissest an, Gleim. Figürlich, aber nur im gemeinen Leben, bedeutet es so viel als, sich zu etwas bewegen lassen. Er würde es entsetzlich übel nehmen, wenn sie nicht recht anbeißen wollten, Weiße.2. Ein Activum, anfangen an etwas zu beißen. Einen Apfel anbeißen. Ein angebissenes Stück Brot. In weiterer Bedeutung wird es in Oberdeutschland auch gebraucht, für anfangen zu essen, oder ein wenig essen; welche Luther Apostelgesch. 10, 10. Kap. 20, 11. nachgeahmet hat. Von diesem Gebrauche kommt auch das Oberdeutsche Anbiß und Imbiß für Frühstück, Collation. S. diese Wörter.


Anbelangen (W3) [Adelung]


+ Anbelangen, verb. reg. act. eine unnöthige Oberdeutsche Verlängerung des Zeitwortes anlangen, in der R. A. was mich anbelanget, was dich anbelanget, den ersten Punct anbelangend. Noch verwerflicher ist das Substantiv der Anbelang. In Anbelang dieser Sache, was diese Sache anlanget oder betrifft. S. Anlangen.


Anbelfern (W3) [Adelung]


Anbelfern, verb, reg. act. das verkleinernde Iterativum des folgenden, entgegen belfern. Alle Menschen anbelfern, eigentlich nur von Hunden.


Anbellen (W3) [Adelung]


Anbellen, verb. reg. act. entgegen bellen, eigentlich nur von den Hunden. Der Hund bellete mich an, bellet den Mond an. Dann aber auch figürlich, ungestüm auf jemanden schelten.


Anberahmen (W3) [Adelung]


Anberahmen, verb. reg. act. ansetzen, bestimmen, welches aber nur noch in der Redensart üblich ist: einen Tag anberahmen, festsetzen, bestimmen. Daher die Anberahmung. Anm. Ram bedeutete bey den ältesten Fränkischen Schriftstellern ein Ziel, und Ottfried so wohl als Notker gebrauchen ramen für zielen. Die Sächsischen und Nordischen Mundarten haben dieses Wort gleichfalls, indem das Schwed. rama, das Dän. beramme, und das Nieders. beramen und anberamen mit dem Hochdeutschen gleiche Bedeutung haben. Die Oberdeutschen der mittlern Zeit verwandelten das a des Stammwortes in ihren Lieblings-Doppellaut au; denn Stryker gebraucht schon raumen für fest setzen, und einige Hochdeutsche sagen noch jetzt anberaumen. Ein mehreres von diesem Worte haben Schilter, Wachter, Haltaus und Ihre in Gloss. v. Ram und Ramen, und du Fresne und Spelmann v. Adrhamire. In dem Lateine der mittlern Zeiten findet sich auch adterminare in eben dieser Bedeutung. S. auch Berahmen, und Rahmen.


Anberg (W3) [Adelung]


* Der Anberg, des -es, plur. die -e, ein größten Theils nur im Oberdeutschen übliches Wort, die ansteigende Höhe eines Gebirges, ein Vorgebirge, oder auch nur eine Anhöhe oder kleinen Berg anzudeuten. An schränket hier den Begriff des folgenden Substantives auf einen geringen Grad ein, wie in Anhöhe. S. An,

Anm. 7, und Ähnlich.


Anbethen (W3) [Adelung]


Anbethen, verb. reg. act. 1) * Sein Gebeth an jemanden richten, mit der vierten Endung des Substantives, einen anbethen; eine jetzt veraltete Bedeutung, wofür anrufen üblicher ist. 2) In engerm Verstande, göttlich verehren, indem eines der wesentlichsten Stücke der Verehrung in dem Gebethe bestehet. Gott anbethen. Falsche Götter anbethen. Da es denn zuweilen auch absolute gebraucht wird. Flüche erschallen an dem Fuße der entweiheten Altäre, wo die Ehrfurcht auf ihrem Antlitze anbethete, Dusch. 3) Figürlich, sehr verehren, sehr lieben, sehr hoch schätzen. Besonders unter Verliebten, die in ihrer Begeisterung den geliebten Gegenstand anzubethen vorgeben. Daher anbethenswerth, anbethungswürdig, in den beyden letzten Bedeutungen.

Anm. Anbeten findet sich schon bey dem Ottfried und Notker, und kommt mit dem Latein. adorare der mittlern Zeiten überein. Die ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftsteller gebrauchen dafür auch das einfache beten in eben derselben Bedeutung. Joh mih beton wolles, und mich anbethen wolltest, heißt es bey dem Ottfried.


Anbether (W3) [Adelung]


Der Anbether, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn. 1) Eigentlich, eine Person, welche einen Gegenstand anbethet, demselben göttliche Ehre erweiset. Ein Anbether der Gestirne, ein Gestirndiener. 2) Ein feuriger Liebhaber, eifriger Verehrer, besonders unter Verliebten. Warum putzt sie sich denn so sehr, wenn sie keine Anbether sucht? Gell. Bey dem Notker bedeutet Anebetare, haruspices, und in den Glossis Boxhorn. wird Anapetari durch ariolus, qui aras colit, übersetzt.


Anbethung (W3) [Adelung]


Die Anbethung, plur. inusit. die Handlung des Anbethens. Daher das Adjectiv und Adverbium anbethungswürdig, anbethenswerth.


Anbetracht (W3) [Adelung]


* Die Anbetracht, plur. car. ein völlig Oberdeutsches Wort, welches daselbst gemeiniglich ohne Artikel gebraucht wird. In Anbetracht seiner Umstände, in Betrachtung, Erwägung. Eben so unnöthig ist anbetrachten, für betrachten.


Anbetreffen (W3) [Adelung]


+ Anbetreffen, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur in den Ausdrücken vorkommt, was mich, dich anbetrifft, was das anbetrifft, welche aber eine unnütze Verlängerung des Verbi betreffen sind. S. Betreffen und Anlangen.


Anbetteln (W3) [Adelung]


Anbetteln, verb. reg. act. bettelnd angehen. Jemanden anbetteln, etwas von ihm erbetteln wollen. + Sich bey einem anbetteln, sich ihm durch vieles Bitten aufdringen.


Anbey (W3) [Adelung]


* Anbey, ein Oberdeutsches Nebenwort der Zeit, für zugleich, zu gleicher Zeit, hierbey; welches sich auch in einige Hochdeutsche Kanzelleyen eingeschlichen hat. Anbey sagte er mir, zugleich. Die Schrift, welche anbey folgt, hier beygeschlossen.


Anbiegen (W3) [Adelung]


Anbiegen, verb. irreg. neut S. Biegen. Eigentlich, durch Biegen einem andern Körper nähern. Ein Reis an die Wand, an den Pfahl anbiegen. Figürlich, in Oberdeutschland und einigen Hochdeutschen Kanzelleyen, für beyfügen. Nach dem Inhalte des hier angebogenen Schreibens. Daher die Anbiegung, in der ersten eigentlichen Bedeutung.


Anbiethen (W3) [Adelung]


Anbiethen, verb. irreg. act. S. Biethen. 1) Sich bereit erklären, einem etwas zu geben; wird dabey die Sache wirklich vorgehalten, so heißt es darbiethen. Einem ein Amt, seine Dienste, eine Belohnung anbiethen. Die Natur biethet ihre Schönheiten allen an. Sich zu etwas anbiethen, sich bereit erklären, die Verrichtung einer Sache zu übernehmen, wie in den edlern Schreibarten sich erbiethen und anerbiethen. Sich anbiethen, figürlich auch, sich zum Gebrauche ereignen, zeigen. Es biethet sich mir eine schöne Gelegenheit dazu an. Überlegen sie das Glück, das sich ihnen heute auf ihr ganzes Leben anbiethet, Gell. 2) Den Anfang mit Biethen machen, als ein Neutrum mit haben. Auf etwas anbiethen, das erste Geboth darauf thun. 3) In den Niedersächsischen Marschländern, so viel als gebiethen, befehlen. Daher die Anbiethung, in allen obigen Bedeutungen. S. Anboth.

Anm. Die alten Mundarten gebrauchten das einfache biddan, biuten, pioten in der ersten Bedeutung, und noch jetzo gebrauchen die Niedersachsen ihr beden und been eben so. S. Biethen.


Anbinden (W3) [Adelung]


Anbinden, verb. irreg. act. S. Binden. 1) Durch ein Band an einen andern Körper befestigen. Den Wein anbinden. Einen jungen Baum anbinden, an den Pfahl. Ingleichen bey den Buchbindern, ein Buch an das andere anbinden, es mit einem andern in einen Band bringen. Jemanden anbinden, ein Gebrauch verschiedener Arbeits- und Handwerksleute, Fremde, welche zu ihnen treten, zu binden, um dadurch ein Trinkgeld von ihnen zu erhalten, welches bey andern schnüren, in Preußen bey den Brauleuten aber rommeln genannt wird. Daß dieser Gebrauch bey den Alemannen schon lange üblich gewesen, erhellet aus einer Stelle des jüngern Eckhart, welche Schilter im Gloss. v. Band anführet. Jemanden an seinem Nahmenstag anbinden, oder mit etwas anbinden, ihn an diesem Tage beschenken, weil man ihn dabey zum Scherze im eigentlichsten Verstande anzubinden pfleget. + Einem Bären bey jemanden anbinden, eine gemeine R. A. für ihm schuldig bleiben, welche von einem Bärenführer herkommen soll, der, da er seinen Gläubiger nicht bezahlen können, demselben seinen Bären an die Hausthüre gebunden, und dadurch gleichsam bonis cediret. Indessen sagt man auch: er hat den Kaufmann angebunden, hat bey ihm angebunden, und ist bey ihm angebunden, für, er ist ihm schuldig. An einigen Orten bedeutet anbinden, von Kälbern, Füllen u. s. f. gebraucht, auch so viel als abbinden, abspänen, d. i. entwöhnen; daher ein Anbindekalb, ein solches entwöhntes Kalb. 2) Figürlich. Kurz angebunden seyn, leicht zum Zorne zu bewegen seyn; weil man dasjenige, was im eigentlichsten Verstande kurz angebunden ist, leicht und bald haben kann. Mit einem anbinden, in der gewöhnlichen Sprache des Umganges, es mit ihm aufnehmen, sich mit ihm in einen Streit, in ein Handgemenge einlassen. Der Ursprung dieser Redensart ist unbekannt; denn die Ursache, die Frisch davon angibt, ist nicht erweislich.Daher die Anbindung, in den eigentlichen Bedeutungen.


Anbiß (W3) [Adelung]


Der Anbiß, des -sses, plur. die -sse. 1) Die Handlung des Anbeißens, wie auch der Ort, wo etwas angebissen worden. 2) Der Köder bey einem Berliner Eisen, an welchem das Thier anbeißen soll. 3) In Oberdeutschland das Frühstück, der Imbiß, Imbs, Dän. Anbid; welche Bedeutung aber im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist. S. Anbeißen, und Imbiß.


Anbißkraut (W3) [Adelung]


Das Anbißkraut, des -es, plur. inusit. bey einigen ein Nahme der Scabiosa succisa, L. welche noch häufiger Teufelsabbiß genannt wird. S. Abbiß.


Anblasen (W3) [Adelung]


Anblasen, verb. irreg. act. S. Blasen. 1) An etwas blasen. Einen mit dem Munde anblasen. Der Wind bläst mich an. 2) Mit Blase-Instrumenten empfangen, begrüßen. In diesem Verstande pflegen die Jäger einen Hirsch anzublasen, sein Daseyn durch das Hifthorn verkündigen. Ehedem wurde nicht allein eine Festung, wenn man sie berennet hatte, angeblasen; sondern man pflegte auch vornehme Verbrecher, wenn sie auf das Gerüst kamen, anzublasen, d. i. mit Trompetenschall zu bewillkommen. 3) Bey den Zinngießern wird unter anblasen eine Art des Löthens verstanden, da die Flamme einer Lampe auf das Loth geblasen wird. 4) Durch Blasen hervor bringen, verstärken, besonders von dem Feuer. Das Feuer anblasen. Ingleichen, die Kohlen anblasen, die Gluth derselben durch Blasen vermehren. Er blies die rege Gluth mit vollen Backen an, Zach. 5) Bey den Jägern, den Anfang der Jagd durch das Hifthorn verkündigen, eine Jagd anblasen; im Gegensatze des Abblasens. S. auch Anstoßen. So auch Anblasung in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Anablasen findet sich in der ersten Bedeutung schon bey dem Ottfried und Notker. Kero hingegen gebraucht Anaplusanna in der figürlichen Bedeutung, für göttliche Eingebung, Inspiration.


Anblatt (W3) [Adelung]


Das Anblatt, des -es, plur. inusit. 1) S. Freisamkraut, 2) Wenn in einigen Gegenden ein dünnes Gebackenes aus Wasser und Mehl Anblatt genannt wird, so scheinet es alsdann aus Oblate verderbt zu seyn. Daher das Anblatteisen, der Anblattbäcker, für Oblaten-Eisen, Oblaten-Bäcker.


Anblatten (W3) [Adelung]


Anblatten, verb. reg. act. in der Zimmermannskunst, ein Stück Holz vermittelst eines Einschnittes auf die halbe Holzdicke von der Seite an ein andere befestigen. Ein auf solche Art befestigtes Holz wird ein Blatt genannt.


Anbläuen (W3) [Adelung]


+ Anbläuen, verb. reg. act. ein wenig blau machen. S. Ähnlich und An, Anm. 7.


Anblecken (W3) [Adelung]


Anblecken, verb. reg. act. Einen anblecken, ihm aus Verachtung oder aus drohendem Zorne die Zähne weisen. Es kam ein Pantherthier Das gafft und blekt ihn an, Haged. Die Niedersachsen sprechen es gedehnt, anbleken, welches auch wohl Hochdeutsche nachahmen. S. Blecken.


Anblick (W3) [Adelung]


Der Anblick, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des Anblickens, so wohl in thätiger als leidentlicher Bedeutung; ohne Plural. Sein Anblick (so wohl wenn er mich ansiehet, als auch wenn ich ihn ansehe) macht mich zittern. Ich sahe es gleich bey dem ersten Anblicke, daß nichts an ihm war. Dein Anblick würde die Ruhe meiner Gedanken zerstören, Dusch. Der Ausdruck bey dem Opitz: Denselben will ich guten Anblick geben, Die ehrbar sind, und treu im Lande leben, ist ungewöhnlich. 2) Dasjenige, was man erblicket. Ein betrübter, ein elender Anblick. Was war das für ein Anblick für mich! Ein Thal, das an diesen prächtigen Anblicken reich ist.


Anblicken (W3) [Adelung]


Anblicken, verb. reg. act. einen Blick auf etwas thun oder werfen. Einen anblicken. In der höhern Schreibart aber auch für ansehen, anschauen, selbst in den figürlichen Bedeutungen dieser Zeitwörter, mit Gnade, thätiger Erzeigung des Wohlwollens anblicken. In dieser Bedeutung wird es oft von Gott gebraucht. Das Hauptwort die Anblickung ist wenig gebräuchlich.


Anblinken (W3) [Adelung]


Anblinken, verb. reg. act. mit halb verschlossenen Augen anblicken; auch anblinzen und anblinzeln. Kein Argwohn blinkt den Nachbar seitwärts an, Schleg. S. Blinken.


Anblitzen (W3) [Adelung]


Anblitzen, verb. reg. act. einen Blitz auf etwas thun, oder nur in der figürlichen Bedeutung, für heftig anblicken. Hat ihn das Aug der gräßlichen Medusen Angeblitzt? Wiel.


Anblöcken (W3) [Adelung]


Anblöcken, verb. reg. act. entgegen blöken, mit einem Geblöke empfangen. Eigentlich von dem Rindviehe; figürlich aber auch im gemeinen Leben für anschreyen, anfahren. Er hat sie entsetzlich angeblökt, Weiße.


Anborsten (W3) [Adelung]


* Anborsten, verb. reg. neutr. mit haben, die Borsten erheben, bey den Jägern, von den wilden Schweinen.


Anboth (W3) [Adelung]


+ Das Anboth, des -es, plur. die -e, von anbiethen, 1) Die Handlung des Anbiethens. So heißt in den Bergwerken das Anboth, die Anbiethung eines Gebäudes oder einer Grube an denjenigen, der schon etwas daran verwendet hat. 2) Ein Befehl, Geboth, in welchem Verstande dieses Wort besonders in den Niedersächsischen Marschländern üblich ist. Auch im Österreichischen bedeutet Anboth eine Verordnung, in welcher dem Beklagten gebothen wird, das gepfändete Gut innerhalb einer gewissen Zeit auszulösen, oder es in fremde Hände zu lassen; in diesem Falle aber ist es männlichen Geschlechtes, der Anboth. 3) Das erste Geboth auf eine Sache, in einer Versteigerung, da es denn in einigen Gegenden auch männlichen Geschlechtes ist. S. auch Angeboth.


Anbrausen (W3) [Adelung]


Anbrausen, verb. reg. act. entgegen brausen, brausend empfangen. Auch figürlich einen anbrausen, ihn mit ungestümen Worten begegnen.


Anbrechen (W3) [Adelung]


1. Anbrechen, verb. irreg. S. Brechen. Es ist,1. Ein Activum, den Anfang mit Brechen machen, und in weiterer Bedeutung, das erste Stück von etwas nehmen, eine theilbare Sache anfangen stückweise zu gebrauchen. Ein Brot anbrechen, anschneiden. Einen Käse anbrechen. Ein angebrochener Käse. So auch in noch weiterer Bedeutung, ein Faß Wein, oder Bier, eine Flasche anbrechen, den Anfang mit Ausschenken machen.2. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordern würde, aber nur im Particip. üblich ist, und auch hier nur in einigen Gegenden gehöret wird, für anbrüchig werden, verderben. Angebrochenes Obst, faules Obst. Steinbach sagt zwar in diesem Verstande auch, das Obst, das Bier bricht an, für wird faul, wird sauer; allein diese Art zu reden ist vermuthlich nur allein in Schlesien üblich.


Anbrechen (W3) [Adelung]


2. Anbrechen, verb. irreg. neutr. ( S. Brechen,) welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, und in der Conjugation mit dem vorigen überein kommt, von welchem es in dieser Bedeutung bloß eine Figur ist. 1) Anfangen zu glänzen, anfangen zu scheinen. Der Tag bricht an. Mit anbrechendem Tage. Die Morgen- röthe ist schon angebrochen. Es wird im Hochdeutschen nur von dem Tage und Morgen gebraucht. Daher Opitzens R. A. der Mond ist angebrochen, Morgens ehe als die Sonne anbricht, und Ps. 94. O Herr, o Gott gerechter Rache, Brich doch mit deinen Strahlen an, hier nicht üblich sind. 2) Figürlich, anfangen sich zu zeigen; nur von der Nacht und dem Abend. Die Nacht bricht an, der Abend will anbrechen. S. Brechen.


Anbrennen (W3) [Adelung]


Anbrennen, ein Verbum, welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, mit irregulärer so wohl als regulärer Conjugation, ich brannte an, angebrannt, und brennete an, angebrennet. 1) Brennen machen, anzünden. Ein Licht anbrennen. Einen Holzhaufen anbrennen. Phaeton stürzte vom Wagen und brannte die Welt an, Zach. 2) Durch Brennen an der Oberfläche hervor bringen, einbrennen. Einem ein Mahl anbrennen. Sich selbst ein Schandmahl angebrannt, Gryph. 3) In den Küchen, obgleich nur im gemeinen Leben, im Kochen anbrennen lassen. Die Köchinn hat den Brey angebrennet, oder angebrannt.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn und irregulärer Conjugation, ich brannte an, angebrannt. 1) Anfangen zu brennen. Das Feuer brennt an, will nicht anbrennen. Ingleichen figürlich, in biblischen Redensarten. Der Zorn des Höchsten ist angebrannt, wird bald anbrennen. In den Küchen, von einer Speise, die sich aus Mangel der Bewegung im Kochen an das Gefäß anleget, und daher einen brandigen Geschmack bekommt, im Oberdeutschen ansengen, in andern Gegenden anbrenzeln. Die Milch anbrennen lassen. Der Brey ist angebrannt. Angebrannt riechen oder schmecken, wofür man im Osnabrückischen smolig, und in Preußen sangricht sagt. Er läßt nicht leicht etwas anbrennen, figürlich, im gemeinen Leben, er mischt sich in alles. + Angebrannt seyn, verliebt, ingleichen verlobt seyn.

Anm. Von dem Unterschiede in der Conjugation zwischen dem Activo und Neutro. S. Brennen.


Anbringen (W3) [Adelung]


Anbringen, verb. irreg. act. S. Bringen.1. In und an einem schicklichen Orte hervor bringen. Ein Blumenstück in dem Garten, einen Schrank in der Wand, eine Treppe in einem Hause anbringen. Ich habe in dem Hause noch ein Zimmer angebracht.2. An den verlangten, an den schicklichen Ort bringen, mit verschiedenen, theils dunkeln Nebenbegriffen. (a) Einem einen Hieb, einen Stoß anbringen. Seine Stöße im Fechten wohl anbringen. Einem Thiere einen Schuß anbringen. Ein wohl angebrachter Streich. (b) Bey den Jägern wird die Herrschaft angebracht, wenn sie so geführet wird, daß sie zum Schusse komme. Eben daselbst werden die Schweiß- und Sauhunde angebracht, wenn man sie auf ein verwundetes Wild führet. (c) Auf eine bleibende Art an einen schicklichen Ort bringen. Ich habe mein Geld gut angebracht, auf eine vortheilhafte Art angewandt. Seine Waaren anbringen, oder sie an den Mann bringen, verkaufen. Ingleichen, in noch weiterer Bedeutung, so viel als versorgen. Seine Tochter wohl anbringen. Einen Bedienten bey einem Herrn, oder an einem Orte anbringen, ihn daselbst versorgen. Einen anbringen, absolute, ihm seine Versorgung verschafften. (d) Vorbringen, vortragen, besonders von Worten und Reden. Eine Sache bey einem anbringen. Eine Bitte anbringen. Ich habe etwas bey ihm anzubringen, vorzutragen. Was ist dein Anbringen? was hast du vorzutragen? Eine Sache an dem gehörigen Orte anbringen,vortragen. (e) An einem schicklichen Orte, bey einer schicklichen Gelegenheit äußern. Ihr Spaß ist sehr zur Unzeit angebracht. Aber wir müssen doch einmahl unsere Worte anbringen, unser Anliegen vortragen, Weiße. Und wagt, bey einem Glase Wein, Das Wort für seinen Freund noch einmahl anzubringen, Gell. Sein Bröcklein Gelehrsamkeit anzubringen suchen. Ihr Vertrauen könnte nicht übler angebracht seyn. Sie fanden meinen Stolz zur Unzeit angebracht, Wiel. (f) Anzeigen, melden. Eine Sache bey Gerichte anbringen, denunciiren. Anbringen schließt in dieser Bedeutung eine bloße einfache Anzeige in sich; dagegen anklagen den Beweis der angezeigten Sache mit in sich fasset. In einer Urkunde vom Jahre 1483 bey dem Haltaus v. Anbringen, wird dieser Unterschied genau bemerket. In etwas engerer Bedeutung wird es im gemeinen Leben als ein mittleres Wort zwischen dem ganz unschuldigen melden und anzeigen, und dem größten Theils gehässigen angeben gebraucht, und da sind denn Anbringer und Anbringerinnen Personen, welche theils nachtheilige, theils unschuldige Sachen den Obern und Vorgesetzten in übler Absicht hinterbringen.3. + Provinzielle Arten des Gebrauches sind. (a) In Aufnahme bringen. Ein Gut anbringen. (b) Zu etwas bewegen, verleiten. Jemanden durch Essen und Trinken anbringen, ihm Appetit machen. Sie ist angebracht, man hat ihr Lust zum Heirathen gemacht. (c) Zum Anfange einer Sache bewegen. Ich bin einmahl angebracht, also muß ich fortfahren.Daher die Anbringung, doch nur in den Bedeutungen der Anzeige bey einem Obern oder Vorgesetzten.


Anbringer (W3) [Adelung]


Der Anbringer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anbringerinn, plur. die -en, eine Person, welche etwas anbringet, doch nur in der Bedeutung der Anzeige bey Gerichte oder bey einem Vorgesetzten.


Anbruch (W3) [Adelung]


1. Der Anbruch, des -es, plur. die -brüche, von 1. Anbrechen, decerpere. 1) Die Handlung des Anbrechens; ohne Plural. So heißt in den Bergwerken, einen Anbruch machen, so viel, als die Erze entblößen und fündig machen. Noch mehr, 2) dasjenige, was zuerst von etwas angebrochen wird, besonders in den Bergwerken. In figürlicher Bedeutung werden auch die Erstlinge in Luthers Übersetzung der Bibel ein Anbruch genannt; z. B. Röm. 11, 16. In der Anbruch heilig, so ist auch der Teig heilig. In den Schmelzhütten heißen diejenigen Silberstücke, welche ihm Treibeofen am Spor herum stehen bleiben, wenn sie wirklich von den Blicken angebrochen sind, gleichfalls Anbrüche. 3) Der Ort, wo etwas angebrochen oder angebrochen worden. In diesem Verstande sagt man in den Bergwerken, der Stein, das Erz ist auf dem Anbruche glatt, glänzend. In noch weiterer Bedeutung wird auch dasjenige Erz, oder diejenige Bergart, welche am Gange noch ungewonnen stehet, aber schon zum Theil entblößet oder angebrochen ist, ein Anbruch genannt. Ein bauwürdiger Anbruch. Die Anbrüche strecken sich weiter nach der Teufe. Einen Anbruch liegen lassen. 4) * Von dem Neutro anbrechen, in Fäulniß gerathen, ist an einigen Orten, besonders Oberdeutschlandes, auch Anbruch für Fäulniß üblich. Besonders wird diejenige Krankheit der Schafe, da sie inwendig anfangen zu faulen, in einigen Gegenden, z. B. der Lausitz, der Anbruch genannt.


Anbruch (W3) [Adelung]


2. Der Anbruch, des -es, plur. inusit. von 2. Anbrechen, illucescere, der Anfang des Scheines, oder Glanzes; nur von dem Tage und dem Morgen. Der Anbruch des Tages. Mit Anbruch des Tages. Der Anbruch des Morgens. Ingleichen, in figürlicher Bedeutung, der Anbruch der Nacht, des Abends.


Anbrüchig (W3) [Adelung]


Anbrüchig, -er, -ste, adj. et adv. von 1. Anbrechen und 1. Anbruch, von der Fäulniß, dem Verderben angegriffen; ein Wort, welches von allen Dingen gebraucht werden kann, welche der Fäulniß unterworfen sind. Anbrüchiges Obst. Das Bier, der Wein wird anbrüchig, sauer. Ein anbrüchiger Zahn. Die Schafe werden anbrüchig, fangen inwendig an zu faulen. In einigen Gegenden gebraucht man es auch von einem stechen, besonders lungensichtigen Menschen.


Anbrüllen (W3) [Adelung]


Anbrüllen, verb. reg. act. Jemanden anbrüllen, ihm entgegen brüllen, ihn brüllend empfangen; eigentlich nur von dem Rindviehe und dem Löwen. In dem Latein der mittlern Zeiten admugitare. Figürlich, mit einem ungestümen Geschreye anfahren.


Anbrummen (W3) [Adelung]


Anbrummen, verb. reg. act. Jemanden anbrummen, ihm entgegen brummen; eigentlich nur von den Bären und dem Rindviehe. + Figürlich, lauten, mürrischen Unwillen gegen jemanden äußern.


Anbrüstig (W3) [Adelung]


+ Anbrüstig, adj. et adv. im gemeinen Leben einiger Gegenden, verderbt für engbrüstig.


Anbrüten (W3) [Adelung]


+ Anbrüten, verb. reg. neutr. mit haben, anfangen zu brüten.


Anchore (W3) [Adelung]


Anchore, S. Ahorn,

Anm. 2.


Anciennete (W3) [Adelung]


+ Die Anciennete (sprich Angsiennete,) plur. car. ein ohne Noth aus dem Franz. erborgtes Wort für Dienstalter.


Andacht (W3) [Adelung]


Die Andacht, plur. die -en, von dem ungewöhnlichen Verbo andenken. 1) Die Aufmerksamkeit oder Richtung des Gemüthes auf einen Gegenstand. In der weitesten Bedeutung nur noch im gemeinen Leben. In der anständigern Schreibart gebraucht man es nur in engerer, von der aufmerksamen Richtung des Gemüthes auf geistliche oder zum Gottesdienste gehörige Übungen; ohne Plural. Mit Andacht bethen. Einen zur Andacht bewegen. In der Andacht begriffen seyn. Doch die Andacht leitet mich schon auf feurigen Flügeln Hoch in die Wolken empor, Zach. Ingleichen in weiterer Bedeutung, die Neigung zu den Übungen der Gottseligkeit. Ein Werk der Andacht. Zuweilen aber auch im übeln Verstande, die ungeordnete Neigung zu der Religion und ihren Übungen. Die Andacht ist eine Krankheit kleiner Seelen; sie macht Fürsten allemahl zu Verfolgern, und ihre Unterthanen zu Schwärmern. 2) Eine besondere Übung der Religion, besonders das Gebeth, gleichfalls ohne Plural. Seine Andacht haben, oder verrichten, bethen. Ich mag kommen wenn ich will, so hat sie ihre Andacht, Gell. Ingleichen der Genuß des heiligen Abendmahles; besonders in der R. A. seine Andacht halten. 3) Eine Gebethsformel, mit dem Plural. Morgen- und Abendandachten, Morgen- und Abendgebethe. Ingleichen, erbauliche Betrachtungen, Reden von göttlichen Dingen, in welcher Bedeutung auch die Predigten zuweilen Kanzelandachten genannt werden. 4) Ein abstracter Titel, welchen so wohl Prediger ihren Zuhörern, als auch die Kaiser den geistlichen Churfürsten und Prälaten geben. Eure Liebe und Andacht. Deine Andacht.

Anm. Es scheinet, daß dieses Wort zu Kero's Zeiten noch unbekannt gewesen, weil er statt dessen Kernissa, von kehren hat. Notker gebraucht Indahtigi, Gotedahte und Gedaht für Andacht; bey dem Stryker aber wird dieses Wort schon für die ganze Übung der Gottseligkeit genommen. In dem Monserischen Glossario wird Anadahtungo durch Intentio übersetzt.


Andächteln (W3) [Adelung]


Andächteln, verb. reg. neutr. mit haben, eine ungeordnete oder überspannte Neigung zur Religion und ihren Übungen äußern. Der andächtelnde Ton mancher Scheinheiligen. Daher dieAndächteley, und von einzelnen solchen Handlungen auch im Plural, die -en; der Andächtler, die Andächtlerinn, eine solche Person.


Andächtig (W3) [Adelung]


Andächtig, -er, -ste, adj. et adv. 1) + Aufmerksam überhaupt; nur noch im gemeinen Leben. Andächtig lesen. 2) In engerer Bedeutung, aufmerksam auf gottesdienstliche Übungen, Andacht habend, Andacht verrathend, in derselben gegründet. Andächtig bethen. Andächtig zuhören. Ein andächtiges Gebeth. Ein andächtiger Zuhörer. Ein andächtiges Herz. Zuweilen auch in der übeln Bedeutung des Wortes Andacht, ein Andächtiger, ein Scheinheiliger, Andächtler. 3) In den kaiserlichen Kanzelleyen ein Titel der geistlichen Churfürsten. Andächtiger, Ehrwürdiger Fürst.

Anm. Anadahte ist bey dem Notker schon so viel als andächtig: So tuot der anadahte ist ze sin emo gebete. In dem Niedersächsischen bedeutete dieses Wort ehedem auch eingedenk, tiefsinnig, welche erste und eigentliche Bedeutung nur noch hin und wieder im gemeinen Leben vorkommt.


Andachtsbuch (W3) [Adelung]


Das Andachtsbuch, des -es, plur. die -bücher, ein Gebeth- oder Erbauungsbuch; der Andachtsort, des -es, plur. die -örter, ein Ort, wo man seine Andacht verrichtet, ingleichen ein Wallfahrtsort; die Andachtsübung, plur. die -en, die Übung der Andacht, u. s. f.


Andal (W3) [Adelung]


Andal, S. Anthal.


Andämmen (W3) [Adelung]


Andämmen, verb. reg. act. Das Wasser möglichst andämmen, durch Führung eines Dammes aufschwellen machen.


Andecken (W3) [Adelung]


+ Andecken, verb. reg. neutr. mit haben, den Anfang mit Decken des Tisches machen. Die schönsten Teller zum Andecken nehmen.


Andenken (W3) [Adelung]


Das Andenken, des -s, plur. inusit. der Infinitiv des ungewöhnlichen Verbi andenken, substantive gebraucht. 1) Die Erinnerung, so wohl active als passive. Einem etwas zum Andenken hinterlassen. In gutem Andenken bey einem stehen. Die Sache ist mir noch in frischem Andenken. Sein Andenken (die Erinnerung seiner) wird niemahls erlöschen. Der Verstorbene, seligen Andenkens. Kaiser Carl der Sechste, glorwürdigen Andenkens. 2) Dasjenige, wodurch das Andenken erhalten wird, ein Mittel der Erinnerung. Einem ein Andenken schenken, hinterlassen. In welcher Bedeutung zuweilen auch der Plural vorkommt.

Anm. Angedenken für Andenken ist eine unnöthige Oberdeutsche Verlängerung.


Ander (W3) [Adelung]


Ander, Der, die, das andere, ein Wort, welches überhaupt genommen, alsdann gebraucht wird, wenn nur von zwey Dingen die Rede ist, da es denn dem Worte ein entgegen gesetzt wird. Es bezeichnet aber Ein Ding von zweyen, entweder schlechthin, oder mit verschiedenen Nebenbegriffen, das ist, es wird so wohl als ein eigentliches Zahlwort, oder in weiterer Bedeutung auch als ein Adjectiv gebraucht.I. In dem ersten Falle, oder als ein eigentliches Zahlwort.1. Wenn eine gewisse Ordnung unter diesen zwey Dingen Statt findet, da es denn die Stelle der Ordnungszahl zweyte vertritt, und dem ersten entgegen gesetzet wird. Das andere Buch Samuel. Das andere Buch Mosis. Das ist schon der andere Tag, daß ich ihn nicht sehe. Das ist schon das andere Mahl, daß er mir diesen Streich spielet. Er kam zum andern Mahle zu mir. Sie soll allemahl über den andern Tag an sie schreiben, Gell. Erstlich haben sie meine Bitte anhören müssen, dieses ist eine Mühe; dann haben sie sich entschließen müssen, dieses ist die andere Mühe; ferner haben sie das Geld dafür nach Berlin geschickt, dieses ist die dritte Mühe, Gell. Das andere Geschlecht, das weibliche, im Gegensatze des männlichen, ob man gleich dieses nicht das erste zu nennen pflegt. S.

Anm. 1. 2. Wenn keine gewisse Ordnung unter ihnen Statt findet, sondern bloß eines von zweyen angedeutet werden soll, im Gegensatze des Wortes ein. Hier sind zwey Fremde; der eine ist ein Deutscher, der andere ein Engländer. Einem gefällt dieß, dem andern jenes. Aus einer Sprache in die andere übersetzen. Eines scheinet das andere aufzuheben. Hier muß einer nach dem andern gehen. Einer muß dem andern helfen. Eines ist so gut als das andere. Es ist einer wie der andere. Er gehet von einem zum andern. Von einem Pole zum andern.Zuweilen, besonders in der höhern Schreibart, werden beyde Beywörter weggelassen, und um der mehrern Anschaulichkeit willen dafür das Substantiv wiederhohlet. Er häuft Verbrechen auf Verbrechen, ein Verbrechen auf das andere. Besonders mit dem Vorworte von. Eben so unglücklich wie ich, schleicht sie von Laube zu Laube, von einer Laube zur andern. Amor kann von Busen zu Busen flattern, Schleg. Die Bothschaft, die von Mund zu Munde fliegt, eben. Wohin auch die im gemeinen Leben üblichen Ausdrücke, von Zeit zu Zeit, von Haus zu Hause gehen, von Dorf zu Dorfe betteln u. s. f. gehören.Oft machen beyde Wörter, nachdem sie mit verschiedenen Partikeln verbunden werden, allerley adverbische Redensarten. (a) Eines in das andere, ohne Ordnung unter einander. Sie mengen eines in das andere. Damit wir nicht eines in das andere reden. (b) Eines und das andere, einiges. Wir haben ohne dieß noch eines und das andere mit einander zu reden. Ich fürchte doch, daß sie eines und das andere von ihm geschenkt bekommt. Ich glaubte, man hätte einen oder den andern Ausdruck gemißbraucht. Als daß ich ihm mit dem Fuße einen und den andern Druck gab, Gell. Nur im Plural lässet sich dieses nicht gebrauchen. Ein und andere Männer, ist daher mit Recht getadelt worden. Auch das Oberdeutsche ein so anderes kann man immer den Kanzelleyen überlassen. (c) Einer um den andern, eines um das andere, wechselsweise. Sie verrichten dieses Amt einer um den andern. Ein Jahr ums andere. (d) Eines nach dem andern, so wohl eigentlich, eines nach dem andern hohlen; als auch adverbisch, von mehrern auf einander folgenden Dingen Einer Art. Es zeigte sich eine gute Gelegenheit nach der andern. Hier erfüllet eine reizende Aussicht nach der andern unser Auge mit der sanftesten Vorstellung. (e) Einer über den andern, mehrere von Einer Art schnell nach einander. Es kommt ein Unglück über das andere. Einen Bothen über den andern schicken. So auch, Ein Mahl über das andere, mehrmahl hinter einander. Er pochte Ein Mahl über das andere an die Thür. Ich habe ihn Ein Mahl über das andere gewarnt. (f) Einer vor dem andern, eine vor der andern, eines vor dem andern, mit Unterschied, im gemeinen Leben. Die Ducaten sind wohl wichtig, aber einer vor dem andern, einige sind doch wichtiger als andere. Hierher gehöret auch, (g) das zusammen gezogene einander. S. dasselbe besonders an seinem Orte.II. Wird es auch als ein Adjectiv gebraucht, und da stehet es:1. Mit dem Nebenbegriffe der Folge, so wohl der Zeit, als auch der Ordnung. Das andere Jahr, der andere Tag; wofür man doch besser sagt, das folgende Jahr, der folgende Tag. Er kam den andern Tag darauf mich zu besuchen; Gell.2. Deutet dieses Beywort in sehr vielen Fällen bloß dasjenige an, was außer einer gewissen bestimmten Sache ist. Wenn nur mein Körper verschont bleibt, das andere quält mich nicht, Gell. Zu anderer Zeit begehet er die größten Ungerechtigkeiten. Er soll es zu anderer Zeit schon empfinden. Wir wollen ein anderes Mahl davon reden. Es gibt noch ein anderesMittel als dieses. Es ist kein anderer da, als er. Er legt alle Tage ein anderes Kleid an. Das hat mich vor andern bewegen. Er denkt an nichts anderes, als an seine Seligkeit. Unter andern pries er mir den Zuschauer an. Einen in die andere Welt schicken, ihn umbringen, seinen Tod befördern. Dieß und viel andres mehr gab mir der Argwohn ein, Weiße. Besonders Personen außer uns. Des andern Fehler ausspähen. Den ehrlichen Nahmen des andern verunglimpfen. Andere nach sich beurtheilen. Ich habe es von andern gehört. Auf anderer Leute Kosten leben. Sie haben Schätze genug in anderer Leute Herzen, Gell. An anderer Leute Freude oder Betrübniß Antheil zu nehmen ist die natürlichste Regung, ebend. Das magst du einem andern weiß machen. In diesem Verstande stehet es auch zuweilen im Neutro. Es ist niemand anders da. So sagt schon Reinmar der Alte: anders nieman.3. Zuweilen auch, was einer Sache entgegen gesetzt ist, oder derselben gegen über sich befindet. Die andere Seite des Tuches, einer Münze, die umgewandte Seite, im Gegensatze der rechten. Das andere Ufer, das gegenseitige.4. Oft ist der Begriff der Verschiedenheit der herrschende, und da bedeutet es überhaupt so viel als verschieden, geändert. Es ist jetzt eine andere Welt als sonst, die Menschen sind jetzt ganz anders gesinnet. Er ist ganz anderer Meinung. Die himmlischen Körper sind von ganz anderer Art als die irdischen. In welchem Sinne besonders das Neutrum anderes, oder anders sehr gewöhnlich ist. Es ist uns ganz etwas anderes, oder etwas ganz anderes begegnet. Das ist was anders. Ein anders ist sagen, ein anders ist thun. Ein anderes ist es, einen Brief, ein anderes eine Geschichte, ein anderes für Freunde, ein anderes für jedermann schreiben. Mit dieser Sache ist es ein anderes, Less. es hat eine andere Beschaffenheit mit ihr. Hierher gehören auch die sprichwörtlichen Redensarten; Andere Zeit, andere Freunde. Ander Jahr, ander Haar. Ander Mann, ander Glück. Andere Zeiten, andere Sorgen, u. s. f.5. In noch eingeschränkterer Bedeutung stehet es zuweilen für besser. Er ist ein ganz anderer Mensch geworden. Das war doch einmahl ein ganz anderer Brief, als der erste. Das ist ganz ein anderer Mann. Einen eines andern belehren, überzeugen.6. Zuweilen aber auch für schlechter, und da bedienet man sich desselben im gemeinen Leben, wenn man ein unanständiges ober hartes Wort, das man in Gedanken hat, nicht gerne heraus sagen will. Er hat an mir gehandelt wie ein anderer, d. i. wie ein Schelm. Das mag ein anderer glauben. Ich hätte bald was anderes gesagt. Wenn er das wüßte, er würde dir was anders weisen.

Anm. 1. In Ansehung der Ordnungszahl ander, wenn sie dem ersten entgegen gesetzet ist, sind die Deutschen Sprachlehrer nicht einig. Einige gebrauchen sie ohne Unterschied für die Ordnungszahl zweyte; andere nur dann, wenn nur von zweyen die Rede ist, so wie das Latein. alter, und noch andere wollen sie für gar keine Ordnungszahl gelten lassen, wenigstens sie niemahls gebrauchen, wenn erste vorher gehet. Die Aussprüche der beyden letztern sind bloß willkürlich, weil sie weder durch die Abstammung noch durch den Gebrauch gerechtfertiget werden. Der Beweis, der aus dem Latein. alter geführet wird, heißt gar nichts, weil von einer Sprache nie auf die andere geschlossen werden kann.Von der Abstammung wird in der letzten Anmerkung etwas gesagt werden; daher ich hier nur des Gebrauches gedenken will. Die Oberdeutsche Mundart, der dieses Zahlwort vorzüglich zugehöret, gebraucht es ohne Unterschied für das Zahlwort zweyte. Bey dem Kero, dem ältesten Alemannischen Schriftsteller, heißt es Kap. 7. Eristo dero deoheiti stiagil sprozzo ist - - Andar dera deomuati stiagil sprozzo ist - - Dritto dero deoheiti stiagil ist; das ist: die erste Staffel der Demuth ist - - die andere Staffel der Demuth ist - - die dritte Staffel der Demuth ist. Eben derselbe übersetzt Kap. 65. die Stelle: dum sint aliqui maligno spiritu superbiae inflati, et existimantes se secundos abbates esse, durch uuannente sih andere-uuesan. Und Kap. 63. andrero citi tages, die andere Stunde des Tages, im Gegensatze der erirum, der ersten. Ferner Kap. 13. Anderestages finfto drizugosto, dritin tages fiorzugosto anderer, des andern Tages der fünfte und dreyßigste; des andern Tages der vierzigste und zweyte. Isidors Übersetzer, ein nicht viel jüngerer Schriftsteller, nennt die zweyte Person des göttlichen Wesens di anderheit. Bey dem Ottfried und Notker, heißt andera stunt und anderest, beständig zum zweyten Mahle, und der Schwabenspiegel zählet ainost, anderost, dristunt, zum ersten, zweyten, dritten Mahle; tausend anderer Beyspiele zu geschweigen. Es scheinet also, daß andere und zweyte bloß der Mundart nach verschieden sind, und daß jenes ursprünglich den Oberdeutschen, dieses aber den Niederdeutschen und Nördlichen Völkern eigen gewesen. Die Hochdeutschen, deren Mundart weiter nichts, als die durch das Sächsische gemilderte Oberdeutsche Sprache ist, haben beyde beybehalten, und gebrauchen sie ohne Unterschied, wie theils aus den oben angeführten Beyspielen erhellet, theils mit noch mehrern bewiesen werden könnte, wenn der Raum es verstattete. Da nun dem also ist, so ist nicht abzusehen, was ein Sprachlehrer für Gewalt hat, bloß um seiner Convenienz, oder um des Lateinischen alter willen, den Gebrauch eines von beyden einzuschränken.Ich kann diese Anmerkung nicht schließen, ohne einer Eigenheit der heutigen Oberdeutschen Mundart zu gedenken, welche die drey Rollen, die dieses Wort spielet, auch durch die Aussprache und Schreibart unterscheidet. Die Ordnungszahl ander, heißt daselbst anderter, anderte, andertes, mit dem charakteristischen t, welches auch in zweyte, dritte u. s. f. angetroffen wird, und in alter etwas ähnliches hat. Das Adjectiv ander lautet wie im Hochdeutschen; das Adverbium anders aber, heißt daselbst, zum Unterschiede von dem Neutro, anderst. Ein solcher Unterschied, der in dem übereinstimmigen Gebrauche ganzer Völkerschaften seinen Grund hat, und keine bloße Grille eines Sprachlehrers ist, verdienet Beyfall, wenn man es gleich nicht wagen darf, denselben in andere Mundarten überzutragen.

Anm. 2. Wenn ander ein eigentliches Zahlwort ist, so hat es keinen Plural. Denn die einen und die andern, für beyde, ist ein Gallicismus. Desto häufiger ist der Plural des Beywortes. In der Declination ist dieses Wort von den übrigen Zahl- und Beywörtern nicht verschieden; nur daß die verstümmelte Form ander in der guten Schreibart nicht üblich ist. Es ist daher nicht nachzuahmen, wenn es im Gellert heißt: wenn sie kein ander Bedenken haben, so bin ich glücklich; und im Lessing: ich habe ganz ein ander Wildpret auf der Spur. Das Neutrum anders wird von einigen auch so gebraucht, als wenn es indeclinabel wäre; z. B. wir wollen von etwas anders reden, Gell. für von etwas andern. Dieß ist ohne Zweifel eine Verwechselung des Nebenwortes anders mit dem Neutro anderes, welche nicht nachzuahmen ist. Wenn auf das Adjectivum ander noch ein Adjectiv folget, so bekommt dieses im Plural kein n; andere große Männer, nicht großen. Eben dieses findet nach den ähnlichen keiner, aller, einiger, mancher, vieler und jeder Statt.

Anm. 3. Wachter leitet dieses Wort von der Partikel ant oder ent her, welche noch in vielen Zusammensetzungen vorhandenist, und einen Gegensatz bezeichnet. Ander würde also ursprünglich den Gegensatz von ein andeuten. Allein diese Ableitung setzt mehr Philosophie voraus, als man den ersten Erfindern der Sprache zutrauen kann. Man thut daher besser, daß man seine Unwissenheit gestehet; wenn man gleich nicht in Abrede seyn kann, daß ander, alter, alius. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und vornehmlich - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - viele Ähnlichkeit mit einander haben. Das Goth. anthar, Isl. annar, das Angels. othre, das Engl. other, das Dän. andar, können den Deutschen Ursprung nicht verläugnen. Ja in der Alt-Preußischen Sprache ist anters gleichfalls der zweyte.


Anderley (W3) [Adelung]


* Anderley, adj. indecl. von anderer Art; ein Oberdeutsches Beywort, welches den Hochdeutschen unbekannt ist, obgleich Luther es 3. Mos. 19, 19. beybehalten hat: daß du dein Vieh nicht lässest mit anderley Thier zu schaffen haben.


Änderling (W3) [Adelung]


Änderling, S. Engerling.


Andermann (W3) [Adelung]


+ Der Andermann, des -es, plur. die -männer, in dem Salzwerke zu Halle, die beyden Träger, welche auf den Vormann oder Erstemann folgen, und mit ihm die Schichten oder Arbeit anfangen. Die folgenden heißen Drittemänner.


Ändern (W3) [Adelung]


Ändern, verb. reg. act. 1) Anders machen, anders bestimmen. Das Kleid muß geändert werden. Ich habe das Haus ändern lassen. Ein Buch ändern. Seinen Vorsatz ändern. Die Leute haben sich sehr geändert. Ich kanns nicht ändern. Es ist nicht mehr zu ändern. Besonders, zum Guten ändern, bessern. Sein Leben ändern. Sich ändern. 2) Aus einer Art von Bestimmungen, in die andere, aus einem Zustande in den andern übergehen; mit der vorigen Bedeutung im Grunde einerley. Die Wohnung ändern, eine andere Wohnung beziehen. Den Ort, die Luft ändern. Die Kleider ändern, andere Kleider anlegen. Die Religion, den Nahmen, die Farbe ändern. Die Sachen ändern sich, bekommen andere Bestimmungen. Daher die Änderung; S. solches hernach besonders.

Anm. Ändern absolute und als ein Neutrum: Nur dieß mein Elend bleibt und weicht und ändert nicht, Günth.Rufe nur den leichten Wellen,Und dem grünen Ufer zu.Denn bey meinen Unglücksfällen Ändern sie so schnell als du, ebend. ist im Hochdeutschen nicht gebräuchlich.


Andernfalls (W3) [Adelung]


+ Andernfalls, ein Adverbium, welches bey guten Schriftstellern wenig vorkommt, auch irrig als ein Compositum geschrieben wird, (richtiger andern Falls,) für, im andern, d. i. entgegen gesetzten Falle, besser, widrigen Falls, sonst. Leiste mir Gehorsam, andernfalls wirst du gestrafet werden.


Anderns (W3) [Adelung]


* Anderns, ein Adverbium der Ordnung, für zweytens, welches aber im Hochdeutschen nur sparsam gefunden wird. Bey den Oberdeutschen lautet es andertens.


Anderntheils (W3) [Adelung]


+ Anderntheils, adv. für, auf der andern Seite, in dem andern Falle, in Beziehung auf einestheils. Beyde Wörter werden richtiger getheilt geschrieben, eines Theiles, andern Theiles, S. die Orthogr.


Anders (W3) [Adelung]


Anders, eine Partikel, welche in zweyerley Gestalt üblich ist.1. Als ein Adverbium, für auf andere Art, verschieden. Er wird mit den Jahren schon anders werden. Sich anderns besinnen. Etwas anders deuten. Die Sache verhält sich ganz anders, als man mir gesagt hatte. Anders aber wüßte ich ihm nicht zu begegnen. Anders lebt man mit einem Tyrannen, anders mit einem Freunde. Er thut nicht anders, als wenn er hier zu Hause wäre. Es war nicht anders, als wenn ich ihn sähe. Ich kann mich nicht anders, als durch Thränen entschuldigen. Ich habe es nicht anders als gerne sehen können. Er konnte nicht anders, als gehorchen, er mußte schlechterdings gehorchen. Was sagen sie mir? - - Nicht anders; hier ist der Brief. Da denn nicht anders eine im gesellschaftlichen Umgange gewöhnliche Art der Bejahung ist, für, es ist nicht anders. Es ist nicht anders; ihr Leben ist ein beständiges Gebeth, Gell.2. Als eine Conjunction, welche, 1) das Ausschließende einer Bedeutung ausdruckt, und so wohl mit wenn oder wo, als auch allein angetroffen wird. Ich werde sie besuchen, wenn sie anders zu Hause sind. Wenn das anders deine Meinung ist. Wenn sie anders noch Willens sind, meine Tochter zu ehelichen, Gell. Wer den Zweck will, der muß auch das Mittel wollen, wenn er anders verständig ist, ebend. Wo ich mich anders darauf verstehe. Du mußt arbeiten, willst du anders essen. Hab ich anders Gnade vor dir funden. Doch soll ich anders sagen, was mein Bedünken ist, Opitz. 2) * Einen im entgegen gesetzten Falle gewissen Erfolg zu bezeichnen, für sonst. Man fasset auch nicht Most in alte Schläuche, anders die Schläuche zerreißen, Matth. 9, 17. In dieser Bedeutung kommt es im Hochdeutschen wenig mehr vor; aber in Oberdeutschland ist es in derselben noch völlig üblich.

Anm. Oben bey ander ist bereits angemerket worden, daß die Partikel anders in Oberdeutschland anderst lautet, zum Unterschiede von dem Neutro anderes oder anders.Wir irren insgesammt, nur jeder irret anderst, Hall. Und Siegm. von Birken sagt in dem Ehrenspiegel des Hauses Österreich ausdrücklich: ein anders ist etwas anderes vorbringen, und etwas anderst vorbringen. Wo ein solcher Unterschied einmahl eingeführet worden und allgemein ist; da ist er zu loben. Wenn aber ein Sprachlehrer denselben in einer Mundart einführen will, die ihn nie beobachtet hat, so überschreitet er die Grenzen seiner Gewalt. Anderster, wie einige Oberdeutsche Provinzen sagen, die es zuweilen gar für das Neutrum anderes gebrauchen, ob da vielleicht was anderster zu erhalten sey, lößt sich mit nichts, als mit der Alemannischen Liebe zur Weitschweifigkeit entschuldigen.


Anderseits (W3) [Adelung]


* Anderseits, ein Oberdeutsches Adverbium, für auf der andern Seite, im andern Falle; ingleichen für sonst, hingegen. Da man andere Wörter hat, alle diese Begriffe auszudrucken, so kann man dieses immer den Kanzelleyen überlassen, weil es ohne dieß außer denselben wenig gehöret wird.


Anderswo (W3) [Adelung]


Anderswo, ein besonders im gemeinen Leben übliches Adverbium, für, an irgend einem andern Orte. Er ist mit seinen Gedanken anderswo. Dem Feinde anderswo zu thun machen. Anderes uuar, andersuuar, andersuua, kommen schon bey dem Notker, den Schwäbischen Dichtern, und im Schwabenspiegel vor. Einige, besonders Niedersachsen, kehren dieses Nebenwort um, und drucken es wo anders aus. Anderswoher, und anderswohin, sind gleichfalls nur den gemeinen Sprecharten eigen.


Anderthalb (W3) [Adelung]


Anderthalb, adj. indeclin. für, ein und ein halb. Anderthalb Pfund. Anderthalb Jahr. Anderthalb Acker. Anderthalb Faß. Man hüthe sich, anderthalb hier für den Singular zu halten, und wohl gar die Regel darauf zu bauen, daß es gar keinen Plural haben könne, weil dieser wenigstens zwey Dinge. erfordere. Man kann mit eben so vielem Grunde behaupten, daß hier kein Singular Staat finden könne, weil dieser nur Einem Dinge allein zukommt. Die angeführten Substantiva stehen hier materialiter, folglich im Singular, wie schon bey den Wörtern Acker und Ahm angemerket worden. In andern Fällen, z. B. anderthalb Ellen; ich habe ihn vor anderthalb Jahren gese-hen; es sind anderthalb Monathe, daß ich ihn nicht gesehen habe; anderthalb Deutsche Meilen u. s. f. ist der Plural unläugbar, und läßt sich nicht mit dem Singular vertauschen.

Anm. Anderthalb kommt schon bey dem Notker und den folgenden Schwäbischen und Fränkischen Schriftstellern vor, aber nicht in der heutigen Bedeutung, sondern für, auf der andern Halbe oder Seite, S. Halbe. Die heutige Bedeutung scheint neuer zu seyn. Indessen haben wir das Wort auch in dieser den Oberdeutschen zu danken. Denn das t in der Mitte ist ein deutlicher Beweis, daß ander hier die Oberdeutsche Ordnungszahl anderter für zweyter ist. Diejenigen, welche von dieser Ordnungszahl nichts wissen wollen, dürfen daher auch nicht anderthalb, sondern zweytehalb sagen. Frisch hat die Bedeutung des ander nicht genug gekannt, sonst würde er das t hier nicht für überflüssig erkläret haben. Indessen ist doch nicht zu läugnen, daß in dem Theuerdank und andern Oberdeutschen Schriftstellern auch anderhalb und andirhalb ohne t vorkommt.


Änderung (W3) [Adelung]


Die Änderung, plur. die -en, das Verbale des Verbi ändern, die Handlung des Änderns, und der Zustand, da etwas geändert wird. Die Änderung eines Entwurfes, eines Buches. Die Änderung der Luft, einer Wohnung, die Vertauschung derselben mit einer andern. Eine Änderung treffen, eine Änderung mit etwas, oder in etwas treffen, machen, vornehmen. Zuweilen auch so viel als Besserung. Die Änderung des Herzens.


Anderwärtig (W3) [Adelung]


Anderwärtig, adj. et adv. von dem folgenden Adverbio, an einem andern Orte befindlich, auf eine andere Art. Es ist ihm eine anderwärtige Heirath vorgeschlagen worden, eine andere. Er hofft auf eine anderwärtige Hülfe, von einem andern Orte her. In einigen Oberdeutschen Gegenden lautet dieses Beywort nur anderwärt, ein anderwärtes Oberhaupt.


Anderwärts (W3) [Adelung]


Anderwärts, ein Adverbium des Ortes, an einem andern Orte, auf eine andere Art. Wer weiß, wo Gott es mir anderwärts ersetzet. Er hat sich schon anderwärts verheirathet, mit einer andern Person. S. Wärts.


Anderweit (W3) [Adelung]


* Anderweit, ein Adverbium, welches im Hochdeutschen nur selten vorkommt, für an einem andern Orte, zur andern Zeit, ein anderes Mahl, auf eine andere Art. Wir wollen schon anderweit für ihn sorgen. Ich habe ihn auch anderweit gesehen. Der nimmer ändert seinen Eid, Und sollt' es ihm auch anderweit Den höchsten Schimpf und Schaden bringen, Opitz.


Anderweitig (W3) [Adelung]


Anderweitig, adj. et adv. von dem vorigen, welches in dessen obigen Bedeutungen auch im Hochdeutschen üblich ist. Eine anderweitige Verbindlichkeit, welche man an einem andern Orte, zur andern Zeit, oder mit andern Personen eingegangen ist; woraus erhellet, daß dieses Wort schärfer bestimmt, als das einfache ander. Eine anderweitige Hülfe veranstalten, so wohl eine andere, als auch eine wiederhohlte Hülfe. Er ist schon anderweitig versorgt, an einem andern Orte, auf andere Art. Ich habe ihr schon meine anderweitige Absichten gesagt, Weiße.


Andeuten (W3) [Adelung]


Andeuten, verb. reg. act. 1) Eigentlich, durch Zeichen verständlich machen, bezeichnen. Seine Meinung durch Geberden andeuten. So gebrauchen noch einige Mahler dieses Wort, das skizzare legiermente der Italiäner, ober das Zeichnen einer Figur nach den Hauptstrichen, auszudrucken. 2) In weiterer Bedeutung, überhaupt so viel als zu erkennen geben. Die frühe Kälte deutet einen langen Winter an. Dieser Ausdruck deutet nichts weniger, als eine Unterwerfung an. Er schien durch seine Verwirrung anzudeuten, daß sein Wunsch nicht ganz erhöret worden, Dusch. 3) Befehlsweise bekannt machen, mit der dritten Endung der Person. Einem den Arrest, sein Mißfallen, seine Ungnade andeuten. Ingleichen, befehlen. Es wurde ihm angedeutet, sogleich die Stadt zu verlassen.Daher die Andeutung, in allen diesen Bedeutungen. S. Deuten.


Andichten (W3) [Adelung]


Andichten, verb. reg. act. Einem etwas andichten, es von ihm erdichten. Dichten sie mir keinen so hassenswürdigen Fehler an, Weiße. Daher die Andichtung.


Andonnern (W3) [Adelung]


+ Andonnern, verb. reg. neutr. mit haben, ungestüm anpochen. An die Thür andonnern. Aber ganz, so wohl der Bedeutung, als der Form zuwider ist es, wenn es in Wielands Combabus heißt: Der arme Liebling stand, wie angedonnert da, wie vom Donner getroffen.


Andorn (W3) [Adelung]


Der Andorn, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der vornehmlich dreyerley Pflanzen gegeben wird. 1) Dem Marrubium, L. dessen steifer Kelch einem Präsentir-Teller gleichet, und zehn Streifen nebst zehn spitzigen Zähnen hat, von welchem der gemeine, oder weiße Andorn, der Kretische Andorn, der rauche weiße Andorn, u. a. m. Unterarten sind. 2) Der Ballota, L. deren länglicher Kelch fünf Zähne und zehn Streifen hat, und von welcher Eine Art auch schwarzer Andorn genannt wird, vermuthlich wegen der rothblauen Blumen. 3) Einigen Arten der Roßpoley, oder Stachys, L. deren eckiger Kelch gleichfalls fünf pfriemenförmige Zähne hat, und wovon die palustris auch brauner Wasserandorn, und die Germanica, wegen ihres guten Geruches auch riechender Andorn genannt wird.

Anm. Frisch versichert, daß dieser Nahme aus dem Lat. Cantherinum gemacht worden, den die erste Art dieser Pflanzen bey den ältern Kräuterkennern führet. Es kann indessen derselbe auch von dem stacheligen Kelche und Samengehäuse herrühren, deren Stacheln gar wohl Dornen genannt werden können, zumahl mit dem voran gesetzten mildernden an, welches hier eine bloße Ähnlichkeit bedeuten kann. S. Ähnlich, ingleichen An,

Anm. 7.


Andrängen (W3) [Adelung]


Andrängen, verb. reg. act. durch Drängen einer Sache nähern. Jemanden an die Wand andrängen. Daher die Andrängung.


Andräuen (W3) [Adelung]


Andräuen, S. Androhen.


Andreas (W3) [Adelung]


Andreas, ein männlicher Taufnahme, Hebräischen Ursprunges, welcher im gemeinen Leben in Andres und Drews, Dres verkürzet wird.


Andreas-Gebeth (W3) [Adelung]


Das Andreas-Gebeth, des -es, plur. die -e, ein Gebeth abergläubiger lediger Weibesbilder, worin sie in der Andreas-Nacht diesen Heiligen um einen Mann zu bitten pflegen.


Andreas-Kreuz (W3) [Adelung]


Das Andreas-Kreuz, des -es, plur. die -e, ein Kreuz, welches einem Latein. X gleichet, und den Nahmen von dem heiligen Andreas hat, der an einem solchen Kreuze soll seyn hingerichtet worden. Es wird sonst auch das Schächerkreuz, ingleichen das Burgundische Kreuz genannt.


Andreas-Orden (W3) [Adelung]


Der Andreas-Orden, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schottländischer Ritterorden, welchen König Jakob der Fünfte 1542 gestiftet, die Königinn Anna von England aber 1703 bestätiget hat, und auf welchem der heilige Andreas in blauer Kleidung mit einem weißen Andreas-Kreuze zu sehen ist. Weil die Ritter außer diesem Schilde auch einen silbernen Stern mit einer grünen Distel führen, so wird dieser Orden auch der Distelorden genannt.


Andrechseln (W3) [Adelung]


Andrechseln, verb. reg. act. durch Drechseln an einem andern Dinge hervor bringen, oder daran befestigen, wohl nur in der im gemeinen Leben üblichen R. A. das Kleid sitzt, als wenn es ihm angedrechselt wäre, sitzt ihm überaus nett.


Andrehen (W3) [Adelung]


Andrehen, verb. reg. 1. Neutrum mit haben, anfangen zu drehen. 2. Activum, durch Drehen an etwas anders befestigen. So drehen die Weber die Fäden der Kette an den alten Drom an.+ Figürlich, in der R. A. einem eine Nase andrehen oder drehen, seine Leichtgläubigkeit mißbrauchen. Daher die Andrehung.


Andrienne (W3) [Adelung]


Die Andrienne, plur. die -n, der Französische Nahme eines langen, vorn herunter offenen Frauenzimmerkleides. Er rühret von einem Schauspiele des Baron, l'Andrienne, her, welches eine Nachahmung der Andria des Terenz war, und 1703 zu Paris aufgeführet wurde, bey welcher Gelegenheit die Schauspielerinn Dancourt, welche die Andria vorstellete, diese neue Kleidung erdachte. Im Deutschen heißt ein solches Kleid ein Schleppkleid, und in einigen Gegenden ein Schlumper.


Andringen (W3) [Adelung]


Andringen, verb. irreg. neutr. ( S. Dringen,) welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, sich dringend, d. i. mit einer Art von Gewalt, einer Sache nähern. Der Feind dringt an. Auf den Feind andringen. Er drang mit großer Heftigkeit auf mich an, ging auf mich los. So auch die Andringung.

Anm. In Oberdeutschland wird es außer dem angeführten Falle auch auf das einfache dringen, ingleichen für zudringen gebraucht. In solchen zudringenden (dringenden) Umständen. Ein andringender, oder andringlicher Kläger, der muthwillig Ursachen zu Klagen sucht, sich zudringt. Andringend für interessant hat wenig Beyfall gefunden.


Androhen (W3) [Adelung]


Androhen, verb. reg. act. mit etwas bedrohen. Einem etwas androhen. Einem den Tod androhen. Dem angedroheten Streiche ausweichen. Aller androhenden Gefahr ausweichen, für drohenden, ist Oberdeutsch, wo dieses Verbum auch andräuen lautet. Daher die Androhung.


Andruck (W3) [Adelung]


Der Andruck, des -es, plur. die -e, bey den Buchdruckern, ein Blatt, welches an die Vorrede angedrucket wird, aber an das Ende gehöret, und daher von dem Buchbinder abgeschnitten werden muß.


Andrucken (W3) [Adelung]


Andrucken, verb. reg. act. durch Drucken mit einer andern Sache verbinden, doch nur von dem Bücherdrucke. Ein Buch an das andere andrucken.


Andrücken (W3) [Adelung]


Andrücken, verb. reg. act. durch Drücken einer andern Sache nähern. Jemanden an die Wand andrücken. Den Gyps, den Kalk fest andrücken. Daher die Andrückung.


Andurch (W3) [Adelung]


* Andurch, für dadurch, eine Oberdeutsche Partikel, welche sich auch in einige Hochdeutsche Kanzelleyen eingeschlichen hat. Daß hoffentlich die ganze Welt andurch werde überzeuget werden.


Aneifern (W3) [Adelung]


Aneifern, verb. reg. act. den Eifer, d. i. lebhaftes Bestreben, in jemanden hervor bringen, anfeuern, antreiben; ein vorzüglich im Oberdeutschen übliches Verbum.


Aneignen (W3) [Adelung]


* Aneignen, verb. reg. act. sich etwas, besser zueignen.


Aneinander (W3) [Adelung]


Aneinander, besser an einander. S. Einander.


Anekeln (W3) [Adelung]


Anekeln, verb. reg. 1. Neutrum mit haben, Ekel erwecken, mit dem Accusativ der Person. Es ekelt mich an. 2. Activum. Ekel gegen etwas äußern. Eine Sache anekeln, Herd. In beyden Fällen sehr ungewöhnlich.


Anempfehlen (W3) [Adelung]


Anempfehlen, verb. irreg. act. ( S. Befehlen,) eine in den meisten Fällen unnöthige Verlängerung des Verbi empfehlen, welches siehe. So auch die Anempfehlung.


Anerbe (W3) [Adelung]


* Der Anerbe, des -n, plur. die -n, ein Wort, welches noch in Niedersachsen und Westphalen üblich ist, einen Erben oder nächsten Erben zu bezeichnen, und am häufigsten von dem Guteserben eines Eigenbehörigen gebraucht wird. S. auch Haltaus h. v.


Anerben (W3) [Adelung]


Anerben, verb. reg. act. erblich mittheilen. Angeerbte Güter. Ingleichen figürlich, bey und mit der Geburt mittheilen. Diese Krankheit ist ihm angeerbt. Angeerbte Vorurtheile. Ein angeerbtes Wapen. Anerben, als ein Neutrum, für erblich empfangen: ich habe zwar die Schuld von Adam angeerbet, Gryph. ist im Hochdeutschen nicht gewöhnlich.


Anerbiethen (W3) [Adelung]


Anerbiethen, verb. irreg. act. welches eine bloße Verlängerung der Zeitwörter anbiethen und erbiethen ist. Einem etwas anerbiethen, besser anbiethen. Am häufigsten gebraucht man es noch für erbiethen. Sich zu etwas anerbiethen, erbiethen. Jemandes Anerbiethen annehmen, sein Erbiethen. So auch anerböthig, für erböthig.


Anerkennen (W3) [Adelung]


Anerkennen, verb. irreg. act. ( S. Kennen.) 1) * So viel als das einfache erkennen, in welchem Falle aber das an eine müßige Verlängerung ist. 2) In engerer Bedeutung. (a) Bey den neuern Philosophen, mit klarer Unterscheidung der Merkmahle erkennen, appercipere. Daher die Anerkenntniß, die deutliche Erkenntniß, Apperception. (b) Erkennen und eingestehen. Jemandes Wohlthaten anerkennen. Die Ehre ist äußere Anerkennung unserer Vorzüge. Da es denn auch nicht unfüglich für das Latein. recognosciren, im gerichtlichen Verstande gebraucht wird. Seine Handschrift, seine Unterschrift anerkennen.


Anerle (W3) [Adelung]


Die Anerle, plur. die -n, ein Nahme, der an einigen Orten der Maserle, oder dem Masholder, gegeben wird. Wenn die erste Sylbe das Vorwort an ist, so hat dasselbe hier unstreitig eine mildernde Bedeutung, einen Baum anzudeuten, der der Erle nur in einigen Stücken gleich ist; indem die Maserle von vielen nur unter das Buschholz gezählet wird, ob es gleich auch haubare Stämme von derselben gibt. S. Ähnlich und An,

Anm. 7.


Anerringen (W3) [Adelung]


* Anerringen, verb. irreg. act. ( S. Ringen,) welches in Oberdeutschland zu Hause ist, wo es besonders im Particip. Passiv. für erwerben gebraucht wird. Solche dem Churhause von ältern Zeiten anerrungene und angeborne Rechte. Die Anerrungenschaft, wird daher eben daselbst für ein rechtmäßig erworbenes Gut gebraucht.


Anerschaffen (W3) [Adelung]


Anerschaffen, verb. irreg. act. ( S. Schaffen,) bey und in der Schöpfung mittheilen; ein Verbum, wovon nur die zusammen gesetzten Zeiten und das Particip. Passiv. üblich ist. Gott hatte dem Menschen sein Ebenbild anerschaffen. Das anerschaffene Ebenbild Gottes. Anerschaffene Begriffe behaupten. Es ist freylich das von der Oberdeutschen Mundart verlängerte anschaf-fen; indessen ist doch dieses in der jetzt gedachten Bedeutung nicht so üblich, obgleich Klopstock einmahl sagt: Herrlichkeit, die ihm der Donnerer anschuf.


Anerwogen (W3) [Adelung]


* Anerwogen, eine Oberdeutsche Conjunction, welche von dem Zeitworte erwägen gemacht ist, für in Betrachtung, indem, und auch in den Hochdeutschen Kanzelleyen nicht selten ist. Anerwogen, daß er sich die Schuld selber beyzumessen hat, oder anerwogen, er sich u. s. f. Gute Schriftsteller können diese unreine Partikel gar wohl entbehren.


Anewand (W3) [Adelung]


Anewand, S. Anwand.


Anfachen (W3) [Adelung]


Anfachen, verb. reg. act. welches eigentlich von dem Feuer gesagt wird, dasselbe anblasen und vermehren, und nur in der höhern Schreibart der Neuern üblich ist. Hast du in ihrer Brust ein Feuer angefacht, Das die Gefahren trutzt? Schleg. Und schimmert noch in dir ein Funke Tugend, So fach ihn an, ebend.Geneuß, geneuß der Ruh, die dir entzogen, Seit ich dieß Feuer angefacht, Raml. Figürlich wird es auch von dem Zorne, dem Kriege und andern Sachen gebraucht, die sonst mit dem Feuer verglichen werden. Einen Krieg anfachen, Schleg. Unheilige fachen den Zorn weiter an, Hiob. 26, 13. nach des Herrn Ritter Michaelis Übersetzung.

Anm. Man wird dieses Verbum, so wie das einfache fachen in allen Wörterbüchern und Glossarien vergebens suchen. Die Ursache wohl, weil es auch in den ältern Zeiten wenig vorkommt, und erst von unsern neuern Dichtern wieder hervor gezogen, und der Vergessenheit entrissen worden. Was dessen Ableitung betrifft, so läßt es sich am schicklichsten zu der Familie des Wortes wehen rechnen, von welchem es der Form nach ein Intensivum ist, und alsdann würde anfachen, so viel als anwehen, anblasen bedeuten, und fächern würde das Frequentativum, so wie fächeln das Diminutivum von dem einfachen fachen seyn. Das spätere Latein. affocare, und das Ital. affocare bedeuten gleichfalls anfachen. S. 3. Fachen und Fächeln.


Anfahen (W3) [Adelung]


* Anfahen, verb. irreg. neutr. et act. ich fing an, angefangen, eine veraltete Oberdeutsche Form des Verbi anfangen, welche im Hochdeutschen fast gar nicht mehr gehöret wird, übrigens aber in allen Stücken mit anfangen überein kommt.


Anfahren (W3) [Adelung]


Anfahren, verb. irreg. ( S. Fahren,) welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) Den Anfang machen zu fahren, besonders in der Sprache der Bergleute, an seine Arbeit gehen, und zwar so wohl an die Grubenarbeit, als auch an die Hüttenarbeit. S. Fahren. Die Bergleute fahren an, sind angefahren. Daher der Anfahrschacht, des -es, plur. die -schächte, ein Schacht, durch welchen die Grubenarbeiter anfahren, oder sich an ihre Arbeit begeben; ingleichen das Anfahrgeld, des -es, plur. inusit. dasjenige Geld, welches der neue Häuer dem Geschwornen und Steiger derjenigen Zechen bey welchen er angenommen wurde, ehedem geben mußte, und auch Häuergeld genannt wird. 2) Sich fahrend einem Orte nähern, hinan fahren. Man kann nicht nahe an das Haus anfahren. Die Flotte fuhr an die Insel an, ist an die Stadt angefahren. Wir sind unter Weges bey unserm Freunde angefahren, auf kurze Zeit ausgestiegen. 3) Im Fahren an etwas anstoßen. Der Fuhrmann ist mit dem Wagen an die Mauer angefahren. 4) Heran fahren, doch nur mit dem Verbo kommen und im gemeinen Leben. Die Baronessinn Quant mit schönen blonden Haaren Kam von dem Rittergut mit sechsen angefahren, Zach. 5) In weiterer Bedeutung, von heftiger Gewalt getrieben, an etwas anstoßen. Die Art fuhr an die Wand an. Der Ball ist an das Fenster angefahren.II. Als ein Activum. 1) Vermittelst eines Fuhrwerkes, herbey oder heran führen. Holz, Steine, Schutt anfahren. 2) Figürlich, plötzlich mit harten Worten begegnen. Er fuhr mich heftig an. Ein frommer Greis Ward jüngst von ihm sehr höhnisch angefahren, Haged. Anm. In dieser letzten Bedeutung kommt anafaron schon bey dem Ottfried vor. Anfahren, für übel ankommen, angeführet werden, ist zwar im Oberdeutschen, aber nicht im Hochdeutschen üblich. Das Substantiv die Anfahrung kann nur in der ersten Bedeutung des Activi gebraucht werden. In den Bedeutungen des Neutrius, besonders in der ersten, kommt zuweilen das Hauptwort die Anfahrt vor. S. auch Anfurt.


Anfahrt (W3) [Adelung]


Die Anfahrt, plur. die -en, in einigen Gegenden, das Lehngeld oder die Lehnwaare bey neu erkauften Bauerngütern. S. Lehenwaare.


Anfall (W3) [Adelung]


Der Anfall, des -es, plur. die -fälle, von dem Verbo anfallen, so wohl die Handlung des Anfallens, als auch die anfallende Sache, und der Ort, an welchen der Anfall geschiehet.1. Die Handlung des Anfallens. 1) In der eigentlichen Bedeutung des Neutrius. Der Anfall des Baumes an die Wand, der Mauer an das Haus; wofür man aber lieber den Infinitivum das Anfallen gebraucht. 2) In der figürlichen Bedeutung des Neutrius. (a) die schnelle Annäherung, besonders bey den Vogelstellern, von den Vögeln. Auf diesem Bogen ist ein guter Anfall, die Vögel kommen gern dahin. (b) Die unvermuthete Erlangung einer Sache, besonders durch den Todesfall eines andern. Der Anfall eines Gutes. Die Clausel auf allen ledigen Anfall, welches so wohl in Ehestiftungen als auch in Lehensbriefen üblich ist, bedeutet daher in jenen eine jede Erlangung einer Erbschaft, in diesen aber den Fall der Erledigung des Lehens. 3) In der Bedeutung des Activi, der schnelle feindliche Angriff. Der Anfall des Feindes, der feindliche Anfall: Einen Anfall auf den Feind thun. Den Feind bey den ersten Anfällen in die Flucht treiben. Große Leute weichen oft bey den leichtesten Anfällen. Ingleichen in weiterer Bedeutung, der heftige Angriff oder Ausbruch einer Krankheit, einer Leidenschaft. Der Anfall von dem Steine. Einen Anfall von dem Podagra haben. Das allerliebste Geschlecht hat doch immer seine eigensinnigen Anfälle, Weiße. Ich kenne schon dergleichen Anfälle von Tugend; sie gehen vorbey, wie ein Fieberschauer, ebend. Bereiten sie ihr Herz, den fürchterlichsten Anfällen des Schreckens und der Betrübniß Widerstand zu thun, von Brawe. Ingleichen ungestümes Bitten. Warum soll ich den unverschämten Anfällen eines jeden ausgesetzt seyn? Im weitesten Verstande oft eine jede schnelle und lebhafte Wirkung auf etwas. Den Verstand gegen so viele Anfälle der Sinne in seiner Überzeugung erhalten.2. Dasjenige, was anfällt, doch nur in der figürlichen Bedeutung des Neutrius, ein Gut, welches man durch einen Zufall, und besonders durch einen Todesfall erlanget, anzudeuten; dergleichen Güter in dem Lateine der mittlern Zeiten Caduca und Escaetae genannt wurden. Sich aller künftigen Anfälle verzeihen. Es ist verglichen worden, daß die künftigen Anfälle als gemeinschaftliche Güter angesehen werden sollen. Ingleichen die Anwartschaft auf ein künftiges Gut, besonders auf ein Gnadenlehn, und das Recht, welches daraus entspringet; das Anfallsrecht, ingleichen, das Angefall. Den Anfall auf etwashaben. Keinen Theil noch Anfall am Worte haben. Apostelg. 8, 21. In den Schwäbischen und Sächsischen Lehnrechten wird auch die Vormundschaft, die der Lehnsherr über einen unmündigen Vasallen führet, die Anefelle, das Anfall, und die Angefelle genannt, welchen Nahmen auch die Einkünfte des Lehngutes führen, die der Lehnsherr während dieser Zeit genießet. S. Schilters Gloss. v. Anevellunge.3. Der Ort, und die Sache, woran etwas fällt. So werden 1) in den Bergwerken diejenigen Breter oder Hölzer in den Schächten und Strecken, welche das Hangende vor dem Einfalle bewahren, der Anfall, oder im Plural die Anfälle genannt. Da indessen dieses Wort von den Bergleuten auch Anpfahl gesprochen und geschrieben wird, so stehet dahin, ob es nicht mit mehrerm Rechte zu dem Worte Pfahl gehöret. 2) Auf den Vogelherden heißen diejenigen dürren Waldbäume, welche kein Laub mehr haben, und an der einen Seite des Herdes, wo die großen Vorläufer angemacht sind, befestiget werden, Anfälle, weil die Vögel gern auf diese Bäume zu fallen pflegen.

Anm. Anfall, für ein angefallenes Gut und Anwartschaft, ist schon alt. In einer Urkunde von 1300 in der Thuring. Sacra, Th. 1. S. 571, heißt es: Omne jus successorum, quodvulgariter dicitur, anevall. Mehrere Beyspiele hat Haltaus v. Anfall und Angefälle. Ob nun gleich dieses Wort schon in dem Schwäbischen Lehnrechte vorkommt, so muß es doch in der ersten Hälfte des 16ten Jahrhundertes in Oberdeutschland schon ziemlich unbekannt gewesen seyn, weil es in der 1523 zu Basel veranstalteten Ausgabe von Luthers neuem Testamente mit unter die unbekannten Wörter gesetzet, und durch anteil, loß, zufall erkläret wird.


Anfallen (W3) [Adelung]


Anfallen, verb. irreg. S. Fallen. Es ist:I. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert. Es bedeutet alsdann, 1) eigentlich, sich fallend einer Sache nähern, im Fallen an etwas stoßen. Er ist an mich angefallen. Der Baum fiel an die Mauer an. 2) Figürlich. (a) Sich schnell einem Orte nähern, absolute gebraucht, besonders von den Vögeln. Die Vögel fallen hier gern an, kommen gern hieher. (b) Durch einen Zufall, besonders durch einen Todesfall in eines andern Besitz gerathen. Es ist mir ein Lehn, eine Erbschaft angefallen. Angefallene Güter. Die Landstände haben ihn zur Besitznehmung des ihm angefallenen Thrones einladen lassen.II. Ein Activum, schnell und heftig angreifen, einen andern thätig und unvermuthet beleidigen. Jemanden anfallen. Er hat mich mit dem Degen in der Hand angefallen. Der Feind fiel das Land an. Der Hund fällt alle Leute an. Ingleichen von dem schnellen Ausbruche einer Krankheit, oder eines Paroxysmus derselben. Das Fieber hat ihn angefallen. In noch uneigentlicherer Bedeutung gebrauchen die Jäger dieses Verbum von den Leithunden, wenn sie die Fährte eifrig suchen. Der Hund fällt die Fährte muthig an.

Anm. Anfallen war in beyden Gattungen schon den Alten bekannt. Daz fiur siel sie ana, das Feuer fiel über sie, sagt Notker Ps. 57. In der figürlichen Bedeutung des Neutrius kommt es so wohl bey dem Stryker, als in dem Schwabenspiegel vor, nur daß es hier mit der vierten Endung der Person verbunden wird. Die Erben, die das Gut anvellet, Schwabensp. Was jemand erbez anvellet, ebend. Außer dem bedeutet es in dem Schwabenspiegel auch, eine entwandte Sache gerichtlich vindiciren.


Anfällig (W3) [Adelung]


+ Anfällig, adj. et adv. welches nur im gemeinen Leben gehöret wird. 1) Anfällige Güter, richtiger angefallene. 2) Eine anfällige Seuche, eine ansteckende.


Anfallsgeld (W3) [Adelung]


Das Anfallsgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, in den Lehnrechten, eine Art von Laudemien-Geldern, welche dem Lehnherren von den Lehngütern, wenn sie einem Verwandten anfallen, entrichtet werden.


Anfallsrecht (W3) [Adelung]


Das Anfallsrecht, des -es, plur. die -e, überhaupt ein jedes Recht, welches aus der erhaltenen Anwartschaft auf ein Lehn entspringet, und auch wohl diese Anwartschaft selbst. Daß dieser Ausdruck in den Brabantischen Rechten noch in einer andern Bedeutung genommen werde, erhellet aus Schilters Gloss. S. 48.


Anfälschen (W3) [Adelung]


Anfälschen, verb. reg. act. durch unechten Zusatz einen bessern Schein, Geschmack u. s. f. geben. Den Wein anfälschen, wenn man den Geschmack oder die Farbe durch Zusätze zu erhöhen sucht. Waaren anfälschen, ihnen ein besseres Ansehen geben. S. An,

Anm. 7.


Anfang (W3) [Adelung]


Der Anfang, des -es, plur. doch nur selten, die -fänge, von dem folgenden Verbo anfangen, das Erste, so wohl der Zeit und dem Orte nach, als auch dem Entstehen einer Sache nach. 1) Der Zeit nach. Der Anfang des Jahres, des Tages, des Abends, des Frühlinges. Ich habe ihn erst zu Anfange, oder um den Anfang des gegenwärtigen Jahres gesehen. Mit dem Anfange der künftigen Woche will ich zu dir kommen. Gegen den Anfang des folgenden Monathes hoffe ich ihn zu sprechen. Sie gefiel mir gleich im Anfange, oder vom Anfange an, da ich sie zum ersten Mahle sahe. 2) Dem Orte nach, das Vorderste einer Sache. Der Anfang eines Buches, des Weges, des Waldes. Ein Buch von Anfang bis zum Ende durchlesen. Dieß ist der Anfang meines Ackers; hier nimmt mein Acker seinen Anfang. Von diesem Steine an nimmt meines Nachbars Acker seinen Anfang. 3) Die Gelangung zur Wirklichkeit, so wohl in der thätigen als leidentlichen Bedeutung des Verbi. Der Anfang eines Schauspieles, einer Handlung, des Krieges, eines Streites. Seinen Anfang nehmen. Den Anfang mit etwas machen. Den Anfang mit Lesen, Tanzen, Singen machen. Sprichw. Aller Anfang ist schwer. Anfang ist kein Meisterstück.

Anm. Der Plural ist von diesem Worte ein wenig ungewöhnlich, obgleich nicht ganz unerhört. Die Anfänge der apostolischen Briefe. Die Reden sind die ersten Anfänge der Thaten, Less. Aber Anfänge für Anfangsgründe, ist eine unnöthige Nachahmung des Französischen Commencemens. Wenn die adverbischen Redensarten vom Anfange, zu Anfange, und im Anfange nicht den Anfang einer gewissen bestimmten Zeit andeuten sollen, so gebraucht man dafür lieber die Nebenwörter anfänglich und anfangs. Anauanch kommt schon bey dem Notker vor; indessen bedienten sich die Alten fast eben so oft der Hauptwörter Anakin und Anageng. S. Beginnen und Angehen.


Anfangen (W3) [Adelung]


Anfangen, verb. irreg. ( S. fangen,) welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, den Anfang machen, und zwar:1) Eigentlich, da es so wohl mit der vierten Endung der Sache, als mit dem Infinitiv und dem Wörtchen zu gebraucht wird. Eine Rede, eine Arbeit, ein Spiel anfangen. Den Krieg anfangen. Du hast den Streit angefangen. Ein anderes Leben, eine neue Regierung anfangen. Wieder von vornen anfangen. Er fing seine Regierung mit Abschaffung der Mißbräuche an. Er hat schiecht angefangen, er wird auch schlecht aufhören. Er fängt es wieder da an, wo er es gelassen hat, er verfällt wieder auf seine vorigen Handlungen. Anfangen etwas zu thun. Anfangen zu arbeiten, zu essen, zu spielen u. s. f.In dieser letzten Wortfügung wird der Infinitiv, welcher den Gegenstand des Anfanges bestimmet, oft ausgelassen. Ein Liedanfangen, zu singen. Er ist sehr böse, wenn er anfängt, zu zürnen. Er weiß es zum voraus, daß Thyrsis stets gewinnt, Doch fängt er mit ihm an, Rost. zu streiten, zu wetteifern. Am häufigsten wird der Infinitiv zu reden, zu sagen, ausgelassen, wenn man eines andern Worte anführet. Deine Aufführung gefällt mir gar nicht, fing sie an. Was soll denn das werden? fing er an. Wo denken sie denn hin? fing er zu mir an.Oft stehet zwar ein Infinitiv; aber es wird doch ein anderer ausgelassen, und dieses geschiehet vornehmlich alsdann, wenn von der ersten Erlernung einer Sache die Rede ist. Das Kind fängt an zu gehen, es fängt an, gehen zu lernen, oder es lernet gehen. Er fängt an zu lesen. Er hat schon lange angefangen zu schreiben, schreiben zu lernen. Da diese Art des Ausdruckes zweydeutig ist, indem sie auch die Wiederhohlung einer schon bekannten und mehrmahls geübten Handlung bezeichnen kann, so vermeidet man solche lieber in solchen Fällen, wo die Zweydeutigkeit von Folgen seyn kann.2) In weiterer Bedeutung, so viel als thun, verrichten, und zwar, (a) überhaupt. Er hat Glück in allem was er anfängt. Was soll ich anfangen? Was soll ich mit ihm anfangen? Sagen sie mir nur, was bey der Sache anzufangen ist. Fragen sie ihr Herz, was sie mit mir anfangen wollen. Auch in den Redensarten, Händel, Streit, Krieg mit einem anfangen, Unruhen anfangen u. s. f. wenn die Hauptwörter ohne Artikel stehen, verschwindet der Begriff des Anfanges fast ganz, und läßt nur den Begriff der Verursachung zurück. Besonders, (b) gebrauchen, nützen. Es ist nichts mit ihm anzufangen, man kann ihn zu nichts gebrauchen. Ich muß einen Schwiegersohn haben, mit dem was anzufangen ist, Schleg. (c) Die rechten Mittel zur Erreichung einer Absicht wählen. Wie werden wir es aber anfangen, daß er zu mir kommt? Nichts ist leichter zu erlangen, als die Glückseligkeit, wenn wir es nur recht anfangen, derselben theilhaftig zu werden. (b) Zur Absicht haben; mit auf. Es war auf mein Verderben angefangen. Es war darauf angefangen, ihn zu Grunde zu richten. Nur weich darauf zu sitzen,Zu sorgen, nicht zu prangen, Darauf ists angefangen, Logau. II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, seinen Anfang nehmen; mit dem Infinitiv und dem Wörtchen zu. Die Bäume fangen an zu blühen. Die Thränen fingen schon an, ihm in die Augen zu treten. Die Kälte fängt an nachzulassen. Es fängt an warm zu werden. Dieser Gebrauch des Verbi anfangen, hat seine Grenzen, die man nicht überschreiten darf. Z. B. Er fängt schon an, einen Bart zu bekommen, würde ein harter Gallicismus seyn.Auch ist es wider den guten Sprachgebrauch, den Infinitiv in die bestimmte Art zu verwandeln, und durch das Bindewort und mit dem Zeitworte anfangen zu verbinden. Es fängt an und wird kalt. Der Mensch fängt an und wird stolz. Dergleichen Wortfügungen werden billig dem großen Haufen überlassen, bey dem sie entstanden sind.Wohl aber ist es erlaubt, das Neutrum anfangen reciproce auszudrucken, wenn der Zusammenhang den Infinitiv nicht verstattet. Das Spiel hat sich erst angefangen. Hier fängt sich das erste Kapitel an. Meine Rede soll sich davon, oder damit anfangen. Wie fing sich der Streit an? Hier fangen sich die Grenzen an. Das Gebirge fängt sich bey dem Meere an.Wenn dieses Neutrum unpersönlichen Verbis zugesellet wird, so pflegen auch gute Schriftsteller die letztern in den Infinitiv zu setzen, anfangen aber nur unpersönlich auszudrucken. Mich fängt schon an zu hungern, zu dursten, zu frieren, zu schwitzen u. s. f. Fast fängt mich meine Neugier an zu reuen, Weiße.

Anm. 1. Nichts ist, selbst bey guten Schriftstellern, gewöhnlicher, als daß der Präposition an, wenn sie von ihrem Verbo getrennet werden muß, eine falsche Stelle angewiesen wird. Ich fing zu singen an, Gleim, ich fing an zu singen. Zeus fing vor langer Weile zu donnern an, Wiel. besser, fing vor langer Weile an zu donnern. Ich fing mich an zu schämen, ich fing an, mich zu schämen, Gell. Dergleichen Fehler werden durch kein Ansehen zu Schönheiten. Wenn aber Dichter die Präposition auch in dem Infinitive von dem Zeitworte trennen, so lässet sich solches allenfalls mit dem unbiegsamen Sylbenmaße dieses Verbi entschuldigen; z. B. Soll ich vielleicht schon an zu lachen fangen? Gell. Bestürmt von Lieb' und Zärtlichkeit, Wollt' ich schon an zu reden fangen, ebend.

Anm. 2. Die heutige Bedeutung dieses Verbi ist sehr figürlich. Eigentlich müßte es bedeuten, den Anfang machen mit fangen. Kero und andere alte Alemannische Schriftsteller gebrauchen das einfache fiangan in der heutigen Bedeutung des Anfangens. Dieß könnte vermuthen lassen, daß fangen in dieser Zusammensetzung ein ganz anderes Verbum sey, als fangen, capere. Allein man wird eines andern überführet, wenn man bedenket, daß anfangen eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Lateinischen incipere ist, welches gleichfalls aus capere zusammen gesetzet ist. Durch dergleichen buchstäbliche und oft ungeschickte Übersetzungen haben wir mehrere Wörter bekommen. Daß anfangen so wohl in dem Alemannischen als Sächsischen Rechte ehedem auch so viel als vindiciren, sich ein entwendetes Gut wieder anmaßen, bedeutet habe, kann man aus dem Haltaus h. v. und aus C. V. Grupens Deutschen Alterthümern, S. 102 f. lernen.


Anfänger (W3) [Adelung]


Der Anfänger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anfängerinn, plur. die -en. 1) Eine Person, welche den Anfang zu etwas macht, doch am häufigsten nur in der biblischen R. A. Gott ist der Anfänger und Vollender des Glaubens. Denn sonst wird dieses Wort gemeiniglich nur im nachtheiligen Verstande genommen, den Urheber eines Streites, den angreifenden Theil auszudrucken. Der Anfänger eines Krieges, einer Schlägerey, eines Zankes. Er ist der Anfänger. 2) Eine Person, welche die Anfangsgründe einer Sache erlernet, im Gegensatze eines Geübten. Er ist noch ein Anfänger in der Mathematik, in der Musik. Das kann auch ein Anfänger begreifen. Ingleichen eine Person, welche den Anfang mit ihrer eigenen Haushaltung macht. Ein junger Anfänger.


Anfänglich (W3) [Adelung]


Anfänglich, adj. et adv. das erste der Zeit und Entstehung nach. Die anfängliche Einrichtung eines Werkes. Noch häufiger als ein Adverbium, für im Anfange, so fern dieses Hauptwort keinen genau bestimmten Anfang bedeutet. Anfänglich versprach er es; allein hernach nahm er sein Wort wieder zurück, erst, zuerst.


Anfangs (W3) [Adelung]


Anfangs, ein Adverbium der Zeit, wie das vorige. Ich glaubte es anfangs nicht. Kurz eine Schäferinn muß anfangs strenge scheinen, Gell.


Anfangsbuchstab (W3) [Adelung]


Der Anfangsbuchstab, des -ens, plur. die -en, derjenige Buchstab, welcher ein Wort, eine Zeile oder einen Satz anfängt.


Anfangsgründe (W3) [Adelung]


Die Anfangsgründe, sing. inusit. die ersten Grundsätze einer Kunst oder Wissenschaft, aus welchen alle übrige herfließen. Die Anfangsgründe der schönen Wissenschaften. Bey einigen auch die Anfangslehren, gleichfalls nur im Plural.


Anfärben (W3) [Adelung]


Anfärben, verb. reg. act. 1) + Im gemeinen Leben für anstreichen. Einen Schrank anfärben. 2) Ein wenig färben, oder vielmehr auf unerlaubte Art färben. Den Wein anfärben. Angefärbtes Pelzwerk.


Anfassen (W3) [Adelung]


Anfassen, verb. reg. act. 1) Angreifen, etwas zu halten. Etwas mit den Händen, mit den Zähnen anfassen. Einen am Mantel, an der Hand, an der Brust anfassen. Einen bey der Hand, bey den Haaren, bey der Brust anfassen. 2) Anreihen. Perlen anfassen, an eine Schnur anreihen. So auch die Anfassung.

Anm. Dieses Verbum wurde ehedem auch so wie angreifen, in weiterer Bedeutung gebraucht, für bestreiten, in Anspruch nehmen. S. Haltaus h. v. In dieser, im Hochdeutschen jetzt ungewöhnlichen Bedeutung, kommt es noch bey dem Opitz zu Anfange des dritten Buches seiner Übersetzung von Grotii Gedichte von der Wahrheit der Schristlichen Religion vor: - Daß ihn zu hintertreiben,Dieß, was er angefaßt, wahrhaftig doch muß bleiben.


Anfaulen (W3) [Adelung]


Anfaulen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, anfangen zu faulen. Die Äpfel sind angefaulet. Angefaultes Obst. Ein angefaulter Baum.


Anfechten (W3) [Adelung]


Anfechten, verb. irreg. act. S. Fechten. 1. Eigentlich, fechtend, d. i. mit den Waffen, angreifen; welche Bedeutung aber nicht mehr üblich ist. 2. Figürlich. 1) Einen schwachen Angriff auf etwas thun, im figürlichen Verstande. Von einer Krankheit angefochten werden. Das ficht meine Ehre an. Auch diese Bedeutung ist bey guten Hochdeutschen Schriftstellern ungewöhnlich, ob sie gleich im Oberdeutschen häufig vorkommt. 2) Mit schwachen oder bloß scheinbaren Gründen angreifen, zum Unterschiede von dem bestreiten. Eines andern Meinung anfechten. Einen Satz anfechten. Besonders den Besitz einer Sache vor Gerichte auf diese Art, d. i. mit schwachen, bloß scheinbaren Gründen, streitig machen. Einen Kauf, einen Tausch, einen Vertrag anfechten. 3) Zum Bösen reitzen, den Verstand mit Zweifeln versuchen, im theologischen Verstande. Von dem Satan, von der Sünde angefochten werden. 4) Bekümmern, beunruhigen, so wohl im theologischen Verstande, als auch im gemeinen Leben. Das lasse ich mich nicht anfechten, ich lasse mich dadurch nicht unruhig machen. Er läßt sich nichts anfechten, bekümmert sich um nichts. Was, Geyer, ficht ihn an? Less. was fällt ihm ein, beunruhiget ihn?Anm. Anfechten, Schwed. anfekta, Dän. anfegte, kommt bey den Schriftstellern der ältern und mittlern Zeiten noch häufig in der ersten und eigentlichen Bedeutung vor. Er fiht die mih anafehtent, sagt Notker Ps. 34, 1. Mehr Beyspiele hat frisch gesammelt. Auch in der Bedeutung des Versuchens zum Bösen ist es alt, weil es in diesem Verstande schon bey dem Notker vorkommt.


Anfechtung (W3) [Adelung]


Die Anfechtung, plur. die -en, 1) Die Bestreitung einer Sache mit bloß scheinbaren oder wahrscheinlichen Gründen. Die Anfechtung eines Satzes, einer Meinung. Ingleichen, im gerichtlichen Verstande. Die Anfechtung des Besitzes, eines Gutes, eines Kaufes. In dieser Bedeutung ist der Plural wenig gebräuchlich. 2) Im theologischen Verstande, so wohl Reitzung zum Bösen, als auch Versuchung des Verstandes, z. B. durch Zweifel. Anfechtung leiden. Die Anfechtung überwinden. Zur Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Noch mehr aber im Plural. Viele Anfechtungen haben, erdulden.


Anfeilen (W3) [Adelung]


1. Anfeilen, verb. reg. act. von feilen, limare, anfangen an etwas zu feilen, ein wenig befeilen. Einen Nagel anfeilen.


Anfeilen (W3) [Adelung]


2. + Anfeilen, verb. reg. act. von feil, venalis, nach dem Preise einer Sache fragen. Eine Waare anfeilen, in den niedrigen Sprecharten auch anfeilschen.


Anfeinden (W3) [Adelung]


Anfeinden, verb. reg. act. Feindschaft gegen jemanden äußern. Einen anfeinden. Der Lasterhafte muß sich schämen, ihn anzufeinden, Raben. Daher die Anfeindung. Dieses Wort fängt an, in der guten Schreibart zu veralten, und kommt nur noch im gemeinen Leben am häufigsten vor.


Anfertigen (W3) [Adelung]


* Anfertigen, verb. reg. act. welches eigentlich in Oberdeutschland einheimisch ist, aber doch auch in den Hochdeutschen Kanzelleyen und bey den Handwerkern vorkommt. Dort bedeutet es so viel als zufertigen, zuschicken: einem einen Befehl anfertigen. Hier aber so viel als aufgeben, besonders in der R. A. einem ein Meisterstück anfertigen. So auch die Anfertigung.

Anm. Ehedem bedeutete es auch angreifen, so wohl feindlich und mit Waffen, als auch gerichtlich und mit Gründen, wovon Haltaus, Frisch, und G. Ölrichs im Glossar. ad Statuta Bremensia, Beyspiele gesammelt haben.


Anfesseln (W3) [Adelung]


Anfesseln, verb. reg. act. mit Fesseln an etwas befestigen. Einen Übelthäter anfesseln. Daher die Anfesselung.


Anfetten (W3) [Adelung]


+ Anfetten, verb. reg. act. welches an einigen Orten im gemeinen Leben, besonders bey den Jägern üblich ist, fett machen, mit einer Fettigkeit vermischen. Den Brey für die Hunde mit Leinöhl oder Butter anfetten.


Anfeuchten (W3) [Adelung]


Anfeuchten, verb. reg. act. ein wenig feucht machen. Einen Haufen Getreide, Sand anfeuchten. Das Mehl anfeuchten. Bey den Jägern wird dieses Wort auch von dem Wolfe, Fuchse und andern Thieren gebraucht, wenn sie ihr Wasser an einen Baum oder Strauch lassen. Der Wolf hat angefeuchtet. Daher die Anfeuchtung. Anafuihten kommt schon bey dem Willeram vor.


Anfeuern (W3) [Adelung]


Anfeuern, verb. reg. act. 1) Eigentlich, anfangen zu feuern, anzünden und erhitzen. So wird dieses Verbum z. B. in den Schmelzhütten gebraucht, und bedeutet alsdann so viel, als, dem Ofen die erforderliche Hitze geben. 2) In weiterer Bedeutung, mit brennbarer Materie versehen. So nennen die Feuerwerker anfeuern, wenn sie die Öffnung einer Rakete, eines Schwärmers u. s. f. mit einem aus Mehlpulver und Branntwein gemachten Teige bestreichen und mit Mehlpulver anfüllen. 3) Figürlich, in einem hohen Grade zu etwas reitzen, erregen, besonders von den Leidenschaften. Eines Muth, eines Gemüth anfeuern. Der Anblick einer ruhmvollen Freystätte feuert die Gemüther an. Ich kann bloß durch Bewegungsgründe deinen Eifer anfeuern, wenn er erkaltet, Dusch. Sie suchte seine Liebe zu allen Kühnheiten anzufeuern, ebend. So auch die Anfeuerung in allen drey Bedeutungen.


Anfilzen (W3) [Adelung]


Anfilzen, verb. reg. act. bey den Hutmachern, den Filz über den Filzkern filzen.


Anflammen (W3) [Adelung]


Anflammen, verb. reg. act. 1) Über einem Flammenfeuer anbrennen, oder ein wenig brennen. So pflegt man den untersten Theil der Pfähle oder Säulen, der in die Erde gegraben werden soll, über einem Feuer anzuflammen, und die Fäulniß zu verhindern. 2) In Flammen setzen, entzünden, doch größten Theils nur in der dichterischen Schreibart. Und ist der Brand nicht rein, wenn sie (die Natur) uns angeflammt? Hall. Noch mehr aber, 3) die untern Kräfte der Seele in einem hohen Grade anfeuern. Du flammst den Arm zu großen Thaten an, Weiße. Trotz ihrer Wuth, Die jeder neue Streich mehr anzuflammen scheint, Wiel.


Anflattern (W3) [Adelung]


Anflattern, verb. reg. neutr. mit seyn. 1) Heranflattern. Junge Thoren anflattern sehen. 2) Im Flattern an etwas stoßen.


Anflechten (W3) [Adelung]


Anflechten, verb. irreg. act. ( S. Flechten), daran flechten, eine Sache durch Flechten mit der andern verbinden. So auch die Anflechtung.


Anflehen (W3) [Adelung]


Anflehen, verb. reg. act. zum Gegenstande des Flehens machen, zu einem flehen. Einen anflehen. Gott um Hülfe anflehen. Um der Tugend selbst willen flehe ich sie an, meine Erzählung auszuhören, Weiße. Daher die Anflehung.


Anfletschen (W3) [Adelung]


+ Anfletschen, verb. reg. act. in den niedrigen Sprecharten für anblecken, mit entblößten Zähnen ansehen.


Anflicken (W3) [Adelung]


Anflicken, verb. reg. act. durch Flicken, in Gestalt eines Flickens mit etwas verbinden. Er flickt hier und da etwas an. Daher die Anflickung.


Anfliegen (W3) [Adelung]


Anfliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Fliegen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) Heran fliegen, doch größten Theils nur mit dem Verbo kommen, und zwar, (1) so wohl in eigentlicher Bedeutung, von fliegenden Thieren, als auch in weiterer, von einer jeden schnellen Annäherung. Es kommen ganze Scharen von Heuschrecken angeflogen. Auf zerstückten Bretern kommen Kriegesheere angeflogen, Kleist. (2) In figürlicher Bedeutung in dem Forstwesen. Das Holz fliegt an. Es ist vieles Holz angeflogen. Angeflogenes Holz, von jungen Tangelholze, welches von dem herum geflogenen geflügelten Samen von selbst aufwächset. Von dem Laubholze, welches keinen solchen geflügelten Samen hat, gebraucht man daher aufschlagen. S. auch Anflug. Ingleichen in dem Bergbaue, wo dasjenige Erz angeflogenes Erz genannt wird, welches so auf dem Gesteine sitzet, als wenn es auf dasselbe gestreuet oder gesäet wäre. 2) Im Fluge an etwas stoßen, in eigentlicher und weiterer Bedeutung, von dem Geflügel und von andern schnellen Bewegungen. Der Vogel flog an das Haus an. Der Pfeil, der Stein, die Kugel ist an die Mauer angeflogen.

Anm. Die Oberdeutsche R. A. von einer hitzigen Krankheit, von einer bösen Seuche angeflogen werden, ist im Hochdeutschen eben so unbekannt, als das Hauptwort Angeflog, einen Ausschlag an der Haut zu bezeichnen. S. Anflug.


Anfliehen (W3) [Adelung]


* Anfliehen, verb. irreg. act. ( S. Fliehen,) zu etwas fliehen; ein Wort, welches im Hochdeutschen nicht gebräuchlich ist, ob es gleich mehrmahls bey dem Opitz vorkommt. So weit man segeln kann, Fleucht alle Welt dich an, Ps. 65, 4.Den Herren, der mir helfen kann, Floh ich mit meinem Rufen an, Ps. 142.


Anfließen (W3) [Adelung]


Anfließen, verb. irreg. neutr. ( S. Fließen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) Sich fließend nähern, heran fließen. Das Wasser fließt an. Ingleichen durch zufließendes Wasser angefüllet werden. Der Teich fließt an. Wie auch mit dem Verbo kommen, im gemeinen Leben: das Wasser kam sehr schnell angeflossen, heran geflossen. 2) Im Fließen berühren. Das Wasser, der Bach fließt an die Mauern an.


Anflößen (W3) [Adelung]


Anflößen, verb. reg. act. heran fließend machen, flößend näher bringen. Holz anflößen. Das Wasser hat hier vieles Land angeflößet, angesetzet. Ein angeflößtes Stück Land. Daher die Anflößung, ingleichen das Anflößungsrecht, das Recht, sich das Eigenthum über dergleichen angeflößtes Land anzumaßen, welches auch der Anfluß, die Anschütt, Anschwemmung, das Anwachsungsrecht, Jus alluvionis genannt wird.


Anfluchen (W3) [Adelung]


Anfluchen, verb. reg. act. fluchend anwünschen. Einem alles Böse, alles Unglück anfluchen. Daher die Anfluchung.


Anflug (W3) [Adelung]


Der Anflug, des -es, plur. die -flüge. Die Handlung des Anfliegens, doch nur in dem Forstwesen von dem Anfliegen des Nadelholzes; ohne Plural. Den Anflug durch Säung des wilden Baumsamens unterstützen. 2) Was anflieget, doch gleichfalls nur im Forstwesen, junges aus dem Samen wild angewachsenes Nadelholz; von dem Laubholze, der Aufschlag. Der Anflug des Tangelholzes will eine gute Aufsicht haben. S. Anfliegen. Ingleichen in den Bergwerken, das auf dem Gesteine angeflogene Erz; wie auch der angeschossene Salpeter in den Salpeterhütten.


Anfluß (W3) [Adelung]


Der Anfluß, des -sses, plur. die -flüsse. 1) Die Handlung des Anfließens; ohne Plural. Der Anfluß des Wassers, des Baches, des Stromes. 2) Was von dem Wasser angeflößet, d. i. angesetzet wird, angeflößtes Land; ingleichen das Recht sich selbiges zuzueignen, das Anflößungsrecht. Anafluz bedeutet bey dem Notker so viel als eine Überschwemmung.


Anforderung (W3) [Adelung]


Die Anforderung, plur. die -en, das Substantiv von dem im Hochdeutschen ungewöhnlichen Verbo anfordern, zum Gegenstande einer Forderung machen, die Handlung dieses Anforderns auszudrucken. Anforderung auf etwas haben, oder machen. Anforderung an einen haben, das Recht haben, etwas von jemanden fordern zu können. Anforderung auf Verstand machen, in uneigentlicher Bedeutung, glauben und äußern, daß man Verstand besitze. Das Verbum anfordern ist noch in Oberdeutschland gewöhnlich. Einem Geld anfordern, Geld von ihm fordern.


Anformen (W3) [Adelung]


Anformen, verb. reg. act. 1) Den Hut anformen, bey den Hutmachern, ihn nach dem Walken auf die Form streichen. 2) An einem Dinge bildend hervor bringen; sehr ungewöhnlich. Eine solche Stirn hat die Natur keinem Kinde angeformt, Herd.


Anfrage (W3) [Adelung]


Die Anfrage, plur. die -n, eine Frage, die man an jemanden richtet, um sein Verhalten darnach bestimmen zu können. Anfrage thun. Anfrage bey jemanden in einer Sache, wegen einer Sache, über eine Sache, thun. Zuweilen auch nur für eine bloße einfache Frage. Ich erblaßte über diese Anfrage. Auf gleiche Art gebraucht schon Kero Antfrahidu für Frage.


Anfragen (W3) [Adelung]


Anfragen, verb. reg. act. jemanden fragen, um sein Verhalten nach dessen Antwort bestimmen zu können. Bey einem um etwas anfragen. Ich fragte bey ihm an, ob die Waaren abgesandt werden sollten. Ingleichen, so viel als das einfache fragen. Er fragte bey mir an, ob ich seinen Freund nicht gesehen hätte. Im Kartenspiele ist anfragen oder fragen, fragen, ob es erlaubt ist zu spielen. So auch die Anfragung.


Anfressen (W3) [Adelung]


Anfressen, verb. reg. act. ( S. Fressen,) 1) Anfangen, an etwas zu fressen. Die Mäuse haben den Käse angefressen. Ein von den Raupen angefressenes Blatt. Ingleichen, in weiterer Bedeutung auch von leblosen Dingen. Der Rost hat das Eisen angefressen. Das Scheidewasser frißt die Knochen an. 2) + Sich anfressen, in der niedrigsten Sprechart, sich mit Speise anfüllen. So auch die Anfressung, in beyden Bedeutungen.


Anfrieren (W3) [Adelung]


Anfrieren, verb. irreg. neutr. ( S. Frieren,) welches das Hülfswort seyn erfordert, durch den Frost mit etwas verbunden werden. Das Glas fror auf dem Tische an. Das Papier ist an das Fenster angefroren.


Anfrischen (W3) [Adelung]


Anfrischen, verb. reg. act. frisch machen, nach Maßgebung der verschiedenen Bedeutungen des Wortes frisch. 1) Frisches zu dem andern thun, in einigen besondern Fällen. So sagt man, den Wein anfrischen, wenn man zu dem in einem Glase befindlichen Weine frischen hinzu gießet. In einigen Gegenden wird der aus Hafer- und Rockenmehl bereitete Brotteig angefrischet, wenn er zum zweyten Mahle eingesäuert wird, welches auch wohl anstoßen genannt wird. 2) Durch einen frischen Zusatz zur Bewegung geschickt machen. (1) Eigentlich. In den Bergwerken werden die Pumpen angefrischet, wenn man oben Wasser hinein gießet, damit sie desto besser ziehen. Die Bäcker frischen den Sauerteig an, wenn sie ihn durch Mehl und laues Wasser wiederfrisch machen. (2) Figürlich, für aufmuntern, anreitzen, etwas zu thun. Einen zu etwas anfrischen. Eines Ehrgeitz anfrischen. Es lebe Itifall, und wer ihn angefrischt, Durch seinen Fall berühmt zu werden! Wiel. 3) Wieder in seinen vorigen Zustand herstellen. So wird in den Schmelzhütten das verkalkte oder zu Glätte gewordene Bley, wieder als Bley darstellen, oder reduciren, anfrischen genannt. Es geschiehet solches von dem Anfrischer, in dem Anfrischofen, bey einem Kohlfeuer, welches das Anfrischfeuer genannt wird, im Gegensatze des Flammenfeuers. Die Schlacken, die bey dieser Arbeit fallen, heißen Anfrischschlacken. So auch die Anfrischung in allen obigen Bedeutungen.


Anfuge (W3) [Adelung]


Die Anfuge, plur. die -n, dasjenige, was an- ober beygefüget worden; besonders in den Kanzelleyen, eine angefügte oder beygeschlossene Schrift zu bezeichnen. Aus der Anfuge wird zu ersehen seyn.


Anfügen (W3) [Adelung]


Anfügen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, vermittelst einer Fuge mit einem andern Dinge verbinden. Ein Bret an das andere anfügen. 2) In weiterer Bedeutung, so viel als beyfügen, als einen Zusatz anführen; welcher Gebrauch der Oberdeutschen Mundart eigen ist, aber doch auch in einigen Hochdeutschen Kanzelleyen beybehalten worden, wo es zuweilen auch überhaupt für melden, berichten, gebraucht wird. Ich habe Ew. - dieses wollen anfügen. So auch die Anfügung.


Anfühlen (W3) [Adelung]


Anfühlen, verb. reg. act. dem Gefühle der Hand unmittelbar gegenwärtig machen, an etwas fühlen. Der Arzt fühlet den Kranken an. Daher die Anfühlung.


Anführen (W3) [Adelung]


Anführen, verb. reg. act. 1. An etwas führen, führend einer Sache nähern, und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung, mit der Hand einer Sache nähern. In diesem Verstande kommt dieses Verbum noch in dem Bergbaue vor, wo die Bergeisen anführen, so viel bedeutet, als neue Bergeisen zum ersten Mahle gebrauchen; wenn es hier nicht so viel bedeutet, als anfangen zu führen, d. i. zu gebrauchen. 2) In weiterer Bedeutung, durch Zeigung des Weges an etwas führen. So sagt man, die Soldaten zur Schlacht; die Truppen zum Sturme anführen. Und in noch weiterm Verstande heißt anführen bey dem Kriegswesen auch wohl überhaupt so viel, als einer gewissen Anzahl Truppen vorgesetzet seyn. 3) Figürlich. (a) Fertigkeit verbunden mit Unterricht beybringen. Einen jungen Menschen zum Zeichnen, zur Beredsamkeit anführen. Ich habe dich zu allem Guten angeführet. Ihr ganzes Geschäft wird künftig seyn, dich zur Gottesfurcht und Tugend anzuführen, Weiße. Dich führte ja dein Vater, Zu großen Thaten an, ebend. Daher wird auch bey den Buchdruckern derjenige Gesell, der einem Lehrlinge den nöthigen Unterricht in seiner Kunst ertheilet, der Anführegesell, oder Anführgespan genannt, der dafür ein willkürliches Anführegeld bekommt. (b) Übel anführen, hintergehen, im gemeinen Leben. Jemanden anführen. Er hat mich mit dem Gelde schändlich angeführet.2. Heran führen, und zwar, 1) eigentlich, vermittelst eines Fuhrwerkes. Steine, Kalk, Getreide anführen. 2) Figürlich. Jemandes Worte, eine Stelle aus einem Buche anführen. Einen zum Zeugen, oder als einen Zeugen anführen. Etwas zum Beweise anführen.


Anführer (W3) [Adelung]


Der Anführer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die -inn, eine Person, welche eine andere anführet, so wohl durch Zeigung des Weges, als auch durch Ertheilung des nöthigen Unterrichtes und Befehles. Mein Anführer in der Musik. Der Anführer der Soldaten in einer Schlacht. Einen zum Anführer erwäh- len. Die Vernunft sollte die beste Anführerinn zum Guten seyn.


Anführung (W3) [Adelung]


Die Anführung, plur. inusit. die Handlung des Anführens in allen Bedeutungen des Verbi. Daher das Anführungszeichen, des -s, plur. ut nom. sing. ein orthographisches Zeichen, wodurch man fremde angeführte Worte von seinen eigenen unterscheidet. Es bestehet aus zwey Häkchen ("), welche so wohl zu Anfange und Ende der angeführten Stelle, als auch am Anfange jeder Zeile derselben gesetzt werden, und bey den Buchdruckern Gänseaugen und Hasenöhrchen heißen.


Anfüllen (W3) [Adelung]


Anfüllen, verb. reg. act. bis oben voll machen. Ein Gefäß mit Wasser anfüllen. Der Feind füllte den Graben mit Leichen an. Seine Kasten anfüllen. Sich anfüllen, mit Speise und Trank. Die Stadt mit Einwohner anfüllen. Alle Winkel sind mit Dieben angefüllet. Daher die Anfüllung.


Anfurt (W3) [Adelung]


Die Anfurt, plur. die -en, eigentlich ein jeder Ort, wo man anfahren kann; besonders in der Schifffahrt, ein zum Anländen bequemer Ort an dem Ufer. Es kommt, wie das einfache Furt, von fahren her. In den mittlern Zeiten sagte man in der Oberdeutschen Mundart dafür auch Urfahr und Anfar. Anfurt wird im gemeinen Leben wenig gebraucht, weil Anlände und Schifflande üblicher sind. Dagegen kommt es in Luthers Bibelübersetzung mehrmahl, und zwar so wohl als ein Masculinum, als auch als ein Fämininum vor. In dem ersten Geschlechte stehet es 1. Mos. 49, 13. 5. Mos. 1, 7. Apostelg. 27, 39. In dem letztern und gewöhnlichern aber Richt. 5, 17. Jer. 47, 7. 1. Macc. 14, 5. Apostelg. 27, 12. S. Furt.


Anfußen (W3) [Adelung]


Anfußen, verb. reg. neutr. mit haben. 1) Anfangen festen Fuß zu fassen, z. B. im Schwimmen. 2) Sich setzen, von den Vögeln.


Angabe (W3) [Adelung]


Die Angabe, plur. die -n, von dem folgenden Verbo angeben. 1. Die Handlung des Angebens, und zwar, 1) diejenige Art des Tausches, da man dem Käufer Statt eines Theiles des baren Geldes eine andere Waare mit angibt. 2) Der erste Entwurf einer Sache. Die Angabe des Hauses, eines Gartens. 3) Die Angabe eines Verbrechens oder Vergehens bey einem Vorgesetzten. Indessen bedienet man sich in diesen beyden letzten Bedeutungen lieber und richtiger des Infinitives, das Angeben. 4) Die Bezeichnung einer Sache nach ihren Umständen. Das Buch bestehet seiner eigenen Angabe nach aus zwey Bänden.2. Diejenige Sache, welche angegeben wird, besonders dasjenige Geld, welches zum Zeichen eines geschlossenen Kaufes oder Vertrages gegeben und angenommen wird, und sonst auch Angift, Angeld, Ankauf, Handgeld, Haftpfennig, Gottesgroschen, Gottespfennig, Dingepfennig, Gönnegeld u. s. f. genannt wird, obgleich einige derselben von der eigentlichen Angabe noch verschieden sind.


Angaffen (W3) [Adelung]


Angaffen, verb. reg. act. mit einfältiger Verwunderung, gleichsam mit aufgesperrtem Munde, ansehen, S. Gaffen; daher es nur im verächtlichen Verstande oder in der scherzhaften Schreibart gebraucht wird. Etwas angaffen. Der Hofbedienten Schwarm, die Pracht und den Pallast Gafft nur der Pöbel an, Haged. Der Enkel hab ein lauschend Ohr, Und steh' und gaff' und an, Gleim. Bey den Schwäbischen Dichtern lautet dieses Wort Ankapfen. Daher die Angaffung.


Angähnen (W3) [Adelung]


Angähnen, verb. reg. act. gähnend ansehen. Er gähnt ihn an und stirbt, Raben.


Angebäude (W3) [Adelung]


Das Angebäude, des -s, plur. ut nom. sing. ein jedes Gebäude, welches an ein anderes angebauet ist; besonders inden Walkmühlen, ein angebauetes Behältniß, worin die Schießer gehen.


Angeben (W3) [Adelung]


Angeben, verb. irreg. ( S. Geben,) Es ist:I. Ein Neutrum mit haben, den Anfang mit geben machen, zuerst geben, und zwar besonders in dem Kartenspiele. Ich habe angegeben. Wer gibt an.II. Ein Activum. 1) + Auf Abschlag geben, daran geben. Er hat mir erst fünf Thaler angegeben, wofür man doch richtiger, daran geben, oder auf Abschlag geben, gebraucht. 2) Eine Waare Statt eines Theiles des baren Geldes gebe. Er hat mir Getreide mit angegeben. 3) Umständlich, stückweise anzeigen. Sein Vermögen angeben. Er soll angeben, wie viel Häuser er hat. Er weiß die Titel von allen Büchern auf das genaueste anzugeben. Zur Ursache gab man dieses an. Grund von etwas angeben. Ich kann den wahren Verfasser hiervon nicht angeben. 4) In der Musik, den Ton angeben, anstimmen. Den Tact angeben, andeuten, bestimmen. Das schwere Thema, welches die Instrumente angaben. Catull gibt dir den Klang der Römischen Lieder an, Kästen. 5) Den Entwurf zu etwas machen, zuweilen auch Mittel zur Erreichung eines Endzweckes anzeigen. Ein Gebäude, einen Garten, eine Zeichnung angeben. Einem eine Sache angeben. Ich habe es auf seyn Angeben gethan. Er weiß eine Sache geschickt anzugeben. Schlau war er, listig und verschlagen, Und gab nicht leicht was alberns an, Bernhardi. 6) Sich angeben, sich nahmentlich darstellen, so wohl zeigen, daß man gegenwärtig sey, als auch sich zu etwas anbiethen. Sich bey Gerichte angeben, sich melden, zeigen, daß man da sey. Der Mörder hat sich selbst angegeben, hat sich selbst als den Mörder angezeiget und dargestellet. Es gibt sich ein Käufer an. Es hat sich niemand angegeben, der es übernehmen wollte. 7) Ein Vergehen und dessen Urheber aus übler Absicht bey einem Vorgesetzten anzeigen. Einen bey der Obrigkeit angeben. Einen Dieb angeben. Einen begangenen Unterschleif angeben. Da angeben in dieser Bedeutung die üble Absicht dem Angegebenen zu schaden, mit sich führet, so hat es dadurch einen gehässigen Nebenbegriff bekommen, der es von dem Zeitwort anklagen unterscheidet. 8) Aufhören sich mit einer Sache zu beschäftigen, wie aufgeben. Das Studiren angeben. Ein Handwerk angeben. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen selten, ob es gleich in derselben im Oberdeutschen und Niedersächsischen häufig vorkommt.Das Substantiv die Angebung, wird, obgleich nicht gar zu häufig, von der Handlung des Angebens in den eigentlichen Bedeutungen des Verbi gebraucht. S. auch Angabe.


Angeber (W3) [Adelung]


Der Angeber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Angeberinn, plur. die -en, 1) Eine Person, welche etwas angibt d. i. erfindet, der Urheber. Noch mehr aber, 2) ein Ankläger aus übler Absicht, am häufigsten in gehässiger Bedeutung. Daher die Angeberey, die Fertigkeit und Neigung, andere anzugeben.


Angebinde (W3) [Adelung]


Das Angebinde, des -s, plur. ut nom. sing. dasjenige Geschenk, womit man jemand an seinem Geburts- oder Nahmenstage anbindet; in Schlesien ein Gebindniß, in Österreich ein Bindband. Einem ein Angebinde, oder etwas zum Angebinde schenken.


Angeblich (W3) [Adelung]


* Angeblich, adj. et adv. welches aus dem Oberdeutschen auch in das Hochdeutsche gekommen ist, wie angegeben, oder vorgegeben wird. Ein angeblicher Arzt, der sich für einen Arzt ausgibt, ein vorgegebener. Angeblicher Maßen, angegebener Maße nach. Ein angebliches Verbrechen, besser ein vorgegebenes.


Angeboren (W3) [Adelung]


Angeboren, das Partic. Pass. des ungewöhnlichen Verbi angebären, in oder mit der Geburt mittheilen. Ein angebornes Übel. Die angeborne Farbe der Mohren. Diese Krankheit ist ihm angeboren. Diesem Hause ist die Sparsamkeit angeboren. Angeborne Begriffe, welche in der Seele seyn sollen, ohne daß sie erst durch äußere Gegenstände veranlasset worden.

Anm. In einer Urkunde von 1379 bey dem Haltaus h. v. kommt angeboren für anverwandt vor.


Angeboth (W3) [Adelung]


Das Angeboth, des -es, plur. die -e, von anbiethen. 1) Die Handlung des Anbiethens, doch nur in einigen, und vielleicht nicht den besten Mundarten. 2) Dasjenige, was bey dem Verkaufe einer Sache zum Anfange darauf gebothen wird. S. auch das Anboth.


Angedeihen (W3) [Adelung]


Angedeihen, ein Oberdeutsches Verbum, welches im Hochdeutschen nur in dem Infinitive mit dem Verbo lassen üblich ist, und von einem Geringern in Ansehung eines Höhern für ertheilen gebraucht wird. Einem allen Schutz, alle Hülfe angedeihen lassen. S. Gedeihen. Das Particip. angediehen, welches einige gebrauchen, das gesuchte Privilegium ist ihm angediehen, ist in den Kanzelleyen am üblichsten.


Angedenken (W3) [Adelung]


Das Angedenken, des -s, plur. inusit. das verlängerte Andenken, welches man allenfalls den Dichtern nachsehen kann, denen Andenken des Sylbenmaßes wegen unbrauchbar ist. Denn sonst saget jenes nichts mehr als dieses.


Angefälle (W3) [Adelung]


* Das Angefälle, des -s, plur. ut nom. sing. in den Rechten der mittlern Zeiten, so wie Anfall, theils die zufällige Erlangung einer Erbschaft, theils die Anwartschaft auf ein Gnadenlehn, und dieses Lehn,, wie auch eine jede Erbschaft selbst. S. Anfall, Anwartschaft, und Haltaus h. v.


Angehänge (W3) [Adelung]


Das Angehänge, oder Angehenke, des -s, plur. ut nom. sing. dasjenige, was angehänget oder angehenket wird; besonders was zum Schmucke, ingleichen als ein eingebildetes Gegenmittel wider gewisse Krankheiten an den Leib gehänget wird; im gemeinen Leben das Anhängsel.


Angehen (W3) [Adelung]


Angehen, verb. irreg. neutr. ( S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1. An etwas gehen, sich einer Sache gehend nähern, hinan gehen. So wohl,1) Eigentlich, besonders mit dem Nebenbegriffe des Angreifens, und der vierten Endung der Person. Einen mit dem Degen in der Faust angehen. Er gehet tapfer an. Der Hund gehet Schweine an. Bist selber angegangen, Beherzt und ungebückt, Opitz. Ingleichen, in weiterer Bedeutung; einen bittlich, (besser bittend oder mit Bitten) angehen, sich bittend an einen wenden. Den Richter angehen. Wie auch für begegnen; doch nur bey den Jägern, welche, wenn sie kreisen gehen, und ihnen nichts vom Wildprete begegnet ist, zu sagen pflegen: mich ist nichts angegangen.Ehedem erstreckte sich diese Bedeutung noch weiter. Denn nicht nur bey dem Kero bedeutet anakan, einher gehen, sondern auch Ottfried gebraucht anagan für gehen schlechthin, und zu den Zeiten der Schwäbischen Dichter war es für ankommen, sich nähern, sehr gebräuchlich. Der schone sumer get uns an Des ist vil manig vogel blide, Heinrich von Veldig. Allein heut zu Tage ist dieser ganze Gebrauch ziemlich selten geworden, und alle oben angeführte Beyspiele sind nur im gemeinen Leben und in der Sprache der Kanzelleyen üblich.2) Figürlich, gleichfalls mit der vierten Endung der Person.(a) Mit etwas in Verbindung, in Verwandtschaft stehen. Er geht mich nichts an, ist nicht mit mir verwandt, ingleichen, ich nehme keinen Antheil an ihm. Er gehet uns in etwas an, ist weitläufig mit uns verwandt.(b) Der Gegenstand seyn, auf welchen ein Ausspruch, ingleichen eine Wirkung gerichtet ist, Theil an etwas zu nehmen, Ursache haben. Die Sache gehet dich an, betrifft dich. Es gehet uns alle an. Was einem gesagt wird, gehet auch die andern alle an. Geht das Unglück mich an, so will ichs weit gelassener ertragen, als wenn es sie beträfe, Gell.Das Participium angehend, adverbisch gebraucht, z. B. angehend seyn Betragen, was seyn Betragen betrifft, ist nur in Oberdeutschland gebräuchlich. Im Hochdeutschen wird angehen am besten nur in solchen Fällen gebraucht, wo eine Theilnehmung des Herzens angedeutet werden soll. In den übrigen Fällen gebraucht man lieber betreffen, oder anlangen.(c) Von Statten gehen, gelingen, gemeiniglich unpersönlich und ohne Endung der Person. So gehet es nicht an. In so weit es angehen wird. Es ist sehr wohl angegangen. Ingleichen, für thunlich seyn, möglich seyn. Es gehet an, die Liebe nicht zu empfinden, Gell. Zuweilen wird es in der Bedeutung des Gelingens auch mit der dritten Endung der Person verbunden. Es ist mir nicht so angegangen, wie ich geglaubt habe. Der Streich ist ihm nicht angegangen. Aber es in diesem Falle persönlich zu gebrauchen, z. B. die Anschläge der Gottlosen gehen selten an, ist nur im Oberdeutschen üblich.(d) Erträglich seyn. Die Schmerzen gehen noch an. Der Verlust wird noch angehen. Nun, das gehet noch an.2. Anfangen zu gehen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, für anfangen; und zwar,1) Für anfangen überhaupt, so fern dieses ein Neutrum ist, einen Anfang nehmen. Die Predigt ist noch nicht angegangen. Das Treffen wird halb angehen. Das Jahr, der Sommer, der Winter gehet wieder an. Die Sache wird erst recht angehen. Geht denn das Unglück gleich mit der Liebe an. Gell. Bey angehender Nacht. Mit angehendem Sommer. Wie viele Schätze schließet nicht der angehende Frühling unsern Sinnen auf!Besonders wird das Participium angehend gebraucht, eine Sache anzudeuten, die im Begriffe ist, denjenigen Begriff zu erreichen, den das folgende Substantiv ausdruckt. So nennet man im Forstwesen einen angehenden Baum, denjenigen, der anfängt, ein starken Baum zu werden, d. i. der von dreyen Gehauen her stehen geblieben ist. Ein angehendes Schwein, heißt bey den Jägern, ein wilder Eber, der in das vierte Jahr gehet. Auf ähnliche Art sagt man auch, ein angehender Soldat, der vor kurzem angeworben worden; ein angehender Gelehrter, der die Höhern Wissenschaften erlernet, ein Student. Das Lächeln ist angehender Spott.Das davon gemachte Adverbium angehends, für anfänglich, ist nur in Oberdeutschland üblich. Übrigens ist angehen in dieser Bedeutung des Anfangens schon alt, weil es in derselben bereits bey dem Kero und bey dem Ottfried vorkommt.2) Besonders, anfangen zu brennen. Es ist ein Feuer in der Stadt angegangen. Das Nachbars Haus geht an. Bey der letzten Feuersbrunst ist auch die Kirche mit angegangen. Ingleichen,3) Anfangen zu faulen, oder zu verderben. Das Obst geht an. Angegangenes Obst, Fleisch u. s. f. In dieser Bedeutung ist auch in Niedersachsen angaan üblich, wo man auch anganern von solchen Dingen sagt, welche einen anbrüchigen Geschmack oder Geruch haben. Anm. Angehen wird in der Bedeutung des Anfanges auch zuweilen thätig gebraucht; z. B. um das Wahlgeschäft ohne Aufschub anzugehen. Allein dieser Gebrauch ist wohl vorzüglich der Oberdeutschen Mundart eigen. Indessen singt doch Hagedorn: Er fordert ihn heraus, den Zweykampf anzugehen. Ein anderer gleichfalls nur im Oberdeutschen, und besonders in Schlesien üblicher Gebrauch dieses Verbi ist der, wenn einem angehen so viel bedeutet, als sich von ihm betriegen lassen. Hier ist die Figur ohne Zweifel von dem Angeln hergenommen, weil man von einem Fische, des an die Angel des Angelers beißet, sagen könnte: er ist ihm angegangen.


Angehenke (W3) [Adelung]


Das Angehenke, S. Angehänge.


Angehören (W3) [Adelung]


Angehören, verb. reg. neutr. welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, und im Hochdeutschen die dritte Endung der Person erfordert. 1) Jemandes Eigenthum seyn. Dieser Mensch gehöret mir an, stehet in meinen Diensten. Dieses Buch, dieses Haus, dieser Garten gehöret mir nicht an. 2) Durch das Band der Blutsfreundschaft mit einen andern verbunden seyn. Diese Kinder gehören einem großen Herrn an. Willst du ein Recht auf deine Ahnen haben, so laß deine Tugend beweisen, daß du ihnen angehörest, Dusch. Diese zweyte Bedeutung gehöret genau zu der ersten, und ist ein Überbleibsel des alten Gebrauches, nach welchem dem Hausvater ein gewisses Eigenthumsrecht über seine Verwandten zukam.

Anm. Angehören und das einfachere gehören, werden in der ältern und neuern Oberdeutschen Mundart gemeiniglich mit der vierten Endung der Person verbunden Daz gehöret die erben anund niht die Frawen, Schwabenspiegel Kap. 27 Ob ez si angehöret und niht die Frawen, ebend. Auf gleiche Art hat auch Luther dieses Wort gebraucht: Und wer dich angehört in der Stadt, 1. Mos. 19, 12; darum daß ihr Christum angehöret, Marc. 9, 14. darnach die Christum angehören, 1. Cor. 15, 23. Hingegen 1. Mos. 24, 23 Es. 22. 16. wird, wenigstens in einigen Ausgaben, dieses Verbum, der Hochdeutschen Mundart gemäßer, mit der dritten Endung verbunden. S. Gehören.


Angehörig (W3) [Adelung]


Angehörig, adj. et adv. einem andern angehörend. Dieses Buch ist mir angehörig. Noch mehr aber substantive, meine Angehörigen, meine Verwandten, Hausgenossen.


Angeifern (W3) [Adelung]


Angeifern, verb. reg. act. mit Geifer besudeln. Einen angeifern. Daher die Angeiferung.


Angel (W3) [Adelung]


Die Angel, plur. die -n, Diminutivum Angelchen, ein Wort, welches in denjenigen Fällen, in welchen es heut zu Tage gebraucht wird, vornehmlich einen doppelten Begriff mit sich führet.1. Den Begriff der Spitze, und da wird es, 1) in vielen Fällen für einen jeden Stachel gebraucht. So werden in den Oberdeutschen Mundarten die Stacheln der Bienen, Wespen u. s. f. Angeln genannt. Besonders, 2) der spitzige Theil verschiedener Werkzeuge, vermittelst dessen sie in den Häft, oder auf andere ähnliche Art befestiget werden. In diesem Verstande wird dem Amboße, den Sensen, den Degenklingen, den Feilen, den Messern u. s. f. eine Angel zugeschrieben. 3) Derjenige eiserne Haken, in welchem die Thür hänget, und um welchen sie sich beweget; die Angel, oder Thürangel. Eine Thür aus den Angeln heben. Zwischen Thür und Angel seyn, oder stecken, sich zwischen zwey gleich unangenehmen Fällen befinden. So auch: sich zwischen Thür und Angel legen, sich in die Nothwendigkeit setzen, von zwey gleich unangenehmen Fällen einen zu erwählen. Und hat in Fesseln an der Höllenpforten Angel Die Zwietracht hingebannt, Raml. Siehet man auf die heutige Gestalt dieser Angeln, so müßte man ihren Nahmen aus dem folgenden Begriffe der Krümme herleiten.Allein anfänglich bestand eine solche Angel bloß aus einem geraden, spitzigen Eisen, welches sich unten senkrecht in der Thür befand, und sich in einer darunter befindlichen Pfanne umdrehete, dergleichen noch die Thorwege auf dem Lande haben. In Niedersachsen heißt eine Angel in der heutigen Gestalt Häspe und Hänge, in Österreich der Kegel, Schwed. Hurrhaka, von hurra, wenden, drehen. Figürlich wurden ehedem auch die Pole der Welt und der Erde Angeln genannt, welche Benennung heut zu Tage nur zuweilen noch bey den Dichtern vorkommt. Daß noch die ganze Welt in ihren Angeln geht, Günth. 2. Den Begriff der Krümme, besonders in demjenigen Werkzeuge, welches zum Fischen gebraucht wird, und aus einem Häkchen mit einem Widerhaken bestehet. In weiterer Bedeutung wird auch das ganze Werkzeug, von welchem die eigentliche Angel ein Theil ist, eine Angel genannt. Angeln legen. Der Fisch hat an die Angel gebissen. In noch weiterer Bedeutung heißen noch mehrere mit Widerhaken versehene Werkzeuge und deren Theile Angeln; z. B. Fußangeln.

Anm. 1. Angel für Winkel ist veraltet, und stammet zunächst von dem Latein. angulus her. Die gleichfalls veraltete Benennung der Angeltugenden, d. i. der Haupt- oder vornehmsten Tugenden ist eine buchstäbliche Übersetzung der Lateinischen Benennung virtutes cardinales. Skinner leitet Angel, besonders in der letzten Bedeutung, von hangen her, weil sie in das Wasser gehänget wird, welcher Ableitung das Holländ. Hangel und Hengel günstig zu seyn scheint. Nach Wachtern ist anken, inserere, infingere, das Stammwort, dem auch Ihre beypflichtet. Allein es scheinet, daß Angel in seinen zwey verschiedenen Bedeutungen auch eine gedoppelte Abstammung habe, aus welchen, bloß zufälliger Weise, ein und eben dasselbe Wort geworden. In beyden ist es vermittelst der Ableitungssylbe-el, von der Wurzel Ang gebildet, von welcher bey den Alten noch Spuren vorkommen. Die ältesten Franken hatten eine Art mit Widerhaken versehener Spieße, deren schon Agathias unter dem Nahmen Angones gedenkt, und Ange kommt noch in dem Gedichte Winsbecks für eine Angel zum Fischen vor. Hier scheinet der Begriff der Krümme der herrschende, und unser Hauptwort mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, krumm, und dem Latein. uncus verwandt zu seyn. S. auch Änkel und Anker. In Ansehung der ersten Bedeutung der Spitze gehöret Angel ohne Zweifel zu dem weitläufigen Geschlechte, zu welchem auch Achel, Aculeus, Acus, Agen, Ähre, Ahle, Ege, Igel und hundert andere gerechnet werden müssen. Das eingeschaltete n darf niemanden irre machen, weil solches vor dem Hauchbuchstaben nichts seltenes ist. Siehe N.

Anm. 2 In des Ansehung des Geschlechtes dieses Wortes sind die Mundarten sehr unbeständig. Bey den meisten Oberdeutschen, welchem auch Frisch folget, ist es in beyden Bedeutungen männlichen Geschlechtes. Dem Steinbach und Aichinger ist es ein Masculinum, wenn es cardo bedeutet, hingegen ein Fämininum, wenn es für hamus steht; wobey der letztere den Plural des Masculini zugleich die Ängel macht. Andere kehren es gerade um, und gebrauchen Angel, hamus, im männlichen, Angel, cardo, aber im weiblichen Geschlechte. Doch das sind vermuthlich nur willkürliche Maßregeln. Gehen wir auf das, was am häufigsten geschiehet, so müssen wir dieses Wort in beyden Bedeutungen im Hochdeutschen zu den weiblichen zählen; obgleich bey den Niedersachsen und Oberdeutschen das männliche Geschlecht häufiger ist.


Angelangen (W3) [Adelung]


Angelangen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, und eine unnöthige Oberdeutsche Verlängerung des gleich bedeutenden Zeitwortes anlangen ist, welches S.


Angeld (W3) [Adelung]


Das Angeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, welches zum Zeichen eines ge- schlossenen Vertrages daran gegeben wird; die Angabe, das Handgeld. Ingleichen, ein Stück Geldes, welches als ein Theil des bedungenen Kaufgeldes, oder Arbeitslohnes, abschläglich daran gegeben wird: S. auch Angabe, Ankauf.


Angelegen (W3) [Adelung]


Angelegen, S. Anliegen.


Angelegenheit (W3) [Adelung]


Die Angelegenheit, plur. die -en, in der figürlichen Bedeutung des Verbi anliegen, und dessen Participii angelegen, alles dasjenige darunter zu begreifen, was einem am Herzen liegt, wofür man Sorge trägt, oder zu tragen hat; besonders Dinge, die den äußern Wohlstand betreffen. Das ist eine wichtige Angelegenheit. Ich komme jetzt in Angelegenheit eurer Tochter, in einer Sache, die eure Tochter betrifft. Noch mehr aber im Plural. Herrschaftliche, häusliche, öffentliche Angelegenheiten. Er mengt sich nur darum in die Angelegenheiten anderer, um seine eigenen Angelegenheiten desto besser zu besorgen. Ich komme in meines Bruders Angelegenheiten.


Angelegentlich (W3) [Adelung]


Angelegentlich, -er, ste, adj. et adv. jemanden Herzen liegend, dringend. Eine angelegentliche Bitte, ein angelegentliches Geschäft. Noch mehr aber als ein Adverbium. Er bath mich sehr angelegentlich. Er that sehr angelegentlich, als wenn ihm die Sache sehr am Herzen läge.

Anm. In Oberdeutschland, besonders der Schweiz, lautet dieses Wort gemeiniglich, angelegenlich, mit Auslassung des t, welches um des Wohlklanges willen eingeschoben worden. Siehe T.


Angeler (W3) [Adelung]


Der Angeler, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher angelt, oder mit der Angel fischet. Ingleichen, bey den neuern Schriftstellern des Naturreiches, ein Geschlecht der Vögel, welches seiner Nahrung aus dem Wasser sucht, und besonders den Fischen gefährlich ist. Bey dem Klein ist es das neunzehnte Geschlecht zu welchem er den Reiher, den Storch und die Löffelgans rechnet.


Angelfisch (W3) [Adelung]


Der Angelfisch, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen man in einigen Gegenden einer Art Kochen gibt, die mit Angeln oder Stacheln versehen ist, und daher auch Stachelroche, Giftroche genannt wird. Vermuthlich ist eben der, den Gesner Dornroche oder Hechelroche, die Engländer Thornback, die Franzosen um Montpellier aber Cardaine nennen. S. auch Meerangel.


Angelfischer (W3) [Adelung]


Der Angelfischer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher mit der Angel fischt; ingleichen ein Fischer, welcher sich bloß der Angel bedienet; der Ruthenfischer, Seilfischer. Daher die Angelfischerey, Ruthenfischerey, Seilfischerey, in Sachsen auch die Lattenfischerey.


Angelhaken (W3) [Adelung]


Der Angelhaken, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit einer Angel versehener Haken, besonders zum Behufe des Fischfanges, welcher auch nur schlechthin eine Angel genannt wird.


Angelike (W3) [Adelung]


Die Angelike, plur. inusit. aus dem Lat. Angelica. 1) Eine Pflanze mit fünf Staubfäden, zwey Staubwegen, und einer rundlichen eckigen Frucht; Angelica, L. Sie hat einen hohlen, dicken, knotigen Stängel, länglich, um den Rand gekerbte, saftgrüne Blätter, und eine starke, scharfe und wohl riechende Wurzel. Den Lateinischen Nahmen, bey welchem radix zu verstehen ist, hat diese Pflanze wegen der heilsamen Kräfte ihrer Wurzel, besonders wider alles Gift, erhalten. Im Deutschen nennet man sie daher auch Engelwurz, heilige Geistwurz, Brustwurzel, Luftwurzel, und im Norwegischen, wo sie besonders häufig wächst, Engelsker, Engelurt, Quanne, Quannerod; mit welchem letztern Nahmen der Altschwedische Huann überein kommt, welchen Grupen mit Hüne, Hune, Herr oder Riese, für einerley hält, und daraus muthmaßet, daß die alten Schweden auch die Engel Huann genannt haben. 2) Der Nahme eines gewissen musikalischen Saiten-Instrumentes; Franz. Angelique.


Angeliken-Baum (W3) [Adelung]


Der Angeliken-Baum, des -es, plur. die -Bäume, ein Baum, welcher in Asien und Amerika einheimisch ist, und dessen Wurzel einen balsamischen Geschmack, wie die Angelike hat; Aralia L. Beer-Angelike, Beerendolde.


Angelleine (W3) [Adelung]


Die Angelleine, plur. die -n, diejenige Leine, woran die Angel zum Fischen befestiget ist. ist sie schwächer, so heißt sie die Angelschnur.


Angelmacher (W3) [Adelung]


Der Angelmacher, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Nadler, welche nichts als Angeln für die Fischer machen.


Angeln (W3) [Adelung]


Angeln, verb. reg. act. mit der Angel fischen. Fische angeln, oder nach Fischen angeln. Ich angelte mit FröhlichkeitNach dir, du bissest an, Gleim. Figürlich, nach etwas angeln, mühsam darnach trachten, oder streben. Vergebens angelst du nach Seligkeit auf Erden, Withof.


Angeloben (W3) [Adelung]


Angeloben, verb. reg. act. einem geloben, d. i. feyerlich versprechen. Einem etwas angeloben. Einem Treue und Gehorsam angeloben. Bey seiner Ehre angeloben. Für einen andern angeloben, in dessen Nahmen etwas feyerlich versprechen. Der Frühe schon Sein Leben ganz den liederreichen Schwestern Uraniens angelobet hat, Raml. d. i. gewidmet hat. So auch die Angelobung.

Anm. Auch dieses Zeitwort kann die Alemannische Verlängerung nicht verläugnen, so gangbar es auch im Hochdeutschen ist. Die Niedersachsen sagen dafür anlaven, belaven, und laven, und die Schweden lofwa. Von der Abstammung dieses Wortes, S. Geloben und Loben.


Angelöbniß (W3) [Adelung]


Das Angelöbniß, des -sses, plur. die -sse, die Handlung des Angelobens.


Angelotte (W3) [Adelung]


Angelotte, S. Engelotte.


Angelruthe (W3) [Adelung]


Die Angelruthe, plur. die -n, eine lange Ruthe, an welche die Angelschnur befestigt wird.


Angelschiff (W3) [Adelung]


Das Angelschiff, des -es, plur. die -e, eine Art langer Barken, welche zur Angelfischerey auf der See gebraucht werden.


Angelschnur (W3) [Adelung]


Die Angelschnur, plur. die -schnüre, eine von Pferdehaaren gedrehete Schnur, woran der Angelhaken befestiget wird.


Angelstämpel (W3) [Adelung]


Der Angelstämpel, des -s, plur. ut nom. sing. ein hohler Stämpel der Messerschmiede, die Angeln an den Messern darin zu schmieden.


Angelstern (W3) [Adelung]


* Der Angelstern, des -es, plur. die -e, eine veraltete Benennung des Polar-Sternes, welche bey den Dichtern des siebzehnten Jahrhunderts häufig vorkommt, und zuweilen auch noch von den neuern Dichtern gebraucht wird. S. Angel.


Angeltasche (W3) [Adelung]


Die Angeltasche, plur. die -n, der Nahme eines Wasservogels, welcher sich besonders in den Nordischen Gewässern aufhält, und bey dem Linne Anas hiemalis, im Norwegischen Angeltaske, Dykere, Ungle, Gadisse, Klashan genannt wird.


Angeltugend (W3) [Adelung]


* Die Angeltugend, S. Haupttugend, und Angel,

Anm. 1.


Angemessen (W3) [Adelung]


Angemessen, die Angemessenheit, S. in Anmessen.


Angenehm (W3) [Adelung]


Angenehm, -er, -ste, adj. et adv. von annehmen. 1) + Eigentlich, was man gern nimmt oder annimmt; in welcher Bedeutung dieses Wort zuweilen noch im gemeinen Leben vorkommt. Die Holländischen Thaler sind in der Türkey angenehm. Der Wein ist in den Nördlichen Ländern angenehm, selten, theuer, er wird dort gern genommen. Noch mehr aber, 2) in weiterer Bedeutung, was man mit Wohlgefallen hat und empfindet. Ein angenehmer Ort. Ein angenehmer Anblick. Eine angenehme Aussicht. Eine angenehme Musik. Ein angenehmer Geruch, Geschmack. Ein angenehmer Gast. Ein angenehmes Schreiben. Ein angenehmes Geschenk. Ich komme bloß, ihrer angenehmen Gesellschaft zu genießen. Die Liebe war mir sonst angenehm, weil ich sie ihrem Werthe zu danken hatte, Gell. Das ist mir angenehm zu hören. Er ist bey jedermann angegenehm, man gehet gerne mit ihm um.

Anm. Für angenehm sagt man ehedem nur genehm, S. dieses Wort. Ein so genemer hort, ein so angenehmer Schatz, Winsbeck. An stehet bloß um des Nachdruckes willen da. Beyde sind eine buchstäbliche Übersetzung des Latein, acceptus. Bey dem Tatian und Kero kommt dafür auch antphengi und antfanglich von fangen, nach eben derselben Figur, vor. Indessen sagten die Gothen schon andanem, und bey den Isländern druckt naemelegt eben denselben Begriff aus. Das Holländ. angenaem, das Schwed. angenaem, und das Dän. angenem sind aus dem Hochdeutschen entlehnet.


Anger (W3) [Adelung]


Der Anger, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum Angerchen, Oberdeutsch Angerlein. 1) Der äußerste und mit Gras bewachsene Rand eines Ackers, welcher in Obersachsen ein Kain, und in Niedersachsen ein Brink genannt wird. 2) Ein jeder mit Gras bewachsener Platz auf einem Felde, zum Unterschiede von einer Wiese; in einigen Obersächsischen Gegenden Espan, in Niedersachsen gleichfalls Brink. Besonders 3) der mit Gras bewachsene Platz in einem Dorfe, welcher in Schlesien auch die Aue genannt wird.

Anm. Anger ist am häufigsten in Oberdeutschland üblich, wo man den Plural auch wohl Änger macht. Anger für Viehweide, Wiese, kommt schon in dem alten Gedichte von dem Kriege Carls des Großen bey dem Schilter vor. Frisch leitet es von enge ab, weil es ursprünglich einen engen schmalen Theil eines Feldes bedeutet. Es stehet dahin, ob der Grund der Benennung nicht vielmehr in der Tiefe liegt. das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bedeutet ein Thal. In dem Lateine der mittlern Zeiten kommt ancra, angra, anchra, gleichfalls von einem Thale vor, und das Schwed. äng und Isländ. angur. bedeuten eigentlich eine Fläche an dem Ufer des Meeres. Im Dänischen bedeutet Eng noch jetzt eine Wiese. Tiefe, niedrige Gegenden pflegen am ersten mit Gras bewachsen zu seyn. Grasanger, Baumanger, Gemeinanger, Schindanger u. s. f. sind Nahmen, welche den Angern von ihren besondern Bestimmungen und Anwendungen gegeben werden.


Angerblume (W3) [Adelung]


Die Angerblume, plur. die -n, oder das Angerblümchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme, der einigen Orten, besonders Oberdeutschlandes, den so genannten Gänseblumen, Maßlieben, oder Margarethen-Blümchen gegeben wird, weil sie auf den Angern oder Wiesen häufig wachsen; Bellis minor, L.


Angerhäusler (W3) [Adelung]


Der Angerhäusler, des -s, plur. ut nom. sing. in Schlesien, ein Häusler, der ein auf dem Anger in einem Dorfe erbauetes Haus bewohnet, und dafür der Grundherrschaft verpflichtet ist; in Niedersachsen ein Brinksitzer. S. Angerrecht.


Angerkraut (W3) [Adelung]


Das Angerkraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, der in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes, auch dem Wege-tritte gegeben wird, weil es gern auf den Angern oder Rainen der Äcker wächset; Polygonum, L.


Angerling (W3) [Adelung]


Der Angerling, des -es, plur. die -e, ein eßbarer Schwamm, S. Drüschling.


Angerling (W3) [Adelung]


Angerling, ein Insect. S. Engerling.


Angerrecht (W3) [Adelung]


Das Angerrecht, des -es, plur. inusit. das Recht, einen Anger, besonders den Anger in der Mitte des Dorfes, als seyn Eigenthum zu behandeln; welches Recht in Schlesien, wo es auch das Aurecht genannt wird, der Grundobrigkeit zustehet.


Angesehen (W3) [Adelung]


Angesehen, S. Ansehen.


Angesessen (W3) [Adelung]


Angesessen, S. Ansitzen, ingleichen Ansässig.


Angesicht (W3) [Adelung]


Das Angesicht, des -es, plur. die -er. 1) Eigentlich der vordere glatte Theil des menschlichen Hauptes, das Gesicht. Ein schönes, geschminktes, häßliches Angesicht. Auf seyn Angesicht fallen. Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen. Ich kenne ihn von Angesicht, wie er im Angesichte gebildet ist. Einem ins Angesicht widersprechen, auf eine unverschämte Art. So auch, einen in das Angesicht loben. 2) Figürlich, so viel als Gegenwart; ohne Plural. Vor dem Angesichte Gottes, der Kirche, der ganzen Stadt. Wie soll ich voller Scham seyn Angesicht vertragen? Weiße. Vorwürfe, die uns im Angesichte der ganzen Welt gemacht werden, vor der ganzen Welt. Die Truppen gingen im Angesichte des Feindes über den Fluß. Im Angesichte der Stadt, des Hafens, in derjenigen Entfernung, in welcher man sie siehet. In welcher ganzen figürlichen Bedeutung das kürzere Gesicht nicht so gewöhnlich ist.

Anm. Dieses Wort ist weiter nichts als das einfachere Gesicht mit der Alemannischen Verlängerung. Allein, weil dieses durch den häufigen Gebrauch etwas Unedles und Gemeines bekommen hat, so bedient man sich in der höhern Schreibart, und wenn man von Personen spricht. denen man Ehrerbiethung schuldig ist, lieber des verlängerten Angesicht. Bey den ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern kommt Anasiht und Anasune für Angesicht vor; doch wird Angesiht schon von den Schwäbischen Dichtern für Anblick gebraucht. Einige, besonders ältere Oberdeutsche Schriftsteller, gebrauchen dieses Wort in dem weiblichen Geschlecht, die Angesicht. In der Deutschen Bibel wird es nach dem Muster des Hebräischen Textes zuweilen für Person gebraucht, welches aber außer der biblischen Schreibart nicht nachzuahmen ist. Der Plural die Angesichte, für Angesichter, Matth. 6, 16, ist Oberdeutsch.


Angesichts (W3) [Adelung]


* Angesichts, ein Adverbium. 1) Für im Angesichte. Angesichts der ganzen Stadt, vor den Augen der ganzen Stadt. 2) Für augenblicklich. Wie die, so seiner Macht mit Aufruhr Feinde werden, Sind worden Angesichts verschlungen von der Erde, Opitz. In beyden Bedeutungen ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Angewand (W3) [Adelung]


Die Angewand, S. Anwand.


Angewege (W3) [Adelung]


Das Angewege, des -s, plur. ut nom. sing. in den Mühlwerken, diejenigen starken Hölzer, worauf die Zapfenlager liegen, auf welchem die Welle mit den Rädern umgeht; die Anwaghölzer, Angeweide oder Angewehre, welche beyden letztern Formen durch eine verderbte Aussprache entstanden zu seyn scheinen. In den Hammerwerken und bey hohen Öfen werden sie Anwellen genannt. S. Anwegholz.


Angewende (W3) [Adelung]


Das Angewende, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B.: in Thüringen, ein Stück Feldes, welches quer vor andern liegt, so daß bey dem Pflügen dieser andern, deren Besitzer Aufstößer heißen, die Pferde darauf wenden müssen; im gemeinen Leben auch Anwendel.


Angewinnen (W3) [Adelung]


Angewinnen, verb. irreg. act. ( S. Gewinnen,) ein im Hochdeutschen größten Theils veraltetes Zeitwort, für, an oder von einem gewinnen, welches nur noch in der R. A. gehöret wird, einem nichts angewinnen können, ihm nichts abgewinnnen, nichts anhaben können. In einem Glück, dem Welt und Zeit nichts angewinnt, Gieseke. Im Oberdeutschen ist dieses Zeitwort von einem häufigern Gebrauche. Gewin er in (ihnen) denn die Schlacht an, Theuerd. Kap. 76. Der Herr kann allen angewinnen, Opitz. Ps. 147. Auf gleiche Art sagt Luther: Abia gewann Inrobeam Städte an, 2. Chron. 13. 19. Und ihn alle seyn Land angewann, 4. Mos. 21, 26. Das Niedersächsische anewinnen, bedeutet theils einen Gewinn erhalten, theils zu sich, in seyn Haus, in seinen Dienst nehmen.


Angewöhnen (W3) [Adelung]


Angewöhnen, verb. reg. act. durch öftere Wiederhohlung zur Gewohnheit machen. Einen zum Fleiße, oder einem den Fleiß angewöhnen. Er hat sich das Fluchen, das Spielen angewöhnet. Daher die Angewöhnung. Die Wortfügung, sich eines Dinges angewöhnen, ist nur im Oberdeutschen üblich.


Angewohnheit (W3) [Adelung]


Die Angewohnheit, plur. die -en, etwas, das man sich angewöhnet hat, eine angewöhnte Fertigkeit.


Angießen (W3) [Adelung]


Angießen, verb. irreg. act. S. Gießen. 1) An etwas gießen. Das Wasser an die Mauer angießen. Das Kleid paßt, als wenn es angegossen wäre. Ingleichen, einen flüssig gemachten harten Körper durch Ausgießen mit dem andern Verbinden. 2) Figürlich, doch nur im gemeinen Leben, einen angießen, einen bey einem andern angießen, ihn anschwärzen, einen übeln Begriff von ihm machen. Davon ist an einigen Orten auch das Substantiv der Angießer üblich, einen Angeber anzudeuten. Zu Willersleben im Schwarzburgischen werden, dem Frisch zu Folge, jährlich zwey Heimbürgen und zwey Angießer ernannt, welche letztern gehalten sind, die Vergehungen der Einwohner der Obrigkeit zu hinterbringen. 3) * Eine Flasche angießen, nur in einigen Gegenden, anfangen aus derselben zu gießen, sie anbrechen.


Angift (W3) [Adelung]


* Die Angift, plur. inusit. ein größten Theils veraltetes Wort für Angabe, Angeld, welche S.


Anglimmen (W3) [Adelung]


Anglimmen, verb. reg. et irre. neutr. ( S. Glimmen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, ein glimmendes Feuer fangen, anfangen zu glimmen. Das Holz ist noch nicht angeglimmet, oder angeglommen. Der Schwamm will nicht anglimmen.


Anglotzen (W3) [Adelung]


+ Anglotzen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, mit großen aufgesperrten Augen ansehen. S. Glotzen.


Anglühen (W3) [Adelung]


Anglühen, verb. reg. neutr. mit seyn, anfangen zu glühen. Die Kohlen sind bereits angeglühet.


Angränzen (W3) [Adelung]


Angränzen, S. Angrenzen.


Angreifen (W3) [Adelung]


Angreifen, verb. irreg. act. S. Greifen.1. Eigentlich, mit der Hand anfassen, daran greifen. Ein glühendes Eisen angreifen. Einen bey dem Kopfe, bey der Brust angreifen. Wer Pech angreift, besudelt sich. Und in weiterer Bedeutung, etwas mit den Zähen, mit der Zange angreifen.2. Figürlich. 1) Angreifen und gebrauchen. Seinen Schatz angreifen. Fremdes Gut angreifen. 2) Angreifen und fest halten. Einen Missethäter angreifen, ihm in Verhaft nehmen. 3) Thätige Feindseligkeiten gegen jemand üben. Einen mit dem Degen in der Hand angreifen. Die Reisenden auf der Straßeangreifen. Der Feind greift die Stadt an. Die Türken greifen mit großem Geschreye an. Daher der angreifende Theil, der den Anfang mit thätigen Feindseligkeiten macht. in weiterer Bedeutung. Einen mit Worten angreifen, beleidigen. Er hat mich bey, oder an meinem ehrlichen Nahmen, bey, oder an meiner Ehre angegriffen. Das war auf der zärtlichsten Seite angegriffen. Ingleichen, in noch weiterm Umfange der Bedeutung, heftig auf etwas wirken. Von einer Krankheit angegriffen werden. Das Feuer griff sogar die Kirche an. 4) Alle seine Kräfte anstrengen, seyn Äußerstes thun. Sich im Reden angreifen, sehr laut reden, Sich im Singen, Tanzen angreifen, alle seine Kräfte und Geschicklichkeit zeigen. Er hat sich heute sehr angegriffen, vielen Aufwand gemacht. Du bist zu karg, du mußt dich besser angreifen. Einen Missethäter mit den Daum- oder Beinstöcken angreifen, sie fest zuschrauben, zum Unterschiede von Anlegen. 5) Schwächen, entkräften. Diese Arzeney greift mich zu sehr an. Die Krankheit hat mich sehr angegriffen. Kleine Schrift greift die Augen an. 6) Hand an etwas legen, anfangen zu arbeiten. Greif an das Werk mit Freuden. Greif an das große Werk, Can. Eine Sache verkehrt angreifen. Ich weiß nicht, wie ich es angreifen, anfangen, soll. Wie ist die Sache anzugreifen? anzufangen. Und in weiterer Bedeutung überhaupt für thun, arbeiten. Er will nichts angreifen. Einen neuen Stollen höher angreifen als den alten, im Bergbaue, für anlegen, anfangen.


Angreifer (W3) [Adelung]


Der Angreifer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher angreift, d. i. den Anfang mit den Feindseligkeiten macht; der angreifende Theil.


Angreifisch (W3) [Adelung]


+ Angreifisch, adj. et adv. im gemeinen Leben. 1) Wornach man gerne greift, d. i., was andere gern entwenden; edler angreifig. Geld ist eine angreifische Waare. 2) Der gerne nach etwas greifet, es gern entwendet. Ein angreifischer Mensch. Die Magd ist ein wenig angreifisch, Niedersächsisch angreepsk.


Angreifung (W3) [Adelung]


Die Angreifung, plur. inusit, die Handlung des Angreifens, besonders in der eigentlichen Bedeutung des Verbi. Daher angreifungsweise, in Gestalt, nach Art eines feindlichen Angriffes.


Angrenzen (W3) [Adelung]


Angrenzen, verb. reg. neutr. so das Hülfswort haben zu sich nimmt, an etwas grenzen, an dessen Grenzen stoßen. Deutschland grenzet an Ungarn an. Mein Acker grenzet an die herrschaftlichen Felder an. Angrenzende Länder. Daher die Angrenzung.

Anm. Für angrenzen ist in Oberdeutschland auch anrainen und in Ostfriesland swetten üblich, von Swette, die Grenze. S. Grenze.


Angriff (W3) [Adelung]


Der Angriff, des -es, plur. die -e, das Verbale von angreifen, so wohl die Handlung des Angreifens zu bezeichnen, als auch den Ort, wo etwas angegriffen wird.1. Die Handlung; und zwar, 1) in der eigentlichen Bedeutung des Verbi. So heißt in den Lehnsrechten, den Angriff verrichten, zum Zeichen der Mitbelehnschaft an den Mantel dessen, der belehnt wird, greifen. 2) In der figürlichen Bedeutung. (a) Die Verhaftnehmung eines Schuldigen, besonders in den Rechten, wo dieses der erste Angriff genannt wird, im Gegensatze des zweyten, der von dem Scharfrichter bey der Tortur geschiehet. Ingleichen das Recht, Übelthäter in Verhaft zu nehmen, daher den Angriff haben, dieses Recht besitzen. S. Haltaus H. v. (b) Eine feindliche That, besonders die Handlung dessen, der zuerst thätig beleidiget. Der Angriff im Kriege. Den Angriff thun, angreifen. Einen Angriff auf etwas thun. Der Feind that einen Angriff auf die Festung. Der Angriff war blutig. Ingleichen in weiterer Bedeutung, eine jede heftige Wirkung von außen. Große Leute weichen oft den leichtesten Angriffen, und es ist in ihrer Seele allemahl eine Seite, die nicht gehörig besetzt ist. (c) Der Anfang in einer Sache, doch nur in einigen wenigen Fällen. So wird bey den Webern der Anfang eines Gewebes der Angriff genannt. Zum Angriffe geschlichtet, geschlichtet, damit man anfangen kann zu weben.2. Der Ort, wo man etwas angreift, an verschiedenen Werkzeugen, wofür man doch lieber der Griff sagt. Indessen werden bey den Schlössern die kleinen Zähne an den Riegeln der Schlösser, an welche der Schlüssel greifen muß, der Angriff genannt.

Anm. Anagriff kommt schon bey dem Willeram von der Berührung mit den Händen vor, und in den Longobardischen Rechten bedeutet. Anagrip die gewaltsame Bemächtigung einer Sache.


Angst (W3) [Adelung]


Die Angst, plur. die Ängste, die Beklemmung der Brust, als eine Wirkung der dunkeln Empfindung eines Grades von Furcht und Traurigkeit. Voller Angst seyn. Du machst dir vergebliche Angst. Er weiß vor Angst nicht, wo er bleiben soll. Die Angst meines Herzens ist groß. Herzensangst, Todesangst. In tausend Ängsten seyn. Was darf er nun in Ängsten sitzen: Haged. Das Haus, das bey gemeinem Jammer, Nur für die Frau in Ängsten stand, Bernhardi.Der Schauer, welcher mich mit kalter Angst durchläuft, Weiße.

Anm. 1. Der Plural ist im Hochdeutschen nur in der dritten Endung mit der Präposition in Üblich. Die Oberdeutsche Mundart gebraucht ihn nicht nur mit andern Präpositionen, sondern auch in andern Endungen. Mit grozen angustin, Ottfr. Da Leid und LebenMit Ängsten nur umringet war, Opitz. Der Herr schickt freye RuhDem, den er liebt, ohn Ängsten zu, ebend. Ps. 127.Aus diesem tiefen Grunde Der Ängsten ruf ich dir, ebend. Ps. 130. Luther hat dieses in der Deutschen Bibel beybehalten. Und er sie errettet aus ihren Ängsten, Ps. 107, 6. So auch v. 13, 28. und anderswo. Ja es erlauben sich solches zuweilen auch Hochdeutsche Dichter. Du machtest meinen Geist wohl eh von Ängsten los, Can. Ich Mensch empfinde stets im Denken Todesängste, Dusch.

Anm. 2. Angst, alt Nieders. Anxste, Schwed. Angest, Eng. Anguish, alt Franz. Angoise, Bretagn. Encres, Fränk. und Alemann. Angust, kommen mit dem Latein. Angustia genau überein. Das nächste Stammwort ist wohl das veraltete angen, drücken, kränken, beunruhigen, welches mit dem Latein. angere, und Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, beengen, verwandt ist. Es wird bey dem Ottfried und Notker angetroffen, und muß noch zu Henischens Zeiten in Schwaben üblich gewesen seyn, weil er die sprichwörtliche R. A. anführet: Was dich nicht anget, darnach sollst du nicht fragen. Gemeiniglich leitet man dieses Verbum von enge ab, so daß angen eigentlich, in die Enge treiben, und Angst, eine Beengung oder Beklemmung der Brust bedeuten würde. Es kann aber auch seyn, daß Angst eine Nachahmung des natürlichen Lautes ist, den ein Geängstigter mit dem Athem von sich gibt, da es denn zu Ach, ächzen und dem Nieders. anken, ächzen, gehören würde.


Angst (W3) [Adelung]


Angst, ein Adverbium, mit Angst behaftet, Angst empfindend, welches aber nur mit den Zeitwörtern seyn, werden und machen, und der dritten Endung der Person gebraucht wird. Mir ist angst. Ist ihnen denn noch immer angst? Gell. Einem Angstmachen, nicht einen. Nun wird mir selbst angst, Gell. Ingleichen in Verbindung mit bange, welches mit angst ursprünglich einerley Bedeutung hat. Einem angst und bage machen. Reden sie nicht so gleichgültig; es wird mir angst und bange dabey, Gell. S. Bange.

Anm. Die meisten Sprachlehrer nennen dieses Wort ein indeclinables Adjectiv, welches nur im Nominative und Accusative gebraucht werde. Warum nennet man es nicht lieber gerade zu ein Adverbium, da es sich nur allein mit Verbi, nicht aber mit Substantiven verbinden Lässet. Einem angst thun, Es. 9, 1. ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. In Niedersachsen sagt man häufig, ich bin angst, und es gibt auch wohl Hochdeutsche, welche diese Form vertheidigen, weil man ja auch, ich bin fröhlich, ich bin traurig, sage. Allein, man bedenkt nicht, daß hier zwey ganz verschiedene Fälle sind. Fröhlich und Traurig sind wahre Adjective, ein fröhliches Herz, ein trauriger Mensch. Allein Angst ist ein bloßes Umstandswort, welches nicht als ein Adjectiv gebraucht werden kann, und sich nur vermitteltst des Datives auf ein Subject anwenden läßt. Eben so sagt man, mir ist wohl, mir ist weh, es ist mir leid, es ist mir zuwider u. s. f. So auch Bange.


Ängsten (W3) [Adelung]


Ängsten, verb. reg. act. Angst verursachen, angst machen. Einen ängsten. Einen mit etwas ängsten. Sich ängsten, Angst empfinden. Sich um, über oder wegen etwas ängsten. In der höhern Schreibart zuweilen auch so viel, als in eine heftige Bewegung setzen. Die geängstete Tiefe (des Meeres) merkte die Gottheit, die im Wetter fuhr, Dusch.

Anm. Ängsten, bey dem Ottfried und Notker angustan und angesten, Dän. ängste, Schwed. angsla, kommt zunächst von Angst. Im Hochdeutschen ist dieses Wort von dessen Frequentativo ängstigen, wenigstens in dem gemeinen Gebrauche, fast völlig verdränget worden.


Angster (W3) [Adelung]


1. Der Angster, des -s, plur. ut nom. sing. eine Scheidemünze in der Schweiz, besonders im Canton Zürch, welche mit unsern Pfennigen überein kommt und daher auch zwey Heller hält.

Anm. Wachter glaubt, diese Münze habe den Nahmen von dem Lateinischen Nahmen der Stadt Augsburg, wo sie zuerst gepräget worden, daher sie billig Angster heißen sollte. Allein da sie beständig Angster, oft auch Angster-Pfennige und Antlitt-Pfennige genannt wird, so leiten Hottinger und Frisch diesen Nahmen mit besserm Rechte von den darauf geprägten Angesichtern der Prälaten her. Nach einem sonderbaren Pleonasmus werden diese Pfennige zuweilen auch Antlitt-Angster genannt. Weil außer dem Gesichte des Bischofes von Basel auch der Bischofsstab darauf gepräget war, so kommen sie im 15ten und 16ten Jahrhunderte auch oft unter dem Nahmen der Stäbler oder Stäblerpfennige vor.


Angster (W3) [Adelung]


2. * Der Angster, Ängster oder Engster, des -s, plur. ut nom. sing. der Oberdeutsche Nahme einer hohen gläsernen Flasche mit engem Halse und enger Mündung, welche, wenn man daraus trinket, ein Geräusch macht, daher sie im gemeinen Leben auch Kluckglas, Gluckglas und Gutter genannt wird.

Anm. Dieser Nahme ist aus dem Latein, angustus, oder vielmehr zunächst aus dem Ital. Anguistara, Inguistara, Anghistare, Inghistare, welche Nahmen eben dasselbe Gefäß bezeichnen. In einem 1501 zu Rom gedruckten Italiänischen und Deutschen Vocabelbuche steht, Angustaro, angster. Bey dem Pollux heißt dieses Trinkgeschirr von dem gluckenden Schalle, den es im Trinken macht, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Angstfieber (W3) [Adelung]


Das Angstfieber, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art eines anhaltenden Fiebers, welches mit vieler Angst um die Brust verbunden ist, wobey sich der Kranke sehr unruhig herum wirft, phantasiret, und eine innere trocknende Sitze empfindet, von welcher man von außen wenig gewahr wird; Asodis.


Angstgeschrey (W3) [Adelung]


Das Angstgeschrey, des -es, plur. inusit. ein von der Angst erpreßtes Geschrey.


Angsthaft (W3) [Adelung]


* Angsthaft, angsthaftig, adj. et adv. für ängstlich, welches, wie das Hauptwort die Angsthaftigkeit, nur in Oberdeutschland üblich ist.


Ängstig (W3) [Adelung]


Ängstig, -er, -ste, adj. et adv. mit Angst erfüllet, Angst empfindend, und darin gegründet. Ein wallend ängstig Weh erhebt mich von der Erde, Hall. Daß der Hohepriester so ängstig war, 2. Maccab. 3, 21. Angestich kommt schon bey den Schwäbischen Dichtern vor. Auch die Niedersachsen sagen angstig.


Ängstigen (W3) [Adelung]


Ängstigen, verb. reg. act. welches das Frequentativum von ängsten ist, und mit demselben einerley Bedeutung hat, nur daß es im Hochdeutschen gewöhnlicher ist als dieses. Einen ängstigen. Er ängstigte mich mit erdichteten Unglücksfällen. Sich ängstigen. Daher die Ängstigung.


Ängstiglich (W3) [Adelung]


* Ängstiglich, adv. mit Angst, welches so, wie die meisten mit lich verlängerten Adverbia, im Hochdeutschen veraltet ist.


Ängstlich (W3) [Adelung]


Ängstlich, -er, -ste, adj. et adv. der Angst gleich, ein wenig angst. 1) Eigentlich. Es ist mir so ängstlich. Du bist von diesen ängstlichen Gedanken entfernet. Aber warum sehen sie mich so ängstlich an, als ob sie mich bedauerten? Gell. 2) Mit ängstlicher Sorgfalt, mit furchtsamen Fleiße, mit einer Art von Zwang verbunden. Ich will mich nicht gar zu ängstlich um die Art der Möglichkeit dieser Sache erkundigen. Eine gar zu ängstliche Ordnung. Ein ängstlicher Mensch, der sich bey allen Dingen ungegründete Furcht und Besorgniß macht.


Ängstlichkeit (W3) [Adelung]


Die Ängstlichkeit, plur. inusit. 1) Ein geringerer Grad der Angst. War das die Ursache von seines Herren Ängstlichkeit: Weiße. 2) Ängstlicher Fleiß, ängstliche Sorgfalt. Dieses Stück ist mit zu vieler Ängstlichkeit verfertiget. Man stehet diesem Gedichte die Ängstlichkeit des Verfassers zu sehr an. Besonders die Fertigkeit zu ungegründeten Besorgnissen einer Gefahr. Man muß in der Moral nicht mit einer gesetzlichen Ängstlichkeit auf Kleinigkeiten fallen.


Angstmann (W3) [Adelung]


+ Der Angstmann, des -es, plur. die -männer, ein Nahme, der an einigen Orten, z. B. in Frankfurt am Main, im gemeinen Leben dem Scharfrichter gegeben wird. S. Henker.


Angstschweiß (W3) [Adelung]


Der Angstschweiß, des -es, plur. inusit. ein kalter von der Angst erpreßter Schweiß. Der Angstschweiß bricht ihm aus. Bricht mir doch der Angstschweiß hierüber aus. Einem einen Angstschweiß ausjagen, austreiben, im gemeinen Leben, für verursachen. Nieders. Judassweet, d. i. Judasschweiß.


Angstvoll (W3) [Adelung]


Angstvoll, adj. et adv. voller Angst. bange angstvolle Blicke.


Angucken (W3) [Adelung]


Angucken, verb. reg. act. welches, wie das einfache gucken, nur in der vertraulichen Sprechart üblich ist, für ansehen. S. Gucken.


Angurie (W3) [Adelung]


Die Angurie, (viersylbig,) plur. die -n, aus dem Lat. Anguria, die Wasser-Melone; Cucumis Anguria, L.


Angürten (W3) [Adelung]


Angürten, ver. reg. act. vermittelst des Gurtes oder Gürtels an etwas befestigen. Sich den Degen angürten. Daher die Angürtung.


Anhaben (W3) [Adelung]


Anhaben, ver. irreg. neutr. ( S. Haben,) mit dem Hülfsworte haben. 1) An seinem Leibe haben oder tragen, doch nur im gemeinen Leben und von Kleidungsstücken. Er hatte heute ein prächtiges Kleid an. Rothe Strümpfe anhaben. Er hatte einen Panzer an. 2) Einem etwas anhaben, ihm etwas abgewinnen, einen Vortheil über ihn erlangen, in welcher Bedeu-tung es doch nur im Infinitive und mit den Verbis können und werden gebraucht wird. Er kann mir nichts anhaben, kann mir keinen Vortheil abgewinnen, kann mir nicht schaden. Ich glaube nicht, daß wir ihm viel anhaben werden.


Anhacken (W3) [Adelung]


Anhacken, verb. reg. act. anfangen an etwas zu hacken. Die Vögel haben die Äpfel angehackt.


Anhäften (W3) [Adelung]


Anhäften, verb. reg. act. an etwas haften machen, ohne Beziehung auf die Mittel; wodurch solches geschiehet. Man kann daher sagen, einen an das Kreuz anhäften, für annageln; ein Stück Zeuges an das andere anhäften, mit weiten Stichen an dasselbe annähen. Ein Buch an das andere anhäften, bey den Buchbindern. Den Wein anhäften, für anbinden, u. s. f. So auch die Anhäftung. S. Häften.


Anhägern (W3) [Adelung]


Anhägern, verb. reg. act. von Häger, ein Sandhügel in einem Flusse. 1) Als einen solchen Häger ansetzen. Die Fluth hägert neues Land an, verursacht eine Anhägerung. 2) Ein Stück Landes anhägern, oder einhägern, es dem Flusse abgewinnen. S. Häger.


Anhäkeln (W3) [Adelung]


Anhäkeln, verb. reg. act mit Häkeln oder kleinen Haken befestigen. Sich anhäkeln, wird auch von den kleinen Vögeln gesagt, wenn sie sich mit den Klauen an etwas fest halten. Daher die Anhäkelung.


Anhaken (W3) [Adelung]


Anhaken, verb. reg. act. vermittelst eines Hakens befestigen. Sich anhaken, sich an ein Schiff anhaken, wird in der Schifffahrt zuweilen für entern gebraucht, weil solches vermittelst großer Haken geschiehet. So auch die Anhakung.


Anhalsen (W3) [Adelung]


Anhalsen, verb. reg. act. Dem Leithund anhalsen, bey den Jägern, ihm das Hals- und Hängeseil anlegen.


Anhalten (W3) [Adelung]


Anhalten, verb. irreg. ( S. Halten,) welches auf gedoppelte Art üblich ist.I. Als ein Activum, und da bedeutet es.1. Eine Sache an die Seitenfläche der an andern halten. Ein Bret an da andere anhalten. Das Lineal fest an die Tafel angehalten. Im Markscheiden bedeutet daher anhalten figürlich so viel, als den Anfang mit dem Vermessen machen, weil die Schnur an denjenigen Ort, wo sich diese Vermessung anfängt, im eigentlichen Verstande angehalten wird.2. An etwas halten, d. i. es fest halten, besonders um dessen Bewegung zu unterbrechen oder zu hindern. 1) Eigentlich. Die Zügel anhalten. Wenn Chloe bey mir ruht, dann halte die Zügel an, Kleist. Die Pferde anhalten, vermittelst der Zügel. Die Pferde im Laufe anhalten. In weiterer Bedeutung auch, den Wagen anhalten. Ein Schiff anhalten, dessen Lauf unterbrechen. 2) Figürlich. (a) Zusammen ziehen, in welcher Bedeutung die Ärzte gewisse stark wirkende Arzeneyen anhaltende Arzeneyen zu nennen pflegen, adstringentia. (b) Die freye oder willkürliche Bewegung einer Person oder Sache unterbrechen. Einen flüchtigen Missethäter anhalten, ihn in Verhaft nehmen. Man hat ihn auf der Flucht angehalten. Er ist in seinem eigenen Hause angehalten, in Verhaft genommen worden. So auch Güter, Waaren anhalten, in Beschlag nehmen. (c) Den freyen Willen eines andern durch fortgesetzte dringende Bewegungsgründe zu etwas bestimmen. Einen zu etwas anhalten. Einen zum Fleiße, zur Arbeit, zu allem Guten anhalten. Er ist zu lauter nützlichen Beschäftigungen angehalten worden. Halten sie ja meine Tochter zum Gebethe an, Gell. Man hat die Unterthanen angehalten, die Wege auszubessern.II. Als ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, an etwas halten, d. i. an dessen Seitenfläche befestiget seyn. 1. In der eigentlichen Bedeutung, als ein Reciprocum, angreifen und fest halten, vornehmlich um seinen eigenen Fall zu vermeiden. Sich an etwas anhalten. Hale dich fest an mich an, damit du nicht fallest. Er hat sich an einen Baum angehalten.2. Figürlich, in einer Bewegung oder Handlung fortfahren; ingleichen, ununterbrochen fortdauern. Die Kälte hält noch immer an. Der Regen hat die ganze Nacht angehalten. Sein Fleiß hält noch immer an. Das Fieber, die Krankheit hielt drey Wochen an. Ein anhaltender Fleiß. Ein anhaltender Regen. Eine anhaltende Krankheit. Anhalten mit Bitten, mit Arbeiten. Anhalten am Gebethe, wie Luther übersetzt, für mit dem Gebethe anhalten, oder noch besser, anhalten mit Bethen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Anhalten mit Weinen, mit Flehen, mit Ermahnen u. s. f. Auf gleiche Art kommt in dem Lateine der mittlern Zeiten attenere für perseverare vor.3. Um Etwas anhalten, mit Beyfügung der Bewegungsgründe darum bitten. Bey Hofe um ein Amt, um Erhöhung der Besoldung, um Beförderung, um ein Privilegium anhalten. Um eine Person anhalten, sie zu Gattinn verlangen. Verreis und halt um Wilhelminen Für mich bey ihren Ältern an, Gell. 4. Stille halten, welche Bedeutung zu der zweyten Bedeutung das Activi gehöret. An einem Orte anhalten, mit dem Fuhrwerke daselbst stille halten. Bey einem auf der Reise anhalten, aussteigen. Ingleichen, in figürlicher Bedeutung, mit etwas anhalten. Mit der Arbeit anhalten, inne halten, aufhören. Diese Bedeutung kommt indessen wenig vor, vermuthlich um die Zweydeutigkeit, mit der vorher gehenden Bedeutung des Fortsetzens zu vermeiden.


Anhalter (W3) [Adelung]


Der Anhalter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Der etwas anhält. So heißt in den Salzwerken derjenige ein Anhalter, der unter dem Kessel einen großen Hammer an denjenigen Ort hält, wo der andere von außen etwas an- oder einschlägt. Bey verschiedenen Handwerken ist der Anhalter ein Holz oder Stück, welches etwas hält. 2) Etwas woran man sich anhält. So wird das starke Band über dem Bette, sich daran aufzuhelfen, ein Anhalter, von andern aber auch ein Betthalter, Bettzopf, Bettquast genannt, weil es unten gemeiniglich mit einem Quaste oder Zopfe versehen ist.


Anhaltpunct (W3) [Adelung]


Der Anhaltpunct, des -s, plur. die -e, in dem Markscheiden, derjenige Punct, wo man anfängt, von einem Theile einer Grube bis zum andern zu ziehen; weil daselbst die Schnur des Markscheiders zuerst angehalten wird.


Anhaltsam (W3) [Adelung]


Anhaltsam, -er, -ste, adj. et adv. ununterbrochen in etwas fortfahrend und darin gegründet, beharrlich. Ein anhaltsamer Fleiß, ein anhaltender. Daher die Anhaltsamkeit.


Anhaltung (W3) [Adelung]


Die Anhaltung, plur. inusit. die Handlung des Anhaltens, größten Theils nur in den eigentlichen Bedeutungen des Activi. Doch gebraucht man dieses Wort auch von der Verhaftnehmung. Die Anhaltung eines flüchtigen Übelthäters. Die Anhaltung der Waaren, der Güter.


Anhanden (W3) [Adelung]


+ Anhanden, adv. welches nur im gemeinen Leben für das bessere an die Hand üblich ist. Einem anhanden gehen, an die Hand gehen, ihm Handreichung thun. Einem etwas anhanden geben, an die Hand. S. Hand.


Anhang (W3) [Adelung]


Der Anhang, des -es, plur. die -hänge, dasjenige, was an eine andere Sache angehänget wird; und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung, in welcher auch das niedrigere Anhängsel üblich ist. 2) In weiterer Bedeutung, was einer Sache als außerwesentlich beygefüget wird. Der Anhang einer Schrift, einesBuches. Der Anhang an einem Worte, zu demselben eigentlich nicht gehörige Buchstaben und Sylben, dergleichen das in Dero, dannenhero u. s. f. das en an den Nebenwörtern auf lich, männlichen, gütlichen u. s. f. sind. 3) Als ein Collectivum, Personen, welche eines Meinung, einer Partey anhangen. Sich einen Anhang machen. Einen großen, geringen Anhang haben. Die Anführer wurden mit ihrem ganzen Anhange geschlagen. Ein Anhang böser Buben, mit einander verbundene böse Buben. In dieser dritten Bedeutung hat Anhang alle Mahl einen übeln Nebenbegriff, daher man es hier nur im gehässigen und verächtlichen Verstande gebraucht. 4) Der Nahme einer gewissen Art Elbschiffe.

Anm. Obgleich der Plural in der zweyten Bedeutung, die Anhänge, der Sprachähnlichkeit völlig gemäß ist, so klingt er doch immer ein wenig fremd; vermuthlich, weil man denselben wenig gebraucht hat. Man sagt daher lieber, das Buch hat einen gedoppelten, dreyfachen Anhang, als, es hat zwey, drey Anhänge. In der dritten Bedeutung findet derselbe, wie bey andern Collectivis, gar nicht Statt. Es scheinet, daß Anhang in Oberdeutschland ehedem auch eine Art des Reifes bedeutet habe. Wald und ouwe das gevilde Hat bedecket rife und anehank, Graf. Conrad von Kirchberg; vermuthlich weil er sich an die Gegenstände gleichsam anhängt. Die Lateinischen Schriftsteller der spätern Zeiten gebrauchen Adhaerentia mehrmahls für Anhang, in der zweyten und dritten Bedeutung.


Anhangen (W3) [Adelung]


Anhangen, verb. irreg. neutr. ( S. Hangen,) welches mit haben verbunden wird, an etwas hangen, genau damit verbunden seyn, in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. 1) Als etwas Außerwesentliches mit einer Sache verbunden seyn. Und was dem anhängt, was noch mit dazu gehöret. Ingleichen, genau mit etwas verbunden seyn, besonders von verschiedenen zufälligen, aber nachtheiligen Eigenschaften des Leides und des Geistes. Das Böse hängt uns von Natur an. Diese Krankheit hängt ihm von Kindesbeinen an. Sind es Schwachheiten, die ihm anhangen? Das wird ihm seine ganze Lebenszeit hindurch anhangen. Diese böse Gewohnheit hängt ihm noch immer an. Der Abscheu hängt mir noch von meinem Vater an, Haged. 2) Einem anhangen, sehr für ihn eingenommen seyn, seiner Meinung zugethan seyn, seiner Partey folgen, es mit ihm halten. In dieser Bedeutung wird es jetzt wenig mehr gebraucht, und wenn es ja geschiehet, so geschiehet es in einem nachtheiligen und verächtlichen Verstande; daher die biblischen R. A. seinem Weibe anhangen, meine Seele hängt Gott an, es hing ihm alles Volk an, behutsam nachzuahmen sind.

Anm. Eien Sache lange anhangen lassen, für, sie lange verschieden, ist nur an einigen Orten Oberdeutschlandes üblich.


Anhängen (W3) [Adelung]


Anhängen, verb. reg. act. an etwas hängen, und zwar,1. Eigentlich. Den Mantel, das Kleid anhängen, an den Haken. Das Siegel anhängen, mit Schnüren an eine Urkunde befestigen. Der Katze die Schelle anhängen, figürlich, sich einer gefährlichen, bedenklichen Sache unterziehen. Die Schäfer hatten schon die Flöten weggethan, Und bringen (hängten) sich nunmehr die leeren Flaschen an, Rost. 2. In weiterer Bedeutung, an eine andere Sache befestigen, als ein Reciprocum. Der Brey hängt sich in dem Topfe an. Das Pech hängt sich an die Hände an. Die Kletten hängen sich an. Sich an den Wagen anhängen. 4. Figürlich. 1) Beyfügen. Noch etliche Zeilen anhängen. Er hängt immer noch etwas an die Erzählung an. Vornehmlich als ein Reciprocum. Sich an jemanden anhängen, sich in seine Gesellschaft, ingleichen in seinen Schutz begeben, doch nur im verächtlichen Verstande. Er hängt sich überall an, bringt sich einem jeden auf. Jeder Empfindung hängt sich eine sanfte Leidenschaft an, die mich in eine süße Unruhe versetzet, Dusch. Den Begriffen von Reichthum haben sich Nebenbegriffe angehangen (angehänget) die seinen Werth ungemein erhöhen, ebend. 2) Ein bleibendes Übel auf eine unerlaubte Art zufügen, in verächtlicher Bedeutung. Einem einen Schimpf, einen Schandflecken anhängen. Er stellete ihm den Schimpf vor, den er seiner Familie angehänget hatte, Dusch. Sie haben ihm die leichtfertigsten Reden angehangen, (angehänget,) Gell. So auch, einem eine Krankheit anhängen, ihn damit anstecken. Einem die Krätze anhängen. 3) Ohne vernünftige Ursache zuwenden, folglich auch nur im verächtlichen Verstande. Er hänget seinen Freunden alles an. Man muß nicht einem Kinde alles allein anhängen.

Anm. So leicht das Neutrum von dem Activo so wohl in der (Conjugation als Bedeutung zu unterscheiden ist, so sehr wird doch dawider verstoßen. Und hingest deiner Ehre einen Schandfleck an, für hängtest, sagt schon Luther, Sir. 47, 21. ob es gleich bey eben demselben Ps. 78, 66. ganz richtig heißt: Und hängete ihnen eine ewige Schande an. Daß sich aber auch neuere und zum Theil gute Schriftsteller diese Verwechselung zu Schulden kommen lassen, erhellet aus den oben angeführten Beyspielen. S. auch Anhenken.


Anhänger (W3) [Adelung]


Das Anhänger, des -s, plur. ut nom sing. Fämin. die Anhängerinn, plur. die -en, der oder die einer Person oder Meinung anhängt, doch alle Wahl in einem verächtlichen Verstande. Die Anhänger einer Meinung. Mahomeds Anhänger, Socins Anhänger. Die Aufrührer wurden geschlagen und ihre Anhänger zerstreuet.


Anhängig (W3) [Adelung]


Anhängig, adj. et adv. einer andern Sache anhangend, doch nur in den figürlichen Bedeutungen des Zeitwortes. 1) Sich leicht anhängend. Ein Mensch ist sehr anhängig, wenn er sich gern einem jeden anhängt. Ein anhängiger Mensch. 2) Mit einer andern Sache verbunden. Was dem anhängig ist, dazu gehöret. 3) Anhängig machen, klagbar anbringen. Eine Sache anhängig machen. Etwas vor Gerichte, im Gerichte, bey einem Obern anhängig machen. Die Sache ist schon vor Gerichte anhängig. Eine vor Gerichte anhängige Sache. Daß man ehedem anhangende Händel solche Prozesse genannt, die noch vor Gerichte geschwebt, erhellet aus dem Haltaus h. v. 4) Sich anhängig oder anhängisch machen, heißt in den Bergwerken, wenn ein Gewerk auf die schuldige Zubuße etwas abschläglich bezahlet, wodurch zum wenigsten das Retardat verhindert wird.

Anm. Ehedem bedeutete dieses Wort auch so viel als zufällig, oder was nur auf eine gewisse Zeit veranstaltet wird. In dieser Bedeutung kommt anhängiger Schirm bey dem Haltaus, im Gegensatze des Erbschutzes vor.


Anhängisch (W3) [Adelung]


+ Anhängisch, adj et adv. welches mit dem vorigen einerley Bedeutung hat, aber nur in den gemeinsten und niedrigsten Mundarten üblich ist.


Anhänglich (W3) [Adelung]


Anhänglich, -er, -ste, adj. et adv. einer Person oder Sache im hohen Grade geneigt, und in dieser Gesinnung gegründet. Üblicher ist davon das Substantiv die Anhänglichkeit, die herrschende, unverrückte Neigung zu einer Person oder Sache. Die Anhänglichkeit an gewisse Lehren. Unordentliche Anhänglichkeit an sich selbst. Die ehrfurchtsvolle Anhänglichkeit an meinen Fremd, Hermes.


Anhängsel (W3) [Adelung]


+ Das Anhängsel, des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben, etwas das angehänget wird, in der eigentlichsten Bedeutung des Verbi. So pfleget der große Haufe Amulete und andere Dinge, welche wider gewisse Krankheiten angehänget werden, Anhängsel zu nennen.


Anhäspen (W3) [Adelung]


Anhäspen, oder anhaspen, verb. reg. act. mit Haspen oder Haken befestigen, besonders in dem Bergbaue. Die Fahrten anhaspen. Daher die Anhaspung.


Anhauchen (W3) [Adelung]


Anhauchen, verb. reg. act. den Hauch oder Athem an etwas gehen lassen. Rasend vor Wuth begab sich Alekto zum schlafenden Kater Hauchte mit Mordsucht ihn an, Zachar. Bey den Dichtern auch von dem Westwinde. Und hauch ihr Angesicht mit Rosendüften an, Zachar. Daher die Anhauchung.


Anhauen (W3) [Adelung]


Anhauen, verb. irreg. act. S. Hauen. 1) Anfangen an etwas zu hauen. Ein Gehölz, einen Schlag anhauen, anfangen Holz darin zu fällen. Einen Ochsen anhauen, bey den Fleischern, anfangen, ihn zu zerhauen. 2) An etwas hauen, d. i. ein wenig davon weghauen. Einen Baum anhauen. S. auch Anlaschen, Anschalmen, Anplätzen, ingleichen Anhieb. 3) Den Fisch mit der Angel anhauen, in der Angelfischerey, wenn der Fisch angebissen hat, mit der Ruthe schütteln, damit die Angel recht eingreife. 4) In der Landwirthschaft ist das Anhauen, eine Art des Mähens mit der Sense, da das Getreide nicht in Schwaden gehauen, sondern an das noch stehende Getreide im Hauen angelehnet, und von dem Abraffer sogleich in Garben gebunden wird; welches auch ansetzen heißt.


Anhäufeln (W3) [Adelung]


Anhäufeln, verb. reg. act. kleine Haufen an etwas machen. Erdäpfel, Kohlpflanzen u. s. f. anhäufeln, die Erde um selbige aufhäufen.


Anhäufen (W3) [Adelung]


Anhäufen, verb. reg. act. in die Höhe häufen. Die Erde um die Kohlpflanzen anhäufen. Ingleichen in weiterer Bedeutung, der Zahl und Menge nach vermehren. Seine Schätze anhäufen. Sich anhäufen, vermehret werden. Die Einwohner häufen sich sehr an, werden zahlreich. Daher die Anhäufung.


Anheben (W3) [Adelung]


Anheben, verb. irreg. ich hob an, angehoben, S. Heben. Es ist,I. Ein Activum.1) Eine Sache durch Heben der andern nähern. Einen Schrank, einen Kasten an die Wand anheben.2) Anfangen etwas zu heben; so wohl, (a) in der eigentlichen Bedeutung, als auch, und zwar noch häufiger, (b) * in der figürlichen, für anfangen, da es denn mit diesem Verbo nicht nur einerley Bedeutung hat, sondern mit demselben auch auf einerley Art gebraucht wird. Einen Krieg, einen Aufruhr anheben. Er hebt an zu lermen. Mit etwas anheben. Ingleichen als ein Reciprocum. Es hob sich ein Donnern und Blitzen an. Hier hebt sich ein neuer Abschnitt an. Nun hebt sich das Schreiben an, Raben. Ingleichen, anfangen zu reden. Wie, hub sie an, hast du mich kommen hören: Gell.II. * Ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte haben abgewandelt wird, seinen Anfang nehmen. Ich stehe im Begriffe, auf eine Sonne zu treten, wo ein ganz anderes Leben anheben soll, Dusch. Das Grab ist nicht das Ende deiner Aussichten, da wird das erst anheben, warum du hier arbeitest, ebend.

Anm. Anheben für anfangen, kann eben so gut die figürliche Bedeutung von heben, levare, seyn, als es anfangen von fangen ist. Indessen hat auch des Herrn Ihre Meinung, daß anheben aus incipere entstanden, ihre Wahrscheinlichkeit, indem die Vertauschung der Buchstaben h und c nichts ungewöhnliches ist. Man könnte noch die dritte Meinung beyfügen, nach welcher heben, anfangen, ein von heben, levare, ganz verschiedenes Verbum seyn würde, weil bey den Isländer und Schweden das einfache haefa und haewa, anfangen, und Havi einen Urheber bedeutet. Dem sey nun wie ihm wolle, so ist anheben in dieser Bedeutung ein altes Alemannisches Verbum, welches in der eigentlichen Hochdeutschen Mundart nie recht üblich gewesen. Luther hat es zwar, mit in seine Übersetzung der Bibel aufgenommen, aber er aht auch zugleich die veraltete Abwandelung ich hub an, angehaben, für, ich hob an, angehoben, mit beybehalten. Da es nun nichts mehr und nichts weniger sagt, als das üblichere anfangen, es diesen Begriff auch nicht einmahl anschaulicher ausdruckt, zwey so völlige Synonyma aber ein unnützer Überfluß sind: so sehe ich nicht ein, warum manche unserer neuern Schriftsteller so sehr für dieses veraltete Wort eingenommen sind. Zwar hat es in Ansehung des Wohlklanges einen Vorzug vor anfangen, weil es einen Consonannten weniger hat. Allein so weit gehet die Feinheit des Gehöres bey unsern Schriftstellern, wenigstens in andern Fällen noch nicht, zumahl, da sie das gleich bedeutende aber noch härtere beginnen eben so sorgfältig wieder zu erneuern gesucht haben, als anheben. Es kann also wohl nichts anders, als Liebe zum Neuen, bloß weil es das Neue ist, die Ursache davon seyn.


Anheber (W3) [Adelung]


* Der Anheber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anheberinn, der Anfänger, Urheber, ein Wort, welches im Hochdeutschen noch unbekannter ist, als anheben.


Anheften (W3) [Adelung]


Anheften, S. Anhäften.


Anheilen (W3) [Adelung]


Anheilen, verb. reg. Es ist 1) ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, heilend mit etwas verbunden werden. Die Nase ist ihm wieder angeheilet. 2) Ein Activum, anheilen machen. Einem die Hand, ein Ohr, die Nase wieder anheilen. So auch die Anheilung.


Anheim (W3) [Adelung]


Anheim, ein Oberdeutsches Umstandswort des Ortes, für heim, d. i. nach Hause, zu Hause, welches aber im Hochdeutschen nur in weiterer Bedeutung mit den Verbis fallen, geben und stellen üblich ist. Anheim fallen, oder heimfallen, bedeutet nichts mehr, als zufallen, oder zu Theile werden. Dieses Gut ist mir anheim gefallen, zugefallen. Anheim geben, heimgeben, überlassen, in den Redensarten; einem etwas zu überlegen, zu ermessen, anheim geben; ingleichen nur schlechthin, einem etwas anheim geben, d. i. zu überlegen. S. auch Haltaus v. Anheim geben. Anheim stellen aber wird theils in eben derselben Bedeutung, theils aber auch für übertragen, übergeben gebraucht. Einem etwas anheim stellen, es seinem Gutdünken, seiner Überlegung überlassen. S. auch Haltaus v. Heimstellen und Stellen.

Anm. Diese völlig Oberdeutsche Partikel hat sich vornehmlich durch die Rechtslehrer in das Hochdeutsche eingeschlichen. Sie ist daher auch nur in den Kanzelleyen, und der Gerichtssprache üblich. S. auch Heim. Im Oberdeutschen wurde sie ehedem auch in der eigentlichsten Bedeutung für, nach Hause, gebraucht. Ein jeder zogAnheim wieder an sein gemach, Theuerd. Kap. 17. Sie kehrten wieder anheim zu Haus, ebend.- Wenn ihn Gott gesund anheim gebracht, Opitz.


Anhelfen (W3) [Adelung]


+ Anhelfen, verb. irreg. act. ( S. Helfen,) welches nur im gemeinen Leben in figürlicher Bedeutung üblich ist. Einen anhelfen, ihm zu einer Versorgung, zu einer Beförderung behülflich seyn. Ich habe ihn bey Hofe angeholfen.


Anhenken (W3) [Adelung]


Anhenken, verb. reg. act. welches das Intensivum von anhängen ist, aber wenig gebraucht wird, vielleicht des Wohlstandes wegen, um das schimpfliche henken nicht dadurch in das Andenken zu bringen. Opitz gebraucht es auch in den figürlicher Bedeutungen des Anhängens. Wir wissen, daß ihr uns anhenket diesen Spott. Ingleichen: Du hast dein Volk wohl sehr gekränkt, Und ihm ein hartes angehenkt, welches aber noch weniger nachzuahmen ist.


Anher (W3) [Adelung]


* Anher, ein Oberdeutsches Umstandswort des Ortes und der Zeit, für her. Anher kommen, herkommen, die Anherkunft, bis anher, oder wohl gar, bis anhero, für bisher. Da an hier bloß die müßige Alemannische Verlängerung ist, so wird es im Hochdeutschen billig vermeiden.


Anherr (W3) [Adelung]


Der Anherr, S. Ahnherr.


Anhetzen (W3) [Adelung]


Anhetzen, verb. reg. act. 1) Anfangen zu hetzen, d. i. zu jagen. So bedeutet bey den Jägern, ein Wildpret anhetzen, so viel als anfangen, es zu verfolgen. 2) An etwas hetzen: und zwar, (1) eigentlich. Einen Hund anhetzen, an einen Menschen, oder an ein Thier. (2) Figürlich, lebhaft wider einen andern aufbringen, ingleichen zu einer bösen Sache lebhaft aufmuntern. Einen anhetzen, ihn zu etwas anhetzen. Daher die Anhetzung.


Anhetzer (W3) [Adelung]


Der Anhetzer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anhetzerinn, plur. die -en, eine Person, welche jemanden zu etwas anhetzet.


Anheute (W3) [Adelung]


* Anheute, adv. das ganz ohne Noth verlängerte heute, welches im Oberdeutschen am üblichsten ist.


Anhexen (W3) [Adelung]


+ Anhexen, verb. reg. act. im gemeinen Leben für anzaubern. Die Krankheit muß ihm angehexet seyn.


Anhieb (W3) [Adelung]


Der Anhieb, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des Anhauens, besonders im Forstwesen, und ohne Plural. Der Anhieb des Schwarzholzes. 2) Der Ort, wo etwas angehauen wird, gleichfalls am häufigsten im Forstwesen. Der Anhieb eines Schlages, oder Gehaues, der Ort, wo man den Anfang mit Holz fällen macht.


Anhöhe (W3) [Adelung]


Die Anhöhe, plur. die -n, eine Erhöhung der Erde, ein kleiner Berg, ein Anberg. Eien mit Holz bewachsene Anhöhe. Die Stadt hat verschiedene Anhöhen in ihrer Nachbarschaft. Eine Anhöhe besetzen, einnehmen. An hat hier die mildernde Bedeutung, wie in Anberg, S. Ähnlich und An,

Anm. 7.


