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Sbrinz
Sbrienz (W2)
Der Name des Käses "Sbrinz" scheint mit einem Dorf namens "Brienz" in Verbindung zu stehen.
(E?)(L?) https://www.owid.de/artikel/234075
Sbrinz
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Erstes Zeugnis, dass für einen bestimmten Käse die zwei Namen "Sbrinz" und "Spalenkäse" nebeneinander gebraucht werden, ist ein Brief unseres Urgrossvaters Heinrich Fehr (1818-1890) von 1881: "der sogenannte Spalenkäse, Sbrinzo nach italienischer Benennung".
Vorher wird die eine oder andere Bezeichnung gebraucht, aber nie im gleichen Augenblick zusammen. Der Stiftsarchivar von Engelberg, Dr. Hess, und die Staatsarchivarin von Obwalden, Dr. Wirz, wie Dr. J. Kürsteiner mit seinen Forschungen im Staatsarchiv Bern, bestätigen, dass sie in den von ihnen eingesehenen kantonalen Quellen den Namen "Sbrinz" nicht gefunden haben.
Vorweg ist festzuhalten, dass in Fachkreisen das Wort, das "Sbrinz" geschrieben wird, mehrheitlich "Sbrienz", wie der Ortsname "Brienz", ausgesprochen wird, minderheitlich auch kurz "Sbrinz".
Das älteste, uns bisher zu Gesichte gekommene Zeugnis für den Namen "Sbrinz" fand sich entgegen den Feststellungen Wirz/Kürsteiner doch im Berner Staatsarchiv 1530: Es wurden da ausgegeben "umb tärtschen Underwaldner-, ein tärtsch Brientzer kàss, und sunst zwen käss 30 Pfund, 17 Schilling, 4 Pfennige".
Es werden also drei Sorten Käse unterschieden. Zwei davon interessieren uns, wobei wir sehen, dass zwischen Brienzer und Unterwaldner Käse ein Unterschied gemacht und offenbar auf eine regionale Herkunft Gewicht gelegt wird.
Es ist kein Zweifel, "Brienz", "Unterwalden" und "Emmental" sind Herkunfts- und damit wohl auch Typenbezeichnungen. Die Rechnungen des Landvogts von Thorberg bei Burgdorf enthalten auch Herkunftsbezeichnungen, so etwa 15596: "umb ein tärtsch käss und 12 Aemmenthaler ussgeben 31 Pfund 15 Schilling", oder 1609: "ein Brientzerkäss kouft um 3 Pfund 12 Schilling, um ein Sahnerkäs zalt 4 Pfund". Die uns interessierenden Herkunftsbezeichnungen kommen also schon damals vor. Das älteste Zeugnis in der Innerschweiz gibt der Luzerner Chronist J.L. Cysat, der 1645 von Nidwalden notiert: "Von der Vychzucht und Molchen habend die Innwohner grossen Nutzen. Vil jhres Vychs und Käss (welche insonders gelobt und von den Jtaljänern "Prienser-Käss" genannt seyndt) werden mit ansehenlichem Gwünn über das Gebürg verkaufft", und nochmals: "die Underwaldner Käss / die man in Weltschenlanden / auch Priensskäss heisset".
Bezug auf das ihm ohne Zweifel bekannte Dorf "Brienz" jedoch nimmt Cysat nicht, ebenso wenig 1680 J.J. Wagner, der unter anderen die "CASEOS PRINZENSES" ohne das Dorf nennt, sie aber doch geographisch richtig zwischen die Saaner und die Urserner Käse einordnet. Der erste, der den Käse ausdrücklich mit dem Ort in Verbindung bringt, ist der Zürcher Scheuchzer 1706: "BRIENTIUM IPSUM, BRIENTZ, PAGUS LACUI COGNOMINI, BRIENTIUS DICTO, DER BRIENTZER SEE, ADSITUS, NOMEN QUOQUE DAT CASEIS BRIENTTZIANIS, DEM BRIENTZER KÄS, QUI QUIDEM EX VALLE HASELANA TOTA BRIENTIUM CONVEHUNTUR, & INDE PORRO AD LOCA EXTERA EXPORTANTUR." (Brienz selbst, Ort am gleichnamigen See gelegen, gibt den Namen auch dem Brienzer Käse, welcher allerdings aus dem ganzen Haslital nach Brienz zusammengeführt und dann weiter nach äusseren Orten exportiert wird.) Auf seinen Reisen 1779/83 stellte P.W. Gercken fest, dass ausser dem Schabzieger noch berühmt seien "die Schweizerkäse aus dem Emmenthal im Canton Bern, und die von Briems daselbst, vorzüglich der Urselerkäse".
