-schwili (W3)
Der georgische Suffix "-schwili" kennzeichnet einen Namen als "Sohn von ...", "Nachkomme von ...".(E?)(L?) https://www.sprachlog.de/2010/02/20/die-schwilis-in-georgien/#more-1621
Die Schwilis in Georgien
Von Kristin Kopf
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Der kürzlich Verstorbene heißt Nodar Kumaritaschwili. Ich habe ein bißchen herumgegooglet, und noch eine Menge weiterer "Wilis" gefunden:
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Was schnell auffällt: das gemeinsame Element ist nicht, wie ich ursprünglich dachte, "-wili", sondern "-schwili".
Was könnte das heißen? Die Einführung in die georgische Sprache von Kita Tschenkéli liefert die Übersetzung: "Kind". Die Namen zeigen also die Abstammung – es sind höchstwahrscheinlich "Patronyme", "Vatersnamen". So wie "Christiansen" ursprünglich "Christians Sohn" war.
Mein erster Gedanke? "Anania", "Dschugha", "Gudia", "Kasra", "Kobia", "Kumarita", "Palia", "Tura" und "Taktaki" müssten (männliche) Vornamen sein, wie "Christian" eben – und tatsächlich findet Google einen "Taktaki Sikharulidze", das war’s aber auch schon. Muss noch nichts heißen, vielleicht sind die Namen heute nicht mehr gebräuchlich.
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Was bleibt also?
In Anbetracht der geringen Ausbeute liegt die Überlegung nahe, dass die Erstglieder vielleicht gar keine Namen sind, und das, was ich gefunden habe, Zufall sein könnte.
Vielleicht ist aber auch die Bildungsweise viel vielseitiger, als ich zuerst vermutet habe – es muss ja nicht immer der Name des Vaters sein, "Kind" kann auch auf Beruf, Wohnort, Herkunft o.ä. Bezug nehmen. Warum nicht "Metzgerkind", "Pfalzkind" oder "Schwabenkind" heißen?
Und tatsächlich: Die englische Wikipedia liefert einen Hinweis darauf, dass das Erstglied die Volkszugehörigkeit oder Herkunft der Familie ausdrücken kann:
Some of the Georgian surnames indicate ethnicity or regional origin of the family, and are also generated as patronymics. Examples are "Kartvelishvili" ("child of Kartveli", i.e., "Georgian"), "Megrelishvili" ("child of Megreli", i.e., "Mingrelian"), "Cherkezishvili" ("child of Cherkezi", i.e., "Circassian"), "Abkhazishvili" ("child of Abkhazi”, i.e., "Abkhazian"), "Somkhishvili" ("child of Somekhi", i.e., "Armenian"), "Berdzenishvili" ("child of Berdzeni", i.e., "Greek"), "Prangishvili" ("child of Prangi", i.e., "French").
Die als Quelle angegebene Onlineversion eines georgischen Buchs von "Ioane Bagrationi" (wenn auch nicht ganz astrein übersetzt), liefert Etymologien zu zahlreichen Namen georgischer Adelsfamilien, allerdings ist keiner von “meinen” drunter. Auch hier scheinen die "schwili"-Namen entweder von Eigennamen ("Andronikaschwili"), oder von einem Herkunftsort (Beispiele im Wikipediazitat) abgeleitet zu sein. Und: Auch Berufe/Titel gehen ("Wesirischwili" vom persischen "Wesir").
"-schwili" konnte also an Basen aus ganz verschiedenen Bereichen treten und verwies auf genealogische ("Vater" oder "Volk") oder regionale Herkunft. (Seit die Namen erblich geworden sind, wird natürlich nur noch die Familienzugehörigkeit markiert, das "-schwili" hat seine Ursprungsbedeutung verloren und dient eher als Eigennamenmarkierung.)
Das oben erwähnte "-dse" (auch "-dze" geschrieben) scheint über eine sehr ähnliche Bandbreite zu verfügen. Glaubt man der englischen Wikipedia, so teil(t)en sich die beiden geografisch auf: "-schwili" im Osten und "-dse" im Westen.
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"Schwili" – das bedeutet tatsächlich "Kind", aber sozusagen, nicht so präzise, denn das Wort Kind im allgemeinen Sinne ist auf Georgisch "Bawschwi", aber "Schwili" bedeutet das Kind in dem Fall, wenn es sich um ein Kind handelt, das jemandem, also den Eltern gehört. Ich, z.B. kann sagen, dass ich als Vater zwei Kinder (also "Schwili" – in Mehrzahl: "Schwilebi" – habe), aber wenn ich ein Kind irgendwo auf der Straße oder egal woanders noch sehe, kann ich nur sagen, dass es "Bawschwi" aber keinesfalls ein "Schwili" ist. Dann müsste ich auch sagen, wessen Kind es ist). Aber man kann in der Frage „haben Sie Kinder? – auch das Wort "Bawschwi" gebrauchen. Die Herkunft der Namen ist also natürlich klar – es handelt sich um jemandes Kind, aber bei weitem nicht immer, nur zum Teil. Bald ist es der Ort, bald Beruf, Gegenstand, Waffe, Eigenschaft des Menschen, bald ein Tier (meistens Wolf, Bär, Löwe, Fuchs usw.) Z.B. Der Name "Gelaschwili" ist der Statistik nach der am meisten verbreitet Name in Georgien und stammt vom Wort "Mgeli" - "Wolf". Aus dem Wort stammen andere damit verwandte georgische Namen: "Mgeladse", "Geladse", "Geliaschwili", "Gelauri", "Geleischwili", "Gelenidse" usw. Alle kenne nicht mal ich. Was die Endung "–dse" angeht, so bedeutet das eindeutig nur "Sohn", aber meistens folgt es nicht einem Vornamen, sondern wird nach den oben genannten Prinzipien (d.h. genauso) abgeleitet, wie "–schwili".
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Erstellt: 2024-04