Anhohlen (W3) [Adelung]


+ Anhohlen, verb. reg. act. im gemeinen Leben so viel als anziehen, heran ziehen, Nieders. anhalen, Hohl an! ist der gewöhnliche Zuruf der Anschläger in den Bergwerken, wenn die Haspelknechte den gefüllten Kübel in die Höhe ziehen sollen. Daher die Anhohlung, S. Hohlen.


Anhören (W3) [Adelung]


Anhören, verb. reg. act. aufmerksam hören. Eine Predigt anhören. Er höret mich gern an. Er wollte diesen Vorschlag nicht einmahl anhören. Ich kann dein Geschwätz nicht län- ger anhören. Ingleichen mit Beyfall, mit Eindruck auf den Willen anhören. Eines guten Rath anhören. So auch die Anhörung.


Anhosen (W3) [Adelung]


+ Anhosen, verb. reg. act. die Hosen anziehen, nur im gemeinen Leben, und der komischen Schreibart. Herr Strephon hos't sich plötzlich an, in einer Romanze.


Anjagen (W3) [Adelung]


Anjagen, verb. reg. act. anfangen etwas zu jagen. So heißt bey den Jägern, einen Hirsch anjagen, denselben mit den Hunden aufsuchen und verfolgen. Daher die Anjagung.


Anieß (W3) [Adelung]


Der Anieß, des -es, plur. inusit. eine Pflanze mit einem grünlichen Samen, der einen gewürzhaften angenehmen Geschmack hat, und gleichfalls Anieß genannt wird: Pimpinella Anisum, L. Das Vaterland dieser Pflanze ist Ägypten, von da sie über Griechenland und Italien nach Deutschland gebraucht worden. Der Nahme ist aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Im Hochdeutschen legt man den Ton auf die letzte Sylbe, im Oberdeutschen aber auf die erste, wo dieser Nahme über dieß auch Äniß und Eniß ausgesprochen wird.


Anießapfel (W3) [Adelung]


Der Anießapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art kleiner runder oben zugespitzter Äpfel, mit einer dicken rauhen und gelben Schale, welche nach Anieß und Fenchel schmecken, daher sie auch Fencheläpfel genannt werden.


Anießbalsam (W3) [Adelung]


Der Anießbalsam, des -es, plur. inusit. eine Art künstlichen Balsames aus Anießöhl und Schwefelblumen.


Anießholz (W3) [Adelung]


Das "Anießholz", des -es, plur. inusit. ein Nahme, der auch dem "Spindelbaume", oder "Hanbuttenbaume" gegeben wird, welche S.


Anießkerbel (W3) [Adelung]


Der Anießkerbel, des -s, plur. inusit. der Myrrhenkerbel; Scandix odorata, L.


Anießöhl (W3) [Adelung]


Das Anießöhl, des -es, plur. inusit. das aus dem Anieße gepreßte Öhl.


Anjetzt (W3) [Adelung]


Anjetzt, das verlängerte Umstandswort der Zeit, für jetzt, ( S. dieses Wort;) welches auch im Hochdeutschen nicht selten ist, und sich alsdann rechtfertigen lässet, wenn der Ründe und Vollständigkeit der Rede bey dem einsylbigen jetzt etwas abgehen sollte. Anjetzund aber für anjetzt, ist völlig überflüssig.


Anill (W3) [Adelung]


Der Anill, des -es, plur. inusit. diejenige Pflanze, aus welcher der Indigo zubereitet wird, daher sie auch Indigo-Pflanze genannt wird; Indigofera tinctoria, L. Der Nahme so, wie die Pflanze selbst, ausländisch.


Animalisch (W3) [Adelung]


Animalisch, adj. et adv. aus dem Latein. animalis. 1) Zu den Thieren gehörig, in der Natur eines lebendigen Geschöpfes gegründet, thierisch. 2) In der Natur eines Thieres, als bloßen Thieres, gegründet, da es denn oft so viel als sinnlich, unvernünftig bedeutet. In beyden Fällen läßt sich thierisch dafür gebrauchen.


Anime (W3) [Adelung]


Das Anime, plur. inusit. ein Gummi, welches aus der Wurzel des Heuschreckenbaumes (Hymenaea, L.) schwitzet, und mit dem Elemi und Sandrach einerley Wirkung hat. Der Baum wächset in dem mittägigen Amerika, woher auch der Nahme seinen Ursprung hat.


Anjochen (W3) [Adelung]


Anjochen, verb. reg. act. in das Joch spannen, in der eigentlichen Bedeutung. Die Ochsen anjochen. Daher die Anjochung.


Ankauf (W3) [Adelung]


Der Ankauf, des -es, plur. doch nur selten, die Ankäufe, die Handlung des Ankaufens, und zuweilen auch die angekaufte Sache selbst. In Oberdeutschland bedeutet dieses Wort außer dem noch theils die Angabe, das Angeld, oder was man bey einem geschlossenen Kaufe abschläglich darauf bezahlet, S. Angabe; theils aber auch den Vorkauf, oder das Jus protimiseos.


Ankaufen (W3) [Adelung]


Ankaufen, verb. reg. act. 1) An sich kaufen, käuflich an sich bringen. Ein Landgut, einen Acker, oder Garten ankaufen. Nochmehr aber, 2) Sich ankaufen, unbewegliche Güter an sich kaufen. Sich an einem Orte ankaufen. Er hat sich mit zwanzig Acker Land angekaufet. Daher die Ankaufung besonders in der ersten Bedeutung.


Anke (W3) [Adelung]


Die Anke, plur. die -n, bey den Gürtlern und andern Metallarbeitern eine messingene Tafel mit runden Vertiefungen, die Bleche zu den Knöpfen darin zur kleinen Schälchen zu schlagen.

Anm. Der Grunde der Benennung liegt in der Krümme, S. Änkel und Hanke. In den Slavonischen Mundarten heißet dieses Werkzeug Gamky. Außer diesem Worte gibt es in den Deutschen Mundarten noch einige andere gleich lautende Wörter, die aber von verschiedener Abstammung und Bedeutung sind. So bedeutet 1) der Anken, und in andern Gegenden die Anke, in Oberdeutschland, besonders der Schweiz, ausgelassene Butter und Butter überhaupt; ein Nahme, welcher schon bey dem Kero vorkommt, und von dem Wachter für ein aus Unguentum zusammen gezogenes Wort gehalten wird. Daher Ankenbraut, Maybutter, Ankenblume, Butterblume, Ankenmilch, Buttermilch u. s. f. 2) Der Anke, oder Rheinanke, ist ein Fisch, der in dem Bodensee und andern großen Seen Oberdeutschlandes häufig gefangen wird, S. Rheinanke. 3) Der Änke oder Enke, in der Landwirthschaft eine zwieselige Ruthe, welche auf das Pflugstöckchen gesteckt wird, die Ackerleine im Pflügen darauf zu legen; welches Wort wohl zu Enke gehöret, weil man im Hochdeutschen verschiedene andere ähnliche Arten von Stützen oder Trägern, Knechte zu nennen pflegt, S. Enke. 4) Die Anke, bedeutet in Oberdeutschland auch den Nacken, S. Änkel.


Änke (W3) [Adelung]


Der Änke, S. Enke.


Ankehren (W3) [Adelung]


Ankehren, verb. reg. act. 1) Von kehren, verrere, kehrend eines Sache nähern. Den Koth, den Staub an die Wand ankehren. 2) * Von kehren, wenden, so viel als anwenden, welche Bedeutung aber nur in einigen Oberdeutschen Gegenden üblich ist. Fleiß ankehren, anwenden. So auch die Ankehrung.


Änkel (W3) [Adelung]


1. * Der Änkel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches in verschiedenen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes angetroffen wird, die Biegung des Fußes an den Knorren zu bezeichnen, wofür man im Hochdeutschen der Knöchel sagt. Es ist von Anke abgeleitet, welches ehedem eine jede Biegung, besonders an den thierischen Körpern bedeutete, so wie das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, den Elbogen und ein jedes Gelenk bezeichnete. S. Frisch h. v. Besonders wurde Anke theils von dem Nacken, theils von der Biegung an dem Hüftbeine, und theils von der Biegung unten an dem Fuße gebraucht. Das Engl. Hanch, das Holländ. Hanke, das Franz. Hanche, das Italiän. und Spanische Anca, welche insgesammt die Hüfte bedeuten, sind unstreitig Überbleibsel davon. S. auch Hanke. Unser Änkel, in der Bedeutung des Knöchels, ist sehr alt, und in allen mit der Deutschen Sprache verwandten Mundarten befindlich. Das Angel Ancleow, das Engl. Ancle, das Holländ. Enkel und Aenclauwe, das Franz. Enchil, das Schwed. Ankel, das Isländ. Oeckul, das Dän. Agild und Ankelkode, sind unläugbare Beweise davon. In Ansehung der allgemeinen Bedeutung der Krümme gehöret dieses Wort zu Angulus, Uncus, Angel, und hundert andern, obgleich Wachter dasselbe lieber von dem veralteten Verbo anken, inserere, Frisch aber von hangen, ableiten will.


Änkel (W3) [Adelung]


2. Der Änkel, Nepos, S. Enkel.1.


Anker (W3) [Adelung]


Der Anker, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum Ankerchen, ein Maß flüssige Dinge, in Ober- und Niedersachsen, welches gemeiniglich einen halben Eimer hält, deren also vier auf eine Ahm gehen. Schwed. Ankare, Holländ. Anker, Dän. Anker. Liungberg und Ihre muthmaßen ein wenig unwahr- scheinlich, daß es von dem Latein. Amphora komme. Das alte Franz. Anche und Ancere, und das spätere Latein. Anceria, Ancheria, kommen bey dem Carpentier in eben derselben Bedeutung vor.2.


Anker (W3) [Adelung]


Der Anker, des -s, plur, ut nom. sing. Diminutivum Ankerchen. 1) Ein bekanntes mit Widerhaken versehenes Werkzeug, die Schiffe stehend zu machen. Den Anker werfen, auswerfen, oder fallen lassen, ihn seiner Schwere überlassen, damit er sich in den Grunde des Meeres einsenke. Sich vor Anker legen, vor Anker gehen, den Anker auswerfen. Vor Anker liegen, auch in figürlicher Bedeutung, an einem Orte stille liegen, und auf etwas warten. Den Anker lichten, ihn wieder in die Höhe winden. Den Anker aufsetzen, ihn auf den Kranbalken bringen. Den Anker kappen, oder abkappen, das Ankertau abbauen, und den Anker auf der Tiefe lassen. Den Anker schleppen, oder vor Anker treiben, wenn der Anker nicht fest hält, sondern das Schiff wegführen lässet. Den Anker bekleiden, dessen Schaufeln mit Bretern verbinden; S. Ankerschuh. Figürlich ist der Anker alles was Festigkeit und Sicherheit gewähret, daher er auch ein Sinnbild der Standhaftigkeit und der Gelassenheit ist. Wenn auch der Hoffnung ein Anker zugesellet wird, so bedeutet derselbe weiter nichts an, als daß diese Gemüthsbeschaffenheit uns in den Widerwärtigkeiten erhält und unterstützet. 2) Wegen einer Ähnlichkeit in der Baukunst, gekrümmte Haken, Stein an Stein und Holz an Holz damit zu befestigen, und in weiterer Bedeutung, alle diejenigen Werkzeuge, welche in den senkrecht stehenden Mauern angebracht werden, die Festigkeit derselben zu befördern. Diese sind von mancherley Gestalt, und bestehen gemeiniglich aus einem Zugbande, welches an dem einen Ende ein Loch hat, in welcher der eigentliche Anker, der oft nur eine gerade Stange ist. auswendig an der Mauer gesteckt wird. Zuweilen haben diese Anker die Gestalt eines - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und alsdann werden sie Vorschieber genannt. In den Marschländern, wird der Grund, worauf ein Deich liegt, gleichfalls ein Anker genannt, vermuthlich, weil derselbe von quer über gelegten Balken, so wie der Anker in einer Mauer, zusammen gehalten wird. 3) Bey den Seidenwirkern, eine Rolle, unten mit einem Bleygewichte, die Leistenfaden damit auszuspannen.

Anm. Der Nahme dieser in der Schiffahrt so unentbehrlichen Werkzeuges, ist aus dem Griech. und Latein. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und ancora in alle Europäische Sprachen und Mundarten genommen. Selbst die Pohlen nennen dasselbe ankra, die Russen aber Jakori. Dem Plinius zu Folge hat Anacharsis, ein Seythe, die Anker mit Widerhaken erfunden. Wenn man nun dabey annimmt, daß auch der Nahme Seythischen Ursprunges ist, so ist sehr glaublich, daß haben vornehmlich auf die Krümme gesehen worden. S. Anke, Angel, Haken, u. s. f.


Ankerarm (W3) [Adelung]


Der Ankerarm, des -es, plur. die -e, die zwey gekrümmten Hälften des Ankerkreuzes, an welchem die Schaufeln befindlich sind, und welche in den Seestädten auch Flunken heißen, ohne Zweifel aus dem Franz. Flanque.


Ankerblume (W3) [Adelung]


Die Ankerblume, plur. die -n, der Nahme einer ausländischen Pflanze; Rhexia, L.


Ankerboje (W3) [Adelung]


Die Ankerboje, plur. die -n, in der Schifffahrt, ein Zeichen, welches vermittelst des Bojseils an den Kopf des Ankers befestiget wird, und wenn derselbe geworfen worden, oben schwimmet, damit man siehet, wo der Anker liegt. Zuweilen ist dieses Zeichen eine Tonne, oft aber nur ein bloßes Stück Holz, Rinde oder Kork. Der Nahme ist aus dem Holländ. Boei, Engl. Buoy. Sonstwird dieses Zeichen auch nur schlechthin Boje, ingleichen Ankerflott, Nieders. Ankervlot, und im Bremischen auch Dobber genannt. S. Boje.


Ankerbühne (W3) [Adelung]


Die Ankerbühne, plur. die -n, im Wasserbaue, eine Bühne am Ufer in Gestalt eines Ankers, dasselbe zu erweitern.


Anker-Fabrik (W3) [Adelung]


Die Anker-Fabrik, plur. die -en, eine Fabrik, wo nichts als Schiffsanker verfertiget wird.


Ankerfest (W3) [Adelung]


Ankerfest, adj. et adv. was den Anker hält, oder von demselben gehalten wird. Ein ankerfester Grund, der den Anker hält. das Schiff liegt ankerfest, wird von dem Anker gehalten.


Ankerfliege (W3) [Adelung]


Die Ankerfliege, plur. die -n, S. Ankerschaufel.


Ankerflott (W3) [Adelung]


Das Ankerflott, des -es, plur. die -e, S. Ankerboje.


Ankergeld (W3) [Adelung]


Das Ankergeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, dasjenige Geld, welches für die Freyheit, in einem Hafen, oder auf einer Rehde vor Anker zu liegen, bezahlt wird, und welches auch das Ankerrecht, der Ankerzoll genannt wird; Französisch Ancrage, im barbarischen Lateine Ancoragium, Anchoragium.


Ankergrund (W3) [Adelung]


Der Ankergrund, des -es, plur. die -gründe, der Boden des Meeres, in Rücksicht auf den Anker. In diesem Meere gibt es viele und gute Ankergründe. Ingleichen das Erdreich selbst, in Beziehung auf dessen Tauglichkeit zum Ankern; in welchem Verstande dieses Wort seinen Plural hat. Guter, schlechter Ankergrund.


Ankerhaken (W3) [Adelung]


Der Ankerhaken, des -s, plur. ut nom sing. ein an ein Tau befestigter eiserner Haken, den Anker damit aus dem Wasser zu heben.


Ankerhelm (W3) [Adelung]


Der Ankerhelm, des -es, plur. die -e, S. Ankerruthe, ingleichen Helm.


Ankerholz (W3) [Adelung]


Das Ankerholz, des -es, plur. die -hölzer, S. Ankerstock, In Gebäuden ist es der hölzerne Theil eines an der Mauer angebrachten Ankers, der Balken desselben.


Ankerkreuz (W3) [Adelung]


Das Ankerkreuz, des -es, plur. die -e, 1) Derjenige Theil des Ankers, welcher an dem untern Ende desselben mit der Ankerruthe ein Kreuz vorstellet, und woran sich die Ankerarme befinden. 2) In der Wapenkunst, ein Kreuz, welches an allen vier Enden zwey krumme Haken hat, und daher verschiedenen Ankern gleichet.


Ankerkrücke (W3) [Adelung]


Die Ankerkrücke, plur. die -n, an den Schiffsankern, zwey kreuzweise zusammen gefügte Hölzer oben an der Ankerruthe, damit der Anker im Wasser nicht auf seine Fläche zu liegen komme.


Ankerkugel (W3) [Adelung]


Die Ankerkugel, plur. die -n, bey den Feuerwerken, eine mit Haken oder Anker versehene Brandkugel, welche vermittelst derselben, an dem Orte, wohin sie geworfen wird, hangen bleibt, daher sie auch Klebkugel genannt wird.


Ankerlos (W3) [Adelung]


Ankerlos, adj. et adv. von dem Anker los gerissen. Ein ankerloses Schiff. Der Sturm hat das Schiff ankerlos gemacht.


Ankern (W3) [Adelung]


Ankern, verb. reg act. 1) Den Anker werfen. In einem Hafen, auf einer Rehde ankern. 2) In der Baukunst, vermittelst eines Ankers verbinden. Die Mauern eines Gebäudes zusammen ankern, oder verankern. 3) + Etwas vermittelst eines Ankers, d. i. Hakens, zu erreichen suchen, doch nur in der gemeinen figürlichen Redensart, nach etwas ankern, heftig darnach trachten. daher die Ankerung, doch nur in der zweyten Bedeutung.


Ankerplatz (W3) [Adelung]


Der Ankerplatz, des -es, plur. die -plätze, ein Platz, in Rücksicht auf dessen Bequemlichkeit zum Ankern. Ein guter, schlechter, bequemer Ankerplatz. Ingleichen derjenige Ort, wo ein Schiff vor Ufer lieget.


Ankerrecht (W3) [Adelung]


Das Ankerrecht, des -es, plur. inusit. 1) Das Recht, auf eines andern Küste ohne Entgeld Anker zu werfen. 2) Dasjenige Geld, welches für die Freyheit zu ankern bezahlt wird; das Ankergeld.


Ankerring (W3) [Adelung]


Der Ankerring, des -es, plur. die -e, ein großer Ring an der Ankerruthe, woran das Ankertau befestiget wird.


Ankerruthe (W3) [Adelung]


Die Ankerruthe, plur. die -n, die gerade Stange Eisen, welche von dem Ringe bis zu dem Kreuze eines Ankers gehet, und auch Ankerhelm, ingleichen Ankerstange genannt wird.


Ankerschaufel (W3) [Adelung]


Die Ankerschaufel, plur. die -n, eine dreyeckige eiserne Platte, an jedem Ende der Ankerarme, welche in den Grund eingreifet, und der wesentlichste Theil eines Ankers ist; die Ankerfliege, gleichsam Ankerflügel.


Ankerschiene (W3) [Adelung]


Die Ankerschiene, plur. die -n, in den Gebäuden, eiserne Schienen, welche an den beyden Enden eines Balkens befestiget werden, um mit ihm einen Anker zu bilden.


Ankerschmid (W3) [Adelung]


Der Ankerschmid, des -es, plur, die -schmiede, ein Grobschmid, der sich besonders auf die Verfertigung der Schiffsanker leget. Von dem Plural S. Schmid. Daher die Ankerschmiede, plur. die -n, dessen Werkstätte.


Ankerschuh (W3) [Adelung]


Der Ankerschuh, des -es, plur. die -e, eine hölzerne Bekleidung der Schaufeln an den Schiffsankern, besonders in lockerm Boden.


Ankerseil (W3) [Adelung]


Das Ankerseil, des -es, plur, die -e, S. Ankertau.


Ankerstock (W3) [Adelung]


Der Ankerstock, des -es, plur. die -stöcke, ein viereckiges, gegen beyde Enden etwas zugespitztes Holz, welches oben an der Ankerruthe befestiget wird, damit sich der Anker nicht flach auf den Grund lege, sondern eingreife; das Ankerholz. Bestehet ea aus zwey Hölzern, so wird daraus eine Ankerkrücke.


Ankertau (W3) [Adelung]


Das Ankertau, des -es, plur. die -e, ein starkes Tau, woran der Anker auf einem Schiffe befestiget ist; das Kabel, und wenn es schwächer ist, das Ankerseil.


Ankerzoll (W3) [Adelung]


Der Ankerzoll, des -es, plur. die -zölle, S. Ankergeld.


Ankerzunft (W3) [Adelung]


Die Ankerzunft, plur. die -zünfte, eine von den zwanzig Zünften der Bürgerschaft zu Strasburg, zu welcher die Schiffbauer, Schiffszimmerleute, und Schiffer gehören. Der dasige große Haufe spricht dieses Wort nur Enkerzunft aus.


Anketteln (W3) [Adelung]


Anketteln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden ist, mit Ketten d. i. kleinen Ketten befestigen. In der Weißnätherey geschiehet das Anketteln, z. B. der Manschetten an die Bündchen, mit einer besondern Art Stiche. Wenn die Strumpfwirker besonders gewirkte Theile eines Strumpfes mit ihren Maschen vereinigen, so nennen sie es gleichfalls anketteln. Daher die Ankettelung.


Anketten (W3) [Adelung]


Anketten, verb. reg. act. mit Ketten befestigen, doch mehr in der höhern Schreibart, als im gemeinen Leben. Ingleichen figürlich. Vom Ceremoniel im Lehnstuhl angekettet, Zachar. Sich an einen anketten, figürlich, sich ihm aufbringen.


Ankirren (W3) [Adelung]


+ Ankirren, verb. reg. act. kirre machen und anlocken. Vögel ankirren. S. Ankörnen.


Ankitten (W3) [Adelung]


Ankitten, verb. reg act. mit Kitt an etwas befestigen. Ein Stück Stein oder Glas an das andere ankitten.


Anklaffen (W3) [Adelung]


Anklaffen, verb. reg. act. wie anbellen. Kleine Hunde klaffen alle Menschen an.


Anklage (W3) [Adelung]


Die Anklage, plur. die -n, die Handlung des Anklagens. Ingleichen diejenige Schrift, worin eine solche Anklage enthalten ist. Figürlich, die Anklage des Gewissens.


Anklagen (W3) [Adelung]


Anklagen, verb reg. act. 19 Bey einem höhern zu verdienten Strafe förmliche Klage über jemand führen; besonders in peinlichen Sachen, so wie das einfache klagen mehr in bürgerlichen Sachen gebraucht wird. Einen bey Gerichte anklagen. Einen wegen eines Verbrechens anklagen. Einen auf Leid und Leben anklagen. 2) Figürlich, eines Vergehens beschuldigen. Sein Gewissen klagt ihn an. Jetzt muß ich meine Thorheit anklagen. 3) + In der gemeinen Mundart des, Aberglaubens, einem etwas anklagen, im durch bösartiges Beklagen eineKrankheit anhängen. Es muß mir wohl seyn angeklaget worden. So auch die Anklagung. S. Klagen.

Anm. Die Wortfügung mit der zweyten Endung der Sache, einen eines Verbrechens anklagen, ist in den gewöhnlichen Schreibarten veraltet.


Ankläger (W3) [Adelung]


Der Ankläger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anklägerinn, plur. die -en, eine Person, welche jemand anklaget, besonders in peinlichen Sachen. In Niedersachsen bedeutet dieses Wort ehedem den Beklagten. So heißt es z. B. in den Bremischen Statuten, Ord. 4. Wolde ock de Anklegere den Kleger schuldigen, wollte auch de Beklagte den Kläger beschuldigen.


Anklammern (W3) [Adelung]


Anklammern, verb. reg. act. mit Klammern an etwas befestigen. Sich an die feindlichen Schiffe anklammern, anhaken, entern. Ingleichen in weiterer Bedeutung, sich an etwas anklammern, im gemeinen Leben, sich mit Händen und Füßen daran fest halten.


Ankleben (W3) [Adelung]


Ankleben, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Vermittelst eines Klebers, oder einer zähen Feuchtigkeit an etwas befestiget seyn. Das Papier klebet an der Wand an. 2) Ingleichen in weiterer Bedeutung, fest an etwas hangen. Die Kletten kleben gern an die Kleider an. Wie auch, 3) figürlich, auf sittliche Art genau mit etwas verbunden seyn. Diese Anart klebet ihm noch von seiner Jugend an. + Einem ankleben, im gemeinen Leben, ihm fest anhangen, seine Partey eifrig nehmen. S. auch Ankleiben.


Anklecken (W3) [Adelung]


Anklecken, verb. reg. act. in Gestalt eines Kleckses anwerfen, hier und da anwerfen.


Ankleiben (W3) [Adelung]


Ankleiben, verb. reg. act. mit einem Kleber, d. i. einer zähen Feuchtigkeit, an etwas befestigen, ankleben machen. Einen Zettel ankleiben. Ein Papier an die Wand ankleiben. Daher die Ankleibung. Von dem Unterschiede zwischen ankleben und ankleiben, S. Kleben und Kleiben.


Ankleiden (W3) [Adelung]


Ankleiden, verb. reg. act. alle nöthige Kleidungsstücke anlegen. Einen ankleiden. Sich ankleiden, wofür man im gemeinen Leben sich anziehen sagt. Daher Ankleidung.


Ankleistern (W3) [Adelung]


Ankleistern, verb. reg. act. mit Kleister an etwas befestigen. So auch die Ankleisterung.


Anklemmen (W3) [Adelung]


Anklemmen, verb. reg. act. an etwas klemmen oder fest drücken. Einen an die Wand anklemmen. So auch die Anklemmung.


Anklingeln (W3) [Adelung]


Anklingeln, verb. reg. neutr. an die Klingel ziehen, besonders um dadurch ein Zeichen zum Aufmachen der Hausthür zu geben, wofür man an einigen Orten, z. B. in Thüringen, sagt, anschellen.


Anklipp (W3) [Adelung]


* Der Anklipp, des -es, plur. inusit. in Niedersachsen, besonders um Bremen, eine Art Torf, welche an Güte geringer ist, als der do genannte Klipptorf. An hat hier eine mildernde Bedeutung, und bezeichnet einen geringen Grad, als das folgende Nennwort. S. Ähnlich, ingleichen An.

Anm. 7.


Anklopfen (W3) [Adelung]


Anklopfen, verb. reg. neutr. an etwas klopfen. An ein Faß anklopfen. An das Fenster anklopfen, damit man aufmache. An die Thür anklopfen, um dadurch ein Zeichen zum Aufmachen zu geben; in welchem Verstande dieses Zeitwort mehrentheils absolute gebraucht wird. Wer klopfte an? Stark, leise, behutsam anklopfen. Klopfer an, so wird euch aufgethan. Mit den Fingern, mit den Füßen anklopfen. Ingleichen figürlich: Gott klopfet zuweilen mit Krankheit bey dem Menschen an, will ihn zur Erkenntniß seiner selbst bewegen. So auch die Anklopfung.


Anklopfer (W3) [Adelung]


Der Anklopfer, des -s, plur ut nom. sing der metallene Ring oder Hammer an den Hausthüren, vermittelst dessen man anklopfet.


Anklotzen (W3) [Adelung]


Anklotzen, S. Anglotzen.


Ankneipen (W3) [Adelung]


Ankneipen, verb. reg. act. an etwas kneipen. Besonders bey den Bäckern, den Teig ankneipen, ihn mit den Händen klein drücken, ihn zergreifen, durchgreifen.


Anknöpfen (W3) [Adelung]


Anknöpfen, verb. reg. act. vermittelst eines oder mehrerer Knöpfe an etwas befestigen. So auch die Anknöpfung.


Anknüpfen (W3) [Adelung]


Anknüpfen, verb. reg. act. vermittelst eines Knotens an etwas befestigen. Einen Faden an den andern anknüpfen. Ein Band anknüpfen. Einen Missethäter an den Galgen anknüpfen, ihn aufknüpfen. Daher die Anknüpfung.


Anködern (W3) [Adelung]


Anködern, verb. reg. act. 1) Durch Köder anlocken. Fische, Vögel u. s. f. anködern; bey andern anaßen, und wenn es mit Körnern geschiehet, ankörnen. 2) Den Köder, oder als Köder aufstecken, bey den Fischern. Saubohnen anködern. Daher die Anköderung, so wohl von der Handlung des Anköderns, als auch von dem Köder selbst.


Ankommen (W3) [Adelung]


Ankommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird.1. An etwas kommen, d. i. einer Person oder Sache nahe kommen, sich derselben nähern, da es denn entweder mit der vierten Endung des Nennwortes oder mit der Präposition auf verbunden wird. Und zwar:1) In eigentlicher Bedeutung, welche aber im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht wird, außer, daß man zuweilen im gemeinen Leben sagt, laß ihn nur ankommen, oder, er soll nur ankommen. Ingleichen, ich kann ihn nicht ankommen, ich kann ihm nicht beykommen, kann ihm nichts anhaben. Ferner, auf einen ankommen, sich ihm nähern, auf ihn zukommen. Ehedem war es so wohl in der eigentlichsten, als auch in weiterer Bedeutung, besonders in Oberdeutschland, weit häufiger; indem es in der letztern unter andern auch begegnen, antreffen, ingleichen anfallen, bedeutete. Ich jag noch Als gern als all mein Lebtag, Wo ich sy (die Gemsen) nur ankhomen mag, Theuerd. Kap. 55. wo ich sie nur antreffe. Auf gleiche Art heißt es 2. Maccab. 10, 17. Sie erwürgeten alles, was sie ankamen. In der Bedeutung des feindlichen Anfalles aber kommt es mit dem Accusative mehrmahls bey den Schwäbischen Dichtern vor. Hieraus fließen nun,2) Folgende figürliche Bedeutungen.(a) Von etwas befallen werden. Es kommt mich ein Frost an. Der Schlaf kam ihn an. Die Wehen kamen sie an. Besonders von Begierden und andern Gemüthsbewegungen. Es kommt mich eine Furcht an. Es ist ihm eine Lust, ein Verlangen angekommen. Wenn dich einmahl die Reue ankommen wird. Es wird dich Angst ankommen, Jerem. 13, 21. Da kam mich Furcht und Zittern an, Hiob 4, 14. Doch kommt mich bald die Luft zu schreiben wieder an, Opitz. Zittern und Entsetzen möchte einen ehrlichen Kerl ankommen, Less. Der Wohlstand kömmt mich an, jetzt will ich zärtlich heißen, Günth. Wenn die Wollust uns verläßt, dann kömmt uns die Andacht an, Logau. Wenn es ihn ankommt, wenn es ihm einfällt. Was kommt ihn an? was fällt ihm ein?In vielen, ja den meisten der jetzt angeführten Fälle, wird ankommen im Hochdeutschen gemeiniglich mit der dritten Endung verbunden, und selbst viele Sprachlehrer scheinen es für gleichgültig zu halten, was für eine Endung man demselben in dieser Bedeutung zugesellet; dagegen im Oberdeutschen der Accusativ am gewöhnlichsten ist. Die Schwierigkeit beruhet auf der eigentlichen Bedeutung des an in dieser Zusammensetzung. Wäre es ausgemacht, daß es hier für in oder ein stände, so würde der Dativ vielleicht die richtige Endung seyn. Druckt an aber hier die Bewegung nach einem Orte aus, so läßt sich nur die vierte Endung vertheidigen, zumahl da diese noch die Analogie von einen angehen, einen anlaufen, einen anfallen, einen antreten u. s. f. für sich hat. Hierzu kommt noch der Gebrauch älterer Schriftsteller, der deutlich genug für diese vierte Endung ist. Notker sagt: Forhta cham sie ana, ingleichen, der tod chome die ana u. s. f. Man darf auch das zusammen gesetzte ankommen nur auflösen, wenn man von der Nothwendigkeit des Accusatives überzeugt werden will; denn hier sagt jedermann: ich kann nicht an ihn kommen.(b) Empfunden werden, doch nur in Rücksicht auf diejenige Empfindung, welche bey Überwindung der Hindernisse Statt hat, und mit den Adverbiis leicht, schwer, sauer, hart. Es kommt mir schwer an, dieses zu lassen. Das wird dir sehr leicht ankommen. Und es kam sie hart an über der Geburt, 1. Mos. 35, 17. Das kommt mir sauer an, Gell. Die Verstellung kommt mir weit beschwerlicher an, als wenn ich sage, wie mirs ums Herze ist, ebend. Hier ist der Dativ im Hochdeutschen fast allgemein; vermuthlich weil der Begriff der Annäherung hier unmerklicher wird.(c) Das wirklich werden einer Sache erwarten, doch nur mit auf und mit dem Verbo lassen: Er lässet es allemahl auf das Äußerste ankommen. Ich mag es auf seinen Anspruch nicht ankommen lassen. Ein Thor lässet alles auf das Glück ankommen. Die kriegenden Parteyen wollen es auf ein Treffen ankommen lassen.(d) Den Grund von etwas enthalten, der Gegenstand eines Geschäftes seyn, in welcher Bedeutung ankommen meisten Theils zu einem unpersönlichen Zeitworte wird, und bey derjenigen Sache, die den Grund oder Gegenstand ausmacht, das Vorwort auf erfordert. ( - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) den Grund enthalten. Es kommt hier bloß auf das Glück an. Auf dich allein kommt es an. Kommt es auf mich an, ob ich lieben will oder nicht? Weiße. Auf die Wahl in der Liebe kommt das ganze Glück in der Ehe an, Gell. Die Liebe können sie mir verbiethen, aber die Hochachtung kommt nicht auf meinen Willen, sondern auf ihre Verdienste an, ebend. Elender, deine Befreyung, deine Ruhe kommt auf dich allein an! Dusch. ( - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Der Gegenstand seyn, betreffen. Es kommt auf Leib und Leben an. Es kommt bey dem ganzen Streite bloß auf zwanzig Thaler an. ( - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Ein nothwendiger Gegenstand seyn, nöthig seyn, erfordert werden. Es kommt auf einen Versuch an. Hier kommt es bloß aufs Geld an. Es kommt nur noch auf einen Tag an, so wird sichs ausweisen. Wenn es auf die Verschwiegenheit ankommt, da nehme ich es mit einem jeden auf. ( - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Ein wichtiger Gegenstand seyn, für wichtig gehalten werden, mit dem Dative der Person. Auf die Erhaltung dieser Festung kommt sehr vieles an. Es kommt mir darauf nicht an, ich achte solches nicht. Es kommt ihm auf ein Paar hundert Thaler niemahls an. Wir haben so wenig klare Begriffe in dieser Welt, daß es uns auf etwas mehr oder weniger Unwissenheit nicht ankommen darf. Es muß ihnen auf einen Tag nicht ankommen, Less. Es kommt den vornehmen Herren nicht darauf an, ihre Weiber sitzen zu lassen, und sich mit andern zu schleppen, Weiße.2. Auf der Reise an oder in einem Orte gegenwärtig werden, und zwar:1) Eigentlich, da dieses Verbum theils absolute stehet, theils die Vorwörter an, in, zu und bey erfordert. Zu Pferde, zu Füße, zu Schiffe ankommen. Die Post ist angekommen. Ich bin eher angekommen, als ich dachte. Wir sind noch vor Tage angekommen. Er ist glücklich, gesund angekommen. An einem Orte ankommen. Die Schiffe sind in Holland angekommen. Er ist zu Berlin, zu Leipzig, in Paris, in Madrit angekommen. Sie ist bey mir, bey ihren Ältern, bey ihren Freunden noch nicht angekommen. Die Waaren sind längst angekommen.2) In figürlicher Bedeutung.(a) Eingang mit etwas finden. Bey mir kommt er nicht an, richtet er nichts aus, erreicht er seinen Endzweck nicht. Ich habe ihm schon gesagt, daß er bey mir unrecht ankommt, Weiße.(b) Befördert werden. Er ist bey Hofe, oder an dem Hofe angekommen. Er ist wohl, schlecht, hoch angekommen. Wer gar zu bider ist, bleibt zwar ein redlich Mann, Bleibt aber wo er ist, kommt selten höher an, Logau. Ingleichen, von der Beförderung durch Heirathen. Sie ist sehr wohl, vortrefflich angekommen, verheirathet worden. Er ist sehr schlecht angekommen.(c) in Rücksicht auf den Empfang, aufgenommen werden. Ich würde damit schlimm angekommen seyn. Da kam er übel an. Wer das denkt, der kommt blind bey mir an. Ich könnte ankommen, (d. i. übel ankommen,) wenn ich so geradezu liefe. Ich wäre schön angekommen, wenn er mir gefolgt wäre, Weiße. Geh nur, du wirst mir der guten Zeitung bey ihm ankommen, (d. i. schlecht ankommen,) ebend.

Anm. In den meisten der bisher angeführten figürlichen Bedeutungen, besonders den letzten, ist dieses Verbum nur in der vertraulichen und gesellschaftlichen Sprechart üblich. Unter den theils veralteten, theils nur in einigen Provinzen üblichen Bedeutungen desselben, verdienen folgende angemerket zu werden. 1. Für anfangen, wovon Frisch ein Beyspiel aus dem Pictorius anführet. 2. Für begegnen, antreffen, deren schon, oben gedacht worden. S. auch Haltaus h. v. 3. Für anfallen, feindlich angreifen, wovon bey den Schwäbischen Dichtern Beyspiele vorkommen. 4. Für anfallen, zufallen, besonders von Erbschaftssachen, mir der vierten Endung der Person, wovon bey dem Haltaus h. v. Beyspiele angeführet werden. 5. Für angehen, betreffen, welche Bedeutung ehedem in Niedersachsen üblich war. 6. Für anfahren, mit Worten, wovon in dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterb. Theil 2. S. 725. Beyspiele zu finden sind. 7. für heran wachsen, welche Bedeutung in Niedersachsen noch üblich ist. 8. Für anbrüchig werden, angehen, in welcher Bedeutung diese Zeitwort vornehmlich um Hamburg gehöret wird.


Ankömmling (W3) [Adelung]


Der Ankömmling, des -es, plur. die -e, der angekommen ist, doch nur in engerer Bedeutung, der in einem fremden Lande angekommen ist, sich daselbst niederzulassen. Notker nennt einen solchen Ankömmling, Chomeling und Zuochomeling. Bey den spätern Schriftstellern wird er auch Inkommling genannt; S. Haltaus h. v.


Anköpfen (W3) [Adelung]


Anköpfen, verb. reg. act. bey den Nadlern, den Kopf einer Nadel mit der Wippe aufstampfen, welches auch aufköpfen und anstampfen genannt wird. Daher die Anköpfung.


Ankörnen (W3) [Adelung]


Ankörnen, verb. reg. act. Durch Körner heran locken. Vögel ankörnen, im gemeinen Leben ankirren. In weiterer Bedeutung, durch eine jede gelegte Lockspeise anlocken. So können die Jäger das Rothwildpret mit Krautstauden, die Hasen mit Obst, die Raubthiere mit Fleisch u. s. f. an. So auch die Ankornung.


Ankreiden (W3) [Adelung]


+ Ankreiden, verb. reg. act. im gemeinen Leben, mit Kreide anschreiben, ingleichen überhaupt für anschreiben, auf die Rechnung schreiben, doch nur in der niedrigsten Sprechart.


Ankriechen (W3) [Adelung]


Ankriechen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, heran kriechen, sich kriechend nähern; doch am häufigsten nur im Particip. Pass. mit dem Verbo kommen. Von Mopsen wird er (der Hund) kaum erkannt, So dürftig kommt er angekrochen, Haged. Ingleichen, in figürlicher Bedeutung, doch nur im gemeinen Leben. Wer konnte es dir an der Nase ansehen, daß du mir deiner romanenhaften Liebe würdest angekrochen kommen, Weiße.


Ankündigen (W3) [Adelung]


Ankündigen, verb. reg. act. welches das Frequentativum des im Hochdeutschen ungewöhnlichen Verbi ankünden ist, einem feyerlich bekannt machen, feyerlich anfangen. Einem den Krieg ankündigen. Man hat ihm sein Todesurtheil angekündiget. Figürlich. Wenn sie den frohen Abendstern segnen, der das Ende ihrer Arbeit ankündigt, Dusch. Daher die Ankündigung.


Ankunft (W3) [Adelung]


Die Ankunft, plur. inusit. 1) Das Ankommen an oder in einem Orte. Ich hatte seine Ankunft nicht vermuthet. Wenn ist deine Ankunft gewesen: wenn bist du angekommen? Die Ankunft des Schiffes in dem Hafen. Die Ankunft der Post, der Waaren u. s. f. 2) Der Ursprung, die Ankunft dem Geschlechte nach. Von vornehmer, geringer Ankunft seyn. Seine Sitten verrathen seine schlechte Ankunft. In dieser Bedeutung ist Ankunft vornehmlich im Oberdeutschen üblich. Im Hochdeutschen sagt man dafür lieber Abkunft oder Herkunft.

Anm. So wie ankommen ehedem anfangen bedeutete, so bezeichnete auch Ankunft einen jeden Anfang oder Ursprung; z. B. von Ankunft und Ausbreitung des Bergwerkes. Für Ankunft in der ersten Bedeutung sagte man ehedem auch nur Kunst, Chumft, Isid. Cuonft, Miller. Kunft, Ottfr. Herr ich bin Eur Kunft froh, Theuerd. Kap. 23. Ich seiner Kunft mit verdrieß bit, ebend. Kap. 57. d. i. ich wartete mit Verdruß auf seine Ankunft. Daß Ankunft ehedem auch Recht, Anspruch bedeutet habe, erhellet aus dem Haltaus h. v.


Ankünsteln (W3) [Adelung]


Ankünsteln, verb. reg. act. in der Hofsprache des Aberglaubens, ein gemilderter und höflicher Ausdruck für anzaubern. Einem etwas ankünsteln.


Ankuppeln (W3) [Adelung]


Ankuppeln, verb. reg. act. 1) Anbinden, zusammen binden. Die Jagdhunde ankuppeln, sie mit den Halsbändern zusammen schnallen. 2) + Figürlich, aber nur in der niedrigsten Sprechart, einem eine Person ankuppeln, eine Heirath mit ihr stiften. So auch die Ankuppelung.


Ankürzen (W3) [Adelung]


Ankürzen, verb. reg. act. von welchem in der Wapenkunst nur das Particip. Pass angekürzt üblich ist, für angestückt, doch nur von dem, was an dem Ende eines Kreuzes angestücket ist.


Anlächeln (W3) [Adelung]


Anlächeln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden ist, lächelnd ansehen. Er lächelte mich freundlich an. Ingleichen in figürlicher Bedeutung, und in der dichterischen Schreibart, einen angenehmen, reitzenden Einfluß auf jemanden haben. Wie der liebliche Mond mich anlächelt! Weiße. Aus Betrübniß um dich soll mich keine Freude mehr anlächeln. Nur der Pöbel wird gleich außer sich gebracht, wenn ihn das Glück einmahl anlächelt, Less.


Anlachen (W3) [Adelung]


Anlachen, verb. reg. act. lachend ansehen. Einen freundlich anlachen. Der, denkt sie, der ist auch gefangen, Und lacht mich schalkhaft an, Less. Ingleichen in figürlicher Bedeutung, sich gegen jemanden günstig, liebreich bezeigen. Von dem Glücke angelachet werden. Das Glück lacht ihn an. Ingleichen, angenehme Empfindungen erwecken. Es lacht einen nur an, so schön ist es, im gemeinen Leben. In allen deinen Stunden wird die Sicherheit dich anlachen, Dusch. Die Sorgen dürfen sich an meine Brust nicht wagen, Nur stille Freude lacht mich an, Gieseke.


Anlage (W3) [Adelung]


Die Anlage, plur. die -n, von dem Verbo anlegen, so wohl diese Handlung, als auch, die angelegte Sache zu bezeichnen.1. Die Handlung des Anlegens, ohne Plural, doch nur in einigen figürlichen Bedeutungen des Verbi; besonders die Vertheilung einer Abgabe auf die einzelnen Glieder einer Gemeinde oder Gesellschaft, ingleichen die Verfertigung des Entwurfes zu einer Sache. Die Anlage eines Gebäudes, eines Gartens übernehmen.2. Diejenige Sache, welche angeleget wird, so wohl in dem eigentlichen als figürlichen Verstande des Verbi. Hier bezeichnet Anlage: 1) in den Kanzelleyen so viel als Beylage, was einer Schrift beygeleget oder beygefüget wird. Aus welcher Anlage zu ersehen seyn wird, u. s. f. 2) Das Erdreich, welches ein Fluß oder Wasser an einem Orte anleget, oder anspielet, und welches sonst auch die Anschütt und der Anwurf genannt wird. 3) In den Bergwerken zusammen geschmiedete Bergeisen. 4) An den Schießgewehren, denjenigen Theil, welchen man bey dem Abfeuern an den Backen legt, und welcher auch der Anschlag heißt. 5) An einem Kastenschlosse dasjenige Eisen oder Blech, durch dessen Öhr der Bogen gehet, worin das Schloß hängt; in Regensburg die Anleg, in Nürnberg die Klammer, in Wien die Narb, in Steiermark die Arb, und in Niedersachsen die Krampe. 6) Dasjenige Geld, welches so wohl Unterthanen zu allgemeinen Bedürfnissen des Staates hergeben müssen, die Auflage, als auch, welches besondere Zünfte und Gesellschaften sich aufbringen. Bürgerliche Anlagen, Weinanlagen, Bieranlagen u. s. f. Abgaben von dem Weine, dem Biere. Eine Anlage auf etwas machen, ausschreiben. Ein Land, das von vielen und schweren Anlagen gedrückt wird. 7) Dasjenige Geld, welches man zu dem Anfange eines Nahrungsgeschäftes widmet, und dazu anleget. Seine Anlage bestehet aus 10000 Rthlrn. wofür man doch noch häufiger das Wort Capital gebraucht. 8) Den Entwurf und ersten Anfang einer Sache. Die Anlage eines Gebäudes, eines Gartens, eines Festungswerkes. Eine Anlage zu etwas machen. Ingleichen, 9) den Grund eines Gebäudes, die Grundlage. Besonders in dem Festungsbaue den Fuß, die untere Breite eines Walles, oder einer Brustwehr. So auch in dem Deichbaue die unterste Grundfläche von dem Durchschnitte eines Deiches oder einer Höhe. Dann aber auch, 10) figürlich, den Anfang, den Grund einer Sache. Ihr Mißtrauen ist die erste Anlage zum Menschenfeinde. Noch mehr aber, 11) natürliche Geschicklichkeit oder Fähigkeit zu etwas. Sie haben eine nicht gemeine Anlage zur Dichtkunst. Sie, mit einer solchen Anlage zu allem, was edel und groß ist, sie entehren sich selbst, Less. Unentwickelte Anlagen zu großen Vollkommenheiten.3. Der Ort, wo etwas angeleget wird. So wird Forstwesen der Ort, wo die Holzhauer zur Arbeit angeleget sind, die Anlage genannt.


Anlallen (W3) [Adelung]


Anlallen, verb. reg. act. lallend anreden. Sein Söhnchen lallte ihn freundlich an.


Anlände (W3) [Adelung]


Die Anlände, plur. die -n, ein Ort, der zu dem Anländen mit den Schiffen gebraucht wird. In Oberdeutschland, besonders Baiern, bedeutet Land ein jedes Ufer. S. Land.


Anlanden (W3) [Adelung]


Anlanden, oder anländen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in der Schiffahrt, an das Land fahren. Mit dem Schiffe anlanden. Die Schiffe sind in England angelandet. Daher die Anlandung oder Anländung.

Anm. Anlanden, in dem alten Gedichte, auf den h. Anno leintan, Nieders. belanden, Schwed. landa, anlanda, liebt in den Oberdeutschen Mundarten das a, in einigen Niedersächsischen Gegenden aber ist das ä üblicher. Die Hochdeutschen gebrauchen beydes. Ehedem bedeutete dieses Wort, von den Flüssen gebraucht, auch so viel, als Land anlegen, ansetzen, anwerfen, anspülen.


Anlangen (W3) [Adelung]


Anlangen, verb. reg. welches auf gedoppelte Art gebraucht wird.I. Als ein Neutrum, 1. Mit dem Hülfsworte seyn, von einem entfernen Orte ankommen, welcher Nebenbegriff der Entfernung in der Wurzel lang liegt. An einem Orte anlangen. Bey einem anlangen. Zu Schiffe, zu Pferde, zu Fuße anlangen. Der Bothe ist noch zu rechter Zeit angelanget. Der Gesandte ist in England, in Paris, in Madrit bereits angelanget.2. Mit haben, * der Gegenstand eines Ausspruches seyn, doch nur im Vordersatze mit was oder so viel und so im Nachsatze, diesen Gegenstand des folgenden Ausspruches zu bezeichnen. Was mich anlanget, so bin ich noch gesund. Was diese Sache anlanget, so halte ich nichts davon. Oder auch im Participio. Die Reise anlangend, so wird selbige nicht erfolgen. Es ist in dieser ganzen Bedeutung im Hochdeutschen meist veraltet, und nur noch in den Kanzelleyen üblich. In den bessern Schreibarten gebraucht man dafür betreffen, nur daß dieses von einem weitern Umfange der Bedeutung ist. Das ohne Noth verlängerte anbelangen ist noch verwerflicher.II. Als ein Activum, bitten. Einen um etwas anlangen, um ein Amt anlangen, um recht und Gerechtigkeit anlangen. Diese ist nur noch im Oberdeutschen bekannt, im Hochdeutschen aber fast völlig verschwunden, außer daß sie noch hin und wieder in den Kanzelleyen vorkommt. Ältere Beyspiele hat Haltaus h. v. gesammelt, aus welchem zugleich erhellet, daß anlangen ehedem auch für belangen, d. i. in Anspruch nehmen, vor Gerichte verklagen, gebraucht worden.Das Substantiv die Anlangung, plur inusit. wird nur in der Bedeutung des ersten Neutrius für Ankunft aus der Ferne gebraucht.


Anlappen (W3) [Adelung]


Anlappen, verb. reg. act. 1) Bey den Jägern, die abgehaspelten Tuch- und Federlappen aufrichten. 2) * In einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, so viel als anflicken. 3) + Einen anlappen, in der niedrigen Sprechart, ihn anschwärzen, verhaßt machen.


Anlaschen (W3) [Adelung]


Anlaschen, verb. reg. act. im Forstwesen, einen Baum anlaschen, ein Stück von der Rinde weghauen, um dem Baum mit dem Waldhammer zeichnen zu können, welches auch anplätzen und anschalmen genannt wird. S. Laschen. Daher die Anlaschung.


Anlaß (W3) [Adelung]


Der Anlaß, des -sses, plur. die -lässe, von dem Verbs anlassen, so wohl dessen Handlung, als auch dasjenige, was angelassen wird, zu bezeichnen.1. Die Handlung des Anlassens; ohne Plural. Der Anlaß des Wassers. Ingleichen von anlassen, scheinen, der Anschein. Es hat allen Anlaß dazu, es läßt sich dazu an.2. Der entfernte Grund zu einer Handlung, wie Veranlassung. Einem Anlaß zu argwohnen geben. Das wird nur Anlaß zum Streite geben. Anlaß zu etwas bekommen. Er nahm daher Anlaß zum Kriege. Sie würden nur einen neuen Anlaß, mich zu verläumden, daraus nehmen, Less. Noch kein Augenblick ist vergangen, da sie mir nicht Anlaß zur Bewunderung gegeben haben, Weiße.

Anm. Wachter nennt Anlaß in dieser zweyten Bedeutung mit Recht ein dunkeles Wort. Das Verbum anlassen ist in dieser Bedeutung nicht üblich, sondern man sagt jetzt dafür veranlassen. Anlaß für Conpromiß, ingleichen für Anfang, wie auch für Anlaß, d. i. Ablaß, Entlassung, ist längst veraltet. Haltaus und Frisch führen indessen Beyspiele davon an.


Anlassen (W3) [Adelung]


1. Anlassen, verb. irreg. act. ( S. Lassen,) welches in seinen meisten Bedeutungen sehr elliptisch ist, und ein anderes Verbum voraus setzet. Es wird gebraucht:1. In eigentlicher Bedeutung, für anbehalten lassen. Ich will ihm den Rock immer anlassen. Für anlaufen lassen, d. i. anhetzen. Einen Hund anlassen, auf etwas anlassen. Ingleichen, das Wasser eines Teiches anlassen, anlaufen lassen, und dann auch metonymisch, eine Teich anlassen, mit Wasser anfüllen. Für angehen lassen, d. i. anfangen lassen zu gehen. So bedeutet in den Schmelzhütten, die Bälge anlassen, oder nur schlechthin, anlassen, so viel als anfangen zu schmelzen, im Gegensatze des Ablassens. In einem andern Verstande ist anlassen bey den Metallarbeitern so viel als glühen und dadurch wieder geschmeidig machen.2. In figürlicher Bedeutung. Einen übel anlassen, ihn mit harten Worten empfangen, ihm einen harten Verweis geben, ihn anfahren. So zornig wollen sie ihn anlassen. Gell. Hart mit Worten angelassen werden. Die Figur ist in dieser Bedeutung ein wenig dunkel.

Anm. Frisch hat von diesem Verbo das Adjectiv anlässig, anlässige Worte, welche Streit veranlassen können; allein es muß dieses Wort entweder veraltet, oder nur in einigen Gegenden üblich seyn.


Anlassen (W3) [Adelung]


2. Anlassen, verb. irreg. recipr. von dem Zeitworte lassen, scheinen, welches S. scheinen, den Schein, das Ansehen zu einem gewissen Erfolge haben. Es läßt sich zum Kriege an, es scheint, daß ein Krieg entstehen werde. Es läßt sich zum Frieden an. Wie läßt sich die Sache an: Die Sache läßt sich gut, übel, schlecht, vortrefflich an. Es läßt sich nicht darnach an, es hat nicht den Anschein dazu. Es läßt sich an, als wenn keine Arzeney mehr helfen wollte. Der Knabe läßt sich gut an, macht viele Hoffnung.


Anlauf (W3) [Adelung]


Der Anlauf, des -es, plur. die -läufe, von dem folgenden Verbo, so wohl die Handlung des Anlaufens, als auch dasjenige, was anläuft, zu bezeichnen.1. Die Handlung, in den meisten Bedeutung des Verbi. Einen Anlauf nehmen, einige Schritte zurück treten, um auf etwas anlaufen zu können. Der Anlauf des Wassers, das Anwachsen, Aufschwellen desselben. Der Anlauf des Feindes, d. i. zum Sturme, der Angriff, in welcher Bedeutung es aber wenig mehr vorkommt. Der Anlauf von Bettlern. Vielen, großen Anlauf haben, von vielen Leuten angegangen und gesucht werden. In dieser Bedeutung der Handlung ist der Plural ungebräuchlich, obgleich Luther die Anläufe, d. i. Angriffe, des Teufels gewagt hat.2. Dasjenige, was anläuft, doch nur von demjenigen, was nach einer schiefen Linie in die Höhe steigt. So wird in den Salzwerken der hinterste Theil des Herdes unter den Zuglöchern, welcher schräge in die Höhe gehet, der Anlauf genannt, und in der Baukunst führet diesen Nahmen ein Zirkelstück, welches ein vorspringendes unteres Glied mit dem obern verbindet; Latein. Apophysis inferior. S. auch Ablauf.


Anlaufen (W3) [Adelung]


Anlaufen, verb. irreg. ( S. Laufen,) welches so wohl als ein Neutrum, als auch ein Activum üblich ist.I. Als ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird.1. Anfangen zu laufen, welche Bedeutung aber wenig vorkommt.2. Hinan laufen, d. i. in die Höhe laufen, in welchen Verstande es nur in weiterer und figürlicher Bedeutung üblich ist. Injener laufen die Bergleute an, wenn sie allmählich in die Höhe arbeiten, so daß die Sohle vor ihnen her steiget. Von einer allmählich in die Höhe steigenden Fläche sagt man gleichfalls: Die Fläche läuft an. Ferner sagt man auch von dem Wasser, es läuft an, der Fluß ist sehr angelaufen, wenn sich dessen Menge, und folglich auch dessen senkrechte Höhe vermehret. Figürlich und im gemeinen Leben, von Zahlen. Die Summe ist schon hoch angelaufen, hat sich sehr vermehret. Seine Schulden laufen täglich höher an.3. Heran laufen, sich laufend nähern. 1) Eigentlich. Eine Grenadier-Compagnie anlaufen lassen, auf den Feind. + Angelaufen kommen, im gemeinen Leben, sich laufend nähern. Mit einem geringen Zusatze zu dem Begriffe wird bey den Jägern anlaufen lassen, von den wilden Schweinen gesagt, wenn man sie an und auf das Fangeisen laufen lässet. Auf ähnliche Art sagt man auch im Jagdwesen, das Thier läuft an, wenn es dem Jäger zum Schusse kommt. 2) In weiterer Bedeutung, wird anlaufen, (a) in den Hammerwerken von dem geschmolzenen Eisen gebraucht, wenn es sich an die Brechstange, die daher auch der Anlaufkolben oder der Anlaufstab genannt wird, anlegt, welche Verrichtung gleichfalls anlaufen lassen genannt wird. (b) Den Glanz verlieren, von polirten Körper, weil die Feuchtigkeit oder die matte Farbe, welche den Glanz vertreibet, sich schnell und gleichsam laufend über die polirte Fläche verbreitet. Das Glas, der Spiegel läuft an, wenn beyde mit Dünsten überzogen werden; Niedersächsisch beframen, in Baiern und Österreich damen. Polirten Stahl blau anlaufen lassen, ihm durch das Ausglühen auf der Oberfläche eine blaue Farbe geben. An einigen Orten gebraucht man dieses Verbum überhaupt von anbrüchig werden, und sagt daselbst, der Wein läuft an, wenn er kahnig wird; mit Schimmel, oder vom Schimmel anlaufen.4. Im Laufe an etwas anstoßen. 1) Eigentlich. Er ist mit dem Köpfe an die Wand angelaufen. Im Finstern läuft man überall an. 2) Figürlich (a) Übel bey einem anlaufen, schlecht von ihm empfangen werden. Du wirst häßlich anlaufen, schlecht ankommen, dich in deiner Rechnung gewaltig betriegen. So auch, einen anlaufen lassen, ihm auf verdiente Art begegnen. In einem andern Verstande läßt man jemanden anlaufen, wenn man ihn zu seinem Nachtheile einem Fehler begehen läßt, woran man ihn hätte hindern können. (b) * Gegen Gottes Gebothe anstoßen, doch nur in der biblischen Schreibart. Sind sie darum angelaufen, daß sie sollten fallen: Röm. 11, 11. Der Stein des Anlaufens, Röm. 9, 33. Eh als ich gedruckt ward irret' ich, Und lief sehr an in meinem Thun und Tichten, Opitz, Ps. 119, 34. beging viele Fehler.II. * Als ein Activum, an einen laufen, auf einen zu laufen, mit der vierten Endung des Substantives. Einen anlaufen. Da liefen ihn die Juden in allen Städten an - und klagten ihm u. s. f. 2. Maccab. 4, 36. Welche ihn ansehen und anlaufen, deren Gesicht wird zu Schanden, Ps. 34, 6. Besonders in figürlicher Bedeutung und mit dem Nebenbegriffe des ungestümen und beschwerlichen Bittens. Der Mensch läuft mich täglich an. Einen um etwas anlaufen. Ingleichen mit dem Nebenbegriffe des feindlichen Angriffes, einen feindlich anfallen. Tewrdank der unverzagte man Lieff den pern mit seim spieß an, Theuerd. Kap. 27. Ein wildes grimmes Thier läuft alle Menschen an, Opitz Mehr hat nicht Attila - -- - euch feindlich angelaufen, ebend. Allein in der ganzen thätigen Bedeutung ist es, wenigstens in der edlern Schreibart im Hochdeutschen, nicht mehr üblich.


Anläufern (W3) [Adelung]


Anläufern, verb. reg. act. bey den Jägern, die Lockvögel auf den Vogelherden an kleine Riemen legen, damit sie herum laufen können, dergleichen Vögel Läufervögel genannt werden. Daher die Anläuferung. S. auch Ansillen.


Anläuten (W3) [Adelung]


Anläuten, verb. reg. act. 1) * An etwas läuten. So wird dieses Wort in Oberdeutschland für anklingeln, anschellen gebraucht. 2) Durch Läuten das Zeichen zum Anfange einer Sache geben. So wird auf den Bergwerken angeläutet, wenn das Zeichen zum Anfahren mit der Glocke gegeben wird. Daher die Anläutung, und das Anläutegeld, dasjenige Geld, welches der Thürmer für das Anläuten auf den Bergwerken bekommt.


Anlegen (W3) [Adelung]


Anlegen, verb. reg. welches in zwiefacher Gestalt üblich ist.I. Als ein Activum, eine Sache an die andere legen, in mancherley so wohl eigentlichen, als figürlichen Bedeutungen des einfachen Verbi.1. In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Eine Leiter anlegen, an die Wand. Den Backen an ein Gewehr anlegen. Das Gewehr anlegen, an den Backen es anschlagen. Ein Rind anlegen, an die Brust, es zu säugen. Einen Reif anlegen, dem Fasse. Einem Ketten, Fesseln anlegen. Einen Hund, einen rasenden Menschen anlegen, an eine Kette. Holz anlegen, an das Feuer. Feuer anlegen, an ein Haus, es in Brand zu stecken. Es ist diese Nacht wieder Feuer angeleget worden. Einen Rocken anlegen, den zum Abspinnen nöthigen Flachs um den Rocken, welches in Franken auch anferben genannt wird. Eben daselbst bedeutet auch die Angelegte, so viel Flachs, als auf einmahl an den Rocken angeleget wird. Die Garben anlegen, in der Landwirthschaft, die Garben zu beyden Seiten der Scheuntenne so legen, daß man sie bequem dreschen könne, in manchen Gegenden anstauchen. Einem Pferde den Zaum, die Halfter, den Zügel anlegen. Die richtende Natur legt durch gemäße Qualen Dem Willen Zügel an, und bändigt Cannibalen, Dusch. Einem Inquisiten die Daum- oder Beinschrauben anlegen, bedeutet in der Preußischen Criminal-Ordnung, sie bloß anlegen, ohne zuzuschrauben, in Sachsen aber, anlegen und zuschrauben, doch gleich wieder nachlassen, im Gegensatze des völligen Zuschraubens, welches in Sachsen mit den Daum- oder Beinschrauben vorstellen, oder angreifen genannt wird.Auf ähnliche Art wird anlegen auch, als ein anständiger Ausdruck, für anziehen gebraucht, so wohl von der ganzen Kleidung, als auch von verschiedenen einzelnen Kleidungsstücken; von welchen selbst anziehen nicht gesagt werden kann. Ein Kleid anlegen. Schuhe, Strümpfe, den Degen, das Strumpfband anlegen. Man legte ihm den Mantel an. Sie hat wohl nicht ohne Ursache ihren ganzen Staat angelegt, Gell. Sich anlegen, sich ankleiden. Sich anders anlegen, sich umkleiden. Der Hof hat die Trauer angelegt. In dieser Bedeutung ist unser Verbum bereits sehr alt; denn Ottfried und Notker gebrauchen analegan nicht allein für anziehen, sondern analegi bedeutet bey ihnen auch ein Kleid. In dem Theuerdank Kap. 54 kommt anlegen in einer sonderbaren Verbindung vor. Tewrdank legt sich in sein Zeug an, legte sein Turnierzeug an. Die figürliche Bedeutung: Wer einem Narren Ehre anlegt, das ist u. s. f. Sprichw. 26, 8; und lasse sich auf die Backen schlagen und ihm viel Schmach anlegen, Klagel. 3, 30; in welcher Hofmanswaldau singt:Der Himmel legt selbst mit neuen Kräften an, ist im Hochdeutschen veraltet.Bey den Mahlern bedeutet anlegen so viel als illuminiren, mit Farbe belegen. Die Berge braun, einen Wald grün anlegen.Hieher gehöret auch das Reciprocum sich anlegen, welches von verschiedenen leblosen Körpern gebraucht wird, wenn sie auf der Oberfläche eines andern Körpers zum Vorschein kommen, oder sich an selbige anhängen. So leget sich die Speise an den Topf an. Die Krystallen legen sich an, wenn sie an dem Rande des Gefäßes entstehen, welches in der Sprache der Kunst noch häufiger anschießen genannt wird. Auch der Rost legt sich an das Eisen an, und figürlich auch der Neid an das Glück und an die Verdienste. Du weißt, daß sich der Neid jederzeit an das Glück anzulegen pflegt.Die Redensart Hand anlegen, oder Hand an etwas legen, ist alt, und wird so wohl von dem gewaltsamen Angriffe einer Person und Sache, als auch von dem Anfange der thätigen Beschäftigung mit etwas gebraucht. In der ersten Bedeutung sagt schon Tatian Kap. 184 inti legitun iro hant in then heilant ana inti habetun inan; aber heut zu Tage gebraucht man in derselben lieber das einfache Verbum, Hand an einen legen. In der letzten Bedeutung sagt man auch jetzt häufig, Hand anlegen, mit Hand anlegen, mit arbeiten helfen, die letzte Hand anlegen, einer Sache die letzte Gestalt geben, sie zur Vollkommenheit bringen, ausbessern.2. In verschiedenen figürlichen Bedeutungen, welche sich vornehmlich auf den vielfachen Gebrauch des einfachen Verbi legen gründen, bedeutet dasselbe:1) So viel als anweisen, anstellen, zu einer gewissen körperlichen Arbeit bestimmen, im Gegensatze des Ablegens. In diesem Verstande wird es so wohl in dem Bergbaue, als auch in dem Jagd- und Forstwesen, und verschiedenen andern Lebensarten gebraucht, wo Arbeiter zu etwas anlegen, so viel bedeutet, als ihnen eine gewisse Arbeit aufgeben.2) Zu einem gewissen Gebrauche anwenden. Geld oder zu etwas anlegen. Sein Geld wohl anlegen. Sein Geld an Eitelkeiten, sein Vermögen an Landgüter anlegen. Seine Wohlthaten gut, schlecht anlegen. Man weiß ja nicht, wie man seine Gaben anlegt, Gell. Ich lege bloß die Interessen zu dergleichen Ausgaben an. Ich wußte in der Eil nicht, wozu ich das Geld anlegen sollte, Gell. So auch, seine Zeit wohl, übel anlegen, anwenden. Wohl angelegte Zeit.Mit andern Substantiven möchte es in diesem Verstande, wenigstens im Hochdeutschen, wohl eben gewöhnlich seyn; denn die R. A. Fleiß an etwas anlegen, ist mehr Oberdeutsch.3) Die erste Einrichtung, den Anfang zu etwas machen. Die Randhölzer, welche die Rundung des Schiffes anlegen, den Grund dazu legen. Ein Gebäude, eine Stadt, ein Dorf, einen Garten anlegen. Einen Weinberg anlegen, welches in Franken wenden, und in den Rheinländern anrotten genannt wird, vielleicht für anreuten oder anroden. Einen Jahrmarkt anlegen. Die meisten Bibliotheken sind entstanden, nur wenige sind angeleget worden, Less. Die Charaktere sind in diesem Lustspiele geschickt angelegt. Ingleichen in weiterer Bedeutung, für anfangen. Die das durch ihre Unart zerstören, was durch das Gehör des Wortes bey ihnen angeleget war, Mosheim. Ehedem wurde dieses Verbum in noch weiterer Bedeutung für eine jede Verfertigung, Veranstaltung gebraucht. So heißt es z. B. in Boners 74sten Fabel: Ich kan das angelegen wol, Wie uns der kouche werden sol. 4). Dienliche Mittel zu Erreichung einer Absicht vorbereiten und anwenden; doch nur im nachtheiligen Verstande. Er hat es darauf angelegt. Es ist darauf angelegt. Er legt es darauf an, daß ich so scheinen soll, Less. Er pflegt alles von weiten anzulegen. Ingleichen verabreden, doch gleichfalls nur im nachtheiligen Verstande. Sie haben es mit einander angelegt. Das Bubenstück wird nicht so vollendet werden, als es angeleget ist. Es ist ein angelegter, heimlich verabredeter, Handel, wofür man in Oberdeutschland sagt, es ist ein angelegter Karren. * Sich mit bösen Buben anlegen, einlassen, abgeben, wie man gleichfalls in Oberdeutschland sagt, ist den Hochdeutschen unbekannt.5) Auflegen, besonders von Abgaben. Einen Zoll anlegen. Neue Steuern und Gaben anlegen. Man könnte diesen Gebrauch figürlich zu dem dritten rechnen, wo der Begriff der ersten Einrichtung der herrschende ist. Allein da man auch sagt, einen mit Steuern und Gaben anlegen, er ist in der Steuer sehr hoch angeleget, einen nach seinem Vermögen anlegen, und in Oberdeutschland, eine mit einer Geldbuße anlegen, d. i. belegen, so kann man es hier entweder als eine buchstäbliche Übersetzung des Latein. imponere ansehen, oder es zu derjenigen Bedeutung des einfachen legen rechnen, nach welcher es auch bestimmen, verordnen bedeutet. Daher legt man in den rechten auch eine Sequestration an, wenn man sie verordnet und einrichtet.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert. 1) In der Schifffahrt, wo anlegen, mit dem Schiffe anlegen, so viel bedeutet, als nahe an das Ufer fahren, sich an die Küste legen, im Gegensatze des Ablegens. Die Schiffe müssen hier anlegen, anlanden. 2) Fett anlegen, fett werden, wo es zwar einen thätigen Schein hat, aber doch nicht im Passivo gebraucht werden kann.Das Hauptwort die Anlegung, kann für die Handlung des Anlegens in allen eigentlichen und den meisten figürlichen Bedeutungen des Activi, in welchen Anlage nicht gewöhnlich ist, gebraucht werden.


Anlegeschloß (W3) [Adelung]


Das Anlegeschloß, des -sses, plur. die -schlösser, ein Schloß, welches nach Belieben angeleget und weggenommen werden kann, und welches noch häufiger ein Vorlegeschloß genannt wird.


Anlegesteg (W3) [Adelung]


Der Anlegesteg, des -es, plur. die -e, bey den Buchdruckern, ein Steg, welcher an den Umkreis der Form gelegt wird.


Anlehen (W3) [Adelung]


Das Anlehen, des -s, plur. ut. nom. sing. und in Oberdeutschland die Anleihe, plur. die -n, so wohl, was man von einem andern entlehnet, als was man einem andern leihet. Ein Anlehen suchen, etwas als ein Anlehen bekommen. S. Anlehnen.


Anlehne (W3) [Adelung]


Die Anlehne, plur. die -n, derjenige Theil eines Dinges, welcher zum Anlehnen bestimmt ist, und welcher am häufigsten die Lehne heißt. Die Anlehne an der Drehbank.


Anlehnen (W3) [Adelung]


* Anlehnen, verb. reg. act. und in Oberdeutschland anleihen, verb. irreg. act. für lehnen, oder leihen. Daß diese beyden Wörter bloß der Mundart nach verschieden sind, ist schon bey Ableihen bemerket worden; S. auch Lehnen und Leihen. Es ist nur die Frage, was an hier eine Bedeutung hat. Es kann so viel als ent bedeuten; alsdann könnte Anlehn und anlehnen aber nur von demjenigen gebraucht werden, dem eine Sache geliehen wird, im Gegensatze des Darlehens oder Darleihens. Allein es scheinet, daß an hier bloß die müßige Alemannische verlängernde Partikel ist. Wenigstens sind beyde Wörter im Oberdeutschen gebräuchlicher, als im Hochdeutschen. Zugleich aber erhellet auch hieraus, wie ungegründet der Unterschied, welchen einige Rechtslehrer, vermuthlich durch den eingeschränkten Gebrauch des Wortes Lehen, feudum, verleitet, unter anleihen und anlehnen machen, wenn sie behaupten, daß letzte zugleich die Übertragung des Eigenthums mit in sich schließe, erstes aber nicht. S. F. G. Struvens rechtliche Erklärung unterschie-dener teutschen Wörter und Redensarten, v. Anleihe. Anlen bedeutet bey dem Notker ein jedes mutuum.


Anlehnen (W3) [Adelung]


Anlehnen, verb. reg. act. an etwas lehnen. Ein Bret anlehnen, an die Wand. Einen Pfahl an die Mauer anlehnen. Die Thür anlehnen, sie nicht völlig zumachen. Sich anlehnen. O wie dankbar lehnt sie sich nicht mit redenden Blicken An ihn an! Zachar. Daher die Anlehnung.


Anlehren (W3) [Adelung]


+ Anlehren, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, für unterrichten, Anleitung geben. Einen Knaben anlehren, besonders bey den Handwerkern, wo dieses Wort oft anlernen lautet. S. Lernen. So auch die Anlehrung.


Anleihe (W3) [Adelung]


Anleihe, und Anleihen, S. Anlehen und Anlehnen.


Anleimen (W3) [Adelung]


Anleimen, verb. reg. act. mit Leim befestigen. Ein Bret an das andere anleimen. So auch die Anleimung.


Anleite (W3) [Adelung]


* Die Anleite, plur. inusit. ein in der Oberdeutschen Rechtssprache übliches Wort, von dem Verbo anleiten. Es bedeutet daselbst, 1) Die Anleitung oder Anführung der Geschwornen zur augenscheinlichen Besichtigung einer Sache, besonders bey Grenz- und Flurstreitigkeiten, und diese Besichtigung selbst. Anleite begehren, um eine Besichtigung anhalten. Die Anleite zu Felde, die Besichtigung eines Feldes. Anleitesachen, Streitigkeiten, welche eine Ocular-Inspection erfordern. In dieser Bedeutung kommt dieses Wort schon in einer Pfalzgräflich-Rheinischen Urkunde vom Jahre 1228 vor. S. Haltaus h. v. 2) Eine Art der gerichtlichen Hülfe in des Beklagten Güter, wodurch der Kläger nur die Verwahrung derselben, nicht aber den Genuß bekommt, der erste Grad der Execution. Daher Anleite begehren, erhalten, einem die Anleite brechen, die Anleite ersitzen, besitzen, aussitzen, der Anleitsbrief, Anleitzettel, der Anleiter, dem die Güter auf Ansuchen des Klägers in Verwahrung gegeben werden u. s. f., S. Ansatz, Anweisen, und Haltaus v. Anleit. In dieser Bedeutung ist das Wort in einigen Gegenden auch männlichen Geschlechtes, der Anleit. 3) Besonders in Baiern, dasjenige Geld, welches bey Veränderung der Lehngüter der Obereigenthümer für die Belehnung bekommt, und welches an andern Orten der Ehrschatz, das Handlohn, die Weglösung, die Lehnware, das Lehngeld, Laudemium u. s. f. genannt wird.


Anleiten (W3) [Adelung]


Anleiten, verb. reg. act. an etwas leiten, leitend einer Sache nähern. 1) In eigentlicher Bedeutung. Einen Blinden, ein Rind an die Wand anleiten. Noch mehr aber, 2) in weiterer und figürlicher Bedeutung. (1) In der Landwirthschaft, die Hopfenranken anleiten, sie an die Stangen binden, stängeln. (2) Zur Besichtigung anführen, in den Oberdeutschen Gerichten; S. Anleite, 1. (3) Einweisen, einführen, so wohl in ein Lehngut, als auch in die Güter eines Beklagten, einen anleiten; gleichfalls nur in Oberdeutschland; S. Anleite 2. 3. und Anweisen. (4) Mittel und Wege zu Erlangung gewisser Fertigkeiten an die Hand geben. Einen zum Guten, zum Bösen anleiten. Ich habe dich zu allen nöthigen Wissenschaften angeleitet; in welcher Bedeutung doch anführen gewöhnlich ist.


Anleitung (W3) [Adelung]


Die Anleitung, plur. die -en, theils die Handlung des Anleitens in allen Bedeutungen des Verbi, theils in den Bedeutungen des Wortes Anleite, theils aber auch die Anzeige der Hülfsmittel, gewisse Fertigkeiten zu erlangen, und die Schrift, welche selbige enthält. Einem Anleitung zu etwas geben. Ingleichen, Verschaffung einer Gelegenheit, Veranlassung. Er gab mir selbst Anleitung, hiervon zu sprechen.


Anlernen (W3) [Adelung]


+ Anlernen, S. Anlehren.


Anleuchten (W3) [Adelung]


+ Anleuchten, verb. reg. act. in das Gesicht leuchten. Einen mit dem Lichte, mit der Laterne anleuchten. So auch die Anleuchtung.


Anliegen (W3) [Adelung]


Anliegen, verb. Irreg. Neutr. ( S. Liegen,) welches das Hülfswort haben erfordert, nahe an etwas liegen.1. In eigentlicher Bedeutung. Das Kleid liegt gut an, schließt gut. In andern Fällen wird es in dieser Bedeutung wenig vorkommen, weil man sich Statt dessen lieber des einfachen liegen mit dem Vorworte an, oder mit daran bedienet. Opitzens Beyspiel: Sein Vaterland, das lag der Juden Grenzen an, ist daher im Hochdeutschen nicht nachzuahmen.2. Figürlich, 1) Sorge verursachen, Bekümmerniß erwecken. Diese Sache liegt mir sehr an. Paulo lag beydes hart an, Phil. 1, 22. Es leyd euch an Etwas, darum ich nit fragen will, Theuerd Kap. 80. Auch dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen veraltet, indem man dafür lieber sagt, am Herzen liegen. Doch ist davon das Particip. noch üblich, angelegen. Es ist ihm sehr angelegen, er sorget fleißig dafür; besonders mit dem Verbo lassen. Sich etwas sehr angelegen seyn lassen, allen Fleiß daran wenden, viele Sorge dafür tragen. Er läßt sich sein Amt äußert angelegen seyn. Laß dir deine Gesundheit angelegen seyn. Er läßt sich nichts angelegen seyn. Sie wissen, daß ich mir das Meinige angelegen seyn lasse, Gell. S. auch Angelegenheit und Angelegentlich. 2) Einem anliegen, ihn dringend und unaufhörlich bitten; gemeiniglich mit einem verächtlichen Nebenbegriffe. Er liegt mir unaufhörlich an, ihm darzu zu verhelfen. Du hörest nicht auf, mir anzuliegen, Dusch. Auf ihr Anliegen hat er es gethan, Less. Wenn einige hier die vierte Endung der Person gebrauchen, so ist solches theils wieder die Bedeutung der Präposition an in Verbindung mit einem Neutro, theils wider den beständigen Gebrauch älterer und neuerer Schriftsteller. Als lang lagen sie mir an, heißt es bey dem Hornegk, in der Vorrede. Ehedem war diese Bedeutung des Verbi anliegen von einem viel weitern Umfange, und bedeutete auch drängen, dringen, beschwerlich seyn, nothwendig seyn u. s. f. Ther liut imo analag, das Volk drängete ihn, heißt es bey dem Ottfried B. 4, Kap. 24, V. 45; und, do sie mir so analagen, bedeutet bey dem Notker, da sie mir beschwerlich waren. S. auch Haltaus h. v.

Anm. Anliegen, für, daran gelegen seyn, ist im Hochdeutschen veraltet. Da liegt mir nichts an, Bal. 2, 6; für, daran liegt mir nichts. Auf gleiche Art sagt Opitz: Wem würde was anliegen, Daß ein dergleichen Mann ganz sollte seyn verschwiegen.


Anliegen (W3) [Adelung]


Das Anliegen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Die Handlung des Anliegens, in welcher Bedeutung der Plural nicht Statt findet. 2) Was einem anliegt, d. i. am Herzen liegt, und die dadurch verursachte Empfindung, Sorge, Verlangen, Bekümmerniß. Ein großes, ein heimliches, ein verborgenes Anliegen haben. Einem sein Anliegen offenbaren.


Anloben (W3) [Adelung]


+ Anloben, verb. reg. act. 1) Von loben, laudare. Einem etwas anloben, im gemeinen Leben, es loben, um des andern Begierde dadurch zu erwecken. 2) Von loben, spondere, so viel wie angeloben, doch auch nur im gemeinen Leben. So auch die Anlobung in beyden Bedeutungen.


Anlocken (W3) [Adelung]


Anlocken, verb. reg. act. eigentlich, an sich locken. Ein Thier, ein Rind anlocken. In figürlicher Bedeutung, zu etwas reißen. Der schöne Morgen hat zur fernen Jagd Ihn angelockt, Schleg. So auch die Anlockung.


Anlöthen (W3) [Adelung]


Anlöthen, verb. reg. act. bey den Metallarbeitern, vermittelst eines Lothes, d. i. eines leicht flüssigen Metalles, an etwas befestigen. Eine Handhabe an ein Gefäß, den Bart an den Schlüssel anlöthen. Daher die Anlöthung.


Anludern (W3) [Adelung]


+ Anludern, verb. reg. act. bey den Jägern, durch Luder anlocken. Vögel, wilde Thiere anludern. In der anständigern Sprechart selbst der Jäger sind dafür anaßen, ankörnen u. s. f. üblicher.


Anlügen (W3) [Adelung]


+ Anlügen, verb. irreg. act. ( S. Lügen,) 1) Einen anlügen, ihn belügen. 2) Einem etwas anlügen, andichten. Ich brauche weder Pfeil noch Bogen, Die mir der Heiden Dichterkunst Aus Scherz und Blindheit angelogen, Günth.


Anmaaßen (W3) [Adelung]


Anmaaßen, S. Anmaßen.


Anmachen (W3) [Adelung]


Anmachen, verb. reg. act. welches nach den verschiedenen Bedeutungen der Wörter an und machen auch von verschiedenen Gebrauche ist. 1) En Ding mit dem andern verbinden, doch nur als ein allgemeiner Ausdruck, der die eigentliche Art und Weise der Verbindung unbestimmt läßt, im Gegensatze des Abmachens. Ein Band anmachen, anbinden, daran binden. Die Segel anmachen, annageln, oder anhängen. Die Thür anmachen, anlehnen. 2) + Heran machen, in der figürlichen, aber nur in den niedrigen Sprecharten üblichen Bedeutung, für sich zudrängen, sich einschmeicheln. Sich anmachen. Er weiß sich überall anzumachen. 3) Hervor bringen, doch nur von dem Feuer. Feuer anmachen; wofür die Oberdeutschen, Feuer schüren, anschüren, die Niedersachsen aber böten, anböten sagen. Das letztere, welches im Angelsächsischen betan, im Schwed. böta, in Altfranzös. bouter, im Italiän. buttare, lautet, haben einige Oberdeutsche in büssen und anbutzen verwandelt. 4) Anmischen, vermischen, besonders mit einem flüssigen Körper anfeuchten. Zinnober mit Leimwasser anmachen. Den Kalk anmachen, mit Wasser anfeuchten. Das Mehl zum Backen anmachen. In eingeschränkter Bedeutung, durch einen fremden Zusatz verfälschen. Den Wein, das Bier anmachen, verfälschen. Angemachter Wein, im Gegensatze des reinen, unverfälschten Weines. Es scheinet, daß es in dieser Bedeutung nicht so wohl von machen, facere, herkomme, als vielmehr von einem andern Worte, welches den Begriff der Feuchtigkeit hat. Das Engl. muck. Koth, und to muk, düngen, das Schwedische möka, und Isl. mykia, erweichen, und andere, werden diese Muthmaßung erleichtern; wenn man nicht der Bedeutung des Wortes machen, da es ehedem für verbinden, vereinigen gebraucht wurde, den Vorzug geben will. An hat hier eine mildernde Bedeutung, einen geringen Grad der Vermischung anzudeuten.So auch die Anmachung, für die Handlung des Anmachens, in den meisten der obigen Bedeutungen.


Anmahlen (W3) [Adelung]


Anmahlen, verb. reg. act. von mahlen, pingere. 1) + Im gemeinen Leben, so viel als anstreichen, mit Farben bestreichen. 2) Durch Mahlen verbinden. Eine Vorstellung an die andere anmahlen.


Anmahnen (W3) [Adelung]


* Anmahnen, verb. reg. act. zu etwas ermahnen. Einen zur Tugend anmahnen. Einen durch sein Beyspiel zum Guten anmahnen. Du hast mich - -- - dergleichen leichte Waaren Zu meiden angemahnt, Gryph. Es ist so wie das Hauptwort die Anmahnung, in der guten Schreibart bereits veraltet. Ermahnen, aufmuntern u. s. f. haben dessen Stelle eingenommen.


Anmarsch (W3) [Adelung]


Der Anmarsch, des -es, plur. inusit ein Zwitter von dem Franz. Worte Marche mit einem Deutschen Vorworte, die An- rückung eines Haufens Soldaten auszudrücken. Im Anmarsche begriffen seyn.


Anmarschiren (W3) [Adelung]


Anmarschiren, verb. reg. neutr. mit seyn, anrücken, heran ziehen, doch nur von einem Haufen Soldaten.


Anmaschen (W3) [Adelung]


Anmaschen, verb. reg. act. bey den Jägern, die Netze anmaschen, sie an die Leine fassen, damit sie können gestellet werden.


Anmaßen (W3) [Adelung]


Anmaßen, verb. reg. act. 1) Sich zu etwas erbiethen, sich dazu fähig und bereit erklären; nur noch in den Rechten, wo man in den Urtheilen mehrmahls lieset: daß Kläger dasjenige, so ihm zu erweisen aufgelegt, und er sich angemaßet, zur Nothdurft erwiesen habe. 2) Sich widerrechtlich zueignen, so wohl mit der zweyten, als auch mit der vierten Endung der Sache. Sich der Regierung, sich eines Titels anmaßen. Sich fremdes Lob, fremde Güter anmaßen. Er will sich noch immer eine Gewalt über meinen Willen anmaßen. Sich des Scepters anmaßen, Can. Die Verbindung mit der zweyten Endung ist die älteste, und der Oberdeutschen Mundart vorzüglich eigen, welche eine große Menge von Verbis mit der zweyten Endung der Sache zu verbinden pflegt, und darin der Griechischen Sprache sehr nahe kommt. Die Hochdeutschen haben diese Wortfügung abkommen lassen, und dafür in den meisten Fällen die vierte Endung eingeführet. Daher ist es geschehen, daß auch anmaßen am häufigsten mit dieser Endung verbunden wird. 3) * Einem etwas anmaßen, für zumuthen, nur noch im Oberdeutschen. So auch die Anmaßung, plur. die -en.

Anm. Die Abstammung dieses Wortes, welches im Holländ. anmatigen, im Niedersächsischen aber anmaten und anmatigen lautet, ist so ausgemacht noch nicht. Die meisten leiten es von Maß, messen her, und erklären es, sich seinen Theil zumessen. Wahrscheinlicher ist die in dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuche Th. 3, S. 155. geäußerte Muthmaßung, daß es von Macht herkomme, und mit dem alten Gothischen anamathian, bemächtigen, mit Gewalt entreißen, einerley sey. Diese Vermuthung wird dadurch bestärket, daß im Niedersächsischen undermagten und undermaten ehedem gleichfalls bemächtigen und anmaßen bedeutet hat. Vermuthlich haben die Oberdeutschen dieses Wort von den Niederdeutschen angenommen, und das t, ihrer Gewohnheit nach, in den ihnen eigenen Zischlaut verwandelt.


Anmäßlich (W3) [Adelung]


* Anmäßlich, adj. et adv. der Anmaßung gleich, auf eine angemaßte Art, ein Wort, welches den Kanzelleyen am geläufigsten ist, aber oft irrig für das Particip. Passiv. angemaßet gebraucht wird, wie in anmaßlicher Schutz, anmaßlicher Vortheil u. s. f.


Anmelden (W3) [Adelung]


Anmelden, verb. reg. act. einem melden. Einem etwas anmelden. Sich zu etwas anmelden, persönlich anbiethen. Besonders in der Sprache des Umganges, einem des andern Ankunft, oder Besuch melden. Sich bey einem anmelden lassen, ihm seinen Besuch anfangen lassen. Er ist noch nicht angemeldet worden. Er kam unangemeldet. Daher die Anmeldung.


Anmenge (W3) [Adelung]


Die Anmenge, S. Gemenge.


Anmengen (W3) [Adelung]


Anmengen, verb. reg. act. ein wenig vermengen. Den Lehmen mit Stroh anmengen. Das Futter mit Schrot, mit Kleye anmengen. An hat hier die mildernde Bedeutung, die in anmachen 4, anfeuchten, anmischen u. s. f. gleichfalls Statt findet. So auch die Anmengung.


Anmerken (W3) [Adelung]


Anmerken, verb. reg. act. bedeutet nach Maßgebung des einfachen Verbi merken: 1) An einem Gegenstande bemerken. Ich habe ihm seine Angst längst angemerket. Man merkt ihm den Engländer noch immer an, man merkt an ihm noch immer, daß er ein Engländer ist. 2) Als merkwürdig aufzeichnen. Einen Tag in einem Kalender anmerken. Ich habe es in einem Buche angemerket gefunden.


Anmerklich (W3) [Adelung]


Anmerklich, adj. et adv. welches für anmerkens-werth, merkwürdig gebraucht wird, eine anmerkliche Begebenheit, aber im Hochdeutschen beynahe veraltet ist.


Anmerkung (W3) [Adelung]


Die Anmerkung, plur. die -en. 1) Die Verrichtung des Anmerkens, in welcher Bedeutung der Plural ungewöhnlich ist. 2) Was man angemerket, an einem Gegenstande bemerket hat. Ich habe eine wichtige Anmerkung gemacht. 3) Von der zweyten Bedeutung des Verbi, die Erläuterung einer dunkeln Stelle in dem Hauptsatze; Scholion. Ein Buch mit Anmerkungen heraus geben. Anmerkungen zu einer Schrift machen.


Anmessen (W3) [Adelung]


Anmessen, verb. irreg. act. S. Messen. 1) Eigentlich, an etwas messen, daß Maß von einer Sache an einem nehmen, doch nur von Kleidungsstücken. Einem ein Kleid, ein Paar Schuhe anmessen. Daher die Anmessung. 2) Figürlich, mit einer andern Sache nach dem Grade ihres Verhältnisses übereinstimmig machen. Man behielt den Stoff und maß ihn bloß den mehr modernen Begebenheiten an. Am üblichsten ist hier das Partic. Passiv. angemessen -er, -ste, die Übereinstimmung einer Sache mit der andern nach dem Grade ihres Verhältnisses auszudrucken, für völlig gemäß. Dieser Ausdruck ist seiner Denkungsart vollkommen angemessen. Unsere Wißbegierde strebt nach Mannigfaltigkeiten; aber die Einförmigkeit ist unserm eingeschränkten Wesen angemessener. Eine Schreibart, die der Würde des Gegenstandes vollkommen angemessen ist. In dem Lateine der mittlern Zeiten wurde admensurare auf eben dieselbe Art gebraucht. Daher die Angemessenheit, der Zustand, da eine Sache mit der andern nach den Graden ihres Verhältnisses genau überein stimmt. Die Angemessenheit des Styles, wenn die Ausdrücke so wohl mit der allgemeinen Absicht der Sprache, als mit den besondern Absichten des Schreibenden, dem Gegenstande u. s. f. überein stimmen. Aber irrig hat es Dusch in folgender Stelle gebraucht: Verse die nachgeahmet sind, aber die Würde und Angemessenheit ihres Originals verloren haben; wo der Genitiv fehlerhaft ist.


Anmischen (W3) [Adelung]


Anmischen, verb. reg. act. ein wenig vermischen. Den Wein mit Wasser anmischen. Opitz übersetzt das, Interpone tuis interdum gaudia curis, des Cato, durch: Den Sorgen mische dir bisweilen Freuden an, welche Wortfügung aber im Hochdeutschen nicht nachgeahmet werden darf.


Anmurren (W3) [Adelung]


Anmurren, verb. reg. act. murrend ansehen, ingleichen figürlich, über etwas murren. Sie murren die Fehler der Menschen an, Raben.


Anmuth (W3) [Adelung]


Die Anmuth, plur. car. 1) Die sanfte angenehme Empfindung, welche durch den Genuß des guten hervor gebracht wird. Dann fühle ich ganz die Anmuth häuslicher Sicherheit. Wie viele Anmuth des Lebens rauben sich diejenigen, die sich aus Eigensinn zu einem ehelosen Stande verdammen, Gell. O Anblick, der mich fröhlich macht, Mein Weinstock ruft und Doris lacht, Und mir zur Anmuth wachsen beyde! Haged. Noch häufiger aber, 2) diejenige Eigenschaft an den Gegenständen, welche diese sanfte Empfindung hervor bringt, besonders so fern diese Eigenschaften in das Auge fällt. Die Anmuth einer Gegend. Ein Garten von besonderer Anmuth. Wüßten sie, wie viel Anmuth das Landleben bey sich führet!Anm. Wachter hält Anmuth für ein neues Wort, das von muthen, animum afsicere, herkomme, wenn es nicht gar aus dem Latein. Amoenitas gemacht worden. Frisch glaubt, daß es aus Annehmede entstanden, und rechnet es folglich zu nehmen, und annehmen. Beyde kennen nur die zweyte Bedeutung in diesem Worte, und übergehen die erste, die doch die ursprüngliche ist, völlig. Aber aus dieser erhellet zugleich, daß Anmuth wirk- lich aus Muth zusammen gesetzt ist. Dieses bedeute ehedem unter andern auch, theils eine jede Begierde, theils aber auch Freude und Vergnügen. Frisch selbst führet aus dem Leo Jud zwey Stellen an, in welchen derselbe der Anmuth für Sinn, Begierde gebraucht, erkläret aber dieses Wort irrig für veraltet, wozu ihn vermuthlich das männliche Geschlecht, in welchem dieser Schriftsteller das Wort gebrauchet, verleitet hat. Nur das Vorwort an macht hier einige Schwierigkeiten, weil dessen eigentliche Bedeutung hier nicht sogleich klar ist. Es kann, in so fern Muth hier Begierde und Verlangen bedeutet, entweder die Richtung des Gemüthes auf den verlangten Gegenstand andeuten, oder es kann auch, wenn Muth hier für Freude, Vergnügen stehet, eine mildernde Kraft haben, und eine geringen Grad der Freude ausdrücken, welches dem Verstande des Wortes Anmuth, so fern es eine Empfindung bezeichnet, vollkommen angemessen ist, indem Anmuth, Vergnügen, Freude u. s. f. nur dem Grade nach verschieden sind. S. auch die beyden folgenden Artikel. Schilter führet aus dem Steinhovel das Beywort anmin für anmuthig an, welches diese Ableitung bestätiget; indem Min in dieser Zusammensetzung ohne Zweifel das alte Minne, Liebe ist. Das Angelsächsische anmod für widerspänstig, hartnäckig, gehöret zu einer andern Bedeutung des Wortes Muth, noch welcher es auch Zorn, Eifer, bezeichnete.Es ist sonderbar, daß Anmuth, in so fern es eine Eigenschaft der Gegenstände ausdruckt, im Hochdeutschen nur von solchen Dingen gebraucht wird, die durch das Gesicht empfunden werden. In der Zusammensetzung des Wortes ist kein Grund dazu vorhanden. Es rühret solches ohne Zweifel von einer bloßen Unterlassung der Hochdeutschen her, die dieses Wort von den Oberdeutschen bekommen haben, bey welchen es wirklich von allen übrigen Sinnen üblich ist.


Anmuthen (W3) [Adelung]


Anmuthen, verb. reg. act. von einem begehren, verlangen, ihm zumuthen, doch nur im gemeinen Leben. Einem etwas anmuthen. Das möchte ich ihm wohl anmuthen. Besonders, einem eine unerlaubte, unanständige Sache zumuthen. Er muthete mir eine Niederträchtigkeit an. Kannst du mir so was anmuthen? So auch das Anmuthen, das Verlangen einer unanständigen Handlung, ingleichen, die Anmuthung. Eine unverschämte Anmuthung.

Anm. Dieses Wort kommt von muthen, verlangen, begehren her, S. dieses Wort. Das Nieders. und Holländ. anmodigen haben nichts mit diesem Worte zu thun, wie Wachter irrig glaubt, sondern sind zunächst von muthig, bedeuten auch nur muthig machen, aufmuntern, anfeuern. Für anmuthen waren ehedem auch muthen und gemuthen üblich. S. Frisch v. Muth, und Haltaus v. Gemuthen. Im Theuerdank kommt anmüen für anmuthen vor: Das ir In anmüet zu stechen, Kap. 99. Einem etwas anmuthen seyn, für es ihm anmuthen, ist eine unartige Nachahmung des Nieders. anmoden wesen.


Anmuthig (W3) [Adelung]


Anmuthig, -er, -ste, adj. et adv. Anmuth habend, oder Anmuth erweckend, nicht nur von Gegenständen, die in das Gesicht, sondern auch von solchen, die in das Gehör fallen. Eine anmuthige Gegend. Ein anmuthiger Wald. Eine anmuthige Stimme. Eine anmuthige Musik. Anmuthig lächeln. Er weiß eine jede Sache überaus anmuthig zu erzählen.

Anm. In Oberdeutschland wird dieses Wort auch von dem Geruche, Geschmacke, Gefühle und andern Gegenständen gebraucht, denen man im Oberdeutschen das Beywort angenehm gibt. Frisch glaubt, Anmuth und anmuthig können unter andern auch um deßwillen nicht aus Muth zusammen gesetzet seyn, weil die von diesem Hauptworte abgeleiteten Beywörter das u in ein ü ver-wandeln. Allein muthig und unmuthig thun solches gleichfalls nicht, und die Niedersachsen, die in avermödig mismödig u. s. f. ein ö haben, behalten das o in modig, sulfmodig und andern gleichfalls.


Anmuthigkeit (W3) [Adelung]


Die Anmuthigkeit, plur. inusit. der Zustand, da etwas anmuthig ist, Anmuthig in der zweyten hat.


Anmuthsvoll (W3) [Adelung]


Anmuthsvoll, -er, -ste, adj. et adv. voll Anmuth. Eine anmuthsvolle Gegend. O fliehe nicht, rief sie mit anmuthsvollem Ton, Miel.


Anna (W3) [Adelung]


Anna, genit. Annens, Dat. Annen, Diminutivum Annchen Ännchen, ein weiblicher Taufnahme Hebräischen Ursprunges, welcher mit Hanna und Johanna gleich bedeutend ist, und so viel als holdselig, gnädig bedeutet.


Annadeln (W3) [Adelung]


Annadeln, verb. reg. act. mit einer Nadel befestigen, ein Wort, welches vornehmlich bey den Schustern üblich ist wo die Überstämme mit der Stämmnadel an das Oberleder angenadelt werden.


Annageln (W3) [Adelung]


Annageln, verb. reg. act. mit Nägeln befestigen. Ein Bret, ein Schloß annageln. Er sitzt da, als wenn er angenagelt wäre. Daher die Annagelung.


Annahen (W3) [Adelung]


Annahen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, nahe kommen, heran nahen. Wenn der König mit dem Kriegsheere annahen wird. Noch mehr aber in figürlicher Bedeutung. Der Sommer nahet an. Ostern nahet an. Das annahende Alter. Die annahende Gefahr. Daher die Annahung. S. auch Annähern.


Annähen (W3) [Adelung]


Annähen, verb. reg. act. durch Nähen, oder vermittelst einer Naht an etwas befestigen. Ein Band, Manschetten, einen Streif annähen. Daher die Annähung.


Annähern (W3) [Adelung]


Annähern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, und von dem Comparativo näher gemacht ist, übrigens aber mit annahen einerley Bedeutung und Gebrauch hat. Die Truppen annähern lassen. Wie wirst du zittern, wenn endlich der Tod annähern wird! Daher die Annäherung.


Annahme (W3) [Adelung]


Die Annahme, plur. inusit. die Handlung des Annehmens in den eigentlichen Bedeutungen des Verbi. Die Annahme des Geldes, eines Geschenkes. Die Annahme eines Bedienten. Die Annahme an Kindes Statt u. s. f.


Annalen (W3) [Adelung]


Die Annalen, sing. car. aus dem Lat. Annales, eine Geschichte nach den Jahren, ohne alle andere Verbindung; Jahrbücher, im gemeinen Leben eine Chronik. Daher der Annalist, des -en, die -en, der Verfasser einer solchen Geschichte.


Annässen (W3) [Adelung]


Annässen, verb. reg. act. ein wenig naß machen, anfeuchten, wie annetzen. Den Tobak annässen.


Annaten (W3) [Adelung]


Die Annaten, sing. car. in der Römischen Kirche, die Einkünfte Eines Jahres von einer geistlichen Pfründe; besonders in so fern diese Einkünfte bey Vergebung der Consistorial-Pfründen von dem ersten Jahre nach des Inhabers Tode an den Pabst bezahlet werden müssen. Von den Latein. Annata und dieß von dem Ital. un Annata, ein Jahr, und die Einkünfte eines Jahres. S. du Fresne Gloss. h. v.


Annebst (W3) [Adelung]


Annebst, eine Oberdeutsche Partikel, für nebst oder benebst; S. diese beyden Wörter.


Annehmen (W3) [Adelung]


Annehmen, verb. irreg. act. ( S. Nehmen,) welches nach Maßgebung des einfachen Verbi nehmen, verschiedene, theils eigentliche, theils figürliche Bedeutungen hat. Es bedeutet aber:1. Von einem andern in Empfang nehmen, an sich nehmen, so wohl in der eigentlichsten Bedeutung. Geld von einem annehmen. Geschenke annehmen. Eine Bittschrift annehmen. Als auch in weiterer, für übernehmen. Einen Dienst, ein Amt, eine Ehrenstelle annehmen. Einen Antrag; einen Auftrag annehmen, ihn zu besorgen. Der Advocat hat die Sache angenommen. Der Arzt will den Patienten, der Handwerks- mann die Arbeit nicht annehmen. Ferner, eines Entschuldigung annehmen, damit zufrieden seyn. Eines Besuch, eines Einladung annehmen, darein willigen. Was sie da sagen, werde ich niemahls für Wahrheit, oder als Wahrheit annehmen. Der Herr nimmt mein Gebeth an, erhöret dasselbe, ist eine bloß biblische Redensart.In noch weiterer Bedeutung gebraucht man annehmen in diesem Verstande auch von unvernünftigen und leblosen Dingen. So sagen z. B. die Jäger: die Feldhühner nehmen den Schild an, wenn sie dessen gewohnt werden, und sich nicht mehr davor fürchten. Der Hund nimmt die Fährte an, wenn er fleißig auf derselben fortsuchet. Der Wagen nimmt die Speise nicht an, wenn er sie aus Schwäche wieder von sich gibt. Bey den Färbern nimmt das Zeug eine Farbe nicht an, wenn diese nicht auf dasselbe haften will, und manche Steine nehmen keine Politur an, wenn derselben nicht fähig sind.2. Mit Einfluß auf den Willen annehmen, für das erkennen, wofür es ausgegeben wird, und es so gebrauchen. Guten Rath annehmen, denselben billigen und ihm folgen. Eines Lehren, Warnung nicht annehmen wollen. Er will keinen Trost von mir annehmen. Gottes Wort annehmen, demselben gehorchen. Auch diesen Befehl nehme ich an, so sauer er mir auch wird, Gell.3. Sorge für etwas tragen, als ein Reciprocum und mit der zweyten Endung der Sache. Sich einer Sache annehmen. Potiphar nahm sich keines Dinges an. Er will sich keiner Sache annehmen, sich keine Sache angelegen seyn lassen. Was dir Gott befohlen hat, deß nimm dich stets an, Sir. 3, 23. Ingleichen in engerer Bedeutung thätigen Antheil an jemandes Bedürfnissen nehmen, ihm Hülfe leisten. Ich habe mich seiner treulich angenommen. Niemand will sich meiner annehmen.4. In Verbindung mit sich nehmen. Ein armes Kind annehmen, an Kindes Statt, oder doch es zu unterhalten. Einen zum Schwiegersohne annehmen. Einen ungetreuen Bedienten wieder annehmen. Einen zu Gnaden annehmen. Besonders, in seine Dienste nehmen. Einen Bedienten annehmen. Sich einen Haushofmeister annehmen. Ingleichen, sich eines Dienste auf gewisse Zeit anvertrauen. Einen Advocaten, einen Arzt, einen Beichtvater, einen Sprachmeister u. s. f. annehmen.5. Sich eigen machen. Eines Meinung annehmen. Er hat alle Irrthümer seines Lehrers angenommen. Eine andere Religion annehmen. Besonders von Sitten und Gewohnheiten, so wohl auf kurze Zeit. Christus nahm Knechtsgestalt an. Sie können eine fremde Person vortrefflich annehmen, Gell. Einen ernsthaften Blick gegen jemanden annehmen. Als auch auf immer, sich angewöhnen. Eines Sitten annehmen. Er hat ein mürrisches Wesen angenommen. Ohne Liebe nimmt das menschliche Herz Leicht einen Hang zur Traurigkeit und zum Eigenwillen an, Gell. Auf ähnliche Art heißt bey den Jägern, ein angenommener Stand des Wildpretes, derjenige, wo sich Wildpret gewöhnlicher Weise aufzuhalten pflegt, im Gegensatze des falschen Standes, den es nur auf kurze Zeit beziehet. In dieser Bedeutung wird auch das Particip. Pass. zuweilen für verstellt gebraucht. Sie hat eine angenommene Nachlässigkeit an sich. Eine angenommene, oder verstellte Leutseligkeit. Die Ziege hört des Hasen Klagen Mit angenommener Traurigkeit, Haged. 6. Mit dem Verstande annehmen, zugeben, einräumen. Ich nehme diesen Satz nicht an, kann ihn nicht einräumen. Das werde ich nimmermehr annehmen, zugeben. Die Heiden neh-men mehr als ein göttliches Wesen an, sie behaupten es. Die protestantische Kirche nimmt nur zwey Sacramente an.7. Aufnehmen, auslegen. Sie werden das doch nicht für Ernst annehmen: Man nahm es für Scherz an. Ich will es als geschehen annehmen.8. Auf sich deuten. Das haben sie sich anzunehmen. Was du da sagst, kann ich mir gleichfalls annehmen. Das werden sich mehrere annehmen können.

Anm. Viele dieser Bedeutungen sind bloß buchstäbliche Übersetzungen des Latein. accipere und assumere, durch welches Mittel die Deutsche Sprache in den ältern und mittlern Zeiten mit so vielen figürlichen Bedeutungen und Ausdrücken bereichert worden. Es mit einem annehmen, z. B. Wohlan, so nimms an mit meinem Herrn, Es. 36, 8 für aufnehmen, ist im Hochdeutschen nicht gewöhnlich. Dieses Wort wurde ehedem in mehrern Fällen mit der zweyten Endung der Sache verbunden, als heutiges Tages im Hochdeutschen geschiehet. Sich einer Rede annehmen, sie auf sich deuten; sich großer Heiligkeit annehmen, dieselbe vorgeben u. s. f. waren ehedem gebräuchliche Wortfügungen, und in Oberdeutschland sind sie es zum Theile noch. Sich eines Rechtes annehmen, bedeutete ehedem, sich dessen anmaßen, S. Haltaus h. v. und, sich einer Sache annehmen, hieß auch so viel, als sich darüber vergleichen; S. Fabeln aus den Zeiten der Minnes. Fab. 84. Das Hauptwort die Annehmung, kann für die Handlung des Annehmens in allen Bedeutungen gebraucht werden, nur in der dritten und achten nicht, wo das Verbum Reciprocum ist.


Annehmlich (W3) [Adelung]


Annehmlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was angenommen werden kann, angenommen zu werden verdienet. Annehmliche Bedeutungen. ein annehmlicher Vorschlag. Ich halte diesen Antrag nicht für annehmlich. Ein annehmlicher Käufer. 2) So viel als angenehm. Ein annehmliches Frauenzimmer. Annehmliches Wetter. Annehmlich singen, tanzen, spielen u. s. f. Sie hat etwas Annehmliches an sich, das man nicht nennen kann.


Annehmlichkeit (W3) [Adelung]


Die Annehmlichkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, nach welcher eine Sache annehmlich ist, in beyden Bedeutungen dieses Beywortes, und ohne Plural. Die Annehmlichkeit eines Vorschlages, eines Antrages. Ingleichen, die Annehmlichkeit einer Person, einer Gegend u. s. f. 2) Eine annehmliche oder angenehme Eigenschaft in Concreto; mit dem Plural. Es kann seyn, daß die Liebe viele Annehmlichkeiten hat, Gell.


Annesteln (W3) [Adelung]


* Annesteln, verb. reg. act. mit der Nestel oder Nadel anfügen; im Hochdeutschen eben so unbekannt, als die Nestel selbst.


Annetzen (W3) [Adelung]


Annetzen, verb. reg. act. ein wenig benetzen. Etwas mit der Zunge, mit Weine annetzen. So auch die Annetzung, und der Annetzpinsel der Mäurer.


Anniethen (W3) [Adelung]


Anniethen, verb. reg. act. mit einem Niethe an etwas befestigen. Eine Handhabe anniethen. Ein Stück Blech an das andere anniethen. Daher die Anniethung.


Annisten (W3) [Adelung]


Annisten, verb. reg. act. sein Nest an etwas bauen. Wenn sich die Schwalben an Felsen annisten.


Annoch (W3) [Adelung]


* Annoch, das durch das müßige an verlängerte Umstandswort noch, welches im Hochdeutschen nur noch von den Kanzelleyen gebraucht wird. S. An und Noch.


Anöhlen (W3) [Adelung]


Anöhlen, verb. reg. act. mit Öhl befeuchten. Angeöhlte Tücher.


Anomalie (W3) [Adelung]


Die Anomalie, (viersylbig,), plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griech. und Lat. Anomalia, die Abweichung von der gewöhnlichen Regel, die Ausnahme von der Regel. Daher anomalisch, abweichend.


Anonymisch (W3) [Adelung]


Anonymisch, adj. et adv. aus dem Griech. und lat. anonymus, ungenannt, nahmenlos.


Anordnen (W3) [Adelung]


Anordnen, verb. reg. act. 1) Von dem Franz. Ordre, Befehl, anbefehlen, befehlen. Ein Gastmahl bey einem Wirthe anordnen, bestellen. Einen Tag anordnen, fest setzen, bestimmen. In dieser Bedeutung des Anbefehlens ist es im Oberdeutschen häufiger, als im Hochdeutschen. 2) Von ordnen, Ordnung in eine Sache bringen, das Mannigfaltige nach Regeln mit einander verbinden. Ein Gastmahl, ein Hochzeit, einen Bau, eine Schlacht anordnen, alle Theile derselben nach einem gewissen Verhältnisse bestimmen. Ein Gemählde, eine Rede, ein Gedicht anordnen, die erfundenen Sachen in die gehörige Ordnung bringen; in welchem Verstande man in dem Lateine der mittlern Zeiten auch adordinare findet. So auch die Anordnung, besonders von der Verbindung des Mannigfaltigen. Die Anordnung eines Baues, eines Gemähldes, einer Rede, welche letztere man auch mit einem fremden Nahmen die Disposition zu nennen pflegt.


Anpacken (W3) [Adelung]


Anpacken, verb. reg. act. heftig und hart angreifen. Packt mich nicht so an. Die Häscher packten ihn auf öffentlicher Straße an. Der graße Haufe pflegt daher einen Häscher auch wohl einen Packan zu nennen. Ingleichen von den Hunden, für anfallen. Der Hund packt alle Leute an. Figürlich auch wohl mit Worten angreifen, ingleichen anderen. Er packt mich überall an, wo er mir nur begegnet. So auch die Anpackung.


Anpappen (W3) [Adelung]


Anpappen, verb. reg. act. bey den Buchbindern, mit Pappe, einem aus Mehl verfertigten Kleister, ankleiben. Daher die Anpappung.


Anpassen (W3) [Adelung]


Anpassen, verb. reg. Es ist, 1) ein Neutrum, von welchem doch nur das Particip. anpassend üblich ist, für etwas das einer Sache anpasset, das gehörige Maß oder Verhältniß zu derselben hat, und von einigen neuern Schriftstellern, obgleich nicht mit dem besten Geschmacke, für das edlere angemessen gebraucht wird. Dieser Ausdruck, dieser Begriff ist vollkommen anpassend.2) Ein Activum, anpassend machen, machen, daß etwas das gehörige Verhältniß zu einer andern Sache habe, besonders von Kleidungsstücken. Einem ein Kleid, ein Paar Schuhe anpassen. Da es denn in Niedersachsen auch für anproben oder anprobiren gebraucht wird. So auch die Anpassung. S. Passen.


Anpfahl (W3) [Adelung]


Der Anpfahl, S. Anfall.


Anpfählen (W3) [Adelung]


Anpfählen, verb. reg. act. mit Pfählen befestigen. Ingleichen, an einem Pfahl befestigen. Den Weinstock anpfählen. Einen Missethäter anpfählen, ihn spießen. So auch die Anpfählung.


Anpfeifen (W3) [Adelung]


Anpfeifen, verb. irreg. act. S. Pfeifen. Einen anpfeifen, ihm entgegen pfeifen, zum Zeichen der Verachtung. Babel soll zum Steinhaufen werden, zum Wunder und zum Anpfeifen, Jerem. 51, 37. Und wer vorüber geht, pfeifet sie an, Zeph. 2, 15. Im Hochdeutschen ist auspfeifen in diesem Verstande gewöhnlicher. Ehedem wurde es auch im guten Verstande gebracht, für mit Pfeifen und Posaunen bewillkommen.


Anpflanzen (W3) [Adelung]


Anpflanzen, verb. reg. act. 1) Zur fünftigen Vermehrung pflanzen. Bäume anpflanzen. 2) Den Anfang durch Pflanzen zu etwas machen. Einen Garten, eine Wald anpflanzen. 3). Mit Gewächsen bepflanzen. Einen Platz, eine Wiese anpflanzen. so auch die Anpflanzung.


Anpflöcken (W3) [Adelung]


Anpflöcken, verb. reg. act. mit Pflöcken an etwas befestigen. Die Leinwand auf der Bleiche anpflöcken. Die Sohlen anpflöcken, bey den Schustern. Daher die Anpflöckung.


Anpflügen (W3) [Adelung]


Anpflügen, verb. reg. act. durch Pflügen nähen. Eine Furche an die andere anpflügen. Ein Stück Land seinen Acker anpflügen, durch Pflügen mir seinem Acker verbinden. Daher die Anpflügung.


Anpichen (W3) [Adelung]


Anpichen, verb. reg. act. mit Pech an etwas befestigen. Er sitzt, als wenn er angepicht wäre, steif und unbeweglich.


Anplätzen (W3) [Adelung]


Anplätzen, verb. reg. act. im Forstwesen, mit dem Waldhammer bezeichnen, welches auch anlaschen, anschalmen, abplätzen genannt wird.


Anplerren (W3) [Adelung]


+ Anplerren, verb. reg. act. mit aufgesperrtem Munde anschreyen. Einen anplerren.


Anpochen (W3) [Adelung]


Anpochen, verb. reg. act. von pochen, klopfen, an etwas pochen. Wer hat angepocht? an die Thür. Du mußt starker anpochen.


Anprallen (W3) [Adelung]


Anprallen, verb. reg. neutr. mit seyn, an etwas prallen. Der Ball prallete an das Fenster an. Der Stein ist an die Wand angeprallt. Figürlich, sich schnell und ungestüm nähern. Der Feind prallte plötzlich an. Ein anprellender (besser anprallender) Feind, Less. Die Geistlichen haben gemeiniglich das Unglück, daß der Witz satyrischer Köpfe auf sie am meisten anprellt, (anprallt,) Raben. S. Anprellen.


Anpreisen (W3) [Adelung]


Anpreisen, verb. irreg. act. S. preisen, vor jemanden preisen, um ihn dadurch zur Annehmung zu bewegen. Einem eine Waare anpreisen. Man hat mir diesen Menschen sehr angepriesen. Daher die Anpreisung. In den mittlern Zeiten wurde appretiari im Lateinischen gleichfalls für anpreisen gebraucht.


Anprellen (W3) [Adelung]


Anprellen, verb. regul. 1) Activum, anprallen machen. Einen Ball an das Fenster, einen Stein an die Mauer anprellen. So auch die Anprellung. 2) Neutrum mit seyn, welche auch häufig für anprallen gebraucht wird. Das an die Faschinen anprellende Wasser. Die Grenadiers anprellen lassen. rasch anlaufen.


Anproben (W3) [Adelung]


Anproben, Anprobiren, verb. reg. act. das erste von Probe, das letztere von dem Latein. probare, und den Deutschen an, an jemandes Leibe probiren, oder versuchen, besonders von Kleidungsstücken. Einem ein Kleid, ein Paar Schuhe anproben, oder anprobiren, sie ihm anziehen, um zu sehen, ob sie gerecht sind. Bey den Schneidern auch anstoßen. Ich habe dieses Kleid bereits anprobiret. Daher die Anprobe, bey den Schneidern. S. auch Anversuchen und Anpassen.


Anputz (W3) [Adelung]


Der Anputz, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des Anputzens. Kaum daß der Zofe Hand den langen Anputz endet, Zachar. Und hurtig ward der Anputz, ebend. 2) Ein Collectivum, alles was von Kleidungsstücken zum Anputze gehöret. Ein schöner, kostbarer, wohl gewählter Anputz.


Anputzen (W3) [Adelung]


Anputzen, verb. reg. act. mit Kleidern schmücken. Eine Puppe anputzen. Sich anputzen. Daher die Anputzung.


Anquicken (W3) [Adelung]


Anquicken, verb. reg. act. 1) In den Hüttenwerken, die zu Schlich gemachten Gold- und Silbererze mit Quecksilber vermengen. S. Anquicken und Quick. 2) Bey den Metallarbeitern, den Grund zum Vergolden mit Quecksilber, welches in Scheidewasser getödtet worden, an oder auf dem Metalle legen. So auch die Anquickung.


Anrainen (W3) [Adelung]


Anrainen, S. Anreinen.


Anrammeln (W3) [Adelung]


Anrammeln, verb. reg. act. an etwas rammeln, oder rammelnd befestigen. Einen Pfahl an den anrammeln.


Anranken (W3) [Adelung]


Anranken, verb. reg. act. mit den Ranken an etwas befestigen. Erbsen, Bohnen anranken. Die Wein ranket sich an das Spalier an. So auch die Anrankung.


Anraspeln (W3) [Adelung]


Anraspeln, verb. reg. act. anfangen an etwas zu raspeln. Ein Stück Holz anraspeln.


Anrathen (W3) [Adelung]


Anrathen, verb. reg. act. S. Rathen, durch guten Rath zu etwas zu bewegen suchen. Den Frieden anrathen, zum Frieden rathen. Ich habe es auf sein Anrathen gethan. Man wollte mir diesen Kauf nicht anrathen. Daher die Anrathung. Anm. In der R. A. einem zu etwas anrathen, d. i. rathen, ist an die müßige Oberdeutsche Verlängerung. Das Substantiv der Anrath, ich habe es auf seinen Anrath gethan, ingleichen das Bey- und Nebenwort anräthig, einem anräthig seyn, ihm guten Rath ertheilen, sind gleichfalls nur in Oberdeutschland üblich. Ehedem bedeutete anaraten auch anklagen, ingleichen verrathen. S. Rath und Rathen.


Anrauchen (W3) [Adelung]


Anrauchen, verb. reg. act. Eine Pfeife Tobak anrauchen, den Anfang mit Rauchen derselben machen, sie in Brand bringen.


Anräuchern (W3) [Adelung]


Anräuchern, verb. reg. act. 1) Rauch an etwas gehen lassen, besonders wohl riechenden Rauch. Einen anräuchern. 2) Ein wenig räuchern. Die Würste anräuchern, sie halb räuchern, damit sie sich halten.


Anrechnen (W3) [Adelung]


Anrechnen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, auf eines Rechnung schreiben. Man hat mir zu viel angerechnet. Wie hoch rechnen wir das Pfund hiervon an. In Oberdeutschland anraiten. 2) Figürlich. Einem etwas als eine Wohlthat, oder zur Wohlthat anrechnen, fordern, daß er es so ansehe, und dafür verbindlich sey. Es scheint, daß sie mir ihr Knien hoch anrechnen, Weiße, mich dadurch ihnen sehr verbindlich zu machen glauben. Ingleichen in weiterer Bedeutung für auslegen. Er rechnet mir es als ein Verbrechen an. Ich rechne mir diesen Schritt zur (als eine) Tugend an. Viele rechnen dem Menschen seine Neigung zur Veränderung als eine Vollkommenheit. Die Wortfügung mit als ist der mit zu, welche mehr Oberdeutsch ist, im Hochdeutschen vorzuziehen. Daher die Anrechnung in beyden Bedeutungen.


Anrecht (W3) [Adelung]


Das Anrecht, des -es, plur. die -e, das recht des Anspruches an etwas. Anrecht an etwas haben, Anspruch.


Anrede (W3) [Adelung]


Die Anrede, plur. die -n, die Handlung des Anredens, noch mehr aber eine kurze Rede, die man an jemanden hält. Eine höfliche, eine schlechte Anrede. Besonders eine kurze feyerliche Rede an jemanden, zum Unterschiede von der längern Rede. Die Anrede thun. Eine Anrede an jemanden halten.


Anreden (W3) [Adelung]


Anreden, verb. reg. act. 1) Einen anderen, die Rede an ihn richten, zu ihm reden. Einen freundlich, höflich, hart anreden. Freund, den ich nur in Gedanken anreden kann, Dusch. Einen öffentlich anreden, eine öffentlich Rede an ihn halten. Einen um etwas anreden, wofür man doch lieber ansprechen sagt. Zuweilen hat anreden besondere Nebenbegriffe bey sich, welche die Absicht der Rede zugleich mit enthalten. So bedeutet einen um etwas anreden, oft auch, ihn darum zur Rede setzen. Wenn es mir nun gestohlen wird, wen soll ich darum anreden? Bey den Buchdruckern redet der Herr den Gesellen an, wenn er ihm an einem bestimmten tage, welcher daher der Anredetag genannt wird, den Antrag thut folgende halbe Jahr bey ihm in Arbeit zu bleiben. 2) + Einem eine Sache anreden, ihn bereden, selbige an sich zu bringen, im gemeinen Leben.


Anregen (W3) [Adelung]


Anregen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, an etwas regen, es ein wenig bewegen, in welcher Bedeutung aber dieses Wort nicht so bekannt ist, als 2) in der figürlichen. (1) Mit Glimpf und Behutsamkeit zu etwas zu bewegen suchen. Einen zu etwas anregen. Und dich vielmehr bey ihr zu bleiben angeregt, Opitz. (2) Behutsam erinnern. Eine Sache nochmahls anregen, wofür man doch lieber sagt, Anregung thun. (3) * Erwähnen, anführen; am häufigsten im Oberdeutschen. Aus der von Ew. - angeregten (erwähnten) Gewohnheit. Und sucht auch jemand gleich was anders anzuregen, Opitz. anzuführen.Hiergegen streitet nicht, was erst ist angeregt, ebend.So auch die Anregung, besonders in der Bedeutung einer behutsamen Erinnerung. Anregung bey einem thun. Wegen einer Sache nochmahls Anregung thun.

Anm. das Hauptwort der Anreger, in der ersten figürlichen Bedeutung, ist außer der gemeinen R. A. Anreger genug, aber wenig Arbeiter, nicht gebräuchlich.


Anreiben (W3) [Adelung]


Anreiben, verb. irreg. act. S. Reiben. 1) Anfangen an etwas zu reiben. 2) Durch Reiben mittheilen. Eine die Krätze anreiben. 3) Eine Sache ein wenig an die andere reiben. Den Puls mir Balsam anreiben. 4) Den Goldschlich anreiben, in den Hüttenwerken, ihn mit Quecksilber reiben, das Anquicken zu befördern.


Anreichern (W3) [Adelung]


Anreichern, verb. reg. act. welches nur in den Hüttenwerken üblich ist, für reicher machen, und theils von armen geringhaltigen Erzen gebraucht wird, wenn man ihnen reichhaltige Zuschläge gibt, theils auch von armen Rohsteinen, wenn man sie zwey Mahl röstet und wieder schmelzet, damit die Masse des Steines vermindert, und er folglich am Silbergehalte reicher gemacht werde. Ein solcher Stein, der nach zweymahligen Rösten und Schmelzen erfolgt, wird daher der Anreicherstein, die Schlacken welche aus dieser Arbeit fällen, Anreicherschlacken, die ganze Arbeit aber die Anreicherung oder Anreicherarbeit, und der Ofen, worin sie geschiehet, der Anreicherofen genannt.


Anreihen (W3) [Adelung]


Anreihen, verb. reg. neutr. in einer Reihe an etwas befestigen, besonders an eine Schnur oder an einen Faden. Perlen, Korallen, Obst anreihen, welches bey dem Obste mit einer dreyeckigen Anreihnadel geschiehet. In Niedersachsen bedeutet anreihen auch mit weiten Stichen annähen, welches die Hochdeutschen Schneider und Nähterinnen anschlagen und anheften nennen. So auch die Anreihung.


Anreinen (W3) [Adelung]


Anreinen, verb. reg. neutr. mit haben, angrenzen, am häufigsten in Oberdeutschland. S. Rein.


Anreißen (W3) [Adelung]


Anreißen, verb. irreg. act. S. reißen. 1) Anfangen an etwas zu reißen. ein Stück Zeuges anreißen. In weiterer Bedeutung, einen Holzhaufen, einen Sack mit Getreide anreißen, anbrechen, anfangen davon zu nehmen. 2) In einigen Fällen ist so viel wie abzeichnen. So reißen die Stuhlmacher die Zapfen an, wenn sie selbige mit dem Pfriemen abzeichnen. Der Anreißer der Goldschmiede ist ein oben krummes Werkzeug, die Patrone auf dem Gießsande damit anzureißen. So auch die Anreißung.


Anreiten (W3) [Adelung]


Anreiten, verb. irreg. S. Reiten. Es ist:1. Ein Neutrum, welches seyn zu sich nimmt. 1) Im Reiten an etwas stoßen. An einen Baum, an eine Mauer anreiten. Daher figürlich, doch nur im gemeinen Leben, übel anreiten, schlecht ankommen, übel empfangen werden. 2) Heran reiten, sich zu Pferde nähern, ein Wort welches ehedem sehr häufig von der Reiterey gebraucht wurde, S. auch Antritt. 3) im Reiten an einem Orte, oder bey einer Person anhalten. Ich bin unter Weges bey meinem Bruder angeritten. 4) + Angeritten kommen, im gemeinen Leben, zu Pferde ankommen, heran reiten.2. Ein Activum. Ein Pferd anreiten, es zum ersten Mahle beschreiten, damit es den Reiter lerne.

Anm. Anraiten kommt schon bey dem Stryker vor. Im Theuerdank wird eine anreiten, für auf ihn zu reiten gebraucht.


Anreitzen (W3) [Adelung]


Anreitzen, verb. reg. act. zu etwas reitzen, zu einem starken Grade der Thätigkeit bestimmen. Eines Begierde anreitzen. Einen durch sein Beyspiel zur Tugend anreitzen. Besonders zum Bösen reitzen. Einen zum Aufruhre, zum Zorne anreitzen. Daher die Anreitzung, so wohl von der Handlung des Anreitzens, als auch von derjenigen Sache, welche zur Reitzung dienet. Anm. Anregen, anmachen, anreitzen, anspornen, antreiben, sind bloß nach dem Grade der Stärke der gebrauche Bewegungsgründe verschieden. Die Gemeinen Mundarten haben eine Menge anderer Wörter, die Bewegung zu einer Handlung nach allen Schattirungen der Stärke und Schwäche auszudrücken. Zum Beyspiel mögen das Nieders. schüren, anschüren, purren, anpurren, puttern, anputtern, proien, anproien, anspuden, antobbern, anharden, und das Oberdeutsche anstören, anstirlen, stupfen, weigeln, fretten, anschirgen, und das bey beyden übliche schunden, schünden, und anschünden dienen, von welchem alten Worte Schilters Gloss. v. Scundan, und Ihre Gloss. v. Skynda und Tillskyndan nachgesehen werden können.


Anrennen (W3) [Adelung]


Anrennen, ein Verbum, welche in doppelter Gestalt üblich ist.1. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, und irregulär conjugiret wird; S. Rennen. 1) Im Rennen an etwas stoßen. An einen Baum, an eine Mauer anrennen. Er ist an mich angerannt. Figürlich, doch nur im gemeinen Leben, du wirst übel anrennen, übel ankommen, übel empfangen werden. 2) Heran rennen, doch nur mit dem Verbo kommen, Angerannt kommen. Und jeder Freund kam angerannt, Haged.- Da kamen zween MolossenIn voller Wuth, laut bellend angerannt, Weil. 2. * Als ein Activum mit regelmäßiger Conjugation, für anlaufen. Einen anrennen, auf ihn zu rennen, besonders in feindlicher Absicht. Das Fußvolk strebt Den wilden Haufen anzurennen, Günth. Sie wurden aus verborgenen Hinterhalten angerennet, Bluntschli. Ingleichen figürlich: Ob mich gleich viel Trübsal angerennet, Opitz. In dieser ganzen thätigen Gattung ist dieses Zeitwort außer Oberdeutschland wenig üblich.


Anrichte (W3) [Adelung]


+ Die Anrichte, plur. die -n, in den Küchen einiger Gegenden, ein oben und unten mit Schränken und Fächern versehener Tisch, die Speisen darauf anzurichten; vollständig der Anrichttisch, Nieders. die Richtebank.


Anrichten (W3) [Adelung]


Anrichten, verb. reg. act. 1) zum Gebrauche in die gehörige Ordnung legen; am häufigsten von den Speisen. Die Speisen anrichten, in den Küchen, sie ordentlich in die Schüssel legen, und zum Auftragen geschickt machen. Die Suppe, die Fische anrichten. Einem anrichten, oder für einen anrichten, die ihm gehörigen Speisen auf den Tisch schaffen. Dieses Anrichten geschiehet vor der Anrichte oder dem Anrichttische vermittelst des Anrichtlöffels. Das Kupfer anrichten, in den Schmelzhütten, es zur Seigerung vorbereiten. Das Holz anrichten, bey den Zimmerleuten, es gehörig verlängern oder abkürzen. 2) In der gehörigen Ordnung entstehen machen. Eine Schule, eine Akademie, eine Handlung anrichten, in welchen Fällen doch errichten im Hochdeutschen gebräuchlicher ist. Eine Hofhaltung, eine Haushaltung, ein Gastgeboth anrichten, wofür man doch lieber einrichten sagt. 3) Hervor bringen, entstehen machen. O was werde ich für Freude anrichten! Weiße. Den Glauben in den Menschen anrichten, in der Theologie. Besonders von nachtheiligen, unangenehmen Dingen. Böses anrichten, Aufruhr, Unglücklich, Zank, Unruhe, Lärmen, Ärgerniß, Unheil, Schaden Verdruß anrichten. Was hast du angerichtet? Es war mir unmöglich, ein Zeuge des Jammers zu seyn, den ich angerichtet hatte, Dusch. Sie möchten sonst denken, ich wollte nur Feindschaft anrichten. Er möchte sonst gar zu große Handel anrichten, Gell. Er muß diese Kleine Verwirrung mit Fleiß angerichtet haben, ebend.

Anm. Die eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist vermuthlich verloren gegangen. S. Richten. Anariten für zubereiten, findet sich schon bey dem Notker.


Anrichter (W3) [Adelung]


Der Anrichter, des -s, plur. ut. nom. sing. 1) In den Seigerhütten der Schichtmeister oder Factor, der die Metalle probiret, die Beschickung einrichtet, und die Aufsicht über die Arbeiter führet. 2) In den Küchen, ein flaches blechernes Werkzeug, die Speisen damit anzurichten.


Anrichtung (W3) [Adelung]


Die Anrichtung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Anrichtens, in allen Bedeutungen des Verbi. 2) Bey den Uhrmachern, ein gewisses Werk zwischen der Uhrscheibe und dem Rädergehäuse, welches das Geh- und Schlagewerk bestimmet, die Stunden und Minuten zu zeigen; Franz la Cadrature, sonst auch das Vorlegewerk.


Anriechen (W3) [Adelung]


Anriechen, verb. irreg. S. Riechen. 1. + Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, seinen Geruch an etwas gehen lassen, doch nur im gemeinen Leben. Der Käse riecht mich an. Die Speise riecht mich gut an. 2. Ein Activum. 1) An etwas riechen. Einen anriechen. 2) Aus dem Geruche erkennen. Man riecht es ihm schon an, wo er gewesen ist.


Anritt (W3) [Adelung]


Der Anritt, des -es, plur. inusit der Anzug, die Annäherung zu Pferde, ein Wort, welches ehedem sehr häufig von dem ersten Anzuge der gewordenen oder in sold genommen Reiterey üblich war. Daher das Anrittsgeld, plur. von mehrern Summen, die -er, der Sold, welchen man ehedem der Reiterey für den ersten Anzug bezahlte; da es denn in der Folge auch wohl von dem ersten Anzuge des angeworbenen Fußvolkes gebraucht wurde. Noch jetzt werden diejenigen Gelder, welche einem Fürsten für die Stellung, Bewehrung und Bekleidung der in eines andern Sold überlassen Regimenter zu Pferde und zu Fuße bezahlet werden, Anrittsgelder genannt.


Anritzen (W3) [Adelung]


Anritzen, verb. reg. act. an etwas ritzen, ein wenig beritzen. Einen Baum anritzen.


Anrollen (W3) [Adelung]


Anrollen, verb. reg. 1. Activum, auf etwas rollen. Bey den Jägern rollen die Hunde das wild an, wenn sie selbiges anbellen, aber nicht verfolgen. 2. Neutrum, sich rollen nähern, doch nur mit kommen, in der vertraulichen Sprechart. Da kommt ein Muschelwagen Auf leichten Rädern angerollt, Wiel.


Anrosten (W3) [Adelung]


Anrosten, verb. reg. neutr. mit seyn, durch den Rost an etwas befestigt werden. Der Ring ist an der Stange angerostet.


Anrotten (W3) [Adelung]


* Anrotten, S. Anlegen. 1. 2. 3).


Anrüchtig (W3) [Adelung]


Anrüchtig, -er, -ste; adj. et adv. in den Rechten, ein wenig berüchtigt, geringer Verbrechen. oder einer unanständigen Lebensart wegen, besonderer Ehren unwürdig, aber doch nicht ehrlos. Ein anrüchtiger Mensch. Durch etwas anrüchtig werden. S. Berüchtigt, ingleichen Rügen, von welchem dieses Wort ohne Zweifel abstammen. An hat hier die mildernde Bedeutung, einen geringen Grad der Ehrlosigkeit anzudeuten.


Anrüchtigkeit (W3) [Adelung]


Die Anrüchtigkeit, plur. die -en. 1) Die anrüchtige Beschaffenheit einer Person oder Sache; ohne Plural. 2) Ein Verbrechen oder Umstand, welcher anrüchtig macht.


Anrucken (W3) [Adelung]


Anrucken, auch häufig Anrucken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich ruckweise nähern, und in weiterer Bedeutung, sich langsam nähern. Der Feind ruckt an. Die Armee ist angeruckt. Rücken sie doch näher an, an den Tisch. In noch weiterer Bedeutung, sich nähren. Der Winter rückt an. S. Rucken. Daher die Anruckung und Anrückung.


Anrücken (W3) [Adelung]


Anrücken, verb. reg. act. ruckweise nähern bringen. Den Tisch anrücken, an die Wand. Den Stuhl anrücken, an den Tisch. Daher die Anrückung. Anrucken sollte eigentlich das Neutrum und Anrücken das Activum seyn, S. Rucken und Rücken; allein im Hochdeutschen gebraucht man das letztere gern für beyde Formen.


Anrudern (W3) [Adelung]


Anrudern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, sich durch Rudern nähern. Mit dem Kahne anrudern. An das Land anrudern. Angerudert kommen, in der vertraulichen Sprechart. Ingleichen, im Rudern an etwas stoßen. An einen Baum anrudern.


Anrufen (W3) [Adelung]


Anrufen, verb. irreg. act. S. Rufen. 1) Den Ruf an jemanden richten. Einen anrufen. Die Schildwache rief uns an. Figürlich, um Erweisung der Wohlthat zu jemanden rufen, ihn laut und dringend darum bitten. Einen um Schutz anrufen. Den Richter um Recht anrufen. Gott um Hülfe anrufen. 2) Heran rufen herbey rufen. Einen auf öffentlicher Gasse anrufen. Figürlich. Einen zum Zeugen anrufen. Gott zum Zeugen seiner Unschuld anrufen. So auch die Anrufung in beyden Bedeutung, besonders in der ersten figürlichen, der lauten und dringenden Bitte an jemanden. Die Anrufung Gottes, die Anrufung seines Nahmens.

Anm. Anaruofen ist nach dem Lateinischen invocare gebildet, und kommt so wohl in der eigentlichen als figürlichen Bedeutung schon bey dem Ottfried und Notker vor. Das Hauptwort der Anrufer, welches Richt. 15, 19 gebraucht wird, ist nicht gewöhnlich.


Anrufsbrief (W3) [Adelung]


Der Anrufsbrief, des -es, plur. die -e, in den Oberdeutschen Gerichten, besonders bey dem Hofgerichte zu Rothweil, ein Bittschreiben des weltlichen Gerichtes an den geistlichen Richter, wider einen halsstarrigen Geächteten mit dem geistlichen Banne zu verfahren; Latein. Supplicatoria.


Anrühmen (W3) [Adelung]


Anrühmen, verb. reg. act. in eines Gegenwart rühmen, um ihn zur Annehmung der gerühmten Sache zu bewegen. Einem seine Waare anrühmen. Man hat mir diesen Menschen sehr angerühmt. So auch die Anrühmung.


Anrühren (W3) [Adelung]


Anrühren, verb. reg. act. 1) An etwas rühren, dessen Seitenfläche berühren. Einen anrühren. Etwas mit der Hand, mit den Fingern, mit einem Stecken anrühren. Rühre mich nicht an. Figürlich, so wohl beleidigen, feindlich antasten, eines Ehre, guten Nehmen anrühren, doch nur im gemeinen Leben; als auch für erwähnen, doch nur in Oberdeutschland, und in den Kazelleyen. Der angerührte, oben angerührte Umstand.2) Daran rühren, d. i. durch Rühren mit etwas vermischen, in den Küchen. Mehl mit Milch anrühren. Das Mehl anrühren, es mit einem flüssigen Körper zu einem Teige machen. 3) Bey den Vogelstellern, an die Ruhr oder Rege befestigen. Einen Vogel anrühren. S. Ruhr.So auch die Anrührung in allen drey Bedeutungen.


Ans (W3) [Adelung]


Ans, die mit dem Artikel das zusammen gezogene Präposition an, für an das. Ans Licht bringen. Ans Fenster treten. Bis ans Ende der Welt. Diese Zusammenziehung ist in der Sprache des Umganges am häufigsten, sollte aber in der edlern und höhern Sprech- und Schreibart billig vermieden werden.


Ansacken (W3) [Adelung]


+ Ansacken, verb. reg. act. angreifen und fest halten, im gemeinen Leben. Einen auf der Gasse ansacken, antreffen und mit sich führen. Vielleicht aus dem Wendischen Ssaham, fangen, fassen, im Imperf. Ssach.


Ansäen (W3) [Adelung]


Ansäen, verb. reg. act. 1) Anfangen zu säen. 2) So viel als besäen. Den Acker, das Feld ansäen, in der Landwirthschaft. Beyden Gärbern und Kürschnern bedeutet ansäen, die Felle inwendig, oder auf der Fleischseite, mit Mehl bestreuen, nachdem sie vorher mit Schrot abgesäet worden; eine Verrichtung, welche auch einsäen genannt wird. 3) Zur fünftigen Entstehung säen.Wälder ansäen, Holzsamen ausstreuen, damit daraus in Zukunft Wälder werden. Daher die Ansäung.


Ansage (W3) [Adelung]


Die Ansage, plur. die -n, 1) Die Handlung des Ansagens; ohne Plural. Eine Ansage thun, oder thun lassen. In die Ansage bringen, auf dem Reichstage zu Regensburg, bekannt machen, daß es in Vortrag kommen soll. 2) Dasjenige, was angesaget wird.


Ansagen (W3) [Adelung]


Ansagen, verb. reg. act. durch Worte bekannt machen. Einem etwas ansagen, oder etwas bey einem ansagen. Eine Leiche ansagen. Sein Vermögen ansagen, angeben, anzeigen. Zu Rathe ansagen, zu einer Versammlung des Rathes berufen. Daher die Ansagung, und der Ansagezettel, bey dem Reichstage zu Regensburg, ein Zettel, worin der Mainzische Directorial-Gesandte die Materien bekannt machet, über welche gerathschlaget werden soll.

Anm. Ansagen wird heut zu Tage im Hochdeutschen nur noch in einigen wenigen Fällen einer feyerlichen oder auf Befehl eines Höhern geschehenen Bekanntmachung gebraucht. In andern Fällen gebraucht man lieber das einfache sagen. Es ist daher so wohl der Ausdruck sag an, d. i. sage her, als auch die Bedeutung des Anmeldens, einen ansagen, im Oberdeutschen üblicher, als im Hochdeutschen. Beyde kommen schon im Theuerdank vor. Z. B. Ließ sich den Helden sagen an. Ingleichen: Sag an, was will du doch mich underwisen. Der letzte Ausdruck kommt auch in der Deutschen Bibel mehrmahls vor; z. B. Hiob. 34, 33. Weißest du nun was, so sag an. Daß ansagen ehedem auch so viel als anklagen, ingleichen, einen Einwurf machen, bedeutet habe, erhellet theils aus Boners Fabeln, theils aus Schilters Gloss. und den daselbst aus dem Pez angeführten Beyspielen.


Ansägen (W3) [Adelung]


Ansägen, verb. reg. act. anfangen an etwas zu sägen, ein wenig an etwas sägen. Ein Bret ansägen. Daher die Ansägung.


Ansässig (W3) [Adelung]


Ansässig, adj. et adv. angesessen, d. i. mit liegenden Gründen, oder unbeweglichen Gütern an einen Ort gebunden. Ein ansässiger Einwohner. Er ist allhier ansässig.

Anm. einige wollen dieses Wort ansessig geschrieben wissen, weil die meisten von sitzen abgeleiteten Wörter ein e haben, als gesessen, seßhaft, Sessel, u. s. f. Allein ansässig kommt nicht zunächst von sitzen, sondern von dem Substantive Saß her. Ansaß bedeutete ehedem ein jedes unbewegliches Gut, hernach aber auch besonders ein Stammgut S. Schilters Gloss. v. Anses. Für ansässig ist indessen auch angesessen, feßhaft, (in Niedersachsen beseten,) erbgesessen u. s. f. üblich. Ehedem war auch sadelhaft bekannt. So fern jemand nur mit einem Hause angesessen ist, wird er in Oberdeutschland auch haushablich, haussässig, behaust, und in Niedersachsen haussittend genannt. S. auch Haltaus v. Immann, Insaß, und im Supplem. v. Ansete, und Ölrichs Gloss. ad Stat. Bremens. v. Beseten.


Ansässigkeit (W3) [Adelung]


Die Ansässigkeit, plur. inusit. 1) Die Eigenschaft, nach welcher jemand an einem Orte ansässig ist. 2) * Eine Art einer Auflage und deren Vertheilung über die Einwohner einer Gegend; eine Bedeutung, deren Steinbach erwähnet, und welche vielleicht nur in Schlesten üblich ist.


Ansatz (W3) [Adelung]


Der Ansatz, des -es, plur. die -sätze, von dem Verbo ansetzen.1. Die Handlung des Aufsetzens, so wohl des Neutrius, als auch in einigen Bedeutungen des Activi; ohne Plural. Besonders, 1) * der Angriff, ein feindlicher Anfall. Einen Ansatz thun. Der erste Ansatz ist der hitzigste. Der Ansatz einer Krankheit. Diese Bedeutung gehöret im Hochdeutschen bereits unter die ver- alteten, und wird zuweilen nur im Oberdeutschen gehöret. 2) Das Ansetzen des Mundes an Blase-Instrumente, und die Art und Weise, wie solches geschiehet. Er hat einen guten, einen schlechten Ansatz. In figürlicher Bedeutung; doch nur im vertraulichen Scherze, natürliche Fähigkeit, Geschicklichkeit zu etwas. Er hat einen guten Ansatz zum trinken. Es scheinet, daß er einem ziemlichen Absatz zur Narrheit hat. 3) etwas in Ansatz bringen, in die Rechnung, in die Taxe. Nach dem in der Taxe befindlichen Ansatze, wie die Sache in der Taxe angesetzet oder geschätzet worden. 4) * In den Oberdeutschen Gerichten, besonders in Österreich, die gerichtliche Einsetzung des Gläubigers in die Habe des Schuldners, doch nur in so fern er die Verwahrung, nicht aber den Genuß derselben bekommt, welche in andern Gegenden auch die Anleite genannt wird; S. dieses Wort. Im Hildesheimischen verstehet man unter Ansatz eine jede gerichtliche Einweisung in liegende Gründe, auch wenn sie erkauft oder auf andere Art erworben worden.2. Alles dasjenige, was an etwas anderes angesetzet wird, oder angesetzet worden. So heißt bey dem Ausbohren der Pumpenröhren, diejenige eiserne Stange, welche an die Bohrstange angesetzet wird, ein Ansatz, und zuweilen führet diesen Nahmen auch dasjenige Land, welches ein Strom an einem Orte ansetzet, oder anspület; S. auch Anschütt. Auf großen Schiffen ist der Ansatz der oberste Theil des Vorderstevens, der bis an die Gallion reicht. An den Blase-Instrumenten sind die Ansätze Stücke, welche angesetzet werden, selbige höher oder tiefer zu stimmen. Wenn aber das Mundstück an solchen Instrumenten der Ansatz genannt wird, so bezeichnet es hier eigentlich den Ort, wo der Mund angesetzet wird. In der Zergliederungskunst verstehet man unter Ansätze, Epiphyses, alle diejenige kleinen lockern Knochen, welche durch Knorpel an größere anwachsen, so wie ein bloß hervor ragender Theil eines Knochens ein Fortsatz, Apophysis, genannt wird. In figürlicher Bedeutung nennet man auch unterschiedene Erhöhungen an einem Körper Ansätze, weil es scheint, als wenn sie wirklich angesetzet worden. Dahin gehöret der Ansatz an einer Kanone, oder der dickere Theil derselben; der Ansatz an den Thürangeln, d. i. der Rand um den Zapfen, auf welchem das Gewinde des Bandes ruhet, und andere dergleichen Ansätze mehr.


Ansäuern (W3) [Adelung]


Ansäuern, verb. reg. act. in der Hauswirthschaft und bey den Bäckern, ein wenig sauer machen, den Teig mit Sauerteige vermischen, welches auch einsäuern genannt wird.


Ansaugen (W3) [Adelung]


Ansaugen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, S. Saugen. 1) Anfangen zu saugen. 2) Sich durch Saugen an etwas befestigen. Der Blutigen hat sich fest angesogen. 3) + Sich ansaugen, im gemeinen Leben, sich voll saugen. So auch die Ansaugung.


Anschaben (W3) [Adelung]


Anschaben, verb. reg. act. anfangen an etwas zu schaben, mit der vierten Endung der Sache.


Anschaffen (W3) [Adelung]


1. Anschaffen, verb. reg. act. von schaffen, befehlen, machen, daß man etwas bekomme, herbey schaffen, d. i. Sorge tragen, daß etwas zu künftigem Gebrauche vorhanden, sey. Holz auf den Winter anschaffen. Sich Kleider, Bücher, ein Haus, einen Garten anschaffen. So auch die Anschaffung.

Anm. In Oberdeutschland, wo schaffen, für befehlen, noch gäng und gebe ist, bedeutet anschaffen so viel als anbefehlen, ingleichen zur Arbeit antreiben, und Anschaffer ist daselbst ein Aufseher über die Arbeiter, der sie antreibet. In andern Oberdeutschen Gegenden wird anschaffen für bestellen gebraucht: z. B. ein Paar Schuhe anschaffen, wofür man um Nürnberg anfrümen sagt.


Anschaffen (W3) [Adelung]


2. Anschaffen, verb. irreg. act. von schaffen, creare, in und bey der Schöpfung mittheilen. Gott hatte dem ersten Menschen sein Ebenbild angeschaffen. Die angeschaffene Unschuld desersten Menschen. Es ist indessen im Hochdeutsche selten. S. Anerschaffen.


Anschäften (W3) [Adelung]


Anschäften, verb. reg. act. mit einem Schafe versehen. Ein Gewehr anschäften, eine Schaft daran setzen. Ein Paar Stiefeln anschäften, sie mit neuen Schäften versehen. Die Halbsparren anschäften, bey den Zimmerleuten, sie an die Sparren annageln. Daher die Anschäftung.


Anschälen (W3) [Adelung]


Anschälen, verb. reg. act. anfangen an etwas zu schälen, ein wenig beschälen. Einen Apfel anschälen. Daher die Anschälung.


Anschalmen (W3) [Adelung]


Anschalmen, verb. reg. act. in dem Forstwesen einiger Gegenden, besonders in Pommern und der Mark, so wie anlaschen, d. i. einen Baum vermittelst des Anschälens zeichnen. S. Abschalmen und Schalm. Daher die Anschalmung.


Anschanzen (W3) [Adelung]


Anschanzen, verb. reg. act. in dem Bergbaue, Anstalt machen, daß die Arbeiter anfangen können zu arbeiten. S. Schanze. Daher die Anschanzung.


Anscharen (W3) [Adelung]


Anscharen, verb. reg. recipr. von Schar, sich scharweise nähern oder verbinden; nur im Bergbaue, wo Gänge oder Klüfte sich anscharen, wenn mehrere derselben sich in Einen vereinigen, wofür auch das einfache sich scharen gebraucht wird. S. dasselbe.


Anschärfen (W3) [Adelung]


Anschärfen, verb. reg. act. von schärfen, streifen. Mit der Hand ein wenig an die Mauer anschärfen, anstreifen. S. 1. Schärfen.


Anscharren (W3) [Adelung]


Anscharren, verb. reg. act. anfangen zu scharren; ingleichen durch Scharren einer andern Sache nähern, besonders von den Hühnern.


Anschauen (W3) [Adelung]


Anschauen, verb. reg. act. welches 1) mit ansehen einerley Bedeutung und Gebraucht hat, auch in Oberdeutschland dessen Stelle völlig vertritt. Im Hochdeutschen ist diese Wort in den gemeinen Sprecharten wenig bekannt; nur in der höhern Schreibart, und wenn man mit oder von Personen redet, denen man Ehrerbietigkeit schuldig ist, hält man es für edler als ansehen. S. Schauen. 2) In weiterer Bedeutung wird dieses Wort auch überhaupt für empfinden gebraucht, ohne dasselbe auf die Empfindung des Sehens allein einzuschränken. In dieser Bedeutung reden die Gottesgelehrten von dem Anschauen Gottes in jenem Leben, und in der Philosophie verstehet man durch die anschauende Erkenntniß, eine jede Erkenntniß, die wir durch Empfindung erlangen, oder da wir uns die Sache selbst oder doch ihr Bild vorstellen, die sinnliche, bildliche Erkenntniß, im Gegensatze der symbolischen, da man eine Sache unter Worten oder anderen Zeichen denkt. Eine Sache anschauend, d. i. sinnlich, erkennen. Daher die Anschauung, in der ersten eigentlichen Bedeutung.

Anm. Anascouuen, Anscouuen kommt schon bey dem Ottfried, Tatian und andern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern vor, und das Substantiv Anscouungo war zu Notkers Zeiten gleichfalls bekannt.


Anschaulich (W3) [Adelung]


Anschaulich, -er, -ste, adj. et adv. in dem Anschauen, der unmittelbaren Empfindung durch das Gesicht, gegründet, bildlich, und in weiterer Bedeutung, in unmittelbarer Empfindung gegründet, sinnlich. Die anschauliche Erkenntniß, wie anschauende. Daher die Anschaulichkeit, plur. inusit.


Anscheer (W3) [Adelung]


Die Anscheer, S. Anschere.


Anscheeren (W3) [Adelung]


Anscheeren, S. Anscheren.


Anschein (W3) [Adelung]


Der Anschein, des -es, plur. inusit. die äußere Wahrscheinlichkeit eines gewissen Erfolges. Es ist aller Anschein dazu da. Es ist vieler Anschein zum Kriege, zu einem Fieber, vorhanden. Es hat nicht den Anschein dazu. Es gewinnet den Anschein, als wenn u. s. f. für Schein, die äußere Gestalt eines Dinges. Ich verehre in ihnen auch den Anschein von Billigkeit. Die Einbildungskraft verändert die Natur und den Anschein der Dinge. Wenn mich der Anschein nicht sehr triegt. Den ein Anschein von Gründlichkeit zu glänzenden Irrthümern dahin reißt, Less. S. das folgende.


Anscheinen (W3) [Adelung]


Anscheinen, verb. irreg. S. Scheinen. Es ist:I. Ein Activum, an etwas scheinen, den Schein von sich an etwas gehen lassen, bescheinen. Die Sonne schien uns an. Er ist nicht werth, daß die Sonne ihn anscheinet.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, für das einfache scheinen. 1) Das Ansehen haben, Merkmahle eines Daseyns oder eines künftigen Erfolges von sich geben, wovon aber im Hochdeutschen nur das Participium der gegenwärtigen Zeit, anscheinend üblich ist. Bey anscheinender Gefahr. Wider den anscheinender Krieg. Hätte man wohl geglaubt, daß er mit so vieler anscheinender Hoffnung für sein Vaterland fechten sollte? Raben. In den übrigen Modis ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich, wenn gleich Hermes sagt: da der Krieg so sehr wüthet, und keine Hoffnung bessere Zeiten anscheinet. 2) Für scheinen, im Gegensatze des Seyns, wo aber auch nur das Participium anscheinend für scheinbar eingeführet ist. Eine anscheinende Bescheidenheit, Unmöglichkeit u. s. f.

Anm. Da an in beyden Bedeutungen des Neutrius die Oberdeutsche Verlängerung ist, so kommt selbst das Participium anscheinend mehr in der gerichtlichen, als in der edlen Schreibart vor. In Oberdeutschland ist anscheinen in beyden Bedeutungen von einem uneingeschränkten gebrauche. Ja man gebraucht daselbst sogar das Participium der vergangenen Zeit angeschienen, obgleich die Neutra, welche haben zum Hülfsworte annehmen, dergleichen gemeiniglich nicht verstatten.


Anschellen (W3) [Adelung]


Anschellen, verb. reg. act. an etwas schellen, besonders an die an den Thüren befindliche Schelle oder Klingel ziehen. Wer schellet an? es hat jemand angeschellet. S. auch Anklingeln und Anläuten.


Anschere (W3) [Adelung]


Die Anschere, plur. die -n, bey den Webern, das in die Länge ausgespannte Garn zu einem Gewebe, von scheren, theilen, ordnen, welches S. In den gemeinen Mundarten wird dieses Wort gemeiniglich Anschire und Anschür ausgesprochen, die Anschere selbst aber, wird auch die Scherung, Nieders. Scherels, der Aufzug, die Kette, das Werft, der Zettel. bey den Bortenwirkern der Anschweif, und bey den Raschmachern der Anwurf genannt; alles im Gegensatze des Einschlages oder Eintrages.


Anscheren (W3) [Adelung]


1. Anscheren, verb. irreg. act. von scheren, tindere, welches S. anfangen an etwas zu scheren, ein wenig bescheren. Daher die Anscherung.


Anscheren (W3) [Adelung]


2. Anscheren, verb. reg. act. von scheren, theilen, bey den Webern, das zu einem Gewebe nöthige Garn der Länge nach ausspannen, welches auch aufziehen genannt wird. Daher die Anscherung.


Anschergen (W3) [Adelung]


+ Anschergen, verb. reg. act. welches nur in den niedrigen Sprecharten vorkommt, S. Scherge.


Anschicken (W3) [Adelung]


Anschicken, verb. reg. act. von schicken, so fern es ordnen, zubereiten bedeutet, zubereiten, zurüsten, doch nur als ein Reciprocum. Sich zu etwas anschicken. Sich zur Abreise anschicken. Schicke dich an, ihn höflich zu empfangen. Es schickt sich alles dazu an, alle Umstände bekommen die dazu nöthige Richtung. Ingleichen, in Beziehung auf die Art und Weise, wie man etwas thut. Sich albern zu etwas anschicken, anstellen, Less. Daher die Anschickung.

Anm. Dieses Wort ist im Hochdeutschen, selbst in dem gemeinen Umgange, so häufig eben nicht. Die Niedersachsen sagen dafür toschicken. Es anschicken, veranstalten, ingleichen sich alles Ernstes anschicken, mit allem Ernste, sind Oberdeutsche Wortfügungen.


Anschieben (W3) [Adelung]


Anschieben, verb. irreg. S. Schieben. 1. Activum, hinan schieben, durch Schieben einer Sache nähern. Den Tisch anschieben, an die Wand. Einen Kasten näher an die Mauer anschieben. Daher der Anschieber, ein Stück, welches man an einen Tisch anschiebet, ihn länger zu machen. 2. Neutrum mit haben, anfangen zu schieben, besonders in dem Kegelspiele. Daher der Anschub, welches S.


Anschielen (W3) [Adelung]


Anschielen, verb. reg. act. schielend ansehen. Einen anschielen. Ingleichen von der Seite ansehen. Philemon schielt ihn an, Haged. In Oberdeutschland anschiegeln, anschilchen. In dem 1483 zu Augsburg gedruckten Buche der Natur heißt es: Wenn die Sune den mon bey siezt anschilhent oder anscheinent, wenn die Sonne den Mond von der Seite anscheinet.


Anschießen (W3) [Adelung]


Anschießen, verb. irreg. ( S. Schießen,) welches in doppelter Gestalt üblich ist.I. Als ein Activum, da es denn, so wie das einfache schießen, auf verschiedene Art gebraucht wird. 1) Durch einen Schuß verwunden. Einen Hirsch, ein wildes Schwein, einen Vogel anschießen, wofür aber die Jäger lieber anschweißen sagen. Im gemeinen Leben, und im vertraulichen Scherze, wird dieses Wort auch in figürlicher Bedeutung gebraucht, und da bedeutet angeschossen seyn, theils verliebt seyn, theils einen leichten Ransch haben, theils aber auch das seyn, was man sonst auch einen Hasenfuß nennet, d. i. einen Ansatz zur lustigen Narrheit haben. 2) Ein Gewehr anschießen, zum ersten Mahle daraus schießen. 3) Eine Sache mit der andern verbinden, doch nur als ein Kunstwort in einigen einzelnen Fällen. So bedeutet ein Gebäude an das andere anschießen, so viel als es anbauen. Den Ärmel an de Rock anschießen, ist bey den Schneidern so viel als an nähen, und bey den Bäckern wird ein Brot an das andere angeschossen, wenn es so in den Ofen geschoben wird, daß es das andere berühret.II. Als ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird. 1) Heran schießen, sich plötzlich nähern. Das Wasser schießt an, läuft schnell an. Die Fluth kam überaus schnell angeschossen. Ingleichen von Menschen. Er kam wie ein Pfeil angeschossen, heran gerannt. 2) Im Schießen, d. i. schnellen Laufe, an etwas anstoßen. Er ist an die Mauer angeschossen. Er schoß an den Baum an. 3) angrenzen, anstoßen. Das Feld, der Acker schießt an den Weg an. 4) In die Höhe schießen besonders in der Scheidekunst, von den Salzen und andern Krystallen, sich krystallisiren. Das Salz ist bereits angeschossen. Die Sohle zu Krystallen anschießen lassen. In den Salzwerken nennet man auch das Aufquellen des Salzes von der an sich gezogenen Luft anschießen.


Anschiffen (W3) [Adelung]


Anschiffen, verb. reg. neut. mit dem Hülfswort seyn, mit dem Schiffe sich einem Orte nähren. An eine Insel anschiffen. An das Land anschiffen.


Anschilden (W3) [Adelung]


Anschilden, verb. reg. act. bey den Gärtnern, eine Art des Oculirens oder Äugelns, da man einen Schild in die Rinde eines andern Stammes setzen; zum Unterschiede von dem röhrlen, oder teicheln, wenn Statt des Schildes ein Ring mit einem Auge genommen wird.


Anschildern (W3) [Adelung]


Anschildern, verb. reg. act. bey den Jägern, die Feld- und Rebhühner an den Schild, d. i. an das auf eine Leinwand gemahlte Bild, gewöhnen; ingleichen, sie vermittelst eines solchen Bildes in den Zeug treiben. Daher die Anschilderung.


Anschimmern (W3) [Adelung]


Anschimmern, verb. reg. act. den Schimmer von sich an etwas gehen lassen. Wenn mich der blasse Mond in der Nacht anschimmert.


Anschlag (W3) [Adelung]


Der Anschlag, des -es, plur. die -schläge, von dem folgenden Verbo anschlagen.1. Die Handlung des Anschlagens, ohne Plural, doch nur in einigen Bedeutungen des Activi. Der Anschlag an eine Glocke, oder der Anschlag mit einer Glocke. Den Anschlag einer Schrift verrichten, oder besorgen, sie anschlagen. Der Anschlag eines Gewehres. Eine Flinte vor sich im Anschlage halten. Im Anschlage liegen. Im Anschlage begriffen seyn. Ein Haus ist im Anschlage, wenn es zum Verkaufe angeschlagen ist. Noch häufiger aber;2. Dasjenige, was angeschlagen wird, und zwar, 1) in den eigentlichen Bedeutungen des Verbi. So nennt man eine jede Schrift, welche öffentlich angeschlagen wird, von welchem Inhalte sie auch seyn mag, einen Anschlag. An den Schießgewehren führet diesen Nahmen der untere dicke Theil, welcher an den Backen angeschlagen wird, und auch die Anlage, die Kolbe, der Vorderschaft heißt. An dem Gehrmaße der Tischler ist es ein kleines schräge angefügtes Bret, welches an dasjenige Bret oder Holz angeschlagen oder angeleget wird, welches mit dem andern rechtwinkelig zusammen gefüget werden soll. 2) In figürlicher Bedeutung, (a) die Berechnung der Kosten und Einkünfte einer Sache, die Schätzung des Werthes oder der Kosten derselben. Ein Bauanschlag, ein Waarenanschlag, ein Steueranschlag, ein Accisanschlag, ein Pachtanschlag, Kaufanschlag u. s. f. Den Anschlag zu einem Baue machen. Der Anschlag von einem Gute. Etwas in Anschlag bringen, auch in weiterer Bedeutung, Rechnung darauf machen. Das kommt nicht mit im Anschlag, darauf wird nicht geachtet. (b) Rathschlag, überlegter Entschluß, durchdachter Entwurf, am häufigsten, obgleich nicht eben nothwendig, im nachtheiligen Verstande, eines Entwurfes zum Bösen, Nieders. Inslag. Einen Anschlag machen, auf etwas machen. Einen Anschlag fassen. Kaum haben wir einen Wunsch erreicht, so machen wir Anschläge auf neue Vergnügungen. Ich denke nicht, daß er mehr Anschläge auf mein Leben haben wird, als ich auf das seinige habe, Dusch. Ein Mann voller Anschläge, ein kluger, verschlagener Mann. Die Anschläge, welche unsere Feinde zu unserm Verderben schmieden, werden oft der Grundstein unserer Wohlfahrt. S. die Anmerkung zum folgenden Verbo.3. Dasjenige, woran etwas schlägt. ingleichen der Ort, wo etwas anschlägt. In den Mühlen heißt dasjenige Holz, welches von dem Trillinge des Sechterzeuges beständig zurück geschlagen wird, den Beutelkasten erschüttert, und das Klappern der Mühlen verursacht, der Anschlag, oder das Anschlageholz. Auch die Buchdrucker haben einen Anschlag, welches ein Riemen ist, an welches das Rähmchen anschläget, vermittelst dessen es wieder auf den Deckel geworfen wird, und welcher auch der Immhamen heißt. Bey den Tischlern heißt derjenige Theil der Thür- und Fenstereinfassungen der Anschlag, an welchen die Thüren und Fenster anschlagen Konen.4. Dasjenige, womit etwas angeschlagen wird. In dieser Bedeutung ist nur der Anschlag der Schneider bekannt, d. i. derjenige Faden, womit das Futter angeschlagen, oder flüchtig an das Tuch befestiget wird.


Anschlagen (W3) [Adelung]


Anschlagen, verb. irreg. ( S. Schlagen,) welches in doppelter Gestalt üblich ist.I. Als ein Activum, da es nach den verschiedenen Bedeutungen des einfachen schlagen, und des Wörtchens an, auf verschiedene Art gebraucht wird.1. Anfangen zu schlagen, besonders einen Ton anzugeben; wo es, wenn es absolute und ohne Accusativ gebraucht wird, auch als ein Neutrum betrachtet werden kann. Mit der Glocke anschlagen, oder auch schlechthin anschlagen, an die Glocke schlagen, eine Feuersbrunst u. s. f. anzuzeigen. Auf dem Claviere wird angeschlagen, wenn auf einem Clavem geschlagen wird, um dessen Ton hören zu lassen. Eine Arie auf dem Flügel anschlagen, den Anfang derselben spielen. In weiterer Bedeutung, laut werden, sich hören lassen. Der Vogel schlägt an, fängt an zu singen. Hörst du den Nachtegall Wie lieblich schlägt er an, Rachel. Besonders von Hunden, für bellen. Die Hunde schlagen an, haben angeschlagen.2. An etwas schlagen. An die Thür, an die Glocke anschlagen. Die Wellen schlugen mit großer Heftigkeit an das Ufer an. In weiterer Bedeutung, das Gewehr anschlagen, es an den Backen legen, um es abzudrücken. In den Bergwerken bedeutet anschlagen nach einer ziemlich starken Figur, die Kübel mit Erz oder Gesteine anfüllen, weil nach deren Anfüllung mit Anschlagen oder Rufen ein Zeichen gegeben wird, sie hinauf zu ziehen. Die Sichel anschlagen, an das Getreide, und die Hand an etwas anschlagen, für anlegen, sind im Hochdeutschen größten Theils veraltet. Das Anschlagen, eine Art Kinderspieles, da Zahl- oder Rechenpfennige an die Wand geschlagen oder geworfen werden; da denn derjenige gewonnen hat, welcher des andern Pfennige auf der Erde mit einer Spanne von dem seinigen erlangen kann.3. Vermittelst eines Schlages an etwas befestigen. Ein Schloß anschlagen. Ein Thürband anschlagen. Ein Bret anschlagen. Eine obrigkeitliche Verordnung, ein Mandat, eine Bekanntmachung anschlagen. Einen Ausreißer anschlagen, seinen Nahmen an den Galgen schlagen. Daher in weiterer Bedeutung auch so viel, als durch einen solchen Anschlag feil biethen. Ein Haus anschlagen. Seine Güter sind bereits angeschlagen.In noch weiterer Bedeutung, verschiedene Arten der Verbindung einer Sache mit der andern anzudeuten, doch nur als ein Kunstwort in einigen einzelnen Fällen. So bedeutet anschlagen bey den Schneidern und Näherinnen, mit weiten Stichen auf eine kurze Zeit befestigen, welches auch anheften, in Niedersachsen aber anrijen und trakeln genannt wird. In den Küchen bedeutet eine Rindszunge, eine Kalbskeule, einen Schinken anschlagen, das Fleisch von den Knochen ablösen, es mit Eyern, Gewürzen u. s. f. hacken, es wieder an die Knochen legen, und dann backen oder kochen. Daher eine angeschlagene Kalbskeule, ein angeschlagener Hecht. Die Tuchmacher und Tuchscherer schlagen die Tücher an, wenn sie selbige an die Häkchen oder Claviere des Tuchrahmens befestigen. In der Bienenzucht schlagen die Bienen Junge an, wenn sie Brut in die Zellen setzen. Einem Fessel anschlagen, für anlegen, wie Opitz singt: Den Schenkel schlug man Fessel an, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.4. Heran schlagen, durch Schlagen hervor bringen, doch nur in dem Ausdrucke, Feuer anschlagen, es vermittelst eines an einen Stahl geschlagenen Feuersteins hervor bringen.5. Berechnen, schätzen. Eines Vermögen anschlagen, taxiren. Etwas zu Gelde anschlagen, dessen Werth in Gelde angeben. Dieß ist zu theuer, zu hoch angeschlagen. Ein jeder schlägt sich in einem zu hohen Preise an, setzt sich höher an, als er werth ist. Wie schlägst du mir dieses an? oder, wie hoch schlägst du mir dieses an? wie hoch rechnest du es mir an? Ich habe es für zehn Thaler angeschlagen.Das einfache schlagen bedeutete ehedem auch zählen, eigentlich die Steine, deren sich die erste Einfalt zum Zahlen bediente, setzen oder rücken, und dieser Begriff liegt auch noch in überschlagen, d. i. überrechnen, zum Grunde; S. Ihre Glossar. v. Sla. Nur die Bedeutung des Vorwortes an ist hier nicht so deutlich, ob sie gleich in den letzten Beyspielen, wo anschlagen für anrechnen stehet, seine Schwierigkeit hat.II. Als ein Neutrum, welches mit beyden Hülfswörtern verbunden wird.1. Mit seyn, an etwas schlagen, heftig an etwas fallen. Er ist an die Mauer angeschlagen. Ich schlug mit dem Kopfe an die Wand an. Wird das Verbum hier zu einem Reciproco, so bekommt es auch das haben wieder. Er hat sich den Kopf an die Mauer angeschlagen.2. Mit haben. 1) Die verlangte Wirkung thun. Dieses Mittel wird gewiß angeschlagen. Ich freue mich, daß meine Arzeney so gut angeschlagen hat, Gell. Meine Vermahnungen haben nicht angeschlagen. Alle meine Zucht hat schlecht angeschlagen. Es will nichts mehr bey ihm anschlagen, helfen. Das gute Essen und Trinken schlägt vortrefflich bey ihm an. Der Stoß schlägt an, bey den Jägern, wenn das Echo denselben wiederhohlet; wo es aber auch zu der vorigen Bedeutung gerechnet werden kann. Im Oberdeutschen verbindet man das Verbum in dieser Bedeutung mit seyn, die Arzeney ist angeschlagen; allein im Hochdeutschen ist haben üblicher und auch dem merklich thätigen Sinne angemessener. Das einfache schlagen, kommt in der Bedeutung des Helfens, Wirkens, in einer Österreichischen Urkunde vom Jahre 1440 vor, wo es heißt: und ob das nicht schlawn wolt, ob es nicht helfen wollte. 2) * Einen Anschlag, Entwurf zu etwas machen, einen Vorsatz fassen, weil das einfache schlagen auch in der Bedeutung des Durchdenkens, Überlegens üblich war; S. Ihre Glossar. v. Sla. Als sie ihn nun sahen von fern - schlugen sie an, daß sie ihn tödteten, 1. Mos. 37, 18. Des Menschen Herz schläget seinen Weg an, Sprüchw. 16, 9. Solches schlagen sie an, und fehlen, Weish. 2, 21. Im Oberdeutschen muß dieser Gebrauch auch noch üblich seyn; wenigstens sagt man daselbst noch: etwas mit einem anschlagen, verabreden; allein im Hochdeutschen ist diese Bedeutung völlig veraltet, und es ist davon nur noch das Substantiv Anschlag für Entwurf, üblich.


Anschläger (W3) [Adelung]


Der Anschläger, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken, derjenige Arbeiter, welcher auf dem Füllorte das Erz oder Gestein in die Kübel füllet, weil er nach deren Anfüllung durch Anschlagen das Zeichen zum Hinaufziehen gibt.


Anschlägig (W3) [Adelung]


Anschlägig, in den gröbern Mundarten anschlägisch, -er, -ste. adj. et adv. was Anschläge hat, im gemeinen Leben. Es ist ein anschlägiger Mensch. Er hat einen anschlägigen Kopf, einen verschlagenen Kopf, der immer Mittel und Wege weiß. Du hast immer ein anschlägig Köpfchen gehabt, Weiße.


Anschlämmen (W3) [Adelung]


Anschlämmen, verb. reg. act. mit Schlamm anfüllen, im Oberdeutschen anschlammen. Der Bach hat den ganzen Teich angeschlämmet. Daher die Anschlämmung.


Anschläudern (W3) [Adelung]


Anschläudern, verb. reg. act. mit dem Schläuder, oder schläudernd an etwas anwerfen. Einen Stein an die Wand anschläudern.


Anschleichen (W3) [Adelung]


Anschleichen, verb. irreg. neutr. ( S. Schleichen,) welches das Hülfswort seyn zu sich nehmen würde, aber nur mit dem Wortekommen üblich ist. Angeschlichen kommen, heran schleichen, langsam, heimlich ankommen. Kommt dann der Winter angeschlichen, Günth. Adlabi, im Lateine der mittlern Zeiten.


Anschleifen (W3) [Adelung]


1. Anschleifen, verb. irreg. act. S. Schleifen, polire. 1) Anfangen an etwas zu schleifen. Einen Stein anschleifen, eine kleine Fläche an demselben schleifen. Einen Spiegel, ein Glas anschleifen. 2) Daran schleifen, durch Schleifen an etwas hervor bringen. Eine Spitze anschleifen, an das Messer. Dem Steine eine Fläche anschleifen. So auch die Anschleifung.


Anschleifen (W3) [Adelung]


2. Anschleifen, verb. reg. act. 1) Von schleifen, ziehen, auf der Schleife heran führen. Waaren, Güter anschleifen. Holz anschleifen. 2) Von Schleife, nodus, vermittelst einer Schleife an etwas befestigen. Wenn ein Inquisit mit den Schnüren gepeiniget wird, so wird ihm die Leine um beyde Armen angeschleifet. So auch die Anschleifung.


Anschlenkern (W3) [Adelung]


Anschlenkern, verb. reg. act. schlenkernd an etwas werfen. Die Räder schlenkern den Koth an den Wagen an.


Anschleppen (W3) [Adelung]


Anschleppen, verb. reg. act. heran schleppen, herbey schleppen. So auch die Anschleppung.


Anschlichten (W3) [Adelung]


Anschlichten, verb. reg. act. an etwas schlichten, d. i. in Ordnung legen. Holz, Steine an die Wand anschlichten. Daher die Anschlichtung.


Anschlicken (W3) [Adelung]


* Anschlicken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, aber am häufigsten in Niedersachsen vorkommt, durch angesetzten Schlick oder Schlamm vergrößert werden. Ein Groden, so immer mehr anschlicket. S. Schlich und Schlick. Daher die Anschlickung.


Anschließen (W3) [Adelung]


Anschließen, verb. irreg. S. Schließen. Es ist,I. Ein Activum. 1) Nahe an etwas schließen, doch nur in der figürlichen Bedeutung für anfügen, beyfügen. Ich habe das verlangte Schreiben mit angeschlossen. Aus angeschlossener Schrift wird zu ersehen seyn, u. s. f. Hierher gehöret auch das Reciprocum, sich anschließen, nahe hinzu treten. So schließen sich die Soldaten an einander an, wenn sie nahe zusammen rücken; und in noch weiterer Bedeutung, schließt man sich an jemanden an, wenn man sich in dessen Gesellschaft oder Verbindung dränget. 2) Vermittelst eines Schlosses befestigen. Einen Verbrecher anschließen, ihn mit Ketten und einem Schlosse an etwas befestigen. Einen Übelthäter an den Wagen anschließen. So auch die Anschließung.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, genau an etwas passen. Die Thür schließt nicht an. Besonders von Kleidungsstücken. Die Haube schließt nicht an, und flieht aus dem Gesichte, Zachar.


Anschlingen (W3) [Adelung]


Anschlingen, verb. irreg. act. S. Schlingen. 1) Vermittelst einer Schlinge an etwas befestigen. 2) Sich an jemanden anschlingen, wie anschließen. So auch die Anschlingung.


Anschlitzen (W3) [Adelung]


Anschlitzen, verb. reg. act. einen Schlitz an etwas machen. Einer Feder, ein Stück Zeuges anschlitzen, wenn man letzteres durchreißen will.


Anschluß (W3) [Adelung]


Der Anschluß, des -sses, plur. die -schlüsse. 1) Die Handlung des Anschließens in der ersten Bedeutung des Activi, ingleichen in der Bedeutung des Neutrius; ohne Plural. 2) Dasjenige was angeschlossen oder beygefüget wird, der Beyschluß. Der Anschluß eines Schreibens. In dieser Bedeutung ist so wohl Anschluß, als auch das Verbum anschließen, am häufigsten in Oberdeutschland üblich, wo man auch das Adjectivum anschlüssig hat, ein anschlüssiges, d. i. angeschlossenes, Schreiben. Hingegen wird in Westphalen eine Holzmark, welche mit einem daran grenzenden Acker verbunden, oder mit demselben eingeschlossen wird, ein Abschluß genannt.


Anschmauchen (W3) [Adelung]


Anschmauchen, verb. reg. act. Schmauch oder dicken Rauch an etwas gehen lassen; ein Wort, von welchem in den Bergwerken nur das Participium angeschmaucht üblich ist, solche Mineralien anzudeuten, die, nachdem sie vorher aufgelöset worden, sich schwach und unterbrochen an andere Körper angesetzet haben. Sind sie stärker angesetzet worden, so heißen sie angeflogen. Eben daselbst ist auch das Substantiv die Anschmauchung üblich, diese Art des Entstehens der Mineralien zu bezeichnen.


Anschmeicheln (W3) [Adelung]


Anschmeicheln, verb. reg. recipr. Sich bey einem anschmeicheln, sich durch Schmeicheley dessen Gunst zu erwerben suchen.


Anschmeißen (W3) [Adelung]


+ Anschmeißen, verb. irreg. ( S. Schmeißen,) welches, so wie das einfache schmeißen, und alle damit zusammen gesetzte, nur noch im gemeinen Leben üblich ist. Es ist aber: 1. Ein Activum, theils für heftig anpochen, an die Thür anschmeißen; theils für anwerfen, d. i. vermittelst eines Wurfes an etwas bringen, einem eine Klette anschmeißen. Die Fliegen schmeißen das Fleisch an, wenn sie es beschmeißen. 2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, hart und heftig an etwas anfallen. Er ist mit dem Kopfe an die Wand angeschmissen.


Anschmelzen (W3) [Adelung]


Anschmelzen, ein Wort, welches auf gedoppelte Art üblich ist.I. Als ein Activum, mit regelmäßiger Conjugation. 1) Anfangen zu schmelzen. 2) Durch Schmelzen an etwas befestigen. Daher die Anschmelzung.II. Als ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation, ( S. Schmelzen,) und dem Hülfsworte seyn, flüssig werden und sich anhängen. Der Talg ist an den Leuchter angeschmolzen.


Anschmettern (W3) [Adelung]


Anschmettern, verb. reg. neutr. 1) Mit seyn, mit der größten Heftigkeit an etwas fallen. Er ist mit dem Kopfe an die Mauer angeschmettert. 2) Mit haben, mit der größten Heftigkeit an etwas schlagen oder pochen. An die Thür anschmettern.


Anschmieden (W3) [Adelung]


Anschmieden, verb. reg. act. durch Schmieden mit etwas verbinden. Ein Stück Eisen an das andere anschmieden, wofür doch anschweißen das eigentliche Kunstwort ist. In figürlicher Bedeutung, mit Ketten an etwas befestigen. Einen Übelthäter an den Stock, an den Karren anschmieden. So auch die Anschmiedung.


Anschmiegen (W3) [Adelung]


Anschmiegen, verb. reg. act. allen Theilen und Puncten nach an ein anderes Ding passen oder legen. Sich anschmiegen, sich an etwas anschmiegen, sich genau an dasselbe andrücken. Vergebens schmiegte sie an meine Knie sich an, Wiel. Den Ausdruck an die kleinsten Glieder einer Haupt-Idee anschmiegen, denselben auf das genaueste angemessen machen. Daher die Anschmiedung.


Anschmieren (W3) [Adelung]


Anschmieren, verb. reg. act. an etwas schmieren, am häufigsten in niedrigen und verächtlichen Ausdrücken; so wohl, 1) eigentlich. Sich Balsam anschmieren; als auch, 2) figürlich. (a) Ungeschickt mit Farben anstreichen. (b) Auf eines Rechnung schreiben. Einem etwas anschmieren, verächtlich. (c) Einem mit guten Worten aufbringen. Er hat es mir angeschmieret, gleichfalls verächtlich. (d) Ein wenig verfälschen. Den Wein anschmieren. Angeschmierter Wein. So auch die Anschmierung.


Anschminken (W3) [Adelung]


* Anschminken, verb. reg. act. welches im Oberdeutschen für das einfache schminken üblich, im Hochdeutschen aber unbekannt ist. Angeschminkte Liebe, Opitz. Das ist ein armes Leben Und angeschminkter Schein, ebend.


Anschmücken (W3) [Adelung]


Anschmücken, verb. reg. act. in der edlern Schreibart für anputzen. Jemanden anschmücken. Sich anschmücken. Daher die Anschmückung.


Anschmutzen (W3) [Adelung]


Anschmutzen, verb. reg. act. den Schmutz an etwas bringen, beschmutzen. Einen anschmutzen.


Anschnallen (W3) [Adelung]


Anschnallen, verb. reg. act. mit Schnallen an etwas befestigen. Er hatte sich einen Stelzfuß angeschnallet.


Anschnarchen (W3) [Adelung]


Anschnarchen, verb. reg. act. heftig anfahren, trotzig anreden. Einen anschnarchen.


Anschnauben (W3) [Adelung]


Anschnauben, verb. reg. act. S. Schnauben; gleichfalls nur in figürlichen Bedeutung, mit trotzigen, drohenden Worten anreden. Nabal schnaubete die Bothen Davids an, 1. Sam. 25, 14. Er schnaubt mit flammendem Gesicht Den Ritter an, Wiel.


Anschnautzen (W3) [Adelung]


+ Anschnautzen, verb. reg. act. welches von gleicher Bedeutung, aber von sehr niedrigem Gebrauch ist. Einen anschnauzen.


Anschnellen (W3) [Adelung]


Anschnellen, verb. reg. 1) Activum, mit einer Federkraft an etwas hinan treiben; von kleinen Körpern, in Obersachsen anschnicken. Daher die Anschnellung. 2) Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, an etwas angeschnellet werden; ingleichen in weiterer Bedeutung, für anprallen, besonders bey den Jägern, wenn das Wild an einen Baum anschnellet.


Anschnitt (W3) [Adelung]


Der Anschnitt, des -es, plur. die -e, von dem Verbo anschneiden. 1) Die Handlung des Anschneidens, besonders an die Kerbhölzer, un in weiterer Bedeutung so viel wie Anrechnung, im Gegensatze des Abschnittes. So halten die Müller, Tuchmacher u. s. f. zu gewissen Zeiten einen An- und Abschnitt, d. i. eine An- und Abrechnung. In den Bergwerken heißt die Rechnung, welche der Schichtmeister alle Sonnabend dem Bergmeister ablegt, der Anschnitt, und die Schrift worin sie enthalten ist, das Anschnittregister. Daher einen Anschnitt halten, den Anschnitt abwarten, demselben beywohnen, u. s. f. 2) Dasjenige, was zuerst von einer Sache abgeschnitten worden, und 3) der Ort, wo ein Ding angeschnitten worden. Daher die Anschnittschere, plur. die -n, in den Glashütten, eine Schere, womit die Glasballen oder Scheibenkäulchen abgeschnitten werden.


Anschnüren (W3) [Adelung]


Anschnüren, verb. reg. act. mit Schnüren an etwas befestigen. Dem hat des Landes Heil den Harnisch angeschnüret, Günth. Einen Übelthäter anschnüren, auf die Folterbank oder an die Leiter befestigen. Wird er gleich geköpft, gerädert. angeschnüret, Opitz. So auch die Anschnürung.


Anschnurren (W3) [Adelung]


+ Anschnurren, verb. reg. act. trotzig anfahren. Einen anschnurren.


Anschove (W3) [Adelung]


Die Anschove, plur. die -n, ein Nahme der Sardellen, besonders derjenigen, welche aus Frankreich und Portugall zu uns gebracht werden, dagegen diejenigen, welche aus Italien und Sardinien kommen, von der letztern Insel Sardellen heißen; aus dem Ital. Anchiova, Anciova, Span. Anchova, Franz. Anchois, Anchove, Engl. Anchoves, Dän. Ansjose; Clupea Encrasicolus, L.


Anschrauben (W3) [Adelung]


Anschrauben, verb. reg. act. 1) Mit einer Schraube an etwas befestigen. Ein Schloß anschrauben. Die Fensterladen an- schrauben. 2) Heran schrauben, zuschrauben. Die Daumenstöcke anschrauben, in der Tortur. So auch die Anschraubung.


Anschrecken (W3) [Adelung]


Anschrecken, verb. reg. act. ein wenig erschrecken, ein Wort, welches nur bey den Jägern üblich ist, wo man das vorbey laufende Wildbret anschrecket, d. i. demselben zuruft, oder zupfeifet, damit es stutze und geschossen werden könne. So auch die Anschreckung.


Anschreiben (W3) [Adelung]


Anschreiben, verb. irreg. act. S. Schreiben, an die Seitenfläche eines Dinges schreiben. 1) Eigentlich. Etwas anschreiben, an die Tafel schreiben. Die im Himmel angeschrieben sind, Ebr. 12, 23. Es sind die Zeugnisse davon in mehr als Einem Reiche mit Blut und Thränen angeschrieben, Can. Und in weiterer Bedeutung, aufschreiben, schriftlich anmerken, doch größten Theils nur von Rechnungssachen. Einem etwas anschreiben, es auf seine Rechnung schreiben. 2) Figürlich. Das sey dir zum Fluche angeschrieben! als ein Fluch angerechnet. Bey einem gut, wohl, übel, schlecht angeschrieben seyn, in Ansehung der Meinung, die man von ihm hat. Wie stehe ich bey ihnen angeschrieben? in was für einem Ansehen, in was für Gunst stehe ich bey ihnen? Daher die Anschreibung. in der eigentlichen Bedeutung, und der Anschreiber, der etwas anschreibet.


Anschreiten (W3) [Adelung]


Anschreiten, verb. irreg. neutr. S. Schreiten. 1) Mit seyn, heran schreiten, sich mit weiten abgemessenen Schritten nähern; am häufigsten mit kommen, in der vertraulichen Sprechart. Da kommt er angeschritten. 2) Mit haben, anfangen zu schreiten.


Anschreyen (W3) [Adelung]


Anschreyen, verb. irreg. act. S. Schreyen. 1) Einem entgegen schreyen, das Geschrey an ihn richten; und zwar, (a) eigentlich. Einen auf der Gasse anschreyen. In dieser Bedeutung kommt es in dem Theuerdank mehrmals für zurufen vor. (b) Figürlich, für angelegentlich anflehen. Einen um Hülfe, um Gnade anschreyen. Wenn sie ein Dürftiger um Hülf und Trost anschreyt, Gryph. 2) Den Anfang einer Sache durch ein Geschrey verkündigen. So wird bey den Jägern ein Jagen angeschrien.


Anschrote (W3) [Adelung]


Die Anschrote, plur. die -n, an den wollenen Tüchern, die äußersten Enden an beyden Seiten der Länge eines Stücks, welche aus schlechterer Wolle, oder auch aus Haaren bestehen, und angeschroten oder angeschlossen werden, sonst aber auch der Schrot, die Abschrote, der Leisten, der Anwurf, heißen.


Anschroten (W3) [Adelung]


Anschroten, verb. reg. act. außer, daß es im Particip. Passiv. angeschroten hat. S. Schroten. 1) Heran schroten, d. i. heran wälzen. Ein Faß Bier, ein Faß Wein anschroten. 2) Anschließen, anfügen, besonders bey den Tuchmachern, die grobe Wolle oder Haare, woraus hernach die Anschrote entstehet, mit dem Gewebe verbinden.


Anschub (W3) [Adelung]


Der Anschub, des -es, plur. car. von anschieben, der erste Schub oder Anfang des Schiebens in dem Kegelspiele. Um den Anschub werfen.


Anschuhen (W3) [Adelung]


Anschuhen, verb. reg. act. Schuhe an etwas setzen. Die Stiefeln anschuhen, vorschuhen. Pfähle anschuhen, beschuhen, sie vorne mit Eisen beschlagen. Sich anschuhen, die Schuhe anziehen. Daher die Anschuhung.


Anschuldigen (W3) [Adelung]


* Anschuldigen oder Anschulden, verb. reg. act. welches aus der Oberdeutschen Mundart auch in die Hochdeutsche Gerichtssprache gekommen ist, für beschuldigen. Einen wegen einer Sache anschuldigen, ihm dieselbe Schuld geben. Die angeschuldigte Gewaltthätigkeit. So auch die Anschuldigung.


Anschür (W3) [Adelung]


Die Anschür, S. Anschere.


Anschüren (W3) [Adelung]


+ Anschüren, verb. reg. act. welches eigentlich in Oberdeutschland zu Hause ist, wo es von dem Feuer für anzünden gebrauchtwird, aber auch bey einigen Hochdeutschen Schriftstellern so wohl in eigentlicher als figürlicher Bedeutung vorkommt. Der Opferbrand wird angeschürt, Haged. Ihr wollustschwerer Blick, ihr süßer Athem schürt Die Flammen an, die schon in seinen Adern rinnen, Wiel. Noch flammt der Streit, den Eris angeschürt, ebend. S. Schüren und Scherge.


Anschuß (W3) [Adelung]


Der Anschuß, des -sses, plur. die -schüsse, von dem Verbo anschießen. 1) Die Handlung des Anschießens, so wohl in der thätigen als mittlern Gattung dieses Zeitwortes; ohne Plural. Den Anschluß haben, den ersten Schuß zu thun berechtigt seyn, in den Schießgesellschaften. Der Anschuß eines Wildes, des Wassers, der Salze, Krystallen, u. s. f. 2) Der Ort, wo etwas anschießt, in den Bedeutungen des Neutrius. Z. B. wo das Wasser in dem Strome anfällt. Ingleichen der Ort, wo das Feld an die Straße anstößt. Bey den Jägern heißt auch der Ort, wo ein Wild angeschossen worden, der Anschuß. 3) dasjenige, was anschießt, besonders in der dritten Bedeutung des Neutrius von Krystallen und andern krystallenartigen Anschüssen. Bey einigen Ärzten werden die Knoten, welche die säugenden Weiber an den Brüsten bekommen, gleichfalls Anschüsse genannt.


Anschütt (W3) [Adelung]


* Die Anschütt, plur. die -en, in Oberdeutschland, ein von dem Wasser angesetztes oder angespültes Land, ingleichen das Recht des Eigenthums über ein solches angeschwämmtes Land, Jus alluvionis; in Niedersachsen Anschudde, in andern Gegenden die Anschwemmung, die Anlage, der Anwurf, der Zuwurf u. s. f. S. das folgende, ingleichen die Schütt.


Anschütten (W3) [Adelung]


Anschütten, verb. reg. act. 1) An etwas schütten, hinan schütten. Wasser an die Wand, das Getreide an die Mauer anschütten. Der Fluß schüttet neues Land an, im Oberdeutschen für anschwemmen. 2) Voll schütten. Einen Boden mit Getreide anschütten. Daher die Anschüttung.


Anschützen (W3) [Adelung]


Anschützen, verb. reg. act. in den Bergwerken und bey den Wassermühlen, das Wasser vermittelst des Schutzbretes höher steigen, und auf die Räder fließen machen. Das Wasser anschützen, ingleichen, die Räder, das Kunstgezeug anschützen, im Gegensatze des Abschützens. S. Schützen. Daher die Anschützung.


Anschwämmen (W3) [Adelung]


Anschwämmen, S. Anschwemmen.


Anschwängern (W3) [Adelung]


Anschwängern, verb. reg. act. schwanger machen, doch nur in weiterer Bedeutung, für befruchten, fruchtbar machen. Wenn die Eyer in dem Eyerstocke angeschwängert sind. Die Mutterblumen anschwängern, im Gartenbaue, den männlichen Staub auf eine weibliche Blume bringen. Ingleichen in figürlichen Bedeutung, mit etwas ein wenig vermischen, besonders in der Scheidekunst. Ein Wasser, das mit verschiedenen Mineralien angeschwängert ist. Das mit Silber angeschwängerte und aus dem Kupfer geschmelzte Bley. So auch die Anschwängerung.


Anschwänzen (W3) [Adelung]


+ Anschwänzen, verb. reg. act. als ein Schwanz, oder unnützen Anhang, mit etwas verbinden. Eine Bekanntmachung mit an die Predigt anschwänzen.


Anschwärzen (W3) [Adelung]


Anschwärzen, verb. reg. act. 1) Eigentlich, von außen schwarz machen, oder auch, ein wenig schwarz machen. So schwärzen die Schuster die Absätze an. 2) Figürlich. Einen anschwärzen, einen gehässigen Begriff von ihm bey andern machen. Einen bey jemanden anschwärzen. Denke nicht, daß ich, um meine Unschuld zu beweisen, deinen Sohn als einen Lasterhaften anschwärzen will, Dusch. Anschwärzen bedeutet in diesem figürlichen Verstande so viel, als an die schwarze Tafel, oder in das schwarze Register schreiben. Eine in Oberdeutschland noch übliche R. A. bestätiget solches, denn so heißt es an einem Orte bey dem Bluntschli: Sie nahmen daher Anlaß, ihn bey den Bauern schwarz anzuschreiben. In dem Lateine der mittlern Zeiten kommen adnigrare und denigrare in ähnlicher Bedeutung vor. S. Schwarz. Daher die Anschwärzung.


Anschwatzen (W3) [Adelung]


Anschwatzen, verb. reg. act. durch Schwatzen, oder wortreiche Beredung zur Annehmung einer Sache bewegen, aufschwatzen. Einem etwas anschwatzen. Wem habe ich meine Gedanken jemahls anschwatzen oder aufdringen wollen? Daher die Anschwatzung.


Anschwefeln (W3) [Adelung]


Anschwefeln, verb. reg. act. mit Schwefel anmachen, ein wenig mit Schwefel versetzen. Den Wein anschwefeln, den Schwefeldampf an denselben gehen lassen; auch nur schwefeln schlechthin.


Anschweiden (W3) [Adelung]


Anschweiden, S. Anschwöden.


Anschweif (W3) [Adelung]


Der Anschweif, des -es, plur. die -e, bey den Bortenwirkern, dasjenige, was bey andern Webern die Kette oder der Aufzug heißt, d. i. die in die Länge ausgespannten Fäden, welche den Grund des Gewebes ausmachen.


Anschweifen (W3) [Adelung]


Anschweifen, verb. reg. act. bey den Bortenwirkern, so viel als aufziehen, d. i. den Anschweif, oder die Kette zu den Borten und Bändern an den Schweifrahmen oder Anschweifrahmen ausspannen. S. Schweifen. Daher die Anschweifung.


Anschweißen (W3) [Adelung]


Anschweißen, verb. reg. act. 1) Bey den Schmieden, zwey oder mehrere zur Schweißhitze gebrachte, d. i. in den ersten Grad der Flüssigkeit versetzte Stücke Eisen, an einander schmieden. Ein Stück Eisen an das andere anschweißen. S. Schweißen. Wachter und Frisch haben das Löthen mit dem Schweißen vermengt; dieses geschiehet ohne Beyhülfe eines andern Metalles. 2) Bey den Jägern, durch einen Schuß verwunden, wofür man im gemeinen Leben anschießen sagt. Ein Stück Wild anschweißen. S. Schweiß. So auch die Anschweißung in beyden Bedeutungen.


Anschwellen (W3) [Adelung]


Anschwellen, ein Verbum, welches in gedoppelter Gattung üblich ist. 1. Als ein Neutrum, welches irregulär gehet, ( S. Schwellen,) und das Hülfswort seyn zu sich nimmt, in die Höhe schwellen, doch nur figürlich von Flüssen und Wassern. Der Fluß schwillt plötzlich an, ist gar sehr angeschwollen. Die Flüsse schwellen an, die Lachen werden Seen, Dusch. Daher die Anschwellung. 2. Als ein Activum, mit regelmäßiger Conjunction, anschwellen machen, auch nur figürlich, von Gewässern. Ströme Blutes machten die Moräste stehend und schwelleten die Flüsse an.


Anschwemmen (W3) [Adelung]


Anschwemmen, verb. reg. act. welches das Factitivum des folgenden ist, anschwimmen machen. Holz anschwemmen, wofür doch anflößen üblicher ist. Der Fluß schwemmet vieles Land an, setzt es an. Daher die Anschwemmung, welches in einigen Gegenden auch wohl das Eigenthumsrecht über ein solches angeschwemmtes Land bedeutet. S. auch Anschütt.


Anschwimmen (W3) [Adelung]


Anschwimmen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, S. Schwimmen; heran schwimmen, sich schwimmend nähern. Er kam an das Ufer angeschwommen. Er ist an die Insel angeschwommen.


Anschwöden (W3) [Adelung]


* Anschwöden, verb. reg. act. welches nur bey den Weißgärbern üblich ist, welche die Felle anschwöden, wenn sie selbige auf der Fleischseite mit kalk beitzen, damit sie sich desto leichter abhaaren lassen. In Oberdeutschland anschweiden. S. Schwöden.


Anseestadt (W3) [Adelung]


Anseestadt, S. Hansestadt.


Ansegeln (W3) [Adelung]


Ansegeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, im Segeln an etwas stoßen. Das Schiff segelte an eine Klippe an. Besonders an ein anderes Schiff stoßen. Daher die Ansegelung.


Ansehen (W3) [Adelung]


Ansehen, verb. irreg. act. S. Sehen, die Augen auf etwas richten, nach etwas sehen, und zwar:1. Eigentlich. Einen ansehen. Etwas ansehen. Einen starr und steif ansehen. Einen von dem Kopfe bis auf die Füße ansehen. Einen kaum über die Achsel ansehen. Etwas von der Seite ansehen. Er sahe mich mit einem Blicke an, der den ganzen Kummer seiner Seele ausdrückte, Dusch. Er sahe dich mit unverwandten Augen an, Weiße. Daher denn auch die figürliche R. A. Etwas mit schelen Augen ansehen, oder etwas schel ansehen, neidisch darauf seyn, S. Schel. Die Stutzer sahen ihn mit schelen Augen an, Zach. Etwas mit dem Rücken ansehen müssen, es verlassen müssen. Im gemeinen Leben wird dieses Verbum zuweilen auch gebraucht, den Ausdruck der Verwunderung zu begleiten. Ey sieh doch an, wie klug! Auch alsdann, wenn die Verwunderung mit Hohn oder Unwillen verknüpfet ist. Seht doch die Verwegenheit an! Weiße.Der Gebrauch des Supini, anzusehen, mit Adverbiis ist im Hochdeutschen in der edeln Schreibart, und nur noch in der vertraulichen und im gemeinen Leben üblich. Das ist schön, wunderbar, abscheulich, herrlich anzusehen. Es war lustig anzusehen.2. In engerer und zum Theil figürlichen Bedeutung, verschiedene Wirkungen des Geistes, welche durch das körperliche Ansehen veranlasset werden, auszudrucken.1) Ansehen und sich dabey leidentlich verhalten, für zusehen, mit der vierten Endung der Sache. Das Spiel, den Tanz mit ansehen. Ingleichen figürlich, für dulden, leiden. Eine Zeit lang sahe ich es so mit an. Das kann ich nicht länger mit ansehen. Denkest du, ich werde es so mit ansehen? Ich kann es noch mit ansehen, aushalten, mich leidentlich dabey betragen.2) Ansehen und erwägen. Man muß die Zeit, den Ort, die Person ansehen, in Betrachtung ziehen. Sieht man die Freundschaft bloß von der Seite der Natur an, so ist sie weder Tugend noch Laster, Gell. Das Gebeth kann als ein inneres gutes Werk angesehen werden. Wo sich die folgende Bedeutung der Beurtheilung nicht selten mit einsticht.3) Ansehen und urtheilen, dafür halten, sehr oft mit der Präposition für. Er sahe mich für seinen Bruder an. Ich sahe ihn für einen Arzt an. Sehen sie mich doch für kein Kind an. Jedermann siehet ihn für einen ehrlichen Mann an. Er ist der nicht, wofür man ihn ansiehet, wofür man ihn hält. Er möchte gar zu gern für reich angesehen seyn. Wofür siehest du mich an? Aber wissen sie denn schon, ob ich das für mein Glück halte, was sie dafür ansehen? Gell. Etwas für gut, für dienlich ansehen. Ich habe dieses für das nützlichste, für das rathsamste an. Er siehet die Sache anders an als wir. Ich sehe sie seit einiger Zeit mit ganz andern Augen an, urtheile ganz anders davon. Jetzt siehest du die Welt mit andern Augen an, Günth. Wenn ich mich gegen ihn ansehe, mich mit ihm vergleiche.4) Ansehen und schließen, aus der äußern Gestalt einen Schluß machen. Man siehet ihm noch keine Noth an. Er thut alles, was er mir nur an den Augen ansehen kann, in welchem Falle auch das Verbum absehen üblich ist. Man kann es ihm gleich ansehen, oder an den Augen ansehen, was er im Schilde führet. Man sieht es seinen Kleider an, woran es seiner Liebe fehlt, Dusch. Allein man sah ihr noch der Jugend Unschuld an, Rost. Aufrichtig zu reden, so sehe ich ihnen mehr einen Verdruß, als eine Krankheit an, Gell. Dem sieht mans gleich an seinen Federn an, Daß er nichts kluges singen kann, ebend. 5) Ansehen und empfinden, mit Einfluß auf das Herz, auf den Willen ansehen. Ich sehe seine Jugend, seine Dürftigkeit an, habe Mitleiden mit derselben. Wenn ich nicht Josaphat ansähe, ich wollte dich nicht ansehen noch achten, 2. Kön. 3, 14. Er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen, Luc. 1, 18. Die Kosten nicht ansehen, dieselben nicht achten. Gott siehet das Herz und nicht die That an. Die ungewöhnlichen Redensarten, einen in Gnaden, in Barmherzigkeit ansehen, können nur in der biblischen Schreibart Nachsicht verlangen.Besonders mit Achtung, mit Hochachtung ansehen, wohin die gleichfalls biblische Redensart gehöret, die Person ansehen, sich vor der Achtung gegen eine Person in seinen Handlungen bestimmen lassen. Siehe nicht an seine Gestalt, und seine große Person. 1. Sam. 16, 7. In eingeschränkterer Bedeutung, heißt, die Person ansehen, besonders in biblischen Ausdrücken, aus Achtung gegen eine Person das Recht beugen.Üblicher ist indessen das Participium der vergangenen Zeit, angesehen, für geachtet, hoch geachtet. Ein angesehener Mann, eigentlich, den jedermann mit Hochachtung ansiehet. Er ist bey Hofe sehr wohl angesehen.6) In noch engerer Bedeutung, mit Unwillen ansehen, bestrafen. Einen um etwas ansehen, es an ihm ahnden. Ich werde ihn um seiner Unachtsamkeit willen hart ansehen. Er wird deswegen gewiß angesehen werden. Einen alles Ernstes ansehen, für mit allem Ernste bestrafen, ist völlig Oberdeutsch, so wie auch die Redensart, einen mit Contribution ansehen, für belegen, in der guten Schreibart wohl nicht leicht vorkommen dürfte. In dem mittleren Lateine wurde advidere gleichfalls für erinnern. ermahnen gebraucht.7) Etwas zur Absicht haben, darauf abzielen. Hiermit ist es darauf angesehen. Worauf ist das angesehen? Es ist auf dich, auf deine Untergang angesehen. In welcher Bedeutung man aber doch lieber das Verbum absehen brauchet.

Anm. Ich kann dir dieses Kleid nicht länger ansehen, ist nur im gemeinen Leben üblich, für, an dir sehen. Das Participium der vergangenen Zeit angesehen wird in Oberdeutschland häufig als eine Conjunction für, in Betrachtung, weil, indem, gebraucht, welcher Gebrauch aber im Hochdeutschen völlig veraltet ist. Angesehen aber, daß durch das Geheimniß dieser unerschöpften Liebe, die Demuth niemahls verworfen ist, Opitz. Doch, angesehn das Volk noch durch dieß allzumahl Zu keiner Buße kam, hat letztlich Gott die Schaden Der Christen kund gemacht, ebend. Eben so veraltet sind die gleichfalls Oberdeutschen Wortfügungen, es siehet mich an, als sey es nicht echt; wie es sich ansehen lässet, so ist es verdorben, für, es scheinet. Anasehan, anasiehen, war schon den ältesten Fränkischen Schriftstellern bekannt. S. auch Anschauen. Das Substantiv die Ansehung S. hernach besonders.