Um 1780 bestätigt das Jh. Rud. Nöthiger, 1770/83 Pfarrer von Ringgenberg am Brienzersee: "Die Käse des hiesigen samtlichen Oberlands sind alle unter dem Namen Brienzerkäsen bekannt, weil ihre Ablage zu "Brienz" ist, woselbst sie ausgeschiffet und von da weiters verführt werden." Erstmals das Dorf in Verbindung mit dem in Italien gebrauchten Käsenamen bringt 1783 der Zürcher H.R. Schinz: Der Käse aus Unterwalden, Uri und Livinen "bekömmt in den Mayländischen den Namen, den alle trockenen und vesten Schweizerkäse haben; man heisst ihn Brintz. Vermutlich sollte er Brientz heissen, weil der beste harte Käse aus der Schweiz von der Gegend des Brientzer-Sees herkömmt."
1801 berichtet auch Hölder: "Im Ausland sind sie unter dem Namen Brientzerkäse bekannt, weil sie zuerst nach diesem Orte zum Verkauf gebracht werden." Der Nidwaldner Regierungs- und Ständerat und Käseexporteur J.M. Amstad in Beckenried schreibt: "Ueber den Ursprung der Benennung "Sbrinz" für unsern Alpenkäse wurde schon in frühern Jahren wiederholt nachgeforscht & darf Nachstehendes als zimlich sicher angenommen werden. Schon im 17ten & 18ten Jahrhundert wurden Spalenkäse nach Italien exportiert. Da wahrscheinlich Brienz damals ein Hauptstapelplatz für diese Alpenkäse bildete, so mögen die Italiener die Käse nach demselben benannt haben, indem sie demselben noch ein S. vorsetzten."
Gleich interpretiert Benno v. Martiny16 das Wort 1907, wohl kaum aus eigener Anschauung, und bestätigt es 1919 O. Frehner. Wie J.R. Nöthiger bringt Karl Kasthofer, der berühmte Alp- und Forstwirtschaftler, mit dem Brienzer Käse überhaupt alle Berner Oberländer Käse in Verbindung, selbst die Saaner: "Die kleinen fetten und harten sogenannten Oberländer, Saanen- oder Brienzer Käse, unter welchem Namen sie in Italien bekannt sind, liefern nur etwa 8 1/3 Pfund vom Hundert (Milch), weil sie stärker gesotten und trockener gehalten werden müssen, als die Käse, die nach Art der Greyerzer gemacht werden."
Umgekehrt meint Pfr. J.R. Wyss, vortrefflicher Kenner der bernischen Alpwirtschaft, dass es der Name des Saanenkäses ist, der "auf die meisten Käse des Oberlandes übertragen wird". Aber auch L.W. Medicus bestätigt für 1795: "aller harte Käs, der über die Alpen verführt wird, hat in ganz Italien den allgemeinen Namen von Brienz und zwar der Hasslithaler, Grindelwaldner und anderer inbegriffen."
So 1835 auch G. Meyer v. Knonau für die Schwyzer Käsefabrikation: "Die gegenwärtige Behandlung ist eine Nachahmung des Verfahrens des Brienzer (im Berneroberlande)." Wie wir oben schon gesehen haben, lautet nach Fehr die italienische Benennung "Sbrinzo". Er wusste es als Exportkaufmann genau, während R. Schatzmann, mit dem er gut bekannt war, im selben Jahre von dem Käse schreibt: "In Italien heisst er "Sbrinz"". Für die gründliche Untersuchung von J. Kürsteiner haben sich die zwei Romanisten Dr. A Schorta (1905-1990) und Prof. J. Hubschmid (*1917) vernehmen lassen. Sie bringen das Wort mit dem dalmatisch-rumänischen Wort für Schafkäse "brenza" in Verbindung. Für die Leute vom Handel scheint diese Assonanz von "brenza" und "sbrinzo" weit hergeholt, abgesehen davon, dass der Sbrinz kein Käse aus Schafmilch ist. Kürsteiner selbst lässt die Frage offen. Der italienische Zoll erhob 1893 für "Brindza" aus Österreich-Ungarn Fr. 3.-, für Schweizer Käse Fr. 11.-27. Zusammenfassend darf gesagt werden, dass, 1530 erstmals auftauchend, seit Wagner 1680 oder mindestens seit Scheuchzer 1706 der Name des Käses in Verbindung gebracht wird mit dem Dorfe "Brienz", dass er in Innerschweizer Quellen als "Sbrinz" erst 1645 auftaucht.
Umgekehrt erscheint auch der Name "Spalen", wie im nächsten Kapitel zu untersuchen sein wird, nicht vor 1767. Im Berner Oberland hatte im 18. Jahrhundert manchmal sogar der Name Saanenkäse für jeden Reibkäse die Oberhand. Die erste Unterscheidung von "Sbrinz" für den Export und "Spalen" für den Inlandverbrauch treffen wir im Bericht von Fehr und Odermatt an den Vorort 1884, dagegen kennen Wyssmann und Peter in ihrer "Milchwirtschaft" (Frauenfeld 1905) das Wort "Sbrinz" noch nicht.
(E1)(L1) http://books.google.com/ngrams/graph?corpus=8&content=Sbrinz
Abfrage im Google-Corpus mit 15Mio. eingescannter Bücher von 1500 bis heute.
Dt. "Sbrinz" taucht in der Literatur um das Jahr 1880 auf.
Erstellt: 2020-12