Ansehen (W3) [Adelung]


Das Ansehen, des -s, plur. car. der Infinitiv des vorigen Verbi, als ein Substantiv gebraucht.1. Diese Handlung des Ansehens. 1) In der eigentlichen Bedeutung. Diese Sache ist nicht des Ansehens werth. Du wirst mir doch das Ansehen nicht verbiethen wollen? Es kommt auf das Ansehen an. Das Ansehen hat man umsonst. Nach dem bloßen Ansehen urtheilen. 2) Das Ansehen mit Überlegung, Betrachtung. In Ansehen seines Fleißes; wofür man doch lieber in Ansehung saget. 3) Das Ansehen mit Beurtheilung. Allem menschlichen Ansehen nach, so viel ein Mensch urtheilen kann. 4) Das Ansehen mit Achtung und Einfluß aufseine Entschließung, besonders in Handhabung des Rechtes. Das Ansehen der Person, doch nur in der biblischen Schreibart.2. Dasjenige, was durch das Auge erkannt wird, die Gestalt. 1) In eigentlicher Bedeutung, die äußere Gestalt. Das äußere Ansehen macht keinen Gelehrten aus. Jetzt hat das Haus ein besseres Ansehen bekommen. Ich kenne ihn von Ansehen, oder dem Ansehen nach. Er hat ein gutes Ansehen, eine gute Leibesgestalt. 2) Figürlich, Schein; Anschein. Er hat das Ansehen, als wenn nichts aus der Sache werden wollte. Dem Ansehen nach. Allem Ansehen nach. Dennoch will er das Ansehen haben, daß er es recht gut mit mir meine. Er gibt allen seinen Handlungen das Ansehen der einfältigsten Unschuld. Die Sache hat nun ein ganz anderes Ansehen bekommen. Es hat kein Ansehen dazu. Es hat noch ein schlechtes Ansehen dazu. Es will das Ansehen gewinnen, als wenn u. s. f.3. Die Wirkung entweder unserer Gewalt, oder auch unserer Vorzüge auf andere. In großem, schlechtem, geringem Ansehen stehen. In Ansehen bey einem stehen. Er ist ein Mann von Ansehen, von großem Ansehen. Sich in Ansehen setzen. Er weiß sich ein rechtes Ansehen zu geben. Sein Ansehen ist gar sehr gefallen. Einen in Ansehen bringen. Hierher gehöret auch, das Vorurtheil des Ansehens, Praejudicium autoritatis, wenn man einem andern, den man für weise hält, ohne Prüfung glaubt.


Ansehnlich (W3) [Adelung]


Ansehnlich, -er, -ste, adj. et adv. was angesehen zu werden verdienet, was Ansehen hat, doch größten Theils nur in so fern dieses Wort die äußere gute Gestalt bezeichnet, gute Gestalt mit verhältnismäßiger Größe verbunden; und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung. Ein ansehnliches Haus. Der Ort ist sehr ansehnlich. Ein ansehnliches Landgut. Besonders von der Leibesgestalt. Er ist ein ansehnlicher, wohl gewachsener, Mann. Er ist von einer ansehnlicher Gestalt. 2) In weiterer Bedeutung, von dem äußern Gepränge. Er gehet ansehnlich gekleidet. Die Leiche ist auf das ansehnlichste begraben worden. Eine ansehnliche Gesellschaft, Versammlung, die nicht nur zahlreich ist, sondern auch aus angesehenen Personen bestehet. Einen ansehnlich bewirten. 3) Figürlich, von der innern Güte, dem Werthe. Ein ansehnliches Geschenk. Ein ansehnliches Amt, das nicht nur Ehre ertheilet, sondern auch einträglich ist. Ansehnliche Güter, die von einem beträchtlichen Werthe sind. Sie konnten selbst einen ansehnlichen Thaler Geld dabey gewinnen, Weiße. Sein Gehalt ist um ein Ansehnliches vermehret worden.


Ansehnlichkeit (W3) [Adelung]


Die Ansehnlichkeit, plur. inusit. die ansehnliche Beschaffenheit einer Person oder Sache, ein Wort, welches von der ansehnlichen Leibesgestalt zuweilen, in den übrigen Bedeutungen aber fast gar nicht vorkommt.


Ansehung (W3) [Adelung]


Die Ansehung, plur. inusit. die Handlung des Ansehens, doch nur in so fern dieses Verbum betrachten, erwägen bedeutet; da denn in Ansehung, die Stelle einer Partikel vertritt. 1) Die Ursache anzudeuten, warum etwas ist, oder geschiehet, so fern damit auf die Beschaffenheit einer Person oder Sache gesehen wird. Ich habe es in Ansehung seiner vornehmen Ältern nicht thun wollen. Sie sind mir diesen Dienst in Ansehung unserer Freundschaft schuldig. Er hat dieses Lob in Ansehung seines Fleißes vollkommen verdienet. 2) Zuweilen bezeichnet es eine Art von Vergleichung. Das ist nichts Ansehung des vorigen. Oder bloß den Gegenstand, welcher Gebrauch aber gewiß nicht der beste ist. Eine Untersuchung in Ansehung der ersten Bevölkerung von Amerika, wo der bloße Genitiv nicht nur kürzer, sondern auch bestimmter seyn würde. In den übrigen Bedeutungen des Verbi ist der Infinitiv üblicher. Man sagt daher lieber, das Ansehen der Person, als die Ansehung der Person.


Anseilen (W3) [Adelung]


Anseilen, verb. reg. act. an das Seil legen, besonders bey den Jägern, welche den Hund anseilen, wenn sie ihm das Hängeseil anlegen, welches auch anhalsen genannt wird.


Ansengen (W3) [Adelung]


Ansengen, verb. reg. act. anfangen an etwas zu sengen, ein wenig besengen. Eine gerupfte Gans, einen Pfahl ansengen. Daher die Ansengung. In einigen Oberdeutschen Gegenden bedeutet es auch so viel als anbrennen, von den Speisen gebraucht.


Ansetzblech (W3) [Adelung]


Das Ansetzblech, des -es, plur. die -e, ein Nahme derjenigen starken, eisernen Bleche auf den Seigerherden, welche an und um die Seigerstücke gesetzet, und auch Seigerbleche und Seigerwände genannt werden.


Ansetzen (W3) [Adelung]


Ansetzen, verb. reg. welches in zweyerley Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, eine Sache an die andere setzen, der andern setzend nähern, und zwar,1. In eigentlicher Bedeutung. Den Stuhl zu nahe an die Wand ansetzen. Einen Topf ansetzen, an das Feuer. Das Glas ansetzen, an den Mund, um zu trinken. Ein Instrument ansetzen, an den Mund, um zu blasen. Sich einen Blutigel ansetzen. Die Klauen ansetzen, einschlagen. Die Lanze, den Spieß ansetzen. Das Eisen ansetzen, oder nur schlechthin ansetzen, in den Bergwerken, das Eisen an das Gestein setzen, und figürlich, anfangen zu arbeiten. Die Feder ansetzen, anfangen zu schreiben. Acht Wochen lang habe ich keine Feder ansetzen dürfen. habe ich nicht schreiben dürfen. Den Rocken oder Weizen ansetzen, in der Landwirthschaft, eine Art des Mähens, S. Anhauen.Hierher gehöret auch das Reciprocum sich ansetzen, für, sich anlegen, sich an einer Fläche fest setzen, oder an derselben zum Vorscheine kommen. Der Weinstein setzt sich in den Fässern an. Die Speise setzet sich in dem Topfe an, wenn sie nicht umgerühret wird. Es haben sich viele Krystallen an dem Rande angesetzet.2. In figürlicher Bedeutung, zwey Körper mit einander verbinden, da es denn ein allgemeiner Ausdruck ist, der die Art der Verbindung unbestimmt lässet. So bedeutet ansetzen bey den Schneidern und Näherinnen, so viel wie annähen. Einen Ärmel ansetzen, noch ein Stück daran setzen. Bey den Feuerwerkern, die Ladung eines Geschützes, einer Rakete u. s. f. fest anstoßen; im Hüttenbaue, das Erz und die Beschickung zum Schmelzen auftragen; bey den Buchbindern, die Deckel an die Bücher leimen, wo das Wort auch wohl metonymisch gebraucht wird, die Bücher mit Pappendeckeln, mit Bretern ansetzen.3. In figürlichen Bedeutung. 1) Anschreiben, anrechnen. Einem etwas ansetzen. Wie hast du mir das angesetzet? Das ist zu hoch, zu theuer angesetzet. Ich habe es ihnen bereits angesetzet, auf ihre Rechnung gesetzet. Ingleichen, schätzen, taxiren. Wir sind in der Steuer sehr hoch angesetzet. Eben so wurden in dem Lateine der mittlern Zeiten assedare, assedere und assidere gebraucht. 2) Bestimmen, fest setzen, doch nur von der Bestimmung einer künftigen Zeit zu einem Geschäfte. Einen Tag ansetzen. Einen Tag zu etwas ansetzen. Ich habe ihm eine Stunde angesetzet, in welcher ich ihn sprechen will. 3) Zu einem gewissen Gebrauche, in einer gewissen Absicht hinsetzen. Bauern ansetzen, seßhaft machen, einsetzen. Bäume ansetzen, anpflanzen. Essig ansetzen, Bier oder Wein hinsetzen, damit es zu Essig werde. Dinte ansetzen, die nöthigen Stücke dazu mit einander vermischen. Vielleicht gehöret hierher auch das Ansetzen, in der Bedeutung der Schmelzhütten, da man das Auftragen der Erze und der Beschickung zum Schmelzen darunter verstehet. 4) Um Geld betriegen. Einen ansetzen. Diese Bedeutung ist im Oberdeutschen sehr üblich, im Hochdeutschen aber, wenigstens in der Sprache des täglichen Umganges, wenig bekannt. Wer die geile Thamar küßt,Und sein Ziel dabey vergißt, Setzt mit leerem Dunst und Wahn Niemand, als sich selber an, Gryph. Ansetzen kommt in dieser Bedeutung einiger Maßen mit dem Lat. insidere überein, welches auch nachstellen bedeutete. Arripuitque locum et sylvis insedit iniquis, heißt es bey dem Virgil, Äneid. B. II. Auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - was für nachstellen gewöhnlich, und das Schwed. und Isländ. Saetta haben noch eben dieselbe Bedeutung.II. Ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird. 1) Sich mit Ungestüm nähern, feindlich anfallen. An den Feind ansetzen. Die Reiterey setzte muthig an. Das Schwed. ansatta ist auf gleiche Art üblich, und Ihre bemerket dabey, daß auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - eben dieselbe Bedeutung gehabt. In weiterer Bedeutung, eine Handlung mit Anstrengung anfangen. Er setzte drey Mahl an, eine Last zu heben. 2) Fortdauern, sich in die Länge erstrecken, doch nur in der bergmännischen R. A. das Erzt setzt an, bleibt beständig vor Ort, dauert ununterbrochen fort, im Gegensatze des Absetzens. 3) Fett erzeugen. Ein Thier setzt gut an, wenn es gehörig fett wird. 4) Empfangen, doch nur von einigen Thieren. Die Stute hat angesetzet.Das Hauptwort die Ansetzung kann in allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden.


Ansicht (W3) [Adelung]


Die Ansicht, plur. die -en, von dem Verbo ansehen. 1) Die Handlung des Ansehens im eigentlichsten Verstande zu bezeichnen; ohne Plural. Wie die Ansicht dieser Sache deutlich beweiset. In den Wechselbriefen der Kaufleute wird dieses Wort zuweilen noch für das einfache Sicht gesetzet. Auf Ansicht des Wechselbriefes. 2) * Die Art, wie ein Ding aus einer Entfernung in die Augen fällt, der Prospect; besonders in Niederdeutschland. Das Schloß hat eine schöne Ansicht. Vortreffliche Ansichten. Anasiht findet sich schon in den Gloss. Moneens. bey dem Pez für Inspectio, ist aber durch die Wörter das Ansehen, und die Ansehung großen Theils verdränget worden.


Ansichtig (W3) [Adelung]


Ansichtig, adv. welches aber nur mit dem Verbo werden üblich ist. Eines Menschen ansichtig werden, ihn erblicken. So bald er meiner ansichtig ward. Als wir seiner ansichtig wurden. Diese Verbindung mit der zweyten Endung der Sache ist die älteste und richtigste; ungeachtet dieses Wort, besonders in Niedersachsen, auch häufig mit der vierten Endung verbunden wird. Einen ansichtig werden, Less. So bald mich die Räuber ansichtig wurden, ebend. Eben so heißt es schon in dem Theuerdanke: Alsbald man denselben wirdt ansichtig, Kap. 33. Anm. Ehedem war auch das einfache sichtig in dieser Bedeutung üblich. Daß sie einander sichtig wurden, heißt es in der 1514 zu Mainz gedruckten Übersetzung des Livius. Übrigens war ansichtig auch in der Gestalt eines Adjectives bekannt. Den anasihtigen Christum, den vorher gesehenen Christum, heißt es bey dem Notker Pf. 67, 16. In dem Brem. Nieders. Wörterb. Th. 4, S. 732. wird aus einer alten Urkunde die Stelle angeführet: Wy - bekennen unde doen kunt allen desses Breves ansichtigen. Daß ansichtig ehedem auch für ansehnlich, ingleichen im Angesichte, vor dem Augen, gebraucht worden, hat schon Frisch angemerket.


Ansiedel (W3) [Adelung]


* Das Ansiedel, des -s, plur. ut nom. sing. ein nur in Oberdeutschland und an dem Rheinstrome übliches Wort wo es theils ein Stammgut, theils ein kleines Bauergut, theils aber auch eine Colonie bedeutet. In dem letztern Verstande ist sich ansiedeln, besonders in Österreich, sich an einem Orte anbauen, oder niederlassen; die Ansiedelung, diese häusliche Niederlassung; das kaiserliche Ansiedelungs-Patent, für Auswärtige, welche sich in den kaiserlichen Landen niederlassen wollen; der Ansiedler, ein Colonist, und in weiterer Bedeutung, ein jeder Fremder, der sich an einem Orte niederläßt. In der ersten Bedeutung kommt dieses Wort in dem Schwabenspiegel, Kap. 139. vor. Und sint diu kint alliu uzgestiurt, ez sien sun oder tohter, so uuird doch daz ansidel den sunen vor uz, daz ist reht. Ansaß, Anseß und Siedelhof kommen in den mittlern Zeiten in eben dieser Bedeutung vor. Bey dem Notker bedeutet Anasidale, eine jede Wohnung, und Anasideling, einen Einwohner, Bewohner. S. Schilter Gloss. v. Anses, und ebend. Comment. ad. I. Feud. Alem. Kap. 64, 7.


Ansieden (W3) [Adelung]


Ansieden, verb. irreg. act. S. Sieden. 1) Anfangen an etwas zu sieden, eine Sache durch Sieden zu einer andern Arbeit vorbereiten. So sieden die Färber die Zeuge an, welche gefärbet werden sollen, wenn sie selbige vorher mit gewissen Salzen sieden, oder nur in selbige einweichen, damit sie zur Annehmung der Farbe geschickt werden. Verschiedene Metallarbeiter pflegen die Metalle. welche sie versilbern wollen, gleichfalls anzusieden. 2) Durch Sieden mit einem andern Körper verbinden. So muß man vermuthlich das Ansieden der Schmelzhütten erklären, welches nichts anders ist, als eine Vermischung des Bleyes und der siberhaltigen Erze zu einem Körper, wobey das Silber in das Werk gehet, die Schlacken aber stehen bleiben; eine Arbeit, welche in dem Ansiedetiegel geschiehet. So auch die Ansiedung. S. auch Ansud.


Ansiegen (W3) [Adelung]


* Ansiegen, verb. reg. act. einem den Sieg abgewinnen, ihn besiegen, mit der dritten Endung der Person; ein Wort, welches im Hochdeutschen jetzt völlig unbekannt ist, aber in der Oberdeutschen Mundart häufig vorkommt. Dorft ir euch trauen Diesem Ritter anzusygen? Theuerd. Kap. 77 Wie er hat manchen Kampf gethan, Darinn im nyemandt hat gesyget an, ebend.Da diesen Völkern hat Trajanus angesieget, Opitz. In eben dieser Bedeutung kommt es in Stykers Gedichte, ingleichen bey den Schwäbischen Dichter vor. Z. B. Gewalt den witzen angesiget. Dietmar von Ast. Gewalt noh mangem angesiget, Jacob von Warte.


Ansillen (W3) [Adelung]


Ansillen, verb. reg. act. bey den Federschützen, an die Sille befestigen. Einen Vogel ansillen, ihn an kleine Riemen legen, damit er herum laufen könne, welches auch anläufern genannt wird. Daher die Ansillung. S. Sille.


Ansingen (W3) [Adelung]


Ansingen, verb. irreg. act. S. Singen, mit Gesange bewillkommen, einem zu Ehren in dessen Gegenwart singen. Einen ansingen. Im Hochdeutschen wird dieses Wort jetzt nur noch im Scherze oder wohl gar in verächtlicher Bedeutung gebraucht; ob es gleich bey dem Opitz noch in einem edlen und würdigen Verstande vorkommt: Singt, wer mag und kann, Unsern König an, Ps. 47, 3.


Ansinnen (W3) [Adelung]


Ansinnen, verb. irreg. act. S. Sinnen, an einen gesinnen, anmuthen; ein Wort, welches nur im Infinitiv und den zusammen gesetzten Zeiten üblich ist, und mit anmuthen einerley Bedeutung und Gebrauch hat. Einem etwas ansinnen, es von ihm verlangen, besonders wenn es unerlaubte oder unanständige Sachen sind, die man verlangt. Wie können sie mir so etwas ansinnen? Wie nenn ich dich, halb oder ganz gescheut, Da du es wagst, mir dieses anzusinnen? Haged. Daher die Ansinnung, wofür doch das Ansinnen üblicher ist.

Anm. In dem Oberdeutschen Lehnswesen heißt ansinnen so viel als muthen, d. i. um die Lehensreichung ansuchen; daher die Bittschrift, in welcher solches geschiehet, der Ansinnungszettel genannt wird. Einem etwas ansinnen seyn, welches man am häufigsten in Niedersachsen höret, ist eben so unrichtig, als der ähnliche Gebrauch des Verbi anmuthen. S. auch Gesinnen.


Ansintern (W3) [Adelung]


Ansintern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in den Bergwerken, sich in Gestalt des Sinters an etwas anhängen, oder anlegen. Daher die Ansinterung. S. Sintern.


Ansitz (W3) [Adelung]


* Der Ansitz, des -es, plur. inusit. nur noch in den Rechten an einigen Orten, theils einen bestimmten Sitz an einem Orte, theils den Besitz unbeweglicher Güter zu bezeichnen. Im Öttingischen ist der Ansitz ein Wohnhaus auf dem Lande, zum Unterschiede von dem Felsgute, mit welchem letztern nicht alle Wahl der Ansitz verbunden ist.


Ansitzen (W3) [Adelung]


Ansitzen, verb. irreg. neutr. ( S. Sitzen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) An etwas sitzen, in weiterer Bedeutung, an etwas befestiget seyn, doch nur im gemeinen Leben. Es sitzt so fest an, daß es nicht los zu machen ist. Figürlich, mit unbeweglichen Gütern an einen Ort gleichsam angeheftet seyn, in welcher Bedeutung aber nur das Participium angesessen üblich ist. Er ist hier angesessen. Er ist mit einem Rittergute, mit zweyen Häusern angesessen. S. auch Ansässig. 2) Anfangen zu sitzen, doch nur im Bergbaue, wo vor einen Ort ansitzen den Anfang einer Grubenarbeit an einem Orte bezeichnet, weil selbige gemeiniglich sitzend verrichtet wird. In ein fremdes Feld, in einen Stollen ansitzen. In dieser Bedeutung ist auch das Hauptwort die Ansitzung üblich.


Ansitzer (W3) [Adelung]


Der Ansitzer, des -es, plur. ut nom. sing. in dem Bergbaue, 1) ein Bergmann, welcher vor Ort ansitzet, oder die Ansitzarbeit verrichtet. 2) In etwas verächtlichem Verstande, einer, der in fremdes Feld oder Stollen ansitzet, d. i. widerrechtlich, in ein fremdes Gebieth bauet.


Ansod (W3) [Adelung]


Der Ansod, S. Ansud.


Ansonst (W3) [Adelung]


* Ansonst, die ohne Noth verlängerte Partikel sonst, welche nur noch in dem Kanzelley-Style vorkommt.


Anspalten (W3) [Adelung]


Anspalten, verb. reg. act. außer, daß es im Particip. Pass. angespalten hat, S. Spalten; ein wenig spalten, anfangen an etwas zu spalten. Ein Stück Holz vorn anspalten, um z. B. den Keil hinein zu treiben; im Oberdeutschen anschließen, und in den gemeinen Sächsischen Mundarten anspellen und anspillen. Daher die Anspaltung.


Anspann (W3) [Adelung]


* Die Anspann, plur. die -e, oder der Anspann, des -es, plur. die -e, 1) An einigen Orten Zugvieh, welches zusammen an einen Wagen gespannet werden kann, wofür man doch häufiger ein Gespann sagt. In Oberdeutschland ist dieses Wort männlichen, in Sachsen aber größten Theils weiblichen Geschlechtes. 2) Ein Frohndienst, der mit Zugviehe verrichtet werden muß, ingleichen die Verbindlichkeit dazu, Spanndienste; gleichfalls nur in einigen Gegenden.


Anspannen (W3) [Adelung]


Anspannen, verb. reg. act. 1) Spannend an etwas befestigen, an etwas spannen. Die Pferde anspannen, an den Wagen. Ingleichen metonymisch, den Wagen anspannen. Anspannen lassen, die Pferde an den Wagen spannen lassen. Es ist schon angespannet. Figürlich, doch nur in niedrigen Ausdrücken, einen zu etwas anspannen, sich seiner Hülfe zu etwas bedienen.2) Heran spannen, straff anziehen. Ein Tuch anspannen. Ein Seil stark anspannen. In figürlicher Bedeutung, alle Kräfte, besonders alle Kräfte des Geistes anwenden, anstrengen. Alle seine Kräfte zu etwas anspannen. Seinen Verstand anspannen. Hier spannt, o Sterbliche, der Seele Sehnen an, Hall. So auch die Anspannung.


Anspänner (W3) [Adelung]


Der Anspänner, des -s, plur. ut nom. sing. 1) In Sachsen, ein Bauer, der Zugvieh halten kann, und damit die Frohndienste verrichtet, im Gegensatze der Kothsassen, Hintersassen oder Handfröhner, welche so wenig Land haben, daß sie kein Zugvieh darauf halten können, und daher mit der Hand fröhnen müssen. Dergleichen Anspänner, werden in Sachsen auch Pferdebauern, Pferdner, an andern Orten aber Spannleute, Ausspänner, und Bauern im engstem Verstande genannt, und wenn sie ein vollständiges Bauerngut, d. i. eine so genannte Haupthufe besitzen, so heißen die auch Halbhüfner, Hüfner, Vollspänner, Vollmeier, im Gegensatze der Halbhüfner, der Halbmeier, die nur ein Stück einer solchen Hufe im Besitze haben. S. auch Bauer. 2) In einem andern Verstande ist ein Anspänner oder Anspänniger derjenige, welcher ein Pferd auf gemeine Unkosten zum Dienst der Obrigkeit hält. So müssen in Ulm die Anspänniger bey heftigem Sturme in der Nacht aufsitzen und in der Stadt herum reiten. Vielleicht ist es in dieser Bedeutung aus Einspänniger verderbt, welches S.


Anspännergut (W3) [Adelung]


Das Anspännergut, oder Anspanngut, des -es, plur. die -güter, ein Bauerngut, welches dem Grundherren mit Zugvieh zu Hofe dienet.


Ansperren (W3) [Adelung]


Ansperren, verb. reg. act. an etwas sperren, durch ein Gesperr an etwas befestigen. So wird die Buchdrucker-Presse an die obere Decke angesperret.


Anspeyen (W3) [Adelung]


Anspeyen, verb. irreg. act. S. Speyen, an etwas speyen, den Speichel an etwas werfen, besonders als ein Merkmahl der höchsten Verachtung und Abscheues. In figürlichen Bedeutung, für verabscheuen, doch nur in der gemeinen und niedrigen Sprechart. Der speyt der Sünden Gräuel an, Gryph.


Anspielen (W3) [Adelung]


Anspielen, verb. reg. neutr. mit haben. 1) Den Anfang mit Spielen machen, den ersten Zug, den ersten Wurf thun. 2) Auf etwas anspielen, im Reden oder Schreiben darauf zielen, es dunkel bezeichnen, darauf alludiren. Daher die Anspielung, so wohl für die Handlung, als auch für denjenigen Theil einer Rede, der eine andere Sache dunkel bezeichnet, sich bloß darauf beziehet; die Allusion. Drucken sie sich immer ohne so gelehrte Anspielungen aus.

Anm. Man könnte anspielen zu dem alten Spellan, reden, sprechen, rechnen, wovon Beyspiel, Vorspiel, Widerspiel und vielleicht auch Kirchspiel abstammen. Allein es scheinet vielmehr eine buchstäbliche Übersetzung des Latein. Alludere und Allusio zu seyn. Notker gebraucht dafür Zuspielung, nach einer eben so buchstäblichen Übersetzung. Disun pfalmum zierrent misseliche zuspilunga die allusiones heizzent, sagt er am Ende des 28sten Pf. Im Angelsächsischen bedeutete Anspel Muthmaßung.


Anspießen (W3) [Adelung]


Anspießen, verb. reg. act. an einen Spieß stecken, mit einem spitzigen Körper als mit einem Spieße durchstechen. Einen Frosch anspießen. Einen Braten anspießen. Daher die Anspießung.


Anspinn (W3) [Adelung]


* Die Anspinn, plur. die -e, dem Frisch zu Folge, ein dicker Ring, welchen man unten n die Spindel steckt, das Gleichgewicht im Drehen zu erhalten, und welcher auch der Spindelwirtel genannt wird.


Anspinnen (W3) [Adelung]


Anspinnen, verb. irreg. act. S. Spinnen. 1) Durch Spinnen mit etwas verbinden. Einen Faden an den andern anspinnen. Die Spinne hat ihr Gewebe an die Mauer gesponnen. 2) Anfangen zu spinnen. Einen Rocken anspinnen, anfangen daran zu spinnen, so daß er erst kraus werde. 3) Etwas Böses mit Überlegung anfangen oder verursachen. Etwas Bösesanspinnen, anstiften. Einen Krieg, Aufruhr, Unruhe, Zank, böse Händel anspinnen. Ingleichen als ein Reciprocum, nach und nach entstehen. er hat sich ein Krieg angesponnen. Wenn sich nur da nichts anspinnet, Less. wenn nur da nichts Böses entstehet. Daher die Anspinnung.


Anspitzen (W3) [Adelung]


Anspitzen, verb. reg. act. eine Spitze an etwas machen. Ein Messer, eine Schere anspitzen. Daher die Anspitzung.


Anspornen (W3) [Adelung]


Anspornen, verb. reg. act. mit den Spornen antreiben. Ein Pferd anspornen. Figürlich, in einem hohen Grade anreitzen. Die Ehre spornet edle Gemüther zu großen Thaten an. Dieses Vorurtheil spornet unsere Begierden an. Zu wenig spornt für ihres Nächsten Glück Ein edler Trieb voll reiner Wollust an, Kästn. Daher die Anspornung.


Ansprache (W3) [Adelung]


* Die Ansprache, plur. die -n, von dem folgenden Verbo, so wohl für die Handlung des Ansprechens, in dessen sämmtlichen Bedeutungen, doch ohne Plural; als auch für den Grund, warum man eine Sache gerichtlich anspricht. In beyden Bedeutungen ist dieses Wort im Oberdeutschen häufiger, als im Hochdeutschen, wo man dafür lieber Anrede, Anspruch u. s. f. gebraucht. S. Haltaus v. Ansprache, wo die Bedeutung einer Anklage mit vielen Beyspielen erläutert wird.


Ansprechen (W3) [Adelung]


Ansprechen, verb. irreg. ( S. Sprechen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit haben, laut werden, einen Ton von sich geben, aber wohl nur allein von musikalischen Instrumenten. Wenn die Canzellen in den Orgeln Risse bekommen, so sprechen oft die Nebenpfeifen zugleich mit an.II. Als ein Activum.1. Mit Worten anzeigen. In dieser Bedeutung kommt es nur noch bey den Jägern vor, wo man einen Hirsch, oder eine Sau anspricht, wenn man anzeiget, daß man sie gesehen habe. Ingleichen nennen, doch auch nur bey den Jägern. Im dritten Jahre wird ein junges Schwein nicht mehr Frischling angesprochen, genannt. In der Brunst wird das Schwein ein Keiler, die Sau eine Bache, oder das Schwein für einen Keiler, die Sau für eine Bache angesprochen. Zu frey heraus ansprechen, eben daselbst, zu voreilig urtheilen. Daß das einfache sprechen ehedem auch so viel als nennen, ingleichen mit Worten ausdrücken, bedeutet habe, ist an seinem Orte gezeiget worden.2. Zu einem sprechen, die Rede an ihn richten, ihn anreden. 1) * Überhaupt, für anreden, Nieders. anspreken, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist, ob sie gleich im Oberdeutschen häufig vorkommt. 2) Insbesondere, mit verschiedenen Nebenbegriffen. (a) * Grüßend anreden. Ich will mit wenig Volk kommen, friedlich, daß ich dich anspreche, 1. Maccab. 7, 28. Da sprachen sie einander an, und blieben über Nacht da bey einander, Kap. 11. 6. Daß ich euch sehen und ansprechen möchte, Apostelg. 28. 20. Ingleichen für besuchen, zu einem gehen, in welcher Bedeutung es unter andern im Schwabenspiegel Kap. 9, 2. vorkommt. In beyden Fällen ist es im Hochdeutschen gleichfalls veraltet, nachdem es im gemeinen Leben durch das Wort zusprechen verdränget worden. Doch sagt man noch bey einem ansprechen, auf der Reise einen kurzen Besuch bey ihm abstatten, bey ihm einsprechen. Er hat unter Weges bey mir angesprochen. Ich wußte nicht, daß er bey mir ansprechen würde. (b) Bittend ansprechen. Einen um etwas ansprechen. Einen um ein Almosen, um eine Gefälligkeit, um ein Darlehen ansprechen. (c) * Fordernd ansprechen. Einen ansprechen, ihn vor Gericht fordern, ihn verklagen. Etwas ansprechen, es in Anspruch nehmen, ein Recht daran zu haben behaupten; im mittlern Latein. adclamare. Einen um etwas ansprechen, gerichtlich belangen. Auch diese Bedeutung kommt nur noch zuweilen in den Gerichten vor. Ehedem war sie in Ober- und Niederdeutschland häufiger, und in dem erstern ist sie es noch. S. Haltaus h. v. wo auch die im Hochdeutschen gleichfalls nicht mehr üblichen Wörter, Ansprecher, Kläffer, Ansprechiger, Bellagter, ansprechig, worauf Anspruch gemacht wird, und ansprechiglich, erkläret und erläutert werden. Völlig veraltet aber ist die R. A. einen kämpflich ansprechen, ihn heraus fordern, welche im 13ten Jahrhunderte in Schwaben gänge und gebe war. Nur die Jäger sagen noch von den Saubellern oder Findern, daß sie eine Sau auf dem Lager ansprechen, wenn sie selbige anbellen, und dadurch gleichsam heraus fordern, welches auch verbeilen oder verbellen genannt wird. (b) + Das Feuer ansprechen, für besprechen, im gemeinen Leben.

Anm. Opitz sagt an einem Orte, wo er von den Thieren spricht: Das spitzt ein starkes Horn, der spricht die Klauen an. Ich gestehe gern, daß dieser Gebrauch des Verbi ansprechen, mir völlig unbekannt ist. Vielleicht enthält er ein eben so ungewöhnliches und widersinniges Bild, als die erste Hälfte des Verses, wo wohl niemand das Spitzen der Hörner vertheidigen wird.


Anspreitzen (W3) [Adelung]


Anspreitzen, verb. reg. act. an etwas spreitzen, d. i. mit einer Spreitze oder in Gestalt derselben befestigen. Sich mit den Füßen anspreitzen, an die Wand, oder an die Mauer. Die Brauer spreitzen den Stellboden in dem Stellbottiche mit dem Spreitzbaume an. Daher die Anspreitzung.


Ansprengen (W3) [Adelung]


Ansprengen, verb. reg. welches das Factitivum von dem Neutro anspringen ist, anspringen machen, und zwar, 1) ein Pferd zum Galoppe ansprengen, es durch die Spornen in den Galopp bringen. 2) Einen andern ansprengen, im Sprunge oder Galoppe auf ihn zu reiten, eigentlich das Pferd auf ihn anspringen lassen. Ehedem war hiervon in Oberdeutschland auch die figürliche Bedeutung üblich, für angreifen, feindlich anreden. Mich sprengen steche Zungen an, Opitz. Ingleichen, eilfertig anreden. Und sprenget den mit Worten an, Hans Sachs. 3) Von dem Schießpulver. Das Pulver hat ein Stück von der Mauer an das Rathhaus angesprenget. 4) Mit einem flüssigen Körper besprengen. Wasser ansprengen. Die Wäsche mit Wasser, das Getreide zum Mahlen in der Mühle ansprengen. So auch die Ansprengung.


Anspringen (W3) [Adelung]


Anspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird, an etwas springen. Es sprang ein Wolf, ein Hund an mich an. In weiterer Bedeutung, mit Gewalt an etwas angeworfen werden. Der Stein sprang an das Fenster an.


Anspritzen (W3) [Adelung]


Anspritzen, verb. reg. 1. Activum, spritzend an etwas werfen. Einen anspritzen, mit Wasser bespritzen. Daher die Anspritzung. 2. Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, spritzend an etwas angeworfen werden. Der Koth ist an den Wagen angespritzet.


Anspruch (W3) [Adelung]


Der Anspruch, des -es, plur. die -sprüche. 1) Die Handlung des Ansprechens, theils bey den Jägern für Anzeige, Urtheil, Benennung, theils aber auch so fern dieses Verbum ein Recht auf etwas behaupten bedeutet. In diesem letztern Falle bezeichnet Anspruch so wohl sie Äußerung dieses Rechtes und die Forderung Kraft desselben. Eine Person oder eine Sache in Anspruch nehmen, Anspruch darauf machen, Anforderung darauf machen. Als auch, das Recht, oder den Grund, warum man eine Person oder Sache in Anspruch nimmt. Ansprüche an, oder auf etwas haben. Die Freundschaft hat also gar keinen Anspruch auf ihre Freygebigkeit? Weiße. Seine Ansprüche auf etwas fahren lassen, aufgeben. Daher das Anspruchswapen, in derWapenkunst, das Wapen eines Landes, auf welches man Anspruch macht. Ingleichen figürlich, den Besitz einer Sache auf eine verdeckte oder mittelbare Weise behaupten. Anspruch auf Tugend, auf Verstand machen.

Anm. In Oberdeutschland, besonders in Österreich, ist auch das einfache Spruch in eben dieser Bedeutung üblich. Wer daran Sprüche oder Forderungen hat. Ansprache, Anrecht, und im Niedersächsischen Bisprake kamen ehedem in eben derselben Bedeutung vor. In den Kanzelleyen hat man auch die Adjectiva ansprüchig und anspruchlos. Etwas ansprüchig machen, besser Anspruch darauf machen. Ein anspruchloses Gut, worauf niemand Anspruch hat.


Ansprung (W3) [Adelung]


Der Ansprung, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des Anspringens. Einen Ansprung nehmen, einen Anlauf. 2) Dasjenige, was anspringet; doch nur in der ungewöhnlichen Bedeutung des Verbi, da es für ausschlagen gebraucht wird. So verstehet man unter Ansprung einen gewissen Ausschlag der Kinder, der sich an dem Kopfe und hinter den Ohren anfänget. als eine Rinde zusammen wächset, oft den ganzen Leib überziehet, und auch der Milchschorf genannt wird; Latein. Lichen, Mentagra.


Anspucken (W3) [Adelung]


* Anspucken, verb. reg. act. den Speichel an etwas werfen, wie anspeyen; am häufigsten in Niedersachsen.


Anspülen (W3) [Adelung]


Anspülen, verb. reg. welches nur von fließenden Körpern gebraucht wird. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, im Fließen berühren. Der Fluß spület an die Stadtmauer an, welcher Gebrauch im Hochdeutschen wenig vorkommt. 2. Als ein Activum, heran spülen, im Fließen ansetzen, anschwemmen. Der Fluß spület immer neues Land an. Daher die Anspülung.


Anstählen (W3) [Adelung]


Anstählen, verb. reg. act. vorn mit Stahl versehen. Ein Werkzeug anstählen.


Anstalt (W3) [Adelung]


Die Anstalt, plur. die -en. 1) Die Handlung des Anstellens, der Vorbereitung einer Sache; ohne Plural. Dieser Lobspruch kommt mehr dem Gärtner als meiner Anstalt zu, Gell.2) Dasjenige, was angestellet oder angeordnet wird, und zwar, (1) dasjenige, was als eine Vorbereitung zu etwas angeordnet wird. Anstalt zum Essen, zu einem Gastmahle, zu einer Reife machen. Es werden schon alle Anstalten dazu gemacht. Es sind bereits alle Anstalten dazu getroffen. Ich sehe noch wenig Anstalt dazu, Gell. Damit er einige Anstalt zu unserm Empfange mache, Weiße. (2) Eine jede nach gewissen Regeln mit Personen und Sachen gemachte Einrichtung. Öffentliche Anstalten, welche von der Obrigkeit zum allgemeinen Besten gemacht werden. Privat-Anstalten, welche von Privat-Personen zu ihrem besondern Nutzen gemacht werden. Bürgerliche, kirchliche, Justiz-Polizey-Manufactur-Anstalten u. s. f. Auf diese Art werden nicht nur Städte und Dörfer selbst, sondern auch alle in denselben befindliche Collegia, Innungen und Zünfte, Manufacturen, Arbeits-Zucht- und Waisenhäuser, Kunst- und Werkschulen u. s. f. Anstalten genannt.3) Ordnung und Abhängigkeit, welche zu einer jeden Anstalt nothwendig sind. Es kann nichts aus der Sache werden, denn es ist keine Anstalt da.


Anstammen (W3) [Adelung]


Anstammen, verb. reg. act. als ein Erbgut mittheilen, doch nur von vornehmen, wenigstens adeligen Personen, deren Geschlecht man auch einen Stamm zu nennen pfleget, für anerben. Einem etwas anstammen. Es ist ihm angestammet; welche Arten des Gebrauches doch im Hochdeutschen nicht so üblich sind, als das Participium angestammt. Eine angestammte Tugend. Er hat um Florenz viel angestammte Güter, Haged.


Anstämmen (W3) [Adelung]


Anstämmen, verb. reg. act. die Füße steif machen und fest an etwas ansetzen, von Stamm, stipes. Die Füße an die Wand anstämmen. Das Knie an den Schild anstämmen. Sich an die Wand anstämmen. In andern Gegenden anspreitzen, ansteuern, und im Lateine der mittlern Zeiten adpodiare, apodiare. Daher die Anstämmung.


Anstampfen (W3) [Adelung]


Anstampfen, verb. reg. act. fest an einen andern Körper stampfen. Die Nadler stampfen den Kopf an, wenn sie ihn auf die Nadel stampfen, welches auch anköpfen genannt wird. So auch die Anstampfung.


Anstand (W3) [Adelung]


Der Anstand, des -es, plur. inusit. von dem Verbo anstehen.1. Das Anstehen, und zwar, 1) in der eigentlichen Bedeutung des Verbi. In diesem Sinne bedeutet auf den Anstand gehen, bey den Jägern, sich an einen bequemen Ort stellen und auf Wildbret warten. S. auch weiter unten Num. 4. 2) In der figürlichen Bedeutung, für Aufschub, Unterbrechung eines Geschäftes. Anstand begehren. Die Sache leidet keinen weitern Anstand, keinen Verzug. Der Sache noch einigen Anstand gönnen. Ohne Anstand, sogleich. Keinen Anstand nehmen, etwas zu thun. Bewundere den Mann, der bey Thermopylä fiel, und nicht Anstand nahm, für das Vaterland zu sterben, Dusch; wo es aber für den warmen biblischen Styl zu matt ist. Anstand der Gerichte, ist in Oberdeutschland auch für die so genannten Vacanzen oder Ferien üblich, und Anstand, für Waffenstillstand, kommt so wohl in Kenners Niedersächsischer Chronik, als auch bey dem Logau vor. In einer Urkunde von 1462 bey dem Haltaus h. v. findet sich in dieser Bedeutung auch der Plural, die Anstände, der aber sonst nicht üblich ist. Die R. A. bey dem Opitz, Anstand mit etwas machen, mach Anstand mit den Winden, ist im Hochdeutschen gleichfalls nicht gewöhnlich.2. Dasjenige, was einen Anstand in dieser letztern Bedeutung verursacht, Zweifel, Bedenklichkeit. Etwas in Anstand ziehen. Eine Sache außer Anstand setzen. Einen Anstand über etwas haben. Anstand in etwas nehmen. Bedenken tragen. Es ergeben sich Anstände, bedenkliche Umstände.3. Dasjenige, was anstehet, so fern dieses Verbum das Schickliche in dem äußern Betragen ausdruckt, das Verhältniß des äußern Betragens mit den innern Vollkommenheiten, die man hat, oder doch vermöge seines Standes und Berufes, und der jedesmahligen Umstände haben sollte. Ein guter, ein schlechter Anstand. Er tanzt mit einem vortrefflichen Anstande. Der Redner hat einen schlechten Anstand. In seiner Kleidung herrscht ein unverbesserlicher Anstand. Welch edler Anstand herrscht in seiner jungen Miene! Weiße. In engerer Bedeutung, der gute Anstand. Er hat den rechten Anstand, der sich für einen Hofmann schickt. Sie ward mit Anstand stolz und frey, Haged. Der schwarzen Augen schlauer Scherz, Der Anstand lockender Geberden, Bezauberten ein jedes Herz, Haged. Der Anstand, Franz. Air, ist ein Theil des Wohlstandes, S. dieses Wort.4. Der Ort, wo man sich an- oder hinstellet, doch nur bey den Jägern, wo es einen bequemen Ort anzeiget, wo der Jäger das Wildbret erwartet. Auf den Anstand gehen. Ein Stück Wild auf dem Umstande schießen. Ingleichen der Ort, wo man stehen bleibt, wenn man nach einem gewissen Ziele schießet; in welcher Bedeutung man wohl auch zuweilen den Plural die Anstände höret.

Anm. Frisch führet Anstand auch in der Bedeutung einer anständigen Gelegenheit an; ich habe einen guten Anstand gefunden. Allein diese Bedeutung wird wohl nur in einigen besondern Gegenden üblich seyn, Hochdeutsch ist sie wenigstens nicht. Anastantida wird in Boxhorns Glossen durch Standhaftigkeit,Beständigkeit erkläret. Anstand in der dritten Bedeutung, ist von den neuern Schriftstellern eingeführet worden, das Franz. Air auszudrucken. Gottsched tadelte es, und wollte dafür Anständigkeit gebraucht haben; allein man darf nur beyde Wörter mit einander vergleichen, so wird man überzeugt werden, daß er die wahre Bedeutung des erstern nicht einmahl gekannt hat.


Anständig (W3) [Adelung]


Anständig, -er, -ste, adj. et adv. was Anstand hat.1. So fern Anstand von anstehen, decere, abgeleitet ist. 1) Von dem äußern Betragen und dessen richtigen Verhältnisse mit den Vollkommenheiten und dem Stande einer Person. In dieser Bedeutung scheinet es nicht üblich zu seyn; denn ob man gleich sagt, anständig tanzen, eine anständige Kleidung, so findet doch hier mehr einer der folgenden Begriffe, als dieser eingeschränkte Statt. 2) Von sittlichen Handlungen, der Würde, den Verhältnissen einer Person oder Sache gemäß; in Gegensatze unanständig. Das ist einer fürstlichen Person anständig. Glaubest du, daß es einem Vater anständig ist, seinem Kinde die Wahrheit zu verhehlen? 3) In noch weiterer Bedeutung, einer Person und Sache gemäß. Eine anständige Bedienung. Er weiß von einer jeden Sache sehr geschickt und anständig zu urtheilen. Eine anständige Kleidung.2. So fern Anstand von anstehen, placere, abstammet, eines Wünschen und Absichten gemäß. Dieser Antrag ist mir nicht anständig, gefällt mir nicht. Das Haus wäre mir wohl anständig, wenn es nur nicht so theuer wäre.


Anständigkeit (W3) [Adelung]


Die Anständigkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie anständig ist; ohne Plural. (1) Die Eigenschaft des äußern Betragens so wohl, als des sittlichen Verhaltens, nach welcher es der Würde und den jedesmahligen Umständen einer Person gemäß ist; als das Abstractum von Anstand, und der Gegensatz von Anständigkeit. Die Anständigkeit einer Handlung bestreiten. (2) Die Übereinstimmung einer Sache mit unsern Absichten, welche man mit einem fremden Worte die Convenienz zu nennen pflegt. Das Recht der Anständigkeit, das Convenienz-Recht, das Recht, dasjenige zu thun, was unsern Absichten gemäß ist. 2) Eine Sache, die unsern Absichten gemäß ist; mit dem Plural.


Anstandsbrief (W3) [Adelung]


Der Anstandsbrief, des -es, plur. die -e, in den Rechten, eine Urkunde, worin der Landesherr einem Schuldner Anstand ertheilet, d. i. ihn auf eine gewisse Zeit wider seine Gläubiger in Schutz nimmt; ein Schutzbrief, eiserner Brief, Litterae judiciales, Moratorium.


Anstängeln (W3) [Adelung]


Anstängeln, verb. reg. act. an Stängel befestigen, im Feld- und Gartenbaue. Den Hopfen, die Bohnen anstängeln.


Anstarren (W3) [Adelung]


Anstarren, verb. reg. act. starr ansehen, und in weiterer Bedeutung, mit Verwunderung betrachten. Was starrt ihr Freunde so einander an? Schleg. Er starrt Personen an, wovon er keine kennt, Zach. Ich starrte jedes Ding als fremde Wunder an, Hall. Und starret sie aus (besser mit) großen Augen an, Wiel. Daher die Anstarrung.


Anstatt (W3) [Adelung]


Anstatt, eine Partikel, welche das Daseyn einer Person oder Sache an der Stelle einer andern ausdruckt. Wenn dasjenige, an dessen Stelle sich ein anderes befindet, durch ein Nennwort bezeichnet wird, so stehet dieses in der zweyten Endung, welche von dem in der Partikel befindlichen Hauptworte Statt herrühret. Ich wünsche, du gingest anstatt meiner hin. Anstatt des Fürsten war ein Minister zugegen. Ich will meine Freunde anstatt meines Herzens zu Rathe ziehen. Bestehet solches aber aus einem Verbo, oder aus einem ganzen Satze, so folget entweder der Infinitiv mit zu, oder die Conjunction daß. Anstatt zu kommen, blieb er weg, oder anstatt daß er kommen sollte, blieb er weg. Scheint stolz auf seine Schmach, anstatt beschämt zu seyn, Wiel. Anstatt, daß sie uns in der Gefahr beystehen sollten, so zeigen sie uns den Ursprung und die Größe derselben, Gell.

Anm. Es ist mit der Präposition an und dem Substantive Statt, Ort, zusammen gesetzet, daher es auch einige getheilet an Statt, und andere, obgleich sehr unrichtig, an statt schreiben. Zuweilen kann diese Partikel getrennet werden, da denn zwischen beyden Hälften der Genitiv des Nennwortes eingeschaltet wird. Ich wünsche, du gingest an meiner Statt hin. An des Fürsten Statt war ein Minister zugegen. Du seufzest darüber, daß deine Väter nicht an deiner Statt Schweiß vergossen haben, Dusch. Ja es gibt Fälle, wo die Theilung nothwendig ist; z. B. einen an Kindes Statt annehmen, wo anstatt eines Kindes, ungewöhnlich ist. Wenn kein Nennwort vorhanden ist, findet die Theilung ohne dies nicht Statt; wenn sie aber geschiehet, so bekommt Statt billig ein großes S, weil es alsdann in alle Rechte eines Substantives wieder eintritt. Auch kann zuweilen die Präposition weggelassen und statt allein gesetzet werden. Ich wünschte, du gingest statt meiner hin. Statt des Fürsten war ein Minister zugegen. Sein Wort gilt statt eines Gesetzes. Da es hier ganz die Gestalt einer Präposition hat, so fällt auch der große Buchstab billig weg. An meine Statt, an deine Statt ist zwar nicht ganz unrichtig, aber doch ungewöhnlicher, als die Wortfügung mit der zweyten Endung des persönlichen Pronominis. Gebietet ir an meine statt, sang schon Reimar der alte. Anstatt oder statt, in der Bedeutung der Präposition für, etwas anstatt einer Wohlthat achten, ist im Hochdeutschen veraltet; auch haben diejenigen keinen Beyfall gefunden, welche für Pronomen Anstattwort einführen wollten.


Anstäuben (W3) [Adelung]


Anstäuben, verb. reg. act. den Staub an etwas gehen lassen. Einen anstäuben. Daher die Anstäubung.


Anstauchen (W3) [Adelung]


Anstauchen, verb. reg. act. Das Getreide anstauchen, in der Landwirthschaft, es zum Ausdreschen auf der Tenne zurecht legen, wie anlegen.


Anstaunen (W3) [Adelung]


Anstaunen, verb. reg. act. erstaunend ansehen. Etwas anstaunen. So auch die Anstaunung.


Anstechen (W3) [Adelung]


Anstechen, verb. irreg. act. S. Stechen.1. An etwas stechen, in die Seitenfläche einer Sache stechen; und zwar,1) In eigentlicher Bedeutung. Das Pferd anstechen, mit den Spornen. Die Ochsen anstechen, mit der Stachel. Wie wenn im WettelaufenSich einer ganz bemüht, vor dem gemeinen Haufen Zu treffen auf den Zweck, sticht seinen Klepper an, Opitz. In dieser eigentlichen Bedeutung ist es, wenigstens im Hochdeutschen, wenig gebräulich. Im Oberdeutschen sagt man dafür auch anstacheln, anstochern, anstupsen, und im Niedersächsischen anpricken und anprickeln.2) In weiterer Bedeutung, doch nur mit dem Zeitworte kommen, und im gemeinen Leben. Angestochen kommen, nach dem Niedersächsischen anstakern kamen, d. i. wie es in dem Brem. Nieders. Wörterbuche erkläret wird, mit langen dürren Beinen als auf Staken, d. i. Stangen, einher treten. Da kommt er angestochen. Ingleichen für kommen schlechthin, doch in verächtlicher Bedeutung. Das Blättchen schoß mir gleich, da sieangestochen kam. In noch weiterer Bedeutung, komm mir damit nicht angestochen, rede mir davon nicht.3) Figürlich, mit anzüglichen Worten auf jemanden zielen, gleichfalls nur im gemeinen Leben. Einen anstechen. Einen mit Worten anstechen. Lindus ward einst im Gelag oft mit Worten angestochen, Logau. 2. Anfangen zu stechen, und in weiterer Bedeutung, anfangen, von etwas zu nehmen. Ein Faß, ein Gefäß Butter anstechen, weil solches vermittelst eines Stiches geschiehet. Auf gleiche Art sagt man auch im gemeinen Leben, einen Haufen Korn, ein Holz-Kohlen- oder Heuschiff, einen Korb mit Seefischen, eine Tonne Häringe anstechen, wenn solches gleich nicht vermittelst eines Stiches geschiehet. Angestochen seyn, figürlich, einen Rausch haben, welcher Gebrauch aber auch einer Figur der ersten Bedeutung seyn kann.Daher die Anstechung, welches in allen Bedeutung des Verbi gebraucht werden kann.


Anstecken (W3) [Adelung]


Anstecken, verb. reg. act. I. An ein anderes Ding stecken, und zwar,1) Eigentlich. Den Braten anstecken, an den Bratspieß. Den Ring anstecken, an den Finger. Das Rad anstecken, an die Achse. Ingleichen, mit Nadeln an etwas befestigen. Einen Brief an den Vorhang anstecken. Ein Band anstecken. Daher die Ansteckärmel, kurze leinene Ärmel mit Streifen des andern Geschlechtes, welche an das Hemd angestecket werden.2) In figürlichen Bedeutung. (a) Anzünden, doch nur im gemeinen Leben, Niedersächsisch ansticken. Eine Fackel, ein Licht anstecken. Die Feinde haben das Haus, die Stadt angesteckt. Das Feuer steckte auch die benachbarten Häuser an. Sie droheten, uns das Haus über dem Kopfe anzustecken. Stecken bedeutet überhaupt, eine Sache in die andere thun. Diese Bedeutung setzt daher voraus, daß das Feuer in oder an diejenige Sache, welche angezündet werden soll, gesteckt wird. Bey dem Anstecken eines Lichtes ist es umgekehret, indem dasselbe an das Feuer gesteckt wird. (b) Mittheilen, doch nur von Krankheiten, durch die Ausdünstung mittheilen, und nach einer noch weitern Figur, auch von Irrthümern, Thorheiten, Lastern u. s. f. Eine ansteckende Krankheit, die sich durch Berührung, oder durch die bloße Ausdünstung andern mittheilet. Die Blattern stecken an, sind eine ansteckende Krankheit. Von oder mit einer Krankheit angestecket werden. Ein räudiges Schaf stecket die ganze Herde an. Der Aberglaube hat ganze Länder mit seinem Gifte angestecket. Welch ein Bösewicht hat deine Vernunft mit seiner Raserey angesteckt? Dusch. Ein ungesunder Verstand steckt oft auch das Herz an.2. Anfangen zu stecken. 1) In den Bergwerken, wo es so viel bedeutet, als mit Pfählen zu befestigen oder zu verbauen anfangen. Die Strecke muß mit Getreide angestecket werden, welches im lockern Gebirge geschiehet, das Einfallen zu verhindern. 2) Ein Faß Bier, oder Wein anstecken, anfangen davon zu zapfen, weil ein solches Faß mit dem Ansteckneber oder Ansteckbohrer angebohret, und alsdann der Hahn hinein gestecket wird. In den gemeinen Mundarten sagt man dafür anstechen.So auch die Ansteckung in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Da anstecken eigentlich aus der Niedersächsischen Mundart herstammet, so darf man sich nicht wundern, wenn die ältern Oberdeutschen Schriftsteller dieses Verbum, mit dem ihnen eigenen Hauchlaute, anstechen ausdrucken. Ein mast mit stachel wol geslagen, Da was sein Vane gestechet an. Ein Mast mit Stahl wohl beschlagen, daran wurde seine Fahne angestecket, heißt es in Strykers Rhythm. Abschn. 28. S. Stechen und Stecken.


Ansteckkiel (W3) [Adelung]


Der Ansteckkiel, des -es, plur. die -e, in den Bergwerken, eine angebohrte Röhre, welche unter dem Steckelkiel angestecket wird, damit man im Gewältigen weiter unter das Wasser gelangen könne.


Anstehen (W3) [Adelung]


Anstehen, verb. irreg. neutr. ( S. Stehen,) welches theils mit dem Hülfsworte haben theils mit seyn, verbunden wird.1. Mit dem Hülfsworte haben, wenn es überhaupt an etwas stehen, oder an der Seite einer Sache befindlich seyn bedeutet; und zwar,1) In eigentlicher Bedeutung, welche aber in dem gemeinen Gebrauche wenig vorkommt. Doch sagt man in den Bergwerken, in weiterer Bedeutung: ein Gestein, worauf das Gold sehr sichtlich anstehet, angeflogen stehet.2) In figürlichen Bedeutung. (a) An einem stehen, d. i. in die Augen fallen, von Kleidungsstücken und Handlungen, in Beziehung auf die Person, die sie trägt, oder verrichtet. Dieses Kleid stand ihm sehr gut an. Das Tanzen hat ihm sehr schlecht angestanden. Ingleichen von moralischen Handlungen, eines Würde und übrigen Verhältnissen angemessen seyn. Wie es mir altem Manne wohl anstehet, 2. Maccab. 6, 27. Einem Laufer stehets nicht wohl an, daß es reich ist, Sir. 14, 3. Dergleichen Unwahrheiten stehen einem ehrlichen Manne nicht an. Ein Vorsatz gleicher Art steht nur Rebellen an, Less. Wenn eine Gottheit wäre,Stehts einer Gottheit an, daß ihre Macht zerstöre? Dusch. Gebiethe deinem Zorn; er steht so sanften Blicken, Wie deinen, wenig an, Weiße. In dieser Bedeutung ist anstehen bereits alt. Ich weis nicht was dir bas an ste, heißt es in Winsbecks Gedichte, Str. 22. Das minen iaren wol anstat. ebend. Str. 9. Das stuende im lobelichen an, singt Reimar der alte. S. auch den Schwabenspiegel Kap. 24, 5. (b) Jemandes Willen gemäß seyn, im harten und gebietherischen Verstande. Dergleichen Betragen stehet mir nicht an. Deine Lebensart stehet deinem Vater gar nicht an. Sie hat ihm ja vor ein Paar Stunden angestanden, Gell. Es wird eben nicht leicht seyn, diese figürliche Bedeutung auf eine ungezwungene Art aus der eigentlichen herzuleiten; doch das hat sie mit den figürlichen Bedeutungen vieler anderen Zeitwörter gemein. Die Niedersachsen gebrauchen ihr anstaan gleichfalls in beyden figürlichen Bedeutungen. (c) Mit einem anstehen, mit ihm in Gesellschaft treten, besonders bey dem gemeinschaftlichen Anlaufe einer Sache. Wollen sie nicht mit anstehen? Ich habe mit angestanden. Es scheinet, daß hier auch das Hülfswort seyn nicht am unrechten Orte stehen würde; indessen wird es in dieser Bedeutung doch von den meisten Hochdeutschen, besonders in Sachsen, mit haben verbunden. (d) In einigen Gegenden sagt man von dem Gesinde, daß es anstehe, wenn es anziehet, oder seinen Dienst antritt.2. Mit dem Hülfswort seyn, so an etwas stehen, daß dadurch die Bewegung behindert wird.1) Eigentlich. Der Wagen steht an, an einem Steine, oder an der Mauer. Der Schrank steht an der Wand an, kann nicht weiter. Auch diese Bedeutung kommt so gar häufig nicht vor; desto öfterer aber,2) Die figürlichen. (a) In seinem Fortgange unterbrochen oder an der Ausführung gehindert werden. Die Sache mag immer noch ein Paar Tage anstehen. Es ist lange genug an-gestanden. Es wird nicht mehr ihrer eine halbe Stunde anstehen, so wird er heraus kommen, Cron. Ingleichen, anstehen lassen für aufschieben. Ich will die Sache noch anstehen lassen. Sie lassen es auch gar zu lange anstehen. Das beste wird seyn, daß sie die Verlobung etwa noch acht Tage anstehen lassen, Gell. In dieser Bedeutung wird anstehen in Oberdeutschland häufig für währen, dauern gebraucht. Es stund nicht an drey ganzer Tag, Theuerd. Kap. 67. Nicht lang es blieb steen an, Das er den tewerlichen Mann Fürt auf ein gefroren eys, ebend. Kap. 22. Ingleichen für fortdauern, anhalten. Wegen lang anstehender Hitz, Bluntschli. (b) Seine Entschließung anstehen lassen, Bedenken tragen. Ich stehe noch an, ob ich dieses auch thun will. Ich werde keinen Augenblick anstehen, zu dir zu kommen. Dein Verstand kann hier unmöglich anstehen, die Frage zu beantworten. Er hätte doch einen Augenblick anstehen dürfen, sich zu ergeben, Less. Wenn eine Präposition mit ihrer Endung dazu kommt, so pflegt das Hülfswort haben auch wohl die Stelle des Hülfswortes seyn einzunehmen, welches auch bey andern Neutris nichts seltenes ist. Ich stand bey mir an, die Thür aufzumachen. Ich habe lange bey mir angestanden. Man hat mit Fleiß damit angestanden.

Anm. 1. Die Lehre von den Hülfswörtern, mit welchen die Neutra verbunden werden, ist im Hochdeutschen noch sehr schwankend. Die Ursache davon ist, weil diese Mundart aus der Oberdeutschen und Niedersächsischen zusammen geflossen ist. Jene liebt bey ihren Neutris das seyn, diese das haben. Die Hochdeutschen verbinden einige Neutra nach Art der Oberdeutschen mit seyn, andere aber nach dem Beyspiele der Niedersachsen mit haben, und bey noch andern sind beyde Hülfswörter beynahe gleich üblich. Das letzte findet auch bey diesem Verbo Statt, und selbst dasjenige, was oben in Ansehung des Gebrauches dieser Hülfswörter angemerket worden, gründet sich nicht auf Regeln, sondern nur auf den häufigern Gebrauch; daher man sich nicht wundern darf, wenn anstehen in einer und eben derselben Bedeutung bald mit seyn, bald aber mit haben verbunden wird, je nachdem der Redner oder Verfasser ein Oberdeutscher oder ein Niedersachse ist. Die beyden Bedeutungen, da anstehen geziemen und gefallen bedeutet, scheinen noch dem wenigsten Zweifel unterworfen zu seyn, weil selbst die meisten Oberdeutschen in denselben das haben gebrauchen.

Anm. 2. Das Niedersächsische anstaan bedeutet auch bevor stehen, und kommt darin mit instare und dem Hochdeutschen instehen überein. Das Anastantantlihostin kebete des Kero, ist eine bloß buchstäbliche Übersetzung der instantissima oratio, für inständigst. Im Oberdeutschen bedeutet um etwas anstehen, noch jetzt, darum anhalten. In den Glossis Lipsii kommt anastandan auch für aufstehen vor.


Ansteifen (W3) [Adelung]


Ansteifen, verb. reg. act. Sich an etwas ansteifen, sich mit steif gemachten Füßen an etwas stellen, sich anstämmen. Daher die Ansteifung.


Ansteigen (W3) [Adelung]


Ansteigen, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, S. Steigen. 1) Hinan steigen, in die Höhe steigen, in figürlicher Bedeutung von Anhöhen und Flächen. Das Gebirge steigt sanft an, erhebt sich nach und nach. Eine sanft ansteigende Fläche. 2) Heran steigen, gleichfalls in figürlicher Bedeutung, aber nur im gemeinen Umgange und mit dem Verbo kommen. Angestiegen kommen, mit großen, langsamen Schritten heran kommen. - Doch, schon kommt er angestiegen, Weiße.


Anstellen (W3) [Adelung]


Anstellen, verb. reg. welches in seinen meisten Bedeutungen das Factitivum von sich anstehen ist. Es bedeutet aber, 1. Überhaupt, eine Sache an die andere stellen, d. i. stehen machen, ohne Rücksicht auf das Verhältniß mit andern Dingen.1) In eigentlicher Bedeutung, in welcher es aber nicht üblich ist, weil man sich in derselben lieber des einfachen stellen mit dem Vorworte an bedienet.2) In weiterer Bedeutung. Sich anstellen, sich auf einen Hasen anstellen, bey den Jägern, sich an einen Ort stellen, und auf einen Hasen oder anderes Wildbret lauern. Arbeiter anstellen, oder zu etwas anstellen, bestellen, gleichsam an die aufgegebene Arbeit stellen, wofür man auch anlegen sagt. Holzhacker, Leute zum Treibejagen, Gräber u. s. f. anstellen. Im Lateine der mittlern Zeiten adponere. In Oberdeutschland gebraucht man dieses Wort in noch weiterer Bedeutung von allen Ämtern und Bedienungen. Einen als Hofrath, als Einnehmer, zum Amtmanne anstellen. Hieher gehöret auch der figürliche Gebrauch, der aber alle Mahl einen nachtheiligen Nebenbegriff hat. Einen zu etwas anstellen, anstiften, zu einer bösen oder unanständigen Handlung bewegen. Er ist von bösen Leuten angestellet worden, mich zu beschimpfen. Sein eigener Bruder hat ihn dazu angestellet. Im Niedersächsischen wird auch das einfache stellen in diesem Verstande gebraucht. Das Bild ist ohne Zweifel von einem Jäger hergenommen, der sich zum Untergange des Wildes hinterlistig an einen Ort stellet.3) * Figürlich, und zwar, (a) in Rücksicht auf die unterbrochene Bewegung, anstehen machen, den Fortgang einer Sache hemmen. Ein Geschäft, Uneinigkeiten, Feindseligkeiten anstellen. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen völlig veraltet. Sie muß aber ehedem sehr üblich gewesen seyn, wie aus den vielen Beyspielen erhellet, die Haltaus h. v. davon anführet. (b) In Rücksicht auf die Ruhe, in welche eine Sache nach unterbrochener Bewegung geräth. Hierher gehören vermuthlich die im gemeinen Leben und einigen Lebensarten so gewöhnlichen Redensarten., Aquavit, gebrannte Wasser, Dinte anstellen, die dazu nöthigen Dinge vermischen und einweichen. Essig anstellen, ihn in Ruhe setzen, damit er sauer werde. Eine Blauküpe anstellen, bey den Färbern; die Farbe in derselben zubereiten. Bier anstellen, oder stellen, die Hefen hinein thun, und es zum Gähren in Ruhe stellen.2. In Rücksicht auf die Ordnung und auf das Verhältniß mit andern Dingen, welcher Begriff in dem einfachen Zeitworte stellen liegt, aber hier nur in den figürlichen Bedeutungen vorkommt.1) Anstalt zu etwas machen, veranstalten, eine Sache nach allen ihren Umständen zur Wirklichkeit bringen, doch nur in einigen bereits eingeführten Fällen. Eines Reise, eine Tanz, ein Gastmahl, eine Lust, ein Spiel, eine Klage, eine Untersuchung anstellen.2) Anordnen, einrichten, nach dem Muster des Lat. instituere. Er weiß alle seine Sachen sehr klug anzustellen. Sein Leben nach etwas anstellen. Wie soll ich meine Sachen anstellen? Zuweilen auch in nachtheiliger Bedeutung, für anstiften. Wer hat das angestellet? Ingleichen, etwas mit einem anstellen, verabreden, gleichfalls im nachtheiligen Verstande. Sie haben es mit einander Angestellet. es ist ein angestelltes Spie, ein angestellter Handel.3) In noch weiterer Bedeutung, mit Überlegung die wirkende Ursache von etwas seyn, mit Bedacht und Überlegung hervor bringen; doch nur in einigen wenigen Fällen. Betrachtungen über etwas anstellen. Erlauben sie mir, daß ich eine Vergleichung zwischen mir und ihnen anstelle. Ein Gespräch mit sich selbst anstellen. Einen Versuch anstellen.4) Von der Einrichtung der Geberden, und des ganzen äußern Betragens bey einer Handlung. Er stellt sich sehr ungeschicktbey oder zu dieser Arbeit an. Er stellte sich so dumm dazu an, als nur möglich war. Ich weiß schon, wie er sich in dergleichen Sachen anzustellen pflegt.5) Im Äußern eine Gestalt annehmen, die man nicht wirklich hat, im mittlern Lateine adsimulare. Sich freundlich, zornig anstellen. Er stellt sich an, als wenn er mein Freund wäre. Wie sollt' es wohl in solchen Fällen Noch möglich seyn, sich fühllos anzustellen? Gell. S. auch das einfache Stellen, welches in dieser Bedeutung beynahe üblicher ist.Das Hauptwort die Anstellung kann von der Handlung des Anstellens in allen Bedeutungen gebraucht werden. In einigen Fällen ist indessen auch Anstalt üblich.


Anstemmen (W3) [Adelung]


Anstemmen, S. Anstämmen.


Ansterben (W3) [Adelung]


Ansterben, verb. irreg. neutr. welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird, ( S. Sterben,) durch den Tod eines andern zufallen. Das Lehn, das Gut ist mir angestorben. Hier ist mein eigner Grund, der mir selbst angestorben, Can. Ein angestorbner Grund, Hall. Ehedem waren in dieser Bedeutung auch die Verba besterben, ersterben, anersterben, aufersterben und auf einen sterben üblich. S. Haltaus in den beyden letzten Wörtern, das Brem Nieders. Wörterb. Th. 4. S. 1004. S. Ölrichs Glossar. ad Stat. Brem. v. Besterven, und Frisch v. Sterben.


Ansteuern (W3) [Adelung]


Ansteuern, verb. reg. act. 1) * Für anstämmen, doch nur in einigen Gegenden, besonders Oberdeutschlandes. Sich an einen, oder an etwas ansteuern. 2) In der Schifffahrt, vermittelst des Steuerruders anlenken. Das Schiff ansteuern, an das Land steuern. S. Steuer und Steuern.


Anstich (W3) [Adelung]


Der Anstich, des -es, plur. die -e, 1) Die Handlung des Anstechens, in der eigentlichen Bedeutung des Verbi, doch nur selten und alsdann ohne Plural. 2) Was zuerst von etwas abgestochen wird, gleichfalls nur selten.


Ansticheln (W3) [Adelung]


Ansticheln, verb. reg. act. das Diminutivum von anstechen, so fern solches, mit anzüglichen Worten auf jemanden zielen, bedeutet. Einen ansticheln, im gemeinen leben. Daher die Anstichelung.


Ansticken (W3) [Adelung]


Ansticken, verb. reg. act. nahe an etwas anders sticken. Eine Blume an die andere ansticken. Ingleichen durch Sticken daran setzen. An diese Blume muß noch etwas angesticket werden. So auch die Anstickung.


Anstiefeln (W3) [Adelung]


+ Anstiefeln, verb. reg. act. die Stiefeln anlegen, nur in der vertraulichen Sprechart. Sich anstiefeln.


Anstiften (W3) [Adelung]


Anstiften, verb. reg. act. 1) Von stiften, bauen, in der figürlichen Bedeutung, für veranstalten, der Urheber von etwas seyn, doch alle Mahl mit dem Nebenbegriffe der bösen Absicht. Er stiftet allezeit etwas Böses an. Was hast du wieder angestiftet? Ein Unglück anstiften. Es ist auf dein Anstiften geschehen. 2) Von Stift, d. i. Stachel, anstechen, doch nur in der figürlichen Bedeutung für anreitzen, zu etwas bewegen, gleichfalls nur im nachtheiligen Verstande. Einen zu etwas anstiften. falsche Zeugen anstiften. Kläger wider einen anstiften. In welcher Bedeutung dieses Zeitwort nach dem Latein. instigare gebildet zu seyn scheinet. So auch die Anstiftung in beyden Bedeutungen.


Anstifter (W3) [Adelung]


Der Anstifter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Anstifterinn, plur. die -en, der, oder die etwas anstiftet, oder jemanden zu etwas anstiftet, in beyden Fällen im gehässigen Sinn, so wie das Verbum.


Anstimmen (W3) [Adelung]


Anstimmen, verb. reg. act. anfangen zu stimmen, oder die Stimme hören zu lassen. 1) Den Ton eines Instrumentes hören lassen. Eine Violine, ein Clavier anstimmen. Singt Gott, und stimmt die Saiten an, Opitz Pf. 68. 29 Einen Gesang anfangen. Ein Lied anstimmen. Auf, stimmt, ein frohes Scherzlied an, Haged. Sprichw. Der Esel singt darum schlecht, weil er zu hoch anstimmt. In figürlicher Bedeutung. Heftige Klagen anstimmen. Sie können mit größerer Geschicklichkeit den Ton eines Verliebten anstimmen, Dusch. So auch die Anstimmung.


Anstinken (W3) [Adelung]


Anstinken, verb. irreg. neutr. ( S. Stinken,) mit dem Hülfsworte haben. Eigentlich, seinen Gestank an etwas gehen lassen, mit der vierten Endung. Der Käsen stinkt mich an. Figürlich, einem ein Gegenstand des Ekels, des Abscheues seyn. Egyptens Speise stinkt mich an, Gryph. Und das ausgesuchte stinkt ihm (ihn) an, Hiob. 33, 14. nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. Die Kriegsdienste stinken mich an.


Anstopfen (W3) [Adelung]


Anstopfen, verb. reg. act. heran stopfen, voll stopfen, im gemeinen Leben. Ein Bett mit Federn anstopfen. Sich anstopfen, sich mit Speise anfüllen. Daher die Anstopfung.


Anstören (W3) [Adelung]


+ Anstören, verb. reg. act. von stören, stochern, so nur in den gemeinen Sprecharten für anreitzen, anstiften üblich ist. Einen zu etwas anstören. Engl. to stir. S. Stören.


Anstoß (W3) [Adelung]


Der Anstoß, des -es, plur. die -stöße, von dem folgenden Verbo anstoßen.1. Das Anstoßen, so wohl in den Bedeutungen des Activi, als des Neutrius, ohne Plural. Und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung, das Anstoßen an einen harten Körper. Es irret sie kein Anstoß oder Fall, Opitz Pf. 119, 83. Der Stein des Anstoßes, in der biblischen Schreibart, eigentlich, woran man sich stößet. Warum muß ich dein Stein des Anstoßes seyn? Hiob. 7, 20. nach des Herrn Hofrath Michaelis Übersetzung. 2) Der Anstoß bey den Schneidern, das Zusammennähen zweyer Stücke vermittelst der Anstoßnaht, welche die Stiche in die zwey einander gleich gestoßenen Enden führet, ohne daß sie umgenähet oder mit Hinterstichen zusammen genähet werden. 3) Das Anstoßen im reden. Etwas ohne Anstoß hersagen. Eine Sprache ohne Anstoß sprechen. 4) Die schwache Empfindung des Unschicklichen oder Unerlaubten in den Ausdrücken oder Handlungen eines andern, welche, wenn sie stärker wird, ein Ärgerniß heißt. Das wird Anstoß verursachen. Allen Anstoß zu vermeiden, wollen wir heute nicht tanzen.2. Was an etwas stößet, oder einen anstößet, besonders von Krankheiten. Anstoß von dem Fieber, von dem Podagra haben. in figürlicher Bedeutung, welche aber im Hochdeutschen wenig üblich ist, Anfechtung. Er hat viel Anstöße. Anstoß leiden. Nicht gemeine Anstöße empfinden, Gryph.3. Dasjenige, woran man stößet. Einem einen Anstoß legen. Du sollst vor den Blinden keinen Anstoß setzen, 3. Mos. 19. 14. Ingleichen in figürlicher Bedeutung, dasjenige, was bey andern eine schwache Empfindung des Unschicklichen oder Unerlaubten verursacht. Allen Anstoß vermeiden, eine jede Handlung, welche dergleichen Empfindung bey andern hervor bringen kann. Zuweilen auch dasjenige, was ein Hinderniß in einer Sache verursacht.4. Was an etwas angestoßen, mit demselben verbunden wird. So pflegen einige ein Gebäude, welches an das andere angebauet wird, einen Anstoß zu nennen.

Anm. In der Baselschen Ausgabe des neuen Testaments von 1523, stehet Anstoß unter den unbekannten Wörtern, und wird dabey durch ergerniß, strauchlung erkläret.


Anstoßen (W3) [Adelung]


Anstoßen, verb. irreg. ( S. Stoßen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, und zwar in folgenden Bedeutungen:1. An etwas stoßen, so wohl, 1) eigentlich. Einen mit dem Elbogen anstoßen. Er stieß mich an, und ich erwachte. Ich habe mir den Kopf an die Wand angestoßen. Angestoßenes Obst. Ingleichen, mit der Zunge anstoßen, nehmlich, an die Zähne. Im Reden anstoßen, ein wenig stottern. Als auch, 2) figürlich, für anzünden, doch nur noch in den Bergwerken, wo anstoßen, das vor Ort gesetzte Holz in der Grube anzünden bedeutet. Ehedem muß diese Bedeutung allgemeiner gewesen seyn. Niemand soll in einem Lande brennen und anstoßen, heißt es in einer Stelle, welche Frisch aus Menkens Script. Sax. Th. 1, S. 1193 anführet.2. Mit Stößen näher bringen, an etwas befestigen. Die Erde an die Wand anstoßen. Den Herd anstoßen, in den Schmelzhütten, den Aschenherd mit der Krücke und dem Anstoßkolben fest auf einander stoßen.3. Mit einem Stoße verbinden, doch nur in einigen uneigentlichen Bedeutungen. So sagt man z. B. ein Gebäude an das andere anstoßen, für anbauen. Eine Röhre an die andere anstoßen, ansetzen. Bey den Schneidern bedeutet anstoßen, zwey Stücke Tuch vermittelst der Anstoßnaht zusammen nähen, S. Anstoß.4. Den Anfang einer Sache durch Stoßen, oder Blasen, verkündigen, bey den Jägern, im Gegensatze des Abstoßens. Das Jagen mit den Hiftstößen anstoßen.5. Ein wenig stoßen. So wird an einigen Orten, z. B. in dem Sächsischen Erzgebirge, der aus Hafer- und Rockenmehle zum Brote zubereitete Teig angestoßen oder angefrischet, wenn er zum zweyten Mahle eingesäuert wird.II. Als ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, an etwas angestoßen werden.1. in eigentlicher Bedeutung. Das Schiff hat an einen Felsen angestoßen. Ich stieß im Finstern an und fiel. Im Gehen anstoßen. Das Pferd stößt an, strauchelt.2. Figürlich. 1) Einen Fehler begehen. Er hat in seinem Amte angestoßen. Ein solches Betragen stößet wider die Freundschaft an. Wider die Gesetze anstoßen. 2) Anfallen, doch eigentlich nur von Krankheiten, wie zustoßen. Es stößt ihn ein Fieber an. Es hat ihn eine Krankheit angestoßen. Figürlich, obgleich selten, auch von Unvollkommenheiten, die den Geist befallen. Oft stößt sogar den Geist die Kindheit wieder an, Dusch. Allein es stößet solche Pein mich an, wie Opitz sagt, ist im Hochdeutschen nicht nachzuahmen. 3) Angrenzen. Der Acker stößet an den Weg an. Deutschland stößet gegen Mittag an Italien an. Ein Haus stößet an das andere an. Mein Zimmer stieß an das seinige an. Die anstoßenden Herrschaften, Häuser, Zimmer. Von dieser Bedeutung hat man in einigen Provinzen auch das Hauptwort der Anstößer. In dem 1514 zu Mainz gedruckten Deutschen Livius bedeutet dasselbe einen jeden Nachbar, bey dem Tschudi, einem Schweizerischen Geschichtsschreiber, aber einen, der in einem Lande wohnet, welches an das unsrige anstößet.

Anm. Das Substantiv die Anstoßung könnte in allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden, wenn nicht die Hauptwörter der Anstoß und das Anstoßen in den meisten Fällen üblicher wären. Anastozan kommt schon in den Monseeischen Glossen bey dem Pez in der eigentlichen Bedeutung des Activi vor.


Anstößig (W3) [Adelung]


Anstößig, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Was gern anstößt; nur in Oberdeutschland. Ein anstößiges Pferd, welches leicht strauchelt. 2) * Wo man leicht anstößt; auch nur in einigen Gegenden. So werden die Untiefen in der See auch zuweilen anstößige Örter genannt. 3) * Angestoßen und daher anbrüchig; gleichfalls nur provinziell. Anstößiges Obst. 4) Was Anstoß verursacht, in so fern Anstoß die schwache Empfindung des Unschicklichen bedeutet. Anstößige Worte. Eine anstößige Handlung. Sein Betragen ist mir sehr anstößig gewesen.


Anstößigkeit (W3) [Adelung]


Die Anstößigkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, da etwas anstößig ist, in der vierten Bedeutung, und ohne Plural. Die Anstößigkeit eines Satzes, einer Meinung. 2) Eine anstößige Sache, in eben dieser Bedeutung und mit dem Plural.


Anstoßschiene (W3) [Adelung]


Die Anstoßschiene, plur. die -n, an den Kanonen, lange, dünne Eisen, mit welchen die Lavetenwände eingefasset werden, vermuthlich, damit sie durch das Anstoßen nicht Schaden leiden.


Anstrahlen (W3) [Adelung]


Anstrahlen, verb. reg. act. seine Strahlen an und auf etwas werfen. Sie lag vom Mondschein angestrahlt, Wiel. Figürlich, lebhaft anblicken, besonders auf eine gütige leutselige Art. Ein glücklich Volk wohlthätig anzustrahlen, Schleg. So auch die Anstrahlung.


Ansträngen (W3) [Adelung]


Ansträngen, verb. reg. act. von Strang, daher es mit anstrengen von strenge nicht zu verwechseln ist, vermittelst der Stränge befestigen, oder an Stränge befestigen. Die Pferde ansträngen, anspannen.


Anstrecken (W3) [Adelung]


Anstrecken, verb. reg. act. 1) * Eigentlich ausdehnen, welche Bedeutung aber nur noch in Oberdeutschland üblich zu seyn scheinet, wo man noch sagt, ein Seil anstrecken, für anspannen. 2) + Figürlich, doch nur im gemeinen Leben, wie anstrengen. Einen zur Arbeit anstrecken. Alle seine Kräfte anstrecken. So auch die Anstreckung.


Anstreichen (W3) [Adelung]


Anstreichen, verb. irreg. act. S. Streichen.1. An etwas streichen, streichend auf eine Fläche bringen. Farbe anstreichen, an etwas anstreichen. Daher die figürliche Redensart, einer Sache eine Farbe, oder ein Färbchen anstreichen, sie besser vorstellen, als sie ist. Ihm streicht der eitle Ruhm der Tugend Farben an, Hall. Ingleichen bestreichen. Etwas anstreichen, mit Farben. Die Karpfen anstreichen, sie mit einer gewissen Masse beschmieren, ehe man sie in die Streichteiche setzet, damit sie desto fruchtbarer werden. Sich anstreichen, sich schminken. Einen Ohnmächtigen anstreichen, mit kräftigen Wassern. Man streicht sie kräftig an, kein Balsam will sie stärken, Gell. 2. Mit einem Striche bemerken. Eine Stelle in einem Buche anstreichen. Streichen sie die Stellen mit Bleystift an, Gell. Vermuthlich ist daher auch die figürliche R. A. entlehnet, die aber nur im gemeinen Leben üblich ist, einem etwas anstreichen, ihn dafür züchtigen, es ihm gedenken. Ich will dir das Lügen anstreichen. So auch die Anstreichung. S. auch Anstrich.

Anm. Mit dem Kleide an etwas anstreichen, wird richtiger anstreifen geschrieben und gesprochen, obgleich beyde Verba aus Einer Quelle herstammen.


Anstreifen (W3) [Adelung]


Anstreifen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. An etwas anstreifen, es streifend berühren, im Vorbeygehen daran stoßen. Daher die Anstreifung.


Anstrengen (W3) [Adelung]


Anstrengen, verb. reg. act. von strenge, scharf anziehen oder ausdehnen, doch nur figürlich, einen hohen Grad der Kraft, der Bemühung anwenden. Alle Kräfte zu etwas anstrengen.Seinen Verstand anstrengen. Ingleichen einen hohen Grad der Kräfte anwenden machen. Das Gesinde zur Arbeit anstrengen. Die Pferde anstrengen. Man muß die Köpfe junger Leute nicht zu sehr anstrengen. Lange Anstrengungen des Verstandes.


Anstrich (W3) [Adelung]


Der Anstrich, des -es, plur. die -e, von anstreichen. 1) Die Handlung des Anstreichens; ohne Plural. Der Anstrich der Farben, eines Ohnmächtigen. Noch mehr aber, 2) dasjenige, was angestrichen wird, oder angestrichen worden. Ein weißer, ein rother Anstrich, d. i. Schminke. Bey den Zinngießern ist es dasjenige, womit die Formen bestrichen werden, damit sich das Zinn nicht anhänge. In figürlicher Bedeutung, dasjenige, wodurch man eine Sache von außen besser vorzustellen sucht, als sie ist. Er glaubt genug gethan zu haben, wenn er seinen Handlungen einen guten Anstrich gibt. Er überziehet seine Erdichtungen mit einem glänzenden Anstriche der Wahrscheinlichkeit. Allein kein Anstrich soll der Unschuld Farben leihn, Weiße. 3) Der Ort, wo etwas angestrichen worden. Die Jäger nennen den Thauschlag, oder die Fährte des Hirsches des Morgens früh im Thaue, auch den Anstrich, weil man daselbst stehet, wie er mit den Füßen an das Gras angestrichen hat; wo aber anstreichen für anstreifen stehet, indem es eigentlich der Anstreif heißen sollte, welches Wort aber nicht gewöhnlich ist.


Anstricken (W3) [Adelung]


Anstricken, verb. reg. act. durch Stricken ansetzen. Ein Stück an ein Netz anstricken. Ingleichen durch Stricken verlängern. Ein Paar Strümpfe anstricken. So auch die Anstrickung.


Anströmen (W3) [Adelung]


Anströmen, verb. reg. 1. Neutrum mit haben, nahe an etwas anströmen, es mit seinem Strome berühren. Der Fluß strömet an die Stadt an, welcher Gebrauch aber selten ist. 2. Activum, heran strömen, strömend ansetzen. Ein Land, welches der Fluß angeströmet hat. S. auch Anflößen, Anschwemmen, Anschütten, Anspülen. Daher die Anströmung.


Anstücken (W3) [Adelung]


Anstücken, verb. reg. act. stückweise oder als ein Stück ansetzen, besonders bey den Schneidern und Nähterinnen. Hier muß noch etwas angestücket werden. So auch die Anstückung, und das Diminutivum anstückeln, kleine Stücke ansetzen.


Anstudiren (W3) [Adelung]


Anstudiren, verb. reg. act. durch Studiren erlangen, doch nur im Scherze. Der große Mann Legt die Systemata und seinen Ernst bey Seite, Studirt sich heitre Mienen an, Und sorgt, daß jede viel bedeute, Giseke.


Anstürmen (W3) [Adelung]


Anstürmen, verb. reg. act. an etwas stürmen; figürlich, mit Ungestüm anpochen.


Anstützen (W3) [Adelung]


Anstützen, verb. reg. act. an etwas stützen, oder lehnen. Sich an etwas anstützen. Daher die Anstützung.


Ansuchen (W3) [Adelung]


Ansuchen, verb. reg. act. mit Anführung der Gründe von einem Höhern bitten, da denn die Person, an welche die Bitte gerichtet ist; die Präposition bey, die Sache aber um bekommt. Um etwas bey einem ansuchen. Er hat um ein Amt, um einen Gehalt, um einen Erlaß angesucht. Daher das Ansuchen. Jemandes Ansuchen unterstützen. Es ist auf sein Ansuchen geschehen. Ingleichen die Ansuchung. Ansuchung um etwas thun, darum ansuchen.

Anm. das einfache suchen, bey dem Ulphilas sokjan, Angels. secan, bedeutete außer quaerere, auch bitten. Auch die Schweden gebrauchen nicht nur ansökan für bitten, sondern es bedeutet bey ihnen auch besöka, so wie das Engl. beseech, eben so viel wie bitten.


Ansud (W3) [Adelung]


Der Ansud, des -es, plur. inusit. von ansieden, bey den Färbern, die Vorbereitung der Wolle durch Sieden zur Annehmung der Farbe. In den gemeinen Sprecharten auch Ansod.


Ant (W3) [Adelung]


Ant -, ein altes Vorwort, welches nur noch in der ersten Sylbe der beyden Wörter Antlitz und Antwort vorkommt, übrigens aber mit dem untrennbaren Vorworte ent - einerley ist, welches siehe.


Antagonist (W3) [Adelung]


+ Der Antagonist, des -en, plur. die -en, ein ohne alle Noth aus dem Griech. Lat. Antagonista erborgtes Wort, den Gegner oder Gegentheil zu bezeichnen.


Antakeln (W3) [Adelung]


Antakeln, verb. reg. act. in der Schifffahrt, ein Schiff antakeln, dasselbe mit dem gehörigen Takelwerke und andern Zubehör versehen; es ausrüsten, im Gegensatze des Abtakelns. Nieders. takeln, betakeln. Daher die Antakelung.


Antal (W3) [Adelung]


Das Antal, S. Anthal.


Antasten (W3) [Adelung]


Antasten, verb. reg. act. 1) Eigentlich, mit der vollen Hand anrühren. Einen antasten, etwas antasten; in welcher eigentlichen Bedeutung dieses Zeitwort in der Hochdeutschen Sprache des Umganges und des gemeinen Lebens wenig mehr vorkommt. 2) Figürlich. (a) Auf eine gewaltthätige, feindselige Art berühren, so wie angreifen. Einen mit Worten antasten. Da soll er lernen, was das heißt, ehrliche Leute bey ihrem guten Nahmen antasten, Cron. (b) Bestreiten, zweifelhaft machen, besonders wenn solches ohne hinlängliche Gründe geschiehet. Die Gewißheit einer Geschichte antasten. S. Tasten. In einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden bedeutete antasten ehedem auch, so wie anfangen, so viel als vindiciren. So auch die Antastung.


Änte (W3) [Adelung]


Die Änte, plur. die -n, Diminutivum Äntchen, Oberdeutsch Äntlein, ein bekannter Wasservogel mit geradem Schnabel; Anas Boschus, L. welcher theils unter die zahmen, theils aber auch unter die wilden Vögel gehöret. Von den letztern gibt es viele Unterarten, welche unter ihren besondern Nahmen aufzusuchen sind. Besonders führet den Nahmen Änte das Weibchen dieses Vogels, im Gegensatze des Änterichs oder Antvogels. Sprichw. Die Änte träget ihr Recht auf dem Buckel, d. i. wenn meines Nachbars Änten mir Schaden thun, so habe ich das Recht, sie todt zu schlagen.

Anm. In Niedersachsen und den gemeinen Oberdeutschen Mundarten heißt dieser Vogel Aante, in Lübeck Ahn', welches mit dem Schwed. Ancka überein kommt, und eigentlich der Nahme der zahmen, so wie And der wilden Änten ist. Die älteste Spur von diesem Nahmen finden wir in dem Griech - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches am richtigsten von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, nato, ich schwimme, hergeleitet wird, weil kein Vogel das Wasser so sehr liebt als dieser. Das vorgesetzte A ist vermuthlich der alte Artikel, der mit der Zeit ein nothwendiger Theil des Wortes geworden ist, S. A und Ein. Das Latein. Anas, anatis, hat denselben so wohl als alle übrige Europäische Mund- und Spracharten. In dem Salischen Gesetze heißt dieser Vogel Aneta, bey den Angelsachsen Ened, Ital. Anatia, alt Franz. Anette. Man siehet hieraus zugleich, daß diejenigen, welche dieses Wort Ente schreiben, so wohl die Abstammung, als auch den fast beständigen Gebrauch des Altherthums wider sich haben; obgleich nicht zu läugnen ist, daß sich das E, wenigstens in einige und besonders Oberdeutsche Mundarten, schon frühe eingeschlichen hat, indem Eneta schon in den Capitular. Carls des Großen, und Enti, anates, in den Glossen bey dem Pez vorkommt. Dagegen wird in dem Schwabenspiegel dieser Nahme ganz richtig aente geschrieben. In einigen Gegenden, z. B. um Danzig, werden die zahmen Änten von ihrer heisern Stimme auch Kätschen und Hatschen genannt, obgleich der ersteNahme von andern einer besondern Art wilder Änten beygeleget wird; S. Kätschänte.


Äntenadler (W3) [Adelung]


Der Äntenadler, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner Adler mit dunkelblauen Federn und einigen weißen Flecken, der Änten und andere Wasservögel fänget, und auch Äntenhabicht, Äntenstößer und Schelladler genannt wird.


Äntenbeitze (W3) [Adelung]


Die Äntenbeitze, plur. die -n, das Beitzen wilder Änten, oder der Fang derselben mit Habichten.


Äntenbrut (W3) [Adelung]


Die Äntenbrut, plur. die -en, S. Äntenmuschel.


Äntendunst (W3) [Adelung]


Der Äntendunst, des -es, plur. car. bey den Jägern, viereckiger Hagel, womit man die wilden Änten schießet, und welcher auch Äntenhagel, ingleichen Hagelschrot genannt wird.


Äntenfang (W3) [Adelung]


Der Äntenfang, des -es, plur. die -fänge. 1) Der Fang wilder Änten; ohne Plural. 2) Der Ort, wo selbige gefangen werden.


Äntenfänger (W3) [Adelung]


Der Äntenfänger, des -s, plur. ut nom. sing. ein Jäger, der vornehmlich zum Fange wilder Änten bestimmet ist. In einigen Gegenden führet auch der Ort, wo dieser Fang geschiehet, diesen Nahmen.


Äntenflott (W3) [Adelung]


Das Äntenflott, des -es, plur. inusit. S. Äntengrün.


Äntenflug (W3) [Adelung]


Der Äntenflug, des -es, plur. die -flüge, ein Flug oder Haufe wilder Änten.


Äntengras (W3) [Adelung]


Das Äntengras, des -es, plur. inusit. eine Grasart, welche unter die Schwingelarten gehöret; Festuca fluitans, L. Es blühet in den Wassergräben und Sümpfen, ist ein gutes Futtergras, und bringt den so genannten Schwaden oder die Mannagrütze, welche nicht nur für Änten und andere Wasservögel, sondern auch für Menschen eine angenehme Speise ist; daher es auch Schwadengras, Mannagras und Mannaschwingel genannt wird.


Äntengrün (W3) [Adelung]


Das Äntengrün, genit. indecl. des Äntengrün, plur. car. oder die Äntengrütze, plur. car. ein meisten Theils Niedersächsischer Nahme derjenigen Wasserpflanze, welche den Hochdeutschen unter den Nahmen Meerlinsen und Wasserlinsen bekannter ist; Lemna minor, L. S. Meerlinsen. Die letzte Hälfte des Nahmens Äntengrütze, oder, wie er in einigen Gegenden lautet, Äntengries, ist dem Frisch zu Folge, aus dem Holländ. Kroos, Gras, entstanden, mit welchem Nahmen die Holländischen Schiffer alles Grüne, welches auf dem Wasser wächset, zu belegen pflegen. Da aber die Niedersachsen diese Pflanze auch Aantekrund nennen, so kann auch hieraus leicht Grütze geworden seyn. Übrigens heißet diese Pflanze in Niedersachsen auch Äntenflott oder Antflott, im Hannöverischen Marlen, im Dän. Aandemad. Sie wird von den Änten und Gänsen begierig gesucht.


Äntenhabicht (W3) [Adelung]


Der Äntenhabicht, des -es, plur. die -e, S. Äntenadler. Schon in den Gesetzen der alten Baiern kommt der Nahme Anetapich vor; in dem Schwabenspiegel, Kap. 334. aber wird er umschrieben, ein habich der den antvogel vahet.


Äntenhagel (W3) [Adelung]


Der Äntenhagel, des -s, plur. inusit. S. Äntendunst.


Äntenhund (W3) [Adelung]


Der Äntenhund, des -es, plur. die -e, ein kleiner Hund, der zum Fange der wilden Änten abgerichtet ist.


Äntenmuschel (W3) [Adelung]


Die Äntenmuschel, plur. die -n, eine fünfschalige Muschel, welche Linne unter dem Nahmen Lepas beschreibet, andere aber zu den Pholaden rechnen. Sie hänget sich nach Art der Seewürmer gern an Bäume und alles Holzwerk an, daher man geglaubt, sie wachse auf Bäumen, und es entständen Änten daraus. Zu der letzten Erdichtung hat vielleicht nur der Nahme Anlaß gegeben, den diese Muschel von ihrer stumpfen Spitze, die einem Äntenschnabel gleichet, empfangen haben kann. Sonst wird sie auch Äntenbrut, Concha anatifera, und die Schottländische Muschel genannt, weil sie an den Schottländischen Küsten häufig angetroffen wird.


Äntenpfuhl (W3) [Adelung]


Der Äntenpfuhl, des -es, plur. die -pfühle, ein Teich aus welchem man hält; ingleichen ein Pfuhl, neben welchem sich ein Vogelherd befindet, wo wilde Änten gefangen werden.


Äntenruf (W3) [Adelung]


Der Äntenruf, des -es, plur. die -rüfe, bey den Jägern, eine kleine Pfeife, womit man den Laut der wilden Änten nachahmet, uns sie damit herbey locket.


Äntenschlag (W3) [Adelung]


Der Äntenschlag, des -es, plur. die -schläge, die Jagd wilder Änten, für Äntenjagd.


Äntenschnabel (W3) [Adelung]


Der Äntenschnabel, des -s, plur. die -schnäbel, eine zweyschalige, zwey Mahl gewundene Muschel, welche oben und unten geöffnet ist, und einem Äntenschnabel nicht unähnlich siehet; Solen. Besonders diejenige Art derselben, welche dickschälig und kurz ist, und bey dem Rumph Solen rectus, brevissimus crassissimusque heißt.


Äntenstößer (W3) [Adelung]


Der Äntenstößer, des -s, plur. ut nom. sing. ein Nahme aller derjenigen Raubvögel, welche auf Änten stoßen, besonders aber des Äntenadlers; S. dieses Wort.


Änterich (W3) [Adelung]


Der Änterich, des -es. plur. die -e, das Männchen unter den Änten, welches auch der Antrich, Anter und Antvogel genannt wird, obgleich der letztere Nahme an andern Orten von dem ganzen Geschlechte der Änten überhaupt gebraucht wird.

Anm. Die letzte Sylbe rich ist wohl nicht die bloße Alemannische unbedeutende Verlängerung für Anter, wie Frisch behauptet, sondern das zusammen gezogene alte Drake, ein Mann, von welchem das Anfangs-D von dem vorher gehenden t verschlungen worden. Es erhellet dieses daraus, weil der Änterich nicht nur im Schwed. Andrake, sondern im Hannöverischen auch nur schlechthin Drake, und im Engl. Drake, d. i. der Mann, genannt wird. Übrigens heißt er in Pommern und andern Niedersächsischen Gegenden der Erpel, welches mit dem Latein. Verpa überein zu kommen scheinet; im Osnabrickischen Wyk, in Preußen und um Bremen Warte, ohne Zweifel von dem alten War, Ur, Goth. Wair, Angels. Wer, Latein. Vir, ein Mann, S. Wärwolf; im Meklenburgischen Wetick; im Lateine der mittlern Zeiten Anetarius, welches mit dem Deutschen Anter überein stimmet, und, im Schwedischen auch Anckebonde, gleichsam der Äntenmann.


Anthal (W3) [Adelung]


Das Anthal, des -es, plur. die -e, ein Ungarisches Weingemäß, welches ungefähr so viel als ein Eimer ist, genau bestimmt aber, 2536 Pariser Cubik-Zoll, oder 44 28/57 Berliner Maß, 52 3/8 Dresdener, und 45 2/7 Leipziger Kannen hält. Im gemeinen Leben schreibet und spricht man dieses Wort auch Andal und Antal. Frisch schreibet es Antheil, und rechnet es zu Theil. Allein es stehet noch zu untersuchen, ob es nicht vielmehr ein Ungarisches Wort ist, weil es doch nur allein vom Ungarischen Weine gebraucht wird.


Antheil (W3) [Adelung]


Der Antheil, des -es, plur. die -e, ein Theil eines Ganzen, in Beziehung auf dessen Besitzer. 1) In eigentlicher Bedeutung, der Theil eines körperlichen Ganzen, so fern er jemanden angehöret oder bestimmt ist; durch welche Einschränkung es sich von dem bloßen Theil unterscheidet. Mein Antheil an der Erbschaft. Der Antheil der Kinder, oder der Pflichttheil. Er hat noch einen Antheil an dem Hause. Er hat seine zwey Antheile an dem Gute verschenket. In den Bergwerken bedeutet Antheil so viel als ein Bergtheil oder Kur; in andern Fällen nennet man es eine Actie. 2) In figürlicher Bedeutung (1) Alles dasjenige, was uns von der Vorsehung oder der Natur mitgetheilet worden. Er thut sich den ärgsten Zwang an, die Fröhlichkeit und die Freude, diesen schönen Antheil des Menschen für nichts zu halten. Der Stolz ist nicht bloß ein Antheil kleiner Seelen. Danke dem Himmel für dein gutes Herz; es ist der liebste Antheil seiner Wohlthaten. (2) Die thätige Verbin-dung mit Dingen außer uns. Vielen Antheil an den großen Weltbegebenheiten haben. (3) Dasjenige, was man bey Dingen außer sich empfindet. Ich nehme Antheil an deiner Betrübniß, sie gehet auch mir zu Herzen. Ich nehme an eurem Glücke den aufrichtigsten Antheil, Weiße, ich freue mich aufrichtig darüber. Ich nehme keinen Antheil an der ganzen Sache, bekümmere mich nicht darum, sie gehet mich nichts an. Sie nimmt noch gar zu vielen Antheil an den Begebenheiten der Lebendigen, als daß ich ihren baldigen Abschied von der Welt besorgen sollte, Gell.

Anm. Der Plural ist nur in der ersten eigentlichen Bedeutung üblich. Da das einfache Theil bald im männlichen, bald im ungewissen Geschlechte gebraucht wird, so widerfähret solches auch dem zusammen gesetzten Worte Antheil. Der Unterschied rühret vermuthlich aus den Deutschen Mundarten her. In der Niedersächsischen ist Deel, Theil, und alle damit zusammen gesetzte Wörter ungewissen, in der Oberdeutschen aber am häufigsten männlichen Geschlechtes; da nun Antheil in der Bedeutung des Theiles einer Erbschaft am häufigsten in Niedersachsen vorkommt, so hat sich auch in derselben das ungewisse Geschlecht mit im Hochdeutschen eingeschlichen. Daraus lässet sich nun aber wohl nicht die Regel machen, das Theil, Antheil u. s. f. von körperlichen Dingen gebraucht, ungewissen, von Werken des Geistes aber, männlichen Geschlechtes sey. S. Theil.


Anthologie (W3) [Adelung]


Die Anthologie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griech. und Lat. Anthologia, welches eigentlich eine Sammlung von Blumen bedeutet, eine Sammlung von auserlesenen Gedichten, oder auch der besten Stellen aus einem oder mehrern Schriftstellern; im Deutschen zuweilen auch die Blumenlese.


Anthropologie (W3) [Adelung]


Die Anthropologie, (fünfsylbig,) plur. die -n, (sechssylbig,) aus dem Griech. und Lat. Anthropologia. 1) Die Lehre von dem Menschen, seinen Theilen und Verhältnissen, so wohl im theologischen, als physischen und moralischen Verstande; ohne Plural. 2) Ein Buch, welches diese Lehre enthält; mit dem Plural. Daher anthropologisch, in dieser Lehre gegründet.


Anthun (W3) [Adelung]


Anthun, verb. irreg. act. S. Thun, sein Thun, d. i. seine Handlungen auf einen gewissen Gegenstand richten; ein Verbum, welches eigentlich von sehr weiter Bedeutung ist, jetzt aber nur noch in einigen wenigen Fällen gebraucht wird. 1) Für anlegen, ankleiden, so wohl von der Kleidung überhaupt, als von einzelnen Kleidungsstücken. Sich anthun. Sind sie noch nicht angethan. Ein neues Kleid, die Schuhe, das Hemd u. s. f. anthun. Aber auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, außer daß das Mittelwort angethan noch zuweilen in der höhern Schreibart vorkommt. Mit gewebter Luft leicht flatternd angethan, Wiel. 2) Für zufügen, erweisen. Einem eine Ehre, Schimpf und Schande, Unrecht, Herzeleid anthun. Wenn sie nur die Gewalt hätten sehen sollen, die sie ihrem Herzen anthat, Gell. Sie sehen wohl, daß ich mir ihnen zu Liebe etwas Zwang anthue, ebend. Vielleicht thut ihnen meine Gegenwart einigen Zwang an, ebend. Sie thun mir recht viel Ehre an, ebend. Einem alles gebrannte Herzeleid anthun, im gemeinen Leben. Den Gratulant verdroß die angethane Schmach, Zach. Man hat mir hier alle Höflichkeit angethan. Er thut uns allen ersinnlichen Verdruß an. Einem den Tod anthun, und sich den Tod anthun, ist nicht mehr üblich; im gemeinen Leben sagt man indessen noch: sich ein Leid, oder ein Leides anthun, für, sich um das Leben bringen. Noch niedriger ist derjenige Gebrauch dieses Zeitwortes, da es so viel als anzaubern bedeutet; es ist ihm angethan, oder sie hat es ihm angethan. Schier komm' ich auf den Wahn, Wenn ich ihr lang ins Auge seh, Sie hat mirs angethan, singt der Bauer bey dem Hagedorn.

Anm. Das Niedersächsische andoon bedeutet außer dem noch anlanden, einlaufen, de Weser andoon, in die Weser einlaufen, 't Land andoon, anlanden.


Antichambre (W3) [Adelung]


+ Die Antichambre, (sprich Antischamber,) plur. die -n, ein ohne Noth aus dem Französischen entlehntes Wort, für Vorzimmer, Vorgemach.


Antichrist (W3) [Adelung]


Der Antichrist, des -en, plur. die -en, ein biblischer Griechischer Ausdruck, einen jeden öffentlichen Widersacher Christi und der wahren christlichen Kirche zu bezeichnen. Luther gebrauchte dafür das verstümmelte Endschrift, spätere Schriftsteller übersetzten es durch Widerchrist, aber ohne Analogie und Beyfall.


Antik (W3) [Adelung]


Antik, -er, -este, adj. et adv. aus dem Französ. antique. 1) + Alt, nicht neu; in welcher Bedeutung es völlig überflüssig ist. 2) + Veraltet, altväterisch; gleichfalls ohne Noth. 3) Noch aus den schönen Zeiten der Griechen und Römer her. Dieser Kopf ist wirklich antik, echt Griechisch, oder echt Römisch.


Antike (W3) [Adelung]


Die Antike, plur. die -n, von dem Französ. Antique, ein Ausdruck, welchen man in den neuern Zeiten eingeführet hat, diejenigen Werke der bildenden Künste zu bezeichnen, welche uns aus den schönen Zeiten Griechenlandes und Roms noch übrig geblieben sind. Man nennet diese Überreste auch Alterthümer, obgleich dieses Wort von einem weit größern Umfange der Bedeutung ist.


Antimonium (W3) [Adelung]


Das Antimonium, S. Spießglas.


Antipathie (W3) [Adelung]


Die Antipathie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griech. und Lat. Antipathia, das widrige Verhältniß zwischen der Empfindung eines Menschen und der Vorstellung von einem gewissen Gegenstande, im Gegensatze der Sympathie; und in weiterer Bedeutung eine jede heftige und gleichsam natürliche Abneigung von etwas. Eine Antipathie gegen etwas haben, bey sich empfinden. Zwischen mir und ihm herrschet eine sehr heftige Antipathie.


Antipode (W3) [Adelung]


Der Antipode, des -n, plur. die -n, aus dem Griech. und Lat. Antipodes, in der Geographie, Menschen, welche auf der andern Seite der Erdkugel wohnen, und daher ihre Füße gegen die unsrigen gekehret haben. Figürlich, eine Person oder Sache, welche einer andern gerade entgegen gesetzet ist. Man hat dafür in beyden Bedeutungen das Wort Gegenfüßler gebraucht, welches aber unrein ist, weil Füßler von Fuß ungewöhnlich ist.


Antiquar (W3) [Adelung]


Der Antiquar, des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Antiquarius. 1) Derjenige, welcher mit alten Büchern handelt. 2) Ein Liebhaber und Kenner der Alterthümer, ein Alterthumskundiger, Alterthumsforscher.


Antithese (W3) [Adelung]


Die Antithese, plur. die -n, aus dem Griech. und Latein. Antithesis, der Gegensatz; S. dieses Wort.


Antlaß (W3) [Adelung]


* Der Antlaß, S. Ablaß.


Antlitz (W3) [Adelung]


Das Antlitz, des -es, plur. die -e, eine Benennung des Angesichtes, welche aber im gemeinen Leben nicht mehr üblich ist, sondern nur in der höhern Schreibart gebraucht wird, besonders von dem Angesichte solcher Personen, welchen man Ehrerbiethung schuldig ist. Umsonst umfloß der Himmel, mit Sternen übersät, Ihr hingebücktes Antlitz in heller Majestät, Dusch. Und wenn sie im SchlummerIhren Geliebten noch steht, beugt sie sich über sein Antlitz, Zach. In Luthers Bibel kommt dieses Wort sehr häufig, und oft mit Hebraismen vor, welche außer der biblischen Schreibart nicht nachgeahmet werden dürfen.

Anm. Antlitz lautet im Niedersächs. Antlaat und Antlaut, bey den Gothen Andawleiz, und Wlits, bey dem Isidor Anthlutt, bey dem Ottfried, Tatian und Willeram, Anluzzi, Anluza, Anluz, Antluzze, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter Antluozze, bey dem Stryker Antlitz, bey den Angelsachsen Andwlite, bey den Isländern Andlite, bey den Schweden Anlete, und bey den Dänen Anled. Die letzte Sylbe dieses Wortes ist von dem alten litan, sehen, welches bey den Gothen und Angelsachsen wlitan lautete, und womit so wohl das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, als auch das Lat. vultus, ingleichen das Hochdeutsche lassen, und Nieders. laten, in der Bedeutung des Scheinens, überein kommen. Selbst in den Slavonischen Mundarten finden sich Spuren von diesem alten Zeitworte; denn das Russische Litza, und Lischtsche, das Angesicht, das Bömische Lice, die Wangen, und Oblitschei, das Gesicht, das Krainische Oblizhje und Polnische Oblieze, beyde das Gesicht, können die Ähnlichkeit mit litan, sehen, wohl schwerlich verläugnen. S. auch Blitz. Was die erste Sylbe betrifft, so hält man sie gemeiniglich für das veraltete Vorwort ant oder ent, gegen, wider, ( S. Ent-,) welches noch in diesem Worte und in Antwort sein altes a behalten hat. Allein, da sich dasselbe hier nicht ohne einen merklichen Zwang erklären lässet, so scheinet das Vorwort an sich besser hierher zu schicken, zumahl da das Schwedische und Dänische. Anlete, und Anled hier gleichfalls kein t erkennen, welches in den übrigen Mundarten das t euphonicum seyn kann, welches dem n in mehrern Fällen nachgesetzet wird. Antlitz würde also denjenigen Theil des Körpers bedeuten, mit welchem man die Gegenstände ansiehet.


Anton (W3) [Adelung]


Anton, ein Mannsnahme, aus dem Latein. Antonius, der in dem Munde des großen Haufen in Tonjes, Tönjes, Tenge und Dinge verwandelt wird.


Antonius-Feuer (W3) [Adelung]


Das Antonius-Feuer, oder St. Antons-Feuer, des -s, plur. car. ein Nahme derjenigen Entzündung an den äußern Theilen des menschlichen Körpers, welche auch die Rose, der Rothlauf, das Feuer, das heilige Feuer, und Latein. Erysipelas genannt wird. Bey dem Pictorius führet sie den Nahmen St. Antons-Rache. Der Ursprung dieses Nahmens fällt in das 11te und 12te Jahrhundert, da diese Krankheit gewisser Maßen epidemisch war, und, dem Vorgeben nach, von dem heiligen Anton am kräftigsten und geschwindesten geheilet wurde. Man stiftete daher auch ihm zu Ehren und zum Troste dieser Kranken um das Jahr 1093 den Orden des heiligen Antonius, welcher der Regel Augustini folgte, sich aber niemahls weit ausgebreitet hat. S. Feuer, Rose und Rothlauf.


Antonius-Kreuz (W3) [Adelung]


Das Antonius-Kreuz, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein Kreuz, welches einem Latein. T gleichet, und an welchem der heil. Anton gekreuziget seyn soll.


Antrag (W3) [Adelung]


Der Antrag, des -es, plur. die -träge, die Handlung des Antragens in der figürlichen Bedeutung, und dasjenige was angetragen wird. Einem einen Antrag thun, ober machen. Dieser Antrag gefällt mir nicht. Es sind mir schon mehr dergleichen Anträge geschehen. Einen Antrag verwerfen, annehmen, eingehen.


Antragen (W3) [Adelung]


Antragen, verb. irreg. act. S. Tragen. 1) * An sich tragen, von Kleidungsstücken. Asta trug den Leibrock an, 1. Sam. 14, 13. Weil er das Fleisch anträget, muß er Schmerzen haben, Hiob 14, 22. Welche Bedeutung im Hochdeutschen aber völlig veraltet ist, ob sie sich gleich im Oberdeutschen noch erhalten hat. 2) Heran tragen, hinan tragen und zwar, (1) in eigent- licher Bedeutung, welche nur noch in dem Bergbaue vorkommt, wo antragen, die verfertigte Zimmerung an den gehörigen Ort tragen und zusammen setzen bedeutet. (2) Figürlich. (a) In Vorschlag bringen, mit der Präposition auf. Auf etwas antragen. Gleichwie aber seine Churfürstl. Durchl. schon vorlängst darauf angetragen haben, daß u. s. f. In welcher Bedeutung es vornehmlich in den Kanzelleyen gewöhnlich ist, wo es auch wohl überhaupt so viel als veranstalten bedeutet; z. B. außer dem in Ungarn angetragen großen Lager. Ihr habt demnach dahin anzutragen, daß diese Sache unverzüglich geschehe. (b) Anbiethen, doch nur von wichtigen Gegenständen, welcher Nebenbegriff in dem Worte tragen liegt. Einem ein Amt, eine Bedienung antragen. Er trug mir sein Haus, seine Freundschaft an. Es ist ihr eine vortheilhafte Heirath angetragen worden. So auch die Antragung.

Anm. Außer diesen Bedeutungen kommt antragen in Oberdeutschland noch für anklagen vor, ingleichen, für genau, sparsam eintheilen. Man muß es antragen, zu Rathe halten. In der Bedeutung, des Vorschlagens sagte man ehedem auch, mit einem antragen, wovon bey dem Frisch ein Beyspiel anzutreffen ist.


Antrauen (W3) [Adelung]


Antrauen, verb. reg. act. vermittelst der Trauung mit jemanden verbinden. Einem eine Frau antrauen. Sie ist ihm angetrauet. Im mittlern Lateine affidare, Franz. affier. So auch die Antrauung.


Anträumen (W3) [Adelung]


Anträumen, verb. reg. act. ohne Grund und Wahrscheinlichkeit von jemanden behaupten, mit dem Dative der Person. Man hat dem ersten Menschen viele Weisheit angeträumet.


Antreffen (W3) [Adelung]


Antreffen, verb. irreg. act. S. Treffen, an einen oder etwas treffen, auf seinem Wege an etwas gerathen. 1) Eigentlich, durch einen Zufall finden, vornehmlich von Gegenständen von einiger Größe. Ich habe ihn auf dem Wege angetroffen. Er läßt sich nirgends antreffen. Du wirst ihn zu Hause antreffen. Er läßt sich heute zu Hause antreffen, er befindet sich heute zu Hause. Ich habe ihn auf frischer That angetroffen. Wir haben kein Wild im Walde angetroffen. Ich wünschte das Haus in dieser Straße anzutreffen. Ich traf ihn schlafend an, gleich zwischen diesen Bäumen, Gell. Ich habe in diesem Lande eine große Wüsteney angetroffen. Der Nebenbegriff so wohl des Zufalles, als auch der Größe der gefundenen Sache, liegt in dem Worte treffen. Wird antreffen oft und ohne Tadel in solchen Fällen gebraucht, wo ein Suchen vorher gegangen ist, z. B. ich habe ihn lange gesucht, endlich traf ich ihn auf der Gasse an: so rühret solches daher, weil auch dabey ein Zufall angenommen werden kann und muß. Nur von kleinen Gegenständen wird antreffen, so viel ich weiß, nie gebraucht. So sagt man nicht, eine Stecknadel, einen Beutel mit Geld u. s. f. antreffen, sondern finden, so groß auch der Zufall dabey seyn mag. 2) * Figürlich, für betreffen, oder anlangen. Das Verboth trifft alle andere an, aber dich nicht, Stücke in Esth. 4, 8. Es trifft Leib und Leben an. Es trifft nur wenige Groschen an. Diese Bedeutung, welche in Oberdeutschland noch gänge und gebe ist, ist im Hochdeutschen größten Theils veraltet, wo man in diesem Falle lieber betreffen oder angehen gebraucht; S. dieses Wort.Daher die Antreffung in der ersten eigentlichen Bedeutung des Verbi.


Antreiben (W3) [Adelung]


Antreiben, verb. irreg. ( S. Treiben,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1 Anfangen zu treiben, in welcher Bedeutung es nur noch in den Hüttenwerken vorkommt, das Werk auf dem Treibeherde in den Fluß bringen, welches vermit-telst des Antreibeholzes geschiehet. 2. Hinan treiben. Einen Reif an dem Fasse antreiben, ihn höher hinauf, folglich auch fester an dem Fasse antreiben. Ingleichen, heran treiben. Eine Holzflöße an das Land antreiben. Ein Schiff antreiben. 3. Wie das einfache treiben, so daß das Vorwort an, die Bedeutung nur verstärkt, durch physische Mittel zu etwas treiben; und zwar, 1) in eigentlicher Bedeutung. Die Pferde, die Ochsen antreiben. Einen mit Schlägen zur Arbeit antreiben. Er muß immer angetrieben werden. 2) Figürlich, durch sittliche Bewegungsgründe in einem hohen Grade reitzen. Er wurde durch die Ehrbegierde hierzu angetrieben.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, heran getrieben werden, doch nur von Sachen, die sich selbst überlassen auf dem Wasser schwimmen. Das Eis treibt an die Brücke an. Die Flöße ist an das Land angetrieben. Ingleichen mit dem Verbo kommen. Das Eis kommt angetrieben, doch nur im gemeinen Leben.Daher die Antreibung in den eigentlichen Bedeutungen des Activi.


Antreten (W3) [Adelung]


Antreten, verb. irreg. ( S. Treten,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Eine Sache durch Treten der andern nahe bringen, oder mit der andern verbinden. Erde an einen Baum antreten. 2. Nahe an etwas treten, doch nur in einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Einen antreten, zu ihm treten, um etwas bey ihm anzubringen. Einen um etwas antreten, bitten. Der Herzog tritt sie an und sagt, Less. 2) Anfangen, doch nur in einigen eingeführten Fällen, und mit ausdrücklicher Beyfügung der Sache, welche angefangen wird. (a) Von dem Anfange eines Geschäftes. Eine Reise antreten. Einen Weg, d. i. eine Reise, antreten. Eine Unterhaltung, ein Geschäft antreten. (b) Von der Besitznehmung einer Sache. Ein Amt, einen Dienst, eine Bedienung antreten. Die Regierung antreten. Eine Erbschaft, ein Lehn antreten. (c) Von dem Anfange einer Zeit. Ein neues Jahr antreten. Eine neue Woche antreten. Das funfzigste Jahr seines Alters antreten. Ehedem war antreten in dieser Bedeutung in weit mehrern Fällen üblich, und in Oberdeutschland sagt man noch jetzt: einen Tanz, einen Reihen, einen Sturm antreten u. s. f. wo man im Hochdeutschen lieber anfangen gebraucht.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, nahe an etwas treten. Ich bin nahe an die Wand angetreten. Ingleichen, heran treten, auf welche Art die Vogelschützen dieses Verbum von den ankommenden wilden Vögeln gebrauchen, wenn sie antreten, d. i. sich auf die um den Vogelherd befindlichen Antritte setzen. In der Fechtkunst bedeutet antreten, absolute, den Anfang mit Fechten machen, weil man alsdann seinem Gegner wirklich näher tritt. Ferner figürlich, den Besitz einer Sache, oder die Ausübung eines Amtes anfangen, gleichfalls nur absolute. Er ist bereits angetreten, hat sein Amt bereits angetreten. Er wird bald antreten. Wenn das Nennwort beygefüget wird, so bekommt antreten auch die oben bemerkte thätige Eigenschaft wieder.

Anm. Ehedem wurde dieses Verbum auch für betreffen, anlangen, gebraucht. Das Hauptwort die Antretung, ist in der eigentlichen Bedeutung des Activi am üblichsten, in den figürlichen bedienet man sich lieber des Antrittes.


Äntrich (W3) [Adelung]


Der Äntrich, S. Änterich.


Antrieb (W3) [Adelung]


Der Antrieb, des -es, plur. die -e, von dem Verbo antreiben. 1) Die Handlung des Antreibens; ohne Plural, und in der figürlichen Bedeutung der lebhaften Bewegung zu etwas durch vorgelegte Gründe. Er hat es aus eigenem Antriebe gethan. Wenn ich ja auf den Antrieb meines Papa einen Fehler habe begehen sollen, Gell. Der Antrieb des Gewissens. Ein göttlicher Antrieb. 2) Dasjenige, was uns zu etwas antreibet, sinnliche und vernünftige Bewegungsgründe. Ihr Herz scheinet keinen großen Antrieb mehr nöthig zu haben, Gell. Dieß war mir ein starker Antrieb, den Vorschlag nicht einzugehen.


Antritt (W3) [Adelung]


Der Antritt, des -es, plur. die -e, von dem Verbo Antreten. 1. Die Handlung des Antretens; ohne Plural. 1) Der Antritt bey den Fechtern, der Anfang des Fechtens. 2) Der Antritt eines Pferdes, derjenige schnelle und sanfte Gang desselben, welchen man auch den Paß, den Dreyschlag, und in Oberdeutschland auch den Zelt zu nennen pflegt, Franz. Amble. Ein Pferd, das den Antritt gehet; S. Zelter. 3) Der Anfang, so wohl eines Geschäftes, als eines Besitzes, als auch einer Zeit. Der Antritt einer Reise, eines Amtes, der Regierung, des neuen Jahres. Daher die Antrittsrede, Antrittspredigt, welche bey dem Antritte eines Amtes, besonders des Predigtamtes gehalten wird; der Antrittsschmaus, welchen man bey dem Antritte eines Amtes gibt. 2. Dasjenige, woran man tritt, oder worauf man antritt. So heißen bey den Vogelstellern die mit Ästen ausgeputzten Stangen um den Vogelherd, auf welchen die Vögel antreten, oder sich bey ihrer Ankunft setzen, Antritte, oder Fußreiser. Und den Buchdruckerpressen ist der Antritt einschräge auf den Fußboden angenageltes Bret, worauf der Drucker seinen Fuß anstämmet, wenn er den Bängel an sich ziehet. An manchen Orten, z. B. in Franken, nennet man auch den Vorsaal vor der Thür in den Häusern den Antritt. 3. Dasjenige, was angetreten wird. In diesem Verstande nennet man im gemeinen Leben den Roth, der von den Schuhen auf dem Fußboden und den Treppen hangen bleibt, und mit der Zeit fest angetreten wird, den Antritt.


Antrittlehen (W3) [Adelung]


Das Antrittlehen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Lehenrechten so viel als die Lehenwaare, weil sie von einem Lehenmanne, bey dem Antritte eines Lehens entrichtet wird.


Antrocknen (W3) [Adelung]


Antrocknen, verb. reg. neutr. mit seyn, trocken werden und kleben bleiben. Daher die Antrocknung.


Antvogel (W3) [Adelung]


* Der Antvogel, des -s, plur. die -vögel, ein Wort, welches im Hochdeutschen wenig gebräuchlich ist, in den Provinzen aber in dreyfacher Bedeutung vorkommt, so wohl für ein jedes Individuum des Äntengeschlechtes, es mag zu den zahmen oder wilden Änten gehören, männlichen oder weiblichen Geschlechtes seyn, als auch von den wilden Änten allein, mit Ausschließung der zahmen, und endlich besonders von den Männchen der Änten, so wohl der zahmen als der wilden. S. Änterich.


Antwort (W3) [Adelung]


Die Antwort, plur. die -en, eine Rede, welche durch eines andern Rede, besonders durch dessen Frage, veranlasset worden. Einem auf etwas Antwort geben, eine Antwort ertheilen, etwas zur Antwort geben. Gibst du mir keine Antwort? Rede und Antwort wegen einer Sache geben. Eine Antwort erhalten, bekommen. Etwas zur Antwort bekommen. Es ward ihm zur Antwort, er erhielt zur Antwort. Einem die Antwort schuldig bleiben, ihm nicht antworten. Hierauf dienet zur Antwort. Ein Antwortschreiben, worin man auf eines andern Brief antwortet. Die Ausdrücke, etwas in Antwort geben, sagen oder schreiben, die den Kanzelleyen so geläufig sind, werden im Hochdeutschen billig vermieden. Sprichw. Wer viel fragt, bekommt viele Antworten. Wie die Frage, so dieAntwort. Keine Antwort ist auch eine Antwort. Figürlich, was die Stelle einer Antwort vertritt. Ein bitteres Lachen war die ganze Antwort. S. das folgende.


Antworten (W3) [Adelung]


Antworten, verb. reg. neutr. mit haben, Antwort geben oder ertheilen, mit der dritten Endung der Person, und der Präposition auf vor der Sache. Einem antworten. Einem auf seine Frage, auf seinen Einwurf, auf seinen Vorschlag, auf seine Gründe antworten. Ingleichen figürlich. Ihre Augen antworteten seinen Augen durch den ungezwungensten Ausdruck der Freude und Empfindung.

Anm. Antwort würde sich füglich zunächst von Wort, und der Partikel ant oder ent ableiten lassen, und alsdann dasjenige, was es wirklich ist, nehmlich ein Gegenwort, oder eine Gegenrede ausdrücken. Allein da Antwort weiblichen, Wort aber mit allen seinen Zusammensetzungen ungewissen Geschlechtes ist, auch von Wort sonst kein Verbum abstammet; so muß man sich nach einer andern Ableitung umsehen, wozu sich dann folgende Wörter anbiethen. 1. Wara bedeutete in den ältesten Mundarten sehen, sorgen, verkündigen. Von dessen mittelster Bedeutung kam wiederum Wart, custodia, und warten, überliefern, her. Von dem letzten hatten die alten Schweden andwarda und inwarda, die Franken und Alemannen antuuurtan, antuuürten, alles in der Bedeutung des Überlieferns. Z. B. Tatian VII, 2. Notker 49, 14. Ausantworten, Einantworten und Überantworten sind gleichfalls noch Überbleisel davon, und bey den Friesen bedeutet Antwort noch jetzt Überlieferung. Von der ersten Bedeutung des Sehens hatten die Gothen Andvairthi das Gesicht, und die Franken anauuart, gewahr, ingleichen kundig. 2. Von einem andern Verbo Wara, welches zunächst seyn bedeutete, hatten die Franken und Alemannen Antuuurti und Antuuerdi, die Gegenwart, antwurten, gegenwärtig werden, sich an einen Ort begeben, und die Angelsachsen andwerdum, gegenwärtig. Daß sich die Menschen solten antwurten auf den neuen Berg, Lirer B. 1, Kap. 14. Endlich, 3. bedeutete noch ein anderes Wara, welches zunächst von dem Isländ. Var, die Lippe, abstammete, und bey dem Willeram vorkommt, was noch jetzt antworten bedeutet. Hiervon findet sich, gemeiniglich mit dem vorgesetzten Zischlaute, das Schwed. swara, Isländ. andswara, Angels. andswaran, andwaran, das Engl. answer, und das heutige Niedersächsische anteren, antworten. Die letzte Ableitung scheinet die nächste und ungekünsteltste zu seyn, und es ist glaublich, daß Wort selbst von diesem Verbo waran abstammet. Übrigens lautet Antwort und antworten, in der heutigen Bedeutung, bey den Gothen Andawaard, Andwaard, bey dem Kero, Isidor, Ottfried und Notker Antuuurti und antuuurten, und bey den Angelsachsen Andwyrd.


Anversuchen (W3) [Adelung]


Anversuchen, verb. reg. act. ein von den Neuern gebildetes Verbum, das halb Deutsche anprobiren der Schneider zu verdrängen; anziehen und versuchen, an sich versuchen; doch nur von Kleidungsstücken. Ich küsse ihnen die Hand, wenn sie mir die Freude machen und diese Andrienne anversuchen, Gell.


Anvertrauen (W3) [Adelung]


Anvertrauen, verb. reg. act. eines Treue übergeben. Einem die Flotte, das Kriegesheer anvertrauen. Einem eine Unternehmung, ein Geschäft anvertrauen. Anvertrautes Gut. Sich einem anvertrauen, ihm seine Geheimnisse, sein Anliegen offenbaren. Sie können sich ihm sicher anvertrauen. Daher die Anvertrauung.

Anm. An erhöhet hier bloß den Nachdruck. Anvertrauen sagt daher wenig mehr als vertrauen.


Anverwandt (W3) [Adelung]


Anverwandt, adj. et adv. welches eigentlich das Participium des ungewöhnlichen Verbi anverwenden ist, verwandt, in Absicht des natürlichen Ursprunges mit jemanden verbunden. Er ist mein nächster Anverwandter. Er ist mir nicht anverwandt. Sie ist meine Anverwandte.

Anm. An ist die müßige Verlängerung, indem der Nachdruck nichts dadurch gewinnet, daher das kürzere verwandt jenem vorzuziehen ist. In dem weiblichen Geschlechte Anverwandtinn für Anverwandte zu sagen, wie selbst von Gellerten und andern geschehen ist, ist wider die Art der Adjective, welche ihre eigene Bedeutung nicht verlieren, wenn sie gleich als Substantiva gebraucht werden.


Anverwandtschaft (W3) [Adelung]


Die Anverwandtschaft, plur. inusit. Verwandtschaft, so wohl die Verbindung durch die Bande des Blutes und der Schwägerschaft, als auch Anverwandte selbst anzudeuten. Er hat eine starke Anverwandtschaft, viele Verwandte.


Anvettern (W3) [Adelung]


+ Anvettern, verb. reg. recipr. von Vetter. Sich anvettern, sich unter dem Vorwande einer Verwandtschaft in eine Gesellschaft drängen, und figürlich, sich zudrängen überhaupt. Beydes nur im gemeinen Leben.


Anwachs (W3) [Adelung]


Der Anwachs, des -es, plur. inusit. von dem folgenden Verbo. 1) Der Zustand des Anwachsens, so fern dieses Zeitwort größer werden bedeutet. Der Anwachs eines Landes, dessen Vergrößerung, besonders durch angespültes neues Erdreich; in dem Lateine der mittlern Zeiten accreissuta, die Anschütt, Anfließung, Anschwemmung u. s. f. Der Anwachs des Vermögens, des Glückes, der Jahre, der Schulden, der Zinsen. 2) Dasjenige, was anwächset, doch nur in der Bedeutung eines angespülten Landes. S. auch Anwuchs.


Anwachsen (W3) [Adelung]


Anwachsen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, S. Wachsen. 1) Im Wachsen mit etwas verbunden werden, mit etwas zusammen wachsen. Die Rinde ist wieder an den Baum angewachsen. Angewachsen, oder im Leibe angewachsen seyn, sagt man im gemeinen Leben von einem, dem die Lunge an den Rücken angewachsen ist. Auch nennet man die Pferde angewachsen, wenn sie mager bleiben, und man zu beyden Seiten des Bauches einen Nerven fühlet, der von dem Geschröte an bis gegen die Rippen gehet; welche Krankheit eigentlich in einer Abmattung bestehet. In weiterer Bedeutung nennet man oft Dinge angewachsen, welche mit ihren Seitenflächen genau zusammen hangen, wenn solches gleich bloß von einem dazu gekommenen fremden Verbindungsmittel herrühret.2) Heranwachsen, und zwar, (1) der körperlichen Ausdehnung nach. Die Bäume, die Kinder wachsen allmählich an, welcher Gebrauch noch mehr Oberdeutsch ist. Das Unkraut wächst sehr an, breitet sich aus. Der Fluß, das Wasser wächst an, schwillt auf. Das Land wächst an, wird durch angeflößtes neues Erdreich vergrößert. Das Buch ist schon bis auf zehn Bände angewachsen. (2) Der Zahl nach. Die Schulden wachsen täglich an. Die Zinsen sind schon sehr hoch gewachsen. (3) Der innern Stärke nach. Die Krankheit, das Übel wächst täglich an. Seine Betrübniß wächst immer mehr an. Sein Glück, sein Ansehen wuchs täglich an. Auch dieser Gebrauch ist im Oberdeutschen häufiger als im Hochdeutschen.


Anwachsung (W3) [Adelung]


Die Anwachsung, plur. inusit. 1) Das Anwachsen in der ersten Bedeutung. S. auch Anwuchs. In der zweyten, einer Vergrößerung, ist Anwachs üblicher; indessen wird auch das Anwachsen eines Landes durch angeschüttetes Erdreich zuweilen die Anwachsung genannt. 2) In der Baukunst nennen einige dasjenige gleichfalls Anwachsung, was andere mit einem weit schicklichern Ausdruck die Ausladung nennen, d. i. das Hervorragen eines Theiles des Gebäudes oder eines Bauzierathes vor dem andern, ingleichen das Maß dieser Hervorragung. S. Ausladung.


Anwachsungsrecht (W3) [Adelung]


Das Anwachsungsrecht, des -es, plur. die -e, in den Rechten, 1) das Recht des Eigenthumes über ein von dem Wasserangesetztes Land; das Anwachsrecht, Anflößungsrecht, Anwurfsrecht, die Anschütt, Jus alluvionis. 2) Das Recht, von Verlassenschaften den Antheil desjenigen zu heben, der solchen nicht annehmen kann oder will; Jus accrescendi.


Anwägholz (W3) [Adelung]


Das Anwägholz, S. Anwegeholz.


Anwählen (W3) [Adelung]


Anwählen, S. Anwünschen.


Anwalt (W3) [Adelung]


Der Anwalt, das -es, plur. die -walte, nicht Anwälte, ein Gevollmächtigter, welcher eines andern Geschäfte besorget, besonders vor Gerichte; ein Gewaltführer, Gewalthaber, Gewaltträger, in Oberdeutschland Gerhab oder Gerhaber, und so fern eines andern Angelegenheiten vor Gerichte besorget, ein Sachwalter, Sachführer, Fürsprecher, in Oberschwaben Fürsprach, Beystand u. s. f. bey welchem Reichthume von Deutschen Benennungen der Gebrauch der ausländischen Nahmen, Procurator, Mandatarius, Advocat u. s. f. gewiß unverantwortlich ist. Der Principal-Commissarius auf den Reichstagen hieß ehedem nur kaiserlicher Anwalt, und in Österreich ist der Landesanwalt und Stadtanwalt noch jetzt so viel als Land- und Stadt-Syndicus.

Anm. Anwalt ist in der Bedeutung eines Gevollmächtigten vor Gerichte noch am meisten in Oberdeutschland üblich. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist von dem alten walten, regieren, S. dasselbe; daher die Schreibart Anwald unrichtig ist. Nur die Bedeutung des Vorwortes an ist hier so gar deutlich nicht. In einer handschriftlichen Angelsächsischen Glosse bey dem Schilter bedeutet Anuald so viel als Monarchie; aber da ist an unstreitig das Angelsächsische Wort ein oder allein, gleichsam Alleinherrschaft.


Anwaltschaft (W3) [Adelung]


Die Anwaltschaft, plur. die -en, das Amt und die Verrichtung eines Anwaltes. Einem die Anwaltschaft auftragen. Eine Anwaltschaft übernehmen. Er hat viele Anwaltschaften auf sich. Ingleichen zuweilen die Vollmacht, die man einem Anwalte gibt.


Anwälzen (W3) [Adelung]


Anwälzen, verb. reg. act. hinan wälzen. Einen Stein an die Mauer anwälzen. So auch die Anwälzung.


Anwand (W3) [Adelung]


* Die Anwand, plur. die -wände, an einigen Orten, z. B. in Meißen, so viel als die Grenze, besonders eines Ackers oder Feldes. Ingleichen der Ort, wo ein Feld, Wald oder Wiese an einen Weg stößet, und ein solches Stück Feldes oder Wiese selbst. In andern Gegenden ist es der Ort, wo der Pflug im Pflügen umgewandt wird, in welcher Bedeutung es denn auch Anwende, ingleichen Wendefort lautet. S. auch Angewende.

Anm. Frisch führet eine Stelle aus Rätii Chronik an, aus welcher erhellet, daß auch das einfache Wand ehedem die Grenze eines Landes bedeutet hat; ohne Zweifel von derjenigen Bedeutung des Verbi wenden, nach welcher es auch für enden gebraucht wurde. Es ist noch nicht am Ende, an der Anwand, heißt es daher in den alten deutschen Sprichwörtern, gleichfalls bey dem Frisch. Anwand und Angewand werden zuweilen auch für dasjenige gebraucht, was man gemeiniglich einen Rain nennet. Man hat daher nicht nöthig, bey der Ableitung dieses Wortes seine Zuflucht zu dem Wendischen Hono oder Hohn, ein Feldweges Acker, seine Zuflucht zu nehmen.


Anwandeln (W3) [Adelung]


Anwandeln, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, unvermuthet von etwas befallen werden; am häufigsten und sichersten im gemeinen Leben und der komischen Schreibart, ob es gleich auch oft genug in der edlern und ernsthaften vorkommt. Es wandelt ihm eine seltsame Andacht an. Ich weiß nicht, was ihm angewandelt ist, was ihm einfällt. Es wandelte ihr plötzlich eine kleine Schwachheit an. Less. Wenn ihr nur nicht ein unzeitiger Appetit anwandelt, Weiße. So auch die Anwandelung, so wohl für den Zustand des Anwandelns, als auch für unerwartete Gemüthsveränderungen und Schwachheiten selbst. Er bekommt öfters dergleichen Anwandelungen. Meine erste Anwandelung war Furcht, Abt.


Anwärmen (W3) [Adelung]


Anwärmen, verb. reg. act. anfangen zu wärmen, oder zu heitzen, in den Hüttenwerken. Einen Ofen, den Treibeherd anwärmen, ihm die gehörige Hitze geben, welches in einer andern Betrachtung auch abwärmen heißt. So auch die Anwärmung.


Anwarten (W3) [Adelung]


* Anwarten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, von warten, expectare, welches aber im Hochdeutschen völlig veraltet ist, und nur noch zuweilen im Oberdeutschen, besonders in Lehenssachen vorkommt, auf etwas warten, die Hoffnung haben, einem andern in einem Leben oder in einem Amte zu folgen. Auf etwas anwarten. Eben so ungewöhnlich ist im Hochdeutschen die Anwartung, für Erwartung. Das Volk zwinget den Simon, die Last auf sich zu nehmen, und den zerrissenen Leib auf Anwartung einer größern Marter zu erleichtern, Opitz. Besonders für Anwartschaft. Ingleichen der Anwarter, die Anwarterinn, der oder die die Anwartschaft auf etwas hat. Übrigens kommt anauuartan und anauuart schon bey dem Kero, Ottfried und andern für aufmerken, beobachten und aufmerksam vor.


Anwartschaft (W3) [Adelung]


Die Anwartschaft, plur. die -en, die Hoffnung der Nachfolge in einem Leben oder in einem Amte; die Expectanz. Die Anwartschaft auf ein Lehen, auf eine Bedienung haben, bekommen. S. auch Angefäll und Anfall.


Anweben (W3) [Adelung]


Anweben, verb. reg. act. durch Weben mit etwas verbinden. So auch die Anwebung.


Anwegeholz (W3) [Adelung]


Das Anwegeholz, des -es, plur. die -hölzer, ein Kunstwort der Bergleute und Wassermüller, ein dreyfaches Hebezeug damit auszudrucken. 1) An den Wasserkünsten, das Holz, worauf die Welle inwendig mit ihren Zapfen ruhet; das Zapfenholz, die Anwelle. 2) Die Hölzer in der Radstube über dem Schrote, worauf die Zapfenhölzer liegen; das Angewege. 3) Die zwey starken Hölzer, worein das Kreuz über dem Schachte gehänget wird, und welche am Harze Stege genannt werden.

Anm. Gewege bedeutet bey dem Mathesius allerley Werkzeuge, womit Lasten gehoben werden. S. Bewegen. Bey dem Reiner contra Waldens. heißt es Cap. 5. Primo de Baptismo dicunt, quod Catechismus nihil sit - - Item quod oblatio illa, quae dicitur Anwegen, sit adinuentio. Anwegen heißt hier ohne Zweifel so viel als Erhebung, elevatio. Dieß gibt zugleich eine gute Abstammung für dieses bergmännische Wort. Die Angewegen und Anwegehölzer dienen unter andern auch dazu, die Wellen der Räder zu heben, und sie hoch und niedrig zu stellen. S. auch Angewege.


Anwehen (W3) [Adelung]


Anwehen, verb. reg. act. 1) Entgegen wehen, von dem Winde. Der Wind wehet mich an. Sta bi la mich den wint anweien Der kumt von mines herzen kuniginne, der Herzog von Anhalt. 2) Heran wehen, wehend herbey führen. Der Wind hat allenSand an das Haus angewehet. So auch die Anwehung.


Anweisen (W3) [Adelung]


Anweisen, verb. irreg. act. S. Weisen, an etwas weisen, d. i. weisen, wo man etwas thun oder bekommen soll.1. Eigentlich. Einem Holz anweisen, ihm die Bäume im Walde zeigen und bezeichnen, welche er bekommen soll, welches von den Förstern, zuweilen an besondern Anweisetagen, gegen ein gewisses Anweise- oder Stammgeld geschiehet. Einem einen Platz zum Bauen anweisen. Einem seine Wohnung anweisen. Einem Geld anweisen, ihm jemanden bestimmen, der ihn bezahlet; im mittlern Lateine assignare. Ich habe ihn an dich angewiesen, Geld bey dir zu heben. Angewiesenes Geld, welchesman einem andern angewiesen oder assigniret hat. Wenn man aber denjenigen im gemeinen Leben den Angewiesenen nennet, der in eines andern Nahmen zahlet, oder an welchen man seinen Gläubigen weiset, so ist solches ein Mißgebrauch dieses Participii, welches eigentlich dem gemeinschaftlichen Gläubiger, oder demjenigen, welcher angewiesen wird, zukommt. Einen anweisen, ihm einen gewissen bestimmten Ort zeigen. So weiset der Hausknecht den Gast an, und so werden im Bergbaue und andern Lebensarten die Arbeiter angewiesen, wenn man ihnen die jedes Mahl nöthige Arbeit aufgibt. Folge mir, ich will deiner Thätigkeit ein rühmlicher Feld anweisen. In noch weiterer Bedeutung wird in der Landwirthschaft auch der Hopfen gestängelt und angewiesen, wenn man den Ranken die gehörige Richtung gibt.2. In weiterer und zum Theil figürlicher Bedeutung mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) Einweisen, in den Besitz einer Sache setzen, besonders in den Rechten. Gut anweisen heißt, wenn der Lehnherre seinem manne anzeigt oder weist an ein gut, darinn er ihm ein lehen oder geding versprochen hat, Glossae jur. Saxon. Ingleichen, den Gläubiger in ein unbewegliches Gut, vermöge des ersten Decretes einsetzen, so daß er zwar die Verwahrung, aber noch nicht den Genuß desselben bekommt, welches in Oberdeutschland anleiten genannt wird; S. dieses Wort. 2) Jemandes Handlungen durch Unterricht und Beyspiel bestimmen; im mittlern Lateine advisare. Einen zu etwas anweisen. Er ist zu allem Guten angewiesen worden. Sollte man doch denken, du wärest zu lauter Boßheiten angewiesen worden. Von dem, was man nur zu wissen braucht, sagt man lieber unterweisen, unterrichten. 3) Befehlen, doch in einem glimpflichern Verstande, als dieses Zeitwort, und größten Theils nur in den Kanzelleyen. Ich bin darauf angewiesen, dergleichen Unordnungen nicht zu gestatten. Ihr habt demnach die Unterthanen dahin anzuweisen, daß dergleichen Unfug vermieden werde.

Anm. Einen anweisen bedeutete ehedem im Niedersächsischen auch einem einen weisen Rath geben, welche Bedeutung mit der obigen zweyten genau zusammen hänget.


Anweiser (W3) [Adelung]


Der Anweiser, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, der dazu gesetzt ist, andere anzuweisen, in der ersten eigentlichen Bedeutung. So führet bey den Floßwerken derjenige, der zum Anweisen des Holzes bestimmt ist, den Nahmen eines Anweisers. Der Assignant, oder der einem andern Geld anweiset, wird gleichfalls so genannt. Endlich heißt an einigen Orten auch der Curator, der unmündigen Personen bestellet wird, ein Anweiser.


Anweisung (W3) [Adelung]


Die Anweisung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Anweisens in allen Bedeutungen des Verbi. Die Anweisung des Holzes, der Arbeiter. Die Anweisung einer Summe Geldes, oder eines Gläubigers an unsern Schuldner, die Assignation. Einem Anweisung geben, ihn durch Anweisung bezahlen. Ferner die Einweisung in ein Lehen, ein Gut u. s. f. wofür an einigen Orten ein gewisses Anweisungsgeld bezahlet wird. Endlich auch der Unterricht zur Einrichtung seines Verhaltens. Einem in oder zu etwas Anweisung geben. In den Bergwerken wird dieses Wort über dieß noch für Werkmahl, Anzeige gebraucht. Das Erz hat gute Anweisung, macht viele Hoffnung. 2) Eine Schrift, welche eine Anweisung enthält, so wohl die Anweisung einer Summe Geldes, als auch den Unterricht.


Anweißen (W3) [Adelung]


+ Anweißen, verb. reg. act. von außen weiß machen. Ein Haus anweißen, tünchen.


Anwelle (W3) [Adelung]


Die Anwelle, plur. die -n, in den Bergwerken, das Holz, worauf die Welle mit ihren Zapfen ruhet, und welches auch die Anwelltruhe, der Anwellstock, das Zapfenholz, das Anwegeholz, und die Wellbank genannt wird. In den Bergwerken wird dieses Wort gemeiniglich Anwald und im Plural Anwäld ausgesprochen. S. Angewege und Anwegeholz.


Anwendbar (W3) [Adelung]


Anwendbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig angewandt zu werden. Diese Auslegung ist hier nicht anwendbar, läßt sich hier nicht anwenden. Daher die Anwendbarkeit.


Anwerben (W3) [Adelung]


Anwerben, verb. irreg. act. ( S. Werben,) welches am eigentlichsten, durch Tausch an sich bringen, hernach aber überhaupt an sich handeln bedeutet, jetzt aber nur noch in zwey Fällen üblich ist. 1) Mit der vierten Endung des Nennwortes, von Soldaten, die man zu seinem Dienste beweget. Truppen, Soldaten, ein Kriegsheer anwerben. In weiterer Bedeutung, doch nur im Scherze, jemanden bewegen, in eine gewisse Verbindung mit uns oder andern zu treten. Jemanden zu einer Reise, zu einem Spiele, zu einem Pikenik anwerben. 2) Mit der Präposition um, eine weibliche Person für sich, oder einen andern zur Ehe verlangen, besonders so fern solches feyerlich und öffentlich geschiehet. Er hat um sie angeworben. Es haben schon viele um sie angeworben. Darf ich für jemand anders um sie anwerben? Cron. So auch der Anwerber, welcher in fremden Nahmen um eine Person anwirbt, und die Anwerbung, in beyden Bedeutungen, besonders der letzten. Anwerbung um eine Person thun. Die Anwerbungsrede, welche im Nahmen des Freyers an die Ältern oder Verwandten einer Person, um welche man anwirbt, gehalten wird.


Anwerden (W3) [Adelung]


+ Anwerden, verb. irreg. neutr. ( S. Werden,) welches das Hülfswort seyn erfordert, und nur noch in den niedrigen Sprecharten einiger Gegenden üblich ist, für los werden, an den Mann bringen. Er ist seine Waaren theuer angeworden, er hat sie theuer verkauft. Er hat eine Tochter, die er gerne anwerden mochte.

Anm. Dieses niedrige Verbum ist nur noch um der Zusammensetzung und des ehemaligen edlern Gebrauches willen, merkwürdig. An ist hier aus der Präposition ohne zusammen gezogen, daher es in den ältern Zeiten auch aune, ane und anich geschrieben, und theils mit der zweyten, theils aber auch mit der vierten Endung verbunden wird. Das sein Herre Palligan Des leibes was worden an, sein Leben verloren hatte, Stryk. Kap. 13. Miner Swere Schiere ih ane werde, Graf Kraft von Toggenburg. Sines godes anich werden, im Sächsischen Landrechte. So mag es sines gutes wol ane werden mit reht, Schwabensp. Kap. 23, 5. Daz gut mag er nimmer aun werden, ebend. Kap. 24, 1. wofür ein anderer Codex hat, des gutes mag er nicht verkauffen. Daß aun aber hier so viel als ohne sey, erhellet unter andern aus eben diesem Schwabenspiegel, wo ohne fast beständig aun geschrieben wird; aun sin schulde, Kap. 23, 5. Für anwerden war ehedem auch anseyn üblich. Owe minne, Der din ane mochte sin das weren sinne, Dietmar von Ast. Das Niedersächsische anwerden, angewöhnen, gewohnt werden, ist von diesem Zeitworte ganz verschieden, denn hier ist es das Vorwort an.


Anwerfen (W3) [Adelung]


Anwerfen, verb. irreg. act. S. Werfen. 1) Anfangen zu werfen, besonders im Würfelspiele. 2) Eine Sache an die andere werfen, ihr mit einem Wurfe nähern; so wohl eigentlich. Einem eine Klette anwerfen. Als auch in weiterer und figürlicher Bedeutung. Kalk anwerfen, an die Wand. Der Fluß wirft beständig Sand an, an das Ufer. Ingleichen für schnell und heftig anlegen. Sturmleitern anwerfen. Den Schlafrock anwerfen. Daher die Anwerfung. S. auch Anwurf. Anauuerfunga, für immissio, gebraucht schon Notker 77, 49.


Anwesen (W3) [Adelung]


Das Anwesen, des -s, plur. car. der Infinitiv des im Hochdeutschen ungewöhnlichen Verbi anwesen oder anseyn, gegenwärtig seyn, als ein Hauptwort gebraucht. Es ist in meinem Anwesen geschehen, in meiner Gegenwart. Es wird indessen nur selten, und da noch am häufigsten mit dem Vorworte in gebraucht. S. auch Anwesenheit.


Anwesend (W3) [Adelung]


Anwesend, adj. et adv. welches eigentlich das Particip. des vorhin gedachten ungewöhnlichen Verbi anwesen ist, und für gegenwärtig noch völlig gangbar ist. Bey einer Sache anwesend seyn. Er war im Rathe anwesend, als dieses vorging. Alle Anwesende haben es gehöret. In Oberdeutschland höret man auch das Participium der vergangenen Zeit angewesen. Unser zu Regensburg angewesener Major, heißt es in einer Schrift aus der Passauischen Kanzelley. Daz imo anauuesenda peccatum ist bey dem Notker die inwohnende, anklebende Sünde. Adens, anwesend, und adentia, die Anwesenheit, sind im Lateine der mittlern Zeiten darnach gebildet.


Anwesenheit (W3) [Adelung]


Die Anwesenheit, plur. inusit. das Anwesen, die Gegenwart. Es geschahe in meiner Anwesenheit. Es wurde ihm in Anwesenheit unserer Freunde gesagt. Warum fliehest du meine Anwesenheit?


Anwetzen (W3) [Adelung]


Anwetzen, verb. reg. act. durch Wetzen an etwas hervor bringen. Eine Spitze anwetzen, an dem Messer.


Anwirken (W3) [Adelung]


Anwirken, verb. reg. act. 1) Von wirken, arbeiten, anfangen zu arbeiten. So wird anwirken in den Salzsiedereyen gebraucht, mit der Woche anfangen zu sieden. 2) Von wirken, weben, durch Wirken mit etwas andern verbinden. Eine Blume an die andere anwirken. Das Stück ist zu kurz, man muß noch etwas anwirken. So auch die Anwirkung.


Anwischen (W3) [Adelung]


Anwischen, verb. reg. act. durch Wischen, d. i. schnelles und gelindes Berühren, an die äußere Fläche einer Sache bringen. Einem Koth anwischen. Daher die Anwischung.


Anwittern (W3) [Adelung]


Anwittern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, welches aber nur in den vergangenen Zeiten und deren Participio in den Bergwerken üblich ist, vermittelst der Witterung, d. i. unterirdischer Dämpfe, sich anlegen. Angewittertes Erz, welches sich an das Gestein angeleget hat. Daher die Anwitterung.


Anwohnen (W3) [Adelung]


Anwohnen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, nahe an etwas wohnen. Er wohnt hier gleich bey uns an. Wir wohnen nahe an dem Berge an. Daher die Anwohnung. Anm. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt dieses Wort auch in der figürlichen Bedeutung, für bevor stehen, vor. Ein sender tod der wont mir an Sit ich der liben hulde embir, Heinr. von Frowenberg.


Anwohner (W3) [Adelung]


Der Anwohner, des -s, plur. ut nom. sing. der nahe an etwas wohnet. Die Anwohner des Rheins, der Alpen.


Anwuchern (W3) [Adelung]


Anwuchern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, heran wuchern, d. i. im Wachsthume ausbreiten, doch nur von Pflanzen. Das Unkraut wuchert stark an, breitet sich sehr aus. S. Wucher. Niedersächsisch anwokern, welches aber auch figürlich von Krankheiten und in andern Fällen gebraucht wird.


Anwuchs (W3) [Adelung]


Der Anwuchs, der -es, plur. die -wüchse. 1) Der Zustand des Anwachsens, oder Heranwachsens, d. i. der Ausbreitung; ohne Plural. Der Anwuchs des Unkrautes; für Anwachs, dessen Gebrauch in diesem Falle schicklicher und allgemeiner ist. 2) Dasjenige, was angewachsen ist, in der ersten Bedeutung des Verbi. Alle dergleichen Anwüchse müssen abgeschnitten werden.


Anwühlen (W3) [Adelung]


Anwühlen, verb. reg. act. im Wühlen anwerfen, eigentlich von den Schweinen. Die Schweine haben die Erde angewühlet.


Anwunsch (W3) [Adelung]


Der Anwunsch, des -es, plur. inus. die Handlung des Anwünschens, doch nur selten. Auch wenn er die frostige Rechte zum Anwunsch des Schlafes ihr gab, Haged. O schicke durch die Lüfte Viel tausend süße Düfte Zum Anwunsch sanfter Ruh Lucindens Fenster zu, Zach.


Anwünschen (W3) [Adelung]


Anwünschen, verb. reg. act. einem wünschen. Einem eine glückliche Reise, eine ruhige Nacht anwünschen. Er wünschte mir alles Gute an. So auch die Anwünschung.

Anm. In Oberdeutschland ist anwünschen, Anwünschung, auch für adoptiren, an Kindes Statt annehmen, und für Adoption üblich. Dieser Gebrauch ist alt, ist aber eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Latein. adoptare, welche nicht einmahl einen begreiflichen Verstand hat, wenigstens von dem eigentlichen Begriffe der Adoption nichts ausdruckt. Indessen gebraucht schon Kero in diesem Verstande Zeuunske, und in Boxhorns Glossen kommt zuauunscan in eben dieser Bedeutung vor. Oskasonur bedeutet in der Edda einen adoptirten Sohn, von önska, wünschen. Übrigens sind in Oberdeutschland auch anwählen und einwünschen in eben dieser Bedeutung des Adoptirens üblich.


Anwurf (W3) [Adelung]


Der Anwurf, des -es, plur. die -würfe. 1) Die Handlung des Anwerfens; ohne Plural. Der Anwurf des Kalkes an die Wand, des Sandes von dem Wasser. Noch mehr aber, 2) dasjenige, was angeworfen wird. Der Anwurf, der Überzug einer Wand mit Kalk. Viele Häuser sind von außen mit einem Anwurfe bekleidet. Der Anwurf, dasjenige, was das Wasser angesetzet hat; Anlage, Anschütt u. s. f. Auch ein eisernes Werkzeug, welches aus einer Kettel und einem Kloben bestehet, und an die Thüren angeworfen, d. i. befestiget, und wieder abgenommen werden kann, ein Vorlegeschloß daran zu legen; S. auch Anlage 2. Bey den Wollenwebern wird auch die Anschrote oder Saalleiste, und bey den Raschmachern auch der Aufzug oder die Anschüre, ein Anwurf genannt; S. Anschrote. In den Münzen ist der Anwurf, oder das Stoßwerk, eine eiserne Presse, grobe Münzsorten vermittelst des trägen Schwunges der Preßstange zu prägen, welche Preßstange mit ihren zwey großen Kugeln von Bley an den beyden Enden daher auch der Anwurfsschlüssel genannt wird. Die Schneider und Nähterinnen nennen dasjenige,was angesetzet wird, ein Stück länger zu machen, gleichfalls den Anwurf.


Anwurzeln (W3) [Adelung]


Anwurzeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, vermittelst der Wurzeln befestiget werden. Der Baum ist bereits angewurzelt. Daher die Anwurzelung.


Anzahl (W3) [Adelung]


Die Anzahl, plur. inusit. ein Collectivum, eine größere oder geringere Menge zu bezeichnen. Ich traf daselbst eine große, geringe Anzahl Menschen an. Eine Anzahl Truppen, eine unbestimmte Menge derselben. Man fing eine nicht geringe Anzahl Fische. Es ist schon eine gute Anzahl Käufer beysammen.

Anm. Zahl, so fern es auch ein Collectivum ist, deutet nur an, daß mehr als Ein Ding einer Art gemeinet werde; Anzahl aber gehet alle Mahl auf die Vielheit. Für, unter die Anzahl der Weisen gerechnet, unter die Anzahl der Götter versetzet werden, sagt man daher richtiger, unter die Zahl, weil der Begriff der Vielheit hier gar nicht mit in Anschlag kommt. An scheinet in diesem Worte nur den Nachdruck zu geben. Luther gebraucht Anzahl für Ausschuß, 1. Kön. 5, 13, 14. Und Salomo legte einen Anzahl auf ganz Israel, und der Anzahl war dreyßig tausend Mann - Und Adoniram war über solchen Anzahl. Allein diese Bedeutung ist, besonders in dem männlichen Geschlechte, im Hochdeutschen nicht üblich, und vielleicht nie üblich gewesen. Wer weiß, ob Luther nicht Mannzahl im Sinne gehabt, welches ehedem in dieser Bedeutung üblich war. S. Haltaus v. Mannzahl.


Anzahlen (W3) [Adelung]


+ Anzahlen, verb. reg. act. anfangen zu bezahlen, daran bezahlen, doch nur im gemeinen Leben. Es sind an dieser Summe bereits hundert Thaler angezahlet worden.


Anzapfen (W3) [Adelung]


Anzapfen, verb. reg. act. 1) Von Zapf, epistomium, den Anfang mit Zapfen machen. Ein Faß anzapfen. Ein Faß Bier, ein Faß Wein anzapfen, wofür man auch anstecken sagt. 2) Von zupfen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, mit anzüglichen Worten auf jemanden zielen. Einen anzapfen. Einen mit Sticheleyen anzapfen. Er zapft mich überall an. Daß anzapfen in dieser Bedeutung von zupfen herkomme, erhellet aus dem Oberdeutschen, wo man in diesem Verstande wirklich anzupfen sagt, obgleich auch anzäpfen in demselben üblich ist. So auch die Anzapfung.


Anzaubern (W3) [Adelung]


Anzaubern, verb. reg. act. durch Zauberey einem anhängen, im gemeinen Leben anhexen. Einem eine Krankheit anzaubern. So auch die Anzauberung.


Anzäumen (W3) [Adelung]


Anzäumen, verb. reg. act. 1) Den Zaum anlegen, wie aufzäumen. Ein Pferd anzäumen. 2) Ein Pferd vermittelst des Zaumes anbinden.


Anzeichen (W3) [Adelung]


Das Anzeichen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) * Für Zeichen, Merkmahl, doch am häufigsten nur in Oberdeutschland. Das ist ein Anzeichen eines bösen Gemüthes. An ist hier die Alemannische Verlängerung. 2) + Im gemeinen Leben, ein Zeichen einer künftigen Begebenheit, eine Vorbedeutung. Was wird dieses Anzeichen bedeuten? Gell. Das Anzeichen mag über mich gehen, wenn es etwas zu bedeuten hat, ebend.

Anm. Es scheinet fast, daß Anzeichen in der letzten Bedeutung nur eine verderbte Aussprache für Anzeige ist. Das ch ist der Lieblingsbuchstabe der Oberdeutschen, und selbst die Hochdeutschen, besonders in Obersachsen, setzen es im gemeinen Leben oft an die Stelle des g und k. Sollte es aber ja zu Zeichen gehören, so müßte an hier bloß um des Nachdruckes willen stehen.


Anzeichnen (W3) [Adelung]


Anzeichnen, verb. reg. act. mit einem Zeichen an etwas bemerken. Eine Stelle in einem Buche anzeichnen. O welch ein Tag! Tyrannen können ihn unter ihre rühmlichsten Tage anzeichnen, Dusch. Ingleichen, anschreiben, doch nur selten. Einem etwas anzeichnen, es auf seine Rechnung schreiben. In gleichen überhaupt für aufzeichnen, aufschreiben, gleichfalls nur selten. So auch die Anzeichnung.


Anzeige (W3) [Adelung]


Die Anzeige, plur. die -n. 1) Die Handlung des Anzeigens; ohne Plural. Eine Anzeige thun. Ich habe es auf seine Anzeige gethan. 2) Was angezeiget wird, eine Nachricht. Eine falsche Anzeige. Man muß dergleichen Anzeigen nicht alle Mahl glauben. 3) Die Sache, die etwas anzeigt, in der figürlichen Bedeutung, für Merkmahl. Es waren unglückliche Anzeigen meiner Liebe zur Wahrheit, Raben. S. Anzeichen 2.


Anzeigen (W3) [Adelung]


Anzeigen, verb. reg. act. 1) Zu jemandes Wissenschaft bringen, ihm bekannt machen. Ich zeigte ihm die Gefahr an, worin er sich befand. Warum haben sie mirs nicht angezeiget? Etwas bey Rathe, bey Hofe, in dem Gerichte anzeigen. Einen Dieb bey der Obrigkeit anzeigen. 2) Figürlich, bedeuten, ein Merkmahl, Kennzeichen von etwas seyn. Dieß zeiget an, daß eine große Veränderung vorgehen wird. Dein Gesicht zeiget ein großes Unglück an. Das Anzeigen für Merkmahl, Kennzeichen selbst, ist im Hochdeutschen nicht gewöhnlich. Indessen heißt es noch Phil. 1, 28. Welches ist ein Anzeigen ihnen der Verdammniß, euch aber der Seligkeit. Auch Rabener sagt noch: ich hielt es für ein gutes Anzeigen. S. auch Anzeichen. Anzeigende Tage heißen bey einigen Ärzten die dies critici, weil sie die vornehmsten Veränderungen der Krankheit anzeigen.


Anzeiger (W3) [Adelung]


Der Anzeiger, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Person, welche etwas anzeiget. Fämin. die Anzeigerinn, plur. die -en, 2) Ein öffentliches Blatt, welches zu bestimmten Zeiten allerley Gegenstände zur Wissenschaft des Publici bringt; das Intelligenz-Blatt.


Anzeigung (W3) [Adelung]


Die Anzeigung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Anzeigens; ohne Plural. 2) Ein Merkmahl, Kennzeichen. So werden in Kaiser Carls des Fünften Halsger. Ordn. Art. 19. redliche Anzeigungen, d. i. zuverlässige Wahrzeichen oder Vermuthungsgründe, dem bloßen Argwohne entgegen gesetzet.


Anzettel (W3) [Adelung]


Der Anzettel, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Webern, das in die Länge ausgespannte Garn zu einem Gewebe, welches auch der Zettel, die Anscher, Anschüre, der Aufzug, die Kette, das Werft genannt wird. S. Zettel.


Anzetteln (W3) [Adelung]


Anzetteln, verb. reg. act. 1) Eigentlich, bey den Webern, das Garn zu einem Gewebe in die Länge ausspannen, aufziehen. Das Garn anzetteln. Ein Gewebe anzetteln, durch Ausspannung der Fäden dasselbe anfangen. 2) Figürlich, etwas veranlassen, doch alle Mahl in gehässiger, wenigstens verächtlicher Bedeutung, anstiften. Einen Krieg, einen Aufruhr, eine Zänkerey anzetteln. So auch die Anzettelung.

Anm. In Oberdeutschland ist anzetteln in der figürlichen Bedeutung überhaupt für anfangen, auch im guten Verstande üblich, denn man sagt daselbst auch, eine Erzählung anzetteln.


Anzettler (W3) [Adelung]


Der Anzettler, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bei den Webern, derjenige, welcher Garn in die Länge ausspannet; der Scherer. 2) In der figürlichen Bedeutung, der Anstifter einer bösen Sache.


Anziehen (W3) [Adelung]


Anziehen, verb. irreg. ( S. Ziehen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum.1. Anfangen an etwas zu ziehen. Die Glocken anziehen. Die Pferde anziehen lassen. Die Pferde wollen nicht anziehen.2. Eine Sache an oder auf die andere ziehen, besonders von Kleidungsstücken. Schuhe, Strümpfe, Beinkleider, ein Hemd, ein Kleid anziehen. Ingleichen metonymisch, sich anziehen, sich ankleiden, sich die gehörigen Kleider anlegen. Anziehen hat in dieser Bedeutung etwas Niedriges bekommen, daher man in denedlern Schreibarten statt dessen lieber ankleiden, anlegen gebraucht.3. Heran ziehen, vermittelst eines Zuges näher bringen; und zwar, 1) in der eigentlichen und weitern Bedeutung. Das Fenster anziehen, zu sich ziehen, es zuschließen. Der Schwamm ziehet das Wasser an. Der Magnet ziehet das Eisen an. Die anziehende Kraft, vermöge welcher ein Körper auch in der Entfernung nach einer Annäherung strebet; die Anziehung, Attraction. Ingleichen für straff ziehen, anspannen. Ein Seil anziehen, straff anziehen. Eine Schraube scharf anziehen. 2) Figürlich. (a) Groß ziehen und vermehren, zum künftigen Gebrauche, zur künftigen Vermehrung aufziehen. Schafe, Kälber, Hühner anziehen. Eine durch einen Spanischen Widder angezogene Art Schafe. Junge Eichen anziehen, durch Ansäen. Frühen Flachs im Brachfelde anziehen, bauen. (b) Sich anziehen, mit der dritten Endung, auf sich ziehen, auf sich deuten. Das zieh ich mir an. Das hast du dir anzuziehen. Sie haben sich von allem diesem nichts anzuziehen. (c) * Anführen, erwähnen. Eine Sache anziehen, ihrer Meldung thun. Ein Beyspiel anziehen. Er hat drey Zeugen angezogen. Ein mehrmals angezogenes Schreiben. (d) * Mit Ruhm anführen, welche Bedeutung aber, so wie die vorige, im Oberdeutschland üblicher ist, als im Hochdeutschen. Er weiß seinen Stand gar hoch anzuziehen, sehr zu erheben. Die sonst sehr angezogene Clausel, salvo jure tertii.II. Als ein Neutrum, und zwar wiederum auf eine gedoppelte Art.1. Mit dem Hülfsworte haben. Der Nagel ziehet ihn an, sagt man, wenn ein Nagel, indem man ihn einschläget, die Theile, welche er zusammen halten soll, gehörig verbindet. Wenn der Reif zu weit ist, so ziehet er nicht an. Der Leim ziehet gut an, wenn er gut bindet. Daher die im gemeinen Leben übliche Figur: Die Prügel, die Schläge ziehen an, schmerzen. Das ziehet an! schmerzet sehr.2. Mit dem Hülfsworte seyn, heran ziehen, langsam und mit seinem ganzen Gepäcke ankommen, und zwar vornehmlich in einem gedoppelten Falle.1. Von dem Annähern eines Haufen Soldaten. Das Kriegesheer ziehet bereits an. Auf den Feind anziehen. Vornehmlich mit dem Verbo kommen. Der Feind kommt angezogen. In dieser Verbindung wird anziehen im gesellschaftlichen Umgange auch von einem jeden Ankommen gebraucht. Da kommen sie angezogen. Indessen kommen auch gleich lauten Meereswogen Von der Galanterie die Scharen angezogen, Zach. Im Hochdeutschen findet dieser Gebrauch nur im vertraulichen Scherze Statt. Indessen singt Gryphius ganz ernsthaft: Komm, blasser Tod, komm angezogen, Ich fürchte dich versichert nicht! In figürlicher Bedeutung, aber auch nur im gewöhnlichen Umgange, gebraucht man es auch für, vortragen, einer Sache Erwähnung thun. Komm mir nur damit nicht angezogen, sage mir davon nichts. Darnach, wenn sie mir mit ihrer Liebe angezogen kommen, Weiße. Ich sehe zum voraus, daß ihr mir mit euren weisen Sittenlehren angezogen kommt, ebend.2) Einen Dienst antreten, nicht nur von dem Gesinde, sondern auch von höhern Bedienten, in Rücksicht auf das Gepäcke, welches man alsdann mitzubringen pflegt, und im Gegensatze des Abziehens. Bey einer Herrschaft anziehen. Der Bediente ist noch nicht angezogen. Der Amtmann, der Prediger wird bald anziehen. Anm. Das Substantiv die Anziehung kann in allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden; für die Bedeutungen des Neutrius aber gehöret Anzug. Daher auch die Anziehungskraft, für anziehende Kraft, S. oben. 3. 1).


Anzieher (W3) [Adelung]


Der Anzieher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches theils allein, theils in den Zusammensetzungen, ein Schuhanzieher, Stiefelanzieher, üblich ist, Werkzeuge anzudeuten, womit man sich das Anziehen der Schuhe und Stiefeln erleichtert, und welche auch Anzüge genannt werden.


Anzischen (W3) [Adelung]


Anzischen, verb. reg. act. Jemanden anzischen, den zischenden Laut auf ihn richten.


Anzucht (W3) [Adelung]


Die Anzucht, plur. die -züchte, ein Ort, welcher die Feuchtigkeiten an sich ziehet und ableitet, in welcher letztern Rücksicht derselbe auch Abzucht genannt wird. So heißen die Canäle unter den Öfen und Herden, welche die Feuchtigkeiten an sich nehmen und abführen, Anzüchte (in den Bergwerken im Plural gemeiniglich Abzuchten,) und in Oberdeutschland wird eine jede Cloak, welche Unreinigkeiten ableitet, so genannt. S. auch Abzucht und Zucht. Auch in dem mittlern Lateine findet man Attractus für einen Canal gebraucht.


Anzug (W3) [Adelung]


Der Anzug, des -es, plur. die -züge. 1) Das Anziehen, doch nur in der Bedeutung des Neutrius und ohne Pural. Der Feind ist im Anzuge. Das Kriegesheer ist im Anzuge begriffen. Der Anzug des Gesindes. Die Anzugszeit, da dasselbe anzuziehen pflegt. Der Anzug eines Beamten, eines Geistlichen. Daher die Anzugspredigt, die Anzugsrede, der Anzugsschmaus u. s. f.2) Dasjenige, was angezogen wird, besonders von Kleidungsstücken, doch nur so fern dieses Wort ein Collectivum ist, und alles, was zu einer völligen Kleidung gehöret, die Zierathen nicht ausgeschlossen, in sich fasset. Sie warf den nächtlichen Anzug von ihren Schultern. Ein prächtiger Anzug. Ingleichen, in engerer Bedeutung, Zierathen einer Art, so viel davon zu einem Anzuge nöthig sind. Ein Anzug Spitzen, Kanten, Blonden.3) Dasjenige, womit man etwas anziehet. So heißt bey den Schustern, ein Stück Leder oder Horn, welches das Anziehen der Schuhe erleichtert, und sonst auch ein Anzieher genannt wird, der Anzug, und in Franken ein Anzügel. Bey den Kupferschmieden und Klempenern werden auch wohl die Niethe Anzüge genannt, weil sie mit dem Anzugmeißel angezogen werden.


Anzüglich (W3) [Adelung]


Anzüglich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was uns an sich ziehet, reißend. Ihre Zärtlichkeit gewähret mir nur einen leichten Sieg, der für meine Empfindlichkeit nichts anzügliches hat. Der Kummer hat das eigene, daß er das Vergnügen anzüglicher macht. Da sich hier leicht die folgende üblichere Bedeutung eindrängt, so läßt es sich in der gegenwärtigen nicht anders als mit Behutsamkeit gebrauchen. 2) Was man sich anziehet, in der figürlichen Bedeutung, was man auf sich deutet, oder auch, was anziehet, d. i. schmerzet, beißend, beleidigend. Ein anzüglicher Scherz. Anzügliche Worte. Sich anzüglicher Ausdrücke gegen jemanden bedienen.

Anm. In Oberdeutschland lautet es auch anzügig. Übrigens ist daselbst auch das Verbum anzügeln, als das Frequentativum von anziehen üblich, für anzapfen, d. i. mit anzüglichen Worten auf jemanden zielen.


Anzüglichkeit (W3) [Adelung]


Die Anzüglichkeit, plur. die -en. 1) Die Eigenschaft, nach welcher ein Ausdruck, oder eine Rede anzüglich ist; ohne Plural. Die Anzüglichkeit eines Wortes, eines Ausdruckes, eines Scherzes. 2) Anzügliche Ausdrücke selbst. Rechtschaffende Männer werden sich dergleichen Anzüglichkeiten niemahls erlauben.


Anzugsgeld (W3) [Adelung]


Das Anzugsgeld, des -es, plur. von mehrern Summen die -er, dasjenige Geld, welches bey dem Anzuge erleget wird,wenn man sich an einem Orte niederlässet; im Gegensatze des Abzugsgeldes.


Anzünden (W3) [Adelung]


Anzünden, verb. reg. act. brennen machen, im gemeinen Leben anstecken. Ein Feuer anzünden. Ein Licht anzünden. Eine Fackel anzünden. Die Feinde haben das Haus, die Stadt angezündet. So auch die Anzündung.

Anm. Anzünden, Goth. intandjan, Dän. antände, kommt mit dem Latein. accendere und incendere genau überein. Die Niedersachsen sagen dafür ansteiken und ansticken, und die Bremer anfengen und fengen, von dem alten Angels. und Isländ. Fon, Fun, Feuer, wovon unser Funke abstammet. In Baiern ist für anzünden auch ankenden üblich, welches vermuthlich nur eine verschiedene Aussprache des z und des Latein. c ist. In Oberdeutschland hat man auch das Neutrum anzunden, mit irregulärer Conjugation, angezunden, für angezündet werden, entbrennen, welches man aber im Hochdeutschen nicht kennet. S. Zünden.


Anzupfen (W3) [Adelung]


* Anzupfen, verb. reg. act. an einem zupfen, d. i. einen an den Kleidern zupfen, ein Verbum, welches in Oberdeutschland am häufigsten ist, und zwar nicht nur in der eigentlichen Bedeutung, sondern auch in der figürlichen, für anzapfen, welches siehe.


Anzwacken (W3) [Adelung]


Anzwacken, verb. reg. act. figürlich für anzapfen. Einen anzwacken, ihn mit empfindlichen Worten angreifen. Die Unschuld anzwacken, Günth. So auch die Anzwackung. S. Zwacken.


Anzwecken (W3) [Adelung]


Anzwecken, verb. reg. act. von Zweck, ein kleiner Nagel, mit Zwecken an etwas befestigen, am häufigsten bey den Schustern. Das Leder anzwecken, an den Leisten. So auch die Anzweckung.


Anzwicken (W3) [Adelung]


+ Anzwicken, verb. reg. act. Jemanden anzwicken, mit geringen Vorwürfen und kleinen Anzüglichkeiten angreifen; fast wie anzapfen.


Anzwingen (W3) [Adelung]


Anzwingen, verb. irreg. act. S. Zwingen; einem etwas, ihn zu dessen Annahme zwingen; wie aufzwingen.


Anzwirnen (W3) [Adelung]


Anzwirnen, verb. reg. act. 1) Durch Zwirnen verbinden. Einen abgerissenen Faden wieder anzwirnen. 2) Ein Unglück anzwirnen, figürlich für anstiften.


Apanage (W3) [Adelung]


Die Apanage, (sprich Apanasche,) plur. die -n, aus dem Franz. Apanage, die Abfindung eines nachgebornen Herren mit Einkünften und Gütern, und diese Einkünfte und Güter. Daher apanagiren, (sprich apanaschiren,) auf solche Art abfinden. Das Franz. leitet man gemeiniglich von panis her, S. indessen auch Abbannen.


Apart (W3) [Adelung]


+ Apart, adj. et adv. welches ohne alle Noth aus dem Franz. a part erborget ist, von andern Dingen abgesondert, unterschieden; besonder, besonders.


Apenbeere (W3) [Adelung]


Die Apenbeere, S. Affenbeere.


Apfel (W3) [Adelung]


Der Apfel, des -s, plur. die Äpfel, Diminutivum das Äpfelchen, im Oberdeutschen das Äpflein. 1) Die bekannte Frucht des Apfelbaumes, welche aus einem mit Fleische bekleideten fünffächerigen Samengehäuse bestehet. Wilde Äpfel oder Holzäpfel, (in Schleßwig Sauerkratten, in Niedersachsen Höltick,) zahme Äpfel oder Gartenäpfel, welche letztern von ihrer Gestalt, ihrem Geschmacke und andern zufälligen Umständen eine Menge verschiedener, theils seltsamer Nahmen bekommen haben. In einen sauren Apfel beißen, im gemeinen Leben, sich zu einer unangenehmen Sache entschließen. Es war so voll Menschen, daß kein Apfel zur Erde konnte, ganz mit Menschen angefüllt. Sprw. Der Apfel fällt nicht weit von dem Stamme, welches man von Kindern sagt, welche ihren Ältern nacharten. Der Baum trägt sich selber keine Äpfel, wir werden nicht allein um unsertwillen geboren. Der beste Apfel hat oft einen Wurm, es ist nicht alle Mahl dem äußern Ansehen zu trauen. 2) Wegen der runden Gestalt werden auch verschiedene andere Producte des Pflanzenreiches Äpfel genannt, wohin die Erdäpfel, Eichäpfel, Tolläpfel, Hagäpfel, Sporäpfel, Schlafäpfel, Galläpfel u. a. m. gehören. 3) Von einer noch entferntern Ähnlichkeit führen auch andere runde Körper diesen Nahmen, welches der Adamsapfel, der Augapfel, der Roßapfel und der Reichsapfel beweisen.

Anm. Der Nahme dieser Frucht ist alt und mit sehr unerheblichen Veränderungen in den meisten Europäischen Sprachen anzutreffen. Bey den Franken und Alemannen lautet er Aphul, Aphol, Apfel, und im Plural Epfele, und Effeli; bey den Angelsachsen Apl, Aepple, Epl; bey den Engländ. Apple; bey den Holländern Appel; bey den Dänen Abild und Äble; bey den Schweden Aeple; bey den Niedersachsen Appel, und im Plural Eppel; bey den Irländern Aval; bey den Wallisern Afal; bey den Böhmen Gablko; bey den Pohlen Jablko; bey den Russen Jabloko; bey den Litthauern Obelis; und bey den Wenden Jablo; daher Jablunke, ein mit Apfelbäumen bewachsener Platz. Die Abstammung dieses Nahmens ist noch ungewiß. Einige sind auf das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ein Birnbaum gefallen. Wachter hält sich an die runde Gestalt, und leitet ihn auf eine sehr gezwungene Art von Bol ab. Ihre führet hingegen ein so genanntes Celtisches Verbum eppilew, Frucht bringen an, nach welchem Apfel der allgemeine Nahme einer jeden Frucht seyn würde.


Apfelbaum (W3) [Adelung]


Der Apfelbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, dessen Samengehäuse der Apfel ist; Pyrus Malus, L. Der wilde Apfelbaum oder Holzapfelbaum, der vermuthlich der Stammvater aller derjenigen Spielarten ist, die unter dem Nahmen der zahmen Apfelbäume bekannt sind, und welche wieder in hochstämmige und Zwerg- und Franzbäume getheilet werden.


Apfelbein (W3) [Adelung]


Das Apfelbein, des -es, plur. die -e, bey einigen das Backenbein, os malae, weil es unter dem Auge wie ein Apfel hervor raget. S. Backenbein.


Apfelbohrer (W3) [Adelung]


Der Apfelbohrer, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art Rüsselkäfer, welche die Apfelblüthen zerstöret, und zu dem Curculio des Linnee gehöret; auch Apfelschäler.


Apfelbrecher (W3) [Adelung]


Der Apfelbrecher, des -s, plur. ut. nom. sing. bey den Gärtnern, ein Werkzeug, die Äpfel bequem und ohne Schaden von den Bäumen zu pflücken, welches auch ein Apfelpflücker, Obstbrecher, und Obsthame genannt wird.


Apfelbrey (W3) [Adelung]


Der Apfelbrey, des -es, plur. inusit. in den Küchen, Äpfel, welche zu einem Breye gekocht werden; Apfelmuß.


Apfeldorn (W3) [Adelung]


Der Apfeldorn, des -es, plur. die -en, wilde Apfelstauden, so wie sie aus Kernen zu Hecken gezogen werden.


Apfelgrau (W3) [Adelung]


Apfelgrau, adj. et. adv. welches vornehmlich von Pferden gebraucht wird, grau und mit runden Flecken, welche Äpfeln gleichen, gezieret; S. Apfelschimmel.


Apfelgrün (W3) [Adelung]


Apfelgrün, adj. et adv. der Beynahme einer grünen Farbe, welche der Farbe einiger Äpfel gleicht, und eine Mittelfarbe zwischen Nelkengrün und Seladon ist.


Apfelkoch (W3) [Adelung]


Der Apfelkoch, des -es, plur. die -köche, in den Küchen, eine Art Torte von Äpfeln; S. Koch.


Apfelkreuz (W3) [Adelung]


Das Apfelkreuz, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein Kreuz, welches an seinen vier Enden Kugeln oder Äpfel hat; das Kugelstabkreuz, Pilgrimstabkreuz, Franz. Croix pommelee.


Apfelkuchen (W3) [Adelung]


Der Apfelkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Kuchen, der mit klein geschnittenen Äpfeln beleget worden.


Apfelküchlein (W3) [Adelung]


Das Apfelküchlein, des -s, plur. ut nom. sing. in Schmalz gebackene Apfelschnitte, welche auch Apfelschnitte, Apfelschnitze, Apfelstrauben, Apfelkräpfchen u. s. f. heißen.


Apfelkürbs (W3) [Adelung]


Der Apfelkürbs, des -es, plur. die -e, eine Art Kürbse, welche wegen ihrer runden Gestalt den Äpfeln gleichen; Cucurbita Melopepo, L.


Apfelmost (W3) [Adelung]


Der Apfelmost, des -es, plur. inusit. ein Getränk, welches aus ausgepreßten Äpfeln zubereitet wird, in Frankreich, England und der Schweiz am bekanntesten ist, und auch Apfelwein, ingleichen Cider genannt wird. S. Cider.


Apfelmuß (W3) [Adelung]


Das Apfelmuß, des -es, plur. inusit. S. Apfelbrey.


Apfeln (W3) [Adelung]


Apfeln, verb. reg. act. wovon im gemeinen Leben aber nur das Participium geapfelt üblich ist. Ein geapfeltes Pferd, welches mit apfelrunden Flecken gezieret ist.


Apfelpflaume (W3) [Adelung]


Die Apfelpflaume, plur. die -n, eine Art Pflaumen, welche an runder Gestalt den Äpfeln gleichet.


Apfelpflücker (W3) [Adelung]


Der Apfelpflücker, S. Apfelbrecher.


Apfelquitte (W3) [Adelung]


Die Apfelquitte, plur. die -n, eine Art Quitten, welche an ihrer runden Gestalt den Äpfeln gleicht; im Gegensatze der Birnquitten. Man muß die Apfelquitten nicht mit den Quittenäpfeln verwechseln, welche eine Art großer Äpfel sind, die an Farbe und Gestalt den Quitten gleichen.


Apfel-Regal (W3) [Adelung]


Das Apfel-Regal, des -es, plur. die -e, in dem Orgelbaue, eine Art des Pfeifenspieles, welches acht Fuß Ton hat, und dessen Pfeifen wie Äpfel auf ihren Stielen stehen, daher es auch das Knopf-Regal genannt wird.


Apfelschäler (W3) [Adelung]


Der Apfelschäler, S. Apfelbohrer.


Apfelschimmel (W3) [Adelung]


Der Apfelschimmel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Schimmel, dessen Haare geapfelt, d. i. mit apfelrunden Flecken versehen ist.


Apfelschnitt (W3) [Adelung]


Der Apfelschnitt, oder Apfelschnitz, des -es, plur. die -e, ein Stück eines zerschnittenen Apfels, eine Apfelscheibe; ingleichen, ein solches in Schmalz gebackenes Stück von einem Apfel; S. Apfelküchlein.


Apfelsine (W3) [Adelung]


Die Apfelsine, plur. die -n, die Frucht des Apfelsinenbaumes, welche eine Abart der Pomeranzen ist, und eine süße eßbare Schale hat; Malus aurantia Sinensis, L. Der Nahme ist nach dem Franz. Pomme de Sine, und bedeutet, daß man die Frucht zuerst aus China bekommen, von welchem Reiche man sie in einigen Gegenden auch Chinapfel nennet. Weil man sie anfänglich nur über Portugall erhielt, so hießen sie geraume Zeit nur Portugiesische Pomeranzen.


Apfelstaude (W3) [Adelung]


Die Apfelstaude, plur. die -n, eine Art Apfelbäume, welche zu den Zwerg- oder Franzbäumen gehören, die Gestalt der Stauden behalten, und aus den Schößlingen fortgepflanzet werden; der Apfelstrauch.


Apfelstecher (W3) [Adelung]


Der Apfelstecher, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug der Küchen, womit aus den Apfelscheiben, wenn sie gebacken werden sollen, in der Mitte ein Loch ausgestochen wird.


Apfelstraube (W3) [Adelung]


Die Apfelstraube, plur. die -n, S. Apfelküchlein.


Apfeltorte (W3) [Adelung]


Die Apfeltorte, plur. die -n, eine Torte, welche mit Apfelschnitten beleget worden.


Apfelwein (W3) [Adelung]


Der Apfelwein, des -es, plur. inusit. S. Apfelmost.


A-pfennig (W3) [Adelung]


Der A-pfennig, des -es, plur. die -e, ein Nahme verschiedener alter Münzen, welche ein A zum Gepräge haben. Man hat deren so wohl von der Stadt Stadtbergen, welche ein Gothisches A mit einer Krone bedeckt, führet, als auch von dem Herzog Albert in Preußen, auf welchen ein altes Latein. A gepräget ist.


Aphorismus (W3) [Adelung]


Der Aphorismus, des -mi, plur. die -mi, das Griech. und Lat. Aphorismus, ein kurzer kernhafter Ausspruch oder Satz. Daher aphoristisch, adj. et adv. aus kurzen abgebrochenen Sätzen bestehend.


Apodiktisch (W3) [Adelung]


Apodiktisch, -er, -te, adj. et adv. aus den Griechischen, unwidersprechlich gewiß, unläugbar; ein Wort, welches man füglich entrathen kann.


Apokalypse (W3) [Adelung]


Die Apokalypse, plur. car. aus dem Griechischen, die Offenbarung Johannis in dem neuen Testamente. Daher apokalyptisch, in derselben gegründet, und figürlich, dunkel, räthselhaft.


Apokryphisch (W3) [Adelung]


Apokryphisch, adj. et adv. aus dem Griechischen. Die apokryphischen Bücher der heiligen Schrift, welchen keine göttliche Eingebung zugeschrieben wird; im Gegensatze der kanonischen. Figürlich, dessen Glaubwürdigkeit zweifelhaft ist, verdächtig, untergeschoben.


Apoll (W3) [Adelung]


Apoll, Genit. Apolls, Dat. Apollen, plur. car. der Gott der Dichter bey den ältern Griechen und neuern Dichtern. So fern es dessen Bildsäule und Bildniß bezeichnet, kann es auch als ein Apellativum mit dem Artikel und im Plural gebraucht werden. Der Farnesische Apoll. Alle diese Apolle.


Apologie (W3) [Adelung]


Die Apologie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griech. und Lat. Apologia, eine Vertheidigung mit Worten, eine Schutzrede, Schutzschrift, welche Deutsche Wörter wohl eben so gut sind. Daher der Apologist, des -en, plur. die -en, der sich oder andere mit Worten vertheidiget, der Schutzredner, Verfechter; apologetisch, zu einer Vertheidigung mit Worten gehörig, dieselbe enthaltend, darin gegründet.


Apoplexie (W3) [Adelung]


+ Die Apoplexie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griech. und Lat. Apoplexia, der Schlagfluß, Schlag. Daher apoplektisch, dazu gehörig, in demselben gegründet. Apoplektisch Zufälle.


Apostasie (W3) [Adelung]


Die Apostasie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griech. und Lat. Apostasia, die vorsetzliche Verfassung der wahren Religion, der Abfall. Daher der Apostat, des -en, plur. die -en, derjenige, welcher von der wahren Religion zu einer falschen übergegangen ist, ein Abgefallener, Abtrünniger.


Apostel (W3) [Adelung]


Der Apostel, des -s, plur. ut nom. sing. ein bekanntes Kirchenwort, einen Bothen oder Gesandten Gottes zu bezeichnen. Ins besondere führen diese Nahmen, 1) die Schüler Christi, die von ihm zur Bekanntmachung seiner Lehre ausgesandt worden. 2) Derjenige, welcher die christliche Religion zuerst in einem Lande verkündiget. In diesem Verstande wird Bonifacius für den Apostel der Deutschen, Dionysius von Korinth für den Apostel Frankreichs u. s. f. gehalten. 3) Zu Genf und in der Schweiz führen diese Nahmen auch diejenigen jungen Prediger, welche zum voraus geweihet werden, ehe sie an eine gewisse Kirche berufen werden.

Anm. Es ist aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Lat. Apostolus in die Deutsche Sprache aufgenommen worden. Bey dem Ulphilas lautet es Apaustaulus, und bey dem Tatian Postul. Es bedeutet eigentlich einen Gesandten oder Bothen, daher sind in der Alemannischen Mundart noch lange die Benennungen Poto und Zwelfpot für Apostel übrig geblieben, und in dem bekannten, Herr Gott dich loben wir, singet man noch: der heiligen zwölf Bothen Zahl.


Apostelamt (W3) [Adelung]


Das Apostelamt, des -es, plur. inusit. in der biblischen Schreibart, das Amt und die Würde eines Apostels, oder Bothen Gottes.


Apostelgeschichte (W3) [Adelung]


Die Apostelgeschichte, plur. inus. ein Buch des neuen Testamentes, welches die Thaten und Schicksale der Apostel nach Christi Himmelfahrt enthält. In einer alten Oberdeutschen Übersetzung von 1462 wird es das Bottenbuch, und in der Niedersächsischen Bibel von 1494 hat Boek der Werkinghe der aposteln genannt.


Apostelsalbe (W3) [Adelung]


Die Apostelsalbe, plur. inus. bey den Pferdeärzten, ein Nahme einer gewissen Salbe, welche zur Zeitigung und Heilung der Geschwüre gebraucht wird, und diesen Nahmen führet, weil sie gerade aus zwölf Ingredienzien bestehet.


Aposteltag (W3) [Adelung]


Der Aposteltag, des -es, plur. die -e, gewisse Tage in der christlichen Kirche, welche zum Andenken der Apostel und der durch sie verschafften Wohlthaten gefeyert werden.


Aposteltheilung (W3) [Adelung]


Die Aposteltheilung, plur. car. 1) Die Handlung, da die Apostel aus einander gingen, die Verkündigung des Evangelii anzufangen. 3) Das Fest, welches zum Andenken dieser Handlung verordnet worden, und in den mittlern Zeiten auch aller Apostel Tag und der Wallstag genannt wird. S. Haltaus Calend. S. 112.


Apostem (W3) [Adelung]


+ Das Apostem, des -es, plur. die -e, ein ganz ohne Noth aus dem Griech. und Latein. Apostema erborgtes Wort, ein Geschwür, einen Schwären zu bezeichnen. Daher das Apostem-Kraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme der Scabiose, oder des Grindkrautes, welches wegen seiner Wirkung in Brust- und Lungengeschwüren diesen Nahmen erhalten hat. S. Grindkraut und Scabiose. Das Apostem-Röhrlein, oder Apostem-Röschen, des -s, plur. inusit. der Löwenzahn, der diesen Nahmen der hohlen Beschaffenheit seiner Stengel und seiner heilenden Kraft zu danken hat. Die Apostem-Wurzel, plur. die -n, die Wurzel des Apostem-Krautes.


Apostolisch (W3) [Adelung]


Apostolisch, adj. et adv. von den Aposteln herkommend, ihrer Lehre gemäß, in derselben gegründet. Das apostolische Glaubensbekenntniß, das Bekenntniß derjenigen Lehren, welche die Apostel selbst bekannt gemacht haben, oder, wie man in der Römischen Kirche glaubt, welches von den Aposteln selbst abgefasset worden. Ein apostolisches Leben, welches den Lehren und dem Leben der Apostel gemäß ist. Der apostolische Stuhl zu Rom, der päpstliche, weil er von dem Apostel Petrus soll seyn gegründet worden. Seit Stephans des Ersten Zeiten führen die Könige von Ungarn den Titel apostolisch, welchen Papst Clemens der Dreyzehnte im Jahre 1758 für die Kaiserinn Königinn und ihre Nachkommen erneuert und bestätiget hat. Kero braucht potoliha für apostolisch.


Apostroph (W3) [Adelung]


Der Apostroph, des -es, plur. die -e, aus dem Griech. und Lat. Apostrophus, in der Sprachkunst, ein krummer oben an das Ende eines Wortes gesetzter Strich, einen weggeworfenen Vocal zu bezeichnen; bey einigen Sprachlehrern, obgleich sehr unschicklich, der Oberstrich oder Hinterstrich. Ein anderes ist die Apostrophe, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, eine Figur in der Beredsamkeit, wenn man die Rede an eine andere Person richtet, als die Absicht der Rede es zu erfordern scheinet.


Apotheke (W3) [Adelung]


Die Apotheke, plur. die -n, von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und dem Latein. Apotheca. 1) Eine Anstalt, wo einfache und gemischte Arzeneyen verfertigt, verwahret und ausgegeben werden. 2) Eine Sammlung verschiedener Arzeneyen, welche zu einem gewissen Gebrauche bestimmt sind. Daher die Haus-Apotheke, ein Vorrath von solchen Arzeneyen, deren man zum häuslichen Gebrauche für sich benöthiget ist; die Reise-Apotheke, welche man bequem auf der Reise bey sich führen kann u. s. f.

Anm. Ehe der Lateinische Nahme eingeführet wurde, der vor diesem von weiterm Umfange war, und einen jeden Vorrath, besonders von Getreide und Eßwaaren und dessen Verhältniß bedeutete, hatte man Deutsche Benennungen, eine Apotheke im ersten Verstande zu bezeichnen. Eine der bekanntesten war Krauthaus, welche noch in einem 1477 gedruckten Vocabelbuche vorkommt. Staczen kommt in eben dieser Bedeutung bey dem Hornegk vor, und in einem 1482 gedruckten Vocabelbuche heißt Stazaw Stazawner, Spezger, und Wurzler ein Apotheker.


Apotheker (W3) [Adelung]


Der Apotheker, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher eine Apotheke im ersten Verstande besitzet und unterhält. Die Apothekerinn, plur. die -en, dessen Gattinn. Daher die Apotheker-Kunst, die Pharmacie; der Apotheker-Junge oder Lehrling; der Apotheker-Gesell; die Apotheker-Taxe, der Preis, für welchen die Arzeneyen verkauft werden müssen; das Apotheker-Gewicht, des -es, plur. die -e, das in den Apotheken übliche Gewicht, im Gegensatze des Kramergewichtes. Jenes ist in ganz Deutschland beynahe gleich, und unterscheidet sich von den übrigen Arten der Gewichte dadurch, daß ein Apotheker-Pfund nur zwölf Unzen oder vier und zwanzig Loth hält. Die Apotheker-Birn, eine Art großer länglicher, blaßgelber saftiger Birnen, welche auch Malvaster-Birn, genannt wird; Franz. Bon chretien d'ete, Gratiole d'ete.


Apotheose (W3) [Adelung]


+ Die Apotheose, plur. die -n, aus dem Griech. und Latein. Apotheosis, die Handlung, da man jemanden unter die Zahl der Götter versetzet, die Vergötterung.


Apparelle (W3) [Adelung]


Die Apparelle, plur. die -n, aus dem Franz. Appareil, in der Kriegesbaukunst, der sanft ansteigende Weg zu den Wällen, die Auffahrt.


Appell (W3) [Adelung]


Appell, aus dem Französ. Appel, bey den Soldaten, dasjenige Zeichen mit der Trommel oder Trompete, wodurch die Soldaten entweder zum Aufsitzen und zum Gewehre, oder auch zum Rückzuge berufen werden. Es wird im Deutschen nur absolute und ohne Artikel gebraucht. Appel blasen.


Appellation (W3) [Adelung]


Die Appellation, plur. die -en, aus dem Latein. Appellatio, in den Rechten, die Beschwerde über die Ungerechtigkeit eines niedern Richters bey einem höhern, und die Schrift, worinn diese Beschwerde enthalten ist. Derjenige, welcher diese Klage anstellet, wird der Appellant, sein Gegentheil aber der Appellat genannt. Daher der Appellations-Eid, welchen an einigen Orten der Appellant ablegen muß, daß er eine gerechte Sache zu haben glaube; das Appellations-Gericht, ein höheres Gericht, an welches man von den Untergerichten appelliren kann, dessen Beysitzer gemeiniglich Appellations-Räthe genannt werden. Appelliren, verb. reg. act. einen untern Richter wegen seines gefälleten Urtheiles bey einem höhern verklagen. Von einem Gerichte an ein höheres appelliren.

Anm. Ehe diese Wörter mit dem Römischen Rechte in die Deutschen Gerichtsstuben eingeführet wurden, gebrauchte man ein Urtheil schelten, beschelten, bedingen, berufen, sich abrufen, sich für einen höhern Richter berufen, ein Urtheil verwerfen u. s. f. für appelliren, und Bescheltung, Berufung, Abberufung, Gezug, Mittel- und Hauptfahrt u. s. f. für Appellation.


Appellativum (W3) [Adelung]


Das Appellativum, des -vi, plur. die -va, ein Lateinisches Kunstwort der Sprachlehre, diejenigen Substantiva zu bezeichnen, welche die selbstständigen Dinge nach einem gemeinschaftlichen Merkmahle bezeichnen, z. B. Baum, Mensch, Fisch; zum Unterschiede von den Nominibus propriis. Im Deutschen kann man jene füglich Gattungsnahmen oder Gattungswörter, diese aber eigene Nahmen nennen.


Appelliren (W3) [Adelung]


Appelliren, verb. reg. neutr. mit haben, aus dem Lat. appellare. 1) In den Rechten, S. Appellation. 2) Figürlich ist im gemeinen Leben nach Speyer appelliren, oder kürzer appelliren schlechthin, so viel als sich übergeben, oder erbrechen; wo doch die ganze Figur in einer bloßen Anspielung auf den zweydeutigen Laut des Wortes Speyer liegt.


Appetit (W3) [Adelung]


Der Appetit, des -es, plur. inusit. von dem Latein. Appetitus. 1) + Eine jede Neigung, oder ein schwächerer Grad des Verlangens, zu oder nach etwas. Appetit zu, oder nach etwashaben. 2) Die Neigung zu essen. Appetit haben. Einem Appetit machen.

Anm. Die Niedersachsen drucken die zweyte Bedeutung dieses Wortes durch Möge aus. Noch gröbere Mundarten haben das niedrige Eterich, Edrich, von eten, essen, einen schwächern Grad des Hungers auszudrucken. In manchen Fällen, aber nicht immer, läßt sich Eßlust dafür gebrauchen, indem es eigentlich einen stärkern Grad des Verlangens ausdruckt, als Appetit.


Appetitlich (W3) [Adelung]


Appetitlich, -er, -ste, adj. et adv. Appetit erweckend, doch nur in uneigentlicher Bedeutung. Appetitlich essen, so zierlich und reinlich essen, daß auch andere dadurch zum Essen Lust bekommen. Das Essen war überaus appetitlich zugerichtet. In weiterer Bedeutung, und im Scherze auch wohl von andern Dingen. Er sahe eben nicht appetitlich aus.


Äppich (W3) [Adelung]


Der "Äppich", des -es, plur. inusit. ein Nahme, welcher besonders in Oberdeutschland verschiedenen Gewächsen beygeleget wird.

Anm. In dem ersten Falle ist "Äppich" wohl aus "Epheu" zusammen gezogen, und da schreibt man es billiger mit einem "E". In den übrigen Fällen aber ist es aus "Apium" entstanden, und muß daher billig mit "Ä" geschrieben werden. Gegen das Ende des 15ten Jahrhundertes wurde es in Oberdeutschland "Epf", "Eppe", "Eppich" und "Apft" geschrieben.


Application (W3) [Adelung]


+ Die Application, plur. inusit. ein sehr überflüssiges, aus dem Latein. Applicatio entlehntes Wort. 1) Für Anwendung. 2) Die geschärfte Richtung des Gemüthes auf einen Gegenstand, Fleiß, Aufmerksamkeit. So auch das Verbum appliciren. 1) Anwenden 2) Gebrauch von einem Hülfsmittel machen. Ein Pflas=ter appliciren, auflegen. 3) Sich auf etwas appliciren, sich dessen befleißigen, sich darauf legen.


Apposition (W3) [Adelung]


Die Apposition, plur. die -en, aus dem Lat. Appositio, in der Sprachlehre, die Nebeneinanderstellung zweyer Substantive in einerley Endung; z. B. seine Mutter Susanna.


Appretiren (W3) [Adelung]


+ Appretiren, verb. reg. act. aus dem Franz. appreter, einem Dinge die letzte Zubereitung zu seiner Bestimmung geben, es zurichten; besonders bey den Zeugmachern, wenn sie den gewebten Zeugen Ansehen, Glanz und Schönheit geben. So auch die Appretur, die Zurichtung.


Approschen (W3) [Adelung]


Die Approschen, sing. inusit. aus dem Franz. Approches, in der Belagerungskunst, die Laufgräben, welches gute Deutsche Wort eben das sagt. Daher approschiren, verb. reg. neutr. mit haben, Laufgräben ziehen oder machen.


Aprill (W3) [Adelung]


Der Aprill, des -es, plur. doch nur selten die -e, der vierte Monath im Jahre, welcher 30 Tage hat. Jemanden in den Aprill schicken, ihn am ersten Aprill andern zum Gelächter vergebens wohin schicken, seine Leichtgläubigkeit an diesem Tage mißbrauchen. Der sich auf solche Art hintergehen lässet, wird im gemeinen Leben ein Aprillnarr genannt. In den Aprill gehen, vergebens gehen. Die veränderliche Beschaffenheit der Witterung im Aprill, hat verschiedene figürliche Benennungen veranlasset; z. B. Aprillenglück, veränderliches, unbeständiges Glück; Aprillenwetter, veränderliches Wetter.

Anm. Das Latein. Aprilis ist nicht von dem Verbo aperire, sondern vermuthlich von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, einem Nahmen der Venus. Carl der Große gab diesem Monathe den Nahmen Ostarmanoth, die Holländer nennen ihn Grasmonath, und einige Neuere haben den Nahmen Blumenmonath aufbringen wollen; allein der Lateinische Nahme hat noch immer die Oberhand behalten. In dem aberellen So die bluomen springen So louben die linden Und gruonen die bouchen u. s. f. singt Heinrich von Veldeg. Da die Deutsche Ansprache das gedehnte Lateinische i in ein geschärftes verwandelt hat, so erfordern Aussprache und Analogie auch ein gedoppeltes l. Der Ursprung des Aprillschickens ist noch unbekannt. Dietherr ad Speidel v. April, hat den wunderlichen Einfall, daß es von dem Herumführen Christi von Pilato zu Herode und von Herode zu Pilato herkomme. Andere leiten es von einem Feste her, welches in dem Heidenthume dem Gotte des Lachens gewidmet gewesen, vergessen aber dabey zu beweisen, daß dieser Gott oder dessen Fest den Deutschen jemahls bekannt gewesen.


Aprillregen (W3) [Adelung]


Der Aprillregen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Regen im Aprill. Da diese gemeiniglich nicht anhaltend zu seyn pflegen, so nennt man auch wohl einen jeden kurz vorüber gehenden Regen einen Aprillregen.


Aprillschein (W3) [Adelung]


Der Aprillschein, des -es, plur. car. in den Kalendern, der Neumond, welcher in den Aprill fällt.


Aquafort (W3) [Adelung]


+ Das Aquafort, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, aus dem Latein. Aqua fortis, Scheidewasser; ein völlig unnöthiger fremder Nahme.


Aquamarin (W3) [Adelung]


Der Aquamarin, des -es, plur. die -e, ein Nahme des Berylles, von dem Ital. Acqua marina, weil seine blaß grüne Farbe der Farbe des Meerwassers gleichet. S. Beryll.


Äquator (W3) [Adelung]


Der Äquator, des -s, plur. car. in der Erdbeschreibung, ein Zirkel, welchen man sich mitten um die Erdkugel, aber auch eine jede andere Kugel vorstellet, und der von jedem Pole überall 90 Grad entfernet ist. Die Schiffer nennen ihn nur schlechthin die Linie; manche Deutsche Schriftsteller aber die Gleichlinie und Mittellinie, wovon aber der erstere Nahme zu dunkel und dabey unanalogisch, der letztere zu unbestimmt ist.


Aquavit (W3) [Adelung]


+ Der Aquavit, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, aus dem Lat. Aqua vitae, alle Arten mit Gewürzen, Früchten und andern Sachen abgezogenen Branntweines, welche man sonst auch Lebenswasser zu nennen pflegt.


Äquinoctium (W3) [Adelung]


Das Äquinoctium, des -tii, plur. die -tia, ein völlig Lateinisches Wort, diejenige Zeit im Jahre zu bezeichnen, wenn Tag und Nacht gleich sind; die Nachtgleiche, die Gleichtage, welche Nahmen doch ihre Unbequemlichkeit haben.


Arabeske (W3) [Adelung]


Die Arabeske, plur. die -n, aus dem Franz. Arabesque, in den bildenden Künsten, Arabische Zierathen, d. i. Zierathen, welche kein Urbild haben; besonders Zweige und verschlungene Züge dieser Art, weil die Araber keine andern Abbildungen dulden.


Arabien (W3) [Adelung]


Arabien, Genit. Arabiens, plur. car. der Nahme eines bekannten Landes in Asien. Daher die Araber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin die Araberinn, plur. die -en, eine Person, und im Mascul. auch ein Pferd aus diesem Lande; Arabisch, aus demselben her, demselben ähnlich, darin gegründet.


Arack (W3) [Adelung]


Arack, S. Arrack.


Arbeere (W3) [Adelung]


Die Arbeere, plur. die -n, S. Arlesbeere.


Arbeit (W3) [Adelung]


Die Arbeit, plur. die -en, ein Wort, welches so wohl die angestrengte Anwendung der Leibes- und Seelenkräfte, als auch den Gegenstand dieser Anwendung zu bezeichnen gebraucht wird. Es bedeutet also,I. Die Anwendung seiner Kräfte, so fern sie mit Anstrengung verbunden ist; und zwar,1. In eigentlicher Bedeutung, die angestrengte Anwendung der Leibeskräfte, vornehmlich, um zeitliches Vermögen damit zu erwerben. Eine schwere, harte, saure, leichte Arbeit. Einen zu Arbeit anhalten. Vergebliche Arbeit thun. Seine Arbeit verrichten. Sich an eine Arbeit machen, dieselbe anfangen. An seine Arbeit gehen. Von der Arbeit kommen. Ich traf ihn in voller Arbeit an. In voller Arbeit begriffen seyn. Etwas in die Arbeit nehmen, daran zu arbeiten anfangen. Sprichw. Wie die Arbeit, so der Lohn. Besonders haben sich dieses Wort die Handwerker eigen gemacht, den ganzen Umfang der zu ihrem Handwerke gehörigen Beschäftigungen damit auszudrucken. Bey einem Meister in Arbeit stehen. Einem aus der Arbeit gehen, eines Meisters Dienste wider dessen Willen verlassen. Einen Gesellen bey einem Meister in Arbeit bringen.2. In weiterer Bedeutung, die pflichtmäßige Anwendung der Seelenkräfte; in welcher Bedeutung die meisten der oben von der Leibesarbeit angeführten Ausdrücke gleichfalls üblich sind. Man sagt daher auch hier: seine Arbeit verrichten, sich an eine Arbeit machen, an seine Arbeit gehen u. s. f.3. Figürlich. 1) Die innere Bewegung lebloser Körper, besonders diejenige, welche durch die Gährung hervor gebracht wird. Denn so sagt man im gemeinen Leben: das Bier, der Wein ist in der Arbeit, er gähret. Dann aber auch, doch nur in der höhern Schreibart, eine jede heftige Bewegung lebloser Körper. So wird in den Monseeischen Glossen arapeiti durch Sturmwind erkläret; und auf eben die Art könnte auch der Dichter ein Ungewitter, das Brausen des Meeres u. s. f. eine Arbeit der Natur nennen. 2) Mühe, Beschwerlichkeit. Das hat mir viele Arbeit gekostet. Viele Mühe und Arbeit ausstehen. Ehedem erstreckte sich diese Bedeutung noch weiter, und war für Verdruß, Schmerzen, Verfolgung, u. s. f. sehr gewöhnlich. Bey dem Ottfried kommt daher arabeit mehrmahls für Geld vor. Mit arabeitin uuerbent si, mit Schmerzen sind sie umgeben, sagt eben derselbe B. 1. K. 18, 77. Schon Kero gebraucht arabeiti für tribulatio, und im Theuerdank findet man es oft für Sorge, Verdruß u. s. w. Wie er den Helden bringen kundtIn schaden angst not und arbeyt, Theuerd. Kap. 41. Auch in der Deutschen Bibel findet sich diese Bedeutung sehr oft; z. B. Mir hast du Arbeit gemacht in deinen Sünden, Es. 43, 24. Im Hochdeutschen ist sie nicht mehr üblich, außer daß Arbeit zuweilen noch für Mühe gebraucht wird.II. Der Gegenstand der Arbeit, und zwar,1. Dasjenige, was durch die Arbeit hervor gebracht werden soll, jedoch ohne Anstrengung der Kräfte dabey auszuschließen. Jemanden eine Arbeit geben, auftragen. Er hat viele Arbeiten, ist mit Arbeiten überhäuft. Ich will sogleich an meine Arbeit gehen. Jemanden an eine Arbeit stellen. Besonders bey den Handarbeitern. Arbeit suchen, finden, bekommen. Eine Arbeit übernehmen. Einem eine Arbeit verdingen. Keine Arbeit machen, im gemeinen Leben, eigentlich, nichts zu arbeiten mehr übrig lassen, alle vorhandene Arbeit vollbringen.2. Dasjenige, was durch Arbeit hervor gebracht worden. Das ist seiner Hände Arbeit, er hat es verfertiget. Es ist meine Arbeit. Gelehrte Arbeiten. Die Nachsicht, die man gegen meine Arbeiten bewiesen. Erhabene Arbeit, getriebene Arbeit, halb erhabene Arbeit u. s. f. Eine Arbeit abliefern.

Anm. In dem alten Augsburgischen Stadtbuche, welches im 13ten Jahrhunderte geschrieben worden, kommt Arbeit auch für ein durch Arbeit erworbenes Gut, Eigenthum, Erbe vor. S. Erbe 3. Arbeit, Alemann. und Fränk. Arabeit, alt Schwed. Arfwode, Isländ. Erfinde, kommt vermuthlich von ären, pflügen, arare her, und bedeutet eigentlich die Acker- oder Feldarbeit, und in weiterer Bedeutung, eine jede Anstrengung seiner Kräfte. Nur die Bedeutung der letzten Sylbe ist noch etwas dunkel. Frisch hält sie nicht unwahrscheinlich für das Zeichen der Abstractorum, und da wäre aus Arwde, Arbeit geworden. Das Slavonische Robota, Arbeit, welches noch in dem Österreichischen und Böhmischen Robat, Frohne, lebt, scheint nicht bloß zufällig mit Arbeit verwandt zu seyn.


Arbeiten (W3) [Adelung]


Arbeiten, verb. reg. I. Neutrum, mit haben, seine Kräfte anstrengen, lebhaften Gebrauch von seinen Kräften machen. 1. In eigentlicher Bedeutung, die Kräfte seines Körpers zur Erwerbung zeitlichen Vermögens anstrengen. Fleißig, nachlässig, faul abreiten. Im Felde, im Weinberge, im Garten arbeiten. Bey Lichte arbeiten. Besonders von den Beschäftigungen der Handwerker. Bey einem Meister arbeiten. Auf den Kauf arbeiten. Welcher Schneider arbeitet ihnen? oder bey welchem Schneider lassen sie arbeiten? Welcher Schuster arbeitet dir, oder für dich? Der körperliche Gegenstand der Arbeit bekommt hier meisten Theils die Präposition an. An etwas arbeiten. Er hat schon lange daran gearbeitet. Dessen Materie aber die Präposition in. In Gold, in Wachs, in Seide, in Marmor, in Gyps arbeiten. Auf Wildbret arbeiten, bey den Jägern, Wildbret mit dem Leithunde suchen, und bestätigen. Die Bienen arbeiten, wenn sie ihre Zellen bauen, und selbige mit Honig füllen. 2. In weiterer Bedeutung, die Kräfte seiner Seele zur Erreichung eines gewissen Endzweckes anstrengen. In einer Sache arbeiten. Er hat viel in dieser Sache gearbeitet, viel mit derselben zu thun gehabt. An etwas arbeiten. An einer Schrift, an einem Gedichte, an einem Aufsatze arbeiten. Man darf nie aufhören, an sich selbst zu arbeiten, sich vollkommener zu machen. Ich arbeite für ihr Glück und für ihre Beruhigung, Gell. Geben sie mir Muße, mich aus diesem Wirbel aufrührischer Leidenschaften heraus zu arbeiten, v. Brawe. Wie sich die rasende Jugend in ihre Elend hinein arbeitet, Dusch. 3. In figürlicher Bedeutung. (a) In einer heftigen Bewegung seyn. Der Kranke arbeitet, sagt man von demselben, wenn er sich in einem starken Paroxismo befindet. Das Bier, der Wein arbeitet, gähret. Das Feldgestänge arbeitet, wenn es in der gehörigen Bewegung ist. In dieser Bedeutung findet arbeiten vorzüglich in der höhern Schreibart Platz. Mein Herz arbeitet und blutet. Verschiedene mächtige Leidenschaften schienen in ihrem Herzen zu kämpfen, ihre Brust arbeitete, Dusch. (b) Von leblosen Dingen, so fern sie Werkzeuge zu Erreichung einer Absicht sind. Regenwolken und Gewitter arbeiten an der Verschönerung der Natur, indem sie sie entstellen, Dusch. Wo die Natur nicht die beste Lehrmeisterinn ist,da arbeitet die Kunst umsonst, Weiße. Der Gedanke arbeitete sich wie die Flamme unter dem Schutte empor, Dusch.II. Als ein Activum, folglich mit dem Accusativ. 1. Für bearbeiten. Den Acker arbeiten. Das Zinn läßt sich nicht allein arbeiten, daher wird es stets mit Bley oder Wißmuth versetzet. Das läßt sich gut arbeiten. 2. Für verarbeiten. Gearbeitetes Silber. Ungearbeitetes Silber. 3. Für abrichten. In dieser Bedeutung kommt es nur noch bey den Jägern vor, wo, einen Hund arbeiten, so viel bedeutet, als ihn abrichten. Ein rein gearbeiteter Hund, der nur zu einerley Wildbret gearbeitet, oder gewöhnt ist. Die ehemahlige Bedeutung, da arbeiten für plagen gebraucht wurde, z. B. die mih arabeitent, qui tribulant me, Notker Ps 3, 1 ist hiermit genau verwandt. 4. Ein Pferd, einen Menschen zu Tode arbeiten, durch unmäßige Arbeit dessen Tod verursachen. Sich zu Tode arbeiten. So auch, sich krank, sich gesund, sich reich arbeiten.

Anm. Arbeiten, Goth. arbaidjan, Isländ. erfida, bey den ältern Schweden arfwoda, bey den heutigen arbeta, bey dem Kero, Notker u. s. f. arabeitan. Dän arbeyde, kommt von Arbeit her, man müßte denn mit Herrn Ihre annehmen, daß dieses Verbum von dem alten Arf oder Erf, labor, und idja, operor, exerceo, zusammen gesetzt wäre. Übrigens ist es, so wie Arbeit, ursprünglich nur auf die Ackerarbeit eingeschränket gewesen, daher es denn auch in den meisten Fällen den Nebenbegriff der Anstrengung seiner Kräfte hat. In dem 1534 gedruckten Deutschen Tacitus heißt es daher noch: Getreyd und andere frücht bawen und arbeyten si vleissiger. Indessen kommt es doch schon sehr frühe, so wohl für arbeiten überhaupt, als auch für plagen, verfolgen vor. Das Hauptwort, die Arbeitung, ist für sich allein nicht üblich, wohl aber in den Zusammensetzungen, Abarbeitung, Ausarbeitung, Bearbeitung, Verarbeitung u. s. f. Handarbeit überhaupt verrichten, heißt im Schwabenspiegel auch werken, und bey den Niedersachsen schippwarken. Nachlässig und ohnehin arbeiten, drucken die Hoch- und Niederdeutschen durch schludern und schleudern, die Niedersachsen durch fuddeln, driseln, und nußeln aus. Schwere Arbeit verrichten und sich es dabey sauer werden lassen, heißt in Schwaben fretten, in Niedersachsen sich fälen, woolbargen, drillen, Isländ. thraela. Mühsam arbeiten, wird in Niedersachsen poseln, in Preußen puscheln, und in Schweden pussla genannt, u. s. f. Ein kleines Beyspiel unter tausend andern, wie geschickt die gemeinen Mundarten sind, einen Begriff mit allen seinen Schattirungen und Abänderungen auszudrucken, wo ein Hochdeutscher sich nicht anders als mit Umschweifen helfen kann.


Arbeiter (W3) [Adelung]


Der Arbeiter, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Arbeiterinn, plur. die -en, eine Person, welche arbeitet, besonders welche mit der Hand arbeitet. Ein Arbeiter ist seines Lohnes werth. Ein guter, ein schlechter Arbeiter. Arbeiter annehmen. Die Arbeiter abdanken. Ein Goldarbeiter, Lederarbeiter, Gypsarbeiter u. s. f. ein Künstler oder Handwerker, welcher in Gold, Silber, Leder Gyps arbeitet. Ein Arbeiter am Worte, für Lehrer, Prediger ist nur in der biblischen Schreibart üblich.


Arbeitlos (W3) [Adelung]


Arbeitlos, adj. et adv. keine Arbeit habend, der Arbeit beraubt. Ein arbeitsloser Handwerker. Daher die Arbeitslosigkeit.


Arbeitsam (W3) [Adelung]


Arbeitsam, -er, -ste, adj. et adv. zur Arbeit geneigt, gern und immer arbeitend. Sehr arbeitsam seyn. Ein arbeitsamer Mensch.

Anm. Von Arbeit, Mühe, Beschwerde, würde arbeitsam eigentlich der Arbeit gleich, d. i. schwer, mühsam bedeuten, S. Sam; und in dieser Bedeutung gebraucht Notker dieses Wort auch wirklich. Doch wird arpeitsamaliba in den Monseeischen Glossen schon durch activa vita übersetzt. Mit der Ableitungssylbe lich, welche der Sylbe sam in der Bedeutung völlig gleich ist, sagten die Angelsachsen earbedlic gleichfalls für mühsam, beschwerlich.


Arbeitsamkeit (W3) [Adelung]


Die Arbeitsamkeit, plur. inusit. die Neigung und Bereitwilligkeit, beständig zu arbeiten, oder die Fertigkeit, zu dem möglichsten Gebrauche seiner Kräfte, bey allen Gelegenheiten. Äußerst sich selbige mit der möglichsten Verhütung alles Zeitverlustes, so wird sie Fleiß.


Arbeitsbiene (W3) [Adelung]


Die Arbeitsbiene, plur. die -n, die gewöhnlichen Bienen in einem Bienenstocke, welche alle Geschäfte des Stockes verrichten; die Werkbienen, Honigbienen, oder Stachelbienen; zum Unterschiede von den Drohnen oder Thränen und dem Weisel.


Arbeitselig (W3) [Adelung]


* Arbeitselig, -er, -ste, adj. et adv. welches aber nur in Oberdeutschland für mühsam, elend, üblich ist. Die bekantnis eigner arbentselikeit und ellentz geburt im menschen demut, Geiler im Narrenschiff. Arbeit hat hier die im Hochdeutschen veraltete Bedeutung der Schmerzen, des Verdrusses u. s. f. So auch die Arbeitseligkeit.


Arbeitshaus (W3) [Adelung]


Das Arbeitshaus, des -es, plur. die -häuser, überhaupt ein für Arbeit bestimmtes Haus. In engerer Bedeutung, eine öffentliche Anstalt, in welcher man müßige Leute zur Arbeit anhält, ein Werkhaus; so fern auch Verbrecher darin zur Arbeit gezwungen werden, ein Zuchthaus; und so fern das weibliche Geschlecht darin zum Spinnen angehalten wird, ein Spinnhaus. Ein solches Arbeitshaus wird in Straßburg die Boß oder das Bossenhaus, in Nürnberg das Springerhaus, und an andern Orten das Raspelhaus genannt. S. auch Zuchthaus.


Arbeitslohn (W3) [Adelung]


Der Arbeitslohn, des -es, plur. car. der Lohn, welcher einem Arbeiter für seine Arbeit gebühret. Einem seinen Arbeitslohn vorenthalten, ihm seinen Arbeitslohn bezahlen.

Anm. Da Lohn in Niedersachsen ein Neutrum ist, so wird auch Arbeitslohn in dieser Mundart als ein Neutrum gebraucht. Indessen sagen auch die Oberdeutschen, bey denen Lohn in allen übrigen Fällen männlichen Geschlechtes ist, das Arbeitslohn. S. Lohn.


Arbeitsmann (W3) [Adelung]


Der Arbeitsmann, des -es, plur. die -leute, im gemeinen Leben, für Arbeiter, der sich zu Handarbeiten gebrauchen lässet.


Arbeitstisch (W3) [Adelung]


Der Arbeitstisch, des -es, plur. die -e, derjenige Tisch, woran man seine gewöhnliche Arbeit verrichtet; bey Handwerkern, der Werktisch.


Arben (W3) [Adelung]


Die Arben, plur. ut nom. sing. S. Fichte und Zirbelnuß.


Arbuse (W3) [Adelung]


Die Arbuse, plur. die -n, ein ausländisches Wort, so wohl die Wasser-Melone, Cucumis Anguria, L. als auch den Erdbeerbaum, Arbutus Unedo, L. zu bezeichnen. In der letztern Bedeutung scheint es aus dem Lat. Arbutus gebildet zu seyn.


Arcade (W3) [Adelung]


Die Arcade, plur. die -n, von dem Franz. Arcade, und dieß von dem spätern Latein. Arcata, ein Gewölbe; in der Baukunst, mehrere gewölbte Bogen zwischen zwey Säulen, welche auf ihren besondern Nebenpfeilern ruhen; ein Bogengang, eine Bogenstellung. An den Weberstühlen der Seidenweber, werden die Rahmschnüre, eine Elle von dem Register der Rollen, gleichfalls Arcaden genannt.


Archäologie (W3) [Adelung]


Die Archäologie, (fünfsylbig), plur. die -n, (sechssylbig,) aus dem Griech. und Lat. Archaeologia. 1) Die Lehre von den Alterthümern, die Alterthumskunde; ohne Plural. Daher archäologisch, darin gegründet. 2) Ein Buch, worin diese Lehre vorgetragen wird.


Arche (W3) [Adelung]


Die Arche, plur. die -n, ein im Hochdeutschen größten Theils veraltetes Wort, welches von verschiedenen Arten hohler Behält-nisse gebraucht wurde, und in den gemeinen Mundarten zum Theil noch gebraucht wird.1. Ein Kasten, eine Lade. In diesem Verstande nennen Notker und ältere Übersetzer des alten Testaments die Lade des Bundes eine Arche, welches Wort auch Luther Offenbarung 11, 19. beybehalten hat: und die Arche seines Testaments ward in seinem Tempel gesehen. In den Gedichten der Schwäbischen Dichter kommt Arke mehrmahls für eine jede Kiste vor. Logan gebraucht es für einen Sarg, und in dieser Bedeutung ist es schon alt, indem nicht nur das Schwed. Ark, und das Latein. Arca in eben diesem Verstande vorkommen, sondern auch aurahja bey dem Ulphilas begraben bedeutet. Besonders wird Arche in Baiern von einer Art Fischkasten gebraucht, welche zu der verbothenen Art zu fischen gehöret; daher das Archen schlagen und einlegen daselbst bestraft wird. In den Orgeln und Positiven wird auch der Windkasten eine Ark genannt, und an den Glasöfen heißen die sechs Theile, welche das Äußere desselben ausmachen, Archen. Auf den Schiffen ist die Arche das Gehäuse von Bretern um den Pumpenstock.2. Ein Schiff. So wird noch in verschiedenen Oberdeutschen Gegenden eine Art Flußschiffe von mittlerer Größe und plattem Boden eine Arche genannt; eine Benennung, welche auch in Niedersachsen nicht unbekannt ist. Frisch führet aus den Magdeburgischen Ordnungen die Worte an: von einem Zeddel auf ein Schiff oder Archen. Daß Arche in dieser Bedeutung auch in Hamburg üblich seyn müsse, erhellet aus einer Stelle im Hagedorn: Wir steigen bey den schlanken Weiden Aus Arch und Nachen an den Strand. Da die Vulgata das Schiff Noä schon arcam nennet, so haben Ottfried, Notker, und alle ältere Übersetzer bis auf Luthern dieses Schiff gleichfalls eine Arche genannt, aber damit Gelegenheit gegeben, daß man den ungeschickten Begriff eines Kastens damit verknüpfet; daher der Herr Hofr. Michaelis in seiner neuen Übersetzung diesen unbequemen Ausdruck mit Recht vermieden hat. Das hohe Alter dieses Wortes und dieser Bedeutung erhellet aus dem Nahmen des Griechischen Schiffes - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, welches den Argonauten den Nahmen gab, und dessen Ähnlichkeit mit unserm Arche gewiß nicht bloß zufällig ist.3. Ein Gerinne bey den Wassergebäuden, welches mit Holz eingefasset ist, und daher einem Kasten gleichet. So wird in Niedersachsen ein gerinne an Wassermühlen und Fischteichen, das Wasser dadurch abzulassen, eine Arche genannt. An andern Niedersächsischen Orten führet diesen Nahmen auch das Wehr selbst, ingleichen ein mit Zimmerholz versehener Kanal bey demselben, durch welchen die Schiffe gehen; eine Flutharke, Wasserarke. Daher das Arkenholz, welches dazu gebraucht wird; das Ariengeld, welches von den Schiffen für die Durchfahrt erleget wird. S. auch Freyarche.4. In der Naturgeschichte wird eine zweyschalige Muschel mit gleichen Schalen, deren Gewinde aus vielen spitzigen in einander eingreifenden Zähnen bestehet, die Arche genannt.5. Bey den Jägern heißen auch die Leinen und Stricke an den Jagdzeugen Archen; in welcher Bedeutung es aber von einem andern Stamme zu seyn scheinet. Man hat daselbst Oberarchen, Unterarchen, und Hauptarchen.

Anm. Arche, Nieders. Arke, Dän. und Schwed. Ark, Goth. Arka, Angels. Earc, Erc, Engl. Ark, ist nach dem Lat. Arca gebildet worden, oder stammet vielmehr mit demselben aus eine und eben derselben weit ältern, aber nunmehr unbekannten Quelle her. In dem 1453 zu Augsburg geduckten Buche der Natur heißt es: die heilig junkfrau was ein arch und ein außerwelter sal des obersten Gottes; wo Arche für ein Behältniß überhaupt stehet.


Archimandrit (W3) [Adelung]


Der Archimandrit, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. der Abt oder Vorgesetzte eines Klosters in der Griechischen Kirche.


Architekt (W3) [Adelung]


+ Der Architekt, des -en, plur. die -en, aus den Griech. ein völlig unnöthiges Wort, einen Baumeister in allen Bedeutungen zu bezeichnen. So auch die Architektur, plur. die -en. 1) Die Baukunst; ohne Plural. 2) Die Art zu bauen, Bauart, gleichfalls ohne Plural. 3) Zierathen, welche an Gebäuden angebracht werden, Bauzierathen; am häufigsten im Plural.


Architrab (W3) [Adelung]


Der Architrab, des -es, plur. die -e, aus dem Französ. Architrave, und dieß aus dem Lat. Architrabs, in der Säulenordnung, ein Glied des Hauptgesimses, welches einen Querbalken vorstellet, bey einigen der Unterbalken.


Archiv (W3) [Adelung]


Das Archiv, des -es, plur. die -e, ein Ort, in welchem öffentliche Urkunden und Schriften aufbewahret werden, und diese Schriften auch wohl selbst. Daher das Haupt- oder geheime Archiv, das Kanzelley-Archiv, Lehns-Archiv, Kriegs-Archiv u. s. f. Ingleichen der Archivar, des -es, plur. die -e, der die Aufsicht über das Archiv hat; archivarisch, in dem Amte und den Pflichten eines Archivares gegründet, ingleichen aus einem Archive hergenommen, für das ungewöhnliche archivisch. Archivarische Urkunden. Es ist von dem Latein. Archivum, von dessen Abstammung du Fresne und Frisch h. v. nachgesehen werden können. S. auch Kanzelley.


Ären (W3) [Adelung]


* Ären, verb. reg. act. welches nur in den gemeinen Mundarten einiger Gegenden üblich ist. Es bedeutet aber, 1) so viel als pflügen überhaupt, besonders in Elsaß, Thüringen und Franken. 2) Zum letzten Mahle unmittelbar vor der Wintersaat pflügen, welches auch zur Wintersaat ackern genannt wird, so wie ackern allein das letzte Pflügen vor der Sommersaat ausdrucket. S. auch Art.

Anm. Ären, Griech - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Latein. arare, Goth. arian, Isl. eria, bey den alten Friesen era, Eng. to ear, Holländ. aeren, Nieders. aarden und aren, Schwed. aeria, bey dem Ottfried erren, alt Französ. errer, in der Schweiz erchen, und in andern Gegenden erten und ertenen, bey den Krainischen Wenden arjen, alles in der Bedeutung des Pflügens, ist mit Arbeit, Ernte und vielleicht auch mit Jahr und Erde genau verwandt. In einigen, besonders Oberdeutschen Mundarten wird dieses Wort auch aren gesprochen, und da ist es zugleich irregulär. Ungearan heißt bey dem Willeram ungepflügt, und im Hennebergischen und in Thüringen sagt man noch jetzt ein gearner Acker, für geärter. S. Art; ingleichen du Fresne Gloss. v. Arura. Da die gedehnte Wurzelsylbe är nur aus zwey Buchstaben bestehet, so könnte das Wort, der Analogie zu Folge, ein h fordern, ähren. Und wer weiß, ob nicht Acker und ackern, ein durch Verstärkung des Hauchlautes gebildetes Intensivum von dem alten ähren, arare, ist.


Aressel (W3) [Adelung]


Die Aressel, plur. die -n, S. Arlesbeere und Eberäsche.


Arg (W3) [Adelung]


Arg, ärger, ärgste, adj. et adv. welches in seinen meisten Bedeutungen den Gegensatz von dem was gut ist, ausdruckt. Es bedeutet aber,1. * Im physischen Verstande, was seiner Bestimmung nicht gemäß ist, schlecht. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet; indessen kommt sie doch in den ältern und mittlern Zeiten nicht selten vor. Ist daz vih erger uuorden, ist das Vieh ärger oder schlechter worden, heißt es z. B. im Schwabenspiegel Kap. 312, 22. Ein fauler Baum bringt arge Früchte; ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen, Matth. 7, 17, 18. Dahin gehöret auch die ärgere Hand, die schlechtere Beschaffenheit einer Person oder Sache, eigentlich wohl die linke Hand, welche von je her für schlechter gehalten wurde, als die rechte. So sagte man ehedem in den Rechten von einem Kinde, dessen Mutter dem Vater an die linke Hand getrauet worden, daß es die ärgere Hand habe. In Westphalen wird arg noch jetzt für schlecht gebraucht. In figürlicher Bedeutung bezeichnete Arga bey den "Longobarden" so wohl feige, zaghaft, als auch einen gutwilligen Hahnrey, und vornehmlich einen solchen, der es aus Zagheit ist, S. du Fresne v. Arga, so wie man noch jetzt einen verzagten und niederträchtigen Menschen einen schlechten Menschen zu nennen pfleget. Für zaghaft kommt arg und erg auch bey den Schwäbischen Dichtern vor: Si begunden rechte greinenGleich den argen hunden, d. i. Sie fingen an zu heulen gleich den feigen Hunden, heißt es bey dem Stryker, Kap. 6. Abschn. 19.2. Sittlich böse, uns und andern Nachtheil bringend. Arge Gedanken von einem hegen. Etwas zum ärgsten deuten. Arges von einem deuten. Ich habe nichts Arges, keine böse Absicht, darunter. Machen sie sich keine arge Gedanken. Ich meine es so arg nicht. Die Zeiten werden je länger je ärger. Übel ärger machen, im gemeinen Leben, es noch schlimmer machen. Was das ärgste bey der ganzen Sache ist, so u. s. f. Er macht es mir zu arg. Die Menschen selber sind der Menschen ärgste Feinde, Haged.3. Den göttlichen Gesetzen zuwider, lasterhaft. Diese arge Welt. Wer arges thut, der hasset das Licht. Die Welt liegt im Argen. So denn ihr, die ihr doch arg seyd u. s. f. Matth. 7, 11. Durch arges Thun und Denken, Opitz. Ingleichen boßhaft, nicht nur selbst böse, sondern auch andern zu schaden bedacht. In diesem Verstande wird der Teufel in der biblischen Schreibart zuweilen der Arge genannt.4. In der gelindern Bedeutung, aus Muthwillen andern zu schaden geneigt, muthwillig, leichtfertig. Er ist arg genug dazu. Sie sind auch gar zu arg. Sprichw. Je ärger Schelm je besser Glück.5. + Scharf, im moralischen Verstande, strenge. Er verfähret zu arg mit uns, zu strenge. Er verdiente wohl noch ärgere Verweise. Eine arge Frau, bedeutet in Niedersachsen eine Frau, die mit ihren Untergebenen streng und gebietherisch verfähret.6. Groß, wichtig, gefährlich, nicht allen von nachtheiligen, sondern oft auch von gleichgültigen Dingen. Er beschreibt es sehr arg, sehr wichtig. Er macht alles ärger, als es ist, größer. Sie fordern dafür zehn Thaler? das ist zu arg. Denn der Lappe reißet doch wieder von dem Kleide und der Riß wird ärger, größer, Matth. 9, 16.

Anm. Die erste Bedeutung dieses Wortes ist im Hochdeutschen völlig veraltet; die zweyte ist im gemeinen Leben häufig; die dritte ist mehr biblisch und Oberdeutsch, und die drey folgenden kommen im täglichen Umgange nicht selten vor. Das hohe Alter dieses Wortes macht dessen Abstammung zweifelhaft. Wachters Ableitung von dem a intensivo und Rug, Rücken, gleichsam verkehrt, wozu ihn das arug, perversus, in Lipsti Glossen, und das Goth. arugo, welches bey dem Ulphilas Joh. 15, 25. für gratis, umsonst, vorkommt, verleitet haben mag, ist äußerst unwahrscheinlich. So fern arg, träge, faul bedeutet, kommt es mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , welches man gemeiniglich von dem - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - privat. und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ein Werk ableitet, sehr deutlich überein. In den Monseeischen Glossen wird arg auch durch zähe, gierig erkläret. Das Hauptwort Arge und Erge findet sich bey dem Notker, in den Monseeischen Glossen, und bey dem Jeroschin für Verbrechen, Ärgerniß, Geitz und Böses überhaupt. In den spätern Zeiten ist dafür Argheit üblich geworden, welches in einigen Oberdeutschen Gegenden noch bekannt ist. Übrigens wird das g in diesem Worte in Schlesien und andern Gegenden irrig wie ein k ausgesprochen, und auf stark gereimt.


Ärger (W3) [Adelung]


* Der Ärger, des -s, plur. inusit. ein nur in einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden übliches Wort für Ärgerniß, Verdruß. Wenn er Den Menschen letzt zum Ärger und sich zur eignen Last, Dusch. Anm. Bey den Isländern, die manchen Wörtern gern ein J vorzusetzen pflegen, heißt der Zorn Jargr. Ihre findet auch hier eine Ähnlichkeit mit dem Latein. Jurgium und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - .


Ärgerlich (W3) [Adelung]


Ärgerlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Leicht zum Zorne zu bewegen, doch nur im gemeinen Leben, und in einigen Gegenden. Es ist ein ärgerlicher Mensch, der sich über alles ärgert; in den gemeinen Mundarten grittelich, kritlich, kricklich. 2) Ein wenig zornig. Ärgerlich auf etwas seyn, Less. Der Wolf wird ärgerlich, Less. 3) Ärger, oder Ärgerniß verursachend, so wohl worüber man sich ärgert. Du bist mir ärgerlich. Es ist ein ärgerlicher Mensch, eine ärgerliche Sache. Als auch woran man ein Ärgerniß nimmt. Ein ärgerlicher Wandel. Ärgerliche Ausdrücke. Seyd nicht ärgerlich weder den Juden noch die Griechen, 1. Cor. 10, 32. So auch die Ärgerlichkeit; ohne Plural.


Ärgern (W3) [Adelung]


Ärgern, verb. reg. act. von dem Comparativo, ärger, im Gegensatze des Verbi dessen.1. * Ärger, d. i. schlechter machen, in der eigentlichen Bedeutung. So sagte man ehedem, eines Gut ärgern, in Abnahme bringen; eines Pferd ärgern, abtreiben; ein Stift ärgern, schwächen, u. s. f. wie aus den von Frisch angeführten Beyspielen erhellet. Die uoho die de uuingarten geargerent, die Füchse die den Weingarten verdorben, heißt es schon bey dem Willeram 2, 15. Das Schwed. arga wird noch in eben diesem Sinne gebraucht, und von dem Niedersächsischen ergheren hat Ölrichs in Glossar. ad Statuta Bremens. h. v. viele Beyspiele angeführet. Auch in einigen Oberdeutschen Gegenden sagt man noch jetzt: es ärgert sich mit ihm, es verschlimmert sich. Das Übel ärgert sich u. s. f. Allein im Hochdeutschen ist diese Bedeutung völlig veraltet.2. Im moralischen, besonders biblischen Verstande, durch strafbare Handlungen lebhafte Empfindungen des Unerlaubten bey andern erwecken, und zugleich zum Bösen reitzen, zum Ärgernisse gereichen. Einen ärgern. Einen mit etwas ärgern. Ärgert dich dien rechtes Auge, u. s. f. Matth. 5, 29. f. Ingleichen als ein Reciprocum, sich an etwas ärgern, ein Ärgerniß daran nehmen.3. Zum Zorne reitzen, erzürnen, doch mehr von einem geringen Grade des Zornes, der mehr auf die innere Empfindung als auf den äußern Ausdruck wirket. Einen ärgern. Ingleichen, sich ärgern, sich über jemanden, oder über etwas ärgern.

Anm. Ärgern, Nieders. argern, bey dem Notker argeron, im Schwabenspiegel, ergern, kommt in allen drey Bedeutungen schon seit dem eilften Jahrhunderte vor. Das Substantiv die Ärgerung gebraucht zwar Notker für Scandalum, und Steinbach führt es auch noch für indignatio und offendiculum an; allein im Hochdeutschen ist es völlig ungebräuchlich.


Ärgerniß (W3) [Adelung]


Die Ärgerniß, plur. die -sse, und das Ärgerniß, des -sses, plur. die -sse.I. Im Neutro, das Ärgerniß. 1) Die lebhafte Empfindung des Unerlaubten oder Schändlichen in der Handlung anderer, zum Unterschiede von dem schwächern Anstoß; ohne Plural. Einem ein Ärgerniß geben, durch seine Handlungen diese Empfindung bey ihm erwecken. In der Theologie gebraucht man es in noch engerm Verstande für die Verleitung anderer zur Sünde durch unsere Handlungen. Ein gegebenes Ärgerniß, wovon, wegen der dabey übertretenen Pflicht, ein Theil der Schuld uns zugerechnet werden kann. Ein Ärgerniß nehmen, an etwas nehmen. Ein genommenes Ärgerniß, wenn jemand ohne unser Wissen und Willen aus unserm Betragen einen Bewegungsgrund zum Bösen nimmt. Zum Ärgernisse gereichen.2) Dasjenige, was andern zum Ärgernisse gereichet, und in weitere Bedeutung, alles, was wider die Ehrbarkeit, die guten Sitten und die allgemeine Meinung streitet. Ein allgemeines, ein öffentliches Ärgerniß. Dergleichen Ärgernisse können nicht ungestraft bleiben.II. In beyden Geschlechtern, die und das Ärgerniß, ein geringerer Grad des unterdrückten Zornes, der mehr auf die eigene Empfindung, als auf die äußern Gegenstände wirket. Er hat mir viel Ärgerniß gemacht. Ich möchte vor Ärgerniß vergehen.Bey vielem Ärgerniß und unter allen Sorgen, Günth. Man möchte vor Ärgerniß des Todes seyn, Gell. Das geringste Ärgerniß kann mich so sehr mitnehmen, als andere Leute ein hitziges Fieber, ebend.

Anm. In der ersten und zweyten Bedeutung ist dieses Wort im Hochdeutschen ohne allen Widerspruch ungewissen Geschlechtes, weil wir es in der selben von den Oberdeutschen haben, bey welchen die meisten Wörter auf niß in diesem Geschlechte gebraucht werden. Allein in der dritten Bedeutung, welche eigentlich aus Niedersachsen herstammet, wird es von vielen auch im weiblichen Geschlechte gebraucht, und dieser Niedersächsischen Mundart ist es auch zuzuschreiben, daß Luther dieses Wort selbst in der ersten Bedeutung einige Mahl als ein weibliches gebraucht. S. -niß. Die Alten hatten noch verschiedene andere Wörter, den Begriff des Ärgernisses in der ersten und zweyten Bedeutung auszudrucken. Kero gebraucht dafür Zuruuaridono, im Plural; Ottfried Asuuich; Notker Werra, Scantuuerron, Arge, Argerunga, Spirneda; die Angelsachsen, Aeswic, Geswic, Aeswicunge und Besuicheide; deren Ableitung und eigentliche Bedeutung man in den Glossarien aufsuchen muß. Bey den Niedersachsen ist auch Schandaal, von Scandalum, üblich.


Arglist (W3) [Adelung]


Die Arglist, plur. car. die zum Schaden anderer angewandte List, welche entweder versteckte unerlaubte Endzwecke wählt, oder rechtmäßige Endzwecke durch versteckte unerlaubte Mittel zu erhalten sucht. So versteckt auch seine Arglist war, so wurde sie dennoch entdeckt. Arglist besitzen, gebrauchen. Er ist voller Arglist. Anm. Argliste kommt schon bey dem Notker vor, und bey den Schwäbischen Dichtern findet sich ir arger List. List wurde ehedem auch in gutem Verstande für Geschicklichkeit, Klugheit gebraucht, und da war arg, wenn der gegenwärtige Begriff ausgedrucket werden sollte, unentbehrlich.


Arglistig (W3) [Adelung]


Arglistig, -er, -ste, adj. et adv. Arglist habend, in derselben gegründet. Ein arglistiger Mensch. Eine arglistige Frau. Dies ist die gottloseste Erfindung, die jemahls die arglistige Betriegerey ersonnen hat, Dusch.


Arglistigkeit (W3) [Adelung]


Die Arglistigkeit, plur. die -en. 1) Die Fertigkeit andern durch versteckte oder verborgene Mittel zu schaden; ohne Plural. 2) Eine arglistige Handlung; mit dem Plural.


Arglos (W3) [Adelung]


Arglos, -er, -este, adj et adv. von aller Neigung andern zu schaden, entfernt. Ein argloses Herz. So auch die Arglosigkeit.


Argus-Auge (W3) [Adelung]


Das Argus-Auge, des -s, plur. die -n, von dem Argus aus der Griech. Fabellehre, ein scharfes, argwöhnisches Auge. Argus-Augen haben, mit dem schärfsten oder aufmerksamsten Argwohne beobachten.


Argwillig (W3) [Adelung]


Argwillig, -er, -ste, adj. et adv. geneigt andern zu schaden, als ein glimpflicher Ausdruck für das härtere boßhaft. So auch die Argwilligkeit.


Argwohnen (W3) [Adelung]


Argwohnen, oder argwöhnen, verb. reg. act. Supin. geargwohnet, Argwohn haben. Etwas argwohnen. Ich argwohne gar nichts, Gell. Man argwohnet deßfalls auf ihn. Jetzt fing ich an, den grausamsten Betrug zu argwöhnen, Dusch. Mein Herz fühlte nichts von dem Hochmuthe, den du bey mir argwöhnetest, ebend.

Anm. Das Substantiv die Argwohnung ist nicht gebräuchlich. Argwohnen ist von arg und wähnen, und sollte daher billig argwähnen heißen. Aber da in dem Hauptworte das ä längst von dem o verdränget worden, so muß man das letztere auch hier behalten. Argwöhnen hat die Regel für sich, daß bey der Verlängerung eines Wortes die Vocale, a, o, u, oft in ä, ö, ü übergehen, wie in Ton, tönen, Bahn, bähnen, Wahn, wähnen, Ruhm, rühmen; aber in diesem Worte wird doch von den meisten das o unverändert behalten, obgleich in den folgenden das ö ge-bräuchlich ist. Für argwohnen, war ehedem auch das einfache wohnen üblich, welches auch wohl passive gebraucht wurde. Oder wer darunter gewont oder verdacht were, heißt es in einer Österreichischen Urkunde vom Jahre 1440 bey dem Kollar.


Argwöhnig (W3) [Adelung]


Argwöhnig, und in den gemeinen Mundarten argwöhnisch, -er, -ste, adj. et adv. Argwohn habend, leicht Argwohn schöpfend. Ein argwöhniger oder argwöhnischer Mensch. Auf jemanden argwöhnig seyn. Argwöhnischer Weise.

Anm. Argwöhnig wurde ehedem auch passive für verdächtig gebraucht Arcwänig gezuige bedeutet daher in dem Augsburgischen Stadtbuche von 1276 einen verdächtigen Zeugen. Wann jemandt eyner missethat mit etlichen argwöhnigen theylen oder stücken verdacht wird, Kaiser Carls des Fünften Halsger. Ordn. Art. 28. Eine andere Stelle aus dem Straßburgischen Stadtrechte führet Schilter Gloss. v. Arg an. In der vorhin genannten Halsger. Ordn. Carls des Fünften kommt auch Arkwönigkeit für Verdacht vor.


Argwöhnigkeit (W3) [Adelung]


Die Argwöhnigkeit, plur. car. die Fertigkeit, ein ungegründetes Mißtrauen in die Gesinnungen anderer zu setzen.


Arie (W3) [Adelung]


Die Arie, (dreysylbig,) plur. die -n, aus dem Ital. Aria, in der Vocal-Musik, ein Lied, ein Gesang, besonders von Einer oder nur wenigen Strophen.


Aristokratie (W3) [Adelung]


Die Aristokratie, (fünfsylbig,) plur. die -n, (sechssylbig,) aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, diejenige Verfassung eines Staates, nach welcher die höchste Gewalt von mehrern aus den übrigen dazu bestimmten Personen verwaltet wird; ohne Plural, und ein solcher Staat, mit demselben. Daher das Bey- und Nebenwort aristokratisch, und das Substantivum der Aristokrat, des -en, plur. die -en, einer von diesen mehrern.


Arithmetik (W3) [Adelung]


Die Arithmetik, plur. die -en, aus dem Griechischen. 1) Die Rechenkunst; ohne Plural. 2) Ein Lehrbuch der Rechenkunst; mit demselben. Daher arithmetisch, in der Rechenkunst gegründet; der Arithmetiker, des -s, plur. ut nom. sing. der in der Rechenkunst geübt ist, ein Rechenmeister.


Arke (W3) [Adelung]


Die Arke, S. Arche.


Arkebuse (W3) [Adelung]


Die Arkebuse, plur. die -n, aus dem Franz. Arquebuse, eine veraltete Art Feuergewehres, welches im Deutschen eine Hakenbüsche genannt wurde, S. dieses Wort. Daher der Arkebusier, des -s, plur. ut nom. sing. ein damit bewaffneter Soldat; arkebusieren, nach Urtheil und Recht erschießen; die Arkebusade, ein heilsames Wasser gegen Schußwunden, Wundwasser.


Ärker (W3) [Adelung]


Der Ärker, des -s, plur. ut nom. sing. ein heraus gebautes Stück an einem Hause. Ein Haus mit einem Ärker. In den Ärker treten.

Anm. Dieses Wort ist aus dem Latein. Arcora der mittlern Zeiten, welches entweder von Arca herzuleiten ist, weil ein Ärker einem Kasten nicht unähnlich siehet, oder auch von Arcus, ein Gewölbe, weil man sie ehedem auf gewölbte Bogen zu setzen pflegte; S. du Fresne Gloss. v. Arcora. Nieders. Arkener, oder Ärkner. Sonst heißt ein Ärker an einigen Orten auch ein Ausstich, Überstich, Ausladung, Überhang, in Westphalen Utsteeke, und am Rheine eine Laube. Von den Ärkern an den ehemahligen Festungswerken, S. Frisch h. v.


Arkirsche (W3) [Adelung]


Die Arkirsche, plur. die -n, S. Arlesbeere.


Arle (W3) [Adelung]


Die Arle, S. Ahorn und Erle.


Arlesbeere (W3) [Adelung]


Die Arlesbeere, oder die Arleskirsche, plur. die -n, die Frucht des Sperberbaumes, oder Eselbeerbaumes, S. diese Wörter; ingleichen der Strauch, der sie trägt. Diese Benennung ist vorzüglich in einigen Oberdeutschen Gegenden üblich, wo auch Adlersbeere, Atlasbeere, Arolsbeere, Älsbeere, Arbere, Egelebirn, Sersebirn, Eyerlinsbirn, Arkirsche, Aressel, u. s. f. daraus gemacht worden. Der Ursprung der Benennung ist unbekannt. Der Latein. Nahme dieses Baumes Aria, und dessen Französ. Benennung Alisier sind vermuthlich damit verwandt.


Arm (W3) [Adelung]


Arm, ärmer, ärmste, adj. et adv. welches überhaupt den Zustand der Beraubung einer Sache ausdruckt, und zwar,1. In eigentlicher Bedeutung, des zeitlichen Vermögens beraubt. Ein armer Mensch, ein armer Mann, eine arme Frau. Arm seyn. Arm werden. Einen arm machen. Der ist nicht arm, der wenig hat, sondern der, welcher viel begehret. Er hat arm geheirathet, eine arme Person. Besonders der, welcher wegen Alter oder Leibesschwachheit seinen nothdürftigen Unterhalt nicht erwerben kann, in welchem Verstande besonders das Substantiv ein Armer genommen wird. Der Armen gutes thun. Es ist ein Armer da. Wofür man im gemeinen Leben auch wohl das Neutrum ein Armes gebraucht. Es ist ein Armes da. Daß jener diesen hier, der Junker einen Bürger, Und der den Bauersmann, der Reich ein Armes haßt, Opitz. Arm wird in dieser Bedeutung mit mancherley Einschränkungen gebraucht. 1) In der weitesten Bedeutung nennet man einen jeden arm, der Mangel am Überflusse leidet, im Gegensatze des Reichen. 2) In etwas engerer Bedeutung ist der arm, der seinem Stande nicht gemäß leben kann. 3) In noch engerm Umfange der Bedeutung, welche zugleich die gewöhnlichste ist, wird nur der für arm gehalten, welcher an der Nothdurft Mangel leidet, sich aber doch dieselbe von Zeit zu Zeit zu verschaffen weiß; dürftig. Und endlich 4) in der engsten Bedeutung, welche besonders in den Rechten Statt findet, theils der, der ohne sein Verschulden in diesen Zustand gerathen ist, theils auch der, der wegen physischer Unmöglichkeiten nicht im Stande ist, seinen nothdürftigen Unterhalt zu erwerben. In diesem Grade arm, heißt im gemeinen Leben auch blutarm, oder bettelarm.2. In figürlicher Bedeutung. 1) Einer jeden andern Sache beraubt, da denn die letztere mit der Präposition an ausgedruckt wird. Arm an Freunden. Arm an Freuden. Arm an Troste. Wer war reicher als Xerres, und wer war ärmer an Zufriedenheit als er, Dusch. Eine arme Sprache, welche Mangel an Wörtern hat. Ein armer Gang, ein armes Erz, in den Bergwerken, welches wenig Metall enthält. In der biblischen R. A. arm an Geiste, zeiget an den Sitz der Armuth an, so wie arm an Geist, die mangelnde Sache, d. i. Geist oder Witz andeutet. 2) Unglücklich, beklagenswerth. Der arme Mensch! eine gewöhnliche Redensart, einen Unglücklichen zu beklagen. Ein armer Sünder, ein zum Tode verurtheilter Übelthäter, bey den Theologen aber ein Sünder, der ein lebhaftes Gefühl von seinem Elende hat. Im gemeinen Leben wird arm in dieser Bedeutung oft sehr verschwendet, und von einer jeden Person gebraucht, mit welcher wir einiges Mitleiden haben. Ein armes unerfahrenes Mädchen. Ich arme kranke Frau möchte vor Ärgerniß vergehen! Gell. Der Himmel vergebe es ihnen, daß sie mit mir armen alten Frau so spotten, ebend. Ach da kommt ja auch noch mein armer Mann wieder! ebend. 3) Der arme Mann, ist in manchen Gegenden, z. B. in der Mark Brandenburg, ein Essen aus Butter und Brot. Bey den Müllern wird das Diebesloch, wohin sie das Getreide verbergen, das arme Männchen genannt.

Anm. Arm lautet bey dem Kero aram, und kommt mit dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, nackend, genau überein, dessen Bedeutung es anfänglich auch gehabt haben mag. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wüste, Lat. aerumnae, sind vermuthlich auch nicht weit davon entfernt. Arm bedeutete schon bey den Ulphilas elend, welchen Verstand auch das Angels. earm, earming, hatte. Im Schwedischen, Isländischen, Dänischen und Holländischen ist dieses Wort demDeutschen völlig gleich. In den mittlern Zeiten wurden nicht allein die Besitzer unadeliger Lehen, sondern auch alle Häusler, Beysassen, ja die Bürger und Bauern selbst, arme Leute genannt, über welche sich die Fürsten den Armenschutz anmaßten. S. Schilters Gloss. v. Arm, Gönne Abhandl. davon in den Erlang. gel. Anz. 1750, S. 45, 46. um Altes aus allen Theilen der Gesch. Th. 1, S. 707 f.


Arm (W3) [Adelung]


Der Arm, des -es, plur. die -e, Diminutivum das Ärmchen, Oberdeutsch Ärmlein. 1. Eigentlich, der Theil des menschlichen Körpers von der Schulter bis an die Hand, oder in engerer Bedeutung, welche auch in der Zergstederungskunst üblich ist, der Theil von der Schulter bis an den Elbogen, dagegen der Theil von diesem bis an die Hand der Vorderarm heißt. Die Arme nach einem ausstrecken. Einen in die Arme nehmen, in die Arme schließen. Einen mit offenen Armen, mit ausgestreckten Armen empfangen. Ein Kind auf den Arm nehmen, es auf den Armen tragen. Er hatte seinen Arm um meinen Nacken geschlungen. Ein freyer Arm ist hundert Arme werth, Die für die Tyranney die Schwerter ziehn, Weiße. Ein Arm voll, drey Arme voll. Der mannigfaltige Gebrauch, welchen man von diesem Gliede macht, hat zu verschiedenen figürlichen Redensarten Gelegenheit gegeben. Denn man bezeichnet dadurch, 1) Stärke, Macht, besonders in der biblischen R. A. eines Arm stärken, eines Arm zerbrechen, u. s. f. welche aber außer dem nicht üblich sind. Ingleichen, wo von dem Arme Gottes geredet wird. Der strafende Arm des Himmels muß über ihn schon ausgestrecket seyn, v. Brawe. 2) Gewalt. Der geistliche Arm, der weltliche Arm, die geistliche, die weltliche Gerichtsbarkeit. Könige haben lange Arme. Einem in die Arme fallen, sich einem in die Arme werfen, sich seiner Gewalt freywillig unterwerfen, ingleichen, seine Zuflucht zu ihm nehmen.Fall jetzt dem Ewigen mit Thränen in die Arme, Weiße. Ich sollte schweigen, wenn du deinem Verderben in die Arme eilest? Dusch. 3) Gewalt mit Zärtlichkeit verbunden. Ich will mich wieder in die Arme der Weisheit werfen, und sehen, ob ich meinen Schmerz durch ihre Gründe erleichtern kann, Weiße. O Liebe und Freundschaft, nichts soll mich in Zukunft euren Armen entreißen! ebend. Meine Thränen sollen dir in den Armen der Wollust nimmer Ruhe lassen, Dusch. Nichts hätte dich zurück halten sollen, dich in die offenen Arme deiner Freunde zu werfen. Sie sank in die Arme des Schlafes, und erwachte nicht eher u. s. f. 4) Hülfe, Beystand. Einem unter die Arme greifen, im gemeinen Leben. Es stellet sich das Glück mit offnen Armen ein, Haged. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) An den Pferden, der Vorderschenkel von der Schulter bis an das Knie. Luther hat 5. Mos. 18, 2. den Ochsen und Schafen gleichfalls Arme beygelegt, obgleich solches wider den Sprachgebrauch ist. Dagegen heißen bey den Jägern die Vorderläufte des Bären Arme. 2) Von einiger Ähnlichkeit, ein Theil eines Ganzen, der sich von demselben entfernt. So verstehet man unter einem Arme des Meeres einen Theil des Meeres, der tief in ein Land hinein gehet. Der Arm eines Flusses, ist theils ein anderer Fluß, der sich in denselben ergießet, theils einer von mehrern Ausflüssen in das Meer. 3) Besonders der hervor ragende Theil eines Ganzen, der zu Tragen bestimmt ist. Die Arme an einer Wage, die zwey Hälften des Wagebalkens, welche die Schalen tragen. Die Arme an einem Wagen, zwey gebogene Stücke Holz an dem Gestelle des Vorderwagens, welche hinten an die Achse fest gemacht sind, und vorn das dicke Ende der Deichsel zwischen sich halten, Franz. Armon. Am Hinterwagen heißen sie die Schere. Die Arme eines Kron- oder Wandleuchters, die Theile, worauf die Lichter gesteckt werden. An einer Säge sind es die zwey äußersten Hölzer, zwischen welche das Sägeblatt befestigt ist. An einem Rammblocke, die eisernen Ringe oder Klammern, mit welchen der Bär an der einen Latte auf und nieder steigt. In den Bergwerken heißet Arm ein beschlagenes Holz in der Welle an dem Geschleppe, in welchem das Stangeneisen befestigt ist, und in den Pochenwerken, den Stampfmühlen u. s. f. werden die Hölzer in der Welle, welche die Stämpel oder Stampfen aufheben und fallen lassen, gleichfalls Arme genannt.

Anm. Arm, bey dem Ulphilas Arms, bey dem Kero Arame, bey dem Ottfried und Notker Arim, Arum, Arm, bey den Angelsachsen Eorm, bey den Engländern, Dänen und Schweden Arm, hat mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Latein. Armus zu viele Gleichheit, als das man selbige sollte verkennen können. In einigen Oberdeutschen Gegenden lauter der Plural dieses Wortes die Armen, und schon Ottfried sagte thie armon; allein im Hochdeutschen ist dieses ebenso unrichtig als wenn er bey andern die Ärme heißt. Von dem ungewöhnlichen Verbo armen, ist das Particip. Passiv. gearmet, in den Zusammensetzungen langgearmet, kurzgearmet, mit langen, kurzen Armen versehen, hin und wider im gemeinen Leben üblich.


Armader (W3) [Adelung]


Die Armader, plur. die -n, eine Ader der Arme. Bey den Pferden ist es eine Ader an dem Vorderfuße, welche auch die Bugader und Regelader genannt wird.


Armadill (W3) [Adelung]


Das Armadill, des -es, plur. die -e, aus dem Spanischen Armadillo, der Nahme eines gepanzerten Indianischen Thieres; Manis, L. S. Ameisenfresser 2. Die Armadille hingegen ist ein Spanischer Nahme, so wohl einer Art kleiner Kriegesschiffe, als auch einer kleinen Kriegsflotte.


Armaturen (W3) [Adelung]


Die Armaturen, sing. inus. aus dem Franz. Armatures, Waffen und andere Kriegesgeräthschaften, so fern sie in der Baukunst zu Verzierungen gebraucht werden.


Armband (W3) [Adelung]


Das Armband, des -es, plur. die -bänder, ein Stück des Frauenzimmerputzes, welches in Bändern oder Ketten bestehet, die am Arme, oder der Handwurzel getragen werden. Diese Art des Putzes ist von einem sehr hohen Alter, hat aber in ihrer Gestalt und ihren Gebrauche mit andern der Mode unterworfenen Stücken einerley Schicksal gehabt. Die Römer kannten sie unter dem Nahmen Armilla, bey den Gothen hieß sie Armelior, von Melia, Kette, und bey den Alemannen Armpouch, Arampouc.


Armbein (W3) [Adelung]


Das Armbein, des -es, plur. die -e, das hohle Bein des eigentlichen Armes, welches von der Schulter bis an den Elbogen gehet, und auch das Achselbein und die Armröhre, an den Pferden aber der Regel genannt wird.


Armbinde (W3) [Adelung]


Die Armbinde, plur. die -n, eine Binde, einen beschädigten Arm darin zu tragen; die Armschlinge.


Armbrust (W3) [Adelung]


Die Armbrust, plur. die -brüste, eine ehemalige Art des Schießgewehres, welche aus einer verbesserten Art der Bogen bestand, wo dieser an einem besondern Schafte und Auflage befestigt war, mit dem Spanner gespannet, und durch den am Schafte befindlichen Drücker abgedrückt wurde. Nach Erfindung der Feuergewehre sind sie, so wie alle übrige alte Arten der Geschosse, aus der Mode gekommen, und werden nur noch hin und wieder zur Lust, und in einigen Städten von den Schützengesellschaften gebraucht. Eigentlich wurden alle Arten Geschosse, wo der Bogen an einem Schafte befestigt war, Armbrüste genannt; daher man auch Wagen-Armbrüste hatte, welche auf einem Karren befindlich waren, und von Pferden gezogen wurden,und deren stählerner Bogen ungefähr vier Pfund wog. Die kleinste Art, welche nicht Bolzen, wie die vorigen, sondern kleine Kugeln schießen, werden Schnäpper genannt. Der Schaft an den größern nebst den zur Spannung gehörigen Werkzeugen, heißt zusammen genommen die Rüstung oder das Rüstzeug, welchen Nahmen auch wohl die Armbrüste selbst bekommen, daher man sie nach Maßgebung ihrer Größe in die ganze und in die halbe Rüstung theilet. Übrigens findet man die Armbrüste auch Armbrustbogen und Armbrustrüstung genannt. In dem Lateine der mittlern Zeiten ist Arcubalista, Arbalista die eigentliche Benennung dieses Geschosses; indessen findet man es auch eben so oft Balista und Balestrum genannt, obgleich dieser Nahme allen alten Wurfzeugen zukommt, auch denen, welche nicht vermittelt eines Bogens und einer Sehne getrieben wurden. S. Balester.

Anm. In Ansehung des Geschlechtes dieses Wortes ist der Gebrauch sehr schwankend und unbeständig, indem man es so wohl in den ältern als neuern Zeiten in allen drey Geschlechtern findet. Doch wird es in dem weiblichen am häufigsten gebraucht. Dessen Abstammung ist so ausgemacht noch nicht, daß sie nicht noch eine Untersuchung ertragen sollte. Wachter leitet es von Arm, brachium, und dem alten bresten, brechen, her, weil dieses Geschoß einem gebrochenen Arme ähnlich sehen soll; Grupen, von Arm und Borst, ruptura, weil es balista ligneo brachio instructa sey; Gottsched von Arm und Rüstung; Ihre endlich von dem alten arf, ein Pfeil, und bersa, birschen, bürschen, d. i. schießen. Ein Paar Anmerkungen werden denen, die den Ursprung dieses Wortes genauer untersuchen wollen, nicht unnützlich seyn. 1) Das Wort Armbrust ist so gar alt nicht, und kommt unter den Schwäbischen Kaisern vielleicht am ersten vor. 2) Die Armbrüste scheinen eine ausländische Erfindung zu seyn; wenigstens behaupten einige Franzosen, daß ihre Nation die Arbalestes von den Engländern bekommen habe; S. Carpentier Gloss. v. Balista. 3) Die Armbrust heißt in den Fabeln der Schwäbischen Dichter der Arbrost, im Schwabenspiegel und dem Theuerdank Armbrost, sonst auch nur Armbst, bey den Niedersachsen Armborst, Armbost, bey den Dänen Armbosse, bey den Schweden Arborst. 4) Es gab ihrer überaus viele Arten, wovon du Cange und Carpentier nachzusehen sind. Unter denselben befinden sich auch die - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey dem Hero, die Manubalistae der Römer, die Balistae a pectoribus, bey dem Raim. Montanerius. 5) Das b in der Mitte ist kein bloßes Anhängsel des m, wie Gottsched behauptete, indem Arm in den mittlern Zeiten nur selten Armb lautet, in Armbrust aber alle Mundarten beständig das b haben. Das r in der letzten Sylbe ist eher für ein zufälliger Buchstab zu halten, weil einige Mundarten dasselbe gar nicht haben; wodurch zugleich der Einfall von der Armrüstung völlig wegfällt. 6) Hr. Ihre Meinung, das die letzte Sylbe von birschen, bürschen, schießen, sey, ist daher unwahrscheinlich, weil man besondere Birsch-Armbrüste hatte, die vornehmlich zur Jagd gebraucht werden. Nembt mit euch das pirsch armbrost mein Dann es ist stark und scheust gerad, Theuerd. Kap. 30. In einer Französischen Urkunde von 1381 bey dem Carpentier v. Arbalista findet sich gleichfalls ein Arbaleste a berseaux, d. i. eine Birsch-Armbrust. So lange bis eine bessere Ableitung wird gefunden werden, scheinet Spegels Meinung, daß Armbrust durch eine verderbte Aussprache aus Arbalista entstanden, noch immer die wahrscheinlichste zu seyn. S. auch Balester, Elbe und Stahl. Der Armbruster, für Armbrustschütz und Armbrustmacher, ist veraltet.


Armee (W3) [Adelung]


Die Armee, (zweysylbig,) plur. die -n, (dreysylbig,) aus dem Franz. Armee, so wohl ein Kriegsheer, als auch die sämmtlichen Kriegsvölker, welche ein Fürst unterhält.


Ärmel (W3) [Adelung]


Der Ärmel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum das Ärmelchen, derjenige Theil eines Kleidungsstückes, welcher die Arme bedeckt. Ein Kleid mit langen, mit kurzen, mit weiten, mit engen Ärmeln. + Einem etwas auf dem Ärmel heften oder binden, figürlich, doch nur im gemeinen Leben, seine Leichtgläubigkeit mißbrauchen. + Etwas aus dem Ärmel schütten, auch nur im gemeinen Leben, etwas ohne vorher gegangenes Nachdenken vorbringen; ohne Zweifel von den weiten Ärmel der Geistlichen, daher es auch besonders von Predigten, welche ohne Zubereitung gehalten werden, geraucht wird.

Anm. Ärmel, im Lateine der mittlern Zeiten Armillum, Armilla, Armelus, Schwed. Arm, ist nicht das Verkleinerungswort von Arm, sondern vermittelst der Ableitungssylbe -el von demselben gebildet, S. -El. Indessen war auch das Ärmel ehedem für Ärmlein als ein Diminutivum im Oberdeutschen üblich, Ir ermel blos Die schouwe ich nach dem willen min, singt der Schenke von Limburg. Aus der Ableitung erhellet zugleich, daß dieses Wort mit dem größten Rechte mit einem Ä geschrieben wird, obgleich das E schon alt und sehr gemein ist.


Armen (W3) [Adelung]


* Armen, verb. reg. neutr. arm machen, welches aber nur in dem gemeinen Sprichworte, Almosen geben armet nicht, üblich ist. In dem Aldendorfischen Salzwerke sagt man auch noch, die Sohle ärmet an Halte, wird ärmer, geringer. In verarmen ist es gebräuchlicher.


Armen-Advocat (W3) [Adelung]


Der Armen-Advocat, des -en, plur. die -en, ein von der Obrigkeit bestellter Advocat, welcher die Rechtssachen der Armen unentgeldlich führen muß.


Armenanstalt (W3) [Adelung]


Die Armenanstalt, plur. die -en, eine Anstalt für Beschäftigung und Versorgung armer Personen; das Armen-Institut.


Armenbüchse (W3) [Adelung]


Die Armenbüchse, plur. die -n, eine Büchse, in welcher die Almosen für die Armen gesammelt werden.


Armen-Casse (W3) [Adelung]


Die Armen-Casse, plur. die -n, das zum Unterhalten der Armen bestimmte öffentliche Geld, der Ort, wo es aufbehalten wird, und die Personen, die darüber gesetzt sind; der Armenkasten, Armenseckel.


Armeneid (W3) [Adelung]


Der Armeneid, des -es, plur. die -e, in den Rechten, der Eid, mit welchem jemand seine Armuth beweisen muß, wenn er des Armenrechtes theilhaftig werden will. S. Armenrecht.


Armengeld (W3) [Adelung]


Das Armengeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, das für die Armen bestimmte Geld.


Armenhaus (W3) [Adelung]


Das Armenhaus, des -es, plur. die -häuser, ein Haus, wo man Arme oder gebrechliche mit der Nothdurft versorget; das Armenspital.


Armenkasten (W3) [Adelung]


Der Armenkasten, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Kasten in den Kirchen, worin das Geld für Kirchensachen, auch wohl zur Erhaltung der Armen aufbewahret wird. 2) Wie Armen-Casse.


Armenordnung (W3) [Adelung]


Die Armenordnung, plur. die -en, die von der Obrigkeit vorgeschriebene Ordnung, wie es mit allem, was die Armen angehet, gehalten werden soll.


Armenpfleger (W3) [Adelung]


Der Armenpfleger, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welchem die Versorgung der Armen anvertraut ist; im gemeinen Leben, der Armenvater.


Armenrecht (W3) [Adelung]


Das Armenrecht, des -es, plur. inusit. die von der Obrigkeit den Armen verstattete Freyheit, nach welcher ihnen nach bewiesener Armuth eine Rechtssache umsonst geführet werden muß; in den Hamburgischen Statuten, das Elendrecht. Sich in das Armenrecht schwören, den Armeneid ablegen.


Armenring (W3) [Adelung]


Der Armenring, des -es, plur. die -e, ein Ring an den Rüst- und Ackerwagen, welcher die Arme mit der Deichsel zusammen hält; der Armring.


Armenschule (W3) [Adelung]


Die Armenschule, plur. die -n, eine Schule, in welcher die Kinder armer Ältern umsonst unterrichtet werden.


Armenseckel (W3) [Adelung]


Der Armenseckel, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. am Kammergerichte zu Wetzlar, so viel als Armen-Casse.


Armenspital (W3) [Adelung]


Das Armenspital, des -es, plur. die -täler, ein Hospital oder Spital zum Unterhalte der Armen, besonders der Kranken und Gebrechlichen unter ihnen; das Armenhaus.


Armensteuer (W3) [Adelung]


Die Armensteuer, plur. die -n, an einigen Orten, eine Steuer, welche zum Unterhalte der Armen gegeben wird.


Armenstock (W3) [Adelung]


Der Armenstock, des -es, plur. die -stöcke, ein Stock, d. i. ein hohler Klotz, in den Kirchen und an andern öffentlichen Orten, in welchen Geld für die Armen gesammelt wird.


Armenvater (W3) [Adelung]


Der Armenvater, des -s, plur. die -väter, S. Armenpfleger.


Armenvogt (W3) [Adelung]


Der Armenvogt, des -es, plur. die -vögte, ein Vogt oder ein Aufseher, das Betteln der Armen auf den Gassen und in den Häusern zu hindern; im gemeinen Leben der Bettelvogt, mit einem edlern Ausdrucke, der Armenaufseher, der Armenwächter.


Armfeile (W3) [Adelung]


Die Armfeile, plur die -n, schwere Feilen der Schlösser, mit dem groben Hiebe, welche mit dem Arme geführet werden, und zur Befeilung großer Stücke Eisen dienen.


Armgeige (W3) [Adelung]


Die Armgeige, plur. die -n, eine große Geige, welche im Spielen mit ausgestrecktem Arme gehalten werden muß; Altgeige, Bratsche, vom Ital. Viola da braccio.


Armgeschmeide (W3) [Adelung]


Das Armgeschmeide, des -s, plur. ut nom. sing. alle ehemahlige goldene und silberne Zierathen der Arme.


Armhandschuh (W3) [Adelung]


Der Armhandschuh, des -es, plur. die -e, Handschuhe, welche den Arm zugleich mit bedecken; in Westphalen Ledhanschen, von Led, Glied.


Armharnisch (W3) [Adelung]


Der Armharnisch, des -es, plur. die -e, S. Armschiene.


Armhut (W3) [Adelung]


Der Armhut, des -es, plur. die -hüte, ein Hut, welcher seiner Bestimmung nach unter dem Arme getragen wird; ein guter Deutscher des Franz. Chapeau bas.


Armiren (W3) [Adelung]


* Armiren, verb. reg. act. aus dem Franz armer, bewaffnen. Einem Magneten armiren, ihn mit Eisen einfassen, ihn bewaffnen.


Armkorb (W3) [Adelung]


Der Armkorb, des -es, plur. die. -körbe, ein Korb mit einem Bügel, ihn am Arme zu tragen; ein Handkorb.


Armkupfer (W3) [Adelung]


Das Armkupfer, des -s, plur. inusit. in den Schmelzhütten am Unterharze, dasjenige Kupfer, welches aus dem Armsteine erhalten wird.


Armlehne (W3) [Adelung]


Die Armlehne, plur. die -n, der Ort an einem Lehnstuhle, worauf man den Arm lehnet.


Armleuchter (W3) [Adelung]


Der Armleuchter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein mit Armen versehener Leuchter. 2) Eine Wasserpflanze, deren kleine Querle die Gestalt eines Armleuchters haben; Wasserschafthen, Wasserarmleuchter, Chara, L.


Ärmlich (W3) [Adelung]


Ärmlich, -er, -ste, adj. et adv. nach Art eines Armen, kümmerlich, mit einem etwas härtern Nebenbegriffe, armselig. Ärmlich in der Kripp im Stalle liegen, Logau. Ärmlich leben. Daher das Substantiv, die Ärmlichkeit.


Ärmling (W3) [Adelung]


Der Ärmling, des -es, plur. die -e, ein ärmliches Ding. In manchen Gegenden werden die kleinsten Erdäpfel Ärmlinge genannt.


Armloch (W3) [Adelung]


Das Armloch, des -es, plur die -löcher, Löcher in den Wellen, worin die Arme des Rades befestigt werden.


Armmäuslein (W3) [Adelung]


Das Armmäuslein, des -s, plur. ut nom. sing. in der Zergliederungskunst, diejenigen Mäuslein, welche zur Bewegung des Armes Dienen; Musculi humeri.


Armring (W3) [Adelung]


Der Armring, des -es, plur. die -e. 1) Ein Ring, welcher ehedem zum Zierde am Arme getragen wurde. 2) S. Armenring.


Armröhre (W3) [Adelung]


Die Armröhre, plur die -n. S. Armbein.


Armrost (W3) [Adelung]


Der Armrost, des -es, plur. die -röste, in den Schmelzhütten am Unterharze, ein Rost, worauf der Armstein geröstet wird; ingleichen ein drey Mahl gerösteter Armstein.


Armsäule (W3) [Adelung]


Die Armsäule, plur. die -n, eine Säule mit Armen an den Kreuz- und Scheidewegen, welche den Reisenden den rechten Weg und die Entfernung der Örter zeigt; der Wegweiser, die Wegesäule.


Armschiene (W3) [Adelung]


Die Armschiene, plur. die -n, 1) Ehedem eiserne Bleche, womit die Arme wider den Hieb und Schutz bedeckt wurden; Armharnische, Armstücke. 2) In der Zergliederungskunst, das obere und kleinere Bein des Elbogens, welches einer Radspeiche gleicht, und daher auch die Spille, Spindel oder Speiche, Radius, ingleichen focile minus genannt wird. 3) Bey den Drechslern, das Bret, worauf der Arm des Drechslers ruhet.


Armschlag (W3) [Adelung]


Der Armschlag, des -es, plur. die -schläge, von Arm, brachium, in den Marschländern, die Linie eines Deiches, welche von einem neuen Haupt- oder Kajdeiche, nach einem andern zurück gezogen wird; ein Flügeldeich, Schenkeldeich.


Armschlinge (W3) [Adelung]


Die Armschlinge, plur. die -n, S. Armbinde.


Armschnalle (W3) [Adelung]


Die Armschnalle, plur. die -n, Diminutivum das Armschnällchen, keine zierlich gearbeitete Schnallen des Frauenzimmers, die Armbänder damit an der Handwurzel zu befestigen.


Armsdick (W3) [Adelung]


+ Armsdick, adj. et ad. im gemeinen Leben, die Dicke eines Armes habend. Ein armsdicker Baum.


Armselig (W3) [Adelung]


Armselig, -er, -ste, adj. et adv. durch einen hohen Grad anhaltender Armuth elend. 1) In eigentlichen Bedeutung. Ein armseliger Mensch. 2) In weiterer Bedeutung, für elend, unglücklich. So werden in den Rechten Witwen, Waisen, alte, abgelebte, siehe Leute u. s. f. armselige Personen, Personae miserabiles genannt. Im gemeinen Leben hingegen hat dieses Wort etwas verächtliches bey sich. Ein armseliges, elendes, Leben. Armseliger Genuß ohne Ruhe, elende Freuden, die der Geizige genießt! 3) Figürlich, in hohen Grade schlecht, geringe, nichtswürdig. Ein armseliger, d. i. schlechter Trost. Eine armselige Rede. Ein armseliges Geschenk. Ein armseliges Dorf. Wie würdest du deinen Gärtner schelten, wenn er auf eine armselige Pflanze seine Kunst verwenden wollte, Weiße.


Armseligkeit (W3) [Adelung]


Die Armseligkeit, plur. inusit. ein armseliger Zustand, so wohl in der eigentlichen, als weitern Bedeutung des vorigen Beywortes. In der größten Armseligkeit leben.


Armsessel (W3) [Adelung]


Der Armsessel, des -s, plur. ut nom. sing. ein mit Armlehnen versehener Sessel; ein Armstuhl, Lehnstuhl.


Armspange (W3) [Adelung]


Die Armspange, plur. die -n, ein veralteter Zierath der Arme, welcher vermuthlich aus goldenen oder silbernen Schnallen bestanden. S. Spange. In dem Lateine der mittlern Zeiten, Armispatha.


Armspindel (W3) [Adelung]


Die Armspindel, plur. die -n, an dem menschlichen Arme, die Röhre zwischen der Hand u dem Elbogen.


Armstein (W3) [Adelung]


Der Armstein, des -es, plur. von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, in den Schmelzhütten am Unterharze, derjenige Stein, welcher nach sechsmahligen Rösten bey dem ersten Schmelzen des Kupferrostes erfolget. Er hat den Nahmen von dem armen Silbergehalte des davon fallenden Kupfers.


Armstuhl (W3) [Adelung]


Der Armstuhl, des -es, plur. die -stühle. S. Armsessel.


Armuth (W3) [Adelung]


Die Armuth, plur. car. 1) Der Mangel des Eigenthumes, der Zustand der Beraubung des zeitlichen Vermögens, mit allen Einschränkungen und Schattirungen, welche schon bey dem Worte arm angemerket worden. In Armuth leben, gerathen, kommen. Jemanden in Armuth stürzen. In großer Armuth stecken. Mit der Armuth kämpfen, aller gegenseitigen Bemühung un-geachtet in Armuth leben. Es ist nichts denn die liebe, oder die bitter Armuth da, im gemeinen Leben. Schmähliche Armuth, welche jemands Stande, worin er lebet, schimpflich ist. 2) Figürlich. (1) Der Mangel an andern Sachen. Armuth an Getreide, an Verdiensten, an Trost. (2) Elend, und dessen lebhaftes Gefühl, doch nur in theologischen Verstande. Die geistliche Armuth, die Armuth des Geistes, das lebhafte Gefühl des Mangels geistlicher Vollkommenheiten. (3) Arme Personen, als ein Collectivum. Dort reicht sie der Armuth Trost und jedes Tages Nahrung, Geßn. S. das folgende. (4) Weniges Vermögen, im verkleinernden Verstande. Alle seine Armuth an etwas wenden. In dieser Bedeutung ist es im ungewissen Geschlechte am gebräuchlichsten. S. das folgende.


Armuth (W3) [Adelung]


Das Armuth, des -es, plur. car. 1) + Ein Collectivum, für arme Leute. Der Wald bringt schönes Wild, Das nicht fürs Armuth ist, Opitz. Wer nimmt das Armuth nunIn seinen milden Schutz? ebend. Wollen wir etwa dem Armuth etwas geben? Gell. 2) Weniges Vermögen, im verringerndem Verstande. Ich habe alle mein Armuth daran gewandt. Die Liebe,Die ich einig mir erkiest, Und mein reiches Armuth ist, Opitz. Nach meinem Tode bleibt ihr mein Bißchen Armuth gewiß, Gell. Das bewog ihn sein Bißchen Armuth mit mir zu theilen, Less. Wo aber auch das Fämin. Statt findet.

Anm. Es lautet bey dem Kero Armida, bey dem Ottfried Armuat, bey dem Notker Armuotigi, in den gemeinen Mundarten Armet, in den niedrigsten Sprecharten Armuthey, Armedey, Angelsächs. Yrmth, Yrmthe, Ermth, Isländ. Armaeda. Schwed. und Dän Armod. Frisch behauptet nicht ohne Grund, daß die letzte Sylbe dieses Wortes aus der abstracten Ableitungssylbe -de, Ärmde, entstanden. Indessen kann sie auch von heit abstammen, weil Notker wirklich Armheit gebraucht. Wenn aber Frisch daraus schließen will, daß da th am Ende unnöthig sey, so irret er, weil aus de wohl the, aber nicht te werden kann. Eben so unrecht ist er daran, wenn er das Armuth, als ein Collectivum, für einen Idiotismum der Niedersachsen hält, indem bey diesen das Collectivum vielmehr weiblichen Geschlechtes ist. Armuth war ehedem im Oberdeutschen auch für paupertas sehr oft ungewissen Geschlechtes. Opitz gebraucht es so, und Sprw. Sal. 10, 15. heißt es gleichfalls: die Armen macht das Armuth blöde; anderer Stellen in Luthers Übersetzung zu geschweigen. Indessen gebraucht doch Ottfried Armuth, für die Armen, im weiblichen Geschlechte. Odo inan thie armuati uuiht irbarmeti, oder ihn der Armuth in etwas jammert, B. 4, Kap. 2. In der veralteten figürlichen Bedeutung, für Elend, Gefahr, kommt Armuati in dem Fragmente de bello Caroli bey dem Schilter vor.


Arnold (W3) [Adelung]


Arnold, Genit. Arnolds, ein männlicher Vornahme Deutschen Ursprunges, dessen erste Hälfte das alte Wort Arn, ein Adler, ist. Die zweyte Sylbe soll das Wort hold seyn, so daß der Nahme so viel als Adlerhold bedeuten würde. In dem verwandten Nahmen Arnolph oder Arnulph wird die letzte Hälfte für das Wort Hülfe gehalten, so daß das f durch die Lateinische Form Arnolphus in ein ph verwandelt worden.


Ärnte (W3) [Adelung]


Die Ärnte, S. Ernte.


Arolsbeere (W3) [Adelung]


Die Arolsbeere, S. Arlesbeere.


Aromatisch (W3) [Adelung]


Aromatisch, -er, -te, adj. et adv. von dem Latein. aromaticus, nach Gewürz riechend oder schmeckend, gewürzhaft. Ein aromatischer Geruch. Eine aromatische Pflanze. Warum athmet ihr nicht, die frischesten Düfte der Rosen, Und die reinste Luft, voll aromatischer Gerüche? Zach.


Aron (W3) [Adelung]


Das Aron, eine Pflanze, S. Arum.


Arrack (W3) [Adelung]


Der Arrack, des -s, plur. von mehrern Arten, die -e, der Indische Nahme eines starken Getränkes, welches eigentlich aus dem Safte des Cacao-Baumes abgezogen wird. In weiterer und gewöhnlicherer Bedeutung wird auch der aus dem Reiß destillierte Branntwein Arrack und verkürzt Rack genannt.


Arrende (W3) [Adelung]


* Die Arrende, plur. die -n, aus dem mittlern Lat. Arrenda, und dieß aus dem Franz. a rente, ein für Pacht besonders in Niedersachsen übliches Wort. Daher arrendiren, arrentiren, pachten, Franz. arrenter, und Arrendator, ein Pachter.


Arrest (W3) [Adelung]


Der Arrest, des -es, plur. die -e, die gerichtliche Anhaltung der Personen und Güter, besonders aber der erstern, da es denn so viel als Haft und Verhaft ist, und also füglich könnte entbehret werden; so wie von Sachen Beschlag, und in manchen Fällen Sperrung eben das sagen. Jemanden in Arrest nehmen, bringen; ihm Arrest geben, ihm des Arrestes entlassen. Arrest halten, im Arreste seyn. Im Arreste sitzen. Weiter Arrest, Stadt-Arrest, da jemanden gerichtlich anbefohlen wird, nicht aus der Stadt zu gehen. Enger Arrest, Haus-Arrest, Stuben-Arrest, da man sein Zimmer nicht mehr verlassen darf. den Arrest brechen, ohne Erlaubniß weiter gehen, als der Arrest es verstattet. Ingleichen von Sachen. Arrest auf etwas legen, schlagen. Etwas mit Arrest belegen, beschlagen. Den Arrest auf etwas aufheben. In weiterer Bedeutung, doch nur im gemeinen Leben, eine jede auch nicht gerichtliche Zurückbehaltung einer Person oder Sache. Eine Person oder Sache bey sich im Arreste behalten. Daher das Verbum arrestiren, Personen oder Güter auf gerichtlichen Befehl in Verwahrung bringen; von Personen, verhaften, in Verhaft nehmen, einziehen, von Sachen, beschlagen, anhalten. Der Arrestant, des -en, die -en, eigentlich, der einen andern in Arrest nimmt oder bringt, aber im gemeinen Leben immer die in Verhaft genommene Person selbst, welche doch richtiger der Arrestat, des -en, plur. die -en, genannt wird.

Anm. Es ist von dem neuern Lateinischen Worte Arestum oder Arrestum, wovon man den du Cange und Carpentier nachsehen kann. Es ist, von Personen genommen, besonders bey dem Kriegsstande im Gebrauche, ist aber auch im bürgerlichen Leben als ein gelinderer Ausdruck für Gefängniß gänge und gebe, so oft jemand wegen keiner großen Verbrechen in leidliche Verwahrung gebracht wird. Den Arrest auf bewegliche Güter nannte man ehedem Zuschlag, Beschlag, Versperr, Sperrung, und in Niedersachsen Besate, welche an einigen Orten auch noch üblich sind.


Arsch (W3) [Adelung]


Der Arsch, des -es, plur. die Ärsche, derjenige Theil des thierischen und besonders menschlichen Körpers, durch welchen die Natur den unnützen Überrest von den verdauten Speisen aus dem Körper ausführet. Figürlich, auch der unterste Theil einer Säule, mit welchem sie in die Erde gesetzt wird.

Anm. Arsch, bey dem Raban Maurus Ars, Angels. Ears, Niedersächs. Eers, Holländ. Ärs und Eers, Engl. Arse, Dän. Ars, Arts, Schwed. Ars, ist ein altes Wort, welches Frisch von dem Franz. Arriere. Ihre aber von dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Schwanz, herleitet, weil dieser Theil bey den Thieren zugleich der Sitz des Schwanzes ist. Wahrscheinlicher leitet man es von dem alten ar, hoch, erhaben, ab, weil dieser Theil des menschlichen Leibes einevorzügliche Erhabenheit hat. Die Oberdeutschen haben das s am Ende in den ihnen eigenen unangenehmen Zischlaut verwandelt, dagegen die Niedersachsen und die mit ihnen verwandten Mundarten die gelindere Aussprache beybehalten haben. Von der Dehnung des a in diesem Worte S. die Orthogr. Th. 1, S. 232. So unentbehrlich dieser Theil unsers Leibes auch in den Zänkereyen des Pöbels geworden ist, und so viele Anspielungen auf denselben auch wohl im Scherze gemacht werden: so sind sie doch alle so niedrig, daß man sie hier nicht suchen darf. Eben dieses gilt auch von den meisten den damit zusammen gesetzten Wörter. Anständigere Benennungen sind im Hochdeutschen, der After, der Hintere, das Gesäß, und in der vertraulichen Sprechart, der Steiß. Logau nennet diesen Theil ein Mahl den Sitzer, aber nur im Scherze. In dem 1483 gedrucktem Buche der Natur wird er die Mistpforten genannt.


Arschbacke (W3) [Adelung]


+ Die Arschbacke, plur. die -n, die beyden fleischigen Theile an dem Hintern des menschlichen Körpers, die Hinterbacken. Bey dem Raban Maurus Arsbelli, Nieders. Eersbellen, Bellen, Afterbellen, Achterbacken, Achterbellen.


Arschleder (W3) [Adelung]


+ Das Arschleder, des -s, plur. ut nom. sing. ein halb rund geschnittenes Leder, welches die Bergleute vor dem Hintern tragen. das Bergleder. + Den Bergleuten auf dem Arschleder sitzen, fleißige Aufsicht über selbige führen.


Arschpauker (W3) [Adelung]


+ Der Arschpauker, des -s, plur. ut nom. sing. im niedrigen Spotte, ein Schullehrer, der zu unumschränkt über den Hintern seiner Kinder herrschet, S. Pauker.


Arschpreller (W3) [Adelung]


+ Der Arschpreller, des -s, plur. ut nom. sing. eine Strafe geringer Leute, da sie vor den Hintern geprellet, d. i. geschlagen werden. In Preußen Postronke, von dem Polnischen Postronek, ein hänfener Strick, womit solches daselbst verrichtet wird. S. Preller.


Arschprügel (W3) [Adelung]


+ Die Arschprügel, sing. inusit. Stockschläge auf den Hintern.


Arschseil (W3) [Adelung]


+ Das Arschseil, des -es, plur. die -e, in den Bergwesen, ein lederner Riemen, welchen die Grubenjungen über den Hinterleib tragen, den Karren daran zu ziehen.


Arschstück (W3) [Adelung]


+ Das Arschstück, des -es, plur. die -e, bey den Fleischern, die eine Hälfte des Hinterviertels von einem Ochsen oder Rinde.


Arsenal (W3) [Adelung]


Das Arsenal, des -es, plur. die -e, ein öffentlicher Ort, wo Gewehr und Kriegsbedürfnisse verfertiget und aufbewahret werden, ein Zeughaus; von dem Italiän. Arsenale und Span. Arzenal. S. du Fresne Gloss. v. Arena, und Grupens Anmerkungen aus den Deutschen Röm. Rechten und Alterthümern S. 455, wo dieses Wort mit vieler Wahrscheinlichkeit von Harnisch, abgeleitet wird.


Arsenik (W3) [Adelung]


Der Arsenik, des -es, plur. inusit. ein flüchtiges halb metallisches Salz, welches durch das Rösten aus den Erzen getrieben wird, und das unbändigste Gift alles dessen ist, was Athem hat, daher es allein für das Mineralreich geschaffen zu seyn scheinet. Bey den Rösten pflegt sich der Arsenik in den Giftfängen in Gestalt eines weißen Mehles anzulegen, welches Hüttenrauch oder Giftmehl, und im gemeinen Leben Mäusegift, Katzenpulver genannt wird. Wird dieses Giftmehl sublimirt, so erhält man den weißen krystallinischen Arsenik. Wird das Giftmehl bey dieser Sublimation mit Kies vermischet, so erfolgt daraus nach dem Verhältnisse des zugesetzten Kieses der rothe oder gelbe Arsenik, der auch Rauschgelb, oder Sandarach genannt wird.

Anm. Es ist zunächst aus dem Latein. Arsenicum, welcher Nahme aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, männlich, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Sieg, zusammen gesetzet seyn soll, entweder wegen seiner tödtenden Kraft, oder auch weil schon die altern Goldköche in dem Mittelpuncte seines Körpers eine starke Vollkommenheit vermuthet haben. Im Persischen heißt dieses Mineral Zernich.


Arsenikalisch (W3) [Adelung]


Arsenikalisch, adj. et adv. Arsenik enthaltend, von demselben herkommend oder demselben ähnlich. Arsenikalische Dämpfe. Arsenikalische Erde, welche auch Schwabengift heißt. Ein Erz, welches viel Arsenikalisches bey sich hat.


Arsenik-Blumen (W3) [Adelung]


Die Arsenik-Blumen, sing. inus. der weiße Arsenik, welcher bey der Sublimation in der Gestalt der Blumen aufsteigt. S. Blume.


Arsenik-Butter (W3) [Adelung]


Die Arsenik-Butter, plur. car. in der Chymie, eine Verbindung des Arseniks mit der Salzsäure, welche auch Arsenik-Öhl genannt wird. S. Butter.


Arsenik-Erz (W3) [Adelung]


Das Arsenik-Erz, des -es, plur. die -e, eine jede Erz- oder Steinart, welche Arsenik enthält.


Arsenik-Kies (W3) [Adelung]


Der Arsenik-Kies, des -es, plur. die -e, ein weißer, glänzender, schwerer Kies, welcher zuweilen ein blätteriges Gewebe hat, und Arsenik enthält; Wasserkies, weißer Kies, Mißpickel.


Arsenik-König (W3) [Adelung]


Der Arsenik-König, des -es, plur. die -e, der König des Arseniks, welchen man aus dem Giftmehle und einem brennbaren Wesen darstellen kann. S. König.


Arsenik-Leber (W3) [Adelung]


Die Arsenik-Leber, plur. von mehrern Arten, die -n, eine Verbindung des weißen Arseniks mit dem flüssigen, feuerbeständigen, vegetabilischen Alkali. S. Leber.


Arsenik-Öhl (W3) [Adelung]


Das Arsenik-Öhl, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, S. Arsenik-Butter.


Arsenik-Rubin (W3) [Adelung]


Der Arsenik-Rubin, des -es, plur. die -e, ein gelber durch die Sublimation mit Schwefel bereiteter Arsenik, der durchsichtig und pomeranzenfarbig ist, und auch Schwefelrubin genannt wird.


Art (W3) [Adelung]


1. Die Art, plur. die -en, von dem Verbo ären, pflügen. 1) Das Pflügen. Die erste Art, die zweyte Art thun, zum ersten, zum zweyten Mahle pflügen. Jeder Anspänner muß vier Arten verrichten, vier Mahl zur Frohne pflügen. In dieser Bedeutung ist das Wort vornehmlich in Thüringen, Franken und einigen Obersächsischen Gegenden üblich. Auch in dem mittlern Lateine kommt arada für aratio vor. 2) Ein bestellter oder tragbarer Acker, besonders in so fern die Äcker nach dem Pflugrechte in drey Arten eingetheilet werden, da dann das Winterfeld die erste Art, das Sommerfeld die zweyte Art, und das Brachfeld die dritte Art genannt wird. S. Pflugrecht. Man könnte diese Bedeutung auch figürlich zu dem folgenden Worte rechnen; allein es scheinet doch wahrscheinlicher zu seyn, daß sie zunächst von ären, pflügen, abstammet, daher dann auch das a gedehnet wird, wenn es gleich zwey Consonanten nach sich hat. Am Oberrheine nennet man diese Arten Zelgen, oder Eschen, Oschen, in Niedersachsen Schläge, im Braunschweigischen Stellungen, in den meisten übrigen Gegenden aber Felder. S. diese Wörter.


Art (W3) [Adelung]


2. Die Art, plur. die -en. 1. Die Ähnlichkeit einzelner Dinge in wesentlichen Eigenschaften, und solche Dinge zusammen genommen. Dinge von Einer Art. Es gibt vielerley Arten von Thieren, oder der Thiere, oder Thiere. Die Tulpen sind eine Art von Blumen, oder Blumen. Eine Art Leute, oder von Leuten. Die Bienen haben eine Art von Gemeinschaft unter sich. Sein großes Geheimniß bestand in einer gewissen Art Pillen, Raben. Aus der Art schlagen, von der Beschaffenheit derjenigen Art, zu welche man gehöret, abweichen, im nachtheiligen Verstande. S. Schlagen. Sprichw. Art läßt von Art nicht. Die Art begreift bloß Individua in sich. Ähnliche Arten machen eine Gattung, mehrere Gattungen ein Geschlecht, und mehrere Geschlechter ein Reich aus. Indessen sind diese Begriffe bloß relativ, und es kann dasjenige in einer Betrachtung eine Artseyn, was in einer andern eine Gattung oder ein Geschlecht ist. Hierher gehöret auch der grammatische Gebrauch des Wortes Art, da es das Lateinische Kunstwort Modus bey den Verbis ausdrücken soll, weil diese Modi Arten der Bedeutungen sind.2. Dasjenige, worin diese Dinge überein stimmen, und zwar,1) Eigentlich, das Wesen, die natürliche Beschaffenheit eines Dinges, ohne Plural. Die Art eines Landes, eines Erdreiches, dessen natürliche Beschaffenheit. Ein Kind von guter Art. Es ist seine Art so. Diese Tugend, diese Liebe ist nicht rechter Art, hat nicht die gehörige Beschaffenheit. Nach Art der Thiere, der Räuber.2) In weiterer Bedeutung, zufällige, angenommene Beschaffenheit, Weise, Gewohnheit. Eine Art zu leben, zu schreiben, zu reden, sich zu kleiden. Nach alter, nach neuer Art. Sich auf eine sonderbare Art freuen. Eine ruhige Art zu leben. Mit einer feinen, mit einer guten Art, behutsam, mit Vorsicht. Ich will sie ihnen mit einer guten Art herschicken, Gell. Es ist nun seine Art so, er pflegt so zu handeln. Es ist ja sonst deine Art nicht, daß du mit der Einsamkeit sprichst, Gell. Im gemeinen Leben hört man in diesem Verstande oft, er hat es an der Art, d. i. hat diese Art, Gewohnheit an sich. Ich weiß nicht, was sie sich für eine unverschämte Art zu widersprechen angewöhnen, Gell. Auf keinerley Art. Auf vielerley Art. Auf alle Art und Weise. Auf diese Art weiß man doch, worauf man sich zu verlassen hat.3) + In engerer Bedeutung, gute Art, Geschick, Artigkeit, im Gegensatze der Unart. Soll anders seine Rede eine Art kriegen, Opitz. Daß unser Herz und Sinn voll Art, voll Geistes werden, ebend. Und an einem andern Orte übersetzt er das, Artibus ingenuis cura praedocta suorum, des Pithöus, durch, Die durch der Ältern Fleiß viel Art und Kunst gehabt. Jetzt wird Art in dieser Bedeutung nur noch im gemeinen Leben gebraucht. Es hat keine Art, kein Geschick, es ziemet sich nicht. Er schreibt, daß es eine Art hat, vortrefflich. Ich will dich prügeln, daß es eine Art hat, sehr. Es wollte mit meiner Ernsthaftigkeit gar keine Art haben, ich mochte mich zwingen, wie ich wollte. Nun ist es doch keine Art, daß man mich so lange warten lässet, es schickt sich doch nicht.

Anm. 1. In der ersten Bedeutung, wo es ein Concretum ist, nimmt das folgende Substantiv oft das Vorwort von an; zuweilen, aber selten, stehet es auch in der zweyten Endung. Noch häufiger aber folgt es schlechthin in der ersten Endung. Eine Art Stein oder Steine. Was ist das für eine Art Menschen? Eine besondere Art Holz. Eine Steinart, Erdart, Bergart u. s. f. Von der Dehnung des a in diesem Worte S. die Orthographie Th. 1., S. 232.

Anm. 2. Art, Niedersächs. Aart, Dän. Art, Schwed. Art, kommt bey den ältesten Deutschen Schriftstellern nicht vor. Indessen scheinet es doch eben kein neues Wort zu seyn. Die meisten Sprachforscher fallen in der Ableitung desselben auf das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Tugend, gleichsam gute Art. Allein obgleich dieses mit dem Deutschen aus Einer Quelle herstammen kann, so reicht doch dieses noch nicht hin, das Deutsche Wort von dem Griechischen abzuleiten. Es scheinet ursprünglich Herkunft, Abstammung, Geschlecht bedeutet zu haben. Diese biblische Redensart, wir sind alle göttlicher Art, ingleichen der Ausdruck, aus der Art schlagen, und Art läßt von Art nicht, scheinen noch Überbleibsel davon zu seyn. So fern Art in der engern Bedeutung für Geschick, gute Art gebraucht wird, kommt es dem Latein. ars, artis, sehr nahe.


Artacker (W3) [Adelung]


Der Artacker, des -s, plur. die -äcker. 1) Überhaupt, ein tragbarer Acker, der geäret, d. i. gepflüget wird. 2) Ein Stück Acker, welches nach dem Pflugrechte in gewisse Arten eingetheilet ist; Artfeld, Artland.


Artbar (W3) [Adelung]


Artbar, adj. et adv. tragbar, urbar. Einen Acker artbar machen. Im Hollsteinischen taugbar.


Arten (W3) [Adelung]


Arten, verb. reg. ist. 1. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Eine Art, d. i. natürliche Beschaffenheit haben, oder bekommen. Er artet nicht nach seinem Vater. Seltener als ein Reciprocum. Des Fürsten Diener sind also, wie sie der Herr will haben, Sie arten sich nach seiner Art, sind Affen seiner Gaben, Logau. 2) Eine gute Art bekommen, gedeihen, gerathen. Befeuchte meinen Garten,So wird er besser arten, Gryph.O lieblicher Garten,Wie wird doch alles so wundervoll arten! ebend. Diese Bedeutung ist auch im Hochdeutschen im gemeinen Leben gebräuchlich; z. B. Weizen und Gerste will in einem thonigen Boden gar nicht arten. Nach Kleyentranke pflegen die jungen Schweine sehr gut zu arten. Das Dän. arte, und das Schwed. arta sig, sind in derselben gleichfalls gänge und gebe. In einem alten Vocab. von 1462 bey dem Frisch wird arten, durch deyhen, maturari, erkläret.2. Ein Activum, eine Art ertheilen. In dieser im Hochdeutschen ungewöhnlichen Bedeutung kommt dieses Wort nur Ein Mahl bey dem Opitz vor. Das von der durchdringenden Luft also geartet wird. Üblicher ist im Hochdeutschen das Participium geartet mit seyn. Wir Menschen sind so geartet, daß wir uns noch allezeit mit Hoffnung schmeicheln, so lange als wir können, wir haben die Art. Gut geartet, schlecht geartet. Ein wohl gearteter junger Mensch.


Artfeld (W3) [Adelung]


Das Artfeld, des -es, plur. die -er. 1) Ein tragbares Feld, welches geäret, d. i. gebauet wird. 2) Ein Stück Feld, welches in gewisse Arten eingetheilet wird, oder zu gewissen Zeiten der Ruhe bedarf, im Gegensatze des Jahrfeldes, welches alle Jahre bestellet wird; Artacker, Artland.


Arthaft (W3) [Adelung]


Arthaft, adj. et adv. wie artbar. Ein Stück Feldes arthaft machen. Ingleichen in weiterer Bedeutung, auch von Wiesen, fruchtbar. Eine Wiese arthaft machen. Arthaftiges Land kommt in dieser Bedeutung schon in einer Österreichischen Urkunde von 1350 vor.


Artig (W3) [Adelung]


Artig, -er, -ste, adj. et adv. überhaupt, eine Art habend, so fern dieses Wort die natürliche oder zufällige Beschaffenheit einer Sache anzeigt.1. Die natürliche Beschaffenheit einer Sache an sich habend, oder derselben ähnlich. In dieser Bedeutung ist artig nur in Zusammensetzungen üblich. Gypsartig, thonartig, glasartig, steinartig, heldenartig, gutartig u. s. f. Ehedem war in dieser Bedeutung das Wort achtig, von achten, halten, meinen, üblich, steinachtig, glasachtig u. s. f. was für Stein, für Glas zu halten ist. Einige Oberdeutsche Schriftsteller gebrauchen dieses Wort in Zusammensetzungen auch noch; allein im Hochdeutschen ist es veraltet, indem in den meisten Fällen icht daraus geworden ist; S. -Icht.2. Eine gute Art habend. 1) Für geschickt. Artig tanzen. Er weiß es einem gar artig beyzubringen. Eine artige, feine, geschickte Antwort. Er führte ihn artig bey der Nase herum. 2) Angenehm, in Ansehung der Mienen und Geberden. Ein artiger Mensch. Ein überaus artiges Frauenzimmer. Artiggehet zunächst auf die willkührliche geschickte Einrichtung des äußern Anstandes, wodurch man ein günstiges Vorurtheil für sich erweckt. Aber man gebraucht es auch sehr oft von der natürlichen Gestalt, von dem Angenehmen in der Bildung, welches man eben noch nicht schön nennen kann oder will. Sie siehet ganz artig aus. Ein artiges Gesicht. Eine artige Person. Besonders nennet man dasjenige artig, was klein ist. Aristoteles behauptete schon, daß die Schönheit in der Größe des Leibes bestehe, und das man junge Leute von kleiner Größe wohl artig und wohl gemacht, aber nicht schön nennen könne. Du willst gleich groß und artig seyn, Marull, was artig ist, ist klein, Less. In weiterer Bedeutung, auch von leblosen Gegenständen, was man gern empfindet. Ein artiges Haus, ein artiger Garten. Eine Fabel, die mir ganz artig geschienen hat, Gell. 3) Den guten Sitten gemäß. In dieser Bedeutung gebraucht man artig besonders von dem Wohlverhalten der Kinder, im Gegensatze des unartig. Sey fein artig. Sich artig aufführen, betragen. Ein frommes artiges Kind.3. Eine seltsame, wunderliche Art habend, in gemilderter Bedeutung. Du bist wohl artig. Du redest artig. Eine artige, sonderbare Frage. Das ist doch ganz artig, sie verdammen mich, ohne mich gehört zu haben, Gell.

Anm. Artig, Dän. und Schwed. artig, verändert in der Comparation sein a nicht, artiger, am artigsten. Hätte Frisch die Bedeutung des Wortes Art in ihrem ganzen Umfange gekannt, so würde er artig, so fern es geschickt bedeutet, nicht von dem Lat. Arte hergeleitet haben. Für artig in der zweyten Bedeutung saget man im gemeinen Legen auch hübsch.


Artigkeit (W3) [Adelung]


Die Artigkeit, plur. die -en. 1) Die artige Beschaffenheit einer Person oder Sache, in der zweyten Bedeutung, mit allen ihren Nebenbegriffen, doch ohne Plural. 2) Artige, d. i. angenehme Geberden, Mienen, Worte Sachen. Er sagte ihr viele Artigkeiten vor, ohne zu bedenken, was er sagte, v. Brawe.


Artikel (W3) [Adelung]


Der Artikel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum Artikelchen, von dem Latein. Articulus, ein Glied.1. Ein Theil einer Rede oder Schrift, und eine in besondere Abschnitte getheilte Schrift und Urkunde selbst. In dieser Bedeutung hat man so wohl die Glaubensartikel, d. i. die wesentlichen Lehren der Religion, als auch verschiedene andere in gewisse Artikel abgefaßte Verhandlungen und Urkunden. Dahin gehören die Schmalkaldischen Artikel, die Innungs-Artikel, oder Artikelsbriefe der Handwerker u. a. m.2. Eine einzelne besondere Sache, besonders bey den Kaufleuten, eine einzelne Art Waaren. Ein Artikel von Waaren. Ich habe diesen Artikel noch nicht verkauft.3. In der Sprachkunst, ein Redetheil, welcher die Art und Weise der Selbstständigkeit der Substantive bezeichnet, und sich im Deutschen in den bestimmten, (der,) und unbestimmter Artikel, (ein) theilet. Die ältern Sprachlehrer nannten ihn das Geschlechtswort; allein da er das Geschlecht der Substantive nicht mehr als die Adjective und manche Pronomina bezeichnet, so ist die alte fremde Benennung dieser einheimischen billig vorzuziehen, indem diese bloß dazu dienet, einen ganz falschen Begriff von diesem Redetheile zu geben und zu unterhalten.


Artikels-Brief (W3) [Adelung]


Der Artikels-Brief, des -es, plur. die -e, eine in Artikel abgetheilte Urkunde. Ehedem war die kaiserliche Wahl-Capitulation unter diesem Nahmen bekannt. Ingleichen pflegen die Handwerker ihre geschriebenen Gesetze mit diesem Nahmen zu belegen, die sie sonst auch Gildebriefe, Innungs-Artikel, Innungsbriefe, Handwerks-Artikel, Zunft-Artikel, Amts-Artikel, ingleichen Briefe schlechthin nennen.


Artillerie (W3) [Adelung]


Die Artillerie, (viersylbig,) plur. inusit. 1) Als ein Collectivum, das grobe Geschütz und alles was dazu gehöret. Daher der Artillerie-Oberster, der über das grobe Geschütz gesetzet ist, der Artillerie-Bediente, die Artillerie-Pferde, welche zu Fortbringung des Geschützes gebraucht werden, der Artillerie-Wagen u. s. f. 2) Die Wissenschaft von der Zurichtung und dem Gebrauche des groben Geschützes, welche man sonst auch die Geschützkunst, die Büchsenmeisterey, die Feuerwerkerkunst, und die Zugmeistereykunst nennet. Daher der Artillerist, des -en, plur. die -en, der diese Wissenschaft verstehet, und bey dem groben Geschütze gebraucht wird.

Anm. Dieses Wort ist aus dem Ital. Artigleria und Franz. Artillerie im Deutschen aufgenommen. Das davon gemachte Lateinische Artilleria kommt schon 1304, also noch vor Erfindung der Pulvergeschütze, vor. Das bey manchen übliche Artollerie gehöret rauhen Mundarten zu. Grupen beweiset in seinen Anmerkungen S. 449, daß es von dem Latein. Ars herkomme. Ehedem war bey den Deutschen auch das Wort Arkeley und Arkaley dafür gebräuchlich, wovon Frisch nachgesehen werden kann.


Artischocke (W3) [Adelung]


Die Artischocke, plur. die -n, die Frucht, oder vielmehr der fleischige, eßbare Kelch einer gewissen Pflanze, und diese Pflanze selbst; Cynara, L. Dasjenige, was in der Artischocke bleibt, wenn die Blätter des Kelches abgebrochen werden, heißet von der äußern Ähnlichkeit der Käse.

Anm. Die Pflanze ist ausländisch, daher auch ihr Nahme fremd ist. Ital. heißt sie Articiocco und Carciocco, Span. Artichofa und Alcarchofa, Franz. Artichaud. Engl. Artichoke, Holl. Artischok, Schwed. Ertskocka, Dän. Ärteskok und Poln. Karciof. Frisch behauptet sehr unwahrscheinlich, daß der Ital. Nahme, von welchem wohl die andern abstammen, von Carduus und Scolymus zusammen gesetzet worden, obgleich der Nahme Carduus mit in diesem Worte befindlich seyn mag, indem die Frucht einem Distelkopfe nicht unähnlich siehet. Ihre hält die erste Hälfte dieses Nahmens für das Deutsche Wort Erde, weil einige die Pflanze auch Erdschocke nennen; allein die letzte Hälfte läßt er unerklärt. Da es noch nicht bewiesen ist, daß diese Pflanze in Italien einheimisch ist, so müßte man erst wissen, aus was für einem Lande sie dahin gebracht worden, ehe man sich in die Untersuchung ihres Nahmens einlassen kann. Übrigens wird sie in Oberdeutschland auch Strobeldorn und Gartendistel genannt. Frisch merket an, daß in der Mark Brandenburg die Erdäpfel Unterartischocken genannt werden.


Artland (W3) [Adelung]


Das Artland, des -es, plur. die -länder. 1) Artbares Land, Land welches geäret, oder gebauet wird. 2) Ein Feld, welches in drey Arten eingetheilet ist, wie Artacker 2 und Artfeld 2.


Artlich (W3) [Adelung]


+ Artlich, -er, -ste, adj. et adv. für artig, in der zweyten und dritten Bedeutung. Ein artliches Haus, Opitz. Ein artliches Lied, ebend. Konnt selber artlich reißen, ebend. Im Hochdeutschen ist dieses Wort völlig veraltet; man höret es nur noch zuweilen in Niedersachsen und in den gemeinen Sprecharten.


Artlohn (W3) [Adelung]


Der Artlohn, des -es, plur. + die -löhne, in Thüringen und Franken, was für die Bestellung eines Ackers bezahlet wird; Ackerlohn, S. Lohn.


Artoffel (W3) [Adelung]


Die Artoffel, S. Erdapfel und Kartoffel.


Arum (W3) [Adelung]


Das Arum, des -s, plur. car. der Lateinische Nahme einer gewissen Pflanze, welcher im gemeinen Leben häufig in Aaron und Aron verderbt wird. Im Deutschen wird sie auch Fieberwurzel, Magenwurzel, Zehrwurzel, und Deutscher Ingwer genannt.


Arvelen (W3) [Adelung]


Arvelen, Arven, S. Zirbelnuß.


Arzeney (W3) [Adelung]


Die Arzeney, plur. die -en, ein körperliches Mittel, die Gesundheit des thierischen, und besonders des menschlichen Körpers zu erhalten oder wieder herzustellen. Eine Arzeney bereiten, eingeben, einnehmen. Eine Arzeney wider das Fieber, wider die Gicht, wider die Schwindsucht. Die Arzeney wirket. Arzeney, für Arzeneywissenschaft, ist nicht mehr gebräuchlich.

Anm. In Winsbecks Gedichte Arzenie, bey dem Hornegk Erezeney, ist wohl von dem alten Verbo arzen, welches nicht allein heilen, sondern auch mit allerley Ingredienzien künsteln, bedeutete, wie Frisch aus einigen Beyspielen beweiset. Eben derselbe behauptet nicht unwahrscheinlich, daß dieses Verbum von dem Latein. Ars herkomme, wovon Artista in den ältern Zeiten einen Arzt bedeutet habe. S. das folgende. Von Arzt hatte man ehedem auch noch Arztey, und in Niedersachsen Erstedije, in eben dieser Bedeutung. Bey den ältesten Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern heißt Arzeney Laececraft, der Arzt Lacha, und heilen lokon und lochon, von welchen alten Wörtern, die in allen mit den Deutschen verwandten Mundarten angetroffen werden. Ihre in Glossar. v. Läka nachgesehen werden kann.


Arzeneyen (W3) [Adelung]


* Arzeneyen, verb. reg. act. et neutr. so wohl Arzeney geben, heilen, als auch Arzeney einnehmen. Ich habe heute arzeneyet, Arzeney eingenommen. Hilf dir selber, ehe du andere arzeneyest, Sir. 18, 20. In beyden Gattungen ist dieses Zeitwort in der guten Hochdeutschen Schreib- und Sprechart längst veraltet.

Anm. Es ist zunächst von Arzeney. Die Alten hatten dafür das oben gedachte atzen, welches noch in Oberschwaben so wohl als ein Neutrum, als auch als ein Activum üblich ist. Hiervon ist das Frequentativum arzenen, welches für heilen schon bey dem Willeram vorkommt, und noch in der Schweiz gebraucht wird. Das Vieh, welches man nicht mit Fleiß gearznet, sagt Bluntschli, ein Schweizerischer Schriftsteller.


Arzeneygelehrsamkeit (W3) [Adelung]


Die Arzeneygelehrsamkeit, plur. inusit. die Wissenschaft der Wahrheiten, welche die Gesundheit des thierischen und besonders des menschlichen Körpers betreffend; die Arzeneywissenschaft, Medicina.


Arzeneykunde (W3) [Adelung]


Die Arzeneykunde, plur. inusit. die Kenntniß der Arzeneymittel und ihres Gebrauches; ein Wort, welches einige Neuere für Arzeneywissenschaft einführen wollen, welches aber dessen Begriff eben so wenig als Arzeneykunst erschöpfet, indem die wissenschaftliche Kenntniß dadurch nicht ausgedruckt wird. Andere Zusammensetzungen, Arzeneykräuter, welche zur Arzeney gebraucht werden, officinelle, Arzeneymittel, Heilmittel, Arzeneyen, u. s. f. verstehen sich von selbst.


Arzt (W3) [Adelung]


Der Arzt, (in vielen Gegenden Arzt,), des -es, plur. die Ärzte, der die Wissenschaft, die thierischen, und besonders menschlichen Körper, oder auch einige Theile derselben, zu heilen, verstehet und ausübet. Daher ein Leibarzt, Wundarzt, Augenarzt, Zahnarzt, Baucharzt, ingleichen ein Vieharzt, Reßarzt u. s. f. In Österreich bedeutet Arzt nur einen Marktschreyer, und es scheinet, daß dieses Wort auch im Hochdeutschen durch den Mißbrauch der Quacksalber und Pfuscher, einen Nachtheiligen Begriff bekommen haben müsse, weil man sich im gemeinen Leben statt dessen der Lateinischen Wörter Doctor und Medicus bedienet. Indessen hat man doch Arzt in der edlern und höhern Schreibart billig wieder eingeführet, nachdem es durch den lange unterlassenen Gebrauch, den anklebenden nachtheiligen Nebenbegriff wider verloren hat. In dem Worte Mühlarzt, worunter man denjenigen verstehet, der die Mühlen zu verbessern und zuzurichten weiß, hat dieses Wort eine seltsame figürliche Bedeutung, man müßte denn annehmen, daß Arzt ursprünglich einen jeden Künstler bedeutet habe, welches aber noch nicht erwiesen ist. Das Fämin. die Ärztinn, z. B. Aspasta, eine Griechische Ärztinn, ist sehr ungewöhnlich, so sehr es uns auch an einem andern schicklichen Worte fehlet, diesen Begriff mit einer weiblichen Person zu verbinden. Die Arztgebühr, das Arztgeld, der Arztlohn, dasjenige, was der Arzt zur Belohnung seiner Bemühung bekommt, bedürfen keiner weitern Erklärung.

Anm. Bey dem Ottfried und im Schwabenspiegel Arzat, und in Oberschwaben noch jetzt Arzat, ist dem Frisch zu Folge, entweder aus dem Participio arzend des Verbi arzen zusammen gezogen, oder aus Artista entstanden. Die Niedersächsische Mundart. welche das zt gern vermeidet, wo sie kann, spricht dieses Wort Arst aus, und in Bremen lautet es gar nur Asse. Die geschärfte Aussprache Arzt ist der gedehnten Oberdeutschen Arzt vorzuziehen, theils wegen der auf das a folgenden drey Consonanten, theils auch wegen der Analogie mit Arzeney, wo das jederzeit geschärft ist.


Äs (W3) [Adelung]


Das Äs, und As, S. Äß und Aß.


Asant (W3) [Adelung]


Der Asant, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein ausländischer Nahme zweyer eingetrockneter harziger Säfte; stinkender Asant, welcher unter dem Nahmen des Teufelsdreckes bekannter ist, Asa foetida, und wohl riechender Asant, welcher auch Benzoe genannt wird, Asa dulcis. Der Nahme ist morgenländisch, so wie das Lat. Asa oder Assa.


Asbest (W3) [Adelung]


Der Asbest, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, ein thonartiger Stein, welcher dem Amianthe sehr nahe kommt, nur daß er schwerer ist, und härtere, unbiegsamere Faden hat, welche meisten Theils parallel laufen; Asbestum, vom Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, unauslöschlich, weil die Alten die irrige Vorstellung von demselben hatten, daß er, wenn er einmahl angezündet worden, nicht wieder erlösche. Reifer Asbest, dessen Faden biegsam sind, sich leicht trennen lassen, und daher gesponnen und gewebet werden können. Unreifer Asbest, dessen Faden noch hart sind, und sich nicht trennen lassen. Asbestartiger Bleyglanz, wo der Bleyglanz mit Asbest vermischet ist, dergleichen es in Schweden gibt. Asbestholz, ein bräunlicher, fasiger Asbest, welcher dem Holze nicht unähnlich siehet, und aus Rußland zu uns gebracht wird.


Ascetik (W3) [Adelung]


Die Ascetik, plur. inusit. aus dem Griech. und Lat. Ascetica, in der Theologie, die Lehre von den Übungen der Andacht und des geistlichen Lebens. Daher ascetisch, in derselben gegründet. Die ascetische Theologie, die Ascetik.


Asch (W3) [Adelung]


Der Asch, des -es, plur. die Äsche, und in einige Gegenden, z. B. der Lausitz, die Ascher. 1) Ein in den Oberdeutschen und Obersächsischen Küchen bekanntes Gefäß, welches oben weit ist, unten aber spitzig, wenigstens enge zuläuft. Ein Reibasch, Milchasch, Stärkasch, u. s. f. An einigen Orten werden auch die Blumentöpfe Äsche und Blumenäsche genannt, ob sie gleich oben weit weniger weit sind, als die vorigen. 2) Eine Art Schiffe in Baiern, in welchen das Salz auf den Flüssen zugeführet wird.

Anm. Frisch glaubt, daß der letztere Nahme von der Äsche herrühre, weil man ehedem das Holz dieses Baumes vorzüglich zu Kähnen und Fahrzeugen gebraucht, und daß man hernach um der Ähnlichkeit willen diesen Ausdruck auch auf das Küchengefäß ausgedehnet habe. Allein Asch scheinet schon in den ältesten Zeiten ein hohles Behältniß zu haben, weil bereits im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - der Nahme eines Schlauches war. Bey dem Petron kommt das Diminutivum Asellus von einem Gefäße mit zwey Handhaben vor, und bey dem Joh. de Janua Ascopa, vas aquaticum utri persimile, S. du Fresne v. Ascopa. Ascus kommt für einen Kahn schon in den Salischen Gesetzen vor, und im Schwed. bedeutet Ask, und im Franz. Ascon und Nascon noch jetzt eineArt kleinerer Fahrzeuge. Eben dieses Schwed. Ask aber, das Dän. Aske, das Nieders. Äsch, Äsk, Ask, das Diethmarsische Aschen, und das Hamburgische Nasch, mit dem abgekürzten Artikel ein, sind noch jetzt alles Nahmen, welche eine Hölzerne Schachtel bezeichnen. In dem Altdorfischen Salzwerke in Hessen ist Esche ein Gefäß, womit das Wasser aus dem Salzbrunnen geschöpfet wird.


Aschänte (W3) [Adelung]


Die Aschänte, plur. die -n, eine Art wilder Änten auf dem Bodensee, welche sich von Äschen nähret.


Aschballen (W3) [Adelung]


Der Aschballen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Schmelzhütten eine große Kugel ausgeschlämmter Asche, woraus die Teste verfertigt werden.


Äschbaum (W3) [Adelung]


Der Äschbaum, S. Äsche.


Aschbley (W3) [Adelung]


Das Aschbley, des -es, plur. inusit. ein Nahme, welcher auch dem Wißmuthe gegeben wird, und den er vermuthlich von seiner aschgrauen, dem Bleye ähnlichen Farbe bekommen hat; S. Wißmuth.


Äsche (W3) [Adelung]


1. Die Äsche, plur. die -n, ein den Forellen ähnlicher Flußfisch, mit kleinen Schuppen, welcher diesen aber am Geschmack noch vorgezogen wird, und auf den Seiten aschenfarben ist, wovon er auch den Nahmen hat; Thymallus, L.

Anm. In Oberdeutschland, und selbst in Meißen, ist der Nahme dieses Fisches männlichen Geschlechtes, und wird daselbst bald Asch, bald Asche, bald auch Äsche gesprochen. Eigentlich führet dieser Fisch erst im dritten oder vierten Jahre, wenn er zu seiner völligen Größe gekommen ist, diesen Nahmen. Im ersten Jahre, da er noch sehr klein ist, heißt er in Österreich Sprätzling, und in Zürch Körnling, Churling, Kreßling, oder Greßling; im Zweyten Jahre, da er die Länge einer Spange hat, in Österreich ein Mayling, und in Zürch ein Knabe, Iser oder Iserle; im dritten Jahre in Österreich ein Äschling, in Zürch ein Äsch, und in Schafhausen ein Mittler; im vierten endlich wird er in Österreich und der Schweiz erst ein Äsch oder Ascher genannt. Vielleicht war der Fisch, welchen Walafried Strabo unter dem Nahmen Asco so schmackhaft fand, eine Äsche. Interea dulcis fertur mihi normula piscis, Asconis calidi, sequitur vas denique musti.


Äsche (W3) [Adelung]


2. Die Äsche, plur. die -n, oder der Äschenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein hoher ästiger Baum, welcher ein weißes hartes Holz und eine glatte Rinde hat; Fraxinus, L. Bey Ramlern ist die bestählte Äsche eine hohe Figur eines Spießes. Weil sein Holz das Blut stillen und eine heilende Kraft haben soll, so wird er an einigen Orten auch Wundholz genannt.

Anm. Äsche, in Oberdeutschland Asche, Fränkisch und Alemannisch Asch, Angels. Aesc, Engl. Ash, Dän. und Schwed. Ask, Holländ. Esch, kommt mit den alten Latein. Nahmen Aesculus oder Esculus genau überein, welchen Servius von Esca herleitet, weil der Same dieses Baumes der ersten Menschen zur Speise gedienet. Wachter läßt ihn von dem Griech. Worte - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Stärke, abstammen, weil das Holz dieses Baumes überaus zähe und stark ist; Frisch hingegen findet eine starke Ähnlichkeit zwischen diesem Nahmen und dem Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . S. auch Eberäsche.


Asche (W3) [Adelung]


Die Asche, plur. car. 1) Eigentlich und in der weitesten Bedeutung, so viel als Staub. Diese Bedeutung ist zwar größten Theils veraltet, indessen nennet man doch noch an einigen Orten in der Landwirthschaft einen staubigen Boden, Asche und Äschicht. Im Bergbaue ist die Asche eine Erdart, welche in der Grube zwar hart und körnig ist, aber am Tage in Staub verfällt.2) In engerer Bedeutung, der übrig gebliebene erdige Theil eines verbrannten Körpers, und besonders des Holzes, daher man unter Asche schlechthin gemeiniglich Holzasche verstehet. Asche brennen, durch Verbrennung des Holzes Asche hervor bringen, äschern. Etwas zu Asch brennen, verbrennen. In die Asche legen, von Gebäuden, Dörfern und Städten, für verbrennen. In der Asche legen, verbrannt seyn. Es glimmet ein Feuer unter der Asche figürlich, von einer gefährlichen Sache, welche noch nicht zum Ausbruche gekommen ist. O wenn sie großmüthig wäre, so hätte sie niemahls wieder die Flamme aufwecken sollen, die in meinem Herzen stets unter der Asche gebrannt hat, Weiße. Die biblische R. A. im Sache und in der Asche Buße thun, beziehet sich auf die Gebräuche der Juden, welche sich in einer großen Betrübniß mit Asche bestreueten. Ungebrannte Asche, im Scherze, ein Stock, in so fern er zur Züchtigung dienet.3) In der Chymie, diejenigen metallischen Kalke, welche durch das Feuer zubereitet worden; Bleyasche, Zinnasche u. s. f.4) Der Überrest eines verweseten menschlichen Körpers. Zu Asche werden. Seine Asche ruhet in dieser Gruft. Ihr Winde wehet sanft, die heilige Asche ruht! Und in der höhern und dichterischen Schreibart auch figürlich, das Andenken eines Verstorbenen. Laß mich deiner Asche dankbare Thränen weihen. Mein Wandel soll seine Asche ehren. Trostlose Thränen würden nur die Asche deines Freundes entweihen. Diese vierte Bedeutung ist zunächst eine Nachahmung derjenigen Völker, welche ihre Todten zu verbrennen pflegten.

Anm. Asche, bey dem Notker und Ottfried Ascu und Asgu, Goth. Azgo, Angels. Acse, Ahse, Engl. Ashes, Schwed. Aska, in Westphalen Aske, kommen mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Staub, genau überein. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist dieses Wort männlicher Geschlechtes, der Asch, des Aschen. Überhaupt bekommt es daselbst im Genitiv den folgenden Endungen -en am Ende, welches Luther nachgeahmet hat, wenn es bey ihm heißt, in der Aschen, für in der Asche. In der Schweiz kautet dieses Wort die Äschen. Wenn von mehrern Arten der Asche die Rede ist, so gebraucht man, wie in alle andern Fällen, im gemeinen Leben auch den Plural, die Aschen. In den mit diesem Worte gemachten Zusammensetzungen lautet es bald Asch, bald Aschen, bald aber auch Ascher, wie in Aschersatz, und Ascherloch.


Äschel (W3) [Adelung]


Der Äschel, des -s, plur. inusit. in den Blaufarbenwerken, die feinere Art Smalte, im Gegensatze der geringern, welche im engern Verstande blaue Farbe oder Kobalt genannt wird. Dieser Äschel, oder Eschel, wie er gemeiniglich geschrieben wird, ist blasser von Farbe, als die letztere Art, und hat daher vermuthlich auch den Nahmen, weil er mehr in das Aschfarbene fällt, oder auch weil er aus einem zarten Pulver bestehet.


Äschen (W3) [Adelung]


Äschen, adj. et adv. von Äsche, fraxinus, aus dem Holze des Äschenbaumes bereitet, zu diesem Baume gehörig. Äschenes Holz, oder äschen Holz. In dem Fragmente eines alten Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug, bey dem Schilter, findet sich schon ein eschiner schaft.


Aschenbad (W3) [Adelung]


Das Aschenbad, des -es, plur. die -bäder, in der Chymie, ein eisernes Gefäß mit ausgelaugter und gesiebter Asche, unter welches Feuer angemacht wird, daraus zu destilliren; die Aschenkapelle, S. Bad.


Aschenbaum (W3) [Adelung]


Der Aschenbaum, S. Äspe.


Äschenbaum (W3) [Adelung]


Der Äschenbaum, S. die Äsche, fraxinus.


Aschenblaser (W3) [Adelung]


Der Aschenblaser, des -s, plur. die -bläser, S. Aschenzieher.


Aschenbrenner (W3) [Adelung]


Der Aschenbrenner, oder Äscherer, des -s, plur. ut nom. sing. Leute, welche ein Geschäft daraus machen, das Holz in den Wäldern für die Glas- und Schmelzhütten zu Asche zu brennen.


Aschenbrödel (W3) [Adelung]


Der Aschenbrödel, des -s, plur. ut nom. sing. ein niedriges Schimpfwort auf eine unreinliche Küchenmagd, und dann auch auf einen jeden schmutzigen Menschen. Frisch leitet dieletzte Hälfte dieses Wortes von Broden, Brühe, her, eine Magd anzudeuten, die voller Asche und unreiner Feuchtigkeiten ist. Auf ähnliche Art bedeutet Brodaglia im Italiänischen Lumpengesindel, und Brodaivolo einen Sudelkoch. In Nieders. sagt man Askenböel, Askenbüel, gleichsam Aschenpudel, ingleichen Askenpüster, und Askenpösel, von pöseln, mühsame, schwere Arbeit verrichten. Das Ital. Cova-ceneri, und mittlere Lat. Ciniferus sind in der Bedeutung mit dem Deutschen verwandt.


Aschenbrot (W3) [Adelung]


Das Aschenbrot, des -es, plur. die -e, ein in heißer Asche gebackenes Brot, 4. Mos. 11, 8, welches, weil es breit und dünn ist, wie ein Kuchen, auch Aschenkuchen genannt wird; im mittlern Lateine Focacia, S. du Fresne h. v. In einem alten Vocabulario von 1482 heißt es: Ascherig Brot. oder Aschenkuch oder Pogatz. It. Matz, Polent, Pogatz, Polenta.


Aschenfall (W3) [Adelung]


Der Aschenfall, des -es, plur. die -fälle, in den Brenn- und Destillir-Öfen, der Platz, wohin die Asche fällt.


Aschenfarbe (W3) [Adelung]


Die Aschenfarbe, oder Aschfarbe, plur. von mehrern Arten, die -n, eine Farbe, welche der natürlichen Farbe der Asche gleicht.


Aschenfarbig (W3) [Adelung]


Aschenfarbig, aschfarbig, oder aschenfarben, aschfarben, adj. et adv. diese Farbe habend; aschfahl, aschgrau. Ein aschfarbiges, oder aschenfarbenes Kleid.


Aschengrube (W3) [Adelung]


Die Aschengrube, plur. die -n, eine ausgemauerte Grube, die Asche in derselben zu sammeln.


Aschenherd (W3) [Adelung]


Der Aschenherd, des -es, plur. die -e, in dem Hüttenwesen, ein von Asche zubereiteter Herd, worauf das Silber abgetrieben wird; dar Treibeherd.


Aschenkapelle (W3) [Adelung]


Die Aschenkapelle, plur. die -n. 1) S. Aschenbad. 2) In dem Hüttenwesen, der aus Asche bereitete Test oder Treibescherben.


Aschenkrug (W3) [Adelung]


Der Aschenkrug, des -es, plur. die -krüge, ein irdenes Gefäß, worin die Alten die Asche ihrer verbrannten Leichen aufbewahrten und beysetzten; ein Aschentopf, eine Urne, und in den gemeinen Sprecharten ein Todtentopf. Bey den Dichtern wird dieses Wort figürlich auch für die Gebeine eines Verstorbenen und für dessen Andenken genommen. Im stillen Schatten des Ahorns Ruht, ungerühmt von panegyrischem Marmor, Des Weisen Aschenkrug, Bach.


Aschenkuchen (W3) [Adelung]


Der Aschenkuchen, des -s, plur. ut nom. sing. 1) So viel als Aschenbrot, welches siehe. 2) Bey einigen auch wie Aschkuchen, welches S.


Aschenloch (W3) [Adelung]


Das Aschenloch, in den gemeinen Sprecharten Aschloch, das -es, plur. die -löcher, ein Loch in den Herden verschiedener Öfen, durch welches die Asche fallen kann, damit sie das Holz am Brennen nicht hindere.


Aschenpflanze (W3) [Adelung]


Die Aschenpflanze, plur. die -n. 1) Der Nahme einer ausländischen Pflanze; Cineraria, L. 2) In einigen Gegenden auch des Beyfußes, S. dieses Wort. Beyde wegen ihrer aschgrauen Farbe.


Aschensalz (W3) [Adelung]


Das Aschensalz, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten, die -e, das aus der Asche gelaugte Salz; Laugensalz, Soude. S. Laugensalz.


Aschentopf (W3) [Adelung]


Der Aschentopf, des -es, plur. die -töpfe, wie Aschenkrug, doch nur in der niedrigen Sprechart.


Aschentuch (W3) [Adelung]


Das Aschentuch, oder Äschertuch, des -es, plur. die -tücher, ein Stück grober Leinwand, durch welche die Lauge durchgeseihet wird, um sie von der Asche abzusondern.


Aschenwedel (W3) [Adelung]


Der Aschenwedel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wedel, die Asche damit von manchen Körpern abzukehren.


Äschenwurz (W3) [Adelung]


Äschenwurz, S. Aschwurz.


Aschenzieher (W3) [Adelung]


Der Aschenzieher, des -s, plur. ut nom. sing. ein brauner, halb durchsichtiger Edelstein, welcher von der Insel Ceylon kommt, und durch Reiben und warmes Wasser elektrisch gemacht werden kann, so daß er die Asche wechselsweise an sich ziehet, und wieder von sich stößet; der Bläser, Aschenblaser, Tourmalin, Tripp.


Äscher (W3) [Adelung]


Der Äscher, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Bey den Lohgärbern, gelöschter, durchgesiebter und mit Asche vermischter Kalk; ingleichen ein in die Erde gegrabenes Faß, worin die Häute mit Kalk und Asche gebeitzet werden; das Äscherfaß. 2) Bey den Seifenstedern und Wäscherinnen, der Einsatz von Asche und ungelöschtem Kalke, woraus sie ihre Lauge bereiten.


Äscherer (W3) [Adelung]


Der Äscherer, S. Aschenbrenner.


Äscherfaß (W3) [Adelung]


Das Äscherfaß, des -sses, plur. die -fässer, bey den Lohgärbern, ein Faß, worin die Häute mit Äscher gebeitzet werden. Bey den Seifenstedern, ein Faß, Asche und Kalk darin auszulaugen.


Äschericht (W3) [Adelung]


Äschericht, adj. et adv. gleichsam voller Asche, ein Wort, welches nur bey den Eisenarbeitern üblich ist, welche dasjenige Eisen äschericht nennen, das keine Politur annimmt, sondern jederzeit kleine Tüpfelchen behält, als wenn es mit Asche bestreuet wäre. S. Aschig.


Äschern (W3) [Adelung]


1. Äschern, verb. reg. act. bis zum Keichen heftig bewegen; S. Eschern.


Äschern (W3) [Adelung]


2. Äschern, verb. reg. act. von Asche. 1) Zu Asche brennen, in Asche verwandeln. So nennen die Aschenbrenner ihre Verrichtung äschern. In andern Fällen ist dieses Wort nicht gebräuchlich, außer daß man in gemeinen Leben von Gebäuden, Dörfern und Städten auch das zusammen gesetzte einäschern, d. i. in die Asche legen, gebraucht. 2) Mit Asche bestreuen. In diesem Sinne kommt äschern in der Römischen Kirche von dem Bestreuen mit geweiheter Asche an der "Aschermittwoche" vor. Der Tod will den Gebrauch der Fastnachtzeit behalten, Er äschert unser Haupt mit Moder aus der Gruft, Günth. 3) Mit Asche beitzen oder kochen. So äschern die Gärber die Häute, wenn sie selbige in den Äscher stoßen, und die Garnbereiter äschern das Garn, wenn sie es mit Asche kochen. So auch die Äscherung.


Äscherofen (W3) [Adelung]


Der Äscherofen, des -es, plur. die -öfen, bey den Töpfern, ein Ofen, worin das Zinn und Bley zur weißen Schmelze zu Asche gebrannt wird.


Äschersatz (W3) [Adelung]


Der Äschersatz, des -es, plur. die -sätze, in den Schmelzhütten, ein Theil ausgekernte und ein Theil frische Seifensiederasche, welche zum Anlegen eines Treibeherdes genommen wird.


Äscherstange (W3) [Adelung]


Die Äscherstange, plur. die -n, bey den Lohgärbern, eine Stange mit einem Brete am Ende, den Kalk in dem Äscher damit in die Höhe zu heben.


Aschfarben (W3) [Adelung]


Aschfarben, S. Aschfarbig, Aschenfarbig.


Äschfrau (W3) [Adelung]


Die Äschfrau, plur. die -en, eine Frau, welche die Holzasche für die Seifensieder sammelt.


Aschgrau (W3) [Adelung]


Aschgrau, adj. et adv. grau wie Asche, aschenfarbig.


Aschgrube (W3) [Adelung]


Die Aschgrube, S. Aschengrube.


Aschhühnlein (W3) [Adelung]


Das Aschhühnlein, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art der kleinsten Wasserhühner, welche von ihrer aschgrauen Farbe den Nahmen hat; Gallinago cinerea, Kl.


Aschicht (W3) [Adelung]


Aschicht, adj. et adv. der Asche ähnlich. Ein aschichter Boden, welcher aus lauter trockenem Staube bestehet; in der Lausitz äschicht.


Aschig (W3) [Adelung]


Aschig, adj. et adv. woran noch Asche sitzet, Asche an sich habend. Ein aschiges Brot.


Aschkern (W3) [Adelung]


Der Aschkern, des -es, plur. inusit. in den Schmelzhütten, dasjenige, was von der zum Treibeherde gebrauchten durchgesiebten Asche in dem Siebe zurück bleibet, und noch silberhaltiges Bley ist.


Aschknecht (W3) [Adelung]


Der Aschknecht, des -es, plur. die -e, in den Schmelzhütten, ein Arbeiter, welcher die Asche zum Treibeherde zurichtet.


Aschkraut (W3) [Adelung]


Das Aschkraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, welchen man auch dem Jacobs-Kraute, oder der Jacobs-Blume, Senecio Jacobaea, L. zu geben pflegt, weil es mit einer aschfarbigen Wolle überzogen zu seyn scheinet. S. Jacobskraut.


Aschkuchen (W3) [Adelung]


Der Aschkuchen, des -es, plur. ut nom. sing. ein runder, hoher, inwendig hohler Kuchen mit fetter Rinde, welcher in einer thönernen Form gebacken wird, daher er auch Topfkuchen, in Meißen Scherbenkuchen oder Scherbelkuchen genannt wird. Weil er den ehemahligen Gugel- oder Kugelhauben der Weiber nicht unähnlich siehet, so hat er daher in Baiern und Nürnberg den Nahmen Gugelhopfen oder Kugelhopfen bekommen. Den Nahmen Aschkuchen, welcher am meisten in Niedersachsen üblich ist, könnte man von Asche herleiten, weil dieser Kuchen in glühender Asche gebacken wird; allein es scheint, daß damit mehr auf die Gestalt der thönernen Form gesehen worden, welche ein wahrer Asch ist.


Äschling (W3) [Adelung]


Der Äschling, des -es, plur. die -e, S. Äsche, Thymallus.


Aschmeise (W3) [Adelung]


Die Aschmeise, plur. die -n, eine Art kleiner Meisen welche aschfarbig ist, und ein schwarzes Oberköpfchen hat, daher sie auch Graumeise, Mönchmeise und Nonnenmeise, Franz. Nonnette genannt wird. An andern Orten heißt sie auch Mehlmeise, Pimpelmeise, Schneemeise, Schwanzmeise, Zahlmeise, Bergmeise, Pfannenstiel, Gartenmeise, ingleichen Mühmlein.


Aschmesser (W3) [Adelung]


Der Aschmesser, des -s, plur. ut nom. sing. in den Schmelzhütten, derjenige, welcher die Aufsicht über die Asche hat, und selbige den Arbeitern zumisset.


Aschmesser (W3) [Adelung]


Das Aschmesser, des -s, plur. ut nom. sing. gleichfalls in den Schmelzhütten, ein krummes Messer, womit die aus Asche zubereiteten Teste in dem Brennhause ausgeschnitten werden.


Aschofen (W3) [Adelung]


Der Aschofen, des -s, plur. die -öfen, in den Glashütten, derjenige Ofen, worin die Asche calciniret wird.


Aschtonne (W3) [Adelung]


Die Aschtonne, plur. die -n. 1) Eine jede Tonne, welche zur Verwahrung der Asche dienet. 2) In den Schmelzhütten, auch ein Maß, womit die Asche zu den Treibeherden vermessen wird. In dem Chursächsischen Erzgebirge ist eine solche Tonne so viel als ein Freyberger Scheffel.


Aschwurz (W3) [Adelung]


Die Aschwurz, Äschwurz, oder Äschenwurz, plur. inusit. ein Nahme, der an einigen Orten auch dem weißen Diptam gegeben wird, weil seine Blätter den Blättern des Aschenbaumes nicht unähnlich sind. S. Diptam


Asia (W3) [Adelung]


Asia, Genit. Asia's, oder Asien, (dreysylbig,) Genit. Asiens, Dat. Asien, plur. car. der östliche Theil der alten Welt. Daher der Asianer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Asianerinn, oder der Asiat, des -en, plur. die -en, dessen Fämin. die Asiatinn, doch nicht üblich ist, oder endlich der Asier, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Asierinn, welches letztere vor den ersten mehr ausländischen Formen den Vorzug verdienet, eine Person aus diesem Welttheile. Ingleichen Asiatisch, adj, et adv. zu Asien gehörig, aus Asien gebürtig, oder diesem Welttheile, dessen Einwohnern und Producten ähnlich. Das s lautet in diesem Worte gemeiniglich geschärft, als wenn es Aßia geschrieben würde.


Asot (W3) [Adelung]


Der Asot, des -en, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Asotus, ein den sinnlichen Lüsten im höchsten Grade ergebener Mensch, ein Schwelger, grober Wollüstling. Daher asotisch, in diesem Laster gegründet.


Aspe (W3) [Adelung]


Die Aspe, oder Äspe, plur. die -n, ingleichen der Aspenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein hochstämmiger Baum, welcher gern an. feuchten Orten wächset, und sonst auch Pappel genannt wird; Populus, L. Besonders ist unter diesem Nahmen die so genannte Zitteräspe, Zitterpappel, Franz. Tremble, Populus tremula, L. bekannt, deren Blätter an einem langen schwachen Stiele hängen, und daher bey der geringsten Bewegung der Luft mit einen merklichen Geräusche zittern, und zu der R. A. Gelegenheit gegeben haben: zittern wie ein äspenes Laub. Von diesem Geräusche seiner Blätter wird er in Holland der Ratteler, d. i. Kasseler, genannt. In Tyrol heißt er Aschenbaum, an andern Orten Flatteraspe, Zitteräsche, und in Niedersachsen Babersäsche, Beberäsche und Boberäsche von bebern, beben, zittern.

Anm. Die Äspe, Angels. Aeps, Epse, Engl. Asp, Dän. Asp, Norweg. Esp, Schwed. Asp, um Bremen, Hesse, hat ihren Nahmen vermuthlich von einem veralteten Verbo aspen oder äspen, zittern, womit auch das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, zittern, nach Deutscher Form, äspern, verwandt ist.


Aspecten (W3) [Adelung]


Die Aspecten, sing. inusit. von dem Latein. Aspectus, in der Astrologie, der Stand, welchen ein Planet gegen den andern im Thierkreise hat. Weil man ehedem glaubte, daß die Planeten zu dieser Zeit einen besondern Einfluß auf den Erdboden und in die menschlichen Dinge hätten, so sahe man diesen Stand auch als eine wichtige Vorbedeutung glücklicher oder unglücklicher Begebenheiten an. Daher die noch im gemeinen Leben üblichen R. A. das sind böse Aspecten, das find keine guten Aspecten, d. i. daraus lässet sich nicht viel Gutes vorher sagen, das ist ein böser Anschein.


Äspen (W3) [Adelung]


Äspen, adj. et adv. von der Aspe genommen, der Äspe ähnlich oder dazu gehörig. Äspenes Laub, oder Äspenlaub. Äspenes Holz, oder Äspenholz.


Aspenmotte (W3) [Adelung]


Die Aspenmotte, Äspenmotte, plur. die -n, eine Art Motten, welche sich gern auf den Aspenbäumen aufhält; Phalaena Bombyx Populi, L. So auch die Aspenwanze, eine Art Baumwanzen; Cimex Populi, L.


Asper (W3) [Adelung]


Der Asper, des -s, plur. ut nom. sing. der Nahme einer Türkischen Scheidemünze, welche 1 2/3 Pfennige nach unserm Gelde gilt.


Asperbeere (W3) [Adelung]


Die Asperbeere, S. Kräuselbeere.


Äspern (W3) [Adelung]


* Äspern, verb. reg. act. welches nur in einigen Niedersächsischen Gegenden üblich zu seyn scheinet, für plagen, ängstigen, quälen. Der lose Gast (Cupido)Wird im Vertrauen mir zur Last: Er äspert mich so viel er kann, Denn was er siehet, steht ihm an, Gleim. Der Meißnische Pöbel gebraucht dafür kaspern. Vermuthlich sind beyde aus einer und eben derselben Quelle. S. Abeschern.


Asphalt (W3) [Adelung]


Das Asphalt, des -es, plur. von mehrern Arten, die -e, aus dem Griech. und Lat. Asphaltum, eine Art eines schwarzen, trockenen und brüchigen Erdharzes, welches im Deutschen unter dem Nahmen Judenpech am bekanntesten ist; S. dieses Wort.


Asphodill (W3) [Adelung]


Der Asphodill, des -es, plur. inus. oder die Asphodill-Wurz, plur. inus. ein Gartengewächs, welches theils weiße theils gelbe Blumen trägt; Asphodelus, L. In einigen Gegenden als ein Fämininum die Asphodille. Im gemeinen Leben wird dieser Nahme gemeiniglich Affodillen und Affodill-Wurz gesprochen.


Asphodill-Lilie (W3) [Adelung]


Die Asphodill-Lilie, plur. die -n, eine Art Lilien, welche keine Zwiebeln, wie andere Lilien, sondern Wurzeln hat, die den Wurzeln des Asphodills gleichen, und auch Lilien-Asphodill, Tagelilie, genannt wird. Man hat sie mit rothen, pommeranzenfarbigen, und gelben Blumen. Die letztere hat einen Geruch wie der Jasmin, und wird auch Goldlilie, Goldwurz, Goldzwiebel, gelber Asphodill, und im gemeinen Leben Drecklilie genannt.


Asphodill-Wurz (W3) [Adelung]


Die Asphodill-Wurz, S. Asphodill.


Aspiration (W3) [Adelung]


Die Aspiration, plur. die -en, aus dem Lat. Aspiratio, in der Sprachlehre, die Aussprache eines Buchstabens mit einem merklichen Hauche, und dieser Hauch selbst, wie auch dessen Zeichen, dergleichen im Deutschen das h und ch ist. Daher aspiriren, mit einem merklichen Hauche aussprechen. Ein aspirirter Buchstab, ein Hauchlaut.


Aß (W3) [Adelung]


Das "Aß", oder "Äß", des Asses, oder Ässes, plur. Asse oder Ässe, ein Wort, welches heut zu Tage noch in einem dreyfachen Gebrauche vorkommt. Denn so bezeichnet

1) das "Äß" oder "As", die "Eins", so wohl auf den Würfeln, als auch auf den Karten, welches letztere auch das "Daus" heißt. Niedersächs. "Esken", das Engl. "Ace", das Schwed. "Aes", das Ital. "Asso", und das Franz. "As", haben gleiche Bedeutungen.

2) Weil die Eins die kleinste Zahl ist, so hat man auch so wohl in den Gold- und Silbergewichten das kleinste Gewicht, deren 15 einen Grän, 17 einen Pfennig Cölnisch Gold- und Silbergewicht, 64 einen Ducaten, und 126 einen Louisd'or machen, als auch in manchen Arten der Maße, welche eine große Schärfe und Genauigkeit haben sollen, die kleinste Einheit ein "Aß" oder ein "Äß", im gemeinen Leben ein "Eß", oder "Eßchen" genannt.

3) Wird auch das Apothekerpfund, welches 24 Loth hält, ein "Aß" genannt. Im diesem letzten Falle ist das Wort zwar zunächst aus dem Latein. "Assis" entlehnet, allein auch diese gehöret mit zu der allgemeinen Übereinstimmung der Mundarten, und zeiget, daß "Aß" nicht allein die Zahl "Eins", sondern auch eine besondere Sache als ein Ganzes betrachtet, bedeutet habe. Das Griech. "???", "Eins", gehöret gleichfalls hierher. Wenn es in den beyden letzten Bedeutungen ein Zahlwort vor sich hat, so bleibt es im Plural, wie so viele andere dieser Art, unverändert. Der Ducaten ist um sechs "Aß" zu leicht. Es sind diesen Monath 600 "Aß" Wasser gefallen.


Aß (W3) [Adelung]


+ Das Aß, des -es, plur. car. im gemeinen Leben überhaupt alles dasjenige, was einem andern lebendigen Geschöpfe zur Nahrung dienet. Besonders bey den Fischern, die Nahrung der großen Fische, und an einigen Orten bey den Müllern und Bäckern auch das Geringste von dem geschrotenen Getreide, welches zur Nahrung der Schweine gebraucht wird; Schweinaß, Sauaß. Ingleichen die Lockspeise, wodurch man Thiere, und besonders Fische in das Netz lockt. Einem ein Aß legen, ehedem, für ihn anlocken. Dieses Wort kommt von essen, wie Maß von Messen. Gemeiniglich schreibt man es Aaß, ohne Zweifel, weil man es mit dem Worte Aas immer für einerley hielt. Allein, da es von demselben ganz verschieden ist, so ist es der Analogie gemäßer, es nur mit Einem a zu schreiben. Bekommt doch das gleich lautete Imperfectum, ist Maß von messen, ferner Maß von messen, ich saß von gesessen u. s. f. auch nur einen einfachen Vocal, ungeachtet derselbe, gleichfalls gedehnt wird.


Aßen (W3) [Adelung]


+ Aßen, oder Äßen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, aber nur bey den Jägern und Fischern von dem Fressen des rothen Wildbretes, des großen Geflügels, und der große Fische gebraucht wird: der Hirsch aßet, oder äßet sich, als ein Reciprocum. Daher die Äßung, so wohl die Handlung des Fressens, als auch das Futter, die Nahrung solcher Thiere. Getreide zur Äßung aufnehmen, bey den Jägern.


Assecuriren (W3) [Adelung]


Assecuriren, verb. reg. act. aus dem Ital. assecurare, ein besonders im Handelswesen üblichen Wort, Sicherheit von der Gefahr des Verlustes gewähren, die Gefahr des Verlustes gegen eine angemessene Bezahlung über sich nehmen, mit einem guten Deutschen Wort, versichern. Daher der Assecurant, des -en, plur. die -en, der die Gefahr gegen Bezahlung über sich nimmt, der Versicherer; der Assecurat, des -en, plur. die -en, von dem sie übernommen wird, der Versicherte; die Assecuranz, die Übernahme der Gefahr gegen Bezahlung, die Versicherung, ingleichen dasjenige Geld, welches man einem andern dafür bezahlet, die Prämie; oder Assecuranz-Anstalt, eine Verbindung mehrerer, anderer Gefahr gegen Bezahlung gemeinschaftlich zu übernehmen, die Versicherungsanstalt.


Assel (W3) [Adelung]


Die Assel, plur. die -n, der Nahme eines ungeflügelten Insectes mit vierzehn Füßen, und einem eyförmigen Leibe, an welchem zehn Abschnitte an den Seiten wie Zähne einer Säge hervor stehen. Es hält sich auf dem Lande unter Steinen, an alten Mauern, in den Kellern und an feuchten Orten auf, und rollet sich zusammen, wenn man es anrühret; Onicus, L. Lateinisch wird dieses Insect Assellus genannt. Der Nahme Assel, lautet nach den verschiedenen Mundarten bald Esel, Eißel, Atzel und Nassel; außerdem aber wird dieses Thier von dem Orte seines Aufenthalts auch Kellerwurm, Kellerlaus, Kellereisel, Kelleresel und Maueresel genannt. An andern Orten heißt es Schäfchen, Schabe und Holzwentel; die Niedersachsen nennen es Fresulen, von fresen, kalt seyn, weil es kalt anzufühlen ist, und daher einen Schauer erwecket. Assel kommt übrigens mit Asellus überein, welches eine Übersetzung des Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ist, weil dieses Insect in der Ferne so braun wie das Haar eines Esels zu seyn scheinet. Wenn einige die Scolopendra, L. welches ein vielfüßiges Insect ist, sonsten aber diesem ziemlich gleichet, Assel nennen, so ist solches wider den Sprachgebrauch.


Assemblee (W3) [Adelung]


Die Assemblee, (dreysylbig, sprich Assambleh,) plur. die -n, (viersylbig,) ein aus dem Französischen entlehntes Wort, eine Versammlung vornehmer Personen zur gesellschaftlichen Unterhaltung, besonders zum Spiele, zu bezeichnen. Es ist heute bey Hofe Assemblee.


Assessor (W3) [Adelung]


Der Assessor, des -s, plur. die Assessores oder Assessoren, ein Lateinisches Wort, den Beysitzer eines Collegii, besonders eines Gerichts-Collegii zu bezeichnen, welches gute Deutsche Wort eben dasselbe sagt. Dessen Gattinn die Assessorinn. In dem alten Deutsche Rechte waren dafür die Ausdrücke Schöppe, Rechtsfinder, Rechtssitzer, Rechtssprecher üblich.


Assiette (W3) [Adelung]


Die Assiette, plur. die -n, ein Französisches Wort, eine Art kleiner zinnerner Schüsseln zu bezeichnen.


Assigniren (W3) [Adelung]


Assigniren, verb. reg. act. aus dem Lat. assignare, anweisen besonders in Geld- und Zahlungssachen. Jemanden an einen andern assigniren, ihm hundert Thaler assigniren, ihn schriftlich an jemanden weisen, daß er ihm dieses Geld bezahlte. S. Anweisen. Daher der Assignant, des -en, plur. die -en, der Anweiser oder Anweisende; der Assignat, des -en, plur. die -en, der Angewiesene; die Assignation, plur. die -en, die Anweisung.


Assistent (W3) [Adelung]


+ Der Assistent, des -en, plur. die -en, ein ganz unnöthiges Wort aus dem Lat. assistens und assistere, einen Gehülfen, Beystand, und in manchen Fällen auch einen Nachgeordneten zu bezeichnen. Eben so überflüssig sind assistiren, helfen, beystehen, und Assistance, (spricht Assistangße,) oder Assistenz, Hülfe, Beystand.


Associiren (W3) [Adelung]


+ Associiren, verb. reg. act. aus dem Lat. associare, welches eben so entbehrlich ist, so häufig es auch besonders im Staatsrechte vorkommt. Sich associiren, sich mit jemanden associiren, verbinden. Die associirten Kreise, die verbundenen. So auch die Association, die Verbindung.


Ast (W3) [Adelung]


Der Ast, des -es, plur. die Äste, Diminutivum das Ästchen in Oberdeutschland Ästlein, der Zweig eines Baumes, und dessen Spur im Holze. Und zwar,1. Derjenige Zweig eines Baumes, welcher an der Seite des Stammes heraus wächset, im Gegensatze der Zweige, in engerer Bedeutung, welche sich von den Ästen absondert, und in weiterer Bedeutung auch wohl ein jeder Zweig. 1) Eigentlich. Ein starker, schwacher Ast. Holzäste, oder Hauptäste, die größten und stärksten Äste eines Baumes, aus welchen die Fruchtäste entspringen, welche eigentlich die Blätter und Früchte tragen. Falsche Äste, Wasseräste oder Wasserschosse, unfruchtbare Auswüchse, welche von einem Überflusse an Safte herrühren. Ast hat in dieser Bedeutung immer den Begriff einer mehrern Größe und Stärke Zweig, daher es auch von kleinen Gewächsen nicht gebraucht wird. In dem Forstwesen werden die Äste und Zweige collective das Obergehölz, der Afterschlag, der Abraum genannt. 2) Figürlich, auch andere Theile, welche sich als Zweige von einem Körper absondern. So nennen die Zergliederer diejenigen Adern, welche aus einer größern, und besonders aus der Hohlader entspringen, Äste. Auch in den Geschlechtsregistern heißen die Seitenlinien von einem gemeinschaftlichen Stammvater, Äste.2. Die Wurzel oder der Überrest eines Astes in dem Holze. Ein harter Ast. Ein Bret das voller Äste ist. Sprichw. Auf einen harten Ast gehört ein harter Keil, d. i. harte, widerspänstige Gemüther müssen mit gewaltsamen Mitteln gezwungen werden.

Anm. Ast, Goth. Asts, bey dem Ottfried Ast, Nieders. Ast, Oost, Öst und Nast, ist ein altes Wort, welches mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - wohl eine mehr als zufällige Ähnlichkeit hat. So fern dieses Wort die Wurzel eines Astes in dem Holze andeutet, heißt es im Niedersächsischen auch Knast, und im Holländ. Knuyst.


Ästen (W3) [Adelung]


Ästen, verb. reg. act. mit Ästen versehen, von welchem doch nur zuweilen das Particip geästet gebraucht wird.


Ästerich (W3) [Adelung]


Das Ästerich, oder Ästrich, des -es, plur. die -e. 1) * Ein jedes von Steinen verfertigtes Pflas=ter, oder ein gepflas=terter Weg. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, indessen scheinet sie noch in Schwaben, und am Oberrheine üblich zu seyn. Wenigstens kommt Österreich und Östreich in diesem Verstande in der Straßburgischen Polizeyordnung vor, wie aus dem Schilter v. Oesterreich und dem Frisch v. Ästrich erhellet. 2) Ein von viereckten und andern Steinen gepflas=terter Fußboden eines Zimmers. In dieser Bedeutung sagt schon Notker Ps. 118 (119) 25. Demo asteriche hafteta zuo min sela, adhesit pavimento anima mea; wo es in Luthers Übersetzung heißt: meine Seele liegt im Staube. In weiterer Bedeutung, welche heut zu Tage noch am üblichsten ist, wird auch ein mit Gyps oder Kalk und zerstoßenen Mauersteinen überzogener Fußboden so genannt, welchen man zum Unterschiede von dem vorigen ein gegossenes Ästerich zu nennen pflegt. Ein Ästerich schlagen, einen solchen Fußboden machen. 3) Die ausgestakte und ausgekleidete Decke eines Zimmers, welches Ästerich gemeiniglich ein schwebendes Ästerich oder Schwebästerich genannt wird, weil es zwischen zweyen Balken gleichsam schwebet.

Anm. Die Abstammung dieses Wortes, welches bey dem Horneck Estreich lautet, wartet noch auf eine glücklichere Untersuchung, als bisher deßhalb angestellet worden. Astragus, Astracum, Astrocum und Astreca, bedeuteten in dem mittlern Lateine den gepflas=terten Fußboden eines Zimmers. S. du Fresne und Carpentier in Glossar. h. v. und in den Wörtern Estare, Estra, Esterium, Estrada, Estiro, und Lastra. Eben daselbst kommt Astrea und Astrum von dem Herde, und figürlich von dem Hause selbst vor, welch Bedeutung auch das alte Franz. Aistre, Estraige und Estre hat. Du Fresne leitet Astrum von dem Angels. Eord, Herd, her, aber auf eine Art, welche wenig Befriedigung gibt. Frisch behauptet, Aster oder Asters bedeute einen Quadratstein, und die Endsylbe -ich an Ästerich, sey die Endung des davon gemachten Adjectivi. Indessen hat er seinen ersten Satz nicht genug bewiesen; obgleich in dem Bremisch-Nieders. Wörterbuche Th. 31. versichert wird, daß Astrak und Alstrak in und um Bremen von einer gewissen Art Bruchsteine, womit man pflas=tert, gebraucht werde. Vielleicht gibt das Wort Auster, Lat. Ostrea, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Angels. Oster, Italiän. Ostrica, Ostria, hier einige Auskunft; denn davon bedeutet - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ostracarius, bey dem Theophanes einen Ziegelstreicher. In der Schweiz wird der oberste Boden eines Hauses, Ästerich genannt.


Ästig (W3) [Adelung]


Ästig, -er, -ste, adj. et adv. Äste habend, so wohl in der ersten als zweyten Bedeutung des Wortes Ast. Ein ästiger Baum. Ein ästiges Bret.


Astkreuz (W3) [Adelung]


Das Astkreuz, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, ein mit Ästen oder Auswüchsen versehenes Kreuz; Franz. Croix ecotee, clavlee.


Ästling (W3) [Adelung]


Der Ästling, des -es, plur. -e, bey den Vogelschützen, ein junger Vogel, welcher schon von einem Aste auf den andern fliegen kann, besonders ein solcher junger Habicht; Engl. Brancher, von Branch, Ast.


Astloch (W3) [Adelung]


Das Astloch, des -es, plur. die -löcher, eigentlich, das Loch von einem in dem Holze befindlich gewesenen Aste. Verschiedene Zeugweber nennen auch die kleinen Löcher, welche von einem zerrissenen oder knotigen Faden in dem Gewebe entstehen, Astlöcher.


Astmoos (W3) [Adelung]


Das Astmoos, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen einige neuere Kräuterkenner dem Hypnum des Linne gegeben haben, weil es sich in viele Äste und Nebenzweige ausbreitet. Andere Schriftsteller des Pflanzenreiches nennen die meisten derdahin gehörigen Arten Erdmoos. Im gemeinen Leben ist indessen keiner von beyden Nahmen üblich.


Astral (W3) [Adelung]


Astral, adj. indecl. aus dem Lat. astralis, von den Sternen herrührend, in denselben gegründet. Es kommt nur in einigen Zusammensetzungen vor, unter welchen der Astral-Geist der neuern Goldköche oder Schwärmer am bekanntesten ist, welcher nichts anders ist, als die Weltseele der ältern Pantheisten.


Astranz (W3) [Adelung]


Die Astranz, plur. inusit. der Nahme einer Pflanze, S. Meisterwurz.


Ästrich (W3) [Adelung]


Das Ästrich, S. Ästerich.


Astroit (W3) [Adelung]


Der Astroit, des -en, plur. die -en, S. Sternstein.


Astrognosie (W3) [Adelung]


Die Astrognosie, plur. inusit. aus dem Griech. die Kenntniß der Sterne und ihrer Bewegung; die Sternkunde.


Astrolabium (W3) [Adelung]


Das Astrolabium, S. Winkelmesser.


Astrologie (W3) [Adelung]


Die Astrologie, (viersylbig,) plur. die -en, (fünfsylbig,) aus dem griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Kunst, aus dem Stande der Gestirne und ihrem Einflusse auf die Erdkugel künftige Dinge vorher zu sagen, ohne Plural, und ein Lehrbuch dieser Afterkunst mit demselben; die Sternbedeutung. Daher der Astrolog, des -es, plur. die -en, der Sterndeuter; astrologisch, in dieser Kunst gegründet.


Astronomie (W3) [Adelung]


Die Astronomie, (viersylbig,) plur. die -n, (fünfsylbig,) aus dem Griech. und Lat. Astronomia, die Wissenschaft von dem Weltgebäude und den darin ereignenden Veränderungen; die Sternwissenschaft. Daher der Astronom, des -es, plur. die -en, ein Sternkundiger, im gemeinen Leben ein Sternseher, und im Scherze ober aus Verachtung ein Sterngucker. Ferner astronomisch adj. et adv. zu dieser Wissenschaft gehörig, in derselben gegründet. Das astronomische Jahr, im Gegensatze des bürgerlichen, ein Jahr, dessen Dauer nicht bloß nach Tagen, sondern nach Stunden und Minuten angegeben wird. Astronomische Stunden, welche nach Art der Astronomen gezählet werden, welche Mittags um Ein Uhr angefangen und 24 Stunden nach einander fortzählen. Astronomische Tafel, Verzeichnisse derjenigen Umstände, welche zur Berechnung des Laufes des Planeten und der gemeinen Bewegung der Sterne nöthig sind.


Astschnitt (W3) [Adelung]


Der Astschnitt, des -es, plur. die -e, in der Wapenkunst, der Durchschnitt eines Schildes vermittelst einer ästigen Linie.


Atheist (W3) [Adelung]


Der Atheist, (dreysylbig,) des -en, plur. die -en, aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, derjenige, welcher das Daseyn eines göttlichen Wesen läugnet, Fämin. die Atheistinn, ein Gottesläugner, eine Gottesläugnerinn; ehedem sehr barbarisch ein Ohngötter. Daher die Atheisterey, plur. die -en, der Irrthum eines Atheisten, ohne Plural, die Gottesläugnung, ehedem die Ohngötterey; ingleichen Sätze, Handlungen, welche die Gottesläugnung verrathen mit dem Plural; atheistisch, adj. et adv. auf die Gottesläugnung abzielend, daraus herfließend, in derselben gegründet.


Athem (W3) [Adelung]


Der Athem, des -s, plur. inusit. die Luft, welche man vermittelst der Lunge in sich ziehet und wieder von sich stößet, und die Handlung des Einziehens und Ausstoßens dieser Luft; und zwar, 1) Eigentlich. Einen kurzen schweren Athem haben. Athem hohlen, oder schöpfen, die zum Leben nöthige Luft in sich ziehen. Den Athem an sich halten, die geschöpfte Luft nicht wieder von sich stoßen. + Der Athem ist ihm ausgegangen oder ausgefahren, er ist gestorben, in der alltäglichen niedrigen Sprechart. Es benimmt mir fast den Athem, ich möchte ersticken. Etwas in Einem Athem hersagen, unmittelbar hinter einander, ohne merkliche Zwischenräume. Sie ist zugleich Sommer und Winter, sie lacht und weint, sie fleht und droht in Einem Athem, Weiße. So lange noch ein Athem in mir ist, so lange ich noch lebe. Sich aus dem Athem oder außer Athem laufen, reden, schreyen, ingleichen, ganz außer Athem seyn, wie auch, wieder zu Athem kommen, sind sonderbare Arten des Ausdruckes, die indessen doch überall angenommen sind. Ich komme wieder zu Athem, auch figürlich, ich erhohle mich wieder von meiner Bestürzung. Nun da ich einmahl in Odem (Athem) bin, ihnen Vorwürfe zu machen, so will ich mich derselben erst ganz entledigen, Weiße. 2) Figürlich, für das Leben. Diese Bedeutung ist ein Hebraismus, daher sie auch nur in Luther Bibel vorkommt. Indessen gehören doch auch verschiedene oben angeführte figürliche R. A. hierher, indem der Athem zum natürlichen Leben unentbehrlich ist.

Anm. Athem, bey dem Kero und Isidor Atum und Adum, Angels. Aethm, Ethm, Nieders. Atem, Aten, Holländ. Adem, Aessem, zeiget zunächst den Hauch oder Wind an, welcher durch die Einziehung und Ausstoßung des Athens verursacht wird; worin es mit dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, Athem, von - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, wehen, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, hauchen, überein kommt. Bey dem Isidor bedeutet adhmuan wirklich wehen. Weil mit der Ausstoßung des Athems zuweilen ein sichtbarer Dunst verbunden ist, so ist es vermuthlich daher gekommen, daß Athem, in den ältesten Zeiten, so wie das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und das Angels. Aethm, auch einen jeden Dunst bedeutet hat, welchen das Nieders. Frathem und das Hochdeutsche Brodem noch bezeichnen. In den meisten Sprachen hat man die Benennung des Geistes oder der Seele von dem Athem oder Winde hergenommen. Im Deutschen ist solches auch um der Ursache willen geschehen, weil man durch das Latein. Spiritus dazu veranlasset wurde. Daher heißt dem Ulphilas Athma, bey den Schweden Ande, und bey dem Kero Atum so wohl die Seele, als ein jeder Geist, atum uuihenu, der heilige Geist, und atumlih, geistlich. In den folgenden Zeiten wählete man das Wort Geist dafür, welches eigentlich eben dieselbe Bedeutung hat. S. Geist. Es erhellet zugleich hieraus, daß Athem die älteste und wahre Sprech- und Schreibart ist, und daß Odem, welches auch einige gute Obersächsische Schriftsteller gebrauchen, bloß von der neuern Alemannische Mundart herrühret, welche das A so gern mit dem tiefern O vertauschet.


Athemen (W3) [Adelung]


Athemen, oder Athmen, verb. reg. 1. Neutrum, welches mit dem Hülfsworte haben verbunden wird, Athem hohlen, und ausstoßen, doch mehr in der edlern und höhern Schreibart, als im gemeinen Gebrauche. Wie pocht mir das Herz! Es ist mir so zusammen gepresset, daß ich kaum athmen kann, Weiße. Ihr Busen athmet schwer von pressendem Verlangen, Wiel. Figürlich, leben. Orestes athmet doch, und wünschte nicht zu leben, Schleg. 2. Activum. 1) Mit dem Athem in sich ziehen. Warum athmet ihr nicht die frischesten Düfte der Rosen Und die reineste Luft voll aromatscher Gerüche? Zachar. Figürlich, genießen. Hier wohnet die sichere Ruh, hier athmet man nichts als Frieden. In einem Alter, wo man sonst nur Vergnügen athmet. Wo bin ich, o HimmelIch athme noch Leben! Raml. 2) Vermittelst des Athens mittheilen. Laß mich meine Seele noch in die deinige athmen, Weiße. 3) Ausdünsten, verbreiten; nach einer fast zu harten Figur. Hier athmen die Blumen die süßesten Gerüche. Schlüpfrige Stücke, die statt der Liebe Wollust athmen.

Anm. Athemen lautet bey dem Notker geatemen, und in der Mitte des 15ten Jahrhundertes in Oberdeutschland geatem undauttmen. In Boxhorns Glossen wird atmizit durch anhelat gegeben. Das Activum äthemen ist nur in der Zusammensetzung abäthemen gebräuchlich, so wie das Adjectivum athemig nur zuweilen in kurzathemig und schwerathemig gehöret wird.


Athemlos (W3) [Adelung]


Athemlos, -er, -ste, adj. et adv. ohne Athem, außer Athem. Athemlos werden. Sich athemlos laufen. Daher die Athemlosigkeit, plur. inusit. der Zustand, da man außer Athem ist.


Athemzug (W3) [Adelung]


Der Athemzug, des -es, plur. die -züge, das Einziehen der Luft. Am Abende wollen wir die Freude mit jedem sanften Westwinde in jedem Athemzuge trinken, Dusch.


Athen (W3) [Adelung]


Athen, Genit. Athens, der Nahme der blühendsten Stadt in dem ehemahligen Griechenlande, welcher hier nur um der Ableitungen willen Athenienser und Atheniensisch angeführet wird, für welche man kürzer und der Deutschen Sprache angemessener Athener, und Athenisch sagen könnte, und zum Theil auch schon gesagt hat. Für letzteres ist in den meisten Fällen Attisch üblicher, von der Landschaft Attika, deren Hauptstadt Athen war.


Äther (W3) [Adelung]


Der Äther, des -s, plur. car. von dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . 1) Diejenige feine, flüssige und elastische Materie, mit welcher der ganze unermeßliche Raum des Himmels angefüllet seyn soll; die Himmelsluft. Ingleichen in weiterer Bedeutung, eine jede elastische und flüssige Substanz, welche subtiler als die Luft ist. Daher das Bey- und Nebenwort ätherisch, welches einige neuere Dichter für himmlisch, eingeführet haben. 2) In der Chymie ist es ein weißer, durchsichtiger und höchst flüssiger Körper, von einem durchdringenden Geruche, welcher das Mittel zwischen dem Weingeiste und dem Öhle hält. Man bereitet ihn aus dem Weingeiste mit Vitriol-Salpeter-Salz- oder Essigsäure, da er denn die Nahmen Vitiol-Äther, Salz-Äther, Essig-Äther u. s. f. bekommt. Der Chymist Frobenius bereitete ihn 1730 zuerst, und legte ihm wegen seiner Flüchtigkeit diesen Nahmen bey. Andere nennen ihn Naphtha.


Atlaß (W3) [Adelung]


1. Der Atlaß, des Atlasses, plur. die Atlasse, oder der Atlant, des -en, plur. die -en, ein Wort, zu welchem die fabelhafte Geschichte von dem alten Könige Atlaß in Afrika Anlaß gegeben hat, und welches gegenwärtig noch in einem dreyfachen Verstande gebraucht wird. 1) In der Baukunst verstehet man unter Atlanten menschliche Bildsäulen, welche statt der Säulen gewisse Gesimse tragen müssen. In dieser Bedeutung sagt schon Fridegod in dem Leben des heil. Wilfrieds, Saec. 3 Benedict. Th. 2, S. 180: Pondus et informes Atlantes ferre priores, Iussit et explentum. 2) In der Zergliederungskunst wird das erste Wirbelbein des Halses der Atlaß, oder Atlant genannt, weil es das mit seinen zwey Höhlen auf ihm liegende Haupt gleichsam träget. 3) In der Erdbeschreibung heißt eine Sammlung von Landkarten gleichfalls ein Atlaß oder Atlant; eine Benennung, welche Gerhard Mercator, ein bekannter Erdbeschreiber des sechzehnten Jahrhundertes, aufbrachte, der seyn geographisches System zuerst seinen Atlaß nannte. Von dem Könige Atlaß hat auch das Atlantische Meer seinen Nahmen, d. i. der Theil des großen Weltmeeres zwischen Afrika, Europa und Amerika.


Atlaß (W3) [Adelung]


2. Der Atlaß, des Atlasses, plur. von mehrern Arten, die Atlasse, eine Art besonders seidener Zeuge von ungedreheten Fäden, welche sehr glatt und glänzend, und meisten Theil einfärbig ist. In den neuern Zeiten hat man auch wollene und leinene Atlasse erfunden. Bey den Damastwebern wird auch der dunkele Grund auf der rechten Seite des Gewebes Atlaß genannt, dagegen die Blumen auf der linken Seite atlassen erscheinen. Anm. Der Nahme dieses Zeuges soll aus Pannus attalicus zusammen gezogen seyn. Allein in der Persischen Sprache heißt derselbe gleichfalls Atlaß, und es ist wohl nicht zu glauben, daß die Perser diesen Nahmen von den Europäern sollten entlehnet haben, zumahl da dieser Zeug selbst eine morgenländische Erfindung ist.


Atlaß-Band (W3) [Adelung]


Das Atlaß-Band, des -es, plur. die -Bänder, ein Band, welches nach Art des Atlasses gewirket ist


Atlaß-Beere (W3) [Adelung]


Die Atlaß-Beere, plur. die -n, die Frucht des Sperberbaumes oder Elsebeerbaumes, welche an einigen Orten diesen Nahmen führet, der vermutlich aus Arlesbeere verderbet worden. S. dieses Wort.


Atlassen (W3) [Adelung]


Atlassen, adj. et adv. von Atlaß. Ein atlassenes Kleid. Ingleichen nach Art des Atlasses, dem Atlasse ähnlich. Ein atlassenes Band.


Atlaß-Erz (W3) [Adelung]


Das Atlaß-Erz, des -es, plur. die -e, in den Bergwerken, ein krystallinisch angeschossenes grünes Kupfererz.


Atlaß-Kies (W3) [Adelung]


Der Atlaß-Kies, des -es, plur. die -e, ein Nahme, der in Nassau-Dillenburg einer Art Kupfererze beygeleget wird.


Atlaß-Vitriol (W3) [Adelung]


Der Atlaß-Vitriol, des -es, plur. inusit. ein gediegener Vitriol in faseriger Gestalt, welcher in Ungarn und Böhmen gebrochen wird.


Atmosphäre (W3) [Adelung]


Die Atmosphäre, plur. die -n, aus dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, der Dunst, und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, die Kugel, die grobe Luft, welche die Erde oder einen andern Himmelskörper umgibt, die Gestalt einer hohlen Kugel hat, und der Aufenthalt der Dünste ist; der Dunstkreis, die Dunstkugel. In weiterer Bedeutung auch der Dunstkreis, welcher einen jeden andern Körper umgibt. Und um ihn her goß sich in süßer Atmosphäre, Lavendel und Jesmin der schönen Welt zu Ehre, Bach. Daher atmosphärisch, in der Atmosphäre befindlich oder gegründet.


Atom (W3) [Adelung]


Der Atom, des -es, plur. die -e, oder und zwar richtiger, die Atome, plur. die -n, aus dem Griech. und Lat. Atomus, in der Metaphysik, einer der kleinsten Bestandtheile der Materie, welcher nicht theilbar, aber dabey immer noch körperlich seyn soll; zum Unterschiede von der Monade, welche als unkörperlich angenommen wird. Daher der Atomist, des -en, plur. die -en, derjenige, welcher solche Bestandtheile der Körper annimmt.


Atrament-Stein (W3) [Adelung]


Der Atrament-Stein, des -es, plur. die -e, eine jede Stein- oder Erzart, welche Atrament, d. i. Vitriol in sich enthält. An einigen Orten gibt man besonders dem Zink-Vitriole, welchen andere auch Galitzenstein nennen, diesen Nahmen.


Attaque (W3) [Adelung]


+ Die Attaque, plur. die -n, attaquiren, (spricht Attake, und attakiren,) zwey ohne alle Noth aus dem Franz. Attaque und attaquer erborgte Wörter, für Angriff und angreifen.


Atte (W3) [Adelung]


+ Der Atte, oder Ätte, des -n, plur. die -n, der Vater; ein Wort, welches heut zu Tage nur noch in den niedrigsten Mundarten Oberdeutschlandes gehöret wird, ehedem aber allgemeiner war, und zwar nicht allein bey den Deutschen, sondern auch bey sehr vielen andern Völkerschaften. Zum Beyspiele dienet das Römische Atta, nach dem Festus, das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, das Gothische Atta, das Türkische Ata, das Tschuwassische Atta, das Ungarische Atya, das Lappländische Atzhie oder Atye, das Wallisische Haita, das Friesländische Haite, das Slavonische Otez, das Wendische Eyda, alle in der Bedeutung eines Vaters, anderer Sprache zu geschweigen. Andere Mund- und Sprecharten haben mit einer geringen Versetzung dafür Tata, wie der gemeine Haufe in Schwaben so wohl als in Niedersachsen, wofür die Friesen und Hannoveraner Teite, die Engländer Dad. Dadde, die Spanier Taita, die Türken Tada sagen. Selbst bey den Griechen und Lateinern war - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, und Tata bekannt. Mandarf sich über die große Übereinstimmung nicht wundern, da Atta eines von denen Wörtern ist, welche die Natur den stammelnden Kindern selbst lehret, indem at und ta für die Aussprache sehr leichte Sylben sind, die die Sprachwerkzeuge gleichsam von sich selbst hervor bringen. Abba, Appa und Amma sind eben solche Wörter, aus deren ähnlichen Versetzung Baba, Papa, und Mamma geworden. Übrigens bedeutet Atta bey den Friesen noch jetzt einen Richter.


Attentat (W3) [Adelung]


Das Attentat, des -es, plur. die -e, in den Rechten, der gewaltsame Eingriff in die Rechte eines andern, besonders eines Höhern, aus dem Franz. Attentat und Lat. Attentatum. Einige andere der Ordnung nach hierher gehörige, sehr überflüssige fremde Wörter, welche im gemeinen Leben häufig vorkommen, will ich hier nur kurz anführen. Attent, (Lat. attentus,) aufmerksam; die Attention, (Lat. attentio,) Aufmerksamkeit; attendiren, (Lat. attendere,) bemerken; das Attestat, des -es, plur. die -e, das Zeugniß, die Bescheinigung; attestiren, bescheinigen, bezeugen.


Atter (W3) [Adelung]


Die Atter, plur. die -e, S. Natter.


Attich (W3) [Adelung]


Der Attich, des -es, plur. inusit. eine Pflanze, welche dem Hohlunder sehr ähnlich siehet, nur daß sie kleiner ist, und zu keinem dauerhaften Strauche erwächset, sondern jährlich wieder vergehet; Sambucus Ebulus, L. Wegen dieser ihrer Ähnlichkeit mit dem Hohlunder wird sie auch Ackerhohlunder, Niederhohlunder, und wegen ihres medicinischen Gebrauches Heilhohlunder, sonst aber auch Mauerkraut und Hirschschwanz genannt. Daher die Attichbeeren, die Beeren dieses Gewächses, und der Attichsaft, der eingekochte Saft derselben, im Österreichischen die Attichsalse. Im Schwedischen heißt sie Manablod und Mannaört, im Dänischen Attik und Sommer-Hyld, und im Niedersächsischen Haddig. Der Nahme Attich kommt mit dem Lat. Acte, welchen die Pflanze bey den ältern Kräuterkennern führet, überein.


Attisch (W3) [Adelung]


Attisch, adj. et adv. S. Athen.


Attraction (W3) [Adelung]


+ Die Attraction, plur. inusit. aus dem Latein. Attractio, die Anziehung, anziehende Kraft.


Attribut (W3) [Adelung]


+ Das Attribut, des -es, plur. die -e, aus dem Latein. Attributum, die Eigenschaft; eben so überflüssig. Auch in den bildenden Künsten, wo man gewisse Figuren, so fern sie Unterscheidungsmerkmale einer Person oder Sache sind, z. B. die Donnerkeile des Jupiter, Attribute nennet, könnte man es entbehren, weil Beyzeichen bereits dafür üblich ist.


Atz (W3) [Adelung]


* Die Atz, plur. inusit. ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, welches ehedem Speise bedeutete, und nur noch in den Rechten für Atzungsrecht, Ausspann, Gastung, Einkehr u. s. f. vorkommt, dasjenige Recht anzudeuten, welches ein Herr hatte, bey seinen Vasallen einzukehren und sich von ihnen verpflegen zu lassen; S. Atzung. Az, von esse, kommt bey den ältesten Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern für Speise vor. In Oberdeutschland ist dieses Wort auch männliche Geschlechtes, der Atz.


Ätzbar (W3) [Adelung]


Ätzbar, -er, -ste, adj. et adv. 1) Fähig, geätzet zu werden; welche Bedeutung doch wenig vorkommt, ob sie gleich der Ableitungssylbe -bar am angemessensten ist. 2) Fähig zu ätzen, in welchem Verstande besonders die Ätzbarkeit üblich ist, die ätzende Kraft, Ätzkraft, mancher Körper zu bezeichnen.


Ätzbret (W3) [Adelung]


Das Ätzbret, des -es, plur. die -er, bey den Kupferstechern ein Werkzeug, in welchem sie die radirte Platte mit Scheidewasser ätzen; die Ätzmaschine, Ätzwiege. S. Ätzen und Ätzwiege.


Ätzdruck (W3) [Adelung]


Der Ätzdruck, des -es, plur. die -drücke, bey den Kupferstechern, der erste Abdruck einer geätzten Platte, um zu sehen, ob das Ätzwasser gehörig gewirket hat.


Atzel (W3) [Adelung]


Die Atzel, plur. die -n. 1) Ein Nahme, welcher in einigen gemeinen Mundarten auch der Älster gegeben wird; S. dieses Wort. 2) So viel als Assel, S. dieses Wort.


Atzelspecht (W3) [Adelung]


Der Atzelspecht, des -es, plur. die -e, S. Älsterspecht.


Ätzen (W3) [Adelung]


Ätzen, verb. reg. act. welches heutiges Tages in gedoppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Für speisen, zu essen geben, in welcher Bedeutung es noch 2. Sam. 13, 5. vorkommt: laß meine Schwester Thamar kommen, daß sie mich ätze. Jetzt gebraucht man es nur noch von den Vögeln, in engerer Bedeutung, wenn ihnen das Futter in den Schnabel gelegt wird. So werden die jungen Vögel so wohl von ihren Alten, als auch von Menschen geätzet. Indessen singt noch Hagedorn: Der alles sucht und wählt, was Tellerlecker ätzet. Ingleichen, durch Futter locken, ätzen und anätzen. Ein Thier ätzen, bey den Jägern. S. auch Anaßen. 2) Durch Säuren oder fressende, besonders flüssige Körper andere feste Körper wenigstens zum Theil auflösen lassen, beitzen. In diesem Verstande wird ätzen am häufigsten bey den Kupferstechern gebraucht, wenn sie Zeichnungen in das Kupfer ätzen, d. i. durch Scheidewasser einfressen lassen, welches sie mit einem fremden Kunstworte auch radiren zu nennen pflegen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, für essen oder fressen. In dieser Bedeutung kommt es größten Theils nur noch bey den Jägern vor, welche es von den Raubthieren gebrauchen, dagegen sie von dem Rothwildbrete äßen, oder sich äßen sagen. Auch in dem eben nicht sehr gewöhnlichen Beyworte urätzig hat ätzig diese mittlere Bedeutung. S. dieses Wort.

Anm. Ätzen ist das Intensivum von aßen, so fern es ehedem das Activum von essen war, und speisen bedeutete. In dieser thätigen Bedeutung kommt azan und azzan schon bey dem Notker und noch ältern Schriftstellern vor; dagegen essen bey den Kero und den folgenden Schriftstellern ezzan lautet. Die Oberdeutschen Mundarten sprechen es in der ersten Bedeutungen nach ihrer Art auch atzen aus, wobey es oft gedehnet wird, als wenn es aatzen geschrieben wäre. Aichinger unterscheidet äzen oder azen, escare, ohne Grund von ätzen, oder etzen, scalpere. Ätzen bedeutet beißen oder essen machen, es mag nun solches eigentlich, oder figürlich durch Säuren geschehen, so wie beitzen beissen machen bedeutet.


Atzgeld (W3) [Adelung]


* Das Atzgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er, in den Rechten, dasjenige Geld, welches für die Speisung eines Gefangenen bezahlet wird. Ingleichen dasjenige Geld, welches ehedem für die Bewirthung des Landesherren oder seiner Bedienten bezahlet wurde. S. Schilters Glossar. v. Az.


Ätzgrund (W3) [Adelung]


Der Ätzgrund, des -es, plur. die -gründe, bey den Kupferstechern, ein Grund von Firniß oder Wachs, welcher auf das Kupfer getragen wird, damit das Scheidewasser nicht weiter fresse, als ihm vorgeschrieben worden.


Ätzkraft (W3) [Adelung]


Die Ätzkraft, plur. die -kräfte, die ätzende Kraft, das Bestreben mancher Körper, andere aufzulösen.


Ätzkunst (W3) [Adelung]


Die Ätzkunst, plur. inusit. die Kunst, Figuren mit Scheidewasser in eine kupferne Platte zu ätzen; die Radier-Kunst.


Ätzpulver (W3) [Adelung]


Das Ätzpulver, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Wundärzten, ein fressendes Pulver, wildes Fleisch u. s. f. damit wegzuschaffen.


Ätzstein (W3) [Adelung]


Der Ätzstein, des -es, plur. die -e, ein Stein, der zu eben dieser Absicht dienet, und an wohlfeilsten aus einer scharfen mit ungelöschtem Kalke bereiteten Lauge bis zur Steinhärte eingesotten wird; Lapis causticus chirurgorum. S. auch Höllenstein.


Ätztaube (W3) [Adelung]


Die Ätztaube, plur. die -n, eine Nahme, womit man in einigen Gegenden eine Locktaube beleget, vermittelst welcher andere Tauben geätzet, d. i. angelockt und gefangen werden.


Atzung (W3) [Adelung]


* Die Atzung, plur. inus. ein größten theils veraltetes Wort, von dem Zeitworte atzen oder ätzen, speisen. 1) Die Handlung des Speisens, die Speisung oder Fütterung, in welcher Bedeutung es noch zuweilen in Oberdeutschland vorkommt. 2) Womit geätzet, oder gefüttert wird, die Nahrung der Fische und des Federviehes, und bey den Jägern auch des Wildbretes; ingleichen die Lockspeise des Wildes, er Fische und Vögel. In dieser Bedeutung ist auch das Niedersächsische Atung oder Ätung üblich. 3) Das Recht, welches ein Landesherr hat, bey seinen Unterthanen oder Vasallen einzukehren und sich oder seine Bedienten von ihnen verpflegen zu lassen; die Atz, das Atzungsrecht, die Atzungsgerechtigkeit, das Ablager, die Ausspann, Futter und Mahl, die Einkehr u. s. f. in dem Lateine der mittlern Zeiten Jus Albergariae, von Alberga, Herberge. So sehr dieses Recht besonders die Beherbergung und Speisung der Jagdbedienten betrifft, wird es auch die Jägerätzung, und in Baiern das Nachtzill, Nachtziel, oder Nachtfels genannt.


Ätzwasser (W3) [Adelung]


Das Ätzwasser, des -s, plur. ut nom. sing. ein ätzendes Wasser.


Ätzwiege (W3) [Adelung]


Die Ätzwiege, plur. die -n, bey den Kupferstechern, eben so viel als Ätzbret, weil die Kupferplatte, wenn sie hinein gelegt und mit Scheidewasser begossen worden, vermittelst der bogigen Füße, die diese Werkzeug hat, in derselben gleichsam gewieget wird, die Kraft des Scheidewassers dadurch zu vermehren.


Au (W3) [Adelung]


Au, ein Doppellaut, welcher vorzüglich Fränkischen und Oberdeutschen Mundarten, besonders aber der spätern Zeiten eigen ist. Die ältesten Fränkischen und Alemannischen Schriftsteller kennen diesen unangenehmen Doppellaut zwar auch, allein er kommt doch bey ihnen sparsamer vor, als in den folgenden Zeiten; denn noch lange nach den Zeiten der Schwäbischen Kaiser sagte man in Meißen, Schwaben und Franken, so viel wie in Niedersachsen, Hus, Hut, Brut, lut, Lune, luzen, für Haus, Haut, Braut, laut, Laune, lauschen. Erst in der letzten Hälfte des funfzehnten Jahrhundertes, da die Oberdeutschen Mundarten überhaupt eine merkwürdige Veränderung erlitten, wurden au und eu häufiger.Indessen weichen die Oberdeutschen Mundarten in der Aussprache dieses Doppellautes gar sehr von einander ab. Die gezierte Aussprache einiger Meißnischer Gegenden verwandelt ihn bald in ein langes o, wie in Ooge, koofen, loofen, erlooben, für Auge, kaufen, laufen, erlauben, bald in ein langes e, wie in beteebt, erseefen, für betäubt, ersäufen. Die Schlesische folgt ihr hierin in einigen Wörtern nach, in andern aber lässet sie statt dessen ein oa hören, wie in Moal, soafen, für Maul, saufen, und in noch andern lässet sie nach Art der Niedersachsen das a gar weg, wie in druf, für drauf. Die Pfälzische und einige andere Rheinische Mundarten, haben in vielen Fällen noch das alte aw, oder auv beybehalten, wie in Frauven. Die Schwaben verwandeln ihn gern in ein dunkeles langes a, die Franken in ein helles gedehntes a, die rauhe Schweizerische Mundart in ou u. s. f.Die Niedersachsen, deren Mundart, überhaupt genommen, gelinder, und biegsamer ist, als die Oberdeutsche, haben diesem Doppellaute nur in sehr wenig Wörtern den Zutritt verstattet, indem sie dessen Stelle durch o, ö und u vertretten lassen, wie in lopen, köpen, Söge, Huus, Luus, up, ut, u. s. f. für laufen, kaufen, Sau, Haus, Laus, auf, aus. Einige rauhere, besonders Westphälische Mundarten kommen hierin den Oberdeutschen schon näher, und verändern wohl gar das a und o in au, wie in slaupen, jau, Braut, Baunen u. s. f. für schlafen, ja, Brot, Bohnen, welches auch einige gröbere Oberdeutsche Mundarten thun, wenn sie für a, o und u ein au hören lassen, und lauben, graub, Schauld, Gedauld, für laben, grob, Schuld, Geduld sprechen.


Äu (W3) [Adelung]


Äu, gleichfalls ein Doppellaut, welcher in der Aussprache von dem eu und ei gehörig zu unterscheiden ist. Er findet sich nur in solchen Wörtern, welche in der Stammsylbe ein au haben, und in der Biegung und Ableitung den Umlaut bekommen: Haus, Häuser, Glaube, gläubig, außer, äußern, schlaudern das Neutrum, schläudern das Activum, läugnen, von dem alten Oberdeutschen laugnen. Daß dieses äu kein Dreylaut ist, erhellet aus dem was bey dem ä gesagt worden. Statt dessen aü schreiben zu wollen, ist eine unnütze Grille, weil auf keiner Seite etwas dabey gewonnen, und daher der allgemeine Gebrauch ohne alle Noth verletzet wird. S. auch die Orthogr. Th. 1, S. 144.


Au (W3) [Adelung]


Au, der natürliche Ausdruck eines lebhaften körperlichen Schmerzens, der vorzüglich den Niedersachsen eigen ist, und gemeiniglich mit weh! verbunden wird, au weh! Nieders. au wei! Die Oberdeutschen Mundarten ersetzen diesen Au durch Ach! Ah! und O! Indessen ist doch auch jenes schon alt, wie aus dem griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - erhellet. S. Ach, Ah und O. Au weh ich bin in tausend Schmerzen! Opitz.


Au (W3) [Adelung]


Die Au, S. Aue.


Auch (W3) [Adelung]


Auch, eine Conjunction, welche alle Mahl eine Vermehrung des vorher gehenden, oder einen Zusatz zu demselben andeutet, und so wohl einzelnen Wörtern, als auch ganzen Sätzen zugesellet wird.I. In Ansehung einzelner Wörter vertritt es die Stelle des und, nur daß es nicht so scharf verbindet, als diese, sonders mehr einen Zusatz bezeichnet. Reichthum und Ehre, auch Vergnügen, alles ist eitel. Ein redlicher, wie auch ein gelehrter Mann. Es sind nunmehr alle Anstalten zu Aufzeichnung der jungen Leute, auch Aushebung der Mannschaft gemacht worden. Ingleichen, in Gesellschaft der sich auf einander beziehenden Partikeln, nicht allein - sondern auch; so wohl - als auch. Er hat nicht allein seyn Vermögen, sondern auch seinen guten Nahmen verloren. So wohl dieses, als auch jenes ist mir verächtlich. Er hat so wohl dich, als auch mich eingeladen. Der Reichthum theilet so wohl den Adel, als auch die Schönheit mit. S. Als, wo bereits bemerket worden, daß das auch in diesem Falle auch weggelassen werden kann. Oft dienet es auch dem und zur Begleitung. Im Walde, und auch auf dem Felde. Zuweilen bezeichnet diese auch, eine Steigerung oder Gradation der Begriffe, und kann alsdann mit sogar verwechselt werden. Und wenn ich noch zehn, auch zwanzig Jahr warten sollte. Einen noch häufigern Gebrauch aber macht man von dieser Partikel,II. In Verbindung ganzer Sätze, indem es so wohl einstimmige, als auch entgegen stehende Sätze an einander knüpfet.1. Bey einstimmigen Sätzen ist die Verbindung oft ganz einfach, und dient bloß einen Zusatz zu dem vorigen anzudeuten. Graben mag ich nicht, so schäme ich mich auch zu betteln. Weil dadurch alle Hoffnung zur Einigkeit benommen, auch vieles Ärgerniß angerichtet wird. Selbst zu Anfange eines Satzes oder einer Periode. Auch ist noch dieses zu bemerken, daß u. s. f. Besonders wenn eine Sache, welche bereits von einem Subjecte behauptet worden, oder als bekannt voraus gesetzet wird, noch von einem andern Subjecte behauptet wird. Bejahen sie etwas, so sagt er auch ja. Ich werde mich nicht auch verführen lassen. Seitdem ich sie traurig gesehen habe, habe ich große Lust es auch zu seyn, Gell. Um des Nachdruckes willen wird dieses auch dem zweyten Subjecte auch wohl vorgesetzet. Auch er scheint zu glauben, daß u. s. f. Sie haben mir ja gemeldet, daß auch sie eine erfreuliche Nachricht erhal-ten hätten, Gell. In einigen Fällen kann es in dieser Bedeutung seine Stelle auf mancherley Art verändern, nachdem es der Ton oder der Nachdruck der Rede erfordert; z. B. er ist auch ein solcher, oder auch er ist ein solcher, oder ein solcher ist er auch.Auch begleitet in dieser Bedeutung gern die verbindenden Partikeln nicht nur, oder nicht allein - sondern auch, und so wohl - als auch, und zu der erstern ist es sogar unentbehrlich. Die Räuber haben ihn nicht allein geplündert, sondern auch verwundet. Ich habe ihn nicht allein gesehen, sondern auch gesprochen. Er wurde so wohl geehret, als auch zu den vornehmsten Bedienungen befördert.Zuweilen bezeichnet es eine Gradation, und da wird es dem Nennworte, welches diese Steigerung enthält, alle Mahl vorgesetzet. Auch dieses will ich noch entschuldigen. Es ist auch nicht Einer davon gekommen. Die Tugend macht auch die Armen reich. Auch die vergangene Zeit hat keine Freude mehr für mich. Wollen sie mir auch dieses Vergnügen nicht gönnen. Auch seyn Vergehen ist noch ein Verdienst, Gell. Ja, wie sie sehen, auch an meinem Geburtstage kann ich nicht ohne Arbeit seyn, ebend.2. In entgegen stehenden Sätzen hat diese Partikel am häufigsten eine einräumende oder zulassende Kraft, und gehöret alsdann zu den concessiven Conjunctionen. Es geschehe auch, wenn es wolle. Wie oft es auch wolle. Wer er auch ist. Ich wollte ihm diese Beleidigung, so groß sie auch ist, gerne vergeben, Gell. Sie kommen nicht zu einander, so sehr er es auch wünscht. Verlier ich doch, so mächtig ich auch bin, An dir den Ruhm der größten Zauberinn, Gell. 3. In andern Fällen begleitet es zuweilen die Ursache eines vorhergenden Ausspruches, besonders in Gesellschaft mit dem aber. Er ist gelehrter als du, er ist aber auch älter. Besonders wenn in dieser Ursache zugleich ein Verweis verborgen lieget. In welcher Angst bin ich! aber warum habe ich ihn auch hergeführet? Warum läßt er mich auch nicht zufrieden? Ja wohl, wer heißts ihm auch? Rost. Er ist auch nicht dumm.Oft drucket es auch eine Verbindung aus, und stehet alsdann so wohl mit als ohne wenn. Gewinnen sie auch nichts damit, so sollen sie es doch zeitlebens genießen; oder wenn sie auch nichts damit gewinnen, u. s. f. Wenn sie es nun auch gethan hätte. Wenn sie nun auch diese Stunde ein Wahl verlegte. Endlich,4. Gehöret hierher noch ein doppelter Gebrauch dieser Partikel, welchen sich besonders die Kanzelleyen eigen gemacht haben. 1) Nachschriften an Briefen und Memorialen damit anzufangen. Auch Gnädigster Fürst und Herr. 2) Wenn mehrere Personen von unterschiedenem Stande zugleich an eine andere schreiben, so wird der in den Titulaturen nöthige Unterschied alsdann durch auch bemerket. Im Jahre 1741 schrieb das Churfürstliche Collegium an das Capitul zu Aachen und titulirte es: Ehrsame, auch Würdige, Liebe Andächtige und Besondere, auch gute Freunde; in welchem Falle die Titel Ehrsame, und Liebe Andächtige und Besondere, von den in Person gegenwärtigen Churfürsten, die übrigen aber von der Gesandten der Abwesenden verstanden werden müssen.III. Dienet diese Partikel in vielen Fällen bloß die Rede zu ergänzen, und ihr die gehörige Ründe und Vollständigkeit zu geben, ohne daß sie eben eine merkliche eigene Bedeutung hätte. So hilfst sie zuweilen eine Bejahung verstärken; z. B. jedermann nennet ihn gelehrt, und er ist es auch. Diese bejahende Kraft hatte schon das Gothische auk und das alte Schwedische ok, aber auf eine weit mehr hervor stechende Art.Auch in solchen Ausdrücken, welche eine Besorgniß, einen Einwurf u. s. f. enthalten, ist diese Partikel sehr bequem, den Numerum der Rede zu ergänzen. Wenn die Steine nur auch echt sind. Wenn ihn der Bediente nur auch angetroffen hat, Gell. Ach, wenn ich nur auch heute zu einer Sache geschickt wäre, die so viele Überlegung erfordert, ebend.Am häufigsten wird dieses Wörtchen in Fragen gebraucht, besonders, wenn sie einen versteckten Einwurf enthalten. Ist dirs auch lieb? Ist es ihnen auch zuwider, wenn ich zu ihnen komme? Haben sie mich auch noch lieb? Soll ichs auch glauben? Ist es denn auch gewiß, oder betriegen mich meine Augen? Gell. Geht dirs auch nahe? ebend. Aber wissen sie denn auch, daß sie dazu verbunden sind? ebend.Zuweilen begleitet es den Ausdruck der Ironie: jetzt ist es auch Zeit zu weinen. Ingleichen des Unwillens: die verdammte Post, ich weiß auch nicht wo sie bleibt! Eines gelinden Verweises: sie bitten sich auch sehr geringe Dinge aus u. s. f.Wenn diese Partikel bloß zur Ergänzung der Rede dienet, hat sie den Ton niemahls. Überhaupt bekommt sie denselben selten, und fast nur alsdann, wenn sie zur Behauptung eines Prädicates von einem zweyten Subjecte dienet.

Anm. Auch, Goth. auk, bey dem Kero und Isidor auh, bey dem Willeram, Ottfried und Tatian ouh, Angels. eake, eke, Nieders. ook, Holländ. oock, Dänisch og. Schwed. ok und och, Isländ. og, kommen mit dem Latein. ac, quoque, und dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - genau überein, selbst in der Bedeutung, indem auch bey den ältesten Alemannischen Schriftstellern sehr häufig für und gebraucht wird. Selbst das Hebr. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ach und ko, auch, gehören hierher. Im Gothischen kommt auch das Verbum aukan, vermehren, vor, welches bey den Alemannen auhhen und auhhon, bey den Angelsachsen aecan, eacan, alt Engl. eke, lautete. Die Schwed., Holländ., Dänen und Nieders. haben es noch. Das Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und, das alte Latein. aucare bey dem Plautus, und das spätere augere, sind genau damit verwandt, und es ist wahrscheinlicher, daß das Verbum von der Partikel abstammet, als daß diese von jenem entsprungen seyn sollte. Die alten Alemannen und Franken hatten noch einen Partikel joch. bey Kero iohauh, bey dem Notker, Isidor und Ottfried ioh, welche aus ja auch zusammen gesetzet ist, und von ihnen alle Mahl da gebraucht wurden, wo wir unser auch setzen. Das einfache auch hingegen wurde von ihnen größten Theils für und, und sondern gebraucht. Dieses joch ist einigen Oberdeutschen Mundarten noch vorhanden.


Auction (W3) [Adelung]


Die Auction, plur. die -en, ein öffentlicher Verkauf an die Meistbiethenden. In die Auction gehen. Eine Auction halten. Etwas in der Auction erstehen. Daher auctioniren, an die Meistbiethenden verkaufen; der Auktionator, des -s, plur. die -tores, der diesem Verkaufe vorgesetzet ist, und denselben vollziehet, u. s. f. Dieses Wort hat sich aus dem Lateine der mittlern Zeiten in das Deutsche eingeschlichen; S. du Fresne v. Auctionarii. Die Oberdeutschen, welche statt dessen Gant, Vergantung, Ausschlag, Ausruf, Feilbiethung, Mehrschatz, Steigerung, Versteigerung u. s. f. gebrauchen, sind ein Beweis, daß man dieses fremde Wort gar wohl entbehren könnte.


Audienz (W3) [Adelung]


Die Audienz, plur. die -en, die Handlung, da eine höhere, besonders fürstliche Person, das Anbringen einer geringern anhöret; das Gehör. Einen zur Audienz lassen. Einem Audienz geben. Audienz bey einem haben. Bey dem Kammergerichte zu Wetzlar wird die öffentliche Anhörung der Parteyen gleichfalls ei-ne Audienz genannt. Die gerichtliche Audienz, der der Kammerrichter selbst beywohnet. Die außerordentliche Audienz, wobey nur ein Präsident, nebst einem oder zweyen Beysitzern gegenwärtig ist. Daher die Audienz-Tag, der Tag, an welchem ein Höherer Audienz gibt, ingleichen am Kammergerichte zu Wetzlar, der Gerichtstag; das Audienz-Zimmer, oder Audienz-Gemach, in welchem ein Höherer Audienz ertheilet, u. s. f. Auch dieses Wort ist aus dem Lateinischen, in welchem Audientia schon bey dem Sulpitius Severus, in den Gesetzen der Westgothen, der Burgundier u. s. f. so wohl für Gericht, als auch von einer feyerlichen Versammlung vorkommt. S. du Fresne h. v.


Auditeur (W3) [Adelung]


Der Auditeur, (sprich Auditör,) des -s, plur. die -s, der Richter bey dem Soldatenstande, der alle vorkommende Prozesse und andere Sachen im Nahmen des Feldherrn oder Obersten entscheidet; ehedem der Kriegesrichter, Feldrichter, Krieges- oder Feldschuldheiß, Regiments-Richter. Der General-Auditeur, dessen Amt sich über ein ganzes Kriegesherr erstrecket. der Ober-Auditeur, der bey einem kleinen Corps die Stelle des General-Auditeurs vertritt, oft daher nur ein bloßer Titel ohne Bedeutung ist. Der Regiments-Auditeur, welcher auch nur der Auditeur schlechthin genannt zu werden pfleget, der die gerichtlichen Sachen bey einem Regimente, unter des Obersten Aufsicht verwaltet. Das Latein. Auditor bedeutete schon in dem Römischen Rechte einen Richter, und hat diese Bedeutung in allen neuern aus der Lateinischen entstandenen Sprachen behalten. S. du Fresne v. Auditor. Man glaubt, daß das Amt und der Nahme eines Auditeurs zu Carls der Fünften Zeiten aus Spanien nach Deutschland gekommen.


Aue (W3) [Adelung]


Die Aue, plur. die -n. 1) * Ein fließendes Wasser, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen nicht mehr üblich ist. Indessen führen in ganz Niedersachsen noch viele Flüsse den Nahmen der Auen, und im Holsteinischen ist dieses Wort in dieser Bedeutung noch häufiger. 2) Eine an einem solchen Wasser gelegene Gegend, eine von Flüssen durchschnittene und folglich fruchtbare Gegend, dergleichen in dem nördlichen Thüringen die goldene Aue ist. 3) In weitere Bedeutung, ein gutes Weideland, ein Feld, wo gute Weide ist, weil Gegenden, die an Flüssen liegen, vorzüglich gute Weide zu haben pflegen. Sit das der winter hat die bluomen in getan Der kleinen vogelin sussen sankIn walde und auch in ouwen, König Wenzel. Er weidet mich auf grüner Auen, (Aue) Ps. 23, 3. Ich will sie in ihr Land führen, und will sie weiden auf den Bergen Israel, und in allen Auen, und auf alle Angern des Landes, Jerem. 34, 13. Diese Bedeutung ist heut zu Tage im gemeinen Leben nur noch an einigen Orten üblich, in der höhern und poetischen Schreibart aber kommt sie desto häufiger vor. Sängerinn der schönsten Aue, Gleim. 4) In noch weiterer Bedeutung, ein jeder grüner oder mit Gras bewachsener Platz, ein Anger. In diesem Verstande bedeutet Aue in Oberdeutschland und besonders in Schlesien einen mitten im Dorfe gelegenen grünen Platz. S. Aurecht.

Anm. Aue, bey dem Ottfried ouu, bey den Schwäbischen Dichtern owe, gehöret ohne Zweifel zu Ach, so ferne es Wasser, und besonders ein fließendes Wasser bedeutet, welches auch Aha, Auha, Aucha und Acha geschrieben wurde; S. Ach. Luther gebraucht es oft für Weide, decliniret es aber nach Oberdeutscher Art, Genit. der Auen u. s. f.


Auenhirsch (W3) [Adelung]


Der Auenhirsch, S. Auhirsch.


Auenrecht (W3) [Adelung]


Das Auenrecht, S. Aurecht.


Auerhahn (W3) [Adelung]


Der Auerhahn, des -es, plur. die -hähne, Fämin. die Auerhenne, plur. die -n, das größte Federwildbret in Deutsch- land nach den Trappen, so zu den wilden Hühner gehöret, und zur hohen Jagd gerechnet wird; Tetrao Urogallus, L. Diese Thier hält sich in bergigen Waldungen auf. An einigen Orten nennt man auch die Truthühner oder wälsche Hühner, zahme Auerhühner.

Anm. Die erste Hälfte dieses Nahmens ist ein sehr altes Wort, welches in den ältesten Zeiten in Oberdeutschland Ur, ohne Doppellaut, ausgesprochen wurde; S. Auerochs. Frisch leitet es auf eine sehr gezwungene Art von Aue her, da es denn auch ein Thier bedeuten soll, welches sich Einöden oder an Auen und Flüssen aufhält. Allein es ist wahrscheinlicher, daß Ur in den ältesten Zeiten wild bedeutet habe, welche Bedeutung auch das Gothische und Isländische Aer und Yr haben. S. auch Ar. Übrigens wird dieser Vogel im Deutschen auch Urhahn, Spillhahn, Alphahn und Bergfasan, im Norwegischen Aarfugle, im Dänischen Auerhane, im Schwedischen Orre, Orrhane, Törrhane, Käder, Köddra, Ködderfogel, im Isländ. Thidra, im Osnabrückischen Kurhahn, und in andern Gegenden Gurgelhahn genannt. Einige dieser Nahmen hat er vor seinem durchdringenden kollernden Geschreye, welches der Hahn in der Balzzeit macht.


Auerhahnbalz (W3) [Adelung]


Die Auerhahnbalz, plur. inusit. die Begattung des Auerhahnes mit der Auerhenne; ingleichen die Zeit, wenn solches zu geschehen pflegt.


Auerhahnbeller (W3) [Adelung]


Der Auerhahnbeller, des -s, plur. ut nom. sing. eine Art kleiner brauner Hunde, welche die Auerhähne aufsuchen, sie zu Baume jagen, und so lange vor ihnen bellen, bis ihnen ein Schuß angebracht worden.


Auerhenne (W3) [Adelung]


Die Auerhenne, S. Auerhahn.


Auerochs (W3) [Adelung]


Der Auerochs, des -en, plur. die -en, eine Art großer wilder Ochsen, von brauner und schwarzer Farbe, mit buckeligen Rücken und zotigen Halse und Schultern, von welchen unser zahmer Stier abstammet. Fämin. die Auerkuh, ein Junges das Auerkalb. In manchen Gegenden wird er noch Urochs genannt. In Sachsen wurden ehedem an der Großenhainer Straße dergleichen wilde Ochsen in dem Auerhause aufbehalten, welche ihren eigenen Auerwärter hatten.

Anm. Die Römer kannten dieses Thier nur durch ihre Nachbarn die Gallier und südlichen Deutschen, entlehneten auch von ihnen dessen Nahmen. Uri enim Gallica vox est, qua feri boves significatur, sagt daher Macrobius Saturnal. B. 6. Kap. 4. Als Deutschland noch voller Wälder war, hatte es auch einen Überfluß an Auerochsen. Diejenigen, welchen sich damahls in dem Harzwalde aufhielten, beschreibt Aimonius Histor. Franc. B. 1, Kap. 1. sehr figürlich, und der Mönch von St. Gallen versichert B. 2, Kap. 11. daß sich Carl der Große oft mit der Auerochsenjagd belustiget habe. Als Deutschland mehr bevölkert wurde, haben sich diese Thiere, so wie viele andere, verloren. Jetzt trifft man sich noch in Pohlen und Preußen, in dem letztern Lande aber nur noch sehr sparsam an. Im Pohlnischen heißt dieses Thier Tur, Thuri, ohne Zweifel von dem alten thor, groß, davon auch Taurus abstammet, S. Thor; daher man muthmaßen könnte, daß auch Ur und das spätere Oberdeutsche Auer eine gleiche Bedeutung gehabt, S. Ur. Die Schweizer nennen nach Schilters Versicherung noch jetzt einen jeden Ochsen einen Uren. Im Englischen heißt der Auerochs Ureox, und Owre. S. auch Bison und Büffel.


Auerwärter (W3) [Adelung]


Der Auerwärter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Wärter der Auerochsen, S. das vorige. 2) Ein Wärter der Auerhähne, für Auerhahnwärter.


Aufacht (W3) [Adelung]


* Die Aufacht, plur. inusit. ein im Hochdeutschen ungewöhnliches Wort für Achtung, Acht, oder Aufmerksamkeit, Vorsicht. Die Aufacht der Bekannten, Opitz. Außerdem kommt es auch in Kaiser Rudolphs des Zweyten Majestätsbriefe für die Schlesier, und in andern Urkunden der mittlern Zeit vor.


Aufackern (W3) [Adelung]


Aufackern, verb. reg. act. 1) Durch Pflügen heraus bringen. Einen Stein, eine Wurzel aufackern. 2) Nochmahls ackern, durch ein wiederholtes Acker locker machen. Ein Stück Feldes aufackern. 3) Eine Platte aufackern, bey den Kupferstechern, sie zur schwarzen Kunst mit dem Schabeeisen rauh machen. So auch die Aufackerung.


Aufarbeiten (W3) [Adelung]


Aufarbeiten, verb. reg. act. 1) Allen Vorrath zur Arbeit verbrauchen, verarbeiten. Das Leder ist schon aufgearbeitet. 2) Durch Arbeit öffnen, mit Mühe öffnen. Einen Graben, eine Thür, ein Schloß aufarbeiten. Daher die Aufarbeitung.


Aufätzen (W3) [Adelung]


Aufätzen, verb. reg. act. durch ätzende Mittel öffnen, aufbeitzen. Ein Geschwür aufätzen. Daher die Aufätzung.


Aufbacken (W3) [Adelung]


Aufbacken, verb. irreg. act. S. Backen. 1) Alles Mehl aufbacken, verbacken, zum Backen verbrauchen. 2) Von neuen backen. Altbackene, Semmeln wieder aufbacken


Aufbahren (W3) [Adelung]


+ Aufbahren, verb. reg. act. im gemeinen Leben, auf die Bahre setzen. Er tritt und steht, man bahrt den Damon auf, Gell. Daher die Aufbahrung.


Aufballen (W3) [Adelung]


Aufballen, verb. reg. act. Waaren aufballen, in Ballen gepackte Waaren auf einander setzen.


Aufbansen (W3) [Adelung]


Aufbansen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, besonders Obersachsens, in den Bansen der Scheuern auf einander legen. Das Getreide aufbansen. In manchen Niedersächsischen Gegenden wird es für aufhäufen überhaupt gebraucht. Die aus einem Graben geworfene Erde zu nahe am Ufer aufbansen. Daher die Aufbansung. S. Banse.


Aufbauen (W3) [Adelung]


Aufbauen, verb. reg. act. in die Höhe bauen, besonders, ein eingegangenes Gebäude wieder herstellen. Eine abgebrannte Stadt, ein verwüstetes Dorf, ein eingefallenes Haus wieder aufbauen. Daher die Aufbauung.


Aufbaumen (W3) [Adelung]


* Aufbaumen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, auf einen Baum springen oder klettern; ein Wort, welches nur bey den Jägern gehöret wird. Der Luchs, die Katze, der Marder baumet auf, hat aufgebaumet, ist auf einen Baum gesprungen.


Aufbeben (W3) [Adelung]


Aufbeben, verb. reg. neut welches das Hülfswort seyn erfordert, bebend in die Höhe steigen, sich bebend erheben, in der edlernSchreibart. Aber hiervon zittert mein Herz, und bebet von seiner Stelle auf, Hiob 37, nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. Der die Erde von ihrer Stelle aufbeben läßt, Hiob 9, 6. nach eben derselben. Welch klögliches Geschrey Bebt zu den Fenstern auf! Wiese.


Aufbefinden (W3) [Adelung]


+ Aufbefinden, verb. reg. recipr. ( S. Finden,) welches nur noch im gemeinen Leben von dem Befinden der Gesundheit gebraucht wird. Sich wohl, sich übel aufbefinden. Die Schäfer befinden sich niemahls besser auf, als wenn sie von Gift und Dolche reden, Raben.


Aufbehalten (W3) [Adelung]


Aufbehalten, verb. reg. act. S. Halte. 1) Zum künftigen Gebrauche erhalten. Früchte, Fleisch aufbehalten. Diese Waare läßt sich nicht aufbehalten. Eine größere Glückseligkeit ist nur für ein anderes Leben aufbehalten, Dusch. Vielleicht hat dir die Vorsicht Prüfungen aufbehalten, ebend. 2) Auf dem Kopfe behalten, doch nur im gemeinen Leben. Den Hut, die Mütze aufbehalten. Daher die Aufbehaltung.


Aufbeißen (W3) [Adelung]


Aufbeißen, verb. irreg. act. S. Beißen, durch Beißen öffnen, so wohl eigentlich, mit den Zähnen oder dem Schnabel: eine Nuß, eine Mandel aufbeißen; als auch figürlich von scharfen, beißenden Feuchtigkeiten. Das Scheidewasser hat die Haut aufgebissen. So auch die Aufbeißung.


Aufbeitzen (W3) [Adelung]


Aufbeitzen, verb. reg. act. durch beitzende Mittel öffnen. Ein Geschwür aufbeitzen. Daher die Aufbeitzung.


Aufbereiten (W3) [Adelung]


Aufbereiten, verb. reg. act. welches vorzüglich im Bergbaue üblich ist, für zubereiten, besonders von dem Zubereiten der Erze durch Waschen und Pochen zum Schmelzen. Die Zinngießer verstehen unter aufbereiten, im Gegensatze des Drehens, alle Arbeit, die nicht bloß im Drehen bestehet, sondern gelöthet, zusammen gesetzet u. s. f. wird. Sie sprechen es gemeiniglich aufbreiten aus; allein es scheinet wohl füglicher zu bereiten als zu breit zu gehören. Daher die Aufbereitung.


Aufbergen (W3) [Adelung]


* Aufbergen, verb. reg. act. (von Berg,) welches nur in der Landwirthschaft einiger Gegenden, z. B. der Mark Brandenburg, üblich ist, den Acker in der Mitte des Rückens erhöhen, daher es daselbst auch aufrücken genannt wird.


Aufbersten (W3) [Adelung]


Aufbersten, verb. irreg. neutr. ( S. Bersten,) welches das Hülfswort seyn erfordert, durch Bersten geöffnet werden. Die Erde ist aufgeborsten. Ein aufgeborstenes Land. Daher die Aufberstung.


Aufbetten (W3) [Adelung]


+ Aufbetten, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, ein Bett aufschlagen. Es ist schon aufgebettet worden. Daher die Aufbettung.


Aufbewahren (W3) [Adelung]


Aufbewahren, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauch bewahren. Sommerobst läßt sich nicht lange aufbewahren.


Aufbicken (W3) [Adelung]


Aufbicken, verb. reg act. mit dem Schnabel öffnen, aufhacken. Eine Nuß aufbicken, von den Vögeln. Daher die Aufbickung.


Aufbiegeln (W3) [Adelung]


Aufbiegeln, S. Aufbügeln.


Aufbiegen (W3) [Adelung]


Aufbiegen, verb. irreg. act. S. Biegen, in die Höhe biegen. Daher die Aufbiegung.


Aufbiethen (W3) [Adelung]


Aufbiethen, verb. irreg. act. ( S. Biethen,) welches nach Maßgebung des verschiedenen Gebrauches des einfachen Verbi auch von verschiedener Bedeutung ist.1. So fern biethen, für befehlen gebraucht wird, bedeutet aufbiethen eigentlich, befehlen aufzustehen, welche Bedeutung aber nicht gebräuchlich ist. Indessen ist noch die figürliche davon vorhanden, die Unterthanen zu Krieges- oder andern Diensten berufen, an einigen Orten auch aufmahnen. Alle junge Mannschaft aufbiethen. Das Landvolk aufbiethen. Den zehenten Mann aufbiethen. Der aufgebothene Abel. Die Bauern zur Verfolgung eines Übelthäters, zur Jagdfrohne u. s. f. aufbiethen. Luther gebraucht dafür aufgebiethen. Als nun Judas hörete, wie gräulich man mit seinen Brüdern gehandelt hätte, geboth er seinen Leuten auf, 2. Maccab. 12, 5. Ingleichen aufbiethen. Und ließ den Juden auch aufbiethen, 1. Maccab. 9, 63; welche im Hochdeutschen ungewöhnliche Verbindung mit dem Dative noch jetzt in der Schweiz üblich ist. Im Oberdeutschen sagt man auch, ein Frauenzimmer zum Tanze Aufbiethen, wofür im Hochdeutschen auffordern gewöhnlicher ist.2. Von biethen, verkündigen, bekannt machen, hat das zusammen gesetzte aufbiethen folgende Bedeutungen. 1) Ein Paar Verlobte aufbiethen, ihre bevor stehende Verbindung von Der Kanzel öffentlich bekannt machen; in Oberdeutschland verkündigen, abbiethen, abrufen, ausrufen, in Niedersachsen abkündigen. Daher rühret vermuthlich auch der im niedrigen Umgange übliche Gebrauch für ausschelten, schmähen. 2) Feil biethen, ausbiethen. In einer öffentlichen Auction aufbiethen. Welche Bedeutung im Hollsteinischen am gewöhnlichsten ist. 3) Gerichtlich aufkündigen, aufsagen. Ein Pfand aufbiethen, de Eigenthümer dessen Einlösung anbefehlen. Diese Bedeutung, von welchen Haltaus v. Aufbiethen nachgesehen werden kann, ist noch nicht veraltet, wenigstens kommt sie noch unter den Deutschen in Petersburg vor.3. * Von biethen, reichen, war dieses Zeitwort ehedem auch für aufheben, in die Höhe halten, üblich, daher man auch sagte, mit aufgebothenen Fingern schwören. S. Haltaus v. Aufgeboten. Allein diese Bedeutung wird im Hochdeutschen nicht mehr gebraucht.Daher die Aufbiethung in allen obigen Fällen. S. auch Aufgeboth.


Aufbinden (W3) [Adelung]


Aufbinden, verb. irreg. act. S. Binden 1) In die Höhe binden. Die Haare aufbinden. Mit aufgebundenem Haar, Ram. Oder ich hülfe dir, die flatternden Gewächse an Stäben aufbinden, Geßn. 2) Das abgehauene Getreide in Garben zusammen binden und aufstellen. Das Getreide aufbinden. 3) Mit einem Bande auf etwas befestigen. Den Mantelsack aufbinden, oder dem Pferde den Mantelsack aufbinden. Figürlich, doch nur im gemeinem Leben, einem etwas aufbinden, oder es ihm auf dem Ärmel binden, ihn vorsetzlich einer Unwahrheit bereden, wie aufhäften. 4) Was zugebunden ist, durch Nachlassung und Auflösung des Bandes öffnen. Den Sack aufbinden. Eine Wunde aufbinden. So auch die Aufbindung.


Aufblähen (W3) [Adelung]


Aufblähen, verb. reg. act. durch Entwickelung der im Innern befindlichen Luft ausdehnen; geschiehet selbiges durch Einblasen der Luft, so heißt es aufblasen. 1) Eigentlich. So sagt Opitz von einer Blase: Sie bläht sich eilends auf, und wird auch eilends Wind. Und Wieland: Die volle Brust, muthwillig aufgebläht. 2) Figürlich. (a) Sich aufblähen, Stolz und eingebildete Verdienste im Äußern verrathen. Noch blähen sie sich auf, und dörfen sich erheben,Als jeder, gebe Gott, müßt ihrer Gnade leben, Opitz. (b) Mit eiteln Begriffen und Vorstellungen anfüllen. Man erfüllt unsern Verstand mit guten Grundsätzen, und blähet das Herz zugleich mit Eitelkeit auf, Gell. So auch die Aufblähung.


Aufblasen (W3) [Adelung]


Aufblasen, verb irreg. act. S. Blasen. 1) Durch Blasen oder Einblasen der Luft ausdehnen. Eine geschmolzene Glasröhre aufblasen. Die Backen aufblasen. Abgedroschene Wahr-heiten mit aufgeblasenen Backen predigen, mit vielem leeren Geräusche. Wo, sanft von Zephyrn aufgeblasen, Sich volle Rosenbüsch in wilde Lauben ziehn, Weil. Noch mehr aber figürlich, den höchsten Grad des Stolzes im Äußern verrathen. Sich aufblasen. Er ist vom Glücke ganz aufgeblasen. Ein aufgeblasener Mensch. Aufgeblasene Worte. Eine aufgeblasene Rede. S. auch Aufgeblasenheit. 2) Durch Blasen öffnen. Der Wind hat das Fenster aufgeblasen, besser, aufgewehet. 3) Durch Blasen von neuen hervor bringen, oder verstärken. Das Feuer aufblasen; und metonymisch auch, die Kohlen, das Holz aufblasen. 4) Durch Blasen auf Instrumenten zu etwas auffordern. Zum Streite, zur Tafel, zum Tanze aufblasen.


Aufblättern (W3) [Adelung]


Aufblättern, verb. reg. act. Ein Buch aufblättern, die Blätter eines neu gebundenen Buches von einander brechen. Daher die Aufblätterung.


Aufbleiben (W3) [Adelung]


Aufbleiben, verb. irreg. neutr. ( S. Bleiben,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) In der Höhe bleiben, doch nur figürlich, im Gegensatze der Begebung zu Bette. Er ist die ganze Nacht aufgeblieben. Abends lange aufbleiben. Ich kann nicht länger aufbleiben, muß mich zu Betten legen. 2) Offen, bleiben, Das Fenster ist die ganze Nacht aufgeblieben. Das Thor wird bis zur Mitternacht aufbleiben.


Aufblicken (W3) [Adelung]


Aufblicken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Einen Blick, d. i. hellen aber schnell vorüber gehenden Schein, von sich geben. Das Aufblicken der Flamme eines verloschenen Lichtes. 2) Mit einem Blicke in die Höhe sehen. nach etwas aufblicken.


Aufblitzen (W3) [Adelung]


Aufblitzen, verb. reg. neutr. mit haben, ein schnell vorüber gehenden blitzenden Schein in die Höhe von sich gehen; wie z. B. angezündetes Schießpulver.


Aufblühen (W3) [Adelung]


Aufblühen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, von Blumen, geöffnet werden, die Blüthknospe öffnen, anfangen zu blühen. Wenn sie im Frühlinge eine Rose aufblühen sahe. Ingleichen figürlich. Kann unter so zahllosen Dornen der Schmerzen und Sorgen die Glückseligkeit aufblühen. Dusch. Besonders von der angehenden Jugend, und deren lebhaften Farbe. Rosen aufgeblühter Wangen, Haged. So blühet seyn Leib verjüngt wieder auf, und er kehret zu seinen Jugendtagen wieder um, Hiob 33, 25, nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. An meinem Busen blühetest du auf, wie eine kostbare Blume unter der Sorgfalt des Pflanzers, Dusch. Ein aufblühendes Mädchen, das ihrer Reizungen Bild ist, Zach.


Aufborgen (W3) [Adelung]


Aufborgen, verb. reg. act. durch Borgen zusammen bringen. Geld aufborgen. Er borgt überall auf. Daher die Aufborgung.


Aufboth (W3) [Adelung]


Das Aufboth, S. Aufgeboth.


Aufbrachen (W3) [Adelung]


* Aufbrachen, verb. reg. act. welches nur im Harzscharren für aufbrechen üblich ist, d. i. die Rinde der Harzbäume mit dem Harzeisen öffnen.


Aufbraten (W3) [Adelung]


Aufbraten, verb. irreg. act. S. Braten, in den Küchen, von neuen braten. Eine Kalbskeule aufbraten.


Aufbrauchen (W3) [Adelung]


+ Aufbrauchen, verb. reg act. im gemeinem Leben, durch den Gebrauch alle machen, verbrauchen. Es ist bereits alles Papier, alles Holz aufgebraucht.


Aufbrauen (W3) [Adelung]


Aufbrauen, verb. reg. act. durch Brauen alle machen, verbrauen. Alles Malz aufbrauen.


Aufbrausen (W3) [Adelung]


Aufbrausen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, in die Höhe brausen, ingleichen anfangen zu brausen. Der Wind brauset auf. Wie auch von flüssigen Körpern, wenn sie anfangen in eine heftige Gährung oder innere Bewegung zu gerathen. Der Wein, das Bier brauset auf. Das Scheidewasser brauset mit allen kalkartigen Körpern heftig auf. So auch figürlich, in eine ungestüme Leidenschaft ausbrechen.


Aufbrechen (W3) [Adelung]


Aufbrechen, verb. irreg. ( S. Brechen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, durch Brechen öffnen. Einen Brief, eine Thür aufbrechen. Bey den Jägern heißt aufbrechen von dem hohen Wildbrete und dem zur hohen Jagd gehörigen Federwildbrete so viel, als dasselbe öffnen und ausweiden. In den Hammerwerken bedeutet es, die Brechstange in das geschmolzene eisen stoßen, und sehen, ob es anläuft, und zum Verschmieden tüchtig ist. So auch die Aufbrechung.II. Als ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird. 1) Aufgebrochen werden, doch am häufigsten nur in figürlicher Bedeutung für, sich öffnen. Das ist der Tag, da aufbrachen alle Brunnen der großen Tiefen, 1. Mos. 7, 11. Welcher Gebrauch doch jetzt ungewöhnlich ist. Wohl aber sagt man noch, die Knospen, die Blumen brechen auf. Das Geschwür bricht auf, ist aufgebrochen. Die Hände, die Füße brechen ihm auf; aufgebrochene Füße haben. Die Wunde ist wieder aufgebrochen. 2) Den Ort seines Aufenthalt verändern, doch nur von Kriegsheeren und fürstlichen Personen, welche mit einem zahlreichen Gefolge reisen. Mit dem Lager aufbrechen. Das Kriegsheer ist bereits aufgebrochen. Das Regiment wird bald aufbrechen, sich bald auf dem Weg machen. Von einem Orte aufbrechen. Das Abbrechen der Gezelte hat ohne Zweifel zu diesem Gebrauche des Verbi Anlaß gegeben.

Anm. Von brechen, scheinen, glänzen, war ehedem auch aufbrechen für anbrechen üblich. Ich sich den morgensterne ufbrechen, Der Burggraf von Liunz. Wer ist die do hergeet als der Morgenrot, der des morgens aufprechent ist, im Buche der Natur, Augsb. 1483, aus dem Hohenliede.


Aufbreiten (W3) [Adelung]


Aufbreiten, verb. reg act. eine Sache auf oder über etwas breiten, d. i. aus einander legen, in Oberdeutschland aufspreiten. Den Mantel aufbreiten. Das Tischtuch aufbreiten. Daher die Aufbreitung. S. auch Aufbereiten.


Aufbrennen (W3) [Adelung]


Aufbrennen, verb. irreg. ( S. Brennen,) welches auf gedoppelte Art üblich ist.I. Als ein Neutrum 1) Durch Brennen verbrauchen. Die Köchin hat bereits alles Holz aufgebrannt. Er hat alle Lichter aufgebrannt. 2) Brennend auf etwas abdrucken. Dem Kaffe ein Zeichen aufbrennen, oder auf das Faß ein Zeichen aufbrennen. 3) Anbrennen machen, wieder anzünden, in welcher Bedeutung es doch nur in dem Salzwerke zu Halle üblich ist. 4) Anbrühen, in einigen Gegenden, Angebrannte Siede, welche mit heißem Wasser angebrühet worden. Die Wäsche aufbrennen, bey den Wäscherinnen, siedendes Wasser auf die eingeschmierte Wäsche gießen, welches auch einbrennen und einbrühen genannt wird. So auch die Aufbrennung.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) In die Höhe brennen, schnell anfangen zu brennen; besonders im Hüttenbaue. Wenn der Zink geschmolzen wird, so pflegt er an der Luft mit einer blau gelblichen Flamme aufzubrennen. Bey den Jägern brennet das Zündkraut auf, wenn es abbrennet. Die figürliche Bedeutung, schnell zornig werden, welche bey dem Kaisersberg vorkommt, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.2) * Schnell erröthen, welche Bedeutung aber auch unter die veralteten gehöret. Miner sinnen ich halber da vergas Do ich urlob nam und sie so sas Sie bran uf schoneSam der abent rot, Her Rudolf von Rotenburg. Von der Conjugation dieses Verbi, welches sich im Activo zur regulären Form zu neigen anfängt, S. Brennen.


Aufbringen (W3) [Adelung]


Aufbringen, verb. irreg. act. S. Bringen.1. Auf oder über einen andern Körper bringen, in verschiedenen Fällen des gemeinen Lebens. Bey den Webern heißt aufbringen auch so viel als aufziehen, d. i. auf den Baum bringen.2. In die Höhe bringen, doch nur in verschiedenen, theils weitern, theils figürlichen Bedeutungen. 1) Einen Bau aufbringen, aufrichten, aufführen, welche Bedeutung zwar in der Jülichischen Polizey-Ordnung vorkommt, aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Einen kranken aufbringen, ihm zur Gesundheit verhelfen. 2) Zur gehörigen Größe bringen. Einen Baum aufbringen, ihn durch Wartung zur gehörigen Größe verhelfen. Noch mehr aber von Rindern und junge Viehe, im gemeinen Leben. Sie wird dieses Kind schwerlich aufbringen. 3) Herben schaffen. Geld aufbringen. Falsche Zeugen aufbringen. Soldaten, Truppen aufbringen. 4) Nach einem höhern Orte bringen und figürlich, in den Hafen bringen, doch nur von eroberten Schiffen. Die Seeräuber haben sich bey Gibraltar eines Holländischen Schiffes bemächtiget, und es zu Tanger aufgebracht; ohne Zweifel wegen der höhern Lage der Küsten in Vergleich mit der Fläche des Meeres. 5) Vorbringen. Er weiß nichts dagegen aufzubringen. Er kann nichts wider mich aufbringen. Ich kann kein Wort mehr aufbringen, Gell. Allerley unnütze Fragen aufbringen. 6) In Aufnahme bringen, doch nur in Bergwerken, wo ein Bergwerk aufbringen, in dieser Bedeutung üblich ist. 7) Zuerst thun, und dadurch üblich machen, von Gebräuchen und Moden. Eine Gewohnheit, eine neue Mode aufbringen. Er bringt immer was Neues auf. 8) In eine starke Gemüthsbewegung versetzen. diese angenehme Nachricht hatte mein Gemüth sehr aufgebracht. Besonders, in Zorn bringen. Einen aufbringen, Ihn wider etwas aufbringen. er war sehr dawider aufgebracht. Wie gern wollte ich alle deine Empfindungen wider verdächtige Lieblinge aufbringen, Dusch. Doch nach und nach senkt sich seyn aufgebrachtes Blut, Zach. So auch die Aufbringung in den obigen Fällen.


Aufbruch (W3) [Adelung]


Der Aufbruch, des -es, plur. die -brüche. 1. Der Zustand des Aufbrechens, in den Bedeutungen des Neutrius; ohne Plural. 1) Die Öffnung durch Aufbrechen. Der Aufbruch eines Geschwüres. Der Aufbruch der Füße, der Hände. 2) Die Abreise, doch nur von Kriegesheeren und solchen Personen, welche mit einem starke Gefolge reisen. Befehl zum Aufbruche geben. Sich zu dem Aufbruche fertig halten. Den Aufbruch beschleunigen. Wenn wird der Aufbruch geschehen: 2. Die Verrichtung des Aufbrechens in der thätigen Gattung. Der Aufbruch eines Hirschen, bey den Jägern. Ingleichen dasjenige, was man durch Aufbrechen bekommt. So nennen die Jäger das Geräusch oder Eingeweide des rothen und schwarzen Wildbretes gleichfalls den Aufbruch, weil das Wildbret aufgebrochen werden muß, wenn man dasselbe bekommen will. In der Landwirthschaft einiger Gegenden ist der Aufbruch, ein von neuen bearbeitetes Grundstück, welches zwar vorher angebauet gewesen, aber auf einige Zeit wieder verlassen worden; zum Unterschiede von einem Neubruche, welcher aus einer Wildniß urbar gemacht wird.


Aufbrüsten (W3) [Adelung]


Aufbrüsten, verb. reg. act. bey den Fleischern, die Brust eines geschlachteten Ochsen öffnen. Daher die Aufbrüstung.


Aufbuden (W3) [Adelung]


+ Aufbuden, verb. reg. act. im gemeinen Leben, eine oder mehrere Buden aufschlagen. Daher die Aufbudung.


Aufbügeln (W3) [Adelung]


Aufbügeln, verb. reg. act. 1) Von neuen bügeln oder plätten. Die Manschetten aufbügeln. 2) So bügeln, daß es in die Höhe steht. So bügeln die Schneider die Knopflöcher vermittelst des Knopfholzes auf. Daher die Aufbügelung.


Aufbühnen (W3) [Adelung]


Aufbühnen, verb. reg. act. Bühnen errichten, in dem Bergbaue. Ein aufgebühnter Zug, wenn viele Zechen und Halden au einem Gange nach der Reihe fort getrieben werden.


Aufbürden (W3) [Adelung]


Aufbürden, verb. reg. act. 1) Als eine Bürde oder Last auflegen. Einem eine Last aufbinden. Sich eine Sorge, eine Mühe, eine schwere Arbeit aufbürden. 2) Figürlich, Schuld geben, beschuldigen. Einem ein Verbrechen, einen Fehler aufbürden. Daher die Aufbürdung in beyden Bedeutungen, ingleichen für Beschuldigung selbst. Einem unbillige Aufbürdungen machen Less.


Aufbürsten (W3) [Adelung]


Aufbürsten, verb. reg. act. 1) In die Höhe bürsten. Die Haare aufbürsten. 2) Von neuen Bürsten. So auch die Aufbürstung.


Aufdamen (W3) [Adelung]


Aufdamen, verb. reg. act. im Damenspiele, einen Stein auf den anderen setzen, und ihn dadurch zur Dame machen. Daher sie Aufdamung. S. Dame.


Aufdämmen (W3) [Adelung]


Aufdämmen, verb. reg. act. Einen Fluß aufdämmen, ihn durch einen gezogenen Damm, durch ein Wehr oder einen Schuß aufschwellen machen.


Aufdämmern (W3) [Adelung]


Aufdämmern, verb. reg. neutr. mit seyn, dämmernd aufsteigen, dämmernd entstehen, in der dichterischen Schreibart. Manchmahl will so ein freudiger Blick des Lebens wieder aufdämmern, Leid. Werth.


Aufdampfen (W3) [Adelung]


Aufdampfen, verb. reg neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in der höhern Schreibart, in Gestalt eines Dampfes in die Höhe steigen. Dann dampfte die Levante Über den Koffetisch auf, Zachar. Und Sparta's Blut Dampft jetzt zu Wolken auf, Weiße.


Aufdauern (W3) [Adelung]


Aufdauern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, im gesellschaftlichen Umgange, in der Höhe dauern, aufbleiben, im Gegensatze des Liegens im Bette. Ich kann nicht länger aufdauern, Gell.


Aufdecken (W3) [Adelung]


Aufdecken, verb. reg. act. 1) Die Decke über etwas ausbreiten. Das Tischtuch aufdecken, und metonymisch, den Tisch aufdecken. ingleichen absolute, aufdecken. Es ist heute für uns aufgedeckt. 2) Die Decke wegnehmen, aufheben. Einen im Bette liegenden aufdecken. Einen Altar aufdecken. In weiterer Bedeutung. Deckt die Geburt des alten Goldes auf, Raml. Figürlich, offenbaren, bekannt machen. Wir wollen nicht alle Schwierigkeiten aufdecken, Mosh. Ich bath ihn, mir dieses unglückliche Geheimniß nur halb aufzudecken, Dusch. Jemandes Schande aufdecken. Einem den Schalk aufdecken, den Schalk in ihm in seiner wahren Gestalt zeigen. So auch die Aufdeckung.


Aufdeichen (W3) [Adelung]


* Aufdeichen, verb. reg. act. welches nur in den Marschländern üblich ist, einen Deich erhöhen. Daher die Aufdeichung. S. Deich.


Aufdichten (W3) [Adelung]


Aufdichten, verb. reg. act. Einem etwas aufdichten, es von ihm erdichten, wofür doch andichten üblicher ist. Wird mir etwas aufgedichtet, in einem alten Kirchenliede.


Aufdingen (W3) [Adelung]


Aufdingen, verb. irreg. act. S. Dingen, ein Wort, welches nur noch bey den Handwerkern üblich ist, einen Knaben einem Meister in die Lehre geben; ingleichen von dem Handwerke, denselben unter gewissen Bedingungen annehmen, oder zulassen. Einen Knaben aufdingen. Der Lehrling ist noch nicht aufgedungen. Bey den Jägern heißt solches annehmen. Daher die Aufdingung. Ingleichen der Aufdingebrief, die Urkunde, wodurch das Aufdingen geschiehet; das Aufdingegeld, welches dafür bezahlet wird. In dem 1276 zusammen getragenen Augsburgischen Stadtbuche kommt schon der Ausdruck vor, Antwärk laßt oder dingt ein Chind auf.


Aufdocken (W3) [Adelung]


Aufdocken, verb. reg. act. aufwickeln, bey den Jägern. Das Hängeseil, die Schweißschnur aufdocken. Ingleichen bey den Wäscherinnen. Die Wäsche aufdocken, sie um das Mandelholz wickeln, welches auch aufreiben genannt wird. So auch die Aufdockung. S. Docke.


Aufdoppeln (W3) [Adelung]


Aufdoppeln, verb. reg. act. bey den Schustern, die Sohle an das Oberleder nähen. S. Doppeln. Daher die Aufdoppelung.


Aufdörren (W3) [Adelung]


Aufdörren, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche dörren, dörren um es aufzubehalten. Obst aufdörren. Daher die Aufdörrung.


Aufdrängen (W3) [Adelung]


Aufdrängen, verb. reg. act. 1) Durch Drängen öffnen. Die Thür aufdrängen. 2) Drängend aufsteigen. Gedanken drängen sich denn auf, Gesn. Ein sonst ungewöhnlicher Gebrauch. Daher die Aufdrängung. S. auch Aufdringen, und Drängen.


Aufdrehen (W3) [Adelung]


Aufdrehen, verb. reg. act. 1) Durch Drehen auf einen andern Körper befestigen. Einen Knopf auf den Stock aufdrehen. 2) Was zusammen gedrehet, oder zugedrehet war, durch Drehen öffnen. Einen Strick aufdrehen, im gemeinen Leben aufdrieseln, auftriefeln, auftrosseln, aufreiben. S. Drieseln. Eine Schraube aufdrehen. So auch die Aufdrehung.


Aufdreschen (W3) [Adelung]


Aufdreschen, verb. irreg. neutr. S. Dreschen, in der Landwirthschaft, das Getreide aus allen vorräthigen Garben dreschen, ausdreschen. Wir haben noch nicht aufgedroschen. Daher die Aufdreschung.


Aufdrieseln (W3) [Adelung]


Aufdrieseln, S. Aufdrehen und Drieseln.


Aufdringen (W3) [Adelung]


Aufdringen, verb. irreg. act. S. Dringen, in der figürlichen Bedeutung des Verbi aufdrängen, so fern es eine Sache auf die andere drängen bedeuten würde, zur Annehmung einer Sache nöthigen, entweder durch Gewalt, oder durch vieles Bitten. Einem etwas aufdringen. Wohin denkt doch der Sterbliche, des seinen Glauben andern als ein Gesetz aufdringen will. Sich einem aufdringen, sich in dessen Gesellschaft, in Verbindung mit ihm drängen. So auch die Aufdringung. Anm. Aufdringen war ehedem auch als ein Neutrum für herauf dringen, aufsprießen, üblich: Man siht durch das gras uf dringen Vil der bluomen ane zal, Jacob von Warte. Ingleichen für herauf steigen: Ein wolken grawet gen dem tage, Ich sihe in schone uf dringen, ebend. In der Jülichischen Polizey-Ordnung bedeutet das Wasser aufdringen, thätiger weise, es stämmen, aufschwellen machen. S. auch Dringen.


Aufdrucken (W3) [Adelung]


Aufdrucken, auch häufig aufdrücken, verb. reg. act. durch Drucken auf einen anderen Körper bringen. Das Siegel aufdrucken, auf eine Urkunde. Das Petschaft aufdrucken. Der seinen ewigen Gesetzen des Todes Siegel aufgedrückt, Raml. S. Drucken. Daher die Aufdruckung.


Aufdrücken (W3) [Adelung]


Aufdrücken, verb. reg. act. durch Drücken öffnen. Ein Geschwür, eine Nuß aufdrücken, S. Drücken. Daher die Aufdrückung.


Aufdunsen (W3) [Adelung]


Aufdunsen, verb. irreg. neutr. stark aufschwellen, von welchem im Hochdeutschen aber nur das Participium der vergangenen Zeit aufgedunsen üblich ist. Ein aufgedunsenes, dickes, fleischiges, Gesicht, das wie aufgeschwollen aussiehet, Nieders. upgedunsen, Holländ. opgedunsen; dergleichen Beschaffenheit man in Niedersachsen auch durch plüß, plüssig, puustig, pusig, und in Preußen durch plutzig, klützig, pilzig ausdrucket. Er ist im Gesichte sehr aufgedunsen. Ingleichen figürlich für schwülstig. Aufgedunsene Metaphern. Eine aufgedunsene Schreibart.

Anm. Dieses Wort kommt nicht zunächst von Dunst her, sondern dunsen ist das Frequentativum von dunen, aufschwellen, welches Verbum noch in Niedersachsen üblich ist. S. Dunsen. Die Unwissenheit der wahren Abstammung hat gemacht, das einige Mißlinge dieses Wort in aufgedunstet verdrehet haben.


Aufdunsten (W3) [Adelung]


Aufdunsten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in Gestalt eines Dunstes in die Höhe steigen. Die Feuchtigkeiten, welche aus der Erde aufdunsten.


Aufegen (W3) [Adelung]


Aufegen, verb. reg. act. 1) Durch Egen herauf bringen. 2) Von neuen egen. Wenn nach der Aussaat ein Platzregen fällt, so kann der Acker mit Nutzen wieder aufgeeget werden.


Aufeinander (W3) [Adelung]


Aufeinander, besser getheilt, auf einander, S. Einander.


Aufeisen (W3) [Adelung]


Aufeisen, verb. reg. act. Das Eis öffnen. Einen Teich, einen Graben aufeisen, auch aufwuhnen. S. dieses Wort. Daher die Aufeisung.


Aufenblatt (W3) [Adelung]


* Das Aufenblatt, des -es, plur. inusit. der Nahme einer ausländischen Pflanze, welche auch Halskraut, Kehlkraut, Zapfenkraut und Waldglöcklein genannt wird; Ruskus Hypophyllum, L. Den Nahmen Aufenblatt hat sie vermuthlich daher, weil auf dem großen Blatte der Pflanze noch ein kleineres lieget.


Aufenen (W3) [Adelung]


* Aufenen, verb. reg. act. welches nur in der Schweiz üblich ist, für in Aufnahme bringen. Ein Gut, eine Stadt aufenen. Daher auch die Aufenung. Dieses im Hochdeutschen ganz unbekannte Verbum stammet von der Präposition auf her, und lautet in andern Oberdeutschen Mundarten auch äufern. S. Frisch v. Auf.


Aufenthalt (W3) [Adelung]


Der Aufenthalt, des -es, plur. die -e, 1) * Die Aufrechterhaltung so wohl seiner selbst, als eines andern Körpers, in der eigentlichsten Bedeutung. Denn ich kein aufenthalt nit hab, Theuerd. Kap. 47. ich kann mich mit dem Pferde auf dem steilen Wege nicht aufrecht erhalten. S. das folgende Zeitwort. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen völlig veraltet, so wie, 2) * die figürlich, für Unterhalt, welche noch in der ersten Hälfte des 16ten Jahrhundertes am Oberrheine üblich war. 3) DasAufhalten oder Verweilen an einem Orte; ohne Plural. Seinen Aufenthalt an einem Orte haben. Während seines Aufenthaltes an diesem Orte. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen noch am gebräuchlichsten, so wie auch die nach welcher dieses Wort einen Ort bedeutet, an welchem man sich aufhält, wo es auch den Plural leidet. Einem einen Aufenthalt geben, verstatten. 4) + Verzögerung, was eine Sache aufhält. Er hat mir vielen Aufenthalt gemacht. Eine Sache ohne allen Aufenthalt abthun. Es hat sich in dieser Sache ein Aufenthalt hervor gethan. Diese Bedeutung ist nur noch in dem gemeinen Sprecharten üblich; die edle Hochdeutsche kennet sie nicht mehr. In manchen Fällen läßt sich dafür Aufhalt gebrauchen. Dieser kleine Aufhalt wird nicht von Folgen seyn.


Aufenthalten (W3) [Adelung]


* Aufenthalten, verb. irreg. act. S. Halten. 1) Aufrecht erhalten, stützen. In dieser, in dem Hochdeutschen völlig veralteten Bedeutung kommt es noch in Apherdians Vocabul. bey dem Frisch vor, und in einer Urkunde aus der Mitte des 15ten Jahrhundertes bey dem Haltaus hat Aufenthaltung eben denselben, obgleich figürlichen Sinn. 2) Sich aufenthalten, sich aufhalten oder verweilen. Daß das Volk eine Vestung innen hätte, gegen Idumäa, darin sie sich aufenthalten und wehren könnten, 1. Maccab. 4, 61. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen nicht mehr gewöhnlich.

Anm. Dieses Wort gehöret mit zu dem ohne Roth verlängerten Wörtern, die wir der neuern Alemannischen Mundart, die sich durch ihren Hang zur Weitschweifigkeit vor andern auszeichnet, zu danken haben. Viele derselben haben die Hochdeutschen mit Recht veralten lassen, worunter auch dieses gehöret, obgleich das Substantiv in der dritten Bedeutung noch gangbar ist. S. die Anmerkung zu dem folgenden Worte.


Auferbauen (W3) [Adelung]


* Auferbauen, verb. reg. act. welches aber nur im Oberdeutschen üblich ist, so wohl in der eigentlichen Bedeutung für aufbauen, als auch in der figürlichen theologischen für erbauen. Im Hochdeutschen ist so wenig gebräuchlich, als das Adjectiv auferbaulich, für erbaulich, und das Substantiv Auferbauung, für Erbauung.

Anm. Da wir im Hochdeutschen noch einige Zeitwörter haben, welchen die beyden Partikeln auf und er zugleich vorgesetzet sind, und sich diese Verba so wohl in ihrer Conjugation, als auch in ihrem Gebrauche merklich von andern unterscheiden: so wird es nicht undienlich seyn, hier etwas von ihnen überhaupt anzumerken, damit es nicht hernach bey einem jeden ins besondere geschehen dürfe.1) Die Verba dieser Art, welche noch im Hochdeutschen gänge und gebe sind, sind: auferlegen, auferstehen, auferwachen, auferwecken, und auferziehen. Die Oberdeutsche Mundart hat noch auferbauen, und vielleicht noch einige andere. Veraltete aber sind: auferheben, auferrichten, aufersteigen, u. a. die bey dem Kero, Ottfried, Notker und Tatian vorkommen, und aufersterben, für ansterben, bey dem Haltaus. 2) Alle diese Verba kommen darin mit einander überein, daß sie eigentlich eine Bewegung in die Höhe bedeuten, welche Bedeutung jede der beyden Partikeln auf und er schon für sich allein hat. Man sagte daher auch in dem Alterthume eben so oft erstehen, erbauen, erwachen, erwecken, und aufstehen, aufbauen, aufwachen, aufwecken, als mit beyden zusammen genommen auferstehen u. s. f.3) Diese letzte Form scheinet, außer der natürlichen Neigung der mittlern Franken und Alemannen zu langen und mehrmahls zusammen gesetzten Wörtern, vornehmlich durch die Zweydeutigkeit der Partikel er, welches die erste und älteste Form dieser Wörter war, veranlasset zu seyn. Diese Partikel bedeutet so wohl auf, als auch aus, so wohl eine Bewegung in die Höhe, als auch eine Bewegung aus der Tiefe und aus dem Innern einer Sache. Um nun ihre jedesmahlige Bedeutung genau zu bestimmen, setzte man nochmahls noch die Vorwörter auf und aus daran, und so entstand im ersten Falle auferbauen, auferstehen, u. s. f. und im letztern auserkiesen, auserkoren, auserlesen, ausersehen, auserwählen; S. jedes dieser Wörter besonders. Es erhellet dieses,4) Zugleich aus der unbeständigen Conjugation dieser Wörter in dem Alterthume. Tho er uf fon themo grab yrstuant, Erstuant er uf snello, Ufirstuant si snello, Uz fon themo grabe irstuant, sind alles Wortfügungen, die bey dem Ottfried vorkommen, und wo auf und aus nur zugesetzet werden, die Bedeutung der Partikel er näher zu bestimmen. Heut zu Tage hingegen wird aufer - in der Conjugation als eine untrennbare Partikel angesehen, welche beständig mit dem Verbo verbunden bleibet. Als er auferstand, und nicht, als er erstand auf.5) Indessen sind diese Verba im Hochdeutschen doch nicht in allen Zeiten üblich; nicht als wenn sie ihrer Natur nach solches nicht verstatteten, sondern bloß um des unterlassenen Gebrauches willen. Der Imperativ und das so genannte Gerundium mangeln ihnen gänzlich, und das Präsens und Imperfectum, so wohl im Indicativo als Conjunctivo, können nur mit den Partikeln als, da, ob, damit, daß, auf daß, weil, so lange, so oft, und vielleicht noch einigen andern, ingleichen mit den Relativen, der, welcher u. s. f. gebraucht werden. Außerdem muß entweder die Partikel auf oder er zurück bleiben. So sagt man z. B. nicht, ich auferziehe ihn, sondern ich erziehe ihn, oder ziehe ihn auf; nicht ich auferwachte, sondern ich erwachte, oder ich wachte auf; wohl aber, da ich ihn auferziehe, der mich auferweckte, wenn ich auferstehe, so oft ich ihm die Strafe auferlege u. s. f.


Auferfahren (W3) [Adelung]


* Auferfahren, verb. irreg. neutr. S. Fahren, ein Wort, welches nur in Luthers Übersetzung Matth. 17, 27. und nicht einmahl in allen Ausgaben vorkommt: und den ersten Fisch, der auferfährt, der in die Höhe fähret, - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Andere Ausgaben haben, aufher fahrt, für herauf, obgleich auch dieses nicht mehr gebräuchlich ist.


Auferlegen (W3) [Adelung]


Auferlegen, verb. reg. act. für auflegen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, für zuerkennen, anbefehlen, zu etwas verpflichten. Was uns diese Kenntniß für Pflichten auferleget, Kästn. Ich wollte bitten, daß sie sich selber eine Strafe auferlegten, Gell. Einem ein Stillschweigen auferlegen. In allen diesen Fällen ist auflegen edler und üblicher. S. Anmerk. 5. zu dem Verbo Auferbauen.


Auferstehen (W3) [Adelung]


Auferstehen, verb. irreg. neutr. ( S. Stehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) * Aufstehen, in der eigentlichsten Bedeutung, wie man von dem Stuhle aufstehet. In dieser Bedeutung kommt das oben schon angeführte ufirstuant si snello, und erstuant er uf snello, bey dem Ottfried vor. 2) Figürlich, sich erheben, zum Vorscheine kommen. Vom grundt (des Meeres) Ein heftiges Wetter auferstundt, Theuerd. Kap. 32. Als ein Unwillen auferstanden ist, in einer Österreichischen Urkunde von 1440. Man sagt, es sey in Deutschen Landen Gar ein böses Volk auferstanden, Hans Sachs. Beyde Bedeutung sind im Hochdeutschen völlig veraltet, wo diese Wort nur noch, 3) im theologischen Verstande, für aufstehen von den Todten, aus dem Grabe hervor gehen, üblich ist; aber nur in den oben in der Anmerk. 5. zu Auferbauen angeführten Fällen. Als Christus auferstand, oder von den Todten auferstand. Auch wir werden auferstehen, oder von den Todten auferstehen. Sie sind bereits auferstanden. Christusstand am dritten Tage auf, oder erstand am dritten Tage von den Todten, nicht auferstand.

Anm. Oben ist schon angemerket worden, daß ufstan und irston bey dem Ottfried und seinen Zeitgenossen in der dritten theologischen Bedeutung eben so oft vorkommen, als auferstehen. Für dieses letztere gebraucht Ottfried auch auserstehen, uz fon themo grabe irstuant, B. 5, Kap. 9, 2. und Ulphilas austanden. Erstehen ist auch noch heut zu Tage in diesem Verstande nicht ungewöhnlich.


Auferstehung (W3) [Adelung]


Die Auferstehung, plur. inusit. in dem theologischen Verstande, das Aufstehen von dem Tode, die Wiederherstellung des natürlichen Lebens nach dem Tode, besonders am jüngsten Tage. Die Auferstehung von den Todten, oder die Auferstehung des Fleisches, d. i. unsers sichtbaren Körpers. Die Auferstehung Christi.

Anm. Dieses Wort ist, wie Wachter richtig anmerket, so gar alt nicht, aber doch regelmäßig gebildet. Statt dessen kommt bey dem Notker Urstendida vor, woraus nachmahls Urstand zusammen gezogen worden, welches noch im Oberdeutschen besonders in Österreich gänge und gebe ist. Bey dem Ottfried und dessen Zeitgenossen findet sich statt dessen auch Irstantnis, Irstantis, bey dem Tatian Urrefti und Urreisti, das erstere vielleicht von raffen, und das letztere von reisen, bey den Angelsachsen Aeryste, und bey den Ulphilas Usstass.


Auferwachen (W3) [Adelung]


Auferwachen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, für aufwachen, erwachen, so aber im Hochdeutschen nur in der biblischen Bedeutung von dem Erwachen von dem Tode am jüngsten Tage üblich ist. S. Auferbauen, Anmerk. 5.


Auferwecken (W3) [Adelung]


Auferwecken, verb. reg. act. wie erwecken, aufwecken, aber auch nur in der biblischen Bedeutung des Erweckens von dem Tode. S. Auferbauen, Anmerk. 5. So auch die Auferweckung.


Auferziehen (W3) [Adelung]


* Auferziehen, verb. irreg. act. ( S. Ziehen) welches mit erziehen einerley Bedeutung hat, doch nur von der Erziehung der Kinder, und der Bildung ihres Geistes zuweilen gebraucht, aber am besten mit erziehen vertauscht wird. Ein Kind auferziehen. Der selber mich vor dem zur Tugend auferzogen. Schleg. So auch die Auferziehung, für Erziehung.


Aufessen (W3) [Adelung]


Aufessen, verb. irreg. act. S. Essen, durch Essen alle machen. Es ist alles aufgegessen worden. Sie aßen den ganzen Vorrath auf.


Auffädmen (W3) [Adelung]


Auffädmen, verb. reg. act. 1) Auf einen Faden reihen. Perlen auffädmen. 2) Die Fäden eines Gewebes auflösen, wie aufdrieseln. In beyden Fällen ist dafür im gemeinen Leben auffädeln üblich. 3) Bey den Schneidern, die Falten eines Kleides mit Fäden zusammen häften, damit sie in ihrer runden Lage bleiben. 4) Bey den Fischern wird die Nadel aufgefädmet, wenn die Stricknadel zu den Garnen und Netzen mit Zwirn voll gewickelt wird.


Auffahren (W3) [Adelung]


Auffahren, verb. irreg. ( S. Fahren) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert.1. In die Höhe fahren, aufwärts fahren, so wohl, 1) eigentlich, mit einem Fuhrwerke. An den Bergen auf und ab fahren. In Regensburg fährt ein Gesandter auf, wenn er das erste Mahl auf das Rathhaus fähret. Als auch 2) in weiterer Bedeutung, für hinauf steigen. So fahren die Bergleute auf, wenn sie nach vollendeter Arbeit aus dem Schachte steigen. Ingleichen, 3) figürlich, von einer jeden schnellen Bewegung in die Höhe. So sagt man von Christo, als er der körperlichen Gegenwart seiner Jünger entzogen wurde, er sey aufgefahren gen Himmel. Die Fische fahren auf nehmlich im Wasser. Der Staub fährt auf, Weiße. Wie auch, vor Schrecken auffahren, im Schlafe auffahren. Aus einem angenehmen Träume von Reichthümern fährest du auf, Dusch. Wenn ich aus dem Rausche des Schlafes, wie aus einem Meere von Schrecken herauf fuhr, (besser, auffuhr,) ebend. Der Alte fuhr auf aus dem Schlafe, furchtsam und blaß, Zachar. 4) Noch figürlicher auch von dem schnelle Ausbruche des Zornes. Er fährt bald auf. Er ist ein wenig auffahrend, jähzornig. Wenn ich gewußt hätte, daß sie so auffahren würden, so hätte ich kein Wort sagen wollen, Gell. Der kleine mops fuhr auf, fing zornig an zu bellen, Zachar. 5) Unvermuthet zum Vorscheine kommen, besonders von Blattern, und anderen kleinen Geschwüren. Es ist mir eine Blatter im Gesichte aufgefahren. Kein Blätterchen fuhr auf, die Musche mußt' es decken, Zach.2. Im Fahren auf etwas stoßen. So sagt man in der Schifffahrt, mit dem Schiffe auffahren, oder auf den Grund auffahren.3. Sich plötzlich öffnen. Die Thür ist aufgefahren. Das Fenster fährt auf.II. Ein Activum, durch Fahren öffnen. Der Kutscher hat den Thorweg aufgefahren. Besonders im Bergbaue, obgleich in uneigentlicher Bedeutung, ein Feld auffahren, dasselbe mit Grubenarbeitern belegen, es auf bergmännische Art öffnen. So auch, ein Stollen, ein Feldort u. s. f. auffahren.


Auffahrisch (W3) [Adelung]


+ Auffahrisch, -er, -te, adj. et adv. welches nur in den niedrigen Sprecharten für auffahrend in der vierten figürlichen Bedeutung des Neutrius üblich ist. Er ist wenig auffahrisch, auffahrend.


Auffahrt (W3) [Adelung]


Die Auffahrt, plur. die -en. 1) Die Handlung des Auffahrens in die Höhe, doch ohne Plural, und nur von der Himmelfahrt Christi, in welchen Falle es aber doch auch mehr in Oberdeutschland als im Hochdeutschen üblich ist. Die Auffahrt Christi, oder die Auffahrt Christi gen Himmel, dessen Himmelfahrt. Daher der Auffahrtstag, der Himmelfahrtstag. Ingleichen, das Herauf- oder Heranfahren. Die Auffahrt der Gesandten zu den Zusammenkünften.2) Der Ort, wo man mit einem Wagen herauf fährt. So wird der Weg, welcher einen Berg hinauf führet, ingleichen die Erhöhung vor einem Hause, oder vor einem Walle, auf welcher man mit einem Wagen vor dasselbe fahren kann, auch eine Auffahrt genannt; mit einem Französ. Ausdrucke die Apparelle.

Anm. Die Uffert kommt schon bey dem Notker von der Himmelfahrt Christi vor. Daß dieses Wort ehedem auch so viel als Abfahrt oder Abreise bedeutet habe, erhellet aus dem Theuerdanke, wo ein Kapitel die Überschrift hat: die Auffahrt des Tewrdanks von seinem lieben Vater und aus seinen Erblanden. Ehedem bedeutete es aber auch den Anzug auf einem Gute, und dasjenige Geld, was ein Ankömmling, der sich an einem Orte niederlassen will, der Obrigkeit zu entrichten hat; die Aufnahme, das Aufzugsgeld. An einigen Orten z. B. in Hessen, Münster u. s. f. ist diese Bedeutung noch jetzt üblich, und wird daselbst von dem Weinkaufe, welchen Leibeigene bey dem Anzuge bezahlen, gebraucht, und auch Auffahrtgewinn, Erbgewinn, Leibgewinn, Handlohn, Weglösung, Consens-Geld u. s. f. genannt. S. Lehnwaare.


Auffallen (W3) [Adelung]


Auffallen, verb. irreg. ( S. Fallen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt.1. Auf etwas fallen, im Fallen, im Fallen auf etwas stoßen; und zwar,1) eigentlich. Hier kann der Baum auffallen, wenn er gefället wird. Der Dampf fällt sehr auf, auf die Brust. 2) Figürlich, lebhafte Empfindungen des Neuen, des Ungewöhnlichen erwecken. Die gleichgültigsten Dinge, welche sich gegen unsere Erwartung zutragen, fallen nach Beschaffenheit der Umstände auf eine angenehme oder unangenehme Art auf. Das fiel gegen seine gewöhnliche Heiterkeit sehr auf. Jede Unvollkommenheit ist auffallender als die Vollkommenheit. In enger Bedeutung, lebhafte Empfindung des Unschicklichen, des Beleidigenden erwecken. Dieser Ausdruck fällt gar sehr auf, ist mir gar sehr aufgefallen. Das ist auffallend. Er konnte sich noch immer eine Ursache davon denken, wie sie seiner Eitelkeit am wenigsten auffiel, Less.2. Durch Fallen geöffnet werden. Die Thür ist aufgefallen, könnte man von einer Fallthüre sagen, die ihre Angeln unten hat.II. Als ein Activum, durch Fallen öffnen. Eine Thür auffallen. Ingleichen als ein Reciprocum. Er hat sich den Kopf aufgefallen, er hat denselben im Fallen verwundet.


Auffalten (W3) [Adelung]


Auffalten, verb. reg. act. 1) Die Falten öffnen, oder ausstreichen. Ein Tuch auffalten, die Falten herausbringen. 2) In die gehörigen Falten legen, bey den Tuchbereitern, welches in England mit einer gewissen Geschicklichkeit geschehen muß, so daß man die Länge und Breite eines Tuches sogleich aus den Falten beurtheilen kann; welches auffalten, auch falten und auftafeln genannt wird. So auch die Auffaltung.


Auffangen (W3) [Adelung]


Auffangen, verb. irreg. act. ( S. Fangen,) eine Sache in ihrem Laufe wegsaugen. Das Blut in einer Schüssel, den Regen in einem Fasse auffangen. Einen Spion, einen Bothen auffangen. Der Feind hat alle unsere Briefe aufgefangen. Figürlich, sich in der Geschwindigkeit eigen machen. Mein Herz schien aus deinem entzückten Gesichte dein Vergnügen aufzufangen, so wie die Gipfel der Hügel den Schein der goldenen Abendröthe auffingen, Dusch. Ingleichen, eine Krankheit auffangen, schnell von derselben angesteckt werden. Eines Worte, Rede auffangen, sie in der Geschwindigkeit bemerken und tadeln, oder übel deuten. Wer wollte auch alle Worte auffangen, übel auslegen. Daher die Auffangung.


Auffärben (W3) [Adelung]


Auffärben, verb reg. act. von neuen färben. Ein Stück Zeuges, ein Hut auffärben. Daher die Auffärbung.


Auffasen (W3) [Adelung]


Auffasen, verb. reg. act. zusammen gewirkte Fäden aus einander machen, wie auffädmen. Im gemeinen Leben auch auffaseln.


Auffassen (W3) [Adelung]


Auffassen, verb. reg. act. 1) Fassen und aufheben. Den Koth mit der Schaufel auffassen. Und jeder faßt bey ihren runden Waden Zwo Nymphen auf, Wiel. 2). Einen flüssigen Körper auffangen. Das Blut in einer Schüssel, den Regen in einem Fasse auffassen. Ingleichen figürlich, für auffangen. Die Sinnen fassen die Eindrücke der äußern dinge auf. Mein Freund, der alle meine Sorgen in seinem freundschaftlichen Herzen auffaßte, Dusch. Zuweilen auch, obgleich seltener, für bemerken, um es zu tadeln, wie auffangen, Was der Tragicus sehr unschicklich angebracht hatte, das konnte der Dichter des Epilogus gar wohl auffassen, Less.


Auffeilen (W3) [Adelung]


Auffeilen, verb. reg. act. 1) bey den Schlössern, so viel als befeilen. So werden starke Stücke Eisen mit der Armfeile kalt von ihnen aufgefeilet. 2) Von neuen feilen. Ein Schlüssel auffeilen, wenn er nehmlich rostig geworden, oder seinen Glanz verloren hat. So auch die Auffeilung.


Auffern (W3) [Adelung]


Auffern, S. Aufenen.


Auffeuchten (W3) [Adelung]


Auffeuchten, verb. reg. act. von neuen befeuchten. Daher die Auffeuchtung.


Auffinden (W3) [Adelung]


Auffinden, verb. irreg. act. S. finden, ein eigentlich Oberdeutsches Wort, für aufsuchen und finden, welches in Obersachsen ehedem nur allein den Kanzelleyen bekannt war, jetzt aber auch außer denselben gebraucht wird. Und findet Wahrheit auf, die tief im Dunkeln lag, Dusch. Er eilte mit dem Cartell den Stutzer aufzufinden, Zachar.


Auffischen (W3) [Adelung]


Auffischen, verb. reg. act. 1) Herauf fischen. Einen Schatz, einen todten Körper fischen, von dem Grunde des Wassers herauf bringen. Figürlich, im gemeinen Leben, für auffangen. Kleine Geister haben etwa hier oder da ein Paar artige Einfälle aufgefischt, die bringen sie überall an. 2) Durch Fischen ausleeren, ausfischen. Einen Teich auffischen. So auch die Auffischung.


Aufflackern (W3) [Adelung]


Aufflackern, verb. reg. neutr. mit seyn, mit einer schnellen, beweglichen Flamme in die Höhe brennen, wie kleines Reisholz, Stroh u. s. f. wofür doch auflodern üblicher ist. S. flackern.


Aufflammen (W3) [Adelung]


Aufflammen, verb. reg. welches in doppelter Gattung gebraucht werden kann, im Hochdeutschen aber nur in der höhern Schreibart üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, in die Höhe brennen, in eine Flamme ausbrechen. ingleichen figürlich. Bey aller Heftigkeit der Leidenschaften, die in dem Herzen oft aufzuflammen drohn, Schleg.II. Als ein Activum, zu einer Flamme bringen, anflammen; gleichfalls nur figürlich. Flammt jeden Trieb zu geilen Lüften auf, Weiße. So auch die Aufflammung.


Aufflattern (W3) [Adelung]


Aufflattern, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in die Höhe flattern. die Vögel sind aufgeflattert.


Aufflechten (W3) [Adelung]


Aufflechten, verb. irreg. act. S. Flechten. 1) In die Höhe flechten, ingleichen, zierlich zusammen flechten. Die Haare aufflechten. Wie auch metonymisch, ein Frauenzimmer aufflechten, ein in den Gegenden, wo diese Art des Kopfputzes noch üblich ist, bekannter Ausdruck. 2) Aus einander flechten. Die Haare aufflechten. So auch die Aufflechtung.


Aufflicken (W3) [Adelung]


Aufflicken, verb. reg. act. als einen Flicken auf etwas setzen.


Auffliegen (W3) [Adelung]


Auffliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Fliegen) welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt. 1) In die Höhe fliegen. Die Vögel sind aufgeflogen. Ingleichen figürlich, aufwärts beweget werden. Wilde, auffliegende Haare, Less. Ferner, schnell in die Höhe getrieben werden. Der Pulverthurm, die Mine ist aufgeflogen. Auch wohl, obgleich eben nicht auf die beste Art, von dem Feuer verzehret werden. Das Haus ist im Feuer, im Rauche aufgeflogen. 2) Schnell geöffnet werden, auffahren. Die Thür, das Fenster ist aufgeflogen. Daher die Auffliegung, in der ersten eigentlichen Bedeutung.


Aufflößen (W3) [Adelung]


Aufflößen, verb. reg. act. herauf flößen, aufwärts flößen. Holz aufflößen. Daher sie Aufflößung.


Auffordern (W3) [Adelung]


Auffordern, verb. reg. act. Eigentlich aufzustehen fordern. So sagt man noch: eine Person zum Tanze auffordern. Figürlich, jemanden zu Leistung einer Pflicht fordern, oder ermahnen, besonders wenn man ein gewisses Recht über ihn hat. Eine Stadt, eine Festung auffordern, sich zu ergeben. Die Besatzung ist bereits aufgefordert worden. Ingleichen überhaupt so viel, als nachdrücklich zu etwas ermahnen. Eine doppelte Dankbarkeit fordert dich auf, mir dieses nicht abzuschlagen. Du forderst mich zu einer Freude mit dir auf. Du bittest mich, du forderst meine Tugend auf, Dusch. So auch die Aufforderung.


Auffördern (W3) [Adelung]


* Auffördern, verb. reg. act. hinauf fördern, in die Höhe befördern; besonders in den Salzwerken, die Sohle in den Tropfkasten hinauf schaffen.


Aufformen (W3) [Adelung]


* Aufformen, verb. reg. act. den Hut aufformen, bey den Hutmachern, die Krämpen in die Höhe richten, wie aufstutzen.


Auffragen (W3) [Adelung]


Auffragen, verb. reg. act. S. Fragen, durch Fragen ausfindig machen, erfragen. Ich habe diesen Menschen noch nicht auffragen können.


Auffressen (W3) [Adelung]


Auffressen, verb. irreg. act. S. Fressen. 1) Durch Fressen alle machen, im verächtlichen und niedrigen Verstande. Das Vieh hat alles aufgefressen. Ingleichen figürlich, einen auffressen, seyn Vermögen verzehren helfen. Freunde, die den Reichen auffressen, und ihn dann verlassen, Dusch. 2) Durch Fressen öffnen, besonders von scharfen ätzender Feuchtigkeiten. Das Scheidewasser frißt die Haut auf. Thränen fressen die Wangen auf. So auch die Auffressung, doch am häufigsten in der zweyten Bedeutung.


Auffretzen (W3) [Adelung]


* Auffretzen, verb. reg. act. 1) Für auffressen. Nun wird dieser Hauf auffretzen, was um uns ist, wie ein Ochse Kraut auffretzet, 4 Buch Mos. 22, 4. 2) Für auffüttern, aufziehen. Beyde Bedeutungen sind im Hochdeutschen völlig unbekannt. Die letztere findet sich im Steinbach. S. Fretzen.


Auffrischen (W3) [Adelung]


Auffrischen, verb. reg. act. 1) Wieder frisch machen, das ist, ein äußeres gutes Ansehen geben, besonders von Farben. Eine verschossene Farbe auffrischen. ein Gemählde auffrischen. Wenn die Roßtäuscher schlechten Pferden auf eine Zeit lang durch allerley Künste eine gute Gestalt geben, so nennen sie solches gleichfalls auffrischen. Man gebraucht dieses Wort auch von verdorbenen Eßwaren, wenn man ihnen ihren vorigen Geschmack wieder gibt, und z. B. verdorbene Butter auffrischet. Auch wohl figürlich. Ich bin genöthiget, ihm seyn Gedächtniß aufzufrischen, Less. 2) Aufmuntern, reißen. Einen zu etwas auffrischen, welcher Gebrauch vorzüglich in Oberdeutschland üblich ist. So auch die Auffrischung.


Auffügen (W3) [Adelung]


Auffügen, verb. reg. act. auf etwas fügen, besonders bey den Stellmachern, welche die Felgen auffügen, wenn sie selbige mit den Speichen verbinden.


Aufführen (W3) [Adelung]


Aufführen, verb. reg. act. 1. In die Höhe führen, und zwar, 1) eigentlich, vermittelst eines Fuhrwerkes. Die Kanonen aufführen, auf den Wall. 2) In weiterer Bedeutung, durch andere körperliche Mittel. Erde um ein Baum aufführen. Besonders von den Gebäuden über der Erde. Ein Haus, ein Gebäude, einen Pallast, eine Mauer, einen Wall, einen Damm aufführen.2. Auf einen Körper führen oder leiten, in weiterer Bedeutung. So nennet man in den Gold- und Silber-Fabriken, den Lahn aufführen, wenn man ihn mit der Ahnd oder dem so genannten Jäckelmännchen von der Plattmühle auf die Lahnröllchen leitet.3. Heran oder herbey führen, weil der Ort, wohin etwas geführet wird, entweder wirklich höher ist, oder doch als hoch gelegen angesehen wird, im Gegensatze des Abführens. Die Wache aufführen. Eine Musik aufführen, eigentlich den Musikanten den Weg zeigen, wohin sie gehen sollen. In noch weiterer Bedeutung. Zeugen aufführen, anführen. einen im Triumphe aufführen, sowohl eigentlich, als auch figürlich, sich seiner Überlegenheit über jemanden öffentlich rühmen. Wenn die Welt deiner Thorheit spottet, so wird sie ihren Sclaven im Triumphe aufführen. Einen Fremden bey jemanden aufführen, den Fremden zu ihm führen und ihn dessen Bekanntschaft bringen. Figürlich, vorstellen, sehen lassen, besonders auf der Schau- bühne. Ein neues Stück aufführen. Jemanden aufführen, ihn auf der Schaubühne als handelnd vorstellen. In dem Trauerspiele führet man große Helden auf. Etwas mit einer Rechnung aufführen, nahmentlich verzeichnen.4. Sich aufführen, eigentlich von der Art zu leben, so weit sie von außen in die Augen fällt. Sich seinem Stande gemäß aufführen. Er führt sich prächtig auf. Ingleichen von dem äußerlichen Betragen in einzelnen Fällen. Wir wollen sehen, wie er sich nach diesem Briefe aufführen wird, Gell. Wie auch von dem sittlichen Betragen. Sich dankbar, undankbar gegen jemanden aufführen. Sich gut, schlecht, übel aufführen. In welchen beyden letzten Fällen doch betragen nicht nur edler sondern auch angemessener ist. In dieser ganze Bedeutung war ehedem auch nur das einfache fuoren, führen, üblich; S. das folgende Wort. Sich aufführen, kann in diedem Verstande der figürliche Sinn der ersten und dritten Bedeutung zusammen genommen seyn, so daß damit zunächst auf den äußern Anstand des Körpers gesehen wird.


Aufführung (W3) [Adelung]


Die Aufführung, plur. inusit. Die Handlung des Aufführens in Allen Bedeutungen des Verbi. Die Aufführung der Kanonen, eines Gebäudes, einer Mauer, eines Walles. Die Aufführung des Lahnes, in den Gold- und Silber-Fabriken. Die Aufführung der Wache, einer Musik, eines Zeugen, eines Schauspieles, einer Person auf der Schaubühne u. s. f. Besonders das äußere und sittliche Betragen, so wohl in dem ganzen Umfange des bürgerlichen Lebens, als auch in einzelnen Fällen. Das ist eine schlechte Aufführung. Ist das eine Aufführung für eine wohl gerathene Tochter; Gell. In dieser letztern Bedeutung war ehedem nur das einfache Fuore, und für üblich. Der alten Fuer und Leben, Hornegk. Swer sih so zühet und ie zo Das in sin fuore machet wert, der wirt an eren billich ho, Winsbeck. Paraenes. Str. 39, und eben daselbst Str. 43, S. auch Haltaus Glossar, v. Eure.


Auffüllen (W3) [Adelung]


Auffüllen, verb. reg. act. von neuen füllen. den Ofen auffüllen, in den Schmelzhütten. Indeß, daß der freundschaftliche Wirth die Weinflaschen wieder auffüllet, Gesn. ingleichen, ein Faß Wein auffüllen, den leeren Raum, der durch das Zehren des Weines in demselben entstehet, wieder voll machen; nachfüllen. Auch metonymisch, den Wein auffüllen. So auch die Auffüllung.


Auffußen (W3) [Adelung]


+ Auffußen, verb. reg. neutr. mit haben; auf die Füße treten. Der Kranke kann noch nicht auffußen.


Auffüttern (W3) [Adelung]


Auffüttern, verb. reg. act. 1) Durch Füttern alle machen, verbrauchen, verfüttern. Die Knechte haben allen Haber aufgefüttert. 2) Groß füttern, eigentlich von Thieren. Gänse, Hühner, Schweine auffüttern. So auch die Auffütterung.


Aufgabe (W3) [Adelung]


Die Aufgabe, plur. die -n, von dem Verbo aufgeben. 1) Die Handlung des Aufgebens in den meisten Bedeutungen des Verbi, aber ohne Plural. Die Aufgabe der Kohlen und des Erzes, auf den hohen Ofen. Die Aufgabe eines Briefes, auf die Post. Die Aufgabe einer Festung, eines Amtes, eines Gutes. Die Aufgabe eines Räthsels, einer Frage u. s. f.2) Dasjenige, was aufgegeben wird, doch nur in einigen Fällen. Die Aufgabe, in den hohen Öfen, Erz oder Kohlen, welche aufgeschüttet werden. Die Aufgabe, ein auf die Post gegebener Brief oder Packet. Besonders eine aufgegebene Frage, oder ein aufgegebener praktischer Satz, dessen Auflösung gefunden werden soll; ein Problem. Eine Aufgabe auflösen. eine schwere, leichte Aufgabe.


Aufgabeln (W3) [Adelung]


Aufgabeln, verb. reg. act. Eigentlich, mit der Gabel auffassen, doch größten Theils nur figürlich und im Scherze, für auftreiben,ausfündig machen. Wo haben sie das wieder aufgegabelt. Ich weiß nicht, was der für einen Grafen aufgegabelt hat Weiße.


Aufgaffen (W3) [Adelung]


* Aufgaffen, verb. reg. act. für aufsperren. Jedennoch gafften wir Das Maul und Augen auf, Opitz. Dieses Wort ist im Hochdeutschen nicht üblich; indessen dienet es doch zu einem Beweise der eigentlichen Bedeutung des Wortes gaffen, welches ursprünglich öffnen bedeutet. S. Gaffen.


Aufgähren (W3) [Adelung]


Aufgähren, verb. irreg. neutr. ( S. Gähren,) mit haben, sich im Gähren erheben, gährend in die Höhe steigen. Der Teig will nicht aufgähren.


Aufgang (W3) [Adelung]


Der Aufgang, des -es, plur. die -gänge, von dem Verbo aufgehen.1. Die Handlung des Aufgehens; ohne Plural. 1) Des Gehens in die Höhe, oder der scheinbaren Bewegung in die Höhe, doch nur von Himmelskörpern. Der Aufgang der Sonne, des Mondes, eines Sternes. Vor Sonnen Aufgang, nach Sonnen Aufgang. Figürlich, und in der höhern Schreibart zuweilen auch wohl der Anfang. Wenn das Geschick im Aufgang deines Ruhms dich fallen läßt, Weiße. 2) Das Aufgehen, die Verminderung durch den Gebrauch, ingleichen der Aufwand. Vielen Aufgang des Weines oder am Weine haben. An diesem Hofe ist ein starker Aufgang, es gehet daselbst vieles auf. Dem vielen Aufgange Schranken setzen. S. die folgende Num.2. Dasjenige, was aufgehet; gleichfalls ohne Plural. 1) * Was aufwärts gehet, oder aufwärts zu gehen scheinet. Hierher gehöret nur der figürliche biblische Ausdruck des Aufganges aus der Höhe, den Messias zu bezeichnen. 2) Was aufgehet, d. i. durch den Gebrauch vermindert wird. Der Aufgang am Weine, am Holze, am Getreide.3. Der Ort, auf welchem man aufwärts gehet. So heißt, 1) die Erhöhung von einem Gebäude, auf welcher man zu demselben hinauf gehet, ein Aufgang, welchen Nahmen auch wohl der Weg, der auf einen Berg führet, bekommt. S. auch Auffahrt. Dieß ist zugleich der einzige Fall, in welchem dieses Wort eines Plurals fähig ist, die Aufgänge. 2) Der Ort am Himmel, wo die Sonne aufgehet, oder aufzugehen scheinet, Morgen, Osten; doch größten Theils nur in der höhern Schreibart. In des Aufgangs Landen, Opitz. Mit seiner silbernen Stirn sieht aus den Pforten des Aufgangs Der stille Mond in die Felder herab, Gieseke. Ingleichen, Länder, die gegen Morgen liegen, und deren Einwohner. Den Auf- und Niedergang und aller Weltkreis ehret, Opitz.

Anm. Schon Notker und Tatian gebrauchen ufgang und ufkang von dem Aufgange der Sonne. Bey dem ersten kommt in eben dieser Bedeutung auch ufruns vor.


Aufgattern (W3) [Adelung]


+ Aufgattern, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, für ausfindig machen, auftreiben. Wo hast du das aufgegattert? Es scheinet, daß dieses Wort von den Nieders. gaddern herkomme, welches das Frequentativum von gaden, gatten, ist, und sammeln, versammeln bedeutet. Aufgattern würde also ungefähr so viel seyn, wie aufraffen. S. auch Gattern.


Aufgeben (W3) [Adelung]


Aufgeben, verb. irreg. act. S. Geben. 1. In die Höhe geben, hinauf geben, und zwar, 1) eigentlich, in welcher Bedeutung es vornehmlich in den hohen Öfen üblich ist, und daselbst Kohlen und Eisensteine in den Ofen schütten bedeutet, wobey man mehrere Stufen in die Höhe gehen muß. In den Schmelzhütten heißt diese Verrichtung auflaufen und auftragen. 2) In weiterer Bedeutung. Einen Brief aufgebe, ich auf die Post geben. In Niedersachsen bedeutet aufgeben auch so viel, als die Speisen auf den Tisch tragen, auftragen.2. Offen geben, öffnen. Diese Bedeutung ist zwar ihrem ersten und eigentlichen Verstande nach, nicht mehr üblich; indessen erhellet aus dem Ausdrucke, aufgebig Lehn, S. im folgenden, daß aufgeben diese Bedeutung gehabt haben müsse. Als figürliche Bedeutungen lassen sich dahin rechnen, 1) von sich geben, den Besitz einer Sache einem andern übergeben, besonders wenn es an einen Höhern geschiehet. Eine Stadt oder Festung aufgeben, sie den Belagerer übergeben. Ein Lehn aufgeben, es dem Lehnsherren zurückgeben, welches auch auflassen und aufsenden genannt wird. Den Geist aufgeben, sterben, welche R. A. schon in Strykers altem Gedichte bey dem Schilter S. 122 vorkommt: Do het si Got aufgeben den Geist. Wie sehr wünschte ich den schmachtenden Rest meines Lebens zu seinen Füßen aufgeben zu können! Less. 2) Freywillig fahren lassen. Das Spiel aufgeben, aufhören zu spielen. Ich habe die Freundschaft mit ihm völlig aufgegeben. Ein Amt, eine Bedienung aufgeben. Gib die edelmüthige Hoffnung auf, mich zu retten, Dusch. Der Arzt hat den Patienten aufgegeben, verloren gegeben, alle Hoffnung von ihm aufgegeben. Beyde Bedeutungen gehören genau zusammen. Die erste führet alle Wahl den Begriff einer Übertragung an einen andern mit sich, die letzte aber siehet bloß auf die Begebung der Sache und der Entschlagung derselben.3. Zu thun oder zu verrichten auftragen. Einem Schüler etwas zu lernen aufgeben. Einem eine Arbeit aufgeben. Ein Räthsel, oder etwas aufgeben. Alle aufgegebene Fragen beantworten. In dieser Bedeutung pflegt man das Verbum im gemeinen Leben gern zu zerreißen: einem etwas auf zu rathen geben, ungeachtet solches wider die Natur aller zusammen gesetzten Zeitwörter ist.Das Substantiv die Aufgebung kann in allen obigen Bedeutungen gebraucht werden. In den meisten ist indessen auch die Aufgabe üblich.


Aufgeber (W3) [Adelung]


Der Aufgeber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Aufgeberinn, plur. die -en, der, oder die etwas aufgibt, doch nur in der eigentlichen Bedeutung. Der Aufgeber eines Briefes, eines Packetes, der den Brief oder Packet auf die Post gegeben hat. In den hohen Öfen heißen diejenigen Arbeiter, welche die Kohle und den Eisenstein in den Ofen schütten, gleichfalls die Aufgeber.


Aufgebiethen (W3) [Adelung]


Aufgebiethen, verb. irreg. act. S. Aufbiethen.


Aufgebig (W3) [Adelung]


* Aufgebig, adj. et adv. welches nur in den Lehnsrechten, besonders der mittlern Zeiten, üblich ist, wo ein aufgebig Lehn ein solches Lehn bedeutet, auf welchem das Öffnungsrecht haftet, d. i. dessen Besitzer den Lehnsherren zu allen Zeiten in das Lehn lassen und denselben aufnehmen, zu Kriegszeiten aber Besatzung von demselben einnehmen muß; Feudum aperibile, Feudum aperturae. S. Haltaus v. Aufgebig.


Aufgeblasenheit (W3) [Adelung]


Die Aufgeblasenheit, plur. inusit. die Äußerung einer übermäßigen Einbildung von sich selbst, vermöge welcher man alle andere Menschen gegen sich verächtlich ansiehet; der höchste Grad des Stolzes und des Hochmuthes. S. Aufblasen.


Aufgeboth (W3) [Adelung]


Das Aufgeboth, des -es, plur. inus. die Handlung des Aufgebiethens oder Aufbiethens. 1) Der Befehl eines Landesherren an seine Vasallen und Unterthanen, zu gewissen Diensten zu erscheinen. Ein allgemeines Aufgeboth. Ein Aufgeboth ergehen lassen, seine Unterthanen zu Kriegesdiensten, Aufsuchung der Räuber u. s. f. berufen. Ingleichen das Recht, welches ein Landesherr hat, seineUnterthanen auf diese Art aufzubiethen, welches, so fern es zu Kriegesdiensten geschiehet, auch der Heerbann, die Heeresfolge, der Heereszwang genannt wird, und ehedem vermittelst der Aufgebothsbriefe geschahe. Figürlich. Ihr Mund, wie Rosen roth,Scheint uns ein Aufgeboth Zum Ruß, Weiße. Wenn ihre Furcht in deinem Ungestüm Ein Aufgeboth zum nahen Aufruhr siehet, ebend. 2) Die Bekanntmachung verlobter Personen in der Kirche. S. Abkündigung.

Anm. Aufgebiethen ist zwar heutiges Tages nicht so häufig als aufbiethen; indessen ist doch das Hauptwort Aufgeboth gewöhnlicher, als das beynahe schon veraltete Aufboth.


Aufgedinge (W3) [Adelung]


Das Aufgedinge, des -s, plur. ut nom. sing. das Aufdingen eines Lehrlinges, und das dabey gewöhnliche Geld.


Aufgehen (W3) [Adelung]


Aufgehen, verb. irreg. neutr. ( S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt.1. In die Höhe gehen, herauf gehen, sich aufwärts bewegen oder beweget werden. 1) In eigentlicher Bedeutung. In der Stube auf und ab gehen; wo es doch eigentlich keine Zusammensetzung ausmacht. 2) In weiterer Bedeutung, von verschiedenen theils eigenen, theils fremden Bewegungen in die Höhe. (a) Von den Himmelskörpern, besonders der Sonne, über dem Horizont sichtbar werden. Die Sonne geht auf. Der Mond ist bereits aufgegangen. Ich fühle zu sehr, daß die Sonne, die jetzt versinkt, nie wieder über mir aufgehen wird, Dusch. Am Morgen, wenn der östliche Himmel von den Strahlen der aufgehenden Sonne im Golde glühet, ebend. Figürlich, auch von dem Tage. Mehr als einzelne Tage werden über mein Grab und deinem Kummer aufgehen, Dusch. Von dem Lichte. Es gehet mir ein Licht in dieser Sache auf, ich lerne sie einsehen, bekomme deutliche Begriffe von derselben. Ingleichen von der blühenden Farbe des Gesichtes, in der höheren Schreibart. Auf ihren frischen Wangen War ohne Sorg und Gram, die Jugend aufgegangen, Zachar. (b) Von dem Staube, dem Nebel, dem Rauche, dem Feuer, sich erheben, in die Höhe steigen. Es gehet ein Nebel auf. Der Staub ging auf. Es gehet ein Rauch auf. Es ist ein Feuer aufgegangen, entstanden. Ingleichen figürlich, im Feuer, im Rauche aufgehen, verbrennet werden. Das Haus ist im Rauche aufgegangen. Die ganze Stadt ging im Feuer auf. (c) Von dem Wasser, aufquellen, herauf steigen, doch nur in den Bergwerken. Die Wasser sind aufgegangen, sind gestiegen, und haben die Bergleute vertrieben. (d) Von den Pflanzen und Gewächsen, wenn der Keim derselben über der Erde sichtbar wird. Das Getreide, der Same, die Blumen, sind bereits aufgegangen. (e) Durch eine innere Gährung ausgedehnet werden. Der Teig gehet auf, will nicht aufgehen.2. geöffnet werden, so wohl durch innere Kraft, als durch äußere Gewalt. a) Von Thüren, Fenstern u. s. f. Die Thür ging auf, wurde geöffnet, sprang von selbst auf. Das Fenster will nicht aufgehen, will sich nicht öffnen lassen. Das Schloß will nicht aufgehen. b) Aufbrechen. Das Eis ist bereits aufgegangen. Das Wetter gehet auf, wenn Thauwetter eintritt. Figürlich. Das Geschwür, die Wunde ging auf. c) Aufgelöset werden, nachlassen. Der Knoten ging auf. Die Naht ist aufgegangen. d) Aufblühen, von Blüthen und Knospen. So schön ist nicht die aufgehende Rose im Frühlinge. Wenn die Blumen abgefallen sind, so zerstreuen sich die Schmetterlinge, und suchen eine jüngere, die erst frisch aufgegangen ist, Dusch. (c) Figürlich. Es gehen mir die Augen auf, ich lerne die Sache nach ihrer wahren Beschaffenheit einsehen, bekomme deutliche Begriffe davon. Sie hatte kaum die Augen zugethan, als mir die meinigen aufgingen, Less. Ich hoffe, daß ihm die Augen zu ihrem Besten aufgehen werden.3) Verbraucht werden. a) Es ist heute viel Holz bey uns aufgegangen. Er ließ vielen Wein aufgehen. Da wird vieles Getreide aufgehen. Ingleichen Aufwand machen, Aufwand haben. In diesem Hause gehet jährlich viel auf. Er läßt viel, wenig aufgehen. b) Es gehet gerade auf, es bleibt nichts übrig. Vier von vier gehet auf, in der Rechenkunst.


Aufgeklärtheit (W3) [Adelung]


Die Aufgeklärtheit, plur. inusit, von dem Participio passivo des Verbi aufklären, in der dritten figürlichen Bedeutung, der Zustand, da man mehr klare und deutliche, als dunkele Begriffe und Vorurtheile hat; die Aufklärung.


Aufgeld (W3) [Adelung]


Das Aufgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) Dasjenige Geld, was man über den gewöhnlichen Werth einer bessern Münzsorte bezahlet, wenn man eine schlechtere Sorte dafür gibt; der Aufwechsel, und mit einem Italienischen Ausdrucke das Agio. Die Benennung Aufgeld bezieht sich auf das bessere Geld; in Ansehung des schlechtern Geldes aber heißt diese Zugabe der Abzug. 2) Was auf einen bedungenen Handel gegeben wird, damit er nicht zurück gehe; das Handgeld, Angeld.


Aufgeräumt (W3) [Adelung]


Aufgeräumt, S. Aufräumen.


Aufgerichtet (W3) [Adelung]


Aufgerichtet, Aufgericht, S. Aufrichten und Aufrecht.


Aufgesessen (W3) [Adelung]


Aufgesessen, S. Aufsitzen.


Aufgewältigen (W3) [Adelung]


* Aufgewältigen, verb. reg. act. welches nur in dem Bergbaue üblich ist, durch Arbeit öffnen. Einen Schacht aufgewältigen, einen verstürzten oder zugebühnten Schacht öffnen. Daher die Aufgewältigung. S. Gewältigen.


Aufgeweckt (W3) [Adelung]


Aufgeweckt, S. Aufwecken.


Aufgewecktheit (W3) [Adelung]


Die Aufgewecktheit, plur. inusit. die aufgeweckte, lebhafte Gemüthsart eines Menschen. Ich will wetten, daß sie bey aller ihrer Aufgewecktheit dennoch oft in Gedanken sind. S. Aufwecken.


Aufgeyen (W3) [Adelung]


* Aufgeyen, verb. reg. act. nur in der Schifffahrt. Die Segel aufgeyen, sie vermittelt der Geytaue zusammen ziehen. S. Geyen.


Aufgießen (W3) [Adelung]


Aufgießen, verb, irreg. act. S. Gießen, auf etwas gießen, am häufigsten absolute, mit Verschweigung des Ortes. Wasser aufgießen, auf die Hände, zum Waschen. oder auf und über einen andern Körper. Daher der Aufgießer in den Hammerwerken, ein Arbeiter, welcher unter dem Schmieden des Eisens, vermittelst des Aufgießlöffels Wasser auf den glühenden Stab, den Amboß und Hammer gießet, sie abzukühlen. So auch die Aufgießung.


Aufglätten (W3) [Adelung]


Aufglätten, verb. reg. act. von neuen glätten. Daher die Aufglättung.


Aufgraben (W3) [Adelung]


Aufgraben, verb. irreg. act. S. Graben. 1) Durch Garben erhöhen. Erde um einen Baum aufgraben. In weiterer Bedeutung, durch Graben herauf bringen, ausgraben. Eine Leiche aufgraben. Verscharrtes Geld aufgraben. Ingleichen durch Graben locker machen. Ein Stück Acker, ein Bret im Garten aufgraben. 2) Durch Graben öffnen. Einen Keller, ein Loch aufgraben. Eine verschüttete Grube wieder aufgraben. So auch die Aufgrabung.


Aufgreifen (W3) [Adelung]


Aufgreifen, verb, irreg. act. S. Greifen. 1) Greifen und aufheben; auch figürlich, für auffangen. Ich habe ihn auf der Gasse aufgegriffen. 2) Auf etwas greifen, nur in figürlicher Bedeutung, für berühren. So sagen die Jäger von den Hunden und besonders den Leithunden, daß sie scharf aufgreifen,wenn sie mit der Nase nahe auf der Fährte wegsuchen. 3) Eine Sache aufgreifen, in den Rechten, sie durch einen billigen Vergleich beendigen. So auch die Aufgreifung.


Aufgrünen (W3) [Adelung]


Aufgrünen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, grün werden und aufwachsen, am häufigsten in figürlicher Bedeutung. Die Hoffnung des seufzenden Landmannes, welche aus dem Schooße der Erde die Güte des Schöpfers auf. grünen ließ. Dusch.


Aufgürten (W3) [Adelung]


Aufgürten, verb. reg. act. 1) In die Höhe gürten. Das Kleid aufgürten. 2) Mit einem Gurte auf etwas befestigen. Dem Pferde den Sattel aufgürten. 3) Den Gurt oder Gürtel öffnen. Das Pferd aufgürten, metonymisch, dessen Gurt öffnen. So auch die Aufgürtung.


Aufguß (W3) [Adelung]


Der Aufguß, des -sses, plur. des -güsse, von aufgießen. 1) Die Handlung des Aufgießens, ohne Plural.") Ein flüssiger Körper, welcher auf einen festen gegossen worden, und die auflöslichen Theile aus demselben an sich genommen hat; Latein. ein Infusum.


Aufhaben (W3) [Adelung]


Aufhaben, verb. irreg. neutr. ( S. Haben) welches das Verbum haben zum Hülfsworte erfordert, aber nur in der Sprache des gemeinen Lebens üblich ist. 1) Auf sich haben, so wohl von Kleidungsstücken, auf dem Haupte haben. Den Hut, die Mütze, eine Perücke aufhaben. Er hat nichts auf, er gehet mit unbedecktem Haupte. Als auch mit etwas beladen seyn. Schiffe, welche Getreide aufhaben. Die Oberdeutsche und auch in den Obersächsischen Kanzelleyen nicht unbekannte Wortfügung, die aufhabende Pflicht, eurer aufhabenden schweren Pflicht zu Folge, ist wider den rechten Gebrauch des Participii, weil die Pflicht nichts aufhat. Besser die obliegende Pflicht. 2) Offen haben. Er hatte den Mund schon auf, ihr das ganze Geheimniß zu erzählen. Less.


Aufhacken (W3) [Adelung]


Aufhacken, verb. reg. act. 1) Durch Hacken oder Hauen öffnen. Das Eis aufhacken. Ingleichen von den Vögeln, mit dem Schnabel öffnen, aufblicken. In weiterer Bedeutung, durch Hacken locker machen. Die Erde aufhacken. 2) Durch Hacken mit dem Schnabel aufheben, von Vögeln und dem Federviehe. Sie hacken die Körner Eilig auf, Zachar. von den Hühnern. Durch Hacken oder Hauen alle machen, aufhauen. Alles Holz aufhacken. So auch die Aufhackung.


Aufhäften (W3) [Adelung]


Aufhäften, verb. reg. act. 1) In die Höhe häften. Ein Rind aufhäften. Ein Buch aufhäften, bey den Buchbindern so viel, als das einfache häften. 2) Auf etwas häften. Einen Streifen Leinwand aufhäften, auf das Hemd. Figürlich, und im gemeinen Leben, einem etwas aufhäften, ihn einer Unwahrheit bereden. 3) Was zugehäftet war, öffnen, den Häft auflösen. So auch die Aufhäftung.


Aufhäkeln (W3) [Adelung]


Aufhäkeln, verb. reg. act. was zugehäkelt war, öffnen, die Häklein wegthun. Den Mantelsack aufhäkeln. Daher die Aufhäkelung.


Aufhalsen (W3) [Adelung]


+ Aufhalsen, verb. reg. act. als eine Last auf den Hals legen; edler aufbürden. Einem viel aufhalsen.


Aufhalt (W3) [Adelung]


Der Aufhalt, des -es, plur. inusit. 1) Das Aufhalten, besonders in der Reitkunst, wo man darunter die letzten Bewegungen verstehet, welche man ein Pferd machen lässet, ehe es stille stehen soll. 2) Die Verzögerung einer Sache, wie das niedrigere Aufenthalt. Dieser kleine Aufhalt wird der Sache nicht schaden. Das macht nur vielen Aufhalt.


Aufhalten (W3) [Adelung]


Aufhalten, verb. irreg, act. S. Halten. 1. In die Höhe halten. Diese Bedeutung ist zwar ihrem eigentlichen Verstande nach, nicht üblich; allein sie ist es doch vermuthlich, welche zu folgenden drey figürlichen Anlaß gegeben hat. 1) Den Fortgang unterbrechen, und zwar, (a) eigentlich. Den Fortgang in Ansehung des Ortes und Raumes unterbrechen. Einen flüchtigen Dieb aufhalten. Der Wind hält uns im Gehen auf. Das Gebirge hält den Wind auf. Der Mantel hält den Regen auf. Das Wasser mit einem Damme aufhalten. Er kann die Thränen nicht länger aufhalten. Den Feind aufhalten, dessen Annäherung hindern. Halten sie mich nicht auf, lassen sie mich gehen. Ihr Helden, was für ein Zaum soll euern Durst nach Gewalt aufhalten. Dusch. (b) Figürlich, den Fortgang einer Sache in Ansehung der Zeit hindern. Die Uhr aufhalten. Die Post aufhalten. den Krieg aufhalten, in die Länge spielen. Einen Prozeß lange aufhalten. Schon lange hast du mich mit vergeblicher Hoffnung aufgehalten. Sich lange bey einer Sache aufhalten, sich lange mit derselben beschäftigen. Ich will mich nicht länger dabey aufhalten, nicht länger davon sprechen.2) Bey sich behalten, von Personen, Aufenthalt geben. Einen Fremden bey sich aufhalten, beherbergen. Er hält lauter lasterhafte Leute bey sich auf. Noch mehr aber reciproce, sich an einem Orte aufhalten, eine Zeit lang daselbst verbleiben. Er hält sich jetzt in Berlin auf. Er hat sich lange bey unsern Freunden aufgehalten.3) Sich über etwas aufhalten, es tadeln, welche Bedeutung aus der Bedeutung des Verweilens entsprungen zu seyn scheinet. Er hält sich über alles auf. Wer hat sich darüber aufzuhalten?2. Offen halten, im gemeinen Leben. Die Hand, den Hut, einen Sack aufhalten. Ingleichen, offen lassen. Das Thor wurde die zu Gefallen die ganze Nacht aufgehalten. So auch die Aufhaltung.

Anm. Aufhalten bedeutete ehedem auch, 1) in Verhaft behalten. 2) Erhalten, ernähren. 3) Sich einer Sache aufhalten, sich wider dieselbe vertheidigen. Von allen dreyen sind in Haltaus Gloss. h. v. hinlängliche Beyspiele zu finden.


Aufhalter (W3) [Adelung]


Der Aufhalter, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug zum Aufhalten. Besonders ein breiter Riemen an dem Hintergeschirre der Pferde, den Wagen damit aufzuhalten.


Aufhänge (W3) [Adelung]


* Die Aufhänge, plur. die -n, bey den Tuchmachern, ein Rahmen, worin das Tuch nach der ersten Walke ausgespannet wird.


Aufhängen (W3) [Adelung]


Aufhängen, verb. reg, act. 1) In die Höhe hängen. Wäsche aufhängen. Ein Kleid aufhängen. Wer hält in dünnen Lüften die aufgehangne (aufgehängte) Last? Dusch. Sieh her, ich eile zurück und hängte den Raub An diesem Weidenbaume auf, Raml. Einen Dieb aufhängen, an den Galgen hängen. 2) Auf oder an etwas hängen. (a) Eigentlich. So hängen die Wagner den Kasten eines Wagens auf, wenn sie ihn auf das Wagengestelle setzen. (b) Figürlich, eine schädliche oder doch schlechte Sache mittheilen. Einem eine Krankheit aufhängen. Ehe ich mir eine gelehrte Frau aufhängen ließe, Less. Ferner, eine Unwahrheit zu glauben bewegen, aufbinden. Wer hat dir das Märchen aufgehängt? Ingleichen, auf eine verschwenderische Art an jemanden wenden, im verächtlichen Verstande. Sie hängt dem liederlichen Menschen alles auf. Daher die Aufhängung, in der ersten Bedeutung.


Aufhaschen (W3) [Adelung]


Aufhaschen, verb. reg. act. im Laufe erhaschen und aufnehmen. Eine Neuigkeit aufhaschen, figürlich.


Aufhaspeln (W3) [Adelung]


Aufhaspeln, verb. reg. act. 1) Auf etwas haspeln, auf die Haspel bringen, aufweisen. 2) In die Höhe haspeln. Figürlich, + sich wieder aufhaspeln, mühsam vom Falle aufstehen; ingleichen sich mit Mühe von einer Krankheit wieder erhohlen. 3) Durch Haspelnalle machen. Alles Garn aufhaspeln. So auch die Aufhaspelung


Aufhauben (W3) [Adelung]


Aufhauben, verb, reg. act. die Haube aufsetzen. Besonders in einigen Gegenden, der jungen Frau am zweyten Hochzeittage die Haube mit gewissen Feyerlichkeiten aufsetzen.


Aufhauen (W3) [Adelung]


Aufhauen, verb. irreg. act. S. Hauen.!) Durch Hauen öffnen. Eine Thür aufhauen. Das Eis aufhauen. Einen Ochsen aufhauen, bey den Fleischern, dessen Leib mit dem Beile öffnen. Ein Loch aufhauen, bey den Schlössern, es mit dem Durchschlage einhauen. Das Blech aufhauen, Figuren in dasselbe hauen. Die Haut aufhauen, sie mit Ruthen wund hauen. 2) Durch Hauen in die Höhe bringen, doch nur in figürlicher Bedeutung bey den Zimmerleuten, welche ein Gebäude aufhauen, wenn es gleich in dem Walde abgebunden wird. 3) Durch Hauen alle machen. Alles Holz aufhauen. Starke Windbrüche im Walde aufhauen, im Forstwesen, alle vom Winde abgebrochene Zweige und Bäume zu Brennholz hauen. 4) Von neuen hauen. So hauen die Feilenhauer eine Feile auf, wenn sie neue Feilenhiebe in dieselbe hauen. 5) Absolute bedeutet aufhauen bey den Artilleristen, die brennende Lunte und das Zündpulver hauen. So auch die Aufhauung.


Aufhauer (W3) [Adelung]


Der Aufhauer, der -s, plur. ut nom. sing. bey den Schlössern, ein rautenförmiger Durchschlag oder Weißel, das Eisen damit aufzuhauen oder zu spalten.


Aufhäufeln (W3) [Adelung]


Aufhäufeln, verb. reg. act. das Diminutivum des folgenden, zu kleinen Haufen machen. Die Erde um die Pflanzen aufhäufeln.


Aufhäufen (W3) [Adelung]


Aufhäufen, verb, reg. act. zu einem Haufen machen. Die Erde um einen Baum aufhäufen. Aufgehäuft voll, von dem Maße trockener Dinge. Ingleichen in Haufen aufschütten. Getreide, Früchte aufhäufen. Daher die Aufhäufung.


Aufheben (W3) [Adelung]


Aufheben, verb. irreg. act. S. Heben. 1. In die Höhe heben. 1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Die Hände aufheben. Den Stab aufheben. Unglücklicher, das Schwert ist über dir aufgehoben, und die Rache fordert dein Blut, Dusch. Die Augen aufheben, in die Höhe richten. Seine zur Rache schon aufgehabene (aufgehobene) Hand, von Brawe. Die Mühle aufheben, bey den Müllern, den obern Mühlstein höher stellen; ingleichen, ihn zum scharf machen abnehmen. 2) Figürlich, erheben, d. i. rühmen, efferre, exaltare. Diese Bedeutung ist zwar im Hochdeutschen schon veraltet, indessen ist doch der Infinitiv in Gestalt eines Substantives noch davon übrig geblieben, wo viel Aufheben, oder viel Aufhebens von einer Sache machen, so viel bedeutet, als viel Rühmens von derselben machen, oder in weiterer Bedeutung, sie als sehr wichtig vorstellen. Man hätte von diesen Fehlern kein solches Aufheben machen sollen, Less. Er macht wenig Aufhebens davon. Du brauchtest nicht so viel Aufhebens davon zu machen. Der Genitiv kann nur alsdann Statt finden, wenn die Beywörter viel oder wenig vorher gehen. Was für ein Aufhebens machen sie davon? Und davon macht man so ein Aufhebens? Raben. ist daher unrichtig. Einige niedrige Mundarten gebrauchen dafür das Aufhebels, oder Aufhebelse, Logau aber Aufgehebe.2. Besonders, was liegt, in die Höhe heben; und zwar,1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Etwas von der Erde aufheben. Eine Last aufheben. Jemanden aus dem Kothe aufheben. Den Anker aufheben, oder lichten. Einen todten Körper gerichtlich aufheben. In der Landwirthschaft bedeutet aufheben, absolute gebraucht, das gedroschene Getreide von der Tenne heben, es messen, und auf den Boden tragen lassen, welches auch aufmessen genannt wird. Wir haben heute aufgehoben. Die Anzahl Garben, welche ausgedroschen werden, ehe man aufhebet, und das daraus gefallene Getreide, werden daher auf ein Aufheben genannt. Das Pflas=ter (einer Gasse) aufheben, aufbrechen.2) Figürlich. (a) In Verhaft nehmen. Einen Verbrecher, einen verdächtigen Menschen aufheben. Einen Pfuscher aufheben. Ingleichen überrumpeln und gefangen nehmen, von Soldaten. Der Posten, das Regiment ist von dem Feinde aufgehoben worden. (b) Zum künftigen Gebrauche verwahren. Sich etwas auf den Winter, zum künftigen Gebrauche aufheben. Man hat ihm seine Erbschaft sorgfältig aufgehoben. Einem etwas aufzuheben geben. Figürlich. Das Schicksal hat sich zu einer größern Glückseligkeit aufgehoben, aufbehalten. Sie wird bey ihm so gut aufgehoben seyn, als bey mir selber, Gell.3. Wegheben, doch nur in verschiedenen figürlichen Bedeutungen.1) Beschließen, endigen. Die Tafel aufheben, aufhören zu speisen, doch nur von vornehmen Personen. Das Lager aufheben, mit demselben aufbrechen. Die Belagerung aufheben. Ingleichen, den Fortgang einer Sache unterbrechen, ihre Wirkung, ihre Dauer vernichten. Ein Gesetz aufheben. Ein Bündniß aufheben. Der Arrest ist wieder aufgehoben worden. Die Sünde aufheben, Hebr. 9, 26. Ich werde alle Freundschaft mit ihm aufheben. Den Streit aufheben. Sprichw. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wie auch, ausschließen. Eines hebt das andere auf, wo eines ist, da kann das andere nicht Statt finden. Verdacht hebt die Vertraulichkeit auf. Laster und Glückseligkeit sind Begriffe, die sich einander aufheben, Dusch2) Vermindern, wenigstens dem Scheine nach, So bedeutet in der Rechenkunst, einen Bruch aufheben, ihn ohne Veränderung seines Werthes durch kleinere Zahlen ausdrucken. Einem Bergmanne den Lohn aufheben, geschiehet in den Bergwerken, wenn man ihm. um eines Vergehens willen, etwas an dem Lohne abziehet. In dieser Bedeutung des Verminderns kommt aufheben mit levare und elevare überein, welches bey den Römer eben dieselbe Bedeutung hatte, wenn es nicht gar darnach gebildet ist.4. Öffnen, diese Bedeutung ist zwar nicht gewöhnlich; allein sie scheinet doch in der bergmännischen R. A. einen Stollen aufheben, ihn, wenn er liegen geblieben oder verschüttet worden, wieder säubern und aufräumen, zum Grunde zu liegen.So auch die Aufhebung, in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Ufheben, ufheven kommt schon bey dem Ottfried und Notker vor. Das Participium lautete ehedem im Oberdeutschen auch aufgehaben, und findet sich unter andern auch in Luthers Bibelübersetzung; z. B. Apostelg. 1. 9.


Aufheber (W3) [Adelung]


Der Aufheber, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas aufhebet in der eigentlichsten Bedeutung. Bey den Mundärzten, ein Werkzeug, die eingedruckte Hirnschale aufzuheben; Elevatorium.


Aufheften (W3) [Adelung]


Aufheften, S. Aufhäften.


Aufheitern (W3) [Adelung]


Aufheitern, verb. reg. act. wieder heiter machen. Der Himmel heitert sich auf. Figürlich, aufgeweckt, zufrieden, frey von Sorgen machen. Kommt zurück, angenehme Bilder, kommt zurück, und heitert mein Gemüth auf, Geßn. Ich hoffte, deine traurige Seele dadurch aufzuheitern. Sein Umgang ist vielleicht das einzige, was meine Schwermuth aufheitern kann, von Brawe. Unter den Thränen wird diese Betrachtung dein Angesicht plötzlich aufheitern, Dusch. Ein aufgeheitertes, munteres, sorgenfreyes, Gemüth. So auch die Aufheiterung.


Aufhelfen (W3) [Adelung]


Aufhelfen, verb. irreg. act. S. Helfen; eigentlich demjenigen, der da liegt, in die Höhe helfen, mit dem Dative. Einem, der gefallen ist, aufhelfen. Dem Strauchelnden half deine Zusprache auf, Hiob 4, 4. nach der Michaelischen Übersetzung. Einem Kranken aufhelfen, ihm von einer Krankheit aufhelfen, ihn durch Arzeneyen in den Stand setzen, daß er das Bett verlassen kann. Figürlich, einem andern zur Verbesserung seines Zustandes behülflich seyn. Dem nothleidenden Nächten aufhelfen. Was für Hoffnung konnte er sich machen, sich und seiner Familie von diesem grausamen Falle wieder aufzuhelfen? Dusch. Ein Verstand, der der Tugend des Herzens nicht aufhilft, ist kein Gut, er ist vielmehr ein Gift der Seele, Gell. So auch die Aufhelfung. S. Helfen.


Aufhelfer (W3) [Adelung]


Der Aufhelfer, des -s, plur. ut nom, sing. der einem andern aufhilft, doch nur figürlich, dasjenige geflochtene Band mit einem Quaste am Ende, welches über dem Bette befestiget wird, und woran sich kranke oder unvermögende Personen in die Höhe helfen; der Bettzopf, Bettquast.


Aufhellen (W3) [Adelung]


Aufhellen, verb. reg. act. wieder helle machen. besonders von dem Himmel, oder dem Dunstkreise, für aufheitern. der Himmel hellt sich auf. Die Luft fängt an sich aufzuhellen. Haged. Ingleichen für erleuchten, bestrahlen. Die Hügel und die WeideStehn aufgehellt, Haged. Wenn von aufgehellten Höhen Das Morgenroth mich weinend fand, Zachar. Figürlich, deutlich werden. Nur zu sehr fängt dieses unglückliche Geheimniß an, sich mir aufzuhellen, von Brawe.


Aufhenken (W3) [Adelung]


Aufhenken, verb. reg. act. welches das Intensivum von aufhängen ist, und fast nur noch allein von dem Aufhängen eines Verbrechers gebraucht wird. Einen Dieb aufhenken. Daher die Aufhenkung.


Aufher (W3) [Adelung]


* Aufher, ein veraltetes Umstandswort des Ortes, für herauf, welches nach Matth. 17, 27. vorkommt: den ersten Fisch der aufher fähret. S. Herauf.


Aufhetzen (W3) [Adelung]


Aufhetzen, verb. reg. act. mit Hunden aufjagen, durch Hetzen zum Aufstehen bewegen. 1) Eigentlich. Einen Hasen, ein Wild aufhetzen, im gemeinen Leben, wofür die Jäger sich des Zeitwortes aufsprengen bedienen. 2) In figürlicher Bedeutung, zu etwas reitzen, doch nur im gemeinem Leben, und im nachtheiligen, verächtlichen Verstande. Wer hat ihn dazu aufgehetzet? Ingleichen, wider einen andern aufbringen. Man hatte ihn wider mich aufgehetzet. Setze ihn nicht noch mehr auf. Das ist nicht fein, daß sie mir vollends meinen Hofmeister aufhetzen, Weiße. So auch die Aufhetzung.


Aufhetzer (W3) [Adelung]


Der Aufhetzer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Aufhetzerinn, plur. die -en, eine Person, welche jemanden wider einen andern aufhetzet.


Aufhissen (W3) [Adelung]


Aufhissen, verb. reg. act. welches nur in den Seestädten üblich ist, aufziehen, in die Höhe ziehen. Die Segel aufhissen. Waaren, Güter aufhissen. So auch die Aufhissung.

Anm. Niedersächs. hissen, uphissen, Dän. ophisse, Schwed. hissa, Engl. hoise, Franz. hisser und hausser. S. Hissen.


Aufhocken (W3) [Adelung]


Aufhocken, im gemeinem Leben Aufhucken, verb. reg. act. 1) Durch Niederhocken auf die Schultern nehmen; im Gegensatze des abhocken. Jemanden aufhocken. 2) In Hocken setzen besonders in Niedersachsen, wo die Garben des abgehauenen Getreides aufgehocket, d. i. in Mandeln gesetzet werden. S. Hocke. Daher die Aufhockung.


Aufhohlen (W3) [Adelung]


+ Aufhohlen, verb. reg. act. herauf hohlen, in die Höhe ziehen doch nur im gemeinem leben. Etwas aus dem Brunnen auf- hohlen. Das Both aufhohlen, bey den Schiffern, es in das Schiff hinauf ziehen. In dem Wasserbaue bedeutet es, ein versunkenes Werk durch neue Faschinen erhöhen. Daher die Aufhohlung.


Aufhohler (W3) [Adelung]


Der Aufhohler, des -s, plur. ut nom. sing. bey den Damastwebern, diejenigen Schnüre, wodurch die Kettenfäden aufgehohlet oder in die Höhe gezogen werden.


Aufhorchen (W3) [Adelung]


Aufhorchen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, gleichsam mit in die Höhe gerichtete Haupte auf etwas horchen. Er horcht auf, er hörte es mit Verwunderung. an. Wieland gebraucht dafür empor horchen. Ich hielt den Athem an, und horchte scharf empor. Anm. Das alte losen, welches bey den alten Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern vorkommt, hatte eben diese Bedeutung. Die heutigen Schwaben haben davon noch ihr auflosen, für aufhorchen, aufmerken.


Aufhören (W3) [Adelung]


1. Aufhören, verb. reg. neutr. mit haben, aufmerksam auf etwas Unerwartetes hören, wie das vorige. Er hörete hoch auf.


Aufhören (W3) [Adelung]


2. Aufhören, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Nachlassen, etwas zu thun. Aufhören zu essen, zu trinken, zu arbeiten. Höre auf zu weinen. Mit Schmähen aufhören. Hören sie auf mit ihrer Güte, hören sie auf, ihre Zärtlichkeit über mich zu ergießen, Weiße. Ohne Aufhören, ohne im geringsten nachzulassen, oder abzubrechen. Figürlich auch, das Ende einer Beschaffenheit, eines Zustandes erreichen, etwas nicht mehr seyn. Ich höre in eben diesem Augenblicke auf, die Ihrige zu seyn, Gell. Ingleichen, von leblosen Dingen. Die Bäume haben aufgehört zu blühen. Es höret auf zu brennen, zu regnen, zu schneyen. Wohlthaten hören auf, Wohlthaten zu seyn, wenn man sucht, sich für sie bezahlt zu machen. 2) Seine Endschaft erreichen. sowohl dem Orte, als der Zeit nach. Hier höret das Gebirge auf. Hier höret das erste Buch auf. Der Krieg hat längst aufgehöret. Ingleichen seines Daseyns beraubet werden. Mit der Zeit höret alles auf. So auch die Aufhörung.

Anm. Die Wortfügung, höre auf von mir, denn meine Tage sind vergeblich gewesen, Hiob 7, 16. ist ungewöhnlich. In des Herrn Hofrath Michaelis Übersetzung heißt es daher richtiger: Laß von mir ab. Die Abstammung dieses Wortes ist noch nicht völlig ausgemacht. Wachter nimmt das Schwedische göra, thun, für das Stammwort an, welches er mit dem Latein. gerere und dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - verbindet. Nach dem Frisch ist aufhören, cessare, die figürliche Bedeutung von aufhören, aufmerksam zuhören; denn, sagt er, wer achtsam aufhören oder zuhören will, muß von aller Arbeit ablassen. Allein diese Figur ist ein wenig hart, und der Sprachähnlichkeit nicht gemäß. Ihre vermuthet, daß das Isländische hyr, ruhig, womit das alte Alemannische heuer, ruhig, sanftmüthig, und gehirmon, ruhen, übereinstimmet, das Stammwort seyn könne. Diese letzte Ableitung scheinet noch die erträglichste zu seyn; vielleicht lässet sich künftig ei nebessere ausfindig machen. S. Gehorchen und Ungeheuer.


Aufhucken (W3) [Adelung]


Aufhucken, S. Aufhocken.


Aufhüllen (W3) [Adelung]


Aufhüllen, verb. reg. act. mit Wegnehmung der Hülle oder Decke öffnen, enthüllen; doch nur in figürlicher Bedeutung und in der höhern Schreibart. Die Götter hüllen es durch Thaten auf, Und der Verstand wird durch den Ausgang klar, Weiße. Schon Gryphius gebraucht aufhüllen in diesem Verstande, S. 48.


Aufhüpfen (W3) [Adelung]


Aufhüpfen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in die Höhe hüpfen. Er hüpfte vor Freude auf. Man wird ihm nicht gleich aufhüpfen, zu Willen seyn Daher die Aufhüpfung.


Aufhusten (W3) [Adelung]


Aufhusten, verb. reg. act. durch Husten in die Höhe bringen. Blut aufhusten.


Aufjagen (W3) [Adelung]


Aufjagen, verb. reg. act. in die Höhe jagen, aus seinem Lager jagen. Einen Hasen, ein wildes Thier aufjagen. Der aufgejagten Gemse gleich, Raml. Daher die Aufjagung. S. Aufsprengen, und Auftreiben.


Aufkämmen (W3) [Adelung]


Aufkämmen, verb. reg. act. in die Höhe kämmen, aufwärts kämmen. Die Haare aufkämmen.


Aufkauf (W3) [Adelung]


Der Aufkauf, des -es, plur. obgleich selten, die -käufe, die Handlung des Aufkaufens. Man hat den Aufkauf des Getreide verbothen.


Aufkaufen (W3) [Adelung]


Aufkaufen, verb. reg. act. zusammen kaufen. Korn, Getreide, Obst aufkaufen. Daher die Aufkaufung.


Aufkäufer (W3) [Adelung]


Der Aufkäufer, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Aufkäuferinn, plur. die -en, eine Person, welche etwas aufkaufet, besonders in der Absicht, es wieder zu verkaufen.


Aufkegeln (W3) [Adelung]


Aufkegeln, verb. reg. act. in einen kegelförmigen Haufen aufsetzen. Kanonenkugeln, Granaten aufkegeln, bey den Feuerwerkern. Daher die Aufkegelung.


Aufkehren (W3) [Adelung]


Aufkehren, verb. reg. act. 1) Mit dem Besen oder einer Bürste zusammen kehren. 2) * In die Höhe kehren. Die Goldschmiede kehren die Buckeln auf, wenn sie die Buckeln d. i. die Platten zu den Knöpfen, in der Anke zu kleinen Schüsselchen schlagen.


Aufkehrig (W3) [Adelung]


Das Aufkehrig, des -es, plur. car. was aufgekehret wird; besonders in den Bergwerken, was von dem Schmelzen der Erze abspringt, und zusammen gekehret wird; Gekrätz


Aufkeimen (W3) [Adelung]


Aufkeimen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in die Höhe keimen. Der Same keimet schon auf. Figürlich. Welche Belohnung für die Mühe, Tugend in das junge aufkeimende Gemüth zu pflanzen! Geßn.


Aufketzern (W3) [Adelung]


* Aufketzern, verb. reg. act. welches nur noch in den Bergwerken üblich ist, mit Keilen öffnen, aus einander treiben, spalten. Eine Wand aufketzern, S. auch Ausketzern.

Anm. Das einfache ketzern ist, so viel ich weiß, nicht mehr gebräuchlich. Weil diese Wort den Sprachforschern, den Frisch ausgenommen, unbekannt gewesen, so hat auch noch niemand dessen Abstammung untersucht. Ketzern ist der Form nach ein Frequentativum, welches ohne Zweifel von dem im Hochdeutschen veralteten katten, bey dem Ottfried kuaten, schneiden, herkommt, welches noch in Niedersachsen üblich ist, und an einigen Orten auch katsen, ausgesprochen wird. Das Hebräische katsar, decurtavit, abscidit, hat gleichfalls viele Ähnlichkeit damit. S. auch Ketzer.


Aufkippen (W3) [Adelung]


Aufkippen, verb. reg. 1. Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, aufwärts, in die Höhe kippen, besonders von dem Wagebalken, wenn er wegen geringerer Schwere ein wenig in die Höhe steigt. 2. Activum, kippen aufheben, auf dem einen Rande rückwärts biegen. Die Bienenstöcke ein wenig aufkippen. Daher die Aufkippung.


Aufkitten (W3) [Adelung]


Aufkitten, verb. reg. act. mit Kitt auf etwas befestigen.


Aufklaffen (W3) [Adelung]


* Aufklaffen, verb. reg. neutr. mit haben, auf eine fehlerhafte Art von einander stehen, fehlerhaft offen stehen; doch mehr im Oberdeutschen als im Hochdeutschen. S. Klassen.


Aufklappen (W3) [Adelung]


Aufklappen, verb. reg. act. in die Höhe klappen. Den Tisch aufklappen. S. Klappen. Daher die Aufklappung.


Aufklären (W3) [Adelung]


Aufklären, verb. reg. act. wieder klar, heiter machen. 1) Eigentlich. Das Wetter, der Himmel klärt sich auf. Bey aufgeklärten Himmel. 2) Figürlich. (a) Sein Gesicht klärt sich allgemach auf, wird heiter. (b) Deutlich machen, erklären. Ich hoffe, daß sich indessen das Räthsel aufklären soll. Klären sie mir doch diese Stelle ein wenig auf. (c) Viele deutliche Begriffe beybringen. Ein aufgeklärtes und unbefangenes Gewissen. Ein aufgeklärter Verstand, der viele deutliche Begriffe hat. Aufgeklärte Zeiten, da man von vielen Dingen klare und deutliche Begriffe hat.


Aufklatschen (W3) [Adelung]


* Aufklatschen, verb. reg. act. vermittelst der Klatschform ausdrucken, besonders bey dem Drucken der Papiertapeten.


Aufklauben (W3) [Adelung]


Aufklauben, verb. reg. act. mit den zwey Vorderfingern nach und nach von der Erde aufsammeln. Figürlich, mühsam aufsuchen, um zu tadeln. Fehler aufklauben. Wer wird denn alle Worte aufklauben? auffangen. Daher die Aufklaubung.


Aufkleben (W3) [Adelung]


Aufkleben, S. Aufkleiben.


Aufklecken (W3) [Adelung]


Aufklecken, verb. reg. act. in Gestalt der Klecke, d. i. auf eine schmutzige Art auftragen; besonders von schlechten Mahlern. Die Farben aufklecken.


Aufkleiben (W3) [Adelung]


Aufkleiben, verb. reg. act. auf etwas kleiben, mit einem Kleber auf etwas befestigen. Einen Zettel aufkleiben, auf das Buch oder eine andere Sache. Einen Bogen Papier aufkleiben. So auch die Aufkleibung.

Anm. Daß dieses Verbum gemeiniglich mit dem Neutro kleben verwechselt, und auch im Activo aufkleben geschrieben und gesprochen wird, ist bey Kleben und Kleiben erinnert worden.


Aufkleistern (W3) [Adelung]


Aufkleistern, verb. reg. act. mit Kleister auf etwas befestigen. Einen Bogen Papier, einen Zettel aufkleistern. Daher die Aufkleisterung.


Aufklinken (W3) [Adelung]


Aufklinken, verb. reg. act. vermittelt der Klinke öffnen. Die Thür aufklinken.


Aufklopfen (W3) [Adelung]


Aufklopfen, verb. reg. act. durch Klopfen öffnen. Eine Nuß aufklopfen. Daher die Aufklopfung.


Aufknacken (W3) [Adelung]


Aufknacken, verb. reg. act. durch Knacken öffnen. Nüsse, Mandeln aufknacken. So auch die Aufknackung.


Aufknöpfen (W3) [Adelung]


Aufknöpfen, verb. reg. act. mit Herausrhuung der Knöpfe öffnen. Den Rock, die Weste, das Hemd aufknöpfen. Ingleichen metonymisch, sich aufknöpfen, die Kleidungsstücke an sich aufknöpfen. Daher die Aufknöpfung.


Aufknüpfen (W3) [Adelung]


Aufknüpfen, verb. reg. act. 1) Vermittelst eines Knotens in der Höhe befestigen, hinauf knüpfen. Einen Dieb aufknüpfen, henken. 2) Einen Knoten öffnen. Einen Knoten aufknüpfen. Ein Band aufknüpfen. So auch die Aufknüpfung.


Aufkochen (W3) [Adelung]


Aufkochen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.1. Als ein Neutrum mit dem Hülfswort haben, kochend in die Höhe steigen, ingleichen, anfangen zu kochen. Das Wasser hat aufgekocht. Laß es ein wenig aufkochen. Figürlich, sich brausend erheben. Unter mir kochte die Fluth von dem Abgrunde auf, Dusch.2. Als ein Activum von neuen kochen. Milch, eine Brühe, den Kaffe aufkochen. So auch die Aufkochung.


Aufkommen (W3) [Adelung]


Aufkommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen) welches das Hülfswort seyn erfordert, in die Höhe kommen; und zwar, 1. in der eigentlichen Bedeutung, welche aber nur in einigen gemeinen Sprecharten üblich ist. Er kann nicht aufkommen, sich nicht von der Erde aufrichten. S. Aufkönnen.2. Figürlich. 1) Aufwachen, fortkommen, so wohl von lebendigen Geschöpfen, als von Pflanzen, doch auch nur in der gemeinen Sprechart. Von allen ihren Kindern ist keines aufgekommen, am Leben geblieben. Man muß den Platz einhängen, wenn der junge Anflug aufkommen soll. In dieser Bedeutung gebraucht schon Kero Kap. 13. aufqueman, von dem Aufwachsen der Dornen. 2) Von einem Krankenlager aufkommen, genesen, gleichfalls nur in der Sprache des täglichen Umganges, und nur im Präsenti und dem Infinitivo. Er wird schwerlich aufkommen, genesen. Von dieser Krankheit wird er wohl nicht aufkommen. Man zweifelt an seinem Aufkommen. S. auch Aufkunft. Komm ich vom Lager auf, und gibt Gott Fried im Staat, Gelobt der kranke Star, so wird ich ein Soldat, Less. 3) In Ansehen, zu Vermögen. kommen, seinen bürgerlichen Zustand verbessern, doch am häufigsten nur verneinender Weise. Er läßt mich nicht aufkommen. Ich kann vor ihm nicht aufkommen. Hier wird niemand so leicht aufkommen. Nach einer neuen Figur zuweilen auch von Abstractis. Verdienste kommen langsam auf, wenn Armuth sie unterdrückt, Dusch. Er läßt keine Sorgen bey sich aufkommen. 4) Nach und nach entstehen, doch größten Theils nur von Gewohnheiten und Gebräuchen, im Gegensatze des Abkommens. Es ist eine neue Gewohnheit, eine neue Mode aufgekommen. Man muß diesen Gebrauch nicht aufkommen lassen. Ehedem erstreckte sich der Gebrauch dieser Bedeutung noch weiter, daher heißt es in der Deutschen Bibel noch: Da kam ein neuer König auf; es ist nicht aufkommen der größer sey, u. s. f.


Aufkönnen (W3) [Adelung]


+ Aufkönnen, verb. irreg. neutr. ( S. Können) welches das Hülfswort haben erfordert, aber nur in den gemeinen Sprecharten üblich ist, und das Zeitwort kommen voraussetzet, für aufkommen können, in der eigentlichen Bedeutung. Er kann nicht auf, hilf ihm doch.


Aufköpfen (W3) [Adelung]


Aufköpfen, verb. reg. act. welches nur bey den Nadlern üblich ist, den Kopf auf die Nadel stampfen; aufstämpfen. Daher die Aufköpfung.


Aufkramen (W3) [Adelung]


Aufkramen, verb. reg. act. 1) Den Kram, oder als Kram aufstellen. 2) + Aufräumen, im gemeinem Leben


Aufkrämpeln (W3) [Adelung]


Aufkrämpeln, verb. reg. act. 1) Von neuen krämpeln. 2) Alle Wolle aufkrämpeln, den ganzen Vorrath krämpeln, nichts zu krämpeln mehr übrig lassen.


Aufkrämpen (W3) [Adelung]


Aufkrämpen, verb. reg. act. aufwärts krämpen, d. i. krümmen oder biegen; ein Wort, so vornehmlich in Niedersachsen gebräuchlich, im Hochdeutschen aber auch nicht unbekannt ist. Einen Hut, einen Ärmel, oder Aufschlag an dem Kleide aufkrämpen. Daher die Aufkrämpung.


Aufkratzen (W3) [Adelung]


Aufkratzen, verb. reg. act. 1) Durch Kratzen öffnen. Sich aufkratzen, wund kratzen. Eine Wunde aufkratzen, durch Kratzen wieder öffnen. Den Grund zum vergolden aufkratzen, rauh machen oder ritzen, damit Gold und Silber desto besser hafte. 2) Ein Stück Tuch aufkratzen, frisiren, bey den Tuch-Frisirern. 3) Von neuen kratzen. So kratzen die Hutmacher das Haar an den gefärbten Hüten auf. So auch die Aufkratzung.


Aufkräuseln (W3) [Adelung]


Aufkräuseln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des folgenden ist, und am häufigsten von den Haaren gebraucht wird, in die Höhe kräuseln, ingleichen von neuen kräuseln. Daher die Aufkräuselung.


Aufkräusen (W3) [Adelung]


Aufkräusen, verb. reg. act. aufwärts kräusen, ingleichen von neuen kräusen. Daher die Aufkräusung.


Aufkreischen (W3) [Adelung]


Aufkreischen, verb. reg. neutr. mit haben ( S. Kreischen) mit einem durchdringenden hellen Tone aufschreyen.


Aufkriegen (W3) [Adelung]


+ Aufkriegen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches aber nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist, für offen bekommen, öffnen. Ich kann es nicht aufkriegen, durch keine Bemühung öffnen.


Aufkündigen (W3) [Adelung]


Aufkündigen, verb. reg. act. welches das Frequentativum des im Hochdeutschen ungewöhnlichen Verbi aufkünden ist, das Ende eines geschlossenen Vertrages bekannt machen. Einem ein Capital, die Miethe, den Pacht, einen Kauf, einen geschlossenen Handel aufkündigen. Einem seine Freundschaft aufkündigen. So auch die Aufkündigung. Anm. Aufkündigen schließt eine gewisse Feyerlichkeit oder doch Förmlichkeit mit ein, welche bey dem bloßen Aufsagen nicht Statt findet. Aufkünden ist noch im Oberdeutschen üblich. In den ältern Zeiten findet sich dafür auch widerbiethen.


Aufkunft (W3) [Adelung]


Die Aufkunft, plur. car. 1) Das Aufkommen, in der Bedeutung der Genesung. Seine Aufkunft ist so nahe noch nicht. Man zweifelt noch sehr an seiner Aufkunft. 2) * Die Einführung, der Anfang; wenig mehr gebräuchlich. Die Aufkunft des kanonischen Rechtes in Deutschland. 3) * Ehedem wurde es auch für Einkünfte gebraucht, wovon Haltaus v. Beyspiele gesammelt hat.


Aufkütten (W3) [Adelung]


Aufkütten, S. Aufkitten.


Auflachen (W3) [Adelung]


1. Auflachen, verb. reg. neutr. mit haben, ein Gelächter aufschlagen.


Auflachen (W3) [Adelung]


2. Auflachen, verb. reg act. welches nur in dem Forstwesen und bey den Harzschabern üblich ist, für aufritzen. Einen Baum auflachen, ihn mit einem scharfen Eisen aufritzen, damit das Harz heraus bringen könne. S. Lache und Lachen. Daher die Auflachung.


Aufladen (W3) [Adelung]


Aufladen, verb. irreg. act. S. Laden, als eine Last auf etwas legen; sowohl eigentlich und absolute, Mist, Holz, Güter, Waaren aufladen; als auch figürlich und mit der dritten Endung der Person. Einem eine schwere Last aufladen. Man muß niemandem mehr aufladen, als er ertragen kann. Sich etwas aufladen. Daher die Aufladung.


Auflader (W3) [Adelung]


Der Auflader, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas aufladet, besonders in den Handelsstädten, ein Tagelöhner, der die Waaren geschickt aufzuladen weiß; ein Ablader. S. dieses Wort.


Auflage (W3) [Adelung]


Die Auflage, plur. die -n, von dem Verbo auflegen, das Abstractum des Auflegens, in den figürlichen Bedeutungen des Verbi, und in einigen Fällen auch dasjenige, was aufgeleget wird, auszudrucken.1. Der Abdruck eines Buches, und die abgedruckten Exemplare selbst. Die erste, die zweyte, die dritte Auflage. Eine neue Auflage veranstalten. Wie stark ist die Auflage? Wie viel Exemplare werden abgedruckt? Die ganze Auflage hat sich vergriffen.2. Die Anordnung eines Beytrages zu gemeinschaftlichen Bedürfnissen, und dieser Beytrag selbst. Eine Auflage auf das Volk. Eine Auflage auf das Getränk, auf Eßwaaren, auf Waaren, welche aus einem andern Gesichtspuncte eine Abgabe heißt. Das Volk mit Auflagen drücken, beschweren. In den Lehnrechten heißt zuweilen auch die Lehnwaare, oder was der Kanzelley bey einer Belehnung bezahlet wird, eine Auflage. Auch die Handwerker belegen den Beytrag an Gelde, welchen die Mei-ster und Gesellen in ihren Zusammenkünften zu ihren gemeinschaftlichen Ausgaben entrichtet müssen, mit diesem Rahmen.3. Ein Befehl. Diese Bedeutung kommt nur noch in den Gerichten vor, wo der Befehl eines Richters auf bloße Anzeige des Imploranten darunter verstanden wird; wodurch es sich von einem Urtheile unterscheidet. Einem Auflage thun. Das einfache Lage war ehedem in dieser Bedeutung von einem weit größern Umfange, und bedeutete nicht nur einen jeden Befehl, sondern auch ein Gesetz, wovon unter andern auch noch das Lateinische lex, legis, das Französische Loi und das Englische Law zeugen. S. Ihre Glossar. v. Lag.4. Eine Beschuldigung, besonders eine falsche, ungegründete Beschuldigung, doch nur im gemeinem Leben. Ich kann dergleichen Auflagen nicht auf mir sitzen lassen. Das Verbum auflegen ist in dieser Bedeutung nicht mehr üblich.5. Eine Zusammenkunft. In dieser Bedeutung kommt Auflage nur noch von den Zusammenkünften der Handwerker vor. Eine Auflage halten. In der Auflage ist beschlossen worden, daß u. s. f. Ingleichen im verächtlichen Verstande von den Zusammenkünften müßiger und liederlicher Leute. Das dienstlose Volk hat täglich seine Auflage daselbst. Auch in dieser Bedeutung ist das einfache Lage schon alt, indem es ehedem nicht nur eine jede Gesellschaft, sondern auch einen Schmaus bedeutete. S. Gelag und Ihre Glossar. v. Lag. Das Schwedische Lag hat noch beyde Bedeutungen.6. Dasjenige, was aufgeleget wird, in der eigentlichen Bedeutung des Verbi, aber nur in einigen wenigen Fällen. So nennet man z. B. im gemeinem Leben dasjenige, was bey Sammlung einer Collecte auf den Teller gelegt wird, eine Auflage. Hingegen nennen die Zimmerleute dasjenige Holz, worauf ein anderes ruhet, die Auflage.


Auflangen (W3) [Adelung]


Auflangen, verb. reg. act. im gemeinem Leben, in die Höhe langen, mit ausgestrecktem Arme reichen. Steine, Holz auflangen. Daher die Auflangung. Ehedem bedeutete dieses Wort so viel als übergeben, wovon bey dem Haltaus h. v. ein Beyspiel von dem Jahre 1455. vorkommt.


Auflanger (W3) [Adelung]


Der Auflanger, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas in die Höhe langet. Figürlich, in dem Schiffbaue, diejenigen Hölzer, deren man sich zur Verlängerung anderer Stücke eines Schiffes bedienet; Franz Allonges.


Auflassen (W3) [Adelung]


Auflassen, verb. irreg. act. S. Latein. 1. Aufstehen lassen. Man wollte ihn nicht auslassen.2. Offen stehen lassen, offen lassen. 1) Eigentlich. Die Thür, das Fenster auflassen. Das Zimmer, das Haus auflassen. d. i. die Thür zu demselben. 2) Figürlich. (a) verlassen, doch nur in den Bergwerken, wo, eine Erzgrube auflassen, so viel bedeutet, als sie verlassen, sie nicht mehr mit Arbeit belegen. S. auch Auflässig. (b) Abtreten, überlassen, sich seines Rechtes an einer Sache begeben. In diesem Verstande war auflassen ehedem von einem sehr häufigen Gebrauche, indem fast eine jede, besonders gerichtliche Abtretung und Überlassung einer Sache dadurch ausgedrucket wurde. Ein Gut vor dem Rathe, vor dem Gerichte auflassen. Ingleichen, in den Lehnrechten, einem ein Leben auflassen, abtreten, welches am häufigsten von dem Lehnsmanne, zuweilen aber auch von dem Lehnsherren vorkommt, und auch aufgeben und aufsenden genannt wurde. Daher der Auflaßbrief, diejenige Urkunde, worin man einem andern eine Sache abtritt; das Auflaßgeld, dasjenige Geld, welches der Verkäufer bey Auflassung eines Lehens dem Lehnsherrn bezahlet, im Gegensatze der Lehnwaare, welche der Käufer entrichtet.Das Substantiv die Auflassung kann in allen obigen Bedeutungen gebraucht werden.


Auflässig (W3) [Adelung]


* Auflässig, adj, et adv. Welches nur in den Bergwerken üblich ist, für verlassen. Die Zeche ist auflässig geworden, ist verlassen worden.


Auflasten (W3) [Adelung]


Auflasten, verb. reg. act. als eine Last auflegen, wie aufladen. Einem viele Arbeiten auflasten.


Auflauern (W3) [Adelung]


Auflauern, verb. reg. act. auf etwas lauern. Einem auflauern, ihm heimlich nachstellen, im eigentlichen Verstande. Daher die Auflauerung, und der Auflauerer.


Auflauf (W3) [Adelung]


Der Auflauf, des -es, plur. die -läufe: 1) Das Abstractum des Neutrius auflaufen, in einigen figürlichen Bedeutungen. Der Auflauf der Kosten, der Zinsen. Besonders aber der Zusammenlauf müßiger oder unruhiger Menschen, welche oft der Anfang des Aufstandes und Aufruhres ist. Einen Auflauf machen, erregen. Es ist ein Auflauf entstanden. In dieser Bedeutung kommt Auflauf, Auflauft, Offlauft schon seit dem 14 ten Jahrhunderte vor. S. Haltaus h. v. Der Plural, der in derselben ehedem nicht selten war, ist im Oberdeutschen noch jetzt üblich. Im Hochdeutschen kommt es nur selten vor. In einer Urkunde von 1519 bey dem Haltaus wird Auflauf und Aufruhr genau unterschieden.2) Dasjenige, was aufläuft, doch nur in den Küchen, wo der Auflauf eine Speise ist, welche in einem Ofen oder unter Kohlen gebacken wird, und alsdann hoch aufläuft. S. auch das folgende.


Auflaufen (W3) [Adelung]


Auflaufen, verb. irreg. ( S. Laufen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, in die Höhe laufen, doch nur in einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Aufgehen, aufkeimen, von Pflanzen und Gewächsen. Der Same ist noch nicht aufgelaufen. 2) Von flüssigen Körpern, an Menge zunehmen, anwachsen, steigen. Der Fluß ist sehr aufgelaufen, wofür man doch lieber anlaufen gebraucht. 3) Aufschwellen, durch eine innere Bewegung ausgedehnet werden. Die Adern sind sehr aufgelaufen. Die Haut läuft ihm auf. Die Leiche ist sehr aufgelaufen. Der Teig läuft auf. Ein aufgelaufener Koch, in den Küchen, eine Art Torten, welche im Backen sehr auflaufen, und von welchen der Witz der Köche eine zahlreiche Menge ersonnen hat. Das Auflaufen des Viehes, eine gewisse Krankheit desselben, welche man in Niedersachsen die Kröte heißt. 4) Der Zahl nach vermehret werden. Die Zinsen laufen täglich höher auf. Es sind schon viele Kosten aufgelaufen. 5) In der Schifffahrt läuft ein Schiff auf, wenn es auf den Grund läuft oder segelt.II. Als ein Activum. 1) * In die Höhe schaffen. In dieser Bedeutung kommt es nur in den Schmelzhütten vor, wo Erz und Kohlen auflaufen, so viel heißt, als selbige in den Schmelzofen schütten, weil man dabey aufwärts gehen muß, und laufen in der Bergsprache überhaupt so viel als fortschaffen bedeutet. Bey den hohen Öfen wird diese Verrichtung aufgeben genannt, und auflaufen nur von dem einander schütten des Eisensteines und Flusses auf dem Gichtboden gebraucht. 2) Im Laufen öffnen. Die Thür auflaufen. 3) Wund laufen, doch nur im gemeinen Leben. Sich die Füße auflaufen. Daher die Auflaufung in den Bedeutungen des Activi.

Anm. Auflaufen bedeutete ehedem auch zusammen laufen, welche Bedeutung sich aber nur noch in dem Hauptworte Auflauf erhalten hat; ingleichen entstehen, wovon bey dem Haltaus h. v. Beyspiele angetroffen werden.


Aufläufer (W3) [Adelung]


Der Aufläufer, des -s, plur. ut nom. fing. 1) In den Bergwerken, ein Arbeiter, welcher Erz und Kohlen in den Schmelofen schüttet, oder aufläuft; bey den hohen Öfen ein Aufgeber. 2) In einigen Gegenden, ein dünner hoch aufgelaufener Kuchen von Weitzenmehl; in Niedersachsen ein Blubberkuchen.


Aufleben (W3) [Adelung]


Aufleben, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, wieder von neuen anfangen zu leben; so wohl in eigentlicher Bedeutung, der Todte ist wieder aufgelebt; als auch in figürlicher, von der Wirkung einer lebhaften Freude, nach einer großen Traurigkeit, Schwermuth u. s. f. Er lebte vor Freude ganz wieder auf, als er dieses hörete. Ingleichen, sich wieder wirksam bezeigen. Ich sehe die Tugend wieder in dir aufleben, und wünsche dir Glück dazu. Zweifel, welche zu ihrer Zeit wieder aufleben.II. Als ein Activum, doch nur in der Mahlerey, einer Farbe durch Firnisse einen neuen Glanz geben, auffrischen; Französisch revivre.

Anm. Das Neutrum aufleben ist unter allen mit leben zusammen gesetzten Verbis das einzige, welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird; selbst das einfache leben bekommt in allen Fällen ohne Widerspruch das haben.


Auflecken (W3) [Adelung]


Auflecken, verb. reg. act. durch Lecken wegschaffen, ingleichen alle machen. Eitelkeit leckt auch den Speichel der Sclaven auf, und verschlinget das Lob des Pöbels, Dusch. Daher die Aufleckung.


Auflegen (W3) [Adelung]


Auflegen, verb. reg. welches in gedoppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, und zwar,1. Eine Sache auf die andere legen. 1) Eigentlich, so wohl Absolute, als auch mit der dritten Endung der Person. Ein Pflas=ter auflegen, auf die Wunde. Das Tischtuch auflegen, Auf den Tisch. Den Elbogen auflegen, auf den Tisch, und sich mit dem Elbogen auflegen. Dem Pferde den Sattel auflegen. Einem die Hände auflegen. Einem eine Last auflegen. Sich selbst eine Last auflegen, beydes im figürlichen Verstande. Der Baum hat viel Holz aufgelegt, im Forstwesen, wenn er viele Äste hat. Die Maschen auflegen, die erste Reihe Maschen auf der Nabel mit den Fingern bilden. Absolute ist auflegen so viel, als eine freiwillige Gabe auf den dazu bestimmten Teller legen. + Es ist ein Auflegen, bey den Handwerkern, wenn eine solche Collecte gesammelt wird. 2) Figürlich. (a) Zu etwas verpflichten, dazu nöthigen. Dem Volke Steuern auflegen. Einem eine Strafe, eine Buße, einen Eid auflegen. Man hat ihm ein Stillschweigen aufgeleget. Man legt sich eine Verpflichtung auf, wenn man Geschenke nimmt, Weiße. Sie wollen mir gewiß eine neue Verbindlichkeit auflegen, ebend. S. Auflage 3. und Legen. In dieser Bedeutung ist auch, obgleich ohne Noth, auferlegen, üblich. (b) Zu etwas geschickt machen. Bloß weil mich die Natur zum Mitleid aufgelegt, Günth. Im Hochdeutschen ist in dieser Bedeutung nur allein das Mittelwort aufgelegt, für geschickt, doch nur der Fassung des Gemüths nach, üblich. S. Legen. Ich bin dazu heute nicht aufgelegt. Sie sind heute ungemein aufgelegt, sich auf meine Kosten ein Paar heitere Augenblicke zu verschaffen. Die lebhaftesten Gemüther sind am meisten zu großen Leidenschaften aufgelegt, (c) * Beschuldigen. Wenn jemand ein Weib nimmt, - und legt ihr was schändliches auf, 5. Mos. 22, 13, 14. Damit man uns nit dörffte auflegen oder zumessen, als solten wir, u. s. f. in einer Braunschweigischen Deduction von 1560. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet; nur das Substantiv, die Auflage, erhält selbige noch in den gemeinen Sprecharten. (d) Ein Schiff auflegen, in der Schifffahrt, es in den Hafen bringen, und den Winter über daselbst liegen lassen.2. In die Höhe legen, auflehnen, in der figürlichen Bedeutung der Widerspänstigkeit. Sich wider einen auflegen, wofür doch auflehnen üblicher ist.3. Von neuen drucken. Ein Buch auflegen, es nach dem ersten Drucke nochmals drucken oder drucken lassen. Auflage wird zwar auch von dem ersten Drucke eines Buches gebraucht, so fern die Anzahl der gedruckten Exemplare darunter verstanden wird; allein das Verbum auflegen ist nur von dem wiederhohlten Drucke üblich. S. Legen, wo gezeiget wird, daß dieses Wort auch die Kosten zu etwas hergeben bedeutet, welche Bedeutung auch noch in verlegen übrig ist.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, aber nur in der gemeinen Redensart: Fett auflegen, fett werden. Das Thier leget zu viel Fett auf, will nicht legen.So auch die Auflegung in allen obigen Bedeutungen.


Auflehnen (W3) [Adelung]


Auflehnen, verb. reg. act. 1) Auf etwas lehnen, d. i. stützen, als ein Reciprocum. Sich auflehnen. Sich mit dem Arme auflehnen. 2) Sich in die Höhe lehnen, sich bäumen; eigentlich von einem widerspänstigen Pferde. Das Pferd lehnt sich auf. Figürlich auch von einer jeden thätigen Widersetzlichkeit. Sich wider seinen rechtmäßigen Herren auflehnen. Lehnt sich das Laster auf, alsdann ist Strafen Pflicht, Weiße. Sich einem auflehnen, wie bey dem Opitz vorkommt, für wider ihn, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Im Oberdeutschen lautet dieses Verbum aufleinen.Daher die Auflehnung in allen obigen Bedeutungen.


Aufleimen (W3) [Adelung]


Aufleimen, verb. reg. act. Vermittelst eines Leimes auf etwas befestigen. So auch die Aufleimung.


Auflesen (W3) [Adelung]


Auflesen, verb. irreg. act. ( S. Lesen,) einzeln von der Erde aufsammeln. Äpfel, Ähren, Körner, Nüsse auflesen. Daher die Auflesung.


Aufliegen (W3) [Adelung]


Aufliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Liegen,) welches das Hülfswort haben erfordert. 1) Auf etwas liegen. Der Balken liegt auf, auf der Mauer. In der figürlichen Bedeutung, die Last, die uns auflieget, ist im Hochdeutschen das einfache Verbum mit der Präposition, die auf uns lieget, zuweilen auch noch obliegen, üblicher, die uns oblieget. 2) Aufliegen wird in Meißen auch von dem Gesinde gesagt, wenn es außer Dienst ist, und für sich allein lebt; mit welchem Ausdrucke wohl zunächst auf die Zusammenkünfte solcher müßigen Leute gesehen wird. S. Auflage 5. 3) + Sich aufliegen, sich wund liegen, ist nur im gemeinen Leben üblich.


Auflockern (W3) [Adelung]


Auflockern, verb. reg. act. locker machen, eigentlich durch locker machen ausdehnen. Die Erde auflockern. Ein aufgelockertes Gartenland. Daher die Auflockerung.


Auflodern (W3) [Adelung]


Auflodern, verb. reg. neutr. mit seyn, in einer schnellen beweglichen Flamme auffahren oder ausbrechen. Die Flamme loderte hoch auf. Ingleichen figürlich. Die wieder auflodernde Liebe wirkt neue Arten des Bestrebens.


Auflösbar (W3) [Adelung]


Auflösbar, -er, -ste, adj. Et adv. Fähig aufgelöset zu werden. Daher die Auflösbarkeit.


Auflösen (W3) [Adelung]


Auflösen, verb. reg. act. überhaupt, was zugebunden ist, öffnen.1) Eigentlich, ein zugebundenes Band nach und nach öffnen. Einen Knoten auflösen. Die Bande auflösen. Hüte dich, diese Bande eher aufzulösen, als bis die Natur selbst sie auflöset, Dusch. In weiterer Bedeutung, auch dasjenige, was vermittelt eines Bandes zugebunden ist, durch dessen Auflösung öffnen. Die Schnürbrust auflösen.2) In noch weiterer Bedeutung von verschiedenen andern Arten des Öffnens. Es heißt auflösen bey den Jägern so viel als ausschneiden.3) Figürlich. (1) Die Theile eines Körpers trennen und flüssig machen. So löset die Sonne das Eis, das Wasser das Salz, saure Geister die Metalle auf. Der Scheidekünstler löset Körper auf, wenn er durch die ihm bekannten Auflösungsmittel ihre Theile von einander trennet. In figürlicher Bedeutung,eine jede andere Sache in ihre Theile zerlegen. Einen Satz in feine Theile auflösen. Aufgelöst werden, ist ein edler Ausdruck für sterben, weil in dem Tode eine wahre Auflösung der Theile Statt findet. Sich in etwas auflösen, nach einer scheinbaren Auflösung der Theile in einen gewissen Zustand versetzet werden. Sein Gram löst sich jetzt in Thränen auf. Alles Gute löset sich in Vergnügen auf, alles Böse in Schmerz, Wiel. (2) Eine moralische Verbindung trennen. Die Ehe auflösen. Keine Zeit, keine Gewalt löset die Verbindungen der Natur auf, Dusch. Ihr sollt nicht wähnen, daß ich kommen Bin, das Gesetz und die Propheten aufzulösen, Matth. 5, 17. (3) Die Theile eines unbekannten Ganzen finden und angeben. Eine Aufgabe auflösen, dasjenige thun, oder erfinden, was verlangt worden. Eine Frage auflösen, sie Stückweise beantworten. Ein Räthsel auflösen, das Dunkele in demselben deutlich machen. Einen Zweifel auflösen, ihn heben.


Auflöslich (W3) [Adelung]


Auflöslich, -er, -ste, adj. Et adv. Fähig, aufgelöset zu werden, wie auflösbar, besonders in figürlichen Verstande. Daher die Auflöslichkeit, die Eigenschaft einer Verbindung, nach welcher sie aufgelöset werden kann.


Auflösung (W3) [Adelung]


Die Auflösung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Auflösens in allen Bedeutungen des Verbi, ohne Plural; ingleichen die Art und Weise, wie selbiges geschiehet, mit dem Plural. Die Auflösung eines Knotens, eines Thieres, bey den Jägern, eines mineralischen Körpers, bey den Scheidekünstlern; eines Räthsels, einer Aufgabe u. s. f. Täglich arbeitet die Natur an unserer Auflösung, Zerstörung, Dusch. Die Auflösung des Knotens bedeutet in dem Heldengedichte die Überwindung der Hindernisse, und die Art und Weise, wie solches geschiehet. Die Auflösungskunst, eine Wissenschaft, aus erkannten Wahrheiten unbekannte zu finden, und also die verborgenen Fragen aufzulösen, Analysis, welche ein Theil der Algebra ist. Das Auflösungsmittel, in der Scheidekunst, eine Materie, welche zur Auflösung eines Körpers so geschickt ist, daß nach der Auflösung ihre Theilchen mit den Theilchen des Körpers genau vermischt sind; menstruum. 2) In der Chemie ist die Auflösung, Lat. Solutio, auch ein flüssiger Körper, welcher einen anderen aufgelöseten Körper in sich enthält.


Auflöthen (W3) [Adelung]


Auflöthen, verb. reg. act. 1) Vermittelst eines Lothes, oder einer leicht flüssigen Materie, auf etwas befestigen. Einen Knopf auflöthen. 2) Das Loth wieder aufschmelzen.


Aufmachen (W3) [Adelung]


Aufmachen, verb. reg. act. 1) Öffnen, als ein allgemeiner Ausdruck dieser Handlung, der die Art und Weise derselben unbestimmt lässet, doch nur in vielen einzelnen Fällen. Man sagt daher - die Thür, das Fenster aufmachen. Dem Feinde die Thore aufmachen. Ein Band aufmachen. Einen Brief aufmachen, aufbrechen. Einen Sack, einen Beutel, einen Ballen Waare, ein Stück Tuch, ein Buch aufmachen. Ein Schloß, eine Auster, eine Muschel, eine Nuß, eine Flasche, einen Fisch, eine Grube aufmachen. Bey den Buchbindern bedeutet es, die planirten Bogen aus einander legen und glatt streichen; in den Eisenhütten, so viel als aufstechen. Dieses Verbum ist nur der gemeinen Mundart eigen, und wird in Niedersachsen in noch weit mehreren Fällen gebraucht als im Hochdeutschen. In der anständigern Schreibart bedienet man sich dafür lieber des Verbi öffnen. S. Aufthun.2) In die Höhe machen, aufwärts bewegen, als ein Reciprocum, welches eigentlich aufstehen bedeutet. Haben sie sich schon aufgemacht: aus dem Bette gemacht. Besonders von dem Aufbruche eines Reisenden. Sich früh aufmachen. Sich von einem Orte aufmachen. In figürlicher Bedeutung und in der höheren Schreibart, für auftreten, sich bereit zu etwas machen, ent- stehen. Was wollte ich thun, wenn Gott sich aufmachte! Hieb. 31, 14. Nach des Herrn Hofrath Michaelis Übersetzung. Alles muß euch verabscheuen, alles muß sich zu meinem Verderben aufmachen, v. Brawe. Wenn ein frischer fächelnder Wind aus Westen sich aufmacht, Zachar.

Anm. Die Aufmachung ist nur in der ersten Bedeutung üblich. In den gemeinen Mundarten hat dieses Zeitwort noch einige andere Bedeutungen. 1) Aufspielen; eines auf der Geige, der Flöte u. s. f. aufmachen. 2) Eine Sache auf die andere befestigen. 3) In die Höhe machen; z. B. einen Hut aufmachen, aufkrämpen. 4) Aufhetzen, welche Bedeutung besonders in Niedersachsen üblich ist.


Aufmahlen (W3) [Adelung]


1. Aufmahlen, (von mahlen, molere,) verb. reg. act. außer daß das Particip. Pass. aufgemahlen hat, durch Mahlen alle machen. Alles Getreide aufmahlen.


Aufmahlen (W3) [Adelung]


2. Aufmahlen, (von mahlen, pingere,) verb. reg. act. 1) Alle Farben aufmahlen, durch Mahlen verbrauchen. 2) Von neuen mahlen. Ein Gemälde aufmahlen, es auffrischen.


Aufmahnen (W3) [Adelung]


* Aufmahnen, verb. reg. act. welches in Oberdeutschland am üblichsten ist, für ermahnen, aufmuntern. Indeß, daß der freundliche Wirth zur Freude sie aufmahnt, Geßn. Der Papst mahnte alle Eidgenossen wider den Herzog von Österreich auf, Bluntschli. - Ingleichen, für aufbiethen. Sie mahneten alle Orte (Cantons) wider Frankreich auf, Bluntschli. Ferner, für Auffordern. Eine Stadt, eine Festung aufmahnen. So auch die Aufmahnung.


Aufmarschiren (W3) [Adelung]


Aufmarschiren, verb. reg. neutr. mit seyn, von dem Franz. marcher, S. Marschiren, im Soldatenwesen. 1) Mit einer breiten Fronte heran marschiren. Die Wach-Parade ist aufmarschirt. 2) Nach abgebrochenen Zügen sich wieder in Züge setzen, und so fortmarschiren. So auch der Aufmarsch plur. inusit.


Aufmästen (W3) [Adelung]


Aufmästen, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche mästen, Schweine aufmästen.


Aufmauern (W3) [Adelung]


Aufmauern, verb. reg. act. 1) In die Höhe mauern. Ein Gebäude, eine Wand aufmauern. 2) Durch Mauern verbrauchen. Allen Kalk aufmauern. Daher die Aufmauerung.


Aufmengen (W3) [Adelung]


Aufmengen, verb. reg. act. 1) Der Schäfer hat aufgemenget, wenn er das verglichene fünfte oder sechste Schaf zu der Schäferey des Herrn gegeben hat. S. Mengeschäfer. 2) Im gemeinen Leben oft auch für vermengen. Kleye und Schrot mit Kohl aufmengen. So auch die Aufmengung.


Aufmerken (W3) [Adelung]


Aufmerken, verb. reg. welches in doppelter Gattung gebraucht wird.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, auf etwas merken, die Vorstellungskraft auf einen Gegenstand richten. Sorgfältig aufmerken. Besonders das Gehör auf etwas richten, genau zuhören. Merke auf, wenn ich rede.II. Als ein Activum, für anmerken, aufzeichnen. Etwas aufmerken, es in ein Buch aufmerken. Diese Bedeutung findet am häufigsten in Oberdeutschland Statt. Viel anders in der Schrift der Jüden aufgemerket, Opitz. Dieß haben aufgemerkt als unerhörte Sachen, ebend. So auch die Aufmerkung in beyden Bedeutungen.


Aufmerksam (W3) [Adelung]


Aufmerksam, -er, -ste, adj. et adv. mit der Vorstellungskraft auf etwas gerichtet. Aufmerksam zusehen. Er ist sehr aufmerksam auf feinen Vortheil, er läßt keine Gelegenheit vorbey gehen, einen Vortheil zu erhalten. Besonders von dem Gehöre. Aufmerksam seyn. Einem aufmerksam zuhören. Ein aufmerksamer Zuhörer. Seine Zuhörer aufmerksam machen. Die ganze Stadt ist aufmerksam darauf.


Aufmerksamkeit (W3) [Adelung]


Die Aufmerksamkeit, plur. inusit. die vorsetzliche Richtung der Vorstellungskraft auf einen Gegenstand. Mit Aufmerksamkeit zuhören. Auch wohl diese Vorstellungskraft selbst. Die Aufmerksamkeit auf etwas richten. Ingleichen aufmerksame Bereitwilligkeit, Dienstgeflissenheit. Sie zeigen viele Aufmerksamkeit für mich. Da es denn von einzelnen Beweisen dieser Aufmerksamkeit auch wohl den Plural leidet. Sie wissen, wie gern ich solche kleine Aufmerksamkeiten unter meinen Kindern sehe.


Aufmessen (W3) [Adelung]


Aufmessen, verb. irreg. act. S. Messen, in der Landwirthschaft, messen und auf den Boden tragen, wie aufheben, das ausgedroschene Getreide auf der Tenne messen und in Verwahrung bringen. So auch die Aufmessung.


Aufmuntern (W3) [Adelung]


Aufmuntern, verb. reg. act. munter machen. 1. Eigentlich. Einen Schlafenden aufmuntern. Einen von dem Schlafe aufmuntern. Einen Trägen aufmuntern, zuzuhören. 2. Figürlich. 1) Die Munterkeit und Lebhaftigkeit des Gemüthes erwecken und befördern. Einen Betrübten aufmuntern. Ein aufmunterndes Gespräch. 2) Bewegungsgründe zur lebhaften Thätigkeit darlegen. Einen zur Standhaftigkeit, zur Tugend aufmuntern. Das Beyspiel großer Thaten ist ein Sporn, der die Menschen zu neuen aufmuntert. Daher die Aufmunterung in allen obigen Fällen; ingleichen dasjenige, was die lebhafte Thätigkeit befördert, die Bewegungsgründe dazu; in welchem Falle auch der Plural Statt findet. Ich habe dergleichen Aufmunterungen nicht nöthig.


Aufmünzen (W3) [Adelung]


Aufmünzen, verb. reg. act. durch Münzen verbrauchen. Alles Silber aufmünzen, vermünzen.


Aufmutzen (W3) [Adelung]


Aufmutzen, verb. reg. act. 1) * Eigentlich, aufputzen, aufschmücken, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen nicht mehr üblich ist. 2) Figürlich, mit Worten vergrößern, besonders das Versehen eines anderen aus üblen Absichten bemerken und als wichtig vorstellen. Einem etwas aufmutzen. Wenn ein Armer nicht recht gethan, so kann mans aufmutzen, Sir. 13, 27. Daher die Aufmutzung.

Anm. Aufmutzen, ist von Mutze, Mütze, worunter man ehedem einen jeden Hauptschmuck verstand, und bedeutete nicht nur, den Kopfputz in Ordnung bringen, sondern auch alte Sachen von neuen ausschmücken. Von der ersten Bedeutung heißt eine Aufmutzerinn in einigen Oberdeutschen Gegenden noch jetzt eine Haubensteckerinn, von der letzten aber kommt Aufmutzer für einen Trödelmann vor. In dem zu Basel 1523 gedruckten neuen Testamente wird schmücken als ein unbekanntes Wort durch zieren und aufmutzen erkläret, und Aufmutzung der Rede ist bey dem Opitz so viel, als Ausputzung derselben, Bestimmung der Deutlichkeit. Übrigens ist aufmutzen in der Bedeutung des Aufputzes noch jetzt, so wohl in Oberdeutschland, als auch in Niedersachsen üblich.


Aufnageln (W3) [Adelung]


Aufnageln, verb. reg. act. mit einem Nagel auf etwas befestigen. Ein Bret aufnageln. Daher die Aufnagelung.


Aufnagen (W3) [Adelung]


Aufnagen, verb. reg. act. durch Nagen öffnen. Die Maus hat die Schachtel aufgenaget. Daher die Aufnagung.


Aufnähen (W3) [Adelung]


Aufnähen, verb. reg. act. 1) Durch Nähen auf etwas befestigen. Einen Streif aufnähen, auf das Hemde. 2) Vernähen, durch Nähen verbrauchen. Allen Zwirn aufnähen. Daher die Aufnähung.


Aufnahme (W3) [Adelung]


Die Aufnahme, plur. inusit. 1) Die Handlung des Aufnehmens in den meisten Bedeutungen des Activi, besonders in den figürlichen. Die Aufnahme einer Summe Geldes. Die Aufnahme eines Reisenden. Die Aufnahme war sehr schlecht. Ingleichen die Aufnahme in eine Gesellschaft, zum Bürger, an Kindes Statt, u. s. f. 2) Das Abstractum der figürlichen Bedeutung des Neutrius, die Verbesserung des bürgerlichen Zustandes, im Gegensatze der Abnahme. In Aufnahme seyn, kommen. Eine Handlung, einen Ort in Aufnahme bringen. Ehedem bedeutete dieses Wort auch noch, Genuß, wovon Haltaus nachzugehen ist.


Aufnasen (W3) [Adelung]


* Aufnasen, verb. reg. act. welches nur im Hüttenbaue üblich ist, die Nase der Form öffnen. S. Nase.


Aufnehmen (W3) [Adelung]


Aufnehmen, verb. irreg. ( S. Nehmen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.1. Als ein Activum. 1. Herauf nehmen, ingleichen hinauf nehmen, und zwar,1) Eigentlich, in die Höhe nehmen, besonders was auf der Erde liegt, mit der Hand aufheben. Etwas von der Erde aufnehmen. Eine Stecknadel, ein Stück Geldes aufnehmen. Ingleichen hinauf nehmen, besonders in weiterer Bedeutung. Bis an den Tag, da er aufgenommen ward, da er gen Himmel fuhr, Apostelgesch. 1, 2. Aufgenommen in die Herrlichkeit, 1 Timoth. 3, 16.2) In weiterer Bedeutung, durch andere Mittel auf- und annehmen. So kommt dieses Wort z. B. bey den Jägern vor, vermittelst des Geruches aufheben. Eine Fährte wohl aufnehmen, wird von einem Leithunde gesagt, wenn er die verlangte Fährte bald von anderen unterscheidet und findet.3) Figürlich. (a) In der Feldmeßkunst. Ein Feld, eine Gegend, einen Wald aufnehmen, ausmessen, um ihn in einen Riß zu bringen, in Grund legen. (b) Zu sich nehmen, in Verwahrung nehmen. So heißt es in den Rechten an einigen Orten noch, ein Gut aufnehmen, es in Verwahrung nehmen. (c) Eine Zeche aufnehmen, in den Bergwerken, sie übernehmen, um sie zu bauen, welches durch die Muthung geschiehet. Einen Stollen aus dem Freyen aufnehmen, eben daselbst, ihn ganz neu bauen, einen neuen Stollen bauen. (d) Geld aufnehmen, borgen, es als ein Anlehn zu sich nehmen. Geld auf Wechsel, auf eine Verschreibung, auf ein Unterpfand aufnehmen. Auf eines andern Nahmen Geld aufnehmen. (c) Eine Rechnung aufnehmen, sie den andern umständlich ablegen lassen. Ein Protokoll, eine Registratur aufnehmen, in den Rechten, sie veranstalten und niederschreiben. Im Oberdeutschen sagt man auch jemandes Gründe aufnehmen und beantworten, sie anhören und erwägen. (f) In seine Verbindung nehmen. Einen Fremden aufnehmen, ihn in seyn Haus nehmen, ihn beherbergen. Einen mit aller Höflichkeit aufnehmen. Was bey den Handwerkern aufdingen genannt wird, heißt bey den Jägern aufnehmen, d. i. in die Lehre nehmen. Einen zum Bürger aufnehmen. Einen in eine Gesellschaft, zum Freunde, an Kindesstatt aufnehmen. Ingleichen von der Art, wie man einen Ankommenden annimmt und ihm begegnet. Jemanden gut, schlecht, liebreich, kalt u. s. f. aufnehmen. Ich wurde sehr schlecht von ihm aufgenommen. Warum ist dieser Betrieger in deiner Gesellschaft so wohl aufgenommen. Dusch. Ferner, (g) wird dieses Verbum gebraucht, den Eindruck zu bezeichnen, welchen die Worte und Handlungen eines andern mit unserm Willen auf uns machen. Etwas wohl, übel aufnehmen. Etwas für Scherz, für Ernst, oder als Scherz, als Ernst, aufnehmen. Ich weiß nicht, wie er das aufnehmen wird. Einige Worte haben uns entzweyet, die im Scherz gesagt, und im Ernste aufgenommen wurden, Dusch. Wenn sie meine Gefälligkeiten günstig aufnehmen wird. (h) Es mit einem aufnehmen, sich mit ihm in einen Zweykampf, und in weiterer Bedeutung auch, in einen jeden Streit oder Wetteifer einlassen. Er nimmt es mit jedermann auf. Ich mag es nicht mit ihm aufnehmen. Die eigentliche Bedeutung des Verbi in diesem Verstande ist dunkel, und beziehet sich vermuthlich auf einen bey den Zweykämpfen ehedem üblichen Gebrauch; vielleicht auf den,nach welchem der Herausgeforderte den von dem Herausforderer auf die Erde geworfenen Handschuh aufnahm, wenn er sich mit ihm schlagen wollte.2. * Widerrufen, aufheben; doch nur in den Rechten, wo einen Termin aufnehmen, in dieser Bedeutung vorkommt.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, zunehmen, wachsen. 1) * In eigentlicher Bedeutung, im Gegensatz des Abnehmens. Wenn der Mond aufnimpt und abnimpt, Buch der Natur, Augsb. 1483. Das das Hercz alle jar auffnäm ein kleine größ, ebend. Diese Bedeutung ist jetzt veraltet; indessen gehöret doch noch der Gebrauch der Jäger dahin, da sie für empfangen, trächtig werden, aufnehmen gebrauchen. Der Hund, das Wild nimmt auf. Auch sagt man von den Stuten, daß sie leicht, schwer aufnehmen, für empfangen. 2) Figürlich, doch nur als ein Reciprocum, sich aufnehmen, seine bürgerlichen Umstände verbessern. Er nimmt sich an diesem Orte sehr auf. In Aufnehmen kommen. Einen in Aufnehmen bringen.

Anm. Das Substantiv die Aufnehmung kann die Handlung des Aufnehmens in den Bedeutungen des Activi ausdrucken. S. auch Aufnahme. Ehedem bedeutete dieses Verbum auch anstehen lassen, aufschieben, von welcher und noch einigen andern jetzt veralteten Bedeutungen Haltaus h. v. nachzusehen ist.


Aufnesteln (W3) [Adelung]


* Aufnesteln, verb. reg. act. ein nur noch im Oberdeutschen übliches Zeitwort; S. Nestel. 1) Die Nestel öffnen, aufknüpfen, auflösen. 2) In die Höhe nesteln oder knüpfen. Einen Dieb aufnesteln, aufknüpfen. So auch die Aufnestelung. Im Nieders. ist upnesteln, upnesseln, an einigen Orten gleichfalls noch gebräuchlich.


Aufniethen (W3) [Adelung]


Aufniethen, verb. reg. act. mit Niethen auf etwas befestigen, bey den Metallarbeitern. Daher die Aufniethung.


Aufnöthigen (W3) [Adelung]


Aufnöthigen, verb. reg. act. zur Annehmung einer Sache nöthigen. Einer Gemeinde einen Prediger aufnöthigen. Ingleichen durch Höflichkeit zur Annehmung einer Sache zwingen. S. Nöthigen. Einem ein Geschenk, eine Summe Geldes aufnöthigen. Daher die Aufnöthigung.


Aufnotiren (W3) [Adelung]


+ Aufnotiren, verb. reg. act. für aufzeichnen, aufschreiben, S. Notiren.


Aufopfern (W3) [Adelung]


Aufopfern, verb. reg. act. als ein Opfer weggeben, doch nur in einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Den Tod, den Untergang eines andern wissentlich befördern. Die Soldaten wurden ohne Noth aufgeopfert. Ingleichen reciproce, sich dem Vaterlande, oder sich für das Vaterland aufopfern, aus Liebe für das Vaterland seine Kräfte, seinen Wohlstand u. s. f. dahin geben. 2) In weiterer Bedeutung, in Schaden, Unglück, Gefahr u. s. f. bringen. Er hat mich seinem Geize aufgeopfert, aus Geiz um mein Vermögen gebracht. Aus Gehorsam gegen die Ältern wird man oft einer ungleichen Ehe aufgeopfert, Gell. 3) Sich einer Sache freywillig begeben, besonders zum Besten eines andern. Einem Habe und Gut aufopfern; oder Habe und Gut für einen aufopfern. Sollte ich meine Liebe meinem Ehrgeize aufopfern? Er kämpfte mit seiner Leidenschaft, in dem Entschlusse, sie der kindlichen Liebe aufzuopfern, Dusch. Einem seine Ruhe, seyn Gewissen, seine Glückseligkeit aufopfern. Glaubest du, daß man ein Freund seyn kann, ohne für diesen preiswürdigen Nahmen etwas aufzuopfern? Dusch. 4) Widmen. Seine Jugend den Wollüsten aufopfern. Sein Leben Gott, sich Gott aufopfern.So auch die Aufopferung, nicht nur in der Bedeutung der Handlung, sondern auch der aufgeopferten Sache selbst. Dein Glück hat mir viele Aufopferungen gekostet.


Aufpacken (W3) [Adelung]


Aufpacken, verb. reg. act. 1) Eine Last oder als eine Last auf etwas packen. Waaren aufpacken; auf den Wagen. Einen Koffer auspacken. Das beste wird seyn, wir packen auf und ziehen weiter, Less. Einem etwas aufpacken, als eine Last auflegen, aufbürden. 2) Zugepackte Sachen öffnen. Einen Ballen Waare, eine Kiste aufpacken. So auch die Aufpackung.


Aufpappen (W3) [Adelung]


Aufpappen, verb. reg. act. 1) Mit Pappe, d. i. einen aus Mehl bereiteten Kleister, auf etwas befestigen. Daher die Aufpappung. 2) + Ein Kind aufpappen, es mit Pappe oder Beey groß ziehen.


Aufpassen (W3) [Adelung]


1. Aufpassen, (von passen, messen,) verb. reg. act. machen, daß eine Sache gut auf die andere schließe; ingleichen versuchen, ob sie auf die andere schließe. Den Deckel aufpassen, auf die Dose. S. Paß und Passen. Daher die Aufpassung.


Aufpassen (W3) [Adelung]


2. + Aufpassen, (von passen, lauern, warten,) verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1) Auf etwas merken, aufmerken, doch mehr im Niedersächsischen. 2) Auf eines Befehle warten, aufwarten. Einem aufpassen, nur in den gemeinen Mundarten, so wohl Oberdeutschlandes, als Niedersachsens. 3) Auflauern, in der Absicht zu schaden. Einem aufpassen. So auch die Aufpassung.


Aufpasser (W3) [Adelung]


+ Der Aufpasser, des -s, plur. ut nom. fing. in den gemeinen Mundarten, ein jeder Aufwärter. Besonders in einigen Städten, ein Bedienter, der in den Thoren auf die ankommenden Waaren Acht geben muß.


Aufpfeifen (W3) [Adelung]


+ Aufpfeifen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, in der gemeinen Sprechart, auf der Pfeife vorspielen. Einem ein Lustiges aufpfeifen.


Aufpflanzen (W3) [Adelung]


Aufpflanzen, verb. reg. act. in die Höhe pflanzen, doch nur in uneigentlicher Bedeutung. Die Fahne aufpflanzen, aufstecken. Mit aufgepflanztem Bajonette. Die Kanonen aufpflanzen, aufführen. So auch die Aufpflanzung.


Aufpflügen (W3) [Adelung]


Aufpflügen, verb. reg. act. 1) Durch Pflügen heraufbringen. Einen Stein, einen Schatz aufpflügen. 2) Durch Pflügen öffnen. Die Erde aufpflügen. So auch die Aufpflügung.


Aufpfropfen (W3) [Adelung]


Aufpfropfen, verb. reg. act. auf etwas pfropfen, besonders in uneigentlicher Bedeutung, in dem Bauwesen, alte eingegrabene Säulen über die Erde abschneiden, und auf neue eingegrabene Klötzer setzen. Daher die Aufpfropfung.


Aufpichen (W3) [Adelung]


Aufpichen, verb. reg. act. mit Pech auf etwas befestigen.


Aufpicken (W3) [Adelung]


Aufpicken, S. Aufbicken.


Aufplätten (W3) [Adelung]


Aufplätten, verb. reg. act. von neuen plätten. Ein Hemd, Manschetten aufplätten. S. auch Aufbügeln.


Aufplatzen (W3) [Adelung]


Aufplatzen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, durch Platzen geöffnet werden. Die Kastanien sind aufgeplatzet. Die Bretter platzen auf. Daher die Aufplatzung.


Aufprallen (W3) [Adelung]


Aufprallen, verb. reg. neutr. mit seyn, auf etwas prallen. Die Stelle, wo der geschlagene Ball aufprallt; nicht aufprellt, denn dieses würde das Factitivum seyn, welches aber, so viel ich weiß, nicht üblich ist.


Aufpressen (W3) [Adelung]


Aufpressen, verb. reg. act. von neuen pressen, vermittelt der Presse einen neuen Glanz geben. Zeuge, Tücher aufpressen. Daher die Aufpressung.


Aufprotzen (W3) [Adelung]


Aufprotzen, verb. reg. act. in der Geschützkunst, eine Kanone auf den Protzwagen bringen. Ein Stück aufprotzen. Daher die Aufprotzung.


Aufpudern (W3) [Adelung]


Aufpudern, verb. reg. act. von neuen pudern.


Aufputz (W3) [Adelung]


Der Aufputz, des -es, plur. inusit. die Handlung des Aufputzens in der ersten Bedeutung; ingleichen dasjenige, was zum Aufputzen dienet. Mit dem Aufputze eines Zimmers beschäftiget seyn. Ein schöner Aufputz.


Aufputzen (W3) [Adelung]


Aufputzen, verb. reg. act. 1) Was zum Putze einer Sache gehöret, in eine schickliche Ordnung bringen. Ein Zimmer auf-putzen. Eine Braut aufputzen. Den Kopf einer Braut aufputzen. Im Oberdeutschen aufschicken. Einen Hut aufputzen, bey den Hutmachern, ihm durch Bügeln und Glänzen ein gutes Ansehen geben. 2) Von neuen reinigen, säubern. Ein Geschirr aufputzen. Einen Degen aufputzen. So auch die Aufputzung.


Aufquellen (W3) [Adelung]


Aufquellen, ein Verbum, welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum mit irregulärer Conjugation und dem Hülfsworte seyn; S. Quellen. 1) Herauf quellen, von einem flüssigen Körper. Das Wasser quillt sehr stark auf. 2) Durch einen flüssigen Körper ausgedehnet werden. Das Getreide quillt von der Nässe auf. Der Stockfisch quillt im Wasser auf. Der Reis ist sehr aufgequollen.II. Als ein Activum, aufquellen machen, mit regelmäßiger Conjugation. Die Köchinn hat den Reiß aufgequellet, quellet die Erbsen auf. S. Quellen.So auch die Aufquellung in beyden Bedeutungen.


Aufquetschen (W3) [Adelung]


Aufquetschen, verb. reg. act. durch Quetschen oder Zerquetschen öffnen. Pfirschkerne aufquetschen.


Aufraffen (W3) [Adelung]


Aufraffen, verb. reg. act. 1) Zusammen raffen und aufheben, so wohl eigentlich, was auf der Erde zerstreuet liegt, ohne Ordnung und Wahl zusammen raffen; als auch figürlich, ohne Wahl aufsammeln. Wo hast du dieses Märchen aufgerafft? 2) In die Höhe raffen, doch nur uneigentlich. (a) Von einem Falle hurtig wieder aufstehen; als ein Reciprocum. Er raffte sich geschwinde wieder auf. Figürlich, sich nach einem harten Verluste wieder erhohlen, oder nach einer schweren Krankheit wieder zu Kräfte kommen. (b) Überhaupt, schnell. aufstehen. Sie rafft sich auf, um wegzugehen, Haged. Allein kaum hatt' ich mich vom Lehnstuhl aufgerafft, Wiel.

Anm. Aufraffen für wegraffen, in figürlicher Bedeutung, und heilige Leute werden aufgerafft, Es. 57, 1, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Aufrauchen (W3) [Adelung]


Aufrauchen, verb. reg. 1. Activum, rauchend alle machen. Allen Tobak aufrauchen. 2. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, einen in die Höhe steigenden Rauch von sich geben. Sie (die Locken) rauchten dampfend auf Gequetscht vom heißen Stahl, Zachar.


Aufräuchern (W3) [Adelung]


Aufräuchern, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche räuchern. Fleisch, Würste aufräuchern.


Aufräumen (W3) [Adelung]


Aufräumen, verb. reg. act. 1) In die Höhe räumen, in die Höhe stellen, und dadurch Raum machen. In dem Weinbaue heißt aufräumen auch, die Erde um die Weinstöcke auflockern, ehe der Saft in die Wurzeln tritt, räumen. In weiterer Bedeutung, die beweglichen Sachen in Ordnung stellen, und dadurch Raum machen. Den Hausrath, die Bücher aufräumen. Noch mehr aber metonymisch, ein Zimmer, ein Gewölbe aufräumen. Figürlich und im Scherze für plündern. Die Feinde haben hier gut aufgeräumt. Figürlich, wegschaffen, was das Gemüth mißvergnügt macht, in welcher Bedeutung aber nur das Participium der vergangenen Zeit aufgeräumt üblich ist, eine Gemüthsbeschaffenheit auszudrucken, welche ein geringer Grad der Fröhlichkeit ist, und entstehet, wenn man die Ursachen eines gehabten nicht mehr mit Bewußtseyn denkt. Aufgeräumt seyn, werden. Einen aufgeräumt machen. Zuweilen auch so viel als scherzhaft. Ein aufgeräumter Kopf. So auch die Aufräumung in den beyden ersten Bedeutungen.2) Ein Loch aufräumen, bey verschiedenen Handwerkern, es öffnen, erweitern. S. das folgende.

Anm. Aufräumen für aufreiben, wegraffen, ist im Hochdeutschen nicht üblich. Daß deine Seele nicht aufgeräumet werde, Richt. 18, 25. Daß ich euch nicht mit ihm aufräume, 1 Sam. 15, 6. Meine Zeit ist dahin und von mir aufgeräumet, Es. 38, 12. Böse Thiere, die die Leute aufräumen, Ezech. 14, 15.


Aufräumer (W3) [Adelung]


Der Aufräumer, des -s, plur. ut nom. fing. bey verschiedenen Metallarbeitern, ein viereckiger, zugespitzter Stift, ein gebohrtes Loch damit zu erweitern; oft auch ein Aufreiber.


Aufrechnen (W3) [Adelung]


Aufrechnen, verb. reg. act. durch Gegeneinanderhaltung zweyer Rechnungen aufheben. Wir wollen gegen einander aufrechnen. Figürlich. Wäre es so unbillig, die längere Zeit seiner Erwartung gegen eine größere Mühe aufzurechnen. Dusch. Daher die Aufrechnung, worunter in den Bergwerken diejenige Rechnung verstanden wird, die der Schichtmeister den Gewerken Ablegt, weil alsdann Einnahme und Ausgabe gegen einander Aufgerechnet wird.


Aufrecht (W3) [Adelung]


Aufrecht, adj. et adv. gerade, in die Höhe gerichtet 1) Eigentlich. Aufrecht gehen, stehen. Ein aufrechter Gang. Aufrecht im Bette sitzen. Im Hochdeutschen gebraucht man dieses Wort nur von der in die Höhe gerichteten Stellung eines Menschen, im Gegensatze des natürlichen Ganges der Thiere auf vier Füßen. Im Oberdeutschen aber ist es auch in andern Fällen für gerade stehend üblich; z. B. ein aufrecht stehendes Kreuz, Bluntschli. 2) Figürlich. (a) Muthig, im Gegensatze der Niedergeschlagenheit. Was mich in meinem Unglücke aufrecht erhält. So hält uns die Gelassenheit auch unter der Last der niedrigsten Begebenheiten aufrecht, Gell. (b) Im Wohlstande, in voller Kraft. Ruhe und Wohlstand aufrecht erhalten. Die Gesetze, den Frieden, die Handlung aufrecht erhalten. (c) * Für aufrichtig. Die aufrechte Wahrheit, Opitz. Ohne falsch, ganz aufrecht, bloß und frey, ebend. Wer aufrecht ist, der pflegt Gott anzublicken, ebend. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, in Oberdeutschland aber ist sie noch jetzt üblich.

Anm. Schon bey dem Notker findet sich ufreht in der ersten Eigentlichen Bedeutung. Aufgerecht und aufgericht für aufrecht, sind im Hochdeutschen veraltet. Das erstere kommt in dem 1483 zu Augsburg gedruckten Buche der Natur, das letztere aber Jes. 3, 16. vor. Aufrechts, wie Rabener sagt, für aufrecht, ist unnöthig und wider den Gebrauch. Aufrecht, aufgerichtet, und aufrichtig, kommen der Abstammung nach mit einander überein, die ältern Mundarten haben sie auch als völlig gleich bedeutend gebraucht; allein im Hochdeutschen ist ein jedes genauer eingeschränket worden. S. Aufrichten und Aufrichtig.


Aufrecken (W3) [Adelung]


Aufrecken, verb. reg. act. in die Höhe recken. Die Hand, die Finger aufrecken. Mit aufgerecktem Hals schnauft der beklommne Stier, Haged. Mit aufgerecktem Hals sieht die neugierge Menge Den Gaukler an, Gieseke. So auch die Aufreckung.

Anm. Aufgereckt, für aufgerichtet, Hiob 10, 16. wie ein aufgereckter Löwe, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Aufreden (W3) [Adelung]


+ Aufreden, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist. 1) Durch Beredung aufbringen. Einen Gesellen aufreden, bey den Handwerkern, ihn bereden, seinem Meister aus der Arbeit zu gehen. Er ist aufgeredet, aufgehetzet worden. 2) Einem etwas aufreden, ihn durch Zureden, durch Worte zu dessen Annahme bewegen. 3) Sich den Mund aufreden, durch vieles Reden gleichsam wund reden. So auch die Aufredung.


Aufregen (W3) [Adelung]


Aufregen, verb. reg. act. 1) Rege machen, aufrühren. Und als sie Asch' und Kohlen aufgeregt,Facht, bläst und hustet sie den ganzen Stoß zu Flammen, Haged. Empfindungen aufregen, besser erregen.2) * Zu etwas anregen, aufmuntern, doch nur im Oberdeutschen. So auch die Aufregung.


Aufreiben (W3) [Adelung]


Aufreiben, verb. irreg. act. S. Reiben. 1) Durch Reiben öffnen. Sich die Haut aufreiben. In Oberdeutschland, wo reiben auch drehen bedeutet, heißt aufreiben so viel als aufdrehen; z. B. einen Strick aufreiben. 2) Von neuen reiben. Ein Tuch aufreiben, damit man die kahlen Fäden nicht sehe, bey den Tuchbereitern. 3) Aufwärts reiben, aufrühren. So wird in der Landwirthschaft das ausgebrochene Getreide auf der Tenne mit einem Rechen, zwischen dessen Zähnen ein Strohwisch befestiget ist, aufgerieben oder aufgerüsselt. Die Bäcker reiben den Teig auf, wenn sie ihn von einem Ende des Troges bis zum andern zerreiben, damit Mehl, Sauerteig und Wasser gehörig unter einander komme. 4) Alles reiben, was gerieben werden soll. Alle Farben aufreiben, bey den Mahlern. Alles Brot, alle Semmel aufreiben, in den Küchen. 5) Wegreiben, wegraffen, doch nur figürlich, für vertilgen, von lebendigen Geschöpfen. Alle Einwohner sind durch die Pest aufgerieben worden. Die Armee wurde durch Hunger aufgerieben. Ich will sie mit dem Schwert, Hunger und Pestilenz aufreiben, Jerem. 14, 12. So auch die Aufreibung.


Aufreiber (W3) [Adelung]


Der Aufreiber, des -s, plur. ut nom. fing. 1) Bey den Flötenmachern, eine Art eines Hohlbohrers, die Flöten damit auszubohren. S. Aufräumer. 2) Bey den Bäckern, ein Bäckerknecht, welcher den Bräzelteig bearbeiten muß.


Aufreichen (W3) [Adelung]


+ Aufreichen, verb. reg. act. hinauf reichen, im gemeinen Leben. Einem etwas aufreichen. So auch die Aufreichung.


Aufreihen (W3) [Adelung]


Aufreihen, verb. reg. act. nach der Reihe auf einen Faden ziehen; wie auffädmen. Perlen, Korallen, Granaten aufreihen.


Aufreisen (W3) [Adelung]


* Aufreisen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, aufwärts reisen, in die Höhe fahren; ein im Hochdeutschen unbekanntes Zeitwort, S. Reifen. Nachdem Messias war zum Vater aufgereist. Opitz.


Aufreißen (W3) [Adelung]


Aufreißen, verb. irreg. ( S. Reißen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, aufgerissen werden, sich durch einen Riß öffnen. Die Breter reißen auf. Die Naht ist aufgerissen.II. Als ein Activum. 1) Mit einem Risse öffnen. Eine Naht aufreißen. In weiterer Bedeutung, schnell und mit einer Art von Gewalt öffnen. Die Thür, das Fenster aufreißen. Doch ein Geräusch entsteht, die Thür wird aufgerissen, Haged. Mit Krachen öffnen sich die aufgerißnen Flügel, (des Schrankes,) Zachar. Eine Wunde wieder aufreißen. Die Erde aufreißen, mit der Hacke aufbauen, welches in den Weinbergen die erste Arbeit in das Erdreich ist. Ingleichen figürlich, weit aufsperren. Das Maul aufreißen, wodurch man in Oberdeutschland das Gähnen ausdruckt. - Einen Drachen Mit funfzig aufgerißnen Feuer speynden Rachen, Raml. 2) In die Höhe reißen, schnell in die Höhe heben: ingleichen als ein Reciprocum, schnell auffahren. Ich riß mich schnell aus meinem Tiefsinne auf, ihr entgegen zu gehen, Dusch. Die Tuchmacher reißen das Tuch auf, wenn sie es mit der Karde rauhen, den Unrath des Filzes heraus zu reißen, wo aber auch die vorige Bedeutung Statt findet. 3) Von reißen, zeichnen, bedeutet aufreißen, einen Aufriß von einem Gebäude verfertigen, es abbilden, wie es von außen aussiehet, wenn man gerade vor demselben stehet, S. Aufriß. In der Wapenkunst ist aufreißen auch so viel, als ein Wapen visiren, blasoniren, oder es aufzeichnen. So auch die Aufreißung in den Bedeutungen des Activi.


Aufreiten (W3) [Adelung]


Aufreiten, verb. irreg. act. S. Reiten, wund reiten. Ein Pferd aufreiten. Sich aufreiten.


Aufreitzen (W3) [Adelung]


Aufreitzen, verb. reg. act. zum Zorne, zum Aufstande reitzen; obgleich selten, für das niedrigere aufhetzen.


Aufrennen (W3) [Adelung]


Aufrennen, ein Verbum, welches auf gedoppelte Art üblich ist.1. Als ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation, ( S. Rennen,) und dem Hülfsworte seyn, im Rennen auf etwas gerathen und sitzen bleiben. Das Schiff ist aufgerannt, auf den Sand, oder auf einen Felsen.2. Als ein Activum, gemeiniglich auch mit irregulärer, aber schon häufig und am richtigsten mit regelmäßiger Conjugation, durch Rennen öffnen. Eine Thür aufrennen. In den Schmelzhütten bedeutet es, das Loch in dem Stiche mit dem Stecheisen öffnen.


Aufrichten (W3) [Adelung]


Aufrichten, verb. reg. act. was liegt, in die Höhe richten.1. In eigentlicher Bedeutung. Einen Stuhl, der umgefallen ist, aufrichten. Sich im Bette aufrichten. Sich von der Erde aufrichten. Sieh die Blume richtet sich auf; voll blitzender Perlen Lacht sie schöner umher, Zachar. Das Participium der vergangenen Zeit wird zuweilen auch für aufrecht gebraucht. Aufgerichtet stehen, gehen. In welcher Bedeutung auch aufgericht, Jos. 3, 16, vorkommt; allein im Hochdeutschen gebraucht man dafür lieber aufrecht und in andern Fällen gerade.2. In weiterer Bedeutung für aufführen, von manchen Werken der Baukunst und der bildenden Künste. Ein Gebäude aufrichten. Einem ein Denkmahl, eine Ehrensäule aufrichten; wofür man doch lieber errichten sagt.3. Figürlich. 1) Stiften, den Anfang zu einer Sache machen, doch nur in einigen Fällen. Ein Regiment Soldaten aufrichten. Ein Bündniß mit einem aufrichten. Freundschaft mit einem aufrichten. Ein Reich, ein Bisthum u. s. f. aufrichten. Die edlere Schreibart wird auch hier lieber errichten gebrauchen. 2) Eine unangenehme Empfindung durch Erkenntniß und Empfindung des damit verbundenen Guten überwinden, trösten; wobey vornehmlich auf die Aufrichtung eines Liegenden gesehen wird. Einen Betrübten aufrichten. Sein Gemüth mit etwas aufrichten. Ich will sie mit einander aufrichten. Gell.So auch die Aufrichtung in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Ufrihten kommt schon bey dem Ottfried und Notker vor. Der erstere gebraucht dafür auch ufirrihten, auferrichten. Ehedem bedeutete aufrichten auch einen zugefügten Schaden ersetzen, und diese Bedeutung hat das Niedersächsische uprichten noch jetzt.


Aufrichtig (W3) [Adelung]


Aufrichtig, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Eigentlich, Aufrecht, aufgerichtet. Daß Gott den Menschen hat aufrichtig gemacht, Pred. 7, 30. Stehe aufrichtig auf deine Füße, Apostelg. 14, 10. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung veraltet; indessen sagt man noch in Oberdeutschland, ein aufrichtiger Stamm, eine aufrichtige Tanne, für gerade.2) Figürlich. (a) Acht, unverfälscht. Eine aufrichtige Waare. Ein aufrichtiger Wein. Noch mehr aber, (b) der innern Gemüthsfassung völlig gemäß, ohne Verstellung. Aufrichtig reden, aufrichtig handeln, so wie man es denkt. Ein aufrichtiger Mann. Ein aufrichtiger Freund, der nichts verschweiget. Ich mache mir eine Ehre daraus, mich an dem günstigen Schicksale meiner Schwester aufrichtig zu vergnügen, Gell. KeineArt von Leuten haßt er aufrichtiger und beständiger als die Heuchler. Aufrichtig und offenherzig sind nicht einerley. Die Offenherzigkeit schließt alle Zurückhaltung aus, die Aufrichtigkeit nicht. Ein Offenherziger sagt alles was er denkt; der Aufrichtige redet allemal so, wie er denkt, ohne eben alles zu sagen, was er denkt. Die Ehrlichkeit, Redlichkeit, Rechtschaffenheit sind von der Aufrichtigkeit noch weiter unterschieden; S. diese Wörter.


Aufrichtigkeit (W3) [Adelung]


Die Aufrichtigkeit, plur. inusit. 2) * Eigentlich, die gerade, aufrechte Stellung eines Körpers; eine Bedeutung, welche im Hochdeutschen nicht mehr üblich ist. 2) Figürlich. (1) Die ächte Beschaffenheit einer Sache, im Gegensatze der verfälschten. Die Aufrichtigkeit einer Waare. Sie zweifeln ohnedem sehr an der Aufrichtigkeit meiner Tugend, Gell. (2) Die Fertigkeit, seyn äußeres Bezeigen gegen andere feiner Gemüthsfassung gemäß einzurichten; im Gegensatze der Verstellung, und der Falschheit. S. das vorige.


Aufriegeln (W3) [Adelung]


Aufriegeln, verb. reg. act. durch Zurückschiebung des Riegels öffnen. Eine Thür, ein Zimmer aufriegeln. Daher die Aufriegelung.


Aufriß (W3) [Adelung]


Der Aufriß, des -sses, plur. die -sse, die Abzeichnung einer Sache, wie sie von außen, wenn man nahe davor stehet, gesehen wird, ohne Plural, und der dadurch entstandene Riß mit demselben. Der Aufriß eines Gebäudes, welcher auch der Aufzug, der Standriß, die Orthographie genannt wird, im Gegensatze des Grundrisses, des Durchschnittes und des perspektivischen Risses. S. Aufreißen.


Aufritzen (W3) [Adelung]


Aufritzen, verb. reg. act. durch einen Ritz öffnen, Ritze in etwas machen. Sich die Haut aufritzen. Daher die Aufritzung.


Aufrocken (W3) [Adelung]


Aufrocken, verb. reg. act. auf den Rocken bringen. Flachs aufrocken, in Niedersachsen aufwocken.


Aufröhren (W3) [Adelung]


Aufröhren, verb. reg. act. welches aber nur selten gehöret wird, eine verstopfte Röhre wieder öffnen. Die eingefrornen Hähne an den Fässern mit glühenden Kohlen aufröhren.


Aufrollen (W3) [Adelung]


Aufrollen, verb. reg. act. 1) Auf oder um etwas rollen. Ein Stück Zeug, einen Bogen Papier, die Haare aufrollen. 2) Aus einander rollen. Ein Stück Zeug aufrollen. So auch die Aufrollung.


Aufrücken (W3) [Adelung]


Aufrücken, verb. reg. act. 1) In die Höhe rücken, herauf oder hinauf rücken. Den Schleifhamen aufrücken bey den Fischern; ihn in die Höhe ziehen. Den Acker aufrücken, in der Landwirthschaft, ihn in der Mitte des Rückens erhöhen, welches in manchen Gegenden auch aufbergen genannt wird. Ehedem waren hiervon auch die figürlichen Bedeutungen für aufrichten und aufbringen üblich, wovon Haltaus Beyspiese gesammelt hat.2) Von neuen rücken, oder bewegen, aber nur in der figürlichen Bedeutung, von neuen erwähnen. Daß wir alle solche Schuld und Sache - - nicht mehr rugen noch auffrucken wollen, in einer Halberstädtischen Urkunde von 1425 bey dem Haltaus, wo noch mehrere Beyspiele angeführet werden. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, und hat nur die weitere des Vorwerfens zurück gelassen. Einem seine Fehler aufrücken, vorwerfen. Einem die empfangenen Wohlthaten aufrücken. Er giebt wenig und rückt einem viel auf, Sir. 20, 5. So auch die Aufrückung.

Anm. Es ist unnöthig, dieses Verbum in der letzten Bedeutung als das Frequentativum von rügen anzusehen. Rügen wird niehmals mit auf verbunden; über dieß giebt rücken, movere, welches in vorrücken eben dieselbe Bedeutung hat, hier einen sehr begreiflichen Verstand. In dem 1523 zu Basel gedruckten neuen Testamente Lutheri wird aufrucken als ein unbekanntes Wort durch verweysen, beschuldigen, erkläret. Bey dem Opitz kommt auch das sonst ungewöhnliche Substantiv der Ausdruck vor Deren Redlichkeit.Als wie ein Ausdruck ist den Leuten dieser Zeit; entweder in der Bedeutung eines Vorwurfes, oder auch der Aufmunterung; denn aufregen ist im Oberdeutschen auch für anreißen, aufmuntern üblich, und rücken ist wieder nichts als das Frequentativum von regen.


Aufrudeln (W3) [Adelung]


* Aufrudeln, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben einiger Gegenden für aufrühren oder vielmehr aufrütteln üblich ist. Die Sandhorste in dem Mühlgraben aufrudeln.


Aufruf (W3) [Adelung]


Der Aufruf, des -es, plur. inusit. die Handlung des Aufrufens in beyden Bedeutungen. Der Aufruf eines Schlafenden, eines Schülers.


Aufrufen (W3) [Adelung]


Aufrufen, verb. irreg. act. S. Rufen. 1) Zum Aufstehen Rufen, so wohl eigentlich, einen Schlafenden aufrufen; als auch figürlich, zu einer andern Handlung rufen. Einen zum Tanze, zum Spielen aufrufen. Einen Schüler in der Schule Aufrufen. 2) * Widerrufen, welche Bedeutung nur in einigen Kanzelleyen üblich ist. Einen Vergleich, ein Cartel aufrufen. So auch die Aufrufung.


Aufrührer (W3) [Adelung]


Der Aufrührer, des -s, plur. ut nom. fing. derjenige, Welcher das Volk zum Aufruhre verleitet, und in weiterer Bedeutung auch, der sich zum Aufruhre verleiten lässet. Kero Gebraucht statt dieses Wortes Widarwigo und Isidor Widharbruhtic.


Aufrührisch (W3) [Adelung]


Aufrührisch, -er, -te, adj. et adv. im Aufruhre befangen, zum Aufruhre geneigt. Aufrührisch seyn. Ein aufrührisches Volk. Figürlich auch, in eine heftige Bewegung versetzt, oder Doch dazu geneigt. Wenn Schmerz, Reue und Verzweiflung seine Seele gleich aufrührischen Wogen durchströmen, von Brawe. Gehen sie mir Muße, mich aus diesem Wirbel aufrührischer Leidenschaften heraus zu arbeiten, ebend.


Aufrupfen (W3) [Adelung]


Aufrupfen, verb. reg. act. Den Hut aufrupfen, bey den Hutmachern, ihn mit Fischhaut reiben, um ein kurzes steifes Haar zum Vorscheine zu bringen.


Aufrüsseln (W3) [Adelung]


Aufrüsseln, verb. reg. act. wie das folgende aufrütteln, doch nur von dem Strohe und andere Materien, welche bey dem Rütteln ein dem Rüsseln ähnliches Geräusch machen. S. auch Auftreiben 3.


Aufrüsten (W3) [Adelung]


Aufrüsten, verb. reg. neutr. mit haben, ein Gerüst aufführen, besonders bey den Maurern; im Gegensatze des abrüsten. Im figürlichen Verstande gebraucht Opitz dieses Wort von den Sperlingen. Hier pflegt in stiller Ruh der Sperling aufzurücken, Sucht für seyn leichtes Nest ihm einen kleinen Raum. Daher die Aufrüstung.


Aufrütteln (W3) [Adelung]


Aufrütteln, verb. reg. act. das Iterativum des ungewöhnlichen aufrütten, durch Rütteln in die Höhe bringen. Jemanden aus dem Schlafe aufrütteln. Ingleichen, durch Rütteln locker machen. Stroh aufrütteln. S. auch Aufrütteln. Daher die Aufrüttelung.


Aufsacken (W3) [Adelung]


+ Aufsacken, verb. reg. act. 1) Einen gefüllten Sack auf die Schultern nehmen. In weiterer Bedeutung, eine Last auf die Schultern oder Arme nehmen. Einen Tragekorb, ein Kleid aufsacken. 2) Als eine schwere Last auflegen. Einem viele Arbeit aufsacken. Beydes als eine niedrige Figur nur im gemeinen Leben.


Aufsagen (W3) [Adelung]


Aufsagen, verb. reg. act. 1) Stehend hersagen, in den niedrigen Schulen, wo die Kinder ihre Lection aufsagen müssen. 2) Eine Verabredung, oder eine getroffene Verbindung widerrufen. Einen Kauf aufsagen. Einem die Miethe, den Dienst, die Freundschaft aufsagen. Einem den Kauf, oder den Handel aufsagen, im gemeinen Leben, alle Verbindung mit ihm aufheben. Hat er ihm auch schon den Kauf aufgesagt: Weiße. Sie haben ihm ja den ganzen Handel aufgesagt, Gell. Nur wünsch' ich, daß ich nicht in meine Grube fahre, Eh ich dem Laster schon den Handel aufgesagt, Haged. So auch die Aufsagung.


Aufsägen (W3) [Adelung]


Aufsägen, verb. reg. act. mit der Säge öffnen.


Aufsammeln (W3) [Adelung]


Aufsammeln, verb. reg. act. sammeln und aufheben. Erbsen, Nüsse, Körner aufsammeln, nehmlich von der Erde. Ich Thor sammelte Blumen auf, die in den Thränen anderer reisten, Dusch. Figürlich. Ich konnte nicht die letzten zärtlichen Worte von seinen sterbenden Lippen aufsammeln, von Brawe. Daher die Aufsammelung.


Aufsatteln (W3) [Adelung]


Aufsatteln, verb. reg. act. den Sattel auflegen, satteln. Das Pferd aufsatteln, Daher die Aufsattelung.


Aufsatz (W3) [Adelung]


Der Aufsatz, des -es, plur. die -sätze. 1) Die Handlung des Aufsetzens, ohne Plural, und nur in einigen wenigen Fällen, indem Aufsetzung in dieser Bedeutung üblicher ist. Doch saget man an einigen Orten der Aufsatz eines Meiers, Die Übergabe eines Gutes an denselben.2) Dasjenige, was aufgesetzet wird; so wohl, (1) in eigentlicher und weiterer Bedeutung, was auf einen andern Körper gesetzt wird, entweder ihn zu verlängern, oder ihn zu zieren. So werden bey den Wasserkünsten diejenige Röhren, welche auf die Hauptröhre gesetzet werden, und dem Wasserstrahle allerley Figuren mittheilen, Aufsätze genannt. In der Baukunst führen diesen Nahmen der Schild, oder andere Zierathen, welche unmittelbar auf das Hauptgesimse gesetzet werden. In der Artillerie ist Aufsatz das Visier, womit die Kanone gerichtet wird. Aufsatzröhren, in den Bergwerken, sind Röhren, mit welchen die Röhren der Kunstgezeuge verstärket werden. Die Aufsätze der Nähterinnen sind kleine Bünde, oder schmale eingeschlagene Streife, einige Theile der Wäsche zu verstärken. Auch der Kopfputz des schönen Geschlechts ist unter dem Nahmen des Aufsatzes bekannt; ein Ausdruck, welchen zuweilen auch die Art und Weise dieses Kopfputzes, den Geschmack, nach welchem derselbe gewählet und eingerichtet ist, ausdrückt. In engerer Bedeutung werden zuweilen auch verschiedene zusammen gehörige Stücke einer Art, welche zum Zierathe auf Tische, Commoden, Öfen, Kamine, Schränke u. s. f. gesetzt werden, ein Aufsatz genannt. So hat man Aufsätze von Porzellan, Confituren-Aufsätze u. s. f. Ferner werden diejenigen Speisen, welche auf ein Mahl aufgesetzet werden, und sonst ein Gang heißen, auch ein Aufsatz genannt. (2) Figürlich, was aufgeschrieben ist, doch nur in der Bedeutung eines schriftlichen Vortrages zusammen hängender Sätze, welche die Vorstellung einer gewissen Wahrheit enthalten. Ein Aufsatz. Ein schriftlicher Aufsatz. Einen Aufsatz machen, übergeben. Aufsatz ist in dieser Bedeutung ein allgemeiner Ausdruck, welcher die nähere Art unbestimmt lässet. Zuweilen gebraucht man diesen Ausdruck auch in noch engerer Bedeutung, für den ersten Aufsatz, den Entwurf einer Schrift.3) * Das Abstractum des Verbi aufsetzen, in einigen figürlichen Bedeutungen, welche zwar im Hochdeutschen veraltet sind, aber um einiger abgeleiteten Wörter willen doch angemerket werden müssen. So bedeutete Aufsatz ehedem, (1) Vorsatz, Entschluß, von welcher Bedeutung Haltaus Beyspiele angeführet hat. Das Nieders. Upsat und Schwed. Upplat, haben noch jetzt diese Bedeutung. (2) Satzung, Gesetz, Verordnung, in einer Urkunde Kaisers Sigismundi von 1433 bey dem Haltaus. Auch in Luthers Bibel kommt es für Satzung, Verordnung vor. (3) Eine Auflage, besonders eine neue ungewöhnliche Auflage, gleichfalls bey dem Haltaus. (4) Erhöhung des Preises, Aufschlag; eine noch im Magdeburgischen übliche Bedeutung. (5) Böser Vorsatz, Tücke, Nachstellung. So wird Aufsatz in den mittlern Zeiten oft mit Gefärde verbunden, Wovon Haltaus nachgesehen werden kann. Inn ganz vollkommenlicher treu. An allen Aufsatz, sorg und schew, Hans Sachs. Das Holländ. Opset und Schwed. Uppsat. Sind noch jetzt in dieser Bedeutung üblich. (6) Unzeitiger, unweiser Vorsatz, Eigensinn, Halsstarrigkeit; welche Bedeutung noch im Oberdeutschen gangbar ist. Etwas aus Aufsatz thun. Es ist nur ein Aufsatz bey ihm. Auch das Niedersächsische Upsat ist noch in dieser Bedeutung bekannt. (7) Haß, Feindschaft. Auch diese Bedeutung findet noch im Oberdeutschen Statt. Den großen Aufsatz des Hauses Österreich wider die Stadt Mühlhausen, Bluntschli. Weil die Stadt den Kaisern treu verblieb, so erlitt sie deswegen von den Päpsten großen Aufsatz, ebend. S. Aufsätzig. (8) Aufruhr. Es war allenthalben viel Raubens, Mordens und Aufsatzes, ebend. In und um Hamburg wird Upsat auch noch in dieser Bedeutung gebraucht. Alle diese im Hochdeutschen nicht mehr üblichen Bedeutungen lassen sich aus dem Gebrauche des einfachen Verbi setzen leicht erklären. S. dasselbe, wie auch Aufsetzen.


Aufsätzig (W3) [Adelung]


Aufsätzig, -er, -ste, adj. et adv. Welches im Hochdeutschen nur noch die Bedeutung des Hasses, der Widerspänstigkeit, welche Aufsatz ehedem hatte, fortgepflanzet hat; gehässig, widerspänstig. Einem aufsätzig seyn, oder werden. So auch die Aufsätzigkeit. Die Unrichtigkeit der Schreibarten aufsätzig und aufsässig ist aus der Abstammung leicht zu ersehen.


Aufsaubern (W3) [Adelung]


Aufsaubern, verb. reg. act. 1) Sauber, rein machen. In den Bergwerken bedeutet dieses Wort, die gewonnenen Erze und Berge vor Ort wegschaffen, welches durch gewisse Aufsauberer geschiehet. 2) Von neun säubern, oder reinigen. So auch die Aufsäuberung.


Aufsaugen (W3) [Adelung]


Aufsaugen, verb. irreg. act. S. Saugen, durch Saugen öffnen, wund saugen, im gemeinen Leben.


Aufsäugen (W3) [Adelung]


Aufsäugen, verb. reg. act. groß säugen. Ein Kind aufsäugen. Daher die Aufsäugung.


Aufschaben (W3) [Adelung]


Aufschaben, verb. reg. act. 1) Durch Schaben öffnen. 2) Von neuen beschaben.


Aufschanzen (W3) [Adelung]


* Aufschanzen, verb. reg. act. für aufführen, errichten; ein im Hochdeutschen völlig ungewöhnliches Wort. Wer hat den Wald gepflanzet?Wer ruft das Gras herauf? Gibt Korn und Most und schanzet Gebirg' und Thäler auf? Cram.


Aufschärfen (W3) [Adelung]


Aufschärfen, verb. reg. act. 1) Durch Schärfen, d. i. Schneiden, öffnen. So wird dieses Wort bey den Jägern alle Mahl für Aufschneiden gebraucht, das letztere aber mit dem Weidemesser bestraft. Ein Thier aufschärfen, die Haut aufschärfen, und nach einer gröbern Mundart, aufschürfen. In Oberdeutschland ist dieses Wort auch für aufritzen, oder wund stoßen üblich. Sich die Haut aufschärfen. 2) Von neuen scharf machen. Eine Säge aufschärfen. So auch die Aufschärfung.


Aufscharren (W3) [Adelung]


Aufscharren, verb. reg. act. 1) Heraufscharren. Kohlen aus der Asche aufscharren. 2) Auf einen Haufen scharren. Die Erde aufscharren.


Aufschauen (W3) [Adelung]


Aufschauen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und im Oberdeutschen gebräuchlicher ist, als im Hochdeutschen, aufsehen, in die Höhe sehen. Schau auf, ob mich Gewinn dir dieß zu sagen zwingt, Opitz. Sie schauen auf, woher die süßen Töne klängen, Wiel.


Aufschauern (W3) [Adelung]


Aufschauern, verb. reg. act. welches nur in dem Weinbaue einiger Gegenden üblich ist, wo es den Weinberg zum dritten Mahle beschicken bedeutet.


Aufschaufeln (W3) [Adelung]


Aufschaufeln, verb. reg. act. 1) Auf die Schaufel nehmen. Du hast zu viel aufgeschaufelt. 2) Auf einen Haufen schaufeln. Erde aufschaufeln.


Aufschäumen (W3) [Adelung]


Aufschäumen, verb. reg. neutr. mit haben, in die Höhe schäumen, sich als ein Schaum erheben. Borax und Alaun schäumen im Feuer auf. Das aufgeschäumte Meer, bey dem Neukirch, ist wider die Natur der Neutrorum, welche mit haben verbunden werden. Daher die Aufschäumung.


Aufschenken (W3) [Adelung]


+ Aufschenken, verb. reg. act. im Ballspiele, den Ball, welchen ein anderer schlagen soll, in die Höhe werfen. S. Schenken.


Aufscheren (W3) [Adelung]


* Aufscheren, verb. reg. act. bey den Webern, auf den Scherbaum bringen, aufziehen.


Aufscheuchen (W3) [Adelung]


Aufscheuchen, verb. reg. act. durch Scheuchen zum Aufstehen oder Auffliegen bewegen. Vögel aufscheuchen. Ein Wild aufscheuchen. Daher die Aufscheuchung.


Aufscheuern (W3) [Adelung]


Aufscheuern, verb. reg. act. 1) Alles was gescheuert werden sollte, scheuern. Die Magd hat aufgescheuert. 2) Wie das einfache scheuern. Die Magd muß aufscheuern, das Küchengeschirr scheuern. 3) Wund scheuern, wund reiben. Die Haut aufscheuern, sich aufscheuern. So auch die Aufscheuerung.


Aufschichten (W3) [Adelung]


Aufschichten, verb. reg. act. in Schichten aufsetzen, auf einen Haufen schichten. Waaren aufschichten.


Aufschicken (W3) [Adelung]


* Aufschicken, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen üblich ist, für aufputzen, aufschmücken. Mein Tisch, mein Haus, mein Stall ist kostbar aufgeschickt, Opitz. Daher die Aufschickung.


Aufschieben (W3) [Adelung]


Aufschieben, verb. irreg. act. S. Schieben. 1) Eine Sache auf die andere schieben, doch nur in der figürlichen Bedeutung, eine Handlung auf eine andere Zeit schieben oder versparen. Etwas aufschieben. Etwas von einem Tage zum andern aufschieben. Die Hochzeit ist einige Tage aufgeschoben worden. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Diese Bedeutung rühret ohne Zweifel von der R. A. Her, etwas auf die lange Bank schieben. Das Schwedische uppskjuta, von skjuta, schieben, schießen, hat gleiche Bedeutung. 2) Durch Schieben öffnen. Ein Fenster aufschieben. Daher die Aufschiebung, in der letzten eigentlichen Bedeutung. In der ersten figürlichen ist Aufschub üblicher.


Aufschiebling (W3) [Adelung]


* Der Aufschiebling, des -es, plur. die -e. 1) In dem Forstwesen einiger Gegenden, z. B. in Sachsen, ein junger aufgeschossener Baum, weil aufschieben, auch in einigen niedrigen Mundarten als ein Neutrum für aufschießen, schnell aufwachsen, Gebraucht wird. 2) In der Baukunst, ein Holz an dem Dachwerke, welches in die Lagerbalken verzapfet, und auf die Sparren gleichsam aufgeschoben wird, damit das Dach über die Wand hervor stehe, und die Balkenköpfe vor dem Wetter bewahret werden; ein Traufhaken, weil man die Dachrinne darauf befestiget. Es wird dieses Wort auch Aufschübling geschrieben, und alsdann nicht so wohl von dem Verbo, als vielmehr von dem Substantivo Aufschub abgeleitet.


Aufschießen (W3) [Adelung]


Aufschießen, verb. irreg. ( S. Schießen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, in die Höhe schießen. 1) Schnell aufwachen, so wohl von Pflanzen, als Thieren und Menschen. Ein aufgeschossener junger Baum. Ein aufgeschossener junger Mensch. Die Saat ist aufgeschossen. Und reizt des Schnitters Hand, Haged. Ingleichen überhaupt für aufwachen. Ein harter Fluch beschwert das Land, Wo dieser Weinstock aufgeschossen, ebend. 2) Schnell herauf fahren. Die Fische schießen aus der Tiefe auf. Ein Rebhuhn schoß schwirrend auf, flog schnell und schwirrend auf.II. Als ein Activum, mit einem Schusse aus dem Feuergewehre öffnen. Die Thore aufschießen. Daher die Aufschießung in der Bedeutung des Activi.


Aufschlacken (W3) [Adelung]


Aufschlacken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, völlig zu Schlacken werden, in den Schmelzhütten. Daher die Aufschlackung.


Aufschlag (W3) [Adelung]


Der Aufschlag, des -es, plur. die -schläge, das Substantiv von dem folgenden Verbo, welches so wohl dessen thätige als mittlere Bedeutung annimmt.I. Von der thätigen Gattung des Verbi bedeutet es,1. Die Handlung des Aufschlagens, doch nur in einigen einzelnen Fällen, und alsdann ohne Plural. So sagt man z. B. der Aufschlag einer Karte, das Öffnen derselben durch Aufschlagung des obersten Blattes, und zuweilen dieses oberste Blatt selbst. In der Musik ist der Aufschlag bey dem Schlagen des Taktes, das Erheben der Hand, Griech. Arsis; im Gegensatz des Niederschlages, Griech. Thesis. In figürlicher Bedeutung wird in einigen Oberdeutschen Gegenden auch ein Verlauf an die Meistbiethenden, oder eine Auction, ein Aufschlag genannt, weil in derselben der Preis der Dinge aufgeschlagen, d. i. gesteigert wird.2. Dasjenige, was aufgeschlagen wird, in verschiedenen, so wohl eigentlichen und weitern, als figürlichen Bedeutungen des Verbi. 1) Der Aufschlag an einem Kleide, oder derjenige Theil an demselben, welcher auf- oder umgeschlagen wird; Nieders. Upslag, Patte, Krempe. Der Aufschlag eines Stiefels, an den aufgeschlagenen Stiefeln ohne Stulpen, welche nur bis über die Waden gehen. 2) Bey de Vogelstellern gewisse Hölzer, mit daran ausgespannten Netzen auf den großen Vogel- oder Finkenherden, welche gerücket oder aufgeschlagen werden. Hierher gehören auch, 3) die Aufschlagewasser in den Wasserkünsten und Wassermühlen, worunter man dasjenige Wasser verstehet, welches auf die Räder fällt, und sie in Bewegung setzet. 4) Eine erhöhete Abgabe von ein- und ausgehenden Waaren, und in weiterer Bedeutung auch wohl eine jede Abgabe von ein- und ausgehenden Waaren, welche in andern Gegenden Zoll, Mauth, Licent und Accise genannt wird. Den Aufschlag von zwey Pfennigen auf das Pfund fallen lassen. In dieser Bedeutung ist Aufschlag vornehmlich in Österreich und Baiern üblich.II. Von dem Neutro aufschlagen bezeichnet es so wohl dessen Abstractum, wenn von dem Aufschlage einer Waare, oder dem Steigen derselben im Preise geredet wird; als auch in einigen Fällen dasjenige, was aufschläget, oder in die Höhe schnellet. In diesem Sinne führet eine Art Vogelschlingen diesen Rahmen, welche wie die Sprenkel gestaltet, aber nicht krumm gebogen, sondern von dem Erdboden gerade aufgewachsen sind. In dem Forstwesen einiger Orten wird auch das aus gefallenen oder gesäeten Samen aufgeschossene junge Holz ein Aufschlag genannt. Den jungen Aufschlag vor dem Viehfraß sichern. Dagegen Anflug eigentlich von dem jungen Tangelholze gebraucht wird, welches aus geflügelten Samen aufschießt.

Anm. Im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutungen dieses Wortes sind, 1. eine jede Vermehrung, wovon bey dem Haltaus Beyspiele zu finden sind. Das Oberdeutsche Aufschlag für Zoll und Auction, ingleichen der Hochdeutsche Aufschlag der Waaren sind noch Überbleibsel davon. 2. Ein Aufschub, wovon Haltaus h. v. nachzusehen ist. 3. Aufwand, welche Bedeutung das Niedersächsische Upslag noch hat.


Aufschlagen (W3) [Adelung]


Aufschlagen, verb. irreg. ( S. Schlagen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum.1. In die Höhe schlagen, aufwärts schlagen, und zwar, 1) in eigentlicher und weiterer Bedeutung. Ein Bett aufschlagen, mit Hammerschlägen zusammen setzen, und zum Stehen bringen. Ein Gezelt aufschlagen. Das Lager an einem Orte aufschlagen. Eine Bude aufschlagen. Ein Faß aufschlagen, es zusammen setzen, bey den Böttchern, von großen Gefäßen, dagegen kleinere nur aufgesetzet werden. Ein Kleid aufschlagen, einige äußere Theile desselben umschlagen. Aufgeschlagene Stiefeln, an welchen der obere Theil, der sonst die Stulpe ausmachte, um- und niedergeschlagen wird. Das Betttuch aufschlagen. Einen Tisch aufschlagen, oder aufklappen, die niedergelassene Klappe herauf thun. 2) Figürlich. (a) Seine Wohnung an einem Orte aufschlagen, sich daselbst niederlassen, wo die Figur von dem Aufschlagen eines Gezeltes entlehnet ist. Nach einer noch weitern Figur. Der Feind, der uns täglich ängstiget, hat seinen Sitz mitten in unserm Herzen aufgeschlagen. Der Gram schlug seinen Sitz in seiner Seele auf. (b) Schnell in die Höhe richten, von den Augen, schnell aufsehen. Die Augen aufschlagen. Bald schlugst du dein nasses Auge gen Himmel auf. Er wagt sich in ihrer Gegenwart nicht, die Augen aufzuschlagen, Weiße. Die Augen aufschlagen bedeutet oft auch nur so viel als öffnen, S. hernach unter der Bedeutung des Öffnens. (c) Durch Schläge zum Aufstehen nöthigen, im gemeinen Leben. Einen aufschlagen. (b) Durch Schläge hervor bringen, doch nur in der R. A. Feuer aufschlagen. Sie mögen den Funken, den ich aufschlagen will, selbst in Flammen bringen, Weiße. Hierher gehöret auch, (e) die R. A. ein Gelächter aufschlagen, anfangen überlaut zu lachen, welche vorzüglich in Weißen bekannt ist. (f) * Aufschieben, von welcher im Hochdeutschen veralteten Bedeutung, die schon bey dem Notker vorkommt, Haltaus h. v. nachzusehen ist. In den Bergwerken bedeutet aufschlagen so viel, als den Arbeitern den Lohn schuldig bleiben, welches ohne Zweifel ein Überrest dieser Bedeutung ist.2. Eine Sache auf die andere schlagen, mit Schlägen auf die andere befestigen, oder nur mit derselben verbinden. So schlagen die Schuster einen Schuh nach, wenn sie ihn über den Nichtleisten schlagen. Der Schmid schlägt dem Pferde die Hufeisen auf, und in den Salzsiedereyen wird das Salz aufgeschlagen, wenn es auf die voll geschütteten Körbe aufgehäufet wird, welches vermittelst besonderer Aufschlageschaufeln geschiehet. In diesem Falle kann aufschlagen aber auch zu der ersten Bedeutung gezogen werden. Das Wasser aufschlagen, oder richtiger, das Wasser auf die Räder oder Kunstgezeuge schlagen, es auf dieselben fließen lassen, im Gegensatze des Abschlagens; daher diejenigen Schaufeln an den Kunstgezeugen, worauf die Aufschlagewasser fallen, auch die Aufschlageschaufeln genannt werden. Einen Befehl aufschlagen wurde ehedem auch für anschlagen gebraucht, wovon Haltaus nachzusehen ist.3. Mit Schlägen öffnen. 1) In eigentlicher Bedeutung. Eine Thür, ein Fenster, ein Faß, eine Nuß aufschlagen. Hierher gehöret wohl auch die in den Ungarischen Bergwerken übliche R. A. wo aufschlagen für Aufsitzen, d. i. vor Ort arbeiten, gebraucht wird. 2) In weiterer Bedeutung. Einen Brief aufschlagen, aus einander legen. Ihr Brief liegt aufgeschlagen vor mir. Eine Stelle in dem Buche, einen Spruch aufschlagen, durch Öffnung des Buches aufsuchen; daher einige auch Lexicon durch ein Aufschlagebuch geben wollen, welche Benennung aber wenig Beyfall gefunden und durch Wörterbuch verdränget worden. Die Augen aufschlagen, schnell öffnen. Erschlug die schweren Augen auf. Von einer anderen Bedeutung dieser Redensart siehe oben N. 1. Eine Spielkarte aufschlagen, durch Aufhebung des ersten Blattes gleichsam öffnen. Sich den Kopf, die Hand aufschlagen, durch einen Schlag, aber auch wohl durch einen Fall verwunden. Bey den Jägern schlägt das Wildherr, oder eine Sau das Bad auf, wenn sie die Suhllache oder Pfütze, in welcher sie sich haben wollen, vorher aufräumen. Die Wäscherinnen schlagen die Wäsche auf, wenn sie selbige, nachdem sie ausgerungen worden, aus einander schlagen und glatt streichen, ehe sie selbige trocknen. Die Lohgärber schlagen die Felle auf, wenn sie selbige in der Beiße umwenden; ingleichen, wenn sie die aus dem Ascher genommenen Felle aufhängen. Bey den Steinmetzen bedeutet aufschlagen, die Flächen des Quatersteines mit parallelen Reifen verzieren.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, in die Höhe schlagen. 1) In eigentlicher Bedeutung für aufschnappen, aufkippen. Wenn das Brett aufschlägt, wirst du herunter fallen. 2) In weiterer Bedeutung für aufwachsen, in welcher dieses Verbum in dem Forstwesen einiger Orten von dem Aufwachsen junger Bäume aus gefallenen oder gesäeten Samen gebraucht wird. S. Aufschlag. 3) Figürlich, vermehret werden, doch nur von der zufälligen Vermehrung des Preises einer Waare. Diese Waare ist aufgeschlagen. Das Korn ist bis auf sechs Thaler aufgeschlagen.

Anm. Einige andere Bedeutungen dieses Wortes, besonders in dessen thätigen Gattung sind im Hochdeutschen nicht mehr üblich; z. B. für vermehren, wovon noch die mittlere Bedeutung, vermehret werden, herstammet; S. auch Aufschlag. Ingleichen Aufwand machen, welche Bedeutung noch das Niedersächsische upslaen hat; wie auch, einen Prahlenden in seiner Prahlerey bestärken, welche auch noch im Niedersächsischen üblich ist. Das Hauptwort, die Aufschlagung, kann in allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden.


Aufschläger (W3) [Adelung]


Der Aufschläger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Aufschlägerinn, plur. die -en, eine Person, welche aufschläget, in den eigentlichen Bedeutungen des Activi. Besonders, 1) bey den Bräzelbäckern derjenige Gesell, welcher die erwärmten Bräzel aus dem Kessel ziehet, und auf den Schieber schlägt. 1) In Oberdeutschland, derjenige, der zur Einnahme des Aufschlages gesetzt wird, ein Zolleinnehmer.


Aufschlichten (W3) [Adelung]


Aufschlichten, verb. reg. act. in die Höhe schlichten, d. i. ordentlich auf einander legen. Holz, Steine aufschlichten, wofür man in Niedersachsen aufmalten und aufstapeln sagt. Daher die Aufschlichtung.


Aufschlicken (W3) [Adelung]


* Aufschlicken, verb. reg. act. durch Schlick oder Schlamm erhöhen. So schlicken manche Flüsse das Ufer auf.


Aufschließen (W3) [Adelung]


Aufschließen, verb. irreg. act. ( S. Schließen.) 1. * Auf einander schließen, doch nur bey den Hutmachern, welche die Fache aufschließen, wenn sie selbige an den Rändern zusammen filzen, und mit einander verbinden.2. Mit dem Schlüssel öffnen. 1) Eigentlich. Ein Schloß Aufschließen. In weiterer Bedeutung, die Thür, ein Zimmer, das Haus, den Garten aufschließen. 2) Figürlich. (a) Öffnen. Das Erzt schließt sich auf, in dem Bergbaue, wenn es sich von einander thut, weil es vitriolisch oder kobaltisch ist. Ein Seid aufschließen, gleichfalls in der Bergsprache, dasselbe bauen, und dadurch gleichsam öffnen. Die Blumen schließen sich auf, in der höhern Schreibart. Und jede Blume schloß den holden Busen auf. Wiel. Bis die Zukunft mir die Augen aufschließet. Nach und nach schließt die Erde ihren Schoß mehr und mehr auf, und läßt ihre Gewächse hervor sprießen. Einem seyn Herz auf- schließen, ihm seine geheimesten Gedanken und Empfindungen entdecken. Jetzt soll sich die mein ganzes Herz aufschließen, v. Brawe. Ingleichen einem seine Neigung widmen.Wem schließen aller Herzen so weit sich auf? Denis. Wie auch zum Mitleiden gegen jemanden beweget werden. (b) Klar und deutlich machen. Wie viele Schätze schließet der angehende Frühling unsern Sinnen auf! Einem eine dunkele Stelle einer Schrift aufschließen. Wenn sich nicht oft von ungefähr das Geheimniß aufschließt. Dieß muß das ganze unglückliche Geheimniß aufschließen, v. Brawe. So auch die Aufschließung. S. auch Aufschluß.


Aufschlitzen (W3) [Adelung]


Aufschlitzen, verb. reg. act. vermittelst eines Schlitzes öffnen. Einem den Bauch, dem Pferde die Nasenlöcher, einem Hunde die Ohren aufschlitzen. So auch die Aufschlitzung.


Aufschluß (W3) [Adelung]


Der Aufschluß, des -sses, plur. die -schlüsse. 1) Die Handlung des Aufschließens in der eigentlichen Bedeutung des Verbi, und ohne Plural. Er kam noch vor Aufschluß des Thores vor die Stadt. 2) Figürlich, die Erklärung einer dunkeln unbekannten Sache, klare und aufschauende Erkenntniß. Von dieser Sache wird jenes erst den Aufschluß geben. Der hier noch unvollkommene Aufschluß der Werke Gottes. Was eine so gering scheinende Anmerkung für einen Aufschluß in der Geschichte der Künste geben kann! Less. Der Aufschluß eines Räthsels, dessen Auflösung. Aufschluß ist in dieser Bedeutung zwar neu, so wie die damit überein stimmende Bedeutung des Zeitwortes aufschließen; allein es ist doch der Analogie der Deutschen Sprache völlig gemäß. Nur der Mißbrauch einiger neuern Mystiker, die über alles göttliche Aufschlüsse haben wollen, hat es zum Theil verächtlich gemacht.


Aufschmeißen (W3) [Adelung]


Aufschmeißen, verb. irreg. act. S. Schmeißen. 1) Auf etwas schmeißen, oder werfen. Holz, Steine aufschmeißen, auf den Wagen. 2) Durch Schmeißen, d. i. Werfen oder Schlagen, öffnen. Die Thür aufschmeißen. Das Fenster aufschmeißen. In beyden Bedeutungen ist dieses Wort nur dem gemeinen Leben eigen; S. Schmeißen. So auch die Aufschmeißung.


Aufschmelzen (W3) [Adelung]


Aufschmelzen, ein Verbum, welches in doppelter Gattung gebraucht werden kann. 1) Als ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation und dem Hülfsworte seyn, flüssig werden und sich öffnen. 2) Als ein Activum, gemeiniglich auch mit irregulärer, aber auch schon häufig mit regulärer Conjugation. (a) Flüssig machen und öffnen. (b) Durch Schmelzen auf einen andern Körper befestigen. So auch die Aufschmelzung in den thätigen Bedeutungen. S. Schmelzen.


Aufschmieden (W3) [Adelung]


Aufschmieden, verb. reg. act. 1) Ein glühendes Eisen durch Schmieden, d. i. durch Schlagen mit Hämmern, auf einen andern Körper befestigen. So werden z. B. die Radeschienen aufgeschmiedet. 2) Durch Schmieden verbrauchen, verschmieden. Alles Eisen aufschmieden.


Aufschmieren (W3) [Adelung]


Aufschmieren, verb. reg. act. 1) Auf einen andern Körper schmieren. Ein Pflas=ter aufschmieren, auf Leinwand. Butter aufschmieren auf Brot. 2) Verschmieren, durch Schmieren verbrauchen. Alles Pflas=ter, alle Butter aufschmieren.


Aufschmücken (W3) [Adelung]


Aufschmücken, verb. reg. act. 1) Durch Schmuck ein besseres Ansehen geben. Eine Braut aufschmücken. Sich Aufschmücken, aufputzen. 2) Von neuen schmücken. Die Feder eines Hutes aufschmücken. So auch die Aufschmückung.


Aufschnallen (W3) [Adelung]


Aufschnallen, verb. reg. act. 1) Vermittelt der Schnallen auf etwas befestigen. Dem Pferde den Mantelsack aufschnallen. 2) Die Schnalle öffnen, die Schnalle nachlassen und öffnen. Die Schuhe, den Gurt aufschnallen. So auch die Aufschnallung.


Aufschnappen (W3) [Adelung]


Aufschnappen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.1. Als ein Activum, schnappend, d. i. mit aufgesperrtem Maule erhaschen. So schnappt der Hund einen ihm zugeworfenen Bissen. Figürlich, doch nur in der niedrigen Sprechart, mit dem Gehöre auffangen. Ein Wort aufschnappen. Wo hast du das wieder aufgeschnappet?2. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, mit dem leichtern Theile schnell in die Höhe fahren, aufkippen, aufschlagen. Wenn das Bret aufschnappet, wirst du in das Wasser fallen. S. auch Aufschnellen. Daher die Aufschnappung in der Bedeutung des Activi.


Aufschneider (W3) [Adelung]


Der Aufschneider, des -s, plur. ut nom. Fing. der aufschneidet; besonders im gemeinen Leben und figürlich, der mit unwahrscheinlicher Vergrößerung von einer Sache spricht, im verächtlichen Verstande; ehedem ein Wundergeb. Daher die Aufschneiderey, plur. die -en, unwahrscheinliche Vergrößerung im verächtlichen Verstande; Und groß Aufschneiderey mit Langmuth nur ertragen, Opitz.


Aufschneiteln (W3) [Adelung]


* Aufschneiteln, verb. reg. act. welches das Diminutivum des vorigen, und nur bey den Gärtnern üblich ist. Einen jungen Baum aufschneiteln, ihm alle Äste benehmen.


Aufschnellen (W3) [Adelung]


Aufschnellen, verb. reg welches in gedoppelter Gattung üblich ist. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, mit einer Schnell- oder Federkraft plötzlich in die Höhe fahren. Das Bret, die Satte schnellt auf. 2. Als ein Activum, mit einer Schnellkraft in die Höhe treiben. Er sprang auf, als wenn er aufgeschnellt würde, da er mich sah, Weiße. Daher die Aufschnellung.


Aufschnitt (W3) [Adelung]


Der Aufschnitt, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des Aufschneidens, in dessen eigentlichen Bedeutungen; doch ohne Plural, und vielleicht nur in einigen wenigen einzelnen Fällen. In der Scheidekunst ist es eine Art, die Feinheit des Goldes zu probiren, indem man es mit Silber und Bley auf der Kapelle abtreibt, und hernach im Scheidewasser auflöset. 2) Dasjenige, was aufgeschnitten, durch einen Schnitt geöffnet worden, oder der Ort, wo solches geschehen. Der Ausschnitt an einem Ärmel. Der Ausschnitt an den Flöten oder Pfeifen, die große Querplatte an denselben, durch welche der halbe Wind verstreicht.


Aufschnüren (W3) [Adelung]


Aufschnüren, verb. reg. act. 1) Auseinander schnüren. Die Schnürbrust aufschnüren, und metonymisch, sich aufschnüren, die Schnürbrust, die man an sich trägt, öffnen. 2) Mit einer Schnur auf etwas befestigen. So auch die Aufschnürung.


Aufschobern (W3) [Adelung]


Aufschobern, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, in Schober setzen. Heu, Stroh aufschobern. Daher die Aufschoberung. S. Schober.


Aufschöpfen (W3) [Adelung]


Aufschöpfen, verb. reg. act. Was verschüttet war, aufschöpfen, mit dem Löffel von der Erde aufheben.


Aufschossen (W3) [Adelung]


Aufschossen, verb. reg. neutr. mit seyn, Schosse in die Höhe treiben, wie aufschießen; doch nur von Gewächsen.


Aufschößling (W3) [Adelung]


Der Aufschößling, des -es, plur. die -e, von aufschießen, d. i. aufwachsen, eine aufgeschossene, schnell aufgewachsene Pflanze. Figürlich, ein junger schnell aufgewachsener Mensch.


Aufschränken (W3) [Adelung]


Aufschränken, verb. reg. act. kreuzweise über einander legen und solcher Gestalt aufhäufen. Breter, Steine aufschränken, damit die Luft durchreichen könne. Daher die Aufschränkung.


Aufschrauben (W3) [Adelung]


Aufschrauben, verb. reg. et Irreg. act. S. Schrauben. 1) Mit der Schraube auf einen andern Körper befestigen. Einen Flintenstein aufschrauben. 2) In die Höhe schrauben. Ein Haus aufschrauben, um es unten auszubessern. 3) Los schrauben, die Schraube öffnen. So auch die Aufschraubung.


Aufschrecken (W3) [Adelung]


Aufschrecken, verb. reg. act. erschrecken, und dadurch zum Aufziehen bewegen. Ein Wild aufschrecken, Einen aufschrecken, aus dem Schlafe schrecken. Niemand wird dich aufschrecken, Hiob 11, 19. Und aufgeschreckt vom Schlaf schaun Götter aus dem Himmel, Wiel. Daher die Aufschreckung.

Anm. Aufschrecken als ein Neutrum, da es zugleich irreguläre conjugirt wird, ( S. Schrecken,) ist nur an einigen wenigen Orten üblich. Es bedeutet alsdann, erschrocken auffahren.


Aufschreiben (W3) [Adelung]


Aufschreiben, verb. irreg. act. S. Schreiben. 1) Schriftlich aufsetzen, niederschreiben. Seinen Nahmen aufschreiben. Ausgabe und Einnahme richtig aufschreiben. Eine Begebenheit aufschreiben. 2) Schriftlich aussagen, abschreiben. Einen Vertrag, einen Kauf, eine Bestellung, einen Besuch aufschreiben. S. auch Haltaus h. v. So auch die Aufschreibung.


Aufschreyen (W3) [Adelung]


Aufschreyen, verb. irreg. ( S. Schreyen,) welches in gedoppelter Gattung üblich ist. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, ein Geschrey erheben. Laut aufschreyen. 2) Als ein Activum, mit einem Geschreye aufwecken. Einen Schlafenden, ein Kind aufschreyen.


Aufschrift (W3) [Adelung]


Die Aufschrift, plur. die -en, eine jede Schrift, welche von außen auf etwas geschrieben wird. Die Aufschrift eines Briefes, eines Packetes, oder auf einem Briefe, auf einem Packete. In engerer Bedeutung, nach Lessings Beschreibung, eine Nachricht auf einem sinnlichen Gegenstande, welche unsere Neugierde befriedigt; eine Inscription.

Anm. Man neunet die Aufschriften auch Inschriften, welches aber eine allzubuchstäbliche Übersetzung des Lat. Inscriptio ist. Ausschrift ist übrigens ein allgemeiner Ausdruck, welcher die Grabschriften, Steinschriften, Beyschriften, Unterschriften, und Überschriften unter sich begreift. In engerer Bedeutung könnte Aufschrift auch den Bey- Über- und Unterschriften entgegen gesetzet werden. Ein neuer Lehrer der Münzwissenschaft unterscheidet die Inschriften auf den Münzen von den Aufschriften. Die ersten sind bey ihm diejenigen Schriften, welche in dem mittlern Raum der Münzen, oder in dem so genannten Me-daillen-Felde stehen; die letztern aber diejenigen, welche über einem Bilde stehen. Allein die erstern werden richtiger Aufschriften, so wie die letztern billiger Überschriften genannt.


Aufschroten (W3) [Adelung]


Aufschroten, verb. reg. act. nur daß es im Particip. Pass. aufgeschroten hat. 1) Bey den Schlössern, mit dem Schrotmeißel spalten oder aufbauen. 2) Bey verschiedenen Handwerkern, ein vorgebohrtes Loch mit dem Aufschroter erweitern, welcher Aufschroter ein Löffelbohrer mit einer Schnecke und vorn mit einem Haken ist. 3) In die Höhe wälzen, hinauf schroten. Ein Faß Bier, oder Wein aufschroten. So auch die Aufschrotung. S. Schroten.


Aufschub (W3) [Adelung]


Der Aufschub, des -es, plur. car. 1) Die Handlung des Aufschiebens in der figürlichen Bedeutung des Verzögerns, der Verzug, Verschub. Die Sache leidet keinen Aufschub. Jeder Aufschub ist hier gefährlich. Um Aufschub bitten. 2) Die Zeit, um welche eine Sache aufgeschoben wird. Ein Aufschub auf morgen, auf drey Tage. Einen Aufschub geben, nehmen.

Anm. Ehedem war auch das einfache Schub in dieser Bedeutung üblich, wovon Haltaus nachgesehen werden kann.


Aufschübling (W3) [Adelung]


Der Aufschübling, S. Aufschiebling.


Aufschüren (W3) [Adelung]


Aufschüren, verb. reg. act. Das Feuer aufschüren, den Brand durch Lockerung des Holzes vermehren. S. Schüren. Bey den Böttchern bedeutet es, die alten Bierfässer von neuen pichen.


Aufschürfen (W3) [Adelung]


Aufschürfen, S. Aufschärfen.


Aufschürzen (W3) [Adelung]


Aufschürzen, verb. reg. act. in die Höhe schürzen. 1) Eigentlich, lange Kleider, besonders Weiberkleider in die Höhe gürten, und sie dadurch kürzer machen; im Oberdeutschen auch aufstricken. Den Rock aufschürzen, und metonymisch auch, sich aufschürzen. Er wird sich aufschürzen, und wird sie zu Tische setzen, Luc. 12, 37. Ich steh' und wart' auf dich mit aufgeschürzten Lenden, Gryph. Lauft emsig wie ein Wirth, der sich die Mühe kürzt, Und hurtiger zu seyn, sich lustig aufgeschürzt, Haged. 2) Figürlich. (a) In der Baukunst sagt man von den Aufschieblingen, daß sie auf die Balken und Sparren so aufgeschürzet werden, daß sie oben mit den Sparren zusammen laufen, unten aber über die Balken hervor reichen. (b) Ein Pferd heißt aufgeschürzt, wenn es eingefallene Seiten hat. Daher die Aufschürzung.

Anm. In Oberdeutschland bedeutet dieses Verbum überhaupt in die Höhe binden, verkürzen, abkürzen. Denn man sagt daselbst so wohl: die Ärmel aufschürzen, die Segel aufschürzen, als auch, eine Schrift, eine Rede aufschürzen, für abkürzen. In der Charwoche werden daselbst auch die Glocken aufgeschürzt, d. i. die Stricke an denselben werden kürzer gebunden. Eine aufgeschürzte, kurze und aufgeworfene, Nase, ist nur in der gemeinen Sprechart einiger Gegenden üblich. Den Kessel aufschürzen, ihn in den Kesselhaken über dem Feuer zu hängen, kommt bey dem Apherdian vor, und in der Clevischen Rechtsordnung und einer Stelle bey dem Goldast, welche Frisch anführet, bedeutet aufschürzen auch so viel als aufschieben. Aus diesem allen erhellet, daß in aufschürzen der Begriff der Verkürzung der herrschende ist. S. Schurz.


Aufschüsseln (W3) [Adelung]


Aufschüsseln, verb. reg. act. im Scherze, die Schüffeln auf den Tisch tragen, und daher figürlich, eines Verlangen erfüllen. Man wird ihm nicht gleich aufschüsseln.


Aufschütteln (W3) [Adelung]


Aufschütteln, verb. reg. act. durch Schütteln ausdehnen, locker machen. Das Stroh aufschütteln. Ein Bett aufschütteln. S. auch Aufrüsseln und Aufrütteln.


Aufschütten (W3) [Adelung]


Aufschütten, verb. reg. act. 1) In die Höhe schütten. Erde um einen Baum aufschütten. 2) Auf etwas schütten. Getreide aufschütten, in den Mühlen, es durch den Rumpf auf den Stein schütten. 3) Zum künstigen Gebrauche zusammen schütten. Korn, Getreide u. s. f. aufschütten. So auch die Aufschüttung.

Anm. In den Marschländern bedeutet aufschütten auch, das herum irrende Vieh pfänden. Allein alsdann kommt es von Schott, ein beschützter, fester Ort, her, weil das gepfändete Vieh in einen solchen Ort in Verwahrung gebracht wird.


Aufschwämmen (W3) [Adelung]


1. Aufschwämmen, von schwemmen, S. Aufschwemmen.


Aufschwämmen (W3) [Adelung]


2. Aufschwämmen, verb. reg. act. von Schwamm, wie einen Schwamm auszudehnen, auftreiben. Das Brot aufschwämmen, demselben im Backen zu vieles Wasser beymischen. Ein Pferd aufschwämmen, ihm durch vieles flüssiges Futter auf eine kurze Zeit ein fettes Ansehen geben. Daher die Aufschwämmung.


Aufschwänzen (W3) [Adelung]


Aufschwänzen, verb. reg. act. den Schwanz in die Höhe binden. Ein Pferd aufschwänzen, in Oberdeutschland aufschweifen. In den Küchen werden die Fische aufgeschwänzet, wenn man sie bey dem Anrichten so zusammen krümmet, daß sie das Maul mit dem Schwanze berühren. Daher die Aufschwänzung.


Aufschwärzen (W3) [Adelung]


Aufschwärzen, verb. reg. act. von neuen schwärzen. Daher die Aufschwärzung.


Aufschwatzen (W3) [Adelung]


Aufschwatzen, verb. reg. act. durch Schwatzen zur Annehmung einer Sache bewegen. Einem etwas aufschwatzen. Wem habe ich meine Gedanken jemahls aufschwatzen wollen? Daher die Aufschwatzung.


Aufschwefeln (W3) [Adelung]


Aufschwefeln, verb. reg. act. von neuen schwefeln. Aufgeschwefelte Bänder.


Aufschweifen (W3) [Adelung]


Aufschweifen, S. Aufschwänzen.


Aufschweißen (W3) [Adelung]


Aufschweißen, verb. reg. act. bey den Schmieden, ein Stück Eisen vermittelst der Schweißhitze auf das andere schmieden. Daher die Aufschweißung.


Aufschwelgen (W3) [Adelung]


Aufschwelgen, verb. reg. act. durch Schwelgen verzehren. Sein ganzes Vermögen aufschwelgen.


Aufschwellen (W3) [Adelung]


Aufschwellen, ein Verbum, welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation und dem Hülfsworte seyn, durch eine flüssige Materie von innen ausgedehnet werden. 1) Eigentlich. Der Leib ist ihm aufgeschwollen. 2) In weiterer Bedeutung, dem körperlichen Umfange nach vergrößert werden, besonders von dem Wasser. Der Fluß schwillt auf. Das aufgeschwollene Meer. 3) Figürlich. (a) Der Zahl nach vergrößert werden. Die Zinsen sind schon sehr aufgeschwollen. (b) Sein Herz schwillt auf, erweitert sich von hohen Empfindungen, z. B. Stolz.II. Als ein Activum, mit regelmäßiger Conjugation, aufschwellen machen. 1) Eigentlich. Scharfe Feuchtigkeiten schwellen den Leib auf. 2) In weiterer Bedeutung, durch Hemmung des Abflusses höher werden lassen, von flüssigen Körpern. Einen Fluß, einen Teich aufschwellen. 3) Figürlich, erweitern. O wie schwellt der stolze Gedanke mein Herz auf! von Brawe. Oft auch durch unnützen Überfluß erweitern. Eine Schrift durch Kleinigkeiten aufschwellen. Daher die Aufschwellung, in beyden Gattungen.


Aufschwemmen (W3) [Adelung]


Aufschwemmen, verb. reg.. act. herauf schwimmen machen. Das Floßholz aufschwemmen, es an das Land ziehen. Daher der Aufschwemmer, der dieses verrichtet; die Aufschwemme, der Ort, wo selbiges geschiehet; und die Aufschwemmung, das Aufschwemmen. S. Schwemmen.


Aufschwingen (W3) [Adelung]


Aufschwingen, verb. irreg. recipr. S. Schwingen, sich vermittelst der Schwingen in die Höhe heben. Eigentlich von den Vögeln. Der Vogel schwingt sich auf. Noch mehr aber figürlich, in der höhern Schreibart, das Gemüth auf erhabene Gegenstände richten. O träufle Trost auf ihn herab, du, zu dem sich mein Geist voll Ungeduld aufschwingt! von Brawe. So auch die Aufschwingung.

Anm. Das Hauptwort der Aufschwung, ist wenig gebräuchlich, obgleich Schlegel dasselbe einige Mahl gebraucht hat. - Den Sinn, der von der ErdeIm Aufschwung war; ingleichen, Hilf dem im Aufschwung schon begriffnen Geiste.


Aufschwitzen (W3) [Adelung]


* Aufschwitzen, verb. reg. act. welches nur in den Küchen einiger Gegenden üblich ist. Einen Braten aufschwitzen, ihn nochmahls braten, ihn aufwärmen.


Aufschwören (W3) [Adelung]


Aufschwören, verb. irreg. act. S. Schwören. 1) * Von neuen schwören. Ein Gut aufschwören, die Zusage der Treue dem Lehnsherren desselben eidlich erneuern; in welcher Bedeutung dieser Ausdruck, dem Frisch zu Folge, noch bey den kurmedigen Gütern üblich ist. 2) Die Ahnen eines andern aufschwören, ein Stiftsfräulein, einen Ritter aufschwören, schwören, daß sie die verlangte Zahl von Ahnen wirklich haben. Diejenigen, welche dieses beschwören, werden daher Aufschwörer, oder Schwörherren, die Handlung selbst aber die Aufschwörung genannt.


Aufsehen (W3) [Adelung]


Aufsehen, verb. irreg. neutr. ( S. Sehen,) welches das Hülfswort haben erfordert. 1. In die Höhe sehen. 1) Eigentlich. Sie rang die schwache Hand und sah gen Himmel auf, Weiße. In dieser Bedeutung ist im Oberdeutschen aufschauen, in Oberschwaben und der Schweiz auflugen, und in der vertraulichen Obersächsischen Sprache aufgucken (Niedersächsisch upkiken,) gebräuchlicher. 2) Figürlich, aus Neugierde, Verwunderung u. s. f. in die Höhe sehen; in welcher Bedeutung aber nur der Infinitiv, das Aufsehen, als ein Substantiv, mit dem Verbo machen üblich ist. Ein Buch, welches viel Aufsehen macht, auf welches jedermann aufmerksam, begierig ist. Er macht viel Aufsehen in der Welt, er macht, daß jedermann auf ihn siehet.2. Auf etwas sehen. 1) * Eigentlich, welche Bedeutung aber veraltet ist.Und seht nur auf wie ich ihm thu, Theuerd. Kap. 71. Lasset uns aufsehen auf Jesum, Hebr. 12, 2. Röm. 16, 17. 2) * Figürlich, mit Aufmerksamkeit, Vorsorge, u. s. f. auf etwas sehen. Das er geruch genedikleich aufzusehen, dafür zu sorgen, in einer Österreichischen Urkunde von 1440. Ingleichen das Aussehen, für Sorgfalt, Vorsorge. Eyn Aufsehens zu haben und zu erfahren den guten Leumut, in Kaiser Carl des Fünften Halsgerichtsordnung Art. 31. Ich will mich bewarenUnd deß pas han ein aufsehen Das mir darvon nichts mög geschehen, Theuerdank Kap. 93. Dein Aussehen bewahret meinen Odem, Hiob 10, 12. Beyde Fälle dieser zweyten Bedeutung sind nur in der biblischen Schreibart üblich, obgleich die Substantiva, das Aufsehen, (dieses seltener,) der Aufseher, und die Aufsicht, auch außer derselben gänge und gebe sind.

Anm. Das Substantiv die Aufsehung ist nicht gebräuchlich. In der ersten Bedeutung ist dafür das Aufsehen, in der zweyten aber die Aufsicht üblich.


Aufseher (W3) [Adelung]


Der Aufseher, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. Die Aufseherinn, plur. die -en, eine Person, welche auf etwas Acht hat, auf etwas Acht zu haben bestellt ist. Ein Aufseher über die Arbeiter. Jemanden zum Aufseher setzen, bestellen.


Aufseigen (W3) [Adelung]


* Aufseigen, verb. irreg. neutr. S. Seigen, mit dem Hülfsworte seyn, aufhören Milch zu geben, in der Landwirthschaft. Die Kuh, das Schaf ist aufgestegen.


Aufseihen (W3) [Adelung]


Aufseihen, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche seihen. Die gemolchene Milch aufseihen, sie in die Gefäße seihen, worin sie verwahret werden soll.


Aufsenkeln (W3) [Adelung]


Aufsenkeln, verb. reg. act. 1) In den Bergwerken, mit Senkeln auf etwas befestigen. Die Rippen am Treibehute aufsenkeln. S. Senkel. 2) Im Schiffbaue, die eisernen Schiffsenkel aus den zusammen gefügten Theilen heraus nehmen; im Gegensatze des Versenkelns. Daher die Aufsenkelung.


Aufsetzen (W3) [Adelung]


Aufsetzen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1. In die Höhe setzen. 1) Eigentlich. Regel aufsetzen. Einen Holzhaufen aufsetzen. Waaren aufsetzen. Daher in den Niedersächsischen Seestädten aufsetzen auch für ausschiffen gebraucht wird, und Aufsetzer eben daselbst diejenigen Leute bedeutet, welche dazu gebraucht werden. 2) In weiterer Bedeutung. (a) Bey den Böttchern, kleine Gefäße zusammen setzen, welches bey den größern aufschlagen genannt wird. Bey den Bäckern bedeutet aufsetzen, das Holz in den Ofen auf einander schränken. (b) In die Höhe stellen, besonders bey den ehemaligen Wett- und Ritterspielen, wofür dem Sieger ein gewisser Preis aufgesetzet wurde. Daher in figürlicher Bedeutung, Geld im Spiele aufsetzen, um welches gespielet wird. Gut und Blut für einen aufsetzen, wagen. Sey nicht so sehr dein eigener Feind, für die Besserung anderer deine eigene Ruhe aufzusetzen, Dusch. (c) Den Bart aufsetzen, eine ehemahlige Verrichtung der Barbierer, da der Knebelbart mit Pomade und einem heißen Eisen in die Höhe gestrichen wurde. Die Haare aufsetzen, sie über dem Wirbel zusammen stecken; ein veralteter Kopfputz des Frauenzimmers. Ingleichen metonymisch, ein Frauenzimmer aufsetzen, ihren Kopfputz in Ordnung bringen. Hangende Ohren der Pferde pflegt man gleichfalls aufzusetzen, d. i. in die Höhe zu richten. 3) Figürlich. * Sich wider einen aufsetzen, auflehnen; ingleichen einen aufsetzen, sich widerspänstig wider ihn beweisen. Beyde Redensarten sind im Hochdeutschen veraltet; indessen sagt man noch im gemeinen Leben, seinen Kopf aufsetzen, eigensinnig, hartnäckig seyn, und in einigen Niedersächsischen Gegenden bedeutet Aufsetzer einen Aufrührer. S. Aufsatz und Aufsätzig.2. Einen Körper auf den andern setzen; doch nur absolute, und mit Auslassung der Sache, auf welche die andere gesetzet wird. 1) Eigentlich. Den Hut aufsetzen; auf den Kopf. Eine Haube aufsetzen, ingleichen metonymisch, sich aufsetzen, bey dem andern Geschlechte, eine Haube, Kopfzeug u. s. f. aufsetzen. Die Speisen aufsetzen, auf den Tisch. Sich aufsetzen, auf den Wagen, oder auf das Pferd. Den Anker aufsetzen, in der Schifffahrt, ihn auf den Krahnbalken bringen. Einen s. darf gemachten Mühlstein aufsetzen, ihn an seinen Ort bringen. Bey den Zeugschmieden bedeutet aufsetzen, an der Säge ausfeilen. Einem Hörner aufsetzen, dessen Gattinn zur Untreue verleiten, S. Horn. 2) In weiterer Bedeutung. (a) Eine Sache auf die andere befestigen, besonders durch Nähen; daher aufsetzen für aufnähen. (b) Einen Bauer oder Meier aufsetzen, in einigen Gegenden, ihn auf das Gut setzen, im Gegensatze des Absetzens. 3) Figürlich. (a) Aufschreiben, schriftlich verfassen. Die Kosten aufsetzen. Eine Rechnung aufsetzen. Seine Gedanken aufsetzen. Besonders, einen schriftlichen Entwurf von etwas machen. Einen Brief, einen Vertrag, eine Schrift aufsetzen. (b) Betriegen, hintergehen, im gemeinen Leben. Ein Mädchen aufsetzen. Er hat schon viele Leute aufgesetzt. Laßt euch His-kia nicht aufsetzen, 2. Kön. 18, 29. Laß dich deinen Gott nicht aufsetzen, Kap. 19, 10. Ich nehme Ceres aus, weil sie dich sehr verletzt, Vor diesem, wie man sagt, und heftig aufgesetzt. Opitz. Woher diese figürliche Bedeutung ihren Ursprung habe, ist noch unbekannt.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert. 1) In den Bergwerken, die Ruhestunde zu Mittage von elf Uhr bis zwölfe halten, welche Stunde daher auch die Aufsetzstunde, ingleichen die Liegestunde heißt. Vielleicht bedeutet aufsetzen in diesem Gebrauche so viel als aufsitzen. 2) Der Hirsch setzt auf, hat aufgesetzt, bey den Jägern, er bekommt neues Gehörn. 3) Das Pferd setzt auf, setzt die Vorderzähne auf die Krippe und schluckt die Luft mit einer gewissen Heftigkeit nieder; eine Unart, welche auch koppen genannt wird. S. Krippenbeißer.

Anm. Das Substantiv die Aufsetzung kann in allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden.


Aufsetzer (W3) [Adelung]


Der Aufsetzer, des -s, plur. ut nom. Sing. Derjenige, welcher gewisse Sachen in die Höhe zu setzen bestellt ist; z. B. der die Kegel in dem Kegelspiele aufsetzet; in den Bergwerken derjenige, der das Holz auf einander setzet, und welcher auch der Holzeinschläger genannt wird.


Aufseufzen (W3) [Adelung]


Aufseufzen, verb. reg. neutr. mit haben, in einem starken Seufzer ausbrechen.


Aufseyn (W3) [Adelung]


Aufseyn, verb. irreg. neutr. ( S. Seyn,) welches sehr elliptisch und in seinen meisten Bedeutungen nur im gemeinen Leben üblich ist. Es bedeutet aber, 1. * Aufgerichtet seyn, im Gegensatze des Liegens; und zwar, 1) sich aufmachen, aufbrechen. Laßt uns auf seyn und gen Bethel ziehen, 1. Mos. 35, 3. So waren die Lager alle auf, 4. Mos. 10, 25. Dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen völlig veraltet. 2) Außer dem Bette seyn. Er ist gestern Nachts lange aufgewesen. Ich war gestern spät auf. Ingleichen von dem Bette aufstehen. Des Morgens frühe aufseyn. 3) Sich der Gesundheit nach befinden. Wohl, übel aufseyn. Ist er noch wohl auf? Opitz gebraucht dieses Wort auch ein Mahl in der sonst ungewöhnlichen weitern Bedeutung von dem bürgerlichen Wohlstande. Rom war nie besser auf, als wie die hohen Sinnen Ein niedrigs Dach bewohnt. 2. Offen stehen. Die Thür ist auf. Die Fenster waren alle auf. 3. Aufgezehret seyn. Bis daß alle Brot in der Stadt auf war, Jerem. 37, 21.

Anm. Unter diesen Bedeutungen ist die des Befindens, der Gesundheit nach, noch am meisten üblich. Die übrigen sind theils veraltet, theils niedrig.


Aufsicht (W3) [Adelung]


Die Aufsicht, plur. car. Das Aufsehen in dem figürlichen Gebrauche der zweyten Bedeutung, die Sorge für oder über etwas. Er hat die Aufsicht über die Straßen, über die Magazine u. s. f. Besonders die Bestimmung des Verhaltens anderer. Der junge Mensch ist seiner Aufsicht anvertrauet. Unter eines Aufsicht stehen.


Aufsieden (W3) [Adelung]


Aufsieden, verb. irreg. ( S. Sieden,) welches in zwiefacher Gattung üblich ist.1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, in die Höhe sieden, sich siedend erheben. Gelinde aufsieden. Das Wasser hat schon aufgesotten.2. Als ein Activum. 1) Von neuen sieden, aufkochen. Milch aufsieden. 2) Durch Sieden ein gutes Ansehen geben. So sieden die Goldschmiede das Silber mit Borax auf.


Aufsingen (W3) [Adelung]


Aufsingen, verb. irreg. act. S. Singen. 1) + Durch Singen aufwecken, im gemeinen Leben. 2) Jemanden aufsingen, im Scherze, ihn aufsuchen und mitbringen; ingleichen ihn zur Theilnehmung an einer Sache bewegen.


Aufsitz (W3) [Adelung]


Der Aufsitz, des -es, plur. inusit. das Aufsitzen auf das Pferd; besonders in der Bedeutung einer allgemeinen Rüstung und Bewaffnung der Vasallen wider den Feind; welche Art der Rüstung aber bey der gegenwärtigen Verfassung des Kriegeswesens in Deutschland ungebräuchlich geworden ist. Ein allgemeiner Aufsitz: Einen Aufsitz anbefehlen.


Aufsitzen (W3) [Adelung]


Aufsitzen, verb. irreg. neutr. ( S. Sitzen,) welches mit beyden Hülfswörtern gebraucht wird.I. Mit dem Hülfsworte haben, auf etwas sitzen, d. i. befestiget seyn. Das Bergleder sitzt zwischen den Klüften der erzhaltigen Steine auf, in der Sprache der Bergleute. Der Ring hat hier aufgesessen.II. Mit dem Hülfsworte seyn.1. Aufgerichtet sitzen, im Gegensatze des Liegens. 1) Eigentlich. Im Bette aufsitzen. 2) In weiterer Bedeutung, außer dem Bette sitzen, spät aufbleiben. Die ganze Nacht aufsitzen. Wir sind heute lange aufgesessen.2. Sich auf etwas setzen, absolute, und ohne Beyfügung des Ortes. Die Hühner wollen aufsitzen, sich auf ihre Stange setzen, welche daher in der Landwirthschaft auch die Aufsitzstange genannt wird. Besonders, sich zu Pferde setzen. Sie alle sitzen auf, Zachar. Sie sind schon aufgesessen. Das Pferd läßt nicht gerne aufsitzen. Daher das Aufsitzgeld, ein Geschenk, welches der Bereiter bey dem ersten Aufsitzen von seinem Schüler erhält. In noch engerer Bedeutung wurde dieses Wort bey der ehemaligen Verfassung des Lehens- und Kriegeswesens von den Vasallen gebraucht, wenn sie auf Verlangen des Oberherrn in ihrer Rüstung zu Pferde wider einen allgemeinen Feind erschienen. Der ganze Adel muß aufsitzen. Es wird daher in den mittlern Zeiten ein Reiter zuweilen auch ein Aufsitzer genannt. Einem aufgesessen seyn, figürlich und nur allein im Participio, widerwärtig gegen ihn gesinnet seyn. Er ist nur mir so aufgesessen.

Anm. In Oberdeutschland hat dieses Zeitwort auch noch die Bedeutung des Aufstehens von dem Sitze.


Aufsöllern (W3) [Adelung]


* Aufsöllern, verb. reg. act. welches aber wenig mehr gehöret wird, und nur noch zuweilen in Niedersachsen vorkommt, auf den Söller legen oder stellen, ingleichen auf erhabene Reihen stellen; in Oberdeutschland aufschlichten. Waaren aufsöllern. S. Söller.


Aufspähen (W3) [Adelung]


Aufspähen, verb. reg. act. durch mühsamen Fleiß entdecken oder ausfündig machen. Fehler aufspähen. S. Spähen.


Aufspalten (W3) [Adelung]


Aufspalten, verb. reg. nur daß es im Particip. Passivi aufgespalten hat. 1) Activum, durch Spalten öffnen. Ein Stück Holz aufspalten. Daher die Aufspaltung. 2) Neutrum, mit seyn, aufgespalten werden. Das Bret ist aufgespalten, hat sich gespalten.


Aufspannen (W3) [Adelung]


Aufspannen, verb. reg. act. 1) Eine Sache spannend auf die andere befestigen. Ein Seil aufspannen. Saiten aufspannen, auf ein musikalisches Instrument. Er wird bald gelindere Saiten aufspannen, figürlich, er wird bald nachgeben, seinen Trotz, hohe Forderungen u. s. f. fahren lassen. Das Tuch in dem Rahmen aufspannen. 2) In die Höhe aufspannen. Die Segel aufspannen. Wohlan mein Lied, spann' alle deine Segel Bis an den Wimpel auf, Raml. Ingleichen figürlich. Einen Fluß, einen Teich aufspannen, stämmen, dessen Wasser durch Hemmung des Abflusses aufschwellen. 3) Aus einander spannen, spannend öffnen. Den Hahnan einem Schießgewehre aufspannen. So auch die Aufspannung.


Aufsparen (W3) [Adelung]


Aufsparen, verb. reg. act. zum künftigen Gebrauche versparen. Geld, Getreide aufsparen. Hier lebte sie genau, um Vorrath aufzusparen, Haged. In weiterer Bedeutung auch für aufbehalten. Und deiner Ankunft ward seyn Urtheil aufgespart, Weiße. Noch haben sie uns Männer aufgespart, In deren Brust die Freyheitsliebe wallt, ebend. So auch die Aufsparung.


Aufspeisen (W3) [Adelung]


Aufspeisen, verb. reg. act. welches ein anständigerer Ausdruck für aufessen ist. Der ganze Vorrath ist bereits aufgespeiset worden. Daher die Aufspeisung.


Aufsperren (W3) [Adelung]


Aufsperren, verb. reg. act. 1) Weit öffnen. Die Thür, das Fenster aufsperren. Den Rachen aufsperren. Die Augen aufsperren, ingleichen Maul und Nase aufsperren, sind niedrige Ausdrücke, welche nur aus Verachtung von einer mit Dummheit begleiteten Bewunderung gebraucht werden. Matros' und Bauer sperrt den Mund verwundernd auf, Zachar. Einem das Maul aufsperren, ihm vergebliche Hoffnung machen, gehöret gleichfalls in die niedrige, wenigstens harte Sprechart. 2) Was verschlossen ist, mit dem Sperrzeug öffnen. Ein Schloß, eine Thür, ein Zimmer aufsperren, das Schloß mit einem stählernen Haken öffnen, bey den Schlössern. In Oberdeutschland wird aufsperren überhaupt für aufschließen gebraucht. Eben daselbst bedeutet es aber auch so viel als aufschütten und verschließen; z. B. Getreide aufsperren. So auch die Aufsperrung.


Aufspielen (W3) [Adelung]


Aufspielen, verb. reg. act. 1) Durch Spielen auf musikalischen Instrumenten belustigen; ingleichen zum Tanze spielen. Einem aufspielen. Opitz gebraucht dieses Wort auch in der erhabenen Dichtung für spielen. Komm jauchze Gott, du Volk der Erden,Spiel ihm mit süßen Saiten auf. Ps. 66. Singt Gott und stimmt die Saiten an, Spielt herrlich auf! ebend. Ps. 68. 2) Im Puffspiele spielet man sich auf, wenn die sämmtlichen Steine in einem Felde auf einen Haufen zu stehen kommen, wodurch zugleich das Spiel gewonnen wird.


Aufspießen (W3) [Adelung]


Aufspießen, verb. reg. act. mit dem Spieße durchstoßen und in die Höhe heben; ingleichen auf die Spitze eines andern Körpers, als auf einen Spieß stecken: Einen Frosch aufspießen. Daher die Aufspießung.


Aufspindeln (W3) [Adelung]


Aufspindeln, verb. reg. act. auf die Spindel bringen. Das Garn aufspindeln.


Aufspinnen (W3) [Adelung]


Aufspinnen, verb. reg. act. S. Spinnen. 1) Was zu spinnen da war, verspinnen. Allen Flachs aufspinnen. 2) Wund spinnen. Sich die Finger aufspinnen.


Aufsprechen (W3) [Adelung]


Aufsprechen, verb. irreg. act. S. Sprechen; ein Kunstwort aus der Sprache des Aberglaubens, durch Aussprechung abergläubiger Worte öffnen. Ein Schloß aufsprechen. Daher die Aufsprechung.


Aufspreitzen (W3) [Adelung]


Aufspreitzen, verb. reg. act. welches aber am häufigsten in Oberdeutschland üblich ist, mit Spreitzen öffnen, vermittelst eines Querholzes aus einander dehnen. Ein ausgeschlachtetes Kalb aufspreitzen. Ingleichen überhaupt für aufsperren in der ersten Bedeutung. Die Thür aufspreitzen. So auch die Aufspreitzung.


Aufsprengen (W3) [Adelung]


Aufsprengen, verb. reg. act. aufspringen machen. 1) Was verschlossen ist mit Gewalt öffnen. Ein Schloß, eine Thür, ein Zimmer aufsprengen. 2) Zum Aufstehen und Fliehen bewegen. Einen Hirsch, ein Wildbret, einen Vogel aufsprengen, bey den Jägern. Einen Gesellen aufsprengen, figürlich, bey den Handwerkern, ihn zum Mitwandern verleiten. So auch die Aufsprengung.


Aufsprießen (W3) [Adelung]


Aufsprießen, verb. irreg. neutr. ( S. Sprießen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, und eigentlich von den Pflanzen gebraucht wird, da es denn so viel bedeutet, als aus der Erde hervor kommen. Wo pfleget unter deinen Füßen Das junge Veilchen aufzusprießen? Dieses Verbum stammet eigentlich aus der Oberdeutschen Mundart her, und ist im Hochdeutschen nur in der höhern und dichterischen Schreibart üblich. Figürlich wird es auch von einer jeden allmählichen Art des Entstehens gebraucht, welche mit dem Hervorkommen der Pflanzen verglichen werden kann. S. auch Aufsprossen.


Aufspringen (W3) [Adelung]


Aufspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) In die Höhe springen, ingleichen schnell aufstehen. Von der Erde, aus dem Bette aufspringen. Jetzt springt er noch einmahl von seinem Lager auf, Rost. 2) Sich plötzlich öffnen. Das Schloß ist aufgesprungen. Ingleichen Risse, Spalten bekommen. Die Haut springt vor Kälte auf.


Aufsprossen (W3) [Adelung]


Aufsprossen, verb. reg. neutr. nur daß es im Particip. Passivi aufgesprossen hat. Es nimmt das Hülfswort seyn zu sich, und hat mit aufsprießen einerley Bedeutung, nur daß es zunächst aus der Niedersächsischen Mundart herstammet. S. Sprossen. Im Hochdeutschen ist es gleichfalls nur in der höhern und dichterischen Schreibart üblich.


Aufsprößling (W3) [Adelung]


Der Aufsprößling, des -es, plur. die -e, eine junge aufgesprossene Pflanze. S. Aufschößling.


Aufsprudeln (W3) [Adelung]


Aufsprudeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich sprudelnd erheben, sprudelnd hervor kommen, von flüssigen Körpern. Ihr gleicht dem siedenden Wasser, das von zu vieler Hitze aufsprudelt. Zornig stampfte der Flußgott wider die Erde, und wo er stampfte, da sprudelte eine Quelle an seinem Fuße auf, Geßn.


Aufspülen (W3) [Adelung]


Aufspülen, verb. reg. act. in der Hauswirthschaft, das unreine Küchengeschirr reinigen, aufwachen. Daher die Aufspülung.


Aufspulen (W3) [Adelung]


Aufspulen, verb. reg. act. 1) Auf die Spule bringen, bey den Webern. Garn, Wolle aufspulen. 2) Alles was zu spulen war, spulen. Alles Garn aufspulen. Daher die Aufspulung.


Aufspünden (W3) [Adelung]


Aufspünden, verb. reg act. das Spundloch öffnen, den Spund eines Fasses wegthun. Ein Faß aufspünden. Daher die Aufspündung.


Aufspüren (W3) [Adelung]


Aufspüren, verb. reg. act. durch Spüren oder fleißiges Suchen ausfindig machen. Ein Wild aufspüren. Fehler aufspüren.


Aufstaffiren (W3) [Adelung]


Aufstaffiren, verb. reg. act. Einen Hut aufstaffiren, bey den Hutmachern, ihn zum Tragen völlig fertig machen, d. i. das Futter hinein setzen, ihn aufkrämpen, u. s. f.


Aufstallen (W3) [Adelung]


Aufstallen, verb. reg. act. zur Mast auf den Stall bringen. So werden in der Landwirthschaft Ochsen und Schweine aufgestallet.


Aufstämmen (W3) [Adelung]


Aufstämmen, verb. reg. act. Den Arm aufstämmen, fest auf den Tisch stützen. Die Ursach' ist leicht zu erdenken, Sprach ich mit aufgestämmtem Arm, Less. Daher die Aufstämmung.


Aufstampfen (W3) [Adelung]


Aufstampfen, verb. reg. 1. Neutrum, mit haben, schnell und heftig auf die Erde treten. Mit dem Fuße aufstampfen. 2. Activum. 1) Stampfend auf etwas befestigen. Den Kopf einer Nadel aufstampfen, vermittelst der Wippe auf dem Schafte befestigen, bey den Nadlern, wo dieses Wort auch wohl aufstäm-pfen lautet. 2) Allen Vorrath stampfen, alles was gestampft werden sollte, stampfen.


Aufstand (W3) [Adelung]


Der Aufstand, des -es, plur. inusit. die Handlung des Aufstehens, in der dritten Bedeutung des Verbi. 1. In der eigentlich und weitern Bedeutung derselben, doch nur, wenn mehrere zugleich von den Stühlen aufstehen. Einen Aufstand in der Gesellschaft machen, machen, daß die Gesellschaft aufsteht. In der Landwirthschaft wird auch das ein Aufstand genannt, wenn die Fische im Winter aus Mangel der Luft, oder wegen verderbten Wassers aus ihrem Winterlager in die Höhe kommen. S. auch Abstehen. 2. Figürlich. 1) Bey denjenigen Handwerkern, die ihre Arbeit sitzend verrichten, die Abreise eines Gesellen von seinem Meister. 2) Die plötzliche Versammlung mehrerer wider die Obrigkeit; da denn der Aufstand oft der Anfang des Aufruhrs ist. Einen Aufstand erregen, anfangen. 3) In den Bergwerken, ein Bericht von der Beschaffenheit eines Bergwerkes; eine Bedeutung, in welcher auch der Plural, die Aufstände, vorkommt, deren Ursprung aber noch zu untersuchen ist.


Aufstapeln (W3) [Adelung]


Aufstapeln, verb. reg. act. so meisten Theils nur in Niedersachsen üblich ist, in Stapel oder Haufen aufsetzen. Holz, Waaren aufstapeln. Einige Ober- und Hochdeutsche haben dieses Zeitwort in aufstaffeln verwandelt; sonst ist dafür bey den erstern aufschichten gebräuchlich.


Aufstäuben (W3) [Adelung]


Aufstäuben, verb. reg. welches in gedoppelter Gattung üblich ist; 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, in Gestalt eines Staubes in die Höhe steigen. 2. Als ein Activum, in Gestalt eines Staubes in die Höhe treiben. In beyden Gattungen wird es wenig gebraucht. S. auch Aufstieben.


Aufstäubern (W3) [Adelung]


Aufstäubern, verb. reg. act. welches das Intensivum des vorigen ist, aber nur in der figürlichen Bedeutung für aufjagen, auftreiben, besonders von dem wilden Geflügel gebraucht wird. So hat man in dem Jagdwesen kleine Jagdhunde, welche Stäuber oder Stöber genannt werden, weil sie das wilde Geflügel aufstäubern, oder, wie man in den gemeinen Mundarten sagt, aufstöbern.


Aufstauchen (W3) [Adelung]


Aufstauchen, verb. reg. act. 1) Bey den Schmieden, ein Stück Eisen der Länge entgegen schmieden, es also kürzer und zugleich dicker machen. 2) Den Flachs aufstauchen, ihn, wenn er geröstet worden, zum Trocknen in die Höhe stellen. 3) Von dem Wasser, es zurück treiben und anschwellen machen, welches die Niedersachsen aufstauen, die Hochdeutschen aber auch stämmen und aufspannen nennen. So stauchet der Wind oft das Seewasser bey den Mündungen der Flüsse auf, daß es in die Ströme tritt. S. Stauchen. Daher die Aufstauchung.


Aufstechen (W3) [Adelung]


Aufstechen, verb. irreg. act. S. Stechen. 1) Mit Stichen öffnen. Eine Auster aufstechen. Eine Blase, ein Geschwür aufstechen. Einem den Schwären aufstechen, figürlich und im gemeinen Leben, ihm seinen Fehler, seine schwache Seite u. s. f. zeigen, ihm eine unangenehme Wahrheit sagen. In den Blaufarbenwerken bedeutet aufstechen so viel, als das Glas zum ersten Mahle in dem Hafen rühren; vermuthlich, weil solches vermittelst eines Stiches geschiehet. 2) Eine vorhandene Öffnung mit Stichen erweitern. So stechen die Kupferstecher die von dem Scheidewasser gebeitzten Striche auf, wenn sie selbige mit dem Grabstichel erweitern. Ingleichen von neuen stechen, wie die Kupferstecher eine abgenutzte Kupferplatte aufzustechen pflegen. Spitzen aufstechen, sie, wenn sie gewaschen worden, nach dem Zäckchenmuster wieder durchstechen und plätten. 3) Mit Stichen auf etwas befestigen, bey einigen Handwerkern. So stechen die Schuster die Lasche und Absätze auf, nachdem erst mit einem Stechorte vorgestochen worden. 4) Mit Stichen auf eine Fläche bezeichnen. So pflegen die Tuchmacher, wenn sie ihre Tücher in die Walkmühle schicken, vorher ihr Zeichen oder ihren Nahmen aufzustechen, d. i. mit farbigen Garne einzunähen. 5) Vermittelst der Schaufel auf einen höhern Ort bringen; besonders in den Bergwerken, wo die durchgepochten Erzschlämme aufgestochen, d. i. mit der Schaufel auf das Gefälle des bloßen Herdes getragen werden. 6) Einen Hasen aufstechen, bey den Jägern so viel als auftreiben. So auch die Aufstechung. In einigen Oberdeutschen Gegenden bedeutet dieses Wort auch ausforschen, aufspüren, z. B. einen Pfuscher aufstechen; daher auch ein Spion daselbst ein Aufstecher genannt wird.


Aufstecken (W3) [Adelung]


Aufstecken, verb. reg. act. 1) Mit Nadeln in die Höhe stecken; in Oberdeutschland aufhäfteln, aufspäneln. Ein Frauenzimmerkleid aufstecken, welches an einigen Orten vermittelst großer Aufstecknadeln geschiehet. Ja es werden solche lange Kleider auch wohl selbst Aufsteckkleider genannt. Bey den Buchbindern sind die Aufstecknadeln lange Nadeln, welche durch den Bund gesteckt werden, wenn das Buch beschnitten werden soll. 2) Auf etwas, besonders auf einen höhern Ort stecken. Ein Licht aufstecken, auf den Leuchter. Eine Flagge aufstecken, sie oben an dem Mastbaum befestigen. Das Bajonett aufstecken, auf das Gewehr. Den Pferden Heu aufstecken, auf die Raufe. So auch die Aufsteckung.


Aufstehen (W3) [Adelung]


Aufstehen, verb. irreg. neutr. ( S. Stehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) Offen stehen. Die Thür steht auf, ist lange aufgestanden, in welcher Bedeutung doch bey den meisten Hochdeutschen das Hülfswort haben gebräuchlicher ist; die Thür hat lange aufgestanden.2) Auf etwas stehen, so daß die Bewegung dadurch gehindert wird, im gemeinen Leben. Der Pfahl, der eingeschlagen werden soll, stehet in der Erde auf, auf einem Steine. In dem Wasser aufstehen, mit den Füßen auf dem Grunde stehen. Wenn die Zähne nach genossenen sauren Speisen stumpf geworden sind, sagt man an einigen Orten gleichfalls, die Zähne stehen auf, wofür man in Oberdeutschland sagt, sie werden lang, und in und um Dresden, sie werden eilend.3) Sich in die Höhe richten, sich aus dem Stande der Ruhe in den Stand der Bewegung versetzen.a) In der eingeschränktesten Bedeutung, vermittelst der Füße. Der Ort, welchen man alsdann verlässet, bekommt das Vorwort von, man mag sitzend oder liegend geruhet haben. Denn so sagt man: von dem Stuhle aufstehen, von der Erde aufstehen, von der Arbeit, von dem Tische aufstehen, von dem Krankenlager aufstehen, von dem Bette aufstehen, wenn man auf demselben gesessen oder gelegen hat. Aus findet nur alsdann Statt, wenn man von der Sache, auf welcher man geruhet hat, gleichsam umhüllet gewesen. So stehet man aus dem Bette auf, wenn man in demselben gelegen hat. So auch, aus dem Kothe aufstehen u. s. f. Oft gebraucht man aufstehen absolute, ohne den vorher gegangenen Stand der Ruhe näher zu bezeichnen. Sie sind schon aufgestanden, von dem Tische, oder auch aus dem Bette. Ich möchte nicht darum aufstehen. Des Morgens frühe aufstehen. Wir sind heute spät aufgestanden. Vor einem aufstehen.b) In weiterer Bedeutung wird dieses Wort von verschiedenen andern, so wohl lebendigen als leblosen Dingen gebraucht, wenn sie aus dem Stande der Ruhe in Bewegung versetzet werden. So sagt man in der Landwirthschaft, die Fische stehen auf, wenn sie im Winter aus Mangel der Luft aus ihrem Lager in der Tiefe in die Höhe kommen, und an die Wuhnen treten. Bey den Jägern stehen die Vögel vor dem Hunde auf, wenn sie auffliegen. In den Bergwerken stehet der Schwaben auf, wenn er in Bewegung gebracht wird; und daher in die Höhe steigt; und bey dem Hüttenmanne stehet der Herd auf, wenn das geschmolzeneBley auf dem Treibeherde die Feuchtigkeit und Kälte ergreifet; alsdann über sich schlägt, und alles geschmettert. Auch von den Pflanzen sagt man, daß sie aufstehen, wenn sie sich aus der horizontalen Lage dem senkrechten Stande nähern. In der Landwirthschaft stehet die Wolle auf, wenn sie sich im Frühlinge auf den Schafen ausdehnet und in die Höhe richtet.c) Figürlich. (1) Aufstehen und weggehen, in welcher Bedeutung dieses Wort bey einigen Handwerkern von den Gesellen gebraucht wird, wenn sie einen Meister verlassen. S. Aufstand. (2) Genesen. Von einer Krankheit, von dem Krankenlager aufstehen. Der Kranke ist bereits aufgestanden. 3) Lebendig werden und aufstehen. Von dem Tode, oder von den Todten aufstehen, in welcher Bedeutung aber auferstehen üblicher ist. S. dasselbe. (4) Sich zu einem Geschäfte fertig machen, welcher Gebrauch aber bloß biblisch und ausländisch ist. (5) Wider jemanden aufstehen, sich ihm auf eine thätige Art widersetzen, doch nur, wenn solches von den Unterthanen gegen die Obrigkeit geschiehet. (6) Entstehen, zum Vorscheine kommen, doch nur von Menschen. Es ist ein Prophet aufgestanden. Es ist nicht eher eine Anzahl von guten Dichtern aufgestanden, als bis ein großer Geist durch ein Meisterstück den Wetteifer erreget hat, Dusch.Empörer standen auf, die Ordnung zu zerrütten, ebend. Auch diese Bedeutung ist der Deutschen Sprache ursprünglich fremd, und eine bloße Nachahmung des biblischen Gebrauches.

Anm. Die Aufstehung, ist ungebräuchlich, weil den meisten Neutris die Verbalia auf ung fehlen. Dagegen kann der Infinitiv in allen Fällen als ein Substantiv gebraucht werden; in einigen ist indessen auch der Aufstand eingeführet. S. dieses Wort. Aufstehen ist übrigens ein altes Wort, welches schon bey dem Ottfried und Willeram vorkommt, wo es ufsten und ufstan lautet.


Aufsteifen (W3) [Adelung]


Aufsteifen, verb. reg. act. 1) Steif machen und aufwärts biegen. Einen Hut aufsteifen. Ihr Schuh ist niedrig, stumpf, mit aufgestreifter Lasche, Zach. 2) Von neuen steifen. Die Wäsche aufsteifen. So auch die Aufsteifung.


Aufsteigen (W3) [Adelung]


Aufsteigen, verb. irreg. neutr. ( S. Steigen,) welches mit dem Hülfsworte seyn verbunden wird, in die Höhe steigen.1. Eigentlich, sich vermittelst der Füße aufwärts bewegen, wo es aber nur absolute und ohne Beyfügung des Accusativs gebraucht wird. Aufsteigen, d. i. auf das Pferd, oder auf den Wagen steigen. Der Accusativ wird nur in der R. A. beygefüget, die Leiter, die Treppe auf- und absteigen, wo doch die Vorwörter auf und ab richtiger von dem Verbo getrennet werden. Die übrigen Arten des Gebrauches mit der vierten Endung des Nennwortes sind im Hochdeutschen ungewöhnlich; z. B. Wer vermag wohl, einen Berg Ohne Schwachheit aufzusteigen? Günth. Was? Steigt der Jüngling schon die Ehrenstufen auf? ebend. 2. In weiterer Bedeutung, aufwärts beweget werden. Die Speise im Magen steigt zuweilen auf. Diese Speise steigt mir noch auf. S. Aufstoßen. Das Aufsteigen der Mutter, ein unschicklicher Ausdruck des großen Haufens, die Kolik bey dem weiblichen Geschlechte zu benennen. Der Rauch, der Dampf steigt auf. Dunkele Gewölke stiegen über den Horizont auf und überzogen den halben Himmel, Dusch. Es steigt ein Gewitter am Himmel auf, herauf.3. Figürlich. (a) Dem Auge sichtbar werden, in der höhern Schreibart. Hier steigen Felsen auf, romantische Gestalten, Dusch. Schlösser steigen da in der Einbildungskraft vor dir auf, Dusch. (b) Entstehen. Ich sahe eine angenehme Röthe in ihrem Gesichte aufsteigen. Er würde auch den Gedanken der Untreue nicht in sich haben aufsteigen lassen, ohne mir ihn selbst zu entdecken, Gell. Es steigen Versuchungen, Zweifel, Begierden u. s. f. ih ihm auf. Wie können sie einen solchen Argwohn bey sich aufsteigen lassen, von Brawe. Vielleicht hat der erste aufsteigende Zorn sich deiner zu sehr bemächtiget, Dusch. (c) Die aufsteigende Linie, in den Geschlechtsregistern, diejenigen Personen, welche in gerader Linie von einem angenommenen Stammvater herkommen, in so fern man von jenen bis zu diesem zählet. In dem umgekehrtem Falle wird es die absteigende Linie genannt.

Anm. Aufsteigen lautet bey dem Kero und Notker ufstigan. Das Substantiv die Aufsteigung ist, wie bey den meisten Neutris, ungebräuchlich.


Aufstellen (W3) [Adelung]


Aufstellen, verb. reg. act. 1) Aufgerichtet stellen, aufrichten und nach einer gewissen Ordnung hinsetzen. Die Bücher aufstellen, auf das Bücherbret. Einen Gewinst aufstellen. Waaren zum Verkaufe aufstellen. Figürlich. Einen Zeugen aufstellen, jemanden als einen Zeugen darstellen. Wie viele vortreffliche Beyspiele der Tugend haben uns nicht Sparta und Athen aufgestellet. Ich wolle ihnen taufend Beweise aufstellen, wenn ich sie damit überzeugen könnte, Gell.2) Offen stellen, offen stehen machen. Sprenkel aufstellen. Einem eine Falle, eine Schlinge, ein Netz, ein Garn aufstellen; welche R. A. so wohl in eigentlicher, als figürlicher Bedeutung gebraucht werden. Noch figürlicher sagt man im gemeinen Leben: wegen einer Sache, oder nach einer Sache aufstellen, nachforschen lassen. So auch die Aufstellung.


Aufsteppen (W3) [Adelung]


Aufsteppen, verb. reg. act. bey den Nähterinnen, vermittelst einer Steppnaht aufnähen. Achselzwickel aufsteppen.


Aufsteuern (W3) [Adelung]


+ Aufsteuern, verb. reg. act. im gemeinen Leben, aufstützen, aufstämmen. Den Arm aufsteuern. Sich mit dem Arme aufsteuern.


Aufsticken (W3) [Adelung]


Aufsticken, verb. reg. act. bey den Stickern, gemachte Figuren auf seidene oder wollene Zeuge auflegen und aufnähen; im Gegensatze des Einstickens. Daher die Aufstickung.


Aufstieben (W3) [Adelung]


Aufstieben, verb. irreg. neutr. ( S. Stieben) welches das Hülfswort seyn erfordert, in Gestalt eines Staubes in die Höhe steigen. Tho sah er an allen haluen Thie molten ufsuiben, in dem alten Gedichte von Kaiser Carls des Großen Kriege bey dem Schilter, v. 1899. - Ließen lauffen ir pferdt, Das hinder den aufstob die erd, Theuerd. Kap. 101. Figürlich wird dieses Wort bey den Jägern von den kleinen Geflügel gesagt, wenn es plötzlich auffliegt. S. auch Aufstäuben und Aufstäubern.


Aufstöbern (W3) [Adelung]


+ Aufstöbern, S. Aufstäubern. Dem Himmel sey Dank, daß ich sie einmahl aufgestöbert habe, Weiße.


Aufstören (W3) [Adelung]


Aufstören, verb. reg. act. durch Stören aus einander treiben. Ein Wespennetz aufstören. Die Sandhorste oder Häger in den Flüssen aufstören.


Aufstoßen (W3) [Adelung]


Aufstoßen, verb. irreg. S. Stoßen, welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Aktivum. 1) Durch Stoßen öffnen. Die Thür, das Fenster, ein Faß aufstoßen. Ingleichen durch einen Stoß verwunden, im gemeinen Leben. Sich die Haut aufstoßen. 2) In die Höhe stoßen. Ich erwartete nicht, daß sie den Staub, den sie mit den Füßen aufstoßen, für Wolken ausgeben wür-den, Weiße. Ingleichen, durch einen Stoß zum Aufstehen bewegen. Ein Pferd aufstoßen. In figürlicher Bedeutung, stoßt bey den Jägern der Hund einen Hasen oder wildes Geflügel auf, wenn er selbiges aufsprenget.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) In die Höhe gestoßen werden, aufsteigen. Die Speise stößt mir auf, oder es stößt mir auf, wenn die Blähungen aus dem Magen aufwärts gehen. + Die Schmach stößt ihm auf, kommt ihm wieder in die Gedanken, ist eine niedrige Figur der vorigen R. A. Ferner bedeutet es so viel als anfangen zu gähren; besonders bezeichnet man damit das zweyte Gähren des Bieres in dem Fasse. Weil diese zweyte Gährung bey manchen flüssigen Körpern, z. B. dem Weine, ein Vorbothe des Verderbens und des Sauerwerdens ist, so hat aufstoßen daher sehr oft auch diesen Begriff an sich genommen. Der Wein stößet auf, wird sauer. Ein aufgestoßener Wein. Man hat diese Figur noch weiter getrieben, und auch den Anfang des Krankwerdens der Rinder und des zahmen Viehes mit diesem Worte beleget. Das Vieh stößt auf. Die Hühner sind aufgestoßen. S. auch Aufstößig.2) Auf etwas stoßen. (1) In eigentlicher Bedeutung. Das Schiff stößt auf, ist aufgestoßen, auf den Grund. (2) Figürlich, begegnen. Es stoßen mir täglich Leute dieser Art auf. Es möchte mir vielleicht noch ein witziger Kopf aufstoßen. Es stößt mir jetzt eine gute Gelegenheit auf.

Anm. Das Substantiv die Aufstoßung findet nur in den Bedeutungen des Activi Statt. Ehedem war auch Aufstoß für "Zwist", Streit üblich, wie aus dem Haltaus erhellet. In Oberdeutschland gebraucht man es zuweilen noch für Zufall, Krankheit, Begegnung. S. Aufstößig.


Aufstößer (W3) [Adelung]


* Der Aufstößer, des -s, plur. ut nom. sing. nur in der Landwirthschaft einiger Gegenden, z. B. Thüringens, ein Acker, welcher mit dem schmalen Theile auf einen andern stößt, und dessen Besitzer.


Aufstößig (W3) [Adelung]


Aufstößig, adj. et adv. 1) Verdorben, sauer. Der Wein wird aufstößig. Ein aufstößiger Wein. Ingleichen unpaß, krank, doch nur dem Anfange nach, von Kindern dem zahmen Viehe, wenn letzteres die Luft zum Fressen verlieret. Das Pferd, die Schweine, die Hühner werden aufstößig. Ein aufstößiges Rind. Daher die Aufstößigkeit, plur. inusit. der Zustand eines Rindes oder Thieres, da es aufstößig ist. 2) * Ehedem bedeutete aufstößig auch uneins, "zwistig": mit einem aufstößig werden. S. Haltaus h. v. In einigen Gegenden bezeichnen aufstößig und aufstützig noch setzt widerspänstig, zum Aufstande geneigt. Die Soldaten sind aufstößig geworden.


Aufsträuben (W3) [Adelung]


Aufsträuben, verb. reg. act. in die Höhe sträuben. Mit aufgesträubtem Haar, Zachar.


Aufstreichen (W3) [Adelung]


Aufstreichen, verb. irreg. act. S. Streichen. 1) Eine Sache auf die andere streichen. Ein Pflas=ter aufstreichen, auf Leinwand. Butter aufstreichen, auf Brot. 2) Aufwärts streichen. Die Haare aufstreichen. Bey den Tuchscherern bedeutet es so viel, als wider den Strich scheren. So auch die Aufstreichung.


Aufstreifen (W3) [Adelung]


Aufstreifen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Aktivum. 1) Hinauf streifen, aufwärts streifen. Den Ärmel, das Hemd aufstreifen. Ingleichen metonymisch, sich aufstreifen. 2) Durch einen Stoß, der im streifen geschiehet, verwunden, als ein Reciprocum. Sich die Haut aufstreifen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, in der Bewegung ein wenig berühren. Die Kugel streift auf, berührt im Fluge die Erde. Lange Kleider streifen auf die Erde auf. Daher die Aufstreifung in der Bedeutung des Activi.


Aufstreuen (W3) [Adelung]


Aufstreuen, verb. reg. act. auf etwas streuen, absolute. Sand aufstreuen, auf das Papier. Daher die Aufstreuung.


Aufstricken (W3) [Adelung]


Aufstricken, verb. reg. act. durch Stricken verbrauchen. Allen Zwirn aufstricken.


Aufstülpen (W3) [Adelung]


Aufstülpen, verb. reg. act. 1) Die Stülpe in die Höhe biegen. Einen Hut aufstülpen, aufkrämpen, aufstutzen. Die Stiefeln aufstülpen. An einigen Orten sagt man auch, den Ärmel aufstülpen, für aufstreifen. Eine Kleine aufgestülpte, d. i. aufgeworfene, Nase, Less. 2) Auf etwas stülpen, oder decken. Den Deckel aufstülpen, auf den Topf. In niedrigen Ausdrücken sagt man auch, den Hut aufstülpen, für aufsetzen. Daher die Aufstülpung.


Aufstürmen (W3) [Adelung]


Aufstürmen, verb. reg. act. mit Sturm, d. i. heftiger Wuth öffnen. Die Thür aufstürmen.


Aufstürzen (W3) [Adelung]


Aufstürzen, verb. reg. act. 1) Auf etwas stürzen oder decken. Den Deckel aufstürzen, auf den Topf. Die Haube aufstürzen, sie in der Geschwindigkeit und ohne Ordnung aufsetzen. 2) In die Höhe stürzen oder stellen. Die abgewaschenen Teller aufstürzen, in den Küchen. So auch die Aufstürzung.


Aufstutzen (W3) [Adelung]


Aufstutzen, verb. reg. act. den Stutz, d. i. den verkürzten Theil einer Sache in die Höhe biegen. 1) Eigentlich, von den Hüten. Einen hut aufstutzen, die verkürzte Krämpe in die Höhe biegen, und den Hut zum Tragen geschickt machen, welches auch aufstaffiren genannt wird. 2) Figürlich, aufputzen, verschönern. Bekannte Wahrheiten, die nur durch die Einkleidung aufgestutzt worden. Ein Dichter muß sehr arm seyn, der seine Sprache nur durch ein einziges Mittel aufzustützen weiß (aufzustutzen) weiß, Less. So auch die Aufstutzung.


Aufstützen (W3) [Adelung]


Aufstützen, verb. reg. act. auf etwas stützen. Die Arme aufstützen, auf den Tisch. Sich aufstützen, mit den Armen. Daher die Aufstützung.


Aufstützig (W3) [Adelung]


Aufstützig, S. Aufstößig.


Aufsuchen (W3) [Adelung]


Aufsuchen, verb. reg. act. zu finden, zu bekommen suchen. Ein Wild, einen Übelthäter, eine Stelle in einem Buche aufsuchen. Ich suchte meinen Freund auf. Wie sehr versteckest du dich vor der wohlthätigen Güte, die dich aufsuchet! Dusch. So auch die Aufsuchung.


Aufsummen (W3) [Adelung]


Aufsummen, verb. reg. welches so wohl als ein Neutrum mit seyn, noch häufiger aber als Reciprocum gebraucht wird, zur großen Summe werden. Etwas aufsummen lassen. Es summet sich auf. Seine Schulden haben sich sehr aufgesummet.


Auftafeln (W3) [Adelung]


Auftafeln, verb. reg. act. 1) Bey den Tuchbereitern, so viel als auffalten, d. i. die Tücher in abgemessene Falten schlagen; vielleicht, weil solches auf oder vermittelst einer Tafel geschiehet. 2) Einem auftafeln, die Speisen für ihn auf die Tafel tragen, nur im gemeinen Leben, wie auftischen. Daher Auftafelung.


Auftaumeln (W3) [Adelung]


Auftaumeln, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, taumelnd aufstehen. Man taumelt auf und sucht Stock, Kleider, Hut und Degen, Zachar.


Aufthauen (W3) [Adelung]


Aufthauen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Aktivum, die Wärme in einen gefrorenen Körper wieder herstellen, und ihn dadurch öffnen, d. i. erweichen und flüssig machen. Die Sonne thauet die Erde, das Eis auf. Ein gefrorenes Wasser aufthauen. Figürlich sagt Opitz von dem Wein: Er thauet die Sinnen auf. So auch die Aufthauung.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, aufgethauet werden, von gefrornen Körpern. Die Erde, das Eis, der Strom thauet auf, ist aufgethauet. Figürlich sagt man im gemeinen Leben von einem Menschen, der nach einem langen,schüchternen Stillschweigen anfängt, gesprächig zu werden, er thauet auf. In den gemeinen Mundarten Oberdeutschlandes und Niedersachsens, ist statt dieses Worts aufleinen und auflüen üblich. S. Leinen.


Aufthun (W3) [Adelung]


Aufthun, verb. irreg. act. S. Thun. 1) Hinauf thun, oder legen, im gemeinen Leben. Besonders wird es in dieser Bedeutung in den Blaufarbenwerken gebraucht.2) Öffnen, doch nur in einigen Fällen, wo man diesen Begriff ganz allgemein, ohne nähere Bestimmung der Art und Weise auszudrucken für gut findet. Die Thür aufthun, wofür doch aufmachen üblicher ist. Das buch aufthun, besser aufschlagen aber öffnen. Die Ohren aufthun, für hören, und den Mund aufthun, für sprechen, sind niedrig; das Maul aufthun, in der letzten Bedeutung, ist zugleich verächtlich. Die Augen aufthun, für aufmerksam sehen, gehöret gleichfalls in die Sprache des gemeinen Lebens; doch sagt man auch in der anständigern Sprechart figürlich: Das Unglück hat mit die augen aufgethan, obgleich auch hier öffnen edler seyn würde. Ein Faß Bier, Wein ec. aufthun, im gemeinen Leben, es anzapfen, anfangen davon zu verlaufen. Die abgeernteten Felder aufthun, Erlaubniß geben, sie mit dem Vieh betreiben zu lassen. Am häufigsten gebraucht man dieses Wort noch als ein Reciprocum. Die Blumen thun sich auf. Die Erde that sich unter mir auf. Der Himmel thut sich auf. Das Gestein hat sich aufgethan, in den Bergwerken, es hat sich von dem festern Gesteine abgelöset.

Anm. Bey dem Ottfried findet sich für dieses Wort induan, d. i. entthun, und der noch ältere Kero druckt, den Mund aufthun, durch intlohhan mund, den Mund entlochen, aus.


Aufthürmen (W3) [Adelung]


Aufthürmen, verb. reg. act. hoch, wie einen Thurm aufhäufen. Der Wind thürmete den Schnee wie Berge auf. Das Meer schäumt, die Wellen thürmen sich bis an den Himmel auf, S. Thurm.


Auftiefen (W3) [Adelung]


Auftiefen, verb. reg. act. vermittelst des Hammers tiefer und zugleich höher machen; ein Kunstwort verschiedener Metallarbeiter, besonders der Kupferschmiede, da es denn diejenige Arbeit ausdruckt, da die Metalle kalt geschlagen, und ihnen dadurch allerley vertiefte Gestalten gegeben werden. Die Goldschmiede nennen solches aufziehen. Auch auf den Kupferhämmern werden die Kupferplatten aufgetiefet, d. i. vermittelst des Auftiefhammers zu Kesseln geschlagen. So auch die Auftiefung.


Auftischen (W3) [Adelung]


+ Auftischen, verb. reg. act. Speisen auf den Tisch tragen; ein Wort, welches im Hochdeutschen nur im verächtlichen Verstande, aber höchstens im Scherze üblich ist. Einem auftischen. Im Oberdeutschen ist es von einem edeln und anständigen Gebrauche. Ich will in meinen düstern Schatten süße Früchte zum Mittagsmahl dir auftischen, Geßn. Vermutlich hat Hagedorn diesen Oberdeutschen Gebrauch nachgeahmet, wenn er singt: Hierauf wird warme Milch -In irdnen Schüsseln aufgetischt. Und an einem andern Orte: Was hätt ich wohl? An allem leid ich Noth. Was tisch ich auf? Auch das einfache tischen ist in Oberdeutschland in dieser Bedeutung üblich. Es war nicht für sie getischet, Bluntschli.


Auftoben (W3) [Adelung]


Auftoben, verb. reg. neutr. mit haben, plötzlich anfangen zu toben.


Auftrag (W3) [Adelung]


Der Auftrag, des -es, plur. die -träge. 1) Die Handlung des Auftragens; doch nur in einigen Fällen, und ohne Plural. Der Auftrag der Farben, bey den Mahlern. Der Auftrag eines Gutes, eines Lehens, in den Rechten, die Übergabe desselben. Ingleichen das Auftragen eines Geschäftes. Einem Auftrag thun. Es ist ihm bereits Auftrag geschehen. 2) Ein aufgetragenes Geschäft; mit dem Plural. Einem Auftrage ein Genüge leisten. Einen Auftrag bekommen. Alle Aufträge gut ausrichten.


Auftragen (W3) [Adelung]


Auftragen, verb. irreg. ( S. Tragen), welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Aktivum. 1. Hinauf tragen, in die Höhe tragen. In diesem Verstande wird aufgetragen in den Schmelzhütten auch für auflaufen gebraucht, d. i. Erz und Kohlen in den Schmelzofen tragen, welches vermittelst der Auftragtröge oder Schichttröge geschiehet. In einer uneigentlichen Bedeutung bezeichnet in den Bergwerken auftragen, so viel als erhöhen; z. B. einen Schacht auftragen, ihn von unten auf mit Jöchern, Einstrichen, Tragestämpeln u. s. f. erhöhen.2. Eine Sache auf die andere tragen. 1) Eigentlich. Die Speisen auftragen, auf den Tisch. Es ist schon aufgetragen, oder man hat schon aufgetragen, die Speisen sind schon auf den Tisch getragen. Einem herrlich auftragen, ihn ansehnlich bewirthen. 2) In weiterer Bedeutung wird dieses Wort in verschiedenen Handwerken und Künsten gebraucht, diejenige Verbindung oder Vereinigung zweyer Dinge auszudrucken, welche bloß durch An- und auflegen geschiehet. Farbe auftragen, bey den Mahlern und Buchdruckern. Gold im Vergolden auftragen. Glasreifen mit dem Bindeisen auftragen, d. i. anlegen, in den Glashütten. Das Seil auftragen, in den Bergwerken, es um den Korb legen u. s. f. Ingleichen, einen Riß auftragen, ihn auf das Papier oder eine andere Fläche zeichnen. 3) Figürlich, zur Verwaltung, Besorgung übergeben. Einem ein Amt, ein Geschäft auftragen. Einem die Regierung auftragen. Eine aufgetragene Gewalt, ein aufgetragenes Geschäft. Ingleichen, das Obereigenthum über eine Sache abtreten; daher in dem Lehenswesen, einem seine Güter auftragen, oder zu Lehen auftragen, ingleichen ein aufgetragenes Lehen, Feudum oblatum, im Gegensatze des gegebenen. Ehedem war auftragen in mehrern Fällen der Abtretung üblich, in welcher Bedeutung es aber nun größtens Theils veraltet ist.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, in welcher Bedeutung man aber nur in gemeinen Leben, von einer Sache sagt, daß sie auftrage, wenn sie zu dick ist oder wird, so daß eine andere, wider ihren Endzweck, von derselben gleichsam getragen wird. So trägt ein Nachtlied auf, wenn es die darüber gezogene Kleidung zu enge macht.Das Substantiv, die Auftragung, kann in allen Bedeutungen des Activi gebraucht werden.


Aufträger (W3) [Adelung]


Der Aufträger, des -s, plur. ut nom. sing. in den Bergwerken so viel als der Aufläufer, d. i. derjenige Arbeiter, welcher Erz und Kohlen in den Schmelzofen trägt.


Auftreffen (W3) [Adelung]


Auftreffen, verb. reg. neutr. ( S. Treffen) mit haben, auf etwas treffen, d. i. stoßen, oder es berühren; nur in einigen Fällen. Der Mühlstein trifft auf einer Ecke auf, wenn er nicht horizontal liegt, und daher den untern Stein mit einer Ecke berühret.


Auftreiben (W3) [Adelung]


Auftreiben, verb. irreg. S. Treiben. Es ist, I. ein Aktivum,I. In die Höhe treiben, und zwar,1) Durch Ausdehnung der Theile. eine Blume mit dem Hammer auftreiben, bey den Schlössern, sie durch Hammerschläge in die Höhe treiben. So sagt man auch im gemeinen Lebe: Die Winde treiben den Leib auf. Der Leib des Verstorbenen war außerordentlich aufgetrieben. In der Landwirthschaft bedeutet auftreiben, den Acker durch wiederhohltes Pflügen höher und lockerer machen. Besonders bezeichnet man dadurch die dritte Art des Pflügens zur Wintersaat, welche auch wenden genannt wird. Noch mehr aber,2) Mit Gewalt zum Aufstehen bewegen, jemanden von seinem Sitze oder aus seinem Lager treiben. (1) Eigentlich. einen auftreiben, ihn aus dem Bette oder von dem Stuhle treiben. Ein Wild auftreiben, es aus seinem Lager jagen, bey den Jägern. (2) Figürlich. a) Bey den Handwerkern, einen Gesellen anrüchtig machen. wodurch er überall vertrieben und verjaget wird.; welcher Mißbrauch im verächtlichen Verstande auch wohl die Auftreiberey genannt wird. b) Mit lebhafter Mühe ausfündig machen, ausforschen und erlangen. Geld auftreiben. Wo haben sie das wieder aufgetrieben? Ich will wissen, ob sie für meine Tochter einen Mann aufgetrieben haben, Weiße. Er liest, wo er ein Blatt Papier auftreiben kann, ebend. Vermutlich ist tiefer Gebrauch des Verbi von dem Auftreiben des Wildes in der Bedeutung der Jäger entlehnet.2. Mit Gewalt öffnen, aus einander treiben, in welcher Bedeutung es in dem Bergbaue üblich ist, wo es so viel bedeutet, als einen Gang, eine Wand mit großen Fäusteln, Keilen u. s. f. zersetzen.3. Auf etwas treiben. Einen Ring auftreiben, auf das Rad, auf das Häft u. s. f. Den Mühlstein, ihn auf das Mühlgebiethe schaffen. Die Wäsche auftreiben, bey den Wäscherinnen, sie vor dem Rollen fest und das Rollholz wickeln.II. Ein Neutrum, mit seyn, auf etwas getrieben werden, besonders in der Schifffahrt, auf den Grund gerathen oder stoßen. Wo das Schiff Wasser genug hat, um nicht aufzutreiben.So auch die Auftreibung in den Bedeutungen des Activi.


Auftrennen (W3) [Adelung]


Auftrennen, verb. reg. act. aus einander trennen, besonders was zusammen genähet ist. Eine Naht auftrennen, sie mit einem Messer behutsam aufschneiden. Ein Kleid auftrennen, die Nähte in demselben. Die Naht trennt sich auf, gehet aus einander. So auch die Abtrennung.


Auftreten (W3) [Adelung]


Auftreten, verb. irreg. ( S. Treten) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. Durch Treten öffnen. Die Thür, eine Nuß auftreten. Daher die Auftretung.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1. Auf den Boden treten, den Fuß auf die Erde setzen. Das Pferd kann nicht auftreten. Hart, fest, leise auftreten. Sein Fuß tritt grimmig auf, daß die Allee erzittert, Zachar. 2. In die Höhe treten, aufstehen, um zu reden. Daher sagt man von einem Redner, einem Schauspieler u. s. f. daß er auftritt, oder öffentlich auftritt, wenn er den Ort betritt, von welchem er zu reden gesonnen ist. Mit etwas auftreten, figürlich, etwas feyerlich vorbringen. Wenn du eher mit deiner verliebten Wehklage aufgetreten wärest, Weiße. In den Nieder-Lausitz sagt man von der Milch, sie tritt auf, wenn sie sich rahmet. Für die Handlung des Auftretens in den Bedeutungen des Neutrius, besonders der letztern, ist der Auftritt üblich.


Auftrift (W3) [Adelung]


Die Auftrift, plur. die -en. 1) In den Marschländern, der Weg nach einem Deiche hinauf, auf welchem das Vieh hinauf getrieben wird. 2) * In einigen Gegenden, besonders in Pommern und Brandenburg, ist die Auftrift, das Pflügen zur Saat im Herbst, und ein auf diese Art gepflügter Acker. In die Auftrifte säen. S. Auftreiben.


Auftritt (W3) [Adelung]


Der Auftritt, des -es, plur. die -e, von dem Verbo auftreten. 1. Die Handlung des Auftretens, in den Bedeutungen des Neutrius, besonders der Auftritt eines Redners, eines Schauspielers.2. Figürlich. a) In einigen Fällen der Anfang der Gegenwart bey einer Sache oder Handlung. Macht in der großen Welt den ersten Auftritt gut, Zachar. b) In der Kanzelberedsamkeit ist der Auftritt auch das Gebeth, oder der Wunsch, womit der Kanzelredner seine Predigt antritt. c) Derjenige Theil eines Aufzuges in einem Schauspiele, der durch den Auf- oder Abtritt eines Mitspielers bestimmt wird; daher ein Aufzug in mehrere Auftritte getheilet wird. Die Griechen und Römer nannten einen solchen Auftritt, Scena, welcher Ausdruck auch noch von einigen im Deutschen beybehalten wird. Georg Greslinger wollte in seiner Übersetzung des Cid, welche 1679 gedruckt worden, dafür den Nahmen Auskunft einführen, worin ihm aber niemand nachgefolget ist. b) Nach einer noch weitern Figur führet auch ein jeder merkwürdiger Vorgang den Nahmen eines Auftrittes. So singt z. B. Zachariä von dem Morgen: Wie verschießen die Farben Aller Freuden des Hofs vor diesem himmlischen Auftritt! Nie will ich es zu einem solchen Auftritte wieder kommen lassen.3. Dasjenige, worauf man tritt. So wird z. B. in den ländlichen Gebäuden diejenige Stufe vor den Thüren, worauf man tritt, ein Auftritt genannt. Die Auftrittbank, an den Stühlen der Bortenwirker, unter welcher die Enden aller Tritte durch eine eiserne Stange beysammen gehalten werden.


Auftrocknen (W3) [Adelung]


Auftrocknen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Zum künftigen Gebrauche trocken machen, trocknen und aufbehalten; in Oberdeutschland und Meißen, im gemeinen Leben, auftreugen. Äpfel, Früchte, Kräuter auftrocknen. 2) Durch Wegnehmung der Feuchtigkeit trocknen machen. So trocknete mein Freund die traurgen Zähren auf, Cron. II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, trocken werden. Besonders in figürlicher Bedeutung in der Landwirthschaft, wo die Kuh auftrocknet, oder güste wird, wenn sie keine Milch mehr gibt.Daher die Auftrocknung in den Bedeutungen des Activi.


Auftrüben (W3) [Adelung]


Auftrüben, verb. reg. act. von unten auf trübe machen. Das Wasser des Flusses ganz auftrüben.


Aufwachen (W3) [Adelung]


Aufwachen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt, von dem Schlafe wach, oder munter werden; in der höhern Schreibart erwachen. In eigentlicher Bedeutung. Das Kind ist aufgewachet. Von dem Schlafe, wo einem langen Traume aufwachen. Von einem Geräusche, Geschreye aufwachen, durch dasselbe aufgewecket werden. 2) Figürlich, wirksam werden. Seine Gläubiger sind alle aufgewacht. Wenn dein Gewissen einmahl aufwachen wird. Wird seine erste Flamme nicht wieder aufwachen, wenn sie dieselbe noch durch Erkenntlichkeit reitzen? Weiße.

Anm. Zu einem aufwachsen, wie Hiob 8, 6: so du rein und fromm bist, so wird er aufwachsen zu dir, ist ein Hebraismus. Herr Hofr. Michaelis setzet dafür: so wird er bald für dich eisern. Opitz gebraucht aufwachsen mehrmahls active für aufwecken; z. B. Wird einmahl dann das Herz umringet von der Nacht, Gewiß es wird so bald nicht wieder aufgewacht. Ingleichen: Ein aufgewachtes Herz, und prächtiger Verstand, Begehrt berühmt zu seyn, durch die geehrte Hand.


Aufwachsen (W3) [Adelung]


Aufwachsen, verb. irreg. neutr. ( S. Wachsen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, groß wachsen, in die Höhe wachsen, so wohl von Menschen und Thieren, als Pflanzen. In Frömmigkeit und Tugend, in Lastern und Untugend aufgewachsen. Wirsind mit einander aufgewachsen, wir sind von Jugend auf bey einander gewesen.


Aufwagen (W3) [Adelung]


Aufwagen, verb. reg. recipr. Sich aufwagen, aufzustehen wagen. Der Alte vergaß seinen Knotenstock und wagte sich auf, ihr entgegen, Göthe.


Aufwägen (W3) [Adelung]


Aufwägen, verb. reg. oder nach andern irreg. act. S. Wägen. 1) Durch ein Hebezeug in die Höhe heben, im gemeinen Leben. Einen Stein aufwägen. 2) Darwägen, wägen um es einem andern zu geben. Einem Geld aufwägen. Gegen kein geläutertes Gold wird sie aufgewogen, Hiob 28, 19; nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. So auch die Aufwägung.

Anm. Auch von diesem Worte gilt dasjenige, was schon bey Abwägen erinnert worden. S. auch Wägen.


Aufwählen (W3) [Adelung]


Aufwählen, verb. reg. act. auf gut Glück aufschlagen, im Kartenspiele. Ein Blatt aufwählen.


Aufwallen (W3) [Adelung]


Aufwallen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort seyn erfordert, in die Höhe wallen, in eine heftige innere Bewegung gerathen. 1) Eigentlich, von flüssigen Körpern, besonders wenn sie durch die Hitze zum Sieden gebracht werden. So bedeutet aufwallen in der Hauswirthschaft gelinde aufsieden. Allein in der erhabenen Schreibart wird jederzeit der Begriff einer heftigen Bewegung damit verbunden. Das Meer wallt auf und braust. Das Aufwallen des Geblütes ist bey den Pferdeärzten eine Krankheit der Pferde, wo bey einem gelinden Fieber kleine Blattern auf der Haut zum Vorscheine kommen.2) Figürlich. (a) Von dem Stande, bey den neuern Dichtern. - - Wie unter dem Fuße des Wandrers Leichter Staub, von Gewürmen bewohnt, aufwallet, hinsinkt, Klopst. (b) Von allen heftigen Gemüthsbewegungen, welche das Geblüt gleichsam schnell aufwallen machen, aber auch schnell wieder vergehen. Die aufwallende Hitze der Rachbegierde. Vielleicht wallere mein Zorn bey Beleidigungen auf, Dusch. Ungestümer von stürmischer Freude wallt nicht das ängstliche Herz des Missethäters auf, ebend. Aber auch von sanftern Empfindungen. Sanfte Empfindungen wallen, wie die Silberwellen, an einem stillen Abende in der Seele des Dichters auf. S. Aufwallung besonders.


Aufwällen (W3) [Adelung]


Aufwällen, oder Aufwellen, verb. reg. welches 1) das Activum des vorigen ist, aufwallen, d. i. aufkochen, machen, in den Küchen. Fleisch in siedendem Wasser aufwällen. 2) * Von Wall, Haufen, in Haufen aufsetzen, besonders in Niedersachsen. So wird z. B. in den Marschländern der Torf aufgewället, wenn er in Haufen gesetzet wird. S. Wall.So auch die Aufwällung in beyden Bedeutungen.


Aufwallung (W3) [Adelung]


Die Aufwallung, plur. die -en, das Aufwallen, so wohl in eigentlicher als figürlicher Bedeutung. Die Aufwallung eines siedenden Wassers. Die Aufwallung des Blutes. Du hältst eine kurze Freude, eine frohe Aufwallung des Herzens, für Glückseligkeit, Dusch. Verzeihen sie diesen schnellen Aufwallungen einer beleidigten Ehre, von Brawe.


Aufwand (W3) [Adelung]


Der Aufwand, des -es, plur. car. dasjenige, was aufgewendet wird, und der Zustand, in welchem man viel aufwenden muß. Großen Aufwand haben, viel Geld zu seinen Bedürfnissen ausgeben müssen. Vielen Aufwand machen, viel Geld zu seinen Bedürfnissen ausgeben. Eine Sache, welche vielen Aufwand, viele Kosten, erfordert. Etwas mit großem Aufwande erhalten. S. Aufwenden.


Aufwärmen (W3) [Adelung]


Aufwärmen, verb. reg. act. von neuen wärmen. 1) Eigentlich. Speisen, Milch u. s. f. aufwärmen. Ein aufgewärmtes Gericht. 2) Figürlich im gemeinen Leben, eine veraltete Sache von neuen vorbringen. Einen alten Streit wieder aufwärmen. So auch die Aufwärmung.


Aufwarten (W3) [Adelung]


Aufwarten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert; auf etwas warten, besonders auf eines andern Befehl warten. 1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung, jemanden bedienen, ihm allerley niedrige Dienste leisten. Einem Herrn aufwarten, dessen Bedienter seyn. Den Gästen aufwarten. Bey Tische, bey der Tafel aufwarten. Bey einer Hochzeit aufwarten, nehmlich mit Musik, den Gästen vorspielen. In dieser Bedeutung wird es gegenwärtig nur von geringen und niedrigen Diensten gebraucht. Allein Opitz gebraucht es auch in der edlern Bedeutung für dienen überhaupt. Der, dem ich getreulich aufzuwarten verbunden bin. Bey eben demselben kommt es auch aber absolute vor: Um dich, o Herr, stehn aller Augen her, Und warten auf, Ps. 145. Auf welche Art es im Hochdeutschen nur noch von den Hunden und einigen andern Thieren gebraucht wird, wenn sie sich auf die hintern Füße setzen, und auf den Befehl ihres Herrn warten.2) Figürlich von allen Pflichten der Höflichkeit und Ehrerbiethung, die man einem andern leistet. Einem aufwarten, mit Ehrerbiethung zu ihm kommen. Einem mit etwas aufwarten, ihm ein Geschenk damit machen, es ihm geben, darreichen. Kann ich ihnen damit aufwarten? Auf gleiche Art gebrauchen die Schweden ihr uppwakta, von wakta, warten. Das Substantiv die Aufwartung S. hernach besonders.


Aufwärter (W3) [Adelung]


Der Aufwärter, des -s, plur. ut nom sing. Fämin. die Aufwärterinn, plur. die -en, eine Person, welche einem andern im eigentlichen Verstande aufwartet.


Aufwärts (W3) [Adelung]


Aufwärts, ein Umstandswort des Ortes, eine Bewegung in die Höhe auszudrucken, für hinaufwärts. Aufwärts gehen, fahren. Aufwärts schiffen, nach der Quelle zu. Etwas aufwärts biegen, in die Höhe, über sich.

Anm. Aufwärts, Holl. opwaerts, Engl. upward. Angels. upweard, in dem alten Gedichte auf den h. Anno bey dem Schilter, ufwert, ist von auf, und dem alten Substantive Wart zusammen gesetzet. In Oberdeutschland wird es als eine Präposition zuweilen mit der zweyten oder vierten Endung gebraucht. Aufwärts des Flusses, den Fluß aufwärts schiffen; welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist.


Aufwartsam (W3) [Adelung]


* Aufwartsam, adj. et adv. bereit aufzuwarten, dienstfertig; ein Wort, welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, aber doch ein Mahl von Hagedorn gebraucht worden: Er will sich aufwartsam, ja Dienern gleich erweisen.


Aufwartung (W3) [Adelung]


Die Aufwartung, plur. inusit. das Aufwarten, so wohl in der ersten eigentlichen Bedeutung. Die Aufwartung bey einem haben, demselben aufzuwarten bestellet seyn. So auch an den Höfen von denjenigen Personen, welche zunächst zur Bedienung der Person eines großen Herrn verpflichtet sind. Ingleichen die Aufwartung mit der Musik, die Besorgung und Aufführung der Musik bey Hochzeiten u. s. f. Als auch in der zweyten Bedeutung. Einem seine Aufwartung machen, ihn mit Ehrerbiethung besuchen. Selten wird dieses Wort im Plural gebraucht; z. B. Ich konnte vor der Menge der Aufwartungen kaum zu mir selber kommen, Gell. Wo alsdann Personen, die ihre Aufwartungen machen, zu verstehen sind. In der gezierten Sprechart wird es so wie Bedienung, oft als ein Concretum für einen Bedienten oder eine Bediente gebraucht. An manchen Höfen ist es ein Collectivum, die zur Aufwartung bestimmten Personen zu bezeichnen, nehmlich den Kammerherren, Kammerjunker, Adjudanten u. s. f. Statt dieses Wortes ist in Oberdeutschland die Aufwart üblich.


Aufwaschen (W3) [Adelung]


Aufwaschen, verb. irreg. act. S. Waschen. 1) Durch Waschen reinigen, besonders, das gebrauchte Tisch- und Küchengeschirr reinigen, in der Hauswirthschaft. 2) Mit Wasser von der Erde auffassen. Blut aufwaschen. 2) Wund waschen. Sich die Hände aufwaschen. 4) Durch Waschen verbrauchen. Alle Seife aufwaschen. So auch die Aufwaschung.


Aufwäscherinn (W3) [Adelung]


Die Aufwäscherinn, plur. die -en, in großen Küchen, diejenige Magd, welche zum Aufwaschen bestellet ist.


Aufweben (W3) [Adelung]


Aufweben, verb. reg. act. 1) Verweben, durch Weben verbrauchen. Alles Garn aufweben. 2) Aus einander weben. Ein Gewebe wieder aufweben.


Aufwechsel (W3) [Adelung]


Der Aufwechsel, des -s, plur. car. in der Handlung, die Zugabe in schlechterm Gelde, in Ansehung des bessern, welches man einwechselt; Aufgeld. S. auch Abzug.


Aufwechseln (W3) [Adelung]


Aufwechseln, verb. reg. act. durch Einwechseln sammeln, oder aus dem allgemeinen Gebrauche bringen. Eine gewisse Geldsorte aufwechseln. Daher die Aufwechselung.


Aufwecken (W3) [Adelung]


Aufwecken, verb. reg. act. welches das Activum von aufwachen ist, wach, d. i. munter machen, besonders einen Schlafenden. 1) Eigentlich. Einen aufwecken. Einen mit seinem Geschreye aufwecken. Ingleichen, einen Todten aufwecken, oder jemanden von den Todten aufwecken, in welcher Bedeutung aber auferwecken und erwecken gebräuchlicher sind. 2) Figürlich, dem Geiste nach munter, lebhaft machen. Die Zeit ward mir lang, ich suchte mich aufzuwecken; aber ich ward immer verdrieslicher, von Brawe. Er weiß eine ganze Gesellschaft aufzuwecken, munter zu machen. Noch mehr ist in dieser Bedeutung des Particip. Passiv. aufgeweckt für munter, lebhaft, üblich. Sie wird in kurzer Zeit recht aufgeweckt und manierlich werden, Gell. Ein aufgeweckter Kopf. Ein aufgewecktes Gemüth. Ein aufgeweckter Einfall.


Aufwehen (W3) [Adelung]


Aufwehen, verb. reg. act. 1) In die Höhe wehen. Der Wind wehet den Staub, die Federn, den Schnee auf. Ingleichen figürlich, durch Wehen hervor bringen, wie auch vergrößern. Der Wind wehete das Feuer auf. Der Kampf scheint ihre Gluth nur stärker aufzuwehen, Wiel. 2) Durch Wehen öffnen. Der Wind hat die Thür, das Fenster aufgewehet.


Aufweichen (W3) [Adelung]


Aufweichen, verb. reg. act. von weich, mollis. 1) Durch Erweichen öffnen. Ein Geschwür aufweichen. 2) Überhaupt, erweichen, oder weich machen. Trockene Farben mit Gummiwasser aufweichen. So auch die Aufweichung.


Aufweifen (W3) [Adelung]


Aufweifen, verb. reg. act. 1) Auf die Weife bringen. Garn aufweifen. 2) Alles was geweift werden sollte, auf die Weife bringen. Alles Garn, alle Seide aufweifen. S. Weifen. Daher die Aufweifung.


Aufweinen (W3) [Adelung]


Aufweinen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, weinend aufblicken; ein Zeitwort, welches den neuern Dichtern eigen ist. Er weinte zu Gott auf, Klopst.


Aufweisen (W3) [Adelung]


Aufweisen, verb. irreg. act. S. Weisen, als einen Beweis vorzeigen, vor Augen legen. Eine Vollmacht, ein Creditiv, einen Wechsel aufweisen. Er hat nichts wider mich aufzuweisen. Daher die Aufweisung.


Aufwellen (W3) [Adelung]


Aufwellen, S. Aufwällen.


Aufwenden (W3) [Adelung]


Aufwenden, verb. reg. oder nach andern irreg. act. S. Wenden, an oder auf etwas wenden, in der figürlichen Bedeutung des einfachen Verbi. Fleiß und Mühe aufwenden, anwenden. Er wendet viel auf, läßt viel Geld aufgehen, wendet viel Geld auf seine Person und auf seyn Vergnügen. S. auch Aufwand.


Aufwerfen (W3) [Adelung]


Aufwerfen, verb. reg. act. S. Werfen. 1. Durch Werfen öffnen. Eine Thür mit Steinen aufwerfen. Die Karten aufwerfen, um zu sehen, wer gibt, sie durch einen Wurf gleichsam öffnen. 2. In die Höhe werfen. a) Eigentlich. Das Meer wirft Schaum auf. Das Wasser wirft Blasen auf. b) Figürlich. (1) Aufgraben. Einen Damm, einen Wall, eine Schanze, einen Graben aufwerfen. Erde um einen Baum aufwerfen. (2) Schnell in die Höhe richten, doch vielleicht nur von der Nase. Sie sahe mich zweydeutig an, und warf die Nase auf, als ich über sie lachte. Hermes. (3) Aufwärts biegen, sich werfen. Das Bret hat sich aufgeworfen. Eine aufgeworfene, einwärts gebogene, Nase. Aufgeworfene Lippen. Aufgeworfene Kapseln oder Feilen, krumm gebogene. (3) Eigenmächtig auftreten, sich eigenmächtig zu etwas angeben. Sich zum Könige, zum Anführer aufwerfen. Ihr werft euch immer zu Dingen auf, wozu ihr keinen Beruf habt. Oft wirft sich die Leidenschaft trotzig über ihre Regentinn, die Vernunft, zur Tyranninn auf, Dusch. (4) Sich wider jemanden aufwerfen, sich wider denselben empören.3. Auf einen andern Körper werfen. a) Eigentlich. Die Würfel aufwerfen, auf den Tisch. b) Figürlich. Eine Frage aufwerfen, zur Beantwortung vortragen, vorbringen. Einen Zweifel aufwerfen.Das Hauptwort die Aufwerfung läßt sich in allen Fällen gebrauchen, wo das Verbum nicht ein Reciprocum ist.


Aufwickeln (W3) [Adelung]


Aufwickeln, verb. reg. act. 1) Auf einen andern Körper wickeln. Zwirn, Seide, Wolle aufwickeln, auf einen Knauel. Die Haare aufwickeln, auf Papier. 2) Aus einander wickeln. Ein Papier aufwickeln. Ein Kind aufwickeln, dessen Windeln aus einander wickeln. 3) In die Höhe wickeln, aufwärts wickeln. Die Strümpfe aufwickeln. In aufgewickelten Haaren gehen. So auch die Aufwickelung.


Aufwiegeln (W3) [Adelung]


Aufwiegeln, verb. reg. act. welches das Frequentativum von aufwiegen ist, aber nur in der figürlichen Bedeutung für aufhetzen, verhetzen, besonders zum Aufstande verleiten, gebraucht wird. Einen wider den andern aufwiegeln. Das Volk wider die Obrigkeit aufwiegeln. In einer noch figürlichern Bedeutung kommt es zuweilen für reitzen, in Bewegung setzen, überhaupt vor. Überall erblickte meine aufgewiegelte Einbildung nichts als schauervolle Tiefen, von Brawe. Mein aufgewiegeltes Gewissen stellt mir auf einmahl den schwärzesten Frevel dar, ebend. Allein da dieses Wort einmahl einen verhaßten Nebenbegriff hat, so ist dieser Gebrauch gewiß nicht der beste. So auch die Aufwiegelung.

Anm. Frisch führet aus dem Dasypodio das einfache weigeln, anreitzen, ergetzen, nöthigen, an. Die Schweden haben ihr uppwiggla von den Deutschen entlehnet, aber in dessen Ableitung sind ihre Sprachforscher sehr unglücklich gewesen.


Aufwiegeler (W3) [Adelung]


Der Aufwiegeler, oder kürzer Aufwiegler, des -s, plur. ut nom. sing. der andere aufwiegelt, besonders, der die Unterthanen zum Ungehorsam gegen die Obrigkeit anreitzet. Ein solcher unruhiger Unterthan wird im Niedersächsischen auch Upmaker, Stakebrand, Bötefür, wovon die Franzosen ihr Boutefeu haben, ferner Bellhamel, Fahnkefüer oder Fannförer u. s. f. genannt. Das Bey- und Nebenwort aufwieglerisch, welches im gemeinen Leben nicht unbekannt ist, ist niedrig.


Aufwiegen (W3) [Adelung]


Aufwiegen, verb. irreg. act. S. Wiegen. 1) Durch ein Hebezeug nach und nach in die Höhe heben. 2) Wie aufwägen in der zweyten Bedeutung. S. auch Wiegen und Abwiegen. 3) An Gewicht übertreffen; eine von dem Steigen des leichtern Körpers in der Wageschale entlehnte Figur. Ein Freund, der alle übrige aufwiegt.


Aufwindeln (W3) [Adelung]


Aufwindeln, verb. reg. act. von Windel, die Windeln auflösen. Ein Kind aufwindeln, metonymisch. Daher die Aufwindelung.


Aufwinden (W3) [Adelung]


Aufwinden, verb. irreg. act. S. Winden. 1) Eine Sache auf die andere winden. Zwirn, Seide, Faden aufwinden, auf einen Knauel, oder auf ein Papier winden. 2) Vermittelst einer Winde in die Höhe schaffen. Einen Wagen aufwinden, mit der Wagenwinde. Eine Last aufwinden, vermittelst der Winde. So auch die Aufwindung.


Aufwirken (W3) [Adelung]


Aufwirken, verb. reg. act. 1) Von wirken, arbeiten, verrichten. (a) Bey den Jägern so viel als aufschneiden. Ein Wild aufwirken. (b) Bey den Bäckern, dem Brote die Gestalt, die es haben soll, mit der Hand geben; oft auch so viel wie auswirken.2) Von wirken, weben. (a) Alles Garn in ein Gewirke bringen. Alles Garn aufwirken. (b) Ein Gewirke auflösen, aus einander wirken. So auch die Aufwirkung.


Aufwischen (W3) [Adelung]


Aufwischen, verb. reg. act. wischend aufheben. Blut, Wasser von der Erde aufwischen. Daher die Aufwischung.


Aufwocken (W3) [Adelung]


* Aufwocken, verb. reg. act. um den Wocken winden; am häufigsten in Niedersachsen für aufrocken. Flachs aufwocken.


Aufwölben (W3) [Adelung]


Aufwölben, verb. reg. act. in Gestalt eines hohen Gewölbes aufführen; ein sonst ungewöhnliches Verbum, welches aber bey dem Opitz vorkommt: Die Decke, welche dir dieß hohe Haus muß tragen Und du hast aufgewölbt, ist unerschöpftes Meer.


Aufwollen (W3) [Adelung]


Aufwollen, verb. irreg. neutr. ( S. Wollen,) mit haben, aufstehen wollen.


Aufwühlen (W3) [Adelung]


Aufwühlen, verb. reg. act. 1) Durch Wühlen in die Höhe bringen. Die Schweine haben die Erde aufgewühlet. 2) Mit Wühlen ungleich machen, öffnen. Den Erdboden aufwühlen.


Aufwuhnen (W3) [Adelung]


Aufwuhnen, verb. reg. act. die Wuhnen öffnen. Einen Teich, oder Fluß aufwuhnen, aufeisen. S. Wuhne.


Aufwurf (W3) [Adelung]


Der Aufwurf, des -es, plur. die -würfe, dasjenige, was aufgeworfen wird; besonders die Erde, welche bey Verfertigung eines Grabens, Teiches u. s. f. auf- und ausgeworfen wird. Einen Aufwurf auf dem Felde machen, Erde aufwerfen.


Aufzählen (W3) [Adelung]


Aufzählen, verb. reg. act. darzählen, auf den Tisch hinzählen, besonders von dem Gelde. Geld aufzählen. Aufgezähltes Geld.


Aufzäumen (W3) [Adelung]


Aufzäumen, verb. reg. act. den Zaum anlegen; eigentlich das Pferd vermittelst das Zaumes zwingen, den Kopf in die Höhe zu tragen. Ein Pferd aufzäumen. In den Küchen werden diejenigen Hühner, welche gebraten werden sollen, aufgezäumet, wenn man die eine Keule derselben dem über den Rücken zurück gebogenen Kopfe und Schnabel einverleibet, die andere aber in die Öffnung des Unterleibes steckt. So auch die Aufzäumung.


Aufzehren (W3) [Adelung]


Aufzehren, verb. reg. act. verzehren, durch Zehren alle machen, eigentlich von Eßwaaren. Die Soldaten haben alle Lebensmittel in dieser Gegend aufgezehret.


Aufzeichnen (W3) [Adelung]


Aufzeichnen, verb. reg. act. figürlich für aufschreiben. Eine Ausgabe aufzeichnen. Eine merkwürdige Begebenheit aufzeichnen. Daher die Aufzeichnung.


Aufzeigen (W3) [Adelung]


Aufzeigen, verb. reg. act. wie aufweisen, vorzeigen. Einen Brief, ein Zeugniß, einen Contract aufzeigen, zum Beweise vor Augen legen. Daher die Aufzeigung.


Aufzerren (W3) [Adelung]


Aufzerren, verb. reg. act. 1) In die Höhe zerren. 1) Durch Zerren öffnen.


Aufziehbrücke (W3) [Adelung]


Die Aufziehbrücke, plur. die -n, eine Brücke, welche entweder ganz oder doch zum Theil aufgezogen werden kann.


Aufziehen (W3) [Adelung]


Aufziehen, verb. irreg. ( S. Ziehen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, wo zugleich die eigentliche Bedeutung des Verbi ziehen, trahere, die herrschende ist.1. Durch Ziehen öffnen. Ein Schloß aufziehen, es durch Zurückziehung des Riegels öffnen. Den Hahn an einem Schießgewehre aufziehen. In uneigentlicher Bedeutung sagt man auch von einem Pflas=ter, daß es ein Geschwür aufziehe, wenn es dasselbe erweichet und öffnet.2. Eine Sache auf die andere ziehen oder spannen. a) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Saiten aufziehen, auf ein Instrument. Einen Übelthäter aufziehen, auf die Folter oder auf die Leiter, welches in der Kunstsprache der Henker der Zug genannt wird. Aufziehen bey den Webern, die Fäden der Länge nach ausspannen und sie auf den Weberstuhl ziehen, welches in Niedersachsen reiten, reiien, rijen, ingleichen scheren heißt; S. Aufzug. Ferner für aufkleben. Einen Riß, einen Kupferstich aufziehen, ihn auf eine andere Fläche kleben. b) Figürlich. Eine Sache aufziehen, ausschieben. Ingleichen, jemanden mit einer Sache aufziehen, zur Ungebühr aufhalten. Man ziehet uns mit dem Prozesse nun schon so lange auf. Ohne Zweifel kommt diese figürliche Bedeutung von der ehemahls üblichen R. A. her, eine Sache auf die lange Bank ziehen oder schieben. S. Bank. Gott zeucht die Strafe auf, schiebt sie auf, braucht noch Matthesius in einer sehr ernsthaften Rede.3. In die Höhe ziehen. a) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Den Weinstock aufziehen, bey den Winzern, ihn aus derjenigen Erde ziehen, mit welcher man ihn im Herbste bedeckt hatte, welches die erste Arbeit im Frühlinge in den Weinbergen ist, so in Franken auch ausschütten genannt wird. So auch Pflanzen, Wurzeln aufziehen, aus der Erde ziehen. Ingleichen vermittelst eines Seites, Bandes u. s. f. in die Höhe ziehen. Eine Brücke aufziehen. Die Anker aufziehen, welches in der Sprache der Seefahrer, die Anker lichten genannt wird. Die Segel aufziehen, Nieders. brassen, oder aufbrassen. Einen Übelthäter aufziehen, an den Galgen. Eine Uhr aufziehen, die Gewichte an derselben; eine R. A. welche auch von den Federuhren gebraucht wird, ungeachtet sie keine Gewichte haben. Den Vorhang aufziehen, welche Redensart eigentlich auf der Schaubühne gebraucht wird, hernach aber auch figürlich von der Entwickelung oder Entdeckung einer dunkeln Sache üblich ist. Wenn die Ewigkeit vor uns ihren Vorhang aufziehet, Dusch. S. Vorhang. Eine Grube aufziehen, bedeutet bey den Lohgärbern im metonymischen Verstande, das gar gemachte Leder aus der Grube ziehen; indessen kann auch die erste Bedeutung der Öffnung hier Statt finden. Die Sonne ziehet den Nebel, die Dünste u. s. f. auf, sagt man, wenn sie durch Verdünnung der obern Luft macht, daß die Dünste aufwärts steigen. Butter aufziehen, in den Küchen, sie zu manchen Brühen mit Wasser und Mehl schmelzen, und dabey beständig mit einem Löffel in die Höhe ziehen.b) Figürlich. (1) Durch Hammerschläge nach oben zu ausdehnen. In diesem Sinne nennen die Goldschmiede diejenige Arbeit aufziehen, welche bey den Kupferschmieden auftiefen heißt, wenn sie nehmlich das bereits hohl gegossene Silber mit dem Aufziehhammer auf dem Bechereisen dünner schlagen und zugleich nach oben zu ausdehnen. (2) Wägen, besonders auf der Probierwage wägen, weil dergleichen Wagen vermittelst eines Fadens aufgezogen werden; worauf dieses Wort oft auch von einem jeden Wägen gebraucht wird. Ein Goldstück aufziehen. Brot aufziehen u. s. f. (3) Groß füttern, so wohl von Thieren, als auch von Kindern; von letztern am häufigsten im gemeinen Leben. Kälber, Gänse aufziehen. Ein Kind aufziehen, es ernähren, bis es groß wird; dagegen auferziehen, oder besser erziehen, vorzüglich auf die Bildung des Geistes und der Sitten siehet. (4) Zum Tanze auffordern. Eine Person zum Tanze aufziehen, oder nur schlechthin aufziehen. Zog dich ein Schäfer auf, sogleich verdroß es mich, Rost. (5) Jemanden aufziehen, sich in dessen Gegenwart über seine Mängel lustig machen. Einen mit etwas aufziehen, ihm dasselbe im Scherze oder Spotte vorrücken; gleichsam, ihn öffentlich hervor ziehen, und in seiner Schwäche darstellen.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert; in welcher Gattung es zunächst von ziehen, wandern, zusammen gesetzt ist. 1) Am Horizonte herauf getrieben werden, besonders von Gewitterwolken. Es zieht ein Wetter auf. Ein Sturm zieht auf, Schleg. Noch häufiger aber reciproce. Es zieht sich ein Gewitter auf. 2) Auf die Wache ziehen, von Soldaten. Die Wache zieht auf, ist bereits aufgezogen. 3) Einher gehen, in Ansehung der Kleidung und des äußern Anstandes, gekleidet seyn. Er zieht prächtig auf. Er zog wie ein Bettler auf. Ingleichen mit dem Verbo kommen. Er kommt prächtig, liederlich aufgezogen. 4) Figürlich, vorbringen, im verächtlichen Verstande. Komm mir mit dieser Entschuldigung nicht aufgezogen. Da kommt er wieder mit einer Lügen aufgezogen.Das Substantiv die Aufziehung, ist nur im Activo, aber auch hier selten gebräuchlich, indem es von dem Hauptworte Aufzug fast überall verdränget worden.


Aufzug (W3) [Adelung]


Der Aufzug, des -es, plur. die -züge. 1. Die Handlung des Aufziehens in allen Bedeutungen dieses Verbi und dessen beyden Gattungen; ohne Plural. Daher der Aufzug des Weines, eines Schlosses; der Saiten, des Garnes bey den Webern u. s. f. Besonders das ungebührliche Aufschieben einer Sache; der Aufzug eines Handels, eines Prozesses u. s. f. Ingleichen ein feyerliches Einhertreten vieler. Ein feyerlicher Aufzug. Einen prächtigen Aufzug halten. Ferner, der Aufzug der Soldaten, auf die Wache. Ingleichen, ein jedes sonderbares Einhertreten, besonders in Rücksicht auf die Kleidung und den äußern Anstand. Was ist das wieder für ein Aufzug? Wer hätte sie in dem Aufzuge vermuthet? in der Kleidung.2. Dasjenige, was aufgezogen wird. Besonders, a) bey den Webern, dasjenige Garn, welches in die Länge auf dem Weberstuhle ausgespannet, und sonst auch die Anschere oder Anschüre, das Schergarn, bey den Kattunwebern die Kette, bey den Tuchmachern das Werft oder die Wärfte genannt wird. b) In der Baukunst, ein Riß, wie ein Gebäude äußerlich von einer Seite her in das Auge fällt.3. Dasjenige, vermittelst dessen etwas aufgezogen wird. So heißt an den Probierwagen diejenige Stange, woran die Wage hängt, der Aufzug, und an einigen Orten führet diesen Nahmen auch der Krahn, ein gewisses Werkzeug zum Aufziehen großer Lasten.4. In den Schauspielen bezeichnet dieser Ausdruck gewisse Abschnitte derselben, wodurch die ganze Fabel in mehrere Haupttheile getheilet wird, der Act, die Handlung; eine Benennung, welche von dem Aufziehen des Vorhanges, welches gemeiniglich, obgleich nicht alle Mahl, bey dem Anfange eines solchen Haupttheiles zu geschehen pflegt, hergenommen ist. S. auch Handlung.

Anm. So fern dieses Wort einen ungebührlichen Aufschub bedeutet; hat man in Oberdeutschland davon das Adverbium aufzüglich, d. i. was einen Aufschub hervor bringet. Ein aufzügliches Urtheil ist daher in dieser Mundart dasjenige, was man sonst in den Gerichten eine Sententiam interlocutoriam nennet.


Aufzugsgeld (W3) [Adelung]


Das Aufzugsgeld, des -es, plur. von mehrern Summen, die -er. 1) An einigen Orten dasjenige Geld, welches ein Ankömmling, der sich an einem Orte niederlassen will, der Obrigkeit zu entrichten hat, und welches auch die Auffahrt genannt wird. 2) Dasjenige Geld, welches Fahrzeuge für das Aufziehen der Schleusen und Brücken erlegen müssen; Schleusengeld.


Aufzwängen (W3) [Adelung]


Aufzwängen, verb. reg. act. durch Zwängen oder Drücken öffnen. Eine Thür, ein Schloß aufzwängen. S. Zwängen. Daher die Aufzwängung.


Aufzwecken (W3) [Adelung]


Aufzwecken, verb. reg. act. mit Zwecken auf etwas befestigen. Leder aufzwecken, bey den Schustern und Gärbern. Die erstern bedienen sich dabey der Aufzweckzange, welche an beyden Backen Zähne hat, das Leder desto fester damit zu halten. Daher die Aufzweckung. Im gemeinen Leben wird dieses Verbum oft auch aufzwicken geschrieben und gesprochen, ungeachtet es nicht von zwicken, sondern von Zweck, claviculus, herkommt.


Aufzwingen (W3) [Adelung]


Aufzwingen, verb. irreg. act. S. Zwingen. Einem etwas aufzwingen, ihn zu dessen Annahme zwingen. Daher die Aufzwingung.


Augapfel (W3) [Adelung]


Der Augapfel, des -s, plur. die -äpfel. 1) Die runde häutige Kugel voller Feuchtigkeiten hinten in der Augenhöhle, welche wegen ihrer runden Gestalt den Nahmen eines Apfels bekommen hat. Ingleichen 2) der mittelste schwarze Fleck in dem Auge, welcher eigentlich ein Loch in dem traubenförmigen Häutchen ist, durch welches die Lichtstrahlen in das Auge fallen, und sonst auch der Stern, Lat. pupilla, heißt. Weil dieser Theil des Auges zum Sehen unentbehrlich ist, so sagt man im gemeinen Leben von einer Person, die jemand sehr liebt, sie sey dessen Augapfel.

Anm. Der Augapfel hieß schon im Angelsächsischen Eagaepl. Bey dem Kero, Rabanus Maurus, Notker und andern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern heißt er di Seha, woraus vermuthlich das Westphälische Süne, für Augapfel entstanden ist. Ja in Obersachsen nennt der große Haufe noch jetzt den Augapfel oder das Auge die Sehe, und die Jäger pflegen die Augen des Hasen nie anders als die Sehen zu nennen.


Äugeln (W3) [Adelung]


Äugeln, verb. reg. act. welches größten Theils veraltet ist. 1) Bey einigen Gärtnern, für oculiren, d. i. das Auge eines Baumes in die Rinde des andern setzen, welches zuweilen auch Augen heißt. 2) Bey den Jägern, von den Hunden, sich umsehen. Ein Windhund äugelt gut, wenn er sich fleißig umsiehet. 3) Blinzen, im Hochdeutschen wenig bekannt. 4) Ehedem bedeutete es auch schmeicheln, so wie ein Äugler, Schwed. Öglare, einen Schmeichler ausdruckte. Etwas von dieser Bedeutung ist noch in dem zusammen gesetzten liebäugeln vorhanden.


Augen-Achat (W3) [Adelung]


Der Augen-Achat, des -es, plur. die -e, ein Achat, welcher dunkele Flecken, und um denselben einen weißlichen Rand hat, der ihnen einige Ähnlichkeit mit den Augen gibt, daher er auch Augenstein, Katzenauge, Oculus Beli, und Sonnenauge genannt wird.


Augenader (W3) [Adelung]


Die Augenader, plur. die -n, ein Zweig der Median-Ader zwischen dem Daumen und Zeigefinger, weil einige geglaubt, daß sie in Augenkrankheiten mit Nutzen geöffnet werde. Sie heißt auch die Hauptader oder Salvatell-Ader. Die Augenader bey den Pferden ist das, was man bey dem Menschen die Schläfe nennet.


Augenarzt (W3) [Adelung]


Der Augenarzt, des -es, plur. die -ärzte, ein Arzt, welcher sich vorzüglich mit Heilung der Krankheiten der Augen abgibt; ein Oculist.


Augenbalsam (W3) [Adelung]


Der Augenbalsam, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e, ein künstlicher Balsam, für Beschwerden der Augen.


Augenblende (W3) [Adelung]


Die Augenblende, plur. die -n, an den Pferdegeschirren, was man gemeiniglich das Scheuleder nennt. S. Augenleder.


Augenblick (W3) [Adelung]


Der Augenblick, des -es, plur. die -e, der Bild, oder das Zuschließen der Augen. 1) In eigentlicher Bedeutung. Wer Luft zu reitzen sucht mit falschen Augenblicken, Opitz; welche Bedeutung aber im Hochdeutschen wenig mehr üblich ist. 2) Figürlich. (a) Die kurze Dauer eines solchen Augenblicks, die man als untheilbar anziehet, und überhaupt eine sehr kurze Zeit. Er ist den Augenblick da gewesen, vor einer unmerklich kurzen Zeit. Ich zweifele nicht einen Augenblick daran. Verziehen sie doch noch einen Augenblick. Ich schäme mich meiner Zärtlichkeit nicht einen Augenblick. Erlauben sie, daß ich sie nur auf einige Augenblicke allein unterhalten darf, Weiße. Im Augenblick, mit einer ungewöhnlichen Geschwindigkeit. Die Augenblicke zählen, eine Sache, welche abwesend ist, jeden Augenblick wünschen, sehnlich auf etwas hoffen. (b) Der günstige Zeitpunkt zur Ausführung einer Sache. Achat, der Augenblick will hier gewählet seyn, Schleg.

Anm. Notker druckt den Augenblick durch Slago dero brauuo aus. Wachter möchte die letzte Hälfte des Wortes Augenblick lieber von dem veralteten plagen, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, als von blicken herleiten; allein die Bedeutung des letzteren findet hier wenigstens eben so natürlich, als des erstern Statt. Im gemeinen Leben gebraucht man zuweilen auch, obwohl ohne Noth, das Diminutivum ein Augenblickchen, eine kurze Zeit anzudeuten.


Augenblicklich (W3) [Adelung]


Augenblicklich, adv. im Augenblicke. Das traurige Gerücht flog augenblicklich über das Land. Das Adjektiv, eine augenblickliche Freude, welche nur einen Augenblick dauert, ist nicht allein ungewöhnlich, sondern auch wider die Bedeutung des Adverbii.


Augenblicks (W3) [Adelung]


+ Augenblicks, adv. in eben tiefer Bedeutung, nur daß von niedrigem Gebrauche ist, ungeachtet Günther und Schlegel dasselbe gebraucht haben.


Augenblüthe (W3) [Adelung]


Die Augenblüthe, plur. inusit. ein Nahme, welchen bey einigen auch der Gauchheil, Anagallis arvensis, L. führet.


Augenbogen (W3) [Adelung]


Der Augenbogen, des -s, plur. ut nom. sing. der runde gefärbte Kreis um den Stern oder Augapfel in der zweyten Bedeutung, welcher eigentlich ein Theil der traubenförmigen Haut ist, welcher durch das Hornfell durchscheinet, Lat. Iris, auch Augenring.


Augenbraune (W3) [Adelung]


Die Augenbraune, plur. die -n, der haarige Rand über der Augenhöhle. Die letzte Hälfte dieses Wortes wird auf verschiedene Art geschrieben und gesprochen. Die Oberdeutschen sagen Augenbramen, und einige andere Gegenden Augenbrauen. Bram, Braun, und Brau bedeuteten in den alten Deutschen Mundarten einen Rand. S. Brame. Brau erkläret Henisch noch ausdrücklich durch Rand, Umkreis, und das Nordische Brun, Bryn, das Engl. Brow und Holländ. Brawe sind in tiefer Bedeutung bekannt genug. Bey dem Raban Maurus heißen die Augenbrauen Windbrauua, womit das heutige Niedersächsische Wienbraan, oder Wiembraan und das Fränkische Windbrauen überein kommt. In den Gloss. Florent. kommt in dieser Bedeutung Ubarbrawe, im Angelsächsischen Oferbrow, und in dem 1483 zu Augsburg gedruckten Buche der Natur überpraen vor; denn durch Augprauen werden in dem letzteren die Augenlieder und Augenwimpern verstanden, welche in den mittleren Zeiten mehrmahls diesen Nahmen führen, weil sie gleichfalls einen Rand des Auges ausmachen. Das Angelsächs. Braewe, das Brauuo bey dem Notker, und das Schwedische Ogon bryn haben gleichfalls beyde Bedeutungen. Die Augenbrün der Morgenröthe, Hiob. 3, 9, sind auch nichts anders als die Augenlieder. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt auch das einfache der "Bran" und "Bra" für Augenbraune vor. So singt z. B. Markgraf Heinrich von Meißen: Ir brune bra ir ougen klar Pranapzen ist ein sonst unbekanntes Wort, welches aber um das Jahre 1400 in der Schwäbischen Mundart für Augenbraunen, oder vielmehr für Augenlieder vorkommt.


Augenbunzen (W3) [Adelung]


Der Augenbunzen, des -s, plur. ut nom. sing. ein Stämpel oder Bunzen der Goldschmiede, kleine erhöhete Puncte oder Körper damit zu schlagen.


Augenbutter (W3) [Adelung]


Die Augenbutter, plur. car. S. Augenschleim.


Augendiener (W3) [Adelung]


+ Der Augendiener, des -s, plur. ut nom. sing. ein sehr übel zusammen gesetztes und daher auch wenig mehr gebräuchliches Wort, einen Diener auszudrucken, der sich nur so lange gefällig erweiset, als er gesehen wird, der gleichsam nur den Augen dienet. Einen solchen Menschen nannten die Niedersachsen ehedem ein Ögeler und die Oberdeutschen Äugeler.


Augendienst (W3) [Adelung]


+ Der Augendienst, des -es, plur. die -e. 1) Ein Dienst, der nur zum Scheine geschiehet; ein gleichfalls wenig mehr gebräuchliches Wort, weil die Bedeutung so wie in dem vorigen zu elliptisch ist. Hagedorn hat in dieser Bedeutung das Wort Augendienerschaft, welches noch ungewöhnlicher ist. 2) Bey einigen auch der Nahme einer Pflanze, welche gemeiniglich Augentrost, genannt wird; Euphrasia, L.


Augeneisen (W3) [Adelung]


Das Augeneisen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Schmelzhütten, ein Eisen mit einem Stiele, das Auge in dem Ofen damit zu öffnen; ein Stecheisen.


Augenfisch (W3) [Adelung]


Der Augenfisch, des -es, plur. die -e, in der Naturgeschichte, Fische, welche außer den wahren natürlichen Augen, schwarze oder braune geringelte Flecken, welche den Augen gleichen, am Leibe haben; dergleichen die Neunaugen, die Augenforelle, der Augenroche und die Augenscholle sind.


Augenfluß (W3) [Adelung]


Der Augenfluß, des -sses, plur. die -flüsse, ein Fluß an den Augen. Ingleichen, der Fluß wässeriger Säfte aus den Augen, welche eigentlich durch die puncta lachrymalia in die Nase gehen sollten; das Augentriefen, Epiphora, Oculus lachrymans.


Augenförmig (W3) [Adelung]


Augenförmig, adj. und adv. die Form oder Gestalt des Auges habend, den Augen an Gestalt ähnlich.


Augenglas (W3) [Adelung]


Das Augenglas, des -es, plur. die Augengläser. 1) Ein geschliffenes Glas zum Behuf blöder Augen. 2) In den Fernröhren dasjenige Glas, welches gegen das Auge gehalten wird, im Gegenmaße des Objectiv-Glases.


Augengrube (W3) [Adelung]


Die Augengrube, plur. die -n, bey den Pferden die Grube über den Augen.


Augenhöhle (W3) [Adelung]


Die Augenhöhle, plur. die -n, die Öffnung in den Knochen des Kopfes, in welcher das Auge liegt, und welche von sieben zusammen stoßenden Knochen gebildet wird.


Augenholz (W3) [Adelung]


Das Augenholz, des -es, plur. die -hölzer. 1) Ein Nahme, welchen einige auch dem Paradiesholze geben, vermuthlich weil es die Augen stärken soll; ohne Plural. S. Aloe 2. 2) In den Schmelzhütten, ein Holz, das Auge in dem Ofen damit zu bilden.


Augen-Korall (W3) [Adelung]


Der Augen-Korall, des -es, plur. die -en, in der Naturgeschichte, der gemeine weiße Korall mit eingedrückten zwiefachen Sternen; Madrepora oculata, L.


Augenkraut (W3) [Adelung]


Das Augenkraut, des -es, plur. inusit. ein Nahme, welchen an einigen Orten das Schöllkraut, Chelidonium majus, L. führet, weil dessen Saft und Wasser wider Augengeschwüre und den Staar gerühmt wird. S. auch Augentrost.


Augenleder (W3) [Adelung]


Das Augenleder, des -s, plur. ut nom. sing. Etüde Leder, welche man scheuen Kutschpferden an den Augen anbringt, damit sie nicht auf die Seite sehen können; das Scheuleder, der Augendeckel, die Augenblende, das Blendleder.


Augenlied (W3) [Adelung]


Das Augenlied, des -es, plur. die -er, die bewegliche Decke über und unter den Augen. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist das alte Lid, ein Gelenke, welches noch jetzt in Niedersachsen üblich ist, wo es einem Deckel, der an einem Gewinde beweglich ist, bedeutet. S. Glied. In einem alten Vocabelbuche von 1482 wird es auch Augengelied geschrieben. Im Niedersächsischen heißt es Ogenlid, im Schwedischen Ögonhwarf, von war, decken, und im Angelsächsischen Eaghringar. Daß das Augenlied, und besonders die daran befindlichen Haare, die Augenwimpern, ehedem auch Augenbraune und Augenbrün genannt worden, ist schon bey dem Worte Augenbraune angemerket worden. Luther hat den Plural einige Mahl, als Ps. 11, 4; Sprichw. 4, 25; Kap. 30, 13; Jerem, 9, 18, Augenliede gemacht, vermuthlich auch Veranlassung der Niedersächsischen Mundart, wo Lid in der Mehrheit Lide hat.


Augenlust (W3) [Adelung]


Die Augenlust, plur. car. das Vergnügen, welches durch das Anschauen einer Sache erwecket wird, und die Begierde, welche dadurch entstehet; ein Ausdruck, welcher nur im biblischen Verstande, von einer ungeordneten Luft üblich ist.


Augenmarmor (W3) [Adelung]


Der Augenmarmor, des -s, plur. inusit. ein gefärbter Marmor, dessen Flecken den Augen nicht unähnlich sehen, und der besonders in dem Salzburgischen gebrochen wird.


Augenmaß (W3) [Adelung]


Das Augenmaß, des -es, plur. inusit. 1) Ein ungefähres, mit den bloßen Augen genommenes Maß. Nach dem Augenmaße kaufen, im Gegensatze des Kaufes nach Maß und Gewicht. Eine Sache nach dem Augenmaße beurtheilen. 2) Die Fertigkeit, das Maß oder Gewicht einer Sache mit den bloßen Augen zu bestimmen, oder in weiterer Bedeutung, die Beschaffenheit eines sichtbaren Gegenstandes und dessen Verhältnisse mit andern aus dem bloßen Anblicke zu beurtheilen. Ein gutes Augenmaß haben.


Augenmerk (W3) [Adelung]


Das Augenmerk, des -es, plur. inusit. das Merk oder Zeichen, worauf die Augen gerichtet sind, dasjenige worauf die Augen merken. Also, 1) eigentlich, das Ziel einer körperlichen Handlung. 2) Ein Merkmahl für die Augen. So nehmen sich die Schiffer gewisse Augenmerke, die Gegenden in der See daran wieder zu erkennen; edler Merkmahl. 3) Figürlich, das Ziel einer Beschäftigung des Geistes. Das Gegenwärtige ist niemahls unser Ziel; das Vergangene und Gegenwärtige sind nur die Mittel; das Zukünftige allein ist unser Augenmerk. 4) Die Richtung des Gemüthes auf etwas, die Aufmerksamkeit. Die Liebe der Ehe mit einem stäten Augenmerke auf ihre ehrwürdige Absicht durch Klugheit regieren, Gell. In dieser Bedeutung, welche gewiß nicht die beste ist, gebraucht Opitz so wohl dieses Wort, als auch das noch ungewöhnlichere Augenmerkung, in höherer Bedeutung von Gott: - Er hält seyn Augenmerk Auf seiner Menschen Thun. Ingleichen: Denn nichts ist, drauf nicht der, von welchen alles hanget, Mit seiner Gegenwart und Augenmerkung langet. 5) In der Kriegeskunst bey einigen Neuern, die Fertigkeit, die Lage und Eigenschaft einer Gegend, mit allen ihren Vortheilen und Unbequemlichkeiten in der Geschwindigkeit zu übersehen; Franz. le Coup d'oeil, welchen Begriff es doch nicht erschöpft.


Augen-Muskel (W3) [Adelung]


Der Augen-Muskel, des -s, plur. die -n, Muskeln in der Gegend des Auges, dessen Bewegungen zu leiten.


Augennicht (W3) [Adelung]


Der Augennicht, des -es, plur. inusit. ein weißer metallischer Kuß, der sich über den Öfen ansetzet, in welchen Kupfer, Messing oder Glockenspeise geschmelzet wird, und gut für die Augen seyn soll; Almey, Graunicht, Weißnicht, Onochitis. S. Nicht.


Augen-Onyx (W3) [Adelung]


Der Augen-Onyx, des -es, plur. die -e, eine Art Onyx mit augenförmigen Flecken. Eine ähnliche Art Opal, führt daher auch den Nahmen des Augen-Opales. Der letztere wird auch Katzenauge, Sonnenauge, Sonnenwende und Elementstein genannt, und soll eigentlich kein Opal seyn, weil er am Stahle Feuer gibt.


Augenpappel (W3) [Adelung]


Die Augenpappel, plur. die -n, ein Nahme, welchen auch die Siegmarswurz, oder der Fellriß, Malva Alcea, L. wegen ihrer Wirkung in Augenkrankheiten, führet.


Augenpulver (W3) [Adelung]


Das Augenpulver, des -s, plur. inusit. 1) Ein Pulver für Gebrechen der Augen. 2) Im ironischen Scherze, eine kleine Schrift, weil sie die Augen schwächet.


Augenpunct (W3) [Adelung]


Der Augenpunct, des -es, plur. die -e. 1) In der Perspective, derjenige Punct auf der Tafel, wo die Linie hinfällt, die aus dem Auge des Zuschauers senkrecht darauf gezogen wird; der Gesichtspunct, Hauptpunct. 2) Derjenige, worauf man seine Aufmerksamkeit oder Absicht richtet, wie Augenmerk 1, 2; sehr ungewöhnlich.


Augenring (W3) [Adelung]


Der Augenring, des -es, plur. die -e, S. Augenbogen.


Augenroche (W3) [Adelung]


Der Augenroche, des -n, plur. die -n, S. Augenfisch Es wird auch der Spiegelroche genannt. Bey dem Linne heißt er Raja Miraletus.


Augensauger (W3) [Adelung]


Der Augensauger, des -s, plur. ut nom. sing. ein neu entdecktes See-Insect, welches man meisten Theils an den Augen der Brunnfische, (Sprats) hangen findet, aus welchen er vermittelst eines langen Rüffels sauget.


Augenschein (W3) [Adelung]


Der Augenschein, des -es, plur. car. das Anschauen, die unmittelbare Besichtigung einer Sache. Etwas in Augenschein nehmen, und, wenn von hohen Personen die Rede ist, nach der übertriebenen Höflichkeit der Hofsprache, etwas in hohen oder höchsten Augenschein nehmen, es mit Aufmerksamkeit besehen. Der Augenschein lehret es, oder gibt es. Auf Augenschein fahren, in der Bergwerken, eine Grube besichtigen. Einen Augenschein, eine gerichtliche Besichtigung, Ocular-Inspection, vornehmen, oder einnehmen. Ein Beweis auf Augenschein, in den Rechten.

Anm. Ehedem bedeutete dieses Wort noch, 1) den Glanz der Augen, oder die Augen selbst, in welchem Sinne es den Dichtern des vorigen Jahrhundertes sehr geläufig war. Du rissest dir mein Herz hinzu Mit deiner scharfen Augenscheine, Opitz. Dein Augenschein, mit seiner schönen Zier, Der wolle nun auf deinem Knecht doch sehen, ebend. Ps. 119, 68. 2) Den Anblick, die Gegenwart. - O Herr worauf ich richte Den ganzen Sinn, das ist ein Augenschein, ebend. In der Bedeutung einer gerichtlichen Besichtigung ist in Oberdeutschland, wenigstens in der Schweiz, auch der Plural die Augenscheine üblich. In dem Canton Glarus hat man ein besonderes Augenscheingericht, dessen Verrichtung mir aber nicht gewiß bekannt ist. Das zusammen gesetzte beaugenscheinigen, in Augenschein nehmen, sollte man immer den Kanzelleyen überlassen.


Augenscheinlich (W3) [Adelung]


Augenscheinlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) In die Augen scheinend oder leuchtend. Ein augenscheinlicher Beweis. Der Baum ist augenscheinlich krumm. 2) Figürlich, evident, so gewiß, daß man nur eine klare Vorstellung bedarf, es einzusehen. Eine augenscheinliche Gefahr. Ein Vergeben ist augenscheinlich.


Augenscheinlichkeit (W3) [Adelung]


Die Augenscheinlichkeit, plur. inusit. die Eigenschaft, nach welcher eine Sache augenscheinlich ist, in beyden Bedeutungen; die Evidenz.


Augenschießer (W3) [Adelung]


Der Augenschießer, des -s, plur. ut nom. sing. der Nahme eines Insectes, welches gemeiniglich die Jungfer, oder Wasser-Nymphe, genannt wird, und große hervor fliehende Augen hat; Libella, L. S. Jungfer.


Augenschlange (W3) [Adelung]


Die Augenschlange, plur. die -n, eine Art sehr giftiger Schlangen, mit augenförmigen Flecken auf beyden Seiten des Rückens, welche wie ein Pfeil auf ihre Beute schießet, daher die auch Schießschlange genannt wird; Coluber aurora, L.


Augenschleim (W3) [Adelung]


Der Augenschleim, des -es, plur. von mehreren Arten, die -e. 1) Eine Arzeney für die Augen in Gestalt eines Schleimes. 2) Eine zähe Feuchtigkeit in den Augenwinkeln, welche auch Augenbutter genannt wird.


Augenschnecke (W3) [Adelung]


Die Augenschnecke, plur. die -n, gewundene Schnecken, welche mit augenförmigen Flecken versehen sind.


Augenscholle (W3) [Adelung]


Die Augenscholle, plur. die -n, S. Augenfisch.


Augenschwamm (W3) [Adelung]


Der Augenschwamm, des -es, plur. von mehrern Arten, die -schwämme, eine Art Meerschwamm, dessen Oberfläche mit runden Löchern besetzt ist; Spongia oculata, L.


Augenspiegel (W3) [Adelung]


Der Augenspiegel, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine veraltete Benennung einer Brille. 2) Eine Art Schmetterlinge mit schönen augenförmigen Flecken auf den Flügeln.


Augenspiel (W3) [Adelung]


Das Augenspiel, des -es, plur. die -e, die Bewegung der Augen. Das verliebte Augenspiel.


Augensprache (W3) [Adelung]


Die Augensprache, plur. inusit. der Ausdruck seiner Empfindungen oder Vorstellungen durch die Bewegung der Augen.


Augensprosse (W3) [Adelung]


Der Augensprosse, des -n, plur. die -n, bey den Jägern, die untersten Enden oder Spitzen an den Hirschgeweihen, deren an jeder Seite Einer nahe an dem Kopfe über dem Auge sitzet. Sie werden auch Weidsprossen, genannt. Vielleicht nicht so wohl von Sprosse, germen, als vielmehr von Sprosse, Sprüßel gradus scalaris. S. Eissprüßel und Sprosse.


Augenstein (W3) [Adelung]


Der Augenstein, des -es, plur. die -e. 1) Eine jede Steinart, welche dunkele, den Augen ähnliche Flecken mit einem weißlichen Rande hat; dergleichen der Augen-Achat, Augenmarmor, Augen-Onyx und Augen-Opal sind. 2) Ein kleiner glatter Stein von Gestalt und Farbe wie eine Linse, der nur um Grenoble gefunden werden soll, und von einigen in die Augen gelegt wird, wenn etwas Unreines hinein gekommen ist. 3) Auch ein Nahme des weißen Vitriols, oder Galitzensteines, weil er gut für die Augen seyn soll.


Augenstern (W3) [Adelung]


Der Augenstern, des -es, plur. die -e, ein Nahme, welchen einige auch dem Augapfel beylegen.


Augentriefen (W3) [Adelung]


Das Augentriefen, des -s, plur. car. S. Augenfluß. Daher augentriefig, adj. et adv. triefende Augen habend.


Augentrost (W3) [Adelung]


Der Augentrost, des -es, plur. car. 1) Ein Nahme, welcher verschiedenen Pflanzen, wegen ihrer vorgegebenen Kräfte in Augenkrankheiten beygeleget wird. (1) Gemeiniglich führet ihn eine Pflanze, welche auf den dürren Wiesen und Tristen Europens wächset, deren Wirkung in Augenkrankheiten aber ohne Grund gerühmet wird; Euphrasia officinalis, L. Norweg. Oeyentröst, Dän. Oeynetröst, Engl. Eyebright, Holl. Ooghentroost. Sie wird von einigen auch Augendienst, Augenkraut, und Hirnkraut genannt. (2) Das Vergiß-mein-nicht, oder Mäuseöhrlein; Myosotis palustris, L. ist unter dem Nahmen des blauen Augentrostes gleichfalls bekannt. (3) Wird auch das folgende Augentrostgras von einigen nur schlechthin Augentrost genannt. 2) Ein Liebkosungswort des gemeinen Lebens.


Augentrostgras (W3) [Adelung]


Das Augentrostgras, des -es, plur. inusit. eine Grasart, welche wegen ihrer Heilkräfte in Augenkrankheiten eben so berühmt ist, als der eigentliche Augentrost; Stellaria Holostea, L. Im Deutschen auch Sternpflanze.


Augenwasser (W3) [Adelung]


Das Augenwasser, des -s, plur. von mehreren Arten, ut nom. sing. 1) Ein zubereitetes Wasser wider böse Augen. 2) Das Wasser, welches aus triefenden Augen fließt; ohne Plural.


Augenweh (W3) [Adelung]


Das Augenweh, des -es, plur. inusit. ein Schmerz in den Augen.


Augenweite (W3) [Adelung]


Die Augenweite, plur. die -n, diejenige Entfernung, welche man mit bloßen Augen erreichen kann.


Augenwimmer (W3) [Adelung]


Die Augenwimmer, oder Augenwimper, plur. die -n, der haarige Rand an den Augenliedern, welcher aus steifen, gekrümmten Haaren besteht.

Anm. Frisch leitet die letzte Hälfte dieses Wortes von dem Verbo wimmern, vibrare, her, weil man auch sagt, mit den Augen wimmern, sie oft auf und zu machen. Allein es scheinet vielmehr das alte und noch im Niedersächsischen gebräuchliche Windbrauua, Wienbraan, zu seyn, wodurch man, wie schon bey Augenbraune bemerkt worden, auch diese letztere bezeichnete; ob mir gleich die Bedeutung der Sylbe Wind, oder Wien noch nicht ganz deutlich ist. Vielleicht gehöret sie zu dem Verbo winken, welches, wie man aus dessen Form siehet, eigentlich ein Frequentativum ist. Weinbraan würde alsdann einen beweglichen Rand bedeuten. Im Niedersächsischen werden die Augenwimmern Ogenwimen und Ogenwymers genannt.


Augenwink (W3) [Adelung]


Der Augenwink, des -es, plur. die -e, ein Wink mit den Augen.


Augenwinkel (W3) [Adelung]


Der Augenwinkel, des -s, plur. ut nom. sing. der Ort, wo sich das obere Augenlied mit dem untern vereiniget.


Augenwurzel (W3) [Adelung]


Die Augenwurzel, plur. die -n. 1) Die Wurzel des so genannten Löwenzahns; Leontodon Taraxacum, L. welche eine kräftige Arzeney wider die Flecken der Augen seyn soll; S. auch Fellriß. 2) Die Wurzel des wilden Baldrians; Valeriana officin. L. gleichfalls wegen ihrer Kräfte in Augengebrechen.


Augenzahn (W3) [Adelung]


Der Augenzahn, des -es, plur. die -zähne, die Hundszähne in den obern Kinnbacken, weil ihre Wurzeln nach dem Auge zu gehen, die Spitzzähne, wegen ihrer spitzigen Gestalt. In dem untern Kinnbacken heißen sie eigentlich Winkelzähne. S. Hundszahn.


Augenzeuge (W3) [Adelung]


Der Augenzeuge, des -n, plur. die -n, ein Zeuge, der dasjenige, was er bezeuget, selbst gesehen hat, und in weiterer Bedeutung, ein jeder, der das, was er erzählet, selbst empfunden hat.


Äugig (W3) [Adelung]


Äugig, adj. et adv. Augen habend, ein Wort, welches nur in den Zusammensetzungen einäugig, zweyäugig, hundertäugig, großäugig, triefäugig u. s. f. üblich ist, in den Bergwerken aber auch für sich allein, in der figürlichen Bedeutung für löcherig, bläsig, gebraucht wird.


Äugleinsilber (W3) [Adelung]


Das Äugleinsilber, des -s, plur. inusit. bey den Bergleuten, Silber, welches an die Drusen und Erzstufen angeschmauchet ist.


August (W3) [Adelung]


Der August, des -es, plur. inusit. oder der Augustmonath, des -es, plur. die -e, der achte Monath im Jahre, der diesen Nahmen bey den Römern dem Kaiser Augusto zu Ehren bekommen hat. Carl der Große gab ihm den Nahmen Aranmanoth oder Erntemonath, der aber nie allgemein geworden ist. In den Weinländern nennet man ihn im Scherze auch den Weinkoch, weil die Weintrauben in demselben ihre Reife und Zeitigung erhalten müssen.

Anm. Weil in den nördlichen Provinzen Deutschlands die Ernte in diesen Monath fällt, so nennet man selbige in Niedersachsen gleichfalls den Aust, ein Nahme, welchen die meisten nördlichen Völker gleichfalls angenommen haben. Denn so heißt die Ernte bey den Dänen und Schweden Host und Höst, bey den Wallisern Awst, bey den Bretagnern Eawst, bey den Holländern Ooghst, und selbst bey den Franzosen bedeutet Aout nicht allein den Augustmonath, sondern auch die Ernte. Ernten heißt daher im Niedersächsischen austen, im Holländ. oogsten, im Schwed. hösta, und bey den Bretagnern eausti.


Augustapfel (W3) [Adelung]


Der Augustapfel, des -s, plur. die -äpfel, eine Art süßer, grüner, runder Äpfel, welche im August oder in der Ernte reif werden, und auch Honigäpfel, in Niedersachsen aber Splitken heißen.


Augustbirn (W3) [Adelung]


Die Augustbirn, plur. die -en, eine Art großer, süßer und saftreicher Birnen, welche ein steiniges Fleisch haben, und in der Mitte des Augustes reifen.


Augusteiche (W3) [Adelung]


Die Augusteiche, plur. die -n, S. Steineiche.


Augusthafer (W3) [Adelung]


Der Augusthafer, vulg. Augsthafer, des -s, plur. car. eine Art Hafer, welche frühe und im August zur Reife kommt; Frühhafer, im Gegensatze des Schwarz- oder Barthafers.


Augustiner (W3) [Adelung]


Der Augustiner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Mönch von dem Orden des heil. Augustinus, obgleich dieser nicht Stifter dieses erst zu Anfange des 13ten Jahrhundertes entstandenen Ordens ist. Eine Nonne von diesem Orden wird eine Augustinerinn, noch häufiger aber eine Augustiner-Nonne genannt.


Augustkirsche (W3) [Adelung]


Die Augustkirsche, vul. Augstkirsche, plur. die -n, eine Art braunrother Kirschen, von einem angenehmen säuerlichen Geschmacke, welche in Thüringen und besonders um Erfurt auf den Äckern gezeuget werden, und im August zur Reife kommen.


Augustlinde (W3) [Adelung]


Die Augustlinde, plur. die -n, eine Art Linden, deren Samen zeitiger reif wird; S. Specklinde, Schmerlinde, im Gegensatze der Steinlinde.


Augustschein (W3) [Adelung]


Der Augustschein, des -es, plur. die -e, in der Astronomie der Neumond, welcher im August einfällt. S. Schein.


Augustschwamm (W3) [Adelung]


Der Augustschwamm, des -es, plur. die -schwämme, eine Art eßbarer Schwämme, welche den Heiderlingen gleichen, aber bleicher von Farbe sind, und gemeiniglich im Augustmonathe gefunden werden. Sie werden auch Röthling und Rothschwämme genannt. S. diese Wörter.


Auhirsch (W3) [Adelung]


Der Auhirsch, oder Auenhirsch, des -es, plur. die -e, bey den Jägern, derjenige Hirsch, der sich gerne auf Ebenen und Auen, oder in ebener Waldung und sumpfigen Gehölze aufhält; der Land- oder gemeine Waldhirsch, im Gegensatze des Birg- oder Bürghirsches und Sandhirsches.


Aurecht (W3) [Adelung]


Das Aurecht, S. Auenrecht und Angerrecht.


Aurikel (W3) [Adelung]


Die Aurikel, plur. die -n, eine Pflanze, welche man bloß ihrer Blumen wegen liebt, welche mit den Ohren der Bären einige Ähnlichkeit haben, daher einige sie auch Bärenöhrlein und Bärsanikel nennen; Primula Auricula L. In der Schweiz heißen sie Fluhblumen. Der Nahme Aurikel ist aus dem Latein. Auricula.


Aurin (W3) [Adelung]


Der Aurin, des -es, plur. inusit. ein aus dem Lat. Aurina entlehnter Nahme, der von einigen besonders zweyen Pflanzen wegen ihrer medicinischen Kräfte gegeben wird. 1) Dem Tausendgüldenkraute, Gentiana Centaurium, L. und 2) dem Gnadenkraute, Gratiola offic. L. welches besonders wilder Aurin genannt wird.


Auripigment (W3) [Adelung]


Das Auripigment, des -es, plur. inusit. eine aus dem Lat. Auripigmentum gebildete Benennung des gelben Arseniks, welche im gemeinen Leben endlich gar in Operment, und im Franz. in Orpiment, Orpin verunstaltet worden.


Aurora (W3) [Adelung]


Aurora, genit. Aurorens, dat. accus. Auroren, plur. car. 1) In der Römischen Mythologie, die Göttinn der Morgenröthe, daher bey den Dichtern auch die Morgenröthe selbst oft Aurora genannt wird. Du wirst nicht mehr Auroren sehn Wenn sie vom Morgenhimmel blickt, Kleist. Daher die Auror-Farbe, eine rothgelbe Farbe, etwas heller als Orange; aurorenfarbig. 2) Eine Art Garten-Ranunkeln, von ihrer Farbe.


Ausackern (W3) [Adelung]


Ausackern, verb. reg. act. durch Ackern oder Pflügen aus der Erde bringen. Steine, Wurzeln ausackern. Daher die Ausackerung.


Ausädern (W3) [Adelung]


Ausädern, verb. reg. act. von den Adern befreyen. Fleisch ausädern. Eine Kalbsleber ausädern. Daher die Ausäderung.


Ausäffen (W3) [Adelung]


Ausäffen, verb. reg. act. Jemanden ausäffen, ihn ausspotten, in der vertraulichen Sprechart.


Ausähren (W3) [Adelung]


Ausähren, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, von dem gedroschenen Getreide die Ähren mit dem Rechen und Strohwische absondern. S. Abfledern.


Ausalbeln (W3) [Adelung]


* Ausalbeln, verb. reg. neutr. mit haben, ausarten, in Schlesien besonders von den Birnen. S. Albeln.


Ausantworten (W3) [Adelung]


Ausantworten, verb. reg. act. überliefern, übergeben; doch mehr in der Sprache der Kanzelleyen und des gemeinen Lebens, als in der edlern Schreibart. Einem etwas ausantworten. Daher die Ausantwortung.

Anm. Dieses Wort kommt nicht von antworten, respondere, her, sondern von Antwort, so fern es aus Wart zusammen gesetzet ist, und ehemahls Gegenwart bedeutete. S. Antwort. Das einfache Antwort bedeutet bey den Friesen noch jetzt Überlieferung, Übergabe. Unde dine dige antuuurte demo hohesten, und leiste dem Höchsten dein Gelübde, heißt es bey dem Notker. Thaz si inan Gote geantuuurtiten, daß sie ihn Gott darstelleten, bey den Tatian.


Ausarbeiten (W3) [Adelung]


Ausarbeiten, verb. reg. act. 1) Aus der Tiefe arbeiten, vertiefte Arbeit verfertigen, bey verschiedenen Handwerkern und Künstlern. Ein Stück Metall mit dem Grabstichel, mit dem Meißel ausarbeiten. 2) * Durch Arbeit heraus bringen. So bedeutet ausarbeiten bey den Fleischern so viel, als dem geschlachteten Viehe die Haut ablösen. Einen Ochsen ausarbeiten. 3) Durch Übung des Leibes zu seiner Bestimmung geschickt machen. Der Soldat muß getummelt und ausgearbeitet werden. Bey den Jägern bedeutet es, einen Hund nach den Regeln der Kunst zur Jagd brauchbar machen. Doch wird es nur von den Leit-Schweiß- und Bürschhunden gebraucht; von den Hühnerhunden heißt es abrichten, und von den übrigen Jagdhunden gewöhnen und einhetzen. In weiterer Bedeutung, bis zur Vollkommenheit bearbeiten. Einen Kupferstich ausarbeiten. Ein ausgearbeitetes Gemählde. 4) Überhaupt, nach einem gemachten Entwurfe durch Bemühung zu Stande bringen, in seinen völligen Zusammenhang setzen; doch nur von den Werken des Geistes. Einen Plan ausarbeiten, ihn in Gedanken nach allen seinen Theilen entwerfen. Eine Schrift, eine Rede, ein Buch ausarbeiten. 5) Aufhören zu arbeiten; als ein Neutrum mit haben. So auch die Ausarbeitung, welches auch in der vierten Bedeutung für ein ausgearbeitetes Werk des Geistes, eine Schrift, gebraucht wird.


Ausarten (W3) [Adelung]


Ausarten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, seine gewöhnliche Art verlassen, aus der Art schlagen; da denn dieses Wort eben so viele Schattirungen der Bedeutung leidet, als Art, und bald von der Verminderung in der gehörigen Güte und Größe, bald von dem veränderten Ausehen in den äußern Theilen gebraucht wird. S. auch Abarten, von welchem es sich in dem Grade der Abweichung unterscheidet. Manche Gattungen des Getreides arten sehr leicht aus. Die Nelken arten aus, welches die Blumenliebhaber lieber ausfallen nennen. Gemeiniglich wird ausarten nur von dem Übergange von einer bessern Art zu einer schlechtern gebraucht; nicht aber umgekehrt. Figürlich. Seine Schwermuth wird gewiß in Verzweifelung ausarten, zur Verzweifelung werden. Ohne die Herrschaft des Verstandes über den Willen arten die natürlichen Triebe in verderbliche Leidenschaften aus. So auch die Ausartung, so wohl von den: Zustande, als auch von einem ausgearteten Dinge. Maulesel, gefüllte Blumen, u. s. f. sind bloße Ausartungen.

Anm. Ehedem war ausschlachten in eben dieser Bedeutung üblich. S. Geschlecht und Schlachten. Hagedorn hat um des Sylbenmaßes willen für ausarten, das sonst ungewöhnliche verarten gewagt: Was mindert nicht die Zeit? Verarten wir nicht immer?


Ausathemen (W3) [Adelung]


Ausathemen, Ausathmen, verb. reg. ist, 1. ein Neutrum, mit dem Hülfsw. haben, den Athem von sich stoßen, im Gegensatze des Einathemens. 2. Ein Activum, mit dem Athem von sich geben, in der höhern Schreibart. Du kamst hieher, deine letzten Seufzer auszuathmen, und an meiner Seite dich zu begraben, Weiße. Sie athmeten schwer seufzend Todesangst,Mit blassen halb verbrannten Lippen aus, Zachar. Daher die Ausathmung.


Ausbacken (W3) [Adelung]


Ausbacken, verb. irreg. S. Backen. 1. Ein Activum. 1) Zur Genüge backen, bis zu Ende backen. Der Bäcker hat das Brot nicht gut ausgebacken. 2) Das Brot ausbacken, bey den Bäckern, das genug gebackene Brot aus dem Ofen nehmen. Daher der Ausbäcker, ein Schieber, womit selbiges geschiehet. 3) Fische, Frösche ausbacken, in den Küchen, sie in Schmalz braten lassen.2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Zur Genüge gebacken werden. Eine Torte wohl ausbacken lassen. 2) Das Backen vollenden, ingleichen aufhören zu backen.


Ausbaggern (W3) [Adelung]


* Ausbaggern, verb. reg. act. welches nur in den Niederdeutschen Seestädten üblich ist, verschlämmte Gräben oder Häfen mit dem Bagger ausräumen. S. dieses Wort.


Ausballen (W3) [Adelung]


Ausballen, verb. reg. act. eingeballete oder in Ballen gepackte Waaren aus einander nehmen. Daher die Ausballung.


Ausbannen (W3) [Adelung]


* Ausbannen, verb. reg. act. welches aber wenig mehr gebräuchlich ist, aus einem Orte hinaus bannen, verbannen, vertreiben. Den Teufel ausbannen, durch abergläubige Mittel aus einem Orte treiben. - Du hast Die Völker aber ausgebannt, Opitz. Daher die Ausbannung.


Ausbau (W3) [Adelung]


Der Ausbau, des -es, plur. car. die Handlung des Ausbauens. Der innere Ausbau eines Gebäudes.


Ausbauchen (W3) [Adelung]


Ausbauchen, oft auch Ausbäuchen, verb. reg. act. mit dem Hammer bauchig treiben, bey verschiedenen Metallarbeitern. In der Baukunst baucht sich ein Glied aus, wenn es sich nach außen zu ründet. Eben daselbst heißt eine Säule ausbäuchen, den Schaft derselben gegen das Drittheil seiner Höhe verdicken, und ihm dadurch das Ansehen einer Spindel geben. Bey den Fuhrleuten ist ausbäuchen die Seiten eines Wagen beladen, gleichsam einen Bauch machen. Eine Mauer baucht sich aus, wenn sie vor Alter in der Mitte einen Bauch bekommt. Daher die Ausbauchung und Ausbäuchung.


Ausbauen (W3) [Adelung]


Ausbauen, verb. reg. act. 1) Das Inwendige eines Gebäudes zur Vollkommenheit bringen. Ein Haus ausbauen. Häuser bringt er mit Unrecht an sich; er wird sie nicht ausbauenHiob 20, 19, nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. 2) Aufhören zu bauen, als ein Neutrum. Daher die Ausbauung in der ersten Bedeutung.


Ausbäulen (W3) [Adelung]


Ausbäulen, verb. reg. act. bey den Goldschmieden und Klempenern, die Bäulen mit einem hölzernen Hammer wieder heraus treiben; wie ausbuckeln und aushämmern.


Ausbedingen (W3) [Adelung]


Ausbedingen, verb. irreg. act. S. Dingen, im gemeinen Leben, durch beygefügte Bedingungen erhalten, sich vorbehalten. Sich etwas ausbedingen. In einigen Gegenden sind dafür ausbehalten und ausbescheiden, und in Niedersachsen bescheiden und ausbescheiden üblich. Da denn auch Ausbeschied von demjenigen gebraucht wird, was man sich ausbedungen hat. S. auch Ausdingen. Daher die Ausbedingung.


Ausbeeren (W3) [Adelung]


Ausbeeren, verb. reg. act. die Beeren nehmen; besonders bey den Jägern, wo es von den Vögeln gesagt wird, wenn sie die Beeren aus den Vogelschneiden heraus essen.


Ausbehalten (W3) [Adelung]


* Ausbehalten, verb. irreg. act. S. Ausbedingen, ingleichen Aushalten II. und in der Anm.


Ausbeichten (W3) [Adelung]


Ausbeichten, verb. reg. act. 1) In der Beichte entdecken, besonders figürlich und im gemeinen Leben, im Vertrauen aussagen, bekennen. Er hat alles ausgebeichtet. Er soll mir schon ausbeichten. 2) Die Beichte vollenden, als ein Neutrum.


Ausbeißen (W3) [Adelung]


Ausbeißen, verb. irreg. act. S. Beißen. 1) Durch Beißen, oder mit den Zähnen heraus bringen. Sich einen Zahn ausbeißen. Deine ausgebissenen Zähne verrathen dich, Less. 2) Aus einem Orte hinaus beißen, eigentlich von Thieren, wenn sie einander wegbeißen. Die alten Bienen beißen die jungen aus. Im gemeinen Leben aber auch figürlich, für ausstechen, jemanden um des andern Gunst bringen, und ihn dadurch vertreiben. Ich muß ihn auszubeißen suchen, denn er ist mir zu klug, Weiße. Daher die Ausbeißung. 3) + Aufhören zu zanken, als ein Neutrum. Hast du noch nicht ausgebissen?


Ausbeitzen (W3) [Adelung]


Ausbeitzen, verb. reg. act. welches das Frictitivum des vorigen ist, durch Beitzen heraus bringen. Wildes Fleisch in der Wunde ausbeitzen. Einen Flecken in der Wäsche ausbeitzen. Ingleichen durch Beitzen reinigen. Ihr Herz hat eine Wunde, die ausgebeitzet werden muß. Daher die Ausbeitzung.


Ausbelfern (W3) [Adelung]


Ausbelfern, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu belfern.


Ausbescheiden (W3) [Adelung]


Ausbescheiden, und Ausbeschied, S. Ausbedingen.


Ausbessern (W3) [Adelung]


Ausbessern, verb. reg. act. völlig besser machen. Alte Brücken, böse Wege, alte Kleider ausbessern. Es ist Schade, daß ein so guter Mutterwitz nicht durch die Wissenschaften ausgebessert worden, Less. Daher die Ausbesserung, so wohl in der Bedeutung der Handlung, als auch einer ausgebesserten Sache.


Ausbethen (W3) [Adelung]


Ausbethen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, seyn Gebeth zu Ende bringen. Man lasse ihn doch ausbethen.


Ausbetten (W3) [Adelung]


Ausbetten, verb. reg. act. mit den nöthigen Betten versehen. Ein Zimmer ausbetten.


Ausbeugen (W3) [Adelung]


Ausbeugen, verb. reg. act. S. Ausbiegen.


Ausbeute (W3) [Adelung]


Die Ausbeute, plur. die -n. 1) * Gemachte Beute; jetzt veraltet. Und es war der übrigen Ausbeute, die das Kriegesvolk geraubet hatte, sechs Mahl hundert und fünf und siebenzig tausend Schafe, 4. Mos. 31, 32. Und sollt essen von der Ausbeute deiner Feinde, 5. Mos. 20, 14. Eben so veraltet ist das Verbum ausbeuten, die Beute austheilen, Dan. 11, 24; ingleichen für plündern. 2) Ein jeder Gewinn nach Abzug aller Kosten. Die Ausbeute von Fischereyen, Bienenstöcken, Salzwerken u. s. f. welche letztere auch der Auslauf oder die Ausläufte genannt wird. Am häufigsten kommt dieses Wort noch in den Bergwerken für den Gewinn von der Bergarbeit in Ansehung der Gewerken vor. Die Ausbeute austheilen oder geben. Die Ausbeute heben, empfangen. Daher auch der Ausbeutekur, ein Kur, der an einigen Orten dem Schichtmeister über den gewöhnlichen Lohn von den Ausbeutezechen verstattet wird; der Ausbeutestock, in Freyberg, ein eiserner Stock, in welchem die Ausbeutethaler, Gulden und Groschen, d. i. dasjenige Geld, in welchem die Ausbeute den Gewerken ertheilet wird, auf dem Ausbeutewagen, von Dresden nach Freyberg geliefert wird; die Ausbeutegrube oder Ausbeutezeche, eine Grube oder Zeche, welche Ausbeute gibt; der Ausbeutezettel, ein gedruckter Bogen, auf welchem die Zubuße und Ausbeute alle Vierteljahre bekannt gemacht wird, u. s. f.


Ausbeuteln (W3) [Adelung]


Ausbeuteln, verb. reg. act. aus dem Beutel schütteln. Das Mehl ausbeuteln, bey den Müllern. + Das Geld ausbeuteln, im Oberdeutschen aussäckeln, zahlreich ausgeben, im gemeinen Scherze. Noch niedriger sind die R. A. einen ausbeuteln, ihn von barem Geld entblößen, ihn zu vielen Ausgaben um unsertwillen bewegen, und sich ausbeuteln, sich vom baren Gelde entblößen; welche zugleich eine harte und ungewöhnliche Figur enthalten. Daher die Ausbeutelung.


Ausbiegen (W3) [Adelung]


Ausbiegen, verb. irreg. act. S. Biegen. 1) Heraus biegen oder von innen auswärts biegen; ingleichen eine ausgebogene Gestalt geben. Daher ausgebogene Manschetten, bey den Nähterinnen, welche bogenweise genähet sind. 2) Aus dem Wege biegen oder lenken, mit einem Fuhrwerke. Vor einem ausbiegen, ihm aus dem Wege fahren. Daher die Ausbiegung.

Anm. Daß biegen und beugen bloß in der Mundart verschieden sind, ist schon bey Abbiegen angemerket worden. S. auch Beugen. Die höhere Schreibart zieht auch hier das ausbeugen vor.


Ausbiethen (W3) [Adelung]


Ausbiethen, verb. irreg. von biethen, pretium offerre, praebere. 1. Neutrum mit haben. 1) Anfangen zu biethen, das erste Geboth thun; wofür doch anbiethen, und für Ausgeboth Angeboth üblicher ist. 2) Aufhören zu biethen. 2. Activum. 1) Etwas ausbiethen, es jedermann anbiethen; im Österreichischen ausfeilen. 2) Einen ausbiethen, ihn durch ein höheres Geboth vertreiben. 3) Einen Pachter, einen Miethmann ausbiethen, ihm den Pacht, die Miethe aufsagen. 4) * Jemanden ausbiethen, ihn zum Zweykampfe heraus fordern, im Hochdeutschen ungewöhnlich. In den beyden letztern Bedeutungen ist es von biethen in gebiethen. Daher die Ausbiethung in den Bedeutungen des Activi.


Ausbilden (W3) [Adelung]


Ausbilden, verb. reg. act. die Bildung einer Sache zur Vollkommenheit. Die Kräfte des Geistes ausbilden, ihnen durch Unterricht und Übung die gehörige Richtung und Güte geben. Gesellige Eigenschaften, die man nicht genug ausbilden kann. Ein sehr ausgebildeter junger Mensch. Und bildete die Kunst den rohen Marmor aus, Was würden wir für große Männer haben, Gell. In den schönen Künsten bedeutet dieser Ausdruck im engern Verstande, einem Gegenstande diejenigen zufälligen Schönheiten mitteilen, die er seiner Absicht nach haben muß. Daher die Ausbildung.


Ausbinden (W3) [Adelung]


"Ausbinden", verb. irreg. act. S. Binden, im gemeinen Leben, los binden und heraus nehmen, im Gegensatze des Einbindens. In engerer Bedeutung, durch ein solches Ausbinden aussuchen; welche Bedeutung zwar nicht mehr üblich ist, aber doch noch in dem Substantive "Ausbund" Statt findet. Daher die Ausbindung in der ersten allgemeinen Bedeutung.


Ausbitten (W3) [Adelung]


Ausbitten, verb. irreg. act. S. Bitten, durch Bitten zu erhalten suchen. Sich etwas bey einem ausbitten. Ich werde mir dieses bey deinem Herrn ausbitten. Ich bitte mir die Ehre ihres Besuches aus. Darf ich mir es wohl als eineGnade ausbitten? Das bitte ich mir aus, nehmlich, daß es nicht geschehe, ist im täglichen Umgange oft eine ironische Art des Verbothes.


Ausblasen (W3) [Adelung]


Ausblasen, verb. irreg. act. S. Blasen. 1) Durch Blasen hinaus schaffen. Das Inwendige eines Eyes ausblasen. Ingleichen metonymisch, ein Ey ausblasen. 2) Auf Blase-Instrumenten an allen oder doch mehrern Orten verkündigen. Den Frieden, einen Festtag ausblasen. Noch eh der Mittag kommt, so stieget Fama schon Durch jedes Standquartier, und bläst mit hohem Ton Den reichen Fremdling aus, Zachar. Figürlich im gemeinen Leben, etwas überall bekannt machen. 3) Durch Blasen von sich geben. Die Seele ausblasen, sterben, in verächtlichen und niedrigen und Ausdrücken. 4) Durch Blasen auslöschen. Das Licht ausblasen. Einem das Lebenslicht ausblasen, figürlich und im gemeinen Leben, ihn des Lebens berauben. In den Bergwerken bedeutet, den Ofen ausblasen, ihn nach dem Schmelzen durch die Blasebälge abkühlen. So auch die Ausblasung.


Ausbleiben (W3) [Adelung]


Ausbleiben, verb. irreg. neutr. ( S. Bleiben,) welches das Hülfswort seyn erfordert, auswärts bleiben, zur bestimmten Zeit nicht wieder kommen. 1) Eigentlich. Über Nacht ausbleiben, außer dem Hause. Ich werde nicht lange ausbleiben. 2) Figürlich. (a) Verzögern und verzögert werden. Lange mit der Hülfe, mit der Bezahlung ausbleiben. (b) Unterbrochen werden. Der Puls bleibt ihm aus. Der Athem ist ihm ausgeblieben. (c) Aufhören. Das Fieber ist ausgeblieben. (d) Ausgelassen werden. Hier sind viele Worte ausgeblieben. (e) Unterbleiben. Die Strafe bleibt gewiß nicht aus. Das wird nicht ausbleiben, es wird gewiß geschehen. (f) Nicht fortkommen besonders von Pflanzen und Gewächsen. Es sind viele Bäume, die gepflanzet worden, ausgeblieben. So auch das Ausbleiben, plur. car. Sein langes Ausbleiben macht mich unruhig.

Anm. Das Adverbium ausbleiblich ist mehr in dem zusammen gesetzten unausbleiblich, als für sich allein üblich. Im gemeinen Leben wird für ausbleiben in allen obigen Bedeutungen auch oft außer bleiben gebraucht. S. Außen, Anm.


Ausbleichen (W3) [Adelung]


Ausbleichen, verb. reg. 1. Activum, durch Bleichen heraus bringen. Es ist zwar ein Flecken, aber doch ein Flecken, den die Zeit ausbleichet, Less. 2. Neutrum. 1) Mit seyn, bleicher werden. Die Farbe ist ausgebleichet; wofür doch verbleichen mit irregulärer Conjugation üblicher ist. 2) Mit haben, aufhören zu bleichen. Daher die Ausbleichung.


Ausblühen (W3) [Adelung]


Ausblühen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu blühen. Die Rosen haben ausgeblühet.


Ausbluten (W3) [Adelung]


Ausbluten, verb. reg. 1. Activum, mit dem Blute von sich geben, in der höhern Schreibart. Die Adern bluten Todesangst aus, Klopfst. 2. Neutrum, mit haben. 1) Alles Blut vergießen, gleichfalls nur in der höhern Schreibart. Laß mein Herz vor dir ganz ausbluten, Dusch, allen seinen blutenden Gram ausschütten. 2) Aufhören zu bluten. Er hat ausgeblutet.


Ausböden (W3) [Adelung]


* Ausböden, verb. reg. act. Ein Faß ausböden, bey den Böttchern, den Boden darein bringen.


Ausbohlen (W3) [Adelung]


Ausbohlen, verb. reg. act. inwendig mit Bohlen versehen. Einen Stall ausbohlen. Daher die Ausbohlung.


Ausborgen (W3) [Adelung]


Ausborgen, verb. reg. act. an andere verborgen. Geld aus borgen. Daher die Ausborgung.


Ausbracken (W3) [Adelung]


Ausbracken, verb. reg. act. als Brack, oder als das Untaugliche seiner Art wegschaffen, ingleichen metonymisch, von dem Bracke befreyen; ein Wort, welches vornehmlich in der Landwirthschaft üblich ist, wo es von der Aussonderung und Fortschaffung des untauglichen Viehes im Herbste gebraucht wird, welche Verrichtung man sonst auch ausmerzen nennet. Die Schafe, das Rindvieh ausbracken. Daher die Ausbrackung. S. Brack.


Ausbragen (W3) [Adelung]


* Ausbragen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Kürschner. Die Felle ausbragen, sie über ein Eisen ziehen, welches breiter und schärfer ist, als der Buckeler. S. Bragen. Daher die Ausbragung.


Ausbraten (W3) [Adelung]


Ausbraten, verb. irreg. S. Braten. 1. Ein Activum. (a) Durch Braten heraus bringen. Alles Fett ausbraten. (b) Zur Genüge braten lassen. Eine Kalbskeule ausbraten. Daher die Ausbratung.2. Neutrum, mit dem Hülfswort seyn. (a) Im Braten heraus bringen. Es bratet alles Fett aus. (b) Zur Genüge braten. Laß die Keule ausbraten.


Ausbrauchen (W3) [Adelung]


Ausbrauchen, verb. reg. act. 1) Durch den Gebrauch ausleeren, besonders von flüssigen Arzeneyen. Die Arzeney ist bereits ausgebraucht. 2) Nicht mehr gebrauchen. Wie - - Der ausgebrauchte Theil von uns sich selbst verschwitzt, Hall. Daher die Ausbrauchung,


Ausbrauen (W3) [Adelung]


Ausbrauen, verb. reg. act. 1) Im Brauen die gehörige Vollkommenheit geben. Ein Bier, das wohl ausgebrauet ist. 2) Altes Malz brauet sich besser aus, als frisches, läßt alle seine kräftigen Theile leichter fahren. 3) Das Brauen vollenden, aufhören zu brauen; als ein Neutrum.


Ausbrausen (W3) [Adelung]


Ausbrausen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu brausen, so wohl eigentlich von dem Winde, als auch uneigentlich von dem Biere und Moste, ingleichen noch figürlicher, von Menschen und Thieren, deren Wuth sich geleget hat. Der Wind, das Meer, das Bier, der Most hat ausgebrauset. Wenn nur sein gährendes Herz erst ausgebrauset hat, Less.


Ausbrechen (W3) [Adelung]


Ausbrechen, verb. irreg. ( S. Brechen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum.1. Durch Zerbrechen heraus bringen, so wohl eigentlich, als auch in verschiedenen weitern und figürlichen Bedeutungen. Einen Zahn ausbrechen. Einen Kern ausbrechen, aus der Schale brechen. Einen Faden ausbrechen, bey den Webern, ihn, wenn er in dem Aufzuge an einen unrechten Ort gezogen ist, abreißen und an den rechten Ort bringen. Äste, Früchte ausbrechen, bey den Gärtnern, untaugliche oder überflüssige Äste und Früchte an einem Baume abbrechen, damit die übrigen desto besser wachsen. Ingleichen metonymisch, einen Baum ausbrechen, ihn von den überflüssigen Ästen und Früchten befreyen. Die Bienen ausbrechen, sie tödten, und das Werk und Honig ganz heraus nehmen; mit einem alten Kunstworte zeideln. Die gar gemachten Felle ausbrechen, bey den Weißgärbern, sie auch einem Eisen ausstrecken, ihre Geschmeidigkeit zu vermehren, welches auch stollen genannt wird. Die Brauer brechen Bier oder Wasser aus, wenn sie es aus der Pfanne oder dem Bottige in die Rinnen schöpfen. Bey den Jägern bedeutet es so viel als auswühlen, und die Landwirthe gebrauchen es absolute von den Schafen und Pferden, wenn sie die letzten Füllen- oder Lämmerzähne verlieren, welches zwischen dem vierten und fünften Jahre zu geschehenpfleget. Bey den Pferden nennet man dieses Ausbrechen auch schieben, abschieben.2. Im Erbrechen von sich geben, im gemeinen Leben. Daher die Ausbrechung.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert.1. Ausgebrochen werden. Der Zahn ist ausgebrochen. Der Damm brach an zwey Orten aus.2. Aus einem Orte brechen, sich mit Gewalt aus einem Orte befreyen. Der Verhaftete ist ausgebrochen. Noch mehr aber reciproce, sich ausbrechen. Der Gefangene hat sich ausgebrochen. In dem Bergbaue bedeutet ausbrechen so viel als auslenken, auf einem überfahrnen Gange weiter fortbrechen. Rechts oder links ausbrechen, bey den Fuhrleuten, aus dem Geleise biegen. Von dem rechten Wege ausbrechen, abkommen.3. Den Augen auf eine unerwartete Art merklich werden, schnell hervor kommen. 1) Eigentlich. Das Feuer bricht aus. Es ist in unserer Nachbarschaft ein Feuer ausgebrochen. Die Blattern sind bereits an dem Kinde ausgebrochen. Der Schweiß brach ihm aus. Mir bricht der Angstschweiß hierüber aus. Die Freude brach mit großem Ungestüme aus. Wie oft haben wir nicht Gelegenheit zu hassen, ohne diesen Haß ausbrechen zu lassen! Es ist meine größte Wollust, die Regungen des Vergnügens bey andern ausbrechen zu sehen, Gell.

2) Figürlich, dem Gehöre auf eine schnelle und lebhafte Art merklich werden. (a) Lautbar werden, kund werden. Es ist endlich ausgebrochen, wer es gethan hat. Es ist ein Geschrey (Gerücht) ausgebrochen. Wie glücklich schätzte ich mich, wenn endlich dein Geheimniß ausbrach! Dusch. (b) In etwas ausbrechen, es lebhaft von sich hören lassen. Er brach in ein lautes Gelächter aus. In lauter Klagen und argwöhnische Beschwerden ausbrechen. Sein Zorn brach in laute Schmähungen aus. Er brach in diese Worte aus.

Anm. In dieser letzten Bedeutung hat ausbrechen alle Mahl den Begriff einer heftigen Gemüthsbewegung bey sich, die sich durch Worte und Töne an den Tag legt. Ausbrechen absolute, für sprechen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, ob es gleich in Schlesien und Oberdeutschland üblich zu seyn scheint. So geht es, brach er aus, was fremd ist, muß stets gelten, Günth. Der Herr, so brach er oftmahls aus, Verdient allhier ein ewig Haus, ebend. Es hängt in dieser Bedeutung mit sprechen genau zusammen, so wie es in der Bedeutung des Entsetzens zu brechen, glänzen, scheinen, gehöret. Allein beyde Verba sind vermuthlich nur figürliche Bedeutungen von brechen, frangere, so fern es ursprünglich eine Onomatopöie ist. S. Brechen und Sprechen. Ausbrechen, für sich ausbreiten. Denn du wirst ausbrechen zur Rechten und zur Linken, Es. 54, 3, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


Ausbreiten (W3) [Adelung]


Ausbreiten, verb. reg. act. aus einander breiten, demjenigen, was zusammen gelegt war, einen größern Raum in der Breite geben.1. Eigentlich. Die Flügel ausbreiten. Die Arme ausbreiten. Die Hände zu Gott ausbreiten. In welcher Bedeutung die gemeinen Mundarten so wohl in Ober- als Niederdeutschland, spreiten, ausspreiten, gebrauchen.2. In weiterer Bedeutung, einen größern Umfang, so wohl in der Breite als Länge geben. Ein Tuch ausbreiten. Der Baum breitet sich sehr aus, seine Zweige nehmen einen großen Raum ein. In den Blechhämmern breitet man das Blech aus, wenn man demselben unter dem Hammer seine bestimmte Breite gibt. 3. Figürlich. a) Bekannt machen. Ein Geheimniß ausbreiten, unter die Leute bringen. b) Fortpflanzen, sich vervielfältigen. Dieß Geschlecht hat sich weit ausgebreitet. Die Pflanzen breiten sich weit aus. Seine Kenntnisse ausbreiten, sie erweitern, über mehr Gegenstände erstrecken. c) Vielen mittheilen. Die Krankheit, das Übel, das Gerücht hat sich weit ausgebreitet. Würde das Gute dadurch nicht über viele ausgebreitet werden? d) Vertheilen, verbreiten. Die Liebe hat auch Freuden, welche über die rauhesten Wege Blumen streuen, und über die finstern Traurigkeiten frohe Strahlen ausbreiten, Dusch. Drohende Klippen, die Nacht und heiliges Grauen um sich ausbreiten, ebend. e) Sich über eine Sache ausbreiten, umständlich darüber reden. f) Sich in einem merklichen Raume erstrecken, einen merklichen Umfang haben. Vor uns breitet sich in unaufhörlicher Pracht ein von blauen Gebirgen umgrenztes Thal aus, Dusch. Besonders wird das Particip. Pass. ausgebreitet in der edlern Schreibart oft für vielfach, groß, einen weiten Umfang habend, gebraucht. Ausgebreitete Absichten. Eine ausgebreitete Erkenntniß. Ein ausgebreiteter Nutzen.So auch die Ausbreitung.


Ausbrennen (W3) [Adelung]


Ausbrennen, ein Verbum, welches auf doppelte Art üblich ist.I. Als ein Activum, so wohl mit regulärer als irregulärer Conjugation, ich brennete aus, ausgebrennet, und ich brannte aus, ausgebrannt; wovon doch die letztere Form immer noch die gewöhnlichere ist. 1) Das Inwendige in einer Sache verbrennen, und sie dadurch hohl oder weiter, oder auch nur rein machen; größten Theils metonymisch, so daß die Sache selbst genannt, das Inwendige derselben aber verstanden wird. Tressen, Tobakspfeifen ausbrennen. Einen Bienenstock ausbrennen, ihn mit einem angezündeten Strohwische reinigen. Ein von der Sonne ausgebrennetes (ausgedorrtes) Feld. In den Bergwerken bedeutet ausbrennen durch Feuersetzen eine Öffnung in einer Grube machen. 2) Durch das Feuer den gehörigen Grad der Vollkommenheit geben. Ausgebrannte Töpfe, Ziegel u. s. f. die Gehörig gebrennet worden. 3) Das Brennen beschließen. So bedeutet ausbrennen bey den Ziegel- und Kalkbrennern, dem Ofen die letzte Hitze geben. S. auch Abbrennen. Ingleichen in den Schmelzhütten, aufhören zu schmelzen. Daher die Ausbrennung.II. Als ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation, und dem Hülfsworte seyn. 1) Sein Inneres durch Feuer verlieren. Die Stadt ist fast völlig ausgebrannt, fast alle Häuser in derselben sind in die Asche gelegt worden. Ein ausgebranntes Haus, dessen Inwendiges von dem Feuer verzehret worden. 2) Aufhören zu brennen. Laß das Feuer ausbrennen. Das Feuer ist ausgebrannt.


Ausbringen (W3) [Adelung]


Ausbringen, verb. irreg. act. S. Bringen, aus einem Orte bringen, heraus bringen, oder hinaus bringen. 1. In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Das Both, die Schaluppe ausbringen, in der Seefahrt, sie aus dem Schiffe in das Wasser lassen. Ich kann den Flecken nicht ausbringen, ich kann ihn nicht aus der Wäsche bringen. Silber ausbringen, in den Schmelzbütten, ausschmelzen. Junge ausbringen, in der Hauswirthschaft, für ausbrüten.2. Figürlich. 1) Bekannt machen, unter die Leute bringen. Ein Geschrey, ein Gerücht ausbringen. Eine Heimlichkeit ausbringen. Einen Gesundheit ausbringen, sie unter die Gäste bringen. S. Bringen. Dem Neumond und der Mitternacht Sey dieser Weihtrunk ausgebracht, Haged. Nach dem er ihn (den Becher) von neuem ausgebracht, ebend. 2) Bewirken, durch seine Bemühung von jemanden erhalten, nur in einigen Fällen, und am häufigsten in den Kanzelleyen. Einen Befehl ausbringen, bey den Obern durch seyn Bitten veranlassen. Sie haben die Untersuchung an sie ausgebracht, Raben. sie haben gemacht, daß ihnen die Untersuchung aufgetragen worden. Der Hirtenlohn wird nach der Hufe ausgebracht, aufgebracht. In Oberdeutschland ist diese Bedeutung auch außer den Gerichten üblich. Der Zähren Bach, die noch die minste GunstNicht ausgebracht, Opitz. So auch die Ausbringung.

Anm. Im Oberdeutschen bedeutet dieses Wort auch ausbreiten; wenigsten hat Opitz es ein Mahl in diesem Verstande gebraucht: Seht nun, wie dieß Gesetz auch worden ausgebracht.


Ausbrodemen (W3) [Adelung]


* Ausbrodemen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, auswittern, in dem Bergbaue; S. Brodem. Daher die Ausbrodemung, oder wie die Bergleute sprechen, die Ausbrödung, für die Auswitterung.


Ausbruch (W3) [Adelung]


Der Ausbruch, des -es, plur. die -brüche. 1) Der Zustand des Ausbrechens in den Bedeutungen des Neutrius. Der Ausbruch des Feuers, der Blattern, einer Krankheit, einer Leidenschaft u. s. f. Zum Ausbruche kommen, einen Ausbruch gewinnen, ausbrechen, in der dritten Bedeutung des Neutrius. Wer hat seyn Herz stets so in seiner Gewalt, daß er allen Regungen den Ausbruch verbiethen könnte? Kaum hielt noch die Vernunft des Zornes Ausbruch aus, Weiße. 2) Dasjenige, was ausgebrochen worden. So wird derjenige Ober-Ungarische Wein Ausbruch genannt, der aus den reifsten ausgebrochenen, ausgelesenen, Beeren von selbst auströpfelt.

Anm. Das Oberdeutsche Adjectiv ausbrüchig, für bekannt, lautbar, ist im Hochdeutschen nicht üblich.


Ausbrühen (W3) [Adelung]


Ausbrühen, verb. reg. act. das Inwendige einer Sache brühen, oder sie mit siedendem Wasser reinigen. Ein Faß, ein Geschirr ausbrühen.


Ausbrüsten (W3) [Adelung]


Ausbrüsten, verb. reg. act. bey den Fleischern, die Brusthöhle eines geschlachteten Viehes ausleeren, das Geschlinge heraus nehmen. Daher die Ausbrüstung.


Ausbrüten (W3) [Adelung]


Ausbrüten, verb. reg. act. 1) Bis zur Vollkommenheit brüten, durch Brüten hervor bringen. (a) Eigentlich, von dem Federviehe. Junge ausbrüten. Ingleichen metonymisch, Eyer ausbrüten. Eyer ohne Hühner ausbrüten. (b) Figürlich, etwas Böses ersinnen. Er brütet nichts Gutes aus. 2) Aufhören zu brüten, als ein Neutrum, mit haben. So auch die Ausbrütung.


Ausbüchsen (W3) [Adelung]


Ausbüchsen, verb. reg. act. mit einer Büchse, d. i. einem breiten Ringe, ausfüttern, bey verschiedenen Handwerken. Eine Nabe ausbüchsen. S. Büchse. So auch die Ausbüchsung.


Ausbuckeln (W3) [Adelung]


Ausbuckeln, verb. reg. act. bey den Goldschmieden, wie ausbäulen. Einen silbernen Teller ausbuckeln, die Buckeln heraus klopfen.


Ausbügeln (W3) [Adelung]


Ausbügeln, verb. reg. act. 1) Durch Bügeln heraus bringen. Falten, Nähte ausbügeln. Ingleichen metonymisch, die Wäsche, ein Kleid ausbügeln. 2) Zur Genüge bügeln. Wäsche ausbügeln. 3) Aufhören zu bügeln. So auch die Ausbügelung.


Ausbündig (W3) [Adelung]


"Ausbündig", adj. et adv. "in seiner Art vorzüglich". Ausbündig gelehrt, ausbündig schön, ausbündig lasterhaft. Die ausbündigste Tugend.

Anmerkung: Dieses Wort wird am häufigsten als ein Adverbium, seltener als ein Adjectiv gebraucht. In dem letztern Falle ist wenigstens der Comparativ nicht gewöhnlich. Es kommt von "Ausbund" her, vermuthlich so fern es ehedem ein Abstractum war, welches die Endung "ig" zu beweisen scheinet. In der Schweiz ist für "ausbündig" auch "fürbündig" üblich.


Ausbürgen (W3) [Adelung]


* Ausbürgen, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden üblich ist. Ein Pfand ausbürgen, es auslösen.


Ausbürger (W3) [Adelung]


* Der Ausbürger, des -s, plur. ut nom. sing. eine Benennung, welche noch in einige Oberdeutschen Gegenden üblich ist, und einen fremden oder auswärtigen Bürger bezeichnet. Besonders bedeutet sie, 1) einen Bürger einer Stadt, der sich aber außerhalb derselben aufhält, und auch wohl ein Ausmann genannt wurde. 2) Einen Bürger einer Stadt, der nur in deren Vorstadt wohnet, in welchem Verstande dieser Ausdruck mit Pfahlbürger einerley ist. 3) Einen Einwohner einer Stadt, der in einer andern das Bürgerrecht hat, im Gegensatze der Inbürger, welche Bedeutung noch in Neuschatel üblich ist. 4) Einen jeden Fremden, welche Bedeutung noch in der Schweiz Statt findet, wo aber dieses Wort zugleich einen verächtlichen Nebenbegriff hat, etwa so, wie - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey den Griechen. In eben diesen Gegenden bedeutet daher auch Ausbürgerschaft so wohl den Zustand eines Ausbürgers, als auch den ganzen Hausen solcher Ausbürger in allen obigen Bedeutungen.


Ausbürsten (W3) [Adelung]


Ausbürsten, verb. reg. act. mit der Bürste heraus schaffen. Den Staub ausbürsten. Noch mehr aber metonymisch, mit der Bürste reinigen. Den Hut, das Kleid ausbürsten. Daher die Ausbürstung.


Ausbuschen (W3) [Adelung]


* Ausbuschen, verb. reg. act. welches nur in den Marschländern üblich ist, buschweise ausreißen, ausgäten. Gras, Unkraut ausbuschen. Daher die Ausbuschung.


Ausbüßen (W3) [Adelung]


Ausbüßen, verb. reg. act. 1) * Ausbessern, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist, und nur noch bey den Jägern und Hutmachern gehöret wird. Garne, Netze, ein Hutfach ausbüßen. S. Büßen. 2) Für etwas büßen, im gemeinen Leben. Ich habe es ausbüßen müssen. So auch die Ausbüßung.


Auscuriren (W3) [Adelung]


Auscuriren, verb. reg. act. bis zur völligen Gesundheit curiren; nur im gemeinen Leben.


Ausdampfen (W3) [Adelung]


Ausdampfen, verb. reg. neutr. und zwar, 1) mit dem Hülfsworte seyn, in Gestalt eines Dampfes verfliegen. Die Feuchtigkeit ist bereits ausgedampfet. 2) Mit dem Hülfswort haben,aufhören Dampf von sich zu geben. Die Kohlen haben ausgedampfet. Daher die Ausdampfung.


Ausdämpfen (W3) [Adelung]


Ausdämpfen, verb. reg. act. 1) In Gestalt eines Dampfes vertreiben. Feuchtigkeiten ausdämpfen. 2) Vermittelst eines Dampfes heraus treiben. Füchse und Dachse ausdämpfen, bey den Jägern, sie durch Feuer und Rauch aus ihren Bauen treiben. 3) Auslöschen, wie das einfache dämpfen. Kohlen ausdämpfen. S. Dämpfen. So auch die Ausdämpfung.


Ausdauern (W3) [Adelung]


Ausdauern, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, bis an Ende dauern oder aushalten. In der Kälte nicht ausdauern können. Ingleichen bis ans Ende standhaft verbleiben. Im Leiden ausdauern. 2. Activum, ertragen, erdulden. Die Kälte nicht ausdauern können.


Ausdehnbar (W3) [Adelung]


Ausdehnbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig, durch einen größern Raum verbreitet zu werden. Daher die Ausdehnbarkeit.


Ausdehnen (W3) [Adelung]


Ausdehnen, verb. reg. act. durch Dehnen vergrößern, durch einen größern Raum ohne Zerreißung der Theile verbreiten; da es sich denn von dem bloßen dehnen noch unterscheiden läßt. 1. Eigentlich. Leder ausdehnen. Das Metall unter dem Hammer, oder vermittelst des Hammers ausdehnen. Edle Lust, der Lohn der Tugend, dehnt Den Heldenbusen aus, Wiel. In weiterer Bedeutung nennet man in der Philosophie alle diejenigen Dinge ausgedehnt, welche aus trennbaren Theilen zusammen gesetzet sind; in der Mathematik aber, alles, was durch Theile gedacht wird.2. Figürlich. 1) Verlängern, der Zeit nach größten Theils mit dem Nebenbegriffe einer ungebührlichen Verlängerung. Er dehnt seyn unnützes Geschwätz zu Stunden aus, Weiße. 2) Den logischen Umfang eines Satzes oder Wortes erweitern. Einen Begriff ausdehnen. 3) Reciproce, einen beträchtlichen Umfang haben, in der höhern Schreibart. Hier dehnte sich ein tiefes Thal aus, wo brüllende Rinder im hohen Grase wadeten, Dusch. Ich sahe vor mir eine weit ausgedehnte und noch schlummernde Landschaft, ebend.


Ausdehnung (W3) [Adelung]


Die Ausdehnung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Ausdehnens. 2) In der Philosophie, die Eigenschaft eines Dinges, nach welcher dasselbe aus trennbaren Theilen zusammen gesetzet ist, die Extension; und in der Mathematik, die Eigenschaft eines Dinges, nach welcher es durch Theile gedacht wird. In beyden Fällen als ein Abstractum, ohne Plural.


Ausdeichen (W3) [Adelung]


Ausdeichen, verb. reg. act. vermittelst eines Deiches ausschließen. Ein Stück Land ausdeichen. Ausgedeichtes Land. S. Deich. Daher die Ausdeichung.


Ausdenken (W3) [Adelung]


Ausdenken, verb. irreg. act. S. Denken, durch Nachdenken heraus bringen. Das ist sehr klug ausgedacht. Ich kann nicht ausdenken, was seine Absicht seyn mag. Nun müßt ihr mir eine List ausdenken helfen, Weiße.


Ausdeuten (W3) [Adelung]


Ausdeuten, verb. reg. act. auslegen, deuten. Träume ausdeuten. Einem etwas als einen Hochmuth ausdeuten. Alles auf das ärgste ausdeuten. Deuten sie mir es für keine Furchtsamkeit aus, Dusch. Daher die Ausdeutung.


Ausdichten (W3) [Adelung]


* Ausdichten, verb. reg. act. wie ausdenken, nur daß es nicht mehr gebräuchlich ist. Es war nicht auszudichten, Was der, so noch nicht da, für Lehre würd errichten, Opitz.


Ausdielen (W3) [Adelung]


Ausdielen, verb. reg. act. inwendig mit Dielen versehen. Ein Zimmer ausdielen. Daher die Ausdielung.


Ausdienen (W3) [Adelung]


Ausdienen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1) Bis zu Ende einer bestimmten Zeit dienen. Seine Zeit, seine Jahre, ausdienen. Er hat bald ausgedienet. 2) Zu fernern Diensten untauglich seyn, und also derselben entlassen werden. Man dient bey Hofe leichtlich aus. Ein ausgedienter, ein Invalide. Im Scherze gebraucht man dieses Wort auch von leblosen Sachen, die zum fernern Gebrauche untüchtig geworden sind. Das Kleid hat ausgedient.


Ausdingen (W3) [Adelung]


Ausdingen, verb. irreg. act. S. Dingen, wie ausbedingen, sich durch ein Gedinge, oder durch einen Vertrag vorbehalten. Das ding ich mir aus. Ich habe es mir ausgedungen. Daher die Ausdingung. Uzdingen kommt in dieser Bedeutung schon in dem Schwabenspiegel vor.


Ausdocken (W3) [Adelung]


Ausdocken, verb. reg. act. bey den Jägern, aus der Docke nehmen. Das Hängeseil ausdocken, es von der Docke ablaufen lassen. S. Docke. Daher die Ausdockung.


Ausdonnern (W3) [Adelung]


Ausdonnern, verb. reg. imperf. aufhören zu donnern. Es hat ausgedonnert. In der höhern Schreibart wird es auch zuweilen als ein persönliches Neutrum mit haben gebraucht. Überall Donnerwolken, Eh die ausgedonnert u. s. f. Gieseke.


Ausdorren (W3) [Adelung]


Ausdorren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, von innen aus dürre werden. Der Erdboden dorret aus. Der Mensch dorret ganz aus, wird nach und nach völlig mager. S. Dorren. Daher die Ausdorrung.


Ausdörren (W3) [Adelung]


Ausdörren, verb. reg. act. von innen aus dürre machen. Die Luft dorret die Körper aus. Eine zu schnelle Hitze dörret das Land aus. S. Dörren. Daher die Ausdörrung.


Ausdrängen (W3) [Adelung]


Ausdrängen, verb. reg. act. aus einem Orte, aus der Verbindung mit andern drängen.


Ausdrechseln (W3) [Adelung]


Ausdrechseln, verb. reg. act. durch Drechseln aushöhlen. Einen Becher ausdrechseln. Ingleichen, aufhören zu drechseln, als ein Neutrum, mit haben. Daher die Ausdrechselung.


Ausdrehen (W3) [Adelung]


Ausdrehen, verb. reg. act. 1) Durch Drehen heraus bringen. Einem etwas ausdrehen, aus der Hand. Sich ausdrehen, wie ein Aal aus den Händen, und figürlich, im gemeinen Leben, Ausflüchte machen, entwischen. 2) Wie ausdrechseln. Einen Becher ausdrehen. Daher der Ausdrehstahl zum Hohldrehen. S. Drehen.


Ausdreschen (W3) [Adelung]


Ausdreschen, verb. irreg. act. S. Dreschen. 1) Durch Dreschen heraus bringen. Korn, Erbsen u. s. f. ausdreschen. Ingleichen metonymisch, durch Dreschen leer machen. Die Garben sind nicht recht ausgedroschen. Wie auch durch Dreschen erhalten. Man hat dieß Mahl aus einem Schocke nur drey Scheffel ausgedroschen. 2) Aufhören zu dreschen, das Dreschen beschließen; als ein Neutrum, mit haben. Daher die Ausdreschung.


Ausdruck (W3) [Adelung]


Der Ausdruck, des -es, plur. die -drücke, das durch Ausdrucken entstandene Bild; eine Benennung, welche in der eigentlichen Bedeutung wenig oder vielleicht gar nicht vorkommt, weil in derselben die Benennung Abdruck gewöhnlicher ist. Allein in den Wissenschaften kommt dieses Wort in verschiedenen figürlichen Bedeutungen vor. Es bezeichnet daselbst, 1) dasjenige Mittel, wodurch Empfindungen und Vorstellungen geäußert werden, das Zeichen derselben; im Gegensatze des Eindruckes, welchen sie bey andern machen. Daher werden in der Redekunst die Wörter und Redensarten, in der Musik die Töne und Tonsätze, in den bildenden Künsten, die Gesichtszüge, die Geberden u. s. f. und in der Tanzkunst die Stellung, Bewegung und Geberden, Ausdrücke genannt. Empfindungen, die allen Ausdruck übersteigen, welche sich auf keine Art ausdrucken lassen. Er heftete seine Augen auf ihn mit einem Ausdrucke und Blicke, der sich nur denken läßt. Ein Gemählde von vollkommenen Ausdrucke, welches alle diejenigen Empfindungen hervor bringt, die der Künstler hervor bringen wollte. In den Sprachen ist Ausdruck eine allgemeine Benennung, welche nicht allein eigentliche Wörterund Redensarten, sondern auch Interjectionen unter sich begreift, weil sie insgesammt Mittel sind, Empfindungen und einzelne Vorstellungen zu äußern. 2) Die Art und Weise, wie diese Mittel oder Ausdrücke gebraucht und angewendet werden. Daher sagt man, ein Redner habe einen schlechten Ausdruck, wenn seine Aussprache und Stellung nicht geschickt sind, den verlangten Eindruck in das Gemüth des Zuhörers zu machen. Ein Mahler, der im Ausdrucke stark ist. Ein Tänzer ohne Ausdruck. S. das folgende.


Ausdrucken (W3) [Adelung]


Ausdrucken, verb. reg. act. durch Drucken allen seinen Theilen nach abbilden. 1) Eigentlich. Ein Siegel in Wachs ausdrucken, Ein Kupferstich, der nicht recht ausgedrucket worden.2) Figürlich. (a) Abbilden, überhaupt. Jede Vorstellung werde ich da auf deinem Gesichte ausgedrückt (ausgedruckt) lesen, Dusch. Diese blühende Bildung, die alle irdische Schönheit ausdrückte, (ausdruckte) laß mich sie vergessen, ebend. Sein Gesicht druckt den ganzen Schrecken seiner Seele aus. (b) Eine deutliche Vorstellung von etwas erwecken, besonders so fern solches durch Worte geschiehet. Etwas mit Worten ausdrucken. Sich deutlich, undeutlich ausdrucken. Er weiß sich sehr gut auszudrucken. Die Sprache ist zu schwach, dir alles auszudrucken, was ich empfinde. Thränen sind, wenn wir auf die Welt kommen, die einzige Sprache, wodurch wir unsere Bedürfnisse ausdrucken.

Anm. Das Substantiv, die Ausdruckung ist nicht üblich, weil Ausdruck dafür gewöhnlicher ist; S. auch Ausdrücken. Wenn einige Hochdeutsche Schriftsteller ausdrucken beständig mit dem folgenden ausdrücken verwechseln, so ist solches ein Merkmahl der ihnen noch anklebenden Niedersächsischen Mundart. Denn obgleich beyde Verba eigentlich nur der Mundart nach verschieden sind, so hat doch in der edlern Bedeutung die Oberdeutsche Mundart schon längst den Vorzug behalten, wie mehrern Wörtern widerfahren ist. S. auch Drucken.


Ausdrücken (W3) [Adelung]


Ausdrücken, verb. reg. act. 1) Durch Drücken heraus bringen. Das Wasser ausdrücken, aus einem Schwamme. Den Saft aus einer Pflanze, den Liter aus einem Geschwüre ausdrücken. Ingleichen metonymisch, den Schwamm, die Pflanze, das Geschwür ausdrücken. 2) Durch Drücken aus löschen, ein sonst ungewöhnlicher Gebrauch. Schnell drücket ihre Wuth Das Lebenslicht ihm aus, Weiße. 3) Durch Drücken ausdehnen, in welchem Verstande die Kammmacher die Hornplatten ausdrucken (richtiger ausdrücken,) wenn sie selbige erwärmen und pressen. Daher die Ausdrückung.

Anm. Einige Schriftsteller gebrauchen dieses letztere Substantiv für Ausdruck. Allein solches ist theils wider den Unterschied, den die edlere Schreibart zwischen ausdrucken und ausdrücken bereits hergebracht hat, theils auch wider den Sprachgebrauch, der die Verbalia auf ung nie gern anders als in der Bedeutung der Handlung gebraucht, wenn andere abgeleitete Substantiva vorhanden sind.


Ausdrücklich (W3) [Adelung]


Ausdrücklich, -er, -ste, adj. et adv. welches nur in der figürlichen Bedeutung des Verbi ausdrucken üblich ist. 1) Für deutlich. Ich habe es ihm mit ausdrücklichen Worten gesagt. Noch mehr, 2) für bestimmt, mit deutlichen Worten ausgedruckt. Ein ausdrücklicher Befehl. Ich habe es ihm ausdrücklich befohlen. 3) Mit Vorsatze und Bewußtseyn. Gott weiß, daß ich weder so thöricht noch so boßhaft bin, daß ich ihn ausdrücklich beleidigen wollte. Wer weiß auch, ob er ausdrücklich meinetwegen hergekommen ist. Es ist ihm ausdrücklich dazu gegeben worden. Anm. Dieses Wort stammet nicht von ausdrücken, sondern von Ausdruck her, welches in der Verlängerung seyn u in ein ü verwandelt, wie von Betrug, betrüglich, Flucht, flüchtig, klug, klüglich, u. s. f. kommen.


Ausdrusch (W3) [Adelung]


Der Ausdrusch, des -es, plur. car. in der Landwirthschaft. 1) Das Ausdreschen. Bey dem Ausdrusche des Getreides. 2) Ausgedroschenes Getreide. Die Drescher pflegen von zehen Scheffeln Ausdrusch einen Scheffel Drescherlohn zu bekommen.


Ausduften (W3) [Adelung]


Ausduften, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, in Gestalt eines Duftes heraus steigen. Üblicher als das Verbum ist das Substantiv die Ausduftung, so wohl für das Ausduften, als auch für den Duft selbst. Die süßen Ausduftungen der Blumen erquicken die Lebensgeister.


Ausdüften (W3) [Adelung]


Ausdüften, verb. reg. act. in Gestalt eines Duftes von sich geben. Die Bäume düften süße Gerüche aus. Daher die Ausdüftung.


Ausdulden (W3) [Adelung]


Ausdulden, verb. reg. neutr. mit haben, bis zu Ende dulden. Laß mich ausdulden. Ingleichen, das Dulden überstanden haben. Er hat nun ausgeduldet. So auch die Ausduldung.


Ausdunsten (W3) [Adelung]


Ausdunsten, verb. reg. neutr. 1) Mit dem Hülfsworte seyn, in Gestalt eines Dunstes verfliegen. Das Wasser, die Feuchtigkeit dunstet aus, ist ausgedunstet. 2) Mit dem Hülfsworte haben, den Dunst fahren lassen, Dunst von sich geben. Das Wasser, die Bäume dunsten aus. Daher die Ausdünstung, so wohl für das Ausdunsten, als auch für diejenigen Feuchtigkeit, welche in Gestalt eines Dunstes verfliegen.


Ausdünsten (W3) [Adelung]


Ausdünsten, verb. reg. act. 1) In Gestalt der Dünste von sich geben. Der Kranke dünstet viele böse Säfte aus. 2) In Gestalt der Dünste aus einem Körper vertreiben. Das Quecksilber, die Feuchtigkeit ausdünsten. Daher die Ausdünstung, so wohl für die Handlung, als auch für die Feuchtigkeiten, welche als Dünste vertrieben werden.


Ausecken (W3) [Adelung]


Ausecken, verb. reg. act. eckig ausschneiden.


Ausegen (W3) [Adelung]


Ausegen, verb. reg. act. mit der Ege heraus bringen. Wurzeln, Quecken ausegen. Ingleichen aufhören zu egen. Daher die Ausegung.


Auseinander (W3) [Adelung]


Auseinander, richtiger aus einander, S. Einander.


Auseisen (W3) [Adelung]


Auseisen, verb. reg. act. aus dem Eise heraus schaffen, was eingefroren ist los machen. Die Räder eines Wagens, einen Wagen auseisen.


Auseisen (W3) [Adelung]


* Das Auseisen, des -s, plur. ut nom. sing. in den Schmelzhütten, ein Eisen mit einem langen Stiele, eine Öffnung in den Schmelzofen damit zu machen.


Auseitern (W3) [Adelung]


Auseitern, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu eitern. Die Wunde hat ausgeeitert.


Auserlesen (W3) [Adelung]


Auserlesen, verb. irreg. act. für auslesen, aussuchen, welches eben so ungewöhnlich geworden ist, als die vorigen, und wovon das Particip. Passiv. auserlesen für vortrefflich, noch am meisten üblich ist. Das ist ja ein auserlesener King, Gell.

Anm. Thaz uuir faren inti arlesemes iz uz, daß wir gehen und es auslesen, heißt es bey dem Tatian, 72, 5, woraus erhellet, theils, daß dieses Wort ehedem auch in der gegenwärtigen Zeit üblich gewesen, theils auch, daß man das Vorwort aus in derselben hinter das Verbum geworfen. S. Auserkiesen, die Anm.


Auserschallen (W3) [Adelung]


* Auserschallen, verb. irreg. neutr. mit seyn, S. Schallen, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort für erschallen. Von euch ist auserschollen das Wort des Herren, 1 Thess. 1, 8.


Ausersehen (W3) [Adelung]


Ausersehen, verb. irreg. act. ( S. Sehen,) unter mehrern ersehen, auslesen, zu etwas bestimmen. Sich einen Ort ausersehen. Die Nacht zu einer Unternehmung ausersehen. Du warest das Opfer, das meine Rache sich zuerst ausersehen hatte, Dusch. Die Alten sich zu Mustern ausersehn, Haged.

Anm. Das Präsens ist von diesem Verbo ungewöhnlich, wie bey den vorigen; außer im Conjunctivo, da solches Statt findet kann. S. Auserkiesen, Anm.


Ausersinnen (W3) [Adelung]


* Ausersinnen, verb. irreg. act. für ersinnen, aussinnen, welches aber im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, obgleich noch Canitz sang: Bald ward ein Wapenrecht mit Regeln ausersonnen.


Auserwählen (W3) [Adelung]


Auserwählen, verb. reg. act. aus mehrern auswählen, erwählen; ein Wort, welches nur noch im biblischen Verstande gebraucht wird. Gott hat uns auserwählt, zur Seligkeit erwählet. Ein Auserwählter, der nach dem gehörigen Gebrauche der Gnadenmittel von Gott zur Seligkeit erwählet ist.

Anm. Ehedem wurde dieses Wort auch im eigentlichsten Verstande für aussuchen, auslesen gebraucht. Auserwelte Bysande, ausgesuchte Byzantiner, und, mit ausserwelten steinen, kommt in Strykers altem Gedichte vor. Man findet dieses Verbum ehedem auch für adoptiren gebraucht. Die Auserwählung, welche einige Theologen für Gnadenwahl einführen wollen, hat wenig Liebhaber gefunden. S. die Anm. zu Auserkiesen.


Ausessen (W3) [Adelung]


Ausessen, verb. irreg. act. S. Essen, durch Essen ausleeren, im gemeinen Leben. Sie haben alles ausgegessen, nichts übrig gelassen. Ausessen, was ein anderer eingebrocket hat, für eines andern Vergehen büßen, ist niedrig.


Ausfachen (W3) [Adelung]


Ausfachen, verb. reg. act. inwendig mit Fächern versehen. Einen Schrank ausfachen. Daher die Ausfachung.


Ausfächsern (W3) [Adelung]


Ausfächsern, verb. reg. act. mit Fächsern belegen, im Weinbaue. Einen Weinberg ausfächsern.Ausfädeln, verb. reg. act. die Fäden eines Gewerbes heraus ziehen oder zupfen, um es aufzulösen. Ein Stück Taffet, Leinwand ausfädeln. Sich ausfädeln, die Fäden fahren lassen, sagt man von Zeugen. Es ist das Diminutivum von ausfädemen, welches in Oberdeutschland in eben dieser Bedeutung üblich ist. Von Fase sagt man dafür auch wohl ausfasen, ausfäseln, ausfäsern und von Zase, auszäsern. S. auch Aufdrehen und Drieseln.


Ausfahren (W3) [Adelung]


Ausfahren, verb. irreg. ( S. Fahren,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Durch vieles Fahren vertiefen. Einen Acker, einen Weg ausfahren. Ein ausgefahrner Weg. Die Furchen mit dem Pfluge wohl ausfahren, in dem Ackerbaue. Zuweilen auch überhaupt mit einer Vertiefung in die Länge versehen. Die Fensterrähmen mit Nuthen ausfahren, bey den Tischlern. 2) Vermittelst eines Fuhrwerkes auswärts schaffen. Getreide ausfahren, aus dem Lande fahren, wofür man doch lieber ausführen gebraucht.II. Ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte seyn abgewandelt wird, aus einem Orte fahren, hinaus fahren, heraus fahren; doch nach Verschiedenheit der Bedeutungen des Wortes fahren, mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) Vermittelst eines Fuhrwerkes. Der Herr ist ausgefahren, außer dem Hause gefahren. Wir sind vor acht Tagen von Hamburg ausgefahren. 2) Figürlich. (a) Bey den Bergleuten bedeutet ausfahren so viel als aus der Grube steigen. S. Fahren. (b) Von andern Arten einer schnellen Bewegung aus einem Orte. Der Satan ist von dem Besessenen ausgefahren. Die Seele ist ihm ausgefahren, sagt man in verächtlicher Bedeutung von einem Verstorbenen. Die Hand, der Fuß fuhr mir aus, glitte aus. Mit dem Fuße ausfahren, ausgleiten. (c) Nach einer noch weitern Figur, für ausbrechen, besonders von Ausschlägen auf der Haut. Die Blattern sind in seinem Gesichte ausgefahren, zum Vorscheine gekommen. Im Gesichte ausgefahren seyn, Finnen, Ausschläge u. s. f. haben. Das Kind fährt am ganzen Leibe aus. Bist du denn etwa ausgefahren? Gell. im Gesichte. Und war der Branntewein im Antlitz ausgefahren, Günth.


Ausfahrt (W3) [Adelung]


Die Ausfahrt, plur. die -en. 1) Das Ausfahren aus einem Orte; ohne Plural. Besonders kommt dieses Wort bey den Bergleuten für das Aussteigen aus der Grube vor. 2) Der Ort, durch welchen man auszufahren pfleget, ein Thorweg; mit dem Plural.


Ausfall (W3) [Adelung]


Der Ausfall, des -es, plur. die -fälle. 1) Das Ausfallen. (a) In eigentlich Bedeutung. Der Ausfall des Getreides aus den Ähren. Bey den Ärzten wird das Austreten gewisser Theile des menschlichen Körpers aus ihnen ordentlichen Lage gleichfalls ein Ausfall genannt; z. B. der Ausfall der Bärmutter, des Afters, eines Auges u. s. f. (b) Figürlich, das Ausstoßen gegen den Feind in der Fechtkunst, welches mit einer Bewegung des Körpers nach vornen zu verbunden ist. Ingleichen ein feindlicher Angriff aus einem Orte, besonders von Belagerten. Einen Ausfall thun. Einen Ausfall auf den Feind thun. Einen Ausfall aus dem Lager, aus dem Walde thun. Den Ausfall aushalten, zurück treiben.2) Was ausfällt, nur in einigen Fällen. * Der Ausfall von Erdäpfeln war schlecht, was man von Erdäpfeln einerntete. Einen Ausfall abschneiden, diejenigen Truppen, welche den Ausfall thun. * In einigen Gegenden auch die abgehende, fehlende Summe. Ein Ausfall an der Einnahme von hundert Thalern, für Abgang. Ein großer Ausfall bey dem Dreschen, wenn weniger Getreide ausgedroschen wird, als man erwartete.3) Der Ort, aus welchem ein Ausfall geschiehet. Besonders wird in Städten die heimliche Thür so genannt, aus welcher bey Belagerungen die Ausfälle auf den Feind zu geschehen pflegen.

Anm. Ausfall für Entwickelung, besonders in einem Schauspiele, ist nur im Oberdeutschen üblich. In ähnlicher Bedeutung sagte Schlegel: Ihr großer Ausfall ist Tod oder Leben, wo dieses Wort für Ausschlag zu stehen scheinet.


Ausfallen (W3) [Adelung]


Ausfallen, verb. irreg. ( S. Fallen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum, durch einen Fall aus seiner Lage bringen. Sich die Achsel ausfallen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, aus etwas heraus fallen.1. In eigentlicher Bedeutung. Der Same fällt aus, aus den Hülfen. Die Zähne fallen ihm aus. Das Haar ist ihm ausgefallen. Die Rose ist ausgefallen, und die Dornen sind geblieben, Weiße.2. Figürlich. 1) Einen Ausfall, d. i. feindlichen Angriff, aus einem Orte thun. Ausfallen, d. i. ausstoßen, im Fechten, aus seiner Lage auf den Feind fallen oder stoßen. Ingleichen aus einer Stadt, einem Lager, Walde u. s. f. den Feind angreifen; in welcher Bedeutung aber einen Ausfall thun gewöhnlicher ist, als ausfallen. 2) Aus der Art schlagen, im gemeinen Leben, besonders bey den Gärtnern. Die Nelke ist ausgefallen, ist ausgeartet, schlechter geworden. 3) * Ausgehen, sich verlieren, nur in einigen Gegenden. Diese Art Blumen ist ausgefallen, hat sich verloren. Ingleichen für unterbleiben, wegfallen. Der ganze Abschnitt hätte hier füglich ausfallen können. 4) Zum Vorschein kommen, doch wohl nur in der R. A. das Loos ist für mich, für dich ausgefallen. 5) Gerathen, sich endigen, in Ansehung der Art und Weise der Endigung. Die Sache ist gut, übel ausgefallen. Ich hoffe, es soll noch alles zum Besten ausfallen. Der Feldzug ist sehr schlecht ausgefallen. Besonders in oder nach einer Bearbeitung beschaffen seyn. Dieser Stahl fällt in der Arbeit nicht so gut aus, als der Steyermärkische, d. i. läßt sich nicht so gut bearbeiten, oder bekommt in der Bearbeitung kein so gutes Ansehen.


Ausfangen (W3) [Adelung]


Ausfangen, verb. irreg. act. S. Fangen, durch Fangen leer machen, im gemeinen Leben. Einen Teich ausfangen, alle Fische in demselben fangen.


Ausfasen (W3) [Adelung]


Ausfasen, verb. reg. 1. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, die Fäden gehen lassen, von gewirkten Zeugen. Der Taffet faset aus.2. Ein Activum, die Fäden einzeln ausziehen oder auszupfen, in welcher Bedeutung auch die Diminutiva und Frequentativa ausfaseln und ausfasern üblich sind. S. Ausfädeln.


Ausfaulen (W3) [Adelung]


Ausfaulen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, 1) Im Innern von der Fäulniß verzehret werden. Der Baum ist ausgefaulet. 2) Verfaulen und ausfallen.


Ausfausten (W3) [Adelung]


* Ausfausten, verb. reg. act. welches so wohl bey den Bäckern für ausstoßen üblich ist, S. dieses; als auch bey den Hutmachern, den aufgeformten Hut mit der Faust ausdehnen, und ihm dadurch seine Gestalt geben.


Ausfechten (W3) [Adelung]


Ausfechten, verb. irreg. act. S. Fechten. 1) Durch ein Gefecht ausmachen, doch mehr in der figürlichen Bedeutung, durch Gründe und Gegengründe ausmachen. Etwas mit einem ausfechten, vor Gerichte. Sie mögen es mir einander ausfechten. 2) Aufhören zu fechten, als ein Neutrum.


Ausfegen (W3) [Adelung]


Ausfegen, verb. reg. act. durch Fegen hinaus schaffen. Den Koth ausfegen. Ingleichen metonymisch, durch Fegen reinigen. Ein Zimmer ausfegen. Der biblische figürliche Gebrauch für vertilgen, ist veraltet.


Ausfehmen (W3) [Adelung]


* Ausfehmen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft und dem Forstwesen einiger Gegenden, aus der Fehm, d. i. aus der Mast nehmen. Die Schweine ausfehmen, die zur Mast in die Wälder genommenen Schweine wieder daraus entlassen. S. Fehm. Daher die Ausfehmung.


Ausfeilen (W3) [Adelung]


Ausfeilen, verb. reg. act. von feilen, limare. 1) Durch Feilen aushöhlen. Ein Stück Metall ausfeilen. 2) Durch Feilen heraus bringen, heraus feilen. Ein Loch, einen Kostflecken ausfeilen. 3) Vermittelst der Feile zur Vollkommenheit bringen, mit der Feilen die letzte Gestalt geben. Einen Schlüssel ausfeilen. Ingleichen figürlich, für ausbessern. Eine Schrift, ein Gedicht ausfeilen. Daher die Ausfeilung.

Anm. Von dem Adverbio feil, hat man in Oberdeutschland das Verbum ausfeilen, für feil biethen, ausbiethen, welches aber im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist.


Ausfenstern (W3) [Adelung]


+ Ausfenstern, verb. reg. act. einen derben Verweis geben, S. Fenstern.


Ausfertigen (W3) [Adelung]


Ausfertigen, verb. reg. act. fertig machen und fortschicken, und zwar, 1) zur Bekanntmachung fertig machen; aber nur von schriftlichen Aufsätzen. Einen Befehl, eine Ladung ausfertigen. Ein Buch, eine Schrift ausfertigen, sie drucken lassen. 2) * Einen Sohn, oder eine Tochter ausfertigen, sie außer dem Heirathsgute noch mir den nöthigen Nebengütern versehen. S. Ausstatten und Aussteuer.Daher die Ausfertigung. 1) Die Handlung des Ausfertigens. 2) Dasjenige, was ausgefertiget wird, in der ersten Bedeutung, ein schriftlicher Befehl. 3) Dasjenige, womit ein Kind in der zweyten Bedeutung ausgefertiget wird, das Nebengut, z. B. Kleider, Schmuck, Hochzeitkosten u. s. f.


Ausfeuern (W3) [Adelung]


Ausfeuern, verb. reg. act. 1) Ein Zimmer ausfeuern, es durch Heitzung gehörig erwärmen. 2) Ein Faß ausfeuern, bey den Böttchern, unter das aufgeschlagene Faß Feuer machen, damit sich die Dauben zusammen ziehen. 3) Aufhören zu feuern, d. i. mit Feuergewehren zu schießen; als ein Neutrum. Das Regiment hat ausgefeuert.


Ausfeyern (W3) [Adelung]


* Ausfeyern, verb. reg. act. bis zu Ende einer bestimmten Zeit feyern, oder nicht arbeiten. Die Woche ausfeyern müssen, im Bergbaue, wo es eine Art der Strafe ist.


Ausfiedern (W3) [Adelung]


* Ausfiedern, verb. reg. act. in dem Bergbaue, mit Federn, d. i. eisernen Keilen, ausfüllen. So werden z. B. die in die Wände gehauenen Ritzen ausgefiedert, wenn man eiserne Keile hinein treibt, um sie dadurch zu gewinnen und zu zersetzen.


Ausfilzen (W3) [Adelung]


Ausfilzen, verb. reg. act. 1) Mit Filz besetzen, mit Rehhaaren ausstopfen, bey den Sattlern und Täschnern. 2) + Im gemeinen Leben, einen scharfen Verweis geben. Der Tod wird ausgefilzt, Can. Daher man einen solchen derben Verweis selbst auch wohl einen Ausfilzer zu nennen pflegt. S. 1. Filz.


Ausfinden (W3) [Adelung]


Ausfinden, verb. irreg. act. ( S. Finden,) in der figürlichen Bedeutung des einfachen Verbi finden, durch Nachdenken heraus bringen, erfinnen, zuweilen auch für erfinden. Eine Ursache ausfinden. Und die Zahl des Maßes des Allerhöchsten auszufinden, Hiob. 11, 7; nach des Herrn Hofr. Michaelis Übersetzung. Wenn er Nun, wie er glaubt, den Einfall ausgefunden, Haged. Ein ausgefundnes Ziel weist zu dem andern weiter, Dusch. Daher die Ausfindung.

Anm. Es scheinet immer, als wenn dieses Oberdeutsche Wort der Hochdeutschen Mundart nicht recht angemessen wäre. In der gebundenen Rede hat es sich, um der Bequemlichkeit des Sylbenmaßes willen, in einigen Fällen doch nothwendig gemacht.


Ausfindig (W3) [Adelung]


Ausfindig, S. Ausfündig.


Ausfischen (W3) [Adelung]


Ausfischen, verb. reg. act. 1) + Heraus fischen, doch nur in der niedrigen figürlichen R. A. etwas ausfischen, es ausfündig machen, ausfragen. 2) Durch Fischen leer machen. Einen Teich ausfischen. 3) Aufhören zu fischen; als ein Neutrum. So auch die Ausfischung.


Ausflammen (W3) [Adelung]


Ausflammen, verb. reg. act. vermittelst eines Flammenfeuers austrocknen oder reinigen, ein Kunstwort der Feuerwerker. Ein Stück ausflammen, es locker mit Pulver laden, und anzünden, um es auszutrocknen. Daher die Ausflammung.


Ausflattern (W3) [Adelung]


Ausflattern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, hinaus flattern, im vertraulichen Scherze von flüchtigen und leichtsinnigen Personen, für ausgehen. Er ist schon wieder ausgeflattert.


Ausflechten (W3) [Adelung]


Ausflechten, verb. irreg. act. S. Flechten. 1) Aus einander flechten, ein Geflechte auflösen. Eingeflochtene Haare wieder ausflechten. 2) Heraus flechten, doch nur in der im gemeinen Leben üblichen figürlichen R. A. sich aus einer Sache ausflechten, sich mit Lift von einer Sache los machen, oder von einem Verdachte befreyen. Daher die Ausflechtung.


Ausfleischen (W3) [Adelung]


Ausfleischen, verb. reg. act. vom Fleische leer machen, in welchem Verstande die Weißgärber die Felle mit dem Fleischeisen ausfleischen. Aber niedrig und ungewöhnlich ist es, wenn Logau das Particip. Passiv. in figürlicher Bedeutung für mager gebraucht: Um einen Sack voll Geld nahm Glaukus, wie ich meyne,Sein ausgefleischtes Weib, den alten Sack voll Beine.


Ausflicken (W3) [Adelung]


Ausflicken, verb. reg. act. im gemeinen Leben, durch Flicken ausbessern. Kleidungsstücke, zerbrochene Fenster, ein baufälliges Haus ausflicken. Daher die Ausflickung.


Ausfliegen (W3) [Adelung]


Ausfliegen, verb. irreg. neutr. ( S. Fliegen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, hinaus fliegen, aus einem Orte fliegen. 1) Eigentlich, besonders von dem Fliegen der jungen Vögel aus dem Neste. Die Vögel sind schon ausgeflogen, aus dem Neste. 2) Figürlich, doch nur im gemeinen Leben. Der junge Mensch ist erst ausgeflogen, verläßt jetzt seines Vaters Haus zum ersten Mahle. Ingleichen überhaupt für ausgehen. Er ist schon ausgeflogen, aus dem Hause gegangen. S. auch 2. Ausflucht.


Ausfließen (W3) [Adelung]


Ausfließen, verb. irreg. neutr. ( S. Fließen,) mit dem Hülfsworte seyn, heraus fließen, aus einem Orte fließen. Der Wein ist ausgeflossen, aus dem Falle. Figürlich: O willkommne Thränen - fließt! Möchte doch mein Leben in euch ausfließen! Weiße.


Ausflucht (W3) [Adelung]


1. Die Ausflucht, plur. die -flüchte, von Flucht, so fern es von fliehen kommt, die Flucht aus einem Orte, und der Weg, dessen man sich dazu bedienet; doch nur in der figürlichen Bedeutung, eine ungegründete Ursache vermittelst deren man sich einer Verbindlichkeit zu entziehen sucht, ungegründete Entschuldigung. Kahle (grundlose) Ausflüchte. Ausflüchte suchen. Ein Verbrecher sucht vor Gericht Ausflüchte, wenn er sich von der Pflicht, die Wahrheit zu gestehen, los zu machen sucht. Er weiß alle Mahl eine Ausflucht zu finden. Er hat immer eine Ausflucht, einen Vorwand. Einem alle Ausflucht benehmen. S. auch Ausrede.


Ausflucht (W3) [Adelung]


2. Die Ausflucht, plur. car. von fliegen, der Flug aus einem Orte; besonders von den Bienen, da denn auch so wohl das Flugloch, als die Gegend, wohin sie fliegen, die Ausflucht genannt werden. Ingleichen, die erste Ausflucht eines jungen Menschen, seine erste Reise in die Fremde. Ein junger Mensch, der jetzt seine erste Ausflucht thun, Weiße.

Anm. Das Substantiv von fliegen lautet im Hochdeutschen Flug, im Niedersächsischen aber Flugt. Es sollte also hier billig der Ausflug heißen; obgleich jenes üblicher ist. Die Hochdeutschen haben diese Ausflucht von den Niedersachsen geerbet, bey welchen Utflugt in der jetzt angeführten Bedeutung am gewöhnlichsten ist.


Ausflug (W3) [Adelung]


Der Ausflug, des -es, plur. die -flüge. 1) Die Handlung des Ausfliegens, ohne Plural. Der Ausflug der Vögel, der Tauben u. s. f. S. auch das vorige. 2) Der Ort, nach welchem der Ausflug gerichtet ist. So wird bey den Jägern an einigen Orten in figürlicher Bedeutung dasjenige ein Ausflug genannt, was gemeiniglich ein Auslauf heißt; S. dieses Wort.


Ausfluß (W3) [Adelung]


Der Ausfluß, des -sses, plur. die -flüsse. 1) Der Zustand des Ausfließens, ohne Plural. Der Ausfluß eines Stromes. 2) Der Ort, wodurch ein flüssiger Körper ausfließet. Das Wasser hat keinen Ausfluß. Die Ausflüsse eines Stromes, dessen Mündungen. 3) Dasjenige was ausfließet; besonders feine Theile, welche sich in flüchtiger Gestalt von den Körpern trennen. Dünste sind wässerige Ausflüsse. Auch in der höhern Schreibart. Balsamische Ausflüsse der Rosen, ihr angenehmer Geruch.


Ausfluth (W3) [Adelung]


* Die Ausfluth, plur. die -en, nur im Bergbaue, eine Rinne, welche das Aufschlagewasser abführet.


Ausfolgen (W3) [Adelung]


* Ausfolgen, verb. reg. neutr. welches nur in einigen Gegenden im Infinitiv mit lassen üblich ist, wofür man im Hochdeutschen lieber abfolgen gebraucht. Einen Gefangenen ausfolgen lassen. Um Ausfolgung seines Vermögens anhalten.


Ausfordern (W3) [Adelung]


Ausfordern, verb. reg. act. heraus fordern. Trumpf ausfordern, im Kartenspiele. Ingleichen zum Zweykampfe fordern. Einen ausfordern; in welcher Bedeutung aber heraus fordern üblicher ist. Die Substantiva die Ausforderung, der Ausforderungsbrief, und der Ausforderer, kommen gleichfalls vor. S. Fordern.


Ausfördern (W3) [Adelung]


Ausfördern, verb. reg. act. im Bergbaue, heraus schaffen. Erz, Berge ausfördern, aus der Grube schaffen. Daher die Ausförderung. S. Fördern.


Ausforschen (W3) [Adelung]


Ausforschen, verb. reg. act. durch Forschen oder mehrmahliges Fragen erfahren. Einen Fremden ausforschen, den Ort seines Aufenthaltes erfragen. Alle Mahl, wenn ich ein Geheimniß ausforschen will, ist mir, als wenn ich auf bösen Wegen ginge, Hermes. Etwas von einem ausforschen, von ihm zu erfahren suchen. Ingleichen metonymisch, einen ausforschen, seyn Geheimniß zu erfahren suchen. So auch die Ausforschung.


Ausfragen (W3) [Adelung]


Ausfragen, verb. reg. act. durch Fragen erfahren, oder zu erfahren suchen. Einen Fremden ausfragen, dessen Aufenthalt erfragen. Er ist nicht auszufragen, man kann den Ort seines Aufenthaltes nicht erfragen. Ingleichen, einen ausfragen, seyn Geheimniß durch Fragen von ihm zu erfahren suchen.


Ausfressen (W3) [Adelung]


Ausfressen, verb. irreg. act. S. Fressen. 1) Heraus fressen. Der Hund hat die Brühe ausgefressen. Wie auch metonymisch, durch Fressen ausleeren. Der Hund hat die Schüssel ausgefressen. Ingleichen absolute, die Pferde haben ausgefressen, haben das Futter, welches ihnen in die Krippe geschüttet wurde, aufgefressen. Figürlich: der Krieg frisset das Land aus, macht es arm. 2) Hohl fressen. Die Mäuse fressen den Käse, die Würmer die Nüsse aus. Von dem Salze ausgefressen werden. 3) Durch vieles Fressen unkenntlich machen, wegschaffen. So sagt man in der Landwirthschaft, das Pferd hat die Bohnen, oder die Kennungen ausgefressen, wenn durch langen Gebrauch der Zähne die schwarzen Puncte in denselben unkenntlich werden. Ingleichen, das Pferd frißt sich aus, hat sich ausgefressen, wenn es diese Puncte verloren hat. 4) Sich ausfressen, sich fett fressen, von Thieren.


Ausfrieren (W3) [Adelung]


Ausfrieren, verb. irreg. neutr. ( S. Frieren,) welches das Hülfswort seyn erfordert, von dem Froste völlig durchdrungen werden. Der Teich ist ganz ausgefroren, bis auf den Grund zugefroren. Die Wäsche ausfrieren lassen, damit sie desto weißer werde.


Ausfrischen (W3) [Adelung]


* Ausfrischen, verb. reg. act. inwendig frisch machen, doch nur bey den Jägern, wo die Hunde ausfrischen, so viel bedeutet, als ihnen eine Purganz eingeben. Daher die Ausfrischung.


Ausführbar (W3) [Adelung]


Ausführbar, -er, -ste, adj. et adv. fähig ausgeführet, in das Werk gerichtet, zu werden. Dieser Vorschlag ist nicht ausführbar. Daher die Ausführbarkeit.


Ausfuhre (W3) [Adelung]


Die Ausfuhre, plur. inusit. das Ausführen einer Sache auf einem Orte, in der eigentlichen Bedeutung des Verbi. Die Ausfuhre des Getreides, der Wolle u. s. f. nehmlich aus dem Lande.


Ausführen (W3) [Adelung]


Ausführen, verb. reg. act. 1) Aus einem Orte führen. (a) Vermittelst eines Fuhrwerkes. Getreide ausführen, aus dem Lande. Wolle, Waaren ausführen u. s. f. Ingleichen metonymisch, vermittelst eines Fuhrwerkes ausleeren. Einen Graben, einen Teich ausführen, den Koth oder Schlamm in demselben ausführen. (b) Durch Zeigung des Weges, oder andere, besonders physische Hülfsmittel. Die Soldaten ausführen, aus der Stadt, oder dem Lager. Einen Übelthäter ausführen, aus der Stadt zum Richtplatze. Einen Leithund ausführen, bey den Jägern, ihn an dem Hängeseile in die freye Luft führen, damit er sich erluftige. Geschiehet solches zur Arbeit, so wird es ausziehen genannt. Ausführende Arzeneymittel, bey den Ärzten, evacuantia, welche die Unreinigkeiten aus dem Leibe führen.2) Völlig zu Ende führen, doch nur in folgenden figürlichen Bedeutungen. (a) Durch Anführung der nöthigen Beweise zu Ende bringen. Eine Sache in Schriften ausführen, vollständig beweisen. Seine Sache vor Gericht ausführen. Seine Forderung wider jemanden ausführen. (b) Überhaupt zu Ende bringen, wobey doch wohl vornehmlich auf das Daseyn der nöthigen Mittel gesehen wird. Einen Bau ausführen. Er fängt vieles an, kann aber nicht ausführen. Einen Anschlag ausführen, bewerkstelligen. Seine Sache mit dem Schwerte ausführen. Mit ihrer offenen und sanften Miene haben sie schon manchen Streich ausgeführet.

Anm. Das Niedersächsische utfören hat in dieser letzten Bedeutung einen gehässigen Nebenbegriff, indem es alle Mahl den Gebrauch unerlaubter Mittel mit einschließet. Dieß hat vielleicht Luthern bewogen, daß er in der Übersetzung der Bibel für ausführen gemeiniglich hinaus führen gebrauchet, welches sonst im Hochdeutschen nicht gewöhnlich ist. Das Substantiv die Ausführung, kann von der Handlung des Ausführens in allen obigen Bedeutungen gebraucht werden, die Ausführung eines Entwurfes; nur daß man, wenn von der Fortschaffung vermittelst eines Fuhrwerkes aus dem Lande die Rede ist, lieber die Ausfuhre gebraucht. Übrigens bedeutet Ausführung im rechtlichen Verstande auch so viel als einen vollständigen Beweis selbst.


Ausführlich (W3) [Adelung]


Ausführlich, -er, -ste, adj. et adv. mit allen nothwendigen einzelnen Theilen versehen, in figürlicher Bedeutung. Ein ausführlicher Beweis, der alle Umstände, welche zu dem Beweise gehören, in sich fasset. Eine ausführliche Erzählung, wo kein nöthiger Umstand ausgelassen ist. Ein ausführlicher Begriff, in der Weltweisheit, wo die angegebenen Merkmahle zureichen, die Sache jederzeit von allen andern zu unterscheiden. Etwas ausführlich beweisen, beschreiben, erzählen u. s. f.


Ausführlichkeit (W3) [Adelung]


Die Ausführlichkeit, plur. inus. die Eigenschaft, nach welcher eine Sache ausführlich ist. Die Ausführlichkeit einer Rede, einer Erzählung, eines Beweises u. s. f.


Ausfüllen (W3) [Adelung]


Ausfüllen, verb. reg. act. 1) Durch Schöpfen leer machen. Ein Gefäß ausfüllen. Etwas davon ausfüllen. In einigen Gegenden sagt man auch eine Flasche ausfüllen, für ausleeren. 2) Das Innere eines Dinges mit etwas voll machen. Einen Graben ausfüllen, mit Erde, Schutt u. s. f. voll machen. Bey den Rahmnähterinnen werden die Blumen mit Stichen ausgefüllet. Eine Lücke, einen leeren Raum ausfüllen. Der Ehrgeitz füllet seine Seele so aus, daß kein Platz für die Furcht mehr übrig ist. Ein leerer Raum in ihrer Zeit, den sie mit keinen andern Beschäftigungen auszufüllen wissen, Kästn. Daher die Ausfüllung.


Ausfündig (W3) [Adelung]


Ausfündig, adv. welches nur mit dem Verbo machen gebraucht wird, und alsdann im Hochdeutschen gebräuchlicher ist, als das Verbum ausfinden. Etwas ausfündig machen, es nach angestelltem Suchen finden, entdecken. Man hat den Fremden nicht ausfündig machen können. Wir haben ein Mittel ausfündig gemacht.

Anm. Es ist nicht unmittelbar von dem Verbo ausfinden, sondern zunächst von dem veralteten Substantivo Ausfund, welches noch bey dem Tschudi Th. 2, S. 361, vorkommt, daher es billig mit einem ü geschrieben wird. Die meisten Sprachlehrer rechnen es zu denjenigen unabänderlichen Adjectiven, welche in der ersten und vierten Endung üblich sind; das heißt mit wenig Worten, es ist ein Adverbium, zumahl da es wohl mit einem Verbo, nie aber mit Substantiven verbunden wird.


Ausfüttern (W3) [Adelung]


1. Ausfüttern, verb. reg. act. von Futter, innere Bekleidung, inwendig mit dem nöthigen Futter versehen. Ein Kleid ausfüttern, wo man doch lieber das einfache füttern gebraucht. Ein Loch mit Messing, mit Eisen ausfüttern. Daher die Ausfütterung.


Ausfüttern (W3) [Adelung]


2. Ausfüttern, von Futter, pabulum, verb. reg. act. 1) Mit dem gehörigen Futter versehen. Ein Regiment Cavallerie ausfüttern. Ingleichen durch fleißiges Füttern groß und stark machen. Ein Pferd, ein Stück Rindvieh ausfüttern. 2) Bis zu Ende einer gewissen Zeit füttern. Das Rindvieh ausfüttern, es den Winter hindurch füttern. Das Gut hat so vielen Heugewinn, daß acht Pferde ausgefüttert werden können. 3) Durch Füttern leer machen. Die Knechte haben den ganzen Kasten voll Hafer ausgefüttert. So auch die Ausfütterung.


Ausgabe (W3) [Adelung]


Die Ausgabe, plur. die -n. 1) Die Handlung des Ausgebens, in der eigentlichen und weitern Bedeutung dieses Wortes. Die Ausgabe der Briefe auf der Post. Die Ausgabe eines Buches, die Bekanntmachung desselben durch den Druck. 2) Dasjenige, was man ausgibt, besonders dasjenige Geld, welches man zu seinen Bedürfnissen auszugeben verbunden ist. Viele Ausgaben haben. Seine Ausgaben einziehen. In welcher Bedeutung der Plural am gebräuchlichsten ist. Ingleichen die Rechnung, die darüber geführet wird. Die Ausgabe mit der Einnahme vergleichen. Wie auch, so viel von einer Sache auf ein Mahl heraus gegeben wird. So nennet man von machen Büchern, welche nicht auf ein Mahl, auch nicht theilweise bekannt gemacht werden, diejenigen Bogen, welche man jedes Mahl zusammen ausgibt, die erste, die zweyte Ausgabe u. s. f.


Ausgähren (W3) [Adelung]


Ausgähren, verb. irreg. neutr. ( S. Gähren,) welches das Hülfswort haben erfordert, so viel als nöthig ist, gähren, die gehörige Zeit gähren. Das Bier hat nicht ausgegohren. Ein gutes ausgegohrnes Bier. Ingleichen, aufhören zu gähren, nicht mehr gähren. Das Bier hat noch nicht ausgegohren. Bey den Bergleute lautet dieses Wort ausgüren, w. s.


Ausgang (W3) [Adelung]


Der Ausgang, des -es, plur. die -gänge. 1. Das Ausgehen, als das Abstractum dieses Wortes, und größten Theils ohne Plural. a) In eigentlicher Bedeutung, das Ausgehen aus einem Orte. Der Ausgang der Israeliten aus Ägypten. Der Herr behüte deinen Ausgang und deinen Eingang. Der Ausgang Christi vom Vater, dessen Menschwerdung, und der Ausgang des heil. Geistes von dem Vater und Sohne, in der Theologie. Die Ausgänge des Jungmeisters, bey den Handwerken, wenn derselbe auf Befehl des Obermeisters ausgehen muß. Das Wildbret hat seinen Ausgang auf die Felder, sagt man bey den Jägern, wenn es die Felder um seiner Nahrung willen besucht.b) Figürlich das Ende. 1) Das Ende einer Handlung, eines Geschäftes, besonders in Rücksicht auf dessen gute oder böse Beschaffenheit. Eine Sache zu einem gewünschten Ausgange bringen. Einen traurigen Ausgang gewinnen. Der Ausgang wirds lehren. Die Geschichte soll, denk' ich, bald einen Ausgang gewinnen, Weiße. So auch der Ausgang eines Schauspieles, diejenige Begebenheit, wodurch die Handlung ihr völliges Ende erreicht, welche durch die Auflösung oder Entwickelung vorbereitet wird. 2) Das Ende einer Zeit. Mit Ausgang des Jahres, des Monathes. Zu Ausgang des Winters oder des Sommers. 3) Das Ende dem Orte oder Raume nach, doch nur in einigen wenigen Fällen. So nennt man in den Buchdruckereyen das Ende eines Absatzes den Ausgang, und im Plural die Ausgänge.2. Der Ort, durch welchen man aus einem Orte gehet. Das Haus hat einen verborgenen Ausgang. Die Gasse hat keinen Ausgang. Dem Wasser einen Ausgang verschaffen, einen Ort, wo es abfließen kann. Der Hirsch hat die schönsten Ausgänge, heißt es bey den Jägern, wenn er sich solche Stände erwählet, wo er nicht weit nach dem Wasser, in die Wiesen und Felder hat.


Ausgärben (W3) [Adelung]


+ Ausgärben, verb. reg. act. für ausprügeln. Jemanden derb ausgärben.


Ausgäten (W3) [Adelung]


Ausgäten, verb. reg. act. heraus gäten. Das Unkraut ausgäten, Niedersächs. weiden. Daher die Ausgätung. In den meisten Ausgaben der Deutschen Bibel wird es Matth. 13, 28; 29, 40, irrig ausgeten und ausgetten geschrieben. S. Gäten.


Ausgattern (W3) [Adelung]


+ Ausgattern, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist, für ausforschen, ausfündig machen. Wenn er gleichwohl seyn Hannchen ausgattern könnte, Weiße. S. Ausgattern und Gattern.


Ausgeben (W3) [Adelung]


Ausgeben, verb. irreg. ( S. Geben,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum.1. Hinaus geben, aus einem Orte geben, von sich weggeben. 1) Eigentlich. Die Briefe ausgeben, auf der Post. Almosen ausgeben, austheilen. Eine Tochter ausgeben, sie verheirathen, ausstatten, 1. Mos. 29, 26. Ein Buch ausgeben, durch den Druck bekannt machen. Ausgeben, in dem Kartenspiele bedeutet an einigen Orten so viel als ausspielen. In den Haushaltungen bedeutet ausgeben, von dem vorhandenen Vorrathe dem Gesinde so viel geben, als jedes Mahl nöthig ist. Die Parole ausgeben, bekannt machen. Die Ausgebung der Parole. Am häufigsten wird dieses Wort von dem Gelde gebraucht. Geld für etwas ausgeben. Eine Münzsorte für voll ausgeben. Er gibt viel aus, viel Geld, er lässet viel aufgehen. Daher Ausgebegeld, welches man zu den täglichen Ausgaben gebraucht, Münze. 2) Figürlich, die Beschaffenheit einer Sache bestimmen, mit für; wobey doch die Wahrheit der Bestimmung noch als zweifelhaft angesehen, wenigstens unentschieden gelassen wird. Ein Gut für das seinige ausgeben. Seinen eigenen Willen für Gottes Willen ausgeben. Sich für einen Arzt, für einen Edelmann ausgeben u. s. f. Einen für todt ausgeben. Wenn meine Frau dasjenige wäre, wofür sie dieselbe ausgeben, so wäre ich ja ein Narr, Gell.2. + Sich ganz ausgeben, im gemeinen Leben, sich durch vieles Ausgeben vom Gelde entblößen, alles bare Geld ausgeben.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Von sich geben, ergiebig seyn, nur im gemeinen Leben einiger Gegenden. Dieses Getreide gibt viel, gibt wenig aus, gibt vieles Mehl. Das Mehl gibt wohl aus, gibt vieles Brot. 2) Bey den Jägern wird ausgeben von dem Bellen der Leithunde gebraucht. Der Hund gibt aus, bellet. Ingleichen von dem Hifthorne. Das Horn gibt gut aus, hat einen lauten Ton.


Ausgeber (W3) [Adelung]


Der Ausgeber, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Ausgeberinn, plur. die -en, eine Person die etwas ausgibt, oder heraus gibt, in der eigentlichen Bedeutung des Verbi. Der Ausgeber eines Wechsels, der denselben von sich gibt, und dagegen Geld in Empfang nimmt. Die Ausgeberinn, in den Haushaltungen, eine Person, welche dem Gesinde die nöthigen Lebensmittel und andere Bedürfnisse heraus gibt, und zugleich die Aufsicht über die Haushaltung führet; an einigen Orten eine Hausjungfer, die Beschließerinn, in Liefland die Ausspeiserinn, in einigen Niedersächsischen Gegenden die Altfrau, und auf den Sächsischen Landgütern auch wohl die Käsemutter. In einigen Klöstern wird auch der Ökonomus der Ausgeber genannt.


Ausgeboth (W3) [Adelung]


* Das Ausgeboth, des -es, plur. die -e, das erste Geboth. S. Ausbiethen.


Ausgeburt (W3) [Adelung]


Die Ausgeburt, plur. die -en, so viel als die Geburt, doch nur in der figürlichen Bedeutung für ein Werk des Geistes. Die unreifen Ausgeburten einer erhitzten Einbildungskraft.


Ausgecken (W3) [Adelung]


+ Ausgecken, verb. reg. act. für aushöhnen. S. Gecken.


Ausgehen (W3) [Adelung]


Ausgehen, verb. irreg. S. Gehen, welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, und zwar wiederum,1. Mit dem Hülfsworte seyn, aus einem Orte gehen. 1) Eigentlich, da es gemeiniglich absolute und mit Verschweigung des Termini a quo gebraucht wird. Ausgehen, aus dem Hause, oder unter die Leute gehen. Der Herr ist ausgegangen. Ich gehe heute nicht aus. Viel an einem Orte aus- und eingehen. Ausgehende Waaren, welche ausgeführet werden. Der Degen gehet schwer aus, aus der Scheide. Wenn die Absicht, warum man ausgehet, durch ein Substantiv ausgedrucket wird, so bekommt dieses die Präposition auf. Auf Beute, auf Abenteuer ausgehen. Auf einen Luchs, auf einen Wolf ausgehen, bey den Jägern, dessen Aufenthalt ausfündig zu machen suchen. Daher denn die figürlichen R. A. Er gehet auf nichts Gutes aus, er hat böse Anschläge. Man ging ausdrücklich darauf aus, ihn lächerlich zu machen. Von einem Orte ausgehen, ist biblisch; daher aus die figürlichen R. A. von einer Gemeine, von einer Religion ausgehen, dieselbe verlassen, höchstens nur in biblischen Ausdrücken gebraucht werden können. Indessen gebraucht man doch diese Wortfügung zuweilen, wenn der Ort, wo man ausgegangen ist, genau bezeichnet werden soll; z. B. Der Bothe ist heute früh von Leipzig ausgegangen.2) Figürlich. a) Von dem heiligen Geiste, in der Theologie. Der heilige Geist gehet aus von dem Vater und Sohne, wird von denselben gesandt. Das Ausgehen des heiligen Geistes. b) Leer ausgehen, nichts erhalten. Frey ausgehen, ungestraft bleiben. Ich werde dich nicht leer ausgehen lassen, wenn du mir behülflich bist. Er ist ohne Strafe frey und ledig ausgegangen. Im gemeinen Leben, und selbst in Schriften, wird dieseArt zu reden auf verschiedene Weise ausgedruckt; z. B. Das wird dir nicht ungenossen ausgehen. Ich kann es zufrieden seyn, daß man ihm auch jenes nicht für genossen ausgehen lässet, Less. Allein, wenn der Mensch ein Raubthier werden, und Unrecht üben will, so gehet es ihm nicht ungestraft aus, Michael. Wie aber geht es dem für so genossen aus? Canitz. Es scheinet, daß alle diese Wortfügungen verderbte Ellipsen sind, wozu die übel verstandene R. A. frey, oder ungestraft ausgehen, Anlaß gegeben; man müßte sie denn zu der achten Bedeutung dieses Verbi rechnen wollen. c) Nach außer zu gerichtet seyn. Der ausgehende Winkel, der hervor springende, im Gegensatze des eingehenden. b) Bekannt werden. Einen Befehl ausgehen lassen, besser ergehen. Er ist ein Befehl ausgegangen. Ein Buch ausgehen lassen, durch den Druck bekannt machen. Lassen sie es doch im Druck ausgehen, Gell. Diese ganze Bedeutung gehöret im Hochdeutschen unter die veralteten, und wird nur noch zuweilen von Ungelehrten und in der biblischen Schreibart gebraucht. e) Aus der Verbindung mit etwas gerathen. Die Haare gehen ihm aus, fallen ihm aus. Der Athem, die Seele gehet ihm aus, er stirbt, im gemeinen Leben. Ingleichen ausgegeben, verkauft, verbraucht seyn. Das Geld ist mir ausgegangen, ich habe alles bare Geld ausgegeben. Die Waare ist ausgegangen, sie ist insgesammt verkauft worden. Wie auch sich nach und nach verlieren. Diese Pflanze ist in dieser Gegend ausgegangen, wächst hier nicht mehr. Der Baum gehet aus, stirbt ab. f) Nach und nach verschwinden, unscheinbar werden, besonders von Farben. Diese Farbe ist gar sehr ausgegangen. Der Flecken wird so bald nicht ausgehen. Ingleichen sich wegbringen, auslöschen lassen. Was mit Kreide geschrieben worden, gehet leicht wieder aus. g) Erlöschen, von dem Feuer. Das Feuer gehet aus. Das Licht ist ausgegangen. Das Feuer ausgehen lassen. Nach einer noch weitern Figur sagt man im gemeinen Leben auch von einer Person, welche ohne heftige äußere Bewegungen verstirbt, sie gehe aus wie ein Licht. h) Sich enden, in welcher Bedeutung die Bergleute so wohl das Verbum als auch das Participium das Ausgehende sehr häufig für das Ende, dem Orte und dem Raume nach, gebrauchen. Das Flötz gehet zu Tage aus, zeiget sich gleich an der Dammerde. Das Ausgehen, oder das Ausgehende eines Ganges, dessen Ende, besonders nach der Dammerde zu. Wo die Röhre ihr Ausgehen hat, wo sie sich endiget. Indessen kommt diese Bedeutung der Endigung auch zuweilen außer dem Bergbaue vor. Das Wort gehet auf ein A aus, es endiget sich mit einem A. Das Unglück wird über dich ausgehen, wird sich bey dir endigen, du wirst dafür büßen müssen. Es gehet alles über mich aus. i) + In Erfüllung gehen, doch nur im gemeinen Leben, und in der R. A. mein Traum gehet mir aus, trifft jetzt ein, wird erfüllet. Wer weiß, geht dein Traum nicht heute aus, Weiße. Auf ähnliche Art wird in dem alten Gedichte auf den h. Anno V. 262, das Verbum ergehen gebraucht: Der troum allir so irging, Sam der engil vane himile geschint. Der Traum wurde völlig so erfüllet, als ihn der Engel vom Himmel geoffenbaret hatte.2. Mit dem Hülfsworte haben, so lange gehen, als nöthig ist, in welcher Bedeutung es doch wohl nur allein in der Landwirthschaft von dem Teige gebraucht wird. Den Teig ausgehen lassen, ihn so lange gehen oder gähren lassen, als erfordert wird. Ingleichen aufhören zu gehen. Der Teig hat ausgegangen. In dieser letzten Bedeutung des Aufhörens kann ausgehen auch von mehrern Dingen gebraucht werden, denen das Verbum gehen zukommt.II. Als ein Activum, durch Gehen ausfündig machen. So sagt man bey den Jägern, ein Wildbret ausgehen, und im Bergbaue, einen Gang ausgehen, ihn mit der Wünschelruthe suchen. Auch in gemeinen Leben kommt ausgehen zuweilen in dieser Bedeutung vor.


Ausgeitzen (W3) [Adelung]


Ausgeitzen, verb. reg. act. im Pflanzenbaue, den Geitz, d. i. die überflüssigen Blätter und Ranken abbrechen. Den Tobak ausgeitzen. Die Kürbisse ausgeitzen, die überflüssigen Ranken ausschneiden. Daher die Ausgeitzung.


Ausgelassenheit (W3) [Adelung]


Die Ausgelassenheit, plur. die -en, von Ausgelassen in Auslassen. 1) Die Fertigkeit ausgelassen zu seyn, oder seinen Einfällen und Begierden den Ausbruch ohne alle Einschränkungen zu lassen; ohne Plural. Die Ausgelassenheit dieses Menschen ist groß. 2) Eine ausgelassene Handlung. Sie verüben noch immer viele Ausgelassenheiten. Das Parterre legt seyn Mißvergnügen gern durch allerley Ausgelassenheiten an den Tag. S. Auslassen.


Ausgeschenk (W3) [Adelung]


* Das Ausgeschenk, S. Ausschenken.


Ausgesessen (W3) [Adelung]


Ausgesessen, S. Aussitzen.


Ausgiebig (W3) [Adelung]


Ausgiebig, adj. et adv. S. Ergiebig.


Ausgießen (W3) [Adelung]


Ausgießen, verb, irreg. act. S. Gießen. 1. heraus, oder hinaus gießen, einen flüssigen Körper aus einem Gefäße gießen. 1) Eigentlich. Das Wasser ausgießen. Das Rind mit dem Bade ausgießen, im gemeinen leben, das Nützliche mit dem Unnützlichen verwerfen. 2) Figürlich, größten Theils nur in der höhern Schreibart der Neuern, als eine Nachahnung ähnlicher biblischen Ausdrücke. (a) In Menge vertheilen. Seinen Zorn über jemanden ausgießen. Todesblässe goß sich über seyn blühendes Antlitz aus, Dusch. Reichthum und Schönheit scheinen mir gleich verschwenderisch auf die weiten Fluren ausgegossen, ebend. Welch ein volles Maß von Segen goß da deine Vaterliebe über mich aus! ebend. Die Ausgießung des heil. Geistes, in der biblischen Schreibart. (b) Sein Herz vor einem ausgießen, für das gewöhnlichere aber nicht so edle ausschütten. Ich will mein ganzes Herz vor dir ausgießen, Dusch. Ich goß in tausend Gelübden und Seufzern meine Empfindungen aus, ebend.2. Mit einem flüssig gemachten Körper ausfüllen. Ein Loch ausgießen, mit Bley, Wachs, u. s. f. Einen hohlen Körper mit Bley ausgießen.3. Durch Ausgießung eines flüssigen Körpers auslöschen. Das Feuer ausgießen. Eine Flamme mit Wasser ausgießen. In Breitingers krit. Dichtk. Th. 2, S. 97, wird dieser Gebrauch unbillig verworfen, und dafür gesetzet: eine Flamme durch einen starken Zuguß Wasser tödten und erstickten; eine weitschweifige und völlige ungewöhnliche Art des Ausdruckes.4. Die Jäger gebrauchen es auch absolute und als ein Neutrum mit haben, für heftig schweißen, d. i. bluten.So auch die Ausgießung. Uzkiezzen kommt schon bey dem Notker und Willeram vor.


Ausgipfeln (W3) [Adelung]


Ausgipfeln, verb. reg. act. Einen Baum ausgipfeln, dessen Gipfel beschneiden, ihn des Gipfels berauben.


Ausglätten (W3) [Adelung]


Ausglätten, verb. reg. act. durch Glätten heraus bringen. Falten in einem Kleide ausglätten.


Ausgleichen (W3) [Adelung]


Ausgleichen, verb. reg. act. S. Gleichen, völlig gleich machen, in verschiedenen Fällen. Eine Rechnung ausgleichen, im mittlern Lateine exaequare. Die Münzen ausgleichen, in den Münzen, sie wägen und justiren. Die Bleche ausgleichen, auf den Blechhämmern, sie gleich schlagen. Ein Pferd hat ausgegleicht, als ein Neutrum, wenn im achten Jahre die Eckzähneden übrigen an Länge gleich geworden sind. S. auch Abgleichen. Daher die Ausgleichung.


Ausgleiten (W3) [Adelung]


Ausgleiten, verb. irreg. neutr. ( S. Gleiten,) mit seyn, aus der Bahn gleiten. Mit dem Fuße ausgleiten. Das Pferd ist ausgeglitten. Der Wein und er sind ausgeglitten, Weiße. In den gemeinen Mundarten ausglitschen, in Niedersachsen utgliden, utglitschen, utklisken, utglippen, in Preußen ausschorren, und im Österreichischen auskrollen, womit das Italiänische crollare überein kommt. S. auch Abgleiten.


Ausglocken (W3) [Adelung]


Ausglocken, verb. reg. act. mit der Glocke ausplätten, bey den Wäscherinnen. Manschetten ausglocken.


Ausglühen (W3) [Adelung]


Ausglühen, verb. reg. act. durchaus glühend machen. Eisen. Stahl, Kupfer, Silber, Draht u. s. f. ausglühen, um es geschmeidig zu machen, bey verschiedenen Metallarbeitern. Daher die Ausglühung.


Ausgraben (W3) [Adelung]


Ausgraben, verb. irreg. act. S. Graben. 1) Heraus graben, durch Graben heraus hohlen. Einen Baum, einen Stein ausgraben. Eine Warze ausgraben. 2) Durch Graben tief oder hohl machen. Einen Teich ausgraben. Ingleichen, mit dem Grabstichel aushöhlen, 2. Mos. 28, 36; 2 Chron. 2, 7. So auch die Ausgrabung.


Ausgräten (W3) [Adelung]


Ausgräten, verb. reg. act. in den Küchen, der Gräten berauben. Einen Fisch ausgräten. Daher die Ausgrätung.


Ausgriebsen (W3) [Adelung]


Ausgriebsen, S. Auskröbsen.


Ausgrößern (W3) [Adelung]


* Ausgrößern, verb. reg. act. ein Kunstwort der Kammacher. Die eingeschnittenen Zähne eines Kammes ausgrößern, den Zwischenraum zwischen denselben größer machen, welches vermittelst der Größerfeile geschiehet. Daher die Ausgrößerung.


Ausgrübeln (W3) [Adelung]


Ausgrübeln, verb. reg. act. im gemeinen Leben, durch Grübeln, d. i. vieles Nachdenken, haraus bringen. Ein Ding ausgrübeln. Alles ausgrübeln wollen. Daher die Ausgrübelung.


Ausgründen (W3) [Adelung]


Ausgründen, verb. reg. act. 1) Bey den Tischlern, eine Vertiefung für eine Einschiebeleiste mit dem Grundhobel aushobeln; wofür auch abgründen üblich ist. Bey den Bildhauern und Formschneidern, erhabene Theile durch Vertiefung an den Seiten bilden. 2) * Figürlich für ergründen, den Grund oder die wahre Beschaffenheit einer Sache erforschen. Der es ausgründen möchte, Sir. 24, 39; in welcher Bedeutung es aber doch größten Theils veraltet ist.


Ausgüren (W3) [Adelung]


* Ausgüren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches aber nur in den Bergwerken üblich ist, für ausgäten. Der Gang güret durch das Gesteine aus, es tritt eine Gur von dem Gange aus dem Gesteine. S. Gur und Ausgäten.


Ausguß (W3) [Adelung]


Der Ausguß, des -sses, plur. -güsse. 1) Die Handlung des Ausgießens, in der ersten Bedeutung dieses Verbi; ohne Plural. Der Ausguß des Wassers. 2) Dasjenige, was ausgegossen wird. Dahin gehöret der Ausguß in den Schmelzhütten, d. i. dasjenige Werk, welches aus dem Herde vermittelt der Ausgußkelle in die Ausgußpfännchen gegossen wird. Ingleichen, was man von diesem Werke zu Nehmung der Stichprobe in ein Grübchen aus einen Siegelstein zu gießen pflegt. Hallers: mich durchläuft ein Ausguß kalter Schrecken, ist eine viel zu harte Figur. 3) Der Ort, durch welchen ein flüssiger Körper ausgegossen, oder hinaus gegossen wird. So wird die Öffnung, durch welche man die Unreinigkeiten aus den Häusern gießet, ein Ausguß, Durchguß, oder Gußstein genannt. Ausgüsse oder Ausgußröhren, in den Bergwerken, sind Schläuche, oder Röhren, durch welche das Wasser aus den Pumpen fließet.


Aushaaren (W3) [Adelung]


Aushaaren, oder aushären, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, die Haare fahren lassen. Der Pelz, das Pferd haaret aus. S. auch Abhaaren.


Aushacken (W3) [Adelung]


Aushacken, verb. reg. act. 1) Durch Hacken heraus hohlen, vornehmlich von dem Hacken der Vögel. Einem die Augen aushacken. Sprichw. Keine Krähe hackt der andern die andern Die Augen aus. 2) Hohl oder zackig hacken, eine ausgehackte Gestalt geben. Eine Frisur zu einem Frauenzimmerkleide aushacken, sie vermittelst eines eisernen Instrumentes zackig bilden. Die Schuhe aushacken, bey den Schustern, sie mit kleinen Schnitten zieren. 2) Durch hacken oder Bauen eine Art von Zubereitung geben. Die Faßdauben aushacken, bey den Böttchern, sie im Walde dünner hauen. So auch die Aushackung.


Aushacker (W3) [Adelung]


Der Aushacker, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas aushacket. Z. B. bey den Böttchern, ein Arbeiter, der die Faßdauben im Walde aus dem Groben hacket. Bey den Schustern und Frauenzimmerschneidern, ein eisernes Werkzeug, die Schuhe und Zeuge damit auszuhacken.


Aushäften (W3) [Adelung]


Aushäften, verb. reg. act. völlig fertig häften. So werden bey den Tuchscherern die fertigen Tücher ausgehäftet, d. i. mit Bindfaden gehäftet. Auf ähnliche Art pflegen auch die Buchbinder die Bücher auszuhäften. Daher die Aushäftung.


Aushalftern (W3) [Adelung]


Aushalftern, verb. reg. act. von der Halfter los machen. Sich aushalftern, eigentlich nur von den Pferden, in der niedrigen Sprechart aber auch wohl figürlich, sich von einem Zwange, von einer Verlegenheit befreyen.


Aushalten (W3) [Adelung]


Aushalten, verb. irreg. ( S. Halten,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende halten, nach dem verschiedenen Gebrauche des Verbi halten. 1) In der Musik, die Stimme am Ende nicht sinken lassen, den letzten Ton länger dehnen. Gut, falsch, aushalten. 2) Bis zu Ende bleiben. Er kann nicht lange an einem Orte aushalten. Bey einem aushalten. Seine Jahre bey einem Herrn aushalten. Ich hielt eine Stunde geduldig bey ihm aus. Da kann die Furcht vor dem Tode nicht aushalten, Mosheim; obgleich dieser Ausdruck für die edle Schreibart nicht Würde genug hat. 3) Standhaft bleiben. Im Leiden aushalten. In allen Verdrusse, in allen Versuchungen aushalten. Alle seine Philosophie konnte nicht gegen ihre Schönheit aushalten. 4) Erdulden, ertragen, überstehen. Schläge aushalten. Er kann die Rosten nicht aushalten. Den ersten Unfall aushalten. Die Probe aushalten, in der Probe als echt, wahr, standhaft u. s. f. befunden werden. Meine Liebe ist stark genug, die härteste Prüfung auszuhalten, Dusch. O sie wird diese Probe gewiß nicht aushalten! Weiße. Es ist mit ihm nicht auszuhalten, im gemeinen Leben, er ist unerträglich.II. * Als ein Activum, absondern, aussondern, scheiden, welche Bedeutung doch nur in dem Bergbaue und dem Forstwesen üblich ist. In dem erstern sagt man, eine Stufe aushalten, das Gestein von Derselben absondern; in dem letztern aber, die Bäume, das Holz aushalten, Das Nußholz von dem Scheitholze aussondern;Anm. Daher die Aushaltung, besonders in der Bedeutung des Activi und der ersten Bedeutung des Neutrius. An dem Rheinstrome bedeutet, sich etwas aushalten, so viel, als ausbedingen, welches mit der thätigen Bedeutung dieses Verbi überein kommt, und woraus zugleich erhellet, daß aushalten in derselben so viel bedeutet, als ausbehalten. Im Oberdeutschen sagt man auch, einem die Unkosten zu etwas aushalten, sie tragen, darreichen.


Aushämmern (W3) [Adelung]


Aushämmern, verb. reg. act. durch Hammer heraus bringen, bey den Metallarbeitern. Eine Bäule aushämmern.


Aushändigen (W3) [Adelung]


Aushändigen, verb, reg. act. aus seiner Hand übergeben. Einem etwas aushändigen, es ihm mit Übertragung des Eigen-thumes übergeben. Daher die Aushändigung. S. auch Einhändigung.


Aushangen (W3) [Adelung]


Aushangen, verb. irreg. neutr. ( S. Hangen,) welches das Hülfswort haben zu sich nimmt, ausgehänget seyn. Hier hängt ein Zeichen aus.


Aushängen (W3) [Adelung]


Aushängen, verb. reg. act. heraus hängen, oder hinaus hängen. Ein Zeichen aushängen. Waaren zum Verkaufe aushängen. Ein Aushängebogen, in den Buchdruckereyen, einer von den ersten abgedruckten Bogen einer Schrift, welche ausgehänget, oder von den andern abgesondert werden. Daher die Aushängung.


Ausharren (W3) [Adelung]


Ausharren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur noch zuweilen in der höhern Schreibart gebraucht wird, bis zu Ende harren, ausdauern. Eine ausharrende Geduld, die bis an das Ende standhaft bleibet. Etwas ausharren, als ein Activum, für erdulden, aushalten, ist nur im Oberdeutschen üblich.


Aushärten (W3) [Adelung]


Aushärten, verb. reg. act. durchaus hart machen, größten Theils nur in der figürlichen Bedeutung. Ausgehärtete Soldaten. Ein Gemüth wider die Zufälle des Lebens aushärten, Opitz. S. auch Abhärten. Daher die Aushärtung.


Aushaspen (W3) [Adelung]


Aushaspen, oder Aushäspen, verb. reg. act. Eine Thür aushaspen, sie aus den Haspen oder Häspen heben.


Aushauch (W3) [Adelung]


Der Aushauch, des -es, plur. inusit. in der höhern Schreibart. 1) Die Handlung des Aushauchens, in eigentlicher und figürlicher Bedeutung. 2) Dasjenige, was ausgehauchet wird, so wohl eigentlich als figürlich. O wie stärket ihn da der Aushauch duftender Kräuter! Zachar.- Nicht flieht den athemraubenden Aushauch Von goldnen Kerkern der Städte, Kleist.


Aushauchen (W3) [Adelung]


Aushauchen, verb. reg. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, den Hauch oder Athem ausstoßen. 2. Activum, mit dem Hauche, oder in Gestalt des Hauches von sich geben. In meinen Umarmungen hauchte er die göttliche Seele aus, v. Brawe. Die Kräuter hauchen jetzt ihren ersten Wohlgeruch aus. Er heulte, lästerte und haucht' in tausend Flüchen Sein schwarzes leben aus, Weiße Hauche dort die trübe SeeleLangsam im Gesängen aus, v. Thümmel.


Aushauen (W3) [Adelung]


Aushauen, verb. irreg. act. S. Hauen. 1) Durch Hauen heraus hohlen. Das Brandsilber aushauen, in den Schmelzhütten, wo es mit dem Aushauer geschiehet. Die Goldschmiede verrichten solches Ausbauen vermittelst eines besondern Aushauerstämpels, welcher aus einem dicken cylindrischen Eisen bestehet, welches unten hohl und scharf ist. 2) Durch Hauen aushöhlen. Einen Trog, eine Kinne aushauen. Daher der Aushauer, ein Hammer der Schmiede; die runden Löcher damit auszuhauen. Mit dem Meißel eine gewisse Gestalt geben. in Marmor, in Stein aushauen. Ein Stück Blech aushauen. 4) Das Innere einer Sache durch Hauen vermindern oder leer machen. Einen Baum aushauen, die unnöthigen Zweige abhauen. Einen Wald aushauen, denselben durch Fällung einiger Bäume dünne, helle machen, welches auch ausschoren genannt wird. Ein ausgehauenes Feld heißet in dem Bergbaue, in welchem alles Erz bereits heraus gefördert ist. 5) Zum Verkaufe zerhauen; in welcher Bedeutung dieses Wort bey den Fleischern üblich ist, da es dem Einbauen, d. i. dem Zerhauen des Fleischers zum Einsalzen, entgegen gesetzet wird. 6) Mit Ruthen ausbauen, vermittelst des Staupbesens des Landes verweisen.So auch die Aushauung.


Ausheben (W3) [Adelung]


Ausheben, verb. irreg. act. S. Heben, heraus heben, aus einem Arte heben. 1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung, in welcher es doch größten Theils nur auf einige besondere Fälle eingeschränket ist. Einen Baum ausheben, so wohl mit dem Hebezeuge aus der Erde heben, als auch überhaupt so viel als ausgraben. Gewächse ausheben, aus der Erde nehmen, wozu die Gärtner einen eigenen Ausheber haben. Eine Thür, ein Fenster ausheben, aus den Angeln heben. Bier oder Wein ausheben, mit dem Heber aus einem Fasse ziehen. In dem Schlagewerke der Uhren hat man ein Rad von acht und vierzig Zähnen, welches bey jedem Stundenschlage alle Mahl einen Zahn des Rechens in dem Vorlegewerke aushebet, und daher der Schöpfer, das Schöpfrad, oder der Ausheber genannt wird. Ausheben absolute, bey den Buchdruckern, die in den Winkelhaken gesetzten Zeilen auf das Schiff tragen. 2) Figürlich, auslesen und wegnehmen, aber auch nur in einigen Fällen. Recruten ausheben, aus dem Landvolke auslesen. Es wurden aus jeder Compagnie zehn Mann ausgehoben. Bey einigen Handwerken haben die Witwen verstorbener Meister den Hub oder Aushub, d. i. das Recht, bey den übrigen Meistern sich einen Gesellen auszuheben, oder auszulesen; S. Bretschneider und Tafelschneider. Ingleichen figürlich. Es ist die Pflicht eines Geschichtschreibers unter den Begebenheiten nur die wichtigsten auszuheben. So auch die Aushebung.


Aushecken (W3) [Adelung]


Aushecken, verb. reg. act. 1) Junge zur Welt bringen, eigentlich nur von Vögeln, besonders von kleinern, und solchen, welche sich paarweise zusammen geben; und Es. 34, 15, auch von dem Igel. Figürlich und in verächtlicher Bedeutung, durch Nachsinnen heraus bringen. Was werden sie noch aushecken? Wenn Jarell für alte GrillenNeue Nahmen ausgeheckt, Kästn. Ingleichen überhaupt veranlassen, hervorbringen. Die Freundschaft hat freylich auf meiner Seite diesen Fehler ausgeheckt, Weiße. 2) Aufhören zu hecken, als ein Neutrum, mit haben. Die Vögel haben ausgehecket, ihre Heckzeit ist vorbey.


Ausheften (W3) [Adelung]


Ausheften, S. Aushäften.


Ausheilen (W3) [Adelung]


Ausheilen, verb. reg. act. völlig heil machen, die Heilung vollenden. Er ist noch nicht ausgeheilt. Ein Hirsch, der sich nicht wohl befand, Blieb lange Zeit daheim, die Ballen auszuheilen, Haged. Daher die Ausheilung.


Ausheimisch (W3) [Adelung]


* Ausheimisch, adj. et adv. nur in einigen Gegenden, für ausländisch, fremd, im Gegensatze des einheimisch.


Ausheitern (W3) [Adelung]


Ausheitern, verb. reg. act. völlig heiter machen, größten Theils nur als ein Reciprocum. Der Himmel hat sich ausgeheitert. Ingleichen figürlich, ein ausgeheitertes Gemüth. Sein Glück schien sich ausheitern zu wollen. S. auch Aufheitern.


Ausheitzen (W3) [Adelung]


Ausheitzen, verb. reg. act. durch und durch heitzen, um dadurch eine Art von Zubereitung zu geben. Einen Ofen, (der erst gesetzt worden) ausheitzen. Ein (frisch getünchtes) Zimmer ausheitzen. Daher die Ausheitzung.


Aushelfen (W3) [Adelung]


Aushelfen, verb. irreg. act. S. Helfen, im gemeinen leben, aus einer Verlegenheit helfen, doch größten Theils nur mit dem Nebenbegriffe eines Vorschusses. Einem mit Gelde, mit Getreide aushelfen, es ihm in einem dringenden Nothfall borgen.Einem aushelfen, absolute, z. B. der Herr half ihnen aus, ist wohl im Oberdeutschen, aber nicht im Hochdeutschen üblich. Daher die Aushelfung.


Aushellen (W3) [Adelung]


Aushellen, verb. reg. act. völlig helle machen, als ein Reciprocum. Das Wetter, der Himmel hellet sich aus. S. auch Ausheitern, welcher edler ist.


Aushemmen (W3) [Adelung]


Aushemmen, verb. reg. act. bey den Fuhrleuten, den Hemmschuh oder die Hemmkette wegnehmen, im Gegensatze des einhemmen


Aushenken (W3) [Adelung]


Aushenken, verb. reg. act. welches das Frequentativum von aushängen ist, und mit demselben einerley Bedeutung hat, ob es gleich seltener gebraucht wird.


Aushieb (W3) [Adelung]


Der Aushieb, des -es, plur. die -e, dasjenige, was ausgehauen wird, doch nur in einigen Fällen. So wird z. B. in den Schmelzhütten dasjenige, was der Wardein zur Verfertigung der Probe mit dem Aushiebmeißel von dem Brandsilber aushauet, der Aushieb genannt. Im gemeinen leben spricht man dieses Wort oft Aushub aus; allein alsdann wird es mit dem Abstracto von ausheben verwechselt. Von hauen ist Hieb, von heben aber Hub.


Aushobeln (W3) [Adelung]


Aushobeln, verb. reg. act. bey den Tischlern. Ein Bret aushobeln, es bis zu der verlangten Dicke behobeln.


Aushohlen (W3) [Adelung]


Aushohlen, verb. reg. 1. Activum, für heraus hohlen, doch nur in der im gemeinen Leben üblichen figürlichen Bedeutung. Einen aushohlen, ihn ausforschen. Und mit seinen freundlichen Geberden hohlt er dich aus, Sir. 13, 14.2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, den Arm zum Wurfe oder zum Schlage von sich strecken. Weit aushohlen. In weiterer Bedeutung auch von einem, der laufen oder springen will. Weit, kurz aushohlen. Er hohlet weit aus, um einen kleinen Sprung zu thun. Figürlich, im Reden weit aushohlen, die entfernten Umstände oder Gründe den nähern vorziehen. Du hohlst mit deiner Erzählung so weit aus, als wenn du eine Lügen sagen wolltest, Schleg. Daher die Aushohlung. Fängt er wieder mit seinen verwünschten weiten Aushohlungen an? Weiße.


Aushohler (W3) [Adelung]


Der Aushohler, des -s, plur. ut nom. fing. in der Seefahrt, ein Tau am Bugspriete, womit die Rahe nach außen zu gehalten wird.


Aushöhlen (W3) [Adelung]


Aushöhlen, verb. reg. act. hohl machen. Einen Apfel, ein Stück Holz aushöhlen. Urplötzlich sind der Felsen graue Rücken Zu Tempeln und Pallästen ausgehöhlt, Raml. Daher die Aushöhlung, welches nicht allein die Handlung des Aushöhlens, sondern oft auch die gemachte Vertiefung selbst bezeichnet. So werden in der Baukunst die Vertiefungen, welche an den Schäften einiger Säulen von unten bis oben hinaus gehen, auch Aushöhlungen genannt.

Anm. Im Angelsächsischen lautete dieses Zeitwort aholan. Die Frequentativa aushöhlern, und aushölkern sind nur in den gemeinen Mundarten üblich.


Aushöhnen (W3) [Adelung]


Aushöhnen, verb. reg. act. so viel als verhöhnen. Einen aushöhnen, verspotten; in den gemeinen Mundarten hohnecken, hohneckeln.


Aushölzen (W3) [Adelung]


* Aushölzen, verb. reg. act. bey den Schustern, Absätze aushölzen, bey hölzernen Absätzen durch beschneiden die gehörige Gestalt geben, sie ausschneiden. Daher die Aushölzung.


Aushorchen (W3) [Adelung]


Aushorchen, verb. reg. act. Jemanden aushorchen, ihn heimlich aushorchen.


Aushören (W3) [Adelung]


Aushören, verb. reg. act. bis zu Ende an- oder zuhören. Ich bitte sie, meine Erzählung erst auszuhören. Fallen sie mir nicht in die Rede, sondern hören sie mich erst aus.


Aushub (W3) [Adelung]


Der Aushub, des -es, plur. inusit. dasjenige, was ausgehoben wird, in einigen wenigen Fällen; ingleichen bey einigen Handwerken, das Recht, nach einigen gefallen einen Gesellen bey andern Meistern auszuheben. S. Ausheben, ingleichen Aushieb.


Aushülsen (W3) [Adelung]


Aushülsen, verb. reg. act. aus Hülsen nehmen, von den Hülsen befreyen. Erbsen, Bohnen, Kastanien aushülsen. Niedersächsisch paalen, Holländ. pellen, Franz. peler, Engl. to peel, von Paalen, Engl. Peel, die Hülsen.


Aushungern (W3) [Adelung]


Aushungern, verb. reg. act. durch Hunger völlig entkräften Ausgehungerte Truppen. Eine Stadt aushungern, sie durch Hunger zur Übergabe zwingen.


Aushunzen (W3) [Adelung]


+ Aushunzen, verb. reg. act. welches nur in der niedrigsten Sprechart aufgenommen ist, für ausschelten, beschimpfende Verweise geben. Und wenn es niemand thut, so hunzt die Frau mich aus, sagt der Schulze bey dem Gellert. S. Hunzen.


Aushuren (W3) [Adelung]


+ Aushuren, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu huren. Sodom und Gomorra haben ausgehuret, Judä v. 7.


Aushusten (W3) [Adelung]


Aushusten, verb. reg. act. im Husten hervor bringen. Blut aushusten. Ingleichen aufhören zu husten, als ein Neutrum.


Aushüthen (W3) [Adelung]


Aushüthen, verb. reg. act. Die Wiesen und Äcker mit dem Schafviehe aushüthen, überall behüthen, in der Landwirthschaft.


Ausjagen (W3) [Adelung]


Ausjagen, verb. reg. act. heraus jagen, hinaus jagen, doch größten Theils nur in der figürlichen und im gemeinen leben üblichen R. A. einem einen Angstschweiß ausjagen, austreiben, verursachen.


Ausjäten (W3) [Adelung]


Ausjäten, S. Ausgäten.


Ausjochen (W3) [Adelung]


Ausjochen, verb. reg. act. von dem Joche befreyen, in der Landwirthschaft. Die Ochsen ausjochen, ausspannen. Daher die Ausjochung.


Auskalben (W3) [Adelung]


Auskalben, verb. reg. neutr. mit haben. 1) Aufhören Kälber zu werfen, in der Landwirthschaft. die Kuh hat ausgekalbet. 2) * Als ein Reciprocum sagt man in einigen Gegenden, die Kuh hat sich ausgekalbet, wenn den schweren Geburten alles aus dem Leibe fällt, welches in anderen Gegenden sich ausblasen genannt wird.


Auskälten (W3) [Adelung]


Auskälten, verb. reg. neutr. mit seyn. 1) Durchaus kalt werden. 2) Durch kalte Nässe ausfaulen, in einigen Gegenden. Wenn die Haar zu lange unter Wasser stehet, so muß sie auskälten.


Auskämmen (W3) [Adelung]


Auskämmen, verb. reg. act. 1) Durch Kämmen heraus bringen. Durch Kämmen in Ordnung bringen. Die Haare auskämmen. Die Dachdecker kämmen ein fertiges Strohdach aus, wenn sie alles Überflüssige mir dem Kamme wegschaffen.


Auskämpfen (W3) [Adelung]


Auskämpfen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu kämpfen. Nun hast du ausgeduldet, ausgekämpfet, von einem Verstorbenen.


Auskappen (W3) [Adelung]


Auskappen, verb. reg. act. welches eigentlich ausschneiden bedeuten müßte. Allein bey den Fleischern bedeutet es, ohne Schnitt heraus nehmen; z. B. den Leberdarm auskappen. Daher die Auskappung.


Auskargen (W3) [Adelung]


Auskargen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu kargen. Nun hat er ausgekarget, von einem verstorbenen Geitzigen.


Auskaufen (W3) [Adelung]


Auskaufen, verb. reg act. 1) Einen auskaufen, ihm alle seine Waare abkaufen. Hierher gehöret auch die im gemeinen Leben übliche R. A. einen reichen Mann zu beschreiben: er ist so reich, daß er sich von niemanden auskaufen lässet. 2) Einem andern Käufer zuvor kommen, im gemeinen Leben. Einen auskaufen. Einem eine Waare, ein Haus u. s. f. auskaufen, eine Sache kaufen, um welche ein anderer schon gehandelt hatte. 3) Die Zeit auskaufen, sie allen ihren Theilen nach wohl anzuwenden suchen. Die Gelegenheit auskaufen, sich derselben mit Sorgfalt bedienen. Daher die Auskaufung.


Auskegeln (W3) [Adelung]


Auskegeln, verb. reg. act. sich den Regel verrenken, von den Pferden. Das Pferd hat sich ausgekegelt. In den gemeinen Mundarten wird dieses Wort häufig in auskeilen verstümmelt


Auskehlen (W3) [Adelung]


Auskehlen, verb. reg. act. von Kehle, so fern es eine Höhlung bedeutet, mit hohlen Streifen oder Rinnen versehen, in de Baukunst. Eine Säule auskehlen. Daher die Auskehlung.


Auskehren (W3) [Adelung]


Auskehren, verb. reg. act. heraus oder hinaus kehren, so fern solches mit der Bürste oder dem Besen geschiehet. Den Staub auskehren, aus dem Kleide. Den Roth auskehren, aus dem Zimmer. Noch mehr aber metonymisch, auf solche Art reinigen. Das Kleid, den Hut, das Zimmer auskehren. Daher die Auskehrung.


Auskehrig (W3) [Adelung]


Das Auskehrig, oder Auskehricht, des -es, plur inusit. der Unrath, welcher mit dem Besen aus einem Zimmer gekehret wird; das Kehrig, in Oberdeutschland der Mist, die Misten, das Ausfeget, das Feget, das Fegsal, das Kehrsal, in Niedersachsen Mull, Fegels, Schwed. Mull, Holländ. Vaegsal, in Preußen der Unlust.


Auskeilen (W3) [Adelung]


Auskeilen, verb. reg act. 1) Mit Keilen versehen. 2) Sich auskeilen, in dem Bergbaue, als ein Keil spitzig zugehen und endlich gar verschwinden. Der Gang keilet sich aus. ingleichen, der Gang keilet den Berg aus, welches eben dasselbe bedeutet. 3) Zusammen geleimte Breter auskeilen, bey den Tischlern, sie durch Wegnehmung der Keile von den Leimzwingen los machen. 4) + Sich auskeilen, von den Pferden, S. Auskegeln. Daher die Auskeilung.


Auskeimen (W3) [Adelung]


Auskeimen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, einen Keim treiben. Die Erbsen, das Malz hat ausgekeimet.


Auskellen (W3) [Adelung]


+ Auskellen, verb. reg. act. mit der Kelle ausschöpfen, im gemeinem Leben. Daher die Auskellung.


Auskeltern (W3) [Adelung]


Auskeltern, verb. reg. act. vermittelst der Kelter auspressen. Den Most auskeltern. Noch mehr aber metonymisch, vermittelst der Kelter ausleeren. Die Weintrauben auskeltern. Ingleichen aufhören zu keltern, als ein Neutrum. Daher die Auskelterung.


Auskerben (W3) [Adelung]


Auskerben, verb. reg. act. mit Kerben versehen. Ausgekerbte Schilde in der Wapenkunst. Daher die Auskerbung.


Auskernen (W3) [Adelung]


Auskernen, verb. reg. act. den Kern ausbrechen. 1) Eigentlich. Mandeln, Nüsse, auskernen. 2) Figürlich, so fern Kern das Beste einer Sache bedeutet, auslesen. So kommt dieses Wort in dem Bergbaue vor, wenn das beste Erz von dem geringern abgesondert wird. Ein ausgekernter Riem, ist bey den Fleischern ein gewisses Stück Fleisch von dem hintern Viertel des Rindviehes. So auch die Auskernung.


Auskesseln (W3) [Adelung]


Auskesseln, verb. reg. act. die Gestalt eines Kessels geben. Wenn in dem Bergbau eine Grube einbricht, so daß ein solcher verschütteter Ort oben eine Vertiefung bekommt, so sagt man, er kesselt sich aus. S. Kessel.


Ausketzern (W3) [Adelung]


* Ausketzern, verb. reg. act. welches gleichfalls nur in dem Bergbaue üblich ist, mit Ritzen versehen. Eine Wand ausketzern, Ritzen hinein hauen, um Keile hinein zu treiben. S. Aufketzern und Ketzern.


Auskielen (W3) [Adelung]


* Auskielen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, alle nöthigen Kiele oder Federn bekommen;, ein sonst ungewöhnliches Wort, welches nur bey dem Opitz angetroffen wird: Und wie ein Adler thut; der nicht läßt ungeflogen, Wiewohl er kümmerlich erst jetzt hat ausgekielt.


Auskippen (W3) [Adelung]


Auskippen, verb. reg. act. vermittelst der Wage auslesen, auswägen; ein Ausdruck, welcher besonders von dem Gelde gebraucht wird. Die Dukaten, Louis d'Or auskippen. S. Kippen.


Auskitzeln (W3) [Adelung]


Auskitzeln, verb. reg. act. im gemeinen Leben, so lange Kitzeln, bis man dessen gewohnt wird. Er ist schon ausgekitzelt.


Ausklagen (W3) [Adelung]


Ausklagen, verb. reg. act. 1) Durch eine gerichtliche Klage auf das Äußerste bringen. Er ist schon ausgeklagt. Eine ausgeklagte Schuld, ein ausgeklagter Wechsel. 2) Aufhören zu klagen, als ein Neutrum.


Ausklären (W3) [Adelung]


Ausklären, verb. reg. act. 1) Völlig klar machen. Ausgeklärtes Mehl, bey den Bäckern, das feinste Weitzenmehl. Der Himmel, das Wetter hat sich ausgekläret. 2) In der Landwirthschaft kläret man den Wetzen aus, wenn man die unter demselben befindlichen Rockenähren mit einem Stocke oder einer Sense abschlägt. Daher die Ausklärung.


Ausklatschen (W3) [Adelung]


Ausklatschen, verb. reg. act. 1) Durch Händeklatschen beschimpfen, und gleichsam vertreiben. 2) + Ausplaudern, ausschwatzen. Ein Geheimniß ausklatschen. 3) + Aufhören zu klatschen, d. i. zu plaudern, als ein Neutrum mit haben. Wenn wirst du ausgeklatschet haben.


Ausklauben (W3) [Adelung]


Ausklauben, verb. reg. act. 1) Klaubend, d. i. mit den vordersten zwey Fingern, auslesen. Erbsen, Linsen u. s. f. ausklauben, auslesen. Die Erze ausklauben, in den Bergwerken, sie auslesen. 2) Heraus klauben, doch nur in der figürlichen Bedeutung, durch das Nachdenken heraus bringen, ersinnen. Etwas Neues ausklauben. Was besser Gottesdienst ist nirgend auszuklauben, Für Gottes Ruhm zugleich und für der Menschen Glauben, Opitz.

Anm. Im Hochdeutschen wird dieses Wort in der ersten Bedeutung sehr selten, in der zweyten aber nur in verächtlicher Bedeutung gebraucht. Im Hochdeutschen hingegen, wo es in beyden Bedeutungen üblich ist, hat es keinen niedrigen Nebenbegriff. Opitz muß bloß nach dieser Mundart beurtheilet werden.


Auskleiben (W3) [Adelung]


Auskleiben, verb. reg. act. 1) Inwendig bekleiben. Einen Schrank auskleiben. 2) Verkleiben, zukleiben. Die Löcher in den Wänden, eine Wand mit Lehm auskleiben. Daher die Auskleibung. S. Kleiben und Kleber.


Auskleiden (W3) [Adelung]


Auskleiden, verb. reg. act. 1) Der Kleider entledigen. Sich auskleiden, in der edlern Sprechart für das niedrigere ausziehen. Einen andern auskleiden. 2) Mit Kleidern besonderer Art versehen. Sich als einen Bauer auskleiden. Sich auf das Beste auskleiden. Ausgekleidete Puppen. Daher die Auskleidung.


Auskleinen (W3) [Adelung]


* Auskleinen, verb. reg. act. welches nur in dem Bergbaue üblich ist, in kleinen Stücken heraus bringen, besonders von dem Herausklauben der Erze aus den Halden, weil der Ertrag davon sehr geringe ist. So auch die Auskleinung.


Auskleistern (W3) [Adelung]


Auskleistern, verb. reg. act. inwendig bekleistern. Einen Kasten mit Papier auskleistern.


Ausklingeln (W3) [Adelung]


Ausklingeln, verb. reg. act. durch Klingeln beschimpfen; eine ehemahlige Strafe der Pagen in Dresden, da sie von der Küche aus um den Schloßhof geführet wurden, und ein Kochjunge voran ging, welcher mit einem blechernen Kochlöffel auf eine Casserolle klingelte.


Ausklopfen (W3) [Adelung]


Ausklopfen, verb. reg. act. 1) Durch Klopfen heraus bringen. Den Staub ausklopfen, aus den Kleidern. Anis, Kümmel u. s. f. ausklopfen. Ingleichen metonymisch, auf diese Art reinigen oder von etwas befreyen. Die Kleider, die Felle ausklopfen. 2) In den Bergwerken, das Ende des Tagewerkes durch Klopfen anzeigen. So auch die Ausklopfung.


Ausklügeln (W3) [Adelung]


Ausklügeln, verb. reg. act. durch Klügeln heraus bringen. Er will alles ausklügeln. Daher die Ausklügelung.


Ausknebeln (W3) [Adelung]


Ausknebeln, verb. reg. act. durch Herausthuung des Knebels in Freyheit setzen. Einen Hund ausknebeln, beyden Jägern, ihn von der Kette los machen; im Gegensatze des Einknebelns. Auch, einen Hund ausknebeln, wenn er sich verbissen hat, vermittelst des Knebels los machen. Daher die Ausknebelung.


Auskneten (W3) [Adelung]


Auskneten, verb. reg. act. zur Genüge kneten, so lange kneten, als nöthig ist; bey den Bäckern auswirken. Ingleichen, aufhören zu kneten, Hos. 7, 4. Daher die Ausknetung in der ersten Bedeutung.


Ausknüpfen (W3) [Adelung]


Ausknüpfen, verb. reg. act. durch Öffnung des Knotens heraus nehmen, aufknüpfen und heraus nehmen.


Auskochen (W3) [Adelung]


Auskochen, verb. reg. 1. Activum. 1) Durch Kochen heraus bringen. Das Fett auskochen, aus dem Fleische. Ingleichen auf solche Art reinigen. Ein Gefäß auskochen. Die Wäsche auskochen. 2) Zur Genüge kochen. Der Koch hat das Fleisch nicht ausgekochet. 2. Neutrum. 1) Mit seyn, im Kochen auslaufen. Die Köchinn hat alles Wasser auskochen lassen. 2) Mit haben, aufhören zu kochen, nicht mehr kochen. Daher die Auskochung.

Anm. Etwas mit einem auszukochen, auszumachen, haben, sie mögen es mit einander auskochen, ausmachen, und, die Sachen sind noch nicht ausgekocht, noch nicht zur Reife gekommen, sind niedrige Arten zu reden.


Ausköken (W3) [Adelung]


+ Ausköken, verb. reg. act. welches in die niedrigste Sprechart gehöret, ausspeyen, im Erbrechen von sich geben, aber doch Es. 28, 7, figürlich gebraucht wird. Sie sind toll im Weißagen und köken die Urtheil aus.


Auskommen (W3) [Adelung]


Auskommen, verb. irreg. neutr. ( S. Kommen,) welches mit dem Hülfswort seyn verbunden wird.1. Heraus oder hinaus kommen. 1) In eigentlicher Bedeutung, obgleich nur selten. Die jungen Hühner sind noch nicht ausgekommen, aus den Eyern. Man kann hier weder aus- noch einkommen; wo man aber noch häufiger das kommen wegläßt: man kann hier weder aus noch ein. 2) In weiterer Bedeutung, aus dem Hause kommen, unter die Leute kommen. Ich bin heute noch nicht ausgekommen. Er kommt das ganze Jahr nicht aus. 3) Figürlich. (a) Bekannt werden, im gemeinen Leben. Die Sache wird gewiß auskommen. Ich muß mein Möglichstes thun, daß es nicht auskomme. Durch mich soll es nicht auskommen. (b) Entstehen, doch nur von Feuersbrünsten. Es ist Feuer in der Stadt ausgekommen. Das Feuer ist bey ihm, durch ihn ausgekommen. Kero gebraucht usquehman auch in andern Fällen für entstehen.2. Bis zu Ende kommen, doch nur in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. 1) Zu einer gewissen Absicht genug haben. Der Schneider wird mit dem Zeuge nicht auskommen. Besonders zu seinem Unterhalte genug haben. Ich kann mit diesem Gehalte nicht auskommen. Er kann gar wohl auskommen, hat seinen reichlichen Unterhalt. S. auch das folgende Hauptwort. 2) Seine Absicht mit etwas erreichen. Er Kann seiner Rechnung nicht auskommen, kann sie nicht gehörig ablegen. Mit dieser Entschuldigung werden sie dieß Mahl nicht auskommen, Gell. 3) Mit einem auskommen, friedlich mit ihm leben. Es kann niemand mit ihm auskommen. Es ist mit ihm nicht auszukommen. Wie gut werden sie nicht mit ihm auskommen! Gell.


Auskommen (W3) [Adelung]


Das Auskommen, des -s, plur. car. 1) Was man zu seinem Unterhalte gebraucht. Sein nothdürftiges Auskommen haben, so viel haben, als man zu seiner gegenwärtigen Nothdurft gebraucht. Sein reichliches Auskommen haben, so viel haben, als auch zum Wohlstande gehöret. Eine Bedienung mit einem geringen Auskommen. Sein Auskommen an einem Orte, bey einer Waare, bey einer Sache finden. Im Oberdeutschen hat man davon das Adjectivum auskömmlich; ein auskömmliches Amt, wobey man seyn Auskommen hat. 2) Der friedliche Umgang mit einem andern, im gemeinen leben. Ich sehe wohl, mit euch ist kein Auskommen. 3) Mittel und Wege zur Erreichung einer Absicht. ein Auskommen treffen. S. auch Auskunft.


Auskoppeln (W3) [Adelung]


Auskoppeln, verb. reg. act. von der Koppel los machen, befreyen. Die Jagdhunde auskoppeln.


Auskörnen (W3) [Adelung]


Auskörnen, verb. reg. act. die Körner heraus brechen oder heraus nehmen; doch nur in der figürlichen Bedeutung, für Auslesen, aussuchen. Eine ausgekörnte, d. i. auserlesene Waare, wo man doch wohl richtiger ausgekernte sagen würde. S. Auskernen.


Auskosten (W3) [Adelung]


Auskosten, verb. reg. act. 1) Durch Kosten auslesen. Einen Wein auskosten. Ein ausgekosteter, auserlesener, Wein, Zimmt, Gewürze u. s. f. auskosten. 2) Durch vieles Kosten alle machen. Daher die Auskostung.


Ausköthen (W3) [Adelung]


Ausköthen, verb. reg. act. die Köthe verrenken, sich ausköthen. Das Pferd hat sich ausgeköthet. Daher die Ausköthung. In den gemeinen Mundarten wird dieses Wort oft auskütten, und auskeuen gesprochen.


Auskragen (W3) [Adelung]


* Auskragen, verb reg. act. hervor stehend machen; ein Wort, welches nur noch in der Baukunst üblich ist, wo es vornehmlich von den Mauern gebraucht wird, wenn sie in einer gewissen Höhe immer weiter heraus gerücket werden. Daher die Auskragung. S. Kragstein und Kragen.


Auskrähen (W3) [Adelung]


Auskrähen, verb. reg. act. durch Krähen verkündigen. Minervens muntrer Hahn kräht oft den Morgen aus, Günth.


Auskramen (W3) [Adelung]


Auskramen, verb. reg. act. den Kram, d. i. die Waare auslegen. Waaren auskramen. Figürlich und zugleich mit einiger Verachtung, aus Prahlerey sehen lassen, zeigen. In einer Rede seine ganze Gelehrsamkeit auskramen. Daher die Auskramung.


Auskranken (W3) [Adelung]


+ Auskranken, verb. reg. act. durch Krankheit aus dem Körper schaffen. Eine genossene schädliche Speise auskranken müssen.


Auskratzen (W3) [Adelung]


Auskratzen, verb. reg. act. kratzend heraus bringen. Einem die Augen auskratzen. Etwas Geschriebenes auskratzen. Daher die Auskratzung.


Auskrebsen (W3) [Adelung]


Auskrebsen, verb. reg. act. Einen Bach auskrebsen, alle Krebse in demselben wegfangen. Daher die Auskrebsung.


Auskriechen (W3) [Adelung]


Auskriechen, verb. irreg. neutr. ( S. Kriechen,) mit seyn, heraus kriechen. Die Küchlein, die Vögel, sind noch nicht ausgekrochen, aus den Eyern.


Auskröbsen (W3) [Adelung]


Auskröbsen, verb. reg. act. von dem Kröbs oder Kerngehäuse befreyen. Äpfel auskröbsen. Im gemeinen Leben auch häufig ausgriepsen. S. Kröbs.


Auskrücken (W3) [Adelung]


Auskrücken, verb. reg. act. mit der Krücke reinigen. Den Backofen auskrücken, bey den Bäckern.


Auskühlen (W3) [Adelung]


Auskühlen, verb. reg. act. durchaus kühl machen. ein Zimmer, einen Ofen auskühlen. Das Brot auskühlen lassen, als ein Neutrum. In den Küchen kühlet man das Fleisch aus, wenn man es, nachdem es eine Zeit lang gekocht hat, in warmen Wasser abwäschet.


Auskundschaften (W3) [Adelung]


Auskundschaften, verb. reg. act. durch Kundschaft heraus bringen, ausforschen. Alles auskundschaften. Was wolltest du für Geheimnisse haben, als mich auszukundschaften? Schleg. Im Oberdeutschen ist in dieser Bedeutung auskunden und auskündigen üblich, obgleich auskündigen daselbst auch so viel als verkündigen bedeutet. Daher die Auskundschaftung. S. Kundschaft.


Auskunft (W3) [Adelung]


Die Auskunft, plur. inusit. das Abstractum von auskommen, in dessen figürlichen Bedeutungen. 1) Für das Auskommen, in der Bedeutung des Unterhaltes. Seine gute Auskunft haben, 2) Für Mittel und Wege zu Erreichung einer Absicht, wofür auch wohl Auskunftsmittel gebraucht wird, welches aber wegen der vielen Consonanten eine ungewöhnliche Härte hat. Eine Auskunft erdenken. Ich kann hier keine Auskunft finden. Das ist hier die einzige Auskunft. 3) Nachricht. Auskunft über etwas geben. 4) * Der Ausgang einer Sache, im Oberdeutschen, Wir können uns einer erwünschten Auskunft der hervor stehenden Unterhandlungen schmeicheln.


Auskünsteln (W3) [Adelung]


Auskünsteln, verb. reg. act. künstlich und durch Nachdenken verfertigen, heraus bringen. Er künstelt immer etwas Neues aus.


Auskutten (W3) [Adelung]


* Auskutten, verb. reg. act. welches nur in dem Meißnischen Erzgebirge für ausgraben üblich ist, und am häufigsten von den Halden gebraucht wird. Eine Halde auskutten, welches sonst ausklauben heißt. Von den alten Deutschen Raute, Rot, eine Grube. S. Kutten.


Auslachen (W3) [Adelung]


Auslachen, verb. reg. act. 1) Mit Schadenfreude über jemanden lachen; dagegen verlachen mit Spott und Verachtung verbunden ist, belachen aber bloß andeutet; daß man über etwas als eine lächerliche Sache lacht. jemanden auslachen, mit Schadenfreude über ihn lachen. Es lacht ihn jedermann aus. Man wird dich damit auslachen. Daher die Auslachung und die Beywörter auslachenswerth und auslachenswürdig. 2) Zu Ende lachen, seinen Trieb zu lachen befriedigen, als ein Neutrum. aber lassen, sie uns jetzt erst recht auslachen, Weiße.


Ausladen (W3) [Adelung]


Ausladen, verb. irreg. act. S. Laden. 1) Heraus laden, d. i. hervor stehend machen; in welcher Bedeutung besonders das Particip. Pass. ausgeladen, in der Baukunst und bey verschiedenen Holzarbeitern von den Gesimsen gebraucht wird, für hervor ragend. S. auch Ausladung. Laden scheinet in diesem Falle noch seine erste eigenthümliche Bedeutung zu haben, da es so viel als einen Haufen bezeichnete, in welchem Verstande das Isländ. lad, hlad, und das Schwedische Zeitwort lada, häufen, noch gebräuchlich ist. 2) eine Last, oder eine Sache, die als eine last betrachtet wird, heraus heben. Waaren ausladen, aus dem Schiffe. Ingleichen metonymisch. Ein Schiff ausladen. S. auch Löschen. 3) Ein Gewehr ausladen, die Ladung aus demselben heraus ziehen, welches vermittelst des Ausladezeuges oder des Kugelziehers geschiehet. So auch die Ausladung.


Auslader (W3) [Adelung]


Der Auslader, des -s, plur. ut nom. fing. 1) Ein Arbeiter, der zum Ausladen der Waaren oder Schiffe bestellet ist. S. auch Ablader und Auflader. 2) In der Physik ist es ein Werkzeug zum Ausziehen der elektrischen Funken und zur Entladung der Falschen und Batterien.


Ausladung (W3) [Adelung]


Die Ausladung, plur. die -en. Von der ersten Bedeutung des Verbi. 1) Das Hervorragen eines Theiles an einem Ganzen von dem andern; in der Baukunst, das Hervorragen eines Gesimses vor dem andern, ohne Plural; der Vorsprung, der Auslauf. 2) Das Maß dieser Hervorragung, oder die Weite,, um welche ein Glied oder dessen Theil weiter hervor raget, als das andere, wodurch es sich von dem Auslauf unterscheidet, welches die Weite andeutet, um welche der äußerste Rand eines Gliedes von der Achse der Säule entfernet ist, obgleich manche beyde Ausdrücke als gleichgültig betrachten. 3) Derjenige Theil eines Ganzen, der vor dem andern hervor raget. So werden in einigen Gegenden in dem Reiche die Ärker auch Ausladungen genannt.2. Von der zweyten Bedeutung des Verbi, die Handlung des Ausladens der Waaren oder eines Schiffes.


Auslage (W3) [Adelung]


Die Auslage, plur. die -n. 1) Das Auslegen, oder das Abstractum dieses Wortes, doch nur so fern es von dem Gelde gebraucht wird. Die Auslage thun, Geld für einen andern auslegen. 2) Was ausgelegt wird. (a) Ausgelegtes Geld. Einem die Auslage wieder erstatten. Alle Auslagen vergüten. (b) In den Marschländern ein Deich, der weiter hinaus gegen das Wasser zu geleget oder gezogen wird. 3) Der Ort, auf welchem etwas ausgeleget wird. So pflegen die Kaufleute einen Tisch, auf welchem sie ihre Waaren zur Schau auslegen, eine Auslage zu nennen; in Hamburg die Toonbank, von dem Niedersächsischen tonen, zeigen.


Ausland (W3) [Adelung]


* Das Ausland, des -es, plur. die -länder, ein auswärtiges, oder außer einem gewissen Bezirke, außer gewissen Verbindungen liegendes Land; ein Wort, welches so wohl im Ober- als Niederdeutschen üblich, im Hochdeutschen aber fremd ist, ob es gleich hier an einem schicklichen Worte mangelt, diesen Begriff auszudrucken, auch die abgeleiteten Ausländer, und ausländisch völlig gangbar sind. Zu dir, der auch des Auslands Weisheit kennet, Alxing. In den Niederdeutschen Marschländern ist es ein stelpflichtiges Land, welches von der Sielarbeit in Natura befreyet ist, aber dafür zu den baren Kosten doppelt zahlet; im Gegensatze des Einlandes, welches nebst dem ordentlichen Geldbeytrage, auch die Arbeiten in Natura verrichten muß. S. auch Außenland, welches aber hiervon noch verschieden ist.

Anm. Ußgeland und Ingeland bedeuten in den Urfunden der mittlern Zeiten mehrmals Äcker, welche außerhalb und innerhalb einer Herrschaft liegen. Bey dem Spelmann ist Utland dasjenige Land, welches ein Herr an andere austhut, um es anzubauen. Ottfried gebraucht Uzlente überhaupt für Land und Ufer, im Gegensatze des Wassers. Daher bedeutet ausländen in der Schweiz noch jetzt, aus dem Wasser an das Land bringen; z. B. einen Todten ausländen.


Ausländer (W3) [Adelung]


Der Ausländer, des -s, plur. ut nom. fing. Fämin. die Ausländerinn, plur. die -en, der, oder die aus einem fremden oder auswärtigen Lande gebürtig ist, im Gegensatze des Einländers, oder Inländers.

Anm. In Boxhorns Glossen wird Uzlenti durch exules erkläret. Kero nennet einen Ausländer Gangar, von gehen, gleichsam einen Wanderer. In dem 1514 gedruckten Deutschen Livius findet sich dafür das Wort Herkommermann, und in Schwaben werden Ausländer Ausgesessene genannt. S. auch Ausbürger.


Ausländisch (W3) [Adelung]


Ausländisch, -er, -te, adj. et adv. was aus einem fremden oder auswärtigen Lande ist, im Gegensatze des inländischen oder einheimischen. Ausländische Waaren, ausländische Sitten. Einige Handwerker nennen auch diejenigen Ausländische, welche nicht zu einer und eben derselben Zunft gehören, wenn sie gleich von Einem Handwerke sind.


Auslangen (W3) [Adelung]


Auslangen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches nur im gemeine Leben üblich ist, bis zu Ende langen, d. i. auskommen. Ich lange mit so wenig Zeug nicht aus. Ich kann damit nicht auslangen. Auch in der figürlichen Bedeutung. Du wirst damit nicht auslangen, du wirst mit dieser Entschuldigung, Ausflucht u. s. f. nicht fortkommen, deine Absicht nicht erreichen. Daher die Auslangung.


Auslängen (W3) [Adelung]


Auslängen, S. Auslenken.


Auslassen (W3) [Adelung]


Auslassen, verb. irreg. act. ( S. Lassen,) welches, so wie die meisten mit lassen zusammen gesetzten Verba, ein anderes Verbum voraus setzet. Es bedeutet aber, 1) ausschmelzen, oder ausfließen lassen. Butter, Fett, Talg auslassen, ausschmelzen. Ausgelassene Butter. 2) Aus einander lassen. Ein Kleid auslassen, bey den Schneidern, es durch Auftrennung einer eingeschlagenen Naht weiter machen. Den Leithund auslassen, bey den Jägern, ihm das Seil nachlassen. 3) Ausbleiben lassen, weglassen. Eine Stelle, ein Wort auslassen. Ein ausgelassenes Wort. 4) * Ausgehen lassen, von dem Feuer. Den Ofen auslassen, in den Schmelzhütten, aufhören zu arbeiten, Schicht machen. 5) Hinaus lassen. (a) Eigentlich. Einen auslassen, aus dem Zimmer. Das Vieh auslassen, aus dem Stalle. (b) Figürlich, bekannt werden lassen. (1) * Einen Befehl auslassen, in Oberdeutschland, wofür man in Hochdeutschen lieber erlassen sagt. (2) Seine Gedanken über etwas auslassen, bekannt machen. Ingleichen metonymisch, sich über etwas auslassen, seine Gedanken darüber durch Worte an den Tag geben. Er ließ sich hierüber sehr nachdrücklich gegen mich aus. Weil ihre falsche Zunge sichHat ausgelassen wider mich, Opitz, Pf. 109. Ob es gleich in dieser absoluten Bedeutung im Hochdeutschen nicht mehr gebräuchlich ist. (3) * Sich auslassen, sich zeigen, eine im Hochdeutschen seltene Bedeutung. Wie dieses Gaben der Natur sind, also hat menschliche Kunst und Arbeit sich hierbey nicht weniger ausgelassen, Opitz. Der Vers erfordert Muth, der Muth entspringt vom Himmel; Giebt dieser Sonnenschein, so läßt sich jener aus, Günth. (4) Freyen Lauf lassen, ausbrechen lassen. Seine Empfindlichkeit über etwas auslassen. Lassen sie doch ihren Eifer nicht an mir aus, Gell. Dann wird dein Freund noch ein Mahl seinen Zorn für die Sache der Tugend auslassen. Dusch. Lassen sie ihren Schmerz in verdiente Verwünschungen aus, Less. Sie würde alle ihre Wuth (edler, ihre ganze Wuth) gegen diese Unschuldige auslassen, ebend. (5) Gehöret hierher auch das Particip. Passiv ausgelassen, denjenigen sittlichen Zustand zu bezeichnen, da man seine Begierden, besonders den trieb zur Lustigkeit ohne alle Einschränkungen zu befriedigen sucht. Er ist ganz ausgelassen, auf eine ausschweifende Art lustig. Ein ausgelassener Mensch. Warum soll ich denn auf eine ausgelassene Art lustig seyn? Gell. S. auch Ausgelassenheit.So auch die Auslassung in allen eigentlichen Bedeutungen des Verbi.

Anm. Die Figur in der letzten Bedeutung scheinet von dem jungen Viehe hergenommen zu seyn, welches seine Freude auf eine ausschweifende Art an den Tag leget, wenn es aus den Ställen gelassen wird. Auf dieses Bild scheinet Opitz gezielet zu haben, wenn er an einem Orte fragt: Wo ist der tolle Mars nicht leider ausgelassen? Eben derselbe gebraucht das Verbum auslassen in diesem Verstande in einer guten Bedeutung, für seine Freude durch äußerliche Zeichen an den Tag legen: Ich lasse mich vor Freuden aus, Weil ich kann sehen und verstehen u. s. f. Ps. 122. Es lasse nunmehr Gottes Haus, Der Berg Zion sich fröhlich aus, Ps. 48. Welches aber im Hochdeutschen nicht nachgeahmet werden darf. Übrigens kommt Uzlazen, Uzlazzen, und Uzliazzen, in der eigentlichen Bedeutung schon bey dem Notker und Ottfried vor.


Auslauf (W3) [Adelung]


Der Auslauf, des -es, plur. die -läufe. 1) Die Handlung des Auslaufens; doch nur in einigen Bedeutungen, und ohne Plural. Der Auslauf des Wassers, eines Schiffes. Die Flotte ist bereits zum Auslaufe fertig. 2) Das Hervorragen der Theile eines Ganzen, besonders in der Baukunst, wo das Hervorragen der Glieder oder Stücke ein Ordnung der Auslauf genannt wird. Auch führet diesen Nahmen die Weite, um welche ein solches Glied von der Achse der Säule oder von der Mitte des Körpers, auf welchem er liegt, hinaus reicht. An den Kanonen ist es die Entfernung der Zierrathen von der Seele des Geschützes. S. auch Ausladung. 3) * Dasjenige was ausläuft, oder eine gewisse gegebene Größe über übersteiget. So wird in den Salzwerken der Gewinn, der nach Abzug der Kosten dem Gutsherren zufällt, und der in dem Bergbaue die Ausbeute heißt, der Auslauf, oder, wie man auch an einigen Orten sagt, der Ausläufer, die Ausläufte, genannt. Auf seinem Auslaufe sitzen, diese Nutzung genießen. 4) Der Ort, auf welchen man aus einem andern Orte läuft. In dem Jagdwesen heißt derjenige ebene und lichte Platz vor einem Tagen, auf welchen die eingestellten Hirsche und Sauen vorgejaget werden, der Auslauf oder Ausflug.


Auslaufen (W3) [Adelung]


Auslaufen verb, irreg. ( S. Laufen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Aus ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn.1. Aus einem Orte laufen. 1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung. Die Schiffe sind bereits ausgelaufen, aus dem Hafen. Die Flotte ist zum Auslaufen fertig. Der Sand, das Wasser (in der Uhr) ist ausgelaufen. Er läuft alle Tage aus geht unter die Leute, aus dem Hause, in verächtlicher Bedeutung. Der Wein, das Bier läuft aus, aus dem Fasse. Noch mehr aber metonymisch, das Faß, der Zimmer, das Gefäß läuft aus, wofür die Böttcher sagen, das Faß thränt oder weinet. Die Erbsen laufen aus, in der Landwirthschaft, theils wenn sie aus dem Hülsen fallen, theils aber auch, wenn sie, nachdem sie gesäet worden, durch einen Regen von der Erde entblößet werden. 2) Figürlich. (a) Sich ausbreiten, einen größern Raum einnehmen. So sagt man von Bäumen und Pflanzen, wenn ihre Wurzeln Sprossen über sich in die Höhe treiben, daß sie auslaufen; S. auch Ausläufer. Wenn in den Buchdruckereyen eine Schrift wieder aufgeleget wird, und diese Auflage wird an Bogenzahl stärker als die erste, so heißt es gleichfalls, die Schrift ist um zwey, drey Bogen ausgelaufen. Ingleichen überhaupt hervor ragen, hervor stehen. Die Gesimse einer Säule laufen zu beyden Seiten aus. S. Auslauf. (b) Sich endigen, doch nur in der niedrigen R. A. Alles Unglück wird über dich auslaufen.2. Von einem gewissen Ziele anfangen zu laufen. Die Ehre ist am Ziele, und von dem Ziele läuft man nicht aus, Less.II. Aus einem Reciprocum. Sich auslaufen. 1) + Im gemeinen Leben sich durchlaufen die gehörige Bewegung machen. Das Kind muß sich auslaufen. Ingleichen, sich durch Laufen ermüden. Wenn man sich den ganzen Tag hindurch ausgelaufen hat. 2) Die Zapfenlöcher laufen sich aus, wenn sie durch die Länge der Zeit erweitert werden. Ausgelaufene Zapfenlöcher.III. * Als ein Activum, in welcher Gattung es aber nur in dem Bergbaue üblich ist, wo es so viel bedeutet, als die aus derGrube geförderten Erze oder Berge vermittelst des Auslaufkarrens weiter schaffen. Eine Last von 70 Pfund zu Tage auslaufen. S. Laufen.


Ausläufer (W3) [Adelung]


Der Ausläufer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Bedienter, welchen man zum verschicken gebraucht. 2) Die Sprossen aus den Wurzeln eines Baumes oder einer Pflanze, welche in einigen Gegenden Würzlinge heißen. Die Bäume werden oft durch Ausläufer fortgepflanzt. Bey dem Hopfen werden diese Ausläufer Laufschleiche genannt. 3) In den Salzwerken, so wie Auslauf 3).


Ausläufte (W3) [Adelung]


* Die Ausläufte, plur. inusit. S. Auslauf 3).


Auslaufung (W3) [Adelung]


Die Auslaufung, plur. inusit. die Handlung des Auslaufens in der thätigen Bedeutung des Verbi. In der Baukunst zuweilen auch so viel wie Auslauf 2); S. dieses Wort.


Auslaugen (W3) [Adelung]


Auslaugen, verb. reg. act. 1) Vermittelst einer Lauge, oder warmen Wassers, heraus bringen. Salz auslaugen, aus der Asche. Kupfer auslaugen, es mit warmen Wasser aus den gerösteten Kupfererzen ausziehen. Ingleichen auf solche Art von dem Salze oder den salzartigen Theilen befreyen. Ausgelaugete Asche, ausgelaugete Kupfererze. 2) Von einer Lauge gehörig durchbringen lassen. Neue Fässer auslaugen. So auch die Auslaugung.


Auslausen (W3) [Adelung]


* Auslausen, verb. reg. act. in dem Bergbaue. 1) Die Wandruthen und Unfälle aushauen, daß der Kämpfelzapfen darein getrieben werden kann. Daher die Auslausung. 2) Die verschlungenen Glieder einer Kette wieder in Ordnung bringen. In beyden Bedeutungen scheinet es nur eine verderbte Aussprache von auslösen zu seyn. 3) Eben daselbst, Läuse, d. i. hölzerne Keile, zur Ausfüllung in die Zimmerung treiben, wenn selbige nicht paßt.


Auslauten (W3) [Adelung]


Auslauten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, einen Laut von sich geben, im gemeinen Leben. Er kann kaum auslauten.


Ausläuten (W3) [Adelung]


Ausläuten, verb. reg. act. 1) Das Ende einer Sache durch Läuten anzeigen. Die Kirche, die Messe ausläuten, im Gegensatze des Einläutens. 2) Das letzte Zeichen mit den Glocken geben; ingleichen aufhören zu läuten, als ein Neutrum. Man hat schon ausgeläutet. Daher die Ausläutung.


Ausläutern (W3) [Adelung]


* Ausläutern, verb. reg. act. welches nur im Forstwesen üblich ist, lauter, oder helle machen; auslichten. Einen Wald, ein Holz ausläutern, aushauen. Daher die Ausläuterung.


Ausleben (W3) [Adelung]


Ausleben, verb. reg. act. bis zur Ende einer Zeit oder Begebenheit leben; wodurch es sich von erleben, und überleben unterscheidet, ob es gleich nur im gemeinen Leben üblich ist. Er hofft dieses Jahr noch auszuleben.


Auslecken (W3) [Adelung]


Auslecken, verb. reg. act. durch Lecken heraus schaffen. Den Honig, die Milch auslecken. Ingleichen auf solche Art leer machen, oder reinigen. Die Schüssel auslecken.


Ausledern (W3) [Adelung]


Ausledern, verb. reg. act. 1) Inwendig mit Leder versehen. Eine Pumpe ausledern; auch nur ledern schlechthin. 2) + Ausprügeln, in den niedrigen Sprecharten.


Ausleeren (W3) [Adelung]


Ausleeren, verb. reg. act. 1) Völlig leer machen. Ein Zimmer, einen Schrank, ein Gefäß ausleeren. Einem den Beutel ausleeren, in gemeinen Scherze, ihn durch Verleitung zu Ausgaben von barem Gelde entblößen. Die Jäger gebrauchen dieses Wort von den Hunden, wenn sie ihre Nothdurst verrichten. 2) Aus dem menschlichen Körper schaffen. Bauchflüsse, wo Blut durch den Stuhlgang ausgeleeret wird. Die Ausleerung des Blutes, die Aberlaß. Schweiß und Ausdünstung sind Ausleerungen von ganz verschiedener Art.


Auslegen (W3) [Adelung]


Auslegen, verb. reg. act. 1) Hinaus legen. (a) In eigentlicher Bedeutung. Die Leinwand auslegen, zum Bleichen. Seine Waaren auslegen, zum Verkaufe, oder zur Schau. (b) Figür- lich, so fern legen ehedem auch für bezahlen gebraucht wurde, an einen andern bezahlen, doch mit den Nebenbegriffen, daß solches für einen andern zu einem bestimmten gebrauche und als ein Darlehn geschiehet; und auch hier wird es nur von kleinen Summen gebraucht. Für jemanden auslegen, bezahlen. Ich will es inzwischen auslegen. Es ist mein ausgelegtes Geld. (c) Zur Vermehrung hinlegen; nur in einigen Fällen. Sein Geld auf Wucher auslegen, an andere verleihen. Auf 400 Stämme guter Maulbeerbäume kann man 10 bis 12 Loth Eyer (von Seidenwürmern) auslegen. 2) In etwas Vertieftes legen, und es gleichsam damit ausfüllen. Etwas mit Silber, Gold, Elfenbein Bernstein u. s. f. auslegen. Ausgelegte Arbeit, die auf solche Art gezieret ist. 3) Aus einander legen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, den Sinn einer Rede, die Absicht einer Handlung erforschen und anzeigen. Eine Schrift, einen Satz auslegen. Das wird ihm übel, gut ausgeleget. Etwas zum besten, zum schlimmsten, oder auf das beste, auf das schlimmste auslegen. Einem etwas als einen Hochmuth auslegen; welche Wortfügung mit als der mit für und zu vorzuziehen ist: einem etwas für einen Hochmuth, oder zum Hochmuthe auslegen.

Anm. In dieser letzten Bedeutung ist auslegen eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Lat. explicare. Ehe die Gewohnheit den Gebrauch des Deutschen Verbi fest gesetzet hatte, suchte man den Sinn des Lateinischen auf andere Art auszudrucken. Kero gebraucht dafür kefaldan, gleichsam entfalten, Ottfried antfristan, über dessen Bedeutung die Sprachforscher noch nicht einig sind, und Tatian, arrekin, erreichen.


Ausleger (W3) [Adelung]


Der Ausleger, des -s, plur. ut nom. sing. Fämin. die Auslegerinn. 1) Eine Person, welche eine Schrift, oder Stelle in derselben ausleget. Die Ausleger der heiligen Schrift. Die Geschichte ist eine Auslegerinn der göttlichen Vorsehung. 2) Eine Art Wachtschiffe. S. Auslieger.


Auslegung (W3) [Adelung]


Die Auslegung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Auslegens, ohne Plural, besonders in der dritten Bedeutung dieses Wortes, die Erforschung de Sinnes einer Schrift oder Rede. Daher die Auslegungskunst, die Kunst, eines andern Reden oder Schriften zu erklären, die Hermeneutik. 2) Der erforschte Sinn einer Rede oder Schrift selbst. Eine richtige, falsche, gezwungene Auslegung. Alle diese Auslegungen erreichen den Sinn der rede nicht. 3) Diejenige Schrift, worin die Rede oder Schrift eines andern ausgeleget wirb.


Auslehnen (W3) [Adelung]


Auslehnen, verb. reg. act. an andere verlehnen. Sein Geld auf Wucher auslehnen. Ein Pferd auslehnen. Daher die Auslehnung. S. auch Ausleihen, und Lehnen.


Auslehren (W3) [Adelung]


Auslehren, verb. reg. act. zur Genüge unterrichten, bis zur Vollkommenheit lehren, im gemeinen Leben. - Wer diesem folgen kann, Der ist schon ausgelehrt, und hat genug gethan, Opitz. S. auch Auslernen.


Ausleiden (W3) [Adelung]


Ausleiden, verb reg. act. et neutr,. im letzten Falle mit haben, wie ausdulden. 1) Bis zu Ende leiden. Laß mich ausleiden. 2) Ein Leiden überstehen, aufhören zu leiden. Er hat nun ausgelitten. Ausgelitten hast du, ausgerungen, armer Jüngling, deinen Todesstreit, Wiel.


Ausleihen (W3) [Adelung]


Ausleihen, verb. irreg. act. S. Leihen, an andere verleihen, wie auslehnen; nur daß ausleihen eigentlich Oberdeutsch ist, und im Hochdeutschen für edles gehalten wird, als dieses. S. Leihen. Sein geld ausleihen, Geld auf Zinsen ausleihen. Ein Pferd ausleihen. Daher der Ausleiher, der etwas an andere leihet, und die Ausleihung.


Auslenken (W3) [Adelung]


Auslenken, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, auswärts lenken, hinaus lenken. In den Bergbaue, wo diesesWort gemeiniglich auslängen gesprochen wird, bedeutet es einen Ort neben dem Gange treiben; ingleichen auf einem überfahrenes Gange weiter fortbrechen; S. auch Ausbrechen. Ortweise von dem Hauptgange auslenken, einen Ort von dem Hauptgange nach, zufälligen Geschichte treiben. Daher die Auslenkung.

Anm. Ramler gebraucht dieses Wort ein Mahl in der eigentlichen Bedeutung für ausweichen. Siehe er lenkt unsern Ehrenbogen aus. Vermuthlich ist hier durch einen Druckfehler der Accusativ für den Dativ gesetzt worden, welche letztere Endung auslenken in dieser Bedeutung erfordern würde. An einem andern Orte gebraucht er in eben dieser Bedeutung das sonst ganz ungewöhnliche verlenken: und ob er auch diesen Triumph verlenkt.


Auslernen (W3) [Adelung]


Auslernen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende lernen. 1) Der Zeit nach, in welcher Bedeutung es bey den Handwerken sehr üblich ist. Auf ein Handwerk, oder eine Kunst auslernen, oder ausgelernet haben. Ein ausgelernter Junge, der bereits ausgelernet hat. 2) Figürlich, der Erkenntniß nach. Auf etwas ausgelernet haben, im gemeinen Leben, sehr erfahren darin seyn. Sie, ein Mann, der in der Kunst zu verführen ausgelernet hat, Less. Zuweilen auch als ein Activum. Die Gefahr läßt sich nicht auslernen. Einen Menschen auslernen, ihn völlig kennen lernen.

Anm. Bey den Handwerkern wird dieses Wort auch thätig für auslehren gebraucht; z. B. einen Jungen auslernen, ihn die gesetzte Zeit in der Lehre behalten. Dieser Gebrauch rühret aus der sehr alten Verwechselung der Wörter lehren und lernen her, die besonders den Niedersachsen anhängt. S. diese Wörter.


Auslesen (W3) [Adelung]


Auslesen, verb. irreg. act. S. Lesen. 1. Von Lesen, colligere, aus mehrern Dingen heraus lesen oder suchen. Sich eine Waare auslesen. Ausgelesene Mannschaft. Er hat das Auslesen, d. i. die Freyheit des Auslesens. Ingleichen durch Auslesung des Untauglichen reinigen. Erbsen, Früchte auslesen.2. Von lesen, legere bis zu Ende lesen. Ein Buch auslesen. Lies wenigstens deinen Brief ganz aus, Dusch. Sie lies't das Jahr hindurch die Bibel zwey Mahl aus, Gell. So auch die Auslesung.


Ausleute (W3) [Adelung]


Die Ausleute, S. Ausmann.


Auslichten (W3) [Adelung]


* Auslichten, verb. reg. act. licht, helle machen; ein Wort, welches nur im Forstwesen üblich ist, für aushauen, durch Fällung mehrerer Bäume licht, oder helle machen. Einen Wald auslichten. Ein stark ausgelichtetes Holz. An einigen Orten ist dafür ausläutern und ausleuchten üblich. Daher die Auslichtung.


Ausliefern (W3) [Adelung]


Ausliefern, verb. reg. act. in eines andern Gewalt liefern. Einem eine Gekaufte Waare, ein eingelösetes Pfand ausliefern. Einen Ausreißer an das Regiment, einen Verbrecher der Obrigkeit ausliefern. Daher die Auslieferung.


Ausliegen (W3) [Adelung]


Ausliegen, verb. irreg. S. Liegen. Es ist, 1. ein Activum. 1) Durch langes Liegen hohl machen. 2) Durch langes Liegen fortschaffen. Ich zweifelte, daß der Wein den moderigen Geschmack ausliegen wird. Das Mehl hat alle Feuchtigkeiten ausgelegen. 2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, lange genug liegen, durch langes Liegen vollkommen werden. Der Wein muß ausliegen, oder muß sich ausliegen. Ein ausgelegener Wein.


Auslieger (W3) [Adelung]


Der Auslieger, des -s, plur. ut nom. fing. in der Seefahrt, ein jedes Schiff, welches auf einem Posten lieget, ein Wachtschiff, Nieders. Utlegger, Utligger; im Hochdeutschen zuweilen auch ein Ausleger, welches aber nicht so richtig ist.


Ausloben (W3) [Adelung]


* Ausloben, verb. reg. act. zu geben versprechen, besonders in Niedersachsen. Den Kindern der Meier zu große Abfindungen ausloben. Für die Ausfuhre einer Waare eine Prämie ausloben.


Auslochen (W3) [Adelung]


* Auslochen, verb. reg. act. 1-9 Vermittelst eines Loches heraus hohlen, oder aus einem loche heraus hohlen, in dem Bergbaue. Erze auslochen, sie nur unter dem Rasen und in schwebenden Mitteln, nicht aber aus der Tiefe hohlen. 2) Mit einem Zapfenloche versehen, bey den Zimmerleuten und andern Holzarbeitern. Eine Säule, eine Schwelle auslochen. So auch die Auslochung.


Auslocken (W3) [Adelung]


Auslocken, verb. reg. act. heraus locken, doch nur in der figürlichen Bedeutung. Ein Geheimniß von einem auslocken, es durch List zu erfahren suchen. Ingleichen metonymisch, einen auslocken. Sie thut verschiedene Fragen, ihn auszulocken, Less. Daher die Auslockung.


Ausloden (W3) [Adelung]


* Ausloden, heraus sprossen, von dem Holze, S. Loden.


Auslohen (W3) [Adelung]


Auslohen, verb. reg. act. durch Lohe, d. i. ein Flammenfeuer, heraus bringen, aber reinigen, bey den Feuerwerkern. Eine Stützform auslohen, sie mit Reisholze ausbrennen. Daher sie Auslohung.


Auslohnen (W3) [Adelung]


Auslohnen, verb. reg. act. Die Arbeiter auslohnen, in dem Bergbaue, ihnen den gehörigen Lohn auszahlen. Daher die Auslohnung.


Auslöschen (W3) [Adelung]


Auslöschen, ein Verbum, welches auf gedoppelte Art üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, und irregulärer Conjugation, S. Löschen, ausgehen, unscheinbar werden. 1) Von dem Feuer, völlig aufhören zu brennen. Das Feuer lischt aus. Das Licht ist ausgeloschen. 2) Von einer Schrift. Die Schrift ist völlig ausgeloschen. In beyden Fällen ist das Zeitwort verlöschen im Hochdeutschen gebräuchlicher. 3) Der Kranke wird bald ausloschen, sterben; im gemeinen Leben.II. Als ein Activum. mit regulärer Conjugation, verlöschen machen, unscheinbar machen. 1) Eigentlich von dem Feuer, und einer Schrift. Das Feuer, das Licht auslöschen. Etwas Geschriebenes auslöschen. Meine Thränen löschen alles aus, was die Hand niederschreiben will, Dusch.. 2) Figürlich, vergehen machen. Es gehöret viel dazu, ehe er das Andenken seiner jugendlichen Thorheiten auslöschen wird. Deine Ehre hat einen ewigen Schandfleck erhalten, den nichts als Blut wieder auslöschen kann, Dusch. Eben das, was unsere Liebe zu dem Vaterlande vermehren' sollte, hat sie ausgelöschet. Eine Schuldpost auslöschen, ausstreichen, von der ehemaligen Art auf wächserne Tafeln zu schreiben. Daher das Bey- und Nebenwort auslöschlich, was sich auslöschen läßt, und das Hauptwort die Auslöschung, beyde in den Bedeutungen des Activi.


Auslosen (W3) [Adelung]


Auslosen, verb. reg. act. 1) Vermittelst des Loses ausheben. Rekruten auslosen. 2) Vermittelst des Loses unter die Leute bringen, ausspielen. Waaren auslosen. Ein Pferd auslosen. So auch die Auslosung.


Auslösen (W3) [Adelung]


Auslösen, verb. reg. act. los machen und heraus nehmen. 1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung, da dieses Wort auch als ein edlerer Ausdruck für ausschneiden gebraucht wird. Einem die Zunge auslösen. ingleichen für heraus nehmen. Die Vögel, die Lerchen auslösen, bey den Jägern, sie aus den Schneiden, oder aus dem Klebegarne nehmen. 2) Figürlich, durch Bezahlungen des Lösegeldes frey machen. Einen Gefangenen auslösen. Ein Pfand auslösen, das darauf geborgte Geld wieder erstatten. Die Bälge oder Fänge der Raubthiere auslösen, bey den Jägern, das gesetzte Schieß- oder Fangegeld bezahlen, und alsdann die Bälge oder Fänge an sich nehmen. Hierher gehört auch die Redensart, einen auslösen, in dem Gasthofe fürihn bezahlen, und in edlerer Bedeutung, einen der in obrigkeitlichen Verrichtungen ist, ein gewisses Geld satt des täglichen Unterhaltes geben. So werden z. B. in Sachsen die Landstände bey Landtägen von dem Landesherren ausgelöset, d. i. es wird ihnen ein gewisses Geld für den täglichen Unterhalt gegeben. Wachte leitet das Verbum in dieser Bedeutung von lösen, verabschieden, her, und erkläret es durch honorifice dimittere; allein man siehet ohne Mühe, daß hier mit auslösen zunächst auf die Auslösung in dem Gasthofe gezielet wird, in dem die Landstände ehedem bey Hofe gespeiset wurden.


Auslösung (W3) [Adelung]


Die Auslösung, plur, die -en. 1) Die Handlung des Auslösens, in allen obigen Bedeutungen, und ohne Plural. 2) Dasjenige Geld, womit eine Sache oder Person ausgelöset wird. Besonders dasjenige, was einer Person, die in obrigkeitlichen Diensten ist, außer ihrem Gehalte, an barem Gelde zur täglichen Nochdurst gereichet wird; die Diäten. 3) An dem Gehwerte der Schlaguhren ist die Auslösung eine bewegliche Stange, welche mit ihrem Ende aus den Schlagnägeln des Rades lieget, um das Schlagewerk in der Bewegung zu hemmen, und demselben, wenn es nöthig ist, wieder seinen freyen Lauf zu lassen.


Auslüften (W3) [Adelung]


Auslüften, verb. reg. act. von der Luft völlig durchstreichen lassen. Kleider, Betten, ein Zimmer auslüften. Daher die Auslüftung.


Ausmachen (W3) [Adelung]


Ausmachen, verb. reg. act. welches ist seinen eigentlichen Bedeutungen nur im gemeinen Leben vorkommt, in einigen figürlichen aber auch von edlerm Gebrauche ist.1. Mit einiger Bemühung heraus machen oder heraus bringen. 1) Eigentlich, wo diese allgemeine und unbestimmte Bedeutung durch den Gebraucht nur auf einige einzelne Fälle eingeschränket worden. Besonders gebraucht man es im gemeinen Leben von Dingen, welche in einer Art von Schale eingeschlossen sind, für ausbrechen. Nüsse, Kastanien, Erbsen, Krebse u. s. f. ausmachen, von der Schale befreyen. Auch sagt man, einen Flecken ausmachen, aus einem Kleide oder Zeuge heraus bringen. 2) Figürlich, ausfündig machen. Einem Geld ausmachen, jemanden ausfündig machen, der ihm Geld leihet. Einen Bothen, Arbeiter u. s. f. ausmachen. Ich habe ihn noch nicht ausmachen, d. i. erfragen, können. Der Jäger macht Wild aus, wenn er dessen Aufenthalt ausfündig macht. Ingleichen, bedingen, bestellen. Machen sie uns bey ihm ein Quartier aus, Gell.2. Das Äußere einer Sache mit etwas besetzen, oder zieren, besonders von Kleidungsstücken. Ein Kleid mit Gold und Silber ausmachen. Ein braunes Kleid schwarz ausgemacht. Das Kleid ist um und um, mit ungemeiner Pracht Und einer bunten Reih von Sternen ausgemacht. Gryph. Daher dasjenige, womit ein Kleid besetzt ist, besonders an dessen Extremitäten, von einigen auch die Ausmachung genannt wird. Einen Sattel mit Sammet oder Leder ausmachen, bekleiden, bey den Sattlern.3. Ausfüllen, voll machen, doch nur in der figürlichen Bedeutung, alle Theile eines Ganzen enthalten. Der Winter macht den meisten Theil des Jahres aus. Das macht die Tugend noch nicht aus. Es macht eine große Summe aus. Es macht nicht viel aus, es beträgt nicht viel. Das macht den schönsten Augenblick meines Lebens aus. Das macht es noch nicht aus, damit ist die Sache noch nicht gethan, es ist noch nicht zureichend. Diejenige Kraft, welche das Wesen der Seele ausmacht. Das Passivum ist in dieser Bedeutung nicht gebräuchlich. Nach einer noch weitern Figur, zuweilen auch der Gegenstand einer Gemüthsveränderung seyn. Kunstwerke des Alterthums, welche die Bewunderung aller Jahrhunderte ausmachen. 4. Zu Ende machen, vollenden. So gebraucht man dieses Wort in dem Kegelspiele, von demjenigen, der ein Spiel endiget. Noch häufiger kommt es im gemeinen Leben von der Endigung und Entscheidung eines streitigen Geschäftes vor. Etwas mit einem ausmachen, seine Ansprüche an demselben gültig machen, ausführen. Seine Sache mit dem Degen ausmachen. Ich will es schon mit ihm ausmachen. Wir haben noch viel mit einander auszumachen. Was hast du für Geheimnisse mit ihr auszumachen? Weil diese Frage die ganze Stadt angeht, so mag sie auch die ganze Stadt ausmachen, Gell. d. i. entscheiden. Es mit einem gar ausmachen, seinem Leben, seinem Glücke ein Ende machen, ist biblisch und größten Theils veraltet. Das Particip. Passiv. ausgemacht wird auch überhaupt für entschieden, gewiß, gebraucht. Das ist eine ausgemachte Sache, es ist unläugbar. Eine ausmachte Wahrheit. Das ist so ausgemacht noch nicht, so unläugbar gewiß noch nicht.

Anm. Einen ausmachen, d. i. ausforschen, ist Oberdeutsch, so wie die R. A. einen Stoß ausmachen, für pariren. Einen ausmachen, für schelten, und, er hat es ausgemacht, er ist gestorben, gehöret unter die niedrigern Sprecharten. Das Substantiv die Ausmachung, ist nur in den beyden erstern Bedeutungen üblich. In der Mark Brandenburg verstehet man unter Ausmachung dasjenige Geld, welches jemanden in einer Erbschaft ausgemacht, oder vermacht worden, und welches daselbst auch ein Ausspruch heißt; ein Legat.


Ausmadratzen (W3) [Adelung]


Ausmadratzen, S. Ausmatratzen.


Ausmagern (W3) [Adelung]


* Ausmagern, verb. reg. act. S. Ausmärgeln.


Ausmahlen (W3) [Adelung]


1. Ausmahlen, (von mahlen molere,) verb. reg. act. außer daß es im Particip. Passiv. ausgemahlen hat. 1) Durch Mahlen, oder vermittelst der Mühle heraus bringen. Das Getreide zu sehr ausmahlen, viel Mehl aber wenig Kleye im Mahlen zu erhalten suchen. Das Wasser ausmahlen, es vermittelst einer besondern Mühle aus einem Teiche, Sumpfe u. s. f. heraus bringen. Ingleichen metonymisch, aus solche Art ausleeren. Einen Teich, einen Morast ausmahlen. 2) Aufhören zu mahlen, nicht mehr mahlen; als einem Neutrum.


Ausmahlen (W3) [Adelung]


2. Ausmahlen, verb. reg. act. 1. * Von mahlen, so fern es signare bedeutet, an verschiedenen Orten, so viel, als auszeichnen, auslesen und zeichnen. Besonders gebraucht man dieses sonst veraltete Wort in einigen Gegenden von dem Zehenten: den Zehenten ausmahlen, daher derjenige, dem solches oblieget, auch der Zehentmahler genannt wird.2. Von mahlen, so fern es pingere bedeutet. 1) Ein Gemählde vollenden, zur Vollkommenheit bringen. Die Landschaft ist noch nicht ausgemahlet. Ein ausgemahltes Porträt. 2) Völlig mit Farben bemahlen, illuminiren. Einen Kupferstich ausmahlen. Die Einbildungskraft mahlet die Gemählde aus, die der Verstand gezeichnet hat, Gell. 3) Inwendig bemahlen. Ein Zimmer ausmahlen lassen.So auch die Ausmahlung.


Ausmangeln (W3) [Adelung]


Ausmangeln, verb. reg. act. mit dem Mangelholze ausdehnen. Den Teig ausmangeln.


Ausmann (W3) [Adelung]


* Der Ausmann, des -es, plur. die Ausleute, an einigen Orten, ein Bürger, welcher außer dem Orte, wo er das Bürgerrecht hat, wohnet; ingleichen ein Fremder überhaupt. S. Ausbürger.


Ausmärgeln (W3) [Adelung]


Ausmärgeln, verb. reg. act. im gemeinen Leben, gleichsam des Markes berauben, an Kräften und Vermögen erschöpfen. Ein Pferd ausmärgeln. Ein ausgemärgelter Acker. In einigen Gegend ist dafür von den Äckern und Feldern ausmagern üblich. Daher die Ausmärgelung. S. Abmärgeln und Märgel.


Ausmarken (W3) [Adelung]


Ausmarken, verb. reg. act. von Mark, Grenze. 1) Mit Marken oder Grenzen völlig bezeichnen. Einen Wald, ein Feld aus-marken. 2) Durch Marken oder Grenzen von einem gewissen Bezierke auschließen. Eine Flur ausmarken. So auch die Ausmarkung.


Ausmärker (W3) [Adelung]


* Der Ausmärker, des -s, plur. ut nom. sing. in einigen Gegenden, z. B. der Wetterau, der Einwohner einer Holzmark, welcher aber die rechte und Freyheiten der Mark nicht zu genießen hat; im Gegensatze der Inmärker. S. Holzmark. Oft auch überhaupt der Besitzer solcher Felder, welche außerhalb der Mark oder Flur eines Dorfes liegen; in Gegensatze des Heimhüfners oder Inmärkers.


Ausmarschiren (W3) [Adelung]


Ausmarschiren, verb. reg. neutr. mit seyn, aus einem Orte marschiren, von Truppen. Daher der Ausmarsch.


Ausmärzen (W3) [Adelung]


Ausmärzen, S. Ausmerzen.


Ausmästen (W3) [Adelung]


Ausmästen, verb. reg. act. völlig fett mästen. Ein ausgemästetes Schwein.


Ausmatratzen (W3) [Adelung]


Ausmatratzen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Sattler, mit Haaren oder Wolle ausstopfen. Einen Sattel, einen Wagen ausmatratzen. Daher die Ausmatratzung. S. Matratze.


Ausmauern (W3) [Adelung]


Ausmauern, verb. reg. act. inwendig mit Mauerwerk versehen. Einen Keller, einen Graben, ein Grab ausmauern. Daher die Ausmauerung.


Ausmeißeln (W3) [Adelung]


Ausmeißeln, verb. reg. act. 1) Vermittelst des Meißels in die Tiefe verfertigen. Ein Loch ausmeißeln. 2) Vermittelst des Meißels heraus bringen. Einen Ast ausmeißeln.


Ausmergeln (W3) [Adelung]


Ausmergeln, S. Ausmärgeln.


Ausmerzen (W3) [Adelung]


Ausmerzen, ver. reg. act. das Untüchtige und Unbrauchbare aus mehrern Dingen einer Art auslesen und absondern; ingleichen metonymisch, vom diesem Unbrauchbaren befreyen; im Niedersächsischen ausbracken. Die Schafe ausmerzen, diejenigen Schafe, welche zur Zucht untauglich sind, von den brauchbaren absondern. Figürlich, und in gemeinen Leben auch von andern Dingen. Etwas ausmerzen, von bessern Dingen seiner Art absondern, ausschließen. Einen aus der Zahl seiner Freunde ausmerzen. Daher die Ausmerzung.

Anm. Gemeiniglich leitet man dieses Wort von dem Namen des Monates März ab, und glaubet, daß es eigentlich von dem Schafviehe gebraucht werde, welches man in diesem Monathe auszumerzen pflege. Allein da diese Ausmerzung oder Ausbrackung auch, und wohl hauptsächlich im Herbste geschiehet: so stehet dahin, ob man Wachters und Heumanns Meinung, die es mit Mark zu dem Griechischen - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, ich sondere ab, und zu dem Persischen März. Eine Mark, Zeichen, rechnen, nicht für wahrscheinlicher halten müsse. Frisch führet aus Altenstaigs Vocabulario das Wort Merzler an, welches daselbst einen Trödler bedeutet, oder einen solchen, der mit alten Kleidern handelt. Da nun die wahre Abstammung dieses Wortes immer noch ungewiß ist, so ist die gewöhnlichste Schreibart mit einem e, immer noch die sicherste, indem die mit einem ä sich bloß auf die unsichere Ableitung von März gründet.


Ausmessen (W3) [Adelung]


Ausmessen, verb. irreg. act. S. Messen. 1) Das Maß einer Sache finden. Einen Wald, ein Lager, ein Feld, ein Stück Zeuges ausmessen. 2) Nach dem Maße einzeln verkaufen. Bier, Korn, Wein u. s. f. ausmessen. Daher der Ausmesser, eine verpflichtete Person, das Getreide auszumessen. 3) In den Bergbaue so viel als austreiben. Der Ältere hat den Jüngern ausgemessen, aus dem Felde getrieben; vermuthlich, weil dazu die vorhergehende Vermessung des Feldes nöthig ist. So auch die Ausmessung.


Ausmetzen (W3) [Adelung]


Ausmetzen, verb. reg. act. bey den Müllern, das ihnen gesetzte Maß mit der Metze aus dem Mehlkasten messen. Daher die Ausmetzung.


Ausmeubliren (W3) [Adelung]


Ausmeubliren, verb. reg. act. inwendig mit den nöthigen Meublen versehen. Ein Zimmer ausmeubliren.


Ausmiethen (W3) [Adelung]


* Ausmiethen, verb. reg. act. 1) Zur Miethe austhun, wofür man doch lieber vermiethen sagt. 2) Einen ausmiethen, ihn durch Erhöhung der Miethe vertreiben; ingleichen mehr Miethe biethen als ein anderer gibt, und ihn dadurch vertreiben. So auch die Ausmiethung.


Ausmindern (W3) [Adelung]


* Ausmindern, verb. reg. act. dem, der am mindesten, oder wenigsten biethet, überlassen; ein Ausdruck, der wohl am häufigsten in Niedersachsen vorkommt, wo manche Arbeitern, z. B. an den Deichen, in öffentlichen Auctionen denen zugeschlagen werden, die das wenigste fordern. Der Ausminder, ist diejenige Person, die den Ausruf verrichtet, der Proclamator; daher in weiterer Bedeutung der Ausrufer bey jeden Versteigerung in Hamburg der Ausminder, oder bey der in Niedersachsen gewöhnlichen Verbeißung des d der Utminner genannt wird. Man siehet hier - aus, daß dieses Wort nicht, wie doch in dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuche behauptet wird, von mein, meus, herkommt. Daher die Ausminderung.


Ausmisten (W3) [Adelung]


Ausmisten, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, den Mist hinaus schaffen, ingleichen von dem Miste reinigen. Einen Stall ausmisten. Figürlich im harten Verstande, das Schlechte aus einer Sache wegschaffen. Daher die Ausmistung.


Ausmitteln (W3) [Adelung]


* Ausmitteln, verb. reg. act. welches im Oberdeutschen am bekanntesten ist. 1) Ausfündig machen. Man hat den Thäter noch nicht ausmitteln können. S. Mittel. 2) Aussondern, auch nur im Oberdeutschen. Daher die Ausmittelung.


Ausmünzen (W3) [Adelung]


Ausmünzen, verb. reg. act. in Gestalt einer Münze unter die Leute bringen. Gold, Silber ausmünzen. Die Mark Silber zu zwanzig Gulden ausmünzen. Daher die Ausmünzung.


Ausmustern (W3) [Adelung]


Ausmustern, verb. reg. act. 1) Von mustern, besichtigen, bey der Besichtigung als untauglich aussondern; zunächst von Soldaten. Soldaten ausmustern. dann aber auch von andern Sachen. Zeuge ausmustern.2. * Von mustern, so fern es kleiden, putzen bedeutet, ausputzen. Eine Sache auf das beste ausmustern; welche Bedeutung im Oberdeutschen gebräuchlicher ist, als im Hochdeutschen.Daher die Ausmusterung.


Ausnähen (W3) [Adelung]


Ausnähen, verb. reg. act. mit Figuren benähen, mit genäheten Blumen ausfüllen. Spitzen, Handblätter ausnähen. Mit Gold und Silber ausnähen. Daher die Ausnähung.


Ausnarren (W3) [Adelung]


+ Ausnarren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu narren, d. i. ausschweifend zu seyn, in der niedrigsten Sprechart. Crispus meynt, wer in der Jugend ausgenarrt, sey klug bey Jahren, Logau.


Ausnaschen (W3) [Adelung]


Ausnaschen, verb. reg. 1: Activum, durch Naschen ausleeren. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu naschen.


Ausnehmen (W3) [Adelung]


Ausnehmen, verb. irreg. act. S. nehmen, aus einem Orte nehmen, heraus nehmen. 1. Eigentlich. Vögel ausnehmen, aus dem Neste. Einen Zahn ausnehmen, ausziehen. Das Eingeweide ausnehmen, aus einem Thiere. Noch mehr abermetonymisch, besonders von Fischen und Vögeln. Einen Fisch, ein Huhn u. s. f. ausnehmen. Waaren ausnehmen, sie auf Kredit kaufen.2. Figürlich. 1) Ausschließen, eine Sache nicht mit unter den übrigen verstanden haben wollen. Eine Pflicht, von welches niemand ausgenommen ist. Ich nehme niemanden aus, ich behaupte meinen Satz allgemein. Ich nehme nichts aus. In dieser Bedeutung wird das Particip. Passiv. ausgenommen zuweilen als eine Partikel gebraucht, in welchen Falle am liebsten den Accusativ vor sich hat. Diese Pflicht verbindet einen jeden, keinen ausgenommen. Andere Wortfügungen, z. B. mit der Endung des vorher gehenden Zeitwortes, ingleichen mit den Partikeln daß, wo u. s. f. klingen im Hochdeutschen hart, und werden lieber auf andere Art ausgedruckt: z. B. er hat einem jeden etwas geschenket, ausgenommen mir nicht, für, nur mir nicht; ich bin überall gern, ausgenommen wo man mich nicht gerne siehet.3. Sich ausnehmen, sich von andern Dingen seiner Art, besonders durch das äußere Ansehen, auf eine vorzügliche Art unterscheiden. Dieser Zeug nimmt sich vortrefflich aus, hat ein schönes Ansehen. Mit schmaler Gestalt, durch keine Kleidung erkünstelt, Nimmt sie unter den Nymphen sich aus, Zachar. Hierher gehöret auch da Particip. Activi, ausnehmend, welches, besonders in Obersachsen, häufig für vorzüglich gebraucht wird, was sich auf eine besondere Art ausnimmt. Ein ausnehmender Trost. Ein ausnehmendes Lob. Sagst du es ihm denn selbst, daß du ihn so ausnehmend liebst? Gell. Ich bin mit ausnehmender Hochachtung, u. s. f. ebend. Ich freue mich ausnehmend, ebend. Laß dir das einen Bewegungsgrund seyn, deinen Eifer durch ausnehmende Thaten sichtbar zu machen, Dusch. Ehedem gebrauchte man dafür da Particip, Passiv. in der ersten figürlichen Bedeutung des Zeitwortes ausnehmen. Ein Pfaff an Chunst volchomen Und an Weishait auzgenommen, in der alten Chronik, in den Beyträgen zur kritischen Hist. der Deutschen Sprache, B. 1. S. 594.Das Hauptwort die Ausnehmung ist nur in der ersten eigentlichen Bedeutung, in der ersten figürlichen aber die Ausnahme üblich.


Ausneigen (W3) [Adelung]


* Ausneigen, verb. reg. act. welches im Hochdeutschen ungewöhnlich ist, aber von dem Opitz ein Mahl für austrinken gebraucht worden. S. Neige und Neigen.


Ausöden (W3) [Adelung]


* Ausöden, verb. reg. act. öde, leer machen. Ein Fischwasser ausöden, alle Fische daraus wegfangen. Die Fischbrut ausöden, vertilgen.


Auspachten (W3) [Adelung]


Auspachten, verb. reg. act. durch ein höheres Geboth aus einem Pachte verdrängen. Einen Pachter auspachten. So auch die Auspachtung.


Auspacken (W3) [Adelung]


Auspacken, verb. reg. act. einen Pack öffnen, ingleichen was eingepackt ist, heraus nehmen. Waaren, Bücher auspacken. Einen Ballen auspacken. Daher die Auspackung.


Auspappen (W3) [Adelung]


Auspappen, verb. reg. act. Einen Schrank auspappen, ihn inwendig mit Papier bekleiden.


Auspariren (W3) [Adelung]


Auspariren, verb. reg. act. von sich weg pariren. Einen Stoß auspariren, in der Fechtkunst.


Auspauken (W3) [Adelung]


Auspauken, verb. reg. act. mit Rührung einer Pauke, oder großen Trommel, aus einem Orte verweisen, welches an einigen Orten eine Strafe liederlicher Weibsbilder ist. Daher die Auspaukung.


Auspauschen (W3) [Adelung]


* Auspauschen, verb. reg. act. völlig klein schlagen, ingleichen durch Schalgen und Stampfen heraus bringen, und metonymisch, auf solche Art leer machen; ein Kunstwort des Bergbaues. Ausgepauschte Schlacken, unnütze, taube Schlacken, die den Erzen schon ein Mahl zugesetzet worden, und keinen Gehalt mehr haben. S. Pauschen und Päuschel.


Auspeitschen (W3) [Adelung]


Auspeitschen, verb. reg. act. mit Ruthen aus einem Orte peitschen, aushauen. Einen Verbrecher auspeitschen. Figürlich, ein ausgepeitschtes Lied, ein ausgepeitschtes Märchen, im gemeinen Leben, welches schon jedermann bekannt ist. Daher die Auspeitschung.


Auspfählen (W3) [Adelung]


Auspfählen, verb. reg. act. inwendig mit Pfählen versehen. Ingleichen mit Pfählen bezeichnen. Ein Feld auspfählen. Daher die Auspfählung.


Auspfänden (W3) [Adelung]


Auspfänden, verb. reg. act. Einen Schuldner auspfänden, ihn des Seinigen, statt eines Unterpfandes für den Gläubiger, berauben, mit Gewalt ein Unterpfand aus seinem Haufe nehmen. Daher die Auspfändung.


Auspfarren (W3) [Adelung]


Auspfarren, verb. reg. act. aus einer Pfarre nehmen, im Gegensatze des einpfarren. Eine Gemeinde auspfarren, sie aus dem bisherigen Kirchspiele nehmen.


Auspfeifen (W3) [Adelung]


Auspfeifen, verb. irreg. act. S. Pfeifen, mit einem verächtlichen Pfeifen vertreiben, mit Pfeifen beschimpfen, so wohl in eigentlicher, als figürlicher Bedeutung. Er schreibt, man pfeift ihn aus, Haged. Ingleichen, aufhören zu pfeifen, als ein Neutrum.


Auspflügen (W3) [Adelung]


Auspflügen, verb. reg. act. mit dem Pfluge heraus bringen. Einen Stein, eine Wurzel auspflügen. Daher die Auspflügung.


Auspfützen (W3) [Adelung]


* Auspfützen, verb reg. act. im Bergbaue, ausschöpfen. Die Tagewasser auspfützen. S. Pfütze. Daher die Auspfützung.


Auspichen (W3) [Adelung]


Auspichen, verb. reg. act. inwendig mit Pech überziehen. Ein Faß auspichen. Daher die Auspichung.


Ausplappern (W3) [Adelung]


Ausplappern, verb. reg. act. wie Ausplaudern.


Ausplatten (W3) [Adelung]


Ausplatten, oder Ausplätten, verb. reg. act. 1) Durch Platten oder Plätten herausbringen. Falten ausplätten. 2) Völlig glatt plätten. Die Wäsche ausplätten. 3) Aufhören zu plätten, als ein Neutrum.


Ausplatzen (W3) [Adelung]


* Ausplatzen, verb. reg, neutr. mit dem Hülfsworte seyn, in dem Bergbaue so viel als abprallen, auf einem härtern Körper abspringen. Auf dem festen Gesteine platzen die Bergeisen aus.


Ausplaudern (W3) [Adelung]


Ausplaudern, verb. reg. act. durch Plaudern bekannt machen. Ein Geheimniß ausplaudern. Ingleichen aufhören zu plaudern, als ein Neutrum. Daher die Ausplauderung.


Ausplumpen (W3) [Adelung]


Ausplumpen, S. Auspumpen


Ausplündern (W3) [Adelung]


Ausplündern, verb. reg. act. durch Plündern ausleeren, des Seinigen berauben. Die Diebe haben ihn bis auf das Hemde ausgeplündert. Daher die Ausplünderung.


Auspochen (W3) [Adelung]


Auspochen, verb. reg. act. 1) Durch Pochen aus einem Orte vertreiben. Einen Marder auspochen, bey den Jägern, ihn durch Schlagen an den hohlen Baum, in welchem er sich versteckt hatte, treiben. Dahin auch das Auspochen auf Universitäten. 2) Hinlänglich pochen oder klopfen. Das Pelzwerk der Motten wegen auspochen, ausklopfen. 3) Absolute, in dem Bergbaue, durch Pochen das Zeichen zum Ausfahren geben, ausklopfen. Daher die Auspochung.


Auspolstern (W3) [Adelung]


Auspolstern, verb. reg. act. inwendig mit Polstern versehen, bekleiden. Ein Canapee, Stühle auspolstern. Daher die Auspolsterung.


Ausposaunen (W3) [Adelung]


Ausposaunen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, figürlich, mit merklichen Geräusche bekannt machen, laut ausplaudern. Er posaunet alles aus.


Ausprägen (W3) [Adelung]


Ausprägen, verb. reg. act. 1) Durch Prägen unter die Leute bringen, wie ausmünzen. Gold, Silber, ausprägen. 2) Im Prägen deutlich ausdrucken. Das Bildniß ist auf dieser Münze nicht gut ausgepräget. Daher die Ausprägung.


Auspredigen (W3) [Adelung]


Auspredigen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu predigen, so wohl eigentlich, als auch figürlich, aufhören zu tadeln, zu ermahnen. Haben sie bald ausgeprediget?


Auspressen (W3) [Adelung]


Auspressen, verb. reg. act. durch Pressen heraus bringen. 1) Eigentlich. Most, Öhl u. s. f. auspressen. Ingleichen metonymisch, vermittelst der Presse seines Saftes berauben. Weintrauben, Oliven, Citronen auspressen. 2) Figürlich, für erzwingen. Geld von einem auspressen. Ingleichen zu heftigen unangenehmen Gemüthsbewegungen dringen. Einem Thränen, Seufzer auspressen. Das presset mir diesen Wunsch aus. Unglücklicher! Auch dir hat edle Schwermuth Thränen, Verliebte Thränen ausgepreßt, Cron. Daher die Auspressung, besonders in der eigentlichen Bedeutung.


Ausprüfen (W3) [Adelung]


Ausprüfen, verb. reg. act. durch Prüfen auslesen. Ein ausgeprüfter Wein. Ingleichen auf alle mögliche Art prüfen. Eine ausgeprüfte Treue.


Ausprügeln (W3) [Adelung]


Ausprügeln, verb. reg. act. aus einem Orte prügeln, ingleichen nach Verdienst prügeln, sehr prügeln. Einen derb ausprügeln.


Auspumpen (W3) [Adelung]


Auspumpen, und in einigen gemeinen Mundarten ausplumpen, verb. reg. act. vermittelst einer Pumpe heraus bringen. Das Wasser auspumpen. Ingleichen metonymisch, vermittelst einer Pumpe von Wasser leer machen. Einen Brunnen, einen Teich, einen Keller auspumpen.


Auspunctiren (W3) [Adelung]


Auspunctiren, verb. reg. act. durch Punctiren heraus bringen, erforschen; ein Kunstwort der Astrologen und Chiromanten.


Ausputzen (W3) [Adelung]


Ausputzen, verb. reg. act. 1. Von putzen, reinigen. 1) Im Putzen auslöschen. Das Licht ausputzen. 2) das Innere einer Sache putzen, oder reinigen. Ein Gefäß ausputzen. Einen Baum ausputzen, bey den Gärtnern, ihn der unnöthigen Zweige berauben, ihn ausschneiden. Figürlich, einen ausputzen, im gemeinen Leben, ihm einen derben Verweis geben. S. das folgende Wort.2. Von putzen, so fern es schmücken, zieren, bedeutet. 1) Das Innere einer Sache zieren, ausschmücken. Ein Zimmer ausputzen. 2) Heraus putzen, durch Putzen ein gutes äußeres Ansehen geben. Sie hat sich vortrefflich ausgeputzet.So auch die Ausputzung.


Ausputzer (W3) [Adelung]


Der Ausputzer, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas ausputzet. Figürlich, im gemeinen Leben, ein scharfer Verweis. Einem einen derben Ausputzer geben. Es scheinet dieser figürliche Gebrauch wider die Natur solcher Hauptwörter auf er zu seyn, indem selbige sonst alle Mahl auf eine Person deuten; indessen ist derselbe doch alt, und ziemlich allgemein. Die Oberdeutschen gebrauchen in eben dieser Bedeutung das einfache Putzer, und bey den Niedersachsen heißt ein solcher Verweis ein Utsitzer, von sitzen, mit der Ruthe hauen.


Ausquartiren (W3) [Adelung]


Ausquartiren, verb. reg. act. aus einem Quartire nehmen; im Gegensatze des einquartiren. Soldaten ausquartiren.


Ausquetschen (W3) [Adelung]


Ausquetschen, verb. reg. act. durch Quetschen heraus bringen. Den Stadt ausquetschen.


Ausräden (W3) [Adelung]


* Ausräden, Ausraiden, und die Frequentativa Ausrädeln, Ausrädern, und Ausreitern, verb. reg. act. welche insgesamt aus sieben bedeuten, aber am stärksten im Oberdeutschland üblich sind. S. Räder. Ausrädern ist auch in dem Bergbaue nicht ungewöhnlich.


Ausradiren (W3) [Adelung]


Ausradiren, verb. reg. act. von dem Latein. radere. 1) Mit einem Messer ausfratzen, ausschaben, vornehmlich etwas Geschriebenes. Ein Wort, einen Buchstab ausradiren. 2) In die Tiefe radiren. Ausradirte Arbeit, bey den Glasmahlern, wo Figuren oder Buchstaben in den gefärbten Firniß radiret, und hernach mit Gold beleget werden.


Ausrahmen (W3) [Adelung]


Ausrahmen, verb. reg. act. aus dem Rahmen spannen oder nehmen.


Ausrammeln (W3) [Adelung]


Ausrammeln, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu rammeln, oder sich zu begatten, von den Hafen.


Ausrangiren (W3) [Adelung]


+ Ausrangiren, (sprich ausrangschiren,) verb. reg. act. von dem Franz. ranger, aus seiner bisherigen Reihe und Ordnung heraus nehmen, im Gegensatze des einrangiren. Besonders als untauglich aus seiner bisherigen Reihe wegschaffen.


Ausrasen (W3) [Adelung]


Ausrasen, verb. reg. neutr. mit haben, das Rasen beschließen, aufhören zu rasen; besonders in figürlicher Bedeutung, aufhören jugendliche Ausschweifungen zu begehen, die Jugendhitze ablegen. Er muß erst ausrasen. Er hat noch nicht ausgeraset. S. Rasen.


Ausrasten (W3) [Adelung]


Ausrasten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, zur Genüge rasten, oder ruhen; in den höheren Schreibart, wofür im gemeinen Leben ausruhen üblicher ist.


Ausrauchen (W3) [Adelung]


Ausrauchen, verb. reg. Es ist: 1. Ein Activum. 1) Durch Rauch aus einem Ort vertreiben, in welcher Bedeutung die Jäger die Füchse auszurauchen pflegen. 2) Durch Rauchen leer machen. Eine Pfeife Tobak ausrauchen. 2. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, aufhören Rauch von sich zu geben. Der Ofen, das Feuer hat ausgeraucht. Ingleichen, aufhören Tobak zu rauchen. Daher die Ausrauchung, in der Bedeutung des Activi.


Ausräuchern (W3) [Adelung]


Ausräuchern, verb. reg. act. welches das Frequentativum des vorigen ist. 1) Inwendig beräuchern. Ein Zimmer ausräuchern. Ein Faß mit Wachholderbeeren ausräuchern. 2) Zur Genüge räuchern. Das Fleisch ist noch nicht ausgeräuchert. Gut ausgeräuchertes Fleisch. Daher die Ausräucherung, in der ersten Bedeutung.


Ausraufen (W3) [Adelung]


Ausraufen, verb. reg. act. heraus raufen. Gras, Kraut ausraufen. Sich die Haare ausraufen. Daher die Ausraufung. S. Ausrupfen.


Ausräumen (W3) [Adelung]


Ausräumen, verb. reg. act. hinaus schaffen und dadurch Raum machen. Tische, Bänke, Bücher ausräumen, au einem Zimmer. Ingleichen metonymisch, ein Zimmer, ein Haus ausräumen, alle bewegliche Gerätschaften aus demselben schaffen. Ingleichen erweitern, bey einigen Handwerkern. Ein Loch ausräumen. Daher der Ausräumer, ein Bohrer, Löcher damit zu erweitern, und die Ausräumung.


Ausräuspern (W3) [Adelung]


Ausräuspern, verb. reg. act. Sich ausräuspern, durch Räuspern allen Schleim aus dem Schlunde schaffen.


Ausrechnen (W3) [Adelung]


Ausrechnen, verb. reg. act. durch Rechnen herausbringen. Etwas ausrechnen. Ein aufgegebenes Exempel ausrechnen. Figürlich, in gemeinen Leben so viel als anrechnen, auslegen. Einem etwas als einen Fehler ausrechnen. Daher die Ausrechnung.


Ausrecken (W3) [Adelung]


+ Ausrecken, verb. reg. act. welches nur in den niedrigen Sprechart üblich ist. 1) Von sich reden, ausstrecken. Die Hände ausrecken. 2) Ausdehnen. Ein Stück Leder ausrecken. Daher die Ausreckung.


Ausrede (W3) [Adelung]


Die Ausrede, plur. -n, das Abstractum des folgenden Verbi. 1) die physische Beschaffenheit der rede, von welcher die Aussprache ein Theil ist; ohne Plural. Eine angenehme, eine gute, eine schlechte Ausrede haben. In weiterer Bedeutung begreift man unter diesem Ausdrucke zuweilen auch wohl den gan-zen äußern Vortrag einer feyerlichen Rede, den Anstand. 2) So viel wie Ausflucht, in gelinderer Bedeutung, ein Vorwand, sich von einer Schuld oder Verbindlichkeit zu befreyen. Eine Ursache suchen. Er hat alle Mahl eine Ausrede. 3) Ausrede für Aussage ist nur in Oberdeutschland üblich.


Ausreden (W3) [Adelung]


Ausreden, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Wie das einfache reden, Worte und Töne von sich geben, im gemeinen Leben. er ist so heiser, daß er kaum ausreden kann; welches viel leicht der einzige Fall ist, in welchem es in dieser Bedeutung gebraucht wird. 2) Eine rede zu Ende bringen. Einen nicht ausreden lassen. Laß mich nur ausreden. haben sie bald ausgeredet?II. Ales ein Activum. 1) Mit Worten gehörig ausdrucken, vollkommen beschreiben. Welche Zunge wird das Ausreden können? Wer will seines Lebens Länge ausreden? Es. 57, 8. In welcher Bedeutung bey dem Ottfried irredinon vorkommt. 2) Leer reden, alles sagen, was man weiß. Wenn man sich zu sehr ausredet, ist man in Gefahr, matt zu werden. Wenn wir unser Herz ausgeredet haben, Gell. 3) Aus dem Sinne reden, durch Worte von etwas abbringen, im gemeinen Leben. Einem eine irrige Meinung, ein böses Vorhaben ausreden. Er läßt sich nichts ausreden. Und beyde sich den Urquell aller Fehden Den Ehstand ewig auszureden, Michael. 4) Sich ausreden, sich durch Worte von einer Schuld oder Verbindlichkeit zu befreyen suchen, sich entschuldigen. Sich mit etwas ausreden. Er redet sich immer mit einem andern aus, schiebt die Schuld auf einen andern. Aber, einen bey jemanden ausreden, für entschuldigen, ist nur in Oberdeutschland üblich.

Anm. Ausreden für aussagen, bekennen, ingleichen für ausplaudern, sind gleichfalls nur der Oberdeutschen Mundart eigen. Das Substantiv die Ausredung ist wenig gebräuchlich, indessen kommt es doch zuweilen in der zweyten und dritten Bedeutung des Activi vor. In den vierten Bedeutung ist ausreden nach dem Latein. excusare gebildet, in welchem man das im Hochdeutschen veraltete kösen, kosen und kusen, reden, nicht verkennen kann.


Ausregnen (W3) [Adelung]


Ausregnen, verb. reg. welches nur als ein unpersönliches Neutrum gebraucht wird. Es hat ausgeregnet, es hat aufgehört zu regnen


Ausrehden (W3) [Adelung]


* Ausrehden, verb. reg act. welches nur in den Niederdeutschen Seestädten üblich ist, für ausrüsten, doch nur in engerer Bedeutung mit Masten, Segeln, dem Tauwerke und allem nöthigen Reisegeräthe versehen; dagegen ausrüsten such die Mannschaft und Kriegesgeräthschaften unter sich begreift. Ein Schiff ausrehden. Daher die Ausrehdung, so wohl für die Handlung des Ausrüstens, als auch in dem Begriffe alles dessen, was zu der Ausrüstung eines Schiffes gehöret. S. Rehde.


Ausreiben (W3) [Adelung]


Ausreiben, verb. irreg. act. S. Reiben. 1) Durch Reiben heraus bringen. Einen Flecken ausreiben. Den Roth ausreiben, aus dem Kleide. Ingleichen metonymisch, durch Reiben reinigen. Das Kleid ausreiben. 2) Aus einander reiben. So pflegen die Schuster die Nähte an den Schuhen mit einem besondern Ausreibeholze auszureiben, oder eben zu machen. 3) Aufhören zu reiben: als ein Neutrum. So auch die Ausreibung in den beyden ersten Bedeutungen.


Ausreichen (W3) [Adelung]


Ausreichen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende reichen, genug seyn. Das Geld wollte nicht ausreichen. Der Schneider wird mit sechs Ellen nicht ausreichen, daran genug haben, damit auskommen.


Ausreisen (W3) [Adelung]


Ausreisen, verb. reg. neutr. 1) Mit dem Hülfsworte seyn, aus einem Orte reisen. Wir sind erst vor acht Tagen von Berlin ausgereiset. Ingleichen, besonders in Niedersachsen, für verreisen. Er ist ausgereiset. 2) Mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu reisen: Habt ihr einmahl ausgereiset?


Ausreißen (W3) [Adelung]


Ausreißen, verb irreg. ( S. Reißen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Heraus reißen. Einem dem Zahn, die Zunge, die Haare ausreißen. Das Unkraut mit der Wurzel ausreißen. 2) Aus einander reißen. Die Fluth hat alle Dämme ausgerissen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn.1. Aus einander gerissen werden. 1) Eigentlich. Das Knopfloch riß aus. Der Stich reißt aus. Die Dämme sind ausgerissen. 2) Figürlich, in gemeinen Leben, von der Geduld. Meine Geduld wird endlich ausreißen, erschöpfet werden.2. Nach außen zu reißen, oder gespalten werden. 1) Eigentlich. Wenn das Holz in Spalten ausreißen will, so wissen es die Böttcher so zu schlagen, daß der Riß wieder hinein gehet. 2) Figürlich, sich schnell entfernen, durchgehen. Die Pferde rissen aus. Die Einbildung spornt seine Triebe, Wie Rosse reißen sie aus, Kleist. Ingleichen von Menschen, entfliehe, gemeiniglich in verächtlicher Bedeutung. Als man ihn ergreifen wollte, riß er aus. Die Feinde Sind ausgerissen. Ausgerissene Soldaten, die ihre Fahnen böslich verlassen haben; S. das folgende, ingleichen Reißaus. Zuweilen, obgleich nicht eben auf die beste Art, auch wohl von leblosen Dingen. Wenn die Fluth gleich einem anschwellenden Ocean über die Ebene ausreißt. Es scheinet, daß in dieser Bedeutung eben dieselbe Figur zum Grunde liege, nach welcher man in ähnlichen Verstande nicht Stich halten gebraucht.Das Hauptwort die Ausreißung wird nur in den Bedeutungen des Activi gebraucht.


Ausreißer (W3) [Adelung]


Der Ausreißer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein Entflohener, besonders von Soldaten, der seine Fahne böslich verlässet, von der letzten Bedeutung des vorigen Wortes. In dem Galischen Gesetze wird ein solcher Ausreißer Austrappo genannt, von trappen, traben, laufen. Etwas später kommt das Wort Herisliz vor, eigentlich die Heereslassung, oder Verlassung des Heeres. Noch später nannte man solche Ausreißer Heerflüchtige. Das Französische Deserteur ist von engerer Bedeutung, und bezeichnet einen Soldaten, der seinen Dienst auf immer böslich verläßt. 2) Im Bergbaue, ein Erztrumm, welches sich von dem Hauptgange zu Tage wendet.


Ausreiten (W3) [Adelung]


Ausreiten, verb. irreg. ( S. Reiten) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, aus einem Orte reiten. Wir sind gestern früh von Dresden ausgeritten. In weiterer Bedeutung, so viel als über Feld reiten, spazieren reiten. Der Herr ist nicht zu Hause; er ist ausgeritten.II. Als ein Activum. 1) Durch reiten heraus bringen, oder leer machen. So wird an einigen Orten der Hafer ausgeritten, wenn man ihn auf der Reittenne von Pferden austreten lässet. Sich die Stiefeln ausreiten lassen eine Art selbige auszuziehen. 2) An die freye Luft reiten. Ein Pferd ausreiten.


Ausreiter (W3) [Adelung]


Der Ausreiter, des -s, plur. ut nom sing. 1. Von reiten, equitare, ein reitender Diener, der Theils zu Verschickungen in obrigkeitlichen Angelegenheiten, theils auch zu Bereitung der Straßen gebraucht wird, und zuweilen auch ein Einspänniger, ein Landreiter heißt.2. Von reiten, bereiten, ingleichen ausrichten, von welchem Verbo dieses Wort in einigen besondern Fällen abzustammen scheinet, da man es nicht füglich von dem vorigen ableiten kann. Z. B. in dem Kloster zu Lüneburg ist der Ausreiter ein vornehmer Beamter, der die Aussicht über die Güter des Klosters hat, und an andern Orten ein Schaffner oder Großkeller heißt. Ausreiter würde hier also so viel als einen Aufseher bedeuten; welche Muthmaßung dadurch bestärket wird, daß in Bremen diejenigen Rathsherren, welche die Einkünfte der Stadt verwalten, Reder genannt werden, welches Niedersächsische Wort unstreitig von reden, bereiten, abstammet. In einigen Städten Obersachsens heißen die Aufwärter und Diener der Stadträthe gleichfalls Ausreiter, ob sie gleich niemahls auf ein Pferd kommen, sondern ihre Geschäfte zu Fuße ausrichten.


Ausreitern (W3) [Adelung]


* Ausreitern, verb. reg. act. in einigen Gegenden für aussieben, S. 2 Reiter und Ausräden.


Ausrenken (W3) [Adelung]


Ausrenken, verb. reg. act. ein Glied aus seinem Gelenke bringen, verrenken. Einem der Arm, sich den Fuß ausrenken. Daher die Ausrenkung.


Ausreuten (W3) [Adelung]


Ausreuten, verb. reg. act. welches mit ausrotten einerley Bedeutung hat, nur daß es aus der Oberdeutschen Mundart entlehnet ist, und im Hochdeutschen für edler gehalten wird, als ausrotten. Alle Pflanzen - die werden ausgereutet, Matth. 15, 13. Diese Betrachtung allein ist fähig, alle Unruhe auf ewig aus unserer Seele auszureuten. So auch die Ausreutung. S. Ausrottung.


Ausrichten (W3) [Adelung]


Ausrichten, verb. reg. act. welches nach dem verschiedenen Gebrauche des einfachen richten, auch von verschiedener Bedeutung ist.1. Von richten, dirigere, bedeutet ausrichten so viel als gerade richten. So richten die Kupferschmiede eine Bäule in einem Geschirre aus, wenn sie selbige durch Hammerschläge heraus bringen; und wenn in den Bergwerken der Kübel im Gange stecken bleibet, so wird er gleichfalls ausgerichtet, d. i. los gemacht oder gerade gerichtet. Die Strumpfwirker richten die Strümpfe aus, wenn sie selbige rauhen und scheren, wo es so viel als zurichten bedeutet.2. Von richten, so fern es besorgen thun, verrichten bedeutet. 1) Veranstalten, die Kosten zu etwas hergeben; doch nur in den Redensarten, einen Schmaus, ein Gastgeboth, eine Hochzeit, eine Rindtaufe ausrichten, selbige auf seine Kosten anstellen. 2) * Ausfündig machen, entdecken; in welcher Bedeutung man in dem Bergbaue sagt: einen Gang ausrichten, sich neue Baue ausrichten. Ingleichen bey den Jägern, so lange suchen, bis man Wild auf der Spur hat. in einem andern Verstande bedeutet es bey den Jägern so viel, als eine Strecke des Waldes mit Dohnen bestecken. 3) Ein Geschäft in das Werk richten; doch auch nur mit einigen durch den Gebrauch bereits eingeführten Substantiven. Denn so sagt man wohl in gemeinen Leben, eines Befehl ausrichten, einen Gruß von jemanden ausrichten, ein Geschäft ausrichten, kann ichs nicht ausrichten? Aber nicht, ein Amt, eine Gesandtschaft ausrichten u. s. f. Eben so ungewöhnlich ist der biblische Gebrauch für vollenden, Matth. 10, 23; ihr werdet die Städte Israel nicht ausrichten bis des Menschen Sohn kommt. 4) Eine verlangte Wirkung hervor bringen, welcher Gebrauch der häufigste ist. Das Geld kann alles ausrichten. Mit Gewalt richtet man bey den Schönen nichts aus. Wir richten nichts bey ihn aus. Alle meine Ermahnungen richten nichts aus. Du wirst mit ihm nichts ausrichten. Damit ist es nicht ausgerichtet, das macht die Sache noch nicht aus, ist bey weitem nicht zureichend. Aus welchen Beyspielen zugleich erhellet, daß es in dieser Bedeutung am häufigsten mit der Verneinung verbunden wird. 3. * Von richten, judicare, in der niedrigen Sprechart, beurtheilen, doch alle Mahl in einem gehässigen Sinne. Jemanden ausrichten, ihn verläumden; ingleichen, ihm einen heftigen Verweis geben. Allein, da im Schwedischen Rid, Streit, Zank, bedeutet, von welchem Worte ritu ut für ausschelten üblich ist, auch Ritt in Niedersachsen für Schlägerey, Streit, Zank, nicht unbekannt ist, so stehet es dahin, ob sich ausrichten in der Bedeutung des Ausscheltens nicht besser zu einem von diesen Wörtern würde rechnen lassen. In einer Weißenburgischen Urkunde von 1390 heißt es bey dem Schilter in Glossar. S. 682. Da yr kein Man von den gütern die er inne hatte von lehenswegen usgerichtet were, und dieselben güter bizher also genossen hette ane alle rechtliche ansprache. Schilter merkt dabey au, daß ausgericht hier dem litigloso entgegen gesetzet werde; allein ausrichten scheinet hier so viel zu seyn, als tadeln, straffällig befinden.

Anm. Veraltete, oder nur in einigen Gegenden übliche Bedeutungen sind: bezahlen. Den Zoll, die Steuern ausrichten. Sein Gelübde ausrichten; welche Bedeutung noch in Oberdeutschland gewöhnlich ist. Ehedem sagte man auch einen ausrichten, d. i. abfinden, wegen einer Erbschaft befriedigen. Das Hauptwort die Ausrichtung S. hernach besonders.


Ausrichter (W3) [Adelung]


Der Ausrichter, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, welcher etwas ausrichtet, doch nur in einigen nicht überall üblichen Fällen. 1) In den Bergwerken, derjenige Arbeiter, der bey dem Ausfödern der Tonnen das Seil gehörig richtet. 2) Der Ausrichter eines Ganges, eben daselbst, der denselben entdeckt hat. 3) Dem die Ausrichtung, oder Vollziehung eines letzten Willens ausgetragen ist. Eines besseren Testamentes Ausrichter, Hebr. 7, 22. Dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen veraltet, seitdem man an dem Lateinischen Executor mehr Geschmack gefunden hat. 4) In einigen Oberrheinischen Gegenden, besonder bey den Landsiedeleyen, bedeutet dieses Wort so viel als einen Lehnträger, weil seine vornehmste Pflicht ist, im Nahmen der Miterben eines Landsiedels die schuldige Zinsen und Pachtgelder auszurichten, d. i. zu bezahlen.


Ausrichtig (W3) [Adelung]


* Ausrichtig, und Ausrichtsam, zwey im Hochdeutschen veraltete Bey- und Nebenwörter, für hurtig, munter und willfährig in Ausrichtung eines aufgetragenen Geschäftes. Jerobeam war ausrichtig, 1. Kön. 11, 28.


Ausrichtung (W3) [Adelung]


Die Ausrichtung, plur. die -en. 1) die Handlung des Ausrichtens, in allen Bedeutungen des Verbi und ohne Plural. 2) Im gemeinen Umgange auch wohl ein Schmaus, ein Gastmahl, besonders ein Gastmahl, welches bey einer Hochzeit, einer Kindtaufe oder einer andern feyerlichen Gelegenheit angestellet wird. 3) * In den Rechten einiger Gegenden, Kleidung und anderes Geräth, was einer Braut außer dem Brautschatze gegeben wird, und an andern Orten auch die Einrichtung heißt.


Ausrieseln (W3) [Adelung]


Ausrieseln, verb. reg. neutr. mit seyn, heraus rieseln, rieselnd ausfallen; wofür in einigen Gegenden ausröhren und ausrühren üblich ist.


Ausringen (W3) [Adelung]


Ausringen, verb. irreg. act. S. Ringen. 1) Durch Ringen, d. i. zusammen drehen, heraus bringen. Das Wasser ausringen, aus der Wäsche. Ingleichen metonymisch, die Wäsche ausringen. Daher die Ausringung. 2) Das Ringen vollenden. Ausgelitten hast du, ausgerungen, armer Jüngling, deinen Todesstreit, Wiel. wo es doch eigentlich nur als ein Neutrum gebraucht werden sollte.


Ausrinnen (W3) [Adelung]


Ausrinnen, verb. irreg. neutr. ( S. Rinnen,) mit dem Hülfsworte seyn, heraus rinnen. Das Wasser rinnt aus, aus dem Fasse.


Ausrippen (W3) [Adelung]


* Ausrippen, verb. reg. act. von den Rippen befreyen. Den Tobak ausrippen, das Weiche der Blätter von den starken Rippen streifen.


Ausritt (W3) [Adelung]


Der Ausritt, des -es, plur. inus. von ausreiten, der Ritt aus einem Orte, oder in die Ferne; nur im Scherze. Einen Ausritt thun, auf Abenteuer ausreiten.


Ausroden (W3) [Adelung]


* Ausroden, verb. reg. act. welches eigentlich die Niedersächsische Form für ausrotten ist. In einigen Gegenden bedeutet die Erdäpfel ausroden oder ausrotten so viel als sie ausgraben.


Ausrohren (W3) [Adelung]


Ausrohren, verb. reg. act. inwendig mit Rohr versehen. Ein Zimmer ausrohren, es zu einer Gypswand oder Gypsdecke mit Rohr ausschlagen.


Ausröhren (W3) [Adelung]


* Ausröhren, verb. reg. act. S. Ausrieseln.


Ausrollen (W3) [Adelung]


Ausrollen, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, durch Rollen, oder vermittelst des Rollsiebes reinigen. Getreide ausrollen.


Ausrotten (W3) [Adelung]


Ausrotten, verb. reg. act. mit der Wurzel ausreißen. 1) Eigentlich. Einen Baum, einen Wald ausrotten; im Forstwesen ausstocken. 2) In weiterer und figürlicher Bedeutung, eine Sache ihrer ganzen Art nach Vertilgen. Das Unkraut ausrotten. Das Ungeziefer ausrotten. So auch die Ausrottung.

Anm. Ausrotten, Schwed. utrota, Engl. root out, Holl. utraden, kommt entweder von Rot, die Wurzel her, welches Wort noch in dem Englischen Root übrig ist, daher Notker für ausrotten auch uzirunurzillen, und ein anderer Schriftsteller zu Anfange des 15ten Jahrhunderts entwurczen sagt; oder auch von reißen, welches im Niedersächsischen noch jetzt riten lautet. S. Rotten. Für ausrotten ist im Oberdeutschen ausreuten, und in Niedersachsen ausraden und ausroden üblich. Der Ausrotter, Ezech. 7, 25 ist ungewöhnlich.


Ausrucken (W3) [Adelung]


Ausrucken, und Ausrücken, wovon jenes im Oberdeutschen am üblichen ist, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, aus einem Orte rucken, oder rücken, d. i. langsam einher ziehen, besonders von Soldaten. Zur Schlacht ausrücken, aus dem Lager. Die Truppen sind bereits augerückt. Daher die Ausrückung. S. Rucken und Rücken.


Ausruf (W3) [Adelung]


Der Ausruf, des -es, plur. inus. das Ausrufen, ingleichen die Worte, welche ausgerufen werden. Etwas durch einen öffentlichen Ausruf bekannt machen. Du nennest immer deinen Nahmen; Dein Ausruf handelt nur von dir, sagt Hagedorn von dem Guckguk. In engerer Bedeutung ist der Ausruf, oder die Ausrufung, Latein. Excalmatio, der Ausdruck einer lebhaften Gemüthsbewegung durch die Stimme. An einigen Orten nennet man auch eine Auction einen Ausruf. Etwas unter öffentlichem Ausrufe verkaufen.


Ausrufen (W3) [Adelung]


Ausrufen, verb. irreg. ( S. Rufen,) welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Laut rufen, eine lebhafte Gemüthsbewegung durch die Stimme ausdrucken. Wie sehr, rief er aus, schmerzet diese Wunde! 2) Das Rufen beschließen, aufhören zu rufen. Der Wächter hat ausgerufen. II. Als ein Activum, durch Rufen verkündigen. Etwas zum Verkaufe ausrufen. Den Frieden ausrufen lassen. Einen als König, oder zum Könige ausrufen. Daher die Ausrufung, und das Ausrufungszeichen, oder dasjenige Zeichen, welches einem geschriebenen oder gedruckten Ausrufe in der ersten Bedeutung beygefüget zu werden pfleget (!)


Ausrufer (W3) [Adelung]


Der Ausrufer, des -s, plur. ut nom. sing. derjenige, der dazu bestellt ist, gewisse Sachen öffentlich auszurufen. In einigen Städten sind die Ausrufer geringe Stadtbediente, welche Lebensmittel und andere Bedürfnisse, welche zu verkaufen sind, auf den Gassen ausrufen. An andern Orten, z. B. zu Frankfurt am Main, heißt auch der Proclamator auf Auctionen ein Ausrufer. S. auch Ausmindern.


Ausruhen (W3) [Adelung]


Ausruhen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, so viel als nöthig ist ruhen, zur Genüge ruhen. Die Pferde ausruhen lassen. Ich habe noch nicht ausgeruhet. Von der Arbeit ausruhen. Ein Paar Stunden, ein Paar Tage ausruhen. Sich ausruhen, als ein Reciprocum, ist wieder den guten Sprachgebrauch, ob es gleich im gemeinen Leben zuweilen gehöret wird, und selbst Kleist sagt: Wo soll mein irrendes Auge sich ausruhen? Da ruhen ein Neutrum im strengsten Verstande ist, so ist es keiner Reciprocation fähig.


Ausrühren (W3) [Adelung]


* Ausrühren, verb. reg. act. in der Landwirthschaft, durch Rühren heraus bringen. Die Erbsen rühren sich aus, d. i. fallen bey vieler Bewegung aus den Hülsen. Daher Die Ausrührung. S. Ausrieseln.


Ausründen (W3) [Adelung]


Ausründen, verb. reg. act. inwendig rund machen; ingleichen rund ausarbeiten. Daher die Ausründung.


Ausrupfen (W3) [Adelung]


Ausrupfen, verb. reg. act. heraus rupfen, gemeiniglich nur von Federn und der Wolle. Einer Gans die Federn, dem Schafe die Wolle ausrupfen. Daher die Ausrupfung. Es ist das Intensivum von ausraufen, welches nicht nur von weiterm Umfange der Bedeutung, sondern auch von einem edleren Gebrauche ist.


Ausrüsten (W3) [Adelung]


Ausrüsten, verb. reg. act. mit der gehörigen Rüstung versehen. 1) Eigentlich, da es besonders von Soldaten und Schiffen gebraucht wird. Soldaten, Truppen ausrüsten. Ein Schiff, eine Flotte ausrüsten, sie außer dem Tafel- Tau- und Unterwerke auch mit Kanonen, Pulver, Bley und Mannschaft versehen. S. auch Ausrehden. 2) In weiterer Bedeutung, mit Kraft und Vermögen versehen. Wie kann der Mensch unglücklich seyn, da er mit so vielen Kräften ausgerüstet ist, das Schöne zu empfinden? Dusch. Daher die Ausrüstung, so wohl in der Bedeutung der Handlung, als auch desjenigen, womit etwas in der ersten eigentlichen Bedeutung ausgerüstet wird.


Ausrütteln (W3) [Adelung]


Ausrütteln, verb. reg. act. 1) Durch Rütteln heraus bringen. Die Körner ausrütteln, aus dem Strohe. Ingleichen metonymisch, das Stroh ausrütteln. 2) Sehr rütteln. So auch die Ausrüttelung.


Aussaat (W3) [Adelung]


Die Aussaat, plur. inusit. in der Landwirthschaft, das Aussäen des Getreides; noch mehr aber dasjenige Getreide, welches zum Aussäen bestimmt ist, und in einer andern Betrachtung in einigen Gegenden auch die Einsaat, im Hannöverischen und Westphalen aber der Einfall genannt wird. An einigen Orten wird die Größe der Äcker nach der Menge des Getreides, welches in selbige gesäet werden kann, bestimmt, und da sagt man ein Acker von drey, vier Scheffel Aussaat.


Aussacken (W3) [Adelung]


+ Aussacken, verb. reg. act. aus dem Sacke schütten; doch nur im gemeinen Leben, im Gegensatze des einsacken.


Aussäen (W3) [Adelung]


Aussäen, verb. reg. act. säen, den Samen ausstreuen, besonders von dem Säen des Getreides. Wir sä'n auf Wahrheit aus und ärndten Zweifel ein, Dusch. Daher die Aussäung.


Aussage (W3) [Adelung]


Die Aussage, plur. die -n. 1) Die Handlung des Aussagens; ohne Plural. Noch häufiger aber 2) dasjenige, was jemand aussaget, das Zeugniß von einer erlebten Begebenheit. Seiner Aussage nach. Besonders, was vor Gerichte ausgesaget wird, die feyerliche Aussage der Zeugen, des Klägers, oder der Beklagten, in welcher Bedeutung ehedem auch das einfache die Sage üblich war. Nach Aussage zweyer Zeugen. Ihre Aussage stimmt nicht überein.

Anm. In Niedersachsen bedeutet dieses Wort auch noch, 1) ein Versprechen, 2) eine Ausnahme, und 3) die Aussetzung oder Bestimmung eines Antheils an der künftigen Erbschaft. S. das folgende.


Aussagen (W3) [Adelung]


Aussagen, verb. reg. act. 1) Aussprechen, mit Worten gehörig ausdrucken, im gemeinen Leben. Es ist nicht auszusagen, wie viele Leute da waren. 2) Heraus sagen, auf feyerliche Art sagen, besonders wenn dasselbe vor Gerichte geschiehet. Etwas wider jemanden aussagen. Vor Gerichte aussagen. Die Zeugen haben wider ihn ausgesagt. Etwas eidlich aussagen. Den erlittenen Schaden aussagen. 3) Sich aussagen, in dem Kartenspiele, ansagen, daß man die zur Gewinnung des Spieles nöthigen Augen habe. So auch die Aussagung.

Anm. Das Niedersächsische utseggen, bedeutet außerdem noch, 1) versprechen, und 2) eine Ausnahme machen. 3) In den hamburgischen Statuten ist einem etwas aussagen so viel, als ihm etwas aussetzen, von einer künftigen Erbschaft bestimmen. S. auch Ausspruch.


Aussägen (W3) [Adelung]


Aussägen, verb. reg. act. mit der Säge heraus bringen. Einen Ast aussägen. Ingleichen aufhören zu sägen. Daher die Aussägung.


Aussatz (W3) [Adelung]


Der Aussatz, des -es, plur. inus. 1) Eine in Europa jetzt ungewöhnliche ansteckende Krankheit, welche aber ehedem in den Morgenländern, besonders unter den Juden sehr häufig war, und wovon des Herrn Hofr. Michaelis vortreffliche Anmerkung, Th. 1 der Bibelübersetzung S. 4 der Anmerkungen nachzusehen ist. In weiterer Bedeutung pflegen einige auch einen ansteckenden Krebs bey den Pferden, der den ganzen Leib überziehet, ingleichen die so genannten Finnen bey den Schweinen, und den Grind oder die Räudigkeit an den Bäumen, einen Aussatz zu nennen.2. In dem Billiardspiele, die Handlung des Aussetzens, und der Ort, wohin man seinen Ball setzet. In andern Fällen von der Handlung des Aussetzens, z. B. daran ist gar kein Aussatz, daran ist nichts auszusetzen, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich.3. Dasjenige, was ausgesetzet wird; nur in einigen Fällen. So wird das Geld, welches im Spiele ausgesetzet wird, ingleichen die Figur von einen Kaufmannsladen der Aussatz genannt.

Anm. Der Nahme Aussatz, in der ersten Bedeutung, beziehet sich nicht so wohl auf die Aussetzung oder Absonderung der mit dem Aussatze behafteten von aller menschlichen Gemeinschaft, als vielmehr auf den Ausschlag, der sich dabey auf die Haut setzet. Von eben diesen Mählern, oder Ausschlage auf der Haut, nannte man den Aussatz ehedem auch Malezey, Malatsch, Malzerey, den Masel, die Miselsucht, im Angels. Hreofle, Hreofyns, beym Tatian Ruf, im Gothischen Thrutsfill; und Aussätzige Riobman, Malazige, Malzige, Malitze, Malze, Holländ. Malaedsch und Ital. Malato. Weil man dergleichen Leute von allem menschlichen Umgange auszuschließen pflegte, so hießen sie daher auch Feldsiechen, Fernsiechen und Sondersiechen, und der Aussatz die Feldsucht. Indessen ist es noch nicht ausgemacht, ob diejenige Krankheit, welche man in den mittlern Zeiten in Deutschland mit diesem Nahmen belegte, der wahre morgenländische Aussatz gewesen. Ottfried nennt einen Aussätzigen Horngibruader, ein Wort, dessen Bedeutung so klar noch nicht ist.


Aussätzig (W3) [Adelung]


Aussätzig, -er, -ste, adj. et adv. mit dem Aussatze behaftet. Ein Aussätziger. S. das vorige.


Aussäubern (W3) [Adelung]


Aussäubern, verb. reg. act. das Innere einer Sache säubern. Ein Gefäß, ein Zimmer, ein Haus aussäubern. Daher die Aussäuberung.


Aussaufen (W3) [Adelung]


+ Aussaufen, verb. irreg. act. S. Saufen, austrinken, von Thieren, und in der härtesten und niedrigsten Sprechart auch von Menschen, saufend ausleeren. Daher das eben so niedrige, ein Saufaus, der in dem Saufen eine vorzügliche Stärke besitzet, und die Aussaufung.


Aussaugen (W3) [Adelung]


Aussaugen, verb. irreg. act. S. Saugen. 1) Durch Saugen heraus bringen. (a) Eigentlich. Das Blut aussaugen. Das Gift aussaugen, aus der Wunde. (b) Figürlich, durch List und Gewalt entziehen. Einem das Blut aussaugen, ihn durch Wucher, Bedrückung u. s. f. seines Vermögens berauben. 2) Durch vieles Saugen entkräften. (a) Eigentlich. Das Kind saugt seine Amme ganz aus. Noch mehr aber (b) figürlich, im gemeinen Leben, nach und nach entkräften, arm machen. Einen Acker aussaugen, ihn durch unwirthschaftliche Bestellung seiner Kräfte berauben. Die vielen Gäste saugen ihn ganz aus, bringen ihn um seyn Vermögen. Das Land mit Auflagen aussaugen, Einen bis auf das Mark, bis auf das Blut aussaugen. Sie Saugen bis auf Mark und Blut Die Armen aus, Opitz Ps. 73. 3) Die gehörige Zeit saugen, als ein Neutrum, mit haben. Die Ferkel, ein Kind, ein Kalb aussaugen lassen so auch die Aussaugung.


Aussäugen (W3) [Adelung]


Aussäugen, verb. reg. 1. Activum, die gehörige Zeit säugen; im gemeinen Leben. Ein Kind aussäugen. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu säugen, nicht mehr säugen.


Aussauger (W3) [Adelung]


Der Aussauger, des -s, plur. ut nom. sing. bey einigen Neuern, ein Gewächs, welches von dem Safte anderer lebt, wie die Mistel, das Baumoos, der Baumschwamm; ein Nahme, welcher wenigstens schicklicher ist, als der Ausdruck Schmarotzerpflanze, womit andere diese Art Gewächse belegen.


Ausschaben (W3) [Adelung]


Ausschaben, verb. reg. act. heraus schaben, ingleichen hohl schaben. Daher auch die Ausschabung.


Ausschaffen (W3) [Adelung]


1. Ausschaffen, verb. irreg. act. von schaffen, creare, in der Schöpfung mit allen seiner Art möglichen Vollkommenheiten versehen; ein Verbum, welches einige neuere Dichter versucht haben.


Ausschaffen (W3) [Adelung]


2. Ausschaffen, verb. reg. act. von schaffen, befehlen, hinaus schaffen, besonders in der Oberdeutschen Mundart. So werden in Frankfurt bey einer Kaiserwahl die Fremden ausgeschaffet, d. i. aus der Stadt geschaffet. So auch die Ausschaffung.


Ausschäften (W3) [Adelung]


* Ausschäften, verb. reg. act. welches nur im Schiffbaue üblich ist. Ein Schiff ist auf 50 Stücke ausgeschäftet, wenn es so viel Kanonen führet.


Ausschalen (W3) [Adelung]


Ausschalen, verb. reg. act. inwendig mit Schalbretern, d. i. leichten, rauhen Bretern versehen; beschalen. So werden die Decken in den Zimmern ausgeschalet, damit man sie berohren und hernach gypsen könne. Daher die Ausschalung.


Ausschälen (W3) [Adelung]


Ausschälen, verb. reg. act. 1) Aus der Schale nehmen, von der Schale befreyen. Nüsse, Bohnen, Knoblauch ausschälen. Bey den Fleischern bedeutet ausschälen, an geschlachteten Schweinen den innern Speck ausschneiden oder ablösen. + Einen ausschälen, figürlich, ihn des Seinigen berauben, ist niedrig. 2) Von schälen, spülen, ist ausschälen bey den Wäscherinnen einiger Gegenden so viel als ausspülen, das mit der Seife gewaschene Zeug in frischem Wasser spülen. Daher die Ausschälung.


Ausschalmen (W3) [Adelung]


Ausschalmen, verb. reg. act. in dem Forstwesen, besonders Niedersachsens, durch Beschalmung, d. i. Beschälung der Bäume auszeichnen, anweisen. Einen Platz zur Weide ausschalmen. S. Schalm. Daher die Ausschalmung.


Ausschämen (W3) [Adelung]


+ Ausschämen, verb. reg. recipr. 1) Er hat sich ausgeschämt, sagt man im gemeinen Leben von einem Menschen, welcher die Fähigkeit sich zu schämen verloren hat, sich nicht mehr schämen kann. 2) Sich die Augen ausschämen, gleichfalls nur im gemeinen Leben, einen hohen Grad der Scham empfinden.


Ausschänden (W3) [Adelung]


+ Ausschänden, verb. reg. act. Jemanden ausschänden, ihm schimpfliche und niedrige Vorwürfe machen, im gemeinen Le-ben; wofür in niedrigern Sprecharten auch wohl ausschändiren gehört wird.


Ausschank (W3) [Adelung]


Der Ausschank, des -es, plur. car. von ausschenken, 2, der Verlauf des Getränkes in kleinen Maßen. Die Polizey muß über den Ausschank des Bieres wachen.


Ausschärfen (W3) [Adelung]


Ausschärfen, verb. reg. act. bey den Jägern, so viel als ausschneiden. S. Schärfen. Daher die Ausschärfung.


Ausscharren (W3) [Adelung]


Ausscharren, verb. reg. act. 1) Heraus scharren. Eine Leiche wieder ausscharren, für ausgraben, verächtlich. 2) Einen ausscharren, ihn durch Scharren mit den Füßen beschimpfen und hinaus treiben. 3) Aufhören zu scharren; als ein Neutrum. So auch die Ausscharrung.


Ausscharten (W3) [Adelung]


* Ausscharten, verb. reg. act. bey den Kürschnern, so viel wie als auszacken, schartig oder zackig bilden. S. Scharte. so wird von ihnen das Leder oder Futtertuch mit dem Ausschartungseisen, welches ein halber dicht gezähnter Mond mit einem Stiele ist, ausgeschartet. Daher die Ausschartung.


Ausschattiren (W3) [Adelung]


Ausschattiren, verb. reg. act. durchaus mit dem gehörigen Schatten versehen. Eine Zeichnung ausschattiren.


Ausschauen (W3) [Adelung]


Ausschauen, verb. reg. neutr. welches in Oberdeutschland für aussehen und hinaus sehen üblich ist, und nur zuweilen von einigen Hochdeutschen gebraucht wird. Oft schaut sie vergebens In die Finsterniß aus, Zachar.


Ausschaufeln (W3) [Adelung]


Ausschaufeln, verb. reg. act. hinaus schaufeln. Das Wasser ausschaufeln. Ingleichen vermittelst der Schaufel ausleeren. Einen Teich, eine Pfütze ausschaufeln. Daher die Ausschaufelung.


Ausschäumen (W3) [Adelung]


Ausschäumen, verb. reg. act. 1) Mit dem Schaume auswerfen; ingleichen figürlich, und mit Betrachtung, in der heftigsten Leidenschaft des Zornes, der Wuth, durch Worte von sich geben. Lästerungen wider Gott, seine eigene Schande ausschäumen. 2) Aufhören zu schäumen, ingleichen figürlich, aufhören zu toben, zu rasen; als ein Neutrum. Man muß seine Wuth ausschäumen lassen.


Ausscheiden (W3) [Adelung]


Ausscheiden, verb. irreg. ( S. Scheiden,) welches auf gedoppelte Art üblich ist.I. Als ein Activum, da es zugleich regulär conjugiret werden kann, obgleich solches nur selten geschiehet, von andern Dingen scheiden, absondern. So werden in dem Bergbau die Erze ausgeschieden, oder ausgescheidet, wenn sie von den Bergen oder tauben Gesteine abgesondert werden, welche mit einem anandern Ausdrucke auch ausschlagen heißt.II * Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, sich entfernen, aus einer Gesellschaft weggehen; welche Bedeutung indessen im Hochdeutschen selten ist. Ich dächte, ich schiede gänzlich aus, so liegen sie einander selbst in den Haaren, Less.Daher die Ausscheidung, in der thätigen Bedeutung.


Ausschelten (W3) [Adelung]


Ausschelten, verb. irreg. act. S. Schelten, sehr schelten, nach Verdienst schelten. Daher die Ausscheltung.


Ausschenken (W3) [Adelung]


Ausschenken, verb. reg. act. von schenken, gießen. 1) Ein Getränk ausgießen; im Gegensatze des Einschenkens. Das Bier, den Wein ausschenken, aus der Flasche gießen, welche Bedeutung doch in Niedersachsen am häufigsten ist. 2) Ein Getränk nach kleinern Maßen verkaufen. Wein, Bier ausschenken, maßweise verkaufen; in Oberdeutschland auswirthen, und verleutgeben, von Leutgeb, ein Gast- oder Schenkwirth. 3) Einen Gesellen ausschenken, bey den Handwerkern, ihm bey dem Wegwandern den Ehrentrunk reichen, im Gegensatze des Einschenkens; daher auch der ganze Abschied bey ihnen das Ausgeschenk heißet. So auch die Ausschenkung.


Ausscheren (W3) [Adelung]


Ausscheren, verb. irreg. act. S. Scheren. 1) Heraus scheren. 2) Zum letzen Mahle scheren, durch Scheren fertig, vollkommen machen. Die Tuchscherer scheren die Tücher aus, wenn sie selbige, nachdem sie gefärbt worden, zum dritten und letzten Mahle scheren. Das erste Scheren wird bärteln, das zweyte aber schlechthin scheren genannt. Daher die Ausscherung.


Ausscheuern (W3) [Adelung]


Ausscheuern, verb. reg. act. das Inwendige einer Sache scheuern. Ein Gefäß ausscheuern. Jemanden ausscheuern, figürlich, ihm einen harten Verweis geben.


Ausschicken (W3) [Adelung]


Ausschicken, verb. reg. act. außer dem Hause schicken, in die Ferne schicken. Bothen ausschicken. Ich habe schon nach ihm ausgeschickt, einen Bothen nach ihm geschickt. Er schickt nach Leuten aus, Gell. Daher die Ausschickung.


Ausschieben (W3) [Adelung]


Ausschieben, verb. irreg. S. Schieben. 1. Activum, heraus schieben; nur in einigen Fällen. Das Brot ausschieben, bey den Bäckern, es mit dem Schieber aus dem Ofen nehmen. Einen Tisch ausschieben, ihn durch Herausziehung eines verdeckten eingeschobenen Blattes, welches der Ausschieber genannt wird, verlängern. 2. Neutrum, mit haben, anfangen zu schieben, im Kegelspiele.


Ausschienen (W3) [Adelung]


Ausschienen, verb. reg. act. inwendig mit Schienen versehen.


Ausschieren (W3) [Adelung]


* Ausschieren, verb. reg. act. auslesen, im gemeinen Leben einiger Gegenden, besonders Niedersachsens. Eyer, Nußholz ausschieren. S. Schieren.


Ausschießen (W3) [Adelung]


Ausschießen, verb. irreg. ( S. Schießen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Hinaus schießen, und heraus schießen. 1) Vermittelst des Schusses aus einem Gewehre heraus bringen. Einem ein Auge ausschießen. 2. Auswerfen, welches die erste und eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist. Im Hochdeutschen wird es in diesem Falle nur in weiterer und figürlicher Bedeutung für auslesen gebraucht, in so fern das Untaugliche davon abgesondert wird. Geld ausschießen, als untauglich von dem übrigen auswerfen. So auch Papier, Waaren, Lämmer u. s. f. ausschießen. Das Nußholz von dem Feuerholze ausschießen, in dem Forstwesen, welches in einem Niedersächsischen Worte auch ausschieren genannt wird; S. auch Aushalten. Eine ausgeschossene, als untauglich verworfene, Waare. S. Ausschuß. Auf den Papiermühlen gibt es besondere Weibspersonen, welche das gute Papier von dem Ausschusse absondern, und daher Ausschießerinnen genannt werden. In Niedersachsen ist dieses Verbum noch in seiner eigentlichen Bedeutung für auswerfen, ausgraben üblich, weil man allda die Gräbern auszuschießen, d. i. auszugraben pfleget. S. Schießen. 2. Durch Schießen leer machen. Einen Wald ausschießen, alles Wild in demselben niederschießen. Ein ausgeschossenes Revier. Ein Auschießen halten, in dem Jagdwesen, alles eingestellte Wildbret niederschießen. S. Abschießen. 3. Ein Gewehr wird durch langen Gebrauch ausgeschossen, dünne gemacht. 4. Etwas ausschießen, eine Art des Ausspielens, da derjenige eine ausgesetzte Sache erhält, welcher dem Ziele am nächsten schießt.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, heraus wachsen, herauf wachsen. Der Same ist ausgeschossen.Daher die Ausschießung, in den Bedeutungen des Activi.


Ausschiffen (W3) [Adelung]


Ausschiffen, verb. reg. act. aus dem Schiffe an das Land bringen, ausladen. Truppen, Waaren ausschiffen. Daher die Ausschiffung.


Ausschimpfen (W3) [Adelung]


Ausschimpfen, verb. reg. act. im gemeinen Leben, einen ausschimpfen, ihn heftig mit Worten beschimpfen. Ingleichen aufhören zu schimpfen; als ein Neutrum. Daher die Ausschimpfung.


Ausschinden (W3) [Adelung]


+ Ausschinden, verb. irreg. act. ein niedriges Wort, welches in allen seinen Bedeutungen nur in den größten Sprecharten vorkommt. 1) Aus einem Körper heraus schinden, oder schneiden, in welcher Bedeutung es auch in den gemeinsten Mundarten selten ist; S. Schinden. Ein aus dem Leibe seiner Mutter geschnittenes Kind wurde in Oberdeutschland ehedem ein Ausschindling genannt. S. Ausschnittling. 2) Durch Schinden, d. i. übermäßige Bedrückungen, entkräften, arm machen. Seine Unterthanen ausschinden. 3) Mit unmäßigen Wucher verlaufen. Sein Getreide ausschinden. So auch die Ausschindung.


Ausschlachten (W3) [Adelung]


Ausschlachten, verb. reg. act. bey den Fleischern, einem geschlachteten Viehe die Haut ablösen, die Eingeweide heraus nehmen, und das Fleisch zum Gebrauche zerhauen. So auch die Ausschlachtung.


Ausschlacken (W3) [Adelung]


Ausschlacken, verb. reg. act. in den Schmelzhütten, die Schlacken bey dem Schmelzen der Erze absondern. Daher die Ausschlackung.


Ausschlafen (W3) [Adelung]


Ausschlafen, verb. irreg. S. Schlafen. 1. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, zur Genüge schlafen, so lange schlafen, als zur Ruhe nöthig ist. Sie reden so verdrießlich, wie man ein Mensch, der nicht ausgeschlafen hat. 2. Activum, durch hinlängliches Schlafen verlieren. Den Zorn, den Rausch, den Wein ausschlafen.


Ausschlag (W3) [Adelung]


Der Ausschlag, des -es, plur. die -schläge, ein Wort, welches nur in einigen Bedeutungen des folgenden Verbi und auch hier nur in einigen einzelnen Fällen üblich ist.I. Von dem Activo ausschlagen wird dieses Wort in den Tapeten-Fabriken gebraucht, wo es viele Stücke Tapeten andeutet, als zum Ausschlagen eines Zimmers erfordert werden. In den Hüttenwerken wird auch die ausgelaugte Asche Ausschlag genannt. In einem anderen Verstande ist im Bergbaue der Ausschlag, was von den aus der Grube geschaften Wänden abgeschlagen wird. Bey den Kürschnern wird der Umschlag eines Pelzes auch der Ausschlag genannt.II. Von dem Neutro ausschlagen.1. Das Ausschlagen, so fern dadurch zunächst eine Handlung ausgedruckt wird; ohne Plural. 1) In eigentlicher Bedeutung. So sagt man im gemeinen Leben, den Ausschlag thun, den ersten Schlag thun. Am häufigsten gebraucht man dieses Wort von einer Wage, die Neigung der Zunge aus ihrem senkrechten Stande anzudeuten, welche durch das Übergewicht der einen Schale verursacht wird. Die Wage bekommt den Ausschlag, d. i. das Gleichgewicht wird gehoben. Das gibt der Wage den Ausschlag. Hierauf gründet sich, 2) die figürliche Bedeutung, die Veränderung anzudeuten, welche ein Geschäft erleidet, oder welche man in demselben hervor bringet, besonders wenn die Beendigung desselben dadurch beschleuniget wird. Das gibt der Sache den Ausschlag. Wenn gleich die Liebe für meinen Sohn den Ausschlag auf der einen Seite beförderte, so hat sie doch nicht alles gethan, Dusch. In einigen Oberdeutschen Gegenden bedeutet dieses Wort auch das Endurtheil eines Richters, den richterlichen Ausspruch, welche Bedeutung auch das Schwed. Utslag hat. Herr Ihre glaubt in seinem Glossario Suio-Goth. es sey in dieser Bedeutung eine bloße Nachahmung des Latein. decisio, welches von caedere, schlagen, herkommt. Allein es ist wahrscheinlicher, daß die Figur von dem Ausschlagen einer Wage entlehnet ist. Übrigens ist der Ausschlag in der Bedeutung eines Endurtheiles im Hochdeutschen nicht gebräuchlich.2. Dasjenige, was ausschlägt, oder aus einem Körper nach dessen Oberfläche getrieben wird. In dieser Bedeutung wird es nur von den Unreinigkeiten des menschlichen Körpers gebraucht, wenn sich selbige einen Weg durch die äußere Haut bahnen, ohne eben merkliche Erhöhungen zu machen; in Oberdeutschland die Ausgeschlechte und das Angeflög. Finnen im Gesichte, die Krätze u. s. f. sind dergleichen Ausschläge. Einen Ausschlag bekommen. Den Ausschlag befördern. Der Ausschlag trocknet ab. Daher das Ausschlagsfieber, bey den Ärzten, ein Fieber, welches mit Ausschlägen der Haut verbunden ist. In dieser Bedeutung wird auch der Plural von mehrern Arten des Ausschlages gebraucht.

Anm. In den Rechten einiger Gegenden ist der Ausschlag oder Ausschlagsverkauf, ein solcher Verkauf, wobey der Verkäufer sich die Freyheit vorbehält, die verkaufte Sache nach einer gewissen Zeit wieder zurück zu nehmen, und einem andern zu verkaufen, wenn der erste Käufer nicht mehr geben will.


Ausschlägeln (W3) [Adelung]


* Ausschlägeln, verb. reg. act. ein Kunstwort der Steinschleifer. Einen Stein ausschlägeln, hohl schleifen.


Ausschlagen (W3) [Adelung]


Ausschlagen, verb. irreg. ( S. Schlagen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum.1. Heraus schlagen, durch Schlagen heraus bringen. Ein Fach in der Wand ausschlagen. Einem ein Auge, einen Zahn ausschlagen. Das Getreide mit Flegeln ausschlagen, brechen. Die Erze ausschlagen, in dem Bergbaue, sie mit dem Ausschlagefäustel klein schlagen, um das Erz von dem tauben Gesteine abzusondern; welches von besonderen Arbeitern geschieht, welche daher Ausschläger genannt werden. Ein Ey ausschlagen, metonymisch, es mit einem Schlage öffnen und ausleeren. In weiterer Bedeutung dient dieses Wort verschiedene besondere Fälle auszudrucken, in welche eine Sache vermittelst einer heftigen Bewegung aus der andern gebracht wird. Dem Hirsche seyn Gehörn ausschlagen, heißt bey den Jägern so viel als es ihm abhauen. Die Zimmerleute schlagen einen Baum, den sie beschlagen wollen, aus, wenn sie senkrecht herunter einige Späne heraus hauen, damit die Späne bey dem Beschlagen nicht zu lang werden. Und in figürlicher Bedeutung werden in dem Forstwesen Bäumen ausgeschlagen, wenn sie mit dem Waldeisen bezeichnet und dadurch von andern Bäumen ausgesondert werden.2. Aus einander schlagen. So werden in den Münzen die Schrötlinge ausgeschlagen, wenn man sie breit und eben schlägt; und bey den Jägern werden die Leinen ausgeschlagen, wenn sie sich verschlungen oder verwickelt haben. Die Weisgärber schlagen die Felle aus, wenn sie selbige aus dem Äscher nehmen und aufhängen; wo aber auch die vorige Bedeutung Statt finden kann.3. Inwendig beschlagen. Ein Zimmer mit Tapeten, einen Schrank mit Leinwand, einen Kasten mit Wachstuch ausschlagen.4. Auswärts schlagen. Wenn die Kupfer eines Buches ausgeschlagen werden sollen, so müssen sie an Falze gesetzet werden. Bey den Schneidern und Kürschnern bedeutet ausschlagen, mit einer Verbrämung versehen.5. Von sich wegschlagen. 1) Eigentlich. Einen Stoß ausschlagen, in der Fechtkunst, für pariren. 2) Etwas, das angebothen wird, nicht annehmen wollen. Ein Amt ausschlagen. Er hat diesen Antrag gänzlich ausgeschlagen. Sie werden mir doch diesen Strauß nicht ausschlagen? In Oberdeutschland gebraucht man dieses Zeitwort in noch weiterem Umfange der Bedeutung, für versagen, verachten. Schlag aus sein sündliches Begehren, heißt es bey dem Opitz, Pf. 141; und andern Orten sagt man auch, guten Rath, Warnungen, Ermahnungen ausschlagen. Allein im Hochdeutschen ist dieser Gebrauch eben so ungewöhnlich, als die Arten zu reden, sich die bösen Gedanken, die Sorgen ausschlagen, aus den Gedanken schlagen.II. Als ein Neutrum, in welcher Gattung es wieder auf doppelte Art gebraucht wird.1. Mit dem Hülfsworte haben. 1) Anfangen zu schlagen, den ersten Schlag thun. Wer hat ausgeschlagen? Wer hat den Anfang der Schlägerey gemacht? 2) Von sich schlagen, auswärts schlagen. Das Pferd hat mit dem Fuße ausgeschlagen. Hinten ausschlagen, von den Pferden. Figürlich kommt ausschlagen in dieser Bedeutung in der Wapenkunst für ausstrecken vor. Mit ausgeschlagener Zunge, wird daselbst von dem Adler gebraucht, dagegen man die Löwen eine vorgeschlagene Zunge beyleget. 3) Sich auswärts neigen, besonders von der Zunge in der Wage, und metonymisch von der Wage selbst, wenn sie durch ein Übergewicht in der einen Schale aus dem wagerechten Stande gebracht wird. Die Wage schlägt aus. Die Wage ausschlagen lassen. 4) Bis zu Ende schlagen. Ehe es neun ganz ausschlägt, von der Uhr. Ingleichen von den Sangvögeln. Der Vogel schlägt nicht ganz aus, schlägt seyn Stück nicht bis zu Ende. Einen Vogel nicht ausschlagen lassen. Ferner, aufhören zu schlagen. Die Nachtigallen haben nunmehr ausgeschlagen, wenn sie nicht mehr schlagen.2. Mit dem Hülfsworte seyn, so fern schlagen eine hervor keimende Bewegung von innen nach außen andeutet, an der Oberfläche zum Vorscheine kommen. 1) Von den Knospen der Bäume und Gewächse. Die Knospen schlagen aus. Noch mehr aber metonymisch. Die Bäume sind schon ausgeschlagen, haben Knospen getrieben. Wenn der Weinstock ausschlagen wird. 2) Wenn die Dünste an den kalten Wänden frieren, und also eine Art von Reif hervor bringen, sagt man gleichfalls, die Wände schlagen aus. Ingleichen, die Kälte schlägt an den Wänden aus. Ingleichen, die Kälte schlägt mir aus, wenn die eingezogene kalte Luft in der Wärme nach den äußern Theilen des Leibes gehet, und daselbst ein Schauern verursachet. 3) Von den Unreinigkeiten des menschlichen Körpers, wenn sie nach der Oberfläche zu bringen, und auf der Haut zum Vorscheine kommen. Die Krätze schlägt bey ihm aus. Noch mehr aber metonymisch: im Gesichte, am Kinne ausgeschlagen seyn. Er ist am ganzen Leibe ausgeschlagen. 4) Figürlich, zum Vorscheine kommen, sichtbar, merklich werden. Wenn eine brennbare Materie Feuer fänget, so glimmet sie, dann fängt es an zu brennen, es lodert, und schlägt endlich in helle Flammen aus.Gern wär er, allzu gern, in Flammen ausgeschlagen, Less. Die Krankheit schlägt bey ihm aus, kommt zum Ausbruche. Die Krankheit ist in ein Fieber ausgeschlagen. 5) Ingleichen, einen Ausgang gewinnen, besonders in Rücksicht auf dessen Beschaffenheit. Die Sache ist wohl, ist übel ausgeschlagen. Die Sache ist anders ausgeschlagen, als man dachte. Damit diese Verwirrung zu keiner Verordnung ausschlage. Beruhigen sie sich, die Wirkung dieses kleinen Betruges wird unfehlbar zu ihrem Vortheile ausschlagen, Weiße.

Anm. Das Substantiv, die Ausschlagung, ist größten Theils nur in der ersten Bedeutung des Activi gewöhnlich; in den meisten übrigen Bedeutungen ist Ausschalg eingeführet. Einen ausschlagen, verweisen, ist veraltet, und das Essen ausschlagen, für anrichten, ist Oberdeutsch.


Ausschlämmen (W3) [Adelung]


Ausschlämmen, verb. reg. act. von dem im Innern befindlichen Schlamme reinigen. Einen Graben, einen Teich ausschlämmen. Daher die Ausschlämmung.


Ausschlauchen (W3) [Adelung]


* Ausschlauchen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Brunnengräber. Die Röhre einer Wasserleistung ausschlauchen, sie mit der Schlauchruthe von den Schwämmen reinigen.


Ausschlauen (W3) [Adelung]


* Ausschlauen, verb. reg. act. welches nur in einigen Gegenden bekannt ist. Wälsche Nüsse ausschlauen, sie aus der Schlaue oder grünen Schale brechen.


Ausschleifen (W3) [Adelung]


1. Ausschleifen, verb. irreg. act. S. Schleifen, polire. 1) Durch Schleifen heraus bringen. Eine Scharte ausschleifen. 2) Gehörig schleifen. Ein Barbiermesser ausschleifen. 3) Hohl schleifen. 2) Aufhören zu schleifen, als ein Neutrum. Daher die Ausschleifung.


Ausschleifen (W3) [Adelung]


2. Ausschleifen, verb. reg. act. von schleifen, ziehen, hinaus schleifen. Einen Übelthäter ausschleifen.


Ausschleimen (W3) [Adelung]


Ausschleimen, verb. reg. act. von dem inwendigen Schleime reinigen. Eine Bouteille ausschleimen.


Ausschlendern (W3) [Adelung]


Ausschlendern, verb. reg. neutr. mit seyn, nachlässig spazieren gehen, in der vertraulichen Sprechart. Ein wenig ausschlendern.


Ausschlichten (W3) [Adelung]


Ausschlichten, verb. reg. act. in den Münzen. Die Zaine ausschlichten, sie unter dem Hammer dünner strecken.


Ausschliefen (W3) [Adelung]


Ausschliefen, verb. irreg. neutr. ( S. Schliefen,) mit dem Hülfsworte seyn, auskriechen, heraus kriechen; ein Verbum, welches am häufigsten im Oberdeutschen üblich ist, indem im Hochdeutschen das Frequentativum ausschlüpfen gewöhnlicher ist. S. dieses Wort.


Ausschließen (W3) [Adelung]


Ausschließen, verb. irreg. act. S. Schließen. 1. Hinaus schließen, durch Verschließung eines Ortes draußen zu bleiben nöthigen. 1) Eigentlich. Wir müssen eilen, sonst werden wir ausgeschlossen, nehmlich aus der Stadt, oder dem Hause. Noch mehr aber, 2) figürlich, ausnehmen, in etwas nicht mehr begreifen, aussondern. Einen von der Wahl, von der Erbschaft, von der Gemeinde ausschließen. Ich schließe niemanden aus. Keinen ausgeschlossen. Das Geboth zu bethen schließt das Geboth der Liebe und des Mitleidens nicht aus, Gell. Ein ausschließendes Privilegium, welches alle andere von einem gewissen Vorrechte ausschließt. Einem etwas ausschließungsweise beylegen, ihm allein, mit Ausschließung aller anderer. 2. Einen Gefangenen ausschließen, ihn seiner Bande entledigen, wofür in manchen Fällen ein gewisses Ausschließegeld gegeben wird. 3. Eine Zeile ausschließen, bey den Buchdruckern, sie in dem Winkelhaken endigen, mit Spatien beschließen. So auch die Ausschließung.


Ausschließlich (W3) [Adelung]


Ausschließlich, adj. et adv. andere von etwas ausschließend. Ein ausschließliches Privilegium, wofür doch ein ausschließendes üblicher ist. Ihm kommt das Recht ausschließlich zu, ihm allein, mit der Ausschließung aller anderer.


Ausschlüpfen (W3) [Adelung]


Ausschlüpfen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, heraus schlüpfen, oder kriechen. Die Küchlein sind noch nicht ausgeschlüpfet, aus den Eyern. S. Ausschliefen.


Ausschlürfen (W3) [Adelung]


Ausschlürfen, verb. reg. act. heraus schlürfen, ingleichen schlürfend leer machen. Weich gesottene Eyer ausschlürfen. Daher die Ausschlürfung.


Ausschluß (W3) [Adelung]


Der Ausschluß, des -sses, plur. inusit. von der figürlichen Bedeutung des Verbi ausschließen. Er hält dieses für die einzige Ursache seines Ausschlusses, warum er ausgeschlossen worden.


Ausschmähen (W3) [Adelung]


Ausschmähen, verb. reg. act. Jemanden ausschmähen, ihm empfindliche Verweise geben; für die niedrigen ausschänden und ausschimpfen.


Ausschmälen (W3) [Adelung]


Ausschmälen, verb. reg. 1. Activum, sehr auf jemanden schmälen. Du verdientest, daß ich dich rechtschaffen ausschmälte. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu schmälen. Wirst du bald ausgeschmälet haben?


Ausschmauchen (W3) [Adelung]


Ausschmauchen, verb. reg. act. durch Schmauch heraus bringen. Einen Fuchs ausschmauchen, aus seiner Höhle. Ingleichen durch ein schmauchendes Feuer leer machen, reinigen. S. Auslohen. Daher die Ausschmauchung.


Ausschmeißen (W3) [Adelung]


Ausschmeißen, verb. irreg. ( S. Schmeißen,) welches wenig mehr gebraucht wird, weil auswerfen und ausschlagen in der anständigern Sprechart dessen Stelle eingenommen hat. 1. Activum. Einen Zahn, ein Auge ausschmeißen, auswerfen, ausschlagen. 2. Neutrum, mit haben. 1) Das Pferd schmeißt aus, schlägt aus. 2) Den Anfang mit Schlagen machen. wer hat ausgeschmissen? ausgeschlagen. S. Schmeißen.


Ausschmelzen (W3) [Adelung]


Ausschmelzen, ein Verbum, welches auf doppelte Art gebraucht wird.I. Als ein Activum, wo es billig regelmäßig conjugiret werden sollte, obgleich selbiges nur selten geschiehet, durch Schmelzen heraus bringen, ingleichen metonymisch, auf solche Art reinigen, leer machen. Fett ausschmelzen. Erze, Steine ausschmelzen, wofür in den Schmelzhütten seigern und ausseigern üblich ist.II. Als ein Neutrum, mit irregulärer Conjugation, S. Schmelzen. 1) Mit dem Hülfsworte seyn, ausgeschmelzet werden, schmelzen und heraus fließen. Das Fett ist ausgeschmolzen. 2) Mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu schmelzen, oder flüssig zu seyn. Das Bley hat ausgeschmolzen.Daher die Ausschmelzung in der Bedeutung des Activi.


Ausschmieden (W3) [Adelung]


Ausschmieden, verb. reg. act. 1) So lange schmieden, als nöthig ist. Das Eisen ist nicht recht ausgeschmiedet worden. 2) Unter dem Hammer ausdehnen, länger und zugleich dünner schmieden. 3) Einen zum Festungsbaue Verurtheilten ausschmieden, ihn mit Abnehmung der Eisen entlassen; im Gegensatze des einschmieden.


Ausschmieren (W3) [Adelung]


Ausschmieren, verb. reg. act. 1) Inwendig voll schmieren. Die Ritzen eines Ofens ausschmieren. 2) Inwendig beschmieren. Einen Ofen, einen Topf ausschmieren. 3) Verächtlich, für ausschreiben, ohne Wahl und Beurtheilungskraft ausschreiben. Ausgeschmiertes Zeug. So auch die Ausschmierung.


Ausschmollen (W3) [Adelung]


Ausschmollen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu schmollen, in der vertraulichen Sprechart.


Ausschmücken (W3) [Adelung]


Ausschmücken, verb. reg. act. 1) Das Innere einer Sache schmücken. Ein Zimmer ausschmücken. 2) Schmücken um gesehen zu werden, zur Schau schmücken. Eine Braut ausschmücken. Ein ausgeschmücktes Pferd. So auch die Ausschmückung.


Ausschnallen (W3) [Adelung]


Ausschnallen, verb. reg. act. vermittelst Öffnung der Schnalle heraus nehmen.


Ausschnauben (W3) [Adelung]


Ausschnauben, verb. reg et irreg. act. S. Schnauben. 1) Im gemeinen Leben, schnaubend leer machen. Die Nase ausschnauben, ingleichen sich ausschnauben; wofür aber im Hochdeutschen ausschnäutzen üblicher ist. 2) Aufhören zu schnauben, verschnauben; als ein Neutrum. Ein Pferd ausschnauben lassen, in welcher letztern Bedeutung auch ausschnaufen, gewöhnlich ist. S. Schnaufen. So auch die Ausschnaubung.


Ausschnäutzen (W3) [Adelung]


Ausschnäutzen, verb. reg. act. durch Schnäutzen reinigen. Die Nase ausschnäutzen. Ingleichen metonymisch, sich ausschnäutzen. S. Schnäutzen. So auch die Ausschnäutzung.


Ausschneiden (W3) [Adelung]


Ausschneiden, verb. irreg. act. S. Schneiden. 1) Heraus schneiden. Einem die Zunge ausschneiden. ein Blatt ausschneiden, aus einem Buche. Ingleichen metonymisch. Ein Kalb ausschneiden, es castriren, in der Landwirthschaft. Die Bäume ausschneiden, bey den Gärtnern, ihnen die unnöthigen Zweige benehmen. S. Ausschneiteln. 2) Nach einer gewissen Figur schneiden. In Papier ausschneiden. Blumen, Früchte ausschneiden. Einen Kragen rund ausschneiden. Ein ausgeschnittener Kragen. Die Absätze ausschneiden, bey den Schustern, den hölzernen Absätzen durch Beschneiden die gehörige Gestalt geben. 3) Gewirkte oder gewebte Waaren ellenweise verkaufen, weil sie alsdann abgeschnitten werden müssen. Tücher, Seidenzeuge u. s. f. ausschneiden. S. Ausschnitt. Auch die Bäcker pflegen zuweilen das Brot auszuschneiden, wenn sie abgeschnittene Stücke nach Pfennigen verkaufen.


Ausschneiteln (W3) [Adelung]


Ausschneiteln, verb. reg. act. welches das Frequentativum und Diminutivum des vorigen ist, und nur in der Landwirthschaft gebraucht wird. Die Bäume ausschneiteln, die kleinen Nebenzweige an denselben wegschneiden. Hopfenstangen ausschneiteln, sie gehörig beschneiden. Daher die Ausschneitelung.


Ausschnieben (W3) [Adelung]


Ausschnieben, verb. reg. neutr. ( S. Schnieben,) mit haben, bis zu Ende schnieben, aufhören zu schnieben, wofür doch verschnieben üblicher ist.


Ausschnitt (W3) [Adelung]


Der Ausschnitt, des -es, plur. die -e. 1) Die Handlung des Ausschneidens; ohne Plural. Besonders bey den Tuchmachern und andern ähnlichen Kramern, die Freyheit, ihre Waaren ausschneiden, d. i. ellenweise verkaufen zu dürfen. Daher die Ausschnitthandlung, welche diese Freyheit hat. 2) Was ausgeschnitten worden. Der Ausschnitt eines Zirkels, einer Kugel, in der Mathematik; Sector. Der Ausschnitt an dem Kragen.


Ausschnittling (W3) [Adelung]


Der Ausschnittling, des -es, plur. die -e, zuweilen, obgleich selten, ein aus dem Leibe seiner Mutter geschnittenes Kind, welches in Oberdeutschland auch ein Ausschindling heißt.


Ausschnitzen (W3) [Adelung]


Ausschnitzen, verb. reg. act. durch Schnitzen, d. i. künstliches Schneiden, eine gewisse Gestalt geben. In Holz ausschnitzen. So auch das Diminutivum ausschnitzeln.


Ausschnüren (W3) [Adelung]


Ausschnüren, verb. reg. act. durch Öffnung einer Schnur heraus nehmen. Ein Frauenzimmer ausschnüren, es von der Schnürbrust befreyen, im Gegensatze des Einschnürens. Sich ausschnüren. Daher die Ausschnürung.


Ausschnupfen (W3) [Adelung]


Ausschnupfen, verb. reg. act. durch Schnupfen leer machen. Eine Dose Tobak ausschnupfen.


Ausschöpfen (W3) [Adelung]


Ausschöpfen, verb. reg. act. durch Schöpfen heraus hohlen. Das Wasser ausschöpfen, aus dem Brunnen, einem Teiche, einem Gefäße. Ingleichen, auf solche Art leer machen. Einen Brunnen, einen Teich, ein Faß ausschöpfen; im Bergbaue auspfützen. Daher die Ausschöpfung.


Ausschoren (W3) [Adelung]


* Ausschoren, verb. reg. act. im Forstwesen einiger Gegenden. Einen Wald ausschoren, hin und wieder Bäume in demselben aushauen, um ihn dünner zu machen, ihn auslichten. S. Schoren.


Ausschossen (W3) [Adelung]


Ausschossen, verb. reg. neutr. mit haben, Schosse oder Schößlinge treiben. Ein Baum hat stark ausgeschosset, wenn er viele Beyzweige getrieben hat.


Ausschößling (W3) [Adelung]


Der Ausschößling, des -es, plur. die -e, ein Reis oder kleiner Zweig, der aus dem Stamme oder der Wurzel ausschießet, oder heraus wächset. S. auch Ausläufer.


Ausschramm (W3) [Adelung]


Der Ausschramm, des -es, plur. inusit. in dem Bergbaue, eine lettige Bergart, welche leicht zu gewinnen, oder los zu hauen ist, und auch die Ablösung, der Besteg genannt wird. S. Schramm.


Ausschrauben (W3) [Adelung]


Ausschrauben, verb. reg. et irreg. act. S. Schrauben, durch Öffnung der Schraube heraus nehmen. Daher die Ausschraubung.


Ausschreiben (W3) [Adelung]


Ausschreiben, verb. irreg. act. S. Schreiben. 1) Heraus schreiben. Etwas ausschreiben, es aus einem Buche schreiben. In engerer Bedeutung schreibt man jemanden aus, wenn manStellen aus dessen Schrift abschreibt und für seine Gedanken ausgibt, wodurch man zum Ausschreiber wird. 2) Bis zu Ende schreiben, im Gegensatze des Abkürzens. Eine Rechnung ausschreiben, sie vollständig aussetzen. Ein Wort ganz ausschreiben. 3) Durch ausgeschickte Schreiben bekannt machen, anbefehlen. Einen Landtag, eine Lieferung, einen Bußtag, eine Schatzung ausschreiben. Daher ein ausschreibender Fürst, in dem Deutschen Staatsrechte, ein Fürst der das Recht hat, die Stände seines Kreises zu Kreistagen zu berufen. Ausschreibende Städte, diejenige Städte, welche die übrigen zu Städtetagen berufen. 4) Aufhören zu schreiben; als ein Neutrum. So auch die Ausschreibung, und das Ausschreiben, des -s, plur. ut nom. sing. ein öffentlicher Brief, worin etwas ausgeschrieben wird.


Ausschreiten (W3) [Adelung]


Ausschreiten, verb. irreg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, ( S. Schreiten,) hinaus schreiten. Die Kinder schritten beyseit aus, 1. Chron. 14, 9, aus dem Wege.


Ausschreyen (W3) [Adelung]


Ausschreyen, verb. irreg. act. S. Schreyen. 1) Mit einem Geschreye bekannt machen. Eyer, Milch ausschreyen, mit lautem Geschreye ausrufen. Ein Ding überall ausschreyen, bekannt machen. So auch figürlich: einen als einen Dieb, oder für einen Dieb ausschreyen. Ich bin gar nicht so reich, als mich die Leute ausschreyen, Gell. 2) Durch Schreyen vollkommener machen. Seine Stimme ausschreyen, im gemeinen Leben. 3) Aufhören zu schreyen; als ein Neutrum. Ein Kind ausschreyen lassen.


Ausschroten (W3) [Adelung]


Ausschroten, verb. reg. act. außer daß es im Particip. Pass. ausgeschroten hat.1. Von schroten, nagen, heraus nagen oder fressen; doch nur in einigen Fällen, in den gemeinen Mundarten. Die Mäuse schroten den Käse aus, fressen ihn hohl.2. Von schroten, wälzen, heraus wälzen. Ein Faß Bier ausschroten, aus dem Keller. Daher figürlich an einigen Orten Bier ausschroten, faßweise verkaufen; im Gegensatze des Ausschenkens. Es kommt die Zeit, daß ich ihnen will Schröter schicken, die sie ausschroten sollen, aus dem Lande treiben, Jer. 48, 12, ist eine andere, aber im Hochdeutschen ungewöhnliche Figur. Daher die Ausschrotung, und an einigen Orten auch der Ausschrot, für die Handlung des Ausschrotens, in der zweyten Bedeutung.


Ausschuhen (W3) [Adelung]


* Ausschuhen, verb. reg. act. den Schuh ausziehen, in welcher Bedeutung dieses Wort aber nur in den Jüdischen Gebräuchen vorkommt, da die Witwe dem Bruder ihres verstorbenen Mannes, zum Zeichen, daß er sich seiner Ansprüche, die er nach Mosis Gesetz an sie hat, begibt, mit gewissen Feyerlichkeiten einen Schuh ausziehet. Daher das Ausschuhungsrecht. In weiterer Bedeutung heißt, die Kunst ausschuhen, im Bergbaue, das Leder von dem Kolben derselben wegnehmen. Daher die Ausschuhung.


Ausschuppen (W3) [Adelung]


Ausschuppen, verb. reg. act. schuppig ausschneiden, ein Kunstwort der Heraldik, wo derjenige Schuppenschnitt ausgeschuppt heißt, wo die Schuppen nach unten zu gekehret sind.


Ausschüren (W3) [Adelung]


* Ausschüren, verb. reg. act. im Hüttenbaue, die Ofenbrüche und Schlacken aus dem Ofen ziehen.


Ausschürfen (W3) [Adelung]


Ausschürfen, verb. reg. act. im Bergbaue, so viel als ausgraben. S. Schurf und Schürfen. Daher die Ausschürfung.


Ausschuß (W3) [Adelung]


Der Ausschuß, des -sses, plur. die -schüsse. 1. Die Handlung des Ausschießens, oder Absonderns einer Sache von der andern, ohne Plural, in welcher Bedeutung aber diese Wort wenig vorkommt. 2. Dasjenige, was von andern Dingen seiner Art ausgeschossen, oder ausgeworfen worden. Da man so wohl das Schlechte als auch das Gute auswerfen kann, so wird Ausschuß in beyden Bedeutungen gebraucht. 1) Von dem Schlechtesten in seiner Art; im gemeinen Leben der Brack, Pafel, Povel, und an einigen Orten auch Ausschüßling, Nieders. Utschott. Der Ausschuß von Schafen, vom Gelde u. s. f. Das ist nur Ausschuß. Ein Ausschußbogen, bey den Buchdruckern, ein fehlerhafter Abdruck, welcher auch ein Mönchsbogen genannt wird.2) Von dem Brauchbarsten in seiner Art; wo dieses Wort in weiterer Bedeutung von gewissen Personen gebraucht wird, die von andern abgesondert worden, um in ihrem Nahmen zu handeln, Schwed. Utskott; z. B. der Ausschuß einer Bürgschaft, welche von den Bürgern erwählet werden, mit dem Rathe in Unterhandlung zu treten. Der Ausschuß der Landstände, oder einer Landschaft, diejenigen, welche von den Landständen zu Abthuung der gemeinen Landesangelegenheiten verordnet werden; in Baiern die Verordneten, welche in Sachsen in dem weitern und engern Ausschuße bestehen, wovon jener mehr, dieser aber weniger Personen in sich fasset. Daher der Ausschußtag, eine Versammlung des Ausschusses, dessen Beschlüsse Ausschußtagesabschiede genannt werden. An einigen Orten wird auch das bewehrte Landvolk, welches zur Beschirmung des Landes unter den übrigen Unterthanen ausgesucht wird, die Landmiliz, ein Ausschuß genannt. Daher den Ausschuß aufbiethen, mustern u. s. f. Ein einzelnes Glied eines solchen Ausschusses heißt in den gemeinen Mundarten auch wohl ein Ausschüsser.


Ausschütteln (W3) [Adelung]


Ausschütteln, verb. reg. act. welches das Frequentativum des folgenden ist, durch Schütteln heraus bringen. Den Staub, die Körner ausschütteln. Ingleichen auf solche Art reinigen. Das Stroh ausschütteln. Die Lumpen ausschütteln, bedeutet in den Papiermühlen, sie nur obenhin auslesen. Daher die Ausschüttelung.


Ausschütten (W3) [Adelung]


Ausschütten, verb. reg. act. heraus schütten, hinaus schütten. 1) Eigentlich. Das Mehl, Getreide ausschütten, aus dem Sacke. Ingleichen metonymisch, den Sack ausschütten. Die Weinstöcke ausschütten, in Franken, sie von der Erde, womit sie im Herbste bedeckt worden, befreyen; welches in andern Gegenden aufziehen heißt. So auch von flüssigen Körpern, ob man gleich im Hochdeutschen von denselben lieber ausgießen gebraucht. Das Kind mit dem Bade ausschütten, das Gute mit dem Bösen verwerfen. Dein Nahme ist eine ausgeschüttete Salbe, Hohel. 1, 3. 2) In engerer Bedeutung wird dieses Wort bey den Jägern absolute gebraucht, für junge werfen, und zwar so wohl von den Hunden, als auch bey einigen von dem Wildbrete. In Oberdeutschland ist dieser Gebrauch noch gemeiner, und kommt daselbst auch von dem Werfen der Katzen und andere Thiere vor. 3) Figürlich. (a) In reichem Maße zutheilen, in der höhern Schreibart. Sind so viele Vortheile des Lebens, die das Glück über dich ausgeschüttet hat, noch zu wenig, dich glücklich zu machen? Dusch. Seinen Zorn über jemanden ausschütten, völlig auslassen. (b) Völlig ausleeren, bekannt machen, entdecken. Schütten sie doch nicht alle ihre Weisheit aus. Alle seine Geheimnisse ausschütten. Seine Noth vor einem ausschütten. Besonders in der R. A. seyn Herz vor einem ausschütten. Es ist schon Erleichterung genug, sein Herz in den Schooß eines Freundes auszuschütten, Weiße. In welcher Bedeutung es auch zuweilen mit der dritten Endung gebraucht wird. Denen sie ihr ganzes Herz ausschüttet, Gell. S. auch Ausgießen. + Ich möchte mich vor Lachen ausschütten, ist eine niedrige R. A. einiger Obersachsen. So auch die Ausschüttung.


Ausschwämmen (W3) [Adelung]


* Ausschwämmen, verb. reg. act. von Schwamm, inwendig mit dem Schwamme reinigen, nur bey den Töpfern, welche das gedrehte Geschirr ausschwämmen, wenn sie mit einem Schwam-me darin herum fahren, das zurück gebliebene Wasser heraus zu bringen. In andern Bedeutungen S. Ausschwemmen.


Ausschwänken (W3) [Adelung]


Ausschwänken, verb. reg. act. durch Schwänken eines flüssigen Körpers reinigen. Ein Glas ausschwänken, mit Wasser. Sich den Mund Ausschwänken. S. Schwänken. Daher die Ausschwänkung.


Ausschwären (W3) [Adelung]


Ausschwären, verb. irreg. neutr. ( S. Schwären,) welches das Hülfswort seyn erfordert, durch Schwären heraus gebracht werden. Einen Splitter ausschwären lassen. Das Auge ist ihm ausgeschworen. Daher die Ausschwärung.


Ausschwärmen (W3) [Adelung]


Ausschwärmen, verb. reg. neutr. mit haben, das Schwärmen vollendet haben, nicht mehr schwärmen. Die Bienen haben ausgeschwärmet. Figürlich, aufhören, sich auf eine geräuschvolle Art zu belustigen.


Ausschwatzen (W3) [Adelung]


Ausschwatzen, verb. reg. act. 1) Durch Schwatzhaftigkeit bekannt machen. Etwas aufschwatzen. Mein Kind, du schwatzest ja dein ganz Geheimnis aus, Gell. 2) Durch Schwatzen, d. i. vieles Reden, aus den Gedanken bringen. Einem etwas ausschwatzen, es ihm ausreden. Wie freudig ihm mein Trost die Grillen ausgeschwatzt, Günth. 3) Bis zu Ende schwatzen, aufhören zu schwatzen; als ein Neutrum. Einen ausschwatzen lassen. Daher die Ausschwatzung.


Ausschwefeln (W3) [Adelung]


Ausschwefeln, verb. reg. act. 1) Inwendig mit angezündeten Schwefel beräuchern. Ein Weinfaß ausschwefeln. Ein Zimmer ausschwefeln, es von dem Kalkgeruche zu befreyen. 2) Durch Schwefel heraus bringen. Flecken ausschwefeln, aus der Wäsche. Die Wäsche ausschwefeln, sie auf solche Art von Flecken reinigen.


Ausschweif (W3) [Adelung]


* Der Ausschweif, des -es, plur. die -e, das Ausschweifen in der figürlichen Bedeutung des Verbi, besonders im Reden; ingleichen eine Rede, welche nicht zur Sache gehöret. In beyden Bedeutungen ist indessen das Wort Ausschweifung üblicher. Bey den Bortenwirkern werden auch die ausgezackten Bogen einer Tresse oder Spitze Ausschweife genannt.


Ausschweifen (W3) [Adelung]


Ausschweifen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Durch Schweifen, oder Schwänken reinigen, doch am häufigsten im Oberdeutschen, für ausschwänken; S. Schweifen. Ein Glas ausschweifen. Den Mund ausschweifen. Die Wäsche, die Wolle ausschweifen. S. auch Abschweifen.2) Eine ausschweifende, d. i. von der geraden Linie abgehende, Gestalt geben. Ein Hemd am Halse ausschweifen, rund ausschneiden. Am häufigsten ist dieses Wort bey Tischlern üblich, wenn sie ihren Arbeiten eine bogenartige Gestalt geben, oder sie mit solchen Zierathen versehen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, von der geraden Linie abweichen, doch nur am häufigsten in folgenden figürlichen Bedeutungen. 1) Im Reden von seiner Hauptabsicht abweichen, Dinge vortragen, welche nicht unmittelbar zur Sache gehören; im Oberdeutschen abschweifen. Von seinem Vorhaben, von seiner Materie ausschweifen. Ein Redner, welcher in seinem Vortrage sehr ausschweifet. 2) Von der gehörigen Mittelstraße abweichen. Im Trinken, im Spiele, in der Liebe ausschweifen. Beschwöre ihn, seinen Schmerz nicht ausschweifen zu lassen. Eine ausschweifende Freude. Ausschweifende, (abenteuerliche) Gedanken. Ein auschweifender (liederlicher) Mensch.


Ausschweifung (W3) [Adelung]


Die Ausschweifung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Ausschweifens, so wohl in den Bedeutungen des Activi, als auch des Neutrius; ohne Plural. 2) Eine ausschweifende Rede, die nicht nur zur Hauptsache gehöret; eine Digression, im Oberdeutschen eine Abschweifung. Ingleichen ausschweifende Handlungen, welche wider die guten Sitten laufen. Viele Ausschweifungen begehen. Sich grober Ausschweifungen schuldig machen.


Ausschweißen (W3) [Adelung]


Ausschweißen, verb. reg. act. ein Kunstwort der Eisenhämmer, durch Schweißen reinigen. Das Eisen ausschweißen. S. Schweißen. Daher die Ausschweißung.


Ausschwelgen (W3) [Adelung]


Ausschwelgen, verb. reg. neutr. - mit haben, aufhören zu schwelgen, nicht mehr schwelgen.


Ausschwemmen (W3) [Adelung]


Ausschwemmen, verb. reg. act. 1) Durch Schwemmen aushöhlen. Der Regen schwemmt die Felder aus, hat die Wege ausgeschwemmet. 2) Durch Schwemmen, d. i. schwimmen machen, heraus bringen. Den Unflath ausschwemmen, aus der Wolle. Ingleichen metonymisch, auf solche Art reinigen. Die Wolle ausschwemmen. So auch die Ausschwemmung. S. Schwemmen.


Ausschwenken (W3) [Adelung]


Ausschwenken, S. Ausschwänken.


Ausschwingen (W3) [Adelung]


Ausschwingen, verb. irreg. S. Schwingen. 1. Activum, durch Schwingen heraus bringen. Das Werrig ausschwingen, aus dem Flachse. Ingleichen metonymisch, auf solche Art reinigen. Den Flachs, den Hafer ausschwingen. Wie auch aus einander schwingen. Die Wäsche ausschwingen. So auch die Ausschwingung. 2. * Neutrum, vermuthlich mit seyn. Bey den Uhrmachern schwingt die Spindel aus, wenn sie mit ihren Lappen aus den Zähnen des Steigerades weicht, da denn die Uhr stehen bleibt.


Ausschwitzen (W3) [Adelung]


Ausschwitzen, verb. reg. 1. Activum, mit dem Schweiße von sich geben. Blut ausschwitzen. Alle Unreinigkeiten ausschwitzen. Die figürliche Redensart, etwas ausschwitzen, es vergessen, ist niedrig. Daher die Ausschwitzung.2. Neutrum. 1) Mit seyn, schwitzend heraus bringen. Das Gummi ist ausgeschwitzet, aus dem Baume. 2) Mit haben, aufhören zu schwitzen, nicht mehr schwitzen.


Aussegeln (W3) [Adelung]


Aussegeln, verb. reg. neutr. mit seyn, aus einem Orte segeln. Die Flotte ist heute früh ausgesegelt, aus dem Hafen.


Aussehen (W3) [Adelung]


Aussehen, verb. irreg. ( S. Sehen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1) Bis zu Ende einer Sache sehen, im gemeinen Leben, und zwar so wohl dem Orte, als der Zeit nach. Eine Allee, die nicht auszusehen ist. Lange, nicht auszusehende Wege, Klopst. ich konnte die Komödie nicht aussehen. 2) Durch Besehen auslesen. Sich etwas aussehen. Einen zu etwas aussehen, erwählen, bestimmen; in welcher Bedeutung doch ausersehen üblicher ist. 3) Sich fast die Augen über etwas aussehen, mit unverrückter Anstrengung darauf sehen, im gemeinen Leben.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Hinaus sehen, welches doch in dieser Bedeutung weit üblicher ist, obgleich die Oberdeutschen ihr ausschauen, und die Niedersachsen ihr utkiken in derselben häufiger gebrauchen. Michal, die Tochter Saul, sahe zum Fenster aus, 1. Chron. 16, 29. Ingleichen, obgleich auch nur selten, in das Freye sehen. Von hier kann man weit aussehen. Nach etwas aussehen, sich darnach umsehen, im gemeinen Leben. Figürlich sagt man wohl im gemeinen Leben, die Sache hat noch ein weites Aussehen, sieht noch weitläufig aus, ingleichen, ein weit aussehender, d. i. weitläufiger und daher ungewisser, Handel. Allein der Augenschein lehret schon, daß dieser Gebrauch nicht einmahl grammatisch richtig ist, weil hier das Activum anstatt des Passivi gesetzet wird, indem es doch wohl so viel heißen soll, als eine Sache, die noch in einer weiten Ferne gesehen wird. Sollte hier aber die folgende Bedeutung der äußern Gestalt Statt finden, so müßte es wenigstens heißen, ein weitläuftiges Aussehen, ein weitläuftigaussehender Handel. 2) Eine gewisse bestimmte äußere Gestalt haben. (a) Eigentlich. Schwarz. gelb, roth, weiß aussehen. Wohl, übel, häßlich, alt, jung, blaß aussehen. Du siehst recht sauer aus. Er sieht so verhungert aus, wie ein Goldmacher. Er sieht so fürchterlich nicht aus, als das Gerücht ihn macht. Es sieht nicht gar zu ordentlich in seinem Zimmer aus. Sauer sollte die Traube seyn? Sie sieht mir doch nicht darnach aus. Die Obersachsen, besonders Meißner, gebrauchen in dieser Bedeutung häufig das einfache sehen, sie sehen ja ganz verdrießlich aus, Gell. S. Sehen. (b) Figürlich, beschaffen seyn. Wie sahe es damals in der Stadt aus? Da sieht es noch sehr windig aus, Less. Besonders mit den Präpositionen um und mit. Es siehet schlimm, gefährlich um ihn, oder mit ihm aus, welches sich so wohl auf den physischen, als auch bürgerlichen Zustand eines Menschen beziehen kann, Aber wie steht es um die Ehre aus? Nur mit den Folgen sieht es sehr unsicher aus. Wie wird es nach unserm Tode mit dem Nachruhme aussehen? Gell. Auf gleiche Art wird auch der Infinitiv das Aussehen, Substantive für die äußere Gestalt und Beschaffenheit gebraucht. Die Sache muß bald ein anderes Aussehen gewinnen. S. auch Aussicht.


Ausseigern (W3) [Adelung]


Ausseigern, verb. reg. act. welches das Frequentativum des folgenden, aber nur im Bergbaue üblich ist, für tröpfelnd ausschmelzen lassen. Das Kupfer ausseigern. S. Seigern. Daher die Ausseigerung. S. auch Aussickern.


Ausseihen (W3) [Adelung]


Ausseihen, verb. reg. act. durch Seihen heraus bringen; ingleichen metonymisch, auf solche Art reinigen. Die Milch ausseihen. Daher die Ausseihung.


Ausseimen (W3) [Adelung]


Ausseimen, verb. reg. act. in der Bienenzucht. Den Honig ausseimen, ihn als Seim oder reinen Honig aus dem Gewirke fließen lassen. Daher die Ausseimung.


Außen (W3) [Adelung]


Außen, ein Umstandswort des Ortes, welches auf doppelte Art gebraucht wird.1. Für sich allein, für draußen. Man hat mich außen vor dem Zimmer beunruhiget. Die Fremden bleiben außen vor der Stadt. Außen am Garten mußte ein kleiner Bach eine grasreiche Wiese durchschlängeln, Gesn. Welcher Gebrauch doch der Sprache des täglichen Umganges angemessener ist, als der anständigern Schreibart. Nicht viel besser ist der Gebrauch mit Verbis, wo es bloß das verlängerte aus, foris, ist: außen bleiben, außen stehen, außen lassen, für ausbleiben, ausstehen, auslassen; welche Form besonders im Oberdeutschen, wo man ohnehin die Verlängerungen aller Art liebt, sehr häufig ist. Erträglicher ist es in der Zusammensetzung mit einigen Substantiven. S. die folgenden, welche aber gleichfalls Überbleibsel der Oberdeutschen Mundart sind, und daher nicht nach Willkür mit neuen vermehret werden dürfen. So würde z. B. Außenreue, eine verstellte Reue, Außenglanz, ein Glanz von außen, nicht allein dunkel, sondern auch wider die Analogie des neuern Hochdeutschen seyn. Selbst von der bereits gangbaren sind die meisten nur im gemeinen Leben üblich, daher man sie in der edlern Schreibart lieber umschreibet, der äußere Schein, für Außenschein.2. Mit der Präposition von, in welcher Gestalt es im Hochdeutschen am üblichsten ist. 1) Eine Bewegung von einem äußern Orte her anzudeuten; im Gegensatze des von innen. Der Geruch kommt von außen, aus der außer dem Hause oder dem Zimmer befindlichen Luft. Den Athem von außen an sich ziehen. was kann uns nicht alles schädlich seyn? Von außen die Welt, die Menschen, die Zufälle, von innen unsere Begierden. 2) Den Sitz einer Handlung an der äußern Fläche eines Körpers zu bezeichnen; im Gegensatze dessen, was inwendig geschiehet, oder des von innen. Von außen scheint er fromm. Unter einem demüthigen Scheine von außen verbirgt er die schwärzeste Bosheit.

Anm. Es ist von aus und der Ableitungssylbe en zusammen gesetzet, welche letztere hier so viel als an bedeuten kann, wie aus der alten Schreibart uzzana, uzan, bey dem Kero und Ottfried, und utan im Angelsächsischen, erhellet. Allein das uzzana der Alten wurde auch für außer und sondern gebraucht.


Aussenden (W3) [Adelung]


Aussenden, verb. irreg. act. S. Senden, auswärts senden. Bothen, Diener aussenden. Bey dem Notker uslenden. Daher Die Aussendung.


Außengraben (W3) [Adelung]


Der Außengraben, des -s, plur. die -gräben, in der Kriegsbaukunst, der äußere Graben, welcher um das Glacis, oder die Brustwehre der Contrescarpe geführet wird, der Vorgraben.


Außenland (W3) [Adelung]


* Das Außenland, des -es, pur. die -länder, in den Marschländern, alles Land, welches außer einem Deiche liegt; das Vorland, in Nieders. Butendiek, Butenland, Groden.


Außenlinie (W3) [Adelung]


Die Außenlinie, plur. die -n, die äußere Linie. Die Außenlinien einer Figur, der Umriß, Contour.


Außenposten (W3) [Adelung]


Der Außenposten, des -s, plur. ut nom. sing. in der Kriegskunst, der äußere Posten. Alle Feldwachen und Außenposten einziehen.


Außenschein (W3) [Adelung]


Der Außenschein, des -es, plur inusit. der äußere Schein, doch mehr im gemeinen Leben, als in der edlern Schreibart. Nach dem Außenscheine urtheilen.


Außenseite (W3) [Adelung]


Die Außenseite, plur. die -n, die äußere Seite. Eigennützige haben dich durch eine schöne Außenseite betrogen, Dusch.


Außenstand (W3) [Adelung]


Der Außenstand, des -es, plur. die -stände, Geld, welches ausstehet, oder nach der Oberdeutschen Mundart, außen stehet; ein Wort, welches auch in der Hochdeutschen Kanzelleyen bekannt ist. Ausstand ist indessen der Hochdeutschen Mundart gemäßer, weil das Verbum ausstehen in dieser Bedeutung nicht unbekannt ist.


Außentheil (W3) [Adelung]


Der Außentheil, des -es, plur. die -e, der äußere Theil eines Körpers, in welcher Bedeutung es aber wenig gebräuchlich ist. Dagegen haben einige neuere Philosophen die partes extra partes, oder die trennbaren Substanzen, woraus eine Substanz zusammen gesetzet ist, Außentheile genannt, welche Benennung aber sehr unschicklich ist, und einen falschen Begriff veranlasset.


Außenwand (W3) [Adelung]


Die Außenwand, plur. die -wände, die äußere Wand eines Gebäudes, zum Unterschiede von den Mittelwänden. An den dreymaschigen Fischergarnen werden die beyden auswendigen Netze die Außenwände genannt.


Außenwerk (W3) [Adelung]


Das Außenwerk, des -es, plur. die -e, in der Kriegsbaukunst, ein Werk, welches außer dem Graben des Hauptwalles angebracht wird.


Außer (W3) [Adelung]


Außer, eine Partikel, welche in doppelter Gestalt vorkommt.I. Als eine Präposition, welche mit der dritten Endung des Nennwortes verbunden wird, und eine Ausschließung andeutet; und zwar,1. Eigentlich, eine Ausschließung dem Orte nach, außerhalb, im Gegensatze des veralteten inner. Außer der Stadt wohnen. Ich habe etwas Nothwendiges außer dem Hause zu verrichten. Auch außer den Pallästen der Reichen wohnt unter der Hütte von Stroh wahre Freude. Suche die Quelle deiner Zufriedenheit nicht außer dir auf. Glückseligkeit außer der Tugend suchen, heißt die Seligkeit in der Hölle erwarten, Dusch.Hierher gehören auch folgende figürliche Redensarten. Außer sich seyn, oder kommen, sich seiner nicht mehr bewußt seyn. Er war vor Freude ganz außer sich. Ich komme ganz außer mir, Gell. Die gemeinen R. A. sich außer Athem laufen, reden,schreyen, u. s. f. etwas außer Acht lassen, für aus dem Athem, aus der Acht, scheinen noch Überbleibsel des alten Gebrauches zu seyn, da außer sehr oft für die Präposition aus gesetzt wurde.2. Figürlich, der Person und Sache nach, wo das folgende Hauptwort gemeiniglich den Artikel verlieret. Außer Stande seyn, nicht im Stande seyn. Er ist ganz außer Stande sich zu helfen. Ingleichen für ohne. Außer Gefahr, außer Schuld seyn. Sich außer Schuld setzen. Nun bin ich außer Sorgen, nun ist meine Sorge gehoben, nun habe ich keine Sorge mehr dafür. Außer Fassung, außer Thätigkeit gesetzt werden. Wenn die Thorheit gar zu groß ist, so ist gewiß das Herz selten außer Schuld, Cron. Wie auch über. Außer diesen Geldsorten hatte er noch andere. Zuweilen auch der Zeit nach, besonders in der gemeinen Redensart: es ist außer der Zeit, es ist nicht die gehörige Zeit dazu.Hierher gehöret auch die adverbische R. A. außer dem, welche von vielen irrig als ein Wort außerdem geschrieben wird, für, dieses ausgenommen. Ich halte sie für etwas eitel, stolz und gebietherisch; außer dem hat sie ein ganz gutes Herz, Gell. Ingleichen für über dieses. Man unterhielt, man kleidete ihn; außer dem verhalf man ihm auch zu einer guten Bedienung.II. Als eine Conjunction, für ausgenommen, da es denn entweder mit dem Casu des dazu gehörigen Verbi, oder mit den Partikeln, daß, wo, wenn u. s. f. verbunden wird. Ich habe niemanden, gebethen, außer dich. Ich habe an niemanden, außer an dich, geschrieben. Sie waren alle zugegen, außer diese zwey. Es gehet alles gut, außer daß der eine Punct noch nicht bewilliget worden. er gehet alle Tage spaziren, außer wenn es übel Wetter ist.

Anm. 1. Verschiedene Sprachlehrer schreiben der Präposition außer drey Endungen zu, den Genitiv, den Dativ, oder Ablativ, und den Accusativ. Was den Genitiv betrifft, so kommt er freylich zuweilen vor; allein er ist eigentlich der Oberdeutschen Mundart eigen, wo außer mit außerhalb verwechselt wird. Der Pilgram, welchen du siehst außer Weges wallen, Opitz. Wohin auch die noch im Hochdeutschen übliche adverbische Redensart, außer Landes, gehöret. Außer Landes seyn, wohnen, in der Fremde. Wenn man der Präposition außer einen Accusativ zuschreibet, so wird die Conjunction außer, welche zuweilen den Casum des Verbi bey sich hat, mit der Präposition verwechselt. Z. B. ich habe niemanden außer dich, wo dich, nicht von der Partikel, sondern von dem Verbo sehen abhänget. Indessen ist nicht zu läugnen, daß es auch außer diesem Falle zuweilen mit der vierten Endung verbunden wird, besonders wenn es so viel wie das Lateinische praeter bedeutet; z. B. außer die vielen Wunden ist auch die Niederlage auf beyden Seiten gleich gewesen, in Steinbachs Wörterbuche. Und außer ihn lebt wohl fürwahr kein ärgrer Nabal in dem Lande, Günth. Welche Wortfügung ohne Zweifel eine unzeitige Nachahmung des Lateinischen ist. Wenn aber Gellert an einem Orte sagt: er setzt mich durch seine gar zu große Sparsamkeit außer den Stand jemanden Gefälligkeiten zu erzeigen: so hat ihn vermuthlich die Regel verleitet, nach welcher einige Präpositionen, wenn sie eine Bewegung nach einem Orte zu ausdrucken, mit der vierten Endung verbunden werden. Allein diese Regel lässet sich hier nicht anwenden, weil die einfache Präposition aus, mit welcher außer zusammen gesetzet worden, derselben nicht unterworfen ist. Über dieß ist die ganze Redensart ein wenig ungewöhnlich; wie denn auch der Artikel hier wider den Sprachgebrauch ist.

Anm. 2. Außer, in der Schweiz außert, ist von aus entstanden, und wurde von den Alten auch für dieses Vorwort ge- braucht. Uzar theru menigi, aus der Menge, Ottfried. Ih sprihu uzar iu, ich rede aus euch, ebend. Die Stelle unsers heutigen außer vertrat bey ihnen die Partikel uzana, oder außen, wovon bey dem Kero, Tatian, Notker und Ottfried häufige Beyspiele vorkommen. Die an das aus angehängte Sylbe ar ist vermuthlich das Nebenwort her, so daß außer, so viel als ausher bedeutet.


Außerdem (W3) [Adelung]


Außerdem, richtiger außer dem, S. das vorige.


Äußere (W3) [Adelung]


Der, die, das Äußere, im Superlativ Äußerste, ein Adjectiv, dem der Comparativ fehlet, was auswendig an einer Sache ist, im Gegensatze des Innern, und im Superlativ das letzte, so wohl dem Orte, als der Beschaffenheit nach. 1. Dem Orte nach. Die äußere Fläche einer Sache. Das äußere Ansehen. Gegenstände die zum äußern Glück gehören. Sein Äußeres, (seyn äußeres Ansehen und Betragen,) ist gut, nur seyn Herz taugt nichts. Die äußerste Rinde eines Baumes. Die äußersten (die letzten) Morgenländer.2. Der Beschaffenheit nach, in welcher Bedeutung mir der Superlativ üblich ist. Der äußerste, d. i. genaueste, letzte, Preis. Die äußersten Mittel ergreifen. Sein Äußerstes thun, alle Kräfte anstrengen. Sich auf das Äußerste bemühen. Die äußerste Armuth. In der äußersten Noth stecken. Einen auf das Äußerste bringen. Es bis auf das Äußerste ankommen lassen. Eine Pflicht von der äußersten Wichtigkeit, von der allergrößten Einige Neuere haben dieses Wort auch noch in einem etwas verschiedenen Verstande für das Latein. Extremum einführen wollen. Von einem Äußersten auf das andere fallen. Viele suchen die Glückseligkeit in einem Übermaße, und jeder fällt an der einen oder der andern Seite auf das Äußerste, Dusch.3. * Der äußere Rath, in einigen Oberdeutschen Städten, der größere, zum Unterschiede von dem innern, oder kleinern. S. auch das Adverbium Äußerst an seinem Orte.

Anm. Die Endsylbe er hat viele verleitet, dieses Wort für einen Comparativ zu halten, dem der Positiv fehle, obgleich in der Bedeutung nichts von einer Comparation befindlich ist. Allein man hat nicht bedacht, daß er auch eine Ableitungssylbe für Adverbia ist, wie aus bitter, sauer. finster, tapfer, alber (jetzt albern) u. a. m. erhellet. Der äußere ist die concrescirte Form von außer, so wie aus inner, hinter, vorder (für sich allein jetzt veraltet) über und unter, der innere, hintere, vordere, obere und untere gebildet werden. Warum aber von diesen und andern ähnlichen Wörtern der Comparativ nicht üblich ist, habe ich in meinem Lehrgebäude Th. 2. S. 83 zu zeigen gesucht.


Außergerichtlich (W3) [Adelung]


Außergerichtlich, adj. et adv. was außer dem Gerichte ist und geschiehet. Ein außergerichtlicher Befehl eines Richters. Ein außergerichtlicher Vergleich. An dem Kammergerichte zu Wetzlar wird in engerer Bedeutung eine jede Handlung außergerichtlich genannt, bey welcher eine von den drey zu einem Gerichte gehörigen Personen, der Richter, der Kläger und der Beklagte, abwesend ist.


Außerhalb (W3) [Adelung]


Außerhalb, ein Umstandswort des Ortes, welches die zweyte Endung erfordert, außer dem körperlichen Raume eines Dinges. Außerhalb der Stadt, des Hauses. Es ist von dem veralteten Substantive die Halbe, oder Seite, zusammen gesetzet, und bedeutet eigentlich, an der äußern Seite. Eben diese Zusammensetzung macht den Genitiv nothwendig, und jede andere Endung fehlerhaft. Wenn daher Luther Ein Mahl sagt, außerhalb Christo, so ist solches nicht nachzuahmen, noch weniger aber zu grammatischen Regel zu machen; zumahl da außerhalb in dieser Verbindung irrig für außer stehet. Jenes wird im Hochdeutschen alle Mahl von einem körperlichen Raume gebraucht. Uzerunhalb kommt schon bey dem Notker mit dem Genitiv vor.


Äußerlich (W3) [Adelung]


Äußerlich, adj. et adv. was von außen an einem Dinge empfunden wird. Die äußerliche Gestalt eines Dinges. Dem äußerlichen Anscheine nach, dem äußern. Er weiß sich äußerlich sehr freundlich zu stellen, von außen. Diese Arzeney wird nur äußerlich gebraucht, von außen. Er bleibt an dem Äußerlichen kleben.

Anm. Man kann zwar dieses Wort weder für veraltet, noch für unedel erklären; allein, da es, so fern es ein Adjectiv ist, mit drey Sylben eben das sagt, als das kürzere der äußere, so hat dieses in der edlern Schreibart vor jenem billig den Vorzug, so wie man für das Adverbium äußerlich lieber von außen gebraucht. Die Wurzel ist äußerlich grau und innerlich weiß, besser von außen, oder auswendig. Es will äußerlich verlauten, von außen, unter der Hand, ist Oberdeutsch, so wie die R. A. in Steinbachs Wörterbuche: er stellt sich gegen uns gar äußerlich, welche daselbst durch, infrequens est nobis, übersetzt wird. Übrigens ist äußerlich keiner Comparation fähig.


Äußern (W3) [Adelung]


Äußern, verb. reg. act. 1) Außer sich in Wirkungen zeigen, von außen gewahr werden lassen. Er äußerte einen starken Verdacht, er ließ merken, daß er einen starken Verdacht habe. Sein Mißfallen an etwas äußern, zu erkennen geben. Der Mensch äußert seinen Willen durch Worte. Die anziehende Kraft, welche der Magnet gegen das Eisen äußert. So auch als ein Reciprocum: sich äußern, außer sich merklich werden. Es wird sich bald äußern, ob es wahr ist. Es äußert sich kein Wild. Die Blattern äußern sich, kommen zum Vorscheine. Die Veränderungsgesetze, nach welchen sich die Kraft der Geschöpfe äußert. So wie sich seinen Sinnen äußert, von außen darstellt. Es äußern sich allerley Schwierigkeiten. Besonders, durch Worte zu erkennen geben. Der engere Ausschuß hat sich hierüber noch nicht geäußert. 2) Die Verbindung mit etwas aufheben, vermeiden, mit der zweyten Endung des Nennwortes. Sich eines Umganges äußern, denselben zu vermeiden suchen. Wil er sih sin uzzern, im Schwabenspiegel. Wer ist es, der sich selbst des Grabes äußern kann! Opitz. Pf. 89 3) * Sich seiner Vorzüge begeben. er äußerte sich selbst, Phil. 2. 7; welcher Gebrauch aber außer der biblischen Schreibart im Hochdeutschen nicht mehr üblich ist.So auch die Äußerung, die Bekanntmachung durch äußere Zeichen. Die Äußerungen der Thiere gegen einander. Großmüthige Handlungen erfordern eine seltene Äußerung der Kraft der Seele. Besonders in der Bedeutung einer Entdeckung durch Worte. Alle diese Äußerungen wurden mit vieler Gleichgültigkeit angehöret.

Anm. Äußern, im Niedersächs. ütern, Engl. utter, Schwed. yttra, kommt von außen her. Von außen haben die Friesen dagegen ihr üten und die Holländer uytten in eben derselben Bedeutung. Jemanden äußern bedeutet im Osnabrückischen so viel, als einen Leibeigenen aus dem Gute setzen. Außer dem wird es in Niedersachsen auch für ausfragen gebraucht.


Außerordentlich (W3) [Adelung]


Außerordentlich, -er, -ste, adj. et adv. 1) Was außer der gewöhnlichen Ordnung geschiehet. Jemanden außerordentlich aufrufen. Ein außerordentlicher Gesandter, der nur in besonderen Fällen geschickt wird, und mehr ist als ein ordentlicher. Ein außerordentlicher Professor, der noch nicht in die geschlossene Zahl besoldeter Professoren aufgenommen ist, und daher weniger ist, als ein ordentlicher. 2) In weiterer Bedeutung, für ungewöhnlich. Außerordentlich groß, klein, u. s. f. Ein außerordentlicher Mensch, der ungewöhnliche Eigenschaften, so wohl im guten als bösen Verstande besitzet. Das ist ganz etwas außerordentliches, außerordentlich Schönes.


Äußerst (W3) [Adelung]


Äußerst, adv. im höchsten Grade. Äußerst betrübt. Äußerst verliebt. Äußerst böse. Er war mit seiner Wahl äußerst zufrieden. S. Äußere.


Außerwesentlich (W3) [Adelung]


Außerwesentlich, adj. et adv. einem Dinge nicht wesentlich, zufällig. Außerwesentliche Eigenschaften, zufällige.


Aussetzen (W3) [Adelung]


Aussetzen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Inwendig durch Setzen bekleiden. Einen Saal mit Steinen aussetzen.2. Heraus setzen, oder hinaus setzen. 1) Eigentlich. Volk, Truppen aussetzen, aus dem Schiffe. Ein Kind aussetzen, es in das Ferne setzen, und es verlassen. Waaren zum Verkaufe aussetzen. Sich Waaren aussetzen, in der Absicht, sie zu kaufen. Bäume aussetzen, sie verpflanzen, bey den Gärtnern. Einen aussetzen, im Bergbaue, ihn aus seiner Vierung auf die Halde setzen. Sich aussetzen, im Billiard-Spiele, seine Kugel an das Ende der Tafel setzen. 2) Figürlich. (a) Bestimmen. Einen Preis aussetzen. Einem etwas zu seinem Unterhalte aussetzen. Ein Capital für die Armen aussetzen. (b) Einer Wirkung frey oder bloß stellen. Tag und Nacht dem Wetter ausgesetzt seyn. Unser Leben ist vielen Gefahren ausgesetzt. Großen Veränderungen ausgesetzt seyn. (c) * Anlegen, vom Gelde, eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung. Man kann das Geld auf keinen bessern Wucher aussetzen, als wohlzuthun, Dusch. (d) Die Fortsetzung einer angefangenen Sache verschieben. Die Brunnen-Cur ein Paar Tage aussetzen. Eine Sache ausgesetzt seyn lassen. Ingleichen absolute. wir haben heute ausgesetzt, die Fortsetzung des Geschäftes verschoben. (e) Tadeln. Was haben sie an mir auszusetzen? Eine Sache, woran noch viel auszusetzen ist.3. Aus einander setzen. Die Stimmen aussetzen in der Musik, jeder Stimme ihre Noten besonders vorschreiben. Die Beete im Garten, die Pflanzen in einem Beete, die Steine in einem Schmucke aussetzen, vertheilen, am meisten in Oberdeutschland. Zuweilen wohl auch auswärts setzen. So setzen die Tuchscherer die Blätter der Tuchschere aus, wenn sie selbige nach dem Schleifen mit dem Aussetzhammer zurecht richten.4. Bis zu Ende setzen. Einen Bogen aussetzen, bey den Buchdruckern, ihn fertig setzen und schließen.II. Als ein Neutrum, mit haben. 1. * Die Gänge, Klötze setzen aus, im Bergbaue, wenn sie zu Tage ausgehen, sich bis an die Dammerde erstrecken, und daselbst sichtbar werden. 2. Aufhören zu setzen. So sagt man zuweilen in der Landwirthschaft ausgesetzte Schafe, alte Schafe, welche aufgehöret haben, Zähne zu setzen, obgleich das Particip. Passiv. wider die Natur der Neutrorum ist.So auch die Aussetzung.


Ausseyn (W3) [Adelung]


Ausseyn, verb. irreg. neutr. ( S. Seyn,) welches sehr elliptisch ist, und daher richtiger getheilet, aus seyn geschrieben wird, ( S. Aus, Adverb. 1) auch nur im gemeinen Leben üblich ist. 1) Entfernet, verreiset seyn. Ihr seyd lange aus gewesen. Ich werde nicht lange aus seyn. Ingleichen figürlich, auf etwas aus seyn, etwas im Sinne haben, gemeiniglich von einem bösen Ausschlage. 2) Ausgeleeret seyn. Das Glas, das Faß ist aus. 3) Beendigt seyn. Der Krieg, der Winter, die Predigt, das Spiel, das Lied ist aus. Die Luft wird bald aus seyn. Ingleichen figürlich, es ist aus mit ihm, seyn Wohlstand hat ein Ende, ingleichen, seyn Leben hat ein Ende. Es wird mit seiner Hoffnung bald aus seyn. In welcher Bedeutung dieses Wort häufig in der Deutschen Bibel vorkommt. S. Seyn.


Aussichern (W3) [Adelung]


* Aussichern, verb. reg. act. welches nur im Bergbaue üblich ist, wo es, die Feuchtigkeit ausziehen, bedeutet. S. 2. Sichern.


Aussicht (W3) [Adelung]


Die Aussicht, plur. die -en. 1. Das Aus- oder Hinaussehen, in der thätigen Gattung des Verbi; ohne Plural. 1) Eigentlich. Einem die Aussicht verwehren. Das Haus hat die Aussicht auf das Meer, aus dem Hause siehet man auf das Meer. Hier konntest du eine artige Aussicht über das lachende Land haben, Dusch. Hier will ich die weite Aussicht über diese Ebene von allen Hindernissen befreyen, ebend. In engerer Bedeutung ist Aussicht in den Rechten, das Recht, durch einen gewissen Ort des Gutes seines Nachbarn zu sehen; Servitus prospectus. Daher ein Aussichtsfenster, ein Fenster, durch welches man eine freye Aussicht hat, im Gegensatze der Lichtfenster, die nur das Tageslicht einlassen. 2) Figürlich, das Hinaussehen mit den Augen des Geistes, die Betrachtung der Zukunft, und die angestellte Betrachtung selbst; in welchem letzteren Falle auch der Plural Statt findet. Freudige Aussichten eines Christen in die Ewigkeit, ist der Titel gewisser moralischen Betrachtungen. Die Liebe, die mich jeden Augenblick mit Aussichten in eine glänzendere Zukunft entzücket, Dusch.2. Die Gegend, wohin man siehet. 1) Eigentlich. Das Haus hat eine schöne Aussicht. Einem die Aussicht verbauen, benehmen. Sie müßten sehr fühllos seyn, wenn bey dem Anblicke jener lachenden Aussichten keine sanfte Wollust sich ihrer Seele bemeistern sollte, von Brawe. Himmel, welche Aussicht breitet sich vor meinem Auge aus! Gesn. 1) In engerer Bedeutung sind Aussichten in der Mahlerkunst, der Baukunst und dem Gartenbaue, perspectivische Anordnungen, welche das Auge täuschen und demselben eine weite Aussicht darstellen, die doch nicht vorhanden ist. 3) Figürlich, wohin man mit den Augen des Geistes siehet. Die besten Aussichten haben, die beste Hoffnung für die Zukunft. Erweitere deine Aussichten, und stelle dir das Feld der Handlungen nicht kürzer vor, als es ist, Dusch. Welch eine weite Aussicht über Scenen des Jammers eröffnen sich hier! ebend.3. Die Art, wie ein Gegenstand in seiner gewissen Entfernung gesehen wird, wofür das Prospect üblicher ist. Aussichten von Städten, Prospecte. Figürlich, die äußere Gestalt. Folge mir mit deinen Gedanken, ich will dir die Welt in einer melancholischen Aussicht vor Augen stellen, Dusch.


Aussieben (W3) [Adelung]


Aussieben, verb. reg. act. vermittelst des Siebes heraus bringen. Die Spreu aussieben. Ingleichen auf solche Art reinigen. Das Getreide aussieben. Daher die Aussiebung.


Aussiechen (W3) [Adelung]


Aussiechen, verb. reg. 1. Activum, durch Siechen, d. i. langwierige Krankheit aus dem Körper schaffen. Begangene Ausschweifungen ausstechen müssen. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu siechen.


Aussieden (W3) [Adelung]


Aussieden, verb. reg. irreg. act. S. Sieden, durch Sieden heraus bringen, wie auskochen, nur das es von edlerem Gebrauche ist. Das Fett aussieden.. Ingleichen auf solche Art reinigen. das Garn, das Silber, Münzen aussieden. Wie auch aufhören zu sieden; als ein Neutrum. Daher die Aussiedung.


Aussiekern (W3) [Adelung]


* Aussiekern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, welches nur im gemeinen Leben, besonders im Bergbaue üblich, und das Neutrum von ausseigern ist, für heraus tröpfeln. Daher die Aussiekerung.


Aussingen (W3) [Adelung]


Aussingen, verb. irreg. act. S. Singen. 1) Singend hinaus führen, im gemeinen Leben. Eine Leiche aussingen. 2) Bis zu Ende singen. Ein Lied ganz aussingen. Man lasse ihn doch aussingen. 3) Aufhören zu singen; als ein Neutrum.


Aussinnen (W3) [Adelung]


Aussinnen, verb. irreg. act. S. Sinnen, durch Nachsinnen heraus bringen. Ein Mittel, eine List aussinnen. Sein Sinn ist nimmer auszusinnen, Opitz. Daher die Aussinnung.


Aussitzen (W3) [Adelung]


Aussitzen, verb. irreg. neutr. ( S. Sitzen,) mit dem Hülfsworte haben. 1) Außer dem Hause sitzen, in einigen niedrigen Ausdrücken, wie ausstehen. Die Krämer sitzen mit ihren Waaren aus, auf dem Markte. In Schwaben bedeutet ein Ausgesessener einen Ausländer. 2) Bis zu Ende einer gewissen bestimmten Zeit sitzen, so wohl mit dem Accusative in Gestalt eines Activi. Er hat seine Zeit ausgesessen, so wohl im Gefängnisse, als auch in dem Pachte eines Gutes. Einen Pachter seine Zeit aussitzen lassen. Als auch absolute. Das Huhn hat ausgesessen, hat die gehörige Zeit gebrütet.


Aussöhnen (W3) [Adelung]


Aussöhnen, verb. reg. act. völlig versöhnt machen. Einen aussöhnen. Die Reue hat wahrhaftig den Himmel ausgesöhnt, Dusch. Sich jemanden aussöhnen, in der höhern Schreibart, ihn gegen sich versöhnt machen. Ich weiß wodurch ich mir sie am ersten aussöhnen kann; Weiße. Das Elend des Thyest Hat mich ihm ausgesöhnt, ebend. Ingleichen, sich mit einem aussöhnen, die Freundschaft wieder herstellen. Einen mit dem andern aussöhnen. Einen Sohn bey seinem Vater aussöhnen, den Vater gegen ihn versöhnt machen. In Oberdeutschland sagt man auch etwas aussöhnen, dafür genug thun, ein Vergehen durch Reue u. s. f. tilgen. Allein dieser Gebrauch ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. S. Söhnen und Versöhnen. So auch die Aussöhnung.


Aussömmern (W3) [Adelung]


Aussömmern, verb. reg. act. gehörig sömmern, so viel sömmern als genug ist. Die Betten aussömmern. S. Sömmern.


Aussondern (W3) [Adelung]


Aussondern, verb. reg. act. heraus nehmen und besonders stellen. Die kranken Schafe aussondern. Ingleichen metonymisch, auf dergleichen Art von andern Dingen trennen. Die Schafe aussondern, die untauglichen von denselben absondern. In einigen Niedersächsischen Gegenden bedeutet, ein Kind aussondern, so viel als, dasselbe abtheilen, ihm einen Theil des Vermögens geben und es von sich lassen. So auch die Absonderung.

Anm. Ausgesondert war ehedem auch für auserlesen, vortrefflich, üblich. So ist ir schoene als us gesundert Swer si siht das den des wundert Wie sis eine muge getragen, Burkart v. Hohenvels.


Aussoren (W3) [Adelung]


* Aussoren, verb. reg. act. dürre machen, austrocknen, nur in einigen Niedersächsischen Gegenden. Ostwinde soren das Land aus. S. Dürre, die Anm.


Aussortiren (W3) [Adelung]


+ Aussortiren, verb. reg. act. nach den Sorten oder Arten in Ordnung bringen; im gemeinen Leben.


Ausspähen (W3) [Adelung]


Ausspähen, verb. reg. act. auskundschaften, erforschen. Laß uns einen glücklichen Aufenthalt ausspähen, Dusch. Wenn man jede Regung seines Herzens ausgespähet hat, ebend. Sie späht mein Wünschen aus und kommt ihm oft zuvor, Weiße. Floh in den Wald, auf daß er nicht wird' ausgespähet, Opitz. Daher die Ausspähung, und der Ausspäher.Dieses Verbum war so wie das einfache spähen im Hochdeutschen veraltet. Erst die neuern Dichter haben es in der höhern Schreibart wieder eingeführt. S. Spähen.


Ausspalten (W3) [Adelung]


Ausspalten, verb. reg. act. durch Spalten heraus bringen. Den Kiehn ausspalten, aus dem magern Holze.


Ausspann (W3) [Adelung]


* Die Ausspann, plur. inusit. 1) Im gemeinen Leben, ein Wirthshaus, wo jemand sein Zugvieh ausspannen und daselbst herbergen kann; im Gegensatze der eigentlichen Schenken. 2) Inden Rechten der mittlern Zeiten, ein Recht, vermöge dessen ein Schutzherr oder dessen Bediente an einem Ort unentgeldlich aufgenommen und verpflegt werden mußten; das Ablager, die Atzung, Jus Albergariae. 3) In einigen Gegenden auch die Zeit, welche das Zugvieh ohne zu fressen pflügen muß. Eine Ausspann oder Ausspannung pflügen. Eine lange Ausspann machen. In Oberdeutschland ist dieses Wort auch in dem männlichen Geschlechte üblich, der Ausspann.


Ausspannen (W3) [Adelung]


Ausspannen, verb. reg. act. 1) Aus einander spannen. Die Finger, die Arme ausspannen. Ingleichen ausdehnen. Ein Seil, ein Tuch, die Segel ausspannen. 2) Heraus spannen. Das Nähzeug ausspannen, aus dem Rahmen. Die Pferde ausspannen, aus dem Geschirre. Ingleichen, 3) figürlich und absolute, die Pferde aus dem Geschirre spannen, wie auch mit dem Zugviehe einkehren. Hier kann man ausspannen. S. Ausspann. So auch die Ausspannung.


Ausspänner (W3) [Adelung]


Der Ausspänner, des -s, plur. ut nom. sing. an einigen Orten so viel wie Anspänner, d. i. ein Besitzer eines Bauergutes; im Gegensatze eines Hintersassen. S. Pferdner, Hübner. Bey den Zeugmachern ist der Ausspanner, ein Gestell, worauf die geleimte Kette ausgespannt und getrocknet wird.


Aussparen (W3) [Adelung]


Aussparen, verb. reg. act. so aber wenig gebräuchlich ist, für aussparen, zum künftigen Gebrauche versparen. Wenn der Mahler den Himmel anlegt, so müssen die Figuren und Gebäude ausgesparet, nicht berühret, nicht mit Farben belegt, werden.


Ausspaziren (W3) [Adelung]


+ Ausspaziren, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, in die freye Luft spaziren, im gemeinen Leben. Kommt laßt uns ausspaziren, Opitz. S. Spaziren.


Ausspeisen (W3) [Adelung]


* Ausspeisen, verb. reg. act. an Lebensmitteln austheilen; ein Wort, welches nur an manchen Höfen gangbar ist. So werden daselbst den Köchen das Fleisch, Brot, Gemüse u. s. f. und dem Mundschenken der Wein für die herrschaftliche Tafel ausgespeiset. Der dazu gesetzte Beamte wird der Ausspeiser genannt. In eben demselben Verstande hat man auch in kleinern Wirthschaften Ausspeiserinnen, welche an andern Orten Ausgeberinnen heißen.


Ausspenden (W3) [Adelung]


Ausspenden, verb. reg. act. austheilen, am häufigsten im gemeinen Leben Ober- und Niederdeutschlandes. Almosen, Lebensmittel ausspenden. Das heilige Abendmahl ausspenden. Aber auch nicht selten in der höhern Schreibart. Gebt mir - die theuern Urnen auszuspenden, Raml. S. Spenden. Daher die Ausspendung, und der Ausspender, der etwas austheilet.


Aussperren (W3) [Adelung]


Aussperren, verb. reg. act. 1) Aus einander sperren. Die Beine aussperren. 2) Hinaus sperren, am häufigsten in Oberdeutschland, für ausschließen. Einen aussperren, durch Versperrung oder Verschließung der Stadt oder des Hauses draußen zu bleiben nöthigen. So auch die Aussperrung.


Ausspeyen (W3) [Adelung]


Ausspeyen, verb. irreg. act. S. Speyen, aus dem Munde speyen. 1) Eigentlich. Blut ausspeyen. Ingleichen absolute und in der harten und niedrigen Sprechart, den Speichel auswerfen. Über etwas ausspeyen, aus der Verachtung. Vor einem ausspeyen, aus Abscheu. 2) Figürlich. (a) Mit Heftigkeit auswerfen, von sich geben. Der Berg speyt Feuer aus. Er schlug das Raubthier jüngst, das der beschneyte Riphäus auf mich ausgespien, Raml. (b) Mit Heftigkeit vorbringen, ausstoßen, in verächtlicher Bedeutung. Lästerungen wider jemanden ausspeyen. Gift und Galle ausspeyen, schmähen und toben. (c) Aus seiner Gesellschaft, Verbindung stoßen, gleichfalls mit Verachtung. O speyt ihn aus von euch! daß er die beste Sache Der besten Bürger nicht durch sich verdächtig macht, Less. Anm. Opitz macht von diesem Verbo das ungewöhnliche Substantiv Ausgespey, für Auswurf, indem er das Gold des Glückes Ausgespey nennet.


Ausspielen (W3) [Adelung]


Ausspielen, verb. reg. act. 1) Im Kartenspiele, anfangen zu spielen, das erste Blatt auswerfen. Wer spielt aus? absolute. 2) Einem andern zuspielen. Den Ball ausspielen, einem andern zuschlagen. Trumpf ausspielen. 3) In Gestalt eines Spieles unter die Leute bringen. Ein Pferd, ein Haus, ein Gut ausspielen. 4) Durch Spielen vollkommener machen. Ein musikalisches Instrument ausspielen, es durch den Gebrauch verbessern. Eine ausgespielte Violine. 5) Bis zu Ende spielen. Ein Spiel ausspielen. Eine Uhr ausspielen lassen. Gönnen sie immer die Freude, die angefangene Rolle nach meinem Gutdünken auszuspielen, Less. 6) Aufhören zu spielen; als ein Neutrum.So auch die Ausspielung, in der zweyten Bedeutung.


Ausspinnen (W3) [Adelung]


Ausspinnen, verb. irreg. act. S. Spinnen. 1) Spinnend, oder in Gestalt eines gesponnenen Fadens ausdehnen. Mein Schicksal spann erst den Faden meines Lebens aus, und das deinige wand ihn auf, Dusch. Und spinnt den alten Stoff zu neuen Faden aus, ebend. 2) Aufhören zu spinnen; als ein Neutrum.


Ausspintisiren (W3) [Adelung]


+ Ausspintisiren, verb. reg. act. welches nur in der niedrigen Sprache des Umganges üblich ist, für ausspinnen, ergrübeln, S. Spintisiren. Da geht er nun und will alles ausspintisiren, Less.


Ausspioniren (W3) [Adelung]


Ausspioniren, verb. reg. act. im gemeinen Leben, durch Spioniren erforschen. Ein Mensch, der alles ausspioniret. S. Spioniren.


Ausspotten (W3) [Adelung]


Ausspotten, verb. reg. act. durch Verspottung dem Gelächter anderer bloß stellen. Jemanden ausspotten. Daher die Ausspottung.


Aussprache (W3) [Adelung]


Die Aussprache, plur. inusit. 1) Die Stimme und der Ton eines Sprechenden, und deren Art und Weise. Er hat eine gute, grobe, angenehme, starke, deutliche Aussprache. 2) Besonders das Aussprechen der Buchstaben, Sylben und Wörter. Eine falsche Aussprache, ein Fehler in der Aussprache, oder wider die Aussprache. Ehedem bedeutete dieses Wort auch Ausrede, Ausflucht, Entschuldigung.


Aussprechen (W3) [Adelung]


Aussprechen, verb. irreg. act. S. Sprechen. 1) Durch vernehmliche Töne ausdrücken. Ein Wort nicht recht aussprechen. In engerer Bedeutung, 2) durch Worte völlig ausdrucken. Seine Wohlthaten lassen sich nicht aussprechen. Auch in der Wapenkunst bedeutet, ein Wapen aussprechen, dessen Farben durch Worte ausdrucken, es blasoniren. 3) In noch engerer Bedeutung, einen Ausspruch thun, ein Urtheil fällen. Der Richter hat für ihn ausgesprochen. In dem Salzwerke zu Halle bedeutet dieses Wort auch feyerlich bestimmen, beschließen. Ein kaltes Lager aussprechen. Drey oder vier Tage aussprechen, in der künftigen Woche zu sieden beschließen.

Anm. Das Substantiv die Aussprechung wird für die Verrichtung des Aussprechens, besonders in der Wapenkunst gebraucht. S. auch Aussprache und Ausspruch. Das Nieders. utspreken hat über dieß noch die Bedeutung des Versprechens, promittere, ingleichen des Ausnehmens, eine Ausnahme machen.


Aussprechlich (W3) [Adelung]


Aussprechlich, -er, -ste, adj. et adv. fähig ausgesprochen, oder durch vernehmliche Töne, besonders durch Worte ausgedruckt zu werden; welches doch mehr in dem Gegensatze unaussprechlich, als für sich allein üblich ist.


Ausspreiten (W3) [Adelung]


Ausspreiten, verb. reg. act. ein Wort, welches nur in den gemeinen Mundarten für ausbreiten üblich ist, obgleich einige Schrift-steller es auch in der höhern Schreibart gebraucht haben; S. Spreiten. Er hat rund um sich her das Wasser ausgespreitet, Opitz. Schleunig schwinget er sich mit ausgespreiteten Flügeln Über die schreckliche Höhe hinaus, Zachar. So auch die Ausspreitung. Das Intensivum davon ist ausspreitzen, welches gleichfalls hin und wieder im gemeinen Leben vorkommt. Die Arme ausspreitzen. Ein Tuch ausspreitzen.


Aussprengen (W3) [Adelung]


Aussprengen, verb. reg. act. ausspringen machen. 1) Heraus sprengen. Ein Stück aus einer Mauer aussprengen, mit Pulver. 2) Hinaus sprengen. Ein Pferd aussprengen, in der Reitkunst, es aus dem Schritte gleich von der Faust in den Galopp springen lassen. Figürlich, ausbreiten, unter die Leute bringen. Ein Gerücht aussprengen. Man hat ausgesprengt, daß u. s. f. wo die Figur vermuthlich von einem Wasser hergenommen ist, welches man in die Luft sprenget, und dadurch verbreitet. So auch die Aussprengung.


Ausspreuen (W3) [Adelung]


* Ausspreuen, verb. reg. act. wie Spreu zerstreuen, ein ungewöhnliches Wort, welches nur bey dem Opitz vorkommt: Du hast -Den hin den andern her gestreut, Und unter Völkern ausgespreut, Pf. 44. S. Aussprühen.


Aussprießen (W3) [Adelung]


Aussprießen, verb. irreg. neutr. ( S. Sprießen,) mit dem Hülfsworte seyn, welches am häufigsten in der Oberdeutschen Mundart üblich ist, heraus oder hervor sprießen. S. Aussprossen.


Ausspringen (W3) [Adelung]


Ausspringen, verb. irreg. neutr. ( S. Springen,) 1) Mit dem Hülfsworte seyn, heraus springen. Es ist ein Stück aus dem Messer ausgesprungen. Auch metonymisch, das Messer ist ausgesprungen. Ingleichen aus einem verwahrten Orte flüchtig werden; edler entspringen. Ein ausgesprungener Mönch, der aus seinem Kloster entsprungen ist. Ausspringende Winkel, figürlich für auswärts gehende Winke, im Gegensatze der einspringenden, in der Kriegsbaukunst. 2) Mit haben, aufhören zu springen, oder zu tanzen.


Ausspritzen (W3) [Adelung]


Ausspritzen, verb. reg. 1. Neutrum, mit seyn, spritzend heraus fahren. Es ist alles Wasser ausgespritzet. 2. Activum. 1) Heraus spritzen, spritzend ausstoßen. Die Bildsäule spritzet Wasser aus. 2) Durch Einspritzung einer flüssigen Materie ausfüllen. Die Blutgefäße mit Wachs ausspritzen. Eine Lunge ausspritzen, in der Anatomie. Ingleichen auf solche Art reinigen. Eine Wunde ausspritzen. So auch die Ausspritzung.


Aussprossen (W3) [Adelung]


Aussprossen, verb. reg. neutr. welches doch im Particip. Pass. ausgesprossen hat, und mit dem Hülfsworte seyn abgewandelt wird, hervor sprossen, eigentlich von Pflanzen. Es sprossen Zweige aus der Wurzel aus. Wenn man heiße Zinnschlacken in kaltes Wasser wirft, so sprossen kleine Zinnzacken aus. In den Schmelzhütten sprosset das Silber im Feuer aus, wenn kleine Körner desselben stehen bleiben und nicht schmelzen wollen. In Oberdeutschland ist für dieses Zeitwort aussprießen gewöhnlicher.


Aussprößling (W3) [Adelung]


Der Aussprößling, des -es, plur. die -e, etwas das heraus oder hervor gesprossen ist, wofür man doch lieber das einfache Sprößling gebraucht.


Ausspruch (W3) [Adelung]


Der Ausspruch, des -es, plur. die -sprüche, was ausgesprochen wird, doch nur in engerer Bedeutung, ein mit Worten ausgedruckter Satz. Der Ausspruch des Orakels. Ein göttlicher Ausspruch. In noch engerer Bedeutung, ein Urtheil, besonders eines Richters. Ich überlasse es deinem Ausspruche, lasse es auf deinen Ausspruch ankommen. Einen Ausspruch thun, fällen. Die Sache beruhet nur noch auf den Ausspruch des Richters, welcher gerichtliche Ausspruch im gemeinen Leben auch nur ein Spruch genannt wird.

Anm. In einigen Niedersächsischen Gegenden, besonders in Hamburg und Lübeck, bedeutet Ausspruch auch die Abteilung her. Ältern mit ihren Kindern. Einen Ausspruch thun, die Kinder abtheilen. Ja ein solcher ausgeschiedener Theil wird auch zuweilen selbst ein Ausspruch genannt. In der Mark Brandenburg ist der Ausspruch ein jedes Geld, welches jemanden in einem Testamente vermacht wird; das Erbgeld, die Ausmachung. S. auch Aussagen.


Aussprühen (W3) [Adelung]


Aussprühen, verb. reg. act. sprühend auswerfen, von sich geben. Der Berg sprüht Feuer aus. - Der Priester sprüht schon seinen Argwohn aus, Weiße.


Ausspucken (W3) [Adelung]


Ausspucken, verb. reg. act. Speichel auswerfen, absolute; ingleichen als Speichel oder mit dem Speichel auswerfen. Blut ausspucken. S. Spucken und Ausspützen.


Ausspülen (W3) [Adelung]


Ausspülen, verb. reg. act. 1) Durch Spülen heraus bringen, ingleichen metonymisch, auf solche Art das Innere einer Sache reinigen. Ein Gefäß ausspülen. Den Mund ausspülen. Die Wäsche ausspülen, im Wasser von der zurück gebliebenen Seife reinigen; in einigen Gegenden ausschälen. 2) Durch Spülen aushöhlen. Der Strom hat das Ufer ausgespület. Daher die Ausspülung.


Ausspünden (W3) [Adelung]


Ausspünden, verb. reg. act. inwendig mit gespündeten Bretern bekleiden. Einen Brunnen ausspünden. Daher die Ausspündung.


Ausspüren (W3) [Adelung]


Ausspüren, verb. reg. act. durch Nachspüren erforschen. ein Wild, einen Dieb, eine Sache ausspüren. Daher die Ausspürung.


Ausspützen (W3) [Adelung]


Ausspützen, verb. reg. act. welches nur zuweilen in der anständigen Schreib- und Sprechart gebraucht wird, das gemeinere ausspucken und härtere ausspeyen zu vermeiden. S. Spützen.


Ausstaffiren (W3) [Adelung]


Ausstaffiren, verb. reg. act. 1) Mit der gehörigen Staffirung versehen. Ein Kleid mit Gold und Silber ausstaffiren. Ingleichen das Oberzeug und Futter eines Kleides am Saume umschlagen und zusammen nähen, bey den Schneidern. 2) Figürlich, mit den nöthigen Kleidern und Zubehöre versehen. Einen ausstaffiren. Ingleichen ausputzen, doch im gemeinen Leben. Ein Zimmer ausstaffiren. Wie sich etwa ihre Pathen an Ehrentagen werden ausstaffiret haben, Less. S. Staffiren. Daher der Ausstaffirer, des -s, plur. ut nom. sing. der Kleider und andere Sachen ausstaffiret; ingleichen die Ausstaffirung, so wohl für die Handlung des Ausstaffirens, als auch für dasjenige, womit ein Kleid oder andere Sachen ausstaffiret wird. S. Staffiren.


Ausstaken (W3) [Adelung]


* Ausstaken, verb. reg. act. welches zunächst aus dem Niedersächsischen entlehnet ist, den Raum zwischen zwey Riegeln oder Balken, den man mit Lehm ausfüllen will, vorher mit Staken, d. i. kurzen Stangen, versehen. Daher die Ausstakung. Im Hochdeutschen ist dafür auswindeln üblich.


Ausstallen (W3) [Adelung]


Ausstallen, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist. Die Pferde ausstallen, sie in einen andern Stall bringen.


Ausstämmen (W3) [Adelung]


Ausstämmen, verb. reg. act. bey den Tischlern und Zimmerleuten, mit dem Stämmeisen heraus bringen; ingleichen aushöhlen. Daher die Ausstämmung.


Ausstampfen (W3) [Adelung]


Ausstampfen, verb. reg. act. durch Stampfen heraus bringen, Die Körner ausstampfen, aus den Ähren. Ingleichen metonymisch, die Ähren ausstampfen. Daher die Ausstampfung. Oft auch aufhören zu stampfen; als ein Neutrum.


Ausstand (W3) [Adelung]


Der Ausstand, des -es, plur. die -stände, im gemeinen Leben, was ausstehet, besonders ausstehendes Geld, ausstehendeSchulden, und mit der Oberdeutschen Verlängerung, der Außenstand. In Oberdeutschland bedeutet Ausstand auch der Abzug aus einem Dienste. S. Ausstehen. Das Adjectiv ausständig, ausständiges Geld, ausständige Schulden, ist außer Oberdeutschland und einigen Hochdeutschen Kanzelleyen wenig gebräuchlich. In einigen Gegenden hat man auch das Substantiv der Ausständer, einen Bienenstock zu bezeichnen, der ausgewintert worden, oder zum Auswintern geschickt ist.


Ausstänkern (W3) [Adelung]


Ausstänkern, verb. reg. act. 1) Durchaus mit Gestank erfüllen. Das ganze Haus ausstänkern. 2) Ausspüren, ausfündig machen; im Scherze und verächtlichen Verstande. S. Stänkern.


Ausstatten (W3) [Adelung]


Ausstatten, verb. reg. act. mit Überlieferung eines gewissen Vermögens von sich lassen. Einen Sohn ausstatten, ihm so viel geben, als zu Errichtung seiner eigenen Haushaltung nöthig ist. Eine Tochter ausstatten, sie verheirathen, und sie dabey mit dem nöthigen Hausgeräthe und den nöthigen Kleidern versehen. Nieders. ausraden, von Rad, Geräth, mit dem nöthigen Geräthe versehen; in Friesland utbodeln von Budel, Güter, Vermögen, gleichsam aus dem Hauptgute abfinden. S. auch Aussteuern und Heirathsgut. Daher die Ausstattung, nicht allein für die Handlung des Ausstattens, sondern auch für alles dasjenige, was einem Kinde bey dieser Gelegenheit an Kleidern, Hausgeräth u. s. f. mit Ausschließung des Heirathsgutes mitgeben wird.

Anm. Ausstatten ist nach dem Lateinischen elocare gebildet. S. Abstatten. In Oberdeutschland bedeutet es auch ausliefern; z. B. einen Missethäter ausstatten, welches vielleicht noch dessen erste und eigentliche Bedeutung ist.


Ausstäuben (W3) [Adelung]


Ausstäuben, verb. reg. act. im Innern von dem Staube reinigen. Ein Zimmer ausstäuben. Daher die Ausstäubung.


Ausstäubern (W3) [Adelung]


Ausstäubern, verb. reg. act. welches das Iterativum des vorigen ist. 1) Für ausstäuben, doch nur figürlich und im gemeinen Leben. Einen ausstäubern, ihn gleichsam wie Staub hinaus treiben, wofür auch das Intensivum ausstäupern üblich ist. 2) Aussuchen, durchsuchen, eigentlich von denjenigen Hunden, welche gemeiniglich Stäuber oder Stöber genannt werden; ausstöbern. Die Stäuber pflegen alle Graben und Hecken auszustäubern. S. auch Aufstöbern.


Ausstäupen (W3) [Adelung]


Ausstäupen, verb. reg. act. vermittelst des Staupenschlages verweisen. Einen Übelthäter ausstäupen. Daher sie Ausstäupung.


Ausstechen (W3) [Adelung]


Ausstechen, verb. irreg. act. S. Stechen. 1. Vermittelst eines Stiches heraus hohlen. 1) Eigentlich. Torf, Erde, einen Rasen ausstechen. Einem die Augen ausstechen. Ausgestochene Austern. 2) In weiterer Bedeutung, für ausschneiden. Die Wamme ausstechen, bey den Kürschnern, sie aus dem Balge schneiden. Ingleichen für ausschauen. Kleine Scheiben aus einer Eisenplatte mit einem stählernen Hauer ausstechen, bey verschiedenen Metallarbeitern. 3) Figürlich. (a) Austrinken, ausleeren, im Scherze. Ein Glas ausstechen, Opitz. Ich habe manche Flasche Wein mit ihm ausgestochen, Less. (b) Jemanden ausstechen, im gemeinen Leben, ihn mit List aus einem Vortheile treiben, gleichsam ihn aus dem Sattel stechen, mit Anspielung auf die alten Thurniere. Er hat mich bey ihm ausgestochen, mich aus seiner Gunst gesetzet. 2. Mit Stichen aushöhlen. Einen Teich, einen Graben ausstechen. In Stein, in Metall ausstechen. 3. Aus einander stechen. Spitzen ausstechen, bey den Wäscherinnen, gewaschene Spitzen nach dem Zäckchenmuster wieder durchstechen, damit sie neu scheinen.So auch die Ausstechung in den eigentlichen und weitern Bedeutungen.


Ausstecken (W3) [Adelung]


Ausstecken, verb. reg. act. heraus oder hinaus stecken. Eine Fahne ausstecken. Daher die Aussteckung.


Ausstehen (W3) [Adelung]


Ausstehen, verb. irreg. ( S. Stehen,) welches auf doppelte Art gebraucht wird.I., Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, außer dem Hause stehen, auswärts stehen. Mit Waaren ausstehen, auf dem Markte. Der vor dem in fremden Landen, Als ein Doctor ausgestanden, Gell. Oft auch so viel, als am Pranger stehen. Figürlich auch von dem Gelde, welches man bey andern stehen oder zu fordern hat, in welcher Bedeutung man in Oberdeutschland außen stehen, sagt. Vieles Geld bey andern Leuten ausstehen, zu fordern, haben. Mein Gold steht noch aus. Ausstehende Schulden.II. Als ein Activum, bis zum Ende einer bestimmten Zeit stehen. 1) Eigentlich, im gemeinen Leben. Die ganze Predigt ausstehen. 2) Figürlich. a) Bey den Innungen und Handwerkern, die Lehrjahre ausstehen, die erforderliche Zeit über in der Lehre verbleiben. Er hat die Jahre bey mir ausgestanden. b) Leiden, erdulden, Schwed. utsta. Schmerzen, Hitze, Kälte, Angst, Ungemach, Mühe, Arbeit ausstehen. Er hat viel ausgestanden. Ich stehe die größte Qual aus. Ingleichen ertragen, übertragen, überstehen. Eine schwere Krankheit, lange Belagerung ausstehen. Das ist noch auszustehen. Daher die Ausstehung in den thätigen Bedeutungen.

Anm. In Oberdeutschland gebraucht man ausstehen auch für abziehen. Die Magd wird morgen ausstehen. Aus einem Amte, aus einem Dienste, aus einer Kost ausstehen.


Aussteifen (W3) [Adelung]


Aussteifen, verb. reg. act. durchaus steif machen. Ein Kleid aussteifen. Ingleichen im Innern mit Steifen verstehen. So steifet man ein Brunnenloch aus, wenn man es mit Bretern und Balken ausschalet, damit die Erde nicht nachschieße. Daher die Aussteifung.


Aussteigen (W3) [Adelung]


Aussteigen, verb. irreg. neutr. ( S. Steigen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, heraus steigen, am häufigsten absolute. Aussteigen, aus dem Waagen, oder aus dem Schiffe steigen.


Ausstellen (W3) [Adelung]


Ausstellen, verb. reg. act. hinaus stellen. 1) Eigentlich Wachen, Posten ausstellen. Waaren ausstellen, aussetzen. Besonders zur Schau, zur Besichtigung hinstellen. Gemälde, Zeichnungen ausstellen. 2) Figürlich. (a) Von sich stellen. Einen Revers, eine Handschrift, einer Wechsel ausstellen. (b) Einer Veränderung aussetzen, bloß stellen. Einen der öffentlichen Beschimpfung ausstellen, Raben. Der Arme ist den Zufällen des Schicksals nicht mehr ausgestellet, als der Reiche, Dusch; wofür doch aussetzen gewöhnlicher ist. (c) Aufschieben. Etwas auf eine andere Zeit ausgestellt seyn lassen; wofür gleichfalls aussetzen üblicher ist. Ingleichen völlig unterlassen. Ein Vorhaben gar ausstellen. (d) Tadeln, vorzüglich in Oberdeutschland, für das Hochdeutsche aussetzen. Er stellt mit höchstem Fleiß die kleinsten Mängeln aus, Gryph. (e) * Einen gelinden Verweis geben; im Oberdeutschen. Dieß wird dem Amte ausgestellet. Das Ausstellen ist in der Oberdeutschen Kanzelleysprache die gelindeste Art des Verweises; darauf folgt das stärkere Vorhalten; hierauf das noch stärkere Verheben; ferner das Ahnden, und endlich das Verweisen, als die stärkste Art.Daher die Ausstellung in allen obigen Bedeutungen, besonders in Oberdeutschland, für Tadel. Ausstellungen wider etwas machen, es tadeln. Das Adjectiv ausstellig, etwas ausstellig machen, es tadeln, ist gleichfalls nur in der Oberdeutschen Mundart gebräuchlich.


Ausstemmen (W3) [Adelung]


Ausstemmen, S. Ausstämmen.


Aussterben (W3) [Adelung]


Aussterben, verb. irreg. neutr. ( S. Sterben,) mit dem Hülfsworte seyn, durch den Tod der Einwohner oder Besitzer leer werden. Das Haus, das Dorf, die Stadt ist ausgestorben. Die Stadt ist wie ausgestorben, wenn es todt, oder nicht lebhaft darin ist. Ingleichen durch den Tod aufhören. Das ganze Geschlecht ist ausgestorben. Und mit euch muß die Weisheit aussterben, Hiob 12, 2.


Aussteuern (W3) [Adelung]


Aussteuern, verb. reg. act. 1) Mit Ertheilung eines eigenen Vermögens von sich lassen. Einen Sohn aussteuern, ihm seine eigene Haushaltung errichten. Noch mehr aber, eine Tochter aussteuern, sie ausstatten, ihr nicht nur die Ehesteuer geben, sondern sie auch mit dem nöthigen Geräthe, Kleidern u. s. f. versehen; welches letztere in engerer Bedeutung auch wohl allein unter diesem Worte verstanden wird. 2) In den Begräbniß- und andern ähnlichen Gesellschaften steuert man sich aus, wenn man eine gewisse bestimmte Anzahl versteuert hat, und alsdann von allen fernern Beyträgen frey ist. So auch die Aussteuerung.

Anm. Aussteuern, Schwed. utstyra, kommt in der noch üblichen Bedeutung wohl am ersten in dem Schwabenspiegel vor, wo es uzstiuren geschrieben wird. S. auch Heirathsgut. Das Nieders. utstüren bedeutet über dieß auch aussenden, welches vielleicht die erste und eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist. In dem Augsb. Stadtbuche von 1272 kommt Histivr, Heimsteuer, für Aussteuer vor.


Aussticken (W3) [Adelung]


Aussticken, verb. reg. act. mit Blumen ausnähen.


Ausstöbern (W3) [Adelung]


Ausstöbern, verb. reg. act. S. Ausstäubern.


Ausstochern (W3) [Adelung]


Ausstochern, verb. reg. act. Die Zähne ausstochern, durch Stochern reinigen.


Ausstocken (W3) [Adelung]


Ausstocken, verb. reg. act. in dem Forstwesen, die Stöcke der gefälleten Bäume ausgraben, nach dem Latein. exstirpare. Einen Wald ausstocken, ihn ausrotten urbar machen. Daher die Ausstockung.

Anm. In der Würtembergischen Jagdordnung bedeutet die Hunde ausstocken, so viel als sie ausfüttern, welches Wort Frisch von Stock molossorum copia, herleitet. S. Stock.


Ausstollen (W3) [Adelung]


* Ausstollen, verb. reg. act. bey den Weißgärbern, die gar gemachten Felle auf dem Stolleisen gehörig ausdehnen und bearbeiten.


Ausstopfen (W3) [Adelung]


Ausstopfen, verb. reg. act. durch Stopfen ausfüllen, voll stopfen. Ein Bett mit Federn, ein Küssen mit Sand ausstopfen. Einen Vogel, ein Thier ausstopfen. In Oberdeutschland ausschopfen. Daher die Ausstopfung.


Ausstören (W3) [Adelung]


Ausstören, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist. 1) Überall herum stören, auf eine unanständige Art durchsuchen. Alles ausstören. 2) Auf solche Art finden. So auch die Ausstörung.


Ausstoß (W3) [Adelung]


Der Ausstoß, des -es, plur. die -stöße. 1) Der Stoß, welchen man im Fechten auf seinen Gegner thut. 2) In der Feuerwerkskunst, die gemischte Ladung von halb Korn- und halb Mehlpulver, womit der Boden der Luftkugeln bedeckt wird, die Versetzung auszustoßen oder auszutreiben; Französisch la Chasse.


Ausstoßen (W3) [Adelung]


Ausstoßen, verb. irreg. ( S. Stoßen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, auf einen andern stoßen, in der Fechtkunst.II. Als ein Activum. 1) Hinaus stoßen. Einen ausstoßen, aus dem Hause. Figürlich, als unwürdig von einer Gesellschaft ausschließen. 2) Durch einen Stoß heraus bringen. Einem ein Auge ausstoßen. Einen Meiler ausstoßen, bey den Kohlenbrennern, ihn ausladen. Die Wege im Garten ausstoßen, mit dem Stößer reinigen. Dem Fasse den Boden ausstoßen, im gemeinen Leben, mit zu großer Heftigkeit verfahren. Figürlich, mit Heftigkeit von sich geben, vorbringen. Seufzer ausstoßen. Die größten Beschuldigungen, die sie wieder mich ausstoßen, sind nicht als Beweise ihres aufrichtigen Herzens, Gell. Am häufigsten in verächtlicher Bedeutung. Schimpfreden, Fluche, Gotteslästerungen ausstoßen. 3) Gehörig stoßen, durch Stoßen den verlangten Grad der Güte geben, bey verschiedenen Handwerkern. Die Bäcker stoßen den Teig aus, wenn sie ihn zum letzten Mahle mit geballten Fäusten zerstoßen, welches auch ausfausten und durchknebeln genannt wird. Bey den Lohgärbern wird das aus der Grube gebrachte Leder mit dem Ausstoßeisen ausgestoßen oder gereiniget. Die Hutmacher stoßen den gewalkten Hut aus, wenn sie ihn auf der Form mit der Faust oder dem Ausstoßer die gehörige Gestalt geben. Bey den Buchbindern werden die Breter ausgestoßen, wenn ihre Kanten mit dem Ausstoßhobel abgenommen werden. Eine Ecke ausstoßen, bey den Mäurern, sie mit der "Kardätsche" glatt machen. Daher die Ausstoßung.


Ausstrecken (W3) [Adelung]


Ausstrecken, verb. reg. act. 1) Von sich strecken. Die Hände, die Arme ausstrecken. Vergebens strecke ich meine Arme nach dir aus. Ruchloser, schon strecket der Richter seine strafende Rechte über dich aus, Dusch. Jetzt strecket die Ungerechtigkeit ihre grausamen Fäuste nach meinem Eigenthume aus, ebend. 2) Ausdehnen. So strecken die Schmiede ein dickes Eisen aus, wenn sie es dünner und länger schmieden, welches auch ausziehen genannt wird. Auch die Hutmacher strecken die Hüte aus, wenn sie selbige bey dem rein streichen mit der Hand ausdehnen. Ingleichen figürlich. Welche Schatten von ügeln und einsamen Bäumen streckten sich über die grüne Ebene aus! Dusch.So auch die Ausstreckung.


Ausstreichen (W3) [Adelung]


Ausstreichen, verb. irreg. ( S. Streichen,) welches in doppelter Gattung gebraucht wird.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, auswärts streichen, d. i. flüchtig herum gehen, im gemeinen Leben. Er streicht bey Nacht aus. Der ein ist wie ein Löw' erhitzt, Der auf den Raub pflegt auszustreichen, Opitz. Bey den Jägern bedeutet es gegen Abend auf den Lerchenstrich gehen; ingleichen schnell laufen, von den Hunden. In dem Bergbaue bedeutet das Ausstreichen des Ganges so viel als dessen Ausgehen, wo er an der Oberfläche zum Vorscheine kommt. Der Gang streicht zu Tage aus.II. Als ein Activum. 1. Mit Streichen aus einem Orte treiben. Einen Dieb ausstreichen, für das niedrige auspeitschen. 2. Aus einander streichen, eben streichen, gehörig streichen. Die Weißgärber streichen die Felle aus, wenn sie selbige nach dem Walken mit dem Streicheisen reinigen. Dagegen es bey den Lohgärbern so viel als ausstoßen, oder von dem Fleische reinigen ist. Die planirten Bogen ausstreichen, eben streichen, beyden Buchbindern. 3. Mit Strichen auslöschen. Eine Stelle in einem Briefe, ein Wort, eine Schuld ausstreichen. 4. Durch Streichen aushöhlen. Die Furchen mit dem Pfluge wohl ausstreichen, in der Landwirthschaft. 5. Heraus streichen, d. i. gleichsam bestreichen oder bemahlen, um öffentlich gesehen zu werden, in der figürlichen R. A. einen, oder etwas ausstreichen, sehr loben; wofür man aber im Hochdeutschen lieber heraus streichen sagt, obgleich auch dieses nur in den gemeinen Umgang gehöret. Indessen gebraucht doch Opitz dieses Wort sehr oft in dem anständigsten Zusammenhange, selbst von Gott, für preisen. Z. B. Du des Levi werthes Haus Streich des Herren Lob heraus, Pf. 135. Und an einem andern Orte: Streicht löblich aus dem Herren seine Werke. Frisch führet aus Kaiserbergs Post. Bl. 18 folgende Stelle an, welche den Ursprung dieser figürlichen R. A. anzeiget: Das Buch ist so hübsch gerubrizirt und ausgestrichen; wo ausstreichen so viel als mit Farben auszieren bedeutet. So auch die Ausstreichung in den fünf ersten Bedeutungen des Activi.


Ausstreifen (W3) [Adelung]


Ausstreifen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, so aber wenig gebräuchlich ist, aus einem Orte streifen, auswärts streifen. Die Goldarten streifen aus, gingen auf Beute aus.


Ausstreiten (W3) [Adelung]


Ausstreiten, verb. irreg. S. Streiten. 1. Activum, einen Streit vollenden. Den Streit des Glaubens ausstreiten. 2. Neutrum mit haben, aufhören zu streiten.


Ausstreuen (W3) [Adelung]


Ausstreuen, verb. reg. act. hinaus streuen, aus einem Orte streuen. 1. Eigentlich. Den Samen ausstreuen. 2. Figürlich. 1) Austheilen. Der Himmel hat dir die Reichthümer versagt, die er oft über Unwürdigere ausgestreut hat, Dusch. Streue Wohlthaten, milde um dich aus, ebend. 2) Unter die Leute bringen, im nachtheiligen Verstande. Irrthümer, Lügen ausstreuen.


Ausstrich (W3) [Adelung]


Der Ausstrich, des -es, plur. inusit. im Bergbaue, dasjenige Zinnerz, welches das Wasser aus dem Flusse an das Ufer heraus gestrichen oder heraus geschoben hat.


Ausströmen (W3) [Adelung]


Ausströmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn, sich stromweise ergießen, am häufigsten figürlich in der höhern Schreibart. Die Empfindungen strömen so stark, wie meine Thränen, in Klagen aus, Dusch.


Ausstückeln (W3) [Adelung]


Ausstückeln, verb. reg. act. stückweise ausschneiden, ein Wort, welches nur in den Münzen üblich ist, wenn aus den geplätteten Schienen runde Scheiben, so groß als die Münze werden soll, ausgeschnitten werden. Daher Ausstückelung.


Ausstudiren (W3) [Adelung]


Ausstudiren, verb. reg. act. welches nur im gemeinen Leben üblich ist. 1) Durch Studiren, oder Nachdenken, heraus bringen. Ich habe mir viele Mühe geben müssen, das alles auszustudiren. Ich habe ihn schon ausstudirt, ihn schon kennen gelernet. Das Recht, das Krieg hat eingeführt, Wird in fünf Tagen ausstudirt, Logau. 2) Sein Studiren auf Universitäten zu Ende bringen; als ein Neutrum. Ausstudiret haben. S. Studiren.


Ausstumpeln (W3) [Adelung]


* Ausstumpeln, verb. reg. act. ein Kunstwort der Kohlenbrenner, die Zwischenräume des großen Holzes mit kleinerm Holze ausfüllen. S. Stumpeln.


Ausstürmen (W3) [Adelung]


Ausstürmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende stürmen. Lassen sie ihr Herz ausstürmen; je stärker es brauset, desto ruhiger wird es hernach. Ingleichen aufhören zu stürmen.


Ausstürzen (W3) [Adelung]


Ausstürzen, verb. reg. act. umstürzen und ausschütten. Das Wasser, das Erz ausstürzen. Ingleichen umstürzen und aus- leeren. Ein Gefäß ausstürzen. Den Kübel ausstürzen, im Bergbaue. Daher der Ausstürzer, in den Bergwerken, der diese Arbeit verrichtet, und die Ausstürzung.


Ausstützen (W3) [Adelung]


Ausstützen, verb. reg. act. inwendig mit den gehörigen Stützen versehen. Einen Brunnen ausstützen, wenn er gegraben wird.


Aussuchen (W3) [Adelung]


Aussuchen, verb. reg. act. 1) Unter mehreren Dingen heraus suchen. Das Beste aussuchen. Eine Waare aussuchen. Sich einem Ort zum Aufenthalte aussuchen. 2) Völlig durchsuchen. Einen Ort, das ganze Haus aussuchen. Er hat alles ausgesucht, aber nichts gefunden. Ich habe den ganzen Schrank ausgesucht, Gell. So auch die Aussuchung.


Aussüßen (W3) [Adelung]


Aussüßen, verb. reg. act. in der Scheidekunst, die salzigen und sauern Theile durch süßes Wasser heraus bringen, edulcorare, wie Absüßen. Daher die Aussüßung.


Aust (W3) [Adelung]


* Der Aust, des -es, plur. car. bey den Fischern ein Nahme desjenigen Insectes, welches im Hochdeutschen unter dem Nahmen des Uferaases am bekanntesten ist. S. dieses Wort. Es ist eigentlich das Niedersächsische Aust, für August, weil dieses Insect im August-Monathe mit Strohsteuer herbey gelocket und zum Köder gebraucht wird.


Austäfeln (W3) [Adelung]


Austäfeln, verb. reg. act. inwendig mit Tafelwerk bekleiden. Ein Zimmer austäfeln. Daher die Austäfelung


Austanzen (W3) [Adelung]


Austanzen, verb. reg. act. bis zu Ende tanzen; Einen Tanz nicht ganz austanzen. Ingleichen, aufhören zu tanzen; als ein Neutrum.


Austapeziren (W3) [Adelung]


Austapeziren, verb. reg. act. inwendig mit Tapeten bekleiden. Ein Zimmer austapeziren. S. Tapeziren. Daher die Austapezirung.


Austauschen (W3) [Adelung]


Austauschen, verb. reg. act. für eine Sache eine andere gleicher Art geben. Ich will es dir wieder austauschen. Oft auch von einem betrüglichen Tausche, der wider Willen des andern geschiehet; dagegen im guten Verstande auswechseln üblich ist. Einem seine Waare austauschen. Daher die Austauschung.


Auster (W3) [Adelung]


Die Auster, plur. die -n, eine eßbare Seemuschel mit zwey Schalen. Austern säen, nennen die Niederdeutschen Austernfischer, wenn sie die jungen Austern von den Steinen oder alten Austern los machen, und in die See an schicklichen Orten ausstreuen. Daher der Austerhandel, die Austerschale, der Austernsammler, Austernfischer, die Austernfischerey, der Austernfang u. s. f.

Anm. Der Nahme dieses Schalthieres ist sich in allen Europäischen Sprachen ähnlich. Das Nieders. Oster und im Plural Osters, das Holländ. Oester, das Schwed. Ostra, das Angels. Ostre, das Engl. Oyster, das Franz. Huitre, das Wallisische Vesirem, das Bretagnische Istr, das Latein. Ostrea und das Griechische - hier nichtlateinischer Text, siehe Image -, können ihre gemeinschaftliche Abstammung gewiß nicht verläugnen.


Austerbank (W3) [Adelung]


Die Austerbank, plur. die -bänke, eine Untiefe in der See, auf welcher Austern gefunden werden; ein Austerngrund.


Austermann (W3) [Adelung]


Der Austermann, des -es, plur. die -männer, eine Art Seespecht mit kurzem Schwanze, langen Flügeln, langen rothen Füßen, und einen rothen Schnabel, wie der Storch, der an der Wurzel eingekerbt, am Ende aber glatt ist. Er nähert sich von Austern, daher er auch Austerndieb, Austernfischer, Austernvogel, und Engl. Oyster-catcher, Franz. le Preneur d'huitres, Latein. Ostralega genannt wird. Außer dem nennt man ihn auch die Meerälster; Haematopus Ostralegus, L.


Austernessel (W3) [Adelung]


Die Austernessel, plur. die n, ein gegliederter Wurm oder Art Seenesseln, welche sich auf den Klippen und Austerschalen aufhält, und einen runden bunten Saum, wie eine Blume hat, daher sie auch See-Anemone, Seeblume. Seenelke, und wegen einer andern Ähnlichkeit auch Seestrumpf und Seetasche genannt wird. Actinia senilis. L.


Austernschaber (W3) [Adelung]


Der Austernschaber, des -s, plur. ut nom. sing. ein Werkzeug der Austernfischer mit einem Kasten und langen Stiele, die Austern damit von den Steinen zu schaben.


Austheilen (W3) [Adelung]


Austheilen, verb. reg. act. an andere vertheilen; im Oberdeutschen ausspenden. Geld, Korn, Geschenke austheilen. Das heilige Abendmahl austheilen. Die Beute unter die Soldaten austheilen. Das Glück theilt seine Gaben wunderlich aus. Die Hände der Vorsicht theilen alle Mahl weise aus. Figürlich. Befehle austheilen. Stöße, Schläge austheilen. Daher der Austheiler, in den Bergwerken, derjenige, der die Ausbeute unter die Gewerken austheilet, und die Austheilung.


Austheren (W3) [Adelung]


Austheren, verb. reg. act. inwendig mit Ther bestreichen.


Austhun (W3) [Adelung]


Austhun, verb. irreg. act. ( S. Thun,) ein Wort, welches in allen seinen Bedeutungen nur in dem gemeinen Umgange gebraucht wird, vermuthlich weil der Begriff, den es gewähret, sehr allgemein und unbestimmt ist. Es wird aber gebraucht, 1) für ausziehen, von sich legen, von Kleidungsstücken. Ein Kleid austhun. Schuhe und Strümpfe austhun, sich auskleiden. 2) Für auslöschen. Ein Licht austhun. Das Feuer austhun. Eine Schuld, eine Rechnung austhun. 3) Andern leihen. Geld auf Zinsen austhun. Ingleichen von Feldgütern, Äcker, Güter austhun, verpachten.

Anm. Austhun, für sich auslassen, er thut sich dessen nicht aus, er läßt es sich nicht merken, ingleichen groß austhun, prahlen, klein austhun, dessen Gegensatz, sind selbst im Oberdeutschen niedrig.


Austhüren (W3) [Adelung]


* Austhüren, verb. reg. act. bey den Windmüllern, die Thüren oder dünnen Breter aus den Mühlflügeln nehmen.


Austiefen (W3) [Adelung]


Austiefen, verb. reg. act. tief ausgraben. Einen Keller, einen Graben austiefen. Ingleichen bey den Kupferschmieden, wie austiefen. Daher die Austiefung.


Austilgen (W3) [Adelung]


Austilgen, verb. reg. act. vertilgen, des Daseyns der Art nach berauben; fast wie vertilgen. Daher Unkraut austilgen. Ein Geschlecht austilgen. Ingleichen, des wirksamen Daseyns, der Folgen berauben. Sollte dieser Anblick nicht ihren Haß austilgen? Weiße. Ach könnte ich doch das ganze Gedächtniß meiner Handlungen austilgen! Dusch. O tilgten jene Nacht Die Götter auch aus meinem Leben aus! Weiße. So auch die Austilgung.


Austoben (W3) [Adelung]


Austoben, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende toben, so wohl eigentlich, als figürlich. Einen austoben lassen. Den Most, das Bier austoben lassen. Die Jugend muß austoben. Ingleichen aufhören zu toben. Die Angst, die sich gequält, hat endlich ausgetobt, Schleg.


Austonnen (W3) [Adelung]


Austonnen, verb. reg. act. inwendig mit Bretern bekleiden, in dem Bergbaue. Einen Schacht austonnen. Daher die Austonnung.


Austraben (W3) [Adelung]


Austraben, verb. reg. neutr. welches wohl nur im Infinitiv üblich ist; in der R. A. ein Pferd austraben lassen, es so stark traben lassen, als es kann.


Austrag (W3) [Adelung]


Der Austrag, des -es, plur. die -träge. 1) Die Handlung des Austragens, so fern dieses Wort entscheiden bedeutet, die Entscheidung einer zweifelhaften Sache, besonders eine gerichtliche Entscheidung, ehedem auch Austracht, Ußtrack, und im Nieders. Utdrag; größten Theils nur in der R. A. bis zum Austrag der Sache, nach Austrag der Sache, vor Austrag der Sache. Daher 2) in dem Deutschen Staatsrechte die Austräge, im Plural, und ohne Singular, privilegierte und oft selbst gewählte Schiedsrichter der Reichstände sind, vor welchen ihre Streitigkeiten in der ersten Instanz ausgemacht werden, und welche wieder in ge- willkürte Austräge und Reichsausträge getheilet werden. Jene werden von den streitigen Ständen selbst nach eigenem Willkür angeordnet, diese aber sind von dem gesammten Reiche eingeführet und mit den gehörigen Vorschriften versehen worden. S. das folgende Verbum, ingleichen Bundesaufträge, Landesausträge, Familienausträge, Stammausträge, Reichsausträge.

Anm. In Baiern bedeutet Austrag auch die Wohnung eines Tagelöhners, ein Häuschen ohne Acker, und ein solcher Tagelöhner wird daselbst ein Austrägler genannt.


Austragen (W3) [Adelung]


Austragen, verb. irreg. ( S. Tragen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Hinaus tragen. 1). Eigentlich. Eine Leiche austragen. Du wirst das Bad austragen, dafür büßen, müssen. Brot, Semmeln austragen, bey den Bäckern, sie in die Brotbank tragen, ingleichen sie auf dem Lande herum tragen. 2) Figürlich, ausplaudern, im gemeinen Leben. Ein Geheimniß austragen. Er tragt alles aus. Jemanden austragen, ihn auf eine nachtheilige Art bekannt machen. 2. Aus einander tragen, d. i. entwickeln; eine Bedeutung, welche sich bloß auf Wachters Treu und Glauben gründet, der dem einfachen tragen, die Bedeutung des Verwickelns beylegt, obgleich das von ihm angeführte Latein. tricae und Französ. Intrigue, die Sache noch nicht beweisen. Wenn aber diese Bedeutung Grund hätte, so würde sie den figürlichen Gebrauch dieses Wortes, da es im rechtlichen Verstande noch zuweilen für ausmachen, entscheiden, gebraucht wird, sehr gut erklären. Eine Sache austragen, ausmachen. Etwas mit einem auszutragen haben. Seine Sache vor Gerichte, mit dem Degen, in der Güte austragen. Mainz erboth sich, seine Händel mit Cöln vor dem Kaiser und Reiche auszutragen, auszumachen. S. Austrag. In Königshovens Chronik kommt es auch für verurtheilen, verdammen vor. S. Schilters Gloss. v. Dragen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, betragen, ausmachen, an Zahl, Maß und Gewicht. Es trägt nicht viel aus. Es trägt nur einige Thaler aus. Es wird nur ein Paar Thaler austragen.Daher die Austragung in den Bedeutungen des Activi.


Austräglich (W3) [Adelung]


Austräglich, -er, -este, adj. et adv. was viel austrägt, in der Bedeutung des Neutrius. S. Ertrag. Ein austrägliches Amt, ein austräglicher Dienst; wofür man doch lieber einträglich sagt.


Austrauern (W3) [Adelung]


Austrauern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende trauern, ingleichen aufhören zu trauern. Die gewöhnliche Zeit austrauern. Junge Witwen haben bald ausgetrauert.


Austräumen (W3) [Adelung]


Austräumen, verb. reg. act. bis zu Ende träumen. Einen Traum austräumen. Ingleichen aufhören zu träumen; als ein Neutrum.


Austreiben (W3) [Adelung]


Austreiben, verb. irreg. act. S. Treiben. 1) Heraus treiben, hinaus treiben, so wohl eigentlich als figürlich. Das Vieh austreiben, auf die Weide. Des Morgens wenn der Hirt austreibt. Den Teufel austreiben. Den Schweiß austreiben. Schweiß treibende Mittel. Die Wollust treibt die Tugend aus. Daher die Austreibung. 2) Aufhören zu treiben; als ein Neutrum, mit haben, besonders mit Hüttenbaue, wo man austreibt, wenn man den hohen Ofen ausgehen läßt.


Austrennen (W3) [Adelung]


Austrennen, verb. reg. act. heraus trennen, abtrennen und heraus nehmen; bey den Schneidern und Nähterinnen. Das Futter austrennen, aus einem Kleide. Daher die Austrennung.


Austreten (W3) [Adelung]


Austreten, verb. irreg. ( S. Treten,) welches auf gedoppelte Art gebraucht wird.I. Als ein Activum. 1) Heraus treten, durch Treten heraus bringen. Die Körner austreten, aus den Ähren. Die Trauben austreten. Einem die Schuhe austreten, im gemeinen Leben, figürlich, sich in dessen Stelle drängen, ihn durch List eines Vortheils berauben. 2) Aus einander treten. Den Speichel austreten. Ingleichen durch Treten erweitern. Die Schuhe austreten. 3) Durch Treten aushöhlen. Die Stufen einer Treppe austreten. Der Grabstein ist sehr ausgetreten.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) Den Fuß im Gehen aufheben. Im geschlossenen Marsche müssen alle Soldaten zugleich austreten. 2) Aus seinen Grenzen, aus einen bestimmten Orte treten. Das Wasser tritt aus. Der Fluß ist ausgetreten. Da wo der Bach auf die Wiese ausgetreten war. Das Austreten des Mastdarmes. Ingleichen figürlich, auf kurze Zeit flüchtig werden, als ein gelinderer Ausdruck für das härtere ausreißen. Es sind viele Soldaten ausgetreten. Der Kaufmann ist ausgetreten. Daher die Austretung in den Bedeutungen des Activi; und zuweilen auch der Austreter, der ausgetretene, in der zweyten Bedeutung des Neutrius.

Anm. Austreten für ausschweifen, in moralischer Bedeutung, Gestalt pflegt auszutreten Und ist ihr Kuppler selbst, Opitz, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Daß die gemeinen Leben übliche R. A. die Kinderschuhe noch nicht austreten haben, noch in der Kindheit leben, dem heutigen Gebrauche des Verbi nach, einen falschen Begriff gewähre, hat schon Frisch angemerket. Es sollte heißen: noch nicht aus den Kinderschuhen getreten seyn. Man müßte denn hier die zweyte thätige Bedeutung der Verbi annehmen, da es denn eigentlich jemanden bedeuten würde, der noch nicht lange in den Kinderschuhen gehet.


Austreugen (W3) [Adelung]


+ Austreugen, S. Austrocknen.


Austrieb (W3) [Adelung]


Der Austrieb, des -es, plur. die -e, was aus- oder heraus getrieben ist; nur in einigen Fällen. Der jüngste Austrieb an dem Weinstocke, der jüngste Trieb.


Austriefen (W3) [Adelung]


Austriefen, verb. reg. neutr. 1) Mit seyn, heraus triefen. 2) Mit haben, aufhören zu triefen.


Austrinken (W3) [Adelung]


Austrinken, verb. irreg. act. S. Trinken, trinkend ausleeren. Den Wein austrinken. Ein Glas austrinken. Ein heißer Durst glaubt Bäche auszutrinken, Dusch.


Austritt (W3) [Adelung]


Der Austritt, des -es, plur. die -e. 1) Das Austreten in der Mittelgattung; ohne Plural. Bey meinem Austritte aus dem Hause, als ich aus dem Hause trat. Der Austritt eines Planeten aus dem Schatten des andern. So auch figürlich. Der bösliche Austritt eines Schuldeners. 2) Der Ort auf welchem man austritt, besonders an einigen Orten, diejenigen Stufen einer Treppe, von welchen man in das Zimmer tritt. Ingleichen der Balcon vor einem Fenster, auf welchen man aus dem Zimmer tritt.


Austrockenen (W3) [Adelung]


Austrockenen, zusammen gezogen Austrocknen, verb. reg. Es ist:I. Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, trocknen und dadurch leer werden. Der Fluß, der Teich ist ausgetrocknet. Ingleichen im Innern trocken werden, völlig trocken werden. Die Waare trocknet ganz aus.II. Als ein Activum, trocken machen und dadurch ausleeren. Die Sonne hat den Fluß ausgetrocknet. Einen Teich austrocknen. Ingleichen, inwendig trocken machen. Eine gescheuerte Stube austrocknen. Daher die Austrocknung. In den gemeinen Sprecharten Obersachsens austreugen, nach den Niedersächsischen drögen, trocknen.


Austrommeln (W3) [Adelung]


Austrommeln, verb. reg. act. 1) Vermittelst des Trommelschlages bekannt machen. Etwas austrommeln. 2) Mit Rührung der Trommel verweisen. S. Auspauken. 3) Durch Trommeln heraus bringen. So trommelt man an einigen Orten die Bienen aus, wenn man sie durch Trommeln auf dem Stocke heraus treibet, welches auch abtrommeln genannt wird.


Austrompeten (W3) [Adelung]


Austrompeten, verb. reg. act. vermittelst der Trompete bekannt machen. In Warschau werden alle Verordnungen austrompetet. Figürlich, laut bekannt machen, im verächtlichen Verstande, wie ausposaunen.


Auströpfeln (W3) [Adelung]


Auströpfeln, verb. reg. neutr. 1) Mit seyn, heraus tröpfeln, in Gestalt kleiner Tropfen heraus rinnen. Der Wein ist ausgetröpfelt, aus dem Fasse. 2) Mit haben, aufhören zu tröpfeln.


Austropfen (W3) [Adelung]


Austropfen, verb. reg. neutr. 1) Mit seyn, heraus tropfen, in Gestalt der Tropfen heraus rinnen. Der Wein ist ausgetropfet, aus dem Fasse. 2) Mit haben, aufhören zu tropfen.


Austrotzen (W3) [Adelung]


Austrotzen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu trotzen. Hast du noch nicht bald ausgetrotzet.


Austrumpfen (W3) [Adelung]


+ Austrumpfen, verb. reg. neutr. mit haben, Trumpf ausspielen, im Kartenspiele.


Austünchen (W3) [Adelung]


Austünchen, S. Ausweißen.


Austunken (W3) [Adelung]


Austunken, verb. reg. act. durch Eintunken heraus bringen, ausleeren. Eine Brühe austunken. In den niedrigen Sprecharten austütschen.


Austuschen (W3) [Adelung]


Austuschen, verb. reg. act. mit Tusche ausmahlen. Einen Riß, eine Zeichnung austuschen.


Ausüben (W3) [Adelung]


Ausüben, verb. reg. act. 1) Sehr üben, durch Übung vollkommen machen. Seinen Verstand ausüben. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung selten, im Oberdeutschen aber ist sie häufiger. Denn du hast mich gelehrt und ausgeübt, Opitz. Ps. 119, 51. Und an einem andern Orte sagt eben derselbe von der Tugend: Sie ist wohl ausgeübt, sich doch empor zu schwingen. 2) In die Übung bringe, thätig machen. Eine Kunst, eine Wissenschaft ausüben. Ingleichen 3) in weiterer Bedeutung, begeben, aber gemeiniglich nur im nachtheiligen Verstande. Rache an jemanden ausüben. Viele Grausamkeiten, Schandthaten, Verbrechen ausüben. Daher die Ausübung. Etwas in Ausübung bringen, in der zweyten Bedeutung, eine erkannte Wahrheit thätig machen. S. Üben.


Auswaschen (W3) [Adelung]


Auswaschen, verb. irreg. neutr. ( S. Waschen,) welches auf doppelte Art gebraucht wird.I. Mit dem Hülfsworte seyn. 1. Heraus wachsen, am häufigsten in einer bey Verbis diese Art gewöhnlichen Metonymie. Das Getreide ist ausgewachsen, wächst aus. Ingleichen figürlich, von Menschen. Ausgewachsen seyn, bucklig seyn. 2. Zur völligen Größe wachsen, von Menschen und Thieren. Ein starker, ausgewachsener junger Mensch.II. Mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu wachsen. Er hat noch nicht ausgewachsen.Daher die Auswachsung, in der ersten Bedeutung, besonders von dem Getreide.


Auswägen (W3) [Adelung]


Auswägen, verb. reg. oder nach andern irreg. act. S. Wägen. 1) Heraus wägen, nach dem Gewichte aussuchen. Die Ducaten auswägen. 2) Hinaus wägen, nach dem Gewichte vertheilen, oder auch im einzelnen verkaufen. Butter, Käse u. s. f. auswägen. So auch die Auswägung. S. auch Auswägen.


Auswahl (W3) [Adelung]


Die Auswahl, plur. inusit. das Auswählen. Eine Auswahl treffen, auswählen. Ingleichen was ausgewählet worden. Eine Auswahl von Sägen, Wahrheiten u. s. f.


Auswählen (W3) [Adelung]


Auswählen, verb. reg. act. unter mehreren wählen, wählen und heraus nehmen. Ich habe es mir ausgewählt. Daher die Auswählung. S. auch Auserwählen.


Auswalzen (W3) [Adelung]


Auswalzen, verb. reg. act. vermittelst einer Walze heraus bringen. Die Körner auswalzen, aus den Ähren. Das Getreide auswalzen, in der Landwirthschaft. Daher die Auswalzung.


Auswandern (W3) [Adelung]


Auswandern, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte seyn. 1) Aus einem Orte wandern. Ein Handwerksbursch wandert aus, wenn er auf die Wanderschaft gehet. Er wandert von einem Orte aus, wenn er denselben verläßt, aus demselben wandert. Besonders von Unterthanen, dir mit ihrer Habe aus einem Lande ziehen; nach dem Latein. emigrare. Daher die Auswanderung, und das Auswanderungsrecht, die Freyheit, in gewissen Fällen ungehindert aus einem Orte oder Lande ziehen zu dürfen; Jus emigrandi. 2) Völlig durchwandern. Er ist die halbe Welt ausgewandert. 3) Mit dem Hülfsworte haben kann man auch sagen, er hat nunmehr ausgewandert, er hat aufgehöret zu wandern.


Auswannen (W3) [Adelung]


Auswannen, verb. reg. act. mit der Wanne reinigen. Alles Getreide auswannen.


Auswärmen (W3) [Adelung]


Auswärmen, verb. reg. act. durch und durch wärmen, zur Genüge wärmen. Sich auswärmen. In den Schmelzhütten und Kupferhämmern wird dieses Wort für ausglühen gebraucht. Daher der Auswärmer, der das Eisen auswärmet, der Auswärmofen, in welchem die Stücke Kupfer gewärmet werden, die Auswärmzange, womit sie auf den Herd gehoben werden, und die Auswärmung.


Auswarten (W3) [Adelung]


Auswarten, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende warten, im gemeinen Leben. Die Predigt, die Komödie auswarten. Ich werde meine Lobrede nicht auswarten, Gell.


Auswärtig (W3) [Adelung]


Auswärtig, adj. et adv. auswärts, d. i. außer unserm Orte oder Lande, befindend. S. Wart. Ein auswärtiges Freund, der sich außer unserm Orte oder Lande befindet. Auswärtige Waaren, die aus einem andern Lande kommen, besser fremde, ausländische Waaren.

Anm. Uzuuertig kommt zwar schon bey dem Notker vor; allein es bedeutet daselbst auswendig.


Auswärts (W3) [Adelung]


Auswärts, ein Umstandswort des Ortes. 1) Nach außen zu. Auswärts gehen, die Füße im Gehen auswärts richten, im Gegensatze des einwärts. Etwas auswärts biegen. 2) Außer unserm Orte oder Lande. Auswärts wohnen, in der Fremde. Auswärts seyn, außer dem Hause. Auswärts Rath, Hülfe suchen.

Anm. Engl. outward, Angels. utweard, Holländ. uutwaerds. Uzuuertes und uzuuert, bedeutet bey dem Notker so viel als außer. S. Wart.


Auswaschen (W3) [Adelung]


Auswaschen, verb. irreg. act. S. Waschen. 1) Durch Waschen heraus bringen. Einen Flecken auswaschen. Ingleichen metonymisch, durch Waschen reinigen. Wolle, schmutzige Wäsche auswaschen. 2) Das Innere einer Sache waschen. Ein Gefäß, eine Wunde auswaschen. 3) Durch Waschen aushöhlen, uneigentlich. Der Regen hat die Felder, die Wege ausgewaschen. 4) Durch Waschen, d. i. Schwatzhaftigkeit, unter die Leute bringen, im gemeinen Leben. Die Sache ist schon ausgewaschen, ausgeplaudert. 5) * Ein Floß auswaschen, in einigen Gegenden, besonders an der Elbe, es an das Land bringen, welches von eigenen Holzauswäschern geschiehet. S. Waschen. 6) Aufhören zu waschen; als ein Neutrum, mit haben. So auch die Auswaschung, in den thätigen Bedeutungen.


Auswässern (W3) [Adelung]


Auswässern, verb. reg. act. durch Einweichung im Wasser von dem Salze, der Säure u. s. f. befreyen. Häringe, den Stockfisch auswässern. Daher die Auswässerung.


Auswechseln (W3) [Adelung]


Auswechseln, verb. reg. act. ein Ding für ein anderes gleicher Art geben; in Preußen auswelschen. Die Gefangenen, die Geißel, die Ratificationen eines Vertrages gegen einander auswechseln. Bringen sie mir das Geld wieder, ich will es ihnen auswechseln, anders dafür geben. S. auch Einwechseln und Austauschen. Einen Schacht auswechseln, heißt in dem Bergbaue, denselben anstatt des anbrüchigen Holzes mit frischen Holze bekleiden. Auswechselhäuer sind eben daselbst diejenigen Arbeiter, welche besonders zu Zimmerarbeiten gebraucht werden. So auch die Auswechselung.


Ausweg (W3) [Adelung]


Der Ausweg, des -es, plur. die -e, eigentlich ein Weg, vermittelst dessen man aus einem Orte kommt, in welcher Bedeutung es aber wenig gebraucht wird. Figürlich, Mittel, sich von einer Verlegenheit zu befreyen. Einen vernünftigen Ausweg suchen. Keinen Ausweg finden. Ingleichen, Auswege suchen, Ausflüchte. Er weiß immer Auswege. Endlich auch, aber seltener, Mittel, einen Endzweck zu erreichen. Ich habe endlich einen Ausweg gefunden.


Auswehen (W3) [Adelung]


Auswehen, verb. reg. act. durch Wehen auslöschen, von dem Winde. Der Wind hat das Licht ausgewehet.


Ausweichen (W3) [Adelung]


1. Ausweichen, verb. reg. von weich, mollis. 1. Activum, weich machen und heraus nehmen. 2. Neutrum, mit seyn, weich werden und heraus gehen. Daher die Ausweichung.


Ausweichen (W3) [Adelung]


2. Ausweichen, verb. irreg. neutr. ( S. Weichen,) welches das Hülfswort seyn erfordert, aus seinem Orte weichen, auswärts weichen. Das Zimmerholz weicht aus, wenn es an dem Gebäude aus seiner Lage weicht. Der Sand weicht unter dem Fuße aus. De Fuß ist mir ausgewichen, so wohl eigentlich als figürlich. Mein Fuß wich oft Von seinem Pfad zur Seite aus, Gieseke. Einem ausweichen, vor ihm aus dem Wege gehen; ingleichen figürlich, seine Gegenwart zu vermeiden suchen. Wie oft bin ich mit Zwang die schamroth ausgewichen? Gell. Einem Stoße ausweichen, ihn pariren. Jemandes Fragen ausweichen, seine Fragen, oder auch deren Beantwortung zu vermeiden suchen. Um allen meinen Bitten auszuweichen, überläßt sie sich ihrem Schicksale, Dusch. Daher die Ausweichung.

Anm. Da dieses Wort als ein Neutrum nur mit dem Dative der Person oder Sache gebraucht werden kann, so ist es ein Fehler, wenn man es als ein Passivum gebraucht. In jedem Augenblicke ihrer Regierung ward ein Gesetz verdreht, ein Befehl übertrieben, ein anderer ausgewichen. Es sollte heißen, es wurde demselben ausgewichen.


Ausweinen (W3) [Adelung]


Ausweinen, verb. reg. act. 1) Weinend hervor bringen, von Thränen, in der höhern Schreibart. Noch hast du nicht alle Thränen um sie ausgeweint, Dusch. Können sie beyde ohne Thränen sehen? Amalia kann es nicht. Sie soll sie in der Stille ausweinen. Ingleichen mit den Thränen von sich geben. Sein Sohn umfaßte da seyn Knie und weinte Sein Leben aus, Weiße. 2) Ausweinen, oder sich ausweinen, zur Genüge weinen, seinen ganzen Kummer in Thränen ausschütten, gleichfalls in derhöhern Schreibart. Du eiltest aus meiner Umarmung hinweg, einsam dich auszuweinen, Dusch. Ich bin der Stadt entflohen Und bin hieher gekommen,Einmahl recht auszuweinen, Zachar. 3) Sich die Augen ausweinen, sehr weinen. Ich habe schier meine Augen ausgeweinet, Klagel. 2, 11. 4) Aufhören zu weinen, als ein Neutrum, mit haben.


Ausweisen (W3) [Adelung]


Ausweisen, verb. irreg. act. S. Weisen. 1) Aus einem Orte weisen, wofür doch verweisen üblicher ist. Jemanden ausweisen. 2) Bis zu Ende weisen; doch nur in der figürlichen Bedeutung, durch den Erfolg bekannt machen. Die Zeit wird es ausweisen. Es wird sich bald ausweisen müssen. In dieser zweyten Bedeutung ist das Passivum ungewöhnlich. Daher die Ausweisung, welches oft so viel als das Zeugniß, den deutlichen Inhalt bedeutet; z. B. nach Ausweisung der Gesetzes, der Urkunden, wofür man im Oberdeutschen auch Ausweis gebracht.


Ausweißagen (W3) [Adelung]


* Ausweißagen, verb. reg. neutr. mit haben, welches ungewöhnlich, wenigstens niedrige Wort nur 1. Sam. 10, 13. vorkommt; und da der ausgeweißaget hatte, da er aufgehöret hatte zu weißagen.


Ausweißen (W3) [Adelung]


Ausweißen, verb. reg. act. inwendig weißen, oder weiß machen. Ein Zimmer ausweißen; in Oberdeutschland austünchen. Daher die Ausweißung.


Ausweiten (W3) [Adelung]


Ausweiten, verb. reg. act. durch Ausdehnung in Innern weit machen. Die Handschuhe, die Schuhe ausweiten. Daher die Ausweitung.


Auswendig (W3) [Adelung]


Auswendig, adj. et adv. von dem ungewöhnlichen Verbo auswenden. 1) Dem Orte nach, was sich außen an einer Sache befindet, nach außen zu gewandt ist; im Gegensatze dessen, was inwendig ist. Die auswendige Seite. Auswendig siehet es weiß, inwendig aber schwarz aus. In der edlern Schreibart gebraucht man für dieses Wort lieber das Adjectiv äußere, oder das Adverbium von außen. 2) Figürlich, aus dem Gedächtnisse, außer dem Buche, in welcher Bedeutung es als ein Adverbium gebraucht wird. Etwas auswendig können oder wissen. Etwas auswendig lernen.

Anm. Uzzeneuuendiun kommt schon in der alten Urkunde der Könige Ludwig und Lothar vom Jahre 810 vor, bedeutet daselbst aber außerhalb. In Oberdeutschland wird es noch jetzt für auswärtig gebraucht, z. B. ein auswendiger Mann, ein Ausländer. In der zweyten Bedeutung gebraucht Kero dafür herz. lihho, wo aber im Lat. ex corde steht, und Ottfried uzana.


Auswerfen (W3) [Adelung]


Auswerfen, verb. irreg. S. Werfen. Es ist: I. Ein Neutrum, mit haben. 1. Auswärts werfen. Ein Pferd wirft gut aus, wenn es im Gehen die Vorderschenkel auswärts wirft. Ingleichen von den Pendul-Uhren, wo ein Perpendikel gut auswirft, oder den gehörigen Auswurf hat, wenn er einen weiten Zirkelbogen beschreibt. 2. Anfangen zu werfen, im Würfelspiele; welches auch anwerfen genannt wird.II. Ein Activum. 1. Durch Auswerfen eines andern Körpers aus seinem Orte bringen. Einem ein Auge, einen Zahn auswerfen. 2. Hinaus werfen. 1) Eigentlich. Geld auswerfen, unter das Volk. Das Netz auswerfen. Was für Künste bediente sie sich, dich in ihr ausgeworfenes Netz zu ziehen? 2) In weiterer Bedeutung. (a) Mit Heftigkeit von sich geben. Blut, Schleim auswerfen, für das niedrige ausspeyen. Der Berg wirft Feuer, das Meer Sand aus. Wie das tobende Meer, Sand und Steine an das Ufer auswirft. (b) Den Anker auswerfen, in der Seefahrt, ihn auf den Grund des Meeres sinken lassen. So auch ein Both, einen Kahn auswerfen. (c) Für ausschießen, auslesen und verwesen. Im Zählen das böse Geld auswerfen. (d) Figürlich. (1) Verschneiden, castriren. Ein Pferd auswerfen. Eine Hündinn auswerfen, bey den Jägern. (2) Einen Graben auswerfen, die Erde und den Schlamm heraus schaffen. Einen Hasen, einen Fuchs auswerfen, bey den Jägern; S. Ausweiden. (3) Besonders schreiben. Zahlen auswerfen, in der Rechenkunst. Eine Summe auswerfen. (4) Aussetzen, bestimmen. Einem eine Besoldung, einen Gehalt, ein Jahrgeld auswerfen. (5) Jemanden auswerfen, in der höhern Schreibart, alle Verbindung mit ihm als einem Unwürdigen aufheben, ihn ausstoßen. Willig verläßt meine Seele eine Welt, die mich auswirft, und keine Freude mehr für mich haben kann, Dusch.Daher die Auswerfung. S. auch Auswurf.


Auswetzen (W3) [Adelung]


Auswetzen, verb. reg. act. durch Wetzen heraus bringen. Eine Scharte auswetzen, welche R. A. im gemeinen Leben auch figürlich gebraucht wird, einen begangenen Fehler verbessern.


Auswickeln (W3) [Adelung]


Auswickeln, verb. reg. act. aus einander wickeln, auswickeln und heraus nehmen. Ein Kind auswickeln, es aus den Windeln nehmen. Figürlich, aber seltener, für entwickeln. Die Auswickelung der Gedanken. Der thätige Verstand vergleicht, trennt und verbindet, Und wickelt Folgen aus, Dusch. Ingleichen, sich auswickeln, sich von einer Verlegenheit befreyen, sich auf eine geschickte Art einer Verbindlichkeit entziehen, von einem Verdachte befreyen. Daher die Auswickelung.


Auswiegen (W3) [Adelung]


Auswiegen, S. Auswägen.


Auswindeln (W3) [Adelung]


Auswindeln, verb. reg. act. 1) Aus den Windeln nehmen. Ein Rind auswindeln. 2) * Einen Boden auswindeln, ihn mit Stabholz, welches mit Stroh und Lehm umwunden worden, auslegen; daher ein solcher Boden ein Windelboden heißt.


Auswinden (W3) [Adelung]


Auswinden, verb. irreg. act. S. Winden. 1) Durch winden oder zusammen drehen heraus bringen, ausringen. Das Wasser auswinden, aus der Wäsche. Ingleichen metonymisch, die Wäsche auswinden. 2) Einem etwas auswinden, es ihm aus der Hand winden oder drehen. Der Mann Dem noch kein stärkerer die Palmen ausgewunden, Günth. Daher die Auswindung.


Auswintern (W3) [Adelung]


Auswintern, verb. reg. Ist 1) ein Activum, durch den Winter bringen, bis zu Ende des Winters im guten Stande erhalten. Das Vieh, die Pflanzen auswintern. 2) Ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, im Winter verderben, vergehen. Auf den meisten Feldern waren von der vielen Nässe alle Gründe ausgewintert, die Staat war ausgegangen. Das Korn ist ausgewintert, im Winter erfroren.


Auswipfeln (W3) [Adelung]


Auswipfeln, verb. reg. act. der Gipfel oder Wipfel berauben, im Forstwesen. Die Baume auswipfeln. Daher die Auswipfelung. An einigen Orten sagt man auch, Wein, Bier auswipfeln, durch ausgehängte Fichtenwipfel feil biethen.


Auswippen (W3) [Adelung]


Auswippen, verb. reg. act. vermittelst der Wage auslesen, im verächtlichen Verstande. Eine Münzsorte auswippen, die schweren Stücke aus jüdischer Absicht vermittelst der Wage auslesen. S. Wippe und Wipper.


Auswirken (W3) [Adelung]


Auswirken, verb. reg. act. 1) Durch Wirken, d. i. Arbeiten, heraus bringen. (a) Eigentlich, wo dieses Wort am häufigsten metonymisch, und als ein Kunstwort verschiedener Lebensarten gebraucht wird. Den Huf eines Pferdes auswirken, oder ein Pferd auswirken, bey den Grobschmieden, das Überflüssige an dem Hufe mit dem Wirkmesser wegschneiden. Einen Hirsch, eine Sau auswirken, bey den Jägern, sie aus der Haut nehmen und zerlegen, wofür doch zerwirken üblicher ist. Bey den Salzfiedernbedeutet es, das gesottene Salz aus der Pfanne in Körbe schütten. (b) Figürlich, durch Bitten oder Bemühung erhalten. Einen Befehl, ein Decret auswirken. Einem ein Amt, eine Gnade auswirken. 2) Zur Genüge wirken. Den Teig auswirken, bey den Bäckern, ihn, wenn er nach dem Kneten aufgegangen, noch ein Mahl durcharbeiten. Die figürliche Bedeutung, in welcher Logau dieses Wort gebraucht, ist im Hochdeutschen nicht gewöhnlich: Wer nicht versucht, der weiß nicht was er kann, Die Übung wirkt uns aus, Versuch der führt uns an. 3) Bey den Webern bedeutet es, ein Gewebe vollenden und es von dem Stuhle schneiden. 4) Bis zu Ende wirken, als ein Neutrum, mit haben. Eine Arzeney auswirken lassen. Ingleichen aufhören zu wirken. Die Arzeney hat ausgewirkt, wirkt nicht mehr. So auch die Auswirkung. S. Wirken.


Auswischen (W3) [Adelung]


Auswischen, verb. reg. act. 1) Inwendig wischen und dadurch reinigen. Ein Gefäß auswischen. Sich die Augen auswischen. + Einem die Augen auswischen, ihn mit seinem Schaden klug machen. 2) Durch Wischen unkenntlich machen. Etwas Geschriebenes, ein Wort, eine Zahl auswischen. Daher die Auswischung.


Auswittern (W3) [Adelung]


Auswittern, verb. reg. welches auf gedoppelte Art üblich ist.I. Als ein Neutrum. 1. Mit seyn. 1) Von der Witterung aufgelöset, seiner vorzüglichen Theile beraubt werden; besonders im Bergbaue. Das Erz wittert aus, wenn es durch die Luft seines metallischen Gehaltes beraubet wird. 2) Der Witterung gehörig ausgesetzet seyn. Den Thon ein Jahr lang unter freyem Himmel auswittern lassen, von der Luft durchstreichen lassen. 2. Mit haben, aufhören zu wittern, oder zu donnern. Er kam nachdem es ausgewittert hatte, Lichtw. Bis daß ihr Eifer ausgewittert, ebend. im figürlichen Verstande.II. Als ein Activum. 1. Der freyen Luft aussetzen; in einigen Fällen des gemeinen Lebens. So sagt man von den Bienen, daß sie sich auswittern oder verwittern, wenn sie an einem hellen Tage vor dem Stocke auf und nieder fliegen. 2. Auflösen und der vorzüglichen Theile berauben, von der Witterung, d. i. der Luft und den unterirdischen Dünsten, besonders im Bergbaue. Die Luft wittert die Erze aus.So auch die Auswitterung, unter welchem Worte die Bergleute zuweilen auch die Dünste selbst verstehen.


Auswölben (W3) [Adelung]


Auswölben, verb. reg. act. inwendig mit einem Gewölbe versehen. Eine Kirche auswölben. Daher die Auswölbung.


Auswuchs (W3) [Adelung]


Der Auswuchs, des -es, plur. die -wüchse. 1) Das Auswachsen eines Körpers; ohne Plural. Den Auswuchs des Getreides verhindern. Noch mehr aber, 2) dasjenige, was heraus wächset, gemeiniglich nur von solchen Dingen, welche wider den ordentlichen Lauf der Natur aus einem vegetabilischen oder thierischen Körper heraus wachsen. Der Auswuchs an einem Baume, Ein Auswuchs, d. i. Buckel, an Menschen. In weiterer Bedeutung wird das überflüssige Metall, welches bey dem Gusse in der Gießflasche stehen bleibt, der Auswuchs genannt, und bey den Hutmachern sind die Auswüchse überflüssige Stücke Zeug, welche bey dem Fachen abgerissen werden. So auch figürlich, was sich an einem Dinge wider die Regeln der Sittenlehre, des Wohlstandes u. s. f. befindet. Die Auswüchse moralischer Gestalten, die Fehler der Menschen. Gelehrte Auswüchse in einem Buche.


Auswühlen (W3) [Adelung]


Auswühlen, verb. reg. act. heraus wühlen, eigentlich, von den Schweinen. Die Wurzeln, die Pflanzen auswühlen; wofür die Jäger von den wilden Schweinen ausbrechen sagen. Ingleichen von fließenden Wasser. Der Strom wühlet die Grundpfähle aus.


Auswurf (W3) [Adelung]


Der Auswurf, des -es, plur. inusit. 1) Die Handlung des Auswerfens, doch nur in einigen Fällen. Der Auswurf des Perpendikels, S. Auswerfen, das Neutrum. Einen starken Auswurf haben, viel Schleim auswerfen. Den Auswurf haben, den ersten Wurf haben, in verschiedenen Spielen. Einen Auswurf thun, Apostelg. 27, 18, die Geräthschaften aus dem Schiffe werfen. Den Auswurf des Schleimes befördern. 2) Was ausgeworfen wird. Der Auswurf, der ausgeworfene Schleim. Der Auswurf eines feuerspeyenden Berges. Der Auswurf einer Mine, die Öffnung, welche die Mine durch den Auswurf der Erde verursacht, der Trichter. Ingleichen, was als untauglich ausgeworfen, oder ausgeschlossen wird, Ausschluß, und von ausgeworfenen oder ausgemerzten Schafen auch wohl Auswürfling. Der Auswurf des jungen Adels, im verächtlichen Verstande.


Auswürfeln (W3) [Adelung]


Auswürfeln, verb. reg. act. vermittelst der Würfel ausspielen. Ein Pferd auswürfeln.


Auswurzeln (W3) [Adelung]


Auswurzeln, verb. reg. act. mit der Wurzel ausreißen, ausrotten; ein im Hochdeutschen seltenes Wort, welches aber 2. Chron. 7, 20; Hiob. 31, 8, 12; Zeph. 11, 4; Jüdä 12 vorkommt. So auch die Auswurzelung.


Auswüthen (W3) [Adelung]


Auswüthen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, bis zu Ende wüthen, ingleichen aufhören zu wüthen. Einen auswüthen lassen. Er hat ausgewüthet.


Auszahlen (W3) [Adelung]


Auszahlen, verb. reg. act. an einen andern zahlen oder bezahlen. Geld auszahlen. Einem seyn Sold auszahlen. Daher die Auszahlung.


Auszählen (W3) [Adelung]


Auszählen, verb. reg. act. 1) Nach der Zahl verkaufen, im gemeinen Leben. Äpfel, Birnen, Kastanien auszählen. 2) Durchzählen, im Bergaue. Die Arbeiter auszählen. Daher die Auszählung.


Auszahnen (W3) [Adelung]


Auszahnen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, aufhören zu zahnen, oder Zähne zu bekommen, im gemeinen Leben. Das Rinde hat ausgezahnet.


Auszanken (W3) [Adelung]


Auszanken, verb. reg. 1. Activum. Jemanden auszanken, derb mit ihm zanken, im gemeinen Leben. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu zanken.


Auszapfen (W3) [Adelung]


Auszapfen, verb. reg. act. heraus zapfen. Ingleichen figürlich, im gemeinen Leben, auszapfen und verkaufen, von Getränken. Bier, Wein auszapfen. Daher die Auszapfung.


Auszäunen (W3) [Adelung]


Auszäunen, verb. reg. act. 1) Inwendig mit einem Zaune versehen. Einen Graben auszäunen 2) Vermittelst eines Zaunes von einer andern Sache ausschließen. Einen Acker auszäunen. So auch die Auszäunung.


Auszechen (W3) [Adelung]


Auszechen, verb. reg. 1. Activum, durch Zechen leer machen. Eine Flasche Wein auszechen. 2. Neutrum, mit haben, aufhören zu zechen.


Auszehenten (W3) [Adelung]


Auszehenten, verb. reg. act. im gemeinen Leben, den Zehenten aussuchen und nehmen. Ein Geistlicher zehentet den andern nicht aus Clericus clericum not decimat. Daher der Auszehenter, der das Auszehenten verrichtet, der Zehenter, Zehentgänger, und die Auszehentung.


Auszehren (W3) [Adelung]


Auszehren, verb. reg. 1. Activum, heraus zehren, zehren entkräften, in eigentlicher und uneigentlicher Bedeutung. Jemanden auszehren, dessen Vermögen völlig verzehren. Die Krankheit zehret ihn aus, verzehret seine Kräfte und Säfte. Eine auszehrende Krankheit. Auf dem schönsten Boden gesellschaftlicher Tugenden wachsen oft lauter wilde Früchte, bis er ganz ausgezehret ist, Dusch. 2. Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, ausgezehret werden. Er zehret aus, hat die auszehrende Krankheit, Schwindsucht; wo es auch wohl reciproce ausgedruckt wird, sich auszehren. Für aufhören zu zehren, keine Nahrung mehr nötig haben, wie Sir. 14, 17. ist es ungewöhnlich.Daher die Auszehrung, besonders für die auszehrende Krankheit, oder die Abnahme des Körpers ohne hektisches Fieber; Atrophia, S. Schwindsucht.


Auszeichnen (W3) [Adelung]


Auszeichnen, verb. reg. act. 1) Heraus zeichnen, heraus schreiben. Sich etwas auszeichnen, aus einem Buche. 2) Auslesen und bezeichnen. Sich Holz, Waaren auszeichnen. Figürlich, vor andern Dingen seiner Art bezeichnen, kenntlich machen. Dieses Jahr zeichnet sich in der Geschichte vorzüglich aus. Eine Miene, die uns auszeichnet, und die uns zu großen Dingen zu bestimmen scheinet. 3) Nach allen Theilen zeichnen, eine Zeichnung vollenden. Eine Figur auszeichnen. Daher die Auszeichnung.


Auszerren (W3) [Adelung]


Auszerren, verb. reg. act. heraus zerren. + Ich werde mir den Ärmel nicht auszerren lassen, wenn er mich zur Hochzeit bitten sollte.


Ausziehen (W3) [Adelung]


Ausziehen, verb. irreg. ( S. Ziehen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als ein Activum. 1. Heraus ziehen. 1) Eigentlich. Pflanzen ausziehen, aus der Erde. Einem einen Zahn, einen Splitter ausziehen. Den Degen ausziehen, aus der Scheide. Das Brot ausziehen, aus dem Ofen. Ingleichen metonymisch, sich ausziehen, die Kleider ablegen, gleichsam den Leib aus den Kleider ziehen; und nach einer neuen Metonymie, auch von gewissen enge anschließenden Kleidungsstücken. den Rock, die Weste, die Schuhe, die Strümpfe ausziehen. Daher figürlich, im gemeinen Leben, jemanden ausziehen, ihn plündern, des Seinigen berauben. Werden sie die Waisen bekleiden, die sie ausgezogen haben? Dusch. 2) Figürlich. (a) Etwas aus einem Rechnungsbuche ausziehen, ausschreiben. (b) Eine Wurzel ausziehen, in der Rechenkunst, die Factoren finden, deren Product die gegebene Potenz ist. (c) Durch Auflösung heraus ziehen, in der Chymie. Die Kräfte einer Pflanze ausziehen, durch die Destillation. Die Farbe ausziehen, durch Einweichen, Sieden u. s. f. (d) Sich etwas ausziehen, bey einem Vergleiche vorbehalten. Sich bey Vermiethung, eines Hauses ein Zimmer, bey Verpachtung eines Gutes gewisse Früchte ausziehen. (e) Eine Stadt, eine Herrschaft bey dem Reiche ausziehen, in dem Deutschen Staatsrechte, sie vertreten, ihre Reichslasten tragen. Ausgezogene Stände, eximirte. 2. Aus einander ziehen, ausdehnen, in die Länge ziehen. Die Wäsche ausziehen, wenn sie getrocknet werden. Die Erze ausziehen, im Hüttenbaue, sie mit der Ausziehküste auf dem Herde hin und her ziehen. Die Tücher ausziehen, bey den Tuchmachern, sie ausdehnen. Das Eisen ausziehen, bey den Eisenarbeitern, es dünner und länger schmieden, es strecken. 3. Ziehend aushöhlen. So ziehen die Böttcher die Dauben aus, wenn sie selbige mit dem Krummmesser aushöhlen. Die Büchsenmacher ziehen ein Rohr aus, wenn sie es inwendig mit Reifen versehen.II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1. Aus einem Orte ziehen, denselben mit seinem Gepäcke verlassen, besonders aus einem Hause ziehen. Er wohnt nicht mehr hier, er ist ausgezogen. 2. Mit einer gewissen Feyerlichkeit, im Gepränge an einem Orte gehen, hinaus ziehen, auf das Feld ziehen, So ziehen die Jäger mir dem Leithunde aus, wenn sie mit demselben auf die Vorsuche gehen. Der biblische Gebrauch, für zu Felde ziehen, ist im Hochdeutschen veraltet. 3. Sich in der größten Geschwindigkeit davon machen. Das Wild zieht aus, wird flüchtig, bey den Jägern. Sie hätten ihn sollen ausziehen sehen! Weiße. In der Reitkunst wird ausziehen von dem stärksten Galopp gebraucht, Franz. la Carriere.Daher die Ausziehung, in den Bedeutungen des Activi. S. auch Auszug.


Auszieren (W3) [Adelung]


Auszieren, verb. reg. act. das Innere einer Sache zieren. Ein Haus, ein Zimmer auszieren. Ingleichen nach allen Theilen zieren. Eine Rede auszieren. Die Ehrenpforte war prächtig ausgezieret. Daher die Auszierung.


Auszimmern (W3) [Adelung]


Auszimmern, verb. reg. act. inwendig mit Zimmerarbeit versehen. Einen Schacht auszimmern, im Bergbaue. Daher die Auszimmerung.


Auszinnen (W3) [Adelung]


Auszinnen, verb. reg. act. inwendig verzinnen, mit Zinn überziehen. Ein Gefäß auszinnen.


Auszipfeln (W3) [Adelung]


Auszipfeln, verb. reg. act. die Zipfel aus einander ziehen, bey den Weißgärbern, wenn sie die Enden der aufgehängten Felle aus einander ziehen. Daher die Auszipfelung.


Auszirkeln (W3) [Adelung]


Auszirkeln, verb. reg. act. vermittelst des Zirkels erforschen, heraus bringen. Etwas auszirkeln. Figürlich, auf das genaueste ab- und ausmessen. Er will alles ausgezirkelt haben.


Auszischen (W3) [Adelung]


Auszischen, verb. reg. act. mit einem verächtlichen Zischen verspotten. Einen auszischen. Daher die Auszischung.


Auszug (W3) [Adelung]


Der Auszug, des -es, die -züge. 1) Das Ausziehen in der ersten und zweyten Bedeutung des Neutrius; ohne Plural. Der Auszug der Truppen. Ein feyerlicher Auszug. Noch mehr aber, 2) dasjenige, was ausgezogen worden, doch nur in einigen Bedeutungen dieses Verbi. Der Auszug aus einem Rechnungsbuche, oder nur schlechthin der Auszug, eine Rechnung, die aus dem Rechnungsbuche geschrieben worden. Der Auszug aus einem Buche, oder der Auszug eines Buches, einer Rede, einer Schrift, eine Rede, in welcher man dasjenige mit wenig Worten ausdruckt, was dort weitläuftiger enthalten ist. Ingleichen, was man sich bey Verkaufung oder Verpachtung einer Sache vorbehält. Das jährlich zu leistende Auszug. Einem den Auszug schmälern, was er sich ausgezogen hatte. Daher heißt Auszugsleute oder Auszüger im Chursächsischen diejenigen Bauern, welche ihre Güter übergeben, und sich einen gewissen Auszug vorbehalten haben. An andern Orten heißen diejenigen, welche die Landmiliz ausmachen, Auszüge, welche an andern Orten Ausschüsse genannt werden, weil sie von den Landleuten gleichsam ausgezogen werden. Die figürliche Bedeutung für Ausbund, in welcher Opitz Rom und Paris Auszüge der Natur nennet, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich, so wie die Bedeutung einer Ausnahme, welche 1. Maccab, 8, 26. vorkommt: ohne allen Betrug und Auszug. Ein Auszug in einem Schranke ist so viel als ein Schubkasten, welcher ausgezogen werden kann. In einigen Gegenden, z. B. der Lausitz, heißt auch eine Fischgrube in den Teichen, welche sonst auch ein Stich, oder Beystich genannt wird, ein Auszug. 3) Dasjenige, womit etwas ausgezogen wird. So heißt in den Bergwerken ein Werkzeug, womit die Kunströhren am Ende ausgehöhlet werden, ein Auszug.


Auszupfen (W3) [Adelung]


Auszupfen, verb. reg. act. 1) Zupfend heraus nehmen, Federn, Haare auszupfen, aus einem Küssen. Fäden auszupfen, aus einem gewebten oder gewirkten Zeuge. 2) Aus einander zupfen. Die Wolle auszupfen, sie zu reinigen. Daher die Auszupfung.


Auszürnen (W3) [Adelung]


Auszürnen, verb. reg. neutr. mit haben, aufhören zu zürnen.


Auszwicken (W3) [Adelung]


Auszwicken, verb. reg. act. heraus zwicken. Die Hutmacher zwicken die groben Haare aus den Hüten, wenn sie selbige nach dem ersten Walken mit der Hand ausdrücken, oder mit dem Zwicker heraus nehmen.


Autor (W3) [Adelung]


Der Autor, des -s, plur. die Autoren, ein aus dem Latein. Autor entlehntes Wort, welches im Deutschen noch am häufigsten gebraucht wird, den Urheber oder Verfasser eines Buches, einen Schriftsteller zu bezeichnen. Ein Autor werden, anfangen Bücher zu schreiben. Er ist ein Autor, er schreibt Bücher, hat Bücher geschrieben, er ist ein Schriftsteller. Daher die Autorschaft, plur. inusit. im Scherze, der Stand, der Beruf eines Autors oder Schriftstellers. Die Autorsucht, plur. car. die ungeordnete Begierde, Bücher zu schreiben. Der Autorkniff, des -es, plur. die -e, der Kniff, oder das unerlaubte versteckte Hülfsmittel eines Schriftstellers, seine Leser zu hintergehen.


Autorisiren (W3) [Adelung]


+ Autorisiren, verb. reg. act. ein ohne Noth aus dem Französ. autoriser erborgtes Wort. 1) Jemanden zu etwas autorisiren, ihm dazu die nöthige Gewalt oder Vollmacht ertheilen, ihn dazu bevollmächtigen. 2) Etwas autorisiren, es gesetzmäßig machen, er vermöge seiner Gewalt für rechtmäßig erklären.


Autorität (W3) [Adelung]


+ Die Autorität, plur. die -en, eben so unnöthig aus dem Latein. Autoritas und Franz. Autorite. 1) Gewalt, Ansehen, bestimmender Einfluß auf andere; ohne Plural. Sich viele Autorität zu geben wissen. 2) Das verbindliche Gewicht eines Zeugnisses; mit dem Plural. Autoritäten vor sich haben, glaubwürdige Zeugnisse.


Auxiliar-Truppen (W3) [Adelung]


+ Auxiliar-Truppen, sing. car. Hülfstruppen, auch aus dem Französischen.


Avance (W3) [Adelung]


+ Die Avance, (sprich Awangße,) plur. die -n, der Vorschuß. Avanciren, (sprich awangßiren,) verb. reg. 1. Neutrum, mit seyn, so wohl fortrücken, vorrücken, von Truppen, als auch höher rücken, in Ansehung eines Amtes oder einer Ehrenstelle. 2. Activum, höher bringen, in der letztern Bedeutung, befördern. Das Avancement (sprich Awangßemang,) plur. die -s, die Beförderung, das Höherrücken. Die Avantage, (sprich Awangtasche,) plur. die -n, der Vortheil. Der Avanturier, (sprich Awangtürieh,) plur. die -s, der Abenteurer. Die Aversion, plur. inusit. die Abneigung, der Abscheu. Avertiren, verb. reg. act. benachrichtigen. Avisiren, desgleichen. Das Avertissement, (sprich Awertissemang,) plur. die -s, eine Nachricht, Anzeige. Die Avisen, sing. car. die Zeitungen. Lauter ohne Roth und Geschmack aus dem Französischen erborgte Wörter, welche im gemeinen Leben und in der gezierten Sprechart noch immer häufig genug sind, ungeachtet es der Deutschen Sprache nicht an schicklichen, gleich bedeutenden Wörtern fehlet.


Avarey (W3) [Adelung]


Die Avarey, S. Haferey.


Authenticität (W3) [Adelung]


+ Die Authenticität, plur. inusit. aus dem Franz. Authenticite, die echte, zuverlässige Richtigkeit, höchste Glaubwürdigkeit, Bewärtheit. Daher authentisch, -er, -te, adj. et adv. mit allen zur höchsten Glaubwürdigkeit gehörigen Eigenschaften versehen, bewährt, echt.


Automat (W3) [Adelung]


Das Automat, des -es, plur. die -e, aus dem Griechischen, eine Maschine, welche den Grund ihrer Bewegung in ihrer Zusammensetzung hat, sich selbst zu bewegen scheint.


Axe (W3) [Adelung]


Die Axe, S. Achse.


Axiom (W3) [Adelung]


+ Das Axiom, des -es, plur. die -e, aus dem Griech und Latein. Axioma, ein Satz, von dessen Richtigkeit man sogleich bey dem ersten Anblicke überzeugt wird, ingleichen ein allgemeinen Satz, welchen man ohne Beweis einräumt; in beyden Fällen im Deutschen ein Grundsatz.


Axt (W3) [Adelung]


Die Axt, plur. die Äxte, Diminutivum das Äxtchen, Oberdeutsch das Äxtlein, ein eisernes Werkzeug zum Hauen, welches vorn eine scharfe Schneide, hinten aber ein Auge hat, durch welches der Stiel gesteckt wird; ein Keil an einem Stiele, daher die Bergleute eine Holzart auch nur einen Spaltkeil nennen. Dieses Werkzeug bekommt von seiner Gestalt und von seinem Gebrauche verschiedene zusammen gesetzte Benennungen; so hat man Holzäxte, Streitäxte, Zimmeräxte, Stichäxte u. s. f. Etwas mit der Axt bearbeiten, aus dem Groben. Die Axt stauchen, im Bergbaue, sie ausschmieden.

Anm. Axt, Nieders. Exse, Holländ. Ackse, Angels. Aex, Acas, Acase, Engl. Ax, Schwed. Yxa, Altschwed. Öxe, Oxe, Dän. Öxe, bey dem Notker Acheso, bey dem Tatian Acus, bey dem Ottfried Akus, bey dem Ulphilas Akizi, im Slavon. Aksta, Ital. Accia, Accetta, ist ein altes Wort, welches mit dem Lat. Ascia, dem Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und dem Pers. Acinaces verwandt ist. Es gehöret zu Achel, Ecke, acies, acus, und dem ganzen zahlreichen Geschlechte derjenigen Wörter, in welcher der Begriff der Schärfe der herrschende ist. S. auch Hacke. Ecke für Schärfe kommt noch im Lübeckischen Rechte vor, und im Türkischen bedeutet Ug gleichfalls die Schneide.


Axthelm (W3) [Adelung]


Der Axthelm, des -es, plur. die -e, der hintere dicke Theil einer Axt, in welchen der Stiel befestiget wird.


Ay (W3) [Adelung]


Ay, ein Oberdeutscher Doppellaut, der, wenn er gehörig ausgesprochen werden soll, den Hochdeutschen Sprachwerkzeugen nochfremder ist, als das ai; daher man ihn dem Alterthume zu Ehren nur noch in einigen eigentümlichen Nahmen beybehalten hat, dergleichen Bayern und Mayn sind, welche Wörter aber von den meisten schon mit einem bloßen ai geschrieben werden. Bay, May, der eigenthümliche Nahme Sayn, und vielleicht noch einige wenige andere haben ihn noch behalten. Diesen groben Doppellaut in Hayde, Hayn, silva, und Getrayde, wieder einführen zu wollen; um die beyden erstern von Heyde, paganus, Heide, ein unfruchtbares Land, Hahn, gallus, und heim, zu Hause, unterscheiden zu können, war gewiß eine der thörichtsten orthographischen Grillen. S. Heide und Hain. Da das y ein doppeltes ii ist, so ist ay eigentlich ein Dreylaut; die rauhern Oberdeutschen Mundarten lassen auch wirklich einen dreyfachen Vocal hören. Äy, welches einige Sprachlehrer unter die Zahl der Dreylaute anführen, ist im Deutschen ein Unding; weil kein Grund vorhanden ist, warum man lieber Bäyern, als Bayern schreiben sollte. S. auch Ai.


Azerol-Birn (W3) [Adelung]


Die Azerol-Birn, Azerole, S. Lazerol-Birn, und Lazerole.


Azur (W3) [Adelung]


Der Azur, des -es, plur. inusit. der ausländische Nahme eines glasartigen hoch- oder weißblauen Steines, der gemeiniglich mit Kies eingesprenget ist, welchen einige irrig für Gold angesehen haben. Im gemeinen Leben ist er unter dem Nahmen Lazur, Lasurstein und Lazuli am bekanntesten. S. Lasur. Die Dichter gebrauchen ihn, eine schöne hoch- oder himmelblaue Farbe auszudrucken. Daher das Adjectiv azurn, von Azur, oder dem Azur an Farbe ähnlich. Die weiten azurnen Gefilde Flimmern auf ein Mahl umher mit schärfer strahlenden Sternen, Zachar.


B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

P

Q

R

S

T

U

V

W

X

Y

Z